Lehrbuch der Chirurgie und Operationslehre: Band 3 [7. Ausg. Reprint 2019 ed.] 9783111440873, 9783111074719


231 90 77MB

German Pages 1014 [1016] Year 1875

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Inhalts-Verzeichniss zum dritten Bande
Berichtigungen
Drittes Buch. Von den chirurgischen Krankheiten der einzelnen Körpergegenden und Organe
Erste Abtheilung: Krankheiten des Schädels
Zweite Abtheilung. Krankheiten des Gehörorgans
Dritte Abtheilung. Krankheiten der Nase, der Nasen- und Stirn- Höhlen
Vierte Abtheilung. Krankheiten der Lippen
Fünfte Abtheilung. Krankheiten der Zähne, des Zahnfleisches und der Kieferränder
Sechste Abtheilung. Krankheiten des Oberkiefers
Siebente Abtheilung. Krankheiten des Unterkiefers
Achte Abtheilung. Krankheiten der Zunge
Neunte Abtheilung. Krankheiten der Parotis und ihres Ausführungsganges
Zehnte Abtheilung. Krankheiten des knöchernen Gaumens, des Gaumensegels und der Mandeln
Elfte Abtheilung. Krankheiten des Schlundkopfes
Zwölfte Abtheilung. Krankheiten des Halses im Allgemeinen
Dreizehnte Abtheilung. Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre
Vierzehnte Abtheilung. Krankheiten der Speiseröhre
Fünfzehnte Abtheilung. Krankheiten der Schilddrüse
Sechzehnte Abtheilung. Krankheiten der Brustdrüse
Siebzehnte Abtheilung. Krankheiten des Thorax
Achtzehnte Abtheilung. Krankheiten der Bauchhöhle und des in ihr enthaltenen Theils der Verdauungsorgane mit Ausschluss der Hernien
Neunzehnte Abtheilung. Unterleibs-Brüche, Herniae abdominales
Zwanzigste Abtheilung. Krankheiten des Mastdarms
Recommend Papers

Lehrbuch der Chirurgie und Operationslehre: Band 3 [7. Ausg. Reprint 2019 ed.]
 9783111440873, 9783111074719

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Lehrbuch der

Chirurgie und Operationslehre.

Dritter

Band.

Lehrbuch der

Chirurgie und Operationslehre, besonders für das Bedürfniss der Studirenden,

VOCI

Dr. Adolf Bardeleben, ordlentllchem Professor der Chirurgie an der Frledrich-Wilhelras-Universität zu Berlin, (der

chirurgischen

Klinik

und dirigirendem A r z t

am

Cliarltti-Krankenhauac,

Director

Mitglied

dcr.wlsseuschaftlichen Deputation für dag Mediclnalwcsen, Geheimen Medicinal-Rath, G e n e r a l - A r z t & la suite des Sanitätscorps, Ritter des eisernen Kreuzes erster Klasse,

des Rothen A d l e r - O r d e n s

zweiter Klasse

mit Eichenlaub

des Kronenordens dritter Klasse am weiss und schwarzen

nnd

Bande.

Mit zahlreichen, in den Text gedruckten Holzschnitten.

Dritter Hand. S i e b e n t e

A u s g a b e .

B e r l i n .

Druck

und

Verlag von Georg

1875.

Reimer.

Inhalts-Verzeichniss zum dritten Bande. Drittes

Bucb.

Won den chirurgischen Krankheiten der einzelnen Körpergegenden und Organe. Erste Abthcllung.

Krankheiten des Schädels

Erstes Capitel.

Verletzungen des Schädels

I.

Seite

3—144 7

Verletzungen der äusseren Weicbtbeile.

Kopfwunden

. . . .

7

1) Reine Wunden, Schnitt- und Hieb-Wunden

8

2) Stichwunden

9

3) Gequetschte Wunden

10

Erysipelas und Phlegmone bei Kopfwunden

13

4) Contusionen

15

Kephalaematoma II.

III.

18

Verletzungen der Schädelknochen.

Knochenwunden und Fracturen

A.

Hiebwunden

B.

Stichwunden, Durchbohrungen

29

C.

Quetschungen

32

26

D.

Knochenhrüche des Schädels

36

E.

Trennung der Nähte

56

Verletzungen der in der Schädelhöhle gelegenen Tbeile . A.

.

.

.

58

Gefässverletzungen

58

D.

Nervcnverlctzungen

60

C.

Verletzungen des Gehirns

60

1) Hirnerschütterung, Commotio cerebri

60

2) Hirnquetschung, Contusio cerebri

69

3) Ilirnivunden

73

4) Fremde Körper im Gehirn

78

5) Hirndruck, Compressio cerebri IV.

80

Erkrankungen des Gehirns in Folge von Schädelverletzuogen

.

.

1) Entzündungen des Gehirns und seiner Häute 2) Vorfall von Gehirnsubstanz. V.

26

Trepanation.

Prolapsus cerebri

Trepanatio cranii

91 .

.

.

.

.

100 , 1 0 2

Zweites Capitel.

Wasserkopf.

Drittes Capitel.

Hernien am Schädel

122

Viertes Capitel.

Nekrose und Caries der Schädelknochen

128

I. II.

Hydrocephalus

91

117

Nekrose

128

Caries

130

Inhalts-Verzeichniss zam dritten Bande.

V I

Fünftes Capitel. I.

Seite 132

Neubildungen am Schädel

Osteome (Exostosen)

132

Balggeschwülste

133

III.

Gefässgeschwülste am Schädel

134

IV.

Fungus durae matris

II.

136

Diflerentielle Diagnose der Geschwülste am Schädel Zweite Abthellung. Erstes Capitel.

.

Krankheiten des Gehörorgans

.

.

142

145—201

Untersuchung des Gehörorgans, diagnostische Operationen am O h r ; Hörprüfung

Zweites Capitel. I. II.

162

Wunden des Ohres

162

Fremde Körper im äusseren Gehörgange

162

Drittes Capitel. I.

148

Wunden und fremde Körper

Entzündungen des Ohres

170

Entzündung des äusseren Gehörganges, Otitis externa

. . . .

1) Circumscripte oder furunkulöse Gehörgangs-Entziindung.

.

170 .

170

2) Diffuse Entzündung des Gehörganges

171

II.

Entzündung des Trommelfells, Myringitis

173

III.

Entzündung des mittleren Ohres.

178

Otitis media

1) Katarrhalische Mittelohr-EnUünduog

178

a) Acuter Mittelohr-Katarrh

179

b) Chronischer Mittelohr-Katarrh

180

2) Eitrige Mittelohr-Entzündung

184

a) Acute Entzündung

184

b) Chronische Entzündung IV.

Viertes Capitel.

Bildungsfebler des Ohres

F ü n f t e s Capitel. I. II.

186

Entzündung des inneren Obres (des Labyrinths), Otitis interna .

.

.



192

Neurosen des Gehörorgans

194

Otalgie, Ohrenzwang, Ohrenschmerz Nervöse Schwerhörigkeit. — Subjective Gehörsemplindungen

194 ohne

Schwerhörigkeit bei negativem Befunde Sechstes Capitel.

Dritte AbthellunnI. II.

197

Taubstummheit Krankheilen der Nase, der Nasen- und Stirnhöhlen

Erstes Capitel.

196

Hörröbre und Hörmaschinen

S i e b e n t e s Capitel.

191

198 202—243

Verletzungen und fremde Körper

204

Verletzungen

204

Fremde Körper

211

Zweites Capitel.

Neubildungen und Verschwärungeu an und in der Nase

9) An der Süsseren Nase b) In der Nasen- und Stirnhöhle Nasenpolypen Drittes Capitel. Vierte Abthellung. Erstes Capitel.

Formfehler der Nase. — Rbinoplastik Krankheiten der Lippen Missbildungen und Formfehler

Hasenscharte.

Labium leporinum

216 216 217 220 232

244—271 244 244

Operation der einfachen Hasenscharte

248

Operation der complicirten Hasenscharte

255

Inhalts-Verzeichniss zum dritten Bande.

vii Seite

Verwachsung der Lippen

260

Ectropium der Lippen

262

Doppelte Lippe

282

Defect der Lippen. — Lippenbildung Zweites Capitel.

262

Verschwörungen und Geschwülste an den Lippen

.

.

Lippenkrebs Fünfte Abtheilung.

267 269

Krankheiten

der

Zähne,

des

Zahnfleisches

und

der

Kieferränder

272-297

Erstes Capitel.

Störungen der E n t w i c k l u n g . — Difforuiitäten . . . .

Zweites Capitel.

272

Verletzungen

275

Drittes Capitel.

Entzündung, Caries, Nekrose

278

Viertes Capitel.

Von dem Ausziehen, Feilen und dem Einsetzen der Zähne

289

Fünftes Capitel.

Neubildungen an den Kieferrändern und Zähnen .

Sechste Abtheilung. Erstes Capitel.

.

Krankheiten des Oberkiefers

.

298—312

Verletzungen und fremde Körper

Zweites Capitel.

298

Entzündung und Nekrose

299

Eröffnung der Kieferhöhle Drittes Capitel.

301

Geschwülste des Oberkiefers

302

Resection des Oberkiefers

305

Osteoplastische Resection

311

Siebente Abtheilung. Erstes Capitel.

Krankheiten des Unterkiefers

313—328

Unbeweglichkeit des Unterkiefers, Kieferklemme, Ankylosis mandibulae vera et spuria

Zweites Capitel. I. II. III.

317

Cysten, Fibrome, Enchondrome

317

Sarcom und Krebs

Erstes Capitel.

III.

317

Exostosen

319

Resection und Exarticulation des Unterkiefers . . . .

Achte Abtheilung.

II.

313

Neubildungen am Unterkiefer

Drittes Capitel.

I.

295

Krankheiten der Zunge

320

329—348

Missbildungen

329

Festheftung der Zunge

329

Mangel der Zunge

331

Hypertrophie und'Vorfall der Zunge, Macroglossa, P r o l a p s e linguae

Zweites Capitel.

Wunden und fremde Körper

332 336

Drittes Capitel.

Entzündung und Verschwärung

338

Viertes Capitel.

Neubildungen

340

Anhang. Neunte Abtheilung. Erstes Capitel.

Ra-nula.

Froschgeschwulst.

Fröschleingeschwulst.

Krankheiten der Parotis und ihres Ausführungsganges

.

349 — 364

Entzündung der Ohrspeicheldrüse

1) Einfache Parotitis, Parotitis benigna s. catarrhalis

350 . . . .

350

2) Consecutive und metastatische Parotitis Zweites Capitel.

Wunden, fremde Körper.

Drittes

Neubildungen

Capitel.

351

Fisteln

353 359

Exstirpation der Parotis Anhang.

345

Krankheiten der Unterkiefer- und Unterzungen-Drüse .

361 .

363

Inhalts-Verzeichniss zum drillen Bande.

v m

Seite Sehnte

Abthellunc.

Krankheiten

des

knöchernen

Gaumen9,

des

Gaumen-

segels u n d d e r Mandeln Erstes

Capitel.

Missbildungen

Spaltung und

Zweites

Gaumennaht,

Operation des Wolfsrachens, Uranoplastik

b.

c.

Operation erworbener Guumendefecte

371 .

.

.

.

381 387

Verletzungen

390

Entzündung, Nekrose, Verschwörung

391 391

An d e n Mandeln Capitel.

a.

Am G a u m e n An d e n Mandeln

Abthellung.

393

Neubildungen

b.

Erstes

Staphyloraphie

Am Gaumen

Viertes

felirte

366

b.

Capitel.

a.

366

Defect a m Gaumen

a.

Capitel.

Drittes

365—402

und F o r m f e h l e r

396 396

Krankheiten

Capitel.

396

des Schlundkopfes

Diagnostische

Operationen

im

403—423 Pharynx,

Pbaryngoscopi»

und R h i n o s c o p i e Zweites

Capitel.

404

Verletzungen d e s S c h l u n d k o p f e s

414

Drittes

Capitel.

Entzündung, Eiterung und Verschnärung

417

Viertes

Capitel.

Neubildungen

419

Zwölfte Abtbelluiig. Erstes

Capitel.

im Pharynx

K r a n k h e i t e n d e s Halses im Allgemeinen

.

.

421—446 426

I.

V e r k r ü m m u n g des H a l s e s , s c h i e f e r Kopf, Torticollis, C a p u t o b s t i p u m

426

II.

Angeborene Ihlstistel, Capitel,

und

.

Formfehler

Zweites

Mißbildungen

F i s t u l a colli c o n g e n i t a

433

H a l s w u n d e n i m Allgemeinen

Drittes

Capitel.

Entzündungen

Viertes

Capitel.

Neubildungen

435

a m Halse

436

am Halse

43g

I . . Balggeschwülste (Cysten)

438

II.

Gefässgeschwülste

442

III.

Parenchymatöse Geschwülste

443

IV.

E x t i r p a t i o n d e r G e s c h w ü l s t e a m Halse

Dreizehnte Erstes

Alithellung.

Capitel.

Zweites

Diagnostik.

Capitel.

444

K r a n k h e l t e n des Kehlkopfes und d e r L u f t r ö h r e

447—309

Laryngoscopie

448

Verletzungen

454

a) W u n d e n

454

b) B r ü c h e d e s Z u n g e n b e i n s

und d e r K e l i l k o p f s k n o r p e l

Drittes

Capitel.

F r e m d e K ö r p e r in den l . u f t w e g e n

Viertes

Capitel.

Entzündungen

Fünftes

Capitel.

Sechstes Siebentes Achtes

Capitel.

I. II.

Capitel.

461 473

des Kehlkopfes

und der Luftröhre

L u b f i s t e l n , F i s t u l a e laryngeae et t r a c h e a l e s .

Capitel.

Capitel.

Neuntes

Caries und Nekrose

458

N e u b i l d u n g e n iin K e h l k o p f e

.

.

.

.

480 482 48i

Verengerung der Luftwege, Traibeostenosis

490

Operationen an den Luftwegen

492

K a l h e t e r i s i n u s d e r L u f t w e g e , C a l h e t e r i s m u s laryngis

492

Eröffnung der Luftwege, Broncholomia

494

1.

Eröffnung d e r Luftwege unterhalb des Kehlkopfes, Traclieotoraie

503

2.

Eröffnung des Kehlkopfes, Laryngotomie

507

.

.

.

.

.

.

.

Inhalts-Verzeichniss zum d r i t t e n

Bande.

IX Seite

3.

E r ö f f n u n g d e r L u f t w e g e o b e r h a l b des Kehlkopfes

.

.

.

.

Vergleich d e r verschiedenen Stellen z u r E r ö f f n u n g d e r L u f t w e g e III.

Ausschneiden des Kehlkopfs, Exstirpatio laryngis

Vierzehnte Abtlieilung. Erstes

Capitel.

510 — 543

Verletzungen

510

S c h n i t t - und S t i c h w u n d e n

B.

Zerreissungen

C.

Verbrennungen der S p e i s e r ö h r e Capitel.

508 509

Krankheiten d e r S p e i s e r ö h r e

A.

Zweites

507

510

der S p e i s e r ö h r e

513 314

F r e m d e Körper

515

I.

Ausziehung d u r c h den Mund

II.

I l i n a b s t o s s e n in den Magen

523

Oesophagotomie

524

III. Drittes

Capitel. I.

Verengerung der S p e i s e r ö h r e . S t r i c t u r a s. Stenosis oesophagi

Allmiilige Erweiterung mit Schlunilsonden

II. III. IV. Viertes

539

Oesophagotomie

540

Gastrotomie

540

Neubildungen

Fünfzehnte Abtlieilung. Capitel.

Zweites

Capitel.

Sechszehnte Erstes

Capitel.

Drittes

Capitel. I.

II.

Krankheiten

der S c h i l d d r ü s e

544 — 557 545

E n t z ü n d u n g der S c h i l d d r ü s e

546

Geschwülste der Schilddrüse.

Abtbeilung.

Capitel.

Zweites

543

Verletzungen der S c h i l d d r ü s e

Capitel.

Drittes

Kropf.

.

.

Missbildungen

und Formfehler

560

Verletzungen Entzündung.

Entzündungen

561 Mastitis

562

der W a r z e und des W a r z e n h o f e s

562

E n t z ü n d u n g des Drüsengewebes

564

E n t z ü n d u n g des s u b c u t a n e n

E n t z ü n d u n g des Bindegewebes h i n t e r d e r B r u s t d r ü s e

Fünftes

Capitel.

I. II.

Bindegewebes

568 .

.

.

.

Milchfistel, B r u s t d r ü s e n f i s t e l , Fistula m a m m a e Capitel.

Neuralgie.

547

558—593

IV. V.

. . .

Krankheiten der Brustdrüse

III.

Viertes

528 534

Kauterisation

Capitel.

Erstes

521

569 571

Mastodynia neuralgica

572

Geschwülste der Brustdrüse

574

H y p e r t r o p h i e der B r u s t d r ü s e

574

Adenoma u n d C y s t o s a r c o m a m a m m a e

577

III.

Cysten

578

IV.

Fibröse, Knorpel- u n d K n o c h e n - G e s c h w ü l s t e

579

V.

Krebs und S a r c o m

580

Behandlung der Geschwülste der B r u s t d r ü s e Verfahren bei der E x s t i r p a t i o n

Anhang.

Capitel. 1.

der B r u s t d r ü s e

.

.

.

.

587

Partielle Exstirpation der B r u s t d r ü s e

591

K a u t e r i s a t i o n der ß r u s t d r ü s e n g e s c h w i i l s t e

592

Krankheiten der B r u s t d r ü s e beim Manne und bei Kindern

Siebzehnte Abtheilung. Erstes

583

K r a n k h e i t e n des T h o r a x

594—646

Verletzungen des T h o r a x im Allgemeinen

Oberflächliche B r u s t w u n d e n .

.

.

.

592

.

.

.

.

598 .

.

.

.

.

598

X

Inhalts-Verzeichniss zum dritten Bande.

II. III. Zweites

Quetschungen des Thorax

Seite 599

Penetrirende Brustwanden

601

Capitel.

Lungenwunden

604

Drittes Capitei.

Verletzung der in der Thoraxwand verlaufenden Arteriei

Viertes Capitel.

Herzwunden

612

Fünftes Capitel.

Lungenvorfall und Lungenbruch

615

Sechstes

Capitel.

Fremde Körper im Thorax

S i e b e n t e s Capitel. I.

618

Von den Ergüssen in der Brusthöhle

623

Ergüsse in der Pleurahöhle

623

Paracentese des Thorax, Operation des Empyem IL I. II.

.

.

639

Aeussere Thorax-Abscesse

639

Innere Thorai-Abscesse Neubildungen.

A c h t z e h n t e Abtheilung.

642 Thoraxgeschwülste

644

Krankheiten der Bauchhöhle und des in ihr ent-

haltenen Theils der Verdauungsorgane mit Ausschluss der Hernien . Erstes Capitel. II.

647—705

Bauchwunden

651

Oberflächliche Bauchwunden

652

Penetrirende Bauchwunden

653

A.

Einfach penetrirende Bauchwunden

B.

Penetrirende Bauchwunden mit Vorfall von Eingewcidcn

.

656

C.

Penetrirende Baucbwunden mit Verletzung von Eingeweiilen .

658

I.

654 .

Darmwunden

658

A. Darmnaht

662

B. Anlegung einer Darmfistel II.

674

III.

Wunden der Leber und der Gallenblase

676

IV.

Wunden der Milz und des Netzes

678

Wunden des Zwerchfells

678

Subcutane Verletzungen

679

Zweites Capitel. IL

Quetschungen und Zerreissungen der Bauchwände Quetschungen und Zerreissungen der Baucheingeweide

Drittes Capitel. I. II.

670

Magenwunden

V. I.

629 638

Abscesse des Thorax

Neuntes Capitel.

I.

.

Ergüsse im Herzbeutel. — Paracentesis pericardii

Achtes Capitel.

609

679 .

.

.

.

Fremde Körper

681 685

Fremde Körper, welche von Aussen kommen

685

Fremde Körper, welche im Bauche entstanden sind

691

Viertes Capitel.

Abscesse, Ergüsse und Geschwülste

692

I.

Abscesse in den Bauchdecken

692

II.

Abscesse der Hüftbeingrube

694

III.

Ergüsse in der Bauchhöhle

698

Bauchsticb, Punctio s. Paracentesis abdominis IV.

.

.

.

Geschwülste in der Bauchhöhle

Neonzehnte Abthellnng. E r s t e s Capitel. I.

.

702

Unterleibsbrücbe, Herniae abdominalis .

Von den Unterleibsbrücben

699

im Allgemeinen

.

. .

706—937 .

.

708

Bewegliche oder freie Brüche

720

1 ) Palliative Behandlung

723

lohalls-Verzeichniss zum dritten Bande.

xi

Seite

A. Reposition

723

B. Bruchband

724

2 ) Radicalheilung

730

Werth der Radical-Operationen II.

742

Unbewegliche Hernien

744

III.

Bruchentzündung

749

IV.

KotbanbSufungim Brucb, Obstructio berniae, Incarceratio stercoralis

753

V.

VI.

Brucheinklemmung, Incarceratio, Slrangulatio

756

Taiis

772

Bruchoperation

783

Verfahren beim Bruchschnitt

784

Abweichende Verfahren bei der Bruchoperation

803

Arterienverletzung

806

Nachbehandlung nach der Herniotomie

807

Scbeinreduction

811

Kothfistel und widernatürlicher After

822

MagenfUtel Zweites

Capitel.

839

Von den Verschiedenheiten

der B r ü c h e ,

welche

die Lage der Brucbpforten bedingt werden

.

durch

.

.

.

840

Leistenbruch, Hernia inguinalis I. II.

840

Aeusserer Leistenbruch, Hernia inguin. externa s. obliqua

.

Innerer Leistenbruch, Hern, inguio. interna s. directa

.

.

.

.

848

III.

Schräger, innerer Leistenbruch, Hern, inguin. obliqua interna .

.

819

IV.

Interstitieller Leistenbruch, Hern, inguin. interstitialis

.

850

.

.

Allgemeine Verhältnisse der Leistenbrüche II.

852

Schenkelbruch, Hernia femoralis s. cruralis

III.

861

Nabelbruch, Hernia umbilicalis

IV.

84 4

875

A.

Angeborener Nabelbruch, Nabelschnurbrucb

877

B.

Nabelbruch der Kinder

881

C.

Nabelbruch der Erwachsenen

887

Bruch der weissen Linie, Hernia lineae albae

898

a)

Zwischen Nabel und Schoossfuge

898

b)

Oberhalb des Nabels, Hernia epigastrica

898

V.

Bauchbrucb, Hernia veutralis

902

VI.

Zwercbfellbrucb, Hernia diaphragmatica

903

VII. VIII. IX.

Brucb des eirunden Loches, Hern, foraminis ovalis, Hern, obturatoria

906

Hüftausscbniltbrucb,

914

Hernia iscbiadica s. dorsualis s. Iscbiocele.

.

Dammbrucb, Mittelfleischbruch, Hernia perinealis s. ischio rectalis

916

X.

Mastdarmbrucb, Hernia rectalis

919

XI.

Scbeidenbrucb, Hernia vaginalis-

XII.

919

Brüche innerhalb der Bauchhöhle, innere Einklemmnngen .

Drittes

Capitel.

Von

den

Verschiedenheiten

der B r ü c h e ,

.

welche

.'

Darmwandbrucb und Darmanhaogsbrucb. Hernia Littrica

II.

Blinddarmbruch, Hernia coecalis

919

durch

die Einlagerung einzelner Eingeweide bedingt werden I.

.

.

. .

.

920 920 922

III.

Wonnfortsatzbrucb, Hernia Processus vermiformis

926

IV.

Blasenbruch, Hernia vesicalis, Cystocele

928

Inhalts-Verzeichniss t u m dritten Bande.

XII

V. VI. VII.

Eierstockbruch, Hernia ovarii, Oophorocele

933

Fetlkruch, Hernia adiposa, Liparocele

934

Zwanzigste Ahthellnng. Erstes Capitel. Zweites II.

Krankheiten des Mastdarms

940

Missbildungen und Formfehler

942

Fehlerhafte Lage und Verschluss des Afters. Ectopia et Atresia ani

942

Erweiterung und Verengerung des Afters und des M a s t d a r m s .

.

945

.

.

946

Bildung eines künstlichen Afters, Laparocolotomia

.

949

A. Verengerung des Afters.

Strictura ani

B. Verengerung des Mastdarms. III.

938—1002

Untersuchung des Mastdarms

Capitel. I.

Seite 932

Gebfirmutterbrucb, Hernia uteri, Hyaterocele

Strictura recti

945 .

Vorfall des Mastdarms

953

A. Vor/all der MaBtdarmscbleimhaut

954

B. Vorfall der ganzen Mastdarmwand. — Mastdarmbrucb .

956

C. Mastdarmvorfall mit Inv^gination Drittes Capitel.

957

Wunden und fremde Körper

960

A. W u n d e n

960

B. F r e m d e Körper Viertes Capitel. I. II.

962

Neurosen

965

Afterjucken, Pruritus ani

965

Afterkrampf, krampfhafte Verengerung, spastische Contractur Afters, Proctospasmus

Fünftes Capitel. I. II.

des .

Entzündungen, Abscesse, Fisteln

966 969

Entzündungen des Afters und des Mastdarms

969

Mastdarm-Geschwüre

970

III.

Abscesse (Perineal-Abscesse)

973

IV.

Mastdarmflstel

975

Sechstes Capitel. I.

Neubildungen

984

Hämorrhoiden

984

Operation der Hämorrhoidalknoten II. III.

989

Papillome, Polypen

990

Mastdarmkrebs, Carcinoma recti

991

Exstirpation des Mastdarms

997

B e r i c h t i g u n g e n . I n der Reihenfolge der

Figurenzahlen

fehlen durch

ein Versehen 7 und 8 ,

auf Figur 6 Figur 9 folgt. Pag. 1 6 1 .

Columnentitel, lies „ U n t e r s u c h u n g * statt „ W u n d e n des Ohres*.

so

dass

Drittes

Buch.

Von den chirurgischen Krankheiten der einzelnen Körpergegenden und Organe. Local-Pathologie der chirurgischen Krankheiten. Topographische Chirurgie.

B a r d e l e b c n , CliirmK'H;. 7. Aufl. III.

\

Erste Abtheilung:.

Krankheiten des Schädels. Ueberbllck der chirurgischen Anatomie de* Schädels. Der Schade! ist eine Kapsel von ovaler Form, welche zwei Dritttheile des ganzen Kopfes bildet. man

Mit seinem

«orderen Tbeile liegt er über dem Gesicht,

ihn dorcb eine Ebene sieb abgegrenzt d e n k t ,

des Stirnbeins

und die Wurzeln

hinteren

erstreckt

Ende

der Jochbögen verläuft;

er sieb

weit hinter dasselbe.

übertrifft die von Oben nach Unten nur wenig.

von welchem

welche durch die Incisara nasalis mit seinem

umfangreichen

Seine seitliche

Ausdehnnng

Man unterscheidet an der Scbädel-

kapsel zwei Tbeile: einen oberen, das Schädelgewölbe, welches in ziemlich regelmässiger Abrundung nach Vorn durch die Augenbrauen, nacb den Seiten durch den

äusseren

Gehörgang und den Zitzenfortsatz, nach Hinten durch die untere halbkreisförmige Linie des Hinterhauptbeins

begrenzt wird;

einen u n t e r e n , die Basis cranii, welche flacher,

sehr n n e b e n , und durch das Gesicht und den oberen Theil des Halses, mit welchem sie eng verbuaden ist, verdeckt wird. 1.

Welchthelle d e s SehSdelS.

Die K o p f h a u t ist im Allgemeinen sehr dick, n u r

in der Scbläfengegend dünn, und hier wie auch in der Stirngegend leicht verschiebbar. Während sie in der Jugend glatt und zart ist, wird sie beim Erwachsenen, namentlich im höheren

Alter,

runzlicb.

Die Haare durchdringen

die Kopfhaut fast überall in

schräger Richtung, n u r in der Höhe des oberen Winkels des Hinterhauptbeins gerade. Die grosse Menge und Mächtigkeit der in der Haut steckenden Haarbalge verleiht ihr neben grosser Derbheit eine eigenthümliche oder F e t t - G e w e b e

Brücbigkeit.

Das s u b c u t a n e

Binde-

hängt in der Art mit der Susseren Haut z u s a m m e n , dass m a n

beide oft f ü r Eins gehalten bat. j e nach den einzelnen Steilen:

Die Dicke dieser zweiten Schicht ist sehr verschieden, in der Schlafengegend

ist sie z. B. oft so bedeutend,

dass sie die Scblgfengrube fast ganz ausfüllt; im Bereich des Haarwuchses ist sie dagegen dünn. straffes

Die G a l e a a p o n e a r o t i c a

fibröses

Gewebe und

durch

ist vor anderen Fascien durch ein besonders

Insertion

der

Frontal- und Occipitalmuskeln

an

ihren vorderen und hinteren Abschnitten ausgezeichnet, so dass sie in j e d e r Beziehung mit Recht „ S e h n e n h a u b e " heisst.

Gef&sse jeder Art und Ordnung, sowie Nerven d u r c h -

dringen die Bedeckungen der Schädelknochen. Die drei eben besprochenen wenig d e h n b a r ,

Schichten

sind von sehr dichtem Gewebe,

und hängen im Bereich des Haarwuchses

s a m m e n , dass man die Cutis gar nicht ohne die Galea verschieben kann. dagegen lässt sich leicht gegen das Periost verschieben,

daher

so innig mit einander zuLetztere

da die zwischen beiden be-

1*

4

Krankheiten des Schädels. fettlose Hindegewelissrhidil durchweg locker ist.

findlicbe

H i e r a u s e n t s p r i n g t lei

ent-

zündlichen Z u s t ä n d e n die Neigung zur E i n s c h n ü r u n g (die bei dem gleichzeitigen Xervenr e i c h t h u m e excessive S c h m e r z e n v e r a n l a s s t ) , und die A b p l a t t u n g d e r m e i s t e n T u m o r e n d i e s e r Gegend. gewcbsschicht

Die zwischen d e r Galea u n d dem P e r i c r a n i u m befindliche lose B i n d e begünstigt

die Weiterverbreitung

blutiger o d e r

eitriger

Ergüss«.

v e r w u n d e n d e s I n s t r u m e n t m u s s die äussere H a u t , den Panniculus a d i p o s u s , eine oder

muskulöse Schicht,

die Schicht

blättrigen Bindegewebes

und

endlich

Ein fibröse

dis P e r i -

c r a n i u m d u r c h d r i n g e n , bevor es den Knochen selbst e r r e i c h t , a b g e s e h e n n o c h von den Gefässen und N e r v e n ,

welche j e

nach

den

getroffenen Stellen

des S c h ä d e l s

verletzt

werden.

Geschwülste, so wie blutige und eitrige Ergüsse a n d e r Oberfläche des Schädels

können

in verschiedener Tiefe ihren Sitz h a b e n :

fibrösen

H a u t (Galea) u n d u n t e r dem Regionen

am Schädel.

W ö l b u n g des Schädels.

in oder u n t e r

der C u t i s ,

u i t e r der

Pericranium.

Das P l a n u m

occipito-frontale

entspricht

Auf d e r Mitte der Stirn verläuft die V e n a f r o n t a l i i

der

(prae-

p a r a t a , g r a e c a ) , welche m i t u n t e r doppelt vorhanden o d e r s e h r entwickelt i s t , oft ganz fehlt; um

sie ergiesst sich im Nasenwinkel

vermittelst

der E m i s s a r i a Santorini

f ü l l u n g zu b e f r e i e n . frontales, winkel

in die Vena facialis.

Zu beiden Seiten der Vena f r o n t a l i s liegen die kleinen

E n d ä s t e d e r Arteria o p h t h a l m i c a ;

bis z u m

Die Alten öffneten sie,

die vordere Hälfte des Kopfes von

Scheitel.

Der

Musculus

sie

erbeben

frontalis

BlutüberArteriae

sich vom i n n e r e n Augen-

vermischt

nach

Unten

seine

F a s e r n m i t d e n e n d e r MM. orbicular. palpebrar., corrug. supercil. u n d pyramidal, o a s i . Sein Antagonist ist d e r M u s c u l u s

occipitalis,

welcher ( e b e n f a l l s z u r Galea

apo-

n e u r o t . aufsteigend) von d e r Linea semicircular. s u p e r , oss. oeeipit. u n d von den P r o c . mastoid. entspringt. tritt

Die A r t e r i a

ü b e r den Margo s u p r a o r b i t a l i s

supraorbitalis,

ein Zweig d e r A. o p h t h a l m i c a ,

a u s d e r Augenhöhle

u n d begiebt sich

Muse, f r o n t a l i s , wo sie mit d e r Art. frontalis u n d t e m p o r a l i s a n a s t o m o s i r t . supraorbitalis, h ö h l e fast in

ein Zweig des Kamus o p h t h a l m i c u s t r i g e m i n i , t r i t t a u s der Augen-

d e r Mitte

Nasenwurzel e n t f e r n t .

des Margo

supraorbitalis,

etwa 2 5 Mm. von

Der N e r v , s u p r a t r o c h l c a r i s

der Mitte

haupt

her verlaufen gegen den Scbeitel

denen

erstere nächst

Vom H i n t e r -

a u f w ä r t s A r t . und N e r v , o c c i p i t a l i s ,

d e r Temporalis die grösste Arterie

Lymphgefässe

dieser

Gegend

der

tritt 1 C t m . vom vorigen, a u s

d e r Augenhöhle, n a c h Aussen von d e r Trochlea und dem Obliq. s u p e r i o r .

hauptsächlichsten

unter den

Der N e r v u s

der S c h ä d e l d e c k e n ist.

begleiten

die Aa. temporal,

von Die und

a u r i c u l a r . u n d t r e t e n in die Gland. parotid. und m a s t o i d . , mit A u s n a h m e eines kleinen Bündels, welches, dem Lauf d e r Ven. front, folgend, in das Gesicht u n d von da in die Gland. lymph. submaxill.

hinabsteigt.

In d e r R e g i o t e m p o r o - p a r i e t a l i s auricular.

anter.

und p o s i e r . ;

linden wir z u e r s t die

unbedeutenden

darauf folgt eine s t a r k e A p o n e u r o s e ,

d e r e n Lamellen die A r t . t e m p o r a l , s u p e r f i c i a l , verläuft.

Unter d e r mittleren P l a u e

d e r Aponeurose folgt eine reichliche F e t t s c h i c h t , w e l c h e , j e n a c h d e m fett oder m a g e r i s t ,

die

Scbläfengegend

hervorspringend,

MM.

zwischen

eben,

d a s Individuum

o d e r ausgehöhlt e r -

scheinen lässt.

Die A p o n e u r o s e d e s M u s c u l . t e m p o r a l i s bildet f ü r diesen Muskel

eine

Scheide.

besondere

Dann folgt d e r dicke

Muscul.

temporalis.

Abscesse,

welche u n t e r der ä u s s e r e n Aponeurose e n t s t a n d e n sind, h a b e n wenig Neigung, sich n e i t a u s z u b r e i t e n ; die t i e f e r e n , d u r c h s t a r k e Aponeurosen b e s c h r ä n k t , k ö n n e n sich bis in die Gegend des J o c h b o g e n s erstrecken, so wie m a n a n d e r e r Seits G e s c h w ü l s t e dieser letzt e r e n Gegend bis in die Schläfengegend vordringen u n d dort gewinnen sieht.

i h r e weitere Entwicklung

Die A r t . t e m p o r a l , p r o f . , a u s der Art. maxill. i n t e r n . , steigt u n t e r

5

Chirurgische Anatomie. dem Scbläfenmuskel e m p o r ;

die entsprechenden V e n e n communiciren mit den venösen

Sinus im Schädel, mittelst der E m i s s a r . S a n t o r i n i . günstige Stelle zur Blutentziehung Augen.

bei Krankheiten

Die Schläfen gewähren

eine

des Gehirns, d e r Orbita und d e r

Die L y m p h g e f a s s e begleiten die Arter. temporal, und auricular. poster. und

m ü n d e n in die Gland. lymph. parotid. und mastoid. Die R e g . m a s t o i d e a

ist von wenigen Schichten b e d e c k t ; man findet dort den

M u s e , a u r i c u l . p o s t e r . , bedeckt mit etwas F e t t , die Ansätze des mastoid., Trapezius 2.

u. S p l e n i u s

SchSdelkoochen und OIroliSute.

acht Knochen

gebildet.

Sternocleido-

und das Periost. Die Schädelkapsel wird durch die bekannten

Das S t i r n b e i n ,

dessen beide Hälften

(Sutura frontal.) verwachsen, enthält zwei Höhlen,

in

der

Mittellinie

S i n u s f r o n t a l e s , welche durch

das Auseinanderweichen der beiden Knochenplatten gebildet sind und im Alter grösser werden.

Diese Höhlen

beim Schnupfen). Santorini

stehen

mit der Nasenhöhle in Verbindung

Das S e i t e n w a n d b e i n

durchbohrt.

(Stirnkopfscbmerz

ist mehrfach von den V a s a

emissaria

Auf seiner inneren Fläche gewahrt man Furchen (das sogen.

Feigenblatt), in denen, zuweilen von Knochenblättchen überbrückt, die A r t . m e n i n g e a m e d i a verläuft.

Das S c h l ä f e n b e i n ist im Schuppentheil den d i r e c t e n , im Felsen-

tbeil den Fracturen durch Gegenschlag besonders ausgesetzt. Die Knochen des Scbädelgewölbes sind „flache Knochen", d. b . sie bestehen a u s zwei festen Lamellen, zwischen denen die sehr gefüssreiebe spongiöse D i p l o e gelegen ist.

Diese Knochen entwickeln sieb zuerst aus einer fibrösen, mit Gefässen

zogenen Haut, deren strahlige Anordnung bei der Geburt noch deutlich ist.

durchValleix

b a t dargetban, dass zuerst die innere Tafel, dann die Diploe. zuletzt die Süssere Tafel verknöchern.

Die Knochen sind beim Fötus dünn und biegsam;

es giebt Individuen,

welche lange Zeit die dem kindlichen Alter zukommende Dicke und

Consistenz der

Schädelkoochen behalten, wodurch eine besondere Prädisposition zu „ E i n d r ü c k e n " begründet wird. Für d e n Operateur wäre eine genaue Kenntniss der D i c k e d e r sehr wünschenswerth.

Kopfes, als auch nach den Individurn ringer

Schadelkapsel

Dieselbe bietet aber sowohl nach den verschiedenen Stellen des grosse Verschiedenheiten

dar;

sie ist z. B. ge-

in der Schlafe und an den Tubera parietal., bedeutender dagegen an der Protuber.

occipital., der Basis cran. etc. 1 Ctm. an.

Petrequin

nimmt

als Minimum ' / 5 , als

Maximum

Bei Kindern ist das Schädeldach unverbältuissmässig viel dünner, als bei

Erwachsenen; seine Dicke nimmt bei Geisteskranken und Säufern oft zu, anderer Seits schwindet sie

bei alten

Leuten

in

Folge von Resorption der Diploe, welche

B l a n d i n ) sogar bis zur Perforation des Schädels fortschreiten kann.

(nach

Nach G e r d y soll

in der Nähe der Suturen die Schädeldicke zunehmen, während V e l p e a u die entgegengesetzte Behauptung aufstellt; beide sind zu exclusiv, denn eine und dieselbe Nabt ist nicht einmal in ihrer ganzen Ausdehnung von gleicher Dicke. An den N a h t e n Breite S t a t t ;

findet wesentlich das Wachsthum der Schadelknochen

ihre V e r k n ö c h e r u n g

beginnt

Wacbsihums und wird erst mit dem dreissigsten oder vierzigsten Jahre vollendet. verknöchern

die Nähte nur ausnahmsweise vollständig;

zum

Alter eine dünne

hoben

fibröse

Schicht

in die

in der Regel mit der Vollendung des Jedoch

in der Regel bleibt auch bis

in ihnen

übrig.

Vorzeitige

Ver-

k n ö c h e r u n g einer Naht hemmt das Wachsthum des Schädels in der entsprechenden Richtung.

Bei G r e i s e n

entsteht

auch

Verengerung

oder selbst

Verschliessung

der

kleinen Oeffnungen in den Knochen; die Gefässe, welche durch sie verlaufen, verwandeln sich dann in fibröse Fäden.

Bei K i n d e r n schützt die zuerst verknöcherte Basis des

6

Krankheiten des Schädels.

Schädels die wichtigsten Theile des Gehirns, wahrend das Gewölbe, nachgebend und elastisch, die Kraft der Stösse bricht und Störungen der Continuitat verbindert. — Beim F ö t u s und bei g a n - j u n g e n K i n d e r n findet man da, wo die Winkel der Srhädelknochen sich unter einander berühren sollen, mehr oder minder grosse häutige Lücken, die F o n t a n e l l e n , von denen die v o r d e r e (viereckige) die constanteste und grösste ist; sie fand sich in einzelnen Fallen im zwanzigsten, ja selbst im dreissigsten Jahre noch vor. Im Innern sind die Schädelknochen von der D u r a m a t e r bekleidet, welche an ihrer concaven Seite von einer Lage von Pflaster - Epithel überzogen ist, welche früher als „ Parietalblatt der Arachnoidea" beschrieben wurde. Die Dura mater ist die Trägerin der die Innenflache der Schadelknocben versorgenden Arterien, unter denen die vom Foramen spinosum zu den Seiten des Schädels aufsteigende, in einer verästelten Rinne (s. oben) und oft stellenweise in einem Canale des Keil-, Schläfen- und ScheitelBeins verlaufende A r t . m e n i n g e a m e d i a (aus der Maxillaris interna) die bedeutendste ist. Zwischen der Dura mater und dem Knochen findet sich dichtes Bindegewebe, welches Extravasaten nur in geringem Grade gestattet, sich auszudehnen. In frühester Kindheit haftet die Dura mater fest an den SchadelknocheD, als inneres Periost, Endocranium. Die V e n e n d e r S c h ä d e l k n o c h e n stossen mit denen des Gehirns und seiner Häute zur Bildung der Sinus zusammen, welche zwischen zwei Platten der harten Hirnhaut, meist dicht am Knochen anliegen. Durch diese Anordnung wird ein Zusammenf'llen der geöffneten Sinus, wie es bei der Mehrzahl der Venen beobachtet wird, unmöglich, was wegen der Blutung und der Möglichkeit des Lufteiotritts von Wichtigkeit ist. Die schon oben erwähnten E m i s s a r i a S a n t o r i n i (namentlich durch die Foramina mastoid., parietal., und das sogenannte Foramen coecum hinaustretend) set en die Sinus mit den Venen der Schädeldecken und der Nasenschleimhaut in Verbindung Für den Chirurgen haben n'mentlich in operativer Beziehung die grösste Wichtigkeit: 1) der S i n u s l o n g i t u d . s u p e r . , welcher der Sutura sagittalis anliegt und weiter nach Vorn in der Richtung der fötalen Sutura frontalis verläuft, und 2) die S i n u s t r a n s v e r s i , in deren Gegend jedoch die Schädelknochen, wegen der daselbst befindlichen Insertion der Nackenmuskeln, für dirette Gewalt schwer zugänglich sind. Das Gehirn selbst wird zunächst von der überaus gefassreichen Pi- m a t e r (der weichen Hirnhaut im engeren Sinne) überzogen, welche allen seinen Windungen folgt und die zwischen diesen liegenden Furchen genau auskleidet. Diese ihrerseits erhält, nach der alteren Auffassung, einen die Furchen des Gehirns überbrückenden (in dieselben nicht eindringenden), mit der Pia fast durchweg nur lose zusammenhängenden Ueberzug von dem Visceralblatt der Arachnoidea. In der Tbat ist aber das sogenannte Visceralblatt ebenso, wie das Parietalblatt, nur eine Epi- (oder Endo)thelschicht, unter welcher sich I ses, sehr weitmaschiges Bindegewebe befindet, welches die Cerebrospinalflüssigkeit enthalt. Will man sich die Arachnoidea mit ihren zwei Blattern als eine selbststandige Membran denken, so kann man also sagen: u n t e r d e m V i s c e r a l b l a t t d e r A r a c h n o i d e a (nicht in dem serösen Sack, welchen sie bildet), zwischen derselben und der Pia mater, befindet sich die C e r e b r o s p i n a l f l ü s s i g k e i t . — Die Bindegewebsräume für die Cerebrospinalflüssigkeit finden sich an der convexen Flache des Gehirns, namentlich in den Furchen; besonders mächtig sind sie aber an der Basis, wo sich, nach L u s c h k a , drei paarige und drei unpaarige Sinus für dieselbe unterscheiden lassen. Zwischen allen diesen „subarachnoidealen Räumen" besteht freie Communication, ebenso mit den Ventrikeln des Gehirns und mit den noch erheblich

Verletzungen der äusseren VVeicbtbeile. mächtigeren analogen R ä u m e n ,

Kopfwunden.

welche das Rückenmark

umgeben.

7 Die anatomischen

Verhältnisse der mit Cerebrospinalflüssigkeit gefüllten Räume sind von besonderer Bedeutung f ü r die Erläuterung der Blutüberfüllung und der Compression

des

Ausserdem verdienen sie auch in diagnostischer Beziehung Berücksichtigung. brospinalflüssigkeit kann nach Aussen arachnoidealen Räume geöffnet h a t ,

fliessen,

Gehirns. Die Cere-

sobald eine Verletzung einen d e r sub-

namentlich

auch

bei Fracturen der Schädelbasis

mit Verletzung der mit einzelnen Fortsätzen in sie eindringenden oder an ihr haftenden weichen Hirnhäute. Eine genaue Kenntniss der S c h ä d e l b a s i s

und der in ihr befindlichen Austritts-

stelleo der Hirnnerven ist für die Diagnose zahlreicher chirurgischer Krankheiten unerlässlich;

eine Beschreibung derselben

erscheint

chirurgische Seiten nicht abzugewinnen

sind.

hier

m e h r e r e r von Aussen zugänglicher Höhlen wollen bildet das D a c h der

der Nasenhöhle

Stirnhöhle,

das

Schädelbasis eingebettet angehefteten S c h l u n d e s .

Dach liegt),

der

und d e r

überflüssig,

da ihr

besondere

Nur ihre Betheiligung an der Bildung wir ausdrücklich hervorheben.

Augenhöhle,

Trommelhöhle

die h i n t e r e

(welche

eigentlich

endlich auch die o b e r e B e g r e n z u n g

Sie

Wand in

der

d e s an ihr

Daher haben erhebliche Blutungen aus einer dieser Höhlen

eine grosse diagnostische Bedeutung, wenn man andenveitigen Grund bat, eine Fractur d e r Schädelbasis zu vermuthen.

E r s t e s

Cnpitel.

Verletzungen des Schädels 1 ). I. Verletzungen der äusseren Weichtheile.

Kopfwunden.

Die Bedeutung der Schädelwunden ist relativ grösser, als diejenige der Wunden anderer Körpertheile, weil die Gefahr vorliegt, dass die nachfolgende Entzündung sich auf die Hirnhäute oder das Gehirn selbst verbreiten könnte. Man muss deshalb in Bezug auf die Prognose selbst der geringsten Kopfwunden sehr vorsichtig sein. Die Diagnose hat Schwierigkeiten, weil nur die sichtbare Verletzung mit Sicherheit erkannt, alles Uebrige aber aus weniger sicheren Zeichen erschlossen werden muss. Bei jeder Kopfverletzung hat man die ' ) Bei der nachstehenden Darstellung der Krankheilen des Schädels, namentlich der Verletzungen,

ist überall das Werk von B r u n s

rurgie f ü r Aerzte und Wundärzte.

(Handbuch der praktischen Chi-

Abth. I . : Die chir. Krankheiten und Verletzungen

des Gehirns und seiner Umhüllungen. Tübingen, 1 8 5 4 ) benutzt worden, auf welches hier ein für alle Mal verwiesen wird. — Neben demselben sind die in manchen Beziehungen abweichenden Darstellungen von L. S t r o m e y e r (Handbuch der Chirurgie, Bd. II. 1 8 6 4 ) und von B e c k (die Scbädelverletzungen, 1 8 0 5 ) zu vergleichen. — Den neuesten Standpunkt vertreten die Bearbeitungen der Kopfverletzungen von B e r g m a n n und der Schädelkrankheiten von l l e i n e k e ,

beide in dem von v. l ' i t l i a

und B i l l r o t h redigirten Handbuchc der Chirurgie, Bd. III. ( 1 8 7 3 ) ; auf diese ist in Betreff der neuesten Literatur zu verweisen.

8

Krankheilen des Schädels.

ganze Schädeloberfläche genau zu untersuchen, namentlich zu betasteH, da bedeutende Verletzungen tieferer Theile, entfernt von der Stelle, auf welche die Gewalt eingewirkt zu haben scheint, bestehen können. Daher ist auch, sobald der Verdacht einer tieferen Verletzung besteht, das Abrasiren des Kopfhaars unerlässlich, zumal wenn letzteres durch Blut oder Wundsecret zusammengeklebt und verfilzt ist (J. L. P e t i t ) . Durch die Untersuchung und das Krankenexamen hat man, unter B e rücksichtigung des Herganges der Verletzung, festzustellen, ob und welche Verletzungen in den weichen Schädeldecken, in der knöchernen Schädelwandung und in den darin befindlichen Organen vorhanden sind, um dann die Indicationen zu bestimmen. j e nach der Art der Verletzung: handlung;

Diese beziehen sich

I. auf die locale mechanische Be-

II. auf Verhütung oder Beschränkung der zu erwartenden

Entzündung. 1) Beine Wanden.

Schnitt- und Hieb-Wänden.

S c h n i t t w u n d e n sind unter allen Schädelverletzungen die wenigst gefährlichen; jedoch hat man auch auf Operationen, welche nur einen einfachen Ginschnitt in die behaarte Kopfhaut erforderten, den Tod folgen sehen. A. C o o p e r 1 ) z. B. erwähnt einen Fall, in welchem nach Esstirpation einer Balggeschwulst der behaarten Kopfhaut ein tödtliches Erysipelas eintrat, — und dieser Fall ist nicht vereinzelt. Das verletzende Instrument kann senkrecht oder schräg und gleichsam abschälend einwirken. Im letzteren Falle entstehen L a p p e n w u n d e n . Ist, wie gewöhnlich die Basis des Lappens unten, der freie Rand also aufwärts gerichtet, so bleibt der Lappen nicht von selbst in seiner Lage und muss daher durch Nähte befestigt werden. Man hat in solchen Fällen, wenn die Heilung per primam ausbleibt, die Stagnation des Eiters keineswegs in dem Grade zu filrchten, dass man, nach dem Rathe von J. L. P e t i t , eine p r o p h y l a k t i s c h e Gegenöffnung an der Basis des Lappens machen müsste; dagegen ist eine solche Incision dringend erforderlich, wenn wirklich Eiterverhaltung eintreten sollte. Schnittwunden sind am Häufigsten mit B l u t u n g e n complicirt. Die Ligatur ist in diesen Fällen selten nothwendig, um die Blutung zu stillen, auch schwierig, weil die Arterien in der Haut oder in sehr dichtem Bindegewebe verlaufen und daher nicht leicht isolirt hervorgezogen werden können. Diese Schwierigkeit ist besonders gross, wenn bereits Entzündung eingetreten ist. U m s t e c h u n g und A c u •) Lectures on Ihe principles and practice of surgery.

London, 1 8 2 9 , pag. 1 1 2 .

9

Stichwunden.

p r e s s u r sind für solche Fälle sehr bequem. Sonst bliebe n u r die Wahl zwischen Compression und Kauterisation. Die Compression ist vorzuziehen, und zwar nicht auf die Wunde selbst, sondern im Verlaufe des Gefässes anzubringen, da das Tamponiren der W u n d e die Gntzlindung steigern würde. Oft dient die N a h t als ein vortreffliches Blutstillungsmittel; die Scheu vor derselben ist u n g e g r ü n d e t , n u r müssen die Nähte nicht zu tief (nicht bis in die Galea) gelegt und frühzeitig entfernt werden. Nach der Vereinigung der Schnittwunden muss man dem Eintritt der Entzündung vorbeugen, indem man durch einen antiseptischen Verband Reizung und Infection der W u n d e verhütet, sowie jede Erregung durch Diätfehler oder andere Excesse entfernt hält. Die A n n e n d u n g

der Naht

ein n a c h t e i l i g e r Eingriff gefürchtet.

bei SchSdelverletzungen

w u r d e früher als

Wenn man dieselbe a b e r mit d e r nötbigen Vor-

sicht anwendet, nämlich nur die Haut durchsticht, die Galea aber u n b e r ü h r t lässt und die Nahte oder Nadeln vor Ablauf der ersten 2 4 Stunden wieder e n t f e r n t , so sind keine

besonderen Gefabren damit verbunden

(Bruns,

I. c . ;

Streubel,

Archiv f ü r

physiologische Heilkunde, 1 8 5 4 , Heft I . ; I ' r e s c o t t H e w e t t , Anatomy, Injuries and Diseases of the Head.

Medical Times and Gazette, July 2 8 ,

1855).

Bei allen klaf-

fenden Wunden gewährt die Nabt den Vortheil einer sicheren Vereinigung.

2) Stichwunden. Stichwunden dringen bald rechtwinklig, bald mehr schräg gegen den Knochen ein. Im letzteren Falle werden die Gewebe von ihnen unterminirt und ein Wundkanal gebohrt, der jedoch wegen der Wölb u n g des Schädels selten (z. B. von der Schläfe abwärts gegen die Fossa spheno-maxillaris) eine bedeutende Ausdehnung h a t . Meist bluten Stichwunden weniger als Schnittwunden (vgl. Bd. I.); wenn aber ein bedeutendes Gefäss durch eine schräg verlaufende W u n d e angestochen w i r d , so ist die Blutung desto u n a n g e n e h m e r , weil ihre Quelle versteckt liegt. Häufig folgt auf Stichwunden E r y s i p e l a s . Daran sind zum Theil stecken gebliebene fremde Körper schuld, mehr noch die bei den meisten Stichwunden stattfindende Quetschung, von welcher auch die bedeutenden Schmerzen abhängen, Richtung u n d Länge der Stichwunden sind oft schwer zu erkennen. Dennoch wird man die Untersuchung mit der Sonde oder das Einführen des Fingers auf solche Fälle beschränken, wo sich mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen lässt, dass der Knochen verletzt oder dass ein fremder Körper darin sei. Die P r o g n o s e ist wegen der Häufigkeit von Complicationen (Quetschung, fremde Körper, Blutung aus der Tiefe) weniger günstig: überdies wird sie häufig durch das nachfolgende Erysipel getrübt. Die B e h a n d l u n g hat es zunächst mit der Entfernung der

10

Krankheiten des Schädels.

fremden Körper und der Stillung der Blutung zu Ihun. Für beide Zwecke ist die Spaltung des Wundkanals häufig erforderlich. Man hat dieselbe durchaus nicht zu scheuen, wenn es durch mildere Mittel nicht gelingt, den erwähnten Indicationen zu genügen. Die Spaltung kann überdies in den nächsten Tagen durch die Heftigkeit der Entzündung (Phlegmone), namentlich bei Stichwunden, welche bis in oder unter die Galea dringen, nöthig werden. Vorzüglich fordert dazu grosse Schmerzhaftigkeit der Wunde auf, da diese durch die Spannung der entzündeten Theilc in hohem Grade gesteigert wird. 3) Gequetschte Wanden. Die gequetschten Wunden der äusseren Weichtheile des Schädels sind bald lineare, bald lappenförmige, bald Wunden mit Substanzverlust. Lineare Wunden der Art entstehen vorzugsweise durch Aufschlagen eines stumpfen Gegenstandes oder Anstossen des Kopfes gegen einen solchen bei einem Fall. Sie dringen meist bis auf, zuweilen auch bis durch das Pericranium. Ihre Ränder zeigen deutlich die verschiedenen Grade der Quetschung. Fand die Einwirkung der äusseren Gewalt mit grösster Schnelligkeit Statt, so können aber auch alle Charaktere der Quetschung fehlen. In einem solchen Falle ist dann auch die Behandlung wie bei einer reinen Wunde einzurichten. Bei wirklicher Quetschung der Wundränder wird nur ein antiseptischer Verband angelegt, die Schmerzhaftigkeit nöthigen Falls durch Eisbeutel oder kalte Ueberrieselung (mit 2 proc. Carbolsäurelösung) bekämpft. Es ist nicht immer l e i c h t ,

aus der äusseren Form und

Beschaffenheit

einer

Schädelwunde das verletzende Instrument zu e r k e n n e n ; denn selbst ein stumpfer Körper kann, j e nach der Gewalt (Schnelligkeit) und Richtung seiner Einwirkung, sowie nach der Gestalt des unterliegenden Knochens, eine Wunde hervorbringen, welche in keiner Beziehung von einer Schnittwunde zu unterscheiden ist. Wir

haben

schon bei

der Beschreibung

der Wunden

pag. 6 2 6 u . f. und 6 2 9 ) diese Verhältnisse genauer dargelegt. stehende

zwei Fälle erwähnt.

Ueber den

im Allgemeinen

(Bd. I.

Als Beispiele seien nach-

Kopf eines Mädchens ging das R a d

im schnellsten Laufe fahrenden Tilbury hinweg.

eines

Die hierdurch verursachte W u n d e in

der Schläfengegend h a t t e so gleichuässige und so glatte Wundlefzen, dass Vi d a l ,

wenn

er nicht Zeuge der Verletzung gewesen wäre, unmöglich an die Wirkung eines quetschenden Körpers

h ä t t e glauben können.

seines Zimmers

— Ein Mensch,

welcher, indem er durch d i e T h ü r

hinaus springen wollte, mit dem Kopfe gegen den Rand der

oberen

Tbüreinfassung anstiess, zog sich auf dem Scheitel eine Lappenwunde zu, deren W a n d lefzen so glatt w a r e n ,

wie sie nur ein Rasirmesser hätte hervorbringen k ö n n e n .

Die

Gestalt des Schädels, der knöcherne Widerhalt, die wenigen diesen bedeckenden Weichtheile und endlich die Schnelligkeit der Einwirkung erklären die Reinheit der W a n d e n . — In beiden Fällen ging die Vereinigung schnell von S t a t t e n , bei dem j u n g e n Mfldchen sogar per primam.

Gequetschte Wunden.

11

G e q u e t s c h t e L a p p e n w u n d e n sind gerade am Schädel häufig. In den meisten Fällen verdanken sie ihre Entstehung einem Fall von bedeutender Höhe mit dem Kopfe voran oder dem Anstossen an einen eckigen Gegenstand, auch dem Auffallen eines schweren Körpers aus beträchtlicher Höhe, womit schräg auftreffende Steinwürfe, Flintenkugeln u. dgl. Ubereinstimmen. Indem der Kopf durch ein Wagenrad gestreift wird, können sie gleichfalls entstehen. Am Seltensten sieht man sie durch Abreissen der Kopfhaut zu Stande kommen, indem z. B. die langen Kopfhaare einer Frau von Maschinenrädern gefasst werden. In letzteren Fällen ist die Entstehung der Lappenwunde durch wirkliche Zerreissung unzweifelhaft. Aber auch in vielen anderen Fällen entsteht eine solche lappenförmige Wunde nicht gerade an der Stelle, auf welche die Gewalt einwirkt. Die Schädeldecken können durch die einwirkende Gewalt in der Art verschoben werden, dass sie Uber das mögliche Maass der Dehnung gespannt und daher endlich zersprengt, zerrissen werden. Diesen gerissenen Lappenwunden gegenüber muss man diejenigen unterscheiden, deren Ränder genau den Stellen entsprechen, auf welche die Gewalt eingewirkt hat. Bei letzteren ist die Quetschung der Wundränder bedeutender, namentlich an der Stelle, wo der verletzende Körper zuerst einwirkte (gewöhnlich der Spitze des Lappens). Von da ab ist der Übrige Lappen, indem die Weichtheile von dem Schädel gleichsam abgedrängt wurden, gewöhnlich auch mehr abgerissen als gequetscht. Die Basis (der haftende Theil) des Lappens ist bald am oberen, bald am unteren Ende der Wunde gelegen. Der Lappen selbst ist oft mehr oder minder zerhackt oder zerrissen; er kann, wenn er das Resultat eines schrägen Stosses war, eine grosse Ausdehnung haben und ein mehr oder weniger grosses Stück des Schädels gänzlich entblössen; er kann auch sehr unregelmässig geformt sein. Die Aussicht auf Erhaltung des Lappens ist desto grösser, je breiter die Basis, mit welcher er haftet und je geringer die Quetschung. Für günstiger gilt es, wenn die Spitze eines dreieckigen Lappens gegen den Scheitel gerichtet ist, weil sich dann sicherer auf eine vollständige Blutzufuhr und einen ungehinderten Blutabfluss rechnen lässt. Gewöhnlich bestehen solche Lappen im Bereich der behaarten Kopfhaut aus der gesammten Dicke der den Schädel bedeckenden Weichtheile, so dass also die Trennung zwischen Galea und Periost Statt fand, — höchst selten erfolgt sie oberflächlicher, zuweilen aber mit Absprengung kleiner Knochenscherben. Mögen auf den ersten Blick die Aussichten für das Wiederanheilen eines solchen Lappens auch noch so ungünstig sein, so muss dennoch die Vereinigung versucht werden. Die weniger gequetschten Theile

12

Krankheiten des Schädels.

des Lappens heilen oft per primam, während die stärker gequetschten granuliren und die noch mehr zerstörten absterben. Da aber in der ersten Zeit nach der Verletzung unmöglich a priori der Grad der Contusion des Lappens beurtheilt und die Lebensfähigkeit der einzelnen Punkte bestimmt werden kann, so muss man handeln, als ob für alle die Wahrscheinlichkeit der unmittelbaren Vereinigung vorhanden wäre. Hierdurch wird niemals geschadet und oft sehr viel gewonnen. Charpie, Plumasseaux u. dgl. unter den Lappen zu schieb e n , ist unzweckmässig; durch solche fremde Körper würde nur Eiterung hervorgerufen werden. In keinem Falle darf m a n , wie bedeutend auch immer die Contusion eines Lappens sein mag, diesen sofort ganz entfernen. Die gequetschten Lappenwunden haben mitunter Eitergänge zur Folge, welche man baldigst öffnen muss. Hier ist auch; wenn Eiterung eintritt, die lncision an der Basis des Lappens, die Gegenöffnung J. L. P e t i t ' s am Platz. Je heftiger die Entzündung, je beträchtlicher und tiefer die Eiterung, desto mehr ist (durch locale Verbreitung) M e n i n g i t i s und im weiteren Verlauf P y ä m i e zu fürchten. Gerade deshalb ist die sorgfältigste Vereinigung und ein streng antiseptischer Verband doppelt nothwendig, weil dadurch eine Verminderung der Wundfläche uud die Verhütung des nachtheiligen Einflusses der Luft am Besten gelingt. Die Hoffnung auf eine wenigstens theilweise Vereinigung per primam darf selbst dann nicht aufgegeben werden, wenn bereits einige Zeit (bis zu 24 Stunden) seit der Verletzung verlaufen war. Die Schwierigkeiten beim Verband sind alsdann grösser, weil die Ränder des Lappens sich immer mehr aufrollen und schwellen. Auch ist dann eine vorgängige antiseptische Säuberung der Wunde mit einer stärkeren Chlorzink- oder CarbolsäureLösung (5 pCt.) erforderlich. Im Uebrigen sind die für den Verband und die Anlegung der Nähte im Allgemeinen gültigen Vorschriften sorgfältig zu" beachten. Mühe und Zeit, welche der erste antiseptische Verband unter solchen Verhältnissen erfordert, werden durch die Mühelosigkeit der weiteren Behandlung und vor Allem durch den Erfolg reichlich belohnt. Die Anwendung von Eis wird der W u n d e wegen selten nöthig sein, kann aber durch den Zustand des Gehirns indicirt werden. Besondere Berücksichtigung verdient die bei gequetschten Lappenwunden nicht ganz selten vorkommende A b l ö s u n g d e s P e r i o s t (Pericranium) vom Knochen. Im günstigsten Falle sitzt die losgelöste Beinhaut unverändert an der inneren Seite des Hautlappens, im ungünstigsten Falle ist sie sainmt den übrigen Weichtheilen verloren gegangen. In ersterem Falle kann das Pericranium per primam an-

Erysipelas und Phlegmone bei Kopfwnndea.

13

heilen, namentlich bei genauer Vereinigung der Wunde. Dies kann selbst dann noch gelingen, wenn eine zweckmässige Behandlung der Wunde erst nach mehreren Stunden eingeleitet wird ( D e s a u l t ) . Anderen Falls erfolgt Heilung durch Granulation bald mit, bald ohne Nekrose des blossgelegten Knochenstücks. Letztere wird durch Feuchthalten des Knochens meist verhütet. Wenn auch an einer Stelle die aus dem Pericranium in die äussere Knochentafel eindringenden Blutgefässe abgerissen sind, so ist dadurch nicht nothwendig eine Unterbrechung der Ernährung dieses Knochentheils bedingt, da vielfache Anastomosen im . Knochen selbst bestehen. Wenn aber die äussere Luft lange auf den Knochen einwirkt, so wird durch Eintrocknung und Verschrumpfung der nach Ausspn mündenden Blutgefässchen, völlige Unterbrechung des Kreislaufs und damit Nekrose veranlasst. Dieselbe wird unvermeidlich, wenn beim Abreissen des Periost die eindringenden Blutgefässe an der Aussenfläche des Schädels nicht einfach abgerissen, sondern noch eine Strecke weil aus dem Knochen herausgerissen wurden. — Die B e h a n d l u n g muss für möglichst rasche und vollkommene Bedeckung des entblössten Knochens sorgen, — im Falle von Substanzverlust der Weichtheile durch feuchte antiseptische Verbände (vgl. Bd. 1. pag. 151). Erysipelas und P h l e g m o n e bei K o p f w u n d e n . Die gewöhnlichste Coinplication der Wunden in den Weichtheilen des Schädels ist das E r y s i p e l . Nach P o t t erstreckt sich die erysipelatöse Entzündung, wenn die Haut allein verwundet wurde, über den Schädel hinaus auf Ohren, Hals und Gesicht, und zwar mit einem charakteristischen gelben Anstrich der Hautröthe. Wäre aber die Aponeurosc verletzt, so bleibe die Anschwellung auf den Schädel beschränkt, ohne sich auf die Augenlider oder Ohren auszudehnen; der dunkelet) Böthe fehle jene gelbliche Beimischung und die Härte sei stets bedeutend. Im ersteren Falle sei das Erysipel also einfach, im zweiten phlegmonös, — nach unserer jetzigen Auffassung eine P h l e g mone. Wahrscheinlich ist diese Grenzbestimmung mehr auf die anatomischen Verhältnisse, als auf Erfahrung gegründet; jedenfalls ist sicher, dass auch auf t i e f e Wunden erysipelatöse Entzündungen folgen können, welche Hals und Gesicht mit ergreifen, während nach oberflächlichen Wenden, die nur in die behaarte Kopfhaut eindringen, die Entzündung oft auf den Schädel beschränkt bleibt und selbst, statt sich im Umfange zu vergrössern, in die Tiefe dringt. Jedoch. muss man anerkennen, dass die V e r l e t z u n g d e r G a l e a a p o n e u r o t i c a relativ häufiger eine Phlegmone zur Folge hat. Ist nur die Haut ver-

14

Krankheiten d u Schädels.

letzt, so begrenzt sich die Entzündung in der Regel an der Galea,. bleibt also oberflächlich, wurde letztere durchbohrt, so ergreift sie auch das unter ihr liegende Bindegewebe und gewinnt in diesem leicht eine grosse Ausdehnung,

welche durch den Widerstand der Galea

gegen die Entzilndungsgeschwulst begünstigt wird. Die Gehirnsymptome, welche das Erysipel in Folge des Fiebers hervorruft, können den Verdacht einer Entzündung des Gehirns, oder seiner Häute erregen, Delirium folgt.

besonders wenn Stupor auf das anfängliche

Man würde aber eine falsche Prognose stellen und

eine falsche Behandlung einleiten, symptome hielte.

bei Erysipel

wenn man jene febrilen Gehirn-

für Zeichen

eines wirklichen

Gehirnleidens

B o y e r lehrt in dieser Beziehung: „Die Rothlauf-Entzündung

tritt selten vor dem dritten oder vierten Tage ein;

sie kündigt sich

durch Röthe, Schmerz und Anschwellung der Wundränder an; während sie sich ausbreitet, entsteht Fieber, die Zunge bedeckt sich mit gelblichem Belag, der Kopf wird schwer und schmerzhaft; es kommt endlich sogar zu Coma und Delirium.

Diese Zufälle können täuschen

und an eine Entzündung der Hirnhäute glauben lassen.

Aber man

erkennt ihre Abhängigkeit von der Wunde an der Lage und der veranlassenden Ursache der letzteren, an der Zeit, in welcher diese Zufälle eintreten, an dem lebhaften Schmerze des verwundeten

Theils

bei der Berührung, an der merklichen Entwickelung der Entzttndungsgeschwulst v o r dem Auftreten von Cerebralsymptomen, — endlich an der Art der Schlafsucht, welche trotz stärkeren Fiebers viel weniger ausgeprägt ist,

wenn es sich um

zündung handelt."

Krämpfe

eine äussere (erysipelatöse) Ent-

und Lähmungen

gehören

entschieden

nicht zum Krankheitsbilde der Kopfrose. Auch wird bei einem einfachen Erysipel der Vernarbungsprocess in der Wunde zwar vorübergehend gestört, aber das Periost bleibt fest am Knochen, und hat das Fieber nachgelassen, so geht Alles in der Wunde wieder seinen Gang.

Wenn

neben dem Erysipel eine Entzündung innerhalb der Schädelhöhle besteht, dann hat nicht blos die Wunde ein übles Aussehen, sondern das Pericranium

löst sich

auch

vom Knochen;

der

Vernarbungs-

process steht nicht blos still, sondern selbst das bereits fertig Gebildete zerfällt wieder. Man könnte glauben,

in der Praxis wäre diese genauere Unter-

scheidung von geringer Bedeutung, weil man bei Gehirnsymptomen, unbekümmert um ihren Ausgangspunkt, stets mit aller Energie zu verfahren habe.

Aber es wäre nicht zu rechtfertigen,

wenn man bei

einem schwachen oder bejahrten Subjecte den antiphlogistischen Apparat

Conlusionen.

15

entfalten wollte, um Delirien oder Schlafsucht zu bekämpfen, die lediglich von einem Erysipelas am Kopf abhängen. Die Behandlung sowohl des Erysipelas, als auch der Phlegmone der Schädeldecken ist nach den im Allgemeinen (Bd. II.) aufgestellten Grundsätzen einzuleiten; namentlich ist bei der Kopfrose die Anwendung der Kälte zu empfehlen, bei der Phlegmone sind frühzeitig hinlängliche (ncisionen zu machen, um der sonst unvermeidlichen und höchst gefährlichen brandigen Zerstörung der tieferen Schichten, namentlich der Galea und des Periost, vorzubeugen. 4)

Contmlonen.

Die Contusionen am Schädel rufen Geschwülste hervor, welche man B l u t b e u l e n nennt. Dieser Name ist bezeichnend, denn es handelt sieb in der That um einen circumscripten Bluterguss in der durch die äussere Gewalt bewirkten Lücke der Gewebe, welcher eine beträchtliche Erhebung bedingt. Der Bluterguss bleibt aber circumscript wegen der sehr dichten Beschaffenheit des subcutanen und subaponeurotischen Bindegewebes dieser Region. Die Beule tritt besonders dann sehr circumscript und hart hervor, wenn der Stöss in perpendiculärer Richtung traf. Erfolgt der Stoss in schräger Richtung, so entsteht eine ausgiebigere Zerreissung der Gewebe, das Blut kann sich daher auch leichter ausbreiten. Je nach dem S i t z e des B l u t e r g u s s e s kann man drei Varietäten unterscheiden: 1) Blutbeulen im subcutanen Bindegewebe, 2) Blutbeulen im subaponeurotischen Bindegewebe (/.wischen Galea und Pericranium), 3) Blutbeulen zwischen Pericranium und Knochen. Diese Eintheilung, welche zuerst in Betreff der ata Kopfe neageborner Kinder vorkommenden Blnlbeulen (tgl. pag. 1 8 u. f.) Eingang gefanden bat, ist von allgemeiner praktischer Bedentnng.

a) B l u t b e u l e n im s u b c u t a n e n B i n d e g e w e b e bestehen gewöhnlich nur in dem Umfange, in welchem dasselbe von der äusseren Gewalt getroffen wurde. In der Regel verschwinden diese Beulen durch Resorption des Blutergusses, selten bleibt ein Theil zurück oder geht in Abscessbildung Uber. Die Beule erscheint unmittelbar nach der Einwirkung der äusseren Gewalt als eine gleichmässig pralle, harte, deutlich umschriebene, ziemlich stark emporragende, gegen Druck sehr empfindliche Anschwellung. Die Haut ist an dieser Stelle unverändert oder bläulich (namentlich bei Kindern auf der Stirn). Hat sich das extravasirte Blut in e i n e r Höhle angesammelt, so erscheint die Beule nicht gleichmässig hart, sondern man fühlt in ihrer Mitte eine sehr weiche fluetuirende Stelle, während der Rand hart ist.

16

Krankheiten des Schädels.

Sie kann auf den tastenden Finger, wenn man die übrigen Verhältnisse nicht berücksichtigt, den Eindruck machen, wie ein umschriebener Schädelbruch oder wie ein Abscess mit weicher Spitze. Im weiteren Verlaufe entsteht höchstens noch Anschwellung der umgebenden Haut. Die Resorption kündigt sich an durch Nachlass der Geschwulst und der Schmerzhaftigkeit, sowie durch den Eintritt der bekannten Farbenveränderungen (blau, violett, grün, gelb). Kommt Resorption nicht zu Stande, so bleibt eine Beule zurUck, die beim Uebergang in Entzündung die Erscheinungen einer circumscripten Phlegmone darbietet. — Zur B e f ö r d e r u n g d e r R e s o r p t i o n kann man Kälte in Verbindung mit leichtem Druck anwenden, wie dies auch als Volksmittel (Aufdrücken kalter Messerklingen, Löffelstiele, Münzen etc.) gebräuchlich ist. Dadurch wird dem weitereu Aussickern von Blut vorgebeugt, das bereits ergossene im Bindegewebe weiter auseinandergedrückt, Uber einen grösseren Raum verbreitet und der Resorption zugängiger gemacht. Aehnlich wirkt das Aufbinden von Compressen, die in kaltes Wasser getaucht, oder mit anderen kühlenden (resolvirenden) Mitteln getränkt sind. b) B l u t b e u l e n im s u b a p o n e u r o t i s c h e n B i n d e g e w e b e entstehen vorzugsweise durch eine Gewalt, welche, in schiefer Richtung einwirkend, eine gewaltsame Verschiebung der Kopfschwarte veranlasst. Dadurch entsteht eine Zerreissung der Blutgefässe, welche vom Knochen zur Haut verlaufen. Aus dieser Entstehungsweise erklärt sich der relativ grössere Umfang. Die Quellen des Blutes scheinen vorzugsweise zerrissene venöse Gefässe zu sein, da das ergossene Blut gewöhnlich eine dunkle (schwarze) Farbe besitzt; nur ausnahmsweise hat man dasselbe von hcllrother Farbe gefunden oder eine pulsatorische Bewegung an demselben in der Geschwulst oder beim Ausfliessen (nach künstlicher Eröffnung) bemerkt. Diese Blutbeulen stellen flache, gleichmässig weiche oder fluetuirende Geschwülste dar, welche von einem harten Rand oder Wall umgeben sind. Ihre Ausdehnung ist beträchtlich, bis zur Grösse einer Mannshand; sie sind wenig schmerzhaft, die Haut darüber unverändert. Sie zeigen sich unmittelbar nach der Verletzung, nehmen meist gleich darauf noch an Umfang zu, verschwinden aber gewöhnlich in kurzer Zeit vollständig. Die D i a g n o s e dieser Geschwülste ist keineswegs schwierig; doch sind Täuschungen möglich. Mancher Arzt hat einen Schädeleindruck zu sehen geglaubt, wo nur eine B l u t b e u l e bestand, wie schon R u y s c h und J. L. P e t i t erläutert haben. Die Diagnose wird am Besten durch folgende, von B r u n s angegebene Untersuchungs-Methode gesichert. „Man setzt einige Finger ausserhalb des harten Randes

CoDlusionen

17

d e r VVeicbtbeile.

„der Geschwulst fest auf die Kopfhaut auf, am Besten gegenüber einer „Stelle, wo der scheinbare Knochenrand am Deutlichsten erscheint, „und lässt dieselben von hier aus langsam gegen die Mitte der Ges c h w u l s t fortgleiten, sie immer fest aufdrückend, wie wenn man die „Ausscnfläche des Schädels durch die Kopfdecken hindurch fühlen „wollte. Hierbei erkennt man: 1) dass der angebliche harte Knochen„rand unter den Fingern nachgicbt und sich wegdrücken lässt, „indem das Blut durch den Fingerdruck aus den austossenden Zell' „gewebsräumen ausgepresst oder zur Seite gedrängt wird; 2) dass „der angebliche Knochenrand sich über das Niveau der übrigen Schädel„ fläche erhebt, statt in gleichem Niveau mit dieser zu sein, was noth„wendiger Weise der Fall sein müsste, wenn er wirklich durch den „Rand eines Schädelbruchs mit Niederdrückung der Fragmente bewirkt „worden wäre; 3) dass in der Mitte der Geschwulst, nach Nieder„drückung der emporgehobenen Kopfhaut, die ganz glatte normale „Scbädelfläche sich durchfühlen lässt, ohne Spur von Unebenheit durch „dislocirte Fragmente." — Man hat auch angeführt, dass die Verletzung einer grösseren Arterie ein Klopfen in der Geschwulst verursachen könne, welches man mit der, von dem Arterienpulse abhängigen Pulsation des Gehirns verwechseln könnte. Aber um letztere wahrnehmen zu können, müsste eine erheblichc Lücke im Schädcl bestehen, die man, wie wir bald sehen werden, anderweitig zu erkennen vermag. Auch diese Blutbeulen sind von geringer Bedeutung, sofern nur d i e S y m p t o m e d e r I l i r n e r s c h ü t t e r u n g f e h l e n . Dennoch darf man sie nicht sich selbst überlassen. Da das Blut in dem sehr dichten Bindegewebe sich nicht weit verbreiten kann, so unterliegt seine Resorption grösserer Schwierigkeit; es kann deshalb leicht ein Theil der Gerinnsel zurückbleiben oder eitrig zerfallen. B e h a n d l u n g . Oft reichen kalte oder sogen, zertheilende Umschläge in Verbindung mit der, am Besten durch lange Heftpflasterstreifen auszuübenden Compression hin, um die Resorption zu bewirken. Mitunter sind diese Beulen aber so bedeutend, dass die Compression entweder unzulänglich, oder zu schmerzhaft ist; in diesen Fällen muss man sich auf Eisbeutel beschränken. Die Eröffnung ist ei-st angezeigt, wenn jede Hoffnung auf Resorption geschwunden ist; dieselbe kommt oft noch ganz unerwartet zu Stande. Dann verliert die Beule an Umfang, wird platter und ihre dunkle Farbe geht ins Gelbliche über. — Wenn die Resorption nicht erfolgt und die Menge des extravasirten Blutes bedeutend ist, so kann Entzündung folgen, und zwar um so leichter, als die Entstehung eines solchen Extravasats eine erhebliche R a r i l e l c l i c n , Ciiniigie.

7. Aull. III.

2

18

Krankheiten des Schädels.

Quetschung voraussetzt. In diesen Fällen muss man sich zur Eröffnung mit dem Messer entschliessen und diese in hinlänglicher Ausdehnung ausführen, um dem Blute freien Abfluss zu verschaffen. c) B l u t b e u l e n u n t e r d e m P e r i c r a n i u m . Die Entstehungsweise ist im Wesentlichen dieselbe wie bei den vorigen. Dass bald die eine, bald die andere dieser Arten entsteht, mag wohl vom relativen Grade der Festigkeit des Zusammenhangs zwischen den betreffenden Gewebsschichten an der getroffenen Stelle abhängen. Je jünger das Individuum, desto häufiger kommen Blutbeulen unter der Beinbaut vor, weil dieselbe bei Kindern weniger fest mit den Knochen zusammenhängt als bei Erwachsenen, und weil in der Jugend die Blutgefässe, im Alter das festere Bindegewebe überwiegend entwickelt sind. Da wahrscheinlich die quetschende Gewalt eine Ablösung des Pericranium vom Knochen immer nur durch Verschiebung bewirkt, so kann gelegentlich auch ein Emissarium hart am Knochen abgerissen und dadurch nicht blos zu einem sehr bedeutenden Bluterguss, sondern auch zur Thrombenbildung in dem betreffenden Sinus und deren weiteren übelen Folgen Anlass gegeben werden ( H e c k e r ) . Die weiteren Veränderungen dieser Extravasate sind: 1) Resorption; 2) Zurückbleiben mit nachfolgender Knochenauflagerung oder Bildung einer (vielleicht mit einem Sinus communicirenden) Blutcyste; 3) Entzündung; 4) endlich auch Eiterung und als deren mögliche Folge Pyämie. Eine s i c h e r e Unterscheidung von der vorhergehenden Varietät ist erst möglich, wenn der Knochen nach der lncision filr Gesicht und Gefühl frei liegt. — Die P r o g n o s e ist ungünstiger als bei der vorigen Art wegen der Schwierigkeit der Blutstillung nach der Eröffnung und wegen der leichteren Möglichkeit des Hinzutritts von Schädelnekrose oder Entzündung der Hirnhäute. — Die B e h a n d l u n g erheischt die Anwendung der Kälte und anderer die Resorption befördernder Mittel. Weicht die Geschwulst nicht, dann Punction, öftere Punction, wo möglich mit Ausschluss des Luftzutritts oder unter antiseptischen Cautelen; entsteht dabei eine hartnäckige Blutung, so muss man die Compression, schlimmsten Falls die Tamponade anwenden. In seltenen Fällen sah man nach einer Quetschung der Schädeldecken ein A n e u r y s m a c y r s o i d e s (Bd. II. pag. 9 5 ) entstehen.

Eine genügende Erklärung f ü r diesen

Vorgang iässt sich z. Z. nicht geben.

K o p f b l u t g e s c h w u l s t der Neugeborenen,

Kepbalaematoma.

An die Blutbeulen, welche durch äussere Gewalt an den Schädclbedeckungen Erwachsener entstehen, schliessen sich die an dem Kopfe neugeborner Kinder vorkommenden Blutbeulen sehr natürlich

Kopfblutgeschwulst der Neugeborenen.

19

an 4 ). Man hat dieselben, nach dem Vorgange von C. F. Naegelé*), K e p h a l a e m a t o m a oder Cephalaematoma(von xstpat[q und atficcTCOfux, blutige Geschwulst des Kopfes) genannt. Im engeren Sinne bezieht sich diese Benennung auf solche Blutgeschwülste, welche u n t e r d e m P e r i c r a u i u m bestehen; im weiteren Sinne versteht man hierunter alle durch einen Bluterguss bedingten Geschwülste am Kopfe der Neugeborenen und unterscheidet die einzelnen Arten je nach der grösseren oder geringeren Tiefe ihres Sitzes. Analog den verschiedenen Arten der Contusionen, welche wir im Vorstehenden aufgeführt haben, könnte man auch die Blutbeulen der Neugeborenen in solche unterscheiden, die 1) unter der Haut, oder 2) unter der Galea, oder 3) unter dem Pericranium ihren Sitz haben. Unzweifelhaft wäre die erstcre dieser Varietäten als die bei Weitem häufigste aufzurühren, denn sie ist nichts anderes, als die gewöhnliche K o p f g e s c h w u l s t , Caput succedaneurn, welche sich bei der Mehrzahl aller cranio praevio geborenen Kinder sogleich nach der Geburt vorfindet und eine schlaffe, teigige Geschwulst bildet, die gewöhnlich den Eindruck des Fingers zurücklässt und im Verlauf von 24 Stunden zu verschwinden pflegt. — Auf diese werden wir nur in Betreff der vergleichenden Diagnose einzugehen haben, da ihre Entstehungsgeschichte vollkommen klar und eine Therapie dabei überflüssig ist. Man hat aber auch einen Bluterguss hierher gezogen, welcher sich zuweilen unter dem Scheitelbein der Neugeborenen vorfindet. Mit Rücksicht hierauf unterscheidet V a l l e i x ' ) : 1) Kephalaematome unter der Galea aponeurotica. 2) Kephalaematome unter dein Pericranium. 3) Kephalaematome unter den Schädelknochen. Bevor die Bezeichnung „Kephalaematom" allgemein angenommen n o r d e , gab man jenen Geschwülsten sehr verschiedene Namen. der Neugeborenen Osiander:

P a l e t t a nannte s i e : Blutige Abscesse

(Abscessu9 sanguiaeus neonatorum),

Ecchymose,

Goelis:

Thrombus u. s. f.

Carus:

Ecchymosis

In Deutschland

capitis,

wurde diese

Krankheit zuerst genauer untersucht und erst seit einigen Jahren hat sie anch in Frankreich die Aufmerksamkeit der Aerzte auf sich gezogen.

Doch sind seither auch

dort zahlreiche Beobachtungen gemacht und haben Licht über manche Punkte verbreitet, welche frühere Untersuchungen im Dunkeln gelassen hatten.

1) K e p h a l a e m a t o m e u n t e r d e r G a l e a 4 ) ' ) Auch andere Spuren von Q u e t s c h u n g ,

sind bei Weitem

namentlich durch

die hervorragenden

Beckenknochen (Promontorium) oder durch Zangenlöffel veranlasst, können

am

Schädel Neugeborener vorkommen. ' ) Vgl. N a e g e l é , in der Salzburger medicinischen Zeitung 1 8 1 9 , and Z e l l e r , De cephalaematomate, Dissert.

Heidelberg, 1822.

*) Clinique des maladies des nouveau-nés. 4

Paris, 1838.

) Vgl. B a u d e l o c q u e , Art des accouchements, P. I, chap. II, und V e l p e a u , T b i s e sur la contusion dans tous les organes.

Paris, 4 8 3 3 .

2*

20

Krankheiten dra Schädels.

seltener als diejenigen unter dem Pericranium. Dieselben bestehet! in einer mehr oder minder beträchtlichen Blutansammlung in dem lockeren Bindegewebe zwischen der Galea aponeurotica und dem Pericranium und befinden sich auf dem oberen »Theile des Schädels längs der Pfeilnaht zu beiden Seiten derselben. Ihre Symptome bestehen in der mehr oder minder deutlichen Fluctuation und der grösseren Festigkeit des Randes, welche durch die blutige Infiltration des umgebenden Bindegewebes bedingt wird, während die Geschwulst selbst eine weichere Beschaffenheit hat, zuweilen mit dem Gefühl einer Pulsation im Innern, was immer auf die Zerreissung eines Gefässes von etwas grösserem Lumen deutet. Diese Kephalaematome gleichen also vollkommen den subaponeurotischen Blutbeulen (pag. 16 u. f.). Im Gegensatz zu der gewöhnlichen Kopfgeschwulst zeigt das unter der Galea liegende Kephalaematom Fluctuation, verschwindet viel langsamer und erheischt oft die Incision. Seine Unterscheidung von dem unter dem Pericranium liegenden Kephalaematom beruht 1) auf der bei Weitem geringeren Resistenz und Elasticität und der viel dunkleren Fluctuation des letzteren; 2) darauf, dass die Nähte das Umsichgreifen des Kephalaematoms unter dem Pericranium begrenzen, was bei dem unter der Galea silzenden nicht der Fall ist; 3) endlich darauf, dass das unter der Galea gelegene nicht den begrenzten, harten vorspringenden Rand wie jenes hat, welchen wir weiter unten beschreiben werden. — Die Verwechselung mit einem Abscesse jener Gegend ist leicht zu vermeiden, wenn man die immer erst nach der Geburt erfolgende, langsame Entwicklung des letzteren und namentlich den Umstand berücksichtigt, dass beim Abscess der Fluctuation eine Härte vorausging, während die Blutbeule in wenigen Stunden sich bildet und vom ersten Anfang an fluetuirt. Die häufigste U r s a c h e des Kephalaematoms unter der Galea liegt in der Gompression des Kopfes während der Geburt, woflir sowohl der Sitz der Geschwulst, als auch ihr Vorkommen neben dem Caput succedaneum an denselben Theilen des Kopfes den Beweis liefern. In selteneren Fällen wird es durch wirkliche Contusionen, wie z. B. durch starken Druck mit der Zange, Sturz auf den Kopf etc. veranlasst. — Die P r o g n o s e ist gUnstig; gewöhnlich erfolgt Zcrtheilung. Die B e h a n d l u n g besteht in der Anwendung resolvirender Umschläge. Wo die Resorption sehr langsam eintritt, wird durch Entleerung der Geschwulst vermittelst einer Incision ein schnelleres Resultat erzielt; aber dieser Eingriff ist doch nicht zu empfehlen, da Eiterung darauf folgen kann. 2) K e p h a l a e m a t o m u n t e r dem P e r i c r a n i u m , K c p h a l n e -

Kopfblutgeschwulst der

Neugeborenen.

21

m a t o m im engeren Sinne, Naegel6'sches K e p h a l a e m a t o m , Bluterguss zwischen den Schädelknochen und dem Pericranium. Nach N a e g e l ö , M i c h a e l i s und D u b o i s ist diese Blutbeule äusserst seilen, während H o e r e und B u r c h a r d angeben, dass auf ungefähr 100 Neugeborene e i n Fall komme. V a l l e i x fand e i n solches Rephalaematom auf 3 0 0 — 4 0 0 Neugeborene. Zieht man die statistischen Angaben von G. H e c k e r und von S e u x zusammen, welche auf der Untersuchung von 12,532 Neugeborenen beruhen, so ergiebt sich eine Frequenz von etwa 1 auf 200. — Am Häufigsten kommt das „Kephalaematom unter dem Pericranium" auf dem Scheitelbeine rechter Seits vor, dann auf dem linken und endlich noch viel seltener auf dein Hinterhaupts- und Stirnbein. In der grossen Mehrzahl der Fälle hat der Tumor seinen Sitz an dem oberen Theile dieser Knochen- und erstreckt sich abwärts seilen Uber die Höcker des Seitenwandbeins hinaus; jedoch irrt B u r c h a r d , wenn er behauptet, dies komme niemals vor. Gewöhnlich ist nur e i n Tumor vorhanden; doch kommt auch auf jedem Seitenwandbeine einer vor, in welchem Falle meistens der eine den anderen an Grösse Ubertrifft. Zuweilen hat man selbst mehrere zugleich beobachtet. Niemals schreiten diese Geschwülste Uber die Nähte hinweg zu den benachbarten Knochen hinüber; wo mehrere sind, werden sie durch die Nähte vollkommen von einander gelrennt. Die Grösse ist verschieden; von derjenigen einer Wallnuss an kommen sie bis zu einem solchen Umfange vor, dass sie das ganze Scheitelbein einnehmen. Ihre Form ist oval, in ihrer längsten Ausdehnung dem Längendurchmesser des Kopfes entsprechend; sehr kleine jedoch pflegen rundlich zu sein. B u r c h a r d hat einige beobachtet, die den Scheitelbeinhöcker nierenförmig umfassten. Das unter dem Pericranium liegende Kephalaematom bedarf nur kurzer Zeit zu seiner vollkommenen Entwickelung; mitunter genügen wenige Stunden, während es zuweilen auch 1 bis 2 Tage wächst. Hat man Gelegenheit, sein Entstehen zu beobachten, so findet man eine schlaffe Geschwulst von geringem Umfange, in deren Grunde man mit Leichtigkeit, indem man mit dem Finger auf die bedeckenden Wcichtheile drückt, den Knochen fühlen kann. Die Bedeckungen sind mehr oder minder geröthet und zuweilen leicht ödematös. Hat dies Kephalaematom sein Wachsthum vollendet, so erscheint es als eine pralle, schmerzlose, mehr oder minder deutlich fluetuirende Geschwulst, deren Bedeckungen ohne besondere Färbung sind. Auch der stärkste Druck auf dieselbe vermag keine Gehirnsymptome zu erzeugen, lässt aber im Umfange der Geschwulst einen harten hervorspringenden Ring erkennen, welcher mit dem Knochen in unmittelbarer Verbindung zu stehen scheint. Eine Ausnahme

22

Krankheiten des

Schädels.

machen die in der Nachbarschaft der Nähte liegenden Stellen, wo Dieser dies Gefühl eines knöchernen Ringes unvollkommen ist. Knochenwulst könnte einen Substanzverlust im Knochen an der von der Geschwulst eingenommenen Stelle vermuthen lassen, — ein Irrthum, welcher in der bei den Contusionen erläuterten Weise zu vermeiden ist (vgl. pag. 16 u. f.). Manche Beobachter wollen Pulsationen in diesen Geschwülsten gefühlt haben; wahrscheinlich hatten sie ein u n t e r d e r G a l e a liegendes Kephalaematom vor sich. Es scheint, dass L ed r a n 1 ) und wahrscheinlich auch Andere ein derartiges Kephalaematom gelegentlich für einen G e h i r n b r u c h genommen haben. Dieser Irrthum ist leicht zu vermeiden, wenn man bedenkt, dass: 1) die Geschwulst nicht (in die Schädelhöhle) zurückgebracht werden kann, 2) dass ein Druck auf sie niemals Gehirnsymptome hervorruft, 3) dass ein starker Druck innerhalb ihrer Ränder den Widerstand des Scheitelbeins fühlen lässt, — was Alles beim Gehirnbruch sich gerade umgekehrt verhalten würde. — Unwahrscheinlich ist eine Verwechselung mit dem sogenannten F u n g u s d u r a e m a t r i s , da dieser der ersten Kindheit nicht angehört. — Die Abs c e s s e im Unterhautbindegewebe unterscheiden sich durch ihren Verlauf, ihre Schmerzhaftigkeit beim Druck und die Weichheit ihrer vorspringenden Ränder, welche ausserdem immer breiter sind, als der harte Wulst des Kephalaematoms. — Das C a p u t s u c c e d a n e u m endlich ist teigig, ohne Fluctuation und hat keinen peripherischen Wulst. — Schwieriger ist die Unterscheidung des unter dem Pericranium gelegenen Kephalaematoms von jenem unter der Galea (vgl. pag. 20). P r o g n o s e . Sich selbst überlassen, verläuft das Cephalaematoma sub pericranio immer langsam. V a l l e i x fand in einem Falle, wo zwei kleine Kephalaematome bei demselben Kinde existirten, die Heilung des einen am 40sten Tage vollendet, während von dem anderen zu dieser Zeit noch ein harter Punkt von der Grösse einer Linse übrig war. Die H e i l u n g erfolgt ohne Zuthun der Kunst durch Resorption des Ergusses; es bleiben dann aber an der betreffenden 1 Stelle harte, hervorragende Punkte zurück, Verknöcherungen, welche in Form von mehr oder weniger fest am Knochen klebenden Schildern und Buckeln sich bilden (Osteophyten). Diese Knochenneubildungen gehen vom Pericranium aus. Daraus erklärt sich der Widerstand der oberen Wand der Geschwulst, welche beim Druck mitunter ein Geräusch, wie eine dünne Kupferplatte oder ein Pergamentblatt hören lässt 8 ). ' ) Observat. de chirurg. s

t . I.

) S o l c h e Fälle verleiteten

observ. l è r e .

wohl B u r c b a r d

zur Annahme

eines

interstitiellen,

d. b . eines K e p h a l a e m a t o m s , w e l c h e s s i c h z w i s c h e n d e n b e i d e n T a f e l n d e r S c h ä d e l -

23

Kopfblatgescbnulst der Neogeborenen.

A n a t o m i s c h e U n t e r s u c h u n g . Haut, Galea und das unter der letzteren liegende Bindegewebe sind vollkommen gesund, wenn nicht etwa die Geschwulst noch sehr frisch war, — in welchem Falle diese Theile serös-blutig infiltrirt gefunden werden. Das vom Knochen gelöste und abgehobene Pcricranium ist zwar ein wenig verdickt, ohne jedoch seine Durchsichtigkeit ganz eingebiisst zu haben. Den entblössten Knochen aber bedeckt eine Pseudomembran von sehr verschiedener Beschaffenheit. Während sie oft rothbraun und weich ist, sich leicht vom Knochen löst und aus kleinen Granulationen gebildet erscheint, hat sie andere Male das Ansehen einer Knorpelschicht 1 ). Dieselbe Schicht Uberzieht auch das abgelöste Pericranium als eine sehr dünne Membran und schliesst so das inmitten angehäufte Blut in einen Sack ein. Es ist dies die bei der Entstehung der Blutung zersprengte „osteogene-Schicht". Bei genauer Besichtigung der Schädelknochen erkennt man leicht die Quelle des Blutergusses in der Zerreissung zahlloser kleiner Gefässe auf der Oberfläche des Knochens. Auf diesen Gefassen selbst bildet sich später die dichte Schicht, welche die äussere Tafel zu bilden bestimmt ist. Die merkwürdigste Veränderung ist der im Umkreise der Geschwulst bestehende Knochenwulst. Dieser besteht aus Osteophyten, welche so locker mit den Schädelknochen zusammenhängen, dass man mit dem Nagel oder der Spitze des Scalpells sie leicht ablösen kann. Der ganze Wulst stellt eine leicht zerreibliche Substanz dar, welche durch die Vereinigung kleiner matl-weisscr Knochcnkernc entsteht, in deren Zwischenräumen sich eine schwach geröthete Flüssigkeit befindet, die leicht daraus hervorgedrUckt werden kann. Zuweilen ist der äussere Rand dieses Wulstes rauh und schuppig, seltener, wie der übrige Theil des Knochens, gestreift, was darin seinen Grund hat, dass die Knochenkerne auf die strahligen Fasern in regelmässiger Weise abgelagert wurden. Die Gestalt des Wulstes ist immer dieselbe; man unterscheidet an ihm eine untere, mit dem Knochen in Verbindung stehende Fläche, eine innere fast senkrechte, welche von jener Pseudomembran überzogen ist, und endlich eine äussere, mehr schräge Fläche, auf welcher das abgelöste Pericranium festsitzt. Die Gestalt des Wulstes ist also auf dem Durchschnitt dreieckig und seine Höhe variirt bis zu einigen Millimetern. — D i e f f e n b a c h und V a l l e i x fanden bei ihren Injectionen nie ein Gcfäss von Bedeutung zerrissen. — Der blutige Inhalt der Geschwulst ist gewöhnlich schwarz und flüssig, selten findet man Gerinnungen, knochen entwickele.

Dies wäre ein anatomisch

unmöglicher Z u s t a n d , da

Trennung dieser beiden Tafeln beim Neugeborenen gar nicht

besteht.

' ) V a l l e i x , Clioique des maladies des enfants nouveau-nes, pag. 1 3 3 .

eine

24

Krankheiten de« Schädels.

wohl aber hin und wieder ein mehr saniöses Ansehn. Je jünger das Kephalaematom, desto mehr hat das Blut seine reine rothe Farbe. A e t i o l o g i e . Nach den Untersuchungen von V a l l e i x findet sich an den Köpfen neugeborener Kinder in dem Alter bis zu 40 Tagen unter dem Pericranium stets eine Ecchymose, welche von der Mittellinie auch nach den Seiten zu einen mehr oder minder grossen Theil beider Seitenwandbeine einnimmt. Diese oval geformte Ecchymose zieht sich ein wenig nach Hinten, so dass sie den oberen Winkel des Hinterhauptbeins bedeckt. Gerade an diesen von der Ecchymose eingenommenen Stellen findet sich auch das Kephalaematom und man kann sogar beobachten, dass jene von der einfachen blutigen Infiltration gradweise zur blutigen Schicht und zum blutigen Herde fortschreitet. Ja, wenn auf der einen Seite das Kephalaematom existirt, so wird auf der anderen Seite das Oval durch die Ecchymose completirt. Mithin handelt es sich nur noch um die Ursache jener Ecchymose, und diese durfte allein in der Compression gefunden werden, welche der Uterus auf den Schädel ausübt. Denn in der That entspricht diese Ecchymose dem Theile des Kopfes, welcher sich zuerst im Muttermunde zeigt, und ist Anfangs ineist durch jene serös-blutige Infiltration (das Caput succedaneum) bedeckt, welche augenscheinlich dieser Compression ihre Entstehung verdankt. Das Kephalaematom ist am Häufigsten auf der rechten Seite; bekanntlich ist auch das rechte Scheitelbein bei der ersten, also der häufigsten, Schädellage die pars praevia in partu. Es geht somit aus Allem hervor, dass während der Geburt in demjenigen Bereich des Schädels, welcher zuerst in den Muttermund eintritt, sei es durch gewaltsame Verschiebung oder durch Compression der Weiclilheile Zerreissungen oder Zersprengungen der ohnehin mit Blut strotzend gefüllten Gefässe, welche das Periost mit dem Knochen verbinden, zu Stande kommen, welche, je nach dem Caliber der geöffneten Lumina, einen verschieden grossen Bluterguss unter dem Periost bedingen. Offenbar wird dieser während der Geburt entstehende Bluterguss in der nächsten Zeit noch vergrössert, theils durch Ausfluss von Blut aus kleinen Arterien, welche zerrissen sind, theils durch Steigerung der venösen Blutung vermöge des Schreiens und anderer unregelmässiger Athembewegungen. Dieser Erklärung hat mau entgegnet: 1) dass Kephalaematome vor der Geburt beobachtet sind; 2) dass sie nach leichten Geburten vorkommen; 3) dass sie bei Fusslagen gefunden wurden. Hiergegen ist zu erwidern, dass die Thatsachen, auf denen diese Einwendungen basiren, sehr selten und theilweise durchaus nicht unzweifelhaft sind. Und selbst, wenn man sie für unzweifelhaft hält, berechtigen sie doch nur zu dem Schlüsse,

Kopfblutgescbwulst der Neugeborenen.

25

dass jene oben angegebene Ursache, wenn gleich in den meisten Fällen wirksam, doch nicht die einzige sei. — Ueber andere Ursachen ist aber schwer zu entscheiden, da die Angaben der Autoren zu unvollständig sind. Valleix hat eine Blutgeschwulst unter dem Pericranium beobachtet, welche durch den Druck der Zange entstanden war; Klein fand sie bei Neugeborenen, welche bei der Geburt mit dem Kopf auf den Boden gestürzt waren, und es ist mehr als wahrscheinlich, dass in allen übrigen Fällen eine ähnliche Gewalt auf den Schädel wirkte, wenn gleich es keineswegs unbegreiflich ist, dass eine Gefässzerreissung zwischen Schädelknochen und Pericranium auch einmal ohne äussere Veranlassung entstehen kann. Das Vorkommen nach leichten Entbindungen beweist nichts gegen obige Erklärung, denn dass auch bei solchen Zusammenschnüruug oder gewaltsame Verschiebung der Weichtheile des Schädels durch Einwirkung des Muttermundes vorkommen kann, ist klar, und eines Weiteren bedarf es ja nicht zur Erzeugung der Geschwulst. RUcksichtlicb der prädisponirenden Ursachen verdanken wir B u r c h a r d die sichersten Angaben. Zunächst findet Cephalaematoma sub pericranio sich häufiger bei Knaben als bei Mädchen und zwar in dem Verhältniss von 34 zu 9, was vielleicht seinen Grund in dem grosseren Umfange des Kopfes der erstcren hat. Ferner betrifft die grosse Mehrzahl der Fälle Kinder Erstgebärender, was wohl als Beweis für den Einfluss der Rigidität des Muttermundes gelten kann. Bei der B e h a n d l u n g ist man früher allzu geneigt gewesen, den blutigen Inhalt durch lncision der Geschwulst zu entleeren. Dabei mUsste, wenn man vor gefährlichen Entzündungen und Eiterungen sicher sein wollte, die antiseptische Methode streng durchgeführt werden, was am Kopfe eines Neugeborenen nicht leicht möglich sein dürfte. Es empfiehlt sich daher, durchaus exspectativ zu verfahren, die Geschwulst nur vor Insulten zu schützen und die lncision auf die Fälle zu beschränken, in denen Eiterung eingetreten ist. 3) K e p h a l a e m a t o m z w i s c h e n D u r a m a t e r u n d S c h ä d e l . Diese, zuerst von H o e r e beschriebene Species besteht in einer Lostrennung der Dura mater durch ein blutiges Extravasat zwischen ihr und dem Scheitelbein. In den meisten Fällen trifft es mit einem Kephalaematom unter dem Pericranium zusammen und steht mit diesem durch eine Fissur im Scheitelbeine in Verbindung. Um den zwischen Dura mater und Knochen liegenden Bluterguss erfolgt keine Knochenneubildung und bildet sich daher auch kein peripherischer Wulst. Die Symptome sind diejenigen des I i i r n d r u c k s ; doch ist es unmöglich, ein solches Kephalaematom ain Lebenden sicher zu erkennen;

26

Krankheiten des Schädels.

vermuthen kann man dasselbe, wenn zugleich mit Erscheinungen des Hirndruckes ein Kephalaematom unter dem Pericraiium sich findet. Die Behandlung würde nach den beim Hirndruck aufzustellenden Grundsätzen einzuleiten sein.

II. Verletzungen der Schädel-Knochen. Knochen-Wunden und Fractnren am Schädel. A.

Hleb-Wonden.

Je nachdem das verletzende ¡Instrument (Schläger, Säbel, Beil) mit grösserer oder geringerer Gewalt, mehr oder minder direct auf die Schädelknochen einwirkt, erzeugt es verschiedene ContinuitätsStörungen. Oft hinterlässt es nur eine leichte Spur auf dem Knochen, — Hedra; oder der Knochen wird perpendiculär und in seiner ganzen Dicke zerspalten, — Eccope; oder es macht einen schrägen Spalt, eine L a p p e n w u n d e des Knochens, — Diacope; oder es wird endlich ein Theil des Schädelgewölbes ganz abgespalten, so dass er entweder vollkommen entfernt ist, oder doch nur noch an den Weichtheilen haftet, — Aposkeparnismos. Wichtiger noch ist die Unterscheidung in p e n e t r i r e n d e und n i c h t - p e n e t r i r e n d e Hiebwunden. Die Diagnose der Schädelknochenwunden im Allgemeinen ist nicht besonders schwierig, da die gleichzeitige Continuitätsstörung der Haut die Untersuchung erleichtert; schwer ist es aber, die Tiefe, den Grad der Quetschung des Knochens und die sehr häufige Complication mit einem Knochenbruch festzustellen. Ob die Wunde penetrire oder nicht, ist bei engen, wenig klaffenden Knochenwunden auch mit Hülfe der stets mit grösster Vorsicht anzuwendenden, besser ganz zu vermeidenden Untersuchung mit einer abgeplatteten Sonde nicht immer zu entscheiden; wie weit die Sprünge im Knochen sich erstrecken, bleibt vollends unbekannt. Wie gerade auch das Instrument einwirkt und wie scharf seine Schneide auch sein mag, sobald der Hieb mit einiger Gewalt geführt wurde, ist Wahrscheinlichkeit für einen Knochensprung vorhanden; es kann ein vou einem Wundwinkel ausgehender Sprung sich unbemerkt weit erstrecken und namentlich ein Theil der inneren Tafel abgesprengt sein. Je reicher an der getroffenen Stelle die Schädelknochen an Diploe sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Wirkung des Hiebes sich nicht bis x auf die innere Tafel erstreckt hat. Verlauf. Nur in den seltensten Fällen erfolgt (bei ganz reinen und linearen Hiebwunden) die Heilung per primam; meist findet auch unter sonst günstigen Verhältnissen Eiterung Statt, bei penetrirenden

Knochen-Wunden.

27

Wunden gesellt sich dann Meningitis hinzu, und sollte diese auch ausbleiben oder glücklich überstanden werden, so füllt sich die Wundspalte doch nur durch eine fibröse Narbe, die zwischen den abgerundeten und verdickten Knochenrändern als eine Furche von entsprechender Tiefe leicht erkennbar bleibt. J e nachdem die Knochenränder gequetscht oder abgesplittert sind, folgt überdies oft Nekrose derselben. Alle diese Umstände verschlimmern auch die, bei reinen, nichtpenetrirenden Hiebwunden sonst

nicht ungünstige Prognose;

denn

erstens beweisen sie, dass mit der Erzeugung der Wunde die Gewalt der verletzenden Kraft nicht erschöpft war, woraus immer mehr oder minder auf gleichzeitige Erschütterung oder gar Quetschung des Gehirns oder doch der Hirnhäute zu schliessen ist, und zweitens wird, da ein Knochenbruch unebenere Ränder hat, als eine Knochenwunde, die Wahrscheinlichkeit einer consecutiven

Entzündung innerhalb der

Schädelhöhle, und somit abermals die Gefahr, um so grösser.

Letztere

wird namentlich durch die Splitterung der inneren Glastafel, auf welche meist Entzündung und Eiterung in der Umgebung der abgesprengten Stücke folgt, bedeutend gesteigert. Jedoch

giebt

es

auch

Hiebwunden

der Schädelknochen

Fractur und mit sehr geringer Gehirnerschütterung; der

Einwirkung

sehr

(sogen. Damascener

scharfer

Klingen).

und

schnell

ohne

meist in Folge

geschwungener

Säbel

„Die Waffe schneidet

dann in den

Knochen, wie das Messer in den Apfel" (J. L. P e t i t ) .

Die Beispiele

von Heilung solcher, sehr ausgedehnter Wunden der Schädelknochen mit Entblössung der Dura mater und selbst des Gehirns sind nicht allzu selten.

Jedoch besteht auch bei diesen, sofern sie penetriren,

die Gefahr einer oft erst spät nachfolgenden M e n i n g i t i s . Bebandlnng.

Von therapeutischer Seite unterscheiden w i r ,

mit

V. v. B r u n s , folgende Fälle: 1) R e i n e H i e b w u n d e n , w e l c h e n i c h t k l a f f e n , sind in derselben Weise zu vereinigen und zu behandeln, als wenn gar keine Knochenverletzung bestände. 2) Klaffende

Hiebwunden,

zu denen namentlich auch alle

Lappenwunden der Schädelknochen gehören, sollen, nach der, namentlich von B r u n s bestimmt formulirten Ansicht der meisten Autoren, offen gelassen werden, da sonst Eiteransammlung in der Tiefe, penetrirenden Wunden also zwischen Dura mater, entstehen könnten.

den Schädelknochen

bei

und der

Ich muss mich, nach eigenen E r -

fahrungen, dem Rathe von B e r g m a n n anschliessen, die Weichtheile über solchen Knochenwunden, septischen

unter strenger Befolgung

Methode zusammenzunähen,

wobei

nicht

der

anti-

ausgeschlossen

28

Krsiilibeitro dr> Schädels.

bleibt, dass beim Eintritt der Eiterung die etwa zu Stande gekommene oberflächliche Vereinigung wieder gelöst und jedenfalls für Abfluss des Eiters wie des Wundsecrets gesorgt wird, — was ja ohnehin im Sinne der antiseptischen Methode geboten ist. 3) Findet sich in der äusseren Knochentafel eine einfache Wundspalte, während die vorsichtig eingeführte Sonde Z e r s p l i t t e r u n g oder doch A b l ö s u n g d e r i n n e r e n G l a s t a f e l entdeckt, so ist die Entfernung der abgelösten Stücke der letzteren, die sonst als fremde Körper wirken wtlrden, uothwendig. Um diese zu bewirken, muss man die Knochenwunde erweitern. Dies kann zuweilen mit einer Säge oder mit dem Meissel geschehen; in den meisten Fällen ist aber der Trepan das zweckmässigste Instrument zu diesem Behuf. Wir begegnen somit hier der ersten Indication für die Trepanation. Fälle der Art sind aber sehr selten. Es gehört schon eine erhebliche Weite der Knochenwunde dazu, um irgend eine Sonde ohne Gefahrdung der harten Hirnhaut in der Art einführen zu können, dass abgelöste Stücke der Glastafel b e s t i m m t erkannt werden. In zweifelhaften Fällen wird man sich aber eines operativen Eingriffs um so mehr enthalten müssen, als durch neuere Beobachtungen die Möglichkeit erwiesen ist, dass auch ganz aus dem Zusammenhange gelöste Stücke der inneren Tafel wieder einheilen können. Sorgfältige Handhabung eines antiseptischen Verbandes wird diese Möglichkeit steigern und Ubelen Zufällen Uberhaupt am Besten vorbeugen. 4) Lässt die Untersuchung nur eine einfache Wundspalte im Schädel entdecken, erregt aber die G r ö s s e d e r G e w a l t , welche eingewirkt hat, denVerdacht, dass A b s p r e n g u n g d e r i n n e r e n T a f e l erfolgt sei, so darf man keineswegs sofort zum Trepan greifen, sondern muss die Behandlung zunächst so einrichten, als wäre die innere Tafel unversehrt geblieben; denn die Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Ausgangs bei einer unnöthiger Weise ausgeführten Trepanation ist geringer, als die Wahrscheinlichkeit, dass die Glastafel durch einen solchen Hieb nicht sollte zersprengt sein. Treten Zufälle ein, welche auf eine Entzündung oder einen Erguss unter dem Schädelknochen in der Gegend der Wunde schliessen lassen (siehe unten) und werden diese durch antiphlogistische Behandlung nicht sofort beseitigt, so muss nachträglich (freilich mit weniger Aussicht auf Erfolg) trepanirt werden. 5) H i e b w u n d e n m i t S p l i t t e r u n g b e i d e r T a f e l n verhalten sich wie eine Fractura comminuta (siehe unten) und müssen wie eine solche behandelt werden, erheischen also namentlich die Entfernung aller vollständig abgelösten Knochenstücke, wozu oft die Erwei-

KoocIien-YVunJefi.

29

terung der in der äusseren Knochentafel schon bestehenden Lücke nöthig wird. 6) Hängt das durch A p o s k e p a r n i s m o s abgelöste Stück eines Schädelknochens noch mit dem Lappen der Weichtheile zusammen, so gewährt es mehr Aussicht auf Erfolg, wenn man das Knocbenstück u n t e r Zurücklassung des Periost ganz herauslöst und blos die Weichtheile vereinigt, als wenn man auch das Knochenstuck mit anzuheilen versucht. Es wäre zwar sehr erwünscht, den knöchernen Schädel wieder vollständig verschliessen zu k ö n n e n , u n d es liegen auch Beobachtungen vor, in denen das Anheilen des abgehauenen Knochenstucks gelungen ist; aber die Gefahr der Nekrose desselben ist im Allgemeinen doch zu gross, und schon die Verzögerung der Heilung, welche ein solcher Versuch bedingt, erscheint gefährlich. Jedenfalls m u s s , bevor man den Verband anlegt, der Rand der Knochenlücke mit dem Linsenmesser (siehe u n t e n , Fig. 6) sorgfältig geebnet uijd jeder Knochensplitter entfernt werden. 7) Sind m i t d e m K n o c h e n s t ü c k e z u g l e i c h d i e b e d e c k e n d e n " W e i c h t h e i l e a b g e h a u e n , so bleibt nur ü b r i g , nach sorgfältiger Glättung und Reinigung der W u n d e einen deckenden, antiseptischen Verband anzulegen. B.

Stichwunden, Durchbohrungen.

Sie werden meist durch Messer, Degen, Säbel, Bajonette, die Spitze einer Hacke, oder andere spitze, zuweilen auch halb stumpfe Werkzeuge hervorgebracht. Die ersten Lebensjahre abgerechnet 1 ), bedarf e s , um die Schadelknochen zu d u r c h b o h r e n , einer grossen Gewalt, oder bedeutender Schwere des Instruments; daraus erwachsen zugleich Contusionen, Commotionen und sehr häufig Knochenbrüche. Im Allgemeinen dringen die rein stechenden Instrumente selten über die äussere Tafel hinaus, es sei denn an besonders dünnen Stellen, wie die Decke der Augenhöhle, die von der Nase h e r leicht zugängige Lumina cribrosa des Siebbeins, die obere W a n d des Gehörgangs und der Paukenhöhle; sind sie aber durch den Knochen gedrungen, so können sie auch das Gehirn und seine Häute tief verletzen. Durch bestehende Oeflnungen im Schädel, z. B. durch die Fissura sphenoidalis (orbitalis superior), können sehr dünne Instrumente in den Schädel eindringen, ohne den Knochen zu durchbohren. Als Beispiele für P e r f o r a t i o n e n d e r S c h ä d e l b a s i s sind die von C r a m p t o n und W h i t e f . o o p e r ') P l t r e q u i n

beschriebenen, höchst merkwürdigen Fälle zu vergleichen.

sah bei P a n i z z a einen Kindesscbädel, welcher von dem S c h n a b e l

e i n e s H a h n e s durchbohrt war.

30

Krankheiten des Schädels.

(Caostatt'i

Jahresbericht f ü r 1 8 5 1 , Bd. IV. pag. 2 4 ,

ebenda für 1 8 5 5 , pag. 7 7 ) .



Auf solche Verletzungen folgen gewöhnlich erst nach mehreren Stunden, zuweilen sogar erst nach Tagen, wenn die Entzündung sich zu entwickeln begonnen b a t , Gefahr drohende und meist auch schnell zum Tode führende Zufälle (Krämpfe, Lähmungen, Coma, Delirium).

Vgl. „ G e h i r n w u n d e n

In vielen Fällen bricht das verletzende Instrument im Niveau der äusseren Knochentafel ab; es bleibt mithin ein Stück davon im Knochen eingekeilt zurück. Dann vergeht, je nach der Stelle und der Tiefe des Eindringens mehr oder weniger Zeit, bevor üble Zufälle sich zeigen; jedoch wird, wenn der fremde Körper nicht herausgezogen wurde, der Kranke ihnen selten entgehen. Gewöhnlich entsteht nicht blos Knochenentzündung mit dem Ausgang in Caries und Nekrose, sondern auch Entzündung und Eiterung innerhalb des Schädels, rings um die Spitze des eingedrungenen Instrumentes. Die Gefahr ist besonders gross, wenn neben dem eingedrungenen fremden Körper noch eine Lücke besteht, durch welche die Cerebrospinalflüssigkeit abfliessen kann, indem dann das Gehirn bei seinen Bewegungen «ich an dem nach Innen hervorragenden fremden Körper reibt 1 ). In manchen Fällen kommt die Vernarbung der Weichtheile Uber dem fremden Körper zu Stande, so dass man sich trügerischen Hoffnungen und gefährlicher Sorglosigkeit hingiebt. Zum Beweise ein Beispiel aus dem Werke D u p u y t r e n ' s : Jahren ( D u p u y t r e n

schrieb 1 8 3 4 ) bekam

„Vor ungefähr zehn

ein junger Mann in einem Streite einen

Messerstieb oben auf dem Kopfe, wobei das Messer den Scbadel durchbohrte u n d abbrach. der

Der Chirurg, wclcber den Kranken verband, untersuchte die Wunde nicht mit

gehörigen Aufmerksamkeit, sondern vereinigte die Wundränder,

genas.

und der Kranke

Mehrere Jahre vergingen ohne andere Zufälle, als dass der Kranke

Schmerzen in der Narbe empfand.

Dieu a u f n e h m e n , und als ich die Narbe u n t e r s u c h t e , u n t e r ihr einen fremden Körper.

mitunter

Nach Verlauf einiger Jahre liess er sich in's Hôtelfühlte ich sie aufgehoben und

Nachdem ich incidirt hatte, zog ich vermittelst der

Trepanation den spitzen Tbeil einer Messerklinge hervor.

Dennoch blieben die Zufälle

und es gesellte sich zu ihnen noeb eine Paralyse der der Verwundung entgegengesetzten Körperseite.

Nach Incision der Dura mater fand ich nichts, aber als ich m i t Vorsicht

mein Bistouri in das Gehirn senkte, sprang sofort der Eiter hervor. Abend nach der Operation verschwanden die Erscheinungen (Fieber, lirien) und der Kranke genas."

Noch denselben Somnolenz,

De-

Obgleich diese Beobachtung weniger glänzend erscheint,

n a c h d e m erwiesen i s t , dass der Patient n i c h t g e n a s , sondern s t a r b , so bleibt doch die Tbatsache, d a s s e i n e M e s s e r k l i n g e m e h r e r e J a h r e , o h n e ü b l e zu

verursachen,

im

Schädel

haften

kann,

Zufälle

dass diese Zufälle a b e r später

dennoch

hervortreten.

Körpern

zu forschen, um sie sicher und frühzeitig zu entfernen.

Hieraus folgt eben die Nothwendigkeit, genau

nach fremden

' ) Vgl. R o s e n t h a l ' s Vortrag in der fünften Sitzung der ebirurg. Section d e r 3 9 s t e n Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Giessen, 1 8 6 4 . z u r Lehre v. d. Trepanation, Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. VI. Hft. 3 .

H. F i s c h e r ,

31

Knochen-Wunden.

Cid Beispiel von erfolgreicher Entfernung einer seit 9 Wochen in einem SchSdelknocben dnrch

festsitzenden

Abmeisseln

und

bis in's Gehirn eingedrungenen Messerspitze, welche

des Knochens fassbar w u r d e ,

erst

habe ich auf der Naturforscher-Ver-

sammlung ZQ Giesseo, 1 8 6 4 (Amtl. Bericht, pag. 2 2 9 ) mitgetheilt*

Vgl. auch deutsche

Zeitschrift für Chirurgie, Bd. I. pag. 3 0 7 u. f.

Bei der Diagnose eines solchen Falles darf man niemals dem Fehlen von Gehirnsymptomen einen besonderen Werth beilegen, sondern muss sich auf sorgfältige Untersuchung der verletzten Stelle (auch vorsichtiges Sondiren) und, wo möglich, auch des verletzenden Instruments stutzen. Die Tiefe der Wunde ist aber nicht immer leicht zu erkennen. Zwar würden die Besichtigung des Instruments, die Kenntniss der Richtung, in welcher es eindrang, die Würdigung der Gewalt, mit welcher es ausgeführt wurde, Anhaltspunkte für die Diagnose sein; aber sie liegen (namentlich die letzteren beiden) in den meisten Fällen ausserhalb der Möglichkeit. Abgesehen hiervon würde jedoch selbst ihre Gesammtheit eine s i c h e r e Diagnose der Tiefe der Wunde nicht zu begründen vermögen. Der Gebrauch der Sonde kann gefährlich, oft selbst unausführbar sein, so dass hier ebenso, wie bei den übrigen Fällen von Kopfwunden, eine lange Ueberwachung des Kranken unumgänglich nothwendig ist. Behandlung. Wenn kein fremder Körper in der Wunde zurückgeblieben ist und kein Zeichen von Gehirnleiden sich kund giebt, so ist die Wunde zu vereinigen und einfach zu verbinden. Degen-, Rappier-, oder Messerspitzen, Enden eiserner Ladestöcke u. dgl. kann man gewöhnlich mit einer Zange herausziehen, sofern ihr hervorragendes Stück hinlänglich gross ist, um es zu fassen. Sind solche Gegenstände stark eingekeilt, so benutzt man mit Vortheil einen Schraubstock oder sucht durch kleine Hammerschläge namentlich Messerklingen in der Richtung der Klingenbreite hin- und herzubewegen und dadurch beweglich zu machen. Ist der fremde Körper im Niveau des Schädels abgebrochen, so kann man die Möglichkeit des Fassens und Ausziehens dadurch herbeirühren, dass man mit einem scharfen Hohlmeissel von beiden Seiten her etwas vom Knochen wegnimmt ( S t r o m e y e r ) . Lässt sich der fremde Körper auch auf diese Weise nicht fassen, so ist die Trepanation erforderlich. Die Grösse der Trepankrone muss im Verhältniss zu dem Umfange des auszuziehenden fremden Körpers stehen. Auch bei solchen Wunden ist die innere Tafel oft in grösserem Umfange zerbrochen, als die äussere; man muss daher auch, wenn man trepanirt hat, sorgfältig nach Splittern der Glastafel suchen.

32

Krankheiten des Schädels.

C. Quetschungen. Contusion der Schädelknochen allein ist unmöglich; die äusseren Weichtheile müssen mehr oder weniger mit verletzt (gequetscht) sein. Oft ist gleichzeitig der Knochen entblösst. die Contusion desselben zu erkennen.

Dann ist es relativ leicht,

Mitunter ist die Diploe allein

gequetscht, indem die elastische äussere Tafel

der einwirkenden

Ge-

walt nachgebend, eine Compression der Diploe gestattete, ohne selbst zersprengt zu werden. bend niedergedrückt. senkrecht Gruben

In anderen Fällen ist die äussere Tafel bleiRundliche Gruben entstehen vorzugsweise durch

auftreffende

können

Körper mit

ohne

abgerundeter

Oberfläche.

Zusammenhangstrennung

zu Stande

gewöhnlich lassen sie aber feine Sprünge b e m e r k e n , förmig

am

Umfange

der Vertiefung,

Gruben

Gewalten

(besonders

oder breite F u r c h e n

Abreibung

der

äusseren

In schräger Richtung

streifende Kugeln) im K n o c h e n ,

Knochentafel,

auf-

erzeugen längliche

häufig mit

zuweilen

lassung von Resten des verletzenden Körpers. mente bewirken gewöhnlich ein

die bald kreis-

bald mehr strahlenförmig ver-

laufen, bald unregelmässig sich kreuzen. treffende

Diese

kommen,

gleichzeitiger

auch mit

Zurück-

Stumpfspitzige Instru-

der Form der Spitze entsprechendes

eckiges oder rundes Loch (vgl. Stichwunden).

Die innere Knochen-

tafel ist bei Quetschungen der Schädelknochen zuweilen

unverändert,

häufiger nach einwärts gedrängt, o d e r , namentlich bei Erwachsenen, zersprengt. Verlaul'.

Leichte

Contusionen

können

spurlos

vorübergehen,

oder doch blos eine umschriebene Knochen-Entzündung alle

bedeutenderen

Quetschungen

haben

dagegen

veranlassen;

Entzündung

des

Pericranium, des Knochens selbst, oder auch der benachbarten Hirnhäute zur

Folge,

meist mit langsamem

Verlauf, aber oft mit nach-

träglicher Eiterung, bald in der Diploe, bald auf der Oberfläche des verletzten

K n o c h e n s , , bald zwischen

ihm

und der Dura

wöhnlich an mehreren dieser Stellen zugleich.

mater, ge-

Das Gehirn erkrankt

entweder durch Weiterverbreitung der Entzündung, oder in Folge der Quetschung,

welche

es

selbst

erlitten hat.

Der Kranke

klagt dann

Uber einen von der Stelle der Verletzung sich ausbreitenden, ernden

Kopfschmerz,

über

häufigen

Schwindel,

andau-

körperliche

und

geistige Abspannung, unruhigen S c h l a f , auch Schlaflosigkeit, oder er versinkt

auch wohl in Schlafsucht und Betäubung.

Bald entwickelt

sich dann, unter Fieberbewegungen, das vollständige Bild der Meningitis, mit letalem Ausgang.

In anderen Fällen entsteht, nachdem die

Erscheinungen einer localen Knochenentzündung vorausgegangen

sind,

33

Quetschung der Knochen.

schnell tödtliche Pyämie. Letztere ist in solchen Fällen rein embolischen Ursprungs, indem kleine Thromben aus den Venen des gequetschten Knochens in einen Sinus gerathen und von da zum Herzen gelangen. Alle diese (lbelen Ausgänge der Contusion eines Schädelknochens finden sich, abgesehen von denen, welche einer gleichzeitigen Verletzung des Gehirns zuzuschreiben sind, fast ausschliesslich in solchen Fällen, wo der gequetschte Knochen durch eine Wunde oder durch eine in den gequetschten Weichtheilen eingetretene und nach Aussen aufgebrochene Eiterung blossgelegt ist. Auch hier ist der Zutritt von „Fäulnisserregern" erforderlich, um statt der Resorption den Zerfall des in dem gequetschten Knochen ergossenen Blutes und in Folge dieses Zerfalls dann „septische" Entzündungen in weiterem Umkreise zu Stande kommen zu lassen. Diaguose. Quetschung der Schädelknochen an sich ist selten sicher zu erkennen, aber die Gestalt des verletzenden Körpers, die Kraft und Richtung seiner Einwirkung und endlich die an dem Knochen (sofern er blossgelegt ist) gleich nach der Verletzung wahrnehmbaren Veränderungen gestatten Wahrscheinlichkeits-Schlüsse, welche den Chirurgen veranlassen müssen, den Verletzten wenigstens mit grosser Sorgfalt zu überwachen. Bei Schusswunden der Weichtheile, namentlich wenn das Geschoss nahezu rechtwinklig aufschlug, besteht immer der Verdacht einer Knochenquetschung. Die Beschaffenheit der Wunde in den Weichtheilen kann Auskunft geben Uber die Richtung des Schusses: wenn eine Kugel den Schädel nahezu rechtwinklig traf, so hat die Wunde eine abgerundete Gestalt und ist mit einer Art Kruste, wie eine Scheibe verbrannten Fleisches, versehen; hat sie dagegen, durch die Weichtheile am Knochen hinstreifend, eine rinnenförmige Wunde aufgewühlt, so stellt diese gleichsam einen Hohlweg durch zerrissenes und gequetschtes Fleisch dar. Prognose. Contusionen der Schädelknochen sind oft so unerheblich, dass sie kaum zur Kenntniss des Arztes kommen, aber sie sind insofern bedenklich, als ihre Symptome meist erst sehr spät erscheinen; denn im Knochengewebe tritt die Entzündung sehr langsam auf, und sind die innerhalb der Schädelhöhle gelegenen Organe nicht gleichzeitig mit dem Knochen gequetscht, so entsteht in ihnen die Entzündung erst nach der- Knochen-Entzündung '). Die übrigen Gefahren ergeben sich aus der Beschreibung des V e r l a u f s . .') Bei der os des

Kindern erscheinen, wie schon P a r é anführt, die Symptome der Quetschung Schädelknochen schneller, weil die Knochen zarter und blutreicher sind. „ Les sont moins durs, plus déliés et plus arrosés et imbus de sang, que ceux vieoi et partant s'altèrent et pourisseot plus tôt.*

l î a r d e l e b e n f Chirurgie.

T.Aull.

III.

3

34

Krankheiten des ScbSrtels.

Bebaildluug. Die schweren Zufalle, welche auf Contusionen des Schädels folgen können, haben viele Wundärzte veranlasst, den Trepan noch vor dem Auftreten jener Zufälle, als p r o p h y l a k t i s c h e s Mittel, in Anwendung zu bringen. Schon H i p p o k r a t e s lehrte, sobald die Contusion des Schädels erkannt sei, müsse man vor Ablauf von drei Tagen trepaniren, um das kranke Knochenstuck zu entfernen, bevor dessen Nekrose Druck und Entzündung des Gehirns veranlasse. Unter den Neueren vertraten die prophylaktische Trepanation bei Contusio cranii namentlich P o t t und B o y er. .Wo nenn so

auch

i m m e r " , gehreiht R o y e r .

. d i e Contusion

den

Kopf

getroffen

man d a s Pericraninm vorn Knochen gelost und folglich letzteren entblnstf

ist

er gequetscht,

und

die Anwendung

des

Trepans

ist

nölhig.

Trepaoirt

n i c h t , so e n t z ü n d e t sich die Dura mater und es folgt eine tödtlicbe E i t e r u n g . Quetschungen

durch

Geschosse

am

Schädel

schon

vorkommen

hat, findet, man Wenn

k ö n n e n o h n e gleich-

zeitige Z e r s t ö r u n g d e r Weichtbeile, » i e viel m e h r wird e r g e q u e t s c h t sein, wenn diese zerstört wurden.

Deshalb b e t r a c h t e man die E n t b l ö s s u n g

des K n o c h e n s

Zeichen v o r h a n d e n e r Q u e t s c h u n g , nn C t m . ü b e r d e m r e c h t e n o b e r e n A u g e n h ö h l e n r a n d e bis z u r S c h l ä f e hin so tief s p a l t e t e , d a s s inan eine k l a f f e n d e G e h i r n w u n d e von

5 Ctm.

Länge

und

2 Ctm.

Tiefe e r b l i c k t e .

Auch

der

Oberkiefer

war

W e i s e g e t r e n n t , d a s s m a n in die N a s e n h ö h l e und in den S c h l u n d bis z u m sehen konnte. unter

Die W u n d e

antiphlogistischer

w u r d e d u r c h elf N ä h t e vereinigt

Behandlung

ohne

irgeud

ein

und

heilte

in

der

Kehldeckel

in 1 4 T a g e n

Cerebralsymptom

irgend einen üblen Zufall zu hinterlassen ( w a s nach s e c h s J a h r e n c o n s t a t i r t

und

ohne

wurde).

B. S t i c h w u n d e n . Oft verursachen eingedrückte Knochensplitter Stichwunden des Gehirns. Ausserdem giebt es viele Beobachtungen von Gehirnwunden durch Bajonette, Messerklingen, Pfeile, Pieken, Lanzen, Stockspitzen u. dgl. In welcher Weise namentlich von der Augen- und Nasenhöhle aus auch die Basis des Gehirns direct getroffen werden kann, wurde bereits pag. 29 u. f. gezeigt. Häufig steckt in der Tiefe der Stichwunde, also im Gehirn selbst, die abgebrochene Spitze des verletzenden Instrumentes. Ist dies nicht der Fall und sind die Ränder der Wunde wenig oder gar nicht gequetscht, so kann auch die Heilung ohne üble Zufälle erfolgen. Selten sah man, auch wenn ein Stück des Instrumentes zurückgeblieben war, dennoch Heilung erfolgen. In den meisten Fällen verhält sich die Wunde wie eine gequelschte; es entsteht dann oft erst spät Eiterung, die sich aber weit verbreiten und selbst einen ganzen Hirnlappen zerstören kann. Primäre Zufalle fehlen in der Regel gänzlich (wenn nicht Theile des Mittelhirns getroffen worden sind), oder sie sind unbedeutend (Ausfluss von etwas Cerebrospinalflüssigkeit, Zuckungen oder krampfhafte Bewegungen einzelner .Muskelgruppen), so dass die Verletzung kaum Beachtung zu verdienen scheint. Sind die primären Zufälle erheblich, so hängen sie oft nicht von der Stichwunde, sondern von der gleichzeitig erfolgten Ilirncrschüllcrung oder Hirnquetschung ab.

Hirnwunden.

75

Secundäre Zufälle, d. h. Erscheinungen von Gehirnentzündung, bleiben fast niemals

a u s ' ) , treten aber oft erst nach vier bis acht Tagen,

selten noch später*), zuweilen auch schon nach 24 Stunden und zwar meist ganz plötzlich auf.

In der Mehrzahl der Fälle führen sie schnell

zum Tode; selten ist ein chronischcr Verlauf, der aber in der Regel auch, unter Entwickelung eines circumscriplen Âbscesses, tödtlich endet. Die D i a g n o s e

kann durch den Bericht Uber den Vorgang der

Verletzung und die Untersuchung sentlich erleichtert werden. schwierig.

des verletzenden Instrumentes we-

Fehlt ein solcher Anhalt, so ist sie äusserst

Findet man in der Tiefe der Wunde (im Knochen) die

abgebrochene Spitze

des Instrumentes eingekeilt,

so

bleibt

immer

noch fraglich, ob und wie weit dieselbe in das Gehirn eingedrungen ist.

Kann man durch die Wunde im Schädel mit dein Finger oder

der Sonde eindringen, so könnte allerdings durch gründliches Sondiren in manchen Fällen Sicherheit gewonnen werden; aber nicht in allen, denn die Sonde kann zufällig durch ein Stück der Dura mater aufgehalten werden Führung

auch

in

und sie kann anderer Seils bei unverletzte

Gehirnsubstanz

unvorsichtiger

eindringen.

Wegen

dieser grossen Gefahr niuss man daher die Sonde niemals weiter einschieben, als sie durch ihre eigne Schwere einsinkt und, wenn keine lndicien für die Anwesenheit fremder Körper in der Tiefe der Wunde vorhanden sind, sich des Sondirens ganz enthalten. ' ) Beobachtungen, aus denen erhellt, das9 Stichwunden des G e h i r n s , selbst wenn fremde Körper z u r ü c k b l e i b e n , nicht der älteren

immer tödtlich sind, linden sieb sowohl in

wie auch in der allerneuesten

Literatur.

Bartholin

z. B. erzählt

von einem Manne, welcher 1 4 Jahre mit einer Degenspitze im Gehirn gelebt hat. Zacutus

LuBitanus

bei welchem

zwischen

erwähnt eines am den

Gehirnhäuten

eine Hesserklinge gefunden wurde, veiwundet war. méd.

1838,

„Typhus" (?) gestorbenen und dein

Schädel

Mädchens,

bei der Obduction

durch welche sie 8 Jahre vor ihrem Tode

Aehnlicbe Beobachtungen

von A n e l , M a n g i n u. A. siehe Gaz.

pag. 3 7 9 , Bibliothèque chirurgicale du N o r d , pag. 1 3 0 ,

und

Peu,

Pratique des accoucb. pag. 197. — T h . S i m o n (Vierteljabrschr. f. gericbtl. Medic. 1869,

pag. 1 9 3 )

Section einer

berichtet

sogar von einer Nähnadel,

7 9 J a h r e alten

welche zufällig

bei der

Frau in der grossen Hemisphäre gefunden wurde,

mit der Spitze im Seitenventrikel, das Oehr gegen die Schädelwölbung gerichtet, ohne Spuren

von Entzündung in

der

Umgebung;

wahrscheinlich

war

dieselbe

in früher Kindheit durch die grosse Fontanelle eingestossen ; eine kleine Vertiefung in der Pfeilnaht und eine entsprechende kleine Exostose der Glastafel schienen den Einstichspunkt anzudeuten. *) Ein merkwürdiges Beispiel

der Art habe ich an einem Knaben

ein anderer eine Zinke einer Misthacke in den Kopf geschlagen lOten Tage nach

beobachtet, hatte.

der Verletzung traten Erscheinungen a u f , a u s denen anf

Hiroleiden geschlossen werden konnte (taumelnder Gang und Schwindel).

dem

Erst am ein

76

Krankheiten des Schädels.

Die P r o g n o s e ist viel übler als bei Hiebwunden, theils wegen der grösseren Tiefe, theils wegen der häufigen Complication mit fremden Körpern. Die B e h a n d l u n g erfordert zunächst, wo möglich, Kntfemiing der fremden Körper. Der Trcpan muss aushelfen, wenn ein Theil des verletzenden Instruments so im Schädel zurückblieb, dass er nicht in weniger verletzender Weise ausgezogen werden kann (vgl. pag. 31). Uebrigens wird streng antiseptisch und antiphlogistisch verfahren. Gelingt es nicht, die Eiterung der Hirnwunde zu verhüten und treten dem entsprechend Ccrebralsymptome auf, so muss, wenn die Wunde nicht ohnehin weit offen ist, nachträglich trepanirt werden, um dem Eiter Abfluss zu schaffen. Je früher nach dem Auftreten der Cerebralsymptomc dies geschieht, desto besser ist die freilich immer sehr zweifelhafte Prognose der Operation. C. G e q u e t s c h t e W u n d e n d e s G e h i r n s . Abgesehen von den Einkeilungen von Bruchstücken und von den so eben erläuterten Stichwunden, welche in der Mehrzahl der Fälle gequetscht sind, entstehen Quetschwunden desGehirns fast immer in Folge von S c l i u s s v e r l c t z u n g e n oder ähnlichen Explosionen. Die Kugel kann ebenso gut von der Basis her (namentlich wenn in der Absicht des Selbstmordes der Lauf in den Mund gesetzt wird), als durch das Schädelgewölbe eindringen. Die durch Geschosse veranlassten Wunden sind meist canalförmig, jedoch bleibt der von der Kugel im Gehirn gebohrte Canal niemals offen, sondern lallt zusammen und ist später nur als ein, durch Coagula, zertrümmerte Hirnmasse und eingesprengte fremde Körper bezeichneter Streifen zu erkennen. In der Umgebung eines Schusscanales im Gehirn können sogar alle Spuren von Quetschung fehlen, wenn die Kugel mit hinlänglicher Geschwindigkeit hindurchfuhr, um in der wenig Widerstand leistenden Hirnmasse eine reine Wunde zu m a c h e n ' ) . Grosse, 'unregelmässige Zerreissungen und Zermalmungen entstehen durch Splitter und durch Abfeuern des Geschosses in der Mundhöhle. — Anderweitige stumpfe Gegenstände bewirken, abgesehen von den bei den Stichwunden aufgeführten, nur spaltförmige Quetschwunden oder eine oberflächliche Zermalmung des Gehirns, die von der Contusio cerebri nur gradweise verschieden ist. Selten verläuft die auf Quetschwunden folgende Entzündung des Gehirns günstig. Dann granulirt die Gehirnsubstanz nach Abstossung der nekrotischen Theile, und der Substanzverlust wird allmälig aus') Vgl. unsere Art

hat

Erläuterungen

Klehs

beobachtet.

Bd. I. pag. 6 2 7 und 6 5 7 .



(Patbolog. Anatomie d. S c h u s s w u n d e n ,

Heine Scbusscanäle Leipzig,

1872.

der

p. 6 8 )

77

(Umwunden.

geglichen, wobei sogar ein Wiederersatz von Hirnsubstanz stattfinden kann 1 ). Bei grösserer Ausbreitung und Heftigkeit der Entzündung tödtet diese, entweder durch directe Störung der Hirnthätigkeit oder indem sie purulcnte Infection veranlasst, binnen kurzer Zeit. Viel seltener entwickelt sich eine chronische, jedoch auch meist tödtliche Entzündung, gewöhnlich um fremde Körper. Die Krankheits-Erscheinungen sind von Anfang an sehr verwirrt, indem die von der Continuitätstrennung selbst abhängigen Symptome sich mit denen der Ilirnerschütterung, Hirnquetschung, zuweilen auch noch des Hirndrucks und späterhin immer auch der Ilirncntzündung complicirt vorfinden. Völlige Sicherheit der D i a g n o s e wird man daher nur in solchen Fällen erwarten können, wo die Wunde offen liegt. Ist die Richtung bekannt, in welcher das verletzende Instrument aufschlug oder kann sie bei Schussverletzungen aus der Stellung der Ein- und Ausgangsöffnung erschlossen werden, so trägt dies zur Aufhellung der Diagnose bei. Jedoch darf man, sofern es sich um eine Kugel handelt, die Möglichkeit der Ablenkung und der Thcilung der Kugel nicht vergessen. Eine Kugel kann den Schädel an der Stelle, auf welche sie traf, auch zersplittern, ohne selbst einzudringen. Fällt sie dann aus der Wunde heraus, bevor dieselbe untersucht wird, so kann bei hinlänglichem Klaffen des Splitterbruchs der Glaube entstehen, die Kugel stecke im Gehirn. Die P r o g n o s e ist im Allgemeinen ungünstig und zwar desto übler, je tiefer die Wunde und je mehr sie complicirt ist. Zu den ohnehin erheblichen Gefahren der Contusion der Hirnsubstanz gesellt sich hier durchweg noch der iible Einfluss des Luftzutritts, oft auch noch die verderbliche Wirkung fremder Körper. Was man früher von der Unschädlichkeit von Kugeln im Gehirn erzählt hat, beruht wohl grössten Theils auf diagnostischen lrrthümern, der Art, wie sie eben erwähnt wurden*). Von relativ geringerer Bedeutung ist der Verlust von Hirnsubstanz im Bereich der grossen Hemisphären oberhalb des Centruin ovale Vieussenii. ' ) Vgl. II. D e m t n e ,

M i l i t a i r - c h i r u r g i s c b e S t u d i e n , Alilh. I. pag. 5 t u. f.

*) Dos g r o s s a r t i g s t e Beispiel f ü r e i n e A u s n a h m e von d e r Regel liefert tlarlow durch Schädel

(Boston

med.

l'ulverexplosion getrieben,

Mitlellioie

and eine

dass

durch das

die H e i l u n g vollendet.

sie

s u r g . j m i r n . , 1 8 6 0 , pag. 1 1 6 ) . 3 Centim. unter

Stirnbein

dem

dicke

Bohrstange

linken

in

Jochbein

Der Mann lebte noch

der

ein-

derselben Seite hinaustrat.

der

Fall

von

Einem Manne wurde

In

Art

und

durch n a h e an

1 8 Monaten

den der war

1 3 J a h r und n u i d e e r s t k u r z e Z e i t

vor dem T o d e von Cunvulsionen u n d G e i s t e s s t ö r u n g

befallen.

78

Krankheiten des Schädels.

Die B e h a n d l u n g hat vor Allem die Entfernung aller in der Wunde steckenden, ohne schwerere Verletzung der Hirnsubstanz erreichbaren fremden Körper zur Aufgabe; demnächst die Verhütung der Weiterverbreitung der Entzündung und die Leitung der Granulationsbildung und Vcrnatbung. 4) F r e m d e K ö r p e r im G e h i r n . Die fremden Körper, welche in das Gehirn eindringen können, haben wir bereits an verschiedenen Stellen dieses Capitels, namentlich bei den F r a c t u r e n (Knochensplitter), bei den S t i c h w u n d e n und im Vorstehenden bei den S c h u s s v e r l e t z u n g e n erwähnt und aufgezählt. Eine besondere Symptomatologie derselben lässt sich nicht aufstellen, da die Erscheinungen, welche sie veranlassen, aus denen der Verwundung, des Druckes und der Entzündung gemischt sind. Führt die Verletzung selbst nicht etwa sogleich zum Tode (wie dies namentlich beim Eindringen solcher Körper in das Mittelhirn oder die innere Markmasse des grossen Gehirns unterhalb des Centrum ovale immer der Fall ist), entwickelt sich auch nicht eine schnell tödtliche acute Ilirnentzündung (vgl. gequetschte Wunden), so bleibt allerdings die Möglichkeit ofl'cn, dass der fremde Körper in der Hirnmasse eingekapselt und dadurch weniger nachtheilig gemacht werde. Meist entsteht aber auch in solchen Fällen nachträglich doch noch (seihst noch nach l ü Jahren) entweder ganz von selbst oder nach unbedeutenden Erschütterungen') eine verderbliche Entzündung, die wiederum bald a c u t , bald chronisch verlaufen kann. Jedenfalls gehört eine dauernde Heilung beim Zurückbleiben eines fremden Körpers im Gehirn zu den grössten Seltenheiten. Vgl. pag. 74 u. f. — Zur Diagnose bedarf es einer genauen Untersuchung mittelst des Auges und der Finger, welche letztere nur ausnahmsweise und mit grösster Vorsicht durch die Sonde ersetzt werden dürfen. Seitens der Therapie kann man (nach B r u n s ) unterscheiden: 1. K n o c h e n s p l i t t e r (vgl. pag. 42 u. f.). 2. G e w e h r k u g e l n , deren Verhallen in fünffacher Weise wesentlich verschieden sein kann: ' ) Als Beleg diene Jagd

nachstehende Beobachtung.

Einem Bauerknaben, der hei einer

als Treiber fungirte, wurde von einem Jager eine

Kopf geschossen.

Ladung Schrot

in den

Obgleich, nach der vorgenommenen Untersuchung, wahrschein-

lich wenigstens einige Schrotkiirner in's Innere des Schädels gelangt sein mussten, wurde der und

Knabe doch verhältnissmassig schnell wieder hergestellt.

Nach J a h r

Tag wurde er von dem Schullcbrer mit einem Schlage gegen den Kopf be-

s t r a f t , worauf er umfiel, das Bewusstsein verlor und nach wenigen Tagen starb.

Fremde Körper im Gebird.

79

a) Die Kugel sitzt noch im Schädelknochen fest. Hierbei ist möglich, dass sie das Gehirn nur gequetscht, vielleicht sogar blos erschüttert hat, oder wirklich in das Gehirn eingedrungen ist. Letzteres kann selbst dann der Fall sein, wenn die Kugel noch mit ihrem grössten Umfange mitten in der Dicke des Schädelknochens festzusitzen scheint; sie kann sich nämlich im Moment des Eindringens so theilen, dass die eine Hälfte in das Gehirn eindringt, während die andere im Knochen sitzen bleibt. — Gelingt die Entfernung nicht mit einer starken Hakenzange oder einem Tire-fond, den man in schräger Richtung einzubohren sucht (um die Kugel nicht etwa noch tiefer einzudrucken), so muss man in der pag. 31 angegebenen Weise durch Fortmeissein der benachbarten Knochensubstanz das Fassen ermöglichen oder, wenn dies nicht gelingt, trepaniren. b) Die Kugel hat die ganze Dicke des Schädelknochens durchbohrt und ist nahe dieser Oeffnung auf oder in der Substanz des Gehirns, oder zwischen dem Knochen und der Dura mater, liegen geblieben. Die Ausziehung der Kugel muss auch hier sogleich vorgenommen werden. Besteht ein Lochbruch, so muss man, um die Kugel fassen zu können, die Oeffnung fast immer erweitern. War beim Eindringen der Kugel ein Splitterbruch entstanden, so kann man in der Kegel durch Entfernung der Splitter den fiir die Auszieliung der Kugel erforderlichen Raum gewinnen. c) Hat die Kugel ihren Weg in der Schädelhöhle so weit fortgesetzt, dass sie ohne Gefahr einer neuen Quetschung des Gehirns mit der Zange nicht gefasst werden kann, lehrt aber die mit grösster Vorsicht (mit dem kleinen Finger) ausgeführte Untersuchung, dass sie in ihrem weiteren Lauf sich einer anderen, dem Trepan zugängigen Stelle des Schädels soweit genähert habe, dass Hoffnung ist, sie dort fassen zu können, so legt man mit dem Trepan an jener Stelle eine Gegenüffnung a n , um sie durch diese auszuziehen. Freilich werden in solchen Fällen Berechnung und Ausführung fast gleich schwierig sein. d) Kann die Kugel ohne neue Quetschungen des Gehirns nicht gefunden werden, so darf man auch keinerlei Versuche zur Entfernung machen. Vielleicht kann dann eine zweckmässige Lagerung dazu beitragen, dass die Kugel in der Periode der Eiterung sich der äusseren Wunde nähert. e) Ist die Kugel durch den Schädel hindurchgegangen und der Eingangsöffnung gegenüber in dem Schädelknochcn stecken geblieben, so muss sie in der unter a) angegebenen Weise entfernt werden. Steckt sie nur noch unter den Weichtheilen, so reicht selbstverständlich eine blosse Incision hin.

80

Krankheiten dos Schädrls.

3. Unter den g r ö s s e r e n , u n r e g e l n i ä s s i g e n K ö r p e r n , die d u r c h Explosionen in das Gehirn eingetrieben werden k ö n n e n , sind namentlich die S c h w a n z s c h r a u b e n der Gewehre zu e r w ä h n e n , weil zahlreiche Beobachtungen ü b e r ihre Entfernung vorliegen. Diese w a r , wie sich denken lässl, nach der Richtung u n d Tiefe, in welcher sie eingetrieben w a r e n , verschieden s c h w e r , bald mit Zange u n d S c h r a u b s t o c k , bald nur mit Iliille von Meisscl und S ä g e , d u r c h W e g n a h m e der umgebenden Knochensubstanz, bald cndlich erst in d e r Periode d e r Eiterung möglich, ohne dass deshalb d e r Ausgang i m m e r ein letaler gewesen wäre. 4 . S t a b f ö r m i g e K ö r p e r , welche in die Schädelhöhle so eing e d r u n g e n s i n d , dass ihr eines oder gar ihre beiden E n d e n aussen hervorragen (z. B. ein durch den Schädel geschossener Ladestock), müssen mit einer möglichst starken Zange oder einem Schraubstock sicher gefasst und dann durch Zug und Rotation ausgezogen w e r d e n , w ä h r e n d d e r Kopf des Verletzten sorgfältig fixirt wird. Sitzt d e r Stock im Schädelgewölbe fest, so kann man ihn auch nötliigen Falls wie eine Gewehrkugel mit der S ä g e , dem Meissel oder dem Trepan frei m a c h e n ; um den letzteren anwenden zu können, n m s s man aber den Stock in der Nähe des Schädels vorher absägen. 5. H a a r e , S a n d , S t e i n c h e n , sowie auch B l u t g e r i n n s e l und völlig z e r s t ö r t e I l i r n s u b s t a n z sind hier schwieriger, als a u s analogen W u n d e n a n d e r e r Tlieile zu entfernen, da man einen kräftigen Wasserstrahl mit Rücksicht auf das blossliegcnde Gehirn nicht a n w e n d e n darf. Jedenfalls sind aber solche scheinbar u n b e d e u t e n d e f r e m d e Körper auch zu berücksichtigen. 5) I l i r n d r u c k , C o r n p r e s s i o Ätiologie.

cerebri.

Das Gehirn ist theils Seitens der an seiner Basis

gelegenen und dasselbe in allen Richtungen d u r c h f u r c h e n d e n Arterien, theils

durch

Verniittelung der Cerebrospinalflüssigkeit

auch

Seitens

der Venen ( w ä h r e n d der bei j e d e r Exspiration stattfindenden Z u r ü c k s t a u u n g des Venenbluts) einer rhythmischen Compression unterworfen. Diese hat, soviel bis jetzt ermittelt, keinen directen

Einfluss auf die

Thätigkeiten des Gehirns, obwohl sie gewiss f ü r das normale Bestehen d e r E r n ä h r u n g und aller Functionen desselben nothwendig ist.

Wenn

dieser n o r m a l e , „intracranielle" Druck aber in irgend welcher Weise erheblich

gesteigert w i r d , so entstehen

gewisse K r a n k h e i t s - E r s c h e i -

n u n g e n , welche m a n in dem Krankheitsbilde „ H i r n d r u c k ,

Corn-

pressio

Grade

cerebri",

d e r pathologischen

zusammengefasst Compression

hat.

Dass geringere

des Gehirns keine merklichen

Stö-

Hirndrnck. rungen hervorrufen, hat seinen Grund darin, dass zunächst die Cerebrospinal-Flüssigkeit verdrängt werden muss, bevor das Gehirn und seine Gefässe unter dem Druck leiden. Canal der Wirbelsäule, bänder,

in

erheblich

ansammeln kann.

wo sie, über

die

Jene entweicht aber in den

wegen der Elastieität der WirbelNorm hinausgehendem Maasse sich

Durch stärkeren intracraniellen Druck werden dann

zuerst die Gefässe im Schädel und im Canal der Wirbelsäule comprimirt, namentlich die Venen und die Capillaren, in denen das Blut, unter viel geringerem Arterien.

Compression bestehen.

(intravasculärem) Druck strömt,

als

in

den

Somit muss die erste Wirkung einer erheblich gesteigerten des Ob

Gehirns dieselbe

in einer Behinderung regelmässig

auf

der Blutbewegung

einer

Versperrung

der

Capillaren oder auch (vielleicht sogar vorwiegend) auf Compression der Venen beruhe, mithin als reine Anämie der Capillaren oder als venöse Stase aufzufassen sei, ist wohl noch nicht entschieden, vielleicht Uberhaupt nicht ganz allgemein zu entscheiden.

In dem einen, wie

in dem anderen Falle muss die Ernährung des Gehirns leiden, da der Blut- (Stoff-) Wechsel in den Capillaren unterbrochen wird. Obgleich wir hier nur auf die in F o l g e von

Verletzungen

auftretende Compression des Gehirns (den t r a u m a t i s c h e n

Hirn-

d r u c k ) näher eingehen wollen, erscheint es doch zweckmässig, eine Uebersicht aller derjenigen Verhältnisse vorauszuschicken, durch welche „Hirndruck"

bewirkt werden kann.

Im Allgemeinen können wir

in dieser Beziehung zunächst die Fälle unterscheiden, in denen a) die Schädelkapsel selbst verkleinert,

und b) diejenigen, in welchen ihr

Raum durch Vermehrung ihres Inhaltes beengt worden ist. Reihe der letzteren gehören:

Körper und eingedrückte Knochensplitter; der

In die

1) von Aussen eingedrungene fremde

Schädelhöhle (vgl. pag. 5 8 ) ;

2) Blutergüsse innerhalb

3) UeberfUllung

der

Blutgefässe

des Gehirns (Hyperaemia cerebri), auch ohne Bluterguss; 4 ) seröse oder eitrige Ergüsse zwischen

den Häuten des Gehirns oder in der

Substanz desselben (namentlich auch in den Ventrikeln); dungen (Gewächse),

5) Neubil-

die im Schädel entstanden oder von Aussen,

namentlich von den Schädelknochen aus, in die Schädelhöhle hineingewachsen sind (vgl. Capitel V. dieser Abtheilung). Von diesen ätiologischen Momenten können gleich einwirken.

auch mehrere zu-

Die nächste Wirkung aller stimmt schliesslich darin

Uberein, dass, wenn auch bei sehr langer Dauer derselben die Schädelkapsel,

namentlich bei jugendlichen Subjecten,

ausgedehnt

und

schliesslich sogar zum Schwinden gebracht werden kann, doch wesentlich der Inhalt des Schädels, namentlich also das Gehirn, unter B a r d e l c l i « i i , dmurgic.

T. Ann. III.

6

Krankheiten des Schädels.

82 dem

Druck

leidet.

Einen

sehr wesentlichen Unterschied bedingt es,

ob die Schädelhöhle geöffnet ist oder nicht;

bei

geöffnetem Schädel

bedarf es eines weit stärkeren Grades von Druck, um krankhafte Erscheinungen Seitens des Gehirns hervorzurufen. Die

Wirkungen

der Grösse

der

der F l ä c h e ,

Gompression

auf welche

der

sind verschieden

nach

fremde Körper d r ü c k t ,

so

dass, j e mehr Stellen dem Druck unterliegen, um so übler die daraus entstehenden pression

Erscheinungen

der Tod

heftigen Commotion scheinlich

als

gleich sein,

kann

somit bei allgemeiner

welche (wie oben bemerkt) wahrund

allgemeine Conipression des

Folgen

haben,

in der Gegend

der Nervi vagi Statt

der

wenn

sie z. B.

an

Fällen

durch

den

der

Varolsbriicke oder am Aus-

findet.

So werden namentlich die

durch Gegenschlag entstehenden Brüche an der Schädelbasis meisten

Com-

Aber auch eine räumlich beschränkte Coni-

verderbliche

Basis des Gehirns, trittspunkte

und

Ein solcher Fall würde einer sehr

eine augenblickliche

Gehirns aufzufassen ist. pression

sind,

sofort eintritt.

Druck des Blutergusses tödtlich,

in den welchen

die Verletzung der im Bereiche des Bruchs liegenden Blutgefässe nach sich zieht. Ueberhaupt gleichgültig. Schädel

ist

der

Denn,

Silz

des

wenn auch

eine allgemeine

Cerebrospinal-Flüssigkeit

drückenden

Anfangs

Wirkung,

jede

Körpers

d. Ii. also eine

und eine Störung

keineswegs

Drucksteigerung

im

Verdrängung der

der Krcislaufsverhältnisse

zur Folge haben wird, so leidet doch weiterhin unzweifelhaft diejenige Stelle des Gehirns,

auf welche der Druck zunächst und direct aus-

geübt wird, am Meisten. auch

bedeutsamen,

Gehirns durch

Dies erklärt sieh weniger aus der allerdings

straffen A b g r e n z u n g

einzelner Abtheilungen

des

Falx und Tentorium, als aus der relativ festen Con-

sistenz der Gehirnsubstanz.

Im Allgemeinen

sind die Folgen um so

weniger schlimm, j e näher der Schädclwölbung

der Druck einwirkt,

weil einer Seits die wichtigsten Theile des Gehirns an der Basis g e legen sind, und anderer Seits es auch leichter ist, den oberflächlich gelegenen Druck zu entfernen, als Ob die drückende

Substanz

den in der Tiefe Statt findenden.

ober- oder

unterhalb

der Dura

mater,

im Sack der Arachnoidea, unter der Pia mater und in der Substanz des Gehirns selbst liegt, ist gleichfalls von Bedeutung. Gehirn, geringer

desto ist

mehr die

wirkt der

Möglichkeit

drückende

seiner

Je näher am

Körper direct und

Entfernung

ohne

desto

nachtheilige

Nebeneinflüsse. Auch die Von Belang.

Beschaffenheit

der

comprimireuden Substanzen ist

Die von Aussen eingedrungenen Körper sind mehr oder

Hirndruck.

83

minder fest, glatt oder uneben, von mehr oder weniger-grossem specifischen Gewicht, u. s. f. Die im Schädel entstandenen Ergüsse bestehQn aus Blut, Eiter oder Jauche. Am Leichtesten wird der Druck von ergossenem Blut ertragen. Dies ist zugleich die einzige Substanz, deren spontanes Verschwinden man mit Grund erwarten kann. Jedoch macht sich auch hier ein Unterschied geltend zwischen coagulirtem und flüssigem Blute, indem ersteres einen übleren Druck ausübt, und daraus erklärt sich zum Tbeil der Unterschied zwischen den Folgen der Verletzung einer innerhalb des Schädels gelegenen Arterie und derjenigen eines venösen Sinus 1 ). Das leichter coagulirende arterielle Blut comprimirl mehr,, als das weniger zur Gerinnung geneigte venöse. Ausserdem kommt hierbei die grössere Stärke des arteriellen Blutstroms in Betracht. Was den Eiter und die Jauche betrifft, so üben diese einen doppelt nachtheiligen Einfluss, indem sie neben ihrer Wirkung als fremde Körper auch noch corrodirend oder macerirend auf die benachbarten Gewebe einwirken. Auch die E n t s t e h u n g s w e i s e der Gompression ist verschieden indem sie bald plötzlich, bald langsam auftritt. Eine plötzliche Compression bringen fremde, von Aussen eingedrungene Körper oder Knochensplitter hervor; eine weniger schnelle wird durch ergossenes Blut, die langsamste durch Exsudate veranlasst. Die plötzlich auftretende Compression bedingt sofort Störungen, selbst wenn die druckende Masse an sich nicht sehr bedeutend ist; kommt dagegen die Compression langsam und allmälig zu Stande, so kann sich das Gehirn so zu sagen an sie gewöhnen, wenn sie an sich auch ziemlich erheblich ist. Diese Gewöhnung des Gehirns an Druck (vgl. pag. 89) kommt meist wohl in der Weise zu Stande, dass der Druck zunächst nicht auf die Gefdsse, Nervenröhren und Ganglienkugeln des Gehirns einwirkt, sondern blos die Cerebrospinalflüssigkeit verdrängt, welche das Gehirn rings umspült, die Ventrikel füllt, und die Gehirnsubstanz selbst tränkt, deren Resorption aber unter dem allmälig ansteigendem Druck in verstärktem Maasse erfolgen kann. Man würde sich aber täuschen, wollte man hieraus den Schluss ziehen, dass diese letztere Art der Compression deshalb auch weniger gefährlich sei. ' ) Hierin Serres

liegt und

der Grund f ü r die von

Flourens

Paris, 1 8 4 7 , 8. ayec Fig.).

Differenz in den Resultaten der Versuche (Theorie expärimentale de la formation

von

des os,

Letzterer öffnete eine »ordere Hirnarterie, und beob-

a c h t e t e , da das schnell hervordringende Klüt bald coagulirte die Erscheinungen der Compression,

während

Serres

einen

venösen Sinus ö f f n e t e , aus welchem

ein zur Gerinnung wenig geneigtes Blut langsam ausfloss, ohne Erscbeinungen zu bedingen.

6*

Compressions-

84

K r a n k h e i t » des Schädels.

Der Bluterguss Weitem

kann

sehr

gefährlichere

langsam

Compression

auftreten

eingedrückte Knochenstiicke bedingte; ergüsse

ist immer zweifelhaft,

und dennoch eine bei

e r z e u g e n , als die plötzlich durch denn die Resorption der Blut-

und selten

vermag auch der Trepan

alles Ergossene zu entleeren, während diejenige Compression,

welche

Knochensplitter oder fremde Körper, die nicht zu tief in die Gehirnmasse eingedrungen sind, erzeugen, auf mechanischem W e g e sehr wohl vollständig beseitigt werden kann. Fast alle bisher besprochenen Ursachen der Compression können vereinigt vorkommen.

S o können

fremde K ö r p e r ,

e x t r a v a s a l e s Blut und exsudirte Flüssigkeit,

Knochensplitter,

deren Sitz sowohl ober-

als unterhalb der Dura mater und im Gehirn selbst sein kann, gleichzeitig die Compression

veranlassen, —

Complicationen,

welche den

Zustand jedenfalls verschlimmern. Von der grössten Bedeutung ist e s , ob

das comprimirte Gehirn

sich noch in einem übrigens gesunden Zustande befindet, oder nicht. Wenn (was freilich selten), Krankheit den

die Compression

des Gehirns und seiner

relativ einfachen

Quetschung

oder

S t ö r u n g e n , wogegen

starke

ohne j e d e anderweitige

Häute besteht, so gehört sie zu gleichzeitige Entzündung,

Gehirnerschütterung den

Fall sehr bedenk-

lich machen. Das hervortretendste S y m p t o m

der

Compression

ist die

Läh-

m u n g , welche mehr oder weniger beschränkt, kürzere oder längere Zeit nach Einwirkung der Schädlichkeit auftritt,

je

nachdem fremde

Körper oder Ergüsse die Compression verursachen. fremden

Körper

oder

Knochensplitter

Die von einem

herrührenden

Compressions-

Symptome gleichen daher denjenigen der Apoplexie: tiefe Betäubung, schwierige, unregelinässige, später stertorösc Respiration, oder

partielle L ä h m u n g ,

namentlich

der Extremitäten

halbseitige

auf der der

comprimirten Stelle entgegengesetzten Seite, U n r e g e l m ä s s i g k e i t und Verlangsamung

des P u l s e s ;

die Pupille, auf der Seite der Com-

pression, findet man oft erweitert, oft verengt, oft schnell wechselnd. Ist der Verwundete nicht vollständig betäubt, so erscheint er wenigstens sehr schwerfällig in seinem Denken und Handeln; seine willkürlichen Bewegungen erfolgen langsam und träge, die S i n n e sind stumpf, der Kopf wird s c h w e r ,

der Kranke klagt

Uber Wirrsein

Erwacht er zeitweise aus der Betäubung,

in

demselben.

so hat e r Schwindel;

die

B e t ä u b u n g steigt bald wieder, die Respiration wird stärker röchelnd. Auch Delirien

und Convulsionen

kommen

mungen an Theilen des K ö r p e r s , welche

zuweilen

hinzu und Läh-

Anfangs unversehrt waren,

je nach der comprimirten Stelle des Gehirns.

85

Hirndruck. Vgl. B a y e r , bei sieb

Hirndnick um

I. c. Tum. V. pag. 100.

liegen höchst wahrscheinlich

C o m p l ica tion

sich nicht in

Abrede

der Compression

stellen,

dass durch



Den

Angaben über

Keohacblungen

mit C o n t u s i o n „Hirndruck"

Convulsionen

zu G r u n d e , in denen es handelte.

Jedoch lässt

auch ein solcher Grad

von

Anaemie des Gehirns gunz acut entstehen kann, wie bei Verblutung, in deren Gefolge regelmässig Convulsionen

eintreten.

lleberhaupt

darf

bei der Kritik

des obeu

worfenen Krankheitsbildes (wie bei Contusio cerebri) nicht vergessen weiden,

ent-

dass es

sehr darauf ankommt , welche Theile und in welchem Grade sie von der Compression betroffen sind. einzelnen

Fällen

Daher erklärt sich auch die tnconstanz der Pupillenweite und die in angegebene

Frequenz

des Pulses.

Dass der Einfluss, welchen Ver-

letzungen und Erkrankungen des Gehirns auf die Frequenz des Pulses und der Athetnbewegungen

ausüben,

durch den Vagus vermittelt werden,

geht aus den zahlreichen

Versuchen hervor, welche am Gehirn lebeuder Thiere mit Intercurrenz der Vagusdurchschneiduug angestellt

norden

sind.

Die Pupille s c h e i n t ,

nach dem

Ergebniss

Experimenten an Thieren unter dem Einfluss des Hirndrucks, Anfangs verengt,

von

später

aber erweitert zu werden.

In Betreff des S i t z e s und d e r A u s b r e i t u n g eines Extravasates in d e r Seliädelhöhle gewährt das Auftreten halbseitiger L ä h m u n g die meiste diagnostische Sicherheit. Freilich darf man d a r a u s auch nicht m e h r als die Seile des Schädels crschliessen, auf welcher das Extravasat sitzt. Dies ist immer die der Seite der L ä h m u n g entgegengesetzte. In Betreff der L ä h m u n g von Hiriincrven ist zu bemerken, dass Compression der bereits aus dein Gehirn hervorgetretenen Nervens t ä m m e L ä h m u n g dieser Nerven selbst, also auch nothwendig auf derselben Seite, wo das Extravasal liegt, zur Folge hat, während die L ä h m u n g meist auf der dem Sitze des Extravasats entgegengesetzten Seite ein tritt, wenn der Bluterguss innerhalb des Gehirns sitzt. Meist lässt sich nach dem Sitze der L ä h m u n g n u r die rechte oder linke Seite des Schädels als Sitz des Ergusses bezeichnen. Um diesen genauer zu b e s t i m m e n , nimmt man die directe Untersuchung des Schädels zu Hülfe. Findet sich nun gleichzeitig mit der Lähm u n g an einer Körperseile eine Verletzung auf der entgegengesetzten Seile des Schädels, so liegt wahrscheinlich unter dieser der Erguss. Ist diese Verletzung eine Quetschung, so ist die Wahrscheinlichkeit sehr g r o s s ; ist zugleich d e r Knochen entblösst, so wird sie noch g r ö s s e r , und findet sich ein K n o c h e n b r u c h , so ist sie fast völlige Gewissheit. Dies sind die s o g e n a n n t e n primären V e r ä n d e r u n g e n des Schädels, welche den b e n a c h b a r t e n Erguss a n d e u t e n . Es giebt auch secundare, welche einen gewissen Grad von Sicherheit g e w ä h r e n , z. B. Ablösung des vorher festen Periost von dein Schädel vor oder nach d e r Lähmung, Auftreibung der W u n d r ä n d e r , Umwandlung ihrer rosenrolhen Farbe in G r a u , Austrocknen derselben, oder Ausfluss einer jauchigen Flüssigkeit, deren grosse Menge iin Missverliältniss zu d e r

86

K r a n k h e i t e n des S c h ä d e l s .

Wundfläche steht; — alle diese Zeichen machen es fast gewiss, dass ein Erguss auf oder unter der Dura mater, oft auch an beiden Orten vorhanden

sei.

Besteht

keine Wunde,

tritt aber gleichzeitig mit

halbseitiger Lähmung an der entgegengesetzten Seite eine

teigige

diffuse. Geschwulst

auf,

so

hat

man

des

dort

Schädels gleichfalls

einen Erguss unter der Schädeldecke zu vermuthen. Eine

A b l ö s u n g d e r Dura m a t e r vom Knochen s t ö r t i m m e r Periost,

Erkrankungen, jene

teigige Anschwellung d e r B e d e c k u n g e n ( d i e s o g e n . P o t t ' s c b e

schwulst) sen

wodurch

v e r a n l a s s t wird.

dann,

wie

die B l n t b e w e g u n g in

d i e s e m u n d in d e m

bei a n d e r e n Periost-

und

Dura

inater

werden

Ge-

I b r e n ä c h s t e U r s a c h e ist vielleicht die H e m m u n g d e s v e n ö -

B l u t l a u f e s ; d e n n die Knochen des S c h ä d e l s sind reich an Venen, u n d

und

Knocben-

durch

die

Vermittlung

der

Scbädelveiien

Pericraaium

mit

einander

in

V e r b i n d u n g g e s e t z t , s o d a s s eine A b l ö s u n g d e r Dura i n a t e r s o f o r t eine B e h i n d e r u n g im L a u f e d e s V e n e n b l u t e s , welches vom ä u s s e r e n Periost geliefert wird, b e d i n g e n

mus«.

Die U n t e r s u c h u n g m i t d e m Augenspiegel k a n n in zweierlei W e i s e z u r A u f b e l l u n g der Diagnose „ H i r n d r u c k " beitragen.

Nach Versuchen von M a n z , b e w i r k t ein k ü n s t l i c h

bei e i n e m T h i e r h e r g e s t e l l t e r H i r n d r u c k eine E r w e i t e r u n g Netzhautvenen.

Auch

bei H i r n t u m o r e n , rungen Belang. von

1872.

n e u e r d i n g s von C o h n

p. 7 7 )

und

Schlängelung

die s o g e n a n n t e S t a u u n g s p a p i l l e , (vgl. H. F i s c h e r ,

a u c h bei t r a u m a t i s c h e m

Hirndruck

welche

früher

kriegsebirurgische

beobachtet

wurde,

der schon

Erfahist

voo

L e t z t e r e s c h e i n t j e d o c h n i c h t auf venöser S t a s e , s o n d e r n auf d e r V e r d r ä n g u n g

Cerebrospinalflüssigkeit

Lamina cribrosa

aus

dem

(wie S c h w a l b e

subarscbnoidealen

Schädel

zu b e r u h e n ,

entdeckt und

Bäumen communicirt.

da

II. S c h m i d t

Vgl. B e r g m a n n ,

das

Canalsystem

bestStigt

der

bat) mit den

I. c. pag. 19'.) u. f.

Bei der difTerciltiellcil Diaguose der C o m p r e s s i o n handelt es sich zunächst um die Unterscheidung derselben von der C o m m o t i o n . Connnotion. Ihre Wirkungen

Compression.

t r e t e n schnell und in

g r o s s e r A u s d e h n u n g auT; d a h e r plötzliches Daniederliegen t i o n , in

der

gesaininten

bald m e h r ,

Innerva-

bald weniger h o h e m

Grade.

Die

Compression

nach dem Unfall.

Die

Lähmung

comprimirten Stelle wurzelt,

Da die U r s a c h e d e r C o m m o t i o n schnell vorübergehend

diese

allinälig

Wirkungen

einwirkt,

ibre

Höhe

so

haben

zu

Anfang,

u n d w e r d e n allmälig s c h w ä c h e r . Die tiefen

Commotion Schlaf

ruft

hervor,

welcher

einen

allmälig

Die

Ursache

e i n e m gewissen

welcher

ist

leicht, häufig

der

Puls

Erbreeben.

wirkt

zuerst

So

wenig

auf auch

bervorAn-

l'angs leichte B e t ä u b u n g , f l ü c h t i g e r S c h l a f , im Anfange der

Respiration

Compression

Punkte stehen.

Wirkungen:

s c h w i n d e t ; d e r K r a n k e e r w a c h t von s e i h s t , Die

der

vorzugsweise

Körperseite.

t r e t e n d , w e r d e n sie a l l m ä l i g s t ä r k e r .

d a die U r s a c h e des S c h l a f e s beseitigt ist.

klein u n d r e g e l m ä s s i g ;

betrifft

d a u e r n d , allinälig s t ä r k e r , o d e r b l e i b t ihre

plötzlich

auf;

den K ö r p e r t h e i l , d e s s e n I n n e r v a t i o n in d e r e i n G l i e d oder e i n e

und

tritt

ihre W i r k u n g e n e r s c h e i n e n e r s t einige Z e i t

allmälig

e r s t s o tief w i r d , wie

Commotion.

Die Kespiralion ist s c h w e r ,

stertorös,

der Puls h a r t , voll, unregelmässig; Erbrechen.

selten

Hirndruck.

87

In dieser vergleichenden Uebersichi ist die Cominotio» ohne gleichzeitige Quetschung des Gehirns, und die Cornpression nach einem einfachen Blutextravasate gedacht. In solchen Fällen ist die Unterscheidung nicht schwer. J. L. P e t i t hat mit Hecht hervorgehoben, dass die sofort auftretende Betäubung der Commotion, die später, oder nach dem Aufhören der Wirkungen der Commotion sich einstellende, der Comprensión zugeschrieben werden müsse. Aber in der Regel sind die Erscheinungen der Commotion noch nicht vorüber, wenn diejenigen der Cornpression schon auftreten, so dass beide Symptome neben einander und durch einander gehen. In solchen Fällen ist der V e r l a u f der Erscheinungen ins Auge zu fassen: wenn sie in derselben Intensität fortbestehen, oder gar schlimmer werden, so spricht dies vorzugsweise für Cornpression. Die Commotion weicht auch nicht immer ohne Rückfall und man hat Verletzte, welche aus dem oben beschriebenen Schlafe erwacht waren, von Neuem in denselben verfallen und lange Zeit hindurch sogar eine gewisse Betäubung, eine Art Trägheit in der Bewegung, der Empfindung und der Geistesthätigkcit behalten sehen. Eine solche Betäubung (rückfällige Betäubung) wird man leicht mit der bei Cornpression vorkommenden verwechseln können, obgleich bei genauerer Betrachtung der zweite Schlaf nie so tief ist, als der erste und beim dritten und vierten Rückfalle immer weniger tief wird, während der Gang der Betäubung bei der Cornpression ein umgekehrter ist. Von der ü i r n q u e t s e h u n g unterscheidet sich der Ilirndruck im Allgemeinen durch das entschiedene Vorherrschen der Lähmung, während bei jener Muskelzuckungen und Unruhe charakteristisch sind. Vgl. pag. 71. Bestehen beide Zustäude neben einander, so wird die Anwesenheit einer andauernden (namentlich halbseitigen) Lähmung auf Cornpression auch neben deutlichen ContusionserscheinuIlgen schliessen lassen. Nächst der Diagnose des Hirndrucks im Allgemeinen kommt aber von praktischer Seite auch die Frage in Betracht, w o d u r c h d e r H i r n d r u c k v e r a n l a s s t w e r d e . Schädelbrüche mit Eindruck kann man meist direct erkennen (vgl. pag. 39 u. f.). Rufen sie an und für sich Ilirndruck hervor, so bestehen die Coinpressions-Symptome auch von Anfang a n ; bedingen sie aber nur in sofern Cornpression, als eine .entzündliche Schwellung der Hirnhäute und eines Iliriithciles selbst hinzutritt, so können die Symptome des Drucks auch erst später auftreten und sich allmälig steigern; dann fehlen aber daneben auch nicht die Enlzündungs-Symptomc. Durch allmälige E n t w i c k l u n g aus-

88

Krankheiten des Schädels.

gezeichnet sind vor Allem die durch Blutergass bedingten DruckSymptome. Auch die von einem Exsudat veranlassten Erscheinungen des Hirndrucks entwickeln sich allerdings allmälig; aber hier gehen deutliche Reizungs-Erscheinungen der Lähmung voraus. Treten beide zugleich auf, so kann man mit grosser Wahrscheinlichkeit daraus schliessen, dass ein Bluterguss bestehe, in dessen Umgebung sich Entzündung entwickelt hat. Zeichen nervöser Aufregung, welche gleichzeitig mit der Paralyse auftreten, sind in der Regel ein Beweis, dass die Compression nicht rein sei. — Es ist sogar wahrscheinlich, dass in der Mehrzahl der Fälle diejenigen Symptome, welche wir als Wirkungen der einfachen Compression betrachten, zum Theil der Entzündung des Gehirns oder seiner Häute zuzuschreiben sind, namentlich wenn der Erguss schon einige Tage alt i s t ' ) . Selbst Blut-Ergüsse wirken mehr oder weniger als fremde Körper, also irritirend auf das Gehirn, und wenn das Blut sich zersetzt, so tritt zu dieser mechanischen Wirkung noch eine chemische. Zersetzung des Blutes tritt besonders dann ein, wenn die Luft Zutritt hat, oder wenn in Folge der Quetschung Knoclicnentzündung auftritt, und die Producte der letzteren dem Blute beigemischt werden. — Jedoch darf man, so wichtig es auch ist, bei d a u e r n d e n Erregungszuständen stets an Entzündung zu denken, — doch andrer Seits nicht Ubersehen, dass v o r ü b e r g e h e n d e Erregung eines Theils des Nervensystems auch ein Zeichen von Blutleere desselben, mithin iin Bereich des Gehirns auch durch Compression bedingt sein kann (vgl. pag. 81). In der Thal hat man bei Versuchen an Thieren regelmässig ein Stadium der Erregung vorhergehen sehen, bevor durch allmälige Steigerung des Druckes Bewusstlosigkeit und Schlafsucht entstand. In allen diesen Versuchen werden auch Krämpfe und Schmerzensäusserungen erwähnt. Beim Menschen treten alle diese Reizungserscheinungen wahrscheinlich deshalb nicht deutlich hervor, weil sein Organ des Bewusstseins unter der Wirkung des Druckes (durch Behinderung der Blutbewegung in ihm) schnelle]- funetionsunfähig wird. Prognose. Fälle von Hirndruck mit stetigem Steigen der Krankheits-Erschcinungen verlaufen stets ungünstig; bei unverändertem Fortbestehen bedingt die Gefahr der hinzutretenden Entzündung eine schlechte Prognose; nur diejenigen Fälle, in denen bald eine Abnahme der Symptome eintritt, gewähren günstige Aussichten. Die -lange Dauer des Drucks ist von grösserer Bedeutung, als die Stärke bei kürzerer Dauer; nur wenn es bis zu vollständiger Unempfmdlichkeit ' ) Vgl. G a m a ,

Traité des plaies de tête et de l'encéphalite.

Paris, 1 8 3 8 .

89

Hirndruck. und Lähmung trotz

der willkürlichen Muskeln gekommen ist, kann

Fortbestehens

der

(unregelmässigen)

man,

Athembewegungen,

ein

schnelles Ende vorhersagen. — J e grösser die Masse des drückenden Körpers,

desto schlechter

„Gewöhnung"

ist im Allgemeinen die Prognose. —

Eine

des Gehirns an Druck ist nur insofern möglich, als

entweder die Gesammtmasse der Cerebrospinal-Flüssigkeit

vermindert

wird, oder dem gedrückten Hirntheile auf Umwegen eine

genügende

Blutmenge zuströmt,

oder endlich die allzustark comprimirten l'heile

zerfallen

und resovbirt werden;

Function

derselben

nicht

Behandlung.

lassen sich

welche

also

gewesen

durch

den

beseitigt werden

hier aufs Neue die A u s z i e h u n g

und anderweitigen

sein').

Hirndruck

eigentlich alle dahin zusammen-

dass die Ursachen der Compression

Daher kommt

Fall muss freilich die

oder ersetzbar

Die Indicationen,

selbst gegeben werden, fassen,

im letzteren

erheblich

der

sollen.

Splitter

f r e m d e n K ö r p e r , sowie die Entfernung der

Blutergüsse sehr wesentlich in Betracht.

Die Verhältnisse sind aber

nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick seheint, weil eben die comprimirende

Substanz

gleichzeitig

Entzündung

erregt

und

durch Oefifnung des Schädels entschieden gesteigert wird. deshalb

bereits bei den Schädelbrüchen

diese

W i r haben

auf die Unzulässigkeit

der

prophylaktischen Trepanation hingewiesen, wenn die Bruchstücke nicht in

solchem

Grade

eingedrückt sind, dass

ein

nachtheiliger Einfluss

derselben mit voller Sicherheit erwartet werden muss, und wenn nicht gleichzeitig eine Wunde der NVeichtheilc bestellt, so dass der Knochenbruch, auch wenn die Trepanation unterlassen würde, doch nicht die Charaktere

einer subcutanen

Verletzung an sich trägt.

Treten

scheinungen des Hirndrucks auf, während die anatomischen

Er-

Verhält-

nisse der bestehenden F r a c l u r diese als Veranlassung des Hirndrucks erkennen

lassen,

so ist die Erhebung

der eingedrückten

stücke oder die Entfernung derselben indicirt, wenn und energische Anwendung beseitigt werden. lung

der Kälte die Druekerscheinungen

nicht

Auf eine solche, zugleich antiphlogistische Behand-

ist aber beim Hirndruck um so mehr Gewicht zu legen, als in

den meisten Fällen zündung

beruht.

der grössere Theil der Gefahr doch in der E n t Dies gilt auch

durch B l u t e r g ü s s e , Meisten durch

Knochen-

durch Aderiass

für die Compression

deren Resorption

befördert wird.

des

Gehirns

gerade auf solche Weise am

Man macht Aderlässe, die nur bei Kindern

Blutegel ersetzt werden

dürfen, leitet durch Mittelsalze oder

grössere Dosen Calomel auf den Darin ab und lässt die Kälte theils durch Eisbeutel, theils durch zeitweis w icderholte kalte l'ebeitieselungen ' ) Vgl. Bergmann, 1. c. pag. 202 und 203.

90

Krankheiten des Schädels.

( P i r o g o f f ) auf den geschorenen Schädel einwirken. Weiterhin können Kalium jodatum und Ableitungen durch Blasenpflaster nützlich sein. Wahrscheinlich wirken alle diese Mittel gegen die Cornpressio cerebri wesentlich durch Verminderung der venösen Stase im Schädel und Beförderung der Resorption von Cerebrospinalflüssigkeit Ob auch durch „Erregung einer stärkeren Zusammenziehung (Verstärkung des Tonus) der Arterien mittelst Ergotin und Anwendung des galvanischen Stroms auf den Halssympathicus", wie B e r g m a n n vorschlägt, Günstiges erreicht wird, ist noch nicht erwiesen. Bleibt diese Behandlung erfolglos und sind die Erscheinungen des Hirndrucks gefahrdrohend oder leuchtet überhaupt von Anfang an ein, dass der Verletzte den durch den stetig steigenden Hirndruck bewirkten Störungen früher erliegen werde, als die Resorption des ergossenen Blutes erfolgen k a n n , so ist — in der Voraussetzung, dass die Localität des Blutergusses erkannt und für die Trepanation günstig ist — die Ausführung dieser Operation im Allgemeinen indicirt; jedoch müssen hierbei noch manche besondere Rücksichten genommen werden, um für jeden einzelnen Fall die Ueberzeugung zu gewinnen, dass die Vornahme der Trepanation weniger gefährlich sei, als ihre Unterlassung. So wird man namentlich bei Kindern, deren Gehirn einen grösseren Druck zu ertragen vermag und bei denen die Resorption von Extravasalen verhältnissmässig leichter erfolgt, von der Trepanation abstehen. Man wird sie eher vornehmen dürfen, wenn schon eine offene Trennung der Schädeldecken Statt findet, als wenn man diese erst spalten und den unverletzten Schädel anbohren soll. Vor Allem kann es keinem Zweifel unterliegen, dass man bei complicirten Fracturen im Bereich des Verlaufs der A r t e r i a m e n í n g e a m e d i a , wenn Erscheinungen des Hirndrucks auftreten, die Oeffnung im Knochen zu erweitern hat, um den Stamm jener Arterie oder den blutenden Ast zu unterbinden oder zu umstechen'). Haben sich die Wirkungen der ') Bis j e t z t ist ein Versuch der Art erst zweimal gemacht w o r d e n , Erfolg. —

Hueter

Hautwunde erlitten

unterband hatte,

bei

einem

beide Mal o h n e

Manne, der einen Stückbruch

wegen steigender Urucksymptoinc, die

ohne

Art. meníngea

media nach vorgäugiger Trepanation, gleichfalls ohne den Tod abwenden zu können. Bei der grossen

Wahrscheinlichkeit

einer Quetschung

des Gehirns

Bruch entsprechenden Stelle, ist schwer zu entscheiden,

an der dem

ob es nicht besser ist,

die Unversehrtheit der Haut zu erhalten und die innere Blutung und den dadurch bedingten Hirndruck nnr indirect zu bekämpfen. und F o u r n e a u x - J o r d a n

die U n t e r b i n d u n g

der e x t e r n a , Letzterer der c o m m u n i s der Art. m e n í n g e a kel

einzusetzen,

In diesem Sinne haben

Koser

d e r C a r o t i s und zwar b r s t e r e r

vorgeschlagen. — Für die

Aufsuchung

m e d i a empfiehlt P. V o g t , die Trepankrone in den Win-

welcher

durch

das Z u s a m m e n s t o ß e n

einer zwei Finger

breit

91

Hirnentzündung.

äusseren Gewalt nicht auf die Schädelknochen beschränkt, sondern ist Erschütterung, Quetschung, Verwundung des Gehirns vorausgegangen o d e r besteht Gehirnentzündung, so inuss mar. freilich immer wieder auf die schon oben geschilderten Bedenklichkeiten zurückkommen. Endlich ist auch der Sitz des Blutergusses von Belang, dessen specielle Diagnose freilich oft unmöglich ist. Man wünscht aber nicht blos die S t e l l e zu k e n n e n , an welcher das Extravasat sitzt (denn Niemand wird heut zu Tage mit dem Trepan das Extravasat suchen), sondern es ist auch von Wichtigkeit zu wissen, in w e l c h e r T i e f e es sich befindet. Die Trepanation hat viel mehr Aussicht auf Erfolg, w e n n das Extravasat ausserhalb der Dura mater sitzt, als wenn es sich unter der Arachnoidea oder gar in der Hirnsubstanz findet. In den letzteren Fällen folgt, selbst wenn die Entleerung des Blutergusses gelingen sollte, eine verderbliche Entzündung.

IT. Erkrankungen des Gehirns in Folge von Schädelverletzungen. 1. E n t z ü n d u n g e n de* G e h i r n * u n d « e i n e r H ä u t e . E n c e p h a l i t i s e t M e n i n g i t i s .

Anatomische und ätiologische Verhältnisse. Die entzündlichen Processe, welche in Folge von Verletzungen innerhalb des Schädels auftreten, beschränken sich selten blos auf das Gehirn oder blos auf die Hirnhäute, sondern befallen in der Mehrzahl der Fälle beide zugleich. Dies gilt namentlich f ü r die a c u t e n E n t z ü n d u n g e n , welche in ihren schlimmsten Formen nach Quetschungen und anderen Verletzungen des Gehirns auftreten, wenn die Luft zu der verletzten Stelle von Anfang an Zutritt hat oder später doch Zutritt gewinnt. Von anatomischer Seite unterscheidet man jedoch mit Recht a) die acute Entzündung der weichen Hirnhaut, b) die Entzündung der Hirnsubstanz selbst, c) den Hirnabscess uud d) die gelbe Erweichung. a) Die a c u t e E n t z ü n d u n g d e r w e i c h e n H i r n h a u t (die Arachnitis älterer Autoren) verhält sich, dem Gewebe dieser Membran entsprechend, wie eine Phlegmone in lockeren, weitmaschigen, weitverbreiteten Bindegewcbsschichten. Man findet daher diffuse Eiterung auf der ganzen Oberfläche des Gehirns, besonders deutlich erkennbar (durch die hellgelbe Farbe) längs der Venen und in den Furchen des Gehirns. Die Oberfläche der weichen Hirnhaut (die Arachnoidea) wird oberhalb

des Jocbbogens

horizontal

gezogenen

Linie

mit

einer zweiten

einen D a u m e n b r e i t h i n t e r d e m S p h e n o f r o n t a l - F o r t s a t z des J o c h b e i n s gebildet w i r d .

Vgl. D e u t s c h e Z e i t s c h r i f t f. Chirurgie Bd. II. pag. 1G5.

vertical,

verlaufenden

92

Krankheiten des Schädels.

dichter und fester; man kann sie daher leicht von dem durch das eitrige Exsudat von ihr gesonderten Gehirn abziehen. Die V e r a n l a s s u n g e n sind sehr mannigfaltig. Bei Weitem am Häufigsten entsteht die acute Meningitis in Folge von offenen Splitterbrüchcn oder Knochenwunden mit Quetschung des Gehirns, durch Eindringen von zersetztem Wundsecret in das'Maschengewebe der Pia. In solchen Fällen schliesst sie sich unmittelbar an die Verletzung an. In anderen wird sie erst durch Venen-Thrombose oder Ostitis vermittelt. Auf diese Weise können nicht blos Verletzungen der Knochen, sondern auch beliebige Wunden der Weichtheile zu Meningitis Veranlassung ^eben. Unzweifelhaft ist der Luftzutritt (zumal wenn die Luft, wie in überfüllten Lazaretten, mit Fäulnisserrcgern gesättigt ist) und die durch ihn bedingte Zersetzung des Wundsecrets von der allergrössten Bedeutung; aber auch Druck auf das Gehirn, Reibung desselben an eingedrückten Knochensplittern und fremden Körpern, vorausgegangene Störung der Ernährung (oder des Blutlaufs) im Gehirn durch Erschütterung etc. müssen, wie bereits früher erwähnt worden, als ätiologische Momente anerkannt werden. Ob aber bei gänzlichem Ausschluss des Luftzutritts eine acute Entzündung der weichen Hirnhaut entstehen könne — es sei denn in Folge eines durchbrechenden Hirnabscesscs —, muss zur Zeit bezweifelt werden. b) Die t r a u m a t i s c h e E n t z ü n d u n g d e r H i r n s u b s l a n z tritt in der Regel von Anfang an in Form einer acuten Erweichung auf, welche schnell in Eiterung übergeht. Dabei sterben denn, namentlich in Quetschwunden, bald m e h r , bald weniger beträchtliche Schichten der Hirnsubstanz a b ; wo diese an Masse gering sind und Blutergüsse durch die vorausgegangene Quetschung entstanden waren, findet sich pin rother oder rothbrauner Brei; in anderen Fällen bleibt es bei einer circumscripten Eiterung, es bildet sich ein Gehirnabscess. Zuweilen wuchert aus der durch eine Quetschwunde blossgelegten Gehirnsubstanz eine gefässreiche Granulationsmasse in Gestalt eines Schwammcs hervor. In der Umgebung aller dieser entzündlichen Veränderungen findet sich stets hyperämische Hirnsubstanz, oft durchsetzt von kleinen Blutergüssen, und in weiterem Umkreise Oedem. c) H i r n a b s c e s s e können sowohl acut, als chronisch entstehen; acut entstandene können aber auch chronisch werden. Chronische Hirnabscesse sind durch eine deutliche Abscessmembran abgekapselt, welche aus nach Aussen verdichtetem Granulationsgewebe besteht. Der vom Gehirn gelieferte Eiter ist durch seine grüngelbe Farbe ausgezeichnet u n d , auch ohne zersetzt zu sein, von etwas geringerer Consistenz, als pas bonum et laudabile in andereD Geweben. Nicht

Hirnenlzundung.

93

blos die acuten, sondern auch die chronischen Ilirnabsccsse haben eine erhebliche Tendenz zum Weiterwachsen; es scheint in ihnen und in ihrer Umgebung die Entzündung selten ganz zu erlöschen. Daher erfolgt denn auch über kurz oder lang (bei acuten selten jenseit der 6. Woche) der Durchbruch, je nach dem Sitze des Abscesses, in einen Seitenventrikel oder unter die weiche Hirnhaut, mit nachfolgender acutcr Entzündung derselben (vgl. pag. 9 2 ) , oder in sehr seltenen Fällen, nach vorgängiger Verwachsung der Hirnhäute, direct nach Aussen unter die Weichtheile des Schädels, oder in die Nasenhöhle, vielleicht auch in den äusseren Gehörgang. Die grosse Mehrzahl der Hirnabscesse entsteht nahe der Oberfläche des Gehirns in Folge von Quetschungen oder anderweitigen Verletzungen, namentlich auch in der Umgebung von stecken gebliebenen fremden Körpern. Sehr selten findet man Abscesse im Gehirn an Stellen, zu denen die Luft absolut keinen Zutritt gehabt hätte. Auch diese sind auf Quetschungen (vgl. pag. 70 u. f.) und die durch solche bedingten Blutergüsse inmitten der Gehirnsubstanz zurückzuführen. d) Die g e l b e E r w e i c h u n g der Hirnsubstanz entsteht schleichend, kann aber im weiteren Verlauf p l ö t z l i c h bedeutende Fortschritte macheu und dann auch schnell zum Tode führen. Entwickelt sie sich u n m i t t e l b a r nach einer Verletzung des Gehirns (meist Quetschung oder gequetschte Wunde), so ist in der Regel die Umgebung eines Blutergusses ihr Ausgangspunkt; wo sie s p ä t e r auftritt, ist fast immer die von einem eingekapselten Absccss verdrängte Hirnsubstanz ihr Sitz, seltener die Umgebung einer Narbe. In beiden Fällen ist also Compression der Gehirnsubstanz, mithin relative Anämie derselben eine Vorbedingung zu ihrer Entwickelung. Geringere Grade der Quetschung scheinen diese Erkrankung am Häufigsten hervorzurufen. KrauklieilSei'SelieinuugCil. So wie die Hirnverletzungen selbst, bedingen auch die auf dieselben folgenden Entzündungen keineswegs constante, oft sogar, wenigstens für eine gewisse Zeit, gar keine Symptome. Dass zwischen der Verletzung und dem Auftreten der Entzündung ein gewisser Zeitraum liegen könne, namentlich, wenn dieselbe erst von den verletzenden Knochen auf die Hirnhäute fortschreitet, wurde schon oben erläutert; aber auch eine anatomisch nachweisbare Entzündung in der Hirnsubstanz kann ganz latent verlaufen. Daher sind die Angaben und Warnungen älterer Autoren über den „verspäteten Eintritt der Entzündung" — am lOten, löten, 40ten Tage u. s. f. — als doppelt begründet zu erachten. I'are

lehrt:

die E r f a h r u n g

„ M e r k e D i r , w a s die Alten g e s c h r i e b e n

bestätigt

wird,

d a s s die S c h ä d e l b r ü c h e

haben

keineswegs

und w a s o f t d u r c h ausser Gefahr

sind

94

Krankheiten tlei Schadeis.

bis zu h u n d e r t Tagen nach der Verwundung; hüte Deioen Kranken sorgfältig, sei es im Essen, Trinken, Coitus, oder anderen Dingen." P a r é hat auch die Bemerkung gemacht, dass das in Folge von Kopfwunden auftretende Fieber gefährlicher sei, wenn es spät erscheine; in der T b a t ist die unmitteldas Gehirn

direct durch die verletzende Ursache

afficirt w u r d e , während die spätere Entzündung

bare Entzündung

allmälig von anderen Theilen auf das

Gehirn

ein Geweis, dass

übergeht.

Berücksichtigt man nicht die Möglichkeit eines solchen v e r s p ä t e t e n A u f t r e t e n s der Entzündungserscheinungen, so erlaubt man nur zu leicht dem Verletzten, seinen gewöhnlichen Beschäftigungen, Vergnügungen und selbst Leidenschaften sich hinzugeben; — plötzlich bricht dann die Encephalitis aus, und die Beispiele, dass Verwundete, welchc längst aus der ärztlichen Behandlung entlassen waren, von ihr hingerafft wurden, sind nicht eben selten. — Häufiger tritt Hirnentzündung hinzu, wenn Coinmotion vorausging, und noch häufiger während der Dauer einer Compression, aus welcher Ursache diese auch kommen möge. I ' e t i t und I t o y e r haben darauf a u f m e r k s a m gemacht, dass eine unerwartet auftretende Entzündung namentlich bei Kindern zu fürchten sei, weil diese nicht anzeigen können, was ihnen widerfahren i s t , o d e r , wenn sie auch könnten, es unterlassen Furcht, gescholten oder geschlagen zu werden. Dienstboten. Encephalitis

aus

Ebenso verbergen es die beaufsichtigenden

Dieselben Autoren haben darauf hingewiesen, dass man die Zeichen der leicht mit den Vorboten esanthematischer Fieber, oder mit den

nungen der Wurmkrankheit oder des Zahnens verwechseln könne.

Erschei-

Ist ein Kind notorisch

gefallen und es treten bald danach zufällig die von den eben angeführten Krankheiten abhängigen

Cerebnilsymplome

letzteren schwierig

»erden;

auf, ja

man

so kann bat

sich

die

Entscheidung

über das

Wesen

der

soweit verirrt, dass man zum Trepan

greifen wollte, obgleich eine Verletzung des Schädels gar nicht bestand. Bei Erwachsenen ist die Möglichkeit der Verwechselung de9 D e l i r i u m mit beginnender Encephalitis nicht ausser Acht zu lassen.

Die Symptome der t r a u m a t i s c h e n M e n i n g i t i s immer mit denjenigen der E n c e p h a l i t i s

tremens

Vgl. Bd. I. pag. 6 8 3 .

zusammen.

flicsscn

fast

Letztere trägt

allerdings im Allgemeinen mehr den Charakter der Erregung, erstere mehr dender Lähmung (des Hirndrucks); aber ganz gewöhnlich pflegt mit intensivem Kopfschmerz, mit Erbrechen, mit Exaltation der geistigen Thätigkeit, mit Delirium, sich bald Stupor zu verbinden und auf grosse Erregung und Convulsionen und Lähmung

folgen;

kann schnell

grosse Schwäche,

der Puls kann Anfangs lebhaft,

Coma

zusammen-

gezogen und schnellend sein, während er später langsam und unregelmässig wird.

Das Klopfen der Carotiden und der Temporal-Arlerien,

die Röthung der Augen und des Gesichts lassen oft schon auf die Entzündung schliessen, wichen sind.

ehe noch die Zeichen

der Commotion

Kurz, die Erscheinungen nervöser Aufregung

ge-

können

95

Hírnentiüodung.

Hand in Hand gehen mit entgegengesetzten Symptomen, oder letztere ihnen auf dem Fusse folgen. In seltenen Fällen folgt die Entztlndung g a n z u n m i t t e l b a r auf die Commotion oder Blutextravasat; dem Eintritt

auf die Erscheinungen

der Compression

durch

meistens liegt eine kurze Frist zwischen j e n e n

der Encephalitis.

So befällt

mitunter

und

den Kranken

in

dem Augenblicke, wo er seine Heilung von der Kopfwunde vollendet glaubt,

ein

beschränkt,

neuer Schmerz

an

derselben,

welcher Anfangs

sich später auf den ganzen Kopf ausdehnt.

der Sinnesorgane und der Geistesthätigkeiten,

Schwindel,

auf sie

Schwäche Erbrechen,

lebhafter, harter Puls, Schlaflosigkeit, Unruhe, Aufregung, Röthe des Gesichts, vermehrte W ä r m e lassen (nach einer Kopfverletzung), wenn nicht etwa ein entschiedener Diätfehler vorliegt, keinen Zweifel mehr über den erfolgten Eintritt einer Encephalitis.

Bald mehrt sich auch

der Kopfschmerz und es tritt sehr bemerkbare Störung in den Gehirnfunetionen auf; namentlich ist die Exaltation der Sensibilität so gross, dass die geringsten Erschütterungen schmerzhafte Zuckungen b r i n g e n , dass das Auge weder das Licht, zu ertragen und

vermag.

und Stöhnen

wird häufiger, der Puls härter, trocken

Umgebung

und rissig.

völlig fremd,

hervor-

das Ohr den Schall

Das Delirium des Kranken ist fast

nur durch Seufzen

Zunge

noch

unterbrochen;

anhaltend

das

Erbrechen

Angst und Hitze beträchtlicher,

Zuletzt wird

er bleibt

die

dem Kranken seine

ganze

in beständiger Bewegung,

bringt

die Hände an den Kopf und fast immer an dieselbe Stelle; sein Auge ist s t a r r ,

sein

Puls unregelmässig,

die Ausleerungen

unwillkürlich,

und oft erfolgt der Tod unter Convulsionen. Wenn dehnung

der Kranke nicht früher durch

der Entzündung

stirbt,

die Heftigkeit und

Aus-

so folgen die Symptome der Com-

pression und gewinnen allmälig die Oberhand.

Das Coma tritt mehr

hervor, während das Delirium aufhört, oder weniger stark wird;

die

llitze ist nicht dauernd lebhaft, und von Zeil zu Zeit, aber in unregelmässigen

Zwischenräumen,

Schweisse

bedecken

treten

namentlich

Frostschauer auf;

die Stirn;

kalte,

klebrige

die Pupille ist weit und

unbeweglich, und der Kranke gleitet zum Fussende des Bettes, ob ein Gewicht auf dem Kopfe ihn

nach

dieser Richtung

als

drückte.

Dann erfolgt nicht selten auch Lähmung der einen Körpurseite, während die

andere

Seite

von

Convulsionen

ergriffen

wird.

An dieser letzteren

muskeln

Theil.

Die Halsmuskeln

oder nehmen

anhaltender oft auch

sind weiterhin

Contractur die

Rücken-

dauernd gespannt;

die stertoröse, schwere Respiration wird langsamer, unterbrochen, und steht endlich still.

96

Krankheiten des Schädels.

Bei allen acuten Gehirn-Entzündungen (namentlich bei der traumatischen Meningitis) ergiebt sich die Beurtheilung des Fieberzustandes viel sicherer aus genauen Temperaturbestimmungen, als aus der oft schwankenden Beschaffenheit des Pulses. In der Regel steigt die Temperatur um mehr als 1 Grad. Jedoch fehlt es noch an einer hinreichend grossen Anzahl genauer Messungen. Von den örtlichen Symptomen, welche eine krankhafte Thätigkeit innerhalb des Schädels andeuten, ist schon oben die Rede gewesen. Dahin gehören die Verletzungen der Weichtheile und der Knochen, oder wo solche fehlen, doch Schmerzhaftigkeit an der getroffenen Stelle oder Uber dem entzündeten Punkte des Gehirns, oder Vermehrung des schon vorhandenen Schmerzes, endlich die teigige Anschwellung der Weichtheile ( P o t t ' s c h e Geschwulst). Ist aber eine Wunde vorhanden, so zeigt sie die oben erwähnten üblen Erscheinuhgen und der entblösste Knochen wird nach und nach nekrotisch. Die Dura mater erscheint, wo der Trepan oder die Obduction sie blosslcgte, b r a u n , ins Schwärzliche ziehend und leicht zerreisslich. Besonders ist die Ablösung des Pcricranium von Bedeutung; wo die Verletzung selbst es schon abgelöst hatte, wird man finden, dass es unter dem Einflüsse der innerhalb des Schädels entstandenen Entzündung sich in noch weiterem Umfange löst. Der verderblichsten Coraplication, der Pyämie (metastatische Abscesse der Lunge, Leber u. s. w.) haben wir schon bei den Verletzungen der Schädclknochen gedacht. In der That ist es auch oft nicht möglich mit Bestimmtheit zu sagen, ob die Infection von der Gehirnentzündung oder von der Knochenentzündung ausgegangen sei. In der Regel beruhen aber alle drei auf Zersetzung des Wundsecrets durch Zutritt der Luft. Gar nicht selten ist es sogar schwer zu entscheiden, ob man die vorliegenden Krankheitserscheinungen auf Gehirnentzündung oder auf Pyämie beziehen soll. Schon

seit langer Zeit hat man g e w u s s t ,

Leherabscesse auffassen,

dass nach schweren Kopfverletzungen

v o r k o m m e n , welche wir jetzt als embolische, z u r Pyämie gehörige,

f r ü h e r suchte

man sie bald

durch die vermeintlichen sympathischen Be-

ziehungen zwischen Gehirn und Leber, bald durch die Annahme einer Huptur der Leber bei Kall von bedeutender Höhe zu erklären.

Ohne die Möglichkeit einer Leberzerreissung

in Abrede zu stellen, muss man aber festhalten, dass solche Abscesse auch bei Kopfverletzten gefunden sind, die gar nicht gefallen waren.

Als häufigste Complicationen kommen das einfache und das phlegmonöse Erysipel vor, welche der Encephalitis bald vorangehen, bald folgen, bald gleichzeitig mit ihr aultreten. Vgl. pag. 13. Unter den bisher geschilderten Erscheinungen kann auch ein H i r n a b s c e s s sich entwickeln. Jedoch führt ein solcher ohne Inter-

Ilirnenl2iindung. currcnz

e i n e r diffusen Meningitis selten

zum Tode.

97

s c h o n bei s e i n e r

Entstehung

Vielmehr folgt auf die E n t z ü n d u n g s - S y m p t o m e , mit d e n e n

d e r A b s e e s s beginnt (welche ü b e r d i e s oft d u r c h die noch f o r t d a u e r n d e n Erscheinungen

der

Quetschung

oder

anderweitigen

Verletzung

des

G e h i r n s v e r d e c k t w e r d e n ) , in d e r Regel e i n e Zeit des W o h l b e f i n d e n s ( d e r L a t e n z ) , u n d erst n a c h W o c h e n , Monaten o d e r g a r J a h r e n S t ö r u n g e n auf, w e l c h e

auf ein Leiden des G e h i r n s

treten

deuten und

dann

a l l e r d i n g s bei dieser Art d e s Verlaufs m i t g r ö s s t e r W a h r s c h e i n l i c h k e i t auf einen H i r n a b s c e s s bezogen w e r d e n d ü r f e n : K o p f s c h m e r z e n , w e l c h e von d e r Stelle d e r v o r a u s g e g a n g e n e n V e r l e t z u n g (von d e r N a r b e o d e r von d e r etwa n o c h b e s t e h e n d e n W u n d e ) a u s s t r a h l e n , S c h m e r z e n ralgien)

im

Gebiete d e s T r i g e i n i n u s ,

Z i t t e r n , a u c h wohl A u f s c h r e i e n ,

Krämpfe

oder

(Neu-

convulsivisches

abendlich exaeerbirendes Fieber und

e n d l i c h L ä h m u n g e n , z u m a l Hemiplegien an d e r , d e r verletzten e n t g e g e n g e s e t z t e n Seile.

d a s H e r v o r q u e l l e n von G e h i r n e i t e r Sch'idels o d e r

Stelle

Vollständige S i c h e r h e i t d e r Diagnose g e w ä h r t

aus einer

a u s e i n e r noch offenen Stelle d e s

mit d e m D r i l l b o h r e r ,

nach dem

Vorschlage

von M a a s ' ) , g e m a c h t e n P e r f o r a t i o n , zu d e r m a n sich j e d o c h i m m e r nur

in solchen Fällen

entschlicssen

wird,

in d e n e n

alle

Symptome

auf eine b e s t i m m t e Stelle des S c h ä d e l s als w a h r s c h e i n l i c h e n Sitz d e s Ahscesses h i n w e i s e n . Erweichung

Im

Ucbrigen

verwechselt

oder

deutliche Gohirnsymptome

auch

auch

können Ilirnabscesse gar

nicht

bis k u r z

ödtlichen A u s g a n g e ganz fehlen k ö n n e n .

erkannt

vor o d e r g a r

mit g e l b e r werden,

da

bis zu d e m

Bricht d e r Abseess schliess-

lich in einen S e i t e n v e n t r i k e l d u r c h , so erfolgt d e r Tod e n t w e d e r g a n z plötzlich oder d o c h s e h r b a l d , nach dem A u f t r e t e n von C e r e b r a l s t ö r u n g e n . Beim D u r c h b r u c h

gegen

Schüttelfrost beginnend,

die H i r n r i n d e gesellt s i c h , m e i s t mit einem acute

Entzündung

d e r Pia m a t e r

und

der

H i r n r i n d e selbst h i n z u , die d a n n u n t e r d e n o b e n e r w ä h n t e n S y m p t o m e n zum Tode führt. Die

Behandlung

d e r t r a u m a t i s c h e n E n c e p h a l o m e n i n g i t i s m u s s eine

e i n g r e i f e n d e s e i n ; es b e d a r f ,

sowohl

um

dem

Ausbruch

derselben

v o r z u b e u g e n 8 ) , als a u c h um sie zu b e k ä m p f e n , d e r e n e r g i s c h e n w e n d u n g der K ä l t e und der ' ) Vgl. H. M a a s ,

zur Casuistik

An-

Blutentziehungen.

u Therapie der Gebirnabscesse.

Berl. klin. W o c h e n -

s c h r i f t , 1 8 0 9 , No. 1 3 u. f. ' ) W i r gehen auf die g e s u m m t e P r o p h y l a x i s zündung

der

h i e r nicht n o c h m a l s e i n , da d i e s e l b e

Hirn-

und

Hirnhaut-Ent-

in d e r D a r s t e l l u n g d e r

Kopfverletzungen unter den vorhergehenden Nummern

einzelnen

b e r e i t s gegeben i s t , m a c h e n

a b e r a u f die g r o s s e W i c h t i g k e i t e i n e s s t r e n g a n t i s e p t i s c h e n V e r f a h r e n s , g r a d e m i t R ü c k s i c h t a u f die g e w ö h n l i c h e E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e d e r t r a u m a t i s c h e n Meningitis ( p a g . 9V), b e s o n d e r s

aufmerksam.

Daniel >• l.r n , Cliii uiKii:. T. Aull. III.

7

98

Krankheiten des SchSdels.

Die Anwendung der Külte auf den geschorenen Kopf kann namentlich Anfangs eine wohlthätige Beruhigung gewähren, auch wohl den Ausbruch der Entzündung verhüten und den Verlauf derselben mildern, jedoch niemals allein die Heilung herbeiführen. Nach Vi d a l

soll auf die Anwendung der Külte oft eine heftige Beaction folgen.

F.r hält deshalb

die A n w e n d u n g

Voraosschickung

m e h r e r e r Aderlässe

wendung des

Eises immer

dieses

Mittels

in G e b r a u c h

eine gute

für

schwierig

ziehen.

Wirkung

und

Ich

will es n u r

habe ton

nach

der

An-

gesehen.

Ueber den Kältegrad, welcher angewandt werden soll, und die Dauer der kalten Umschläge können nur in seltenen Fällen und mehr bei prophylaktischer Anwendung die Empfindungen des Patienten eine Entscheidung liefern. Meist wird wohl eine möglichst energische Einwirkung der Kälte (durch Application von Eisbeuteln) erwünscht sein. Indess hat man zu beachten, ob Steifigkeit des Halses (auch objectiv wahrnehmbar) oder Oedem am Schädel auftritt. Sobald dies der Fall ist, muss zu geringeren Kältegraden hinabgegangen, der Eisbeutel mit kalten Ueberrieselungen vertauscht, oder die Anwendung der Kälte ganz aufgegeben werden. Gelingt es nicht, durch Anwendung der Kälte die EntzündungsErscheinungen zu beseitigen, oder sind dieselben von Anfang an besonders heftig, so hat man, wenn der Kräftezustand es gestattet, vor Allem einen A d e r l a s s zu machen. Topische Butentziehungen sind demnächst von Nutzen. Die Arteriotomie gewährt keinen Vortheil. Vielfach discutirt ist die Weise des Aderlassens: ob mit weiter Venenöffnung, ob reichlich, oder lieber oft wiederholt und weniger copiös, — wie B o u i l l a u d sagt: „coup sur coupu. In der Regel macht man Anfangs einen starken Aderlass und nach längerer Zeit einen weniger reichlichen. Ist das Individuum jung und kräftig, so kann man sie oft wiederholen '). Statt der kleinen Aderlässe kann man, nach G a u i a ' s Vorgange, wiederholt Blutegel an den Kopf setzen, in der Weise, dass ein continuirlicher Blutabfluss durch dieselben erzielt wird. Diese „ p e r m a n e n t e n

Blutentziehungen" werden,

nach G a m a ,

folgendermaassen

g e m a c h t : „Man setzt in d e r n ä c h s t e n Umgebung der verletzten Stelle oder n a h e einein d e r grösseren Emissaria 2 0 — 3 0 Blutegel, j e nach der Bedeutung des Falls, u n d ersetzt sie in dem Maasse, als die d u r c h sie b e w i r k t e Blutung sich vermindert, d u r c h

' ) A. r a r e

entzog in einem Falle ( w o a u c h Erysipelas zugegen w a r ) 2 7 T a s s e n Blut,

und J . I „ l ' e t i t nuch s e h r

liess n o c h m e h r z u r Ader. — Ich h a b e im Beginn m e i n e r Praxis

viele Aderlässe

Ueberzeugnng g e k o m m e n , nutzeo.

andere.

bei Meningitis g e m a c h t ,

bin

aber

schliesslich

zu d e r

d a s s , wenn einer nicht h i l f t , die folgenden a u c h

nicht

Hirnentziindong. Diese „ R e l a i s "

von i m m e r

länger wiederholt, wenn

n e u e n Blutegeln

die H a r t n ä c k i g k e i t

werden

2 — 4—6

Die S c h w ä c h e , w e l c h e r e i c h l i c h e n cnpillären l l l u t e n t l e e r u n g e n zu

fürchten.

vermindert

Sobald

es

permanenten

Wahrscheinlichkeit

nach

kann

längeren

in

und

selbst es

zu folgen pflegt, ist

Blutentziebung

ZII

noch

erfordert. nicht

ermässigen,

Blutegel i m m e r u m d e n d r i t t e n T h e i l , b i s

bis

zu

oder

d e r H e i l u n g hinlänglich

B e h a n d l u n g C, 8 T a g e u n d l ä n g e r . liche u n d d a n n

die

ist, i h r e » e i t e r e A n w e n d u n g z u s i s t i r e n .

Blulentziehung

ferneren Applicationen

nungen

erscheint,

m a n d i e Zahl d e r a n z u s e t z e n d e n

der Zeitpunkt gekommen der

zweckmässig

Tage

der Krankheits-Erscheinungen

24

Stunden

Diese e r s t e

dauern,

kürzeren Zwischenräumen gestiegen ist.

worauf macht,

In d i e s e r W e i s e

Periode man

die

bis die

dauert

die

Es k o m m t d a r a u f a n , d a s s d i e s e A n f a n g s c o n l i n u i r -

unregclmässigen

Zwischenräumen

wiederholte Blutung

die

Erschei-

s c h n e l l b e r u h i g e u n d die I r r i t a t i o n d e r e r g r i f f e n e n Gebilde b e s e i t i g e ; d o c h

ver-

m a g sie die völlige L ö s u n g d e r E n c e p h a l i t i s n u r d u r c h eine l a n g s a m s t e i g e n d e W i r k u n g herbeizuführen" allgemeinen

und

stiefel e r s e t z e n .

(Gama, o f t die

l'laies

localen

de

t#te,

pag. » 6 5 . )

Blulentziehungen

durch



Zuweilen

den

lassen

Junod'schen

sich

die

Schröpf-

Vgl. Bd. I. p a g . 2 0 2 .

Nächst der Kälte und den Blutentziehungen kommen noch die A b l e i t u n g e n a u f d e n D a r m c a n a l (am Besten durch Calouiel und Jalappe) in Betracht. Von manchen Seiten wird auch eine energische M e r c u r i a l k u r empfohlen, — entweder durch Einreibungen grosser Mengen von grauer Quecksilbersalbe, oder durch den inneren Gebrauch des Calomel. Endlich hat auch der B r e c h w e i n s t e i n seine Lobredner; namentlich D c s a u I t . s c h r i e b ihm ganz unerwartete Erfolge zu. Die mit der Anwendung dieses Mittels ausnahmslos verbundene Gefahr heftigen und wiederholten Erbreehens erscheint doppelt gross, wenn eine Lücke im Schädel besteht, da das Gehirn dann durch die Brechbewegungen in diese hineingepresst wird. Eine untergeordnete Rolle spielen die Vesicatore an den Gliedern, im Nacken, oder auf dem Kopfe; zu Anfang möchten sie die Aufregung eher steigern, als massigen. Auch hier kommt die T r e p a n a t i o n in Frage zur Beseitigung des EntzUndungsproducts innerhalb der Schädelhöhle, d. h. des Eiters. Zu diesem Ende aber müsste m a n : 1) die Gewissheit seines V o r h a n d e n s e i n s haben und wissen, wie weit die seiner Anwesenheit zugeschriebenen Gehirnsymptome von ihm abhängen. Da aber diese (namentlich Coma und Paralyse) auch von Meningitis oder von einer Erkrankung (namentlich Erweichung) des Gehirns abhängen k ö n n e n , so geben sie allein keine bestimmte Indication zur Anwendung des Trcpans. 2) Man milsste ferner Uber den S i t z der krankhaften Flüssigkeit durchaus im Klaren sein. Eine vorhandene W u n d e , die von selbst erfolgende Entblössung der Schiidelknochen, Lähmung auf der entgegengesetzten Seite, gelten als ziemlich sichere Zeichen d a f ü r , dass

Krankheiten des Schädels.

100 man das Exsudat suchen habe.

unter

der

besiehenden

äusseren Verletzung

zu

3) Es fragt sich f e r n e r , wie tief das Exsudat liege, wo seine Grenzen seien, ob es ein einziges oder ein mehrfaches sei, — Fragen, auf welche kaum eine Antwort möglich ist. 4 ) Ueberdies kommt die Beschaffenheit des Exsudats in Betracht; ist dasselbe zähe und kleberig, so wird die Entleerung unmöglich. 5 ) Selbst wenn man Dasein, Sitz, Grenzen und Beschaffenheit des Exsudats als bekannt voraussetzt, so bleibt es noch unsicher, ob nicht eine Entzündung besteht, von deren Einflüsse die l'unctionellen Störungen m e h r , als von dem Drucke der E n t z i i n d u n g s - P r o duete abhängen. Alle diese Unsicherheiten müssen in der Regel von der Operation abhalten. Eine energische und consequcnlc antiphlogistische Behandl u n g mildert nicht blos die Entzündung, sondern begünstigt auch die Resorption des Exsudats. Gerade dieser Aussicht gegenüber wird man die Schwierigkeit begreifen, bestimmte lndicationen für den Gebrauch des Trepans in solchen Fällen festzustellen, in denen die Diagnose einer c i r c u m s c r i p t e n Eiterung nicht vollkommen gesichert ist. Die Entzündung selbst wird durch die Trepanation n u r verschlimmert, vor Allein durch d e n , die faulige Zersetzung aller Entzündungsproductc begünstigenden Zutritt der L u f t , dann aber auch durch die Reibung, welche durch die Bewegungen des Gehirns, sobald der Schädel geöffnet ist, an allen llervorragungcn (auch an den Rändern der Trepanationslücke) bewirkt wird. Ein circumscriptcr I l i r n a b s c e s s dagegen erheischt die Entleerung d r i n g e n d , und diese k a n n , wenn der Schädel geschlossen ist, n u r durch Trepanation, nöthigen Falls mit nachfolgendem Einschneiden der Dura uiater oder auch der Ilirnsubstanz bewirkt werden. Besteht eine Lücke im Schädel, so kann das Aussaugen des Eiters durch einen Troicart mittelst einer Säugpumpe genügen. Dies, von R e n z 1 ) empfohlene Verfahren verdient, wo es ausreicht, den Vorzug. t.

Vorfall von Gehlrnsubitanz.

Prolaps!» cerebrl.

Wenn das Gehirn in einer Lücke des Schädels blossliegt, so wird es, wie wir bereits pag. 77 u. f. sahen, emporgehoben und etwas hervorgedrängt. Ist d e r , auch im normalen Zustande auf das Gehirn wirkende Druck gesteigert, so findet auch eine stärkere Verdrängung •) G. R e n z ,

Erste Heilung

Tübingen, 1 8 6 7 .

eines

traumatischen

Hirnabscesses

durch

Aspiration.

101

Hirnvorfall.

Stall, so dass Hiriimasse über das Niveau d e r Schädelkuocheu h e r v o r ragt. W u r d e im Moment der Verletzung der Schädel so stark z u s a m m e n g e d r ü c k t , dass eine erhebliche V e r m i n d e r u n g seines R a u m e s die u n m i t t e l b a r e Folge ist, so entweicht sogleich ein Theil des Gehirns a u s der vorhandenen Liicke, und es entsteht auf diese Weise d e r p r i m i t i v e H i r n v o r f a l l , welcher selten ist und, wegen der zugleich b e s t e h e n d e n schweren Verletzung des ganzen Gehirns, eine äusserst schlechte P r o g n o s e hat. Der c o n s e c u t i v e H i r n v o r f a l l e n t s t e h t l ä n g e r e Zeit nach einer Verletzung, indem das Gehirn durch seine eigene Schwellung und W u c h e r u n g o d e r durch Exsudate h e r v o r g e d r ä n g t w i r d ' ) . Seine E n t s t e h u n g lässt somit immer eine E n t z ü n d u n g des Gehirns voraussetzen; ja man kann ihn mit Recht geradezu als ein a c c i d e n t e l l e s S y m p t o m d e r t r a u m a t i s c h e n I l i r n e n t z U n d u n g ansehen. In einzelnen Füllen fand man u n t e r dem Prolapsus (durch ihn verdeckt) einen Ilirnabscess. Jedenfalls ist das Bestehen einer Lücke im Schädel kein zureichender Grund f ü r die E n t s t e h u n g eines solchen P r o l a p s u s cerebri. — Die Lücke selbst k ö n n t e auch durch Nekrose d e r Schädelknochen bedingt sein. Jedoch ist der Hirnvorfall dabei auch n u r d a n n möglich, w e n n zugleich H i r n e n t z ü n d u n g besteht, und daher selten. Der h e r v o r g e d r ä n g t e Theil des Gehirns erleidet eine d o p p e l t e R e i h e v o n V e r ä n d e r u n g e n , indem er einer Seits in der Sehädelliickc eingeklemmt, auch wohl eingerissen w i r d , a n d e r e r Seits aber, unter dem Einflüsse d e r Luft und der eben e r w ä h n t e n Insultationen, immer heftiger sich entzündet und wuchert. Diese beiden Reihen von Störungen steigern sich gegenseitig in dem Grade, dass der Vorfall, wenn nicht die E r k r a n k u n g des Gehirns o d e r anderweitige Complicationen f r ü h e r den Tod h e r b e i f ü h r e n , u n t e r wiederholten, oft p r o fusen Blutungen (aus den zerrissenen o d e r zersprengten Gefässen) die Grösse einer Faust erreicht und schliesslich dem Brande verfällt. Dieser kann sich verschieden weit erstrecken und, unter S c h r u m p f u n g des zurückbleibenden T h e i l s , Heilung g e s t a t t e n , obgleich, wegen der gleichzeitigen Störungen innerhalb des Schädels, d e r Tod bei Weitem In seltenen Fällen erfolgt, ohne dass es zum wahrscheinlicher ist. Brande k o m m t , allmälige Verkleinerung des Vorfalls und selbst Heilung unter Resorption u n d Rückbildung der E n t z i i n d u n g s - P r o d u c t e ; jedoch ist dies n u r bei s e h r geringer Grösse des Vorfalls möglich. ')

Oer l'rolapsus

cerebri k a n n u r s p r ü n g l i c h

Diese wird j e d o c h rindeten

C.ehirn

l'rolapMis

und

bald n e k r o t i s c h , emporgedrängt Hernia

wird. —

cerehri

noch

von der D u r a mater bedeckt

wenn sie völlig blusslii'gt In

Betreff

vjl. C i p . III.

des

und von dem

Unterschiedes

sein. ent-

zwischen

102

K r a n k h e i t e n des

SchädcIs.

Gewöhnlich erregt der Hirnvorfall, mit Ausnahme der schon erwähnten Blutungen, keine anderen K r a n k h e i t s - E r s c h e i n u n g e n als die der Encephalitis. Zuweilen ist er ganz unempfindlich, in anderen Fällen sehr empfindlich gegen Berührung. Repositionsversuehe sind immer erfolglos und rufen Compressions-Erscheinungen hervor, während die stärkere Entwickelung des Prolapsus in manchen Fällen (durch Verminderung des Drucks in der Schädelhöhlc) eine relative Verbesserung in dem Krankheitszustande zur Folge haben kann. Die Bewegungen des Gehirns sind an dem Prolapsus nur so lange wahrzunehmen, als er in der Schädellücke noch beweglich ist. Die Beliaildlllilg muss vor Allem gegen die Encephalitis gerichtet sein. In Betreff des Vorfalls selbst hat man sich auf das Abhalten von Schädlichkeiten (durch einen hinreichend dicken antiseptischen Verband) zu beschränken, wenn nicht übermässige Blutungen zur Anwendung stärkerer Styptika auffordern. Aetzung, Ligatur oder Abschneiden des Vorfalls ist nur, sofern er bereits nekrotisch, unschädlich, dann aber auch von geringem Nutzen. Wenn mit dem Prolapsus zugleich Erscheinungen bestehen, welche auf einen Hirnabscess an derselben Stelle hindeuten, so kann man letzteren mit einer stumpfen Sonde zu erreichen suchen.

V. Trepanation. Trepanatio cranii. T r e p a n a t i o n nennen wir im Allgemeinen die kunstgeuiässe Durchbohrung eines Knochens, im engeren und g e w ö l i n l i c h e n Sinne die D u r c h b o h r u n g e i n e s S c h ä d e l k n o c h e n s . S c h o n vor m e h r a l s 1 3 0 0 J a h r e n tusionen der Schädelknochen Dieser

Lehre

folgten

alle Aerzte

d i e A r a b e r t r e p a n i r t zu h a b e n . Milte

des

16. Jahrhunderts)

lehrte H i p p o k r a t e s ,

die T r e p a n a t i o n des Guy

führten

Alterthums.

n u r wenig von d e n j e t z t

(m

de C h a u l i a c die Trepanation

eine allzogrosse Beliebtheit, welche erst D e s a u l t h u n d e r t s ) zu b e k ä m p f e n a n l i n g . —

bei ( I r ü c h e n u n d

a u s z u f ü h r e n , u m Meningitis zu Mittelalter

(1363)

Con-

verhüten.

scheinen fast nur

und später P a r e

(in d e r

w i e d e r ein u n d v e r s c h a l t e n

ihr

(in d e r z w e i t e n H ä l f t e des 1 8 . J a h r -

P a r e ' s T r e p a n a t i o n s - l n s t r u i n e n t e u n t e r s c h e i d e n sich

gebräuchlichen.

Der Handbohrer und der Fass- oder Traubenbohrer sind als die Grundtypen des Trepans zu betrachten. Indem man dem einen Ende derselben eine kreisförmige Säge, K r o n e genannt, anpasste, entstand die Trcphine und der Trepan. Die T r e p h i n e , besonders in England in Gebrauch, ist ein Handbohrer, dessen Spitze sich in der Mitte einer kreisförmig wirkenden Säge befindet; der B o g c n - T r e p a n dagegen ist ein Traubenbohrer, dessen Bohrspitze ebenfalls in der Mitte einer kreisförmigen Säge gelegen ist. Diese Säge oder K r o n e macht den Trepan zu einer Art Locheisen, mit welchem man nicht blos perfo-

Tripa nation.

103

rirt, sondern den Knochen resecirt. Die Ilesection aber ist im Laufe der J a h r h u n d e r t e an den Übrigen Knochen in dem Mausse häufiger v o r g e n o m m e n worden, als die Trepanation des Schädels seltener g e w o r d e n ist, so dass heutigen Tages last alle anderen Knochen des Skelets ihr häufiger unterworfen w e r d e n , als gerade die Schädelk n o c h c n . Daher haben denn auch die örtlichen Bedürfnisse die F o r m der angewendeten Sägen modificirt. Man hat solche construirt, die statt der kreisförmigen m e h r oder minder krummlinige u n d gradlinige Schnitte f ü h r e n . Schon F. v. G r a c f c und M a c h e hatten eine Säge in Gestalt eines gezähnten Rades ersonnen (Scheibensäge), und iu n e u e s t e r Zeit h a b e n H e i n e , T h o m s o n und C h a r r i e r e noch besser dem W u n s c h e H e y ' s e n t s p r o c h e n : „ K ö n n t e m a n eine Säge erfinden, welche mit Sicherheit in g e r a d e r , o d e r leicht g e k r ü m m t e r Linie eins c h n i t t e , so w ä r e dies f ü r die Chirurgie eine vortreffliche E n t deckung ' ) . " Namentlich erfüllt das H e i n e ' s c h e O s t e o t o m ( K n o c h e n b i s t o u r i ) diesen Zweck. Während man mit dein Trepan immer k r e i s r u n d e Seheiben aus dem Knochen entfernt, kann man mit dem O s t e o t o m gerade n u r so viel ausschneiden, als nothwendig erscheint; a b e r aus den ß d . 1. pag. 87 angegebeneu G r ü n d e n ist seine Anwend u n g auch bei d e r Trepanation eine sehr beschränkte geblieben*). Zur A u s f ü h r u n g der Trepanation kann man, j e nach dem zu erreichenden Zwecke, verschiedene S t e l l e n d e s S c h ä d e l s a u s w ä h l e n ; vorausgesetzt, d a s s die Blosslcgung des Knochens daselbst möglich ist, ohne gleichzeitige Verletzung wichtiger Organe. Zunächst wird die Trepanations-Stcllc d u r c h den S i l z , dann aber auch durch die A r t der Verletzung bedingt. Stets sucht man den beabsichtigten Zweck möglichst milde, d. h. d u r c h Ausschneiden eines möglichst kleinen Stückes der Schädelknochen zu erreichen. Wo dies in w e n i g e r v e r l e t z e n d e r W e i s e mit einer kleinen Blattsäge oder mit Meissel und Hammer geschehen kaiin, wird mau diesen Instrumenten vor dem Trepan den Vorzug geben. Kann man das ganze fortzun e h m e n d e Stück mit e i n e r Krone umfassen (wie bei eingekeilten fremden K ö r p e r n , Stich- oder Q u e t s c h - W u n d e n d e r Schädelknocheu mit Iiindruck der gesplitterten R ä n d e r ) , so setzt man den Trepan gerade auf diese Stelle. Bei Spaltbrüchen und den ihnen analogen Hiebwunden sucht man im Allgemeinen gleich viel von beiden Bruchr ä n d e i n zu e u t f e r n e n , wählt a b e r , w e n n Eindruck b e s t e h t , diejenige Stelle, von welcher aus derselbe am Leichtesten beseitigt werden k a n n . V) S. Couper Diclionnary uf practic. Surgery. IV. edit. pag. UH3. ' ) Ick k e n n e a u s d e r L i t e r a t u r n u r die 6 Fälle vun D e m m e u. V. W a l t l i e r ,

Archiv,

1 8 3 V , Bd. 18, lieft I , pag. 3 9 .

d. Ä.

Vgl. v. G r a e f e

104

Krankheiten

des

Schädels.

Ist der eine Rand einer Bruchspalte in grosser Ausdehnung drückt,

so

iriuss man entweder zwei

hervorragenden

Bruchrand

absägen,

Kronen um

die

aufsetzen Erhebung

einge-

oder

den

des einge-

drückten Randes bewerkstelligen zu können. Ehemals durfte man wählen; man wurzel

n u r w e n i g e S t e l l e n des S c h ä d e l s z u m

trepanirte nicht unterhalb

der horizontalen

Aufsetzen d e r

Krone

L i n i e , welche von d e r N a s e n -

a n f a n g e n d auf b e i d e n S e i t e n z u r P r o t u b e r a n t i a o c c i p i t a l . l ä u f t , o d e r m i t a n d e r e n

Worten:

man

trepanirte nur das obere G e w ö l b e

des Schädels,

und s e l b s t h i e r g a b

es viele v e r b o t e n e S t e l l e n , z. H. alle N ä h t e , die S i n u s , die S c h l ä f e n g r u b e , d e r v o r d e r e u n t e r e W i n k e l des S e i t e n w a n d b e i n s e t c .

Diese V e r b o t e s i n d s o w o h l

r u n g , als a u c h d u r c h g e n a u e r e a n a t o m i s c h e bereits unterhalb der Protuberantia durchschnitt und auseinanderzog; sie e r g o s s e n e n

Extravasate

Kenntnisse

durch die

beseitigt worden.

occipital. t r e p a n i r t , i n d e m

Erfah-

So hat

man

m a n die N u c k e n m u s k e l n

m a n h a t auf N ä h t e die Krone a u f g e s e t z t , da die u n t e r

ihren Zusammenhang

m i t der Dura m a t e r a u f h e b e n ;

und

s e l b s t die S i n u s zu ö f f n e n , h a t m a n sich n i c h t g e s c h e u t , weil m a n e r f a h r e n b a t ,

dass

dies s e l t e n b e d e u t e n d e B l u t u n g v e r a n l a s s t u n d d i e s e s e l b s t o h n e e r h e b l i c h e S c h w i e r i g k e i t gestillt

werden

Schläfengegend

kann.

Ebenso

verbundene

bat

Gefahr

man

die

mit

der

p a n i r t ; s e l b s t die Verletzung d e r u n t e r d e m v o r d e r e n beins verlaufenden Art. meningea

incision

als e i n g e b i l d e t e r k a n n t

media

der Weichtheile

der

u n d in dieser G e g e n d

tre-

unteren

W i n k e l des S e i t e n w a n d -

d u r c h die T r e p a n a t i o n hat m a n n i c h t g e s c h e u t ,

weil m a n die d a r a n s e n t s t e h e n d e

B l u t u n g zu u n t e r d r ü c k e n

grade an dieser Stelle t r e p a n i r t ,

um Blutungen

aus

der

g e l e r n t hat. genannten

J a , man

hat

A r t e r i e zu stillen

(vgl. pag. 9 0 ) . Zur S t i l l u n g wird

einer Blutung

aus

der v e r l e t z t e n Art. m e n i n g e a

media

vorgeschlagen: 1)

Ein auf

die A r t e r i e gelegtes B o u r d o n n e t , d u r c h d o p p e l t e Fäden an ein zweites

ausserhalb —

des

S c h ä d e l s g e l e g e n e s B o u r d o n n e t zu befestigen ( n a c h

S c h ä d e l eingelegt w e r d e n 2)

muss.

Berührung der Arterienwnnde mit einem weissglühenden Draht (nach —

3)

Physik)

u n s i c h e r , ü b e r d i e s g e f ä h r l i c h , weil ein v o l u m i n ö s e r f r e m d e r Körper in den

gefährlich und nicht ganz

Einpressen

e i n e s in d e r Milte d u r c h b o h r t e n K o r k s l ö p s e l s in die K n o c h e n w u u d e

— u n s i c h e r u n d g e f ä h r l i c h , da v o r a u s s i c h t l i c h B l u t e r g u s s in d e n Schädel 4) ö)

Aufdrücken eines Stückchen

W a c h s suf d a s L u m e n d e r A r t e r i e



erfolgt. unsicher.

Das Anlegen e i n e r g e b o g e n e n Bleiplatte, die beide K n o c h e n f l ä c h e n u n d zugleich die

Furche,

in

w e l c h e r das

Gefäss v e r l ä u f t ,

comprimirt,

oder

Anlegen

a n a l o g w i r k e n d e n , s t i e f e i f ö r m i g e n C o m p r e s s o r i u m ' s von F. v. G r a e f e f ä h r l i c h , wegen d e r a n d a u e r n d e n Ii)

Larrey)

sicher.

Unierbindung

oder

A n w e s e n h e i t eines f r e m d e n

ümstechung

des



des ge-

Körpers.

hervorgezogenen

Gefässes.

Diese g e w ä h r t die g r ö s s t e S i c h e r h e i t , ist a b e r oft s c h w i e r i g .

Die wichtigsten T r e p a n a t i o n s - I n s t r u m e n t e welche

dazu

bestimmt

sind,

den

Schädel

zu

sind

diejenigen,

durchbohren.

Der

B o g e n - T r e p a n (Fig. 5) ist, wie oben bemerkt, ein Fassbohrer.

Seine

obere Scheibe und die kugelförmige Handhabe des Mittelstücks müssen von Holz gearbeitet sein und sich leicht um ihre Achse bewegen, um jede für die Hand des Operateurs unbequeme Reibung zu vermeiden.

105

Trepanation.

Dieser g a n z e Theil (a) heisst der S t i e l oder

Baum

des

Trepans.

Nim

F'g- 5.

denke

m a n sieh statt der Bohrspitze des Fassbohrers

eine

metallene,

in

eine

sehr

s c h a r f e P y r a m i d e auslaufende Welle und hierzu

die Krone (c),

schnitt

eines

welche

stählernen

ein

Ab-

Cylinders

ist

(wie z. B. vier Centiineter aus der Länge eines Flintenlauts),

dessen unteres Ende

sägeförtnig g e z ä h n t ,

w ä h r e n d das obere

mit einem d u r c h b o h r t e n Bodcnstücke versehen

ist,

um

die

Welle

hindurch

zu

lassen.

Diese Krone ist in der Art be-

weglich

an

der Welle a n g e b r a c h t ,

dass

letztere vor und zurück gestellt werden k a n n ; sie wird d u r c h eine Druckschraube in ihrer, j e nach

dem Acte der Opera-

tion verschiedenen Stellung an der Welle befestigt.

Während

des

ersten

Actes

wird die Krone zurückgezogen, damit die P y r a m i d e zuerst eingreifen und der Krone später den

zur

Sicherung

ihres

Ganges

nöthigen S t ü t z p u n k t gewähren könne. Sobald der Weg f ü r die Krone gebahnt ist, stellt man dieselbe tiefer, so dass sie n u n allein in den Schädel eindringt. Wir b e s c h r e i b e n h i e r den

von B i c h a t

ange-

g e b e n e n T r e p a n , w ä h r e n d hei a n d e r e n T r e p a n e n Stiel u n d die P y r a m i d e n i c h t a u s einem S t ü c k e b e s t e h e n , s o n d e r n l e t z t e r e in d e m M i t t e l p u n k t e des G r u n d e s " d e r oder

eingeschraubt

wird.

D a n n wird s i e ,

wenn

Krone

hervorgehoben

der Gang des I n s t r u m e n t s

gesichert

i s t , z u r ü c k g e z o g e n o d e r v e r m i t t e l s t eines S c h l ü s s e l s e n t f e r n t , w a s d e n A p p a r a t u m ein Stück

vermehrt

und

die

S t e l l u n g d e r P y r a m i d e weniger s i c h e r m a c h t ,

i h r d a n n a u c h v o r h e r d u r c h den P e r f o r a t i v - T r e p a n

weshalb

Die Kronen sind von conischer oder cylindrischer Form. soll das zu schnelle E i n d r i n g e n , mater verhüten; Reibung zu sehr

des

man

(Fig. 5 e ) den W e g b a h n e n m u s s .

Erstere

und somit die Verletzung der Dura

die Operation wird aber wegen der f o r t d a u e r n d e n

ganzen

verlangsamt

Umfanges und

dieser

erfordert

conischen

Krone

einen zu grossen

(Fig. 5 c )

Kraftaufwand.

Man bedient sich deshalb jetzt nur der cy l i n d r i s c h e n oder k e h r t c o n i s e h c n (d. h. nach Oben v e r j ü n g t e n ) K r o n e n

umge-

und wendet

auch das s o g e n a n n t e A b a p t i s t o n (eine Hülse ü b e r der Krone, welche

106

Krauklieiten des Schädels.

in einiger E n t f e r n u n g

von dem schneidenden Rande d e r Krone fest-

gestellt wird, Fig. 5 d) zur Verhütung des zu tiefen Eindringens, k a u m mehr an,

da dasselbe n u r bei g e n a u b e k a n n t e r Dicke der Knochen

seinen Zweck erfüllen k ö n n t e ,

dieser aber

durch Vorsicht und Ge-

schicklichkeit viel sicherer und leichter erreicht werden

kann.

Ausser dem Trcpanbautn und der Trephine, sowie K r o n e n schiedenen nicht hören

Durchmessers

in Verlegenheit

(von

geräth,

jeder wenn

Grösse

eine

zu den T r e p a n a t i o n s - l n s t r u m e n t e n :

niige Säge

(nach H e y ) ,

ein T i r e - f o n d Kig.

a

h

c

zwei,

damit

unbrauchbar eine

wird),

verman ge-

hahnenkammför-

(Fig. 6 « ) ,

ein

Linsen-

fi.

f.

,{

i n e s s e r (b), ein Schabeisen, l l u g i n e (c), ein Hebel, E l e v a t o r i u i n (Fig. 6rf). d. h. ein starker stählerner Stab, dessen eines E n d e spatellörinig gestaltet ist, während das a n d e r e eine K r ü m m u n g besitzt, etwa in der A i t , wie der eine Haken des lateinischen S , — f e r n e r eine kleine B ü r s t e , um die Zähne der Krone zu reinigen, ein P a a r scharfe H ö h Im e i s s e i , ein s c h w e r e r H a m m e r (Schlägel), eine S c h e c r e , eine schneidende und eine stumpfe K n o c h e n z a n g e , und eine E x f o l i a t i v k r o n e (Fig. 5 b ) . Die A u s f ü h r u n g d e r O p e r a t i o n geschieht auf folgende WeiseDer Kranke liegt; sein Kopf, dem Licht z u g e w a n d t , r u h t n a h e d e m E n d e des Operationstisches oder des Bettes und wird dort sicher fixirt. Der etwa v o r h a n d e n e n W u n d e giebl m a n mit einem starken Bistouri eine solche Gestalt und Grösse, dass der zu trepanirende Knochen

107

Trepanation.

gehörig blossgelegt wird; ist keine Wunde vorhanden, so macht man, wo möglich, blos e i n e hinreichend lange, gerade lncision, und nur wenn diese nicht ausreicht, einen halbmondförmigen, T-förmigen, oder endlich einen Kreuz-Schnitt. Der letztere hat vielleicht den Vorzug, dass man, indem man ihn nach einer oder mehreren Richtungen verlängert, den ganzen Umfang des Bruchs verfolgen und bei der Operation berücksichtigen k a n n ; dagegen bietet er in Betreff der Heilung die ungünstigsten Verhältnisse dar. F ü r die S c h l ä f e n g e g e n d

hat man einen V - f ö r m i g e n Einschnitt vorgeschlagen,

in

d e r Meinung, die D u r c h s c h n e i d u n g d e r M u s k e l f a s e r n zu v e r m e i d e n , wenn m a n d i e B a s i s d i e s e s V nach

Oben

u n d die S p i t z e a n die u n t e r e I n s e r t i o n

des Muse, t e m p o r a l i s

ver-

l e g e , w a s j e d o c h , w i e j e d e r V e r s u c h an d e r L e i c h e l e h r t , irrig ist.

Wenn kein Bruch besteht, besonders aber, wenn keine beweglichen Knochenstückc vorhanden sind, so kann man unbedenklich sofort bis auf den Knochen incidiren; anderen Falles bedarf es einiger Vorsicht, um nicht das Messer zwischen die Splitter oder in die Spalten dringen zu lassen. Die durch die lucision etwa gebildeten Lappen werden nicht (nach P o t t ' s Rath) abgetragen; man bedeckt sie vielmehr mit Leinwand und lässt sie durch einen Gehülfen zurückhalten. Das Periost zugleich mit den übrigen Weichtheilcn im Zusammenhange vom Knochen zu lösen, ist zwar schwierig, bietet jedoch den Vortheil dar, dass von demselben, wenn es sich unversehrt und mit den übrigen Wcichtheilen im Zusammenhange erhallen lässt, voraussichtlich auch Knochenueubildttngen ausgehen, welche die Trepanlücke besser schliessen als blosse Weichtheile. Gewöhnlich setzte man bisher, nachdem die übrigen Weichtheile zurückgeschoben sind, die anzuwendende Krone auf das Periost auf und durchschnitt dasselbe rings um die Krone mit einem spitzen starken Scalpell. Die auf solche Weise umschnittene Periostscbeibe wurde dann mit dem Schabeisen entfernt und der Knocheu somit völlig enlblössl. Es folgt nun die eigentliche Trepanation. Die Krone wird so an dem Baume befestigt, dass die Pyramide um etwa 3 Millm. ihren gezähnten Rand überragt; der Bogen wird — sofern man sich (wie gewöhnlich) des B o g e n - T r e p a n s bedient — mit der rechten Hand wie eine Schreibfeder gefasst und so aufgesetzt, dass die Spitze der Pyramide in den Mittelpunkt des zu entfernenden Knochcnstückes zu stehen kommt. Dann hebt man das Instrument allmälig, bis es im rechten Winkel zu dem Knochen steht, und bringt nun die linke Hand an das obere Ende des Bogens, wo die dort befindliche Holzscheibe mit voller Faust gefasst wird. Die rechte Hand ergreift nunmehr den hölzernen Griff in) Mittelstücke des Bogens und bewegt diesen von

K r a n k h e i t e n des

108 rechts

nach

links,

Schädels.

Anfangs l a n g s a m ,

dann

schneller

und

wieder langsanier und s a n f t e r . — Bedient man sich der

endlich

Trephirie,

so wird diese mit der vollen Hand am Griff gefasst, w ä h r e n d d e r an den Stiel angelegte Zeigefinger die Richtung sichert.

Die Bewegungen

werden durch a b w e c h s e l n d e s Proniren und Supinircn a u s g e f ü h r t , so dnss die Krone einen Halbkreis bald nach r e c h t s , beschreibt.

Das

Trepaniren

Kraft und ist zeitraubender.

mit

bald

nach links

der Trephine e r f o r d e r t viel

mehr

Es m a g mehr Sicherheit vor zu tiefem

Eindringen der Krone g e w ä h r e n , sofern man mit der H a n d ,

welche

das Instrument ganz allein führt, besser den noch v o r h a n d e n e n W i d e r stand fühlen kann.

Jedoch lässt sich bei vorsichtiger F ü h r u n g des

Bogen-Trepans das zu .tiefe Eindringen auch sicher Sobald

vermeiden.

die Krone etwa 5 Millim. tief eingeschnitten

hat,

zieht

man den Trepan zurück und ä n d e r t die Stellung der Krone zur Pyramide in der Art, dass letztere von ersterer überragt wird, was, je nach der Construction des T r e p a n s , bald durch Vorschieben der Krone, bald durch Zurückziehen o d e r Ausschrauben der P y r a m i d e geschiebt. Die Pyramide ist jetzt u n n ö t h i g , selbst gefährlich, da sie, f r ü h e r als die Krone d u r c h d r i n g e n d , die Dura mater verletzen w ü r d e . L ä s s t sich die P y r a m i d e von A n f a n g a n gar n i c h t a n n e n d e n , wie dies bei eingekeilten

fremden

Körpern

f a n g e s mit c e n t r a l e r will,

(namentlich

Depression

Kugeln)

und

der F r a g m e n t e ,

meist d e r Kall i s t ; s o s i c h e r t

die

bei S p l i t t e r b r ü c h e n man

mit e i n e r

geringen

Um-

Krone entfernen

m a n den G a n g d e s T r e p a n s d u r c h

Einsetzen

der

K r o n e in eine i h r g e n a u e n t s p r e c h e n d e OelTnung e i n e r s t a r k e n Tapp- o d e r l . e d e r s c h e i b e , die ein k r ä f t i g e r G e h ü l f e in d e r e n t s p r e c h e n d e n S t e l l u n g auf d e m S c h ä d e l d e s P a t i e n t e n halten muss.

Nach

demselben

a u s S t a h l unfertigen l a s s e n

Princip

kann

man

einen besonderen

Kronenführer

(Bruns).

Jetzt muss auch, wenn dies nicht bereits zu Anfang der Operation geschehen ist, d e r T i r e - f o n d eingeschraubt werden, mit welchem später das ausgesägte Knochenstück h e r a u s g e h o b e n werden soll.

Stellt

derselbe, wie g e w ö h n l i c h , eine einfache starke S c h r a u b e d a r , so wird er bis etwas über die Hälfte d e r wahrscheinlichen Knochendicke eingebohrt und dann wieder z u r ü c k g e s c h r a u b t , so dass man einen f ü r die Aufnahme

der S c h r a u b e

passenden

Gang g e w i n n t ,

in welchen

sie

nach erfolgter T r e n n u n g des Knochenstücks, ohne dasselbe zu drücken, wieder eingeschraubt w e r d e n k a n n .

Um den letzteren, jedenfalls sehr

zart a u s z u f ü h r e n d e n Act ganz zu vermeiden, hat B. H e i n e den Tirefond in zwei Theile zerlegt; das u n t e r e Stück eingebohrt u n d

wird in den Knochen

bleibt darin s t e c k e n , das obere a b e r ,

Handgriff darstellt,

welches den

kann entfernt w e r d e n , so dass die T r e p a n k r o n e

über dem e r s t e r e n , welches n u r eine geringe Höhe besitzt, werden kann.

bewegt

Zum Behuf des Ileraushebens des Knochenstücks b e -

Trrpanatioli.

109

darf es d a n n n u r des Einsetzens des Handgriffs. — Der mit d e r P y r a m i d e in den Knochen eingebohrte Canal kann bequem für das Eins c h r a u b e n des Tire-fond benutzt werden. Hierauf b r i n g t man den Trepan in die schon gemachte Rinne zurück.

Bei den n u n

folgenden

Bewegungen

muss man

sich

stark a u f z u d r ü c k e n o d e r den Trepan ans der rechtwinkligen zu b r i n g e n ,

damit

hüten, Stellung

die gleiche Tiefe des gemachten Weges b e w a h r t

und d e r Krone die Leichtigkeit ihrer Bewegung erhalten werde.

Von

Zeit zu Zeit nuiss der Trepan zurückgezogen werden, um einer Seils den Weg mit einer platten Sonde oder einer F e d e r in Betreff seiner Tiefe zu

u n t e r s u c h e n und von Sägespänen frei zu m a c h e n ,

anderer

Seits aber die Z ä h n e der Krone mit einer Bürste zu reinigen.

Weiter-

hin

versucht man

von Zeit zu Zeit mit einem S p a t e l ,

Elevatorium,

oder dem inzwischen eingeschraubten Tire-fond die von der T r e p a n k r o n e umschriebene Knochenscheihe zu lösen. Beim Trepaniren am Cadaver haben die Sägespäne erst, wenn man in die Diploe dringt, eine blutige Farbe.

Am Lebenden sind sie von

Anfang bis zu E n d e der Operation blutig; jedoch reich

der

Diploe

schwammiges

eine

entschieden

Gefüge.

Jedenfalls

zeigen sie im Be-

röthere F ä r b u n g und ein m e h r kann

man

hieraus allein

keinen

sicheren Schluss auf die Tiefe der Sägefurche z i e h e n ; vielmehr ist es n ö t h i g , den gemachten W e g oft zu u n t e r s u c h e n , tun die Fortschritte d e r Krone

zu ermessen.

Das Eindringen

in die Tabula vitrea wird

gewöhnlich durch ein krachendes Geräusch bezeichnet, was man leicht wieder erkennt, w e n n m a u n u r öfter am Cadaver operirt hat. Gewöhnlich

h e b t man

die ausgesägte Knochenscheibe mit dem

Tire-fond, der Zange oder dem Elevatorium h e r a u s ; es kommt auch vor,

dass sie in

Knochen

ist

der

Krone

meist s e h r

zurückbleibt.

glatt;

sollten

Der Ausschnitt

jedoch

in

dem

kleine Brüche

oder

s c h a r f e Spitzen zurückgeblieben sein, so ebnet m a n sie mit d e m in voller

Faust

gefassten

Linsenmesser,

dessen

Knopf

zwischen

Knochen und Dura m a t e r sich bewegt, w ä h r e n d die Schneide an dem Umfange der Knochenöffnung kräftig u m h e r g e f ü h r t wird. (S. Fig. 6 , i ) . Die N o t w e n d i g k e i t , m e h r e r e Kronen aufzusetzen, tritt ein, wenn man

die erste Oeffnung vergrössern

will

Dieselben w e r d e n

dann

bald so aufgesetzt, dass zwischen den einzelnen Oeffnungen Knochenbrücken stehen Ubergreift.

b l e i b e n , bald s o , dass eine Oeffnung in die andere

Zurückbleibende

der h a h n e n k a m m f ö r m i g e n

Vorsprünge und

Brücken

werden

mit

( H e y ' s c h e n ) S ä g e entfernt.

Ist die Knochenscheibe h e r a u s g e n o m m e n und man h a t das Glück g e h a b t , auf d e n ,

die Operation indicirenden

E r g u s s zu treffen, so

110

krantheiten

des

Schädels.

fliesst er, wofern er nur circumscript und ziemlich flüssig ist, gewöhnlich Icicht aus, und die Besserung der Erscheinungen liisst sich bald wahrnehmen. Ebenso verhält es sich, wenn es sich um fremde Körper oder Knochensplitter handelt, deren Ausziehung keinen Schwierigkeiten unterliegt. Ist dagegen der Erguss diffus und z ä h e , so ist die Schwierigkeit, ihn zu entfernen oft sehr gross. Bei unterhalb der Dura mater gelegenen Ergüssen hat man die Durchschneidung dieser Membran gerathen, ja man hat sogar in die Gehirnsubstanz selbst eingeschnitten. Doch bedarf es hierzu, wo nicht absoluter Gewissheit, so doch grosser Wahrscheinlichkeit in Betreff der Lage des Ergusses. Vgl. pag. 89 u. f. und pag. 99 u. f. Die Schwierigkeiten der Diagnose eines Exsudats unter der Dura wurden ebenda erläutert. Wenn aber wirklich eine Knochenverletzung und Zeichen von Gehirndruck vorhanden sind, wenn die comprimirende Ursache weder ein fremder Körper, noch Knochensplitter, noch krankhafteAnsammlungen zwischen Dura mater und Schädelknochen sind; so liegt begründeter Verdacht filr einen Erguss unter der Dura mater vor, und zwar kann man annehmen, dass es eine zwischen ihr und dem Gehirn liegende Flüssigkeit sei, wenn durch die straffe und gespannte Membran die Pulsationen des Gehirns mittelst des zufühlenden Fingers nicht wahrgenommen werden. Tritt zu den genannten Erscheinungen noch eine gelbliche, bläuliche, oder schwärzliche Färbung der Dura mater und bildet dieselbe (wie einige Chirurgen beobachtet haben) eine mehr oder weniger deutliche Erhebung, so wird jene Diagnose noch wahrscheinlicher. Dann ist die Spaltung der harten Hirnhaut empfehlenswcrth. Wird der Erguss unter der Dura mater nicht gefunden, so ist die Fortdauer der Symptome von Gchirndruck keineswegs immer ein Beweis, dass er in der Tiefe des Gehirns zu suchen sei; denn in seltenen Fällen nur bleibt die Pia gesund, wenn in der zunächst liegenden Gehirnsubstanz ein Abscess besteht, und die Fortdauer jener Drucksymptome kann ebenso gut auf einen oberflächlich gelegenen Erguss an einem anderen, von der Trepanationsstelle mehr oder minder entfernten Orte deuten. Jedoch sind Fälle bekannt, in denen das Messer über 25 Millim. tief mit gutem Erfolge in die Gehirnsubstanz eingesenkt wurde. Der vorübergebende Erfolg D u p u y l r e n ' s höchst

interessante

Belmonte 1854)

unter

(über der

Zusammenstellung die

Anwend.

Leitung

»on

lief in d a s Gehirn e i n g e s t o c h e n gangen,

so

hätte

er

einen

w u r d e b e r e i t s pag. 3 0 e r ö r t e r t .

glücklich

d. Trepanat. Baum.



und dann

bedeutenden

eröffneter

b.

Begin

traumat. bat

angehalten; Abscess

ein wäre

Hirnabsresse Hirnabscessen,

Göttingen,

Mal reichlich 2 5 er

getroffen. —

5 In

Millim. einem

Eine

lieferte Millim.

tiefer

ge-

Falle

von

Trepanation. G. S i m o n hingelegten

f a n d sich Lei d e r S e c l i o n n u r 2 - 3

111 Millim. u n t e r dein d u r c h

Theil d e r G e h i r n o b e r f l ä c h e ein A b s c e s s von

den

Trepan

Taubenei-Grnsse.

Wird die Compression durch Knochensplitter bedingt, so setzt man die Pyramide, wenn sie überhaupt anwendbar ist (vgl. pag. 108), auf denjenigen Knochenrand, welcher die meiste Festigkeit darbietet, und lässt die Krone gleichzeitig auf beide Bruchränder wirken. Die nur noch lose anhaftenden Knochensplitter zieht man dann heraus, die übrigen erhebt man mit dem Elevatorium (vgl. pag. 106). Bei der Extraction der Splitter, vergesse man nie, dass die Splitterung an der inneren Seite des Schädels (im Bereich der Lamina vitrca) stets ausgedehnter ist, als an der äusseren. Wo durch Meissel und Hammer in weniger verletzender Weise der Zweck erreicht werden kann, ist deren Gebrauch zu bevorzugen. Vgl. pag. 55 u. f. Der V e r b a n d ist in derselben Weise zu machen, wie bei anderen penetrirenden Schädelwunden (pag. 27). Es ist für Abfluss des Wundsecrets und des aus einer Abscesshöhle etwa noch hervorquellenden Eiters zu sorgen und Zersetzung zu verhüten. Der antiseptische Verband entspricht also allen Anforderungen. In Betreff der früher gebräuchlichen Verbandstücke vgl. Bd. 1. .pag. 144 u. 147, Fig. 87 u. 90. Ist der Zustand der die Operationsstelle umgehenden Theile von der Art, dass der schnelle Verschluss der Wunde keinen Nachtheil bringen und auch mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, so ist es gewiss empfehlenswerth, die genaue Vereinigung der Weichtheile mit Hülfe einiger Nahtstiche zu bewirken ( B r u n s ) . Natürlich wird dies nur nach relativ einfachen Verletzungen und namentlich in solchen Fällen möglich sein, wo die auszubohrende Schädelstelle durch eine einfache gerade lncision blossgelegt werden konnte. Aber auch unter diesen Umständen müsste doch immer ein Drain-Rohr ein- und ein antiseptischer Verband darüber gelegt werden. Träte in einem solchen Falle nachträglich Eiterung ein, so wäre dadurch immer noch nichts verloren, da man die oberflächlich vernarbte Wunde leicht wieder in der nöthigen Ausdehnung öffnen könnte. Man b a t a u c h d a s E i n h e i l e n des a u s g e s ä g t e n K n o c h e n s t ü c k e s v e r s u c h t . wahrscheinlichkeit

des G e l i n g e n s u n d d e r g r o s s e N a c h t h e i l ,

welcher aus der

Die U n Anwesen-

h e i t des K n o r h e n s t f l c k s , im F a l l e d a s s e l b e n i c h t a n h e i l t e , h e r v o r g e h e n w ü r d e , von einem s o l c h e n

Experiment abhalten.

Die V e r a n l a s s u n g

zur Trepanation

müssen ist

über-

d i e s io den m e i s t e n Fällen C o m p r e s s i o n d e s G e h i r n s ; die U r s a c h e d e r s e l b e n k a n n o f t n u r allmälig jener

beseitigt w e r d e n ;

ein l l i n d e r n i s s

setzen,

die S c h l i e s s u n g

folglich

der W u n d e würde

m e h r schädlich

der

als n ü t z l i c h s e i n .

Auch

K n o c h e n s p l i t t e r n , o d e r a u s z u z i e h e n d e n f r e m d e n K ö r p e r n k a n n ein b l u t i g e r , s e l b s t E r g u s s b e s t e h e n , w e l c h e m m a n den A b f l u s s n a c h

Aussen g e w ä h r e n

rntiss.

aber

Beseitigung neben eitriger

112

Kranklieiltn des Srliädels.

Die im Schädel gemaclite Oeffnung füllt sich a u f verschiedene Weise wieder. W a r die angewendete K r o n e klein, so verjüngen sich die R ä n d e r der K n o c h e n ö f f n u n g , neigen sich z u r Dura m a t e r h i n a h und iiiessen endlich mit ihr z u s a m m e n ; dann bedeckt letztere sich mit Granulationen, deren Dicke und Festigkeit nllmälig z u n i m m t , so dass man zuletzt in der m e h r oder weniger verknöcherten Narbe n u r einen einlachen Eindruck w a h r n i m m t . Nach A n w e n d u n g grösserer oder m e h r e r e r Kronen sieht man zuweilen die R ä n d e r der Knochenw u n d e sieh a b r u n d e n und dann erst von der Dura m a t e r G r a n u lationen bis zur Höhe d e r äusseren Schädelfläclic emporwachsen. Diese Granulationen bilden endlich eine feste Narbe, welche die Trepanationsöffnnng zwar ausfüllt, aber selten — u n d niemals vollständig verknöchert. Ganz besonders wird die V e r n a r b u n g gestört und verl a n g s a m t , wenn d e r Rand d e r Trepanationslücke, sei es in Folge schlechter A u s f ü h r u n g der Operation, oder (was häufiger) in Folge v o r ausgegangener Quetschung, nckrotisiit. Meist bleibt hier ein schwacher P u n k t des S c h ä d e l g e w ö l b c s , durch welchen die Bewegungen des Gehirns mitunter w a h r g e n o m m e n werden und durch welchen das Gehirn Verletzungen zugänglich ist, welche dasselbe sonst nicht erreicht hätten. Zum Schutz dieser schwachen Stelle wandte man f r ü h e r Metallplatten, namentlich Goldplaltcn an. Platten von gesottenem L e d e r , Gutta Percha o d e r dickem Kautschuk, in eine Kappe eingenäht, erfüllen jenen / w e c k besser. (•efnlir nnd A n w e n d b a r k e i t d e r T r e p a n a l i o u Als eine Knoclienw ü n d c , durch welche die harte Hirnhaut oder das Gehirn selbst blossgelegt w i r d , muss die durch Trepanation bewirkte Verletzung des Schädels jedenfalls in hohem Grade gefährlich sein. Jede W u n d e der S c h ä d e l k n o c h c n , durch welche die Diploe verletzt wird, ist schon an und f ü r sich wegen Gefahr der Pyämie b e d e n k l i c h ; dazu k o m m t die nachfolgende traumatische E n t z ü n d u n g d e r Hirnhaut und des Gehirns selbst, die nach Kopfverletzungen in Folge der stattgehabten E r s c h ü t t e r u n g e n ohnehin leicht eintritt und durch den Zutritt der Luft wesentlich gesteigert wird. Nach den sorgfältigen Untersuchungen von V. v. B r u n s 1 ) ergiebt sieh, dass die T r e p a n a t i o n , sofern sie w e g e n c h r o n i s c h e r E r k r a n k u n g e n ausgeführt w u r d e , von denen sich d e r tödtliehe Ausgang d u r c h a u s nicht ableiten liess, doch i n m e h r a l s dem vierten Theil der Fälle zum Tode führte. Ihre Gefahr muss noch grösser sein, wenn sie nach Verletzungen des Schädels a n g e w a n d t w i r d , die an und f ü r sich eine E n t z ü n d u n g der ') Il.'indlnicli der pniktisclirn Chirurgie, Tiiliingen, 1854, Abtli. 1. pag. 1051.

113

Trepanation.

Knochcn und der im Schädel gelegenen Organe schon veranlasst oder doch vorbereitet haben. ßergmann Schädelverletzungen auf liin

b e r e c h n e t ( I . e . pag. 3 0 5 ) eine Mortalität

von m e h r

d a s s Fracturen des Schädeldachs

aus

77G

als

4 6 pCt.

fast genau

Fallen und

von T r e p a n a t i o n

nach

weist mit Recht d a r -

dieselbe MortalitätsziiTer liefern.

Anwendbar ist die Trepanation nicht blos bei Schädelverletzungen, namentlich zum Behufe der Entfernung fremder Körper, Erhebung oder Entfernung eingedrückter Knochenränder und Splitter, Entfernung blutiger oder eitriger Ergüsse im Schädel, sondern auch bei organischen Erkrankungen der Schädelknochen und der Dura mater, um die degenerirten Theile zu entfernen. Auch zur Heilung solcher Zufälle (namentlich Schmerzen und Krämpfe), die man von dem Drucke einer Narbe oder dem Hervorragen einer Exostose im Innern des Schädels ableiten zu müssen glaubte, ist sie in Gebrauch gezogen worden. Wir berücksichtigen hier zunächst nur denjenigen Kreis ihrer Wirksamkeit, welcher sich auf die V e r l e t z u n g e n d e s S c h ä d e l s bezieht. Hier ist es vollkommen klar, dass die günstige Wirkung der Trepanation in der Entfernung solcher Theile des Schädels selbst, oder solcher, absolut oder relativ fremder Körper besteht, welche auf die Hirnhäute oder das Gehirn selbst mechanisch oder chemisch einen schädlichen Einfluss ausüben. Illdicalioucn. Wir werden die Trepanation daher fiir indicirt halten, wenn von den gedachten Schädlichkeiten eine Gefahr für das Leben des Krankon zu befürchten, die Beseitigung derselben aber auf eine weniger gefährliche Weise, als durch die Trepanation, nicht zu erreichen ist. Trotz des Bestehens dieser lndication werden wir die Trepanation unterlassen, wenn der Verletzte, abgesehen von dem durch die Operation zu beseitigenden Uebel, an einer Verletzung oder Erkrankung leidet, die an und für sich den Tod herbeiführen muss. In jedem einzelnen Falle muss die Gefahr der bestehenden Verletzung im Vergleich zu derjenigen, welche die Trepanation in ihrem Gefolge haben würde, sorgfältig abgewogen werden. Nur wenn diese Erwägung zu Gunsten der Trepanation ausfällt, hat man letztere vorzunehmen, ohne erst das Auftreten der Seitens des Gehirns zu erwartenden Krankheits-Erscheinungen abzuwarten. In solchen Fällen verrichtet man also die p r o p h y l a k t i s c h e T r e p a n a t i o n . Bleibt es dagegen zweifelhaft, ob durch die Trepanation die Gefahr der bestehenden Verletzung wirklich verringert werden würde, so muss man abwarten, mit welcher Intensität die, inzwischen auf andere Weise zu bekämpfenden Krankheits-Erscheinungen auftreten, und die Trepanation erst vornehmen, wenn man die Ueberzeugnng gewinnt, dass die Erkrankung, Ü i i r t l u M i c n

, < l i i r i n 7 .

Villi.

III

b

114

Krankheiten des

Schädels.

ohne Beseitigung d e r sie e r r e g e n d e n

und

unterhaltenden Schädlich-

keiten d u r c h die Trepanation, einen tödtlichen Ausgang n e h m e n werde. Dies ist dann eine s e c u n d a r e , nachträgliche, t h e r a p e u t i s c h e

Tre-

panation. Somit leuchtet ein, dass ü b e r h a u p t gar keine bestimmte Art von Verletzung

eine

absolute

lndication

zur

Trepanation

geben

kann.

Anderer Seits können a b e r alle möglichen Verletzungen des Schädels, bald f r ü h e r , bald später, die Trepanation erforderlich m a c h e n . In welcher Weise dies d e r Fall ist, musste schon bei der Darstellung

der Therapie

pag. 2 8 ,

dieser Verletzungen selbst

und

erläutert w e r d e n , so namentlich bei den

krankheiten

bei

den

Stichwunden

und

ihrer

Folge-

Hiebwunden,

Durchbohrungen

der

S c h ä d e l k n o c h e n , pag. 31, bei den S c h ä d e l b r ü c h e n , pag. 5 4 u. f., bei den S t i c h w u n d e n Körpern

in

den

des Gehirns,

pag. 7 6 ,

Schädelknochen

und

bei den

im

fremden

Gehirn

selbst,

p a g . 7 8 u. f., beim H i r n d r u c k , p a g . 8 9 , und bei d e r l l i r n e n t z ü n d u n g , pag. 9 9 u. f. Die Indicationen, welche durch durch

Exostosen

knochcn

und

Caries

des Schädelgcwölbes,

durch

den

sogen.

und N e k r o s e ,

sowie

durch K r e b s der Schädel-

Fungus

durae

niatris

geliefert

w e r d e n , finden in den folgenden Capiteln ihre Erläuterung. Die v o r s t e h e n d e D a r s t e l l u n g d e r l n d i c a t i u n e n f ü r die T r e p a n a t i o n s c h r ä n k t namentlich als

in BetrelT i h r e r p r o p h y l a k t i s c h e n

dies Seitens der

wesentlich Bruns; Kragen,

auf

die

älteren Chirurgie mit

wie

die

vorliegende,

wenn

dass neben

auch

geschehen

wissenschaftlicher

n a m e n t l i c h m ü s s e n wir

einzelnen,

zu

noch

mit

Strenge

der ü b e r h a u p t vorliegenden

ist es e r f r e u l i c h zu s e h e n , der Trepanation

entscheiden

kaon,

in B e t r a c h t

kommt.

eines

sondern die GeNebenbei

gegen i h r e a u s g e d e h n t e u n d n a m e n t l i c h

schon oben erwähnt.

Mittel e r s c h i e n e n ,

den K r a n k e n

sie

stig g e w e s e n , w e n n ich in d e r T r e p a n a t i o n ist

und u n t e r d e n

A s t Ii l e y

Cooper.

gegen Wie

als ein

sicheres

vielen H u n d e r t e n

Kopf-

w ä r e d e r Ausgang, w ä h r e n d ich s o

die

nur

hei e i n e r g r ö s s e r e n Z a h l u n g ü n -

ein Heilmittel zu finden geglaubt h ä t t e . "

in n e u e s t e r Zeil

Bd. II. pag. 7 5 u. f.)

ope-

n i ^ h r g e s c h e u t , als die Kopfver-

ist m i r in d e n m e i s t e n Fällen

umzubringen,

v e r h ä l t n i s s m ä s s i g w e n i g e K r a n k e verlor, w a h r s c h e i n l i c h grosser Entschiedenheit

prophy-

W i r h a b e n in d i e s e r B e z i e h u n g

„ S e i t vielen J a h r e n " , s c h r e i b t e r in s e i n e r

„ h a b e ich die T r e p a n a t i o n

v e r l e t z u n g e n , bei w e l c h e n ich n i c h t t r e p a n i r t e ,

bereits

suhjective Ueberzeugung

Beschränkung

letzungen, welche mir vorkamen;

urtlirilie

von von

ausgezeichnet-

rativen C h i r u r g i e ( 1 8 4 8 ) ,

der C h i r u r g i e ,

Untersuchungen

w i e mit d e r w i s s e n s c h a f t l i c h g e r e c h t f e r t i g t e n

l a k t i s c h e A n w e n d u n g sich g l e i c b m ä s s i g e n t w i c k e l t h a t .

Mit

dabei

bei E n t s c h e i d u n g e n

u n d physiologischen V e r h ä l t n i s s e

Erfahrungen

ein,

stützen uns

die auf individuelle E r f a h r u n g g e g r ü n d e t e Abneigung d e r

sten W u n d ä r z t e u n s e r e s J a h r h u n d e r t s Dieffenbacb

dass

beschäftigten Wundarztes

der Erwägung der anatomischen

sainmtsumine

Wir

angestellten

die E r f a h r u n g u n d

diese

auf e n g e r e G r e n z e n

pflegte.

ihm h e r v o r h e b e n ,

nicht so

Anwendung

namentlich S t r o m e y e r

Trepanation

wenig a b e r auf

aufgetrelea.





(Handbuch Aehnlich

s o l c h e individuelle

Heber-

115

Trepanation.

Zeugungen zu geben ist, «las lehrt u. A. die früher vielfach citirte Darstellung, welche Cooper's

berühmter Landsmann P e r c i v a l

Pott

(Observations on tlie nature and

consequrnces of wounds and contusions of the head, fractures of the skull etc.

London,

1 7 0 0 ) gegebeu bal, — - deren Widerlegung wir dem Leser, auf Grund der vorausgehenden Erlauterungen, überlassen dürfen. „ W i r wollen sehen", schreibt P o t t ,

, 1 ) welche Erscheinungen eintreten, wenn

die Trepanation sehr verspätet, oder gar nicht angewendet

wurde, ? ) welche üblen

Zufälle die Trepanation an sich zu veranlassen vermag, 3) in welchem Verhältnis die Zahl der ohne Trepanation Genesenen zu der Zahl derjenigen steht, welche (wie man sich gestehen muss) wegen Unterlassung der Trepanation gestorben sind, oder welche wenigstens Aussiebt auf Hülfe durch die Operation gehabt hätten". „In Betreff des ersten Punktes habe ich schon bemerkt, dass in Fällen einfachen Bruchs ohne Eindruck die Trepanation angewandt wird, um üble Zufälle (welche von der Fractur selbst unabhängig sind) zu mildern oder ihnen vorzubeugen, denn der einfache Bruch, an sieb betrachtet, kann weder solche Zufälle hervorrufen, noch durch die Operation geheilt werden.

Zu den häufigsten derartigen Krankheitszusländen ge-

hört die Entzündung, Eiterung, Ablösung der Dura mater vom Knochen und folglich die Bildung eines Eiterherdes zwischen Dura mater und Schädelknocben.

Unter allen

Entzündungen, »eiche auf Schädelwundcn folgen, ist dies die gefährlichste, gegen welche wir am Wenigsten vermögen.

Denn zu Anfang giebt es keinerlei Symptom, welches

dem Chirurgen mit einiger Sicherheit den Eintritt dieser Complication vorhersagt, und sind die Erscheinungen erst da, so scheitert die Operation (dann unsere einzige und letzte Zuflucht) meistens.

Daher scheint die einzig zu billigende Methode, um diesem

Unglück vorzubeugen, die Wegnahme desjenigen Scbädeltbeils, welcher, da er gebrochen ist, ziemlich sicher als der von dem Schlage getroffene betrachtet werden kann, uud »elcher, bei nachfolgender Entzündung, Loslösung und Eiterung der Dura mater, den Eiterherd verdecken und seinen spontanen Aufbruch verhindern wird.

Meiner Meinung

nach ist dies nicht blos der beste, sondern sogar der einzig baltbare Grund, bei einfachen Schädelbrüchen

ohne Eindruck

frühzeitig zum Trepan zu greifen, und mir er-

scheint er an sich vollkommen ausreichend, um die Trepanation zu rechtfertigen oder selbst zu gebieten.

Sie richtet oft, wie inan gestehen muss, nichts aus, wenn näm-

lich das Uebel zu bedeutend ist, um überhaupt einem Mittel zu weichen; aber sie rettet mehr als ein Leben, welches ohne sie verloren wäre, davon bin ich so fest überzeugt, wie von irgend einer durch häufige Erfahrung erkannten Wahrheit.

Bei

derartigen Gegenständen stehen positive Beweise und eine formelle Ueberzengung uns nicht zu Gebote, und es muss uns genügen, durch Vergleichung der Behandlung and des Ausgangs einer Anzahl ähnlicher Fälle möglichst nahe zu der Wahrheit vorzudringen, indem wir uns dann auf die Seite des wahrscheinlichsten Erfolges wenden". „Die zweite Frage bezieht sich auf die üblen Folgen, welche die Trepanation, an sich, haken kann.

Die Gegner der prophylaktischen Trepanation behaupten, dass sie

die Heilung verzögere, dass sie oft unnütz gemacht werde, und dass die Entblössun; der Dura mater und ihr Contact mit der Luft verderblich seien.

Die erste dieser Be-

hauptungen ist ohne Zweifel sichtig: Jemand, dessen Schädel trepanirt wurde, kann nicht so schnell genesen, wie Jemand, der diese Operation nicht überstanden, vorausgesetzt jedoch, dass keine anderen Erscheinungen hinzukommen, ausser der einfacbei Fractur.

Wäre also die grössere Mehrzahl der Individuen, welche Schädelbrüche er-

litten, so glücklich, jeder sonstigen Erkrankung, namentlich der innerhalb des Schädelgewöihes enthaltenen Organe, zu entgehen, so würde jener Einwurf begründet sein

8*

Í1C)

K r a n k h e i t e n des Schädels.

A b e r leider ist dies nur selten der F a l l ; den meisten, o d e r doch sehr vielen S c h ä d e l b r ü c h e n f o l g e n E r k r a n k u n g e n a n d e r e r A r t ; die in der S c h ä d e l h o h l e enthaltenen O r g a n e leiden von der Verletzung e b e n s o g u t , w i e der Schädel selbst. Unter solchen U m ständen ist ein geringer Z e i t v e r l u s t nicht m e h r von b e s o n d e r e r Bedeutung. — Die G e f a h r , w e l c h e m a n der E n t b l ö s s u n g der Dura m a t e r z u s c h r e i b t , ist ohne Z w e i f e l beg r ü n d e t ; man darf sie nicht o h n e g e w i c h t i g e n Grund entblössen. Und doch stehe ich n i c h t a n , zu b e h a u p t e n , dass diese G e f a h r , w i e gross sie auch i m m e r sei, bei dieser S a c h l a g e m i t derjenigen nicht verglichen w e r d e n k ö n n e , in die man den K r a n k e n durch U n t e r l a s s u n g der einmal n o t w e n d i g e n O p e r a t i o n stürzt. Man mnss sich f r a g e n : „ I s t die W a h r s c h e i n l i c h k e i t eines üblen A u s g a n g e s als F o l g e der einfachen Entblössung der Dura mater ebenso g r o s s , w i e die W a h r s c h e i n l i c h k e i t , dass in dieser M e m b r a n kein K r a n k h e i t s z u s t a n d , w e l c h e r m i t E n t z ü n d u n g und E i t e r u n g d r o h t , vorhanden s e i ? o d e r w i e g t das U e b e l , w e l c h e s durch die P e r f o r a t i o n des Schädels entstehen k a n n , den V o r l h e i l a u f , welchen die O p e r a t i o n b r i n g t ? " Diese Fragen können nur Diej e n i g e n b e l e u c h t e n und e n t s c h e i d e n , w e l c h e viele d e r a r t i g e F ä l l e gesehen haben. Ich m e i n e r s e i t s z w e i f l e nicht, dass, wenn die R e g e l , in allen Fällen den Schädel zu trepaniren, hin und w i e d e r V e r w u n d e t e z u r O p e r a t i o n brächte, w e l c h e sehr w o h l o h n e diese hätten genesen k ö n n e n , so doch a n d e r e r Seits m a n c h e s k o s t b a r e L e h e n retten w ü r d e , w e l c h e s o h n e sie u n w i e d e r b r i n g l i c h verloren wäre. Der E r f o l g einer p r o p h y l a k t i s c h e n T r e p a n a t i o n lässt sich nicht e n t f e r n t nach d e m j e n i g e n b e m e s s e n , w e l c h e n man noch erzielen kann, » e n n man «lie O p e r a t i o n verschiebt, bis die secundare E n t z ü n d u n g der Dura m a t e r sie n o t h w e n d i g m a c h t . " „ D i e B e a n t w o r t u n g der dritten F r a g e : in w e l c h e m Verhältniss die Zahl D e r j e n i g e n , w e l c h e o h n e O p e r a t i o n am L e b e n b l i e b e n , zu D e n j e n i g e n s t e h t , w e l c h e starben, weil die O p e r a t i o n unterlassen wurde, ist grössten Theils in den beiden ersten i n b e g r i f f e n ; wenigstens wird m a n s i c h , w e n n m a n über j e n e sich entschieden h a t , u n z w e i f e l h a f t auch e b e n s o über die dritte entscheiden. Die b e t r ä c h t l i c h e Zahl derartiger Fälle, w e l c h e einem grossen u n d , w i e das St. B a r t h o l o m ä u s - H o s p i t a l , im M i t t e l p u n k t e einer v o l k r e i c h e n Stadt gelegenen K r a n k e n h a u s e zufliessen, eben weil dort allerlei gefährliche Beschäftigungen betrieben w e r d e n , hat m i r die G e l e g e n h e i t zu zahlreichen Beobachtungen über diesen P u n k t g e b o t e n . Obgleich ich m i t u n t e r s o l c h e V e r w u n d e t e habe o h n e T r e p a n a t i o n genesen s e h e n , so hat mich doch die viel g r ö s s e r e Z a h l d e r j e n i g e n , w e l c h e mit E i t e r a n s a m m l u n g e n in der S c h ä d e l b ö h l e starben, sehr misstrauisch in dieser Hinsicht g e m a c h t . W i l l ich auch nicht behaupten, dass ich in j e d e m Falle von S c h ä d e l bruch o h n e A u s n a h m e trepaniren w ü r d e , so bedarf es d o c h , um mich davon abzuh a l t e n , ganz b e s o n d e r e r und viel günstigerer U m s t ä n d e , als m a n in der Regel findet, und seihst in diesem letzteren Falle w ü r d e ich mit g r o s s e r Vorsicht m e i n e P r o g n o s e stellen. W o l l t e m a n a b e r aus m e i n e n W o r t e n e n t n e h m e n , dass ich die Blosslegung der Dura m a t e r für e i n e ganz gleichgültige Sache h i e l t e , aus w e l c h e r nichts Ueldes entstehen k ö n n t e , so w ü r d e m a n sich sehr irren. Mir ist es wohl b e k a n n t , w i e verschieden die ältesten P r a k t i k e r über diesen Punkt d a c h t e n , und auch w i r bedürfen hierin noch sehr der B e l e h r u n g , so dass ich nicht rückhaltslos m i c h über denselben aussprechen m ö c h t e . A b e r indem m a n die O e f f n u n g des Bruchs ein w e n i g e r w e i t e r t , kann man die schon durch letzteren b e d i n g t e G e f a h r nicht erheblich v e r m e h r e n , insof e r n der Bruch j a schon der L u f t einen Zugang zur Dura m a t e r geöffnet hat. U e b r i g e n s bandelt es sich hier im W e s e n t l i c h e n nicht um diese Blosslegung der Dura mater, sondern vor A l l e m um die E n t s c h e i d u n g : ob man berechtigt ist, in der Voraussetzung, die bc-stehende Verletzung lasse Entzündung und Eiterung der Dura mater nicht er-

117

Wasserkopf. warten,

=L

L-

3

=-

3

»

3"

3 a

s o

s : S*

S O. a>

?

"ü = o> = 3T u

s

0 1 «*» 2

g u

B» sr a: o.

0* a •i 'n T> C 2 . =• 5 0. f» sr 2.

n 0 5

3 a. — ) A. a. O. S. 4 6 8 u. 4 9 8 .

188

Krankheiten des Gehörorgans.

stilcke gesichert ist, auf Schwierigkeiten stossen. Es lässt sich hier im Allgemeinen Folgendes als Regel aufstellen. Ist ein nur mässiger schleimig-eitriger Ausfluss vorhanden, zeigen die vorhandenen Granulationen keine Neigung zum schnellen Wachsen, sondern nehmen dieselben in den ersten Wochen der Behandlung schnell a b , ist das Mittelohr fiir den Luftstrom vollkommen durchgängig, und hat man es mit einem sonst völlig gesunden Individuum zu thun, so ist Caries mit Sicherheit auszuschliessen. Ist jedoch ein mehr eitriger, dünnflüssiger, oft blutig gefärbter, äusserst p r o f u s e r Ohrenfluss vorhanden, kehren die jeder medicamentösen Behandlung trotzenden Granulationen nach ihrer operativen Entfernung schnell wieder, zeigt sich das Mittelohr wegen Verstopfung der Trommelhöhle durch die Granulationen für den Luftstrom nicht permeabel, klagt der Kranke über Druck im Ohre und Hinterkopf, stellen sich in der Tiefe des Ohres Schmerzen ein unter entzündlicher Schwellung des Gehörganges und Warzenfortsatzes und Fiebererscheinungen; so liegt mit grosser Wahrscheinlichkeit ein cariöser Process zu Grunde. — Was die im Verlaufe chronischer Otorrhoeen zu beobachtenden p e r i p h e r i s c h e n F a c i a l i s l ä h i n u n g e n betrifft, so berechtigen dieselben an sich noch nicht zur Annahme von Caries des Felsenbeins, da die Erfahrung lehrt, dass auch bei unversehrtem Knochen durch Fortleitung der Entzündung auf den F a l l o p i ' s c h e n Canal transitorische Facialislähmung auftreten kann. Eine länger bestehende und jeder localen Behandlung trotzende Lähmung bei Otitis med. purulenta dürfte jedoch immer auf Caries zurückzuführen sein. Die B e h a n d l u n g muss namentlich hier in erster Linie für gründliche Reinigung sorgen. Neben der Anwendung einer guten Ohrenspritze leistet zu diesem Zwecke die Ohrdouche ä double courant, nach P r a t , sehr gute Dienste'). Daneben sind in der mehrfach oben angegebenen Weise wiederholt Einblasungen durch die Tuba vorzunehmen, um auch auf diesem Wege die Secret-Ansammlungen aus der Trommelhöhle zu entleeren. Eine besondere Berücksichtigung erheischen veraltete Fälle, in denen so häufig eine Stagnation und Eindickung des Eiters eintritt, welcher sich gern in den unregelmässigen Höhlungen der Trommelhöhle und des Warzenfortsatzes festsetzt und zu acuten Entzündungen Veranlassung geben kann. Derartige beim Ausspritzen sich häufig entleerende käsige Eitermassen dürfen nicht verwechselt werden mit Theilen einer im Mittelohr (mit Vorliebe im Antrum mastoideum) auftretenden P e r l g e s c h w u l s t ' ) Vgl. L u c a e , zur Behandlung ) Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. XVII. ( 1 8 7 4 ) pag. 4 5 4 .

310

Krankheiten des Oberkiefers.

Haltung des Kopfes fliesst alles Blut durch Mund und Nasenhöhle a b ; der Kehlkopf bleibt ganz frei. Viel umständlicher und nicht so sicher ist die „ T a m p o n a d e d e r T r a c h e a " . Diese setzt die Ausfuhrung der Tracheotomie und das Einsetzen einer Canüle in die Luftröhre voraus, durch welche weiterhin das Athmen und Chloroformiren stattfinden soll. Nach dem Vorschlage von v. N u s s b a u m 1 ) soll man dann den Schlund mit Leinwand verstopfen, nach T r e n d e l e n b u r g * ) die Canüle vorher mit einem aufzublasenden Obturator (aus Kautschuk) umgeben, welcher die Luftröhre wasserdicht absperrt. Vgl. Abth. XIII. Cap. IX. Sollten in der Tiefe der grossen Wundhöhle Arterien (die zur Nase, zum Gaumen und zum Oberkiefer gehenden Aeste der Art. maxillaris interna) spritzen und sich nicht unterbinden lassen, so berührt man sie mit dem Glüheisen, welches zu diesem Behuf bereit sein muss. Manche Autoren, namentlich M i c h a u x ,

empfehlen stets das Glüheisen auf die

hintere Wand der grossen Wundhöhle a n z u w e n d e n ,

um vor N a c h b l u t u n g e n

sicher

zu sein, durch welche in einzelnen Fällen der Tod herbeigeführt worden ist.

Bei jeder Resection des Oberkiefers muss m a n , soweit die Ausbreitung des Uebels es gestattet, Schleimhaut und Periost des harten Gaumens, zu erhalten suchen und zu diesem Behuf vor der Durchsägung des letzteren sorgfältig bis zur Mittellinie ablösen. Die VVeichtheile des harten Gaumens bleiben dann mit dem Gaumensegel im Zusammenhange. Indem man erstere mit d e r , nöthigen Falls etwas abgelösten Wangenhaut durch Nähte genau vereinigt, hebt man von vornherein die lästige Communication zwischen Mund- und Nasenhöhle ganz auf; vielleicht erfolgt auch von dem abgelösten Periost aus eine Wiederherstellung des k n ö c h e r n e n Gaumens'). Die Heilung der Wunden in den Wcichthcilen erfolgt gewöhnlich per primam, namentlich bei der SchnittfUhrung nach D i e f f e n b a c h , wo die Schnittlinien g r ö s s t e n t e i l s noch durch normale Thcilc gestützt werden. Auch die Ausfüllung der grossen Wundhöhle, die nach Oben von dem Fett oder dem Periost der Orbita, nach Innen von der Nasenscheidewand, nach Aussen von dem die Kaumuskeln umhüllenden Fette begrenzt wird, erfolgt mit überraschender Schnelligkeit durch Granulationen, so dass oft die Wange nur wenig eingesunken bleibt und bedeutende Verstümmelung erst bei genauerer Untersuchung bc' ) Bayerisches ärzll. Intelligenzblau, 1 8 6 9 , No. «)• Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. XII. ( 1 8 7 0 ) pag. 1 1 2 , u. Bd. XV. pag. 3 5 2 . ' ) Die V e r e i n i g u n g des vorher abgelösten mucös-periostealen Ueberzuges des G a u m e n gewölbes mit der Wange, und somit die Wiederberstellung einer Scheidewand zwischen Mund- und Nasenhöhle, ist m i r fast immer gelungen; babe ich darin j e d o c h n i c h t entstehen sehen.

Knochen-Ncubildungeu

Vgl. Abth. IX.

Osteoplastische Resection.

311

merkt wird. — Die Operation ist nur in geringem Grade lebensgefährlich. Sogar die Ausscbneidung beider Oberkiefer in einer Sitzung ist mehrmals mit glücklichem Erfolge unternommen worden. Zuerst wagte dies H e y f e l d e r d. Ä., 1 8 4 4 . Krebs

litten, erlagen

Recidiv. und

Von den 3 Operirteo, welche

'1 sehr bald einem auf dein Operationsfelde selbst

(Vgl. H e y f e l d e r s e n . ,

an

auftretenden

Ueber Amputationen und Resectionen, Bona

1855,

die oben cilirte, sehr vollständige Monographie von O s c a r H e y f e l d e r j o n . )

Osteoplastiache

Resectlou.

Die Ueberzeugung von der Gefahrlosigkeit der totalen Resection des Oberkiefers geht bei einzelnen Wundärzten so weit, dass man selbst den gesunden Oberkiefer exstirpirt hat, um grosse P h a r y n x p o l y p e n entfernen oder zerstören zu können ( M i c h a u x ) . In solchen, oft schwer zu beurtheilenden Fällen (vgl. Schlundpolypen) hat man zunächst mit Recht durch p a r t i e l l e R e s e c t i o n e n den erforderlichen Raum zu gewinnen gesucht ( N 6 1 a t o n ) . Die von B. v. L a n g e n b e c k angegebene o s t e o p l a s t i s c h e R e s e c t i o n d e s O b e r k i e f e r s ' ) gewährt nicht blos Ttlr solche Fälle, bei denen eine partielle Resection ausreichte, grössere Bequemlichkeit, sondern gestattet auch Operationen im Pharynx und in der Fossa sphenomaxillaris fast in demselben Umfange, wie die Entfernung des ganzen Oberkiefers. Das V e r f a h r e n b e i d e r o s t e o p l a s t i s c h e n R e s e c t i o n des Oberkiefers ist folgendes. Ein Hautschnitt verläuft vom Nasenflügel durch die Wange, mit nach Unten gerichteter Convexität, gegen den unteren Rand des Jochbogens bis auf die Mitte des letzteren. Genau in derselben Richtung und ohne irgend welche Verschiebung werden alle Weichtheile bis auf den Knochen durchschnitten (was auch mit dem Hautschnitt in e i n e m Zuge geschehen kann), der Masseter wird vom Jochbeine abgelöst, der Mund möglichst weit geöffnet und durch die Fossa sphenomaxillaris in das Foramen sphenopalatinum eine Stichsäge eingeführt, deren Spitze von dem durch den Mund hinter dem Gaumensegel empor in die Rachenhöhle eingeführten Zeigefinger der linken Hand aufgefangen wird. Der Oberkiefer wird hierauf genau in der Richtung des ersten Hautschnitts von Hinten und Aussen nach Vorn und Innen durchsägt, wobei der linke Zeigefinger Verletzungen des Septum zu verhüten hat. Demnächst wird eine zweite lncision, gleichfalls bis auf den Knochen, vor dem Processus nasalis ossis frontis längs des unteren Randes der Orbita bis auf die Mitte des Jochfortsatzes des Schläfenbeins geführt, die auf dem Jochbogen mit dem ersten (unteren) Einschnitt in einem stumpfen Winkel zusam•) Vgl. B. v. L a n g e n b e c k ,

Deutsche Klinik, 1861, pag. 2 8 4 .

312

K r a n k b r i t e n He» O b e r k i e f e r » .

mentrifft. In dieser zweiten Schnittlinie wird mit der Säge der Processus zygomaticus des Schläfenbeins, der Frontalibrtsatz des Jochbeins u n d , nachdem die Säge durch die Fissura orbitalis inferior hindurchgegangen ist, auch der Oberkiefer in der Richtung gegen den inneren Winkel des Orbitalrandes v o r dem Thränennasengange durchsägt, so dass die Mitte des Nasenfortsatzes des Oberkiefers bis zum Nasenbein getrennt wird 1 ). Der umschnittene Theil des Oberkiefers hängt somit nur noch mit dem Nasenbein und dem Nasenfortsatz des Stirnbeins zusammen; der ganze harte Gaumen und der Alveolarfortsatz bleiben unberührt. Mit einem unter dem Jochbein eingeführten Hebel wird das umschnittene Oberkieferstück langsam emporgehoben, wobei es sich so weit umwenden lässt, dass das Jochbein fast in der Mitte des Gesichts steht und somit nicht blos die Nasen- und Schlundhöhle, sondern auch die Flügelgaumengrube von Vorn zugänglich ist. Nach Entfernung der hier wurzelnden Geschwülste und Stillung der Blutung (namentlich Unterbindung der Arteria sphenopalatina am Foramen sphenopalalinum) wird das umschnittene Oberkieferstück in seine normale Lage zurückgebracht und möglichst genau eingefügt. In dieser Lage muss dasselbe nöthigen Falls durch leichten Druck erhallen weiden. Alle Wunden der Weichtheilc werden durch Nähte genau vereinigt. Die Einheilung ist immer zu erwarten, da fllr die Blutzufuhr zu dem temporär ausgelösten KnochenstUck durch die unversehrt gebliebene Brücke am Proc. nasalis gesorgt ist. Wenn die Geschwulst im Pharynx eine geringere Ausdehnung hat, so kann man sich auf die nach denselben Principien auszuführende o s t e o p l a s t i s c h e R e s e c t i o n d e s P r o c e s s u s n a s a l i s beschränken, dessen Eniporklappen schon erhcblich Platz schafft*). ' ) Nach

der

bitaltheil

ursprünglichen Angahe des

Oberkiefers

von

II. v. L a n g e n b e c k

von

der

Thränenhein durchsägt werden lioris

unversehrt bleiben.

Fissura

(I. e . )

orbitalis

und der l'roc. n a s a l i s

Langenbcck

soll

der

Or-

aus

bis

zum

inaxillae

supe-

selbst h a t a b e r , n a c h e i n e r m ü n d -

lichen .Mittheilung a n G u s t a v S i m o n

( D e u t s c h e Klinik I 8 t » 3 , No. 9 ) , die von u n s

im Text a n g e g e b e n e

bei

Scbuitlricbtnng,

bleiben und kein T b r ä n e n t n i u f e l n

w e l c h e sich a u c h in d e m von S i m o n *) Vgl. B. v. L a n g e n b e c k ,

welcher

die T h r ä n e n o r g a n e

n a c h d e r H e i l u n g zu b e f ü r c h t e n ist, (I. c . ) o p e r i r t e n

Falle bewährt

unversehrt bevorzugt, hat.

ü b e r O s t e o p l a s t i k , D e u t s c h e Klinik 1 8 5 9 , pag. 4 7 1 .

Siebente Abtheilung. Krankheiten des Unterkiefers. Von den F r a c t u r e n und L u x a t i o n e n d e r M a n d í b u l a war bereits im II. Bande (pag. 3 7 7 u. f. und (¡89 u. f.) die Rede.

Die Nekrose des Unterkiefers beginnt fast immer

am Kieferrande und wurde in dieser Beziehung bereits pag. 2 8 6 geschildert.

Wir haben

hier n u r hinzuzufügen, dass namentlich in Folge von Periostitis, sowie nach Gangrän der Weicbtbeile (Noma)

und nach traumatischer Eotblössuog, nicht selten

sehr aus-

gebreitete Nekrosen d e r Mandíbula beobachtet werden, wobei einerseits die Bildung schwer heilender

fistulöser

Gänge, andererseits aber ein schneller Wiederersatz der zerstörten

Knochentheile in der Regel zu erwarten steht.

E r s t e s

C a p l t e l .

Unbeweglichkeit des Unterkiefers, Kieferklemme, Ankylosis mandibulae vera et spuria. Niehl ganz selten wird durch verschiedene Krankheitszustände die Beweglichkeit des Unterkiefers in der Art aufgehoben, dass die Zahnreihen nur äusserst wenig oder gar nicht von einander entfernt werden können. Dadurch leidet die Ernährung, die Reinigung des Mundes wird unmöglich, grosse Massen von „Weinstein" setzen sich an den Zähneu an, und es entsteht ein widerlicher Geruch durch die Zersetzung der Speisereste und des angehäuften Speichels. Die U r s a c h e der Unbeweglichkeil der Kinnlade kann sein: 1) wirkliche Ankylose des Kielergelenks auf der einen oder auf beiden Seiten, 2) Contractur der Kaumuskeln, 3) Verwachsung der Kieferränder unter einander oder mit der Wange. 1) A n k y l o s e des K i e f e r g e l e n k s ist selten; namentlich kommt eine knöcherne intracapsuläre Ankylose des Gelenks ungemein selten vor (vgl. Bd. 11.). Man wird dieselbe nur dann anzunehmen haben, wenn entweder alle Beweglichkeit des Unterkiefers mit Einschluss

314

Krankheiten des Unterkiefers.

der Seitenbewegungen aufgehört h a t , oder wenn keine der Übrigen bekannten Veranlassungen der Unbeweglichkeit sich auffinden lässt. Die B e h a n d l u n g könnte, nach Analogie des bei anderen Ankylosen erprobten Verfahrens, durch gewaltsame Eröffnung des Mundes in der Chloroformnarkose versucht werden. Um den Unterkiefer gewaltsam abwärts zu bewegen, bedient man sich der sogenannten M u n d s p i e g e l , oder schiebt Holzkeile zwischen die Zähne. Unter den ersteren ist der von H e i s t e r angegebene unzweifelhaft der wirksamste. Seine keilförmigen Arme werden im geschlossenen Zustande leicht zwischen die nur ein wenig von einander abstehenden Zahnreihen eingeführt, daun aber mit Hülfe einer sogenannten Tourniquetschraube durch einen Hebelmechanismus gewaltsam von einander gedrängt. Bestünde eine Zahnlücke, so hätte m a n diese zu benutzen, da durch den mächtigen Druck des Instrumentes leicht die Zähne umgelegt oder abgebrochen werden. Lässt sich die Ankylose in dieser Weise nicht überwinden, so muss man ein künstliches Gelenk entweder an der Stelle des Kiefergelenks selbst (was schwerlich gelingen möchte), oder weiter abwärts im Unterkieferast anzulegen versuchen. Nach D i e f f e n b a c h gelingt diese „schwierige und mit grosser Behutsamkeit anzustellende" Operation am Besten von der Mundhöhle aus, indem man einen Meissel von 1 Ctm. Breite an einen möglichst hohen Punkt über alle hinteren Backzähne einführt und den Unterkieferast dann in der Richtung von Vorn nach Hinten durch einen kräftigen Schlag auf den Meissel zersprengt. D i e f f e n b a c h räth, dieselbe Operation dann auch auf der anderen Seite zu wiederholen und knöcherne Verwachsung durch frühzeitige Bewegungen zu verhindern. Die Durchschneidung oder besser noch das Ausschneiden eines Knochenstucks mit der Stich- oder Kettensäge ist entschieden weniger verletzend und voraussichtlich wirksamer. Ich habe diese Operation 1 8 5 5 in einem durch ausgebreitete tiefe Narben in der Gegend

des Harnus mandibulae besonders

erschwerten Falle mit

der Kettensäge aus-

geführt und einen sehr günstigen Erfolg gehabt.

2) C o n t r a c t u r d e r K a u m u s k e l n ist selten die alleinige Ursache der Unbeweglichkeit des Unterkiefers. Gewöhnlich gesellt sie sich erst hinzu, nachdem auf andere Weise die freie Thätigkeit der Kaumuskeln gehemmt ist. Die Diagnose der Contractur selbst ist nicht schwierig. Man fühlt namentlich den Masseter und den Temporalis als harte, gespannte und zugleich abgemagerte Stränge und bemerkt bei dem Versuche den Mund zu öffnen, dass dies durch ihre Spanuung verhindert wird. — Oft lässt sich die Contractur in der Chloroformnarkose überwinden und dann durch fortgesetzte passive Bewegungen gänzlich beseitigen. Anderenfalls ist die Durchschneidung der

315

Ankylosis mandibulae.

verkürzten Muskeln vorzunehmen. Man durchschneidet entweder den Masseter, oder den Temporaiis, oder beide zugleich. D u r c h s c h n e i d u n g d e s M a s s e t e r , nach D i e f f e n b a c h . Die, den Unterkieferast bedeckenden Weichtheile werden etwas nach Vorn verschoben, dann sticht man das sichelförmige Tenotom auf dem hinteren Rande des Unterkieferastes 2 1 /, Ctm. über dem Winkel ein, schiebt es zwischen der Haut und dem Masseter nach Vorn, wendet an seinem vorderen Rande die Spitze und Schneide des Messers gegen den Muskel und durchschneidet denselben, indem man das Messer zurückzieht, in der Richtung von Aussen nach Innen, so dass die Schnittlinie ungefähr der Kaufläche der oberen Backzähne entspricht. Die Verletzung der Mundschleimhaut kann hierbei vermieden werden, ist jedoch von keiner grossen Bedeutung. Der Verband besteht in dem Einlegen eines Stückes Schwamm in der Gegend des Schnittes und dem Befestigen eines dicken Charpiebausches durch Pflasterstreifeu und Kinntuch auf der äusseren Wunde. Die D u r c h s c h n e i d u n g d e s T e m p o r a i i s kann oberhalb und unterhalb des Jochbogens ausgeführt werden. Oberhalb desselben hat man die Verletzung der tiefen Schläfenarterie zu fürchten. Bei dem Durchschneiden unter dem Arcus könnte der Kronenfortsatz, wenn er weit emporragt, hinderlich sein. In einem solchen Falle würde man sich durch Abmeisseln des Processus coronoides von der Mundhöhle aus helfen, wodurch das vom Temporalis herrührende Hinderniss natürlich auch beseitigt w i r d ' ) . Nach allen diesen Myotomien muss durch häufige und kräftige passive Bewegungen einem Recidiv der Contractur vorgebeugt werden. 3) V e r w a c h s u n g d e r K i e f e r r ä n d e r u n t e r e i n a n d e r u n d m i t d e r W a n g e n h a u t ist die häutigste Veranlassung der Unbeweglichkeit des Unterkiefers. In diesen Fällen ist immer eine beträchtliche Ulceration des Zahnfleisches allein oder zugleich auch der Wange vorausgegangen. Mercurialgeschwüre, Noma, Verbrennungen und Anätzungen des Mundes sind hier vorzüglich als ätiologische Momente zu nennen. Die Verwachsung zwischen den einander zugewandten Kieferrändern s c h e i n t zuweilen knöchern zu sein. Bei genauerer Untersuchung dürfte sich aber wohl immer ergeben, dass diese scheinbare Knochenmassc nur aus incrustirter Narbensubstanz besteht. In praktischer Beziehung ist dies gleichgültig; man wird in ' ) In einem

Calle,

in

welchem das Anstemmen

bogen die Bewegung des

des Proc. coronoid. an den Joch-

Unterkiefers hinderte,

bewirkte B. v.

(Archiv f. kl. Chirurgie, Bd. I. pag. i 5 1 ) Heilung durch A b s ä g e n

Langenbeclc der

beiden

K r o n e n f o r t s ä t z e mit der durch eine kleine Incision eingeführten Stiebsäge.

316

Krankheiten des Unterkiefer».

dem einen, wie in dem anderen Falle die den Kieferbewegungen hinderlichen Verwachsungen mit Scheere, Messer, Zange, SSge, n ö t i genfalls auch mit dem Meissel trennen und durch gewaltsame passive, später auch durch active Bewegungen das Wiederverwachsen verhüten. Dasselbe gilt auch von der Verwachsung des Kieferrandes (Zahnfleisches) mit der Wangenschleimhaut. Die Trennung der hinderlichen Narbenstränge gelingt theils mittelst üurchschneidung vom Munde aus (der zu diesem Behuf in schwierigen Fällen darch verticale Spaltung der Unterlippe erweitert werden muss), oder durch Exstirpation der in der Wange festsitzenden Narben. Die von B. v. L a n g e n b e c k (vgl. W. B u s c h , Chirurgische Beobachtungen, Berlin 1 8 5 4 , pag. 3 2 ) empfohlene v e r t i c a l e S p a l t u n g d e r U n t e r l i p p e ist viel weniger verletzend kann,

und

mehr

gewährt, da man nachher die Wange leicht

Raum,

als

der f r ü h e r ,

namentlich

von

vom Kiefer abpräpariren

Blasius,

zu diesem

Zweck

empfohlene Schnitt vom Mundwinkel aus.

Die N a c h b e h a n d l u n g erfordert die allergrösste Sorgfalt und Strenge, um abermalige Verwachsungen zu verhüten. Der Mund muss mehrmals täglich, lange Zeit hindurch mit Hülfe des I l e i s t e r ' s c h e n Spéculum, bis zur normalen Weite geöffnet und durch Einsetzen von Holzpflöcken zwischen die Zahnreihen stundenlang weit offen gehalten werden, bis alle verwundeten Stellen vollständig vernarbt sind und somit eine abermalige Verwachsung unmöglich ist. Führt diese Behandlung nicht zum Ziele, so muss man durch Aussägen eines hinreichend grossen Stückes aus dem Bogen des Unterkiefers v o r der Insertion der die Bewegung hindernden Narbenstränge ein k ü n s t l i c h e s G e l e n k anlegen. In

Betreff der T e c h n i k

dieser Operation

vgl. H e s e c t i o n d e s

Unter-

kiefers. Die Idee, ein künstliches Gelenk im Bogen des Unterkiefers anzulegen, ging von Esinarch

a u s , «1er durch die Beobachtung

eines Falles,

in welchem der zufällige

Verlust eines Knochenstückes an dieser Stelle einen günstigen Erfolg hatte, darauf geleitet wurde. glücklichem

Wilms, Esinarch, Erfolge

ausgeführt;

Gelenkes durch blosse Backzahns.

Dittel,

Kizzoli

Üurchschneidung

A . " W a g n e r haben diese Operation mit gelang die Herstellung eines künstlichen

des Unterkiefers in der liegend

des ersten

Vgl. E s m a r c h , Beiträge zur prakt. Chirurgie, Hft. 2. Kiel, 1 8 6 0 ,

Ver-

n e u i l , Uebersetzung dieses Aufsatzes, Archiv, général, de méd. 1 8 6 0 . Vol. I. pag. 4 5 , und Bemerkungen

d a z u , ebenda pag. 174 u. f., —

im Auszuge (mit Zusätzen)

G u r l t ' s Jahresber., Archiv f. klin. Cbir., Bd. III. pag. 2 5 0 u. f.

in

Neubildungen.

317

Zweiten Capltel.

Neubildungen am Unterkiefer. I. Exostosen. Wahre Exostosen sind am Unterkiefer eben so selten, wie am Oberkiefer (vgl. pag. 302). Dieselben Verwechselungen, auf welchc wir dort hingewiesen haben, sind auch in Betreff der Unterkicfergeschwülste begangen worden. Jede Unterkiefergeschwulst, und somit auch die Exostose, veranlasst Beschwerden beim Kauen, Schlucken, Sprechen, und selbst beim Athmen, und zwar in um so höherem Grade, wenn sie ihren Sitz an der inneren und hinteren Seite des Unterkiefers hat. A. C o o p e r sah eine solche Geschwulst Compression der Glottis veranlassen. Eine wirkliche Exostose ist steinhart und hängt mit dem Knochen so fest zusammen, dass derselbe auch der leisesten Bewegung, die man an ihr auszuführen versucht, vollständig folgt. Zuweilen scheint der ganze Knochen in grösserer Ausdehnung aufgetrieben zu sein. In solchen Fällen ist es schwierig, sogar unmöglich, zu entscheiden, ob eine Exostose a m Knochen oder eine anderweitige Neubildung im Knochen, oder (sofern die Anamnese keinen Anhalt gewährt) vielleicht gar blos eine Parulis sich entwickelt. Letztere wird freilich in den nächsten Tagen bestimmt erkannt werden; im Uebrigen aber können noch längere Zeit diagnostische Zweifel bestehen (vgl.' pag. 282). Eine innere Behandlung wird nur dann zu empfehlen sein, wenn die Geschwulst nachweisbar auf einer Dyskrasie beruht. Hat sie sich aber langsam und schmerzlos entwickelt, ist es somit eine wahre Exostose, so gelingt ihre Beseitigung nur auf operativem Wege, und zwar in der Begel nur durch Besection. II.

Cysten, Fibrome, Enchondrome.

Auf den, namentlich von D u p u y t r e n aufgestellten Begriff „Knochencysten", unter welchen a l l e im Gewebe des Unterkiefers entwickelten, von einer Knochenschale umgebenen Geschwülste subsumirt wurden, brauchen wir nicht nochmals einzugehen"). Die Mehrzahl dieser Geschwülste waren wohl Fibrome; jedoch scheinen auch C y s t e n und E n c h o n d r o m e relativ häufig am Unterkiefer vorzukommen. Die ätiologischen Verhältnisse dieser Neubildungen

') Vgl. Bd. II. pag. 57'«.

318

Krankheileo des Unterkiefers.

sind auch hier ganz dunkel. Erschütterungen und Quetschungen, auch fehlerhafte Richtung des letzten Backzahns werden als Veranlassungen aufgeführt 1 ). Die erste Krankheits- Erscheinung ist in der Regel ein dumpfer S c h m e r z , der von Zeit zu Zeit exacerbirt, und ein Gefühl von Schwere in dem Knochen. Heftigkeit und Art des Schmerzes scheinen davon abzuhängen, ob die Geschwulst auf den Nervus alveolaris inf. einen Druck ausübt oder nicht. A n s c h w e l l u n g des Unterkiefers an der leidenden Stelle tritt erst nach längerer Zeit auf. Dieselbe ist gleichmässig, zeigt weder Höcker noch Vertiefungen, und lässt, wenn die Verdünnung der knöchernen Schale hinreichend weit gediehen ist. Pergamentknittern unter dem Fingerdrucke vernehmen. Die Z ä h n e in der Gegend der Geschwulst werden zur Seite gedrängt oder fallen aus. Die Bewegungen der Z u n g e werden behindert und somit das Sprechen, später auch das Kauen erschwert. Gewöhnlich erst nach mehrjähvigem Bestehen erreicht die oft periodisch weiter wachsende Geschwulst eine solche Grösse, dass sie die knöcherne Schale durchbricht und ihr VVachsthum unter der Mundschleimhaut weiter fortsetzt. Die äussere Haut bleibt unversehrt, der Schmerz mässig; Anschwellungen der submaxillaren und der supraclavicularen Lymphdrüsen treten nicht auf. Die B e h a n d l u n g kann nur in der Exstirpation bestehen. Diese ist, wie D u p u y t r e n gezeigt hat, möglich, ohne dass die Continuität des Unterkiefers unterbrochen wird. Hat die Geschwulst keine allzu bedeutende Grösse erreicht, so braucht man die Mundöffnung zum Behuf ihrer Exstirpation nicht blutig zu erweitern. Auf den hervorragendsten Theil der Geschwulst macht man in der Mundhöhle mit einem starken Messer eine tiefe Incision, welche um so leichter auszuführen ist, als die Zähne gewöhnlich ausgefallen sind. Wenn die knöcherne Schale zu hart ist, um sie mit dem Messer spalten zu können, so nimmt man Meissel und Hammer oder eine schneidende Knochenzange zu Hülle. Das blossgelegte Gewächs wird dann mit einem Hebel oder einer starken Zange herausbefördert. Gelingt dies nicht vollständig, so zerstört man die Ueberreste mit dem Ferrum candens. Die Schrumpfung der auf solche Weise entleerten „Knochencyste" erfolgt meist schnell und ohne üble Zufälle. Auch bei.Fibromen und Enchondromen ohne knöcherne Schale') ' ) Vgl. F o r g e t , Recbercbes sur le« kystes des os maxillaires, Juin *) Die grossartigste

und glücklichste Abtragung

1840.

eines E u c h o o d r o a i r der

Man-

d i b u l a verrichtete D i e f e n b a c h (s. Operative Chirurgie, Bd. II. pag. 6 2 ) ; Geschwulst reichte bis zur Herzgrube

hinab!

die

Neubildungen.

319

wird man die Continuität des Unterkiefers wo möglich MI erhalten suchen, wenn auch ein schwieriges und zeitraubendes Abpräpariren und Aussagen erforderlich sein sollte, um den gesunden H e i l des Knochens zu bewahren (vgl. pag. 297). III. Sarcom nnd Krebs. Sarcom und Krebs des Unterkiefers sind häufig. Der Krebs gellt gewöhnlich von den Weichtheilen und am Häufigsten von der Unteilippe aus. Sarcome nehmen meist im Knochengewebe selbst ihren Ursprung und beginnen entweder am Alvcolarrande in Gestalt einer „Epulis" oder im Körper des Knochens als „Osteosarcom". Neben dem gewöhnlichen Epithelialkrebs sei eint auch der Colloidkrebs im Körper des Unterkiefers \( rzukommtn. Durch die Durchsichtigkeit seines Gewebes getäuscht, hat man zuweilen eine seröse Cyste voi sich zu haben geglaubt, während es sich um Colloidmasseu handelte, durch welche das Knochengewebe verdrängt war. Geht ein Carcinom von der Unterlippe auf die Mandibula über, so erfolgt immer zuerst eine ausgebreitete Verwachsung zwischen beiden, die Krebssubstanz selbst aber durchbricht an mehreren Stellen in verhältnissmässig geringer Ausdelnung das compacte Knochengewebe, u n sich demnächst in der gefässreichen Marksubstanz weiter zu verbreitei. Man kann auf die Ausdehnung des Careinoms im Innern des Unterkiefers einen Schluss ziehen, wenn man genau beachtet, wie weit das Periost verdickt, leicht ablösbar und reichlich mjicirt, der darunter liegende Knochen aber porös und hyperämisch ist. Jedoch erstreckt der Krebs sich in der spongiösen Substanz oft noch viel weiter'). Die einzige Hülfe besteht, wenn man sici nicht aut ein reu palliatives Verfahren beschränken will, in der R e s e c t i o n des erkrankten Knochentheils, wobei alle Schnitte, sowohl im Knochen als in den Weichtheilen, durchaus nur im Gesunden zu führen sind. Die Prognose nach der Operation ist bei weitem günstiger, wenn die Weichtheile ganz unversehrt oder doch nur in geringer Ausdehnung ergriffen sind. Von übler Bedeutung ist hier, wie Uberall, die Infiltration der zugehörigen Lymphdrüsen. Jedoch darf m a n , nach den vorliegenden Erfahrungen, durch Anschwellung derselben sich von einem operativen Eingriff nicht abhalten lassen. Man soll sie, nach den Erfahrungen von S c h u h sogar zurücklassen können, wenn sie beweglich sind. Sicherer geht man aber gewiss, wenn n a u die angeschwollenen Drüsen stets mit dem Knochen zugleich entfernt. ') Vgl. P o h l , in C a n s t a t t ' * Jahresbericht pro 1 8 5 7 , Bd. IV. pag. 3 2 8 .

320

Krankheiten de« Unterkiefer*.

Drittes Capi tel.

Resection und Exarticulation des Unterkiefers. R e s e c t i o n en am Unterkiefer sind gewiss schon in alter Zeit ausgeführt worden; aber sie betrafen nur Theile des Alveolarfortsatzes. Dagegen ist die R e s e c t i o n a u s d e r g a n z e n Dicke des Knochens, durch welche die Continuität des von ihm gebildeten Bogens in mehr oder weniger grosser Ausdehnung unterbrochen wird, eine Errungenschaft der neueren Chirurgie und ihre Einführung in die Praxis ein Verdienst D u p u y t r e n ' s , der sie 1812 zum ersten Mal mit dem glänzendsten Erfolge ausführte. Mit grosser Schnelligkeit verbreitete sich diese Operation Uber alle Länder; schon 1839 konnte V e l p e a u ' ) 160 Fälle zusammenstellen, von denen 120 glücklich verlaufen waren. — Die E x a r t i c u l a t i o n einer Unterkieferhälfie wurde zuerst wegen Zerschmetterung von F i s c h e r 1793, wegen Degeneration von P a l m 1820, dann von G r a e f e u. A. ausgeführt. Die I n d i c a t i o n für Resection oder Exarticulation des Unterkiefers liefern in der Regel G e s c h w ü l s t e dieses Knochens. Unter welchen Umständen die Exstirpation der Geschwulst oder die Ausoder Abschälung derselben vom Knochen zulässig ist, wurde bereits im 2. Capitel erörtert. Viel seltener indiciren Caries, Knochenabscess, Nekrose, Zerschmetterungen oder Kieferklemme (Cap. I) die Operation. Das o p e r a t i v e V e r f a h r e n muss, je nach dem Sitze, der Ausdehnung und Beschaffenheit der Geschwulst, durch welche die Resection indicirt wird, so wie nach der Beschaffenheit der Weichtheile, mannigfaltige Modificationen erleiden. Jedoch lassen sich im Allgemeinèn gewisse Regeln aufstellen. 1) T r e n n u n g d e r ä u s s e r e n W e i c h t h e i l e . Man macht Schnitte, welche theils längs der Basis des Knochens oder doch mit derselben parallel verlaufen, theils rechtwinklig gegen diese gerichtet sind.. Sollen grosse Stücke des Unterkiefers entfernt werden, so führt man in jeder der beiden angegebenen Richtungen einen Schnitt und lässt beide entweder in der Mittellinie, oder am Winkel des Unterkiefers zusammentreffen. Bèi der vorwiegenden Häufigkeit von Pseudoplasmen im Kinntheile des Knochens ist die verticale Spaltung der Unterlippe und die Fortsetzung dieses Schnittes gegen das Zungenbein hin am Häufigsten erforderlich. Jedenfalls sind die der Basis ') Médecine opératoire, Tom. II. pag. 621.

321

Reseclion.

des Knochens oder d e r Mittellinie entsprechenden Incisionen weniger verletzend und hinterlassen weniger entstellende Narben, als die v o m Mundwinkel ausgehenden Spaltungen d e r W a n g e in der Richtung gegen den Kieferwinkel hin, zu welchen man nur unter ganz besonderen Verhältnissen seine Zuflucht nehmen dürfte. Die geradlinig und am Besten auch rechtwinklig durch die gedachten Schnitte u m grenzten Lappen müssen nicht blos die Haut, sondern alle überhaupt noch gesunden Weiehtheile (mit Einschlnss des Periost) enthalten. Man schneide daher von Anfang an bis auf den Knochen, und löse die Weiehtheile sänuntlich mit grossen, langen Zügen ab. Ist ein Schnitt längs d e r ganzen Basis erforderlich, so muss man auch die Art. maxillaris externa quer durchschneiden. Man unterbindet sogleich ihre beiden Enden; eine weitere Bedeutung hat diese Verletzung ebenso wenig w i e die Durchschneidung d e r Antlitzvene. Die A u s d e h n u n g , in welcher die W'eiehllieile erkrankt sind, ist o f t maassgebend für die SchniUfiihrung, namentlich sind V f ö r m i g e und ovale Excisionen in d e r bereits beim Lippenkrebs und bei der Lippenbildung angegebenen Weise o f t erforderlich. Hier passt dann D i e f f e n b a c h ' s , manchmal irrig interpretirter Ausspruch: „ O f t m u s s anders geschnitten werden, als man es gelernt." 2) D i t r c h s c h n e i d u n g d e s K n o c h e n s . Eine schmale SlichsHge ist l'ilr die meisten Fälle das bequemste Instrument. Oft lässt sich die Durchschneidiing mit einer gewöhnlichen Amputationssäge ausführen; auch die Ketlensäge ist anwendbar, gewählt jedoch keine besonderen Vorllieile. l ' m den Unterkiefer mit letzterer zu durchschneiden, muss man sie mit Hülfe einer starken Nadel dicht hinter dem Knochen hindurchziehen und den Schnitt dann von Innen nach Aussen führen. In derselben Weise liisst sieh auch die Stichsäge handhaben, wenn man ihr vorläufig mit einem schmalen Sealpell dicht an der inneren Fläche des Knochens einen W e g gebahnt hat. Die Operation kann wesentlich abgekürzt werden, wenn man eine grosse, starke, schneidende Knochcnzange (nach L i s t o n ) zu Hülfe nimmt. Mit derselben lässt sich der Unterkiefer jüngerer Individuen an jeder beliebigen Stelle glatt und ohne Splitterung, in ähnlicher W e i s e w i e die Lippe mit einer Scheere, durchschneiden; man muss aber Sorge tragen, dass die schneidenden Enden d e r Zange genau rechtwinklig gegen die Achse des Knochens aufgesetzt und ihre A r m e demnächst mit hinreichender Kraft zusammengedrückt werden. I m Allgemeinen thut man gut, in die Basis des Unterkiefers eine tiefe Furche einzusägen, bevor man die L i s t o n ' s c h e Zange ansetzt. Dadurch wird die Durehsehneidung erleichtert und d e r Splitterung sicherer vorgebeugt, ß i m l e l r h r n , Chirurgie.

7. Aull. III,

2 t

322

Krankheiten Ich h a b e m i t d e r L i s t o n ' s c h e n

des U n t e r k i e f e r s . Z a n g e s o w o h l den B o g e n , a l s a u c b d e n a u f s t e i -

g e o d e o Ast d e s U n t e r k i e f e r s o h n e G e b r a u c h d e s C h l o r o f o r m s , bei w e l c h e r

Anwendung an

der Säge

oft

ß e d e u t u n g verlieren, h a t der Säge, und namentlich

entschieden

weniger

Raum

d e n Vorzug v e r s c h a f f t . d a r a u f zu s e h e n , laufe.

braucht,

glatt durchschnitten.

die Vortheile des

schnellen

Operirens

d e r S t i r h s i i g e , f ü r welche

als f ü r i r g e n d eine K n o c h e n z a n g e ,

immer

Hie sehr man mehr

Auch ist h i e r , wie bei allen O p e r a t i o n e n a m M u n d e , sorgfältig

dass

dein

Patienten

kein

Blut

in

die

l.uftwege

Ii i n a b -

Vgl. p a g . 3 1 0 . Beim

führen, werflieb, benden

die

beiden

des U n l e r k i e f e r b o g c n s

d i e S c h n i t t e in d e r Art s c h l a g zu

S c h n i t t f l ä c h e n n a c h h e r g e n a u auf e i n a n d e r p a s s e n ,

da es n i e m a l s in d e r A b s i e b t d e s O p e r a t e u r s Stücke

vereinigen. Zunge

Durchschneiden

dass

der

Kinnlade

Hierdurch

gegen

würde

einander

die G e f a h r ,

liegen

kann,

die

ist

ver-

zurückblei-

zu d r a n g e n u n d d i r e c t mit e i n a n d e r 711

welche

aus

e n t s t e h t , ganz absichtlich vermehrt werden.

der

Zurück drängnng

der

Vgl. pag. 3 2 4 .

3) T r e n n u n g d e r i n n e r e n W e i e h t h c i l e , A b l ö s u n g d e s Bodens der Mundhöhle. Manche W'undürzlc wollen diesen Act der Operation vor die D u r c h s c h n e i d u n g des Knochens verlegen, indem sie Z e r r u n g , Zerreissung u n d Q u e t s c h u n g d e r inneren WeichIheile d u r c h die Säge befürchten. Dies Alles liisst sielt jedoch vermeiden. In der Regel sind die an der inneren Seile des Knochens liegenden Weichlheile e r k r a n k t , u n d m a n w ü r d e d a n n , wollte man sie vor d e r Durchsägung des Knochens a b l ö s e n , dieselben zwei Mal zu durchschneiden h a b e n , das erste Mal dicht am Knochcn, das zweite Mal an d e r Grenze d e r E r k r a n k u n g , w o d u r c h unnölhiger Aufenthalt u n d jedenfalls ein viel grösserer Blutverlust veranlasst werden w ü r d e . Sögt man in der Richtung von Aussen nach Innen, so hat man nicht n ö t h i g , vorher irgend eine Ablösung am Boden d e r Mundhöhle vorzunehmen. Soll die Säge von Innen nach Aussen geführt werden, so m u s s vorher ein kleiner Spalt f ü r das Durchführen der Säge a n gelegt w e r d e n . Das Periost von der hinteren Fläche des Knochens abzulösen, ist zwar w ü n s c h e n s w e r l h , d ü r f t e a b e r seilen gelingen.

Spcclelle Beschreibung der Operation 1 ). a)

Resection

des

Kinntheils.

Der Kranke befindet s i c h , sofern (wie gewöhnlich) die Chlorof o r m b e t ä u b u n g a n g e w a n d t w e r d e n soll, in d e r pag. 3 1 0 beschriebenen Lage mit h i n t e n ü b e r h ä n g e n d e m Kopf.

Soll er g a r nicht oder doch

n u r w ä h r e n d des ersten Acts d e r Operation b e t ä u b t werden, so sitzt er a u f r e c h t auf einem S t u h l e , hinreichend ')

unterstützen

Die R e s e c t i o n

des

und

auf welchem ihn m e h r e r e GehUlfen namentlich

ein

h i n t e r dem

A I v e o 1 a r r . i n d e s w u r d e b e r e i t s pag

29ß

Kranken

beschrieben.

Reseclion. stehender

323

Gcliillfc mit beiden Händen

den Kopf M i t , indem e r zu-

gleich mit seinen Fingerspitzen die Art. maxillaris externa Seiten des Unterkiefers comprimirt.

zu beiden

Ein Geliiilfe fasst mit Zeigefinger

und

Daumen die linke Hälfte d e r Unterlippe, w ä h r e n d der O p e r a t e u r

die

rechte in derselben

Weise ergreift u n d die Lippe demnächst in

der Mittellinie bis u n t e r das Kinn hinab spaltet. bis auf den Knochen. den

Dieser Schnitt dringt

Wird es wegen d e r Grösse des zu e n t f e r n e n -

Stücks erforderlich, die erste Incision bis zum Zungenbein zu

v e r l ä n g e r n , so durchschneidet man am Halse n u r die Haut und unterliegende

Fettgewebe.

Die

Wcichtheilc

werden

nach

Seiten hin bis z u r Grenze des Gesunden hart am Knochen so

d a s s alle Arterien in dem

u n v e r l e t z t bleiben.

sogleich zurückzuschlagenden

das

beiden abgelöst, Lappen

Nun folgt, nach E n t f e r n u n g d e r etwa hinderlichen

Z ä h n e , die Durchsägung des Knochens.

Soll diese mit einer g e w ö h n -

lichen Amputationssäge g e s c h e h e n , so niuss sich d e r Operateur jetzt j e d e n f a l l s hinter den Kranken stellen und den Kopf desselben etwas n a c h Hinten u n d z u r Seite neigen lassen.

Nachdem der Unterkiefer-

bogen durchschnitten ist, verlieren seine Hälften ihren

wesentlichsten

H a l t ; f ü r den zweiten Schnitt niuss d a h e r die betreffende Seitenhälfte von einem

Gehülfen und von dem Operateur selbst sorgfältig

fixirt

w e r d e n , w a s durch den Gebrauch einer starken Hakenzange, mit der man

den Knochen

leichtert wird.

nahe der ersten Schnittlinie fasst, wesentlich e r -

Das ausgesägte Stück wird dann mit d e r linken Hand

etwas h e r v o r g e z o g e n , die U m g e b u n g

gesäubert und

demnächst

die

Grenze d e r E r k r a n k u n g in den Weichtheilen der Mundhöhle möglichst g e n a u bestimmt.

Ist n u r der Knochen e r k r a n k t , so schält das

g e f ü h r t e Messer denselben sogleich mit einem Zuge heraus.

flach

Erstreckt

die Degeneration sich am Boden der Mundhöhle w e i t e r , so wird sie vorsichtig von beiden Seiten h e r u m s c h n i t t e n ,

demnächst

mit

d e m ausgesägten Knochenstück zugleich alles E r k r a n k t e entfernt.

In-

zwischen Oben

und

h a t ein Gehülfe die Zunge gefasst, um sie nach Vorn und

oder z u r Seite zu ziehen u n d sie d a d u r c h sowohl vor

Ver-

letzung zu schützen, als auch ihre Zurückziehung gegen den Schlund, welche nach Ablösung d e r Mm. genioglossi u n d geniohyoidei zu b e fürchten i s t , zu v e r h ü t e n .

Will m a n

die Zunge mit

den

Fingern

fassen, so m u s s m a n ein Stück Leinwand um sie l e g e n , da die F i n ger sonst allzuleicht abgleiten.

Eine d u r c h das Z u n g e n b ä n d c h e n und

n a h e demselben durch die S u b s t a n z der Zunge mit einer Nadel liind u r c h g e f ü h r t e Fadenschlinge g e w ä h r t m e h r Sicherheit, als das Fassen mit

den F i n g e r n ,

und

ist

weniger

verletzend,

als

das

eines Hakens.

21*

Einsetzen

324

Krankheiten des Unterkiefers.

Zum Behuf d e r B l u t s t i l l u n g m u s s man in der Regel einige kleine Arterien u n t e r b i n d e n , namentlich die Submentalis. Die Blutung a u s der Coronaria labii ist, wenn der Schnitt in der oben a n g e g e b e nen Richtung g e f ü h r t w i r d , u n b e d e u t e n d und kann durch eine gut angelegte Naht gestillt werden. Sollte die Art. alveolaris inferior eine störende Blutung aus der Schnittfläche des Knochens liefern, so verschliesst m a n ihren Canal durch einen Wachspfropf. Die Weichtheile w e r d e n d u r c h Nähte vereinigt. — Entstehen nachträglich Eiterungen in den Weichtheilen, so müssen, wenn die W u n d e bereits geschlossen ist, Punctionen gemacht w e r d e n . Statt einer einfachen verticaleu Incision muss man einen VSchnitt nicht blos dann m a c h e n , wenn die Haut in entsprechender Ausdehn u n g e r k r a n k t ist, s o n d e r n auch wenn g e s u n d e Haut wegen der b e trächtlichen A u s d e h n u n g durch die unterliegende Geschwulst im Ueberschuss v o r h a n d e n ist. In solchen Fällen rieth G e n s o u l , das V nicht in d e r Mitte, s o n d e r n , von dem einen Mundwinkel a n f a n g e n d , a u s z u s c h n e i d e n , w o d u r c h er verhüten zu können hoffte, dass die Lippe nicht später d u r c h die in der verticalen Narbe eintretende Verkürzung zu niedrig würde. Wesentlicher d ü r f t e es sein, eine Verlänger u n g d e r verticalen Schnitte bis zum Zungenbein zu vermeiden, und statt dessen, um den Knochen in grösserer Ausdehnung entblössen zu k ö n n e n , lieber einen I S c h n i t t zu m a c h e n , dessen liegende Scheukel d e r Basis des Unterkiefers entsprechen. Unter den ü b l e n Z u f ä l l e n nach der Operation müssen wir zunächst der Z u r ü c k z i e h u n g d e r Z u n g e und der d a d u r c h bedingten Erstickungsgefahr g e d e n k e n , auf welche man schon w ä h r e n d des letzten Operationsactcs gefusst sein muss. Wurde n u r ein sehr kleines Knochenstück (im Bereich der Schneidezähne) entfernt, so ist die Z u r ü c k z i e h u n g d e r Zunge nicht zu fürchten, d a ihre Befestigung am Unterkiefer d u r c h den Boden d e r Mundhöhle, auch n a c h d e m die Hervorzieher d e r Z u n g e ganz ausser Thätigkeit gesetzt sind, hinreicht, um den Zurückziehern (Stylohyoides, styloglossus, stylopliaryngeus, Constrictores pharyngis) Widerstand zu leisten. Je grösser a b e r das ausgeschnittene Knochenstück ist, desto m e h r hat m a n , bald f r ü h e r , bald s p ä t e r , Erstickungszufälle zu befürchten. Nicht selten kommt die Z u r ü c k z i e h u n g d e r Zunge erst l ä n g e r e Zeit nach der Operation zu Stande. Vgl. B é g i n , Mémoire sur la resection de la mâchoire inférieure considérée dans ses rapports avec les fonctions du pharynx

et du larynx (Annal, de la chirurg. franc.

Caris 1 8 4 3 . T. VU. pag. 38.Ï u. f. Von besonderem Belang ist das durch die Zurückziehung der Zunge

bedingte

Respiratiunshinderoiss, wrnu die l'atienteu an dem, hei alten Leuten so srlir häutigen

325

Resection.

chronischen Bronchialkalarrh leiden. Jedenfalls hat man allen Grund, die Zurückziehung d e r Zunge, da durch dieselbe Verengerung des Pharynx und Behinderung des LufteioIritts in den Kehlkopf veranlasst wird, als ein übles und schwer zu verhütendes Ereigniss nacb einer ausgiebigen Resection im Mittelstück des Unterkiefers zu betrachten. Der Rath von B e g i n , welcher in neuerer Zeit auf Grund anderweitiger Erfahrungen von H u t i n wiederholt n o r d e n ist, man solle n a c h diesen Resectionen die äusseren Weichlheile niemals durch die Naht vereinigen, sondern der Eiterung überlassen, dürfte io solchen Fällen Beachtung verdienen, wo bei der Vereinigung durch die Naht ein Zurückdrängen

der Zunge nicht

vermieden werden

kann.

In vielen Fällen wird man nach

vollendeter Vernarbung der Weichtheile die übrig gebliebene Lücke durch eine plastische Operation ausfüllen k ö n n e n , durch Narbensubstanz

da die Zunge dann voraussichtlich

nach den Seiten bin

so viele neue Befestigungen erhalten b a t , dass eine erhebliche

Zurückdrängung nicht zu befürchten steht.

Die zurückbleibenden Seitenhälften des Unterkiefers werden stets nach Innen und Oben verschoben. In dieser Stellung bleiben sie unbeweglich, da durch Entfernung der vorderen Insertion des Digastricus der wesentliche Herabzieher des Unterkiefers ausser Thätigkeil gesetzt, und die Verbindung zwischen Mandíbula und Zungenbein auf die schwachen Fasern des Mylohyoideus beschränkt ist. Wird das resecirte Stück durch neue Knochenmasse ersetzt, so ist dadurch auch die Möglichkeit zur normalen Function der Mandíbula gegeben. Gewöhnlich geschieht dies nicht, und die Patienten sind dann überhaupt ausser Stande, feste Nahrungsmittel zu geniessen, oder sie können sie wenigstens nicht gehörig kauen und einspeicheln, was namentlich für Brod, Kartofl'cln und andere Amylacea von grosser Bedeutung ist. Die dadurch bedingten Ernährungsstörungen, wahrscheinlich in Verbindung mit dem durch die Verengerung des Pharynx bedingten Rcspirationshinderniss, können zureichen, um namentlich bei älteren Leuten den Tod herbeizuführen. Ausser der Zurückziehung der Zunge kann, bei grosser Heftigkeit der Entzündung, auch eine starke Anschwellung der Weichtheile des Halses in den ersten Tagen ein Respirationshinderniss abgeben. Man sucht in allen diesen Fällen die Zunge nach Vorn zu bringen, indem man den Operirten so viel als möglich aufrecht sitzen und Nachts auf der Seite liegen lässt. Gegen plötzliche Erstickungszulalle sichert eine durch das Frenuliim gerührte Fadenschlinge, an welcher man die Zunge leicht hervorziehen katin. Sollte dies bei eintretender Erstickungsgefahr nicht ausreichen, so müsste man zur künstlichen Eröffnung der Luftwege schreiten (La I lern a n d ) . Weniger häufig nehmen N a c h b l u t u n g e n die Aufmerksamkeit des Wundarztes in Anspruch. Gewöhnlich "empfiehlt man das Glüheisen zur Stillung derselben; in leichteren Fällen, namentlich bei Blutungen aus der Alveolares inferior, reicht die Tamponade aus,

326

Krankheiten des Unterkiefers.

und man wird dieser hier uin so mehr den Vorzug geben, als durch die Anwendung des Glüheisens Nekrose des Knochenstücks, aus welchem die Blutung k o m m t , könnte.

in grösserem Umfange veranlasst werden

Dadurch würde die Heilung sehr verzögert werden.

Wurden

die Weichtheile

in der Kinngegend nicht vereinigt,

so

bedingt der, alsdann unvermeidliche, fortdauernde Speichelverlust eine üble Complication.

Lässt

sich

eine plastische Operation

nicht

aus-

führen, so muss man durch ein passend gepolstertes künstliches Kinn von S i l b e r ,

Hartgummi oder dgl. eine,

freilich

nie ganz genügende

Abhülfe zu schaffen suchen. b) R e s e c t i o n

des ganzen

h o r i z o n t a l e n T h e i I s ( U o g e n s ) des

Unterkiefers.

Mit einein kräftigen Zuge werden die äusseren Weichtheile von dem

einen Angulus

mandibulac zum anderen

längs der Basis

Knochens durchschnitten, demnächst von Unten nach Oben und in die Höhe gezogen.

Der Knochen

in der früher beschriebenen krankung,

durchsägt.

Im Ucbrigcn

Mittelstücks angegebenen beachten.

liegt nun

jenseits

bloss und wird

der Grenze seiner E r -

sind alle bei der Reseetion des

Vorsichtsmaassregeln

auf's Sorgfältigste

zu

Um den Knochen leichter entblössen zu können, fügt man

zu dem angegebenen der Lippe.

Weise,

des

abgelöst

horizontalen

Schnitte

eine

vertieale

Spaltung

In den meisten Fällen, wo eine so ausgedehnte Hesection

erforderlich wird,

sind

aber voraussichtlich

die Weichlheilc

gleich-

falls in der Art erkrankt, dass dadurch die Richtung und Anordnung der Schnitte in denselben wesentlich bestimmt werden wird. c) H e s e c t i o n

Spaltung

einer

Seitenhälfte

der Unterlippe

oder eines

und lncision

Tlieils

derselben.

längs der B a s i s ,

so weit

es die Erkrankung des Knochens erheischt, ist für die Mehrzahl der Fälle erforderlich.

Kleine Geschwülste lassen sich auch

in der Art

exstirpiren, dass man von einer der Basis des Knochens

entsprechen-

den lncision aus die Weichtheile hart an der vorderen

und hinlercu

Seite des Knochens a b l ö s t , die Durchschneidung

und dann mit einer schmalen Slichsäge

an der vorderen und hinteren Grenze der Ge-

schwulst ausführt ( B . v. L a n g e n b e c k ) .

Will

man mit dem Bogen

des Knochens zugleich einen Tbeil des Astes r e s c c i r e n , so fügt mau zu dem längs der Basis verlaufenden horizontalen Schnitte einen dicht vor dem Ohre hinaufsteigenden vertiealen hinzu, welcher alle W e i c h theile bis auf den R a m u s mandibulae, namentlich also auch die Parotis durchdringt und daher stets eine erhebliche Blutung hat.

zur

Folge

Beim Durchschneiden des R a m u s mandibulae selbst ist a u f den

327

Resection.

Nervus alveolaris inferior zu achten.

Soll die T r e n n u n g in der Nähe

seiner Eintrittsstelle ausgeführt werden, so ist es, um Z e r r u n g zu verh ü t e n , zweckmässig, ihn vorher zu d u r c h s c h n e i d e n . ;/) l l e s e c t i o n

einer

ganzen

Hesection m i t einseitiger

Kieferhälfte.

Exarticulation.

Die Weichtheilc werden in d e r eben beschriebenen Weise d u r c h s c h n i t t e n ; n u r wird der verticale Schnitt vor dem Ohre bis ü b e r den Jochbogen a u f w ä r t s verlängert.

Nach Ablösung d e r Weichtheilc d u r c h -

sägt man den Knochen in d e r Mittellinie.

Dadurch

wird die a u s z u -

lösende Knochenhälfte beweglicher u n d dem Messer leichter zugängig. Z u n ä c h s t löst m a n Ligamentum

die Sehne des Temporaiis ab.

laterale extern um

durchschnitten

und

Dann wird

das

die Kapsel

von

Aussen und Vorn geöffnet. Durch rotirende Bewegungen d r ä n g t m a n den Gelenkkopf nach Aussen u n d Vorn, und durchschneidet die Kapsel in seinem ganzen Umfange mit kurzen Messerzügen. externus

Der Pterygoideus

wird am Halse des Proc. condyloidcs mit dem

flach

und

genau an den Knochen angelegten Messer abgelöst; indem man weiter aiu Knochen hinabgleitet, löst mau die übrigen Weichtheile, lich

den Pterygoideus

internus

und

das Ligam. laterale

namentinternum.

Hält man sich mit dem Messer hart am K n o c h e n , so kann m a n die Verletzung d e r Maxillaris interna meiden.

Dagegen werden

und d e r Carotis externa stets ver-

m e h r e r e Aeste der

die Alveolaris inferior, Temporaiis

ersteren,

namentlich

p r o f u n d a und Masseterica,

die Temporaiis superficialis wohl immer durchschnitten.

sowie

Die Blutung

ist meist so heftig, dass man gut thut, j e d e s spritzende Gefäss sogleich nach der Durchschncidung zu u n t e r b i n d e n .

Man

rnuss

deshalb alle

Schnitte so f ü h r e n , dass m a n dem t r e n n e n d e n Messer stets mit dem Auge folgen k a n n . In

früheren

J a h r z e h n t e n e n t s c b l o s s m a n s i c h , a u s F u r c h t vor e i n e r

lichen B l u t u n g , z u r U n t e r b i n d u n g section.

lebensgefähr-

d e r C a r o t i s c o m m u n i s vor d e m Beginne d e r Re-

Dies i s t alter a n sich s c h o n eine l e b e n s g e f ä h r l i c h e O p e r a t i o n , w e s h a l b m a n in

n e u e r e r Zeit e i n e s o l c h e vorläufige U n t e r b i n d u n g a u c h allgemein u n t e r l a s s e n b a t . d ü r f t e die C o m p r e s s i o n d e r C a r o t i s w ä h r e n d d e r A b l ö s u n g

der

Jedoch

inneren Weichtheile

zu

e m p f e h l e n s e i n ; d e n n s o leicht es a u c h ist, die C a r o t i s externa bei d e m A u s s c h ä l e n e i n e s g e s u n d e n U n t e r k i e f e r s u n v e r s e h r t zu e r h a l t e n , so s c h w i e r i g k a n n es w e r d e n , wenn d u r c h d e g e n e r i r t e G e w e b e d a s G e f ä s s fest an den U n t e r k i e f e r a n g e h e f t e t

Nach einer solchen Rescction

ist.

wird die zurückgelassene Kiefer-

hälftc stark gegen die verstümmelte Seite hin v e r s c h o b e n ,

so

dass

die Zunge u n d d e r Boden der Mundhöhle keineswegs den Grad von Befestigung behalten, den m a n wegen d e r Unversehrtheit des Geniohyoideus und Genioglossus d e r einen Seite vielleicht erwartet.

328

Krankheiten des Unterkiefers.

e) E j s t i r p a t i o n d e « g a n z e n

Unterkiefers.

Beiderseitige Eiarticulation.

Diese gewaltig eingreifende und verstümmelnde Operation ist in jeder Beziehung eine Verdoppelung der eben beschriebenen. Man fUhrt den horizontalen Schnitt von einem Kieferwinkel zum anderen und zwei verticale vor jedem Ohre abwärts. Die Weichtheile werden in der Richtung nach Oben von dem Knochen abgelöst, die Kinnlade in der Mitte durchsägt, und dann eine Hälfte nach der andern in der vorstehend beschriebenen Weise exarticulirt und ausgeschält. Trotz ihrer grossen Gefahren ist diese Operation doch mehrmals und auch mit glücklichem Erfolge (v. W a l t h e r ) ausgeführt worden. Sehr selten mag sie wirklich indicirt sein. D i e t z e n b a c h z. B. konnte in allen Fällen den Gelenkkopf als gesund zui-Ucklassen. Dagegen ist freilich eingewandt worden, dass von den bei der Resection zurückgelassenen Stücken der Kieferäste ganz gewöhnlich bald Recidive ausgehen. Bedenkt man aber (wie dies gerade in dem vorstehenden Einwände auch zugestanden wird), dass eine so ausgedehnte Erkrankung des Knochens, wie sie als lndication für die Exstirpatio niandibulae vorausgesetzt werden m u s s , fast immer krebsiger Natur sein wird, so fllhlt man sich viel mehr aufgefordert, in solchen Füllen jeden operativen Eingriff zu unterlassen, als das unmöglich Scheinende zu w a g e n , mit der — auch im günstigsten Falle — sicheren Aussicht auf ein baldiges Recidiv. Die Zurückziehung der Zunge und die Störung der Ernährung sind nach der totalen Exstirpation noch mehr als bei den Resectionen des Unterkiefers zu fürchten.

A d i t e

Ahtlieiliuig.

K r a n k h e i t e n

d e r

Z u n g e .

Erstes Capltel. M i s s b i l d u n g e n .

I. »sthefiimg der Zunge. Die Zunge kann bald durch ein zu grosses Frenulum, bald durch seitliche Anheftungen, bald in ihrem ganzen Umfange, oder endlich an ihrer oberen Fläche (höchst selten) festgeheftet sein.

Alle diese

Anheftungen sind meist ursprungliche Missbildungen.

Wenn sie nach

der Geburt entstanden, so sind ihnen Verwundungen,

Verbrennungen,

Verschwörungen oder Gangrän v o r a u s g e g a n g e n ; daher bestehen dann auch gleichzeitige Verkrümmungen und Substanzverluste an der Zunge, so dass durch die blosse Ablösung die DifTormität nicht ganz beseitigt wird.

Glücklicher Weise sind solche Fälle höchst selten, da die Be-

wegungen der Zunge auch nach bedeutenden Verbrennungen, Mercurialgeschwllren u. dgl. m. eine V e r w a c h s u n g hindern. Bei Weitem am Häufigsten wird die als „ z u k u r z e s bändchen" richtiger

oder auch als A n k y l o g l o s s o n

eine

Mundhöhle

vollständige

Festheftung

der

verstehen sollte) bezeichnete,

Zungen-

(worunter man jedoch Zunge

am

meist auf

Boden

einer

der

zu

weit

gegen die Spitze der Zunge hin ausgedehnten Insertion des Frenulum beruhende Anheftung der Z u n g e Gegenstand chirurgischer Behandlung. Je weiter nach Vorn desto

mehr hindert

höchsten

Grade

das

dieser

der Mittellinie so stark und

die

Gestalt

nulum

wirklich

Unten).

Der

sich an

Bewegungen,

fehlerhaften Kartenherzens

zu

kurz

wesentlichste

sie

zieht die

wie

erhält.

(in der

Nachtheil,

der Z u n g e

und

Bildung

a b w ä r t s , dass

eines blos

Frenulum

es ihre

beim

Zungenspitze

eingekerbt von aus

in

erscheint

Seltner ist das

Richtung welcher

erstreckt,

endlich

Fre-

Oben

nach

diesem

Bil-

330

Krankheiten der Zunge.

dungsfehler

für

das neugeborene

derung des Saugens.

Kind

hervorgeht,

ist

die

Behin-

Das Kind ist ausser Stande mit seiner Zungen-

spitze eine Rinne zu bilden,

wie dies für das Umfassen der Warze

erforderlich ist; zuweilen wird, namentlich bei wirklicher Verkürzung des Frenulum, auch die Ausführung der Schlingbewegungen schwierig. Höchst selten aber ist die Anheftung eine so strafte; in der Mehrzahl der

Fälle besteht das Uebel viel mehr

in der Phantasie der Militer

und Wärterinnen, als im Munde der Kinder. Menge populärer Namen für dieses Uebel. Consonanten

übt die Festheftung

Daher auch die grosse Auf die Aussprache

der Zungenspitze,

auch

der

wenn sie

nur in gcriugem Grade besteht,

einen störenden Einlluss

aus.

kommt a b e r selten in den F a l l ,

hierüber

machen zu

Beobachtungen

Man

können, weil die L ö s u n g d e r Z u n g e eine Übermässig beliebte Operation ist, wie dies bereits von F a b r i c i u s a b A q u a p e n d e n t e von

J . L. P e t i t

sehr leicht.

hervorgehoben

wurde.

Die Diagnose ist

und

übrigens

Man steckt dem Kinde einen Finger in den Mund;

greift es ihn

und saugt d a r a n ,

er-

so muss die Zungenspitze frei sein.

Fasst das Kind den Finger nicht mit der Z u n g e , so muss man den Mund öffnen,

was am Einfachsten

durch Zuhalten

geschieht, und sich dann überzeugen,

der

IXascnlöcher

ob die Zunge mit ihrer Spitze

den Lippenrand erreichen und sich bis zum Gaumengewölbe erheben kann.

dass das Kind die Brust

nicht

nehmen will, immer auf Festheftung der Zunge zu schlicssen.

Man hüte sich a b e r ,

daraus,

Dies

hängt viel häutiger von einer fehlerhaften Beschaffenheit der Brustwarze ab.

Hierbei

ist aber nicht zu ü b e r s e h e n ,

dass Kinder mit einem

mässigen Gradé von Festheftung der Zungenspitze ausser Stande sind, an einer kurzen eingezogenen Warze zu saugen, während sie für eine lange Warze einen hinreichenden Grad von Beweglichkeit besitzen. nun die Lösung

des Zungenbändchens im Allgemeinen

eine

Da

höchst

unbedeutende Operation ist, so wird man das Kind lieber zum Saugen durch dieselbe geschickter m a c h e n , als eine andere Ernährungsweise einleiten.

Die Operation

wird

heut zu Tage weder mit besonderen

Gabeln und Messern, noch durch Unterbindung, sondern einfach mit der S c h e e r c ausgeführt. drückt man die Nase z u , sofort zwei

Der Kopf des Kindes muss fixirl sein, dann damit es den Mund a u f m a c h e , und

Finger d e r linken

unter die Zunge gleiten.

Hand zu den

des

lässt

Frenulum

Letzteres wird dadurch gespannt und kann

nun leicht in entsprechender Länge mit werden.

Seiten

der S c h e e r c

durchschnitten

Mail schneidet möglichst entfernt von der Zunge, um nicht

ein Acstchen der Art. ranina oder diese selbst zu verletzen. die Finger

keinen

Platz

unter

der Z u n g e ,

um

Finden

das Frenulum zu

331

Missbildungen.

spannen,

so s c h i e b t m a n d e n zu diesem B e h u f von J. L. P e t i t

gegebenen

Griff d e r

Hohlsonde

oder

des

Mundspatels

in

an-

der

Art

u n t e r d i e Z u n g e , d a s s d a s F r c n u l u n i in d e n A u s s c h n i t t d e s s e l b e n liegen k o m m t .

zu

In d e n g e w ö h n l i c h e n F ä l l e n wird die O p e r a t i o n d u r c h

d e n G e b r a u c h eines solchen I n s t r u m e n t e s b l o s e r s c h w e r t . — Eine N a c h b e h a n d l u n g ist in d e r Hegel unvorsichtige verletzt,

und

nicht e r f o r d e r l i c h .

ungeschickte

s o inuss m a n

die

Führung

des

B l u t u n g sogleich

Wurde

aber

durch

Schnittes

ein

Gefäss

Sichersten

durch

(am

U m s t e c h u n g ) stillen. O f t soll es z u r e i c h e n d sein, wenn man die Z u n g e d u r c h eine in den Mund gelegte C o m p r e s s e Saugen

n i e d e r g e d r ü c k t erhält und

d i e Blutung zu s t e i g e r n .

d a s Kind d a d u r c h zugleich h i n d e r t ,

Ich m ö c h t e mich j e d o c h d a r a u f ,

durch

wenn die Blutung

ü b e r h a u p t e i n e B e h a n d l u n g e r f o r d e r t , nicht verlassen. Als ein Ohler Zufall nach d e r U u r c b s c h n e i d u n g J. L. P e t i t

des Z u n g e n h ä n d c h e n s wird von

a u c h die Z u r ü c k z i e h u n g , gleichsam ein Verschlucken

d a d u r c h bedingte Krstickungsgefahr a u f g e f ü h r t .

Alan

h a t dies

der Zunge,

und die

f ü r eine Fabel

erklärt,

die nicht m e h r W e r t h h a b e als die Erzählung, dass Negersclaven zum Behuf des S e l b s t mords

i h r e eigene Zunge verschlucken sollen.

Abgesehen d a v o n , dass auch f ü r diese

letztere Angabe sich Verlheidiger g e f u n d e n h a b e n , h a t G r o s s Bd. I. pag. 3 8 8

eine

a c h t u n g mitgethcilt. Frenulum

mit den von l ' e t i t a n g e f ü h r t e n Fällen

in der l'resse incdicale übereinstimmende

Man wird j e d e n f a l l s e i n e z u a u s g e d c h n t e A b l ö s u n g

Beobdes

vermeiden.

A n d e r w e i t i g e Feslhel'tungen d e r Z u n g e w e r d e n in ä h n l i c h e r Weise mit d e r

Schcere

gelöst,

artige Pseudomembranen.

namentlich

schmale Stränge

und

brücken-

B e s t e h e n sie a b e r in g r ö s s e r e r A u s d e h n u n g ,

s o ist es b e s s e r sie vollständig a u s z u s c h n e i d e n :

man

d e r P i n c e t t e u n d s c h n e i d e t sie z u e r s t von d e r Z u n g e

fasst sie mit und dann

von

ihrem anderen Anheftungspunkte am Zahnfleisch oder an der Wange mit der Scheere ab.

Sind diese A d h ä s i o n e n

z a h l r e i c h , «so wird

O p e r a t i o n s e h r s c h w i e r i g , die B l u t u n g s t ö r e n d , u n d es k a n n ,

lich w e n n m a n g e g e n die u n t e r e Fläche d e r Z u n g e v o r z u d r i n g e n trolz aller Vorsicht

die U m s t e c h u n g

erforderlich werden.

die

namenthat,

Manchmal

b e s t e h t die a n g e b o r e n e F e s t h e f t u n g d e r Z u n g e blos in d e r V e r s c h m e l z u n g i h r e s E p i t h e l i u m s mit d e m j e n i g e n d e r N a c h b a r t h e i l e .

Eine s o l c h e

„ E p i t h e l i a l v e r k l e b u n g " k a n n leicht mit d e m F i n g e r o d e r e i n e m s t u m p f e n I n s t r u m e n t e gelöst w e r d e n . II.

Mangel der Zunge.

W e n n m a n voui F e h l e n d e r Z u n g e s p r i c h t , s o b e z i e h t sich dies n u r auf den v o r d e r e n b e w e g l i c h e n Thcil d e r s e l b e n ; d e n n d e r h i n t e r e Theil, d i e W u r z e l , fehlt niemals. Fällen u n g e w ö h n l i c h

tief,

Die M u n d h ö h l e e r s c h e i n t in s o l c h e n

die U n t e r k i e f e r z ä h n e sind n a c h I n n e n

richtet, d e r Z u n g e n s t u m p f liegt dicht v o r d e m K e h l d e c k e l ;

von

geihm

332

Krankheiten d e r Zunge.

gehen unter der Schleimbaut der Mundhöhle zwei schmale Wülste schräg nach Vorn, welche durch die zum Kinn verlaufenden Muskeln gebildet werden. Das Sehlingen und Sprechen ist erschwert, jedoch nicht in dem Grade, wie man erwarten sollte. Man kann trotz dieses Defects sprechen, schlingen und selbst schmecken. Natürlich sind die Störungen desto bedeutender, je weniger von der Zunge vorhanden ist. Der a l t e r e L o u i s chirurgie ausführlich

h a t h i e r ü b e r im M c n

Bande der Mémoires

de l'Academie

de

gebandelt.

Eine plastische Verlängerung der Zunge hat noch Niemand versucht; durch eine mechanische Vorrichtung liesse sich vielleicht die Sprache verbessern. In

d i e s e r Beziehung ist e i n e E r z ä h l u n g

des

alten

l'are

von W e r t h .

In

einem

D o r f e bei B o u r g e s l e b t e ein M a n n , d e m die v o r d e r e H ä l f t e d e r Z u n g e a b g e s c h n i t t e n w a r . Drei J a h r e l a n g

w a r er a u s s e r S t a n d e

ein

verständliches Wort

herauszubringen.

Da

v e r s u c h t e e r zufällig e i n e s T a g e s , Mährend e r g e r a d e e i n e d ü n n e h ö l z e r n e Kelle z w i s c h e n den Zähnen hielt,

u m d a r a u s zu t r i n k e n ,

mit

d e r Kelle im M u n d e zu s p r e c h e n

b r a c h t e zu s e i n e m g r o s s e n E r s t a u n e n v e r s t ä n d l i c h e W o r t e hervor.

Seil d e r Zeit

und

trennte

e r sich n i c h t m e h r von s e i n e r Kelle, die e r z w i s c h e n die Z ä h n e n a h m , w e n n e r s p r e c h e n wollte.

S p ä t e r liess e r s i c h n a c h i h r e m Modell ein h ö l z e r n e s I n s t r u m e n t m a c h e n ,

er

Halse

am

Malgaigne.

III.

trug. I'aris

Oeuvres

complètes

d'Ambroise

l'arc,

welches

uouv. e d i t . p u b l i é e

par

1 8 1 0 , T o m . II. pag. ÖÜ8.

Hypertrophie

und

Vorfall der Zunge,

Prolapsus

Makroglossa,

llnguae.

Eine zu beträchtlichc Grösse der Zunge ist, wenigstens in ihren ersten Anfängen, gewöhnlich angeboren. Gleich nach der Geburt ragt die Zunge iji solchen Fällen wenig oder gar nicht aus dem Munde hervor; mit dem Wachsthum des Kindes aber nimmt sie unverhältnissmässig stark an Grösse zu, so dass sie nach längerer Zeit nicht blos aus dem Munde hervor, sondern selbst Uber das Kinn hinabhängt. Je weiter sie hervorragt, desto stärker schwillt sie überdies an (indem sie durch den Einfluss der Luft und den Druck der Kiefer in chronische Entzündung versetzt wird), desto dicker, trockncr und rissiger wird ihr Epithelium, desto abschreckcndcr ihr Aussehen. Allmälig zieht der heraushängende Thcil der Zunge durch sein Gewicht das Gaumensegel, das Zungenbein und somit auch den Kehlkopf und den Pharynx nach Vorn, woraus eine beträchtliche Behinderung der .Schlingbewegungen erwächst. Der Speichel läuft aus dein Munde und die Luft hat freien Zutritt zur Mund- und Schlundhöhle; hieraus erklärt sich die Trockenheit des Mundes und Schlundes und der fortwährende Durst. Bei angeborener Hypertrophie der Zunge

333

Marroglossa.

wird der Durchbruch der Vorderzähne gestört; sie erhalten eine fehlerhafte Richtung nacli Vorn, üben aber ihrerseits wieder einen Druck auf die Zunge aus, durch welchen die Anschwellung gesteigert wird. Ist die Hypertrophie erst später entstanden, so wird die Zunge gleichsam von den Zähnen gcquctscht; dadurch entstehen Zerreissungen und Verschwärungen, aus denen oft beträchtliche Blutungen stattfinden. Weilerhin werden die Zähne cariös, oder fallen aus. Auch die Kieferknochen erfahren bei der steigenden Anschwellung der Zunge eine Krümmung, der Unterkiefer wird stark abwärts gedrängt, die Unterlippe weit ausgedehnt und umgeklappt. Bei der höchsten Ausbildung des Uebels entstehen tiefe, jauchende Geschwüre und zwischen ihnen verhärtete Hügel, so dass jede Ähnlichkeit mit einer normalen Zunge verschwindet. Eine Verwechselung dieses Zustandes kann, wenn man die Anamnese berücksichtigt, weder mit der durch acute G l o s s i t i s bedingten Anschwellung der Zunge, noch auch mit einem durch Gntwickelung circumscripter G e s c h w ü l s t e im Zungengewebe bedingten Prolapsus vorkommen. Man spricht auch von einem Vorfall der Zunge hei Erwachsenen, durch Lähmung der zurückziehenden Muskeln; auch hiermit würde, wenn ein solcher Zustand überhaupt vorkommt, eine Verwechselung nicht möglich sein.

Die Anatomische Uulcrsui'hnug der vergrösserten Zunge ist erst in neuester Zeit mit hinreichender Genauigkeit ausgeführt worden. Nach den in vielen Beziehungen übereinstimmenden Resultaten der von einander ganz unabhängigen Arbeiten von V i r c h o w ') und von l l i i m p h r y *), haben wir diese Krankheit nicht als eine wahre Hypertrophie, sondern als eine der Elephantiasis nahe verwandte aufzufassen. V i r c h o w namentlich fand die eigentliche Muskelsubstanz nicht hypertrophisch, wohl aber das Zwischengewebe, in letzterein überdies verdickte Arterien, erweiterte Venen und cvstoide Räume, die sich nur als Lymphgefäss-Ectasien deuten liessen. Vgl. Bd. I. pag. 431. Dagegen glaubte 0 . W e b e r 3 ) eine wahre Neubildung von quergestreiften Muskelfasern in dem von ihm untersuchten Falle nachweisen zu können. In einem von mir beobachteten Falle ergab die mikroskopische Untersuchung eine w a h r e H y p e r t r o p h i e der Muskelfasern ( G r o h e ) . Eine solche fand auch B u h l 4 ) zugleich mit beträchtlicher Verdickung der Gefäss- und besonders der Nerven-Schei-y ' ) Archiv f. pathol. Anatomie etc. Bd. VII. pag. 126. ' ) Med.-Chirurg. Transact. 1854, Vol. 63. pag. 113. Präger Viertcljalirsscbrifl 18.>5, I. >) V i r c h o w ' s Archiv Bd. VII. pag. 115. 4

) F l e c k e r und B u h l , Klinik der Geliurtskunde.

Leipzig 1801, pag. 323.

334

Krankbeilen der Zunge.

den. W. B u s c h 1 ) hat in verschiedenen Höckern einer und derselben Zunge bald wucherndes Bindegewebe, bald Muskelbündel überwiegend gefunden. 11. V o l k m a n n ' s Untersuchung *) ergab gleichfalls die von V i r c h o w hervorgehobenen cystoiden Räume, die er jedoch wegen ihrer oberflächlichen Lage vielleicht als hydropisch degenerirte Papillen deuten zu dürfen glaubt, zumal er die vorhandenen Papillen sehr vergrüssert fand; Muskelneubildung war nicht vorhanden, vielmehr schienen die Muskeln durch Bindegewebswucherung verdrängt. Die Prognose der höheren Grade dieses llcbels ist, wie sich aus der Beschreibung selbst crgiebl, ungünstig. Wird aber die angeborene Macroglossa gleich nach der Geburt richtig b e h a n d e l t , so lässt sich ihrer weiteren Entwickelung oft vorbeugen. Man soll dem Kinde eine Amme mit recht langen und dicken Brustwarzen verschaffen, oder ihm einen Saugepfropf geben, aus welchem die Milch schnell ausfliesst, so dass das Kind genötliigt ist, die Zunge schnell zum Behuf des Schlingens nach Hinten zu ziehen. In der Zwischenzeit muss man die Kieferränder durch einen Verband gegen einander pressen, um das Heraustreten der Zunge zu verhüten. Führt diese Behandlung nicht zum Ziele oder ist sie versäumt worden, so wird man von adstringirenden Umschlägen und Scarificationen schwerlich mehr Erfolg zu erwarten haben. Dagegen hat sich meist 3 ) das A u s s c h n e i d e n e i n e s e n t s p r e c h e n d g r o s s e n K e i l s aus der Zunge, und, wo dies nicht ausführbar erschien, die A b t r a g u n g d e s h e r v o r r a g e n d e n T h c i l s hülfrcich erwiesen. Durch die, gleichfalls vorgeschlagene D u r c h s c h n e i d u n g d e r G c n i o g l o s s i wird m a n , wenn auch eine Zurückziehung, doch schwerlich eine Rückbildung des hypertrophischen Organs erzielen können. Bei der A u s s c h n e i d u n g e i n e s k e i l f ö r m i g e n S t ü c k s a u s d e r Z u n g e verfährt man in folgender Weise. Ein Gehülfe fixirt den Kopf, ein anderer ergreift die Zungenspitze mit einer Hakenzange und zieht die Zunge möglichst stark hervor. Der Operateur stösst in der Gegend, wo das hintere Ende des auszuschneidenden Keils sich befinden soll, zwei Nadeln, in welche die beiden Enden eines ' ) Chirurgische Beobachtungen, pag. 3 5 . *) Zeitschrift f. rationelle M e d i a n , 1 8 5 7 , lieft II. ' ) Dass die Excision n i c h t i m m e r zur Heilung führt, lehrt der Fall von B l a s i u s , welchen R. V o l - k m a n n I. c. beschrieben bat.

Die Zunge vergrösserte sich in Folge

der traumalischen Entzündung dauernd so s t a r k , dass ganz verschwand. — In einem von mir 1 8 6 1

der Erfolg der Operation

operirten Falle trat nach

wieder-

holten Excisionen zwar keine a c u t e , aber doch eine alliniilige Volmnrnvertnebrung ein, so dass eine d a u e r n d e Verkleinerung der Zunge nicht erzielt werden konnte, das Kind vielmehr wegen mangelhafter Ernährung zu Grunde ging.

,

335

Macroglossa.

nahezu

1 Meter langen starken Fadens eingefädelt sind, jede etwa

1 Ccntim. von der Mittellinie entfernt, durch die ganze Dicke der Zunge von Unten nach Oben.

Nachdem die Nadeln an der oberen

Seite der Zunge herausgezogen sind, ergreift ein GehUlfe die FadenEnden in der Art, dass er mit der rechten Hand das eine derselben und zugleich den entsprechenden Theil der unter dem Kinn des Kranken hinabhiingenden grossen Schlinge, welche der Faden bildet, und mit der anderen Hand das andere nebst der anderen Schlingenhiilfte festhält, so dass er die Zunge mit den gespannten Thcilcn des Fadens genau

fixiren

kann.

Die llakenzangc ist inzwischen dem

Operateur

übergeben, der sie mit der linken Hand fasst, während seine Rechte mit zwei kräftigen Schnitten den Keil in der beabsichtigten Grösse ausschneidet,

wobei genau darauf zu achten ist, dass die Spitze des

Keils zwischen die

beiden Stichpunkte

und

des eingeführten Fadens zu liegen komme. Faden-Enden so stark angezogen,

somit

in

den

Bereich

Sofort werden nun

die

dass die Mitte des Fadens sich an

die untere Fläche der Zunge legt, und hierauf auf dem Rücken der Zunge als erste Naht zusammengeknüpft. nicht abgeschnitten,

sondern

Die Faden-Enden

werden

als Handhabe benutzt, um die Zunge

für das Anlegen der übrigen Nähte, die sämmtlich durch die ganze Dickc der Zunge geführt werden, ganz in seiner Gewalt zu haben. Dies gegen die sonst gefährliche Rl U t t i n g sicher stellende Verfahren ist im Wesentlichen das von D i e f f e n b a c h haupt angegebene.

Tür die E x s t i r p a t i o n

von Z u n g e n s t ü c k e n

über-

D i e f f e n b a c h empfiehlt ausschliesslich den Gebrauch des Messers,

indem er die Scheere, wegen der Dirke und Ziliiheit des Theiles, für nicht passend hält. Mit einer starken S c h e r r c lässt sich aber selbst eine dicke Zunge scharf und rein durchschneiden. —

Fürchtet m a n , trotz des vorgüngigen Einlegens der hintersten S u t u r , eine

bedeutende Blutung, su kann man die Zunge mit einer gefensterten Zange fassen und n ä h r e n d mit dieser comprimirt w i r d ,

erst alle Nahte anlegen.

— Auf die Nähte am

vordersten Theil der Zungenspitze m u s s besondere Sorgfalt verwandt werden, um eine ganz glatte Vereinigung zu bewirken. In der Regel werden die Suturen erst am dritten Tage entfernt, da inan hier a n d e r e Vereinigungsmitlel nicht benutzen kann und es besser ist, dass einige Stichranale in Eiterung gerathen, als dass die Vereinigung ausbleibt.

Viel-

leicht wäre es in dieser Beziehung zweckmässig, die Nähte dicht gedrängt, a b e r in der Art anzulegen, dass zwischen j e zwei fest angezogenen Suturen eine nur locker die gefasste Zungeosubstanz umschliessende eingeschaltet wird, so dass man bei steigender Entzündungsgeschwulst j e n e schon am ersten Tage entfernen, diese aber länger liegen lassen kann. Die A b t r a g u n g d e s h e r v o r r a g e n d e n F. H. v. L e u w

mit günstigem Erfolge

in seiner vortrefflichen Dissertation:

Theils

angewandt

der Zunge ist namentlich von

und von

De Macroglossa,

dessen Sohn I.. v. L e u w

ßerolini 1 8 ( 5 ,

c. Tab. (welche

auch die gesammte ältere Literatur d e r Makroglossie in sargfaltigem Auszuge mitlheilt) ausführlich beschrieben worden, Schrauben

v. L e u w

zu schliessende Klemme a n ,

legte vor der Abtragung e i n e ,

um die Blutung 7.11 verhüten,

durch drei

und unterband

336

Krankheiten der Zunge.

die g r ö s s e r e n G e l a s s e v o r L ö s u n g d i e s e s C o m p r e s s o r i u m s . N ä h t e ) in 1 ( T a g e n .

Die Heilung erfolgte

Die losen Unterkieferzähne mussten entfernt werden.

mung des Unterkiefers besserte sich unter einem leichten In B e t r e f f d e r , A n w e n d u n g kaustischen

Die

d e s écrasement

Sclineideschlioge

(ohne

Die K r ü m -

Prnckterhande.

linéaire

und der

gnlvano-

»gl. O p e r a t i o n d e s Z u n g e n k r e b s e s .

Durchschneidung

der

Genioglossi,

zuerst von

Phi-

l i p p s zur Heilung des Stotlerns') empfohlen, wird entweder von der Mundhöhle aus mit Messer oder Seheere, nachdem man die Insertion des Muskels am Unterkiefer durch Einschneiden der Schleimhaut blossgelegt

h a t , oder aber

stechung

der

während man

Haut, durch

von

der

Unterkinngegend

mit einem stumpfspitzigen den

in den Mund

aus,

nach

Tenolom

Durch-

ausgeführt,

eingeführten Zeigefinger

zu weites Vordringen des Messers verhütet.

ein

Nach den Angaben von

B o n n e t , der dies letztere Verfahren empfiehlt, schiebt man das Tenotoni am Besten in der Mittellinie hinter dem Unterkiefer hinauf und trennt beide Muskeln, indem man die Schneide zuerst nach der einen und dann nach der andern Seite wendet.

Zweites Capltel. Wunden und f r e m d e K ö r p e r . Zufällige V e r l e t z u n g e n der Zunge werden am Häufigsten durch die Zähne bei einem S e h l a g , oder Fall, der den Unterkiefer trifft, oder bei convulsivischen B e w e g u n g e n , oft auch beim Kauen und Sprechen durch schadhafte Zähne

veranlasst.

Ferner könnelt Fischgräten und

scharfe KnochenstUckehen, namentlich beim Verspeisen Geflügel,

in die Z u n g e eingebohrt

werden;

von

kleinem

auch Insectensliche

und

Schussverlctzungen kommen an ihr v o r ; endlich sind die absichtlichen Verletzungen bei Operationen sowie diejenigen, welche Geisteskranke sich gelegentlich beibringen, hier zu erwähnen.

Wenn die Verletzung

nur den Zungenrücken betrifft oder oberflächlich ist, so findet keine bedeutende Blutung statt, und man kann die W u n d e sich selbst Uberlassen.

Bei grosser Uucbenhcit

' ) Da alle z u m Behuf der H e i l u n g

der Wundränder des Stotlerns

lässt sich die Hei-

unternommenen

Operationen

trotz d e r glanzenden Erfolge, welche D i e f f e n b a c h Anfangs mit der von ihm erfundenen

„Stotter-Operation"

erzielte, sich schliesslich a U wenig oder gar

nicht wirksam, z u m grössten Tbeil aber a l s gefährlich erwiesen haben, da ferner ein v o r ü b e r g e h e n d e r E r f o l g e b e n s o , w i e d u r c h O p e r a t i o n e n a n d e r Z u n g e , a u c h d u r c h andere

schmerzhafte

Operationen

an den verschiedensten

Körperteilen

erreicht

w o r d e n ist, so glaube ich a u f eine Darstellung d e r „ S t o t t e r O p e r a t i o n e n " und d e s S t o t l e r n s selbst hier nicht weiter eingehen zu dürfen.

337

Verletzungen.

l u n g d u r c h Abtragung derselben mit d e r Sclicere und Anlegung Naht beschleunigen.

der

Hierdurch k a n n namentlich bei Schussvcrlctzun-

gen viel Zeil gewonnen und d e r sonst bei allen solchcn Verletzungen s e h r beträchtlichen E n t z ü n d u n g s g e s c h w u l s t

vorgebeugt

werden.

Um

letztere zu verhüten o d e r doch zu vermindern, m a c h t man neben der W u n d e tiefe Scarificationen.

Bei beträchtlicher

Blutung sucht

man

d u r c h U i n s t e c h u n g o d e r eine in der oben (pag. 3 3 4 u . f.) beschrieb e n e n Weise angelegte Naht, in leichteren Fällen auch wohl die A n w e n d u n g einer stetigen einer Sehicbeipincette,

Compression

zwischen den

d u r c h Aufstreuen styptischer Pulver oder die

Application des Glilheisens Hülfe zu schaffen.

Letzteres ist jedoch bei

Blutungen aus der Zunge nicht gut a n z u w e n d e n , die

Mundhöhle

durch

Branchen

erfüllenden

Flüssigkeiten

zu

da es sich in den

schnell a b k ü h l t ;

dies k ö n n t e n die heissen Flüssigkeiten Schaden anrichten. b i n d u n g d e r Art. lingualis in ihrer Continuität

über-

Zur Unter-

o d e r g a r d e r Carotis

dilrfte m a n durch eine zufällige Verletzung der Zunge selten veranlasst werden.

Vgl. Bd. II. pag. 173.

Adel mann Bd. I I I . |>ag. I I ) Zunge 2

( B e i t r ä g e z u r c l i i r u r g . P u t l i u l o g . d . A r t e r i e n , A r c h i v f. k i i n . liât d i e U n t e r b i n d u n g d e r

Mal a u s g e f ü h r t

und erwähnt auch

Carotis communis noch

wegen

Chirurg.,

Blutung

2 Falle d e r Art a u s d e r

aus

der

Literatur.

V e r b r e n n u n g e n der Zunge sowie der ganzen Mundhöhle kommen häufig v o r , meist sind sie jedoch n u r oberflächlich; dringen sie tiefer ein, so erheischt die nachfolgende E n t z ü n d u n g die im nächsten Capitel a n z u g e b e n d e Behandlung. Den V e r b r e n n u n g e n ähnlich, meist aber tiefer greifend, sind die Verletzungen durch zufällig oder absichtlich genossene Actzmiltel (Trinken von concentrirter Lauge, Scheidewasser, Schwefelsäure). Kaum jemals wird man in solchen Fällen früh g e n u g k o m m e n , um durch neutiidisiremle Antidota noch etwas nützen zu k ö n n e n . Bei d e r weiteren Behandlung sind gewöhnlich die gleichzeitigen Verletzungen des Schlundes u n d des Kehlkopfes von viel grösserer Wichtigkeit. (Vgl. Abtli. XI. u n d XIII. dieses Bandes.) Verhölüiissmässig selten bleiben f r e m d e K ö r p e r in d e r Zunge stecken. Jedoch hat m a n bei Kieferbrüchen Z a h n - und K n o c h e n splitter, auch Boinbenstücke und Kugeln in ihr angetroffen u n d letztere zuweilen o h n e Schaden längere Zeit verweilen sehen. Ihre E n t f e r n u n g ist in der Regel leicht, die Diagnose nicht immer. Einen

der merkwürdigsten

Pariser Charité,

um sich

Fälle d e r Art e r z ä h l t

wegen einer harten

deren Bewegungen gehindert wurden, Fistelgang auf

behandeln zu lassen.

der Höhe der Geschwulst,

durch

d e r Tiefe s t e c k e n d e Kugel d e u t l i c h f ü h l e n k o n n t e . e n t f e r n t ; die Heilung erfolgte R a r d c l e Ii e n , C h i r u r g i e .

Rover.

Geschwulst

welchen

Ein S o l d a t k a m

in d e r Z u n g e ,

in

die

welche

Man e n t d e c k t e e i n e n k l e i n e n man

mit einer Sonde die

Durch einen Einschnitt w u r d e

schnell.

7 . Aull. III.

durch

22

in

letztere

338

Krankheiten der Zunge.

Drittes Capitel. Entzündung und Verschwärnng. Die Z u n g e n - E n t z ü n d u n g , G l o s s i t i s , ist entweder die Folge einer Verletzung oder eines Allgcmeinleidens. Namentlich wird bei höheren Graden der Mercurialvergiftung und im Verlaufe der Pocken und des Typhus nicht selten Glossitis beobachtet. Die Verletzungen, welche Zungen-Entzündungen zur Folge haben, sind im II. Capitel erwähnt. Besonders gefährlich sind v e r g i f t e t e Wunden (vgl. Bd. I. pag. 694). Mehrere, weit verbreitete Erzählungen, deren eine bei P a r é é¿. M a l g a i g n e . secret

der Kröten

Paris 1 8 4 1 , Tom III. pag. 3 2 1 ) als die Veranlassung

heftiger Glossitis.

Ein Rauer zog sich

höchsten Grad dieses Uebels z u , indem er in Folge einer Wette «erspeiste

(Beobachtung

von D u p o n t ) .

Zwei

Oeuvres completes,

zu finden i s t , schildern das flauteine lebende

Männer s t a r b e n , nach dem

den Kröte

Berichte

P a r é ' s , an Glossitis in Folge des Genusses von W e i n , in welchem sie Salbei getban hatten, der mit dein Geifer einer Kröte besudelt war (??). — Eher glaublich erscheint die von l l y r t l (Topograph. A n a t o m i e , dem l u n g e n ,

i . Aufl. I. pag. 385} erwähnte Erzählung

der Schlangen die Köpfe ahhiss um) dabei von

run

einer Giftschlange einen

Biss in die Zunge erhielt, welcher eine fürchterliche Glossitis zur Folge hatte.

Die E r s c h e i n u n g e n der Glossitis sind wesentlich verschieden, je nachdem sie nur die Schleimhaut oder die eigentliche Substanz der Zunge betrifft, je nachdem sie ferner das ganze Organ oder nur einen Theil ergreift. Die o b e r f l ä c h l i c h e Zungen-Entzündung wird oft durch Missbrauch des Quecksilbers veranlasst, oder besteht gleichzeitig mit einer Entzündung des Schlundes oder der Gastrointeslinalschleimhaut. Sie verläuft langsam, aber hinterliisst selten üble Folgen. Die t i e f e Glossitis dagegen verläuft sehr schnell und nimmt ihren Ausgang oft in Gangrän oder Eiterung; sie kann diirch Erstickung oder durch Pyämie zum Tode führen. Stets veranlasst sie Beschwerden beim Kauen, Sprechen und Schlingen, in der Begel auch Speichelfluss. Durch alle diese Störungen leidet auch die Verdauung. Die wichtigste Erscheinung der tiefen Glossitis ist die Anschwellung der Zunge; sie drängt sich zwischen den Kiefern hervor, füllt den Pharynx zum Theil aus, schiebt die Epiglottis abwärts, hindert somit den Eintritt der Luft und veranlasst zugleich Cerebralcongestionen. Der Kranke geht, wenn keine entsprechende Hülfe geleistet wird, durch Erstickung zu Grunde. Die Gefahr ist noch grösser, wenn die Veranlassung der Glossitis an sich noch anderweitige verderbliche Folgen hat, wie bei vergifteten Wunden, namentlich bei einer Verunreinigung mit Milzbrand- oder

Entzündung und

339

VerschivBrung.

Rotzcontagium. In solchcn Füllen sieht man gewöhnlich die angeschwollene Zunge in grosser Ausdehnung brandig werden. Dies ist aber auch bei den im Verlaufe des Typhus und der Pocken auftretenden Zungen-Entzündungen häufig. In solchen Fällen kommt zu der Erstickungsgefahr noch diejenige der Gangrän. Endlich ist ein Substanzverlust an der Zunge, eine Festheftung des übrig gebliebenen Theils an den Nachbargebilden und somit Störung ihrer Function auch in den glücklichsten Füllen zu befürchten. Bei jeder tiefen Glossitis beginnt man die B e h a n d l u n g , wenn es irgend möglich ist, der Zunge bcizukoinmen, mit tiefem Einschnitte in die Zunge. Um diese zweckmässig auszuführen, entfernt man die Kiefer möglichst stark von einander und legt .Holzkcile zwischen die Zahnreihen. Die linke Hand ergreift die mit einer kleinen Comprcsse bedeckte Zunge und zieht sie hervor. Mit der rechten stösst man ein kleines Messer etwa 1 bis l 1 /» Centim. tief möglichst nahe der Zungenwurzel ein und incidirt den ganzen Znngenrücken gerade nach Vorn bis zur Spitze auf der einen Seite; derselbe Schnitt wird sogleich auf der anderen Seite wiederholt. Die hierdurch bewirkte Blutung ist sehr beträchtlich; bei einfachen und reinen Entzündungen sinkt die Geschwulst sogleich, und es erfolgt Zertheilung unter Anwendung antiseptischer Mundwässer. Aderlass

und

Blutegel

leisten viel weniger als I n c i s i o n e n .

D a r m c a n a l m ö g e n , n e n n der K r a n k e

überhaupt

schlucken kann,

A b l e i t u n g e n a u f den von N u t z e n sein

und,

in V e r b i n d u n g m i t topi9clien R l u t e n t z i e b n n g e n a m H a l s e , l e i c h t e r e Z u n g e n - E n t z ü n d u n g e n z u r Zertheilung bringen [tag. 2 3 .

könneD. —

N a c h D e m m e ( M i l i t ä r - c h i r u r g i s c h e S t u d i e n , A b t h . II.

2 . Aufl. 1 8 6 1 ) wirkt d a s B e s t r e i c h e n mit J o J l i n c l u r speciGsch

günstig.

Auch eine p a r t i e l l e G l o s s i t i s kann unter heftigen Schmerzen und Schlingbeschwerden zu einer bedeutenden Anschwellung Veranlassung geben. Gelingt es nicht durch frühzeitige Incision, welche oft schwierig ist, Zertheilung herbeizuführen, so bildet sich ein Abscess, dessen plötzlicher Aufbruch durch Erguss des Eiters in den Larynx zur Erstickung führen kann. Man tnuss deshalb, wenn die Incision Anfangs versäumt oder nicht gelungen ist, jedenfalls den Abscess so früh als möglich mit dem Messer öffnen. Als c h r o n i s c h e E n t z ü n d u n g ist wohl — wenigstens in manchen Fällen — die Makroglossie aufzufassen (vgl. pag. 321 u. f.). Bei G a n g r ä n der Zunge sind die brandigen Theile so früh als möglich zu entfernen, der üble Einfluss der Brandjauche aber durch antiseptische Mundwässer zu verhüten. G e s c h w ü r e auf dem Rücken und anij Rahde der Zunge entstehen, wie schon l l i p p o k r a t e s und C e l s u s sehr gut gewusst haben, 22*

340

Krankheiten der Zunge.

häufig in Folge d e r stetig w i e d e r k e h r e n d e n Beizung u n d Verletzung d u r c h Zahnspitzen.

Leider wird dies einfache ätiologische Vci-hiiltniss

noch oft übersehen und, statt d e r sicher zum Ziele f ü h r e n d e n Beseitigung des schadhaften Zahns, eine eingreifende B e h a n d l u n g gegen die vermeintlich zu Grunde liegende Dyskrasic a n g e o r d n e t . — k o m m e n scorbutische,

aphthöse,

mercurielle,

p r i m ä r e als s e c u n d ä r e syphilitische

Uebrigens

endlich a u c h

Geschwüre

an

sowohl

d e r Zunge

vor.

Letztere sind durch ihren langsamen Verlauf

und ihre grosse Hart-

näckigkeit vor allen anderen ausgezeichnet.

Gewöhnlich

treten sie

mit scharf abgeschnittenen Rändern und aschgraucm G e s c h w ü r s g r u n d e auf.

Seltener findet man als Ausdruck eines syphilitischen Allgemein-

leidens kleine h a r t e Hilgcl ( G u m m i k n o t e n ) , Vertiefungen verlaufen,

ohne

dass E i t e r u n g

zwischen d e n e n dabei

rissige

besteht. — Bei

allen Z u n g c n g e s c h w ü r e n erweist sich das sorgfältige Beinhalten nützlich. Auch das Betupfen mit Salzsäure und Höllenstein wird e m p f o h len. Bei

Jedoch scheint es die Heilung nicht wesentlich zu befördern. — allen

dyskrasischen Geschwüren

ist

eine e n t s p r e c h e n d e

innere

B e h a n d l u n g erforderlich.

Viertes

Cnpltel.

N e u b i l d u n g e n . Unter den Pseudoplasincn d e r Zunge sind die G c f ä s s g e s c l i w ( l i s t e und der K r e b s b e s o n d e r s wichtig. G e f ä s s g c s c h w i l l s t e an der. Zunge haben ineist den Charakter d e r einfachen Angiome; seltener sind envernüse Geschwülste. Gestielte Angiome findet man namentlich in d e r Gegend des F r e n u l i n n , entw e d e r an ihm selbst oder an der unteren Fläche der Zungenspitze haftend. Bei sorgfältiger U n t e r s u c h u n g kann ein Zweifel über die Natur dieser Geschwülste nicht stattfinden. Die Gefahr einer b e d e u t e n d e n Blutung lässt die A n w e n d u n g der Ligatur o d e r d e r Galvanokaustik bei gestielten Geschwülsten der Art räthlich erscheinen. Am Frennlum Weise a u s ,

der Kinder führt man die Unterbindung am

dass man

eine Nadel mit doppeltem Faden

bequemsten

hinter der Geschwulst

in der durch

das Frenulum stüsst und die Faden-Enden d a n n , nachdem die Schlinge am Oebr der Nadel durchschnitten ist, oberhalb und unterhalb der Geschwulst

zusammenschnürt.

Sollte die Exstirpation einer nicht gestielten Gefässgeschwulst an der Z u n g e nöthig werden, so schneidet m a n , wo möglich, keilförmige StUcke mit Berücksichtigung aller in Betreff d e r Blutung oben a n g e gebenen

Cautelen aus der ganzen Dicke der Zunge aus und erzielt

durch sorgRiltig angelegte Nähte erste Vereinigung.

Zungenkrebs.

341

K r e b s d e r Z u n g e ist häufig. Er tritt unter verschiedenen Formen auf. Meist beginnt er an der Spitze oder an den Rändern der Zunge und ergreift Anfangs die oberflächlichen Schichten. Bei dieser Art des Auftretens hat man es in der Regel mit einem E p i t h e l i a l c a r c i n o m zu thun. Zuweilen erhebt sich dasselbe auch als ein breitgestieltes Gewächs Uber die Oberfläche. Viel seltener tritt die Krebsgeschwulst mitten iiu Gewebe der Zunge auf und steigt erst allmälig zur Oberfläche empor und weiterhin über diese hinaus. Das Epithelialcarcinom der Zunge stellt alsbald ein ausgebreitetes rissiges Geschwtir mit jauchigem Secrete dar. Die übrigen Krebsformen dagegen, welche aus der Tiefe der Zunge hervorwachsen, durchbrechen die Oberfläche erst nach längerem Bestehen, um dann auch schnell zu verjauchen. Bei allen Formen des Zungenkrebses sind die Schmerzen in der Regel sehr heftig. Bald nach dein Aufbruch treten häufig Blutungen auf. Hierdurch, so wie durch die Behinderung des Kauens und Schlingens, endlich auch durch die Beimischung der Jauche zu den genossenen Speisen übt der Zungenkrebs frühzeitig einen nachtheiligcn liinfluss auf das Allgemeinbefinden aus. Widersteht der Kranke hinreichend lange, so verbreitet sich das Carcinoni Uber den Boden der Mundhöhle, zum Gaumensegel und gegen den Schlund weiter. Die Lymphdrüsen am Halse schwellen in der Regel schon früh a n ; späterhin verwachsen sie mit der von der Zunge ausgehenden Krebsmassc zu einem Ganzen. Zuweilen kommt es noch zum Aufbruch ani Halse und zur Bildung von Fistelgängcn, die dem Patienten das Schlingen nun vollends unmöglich machen. Wenn sich die Krebsgeschwulst vorzugsweise in der Richtung nach Hinten weiter entwickelt, so erregt sie bald Rcspirationsbeschwerden durch Beengung des Pharynx und Verdrängung der Epiglottis. In d i a g n o s t i s c h e r Beziehung ist vor der Verwechselung des Zungenkrebses mit den durch scharfe Zahnspitzen veranlassten Verschwärungen oder mit syphilitischen Geschwüren (welche sich oft langsam aus Gummiknoten entwickeln) zu warnen. Wenn auch in dieser Beziehung die Beachtung der für die einzelnen Formen des Krebses im Allgemeinen (Bd. I.) angegebenen diagnostischen Merkmale bei der ersten Untersuchung im Stich lassen könnte, so wird doch eine genaue Beobachtung des Verlaufs die Diagnose sichern. Die schnellste und einfachste Entscheidung liefert die mikroskopische Untersuchung kleiner, leicht abzutragender Stückchen des Gewächscs. Für die o p e r a t i v e E n t f e r n u n g krebsiger Stücke aus dem vorderen Theile der Zunge ist die bei der Hypertrophie der Zunge be-

342

Krankheiten der Zunge.

schriebene E x c i s i o n k e i l f ö r m i g e r S t ü c k e die beste Methode, üie carcinomalöse Zunge muss, da sie, ganz im Gegensatze zu der hypertrophischen und prolabirten, bei jeder Berührung sich stark zurückzieht, mit einer Balken- oder llaken-Zangc möglichst stark hervorgezogen werden, um die hinterste Naht in der pag. 334 angegebenen Weise vor der Ausschneidung des Keils eiulegen und die Schnitte selbst gehörig führen zu können. Leider ist dies Verfahren aber sehr oft nicht zureichend. Zunächst muss, wenn das Carcinoin nicht blos auf die Spitze der Zunge beschränkt ist, vor der eigentlichen Excision die untere Fläche der Zunge vom Boden der Mundhöhle abgelöst werden, wobei oft schon eine unangenehme Blutung entsteht. Grössere Schwierigkeiten bereitet der sehr häufige s e i t l i c h e S i t z des Zungenkrebses, bei welchem keilförmige Excisionen, auch wenn man die Zungenspitze bei der Anlegung der Naht, nach dem Vorgange von D i e f f e n b a c h , seitlich umklappen will, doch nur sehr selten Anwendung finden können. Iii solchen Fällen muss oft eine ganze Seilenhälfte der Zunge exstirpirt werden. Diese Operation, so wie die eigentliche A m p u t a t i o n d e r Z u n g e , d. h. das quere Abschneiden der ganzen Zunge oder doch des grössten Theils dieses Organs, erfordert, um vor der gewaltigen Blutung aus den Aeslen der Lingualis sicher zu sein, welche, wie bei der Hcsection des Oberkiefers, wegen der Gefahr des Einfliessens von Blut in die Luftwege doppelt bedenklich ist, ganz besondere Vorbereitungen. Bis vor Kurzem glaubte man entweder die Unterbindung der Arterie in ihrer Continuität oder die Anlegung einer starken Ligatur an dem zurückzulassenden Zungenstumpfe vorausschicken zu müssen. Die Schwierigkeiten, welche die U n t e r b i n d u n g d e r A r t . l i n g u a l i s darbieten kann, wurden bereits Bd. II. pag. 173 erwähnt. Die Unterbindung der e i n e n Lingualis stellt Überdies, wegen der zahlreichen Anastomosen, selbst bei Exstirpation der einen Seilenhälfte nicht ganz sicher. Deshalb hat man in der Mehrzahl der Fälle früher der L i g a t u r d e r Z u n g e s e l b s t den Vorzug gegeben und, namentlich zur AbschnUrung des hinteren Theils der Zunge, zahlreiche Operalionsverfahren erfunden. Im Wesentlichen laufen diese alle darauf hinaus, dass man durch den gesunden Theil der Zunge in der Mittellinie einen oder zwei Fäden hindurchführt, mit denetf dann die eine oder beide Seitenhälften durch Anlegung eines Schlingenschnürers strangulirt werden. Jedenfalls schneidet man den abgebundenen Tbeil der Zunge nahe vor der Ligatur a b , um möglichst wenig nekrotisirende Substanz in der Mundhöhle zurück zu lassen.

Zungenkrebs. — V e r f a h r e n von Vidal.

343

Ligator.

Eine gestielte gerade Nadel, deren Oehr sich in der

Nabe der Spitze befindet, wird, wahrend die Zunge aus dem Munde stark hervorgezogen ist, über dem Zungenbein eingeslossen, so dass sie hinter der Grenze der Erkrankung auf dem Zungenrücken zum Vorschein kommt.

Ein starker Kaden ist in der Art durch

das Oebr gezogen, dass seine beiden gleich langen Enden aus der Halswunde heraush ä n g e n , sein Mittelstiick

aber im Oehr der Nadel über dem Zungenrücken

und leicbt mit der Pincette gefasst werden kann.

erscheint

Der Operateur zieht, während er die

Nadel mit der einen Hand hält, mit der anderen das eine Faden-Ende zunächst in die Mundhöhle hinein und dann aus dieser hervor.

Die Nadel wird nun mit dem anderen

Kaden-Ende durch den Wundcanal bis unter die Zunge zurückgezogen, dann aber zum zweiten Mal, und zwar jelzt an der äusseren Seite der Zunge, emporgestossen, so dass sie zwischen

deoi Arcus glossopalatinus

und der Zunge zum Vorschein kommt.

Nun

wird auch das andere Kaden-Ende aus dem Oehr hervorgezogen, so dass biide FadenEnden

frei aus d r r

Halswuode

Mundhöhle

herausgezogen

dem Zungenrücken

werden

heraushängen kann.

zusammengeknotet

und die Nadel gleichfalls frei aus der

Die beiden Kaden - Enden

werden dann auf

oder mit einem Schlingenschnürer

zusammen-

geschnürt. — Wenn der Krebs die g a n z e B r e i t e d e r Z u n g e e i n n i m m t , so unterbindet man

beide Seitenbälften unmittelbar hinter einander.

Man fädelt dann einen

schwarzen und einen weissen Kaden in der oben beschriebeneu Weise in das Oebr der Nadel, sticht diese an der eben .bezeichneten Stelle des Halses so ein, dass sie in der Mitte der Zungenwurzrl im Munde zum Vorschein kommt.

Mit einer gewöhnlichen Pin-

cette zieht man demnächst ein weisses und ein schwarzes Faden-Ende hervor, so dass sie frei aus dem Munde h e r a u s h ä n g e n , während die beiden anderen Faden-Enden nahe der Halswunde von einem Uebülfen gehalten werden.

Jetzt wird die Nadel zur einen

Seile der Zunge geführt und wieder in die Mundhöhle hineingestosseo und daselbst zunächst der schwarze Kaden hervorgezogen. Seite der Zunge hervor,

um

Dann führt man die Nadel auf d e r - a n d e r e n

hier auch den weissen Faden

auszufädeln,

so dass die

Zunge n u n m e h r zur Hälfte von dem einen, zur Hälfte von dem anderen Faden omfasst ist.

Die Nadel wird durch die Halswunde entfernt und die Zusammenschnürung in der

oben beschriebenen Weise vorgenommen.

l)ie Anwendung der g a l v < i n o k a u s t i s c h e n S c h l i n g e statt der gewöhnlichen Ligatur (Iberhebt uns der Unannehmlichkeiten, welche aus der Zurücklassung eines wenn auch noch so kleinen strangulirten Stücks der Zunge hervorgehen müssen. Die Anlegung der Drahtschlinge erfolgt in der Tür die Ligatur angegebenen Weise. Selbst eine ganze Zungenhälfle und mehr lässt sich, wenn man zwei divergirende Schlingen von h i n r e i c h e n d d i c k c m P l a t i n d r a h t anlegt, ohne Blutung entfernen. C h a s s a i g n a c ' s E c r a s e m e n t l i n c a i r e ist gerade für die unblutige Kxstirpation der Zunge ersonnen '). Die Anlegung der Kette inuss nach einer der für die Unterbindung angegebenen Methoden geschehen, nachdem man ihr mittelst der Nadel den Weg gebahnt hat. Die Heilung ist langwieriger und der Schutz gegen Resorption von >) Vgl. ausser den, Bd. I. pag. 9 6 citirten Schriften auch S a l o m e n , lineari, Derolini, 1 8 5 8 , pag. 1 8 u. flgd.

De contritione

344

Krankheiten der Zunge.

Jauche weniger sicher, als bei der Galvanokaustik. (Vgl. Bd. I. pag. 106.) So hoch man aber auch den Werth dieser Trennungsinethoden in Bezug auf die Sicherung gegen Blutung anschlagen mag, immerhin haben sie mit der Ligatur den Uebelstand gemein, dass man nicht mit voller Sicherheit Uber die Grenzen des Carcinoms hinausgehen, auch wohl niemals das g a n z e Organ ausrotten kann. Man ist daher wieder auf die E x s t i r p a t i o n d e r g a n z e n Z u n g e zurückgekommen. Nachdem S y m e und S c d i l l o t schon früher, um den für diese Operation nöthigen Raum zu gewinnen, die Durchsägung des Unterkiefers in seiner Mitte und das Zurückklappen der beiden Unterkieferhälften, R e g n o t i einen, die Mundhöhle von Unten her, zwischen Unterkiefer und Zungenbein eröffnenden Schnitt empfohlen und ausgeführt hatten, ist neuerdings von B i l l r o t h ') für die Exstirpation vom Halse aus eine Methode angegeben worden, mit welcher man, s o f e r n von e i n e r O p e r a t i o n bei so w e i t v o r g e s c h r i t t e n e n Z u n g e n c a r c i n o m e n ü b e r h a u p t n o c h H e i l zu e r w a r t e n i s t , gewiss am Besten zum Ziele kommen wird. Als Momente, auf denen das Gelingen der Operation beruht, bezeichnet B i l l r o t h : 1) Möglichst vollständige Säuberung der Mundhöhle vor Beginn der Operation. 2) Hinreichende Grösse des Einschnitts zwischen Unterkiefer und Zungenbein, um die Zunge fast bis zur Epiglottis hervorziehen zu können. 3) Beschränkung der Ablösung der Zunge (eigentlich des Bodens der Mundhöhle) vom Unterkiefer auf das durchaus erforderliche Maass, damit das Schlingen nicht allzusehr behindert werde. 4) Eine solche Lage und Gestalt des Schnittes, dass sowohl die Ablösung des Periosts von der hinteren Seite des Unterkiefers, als auch das Abschneiden der am Mittelstück des Unterkiefers inserirten Muskeln leicht ausgeführt und den Mundflüssigkeiten freier Abfluss gesichert werden kann. 5) Anheftung des Zungenstuinpfs im vorderen Mundwinkel nach Vollendung der Operation, um die aus seiner Retraction sonst hervorgehende Störung des Schlingacts zu vermindern. Das O p e r a t i o n s v e r f a h r e n

ist folgendes.

Ein 5 — 6 Ctm. langer S c h r i l l wird

in querer Richtung gegen die Mille des unteren Randes der Basis des Unterkiefers bis auf den Knochen geführt.

Von den Enden desselben steigen zwei n u r wenig divergirende

Längsschnitte, welche zunächst nur die Haut und das Platysma t r e n n e n , am Halse abwärts in einer Länge von e t w a 3 Ctui.; nur wenn man genöthigt ist im Verlaufe der Operation an der Zunge die Schuitte sehr weit nach Hinten zu f ü h r e n , muss man auch diese Incisionen verlängern.

Von dem Querschnitt aus wird das Periost der InnenOäche

' ) Verhandl. d. Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. II. pag. 9 u. f.

II. C o n g r e s s ,

Berlin,

187i.

345

Run ula.

d r s U n t e r k i e f e r s s a m m t d e m Z a h n f l e i s c h e m i t e i n e m R a s p a t o r i n m , die I n s e r t i o n d e r Mm. g e n i o g l o s s u s , g e n i o h y o i d e u s u n d des v o r d e r e n H a u c h e s des D i g a s t r i c u s m i t dem abgelöst.

Dann

der Mundböble

werden

die S e i t e n s c h r i t t e

zu d e n S e i t e n

der Zunge

bis

durchschnitten.

Die G l a n d u l a

submaxillaris

s i n k t zu b e i d e n S e i t e n tief b i n a b u n d k a n n , n e n n m a n es f ü r n ü t z l i c h h ä l t , aber auch

s p ä t e r s a m m t den L y m p h d r ü s e n

den Seitenschnitten aber

die Zunge blosszulegen tragung

der Zunge

geschont,

Die A r t . lingualis ist von

d e r Muskelbiindel

Man

mit g r ü s s t e r Vorsicht in d e r A r t , kann,

um

thut

sie a n i h r e r E i n t r i t t s s t e l l e in

u n d d o r t vor i h r e r ü u r c h s c b n e i d u n g zu u n t e r b i n d e n .

erfolgt nun

ganze Schuiltlläche übersehen bundenen

exstirpirt werden.

a u s gleichfalls leicht zu e r r e i c h e n u n d zu u n t e r b i n d e n .

besser durch Auseinanderziehen

Messer

in d e n Mund g e f ü h r t , a l s o d e r B o d e n

Die. A b -

dass man stets

die a b e r m a l i g e V e r l e t z u n g d e r

G e f ä s s e zu v e r m e i d e n u n d die G r e n z e n d e r E r k r a n k u n g g e n a u

schon zu

die

unter-

erkennen.

N a c k S t i l l u n g d e r B l u t u n g vereinigt m a n z u e r s t den Q u e r s c h n i t t d u r c h N ä h t e , b e f e s t i g t in g l e i c h e r W e i s e die a m Z u n g e n s t u m p f h a f t e n d e S c h l e i m h a u t in d e n u n t e r e n

Winkeln

d e r S e i t e n s c h n i t t e u n d vereinigt a u c h den o b e r e n T b e i l d e r l e t z t e r e n , w ä h r e n d d e r für den Ablluss der alsbald übermässig abgesonderten wird. —

M u n d d ü s s i g k e i t e n ölten

untere gelassen

F ü r die N a c h b e h a n d l u n g ist die h a l b s i t z e n d e S t e l l u n g und d i e E r n ä h r u n g d u r c h

ein S c h l u n d r o b r w ä h r e n d d e r e r s t e n 3 b i s 5 W o c h e n

A n b a n Rnuulu.

F r o s c l i g c s c Ii w u l s t .

erforderlich.

g. FrÖBclileiiigcncliwulst.

At'hnlich wie unter dem Namen „Epulis" die am Kieferrande auftretenden Neubildungen,

hat man unter dem Namen „ R a n u l a " die

unter der Zunge zu den Seiten sehwülste zusaimnengefasst.

des Krcnulum

vorkommenden

Ge-

Die grosse Mehrzahl der hier auftretenden

Pscudoplasnien sind Cysten und zwar in der Regel Cysten mit einem eigenthtliiiliehen gallertigen oder schleimigen, weingelben Inhalte und sehr dünnen Wandungen.

Auf solche C y s t e n u n t e r d e r Z u n g e ist

der Name „ R a n u l a " im e n g e r e n S i n n e bezogen worden,

während

unzweifelhaft auch andere Pscudoplasnien, namentlich Balggeschwülste mit breiigem Inhalt, an derselben Stelle vorkommen. Die Rl'Si'llcilillilgeu der Ranula (im engeren Sinne) sind folgende. Unter dem vorderen Theil der Zunge, zu den Seiten des Frenulutn, lindet sich eine etwas abgeplattete Geschwulst von rundlichem

oder

ovalem Umfange, welche bISulich schimmert (d. h. durchscheinend ist) und deutlich

fluetuirt.

So lange die Ranula klein ist, macht sie keine

Beschwerden; aber sie wächst stetig weiter, stört dann bei bedeutender Grösse die Bewegungen der Zunge, welche nach Verlauf von 2 bis o Monaten schon gänzlich

von ihr verdrängt sein k a n n , und

somit beim Sprechen und Kauen hinderlich.

wird

In seltenen Fällen setzt

die Ranula ihr Wachsthum so weit fort, dass sie die am Unterkiefer sich inserirenden Muskeln verdrängt und endlich unter der Haut des

346

Ranula.

Halses als eine fluctuirende Geschwulst, deren Zusammenhang mit der im Mund befindlichen sich leicht nachweisen lässt, zum Vorschein kommt. Endlich bei dein höchsten Grade ihrer Enlwickelung verdrängt sie die Zähne und bedingt Caries des Unterkiefers. Alsdann können auch Erstickungszuialle durch sie veranlasst werden. Zuweilen zerplatzt die Ranula auf einer gewissen Stufe ihrer Enlwickelung von selbst oder in Folge unbedeutender Insultationen. Hierdurch wird sie aber nicht beseitigt; die abermalige Füllung der zurückbleibenden Cyste erfolgt vielmehr mit grosser Schnelligkeit. Dies Platzen mit nachfolgender abermaliger Anfüllung kann sich oll wiederholen. Die Cyste selbst wird bei längerem Bestehen, namentlich, wenn sie schon mehrmals geplatzt ist, bedeutend verdickt, so dass sie an einzelnen Stellen knorpelig erscheint, während sie auf früheren Stadien äusserst dünn war. Unter denselben Verhältnissen verändert sich auch der Inhalt; er wird trübe, eitrig, flockig. Die Diaguosc einer Ranula von mässiger Grösse kann niemals Schwierigkeiten darbieten, sobald man nur die Besichtigung der Mundhöhle nicht vernachlässigt. Bei hohem Grade der Enlwickelung könnte es zweifelhaft bleiben, ob man es mit einer Ranula oder mit einer vom Hals ausgehenden Cyste zu thun habe. Ueber das WCSCII und den Silz der Ranula sind sehr verschiedene Ansichten aufgestellt worden, die sich im Wesentlichen auf folgende zurückführen lassen. 1) Die Geschwulst besteht in ciuer A u s d e h n u n g d e s a u s e i ner Mundöffnung verschlossenen Wharton'schen Ganges durch angehäuften Speichel. F ü r diese, bereits von D i e m e r b r o e k (1664) aufgestellte Ansicht spricht vor Allen) die Localität, in welcher die Geschwulst auttritt; g e g e n dieselbe aber ist geltend zu machen, dass die chemische Untersuchung des Inhaltes keine Uebereinstimmung mit Speichel erkennen lässt, und dass man in mehreren Fällen trotz des Bestehens einer Ranula in den W h a r t o n ' s c h c n Gang eine feine Sonde einführen konnte. Auch die mit der Dehnbarkeit des Ductus Wharthonianus in gar keinem Verhältniss stehende Grösse der Ranula konnte früher als ein Grund gegen diese Auffassung geltend gemacht werden. P a u l i 1 ) hat aber nachgewiesen, dass die grösseren Geschwülste der Art zwar auch aus einer Verstopfung des Speichelgauges hervorgehen können, aber nicht in einer Ausdehnung desselben bestehen, sondern nach seiner Berslung durch Erguss und weitere Umwandlung des Speiehcls in dem umgebenden Bindegewebe zu Stande Pathogenese und Heilung der SpeichelgescbwüUle, Archiv für klinische Chirurgie. Bd. II. pag. 1 - 8 0

(1861).

347

Ranuta.

kommen. Er unterscheidet Fälle der Art, als R a n u l a d i f f u s a , s. cystica, s. secundaria oder P t y a l o c e l e von der eigentlichen R a n u l a p r i m a r i a oder P t y a l o S k t a s i a , welche in blosser Ausdehnung des verstopften Speichelganges besteht. Letztere entwickelt sich, nach P a u l i , meist in 8 — 1 4 Tagen, bleibt längere Zeit unverändert und geht dann plötzlich, indem der ausgedehnte Sack platzt, in die diffuse Form (Ptyalocele) über. 2) Es handelt sich um eine ganz n e u g c b i l d e t e C y s t e (mit colloidem Inhalt), analog anderen, nur seltener an dieser Stelle vorkommenden Balggeschwülsten mit epithelialem Inhalt; vielleicht ist sie nur ein Entwickelungsstadium dieser selbst. 3) Die Cystenbildung beruht auf E n t a r t u n g d e r am Boden der Mundhöhle gelegenen S c h l e i m d r ü s e n . 4) Die Ranula ist eine w a s s e r s ü c h t i g e A n s c h w e l l u n g d e s u n t e r d e r Z u n g e , an d e r ä u s s e r e n S e i t e d e s M . g e n i o g l o s s u s g e l e g e n e n , v o n F l e i s c h m a n n beschriebenen S c h l e i m b e u t e l s . Diese letztere Ansicht hat seit der Entdeckung dieser (übrigens nicht ganz constanten) Schleimbeutel zahlreiche Anhänger gefunden. Die von S c h u h dagegen erhobenen Einwendungen, „dass der Balg nothwendig dick sein müsse, wenn es sich um Wassersucht eines Schleimbeutels handle, und dass Ranula auch ausserhalb der Genioglossi vorkomme, wo kein Schleimbeutel liege", sind nicht ganz schlagend. Einerseits wird die Wand der Ranula zuweilen verdickt gefunden, andererseits ist erhebliche Dicke des Balges kein nothwendiges Requisit für Hydrops bursae mucosae. Die Lage a u s s e r h a l b d e r G e n i o g l o s s i ist kein Einwurf, indem gerade dort jene Schleimbeutel liegen. Als ein Grurid g e g e n die Deutung der Ranula als Hydrops bursae mucosae könnte auch die Beschaffenheit des Inhaltes, der, so viel ich sah, stetz colloider Natur, und durch Zähigkeit und gallertartige Beschaffenheit von dem gewöhnlichen {nhalte hydropischer Schleimbeutel verschieden ist, hervorgehoben werden. Allein es giebt auch au anderen Orten (z. B. in der Kniekehle) geschwollene Schleimbeutel mit colloidem Inhalte. Immerhin bleiben Sitz und Wesen der Fröschleingeschwulst noch etwas zweifelhaft. Wahrscheinlich entsteht sie nicht immer in derselben Art, so dass in d e m e i n e n F a l l e d i e s e , in d e m a n d e r e n j e n e A n sicht die richtige sein mag. Ausführliche Untersuchungen ü b e r d i e K r o s c h g e s c l i w u l s t hat Dr. A l b . H a l l e r in üorpat geliefert (Deutsche Klinik, 1 8 5 1 , No. 21— 2 8 ) . samtste Literatur sorgfältig zusammengestellt.

Derselbe hat auch die ge-

Vgl. ausserdem S c h u h , Pathologie und

Therapie der Pseudoplasmen, pag. 2 0 6 u. ff., und P a u l i I. c.

348

Rnnnla.

Ueber die beste Behandlung der Ranula ist man auch nicht ganz einig. Alle Autoren stimmen darin ü b e r e i n , dass die Heilung s c h w i e r i g ist, indem nach der blossen E r ö f f n u n g , d e r partiellen Excision, selbst nach dem Einlegen f r e m d e r Körper und der A n w e n d u n g von Actzmitteln Rccidive erfolgen k ö n n e n . Die grösste Sicherheit gewahrt gewiss die Exstirpation der ganzen vorher entleerten Cyste (Schuh). Diese d ü r f t e jedoch bei d e r geringen Dicke des Balges in der Regel sehr schwierig u n d , wenn die Ansicht P a u l i ' s von der Bildung d e r Ptyalocele richtig ist, bei dieser gradezu u n a u s f ü h r b a r sein. Die Excision eines möglichst grossen Stückes d e r Cystenwand, so wie d e r sie bedeckenden S c h l e i m h a u t , nebst nachfolgender K a u terisation d e r ganzen Höhle mit Höllensteingriffel oder Eilum c a n d e n s wird voraussichtlich zu demselben Resultate f ü h r e n ; wenigstens bin ich damit i m m e r zum Ziele gelangt. Ragt die Geschwulst unter dem Unterkiefer h e r v o r , so muss sie von hier aus geöffnet, a b e r auch in d e r Mundhöhle aufgeschnitten, und mit einem G u m m i r o h r durchzogen werden, — sofern man nicht die Exstirpation bevorzugt. P a u l i will bei Ptyaloektasie die Wegsamkeit des AusführungsDesganges wiederherstellen und die Function der Drüse erhalten. halb empfiehlt er das E i n l e g e n e i n e s h o h l e n , a n mehreren S t e l l e n g e f e n s t e r t e n R i n g e s , d e r aus zwei in einem Charnicr beweglichen Hälften besteht (einem Ohrring v e r g l e i c h b a r ) , u n d fügt n u r bei Ptyalocele Injectionen von v e r d ü n n t e r J o d t i n c t u r hinzu, d u r c h welche er stets d a u e r n d e n Verschluss (freilich nach lebhafter E n t z ü n d u n g u n d mit nachfolgender S c h r u m p f u n g der Glandula s u b maxillaris) erzielte. Das E i n l e g e n

f r e m d e r K ö r p e r , in der Idee, dadurch den

Wharlon'sihen

(lang offen zu erhallen, ist namentlich von S a b a t ¡ e r und von D u p u y t r e n empfohlen worden.

Letzterer

legte in die aufgeschlitzte llanula

ein kleines Instrument von der

Gestalt eines von einein Caoal durchbohrten Hemdenknopfes ein. Die K a u t e r i s a t i o n Pare, Petit, Desault

der Ranula soll schon von l l i p p o k r a t e s angewandt sein.

haben sie empfohlen.

Um die nach der blossen Incision

schnell

erfolgende Wiedervereinigung zu ver-

hüten, empfiehlt J o b e r t folgendes, von ihm R a t r a k o s i o p l a s t i k genanntes, Verfahren. Aus der die Rannla bedeckenden Schleimhaut wird o h n e

Verletzung

des

Balges

ein elliptischer Lappen ausgeschnitten, indem man sie mit 2 Pincetten a u f h e b t .

Nun

wird der Balg der Länge nach gespalten, nach Aussen umgeschlagen und durch Nähte ain Rande der Schleimhautwunde befestigt. — J o u b e r t beabsichtigt gerade umgekehrt die Schleimhaut nach Innen umzuklappen. durch einen Kreuzsclinitt Lappen

Zu diesem Behuf spaltet er die Geschwulst

und heftet die Spitze jedes der hierdurch entstehenden

an der inneren Flache seiner Basis fest.

metboden

vgl. H a l l e r I . e .

über den N a m e n



Daselbst

finden

„ R a n u l a " , „ G r e n o u i l e t t e " elc.



vier

Ueber anderweitige Operalions-

sich auch

ausführliche Erörterungen

Neunte Abtliellnng. Krankheiten der Parotis und ihres Ausfuhrungsganges. Anatomischer

Ueberblick.

Oie O h r s p e i c h e l d r ü s e , G l a n d u l a p a r o t i s , auditorias externos, dem ist a u s s e r

bildet.

ilen R.inm

zwischen dein

Meatus

von d e r H a u t n o r l i voo d e r Fascia s u p e r f i c i a l i s , e i n e m Tlieil d e s

myoides und einer besonderen bedeckt,

füllt

P r o c e s s u s m a s t n i d e s u n d d e m Ast d e s U n t e r k i e f e r s a u s .

welche

die

festen fibrösen U m h ü l l u n g ( F a s c i a

ganze Drüse umfasst

und Scheidewände

Sie

Platysma

ma9seterico-parotidea)

zwischen

ihren

Lappen

I h r e F o r m ist 9 e h r u n r e g e l m ä s s i g : i h r v o r d e r e r Tbeil u m f a s s t den U n t e r k i e f e r a s t

u n d b e d e c k t e i n e n T b e i l des M a s s e t e r , i h r o b e r e s E n d e grenzt a n d e n J o c h b o g e n ,

das

Kiefergclenk, den Gehörgang und den Processus mastoides, ihre hintere Flache entspricht dem «orderen Rande des Sternocleidomastoidcs den W i n k e l des U n t e r k i e f e r s h i n a b .

u n d i h r u n t e r e s E n d e r e i c h t bis

unter

In d e r Tiefe, d. Ii. n a c h I n n e n , e r s t r e c k t sich

P a r o t i s bis z u m P r o c e s s u s s t y l o i d e s u n d zu den von ihm e n t s p r i n g e n d e n Muskeln. die S u b s t a n z d e r D r ü s e verlaufen die C a r o t i s e s t e r n a m i t i h r e n b e i d e n T e m p o r a i i s u n d d e r Maxillaris i n t e r n a ,

Enditsten,

d e r Ven. j u g u l a r i s i n t e r n a u n d e x t e r n a , cialis,

der Ramus auricularis

substanz

ain

hinteren

der zum

mischen

Antlitz g e h e n d e Tlieil d e s N e r v u s fa-

d e s Plexus c e r v i c a l i s ,

der Ram. auriculo-temporalis

unteren

Umfange

der Parotis.

Auch k a n n

zahlreiche L y m p h d r ü s e n ,

sie

sich s c h o n

Auf d e r P a r o t i s ,

ä u s s e r e n S e i t e , d u r c h die F a s c i a i o n d e r e i g e n t l i c h e n

d. Ii. a n

Drüsensubstanz getrennt,

vor ihrer

liegen

welche sich a u c h in i h r e r ü b r i g e n U m g e h u n g v o r f i n d e n .

Der A u s f ü h r u n g s g a n g d e r P a r o t i s , Rande der Drüse hervor, verläuft etwa

Ductus S t e n o n i a n u s ,

tritt aus dem

vorderen

1 C t m . u n t e r h a l b des J o c h b o g e n s , b e g l e i t e t von

d e r Art. t r a n s v e r s a faciei u n d Aesten d e s Nerv, facialis, g e r a d e n a c h Vorn in d e r anliegend.

des

Zuweilen liegt die C a r o t i s e x t e r n a in e i n e r F u r c h e d e r D r ü s e n -

i h r e m E i n t r i t t in d i e D r ü s e in i h r e E n d ä s t e t h e i l e n .

t u n g gegen d e n u n t e r e n

der

f e r n e r die A r t . t r a n s v e r s a f a c i e i , die Aa. a u r i -

c u l a r e s a n t e r i o r e s u n d p o s t e r i o r , die Vena t e m p o r a l i s u n d der V e i b i n d u n g s a s t

Nerv, maxillnris i n f e r i o r .

die

Durch

Rich-

R a n d d e s N a s e n f l ü g e l s , d e r S ü s s e r e n Flache des M a s s e t e r d i c h t

Am v o r d e r e n I t a n d e d e s s e l b e n w e n d e t e r sich n a c h I n n e n d u r c h d a s F e t t -

g e w e b e d e r W a o g e z u m M. b u c c i n a t o r , d u r c h b o h r t

d i e s e n in d e r R i c h t u n g

von

Aussen

n a c h I n n e n , u m s i c h , n a c h d e m e r n o c h e i n e k u r z e S t r e c k e z w i s c h e n d e m Muskel der Mundschleimhaut verlaufen i s t ,

in

d e r Gegend zwischen

dem ersten

grossen B a c k z a h n d e s O b e r k i e f e r s , in die M u n d h ö h l e z u ö f f n e n . d e n B u c c i n a t o r d u r c h b o h r t , ist sein K a l i b e r b e t r ä c h t l i c h

verengt.

und

und

zweiten

An d e r S t e l l e , wo e r

350

Krankheiten der Parotis.

Erste« C a p i t e l . Entzündung der Ohrspeicheldrüse. Entzündungen der Parotis entstellen am Häufigsten auf Grund eines v o n d e r M u n d s c h l e i m h a u t a u s , nach anatomischer Gontinuität, fortgepflanzten Reizungszustandes, namentlich also in Folge eines Mundkatarrlis oder in Folge der Reizung des Ausführimgsgnnges durch eingedrungene fremde (oder auch septische) Körper oder gegen dessen Mündung gerichtete scharfe Zahnspitzen. Jedoch hat keineswegs jeder Mundkatarrh Parotitis zur Folge; selbst bei septischer Reschaffcnlieit der Mundflilssigkeiten, wie sie nach Fracturen des Unterkiefers und ähnlichen Verletzungen sich schon durch den Ubelen Geruch kund giebt, ist Parotitis doch recht selten. Dagegen haben einer Seits unbekannte e p i d e m i s c h e E i n f l ü s s e , anderer Seits gewisse G i f t e , namentlich das Quecksilber, cine speciflsch reizende Wirkung auf die Parotis. In ähnlicher Weise entstehen wohl auch diejenigen Entzündungen der Drüse, welche im V e r l a u f s c h w e r e r a c u t e r K r a n k h e i t e n (vgl. pag. 351) beobachtet werden. Dass Verletzungen der Parotis Entzündungen bedingen können, ist selbstverständlich. Als typische Formen unterscheidet m a n : 1) die einfache, idiopathische, katarrhalische, und 2) die consecutive oder metastalische Parotitis. 1.

Einfache

Paroliii«,

Ziegenpeter,

Mumps,

Bauemetzel.

Parotitis

b e n i g n a s. c a t a r r b a l i s .

In Folge einer Erkältung, namentlich bei feuchter Witterung, entsteht bei Kindern, seltener im Jünglingsalter, m e i s t e p i d e m i s c h und in Verbindung mit einem mehr oder weniger ausgebreiteten Mundkatarrh, Anschwellung der Parotis mit vorhergehendem oder (viel seltener) erst gleichzeitig auftretendem Fieber. Die Geschwulst erscheint mehr ödematös als prall, erstreckt sich vom äusseren Ohr zu den Seitentheilen des Halses hinab und giebt dem Gesicht, wenn beide Parotiden ergriffen sind, eine höchst charakteristische Breite. Die bedeckende Haut wird brennend heiss, behält aber ihre natürliche Farbe oder erscheint doch nur schwach rosa gefärbt und glänzend. Die Schmerzen steigen mit Zunahme der Geschwulst und werden durch Bewegung des Unterkiefers vermehrt. Erstreckt sich die Entzündung auch auf die Submaxillar- und Sublingualdrilsen und auf die Mandeln, so können Schmerzen, Fieber, Schling- und Athembeschwerden eine

351

Parotitis.

bedenkliche Höhe erreichen; sonst endet die Krankheit in der Regel in Zertheilung, selten in Eiterung. Aeltere Autoren sprechen von einer M e t a s t a s e der katarrhalischen Parotis, bei miinnlichen.Individuen nach den Hoden, bei weiblichen nach den Brüsten, den Labien oder den Ovarien. Diese vielfach angezweifelte Lehre hat durch neuere Beobachtungen Bestätigung, aber noch keine genügende Erklärung erhalten. B o y e r l e h r t : „Bei einseitiger Paroliiis wird das Geschlechtsorgan der entsprechenden Seile ergriffen, hei beiderseitiger springt die Krankheit auf beide über.

Die Meta-

stase kann auch zurückspringen, zuerst von der Parolis zum Hoden, dann vom Hoden wieder zur Parotis.

Die Ernährung des durch die Metastase befallenen Genitalorgans

leidet; namentlich werden die Hoden häufig a t r o p h i s c h . " — V i d a l , der vorher zu den Ungläubigen g e h ö r t e , hat 1 8 5 9 innerhalb 8 Tagen 2 Fälle b e o b a c h t e t , in denen entzündliche Anschwellungen des Hodens (und zwar der eigentlichen Hodensubslanz, nicht des Nebenhodens} unmittelbar nach dem plötzlichen Verschwinden von Parotis auftraten. — Ich selbst habe diesen Vorgang noch nicht gesehen. Es liegt nahe, eine Parotitis, welche solche Metastasen macht, zu

bezeichnen;

schwerere

dieser

Name ist a b e r für die von uns

als'metastatlsche

unter 2 ) zu beschreibende,

Form der Krankheit in Gebrauch.

Die B e h a n d l u n g kann meist exspectativ sein. Bei grosser Heftigkeit der Schmerzen und der Anschwellung ist die Anwendung der Kälte zulässig, welche man früher aus Furcht vor Metastasen verworfen hat. Wenn die Geschwulst prall wird und nach längerer Dauer der Krankheit unter wiederholtem Frösteln klopfende Schmerzen eintreten, so hat man Abscessbildung zu erwarten, welche dann weder durch Blutegel, noch durch andere Antiphlogistica mehr verhütet werden kann. Die Eröffnung mittelst eines die Fascia parotidei spaltenden Einschnittes muss vorgenommen werden, sobald man, wenn auch ganz in der Tiefe, Fluctuation fühlt. Die Richtung des Einschnittes muss dem Verlauf der Aeste des Nervus facialis möglichst entsprechen, um deren Trennung zu vermeiden. Weder Induration, noch Degeneration ist nach katarrhalischer Parotitis zu befürchten. 2.

Consecutive und metastatische

Parotitis.

Im Verlaufe des Typhus, der acuten Exantheme, der Cholera, der Rotzinfection, des Puerperalfiebers, auch der Pneumonie treten zuweilen entzündliche Schwellungen der Parotis auf, bald im Anfange der Krankheit, bald gegen das Ende (namentlich bei Pneumonie). Mit der Entwickelung einer Parotitis in dem erst genannten Zeiträume zeigt sich keine Besserung; man nennt sie s y m p t o m a t i s c h e Parotitis. Dagegen tritt mit einer in späterer Zeit sich entwickelnden Parotitis

352

Krankheiten

der

Parotis.

oft eine auffallende Besserung ein; man bezeichnet sie deshalb als kritisch. Früher wurde angenommen, dass Parotiden-Entzündung der ersteren Art eine schlechte, die der /weiten Art dagegen eine gute Prognose stellen lasse; nach den Untersuchungen von V i r c h o w 1 ) hat die Parotitis niemals eine kritische Bedeutung, ist vielmehr im in e r e i n e Üble C o m p l i c a t i o n . Die localen S y m p t o m e sind von denen der gutartigen Parotitis nur durch ihre Helligkeit und durch die grosse Ausbreitung des Oedems verschieden. Offenbar hat man bisher die Beziehungen der Parotitis zu dem Allgcincinleiden zu sehr in den Vordergrund gestellt und die locale Bedeutung solcher Entzündungen fast ganz übersehen. Diese beruht weniger auf der, durch das (bis in den Schlund und zum Larynx sich verbreitende) Oedcm bedingten Erstickungsgefalir, als auf den Hemmungen, welche die unter der Fascia parotidco-massetericä eingeklemmte Geschwulst dem venösen Blutstrome bereitet, und auf der daraus hervorgehenden Thrombose mit ihren Folgen, ferner auf den keineswegs seltenen, weit verbreiteten Verjauchungen, welche, namentlich wenn die, in solchen Fällen ganz gewöhnliche Eiterung nach Innen und Hinten die Fascie durchbricht, eintreten und sich einer Seils in den losen ßindegewebsräumen am Halse abwärts, anderer Seils bis in den Gchörgang,. ja bis auf die Keilbcinflügcl crstrccken und Meningitis bedingen oder eine im Neurilem des Trigcminus und Facialis sich (auch centripetal) weiter verbreitende Entzündung erregen können*). In Betreff der B e h a n d l u n g war man bisher bei der symptomatischen Parotitis nicht einig darüber, ob man ihre Zcrthcilung oder ihre Eiterung befördern soll. Letztere wurde von Einigen gefürchtet, weil sie den ganzen Krankheitszustand verschlimmere, von Anderen gewünscht, aus Besorgniss vor Metastasen. Auch bei der kritischen Parotis will man, wenn Zerthcilung erfolgte, eine weniger schnelle und weniger vollständige Heilung der typhösen Erkrankung beobachtet haben, als wenn Eiterung eintrat.. Wollten wir nun auch der älteren Lehre von der kritischen Parotitis nicht jede Bedeutung absprechen, so sind, nach V i r c h o w ' s Untersuchungen, die unmittelbaren und mittelbaren Folgen der Eiterung doch in so hohem Grade gefährlich, dass der angeblich günstige Eintluss, den sie auf das Allgemeinleiden ausüben soll, daneben ganz verschwindet. Jedenfalls wird man also d i e E i t e r u n g z u v e r h ü t e n ui)d i h r e ü b l e n F o l g e n a b z u w e n d e n suchen. Nicht blos sobald Fluctuation gefühlt wird, muss man • ) A n n a l e n d e r Charitt!,

1 8 5 8 , VIII. 3 .

*) Vgl. d i e n a c h eigenen B e o b a c h t u n g e n e n t w o r f e n e S c h i l d e r u n g V i r c h o w ' s

I. c.

353

Wunden.

dem Eiter mit dem Messer Ausfluss verschaffen, sondern, wenn die Anschwellung so bedeutend ist, dass sie eine erhebliche Compression der tiefen Venen befürchten lässt, oder wenn gar Schling- und Athem- , beschwerden auftreten, so muss man, bevor Fluctuation entdeckt werden kann, durch einen tiefen Einschnitten derpag. 351 angegebenen Richtung) Entspannung der durch die Fascie eingeklemmten Entzündungsgeschwulst bewirken.

Zweites r a p l t e l . Wunden, fremde Körper, Fisteln. I. W u n d e n d e r P a r o t i s oder i h r e s A u s f u h r u n g s g a n g e s haben deshalb eine grössere Bedeutung, weil sie leicht die Bildung einer Fistel oder einer hässlichen Narbe zur Folge haben können. Bei tiefen W u n d e n d e r P a r o t i s kommt ausserdem die Verletzung der sie durchsetzenden Arterien und Nerven in Betracht. Eine Verwundung der grossen Aeste der Carotis oder dieser selbst kann Verblutung, diejenige der Aeste des Nervus facialis Lähmung der entsprechenden Gcsichtshälfle zur Folge haben. Je weniger Aussicht auf prima intentio besieht, desto wahrscheinlicher ist bei V e r l e t z u n g e n d e s S p e i c h e l g a n g e s die Bildung einer Fistel, daher vorzüglich bei gequetschten und gerissenen Wunden. Dagegen haben Verletzungen der Parotis selbst, wenn sie auch zur Bildung eines Brandschorfs führen, selten dieEntslehung einer Fistel zurFolge, indem dieUemarcations-Entzündung zugleich Verschluss der kleinen DrUsencanüle bedingt. Sehr selten kommt auf diese Weise Verschluss des verletzten Canalis Stenonianus zu Stande ( D u p u y t r e n ) . Die Wahrscheinlichkeit der Verwachsung der Schleimhaut des S t e n o n ' s c h e n Ganges mit der äusseren Haut und damit die Bildung einer Fistel, ist überwiegend gross. Vgl. Bd. I* pag. 349. Z u w e i l e n vereinigen

sieb die b e i d e n E n d e n des Ganges n i c h t u n d es bildet s i e b

z w i s c h e n i h n e n ein R e c e p t a c u l u m , a u s w e l c h e m d e r Speichel d u r c h e i n e n von A u s s e n angewandten

Druck

in

die M u n d h ö h l e

entleert

wird.

Vgl. Bulletin

de

la F a c u l t é d e

m é d . 1 8 1 1 , No. 3 .

Uebrigens wird der Speichelgang seltener verletzt, als man gewöhnlich glaubt. So lange eine Wunde noch blutet, ist es ungemein schwer zu entscheiden, ob der Ductus Stenonianus mitgetroffen ist oder nicht. Bei allen Verletzungen der Parotis und ihres Ausführungsganges nmss man erste Vereinigung zu erzielen suchen. Bei Wunden der ß a r d e l e b e n , Chirurgie.

7. Aull. III.

23

354

Krankheiten der Parotis.

Parotis selbst reichen die gewöhnlichen Vereinigungsmittel in Verbindung mit leichtem Druck aus, um Fistelbildung zu verhüten. Wenn der S t e n o n ' s c h e Gang geöffnet ist, so muss man die Hautwunde möglichst sorgfältig vereinigen, die Schleimhautwunde dagegen durch Einführung eines Charpiebäuschchens, welches mit einem durch den oberen Wundwinkel nach Aussen zu führenden Faden befestigt wird, offen erhalten, sofern aber die Schleimhaut unversehrt geblieben ist, dieselbe absichtlich durchschneiden. Bei gerissenen oder gequetschten Wunden, namentlich solchen mit Substanzverlust, können sofort Anfrischungen oder auch plastische Operationen erforderlich werden. II. Als „ f r e m d e K ö r p e r im S t e n o 11'sehen G a n g e " beschreibt man Concretionen, welche in ihm aus Niederschlägen der Speichelsalze entstehen. Solche S p e i e l i e l s t e i n e , welche im Allgemeinen sehr selten sind, kommen auch ausserhalb des Canalis Stenonianus vor, indem sie sich nach einer Durchlöcherung des Canals im benachbarten Bindegewebe bilden. In der Regel haben sie ein geringes Volumen. Um sie zu entfernen, incidirt man von der Mundhöhle aus. Auf diese Weise vermeidet man die Narbe im Gesicht und verhütet die Entstehung einer Speichelfistel. Jedoch inuss mau eiue Ausnahme machen, wenn die Haut schon sehr verdünnl, geröthet oder gar ulcerirt ist. In solchen Fällen, welche jedoch nur bei Vernachlässigung oder unzweckmässiger Behandlung vorkommen, hat mun auch immer Fistelbildung zu fürchten. Sehr selten dringen w i r k l i c h e f r e m d e K ö r p e r aus der Mundhöhle in den Speichelgang ein. Auch diese müssten nach Innen ausgezogen werden. Gewöhnlich entdeckt man sie aber erst, wenn bereits Fistelbildung erfolgt ist (vgl. pag. 355 u. f.). III. Unter S p e i c h e l f i s t e l n schlechtweg versteht man die an der Parotis und ihrem Ausführungsgange vorkommenden Fisteln, da an den übrigen Speicheldrüsen Fisteln höchst selten sind. a) F i s t e l n d e r P a r o t i s entstehen nach Verletzungen o d e r n a c h Entzündungen dieser Drüse, welche ihren Ausgang in Gangrän oder Suppuration genommen haben; auch durch Verschwärungen, welche von Aussen her bis zur Tiefe der Parotis fortschreiten. Die Fistel unterscheidet sich von anderen Geschwüren dieser Gegend durch den Ausfluss einer zähen, durchsichtigen Flüssigkeit, deren Menge durch Sprechen und durch Kaubewegungen vermehrt wird. Durch ihre Lage unterscheidet sich die Fistel von einer Speichelgangtistel. Jedoch können auch weit nach Vorn liegende Fisteln zur Parotis führen, theils weil der Abseess, der sie veranlasst hat, sich vielleicht weit von

355

Speichelfisteln.

seiner Ursprungsstclle öffnete, tlieils weil das vordere E n d e d e r Drüse sich nicht selten als e r s t r e c k t , als man

ein langer schmaler Fortsatz weiter nach Vorn erwartet.

Solche

Parotisfisteln

mögen

zuweilen

f ü r Speichel g a n g f i s t c l n gehalten nntl ihre Heilung m a g als „ w u n d e r b a r leichte Heilung von Fisteln des Ductus S t e n o n i a n u s " beschrieben worden

sein.

Speichel

Parotidenfisteln

liefern,

w e r d e n könnte.

als

dass

sind

unschädlich,

da

d e r Verdauungsprocess

Aber sie sind u n a n g e n e h m ,

sie zu wenig

dadurch

gestört

weil, namentlich beim

Sprechen und Kauen, fortdauernd Speicheltröpfchen hervorquellen. — Die B e h a n d l u n g beabsichtigt Obliteration der C a n ä l c h e n , chen

d e r Speichel ausläuft.

Zuweilen

erfolgt

aus wel-

diese durch

Narben-

Zusammenziehung, ohne Zulliun der Kunst; in d e r Regel aber bedarf es der Kauterisation oder Comprcssio».

Die Kauterisation ist von den

ältesten Zeiten h e r angewandt w o r d e n ,

f r ü h e r meist mit dem Glüh-

eisen ; h e u t zu Tage bedient man sich in d e r Hegel eines zugespitzten HöllensteingrifTels, dessen W i r k u n g gewöhnlich C.ompression

reicht oft allein

zur Heilung

hin.

dient sie zur Unterstützung d e r Kauterisation. bedarf man dazu nicht.

Anfrischiing und Vereinigung

werden.

In

anderen

Feuerschwamni,

eine Ilalfterbinde

durch

Die

Fällen

Besonderer Maschinen

Dicke Lagen Cliarpie o d e r

einige Heftpflasterstreifen, höchstens noch aus.

hinreichend ist.

die Naht

mag

reichen versucht

Dagegen klingt es unglaublich, dass d e r Vorschlag gemacht

w u r d e , wegen einer solchen Fistel die Parolis zu exstirpirenl b) S p e i c h e l g a n g l ' i s t e l u , d. Ii. Fisteln des Cnnalis Stenonianus, viel häufiger als diejenigen der Parotis, entstehen gewöhnlich in Folge einer Hieb- oder Schnittwunde. Auch Spcichclsteine und Vcrschwär u n g e n in der Gegend des Canals können Veranlassung dazu geben. Zuweilen sieht m a n wiederholt Abscessc an der W a n g e entstehen, aus denen Anfangs blos E i t e r , später aber auch Speichel ausfliesst. Als Veranlassung solcher Absccssbildung hat man wohl E n t z ü n d u n g des Canalis S t e n o n i a n u s anzusehen, die meist auf der Anwesenheit kleiner, u n b e m e r k t bleibender fremder Körper b e r u h t e n mag. Dahin gehören nicht blos die bereits erwähnten Concretioncn, sondern auch Fischgräten, KnochenstUckchen u. dgl., die beim Kauen in die W a n g e eingedrungen sind. Auch h e r v o r r a g e n d e Zahnspitzen, welche die Oeffnung des Canals reizen, können schuld sein. A. D u h o i s

b e o b a c h t e t e einen r e c i d i v i r e n d e n A b s c e s s d e r W a n g e , d e r bei s e i n e m

d r i l l e n A u f b r u c h n e b s t E i t e r a u c h S p e i c h e l ergoss.

Die vom M n n d e a u s in den C a n a l i s

S t e n o n i a n u s e i n g e f ü h r t e S o n d e traf auf einen festen W i d e r s t a n d ;

es e r g a b s i c h ,

h i e r eine F i s c h g r ä t e f e s t s a s s , n a c h d e r e n A u s z i e h e n die Fistel s c h n e l l heilte. Muladies c h i r u r g i r a l e s , T o m . VI. pag. 2 8 5 .

23*

dass

Vgl. R o y e r ,

356

Krankheiten d e r Parolis. V i d a l sah in der C b o m e l ' s c h e n Klinik ( 1 8 5 0 ) einen Schwindsüchtigen, dessen

Speichelgangfistel angeblich auf Erweichung von Tuberkeln beruhen sollte.

Die in der

Nähe der MundöSnung des Ganges stehenden Zähne waren cariös und besassen so stark hervorragende Spitzen, dass die Verschwärung des Ganges voo der durch die Zahnspilzen bedingten Reizung sehr wohl abgeleitet werden konnte.

Die D i a g n o s e der Speichelgangßsteln stützt sich vor Allem auf den Ausfluss des Speichels, der in diesen Fällen auch ohne chemische Untersuchung erkannt werden kann. Die Möglichkeit der Verwechslung mit einer Fistel der Parotis wurde bereits erwähnt. Bei einer Speichelgangfistel iiiesst eine grosse Menge Speichel aus, die Lage der Fistel entspricht der Lage des Ganges, die von der Mundhöhle aus eingeführte Sonde dringt aus der Fistelöffnung hervor. Die H e i l u n g der Speichelgangfisteln ist schwierig und erfordert, je nach Lage und Grösse der Fistel, sowie auch nach der Veranlassung derselben, verschiedene Vcrfahrungsweisen, deren Zahl jedoch über Gebühr vermehrt worden ist. Dieselben lassen sich auf vier zurückführen: 1) Wiederherstellung des Speichelganges in seinen normalen Verhältnissen, 2) Herstellung eines neuen Canals oder doch einer neuen Oeffnung, um den Speichel direct in die Mundhöhle zu leiten, 3) Oblilcration des Ductus Stenonianus, 4) künstliche Atrophie der Parolis. 1. W i e d e r h e r s t e l l u n g d e s D u c t u s S t e n o n i a n u s ' ) . Bei weit geöffnetem Munde wird die Wangenschleiinhaut etwas nach Aussen umgewandt, so dass man die Oeffnung des Speichelganges sieht. Die in dieselbe eingeführte Oehr-Sonde dringt aus der Fistel hervor. Mit ihrer Hülfe zieht mau einen Faden durch diesen Theil des Canals, dessen Enden, das eine aus der Mundhöhle, das andere aus der Fistel hervorhängend, auf der Wange zusammengeknotet werden. Tags darauf befestigt man an dem aus der Fistel hervorhängenden Ende ein kleines Setuceum und führt dies in den vor der Fistel gelegenen Theil des Ganges ein. Dasselbe wird täglich gewechselt und jedesmal um einige Fäden verstärkt, bis man eine hinreichende Erweiterung dieses Tlieils des Speichelganges erreicht hat. Demnächst legt man das Setaceum in der Weise ein, dass es nur den innersten Theil des Canals ausfüllt und durch seine Capillarität den Abfluss des Speichels befördert, worauf dann die Vernarbung der Fistel von selbst erfolgen soll. Fände man bei der Einführung der Sonde von der Mundhöhle aus Schwierigkeiten, so soll man den umgekehrten Weg einschlagen, und im Fall die Fistelöffnung dazu nicht hinreichend gross ist, dieselbe durch Kauterisation erweitern. WeGewöhnlich als Verfahren von L o u i s

und M o r a n d

beschrieben.

Speichelfisleln.

Operation.

357

n i g e r umständlich ist dies V e r f a h r e n , wenn man statt des Setaceum ein Stück Darmsaite oder Laminaria ( 0 . W e b e r ) a n w e n d e t und dies, n a c h d e m das innere Stück des Canals hinreichend erweitert ist, von dem Mund aus bis ü b e r die Fistel hinaus gegen die Drüse vorschiebt und täglich einige Stunden in dieser Lage lässt. — Vielleicht h a t in den Fällen, in denen dies Verfahren z u r Heilung f ü h r t e , die nebenbei u n g e w a n d t e Kauterisation das Beste gethan. Diese kann nämlich auch o h n e Beihülfe einer operativen Erweiterung des Ganges in solchen F ä l l e n , wo n u r ein kleiner Theil des Umfanges des Speichelganges getrennt ist, in derselben Weise, wie bei den FistPln d e r Parotis, z u r Heilung f ü h r e n . Jedoch mögen m a n c h e von den auf diese Weise geheilten Fisteln wirklich D r ü s e n fisteln gewesen sein. Vgl. pag. 3 5 5 . 2. H e r s t e l l u n g e i n e s n e u e n S p e i c h e l g a n g e s 1 ) , richtiger: einer neuen Mundöffnung desselben. Man d u r c h b o h r t von d e r Fistel a u s die Wange an zwei Punkten, führt durch diese Oeflnurigen einen Bleidraht, dessen Enden in die Mundhöhle h i n e i n r a g e n ; die Fistelöffnung wird angefrischl und zusammengeheftet. Sobald d e r Speichel durch die beiden Oeffnungen frei in die Mundhöhle abfliesst und die Fistelöffnung geheilt ist, entfernt man den B l e i d r a h t ' ) . Nach B l c l a r d dreht m a n die D r a h t - E n d e n in der Mundhöhle fest z u s a m m e n , so dass die von ihnen umfassten Gewebe b r a n d i g werden, u n d somit statt zweier kleiner Oeffnungcn eine grosse entsteht, welche sichcr offen bleibt. Die g a l v a n o k * a u s t i s c h c S c h l i n g e , in derselben Weise a n g e w a n d t , bewirkt die Herstellung des neuen Ganges sofort. 3. O b l i t e r a t i o n d e s D u c t u s S t e n o n i a n u s . M a i s o n n e u v e b e h a u p t e t dieselbe erreicht zu h a b e n , indem er zwischen d e r Parotis und der Fistel einen hinreichend starken Druck a u s ü b t e , um dem Speichel den Weg zu

versperren.

Es handelte sich um eine noch

' ) D e H o y lehrte zuerst, die äussere Fistel durch eine innere zu heilen, indem er von der ersteren aus die ganze Dicke der Wange mit einem glühenden Eisenstabe durchbohrte.

Duphoenix

machte die Durchbohrung mit dem Messer in schrä-

ger Richtung, legte in die Wunde bis zum Niveau des Speichelganges eine Can ü l e , um den Abfluss des Speichels nach Innen

zu siebern,

äussere W u n d e (die angefrischte Fistel) durch die Naht.

und

vereinigte

die

M o n n e r o t durchbohrte

die Wange mit einem Schusterpfriemen und legte statt der Canüle eine Mescbe ein. ') V e r f a h r e n von Deguisc. eines Troicarls.

Mit diesem

Zum Einrühren

des Drahts bediente sich D e g u i s e

wurde die Wange durchbohrt und der Draht nach

Zurückziehung des Stilets durch die Canüle eingeführt. Ausserdem hat m a n verschiedene besondere Nadeln zu diesem Zweck erfunden und statt andere Melalldrühte und Fäden angewandt.

des Bleidrahts

Statt beide Draht-Enden in den Mund

zu führen, schob P e r c y das eine in den äusseren Theil des Spelchelgaoges.

358

Krankheiten

der

Parolis.

ganz frische, durch einen Säbelhieb entstandene Fistel. Die Heilung derselben erfolgte in 20 Tagen; wahrscheinlich ist aber in diesem Falle Obliteration gar nicht zu Stande gekommen, sondern die Coinpression des Speichelganges hat nur, indem sie den Zutritt des Speichels zu der Fistel hemmte, die Heilung derselben begünstigt. Dasselbe lässt sich durch eine gut angelegte Naht in ähnlichen Fällen erreichen. — Die Unterbindung des Speichelganges zwischen der Fistel und der Parotis hat Vi b o r g vorgeschlagen und» durch Experimente an Thieren die Wirksamkeit dieses Verfahrens erwiesen. Beim Menschen ist es noch nicht versucht worden. Auf die Obliteration des Ganges soll A t r o p h i e d e r D r t i s e folgen, so dass hiernach die V i b o r g ' s c h c n Versuche zu den unter 4. aufzuführenden Verfahren gehörten. Nach den Erfahrungen von L o u i s ist aber schon nach blosser Compression des Ganges eine Entzündung der Parotis zu fürchten, deren Ausgang sich nicht immer wird vorher bestimmen lassen. 4. A t r o p h i e d e r P a r o l i s herbeizuführen, hat man durch Anwendung der C o m p r e s s i o n auf die Drüse selbst versucht. D e s a u l t giebt a n , dass es ihm gelungen sei, auf diese Weise eine Speichelgangfistel zu heilen. Aber schon B o y e r zweifelt sehr an der Beweiskraft dieser Beobachtung. Die Compression der Parotis ist so schwer auszuführen und so schmerzhalt, dass schwerlich durch dieselbe mehr als eine vorübergehende Verminderung der Secretion erreicht wird. Die U n t e r b i n d u n g des Speichelganges, als ein Mittel uin Atrophie der Drüse herbeizuführen, wurde schon unter 3. erwähnt. Im Ganzen wird man der H e r s t e l l u n g e i n e s n e u e n S p e i c h e l g a n g e s den Vorzug vor den anderen Methoden einräumen müssen. Jedoch können auch diese hülfreich sein, so namentlich die Naht bei frischen Fisteln ( W u n d e n ) , die Einführung von Darmsaiten und die Kauterisation bei älteren, selbst die Compression, als Beihülfe, um den Zutritt des Speichels zu der in der Heilung begriffenen Fistel für einige Zeit zu verhindern. Befindet sich die Fistel in demjenigen Theil des Ausführungsganges, welcher a u f d e m M a s s e t e r liegt, so ist man auf diese Eingriffe allein angewiesen, da die zur Anlegung eines neuen Speichelgangs in einem solchen Falle erforderliche Durchbohrung des Masseter den gewünschten Erfolg wegen der Bewegungen des Muskels und der nachfolgenden Narbcnschrumpfung wohl niemals haben dürfte.

359

Neubildungen.

»rlttes

Va|ii«el.

N e u b i l d u n g e n . Pscudoplasuien der Parotis, wie der Speicheldrüsen überhaupt, sind selten. Häutig dagegen entarten die der Parotis dicht anliegenden Lymphdrüsen; auch Gefässgeschwülste kommen in dieser Gegend nicht ganz selten vor, ohne Zusammenhang mit der Parotis selbst zu haben. Besonders häufig erregen hyperplastische (tuberculöse) oder krebsige Lymphdrüsen den Anschein einer Geschwulst der Parotis, seltner Fibrome, welche von der librösen Hülle der Drüse ausgehend, während sie nach Aussen eine Ilervorragung bilden, zugleich das Gewebe der Drüse selbst verdrängen können 1 ). Aus der Parotis selbst und ihrer Kapsel entspringen ¡1111 Häufigsten C a r c i n o m e und C h o n d r o m e. In seltenen

h a l l e n iial m a n e i n e w a h r e H y p e r t r o p h i e

d e r Carotis

beobachtet,

die j e d o c h mit S i c h e r h e i t nicht zu d i a g n o s t i c i r e n sein d ü r f t e u n d sich in d e n b e o b a c h t e t e n Fallen n i c h t auf die g a n z e lich,

ob

es

sich

gehandelt hat. — tet

in

allen

diesen

P a r o t i s e r s t r e c k t zu h a b e n s c h e i n t . — Fallen

nicht

um C h o n d r o m e o d e r

Aeusserst selten sind L i p o m e

Es ist

frag-

Cystocbondroine

unter d e r Fascia parotldea

beobach-

worden.

C h o n d r o m e der Parotis haben ihren Sitz vorzugsweise im untersten Theile der Drüse, welcher alsdann die ihn bedeckende Fascia parotideo-masseterica oft so prall ausdehnt, dass nach Spaltung derselben die Knorpelmasse sich von selbst hervordrängt'). In solchen Fällen ist die Diagnose und die Exstirpalion, welche sich nur auf den erkrankten Theil der Drüse zu erstrecken braucht, nicht schwierig; von den Aesten des Nervus facialis werden bei einer solchen Operation nur die zu den Halsmuskeln gehenden verletzt, so dass also Lähmung der Gesichtsmuskeln danach nicht folgt. — Relativ häufig stellt das Chondrom der Parotis eine Mischgeschwulst dar (vgl. Bd. 1. pag. 401 u. f.), für welche dann die Prognose auch ungünstiger zu stellen und eine partielle fixstirpation nicht zulässig ist. Verschiedene Arten von K r e b s kommen in der Parotis vor. Betreff ihrer Charaktere vgl. Bd. 1. pag. 474 u. f. ' ) Ich k e n n e a u s e i g n e r E r f a h r u n g n u r e i n e n

Fall d e r A r t , in w e l c h e m m i r

In

(1853)

die Exstirpalion o h n e Verletzung der Parotis (wenigstens ohne dass eine Speicheltistel e n t s t a n d ) geluogen i s t . einer acuten

Ein Recidiv w a r , als P a t i e n t 1 0 J a h r e d a n a c h

Krankheit starb, noch nicht

*) Vgl. \V. B u s c b ,

eingetreten.

C h i r u r g i s c h e B e o b a c h t u n g e n , pag. 5 0 .

an

360

Krankheiten der

Parotis.

Den S c i r r h u s h a l t e n die Französischen A u t o r e n f ü r die h ä u t i g s t e F o r m des K r e b s e s . Falle t o n Z e l l e n k r e b s e r z ä h l t B u s c h

I. c . —

N a s e n k r e b s e s , w u r d e von m i r e x s t i r p i r t . duo.

Greifswald, 1 8 5 4 .



Sarcome

Ein E p i t h e l i a l c a r c i n o i n , als Recidiv e i n e s

Vgl. L i i t L e u i i i H e r ,

Rhinnplastires

s c h e i n e n in d e r Carotis s e l t e n zu

exempla

sein.

Die geringe Beweglichkeit der unter der Fascie eingeklemmten Geschwulst ist das wichtigste Merkmal, um Psendoplasmen der Parolis von Entartung der oberflächlich gelegenen und daher beweglichen Lymphdrüsen zu unterscheiden. Wie die Parotis selbst, so sitzt auch das in ihr entwickelte Pseudoplasma zwischen dein Ranius mandibulae und dem Processus mastoides fest eingekeilt. — Bei bedeutenderem Wachsthum entwickeln sich Gcsehwiilstc der Parotis vorzugsweise nach Hinten, erheben das Ohrläppchen und entfalten dasselbe (Fig. 27). Weiterhin comprimiren sie den Gehörgang und verwachsen mit ihm. Die Bewegungen des Unterkiefers werden behindert; nach und nach drückt die Geschwulst auch auf den Pharynx. Man kann sie dann mit dem lief in den Mund eingeführten Finger fühlen. Schon frühzeitig macht sich bei Geschwülsten , welchc die ganze Parotis befallen, der Druck geltend, welchen sie auf die hindurchtretcndcn Nervenäste ausüben, namentlich am Facialis, dessen zum Antlitz tretende Aesle leitungsunfähig werden, woraus dann eine mehr oder weniger atisgebreitete Lähmung der Gcsichtsmuskeln der kranken Seite entsteht. — Trotz der genauesten Untersuchung wird es bei grossen Geschwülsten, namentlich Carcinomen, otl ebenso unmöglich sein, die Grenze ihrer Verbreitung nach Innen, als ihren Ausgangspunkt zu bestimmen. Ein ursprünglich in den benachbarten Lymphdrüsen entstandenes Pseudoplasma kann allmälig auf die Parotis übergreifen und eine mit ihr untrennbar zusammenhängende Geschwulst darstellen. Fig.

'11.

B e h a n d l u n g . Bei gutartigen Geschwülsten der Parotis ist eine p a r t i e l l e E x s t i r p a t i o n mit Zurücklassung des gesunden Theils der Drüse nicht blos zulässig, sondern geboten, da man durch totale Exstirpation den Kranken unnöthiger Weise grösserer Gefahr und u n heilbaren Uebelständen aussetzen würde. Die E x s t i r p a t i o n d e r

361

Ejslir'paüon.

g a n z e n D r ü s e bedingt nämlich unvermeidlich Verletzung des Nerv, facialis, der Vena facialis und der Carotis externa selbst oder m e h r e r e r i h r e r grössten Aeste. Daher die Gefahren einer gewaltigen Blutung, einer Vencnthrombosc und die bestimmt vorauszusehende L ä h m u n g d e r Gesichtshälftc, welche nicht blos entstellt, sondern auch d u r c h den von ihr abhängigen unwillkürlichen Speichelauslluss und die Ers c h w e r u n g des Kauens die E r n ä h r u n g stört u n d , wegen der Unmöglichkeit die Augenlider zu schliessen, dem Auge nachtheilig wird, l'eberdies steht in d e r Hegel auch noch eine tief gegen den Hals v o r d r i n g e n d e , langwierige Eiterung in Aussicht, der man n u r d u r c h strenge D u r c h f ü h r u n g der anlisejtlischen Methode vorbeugen könnte. Der Blutung kann man bei hinreichender Geschicklichkeit und Unterstützung durch g e w a n d t e Geholfen wohl Herr w e r d e n ; man inuss n u r jedes e r k e n n b a r e Gclass noch vor der Durchschneidung oder doch gleich nach derselben fassen und unterbinden. Die übrigen Gefahren a b e r lassen sich nicht a b w e n d e n . Deshalb aber die Exstirpation d e r Parotis ü b e r h a u p t verwerfen, oder gar behaupten zu wollen, die P a rotis sei niemals vollständig exstirpirt w o r d e n , es habe sich immer n u r um Ausschälung von L y m p h d r ü s e n oder um partielle Exstirpation der Drüse gehandelt, — das muss nach den vorliegenden Thatsachen f ü r irrig erklärt werden. A. B c r a r d achtungen die g a n z e

genug

h a t b e r e i t s in e i n e r T h e s e d e e u n c o u r s n a c h g e w i e s e n , d a s s es B e o b giebt,

in

denen

P a r o t i s e n t f e r n t worden

gar

kein

Zweifel

darüber bleibt,

dass

»irklich

ist.

Um die ganze Parotis zu exslirpiren, muss man bis zum P r o cessus slyloides und dem Ligamentum slylomaxillare vordringen und sowohl die Carotis interna als auch die Vena jugularis interna blosslegen. Bei E r w ä g u n g dieser Grenzen des Operationsfeldes werden dein Anfänger die Schwierigkeiten einer solchen Exstirpation vor die Augen treten. Dieselben werden durch die festen Verwachsungen, welche bei bösartigen T u m o r e n zwischen der degenerirten Parotis und ihren Umgebungen bestehen, noch wesentlich erhöht. Um der gefährlichen Blutung vorzubeugen, haben m e h r e r e W u n d ärzte vor dem Beginne der eigentlichen Operation die C a r o t i s c o m m u n i s u n t e r b u n d e n , o d e r doch blossgelegt und mit einem Faden u m g e b e n , um dieseu zusammenziehen zu können, w e n n w ä h r e n d d e r Exstirpation eine b e d e u t e n d e Blutung entstünde. Es verhält sich hier, wie bei der Exarticulation des Unterkiefers: die U n t e r b i n d u n g d e r Carotis communis an sich ist gefährlich und sie stellt wegen d e r zahlreichen Anastomosen vor einer Blutung aus den d u r c h s c h n i t t e n e n Arterienästen nicht ganz sicher. Man wird daher n u r , w e n n m a n

362

Krankheiten der Carotis.

zuverlässiger Gehülfen entbehrt, zu der vorläufigen Blosslegung und UmschlinguDg der Carotis seine Zuflucht nehmen dürfen. Die Zahl, Ausdehnung und Richtung der Hautschnitte wird durch die Grösse und Gestalt der Geschwulst bedingt. Diese muss in ihrem ganzen Umfange völlig blossgelegt werden, bevor man in die Tiefe vordringt. Die meisten Autoren rathen, den oberen Theil der Drüse zuerst auszulösen, und dann theils mit Messer und Schecrc, theils mit dem Sealpellstiel weiter nach Hinten und Unten in die Tiefe zu dringen, so dass man erst gegen Ende der Operation zwischen Unterkiefer und Gehörgang in die Gegend der Carotis gelangt. Auf diese Weise werden aber viele Arterienzweige durchschnitten, deren Stämme später noch einmal zur Durchschneidung und Unterbindung kommen. Es ist daher viel zweckmässiger, d e n g e r a d e n W e g z u r C a r o t i s e x t e r n a vom u n t e r e n und h i n t e r e n R a n d e der D r ü s e a u s e i n z u s c h l a g e n , indem mau diesen emporhebt, und, erforderlichen Falles, stückweise entfernt, bis man zu der Eintrittsstelle der Carotis externa in die Geschwulst gelangt. Lässt sich nunmehr erkennen, dass die Ausschälung ohne Verletzung der Carotis externa nicht gelingen werde, so unterbindet man diesen Gefässslamin, kann dann aber die übrige Exstirpation ohne bedeutende Blutung vollenden, — vorausgesetzt, dass man nicht etwa durch unvorsichtigen Gebrauch schneidender Werkzeuge in der Tiefe die Carotis interna oder die Ven. jugularis interna gefährdet. Wer die Verletzung der Art. carotis externa immer vermeiden will, wird in der Regel ein Stück der Drüse zurücklassen und daher bei bösartigen Geschwülsten ein Recidiv in der Wunde erwarten müssen. Die Zerstörung mit dem Glüheisen sowohl als die Ligatur der zurückgebliebenen Krebsmasseu hat sich als unzureichend erwiesen. Auch die Galvanokaustik reicht zur Stillung der Blutung aus einem so bedeutenden Gefass, wie die Carotis externa, nicht hin; durch Verhütung der Blutung aus den kleineren Arterien kann sie von Nutzen sein. Das A b b i n d e n

d e r l ' a r o t i s ist a u s Furcht

erwartenden Blutung von I t o o n h u y s e n

vor der bei der Exstirpation zu

empfohlen worden.

Derselbe zog durch die

ganze Geschwulst eine doppelte Ligatur und unterband sie in zwei Hälften. empfiehlt die Geschwulst

blosszulegen

und demnächst

Mayor

mit mehrfachen Ligaturen

zu

durchbohren und zusammenzuschnüren (wie Bd. I. pag. 0 3 an einem Tumor im Nacken dargestellt ist).

Begreiflicher

schwülste entfernt w e r d e n ,

Weise können durch

die a u f

solche Verfahren immer n u r Ge-

d e r Parotis liegen oder die nur einen Theil der

l'arotis betrelfen.

Nach der Exstirpation der Parolis kann erste Vereinigung niemals erreicht werden. Wird man gleich stets so viel Haut als möglich zu erhalteu suchen, um eine allzu breite Narbe zu verhüten, so muss

Krankheiten der Unterkiefer- und Unteriungen-Dr&se.

363

man doch von Anfang an die Heilung der W u n d e durch Granulationsbildung erstreben. Versucht man eine oberflächliche Vereinigung, so hat dies Eiterverhaltung, Eitersenkungen und auch im günstigsten Falle die Bildung von Sinuositäten und Fistelgängen zur Folge. Die Vortheile der a n t i s e p t i s c h e n M e t h o d e leuchten bei der Tiefe der W u n d e und der Gefahr der EiteiSenkungen von selbst ein. Wo man auf diese verzichten muss, ist wenigstens für freien Abfluss des Eiters Sorge zu tragen. A n Ii a n g. Kranhbelteu der Vnterkiefer- u n d Unlerzuugeu-DrUse. Wenn man die R a n u l a nicht hierher rechnen will (vgl. pag. 346), so sind Krankheiten der Unterkiefer- und Unterzungen-Drüsen, sowie der AusfUhrungsgänge derselben äusserst selten. Vor Verletzungen sind sie durch ihre Lage geschützt; Neubildungen, zumal Krebs, scheinen primär nicht in ihnen vorzukommen; Entzündungen d e r selben sind in der Regel secundär oder erhalten doch erst durch ihre Verbreitung auf die Nachbargebilde eine grössere Bedeutung; fremde Körper und Concretionen in ihnen (ähnlich denen in der Parotis) gehören unter die grössten Seltenheiten. V e r l e t z u n g e n der Unterkieferdrüse oder ihres Ausfilhrungsganges können die Entwickelung kleiner Spcichelfisteln bedingen, welche a b e r , nach B o y e r , unter Anwendung der Compression in kurzer Zeit heilen und jedenfalls der Kauterisation weichen. Die f r e m d e n K ö r p e r in den Ausführungsgängen der kleineren Speicheldrüsen erregen Zufälle, welche, bis man die eigentliche Veranlassung entdeckt hat, ganz unerklärlich erscheinen. Man beobachtet eine Reizung und Entzündung im Munde, welche tausend verschiedenen Ursachen zugeschrieben und mit den verschiedensten Mitteln vergeblich bekämpft werden. Entdeckt "man endlich den fremden Körper, so hat dessen Ausziehung in der Regel keine Schwierigkeit, und die Entzündung verschwindet sofort. Zuweilen wird der fremde Körper ohne Zuthun der Kunst ausgestossen, und entweder ausgespuckt oder verschluckt. Alsdann schreibt man ganz unverdienter Weise dem Mittel, welches zufällig zuletzt angewandt w u r d e , " d i e gute Wirkung zu. Man untersuche also bei j e d e r hartnäckigen Entzündung im Munde auch die Gegend des W h a r t o n ' s c h e n Ganges sorgfältig. In den seltenen Fällen, wo es erforderlich wird, die G l a n d u l a s u b m a x i l l a r i s i s o l i r t z u e x s t i r p i r e n ' ) , empfiehlt sich die E x ' ) leb habe? diese Operation wegen Chondrom der Drüse zwei Mal gemacht.

364

Krankbeilen d e r Unterkiefer- und U n l m u n g e n - D r ü s e .

stirpation

vorn

Munde aus.

Der Mund des Kranken muss geschlossen und der Kopf

hintenüber

gebeugt

Halse

her bei

gehalten

Weitem m e h r ,

werden.

Nach

als diejenige vom

Durchschneidung

der

l l a u t in einer durch die Grösse und Gestalt der Geschwulst bedingten Ausdehnung und Richtung trifft man auf die Art. » m i l i a r i s welche man zwischen zwei Ligaturen durchschneidet. gespalten,

und

man dringt

unter und hinter der

externa,

Die Fascie wird

Basis

des

Unter-

kiefers mit kurzen Zügen gegen den unteren und vorderen Rand der Drüse vor.

Art. und Nerv, lingualis, welche dicht an der Drüse ver-

laufen, müssen sorgfältig geschont werden. Um die Drüse v o m M u n d e a u s zu entfernen, lniissle mau sie, nach Spaltung

der Schleimhaut, mit einer

Ilakenzange

hervorziehen

und mittelst der C o o p e r ' s c h e n S c h e e r e , dicht an der Drüse schneidend, aus ihren Verbindungen lösen.

Art. und Nerv, lingualis können

hierbei gleichfalls vermieden w e r d e n ; jedoch muss man sich zu diesem Behuf mit grösster Vorsicht hart an der Drüse halten.

Zehnte Alitlieiliing. Krankheiten des knöchernen Gaumens, des Gaumensegels und der Mandeln. Anatomische

Uebersicht.

Der knöcherne Gaumen und das Gaumensegel stellen zusammen ein Gewölbe dar, welches die Mundhöhle von der Nasenhöhle und dem oberen Tbeile des Schlundkopfe (dem Nasenschlundel t r e n n t .

Der vordere Tbeil desselben,

der knöcherne

Gau-

i n e n , das G a u m e n g e w ö l b e im engeren Sinne ( o v o a r o t ) , ist Test und unbeweglich, der hintere Tbeil, das Gaumensegel, weich und beweglich.

Das knöcherne Gerüst des

Gaumens wird von den Gaumenforlsätzen des Oberkiefers und dem horizontalen Tbeil der Gaumenbeine gebildet.

Die Mundschleimhaut, welche die untere Flache dieser, z u -

gleich den Boden der Nasenhöhle bildenden Knochenwand überzieht, zeigt in der Mittellinie eine N a h t , die auch

am Gaumensegel angedeutet ist nnd nach Vorn mit einem

llöckerchen endet, welches dicht hinter dem Alveolarrande liegt. llaphe

befinden sich quer gestellte Furchen.

Zu den Seiten dieser

Die Schleimhaut ist hier blasser u n d

dirker, zugleich aber auch starrer, als an irgend einem anderen Theile der Mundhöhle. S e h r derbes Bindegewebe verbindet sie mit dem durchweg ungemein fest an den sehr unebenen Knochen angehefteten Periost. Vertiefungen des Knochens eingebettet,

In diesem Bindegewebe, zum Tbeil in kleinen liegen, namentlich

itn hinteren Abschnitt des

Gaumengewölbes, zahlreiche stark entwickelte Schleimdrüsen. mentlich

Das

am vorderen Theile des Gaumengewölbes in Begleitung

die Löcher

und

Periost dringt n a -

der Vasa nutritia in

Vertiefungen des Knochens ein uad haftet dadurch besonders fest.

In der Nähe des Alveolarrandes verläuft an jeder

Seite von

Hinten

nach Vorn

die

Arteria palatina anterior, der Hauptast der Art. palatina descendens, welche am hinteren Ende des knöchernen

Gaumens

dicht

an seinem äusseren Umfange aus dem Canalis

pterygopalatinus mit 3 Aesten durch die Foramina palatina posteriora hervortritt. Art. palatin. anteriores anastomosiren durch

hinter den SchneidezShnen

den Canalis incisivus mit der Art. nasopalatina,

sphenopalatina an d e r Nasenscheidewand hinabsteigt.

mit

welche, als

Endast der Art.

Die Venen folgen demselben Ver-

l a u f e ; die Lymphgefässe wenden sieb schliesslich zu den submaxillaren Die Nervi palatini

sind Zweige des zweiten

Astes des Trigeminus.

Weichtheile, welche das knöcherne Gaumengewölbc ü h e r t l e i d e n , lucrum

palati duri"

Pas G a u m e n s e g e l

Beide

einander und

Lymphdrüsen. Die gesammten

werden als „ I n v o -

bezeichnet. bängt von dem hinteren Rande des harten Gaumens in schrä-

366'

Krankheiten des Gaumens und der

ger Richtung nach Hinten und Unten. der

Mitte

desselben

hängt

das

Mandeln.

Sein u n t e r e r o d e r h i n t e r e r R a n d

Zäpfchen

(Uvula) h e r a b .

ist f r e i ;

in

Zu jeder Seite entspringen

von d i e s e m

R a n d e die beiden G a u m e n b ö g e n , z w i s c h e n d e n e n sich ein m i t s e i n e r S p i t z e

nach

Oben

gerichtetes

Der

vordere

der

hintere

Dreieck

Gaumenbogcn in

die

befindet,

gehl

Wand

in

in w e l c h e m d i e H a n d e l n

eingebettet

die Basis d e r Z u n g e ü b e r , A r c u s

des P h a r y n x ,

Arcus p h a r y n g o p a l a t i n u s .

sind.

glossopalatinus,

Hie i n n e r e

Fläche

d e r Mandeln ü b e r r a g t in d e r Regel n u r w e n i g o d e r g a r n i c h t die G a u m e n b ö g e o .

Ent-

s p r e c h e n d d e r g r o s s e n A n z a h l von S c h l e i m b ä l g e n , a u s d e n e n j e d e Mandel b e s t e h t ,

zeigt

ihre

oder

der

Mundhöhle

zugewandte Oberfläche

OeOnungen.

Hängt an d i e s e n

zureichender

Uebung

für

Unebenheiten

Ulcerationen

eine g r o s s e

halten.

Die

dem Constrirtor pharyngis superior dicht an. rotis

interna,

welche

ihr

durch

eine

Dicht u n t e r d e m A n g u l u s m a n d i l m l a e

Riegung

man

sem Skelet;

norh

und

Das G a u m e n s e g e l

bis

näher

eine Art

Ca-

rückt.

zu d e r

eioe s t ä r k e r e

besitzt

liegt

von d e r

Mandel

Anschwelvon

fibrö-

Schleimhaut

ü b e r z o g e n e n f ü n f M u s k e l p a a r e n g e b i l d e t , w e l c h e von v e r s c h i e d e n e n S e i t e n

h e r in d a s -

eintreten

und

wird

zuweilen

sie

es a b e r von d e n d u r c h e i n e g l a t t e , w e i c h e

selbe

wesentlich

d e r Mandel

trennt

die W e i c h t h e i l e

hin e i n d r ü c k e n , d a h e r a u c h i h r e E m p f i n d l i c h k e i t p r ü f e n lung bei g e s c h l o s s e n e m M u n d e f ü h l e n .

von V e r t i e f u n g e n

Süssere Fläche

D i e s e r Muskel

zufällige kann

Menge

e t w a s S c h l e i m , s o k a n n m a n sie hei u n -

ihm

( P a l a t o - s t a p h j l i n u s ) und es

empor,

der

die

mannigfaltigsten

Bewegungen

Petro.salpingo-staphylinus

Spheno-salpingo-stapbylinus

erthcilen.

Azygos

uvulae

(Peristaphylinus internus)

ziehen

(Peristaphylinus externus)

bewirkt

die

s e i t l i c h e S p a n n u n g , d e r G l o s s o p a l a t i n u s u n d d e r P h a r y n g o p a l a t i n u s , in d e n g l e i c h n a m i g e n Bögen g e l e g e n ,

ziehen

Vorn gegen die Z u n g e ,

das

Gaumensegel

letzterer

nach

t h e i l s Aeste d e r Pulatina a s c e n d e n s

ahwlirts,

Hinten

ersterer

wendet

gegen den S c h l u n d .

zugleich

nach

Die A r t e r i e n

es

sind

u n d d e s c e n d e n s , t h e i l s d e r Aa. p h a r y n g e a e .

s e l b e n GefSsse v e r s o r g e n a u c h die M a n d e l n .

Die-

A u s s e r den R a m i p a l a t i n i des T r i g e m i n u s

e r h ä l t d a s G a u m e n s e g e l a u c h Zweige des G l o s s o p h a r y n g e u s u n d d e s F a c i a l i s ,

weshalb

e s hei L a h m u n g d e s F a c i a l i s z u w e i l e n s c h i e r n a c h d e r e n t g e g e n g e s e t z t e n S e i t e s t e h t . Der g a n z e w e i c h e G a u m e n u n d d e r g r ö s s t e Tlieil des k n ö c h e r n e n e n t w i c k e l t sich beim

F o e l u s a u s zwei s e i t l i c h e n H ä l f t e n (vgl. p a g . ' ¿ 4 4 u. f . ) .

Erstes Capttel.

Missbildungen und Formfehler. Die bedeutendste und häufigste u r s p r ü n g l i c h e M i s s b i l d u n g des Gaumens ist die angeborene Spaltung desselben, welche, sofern sie sich blos auf das Gaumensegel bezieht, „ G a u m e n s p a l t e " schlechtweg, sofern sie aber den knöchernen Gaumen betrifft, auch „ W o l f s r a c h e n " genannt wird. Vgl. pag. 245. Die Spaltbildungen am Gaumen sind weniger häufig als die Hasenscharte. Zwischen beiden bestehen zahlreiche Analogien, sowohl in Bezug auf die Entstehung, als in Betreff der Behandlung. Die Gaumenspalte ist weniger entstellend als die Hasenscharte, da sie in der Tiefe des Mundes verborgen wird, aber sie beeinträchtigt viel mehr als jene, wichtige Functionen.

367

Gaumenspalte.

Ein g e s p a l t e n e s Z ä p f c h e n macht keine* Beschwerden oder bedingt doch nur unbedeutende Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlingen. Bei der Spaltung des ganzen Gaumensegels, der eigentlichen G a u m e n s p a l t e , sind die Störungen so bedeutend, dass sie schon in den ersten Tagen des Lebens zur Entdeckung des Uebels führen. Das Kind vermag gar nicht oder doch nur höchst unvollkommen zu saugen; die Milch kann nur verschluckt werden, wenn sie ohne Zuthun des Kindes bis auf den hinteren Theil der Zunge kommt. Das Kind muss in aufrechter Stellung oder doch mit erhobenem Kopfe gehalten werden, um ihm das Schlucken möglich zu machen, da sonst die Flüssigkeit in den oberen Theil des Schlundes und von da in die Nase eindringt. Zuweilen erregen die hinten herabhängenden Hälften der Uvula, indem sie in die Glottis gcrathen, heftigen krampfhaften Husten, bis zu Erstickungszufällen, sobald man das Kind in die Rückenlage bringt, wie ich dies mehrmals beobachtet habe. Dieselben Schwierigkeiten bestehen in den ersten Lebensjahren weiter fort. Nur bei grosser Sorgfalt gelingt es, den daraus entspringenden Nachtheilen vorzubeugen und das Kind gehörig zu ernähren. Auch in späteren Jahren ist es den mit Gaumenspalte Behafteten unmöglich, den unteren Theil des Schlundes, den M u n d S c h l u n d , gegen den oberen, den N a s e n s c h l u n d , abzusperren. Sie sind ausser Stande zu blasen oder zu saugen, daher auch unfähig, ein Blasinstrument zu spielen, aus einer Quelle zu trinken u. dgl. in.; oft kommt ihnen, selbst nach langjähriger Hebung, die genossene Flüssigkeit zum Theil aus der Nase hervor. Solche Kinder lernen schwer sprechen und behalten stets den sogenannten Nasalton der Stimme. Für die B i l d u n g a l l e r C o n s o n a n t e n

ist,

wie namentlich D r ü c k e gezeigt

h a t , die plötzliche Aufhebung oder Herstellung eines Verschlusses nothwendig.

in der Mundhöhle

Ein solcher Verschluss ist aber n u r dann wirksam, wenn die Mundhöhle

von der Nasenhöhle ( d e r Mundschlund vom Nasenscblund) abgesperrt ist.

Diese Ab-

sperrung erfolgt im normalen Zustande, indem das Gaumensegel durch seine Levatores und Tensores nach Hinten und Oben gezogen, der Schlund aber durch seinen oberen Constrictor

verengt wird.

Bei Spaltung des Gaumensegels ist dieser Verschluss un-

möglich; die Luft dringt daher zum Theil in die Nasenhöhle und bedingt, daselbst vibrirt, den Nasalton d e r Stimme.



scheiden, dass die mit Gaumenspalte behaftejen Kinder, da ihnen Stärke des L u i t s t r o m e s ,

indem sie

Von dieser Störung ist wohl zu unterbei der

geringeren

welchen sie durch die Mundhöhle zu treiben vermögen,

die

Bildung der Consonanten schwer wird, auf allerband Hülfsbewegungen verfallen, durch welche jenem

Mangel abgeholfen werden

erst recht s c h l e c h t ,

und

soll.

Dadurch

wird ihre Aussprache a b e r

es gehört ein langes Abgewöhnen d a z u ,

um

sie auch nach

vollständigem Verschluss der Gaumenspalte zu einer reinen Aussprache zu bringen.

Lüsst man den Mund öffnen und drückt die gewöhnlich auffallend

368

Krankheiten des Gaumens und der Mandela.

dicke Zunge abwärts, so kann die D i a g n o s e mit e i n e m Blick gestellt werden. Die Gaumenhälften weichen in der Weise auseinander, dass sie einen dreieckten Raum mit aufwärts gewandter Spitze zwischen sich lassen. 'Dieser Raum erscheint im Moment der Inspiration so g r o s s , dass man glauben k ö n n t e , es bestehe ein Substanzverlust. Weitere Beobachtung lehrt, dass dies nicht der Fall ist; denn im Augenblick der Exspiration, also bei Erschlaffung der Muskeln des Gaumensegels, rücken die beiden Hälften so nahe zusammen, dass sie sich fast berühren. Jede Reizung des Gaumensegels oder seiner Umgebungen bewirkt sofort wieder ein weites Klaffen der Spalte. Ist mit dem Gaumensegel zugleich auch der k n ö c h e r n e G a u m e n g e s p a l t e n , besteht also G a u m e n s p a l t e und W o l f s r a c h e n zugleich, so hängen die Ränder der ersteren parallel mit einander herab und berühren sich selbst bei vollständiger Ruhe gar nicht oder sehr unvollkommen. Die Spalte im Gaumengewölbe selbst wird leicht entdeckt. Erstreckt sie sich bis zum Alveolarrande, so weicht sie hier von der Mittellinie ab, indem sie nach der einen oder nach beiden Seiten der Grenze zwischen dem Ober- und Zwischenkiefer folgt. Im letzteren Falle communicirt durch die Spalte die Mundhöhle mit beiden Nasenhöhlen (doppelter Wolfsrachen). Die bei Spaltung des weichen Gaumens bestehenden Beschwerden und Störungen finden sich bei Ausdehnung der Missbildung auf den harten Gaumen in noch höherem Maasse. Namentlich ist bei solchen Kindern die Ernährung äusserst schwierig und bei Erwachsenen die Sprache schwer verständlich. — Auf die Beschwerden, welche der W o l f s r a c h e n auch ohne Gaumenspalte bedingt, w u r d e bereits bei der „ H a s e n s c h a r t e " , mit welcher er fast immer complicirt ist, hingewiesen. Vgl. pag. 247. Den angeborenen Spaltungen des Gaumensegels analog finden sich auch e r w o r b e n e S p a l t e n und noch häufiger S u b s t a n z d e f e c t c des Gaumens. Eine einfache vcrticale S p a l t u n g des Gaumensegels kann zurückbleiben, wenn zum Behuf der Exstirpation von Schlundpolypen das Gaumensegel absichtlich durchschnitten wurde und die beabsichtigte Vereinigung nicht gelang. Höchst selten dürften zufällige Verletzungen zu einer solchen Spaltung führen. Dagegen können nach S c h u s s w u n d e n , wie sie namentlich bei Selbstmordsversuchen vorkommen, L ö c h e r im harten und weichen Gaumen zurückbleiben. Noch häufiger entstehen dieselben durch Ulceration und Nek r o s e , wie diese sehr häufig auf Grund der syphilitischen, seltener der scrophulösen Dyskrasie gerade in dieser Gegend beobachtet werden. Auf solche Weise können durch Nekrose des Gaumenfortsatzes des Oberkiefers und des Gaumenbeines Substanzdefecte der verschiedensten

369

Gaumenspalte.

Grfisse entstehen, welche dieselben, ja ofl noch grössere Beschwerden e r r e g e n , als die gewöhnlich nicht so weil klaffende angeborene Spaltung.

E n t w e d e r zugleich

mit der Perforation des knöchernen

Gau-

m e n s , o d e r auch u n a b h ä n g i g d a v o n , wird d u r c h Vcrschwiirung das Gaumensegel oft in b e d e u t e n d e r A u s d e h n u n g zerstört.

Der Substanz-

defect kann so gross sein, dass n u r ein paar schmale, straff gespannte, b a n d a r t i g e Streifen vom hinteren R a n d e der Gaumenbeine zum Schlünde und

z u r Zunge hinabsteigen.

In a n d e r e n Fällen besteht eine r u n d -

liche oder ovale Oeffnung in der Mitte des Gaumensegels; die Uvula h ä n g t dann tief

hinab

und

die oberen Muskeln des

Gaumensegels

haben keinen Einfluss auf sie und auf die von ihr zu beiden Seiten a u s g e h e n d e n m e h r o d e r weniger

breiten Brücken, durch

welche sie

mit den Gaumenbögen im Z u s a m m e n h a n g e steht. Alle diese Missbildungen und Formfehler sind n u r auf operativem Wege heilbar. loraphie, des

Man

wenn

nennt

die Operation

Gaumennaht,

Gaumensegels

handelt,



Palatoplastik,

desselben ausgeglichen w e r d e n soll; jedoch über.

Staphy-

es sich um Vereinigung einer angeborenen Spalte wenn

ein

Defect

gehen beide in einander

Hie Heilung von Spalten des harten Gaumens ist niemals durch

einfache Anfrischung und Naht, sondern n u r durch Verschiebung d e r beweglich gemachten S p a l t r ä n d e r möglich; man n e n n t diese Operation Uranoplastik1). Alle Operationen am knöchernen, wie am weichen Gaumen sind d e r Localität wegen schwierig, zumal hei Rindern.

Bei diesen wird

ü b e r d i e s , wenigstens in den ersten L e b e n s j a h r e n , die Staphyloraphie n u r s e h r selten gelingen,

weil die Bewegungen

der Zunge und das

Schreien die Heilung stören, und weil die Kinder, da sie, der Schmerzen w e g e n , N a h r u n g zu sich zu n e h m e n , verweigern, schnell bis zu dein

Grade

entkräftet w e r d e n ,

dass

die

w a c h s u n g sich nachträglich wieder löst. somit Staphyloraphie und

Uranoplastik

bereits

Von allgemeiner Bedeutung sind

Lüntenbeck, fiberzuges. Weitere

Archiv f. kl. Chirurgie Bd. II. pag. 2 0 5 u. f. ( 1 8 6 1 ) .

3) P a s s a v a n t , mens etc., Simon,

ist eine sehr reichbal-

folgende Abhandlungen:

1)

Bernhard

l)ie Uranoplastik mittelst Ablösung des mucös-periostalen Gaumen-

Erfahrungen

im

Gebiete

der

Heber die Operation

Uranoplastik

des

Schlundes

heim Sprechen.

Ueber die Uranoplastik

Wiederherstellung

einer

reinen

etc.

ibid.

2)

4) D e r s e l b e ,

Frankf.

a. M.

(1863).

Ueber die Ver-

1863.

5)

Gustav

mit besonderer Berücksichtigung der Mittel zur Sprache.

G m f s w a l d e r medic. Beiträge, Bd. II.

Hft. 2. ( 1 8 6 4 ) . B a r d e l e b e n , Chirurgie.

Desselben

Bd. V.

der angeborenen Spalten des harten Gau-

Archiv d. Heilkunde, 1 8 6 2 , llft. 3.

srliliessung

Ver-

niemals in e i n e r Sitzung zu

') Die auf obengenannte Operationen bezügliche L i t e r a t u r tige.

eingetretene

Bei kleinen Kindern würden

7 . Aull. I I I .

2 4

370

K r a n k h e i t e n d e s G a u m e n s uoil der

Mandeln.

m a c h e n sein. Aber a u c h bei Erwachsenen ergeben sich int Ganzen günstigere E r f o l g e , w e n n man beide Operationen nicht auf ein Mal, sondern zuerst die Staphyloraphie und einige Wochen später die Uranoplastik a u s f ü h r t . Jedoch haben mehrere Operateure auch in e i n e r Sitzung beide Operationen mit glücklichem Erfolge vollzogen. W ä h r e n d man den Verschluss einer Gaumenspalte hei der jetzigen Ausbildung d e r operativen Technik mit der grössten Wahrscheinlichkeit verheissen k a n n , gelingt die W i e d e r h e r s t e l l u n g e i n e r v o l l k o m m e n n o r m a l e n , namentlich nicht mit dem Nasalton behafteten S p r a c h e doch keineswegs immer. Hieran scheint weniger die, allerdings auch störende a b n o r m e Dicke und unzweckmässige Bewegung d e r Z u n g e , als die u n g e n ü g e n d e Function des restituirlen Gaumensegels schuld zu sein. Dasselbe verliert nämlich bei der Vereinigung seiner Seitenhälften an Substanz und durch die nachfolgende Narbenv e r k ü r z u n g namentlich an Höhe. In Folge davon vermag es die vollständige A b s p e r r u n g des Nasenschlundes vom Mundschlunde nicht m e h r zu bewirken. Dies tritt um so stärker h e r v o r , wenn das Gaumensegel, wie bei der Uranoplastik, von dem Rande der Gaumenbeine ganz abgelöst wird. Jedenfalls werden wir dahin streben müssen, bei der A u s f ü h r u n g d e r Operation ein möglichst hohes und überhaupt möglichst normal geformtes und gebautes Gaumensegel zu erhalten, ausserdem aber dem Patienten streng methodisch und andauernd a u s z u f ü h r e n d e S p r e c h ü b u n g e n empfehlen, welche, nach B. v. l . a n g e n b e c k , schliesslich bestimmt zu dem gewünschten Ziele führen sollen. Die Wichtigkeit einer genauen Kennlniss der Gründe für die mangelhafte Aussprache hei Spaltung oder u n g e n ü g e n d e r Länge (Höhe) des Gaumensegels isl in praeliseher Weise von W i l h e l m S u e r s e n ' ) erwiesen worden durch Erlindung einer Vorrichtung, welche, trotz vollständiger Gaumenspalte, eine reine Aussprache möglich macht. Dieselbe besteht zunächst a u s einer Gebissplatle, welche an vorhandenen Zähnen befestigt wird und welche, wenn eine Spalte o d e r ein Loch im harten Gaumen vorhanden ist, diese zugleich verschliesst. Am hinteren Rande des harten Gaumens läuft die Gebissplatte in einen dicken Fortsatz a u s , welcher zwischen den beiden Hälften des Gaumensegels in den Schlund hineinragt und diesen in d e r Art ausfüllt, dass die Luft sich auf- und abwärts frei bewegen k a n n , so lange d e r Constrictor pharyngis superior unthätig ist, dagegen eine vollständige A b s p e r r u n g zwischen Nasenschlund und Mundschlund ' ) „ U e b e r die H e r s t e l l u n g e i n e r g u t e n A u s s p r a c h e liei a n g e b o r e n e n Gaumendelecten

d u r c h ein n e u e s S y s t e m k ü n s t l i c h e r G a u m e n " ,

j a b r s c h r . f. Z a h n h e i l k .

VII. 4. Wien

1807.

und

erworbenen

Deutsche

Viertel-

„ N a c h t r a g " , e b e n d a , . 1 8 0 8 , Heft I .

371

Gaumennaht.

erfolgt, sobald

d e r Constrictor sich zusammenzieht.

m u s s also von relativ

Dieser Fortsatz

erlicbliclier Dicke s e i n , namentlich

auch

die

Gaumenspalte dann noch ausfüllen, wenn die Uebcmuskeln des Gaumens in Thätigkeit s i n d ; seine untere Flüche muss mit d e r vorderen Fläche des Gaumensegels,

wenn

diese durch

(seine vordere Fläche also eigentlich gleicher Höhe liegen.

die Levatorcs

emporgehoben

z u r unteren geworden) ist, in

Die Herstellung einer reinen Aussprache gelingt

durch eine solche Vorrichtung, w e n n sie filr das betreffende Individuum genau gearbeitet ist, so vollkommen, dass die Resultate der G a u m e n n a h l dadurch

in d e r Hegel weil überflügelt w e r d e n ,

und

zur Aus-

f ü h r u n g der letzteren daher n u r in solchen Fällen eine Veranlassung vorliegt, wo die Schlingbeschwerden dazu auffordern. — Um zu verhüten,

dnss die Kinder nicht erst eine fehlerhafte Bildung d e r Con-

sonanten sich a n g e w ö h n e n ,

wird es zweckmässig s e i n , sie möglichst

früh eine solche Gaumenplatte tragen zu lassen. a.

Oaiiiiieimalit,

Staph)lora|>lile.

f.. K. v. C. r a e f e liai diese O p é r a i ion 1 8 1 ü z u e r s t a u s g e f ü h r t , i n d e m e r die R ä n d e r der Spalte durch Bestreichen mit einem Aetzmitlel « u n d die N a h t Kenutniss

vereinigte.

Vgl.

v. I . a n g e n b e c k ,

ton dieser Operation

zu h a b e n ,

nach einer vollkommeneren hervor,

dass

f o l g e n d e n Kall b e s c h r e i b e .

Koberl

„Kin Kind

segel au bis zu d e n S c h n e i d e z ä h n e n . verbuchte

mit g u t e m

ausdrücklich

erzählt w i r d ,

wohl n u r d a r i n b e s t a n d e n Die Kesultat

etwas einer

dann

(sur

hatte einen

mit d e m

mit

Messer

welcher H o u x

ü b e r ihn g e k o m m e n e n

welchen

D i e f f e n bacli

s u r la s t a p h y l o r a p l i i c von P. J . l î o u x

Paris

g e s p a l t e n e n G a u m e n vom indem er

anfrischte."

dass Kilernng e i n g e t r e t e n s e i , in

Rrlolge

l.eben seine

so

18311.

de médecine,

Kin s e h r g e s c h i c k t e r Z a h n a r z t ,

m a n c h e andere hierher gehörige Einzelheiten Anmerkungen,

(Médecine o p é r a t o i r e ,

différents olijects

h a b e n , d a s s d a s Kind a m

sonderbare Art,

pifitzlieh

mit glücklichem

Methode.

Krfolge die . S p a l l r ä n d e r zu v e r e i n i g e n ,

N ä h t e a n l e g t e und die « l i n d e r

durch

( w i e es s c h e i n t )

1 8 U> a n e i n e m j u n g e n e n g l i s c h e n Arzte,

In HelrelV d e r l ' r i o r i t ä t s f r a g e lieht V e l p e a u T. III. pag. ä 7 2 )

Ohne

unternahm H o u x

die Vereinigung des g e s p a l t e n e n G a u m e n s e g e l s Stephensun,

machte und demnächst

I. c. pag. 2 0 6 .

kann

l.e

Gaumen-

Monaier^

zuerst

Da

170't)

über

mehrere Heilerhin

der „gute

Krfolg*

blieb. erste Gaumennahl als das

göttlichen Inspiration schildert,

sowie

finden sich e n t s p r e c h e n d gewürdigt in d e n seine deutsche Ueliersetzung des

(Berlin

1 8 2 6 ) begleitet

Mémoire

hat.

Nächst d e r Schwierigkeit, welche die A u s f ü h r u n g einer Operation in d e r Tiefe des Mundes bedingt, k o m m e n die Beweglichkeit des G a u m e n s e g e l s , die B e ä n g s t i g u n g , welche f ü r den Patienten halten des Mundes entsteht, endlich

a u s dem Offen-

die geringe Dicke d e r zu

ver-

einigenden Theile als Hindernisse bei d e r G a u m e n n a h t in Betracht. Der Patient d a r f , wenn man sicher gehen will, in den ersten Tagen nach d e r Operation

weder essen noch t r i n k e n , j a ü b e r h a u p t

24*

nicht

372

K r a n k h e i t e n des G a u m e n s un. hinteres Ende eingeschraubten B l e i d r a h t zum Behuf der Naht anlegte. Lässt man diese Nadeln mit einem Oehr versehen, so können in derselben Weise auch gewöhnliche Fäden als Nähle angewandt werden. Die Befreiung der Nadel aus dein Nadelhalter geschieht durch Druck auf den Knopf der schließenden Feder. Die frei gewordene Nadel wird dann, wie beim Gebrauche des H o u x ' s c h e n Instrumentes, mit der Kornzange hervorgezogen. L u t t e r hat dies Instrument dahin moditicirl, dass er an einem Schieber (Schiilten), genau in der Richtung der Nadel einen federnden Hing angebracht hat, welcher, wenn man ihn gegen die in der Zange gefasste Nadel andrückt, sich öffnet und über den schneidenden Theil der Nadel hinweggleitet, um gleich darauf den hnlsförmig eingezogenen hintereu Theil der Nadel zu umfassen, so dass man, nachdem die. Zange geöffnet ist, die von dem Hinge sicher umfasste Nadel sofort mittelst des Schiebers hervorziehen kann. Fig. 32 u. 33, '/,, die Nadel '/3 der wirklichen Grösse. G e s t i e l t e N a d e l n in Form eines scharfen Hakens, an welchem sich dicht hinter der Spitze ein Oehr belindet, sind namentlich von S m i t h benutzt worden. Nachdem man das vorher mit der Ilakenpincette tixirtc Gaumensegel von Hinten nach Vorn durchbohrt hat, zieht man den Faden aus dem Oehr mit der Pincelte hervor und verfährt auf der anderen Seile demnächst ebenso. Man kann mit einer solchen gestielten Nadel das Gaumensegel auch in der Richtung von Vorn nach Hinten durchbohren. Das Hervorziehen des Fadens aus dem Oehr der Nadel kann aber, da Faden und Nadel mit Schleim und Blut bedeckt sind, selbst dem Geübten Schwierigkeiten machen. In dieser Beziehunggewiihrtdie von F o r a v s t i e r angegebene Nadel (Fig. 34, in halber Grösse) grosse Vorlheile. Dieselbe besteht aus: I) einem Stiel von biegsamem Eisen, welchem man eine beliebige Krümmung durch den Druck der Finger geben kann; die Instruinentcnmacher liefern statt e i n e s Stiels gewöhnlich 3 mit verschiedener Krümmung; 2) einem Handgriff a, in welchem der Stiel durch eine Druckschraube c in der Art befestigt werden kann, dass sein hinteres

375 Klg. 33.

Krankheiten des Gaumens und der Mandeln. Ende b m e h r oder

weniger hervorragt u n d

gauzc I n s t r u m e n t somit

je

nach

das

der Tiefe d e r

Mundhöhle eine verschiedene Länge e r h ä l t ; 3) einer kleinen auf das vordere Stielende genau passenden Nadel (Fig. 3 5 in natürlicher Grösse).

Das In-

s t r u m e n t wird wie eine gestielte Nadel g e h a n d h a b t , mit dem

Unterschiede,

dass m a n ,

nach

Durch-

b o h r u n g des Gaumensegels, nicht den Faden a u s dein Oehr zu e n t f e r n e n braucht, sondern die kleine Nadel mit der Kornzange fasst und hervorzieht. Höchst sinnreich und leicht zu h a n d h a b e n ist 36.

das I n s t r u m e n t von D e p i e r r i s : Fig. 36, nach d e r U l a n d i u ' s e i l e n Modification, in Fig. 37. halber Grösse. Fig. 37 ist das vordere E n d e des Instruments in natürlicher Grösse abgebildet, j e doch so, dass die i n n e r e der beiden C a n ü l c n , aus denen das Instrument b e s i e h t , welche in Fig. 3 6 bei b ein wenig aus d e r äusseren Ganiile hervorragt, h e r ausgezogen und neben die äussere Ganüle gelegt ist. Mit letzterer steht durch einen an seiner convexen Seile mit einer Rinne versehenen Bügel ein den Ganülen e n t s p r e c h e n d e r Ansatz ef in Verbindung. Dieser besteht a u s 2 S t ü c k e n : 1) einem kurzen Gyl i n d c r , an welchem sich bei f ein kleiner Ausschnitt befindet, und 2) einem in diesen beweglich eingefügten, blind endigenden R ö h r c h e n , von der Gestalt eines Fingerhuts. Schiebt man dies letztere gegen den Griff hin, so ist d e r kleine Ausschnitt bei / ' ausgefüllt und ein d a r ü b e r hing e s p a n n t e r Faden wird durch das Röhrchen g e t r a g e n , während er iu den kleinen Ausschnitt beim

Gaumennaht.

377

leisesten Z u g e h i n a b s i n k t , sobald m a n j e n e s R ö h r c h e n in d e r R i c h t u n g nach

e fortschiebt.

Dies

Forlschieben

erfolgt n u n beim

Gebrauche

d e s I n s t r u m e n t e s d u r c h den a u s d e r i n n e r e n Caniile b h e r v o r t r e t e n d e n Nadelhaken r ;

die v o r h e r bei f

a u l g e l e g t e F a d e n s c h l i n g e fällt somit,

w e n n d u r c h das Z u s a m m e n d r ü c k e n d e r mit R i n g e n v e r s e h e n e n B r a n c h e n d e s I n s t r u m e n t e s z u n ä c h s t die i n n e r e C-anille b gegen den Ansatz

ef

h e r v o r g e d r ä n g l , d a n n a b e r d u r c h weiteren Druck d e r N a d e l h a k e n c a u s ihr

hervorgeschoben

ist, in d e n ( H g . 3 7

g e n a u mit c b e z e i c h n e t e n )

A u s s c h n i t t d e s letzteren, u n d w i r d , i n d e m dieser d u r c h die W i r k u n g e i n e r , in d e r F i g u r weiter u n t e n a n g e d e u t e t e n F e d e r

beim Nachlasse

d e s D r u c k s auf die B r a n c h e n z u r ü c k w e i c h t , bis in die CanUle a, d u r c h d e n ganzen R a u m d h i n d u r c h z u r ü c k g e z o g e n .

mithin

Beim G e b r a u c h e

d e s I n s t r u m e n t e s k o m m t d e r R a n d d e r G a u m e n s p a l t e in den A u s s c h n i t t d zu liegen, so d a s s die h i n t e r e F l ä c h e d e s s e l b e n auf dein Ansatz ef gleichsam der

ruht.

Beim

Nadelhakcu

Hinten

das

Zusammendrucken

Gaumensegel

der

in d e r

u n d zieht beim Nachlasse des Druckes

gelegte, durch

Branchen

durchbohrt

Richtung von

Vorn

nach

die v o r h e r bei f a u f -

die R i n n e des Bügels bei g gegen d e n O p e r a t e u r

hin

v e r l a u f e n d e F a d e n s c h l i n g e /*, w e l c h e mit d e r linken Hand g e s p a n n t e r halten wird, in d e r R i c h t u n g von Hinten n a c h Vorn h i n d u r c h .

Dem-

n ä c h s t wird d a s g a n z e I n s t r u m e n t a u s d e r M u n d h ö h l e

hervorgezogen,

die F a d e n s c h l i n g e a u s

und

dein

Nadelhaken

frei g e m a c h t

das

eine

F a d e n - F n d e d u r c h den W u n d c a n a l im G a u m e n s e g e l h i n d u r c h u n d z u r Mundhöhle herausgefühlt. hinter Vorn auf

dem

Gaumensegel

v e r l ä u f t , wird das Instrument

nun

Das z u r ü c k b l e i b e n d e F a d e n - E n d e , und

dann

abermals

aufgelegt

durch

welches

die G a u m e n s p a l t e

in Gestalt einer S c h l i n g e

und

mit d e m s e l b e n

an

der

nach bei f g

anderen

Hälfte d e s G a u m e n s e g e l s ganz e b e n s o v e r f a h r e n , um b e i d e S p a l t r ä n d e r in gleicher Höhe mit d e m s e l b e n F a d e n zu d u r c h b o h r e n . ein,

dass m a n s e h r l a n g e r F ä d e n

f a c h e n L ä n g e des I n s t r u m e n t e s . beschriebenen

bedarf,

und

Ks l e u c h t e t von d e r v i e r -

Die A n l e g u n g d e r Naht in d e r e b e n

Weise e r f o r d e r t k a u m

die B e s c h r e i b u n g

mindestens

d e n z e h n t e n Theil

gelingt selbst d e m

Ungeübten

d e r Zeit

leicht;

als

jedoch

h i n d e r t die Dicke d e r CanUle, in w e l c h e r die Nadel s t e c k t , d e n

Ein-

s t i c h s p u n k l mit voller G e n a u i g k e i t zu b e s t i m m e n . In letzterer B e z i e h u n g d ü r f t e die von B. v. L a n g e u b c c k ' ) f u n d e n e Nadel den Vorzug v e r d i e n e n . Nadel

er-

Au dieser sitzt die eigentliche

u n t e r s t u m p f e n ) Winkel auf einem hohlen S t i e l , a u s w e l c h e m

d u r c h eine in d e r N ä h e d e r Spitze befindliche O e f f n u n g v e r m ö g e eines ') Vgl. Archiv f. klin Chirurgie, BJ. I I . |iag. '¡57 u n d d i e Abbildungen

dazu.

378

Krankheiten des Gaumens und der

Mandeln.

Schiebers ein am vorderen Ende hakenförmig unigebogener, f e d e r n d e r Draht hervorgetrieben werden kann, der, beim Nachlass des Druckes, durch

die W i r k u n g einer

schnellt.

im Griff befindlichen Spiralfeder

Der Operateur durchsticht

zurück-

mit dieser Nadel das mit

der

Hakenpincette fixirte Gaumensegel von Vorn nach Hinten, und schiebt den Draht h i n a u s , welcher sofort neben dem W u n d i a n d e

hervortritt;

ein Gehülfe h ä n g t den Nahtfaden mittelst eines Kadenträgers auf das hakenförmige

Ende des Drahtes, d e r Operateur

aber lässl letzteren

s a m m t dem auf diese Weise eingefangenen Kaden durch die Krall der Spiralfeder zurückschnellen. In derselben Weise lässt sich die von M a t t h i e u angegebene gestielte Nadel a n w e n d e n , befindlichen

an welcher durch Druck auf einen am Stiel

Hebel das Oehr sich öffnet, so dass m a n ,

n a c h d e m , die

Spitze dns Gaumensegel d u r c h b o h r t h a t , den Faden einhängen

kann.

Sie hat den Vorzug d a u e r h a f t e r und viel wohlfeiler zu sein. Um m i t g e w ö h n l i c h e n g e s t i e l t e n ) Nadeln Vorn

nacb Hinten durchbohren

Spallrand

eine

benutzt wird,

geschlossene

ZII k ö n n e n ,

Kadenschlinge,

um d a s d u r c h

iVahtfadens d u r c h den e r s t e r e n

beide Spaltränder

führt

welche,

den anderen Spaltrand n a c h Vorn zu

in d e r l l i c h t u n g

VV. K e r g u s s o n

durch

den

von einen

nachdem

sie aiisgefädelt

ist,

n a c b Hinten

geführte Ende

des

ziehen.

Das S c h l i e s s e n d e r N ä h t e geschieht am Besten erst, n a c h d e m man sie alle angelegt h a t , da sonst das Zusanimenknoten des einen Fadens die Anlegung des a n d e r n hindern würde. Für das Anlegen sowohl als für das Schliessen ist die Reihenfolge von Oben nach Unten die zweckmässigste. Das M a t e r i a l , welches zu den Nähten v e r w a n d t wird, bedingt wesentliche Verschiedenheiten. Die Mehrzahl d e r W u n d ärzte hat g e w ö h n l i c h e , gut gewichste Seidciifiiden angewandt. Diese werden, wie a n d e r e Nähte, mit den Fingern geknotet. D i c f f c n b a c h empfahl d ü n n e B l e i d r ä h t e , welche frisch gezogen, ganz biegsam und an keiner Stelle brüchig sein sollen, so dass man sie mit einer Kornz a n g e , welche jedoch keine scharfen Zähne besitzen d a r f , leicht bis zu d e r gewünschten A n n ä h e r u n g der W u n d r ä n d e r z u s a m m e n d r e h e n und die überflüssigen Enden mit einer G o o p e r ' s c h c n Schcerc kurz abschneiden kann. D i e f f e u b a c h hebt als einen besonderen Vorzug h e r v o r , dass man die mit Bleidrahl angelegten Nähte leicht d u r c h weiteres Z u s a m m e n d r e h e n nachträglich fester schliessen und durch Aufdrehen lösen k ö n n e . Dcnnoch hat die Bleidrahtnaht keine allgemeine Verbreitung g e f u n d e n ; auch ich muss nach eigenen E r f a h r u n g e n die gewöhnlichen Fäden für das leichter zu h a n d h a b e n d e Material erklären. Dünne Silber- und Eisendriilite, welche man wie Seidenfäden knoten oder auch d u r c h eine d a r ü b e r geschobene Plombe (kleine Blei-

Gaumennaht.

379

kugel), die man mit einer Zange coinprimirt. schliessen kann, gewähren bei der Gaumennaht nur, sofern" man einzelne Mähte länger

liegen

lassen will, einen Vortheil. Bevor man die Nähte schliesst, werden die Wundränder mit einem an einer Pincelte oder dgl. befestigten Schwämmchen sorgfältig von Schleim und Blutgerinnsel gereinigt.

K s ist genau darauf zu achten,

dass die Ränder sich weder nach Vorn noch nach Hinten umklappen, sondern dass wirklich die angefrischten Säume aneinander liegen.

Um

diese Lage zu sichern, muss man eine verhältnissmässig grosse Anzahl von Nähten, — vier, —

bei Spaltung des ganzen Gaumensegels mindestens

anlegen.

Dies ist um so mehr erforderlich, als andere Ver-

einigungsmittel am Gaumensegel gar nicht anzubringen sind. Deshalb iriuss man auch die Nähte mindestens drei Tage liegen lassen, selbst auf die Gefahr hin, dass einzelne Ulccration veranlassen.

Die Ent-

fernung geschieht, indem mau mit einer langen Pincette den auf der einen Stichöfl'nung liegenden Knoten fasst und die Nahtschlinge unmittelbar

vor

durchschneidet,

dem

Stichcanale

mit

einer

Cooper'schen

Scheere

dann aber, namentlich wenn Draht angewandt ist,

mit grössler Vorsicht gerade nach Vorn auszieht. Unmittelbar nach Vollendung der eigentlichen Naht erscheint das Gaumensegel nur mässig gespannt; aber es liiulet dennoch bald eine bedeutende Zerrung der Wundränder durch die Z u s a m m e n z i e h u n g d e r G a i n n e n in u s k e i n statt, deren Bewegungen,

auch wenn der

Patient aul's Sorgfältigste jede Schlingbewegung vermeidet, eintreten.

Die nachfolgende Anschwellung

dennoch

vermehrt die Spannung

und die Nähte schneiden alsdann durch, so dass die Vereinigung ganz oder doch zum Theil ausbleibt.

Dieffenbach

hat zur Verhütung

dieser »beistände, die von ihm auch bei anderen plastischen Operationen benutzten S e i t e n i n c i s i o n e n empfohlen und vielfach mit g u tem Krl'olg angewandt.

Zur Ausführung derselben durchsticht man

zuerst die eine und dann die andere Hälfte des Gaumensegels mit einem schmalen spitzen Messer,

1 Clin, von seinem unteren Rande

und ebenso weit von der nunmehr vereinigten Spalte entfernt, und durchschneidet jede Hälfte

tlcs Gaumensegels

gerade aufwärts bis an den Rand des

mit sägenden Zilgen

knöchernen Gaumens.

Die

Schnitte klaffen sogleich in Gestalt ovaler Oettnungcn; das kurz vorher noch gespannte Gaumensegel „hängt wie eine nasse Gardine welk herab" ( D i e f f e n b a c h ) ,

und sowohl Flüssigkeiten als Luft können

nunmehr frei von der Wundhöhle in die Schlundhöhle eintreten. Blutung ist hierbei in der Regel beträchtlich.

Die

Die Seitenöflnungen

schliessen sich durch Granulationen, deren zuweilen üppiger Wuche-

Krankheiten d e s G a u m e n s u n d Her Mandeln.

380

r u n g man d u r c h Betupfen mit Höllenstein begegnen muss. wird hierbei durch die nachfolgende N a r b e n v e r k ü r z u n g

Jedenfalls

das G a u m e n -

segel d e f o r m ; es verliert noch m e h r an Höhe, als dies ohnehin d u r c h die

Zusammenziehung

neuester

d e r Seitenhälften

Zeil die zuerst

schneidung

geschieht.

d e r Ga u i n e n I U u s k e i n

ist in Durch-

(des Levator und des Tensor

palati mollis, sowie des P h a r y n g o - p a l a t i n u s ) fenbach'sehen

Deshalb

von W . F e r g u s s o n ' ) empfohlene

an die Stelle der

Seitenschnitte gesetzt w o r d e n .

Dief-

Allerdings wird

da-

d u r c h n u r der nachtheilige Muskelzug beseitigt, nicht aber der durch die Schwellung .des Gaumensegels

bedingten

Spannung

vorgebeugt.

Die heueren E r f a h r u n g e n haben aber gezeigt, dass man letztere nicht zu fürchten h a b e ,

wenn

die Z e r r u n g

durch

Muskelzug v e r h ü t e t ist.

Die D u r c h s c h n e i d u n g der g e n a n n t e n Muskeln wird, nach ß . v. L ü n t e n beck,

in folgender Weise a u s g e f ü h r t .

förmig g e b o g e n e s ,

Man slösst ein stark

a u f w ä r t s s e h e n d e r Schneide dicht u n t e r h a l b vom

sichel-

mit einem langen Stiele versehenes Tenoloin und

H a m u l u s pterygoideus in der Richtung

etwas nach

von Aussen

mit

Aussen

und

Vorn

nach Innen und Hinten d u r c h das Gaumensegel bis gegen die h i n t e r e S c h l u n d w a n d u n d d u r c h s c h n e i d e t mit sägelorinigeii Ziigen das G a u m e n segel in

seiner ganzen Dicke bis gegen

palatiuum.

Dieser (auf beiden

l a n g e Schnitt e n t s p a n n t durch

den hinteren Hand d e s Os a u s z u f ü h r e n d e ) etwa 2 Ctm.

d a s Gaumensegel

die Canales pterygoplatini Zur Verhütung

Seiten

vollständig und lässt

hinabsteigenden Gelasse

die

unberührt.

d e r Z e r r u n g d e r W u n d r ä n d e r w ü r d e sich auch

hier die D o p p e l n a h t eignen, d. h. eine zweite Itcibe weit greifender N ä h t e ; a b e r die V e r m e h r u n g der Zahl der Nähte erscheint bedenklich. Der Patient m u s s w ä h r e n d Gesicht dem F e n s t e r z u g e w a n d t , Offenbleiben m a n

der Operation

aufrecht sitzen,

mit weit geöffnetem Munde,

nöthigenfalls durch ein

das

dessen

P a a r zwischen die

Zähne

g e s c h o b e n e Korkstückc und durch die L a n g e n b e c k ' s c h e n Mundwinkelhalter ( k u r z e s t u m p f e l l a k e n ,

die an einem

u m das

Hinterhaupt

zu legenden K a u t s c h u c k b a n d e befestigt sind) zu sichern sucht. nach

der

Operation

m u s s er den Kopf stark

Auch

vornüber gebeugt

halten o d e r auf d e r Seite l i e g e n , u m den Speichel a u s dem Munde abfliessen zu lassen.

Von Zeit zu Zeit wird der Mund mit W a s s e r

( a u c h Einser o d e r S o d a - W a s s e r ) vorsichtig a u s g e s p ü l t ;

bei

heiligem

Durst lässt m a n kleine S t ü c k c h e n Eis in demselben zergehen.

Feuchte

Umschläge

um

den Hals ( P r i e s s n i t z ' s c h e

Cravalte)

E n t z ü n d u n g o d e r doch d a s Gefühl der S p a n n u n g . ' ) Medico-chirurgical T r a n s a c t i u n s , 1 8 1 X

mindern

die

W ä h r e n d der ersten

Uranoplastil.

381

24 Stunden darf der Operirte weder essen, nocli Irinken. Feste Speisen sind mindestens 6 Tage lang ganz zu vermeiden'). Erscheint die Spalte nach Entfernung der Nähte (am 4ten bis 6ten Tage) geschlossen, so kann man des Gelingens der Operation sicher sein; vermeidet der Operirte dann noch einige Tage zu sprechen und feste Speisen zu verschlucken, so bleibt die Gaumenspalte auch dauernd geschlossen.

Wenn

an

einzelnen Stellen die

Vereinigung

mangelhaft ist, so kann man durch Betupfen mit Cantharidentinctur an demselben eine lebhaftere Granulationsbildung anzuregen suchen, mn auf diesem Wege grössere Lücken übrig,

nachträglich Verschluss zu erzielen.

Bleiben

so wiederholt man später an diesen Stellen

die Anfrischung und die Naht.

Erfolgt gar keine Vereinigung,

so

kann mau die ganze Operation nach längerer Zeit (nach Ablauf eines Jahres, O i c f f e n b a c h )

noch einmal ausführen.

In manchen Fällen

hat (früher) erst die dritte oder vierte Operation zum Ziele geführt. Ii.

l'ranoplnstih.

Die a n g e b o r e n e S p a l t u n g d e s k n ö c h e r n e n G a u m e n s wird nicht selten schon in den ersten Jahren beträchtlich enger; zuweilen erfolgt vollständiger Verschluss, wie dies namentlich nach frühzeitiger Operation der gleichzeitig bestehenden Ilasenscharle beobachtet worden ist (vgl. pag. 247). Vielleicht kann durch Bepinseln mit Cantharidentinctur und häutig wiederholtes Zusammendrücken der beiden Oberkieferhälften die Hejlung begünstigt werden. Der Versuch, durch operative Eingriffe den Verschluss einer Spalte im knöchernen Gaumen schon* in der frühesten Zeit des Lebens herbeizuführen, erschien bis vor Kurzem unzulässig, da die bis dahin angewandten Methoden nicht blos noch viel schwieriger, sondern auch viel gefährlicher waren, als die Staphyloraphie. Die von B. v. L a n g c n b c c k angegebene Methode ist aber so viel leichter und weniger gefährlich, dass ihre Ausführung selbst in den eisten Lebenslagen dir zulässig gehalten werden muss, zumal durch sie möglichst schnell eine bessere Ernährung des Kindes erreicht wird. Früher suchte man nämlich die bestehende Lücke entweder blos durch V e r s c h i e b u n g d e r S c h l e i m h a u t d e s h a r t e n G a u m e n s zu decken oder aber direct und gewaltsam eine V e r e i n i g u n g d e r d i e S p a l t e b e g r e n z e n d e n K n o c h e n zu bewirken. Letztere Me-

' ) Vor vielen

Jahren n a b m ein von mir operirter M a n n , voll Freude filier die

lungene O p e r a t i o n " ,

Irotz strenger Verbaltungsregeln,

„ge-

an demselben A b e n d noeb

ein Beefsteak und einige Schoppen Bier zu sich; die Vereinigung blieb aus.

382

Krankbeilea des Gaumens und d i r

thoüe lässt mit grösserer Sicherheit ist aber bei Weitem eingreifender.

Mandeln.

vollständigen

Erfolg

D i e f f e n h a r I i h a l l e b e r e i t s in s e i n e r U e h e r s c l z u n g von l l o u x ' s (Berlin

I8?C,

Gaumens

in

p a g . 5f>) den paralleler

r n l f e r n l , der ganzen

Vorschlag g e m a c h t ,

R i c h t u n g mil d e m

die

beiden

Alveolarforlsalz,

Seilen

etwa

norden, —

demnächst

zusammenzuziehen,

llleidrahtnaht

zu

vereinigen.

V e r s u c h e an T h i e r e n ,

das

Gaumensegel

Smvnhl

und an den Seiten

die

H ä l f t e n des k n ö c h e r n e n aber

mit

theoretischen

welche D i e f f e n b a c h

v l.

der

Betrachtungen

c.) a n f ü h r t ,

G a n m e n s mit

von i h m

angegebenen als

berechtigen

w a r l u n g , d a s s auf d i e s e W e i s e d e r Verschluss d e r g a n z e n G a u m e n s p a l t e

auch

gelingen

und R ü b r i n g erworbenen

Dieffenbach

s e l b s t hat eine s o l c h e O p e r a t i o n a m M e n s c h e n n u r m i t

d i e s e l b e in die P r a x i s e i n g e f ü h r t ' ) .

Biihring

l i e f e r t e n ) s t a l l d e r Siige ein spitzes m e i s s e l a r l i g e s

e i n i g e r Gewalt

Wulzer

wandte (jedoch n u r

d u r c h d a s k n ö c h e r n e G a u m e n g e w ö l h e vom M u n d e a u s h i n d u r c h g e s t o s s e n

Die h i e r d u r c h

entstehenden

l.ücken werden durch

kleine l l o l z k e i l e

aus

die

Annäherung

der

Spallränder.

einan-

mit einer

s t a r k e n Nadel h e r u m g e f ü h r t e n l l r a h t , w e l c h e r in d e r M u n d h ö h l e z u s a m m e n g e d r e h t inan

bei

Messer a n , w e l c h e s mit

d e r g e l r i e b e n ; d u r c h diese, sowie d u r c h einen von e i n e r l.iicke z u r a n d e r e n

sehr

und

Gaumens entstehenden l.ücken

ungünstigem Erfolge ausgeführt. — In etwas abweichender Weise haben später

bewirkt

die

zu d e r Kr-

W e i s e wie hei d e n S e i t e n e i n s c h n i t t e n a m G a u m e n s e g e l d u r c h G r a n u l a t i o n e n

erfolgen werde.

wird.

diesem

die S p a l t i i i n d e r des h a r t e n u n d w e i c h e n G a u -

die A u s f ü l l u n g d e r d u r c h das E i n z i g e n d e s k n ö c h e r n e n in ä h n l i c h e r

knöchernen von

h ä n g e n a c h , von H i n t e n n a c h Vorn mil e i n e r f e i n e n S l i c h s ä g e zu

m e n s a n z u f r i s c h e n u n d die beweglich g e m a c h t e n Golddraht

Staphyloraphie

des

1 Ctm.

durchsägen, n a c h d e m der Schleimhantüherzug vorher durchschnitten zurückgeschoben

erwarten,

wird,

Die Itluliing bei d i e s e r O p e r a t i o n

ist

bedeutend.

B. v. L a n g e n b e c k ' s „ D r a n o p l a s l i k durch Ablösung Iiii«1 V e r s c h i e b u n g d e s n i u c ö s - p c r i o s l a l c n U e b e r z u g e s d e s k n ö c h e r n e n G a u m e n s " übertrifft alle früheren Verl'ahrungsweisen in jeder Beziehung so sehr, dass von diesen kaum mehr die Hede sein darf. l)ic Thatsachen, auf welchen diese Methode fusst, sind folgende: 1) Ausgedehnte Ablösung des Periost auf operativem Wege gefährdet die Krnührung des Knochens nicht; 2) das mit den anliegenden Weichthcilen im Zusammenhange abgelöste, aber sogleich wieder mit der cnlblössten Knochenfläche in Berührung gebrachte Periosl bleibt lebensfähig und verwächst sofort wieder mit dem Knochen; 3) das in solcher Weise abgelöste Periost ist der Knoclienneubildung fällig, wenn es auf benachbarte lieferte transplantirt wird. — Die! Uranoplastik wird hiernach in folgender Weise ausgeführt: 1.

Anfriscbung der Spaltränder.

' ) Vgl. die D i s s e r t a t i o n v. W a l t h e r

von

Dr. L a m b e r t s ,

und A m m o n ' s

Ueber Heilung der angeborenen Klinik

1 8 5 0 , pag. 2 6 0 ;

h a r t e n G a u m e n s mittelst

ßonn

Soll die Staphyloraphie 1834;

Rüliring's

J o u r n a l f. C h i r u r g i e , Bd. IX. pag. .IV!); S p a l t e des w e i c h e n u n d h a r t e n G a u m e n s ,

Buh ring,

Beilrag z. o r g a n . W i e d e r e r s a t z

Knochensubstanz.

E b e n d a , pag. 473.

Aufsatz in Wutzer, Deutsche

d. Defecte d.

383

Uranoplastik.

zugleich a u s g e f ü h r t w e r d e n , so wird die Anfrischung des G a u m e n segels zuerst vorgenommen. Die Abtragung d e r Spaltränder am h a r ten Gaumen geschieht mit einem starken Scalpell, dessen convexe Schneide sich der Wölbung des knöchernen Gaumens genau anschmiegt u n d ' d a h e r diesen, stets mit lebhafter Blutung v e r b u n d e n e n Act mit e i n e m kräftigen Zuge von Hinten nach Vorn auszuführen g e s t a t t e t ' ) . 2. D u r c h s c h n e i d u n g d e r M u s k e l n in d e r , pag. 3 8 0 geschilderten Weise.

des

Gaumensegels

3. S e i t e n i n c i s i o n e n durch das lnvolucrutn palati d u r i , und zwar bei doppelseitiger Spaltung (doppeltem Wolfsrachen) vrtn Ham u l u s plerygoideus, mithin von dem äusseren Winkel des f ü r die D u r c h s c h n e i d u n g der Gaumennmskeln erforderlichen Schnittes a u s g e h e n d , längs der inneren Fläche des Alveolarrandes, an der Grenze zwischen diesem und dem Gaumengewölbe, jedoch so, dass die Schneide des Messers gegen den Alveolarrand gerichtet ist, bis zu der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Schneidezahn j e d e r Seite; bei einseitiger Spaltung n u r auf d e r Seite d e r Spalte (wo das Gaumengewölbe keinen Z u s a m m e n h a n g mit dem Yomer hat) und n u r bis zu der Grenze zwischen dein Eck- und ersten Backzahn. Durch diese Hjchlung und A u s d e h n u n g der Seitenschnitte wird den abzulösenden I.appen des Involucrnni palati duri vorn eine gegen 4 Linien breite Anheftungs- und K r n ä h r u n g s b r ü c k e , liinlen a b e r die Verbindung mit dem Gaumensegel erhalten und somit die Blutzufuhr gesichert, da g r a d e an diesen Stellen die grösseren Gelasse aus dem Knochen h e r vor und in ihn zurücktreten (vgl. pag. 3 0 5 ) . Wenn es zum Behuf der erforderlichen Beweglichkeit nicht d u r c h a u s uothwendig ist, so führt man diese Seitenschnitte nicht in der ganzen angegebenen Ausd e h n u n g u n u n t e r b r o c h e n fort, sondern u n t e r b r i c h t sie im Bereich des dritten Backzahns (mithin etwa in der Mitfe ihrer Länge), so dass an dieser Stelle eine seitliche Brücke stehen bleibt, d u r c h welche später d a s sonst zu b e f ü r c h t e n d e übermässige Hinabsinken der a b g e löslen mucös-periostalen Lappen verhütet wird. Die Blutung bei diesem Operationsaclc ist erheblich; zuweilen spritzen Blutströmc von R a b e n f e d e r k i e l - D i c k e hervor. Aber d u r c h Einspritzen von Eiswasser (mit einer grossen Spritze, deren rechtwinklig u m g e b o g e n e s , kolbiges Ansatzrohr m e h r e r e Oeffnungen besitzt) ') 0 . S i m o n Ablösung

lässt d i e A n f r i s c h u n g d e r der

Laogenheck)

Weichtlieile

Spaltränder

vollendet ist, u m d e s t o s i c h e r e r zu s e i n ,

d e n R ä n d e r nicht g e q u e t s c h t

erst f o l g e n , n a c h d e m die

v o m k n ö c h e r n e n G a u m e n ( d e r i t e Act, d a s s die zu

und ü b e r a l l gut a n g e f r i s c h t s i n d .

nach

vereinigen-

384.

Krankheiten des Gaumens und der Mandeln.

und

durch

vorübergehende

Compression

mit

dem

Finger gelingt es

stets die Blutung zu stillen. 4.

Ablösung

crum.

der

umschnitlenen

Lappen

des

Involu-

Die Hauptaufgabe; ist, die ganze Dirke des Involucrum

abzu-

lösen, d. h. keinen Theil des Periost an dem Knochcn sitzen zu lassen. Daher rnuss man sich vor Allem nochmals Überzeugen, dass die Einschnitte (sowohl die Anfrischungs-, als die Seiten-lncisionen) wirklich bis auf den Knochen

gedrungen

immer s o ,

dass

man

den

weise

Vorn

nach

ton

beginnt

man

sind.

vorderen

Hinten

Theil zuerst abhebt und strich-

fortschreitet.

in den Scitenschnittcn

friscbungslinie.

Die Ablösung selbst erfolgt Bei

doppelter Spaltung

und gelangt zuletzt zu der A11-

Bei einseitiger Spaltung verführt man

auf der Seite,

an welcher eine Seilenincision gemacht ist (pag. 3 8 3 ) , ebenso; auf der anderen

muss man

bewerkstelligen.

die Ablösung

Schneidende

von dem AnfrischungsschniUe aus

Instrumente sind für

Operation gar nicht zu benutzen.

diesen Act der

Man muss das Periost vom Kno-

chen abdrängen, abhebein, zum Theil ab- oder aus den Vertiefungen herausreissen.

Das

nützlichste

Instrument für den Anfang

der Ab-

lösung ist der von B. v. L a n g e n b e c k angegebene sogenannte „Geissfuss", ein stumpfwinklig u m g e b o g e n e r , mit abgerundetem

und etwas

zugeschärften Rande endigender Hebel, dessen Gestalt mit derjenigen des zahnärztlichen Weiterhin

Geissfusscs

kommen

zur Anwendung.

(vgl. pag. 2 9 2 )

kleine stumpfe Ilcbel Wo

von

eine Aehnlichkeit

von verschiedener

einer mehr senkrccht gestellten

hat.

Gestalt

Gaumen-

hälfte (namentlich bei einseitiger Spalte) die Ablösung an der Grenze der Nasenschleimhaut,

also von dein AnfrischungsschniUe aus begin-

nen und mehr durch Abreissen als durch Abdrängen bewirkt werden muss, ist ein hakenförmig umgebogenes Schabeisen (Raspaiorium) dem Geissfuss vorzuziehen.

Ist die Ablösung

in ganzer Breite bis zum

hinteren Rande der Gaumenbeine, mithin bis zum Gaumensegel vollendet,

so durchschneidet

man schliesslich

die auf die hintere Fläche

des letzteren von den Chaoncn aus übergehende und dasselbe fest an genannten Knochenrand anheftende Schleimhaut

mit Hülfe von

zwei

auf die Fläche gebogenen, zweischneidigen Scalpellen, von denen das eine spitz,

das andere

geknöpft ist.

Die Verbindung

des Gaumen-

segels mit dem Involucrum palati duri bleibt unverletzt.

Beide aber

hängen bei doppelseitiger Spaltung nur noch in der Gegend der F o ramina palatina (an den Eintrittsstellen der Geflässc) und, unterbrochenen

wenn

die

S e i l e n s c h n i t t e angewandt werden konnten, auch

noch in der Gegend des 3ten Backzahns, durch die daselbst erhaltene kurze B r ü c k e ,

mit

dem

Knochen

zusammen;

bei einseitiger Spalte

385

Neubildungen.

behält der senkrecht aufsteigende Ueberzug der nicht gespaltenen Seite auch noch seine ganze Verbindung mit dem Alveolarfortsatz. Die abgelösten Weichtheile sind aber sofort in dem Grade beweglich, dass die angefrischten Ränder sich fast von selbst berühren. Die Blutung bei der Ablösung ist unerheblich, da grössere Gefasse nicht getrennt werden und die Trennung durch Zerreissung geschieht. 5. D i e A n l e g u n g d e r N ä h t e kann daher sogleich folgen. Man hat deren 5 bis 6 nöthig, wenn nur die liranoplastik, 10 bis 12, wenn zugleich auch die Staphyloraphie ausgeführt werden soll. Das L a n g e n b e c k ' s c h e Nadelwerkzeug hat sich auch hier, wie bei der Staphyloraphie besonders bequem gezeigt. Zum Fassen der Spaltränder dienen kleine scharfe Haken (wie sie D i e f f e n b a c h zur Schieloperation anwandte) an langen Stielen und Ilakenpincetteii mit breiten Fass-Enden. Die vordersten Nähte werden zuerst angelegt, die hintersten zuletzt. Um Verwirrung zu verhüten, befestigt man die zusammengehörigen Faden-Enden sofort in der mit der entsprechenden Zahl versehenen Klemme an einem zu diesem Behuf von v. L a n g e n b e c k angegebenen Stirnbande. Das Knoten der Nähte geschieht dann in derselben Reihenfolge, nachdem alle angelegt sind. Die N a c h b e h a n d l u n g ist dieselbe, wie nach der Staphyloraphie; jedoch kann man dem Operirten Getränke und dünnflüssige Nahrungsmittel schon am ersten Tage gestatten. Die transplantirlen Theile des Involucrum verändern ihre Farbe fast gar nicht, zeigen aber in Folge der Wucherung des Periosts schon nach 24 Stunden eine solche S c h w e l l u n g , dass die klaffenden Seitenschnitte, in deren Tiefe der Knochen blosslag, bis zur genauesten Berührung der Schnittränder und vollständigen Verdeckung des Knochens sich vereinigen, so dass m a n , wenn nicht etwa Eiterung eintritt, den Knochen gar nicht wieder zu sehen bekommt. G. S i m o n

f ü r c h t e t , auf G r u n d e i n e r von ihin g e m a c h t e n E r f a h r u n g , die s c h n e l l e

Verwachsung der SeitenscbDitte,

weit

sie

zur

Zerrung

der

Spaltränder

Veranlassung

geben k ö n n t e , u n d verhindert sie a b s i c h t l i c h , indem e r d i e S e i t e n s c b n i t t e lang m i t

Charpie

die Mittellinie hin

ausstopft

und

dadurch

die t r a n s p l a n t i r l e n

7 Tage

Weichtheile gegen

zusammendrängt.

Von dem transplantirten Periost können Knochenneubildungen ausgehen; es liegt also die Möglichkeit vor, sogar ein knöchernes Gaumengewölbe herzustellen; jedoch geschieht dies nicht in allen Fällen. In der Ueberzeugung, dass fllr die Herstellung einer normalen Sprache neben der Erziehung eines möglichst wenig verkürzten Gaumensegels auch ein wirklich knöcherner Verschluss des Gauinengewölbes von Wichtigkeit ist, hat G u s t a v S i m o n neuerdings ein von I J a r d e l e b e n , Chirurgie.

1 . AuO. III,

25

386

Krankheiten de9 Gaumens und der Mandeln.

dem D i e f f e n b a c h ' s c h e n (vgl. pag. 382) abweichendes Verfahren für „ o s t e o i d e U r a n o p l a s t i k " angegeben. Man soll, nach Analogie der L a n g e n b e c k ' s c h e n Methode, möglichst breite Seitenlappen bilden und die zu dislocirenden Knochen hinreichend beweglich machen. Zu diesem Behuf durchläuft die Operation folgende Acte. 1) Wundmachen des Spaltrandes durch Entfernung eines etwa 1 — 2 Millim. breiten Saumes der W'eiehtheile des Gaumengewölbes und des weichen Gaumens. 2) Abtragen des knöchernen Spaltrandes und der ansitzenden Nasenschleimhaut in derselben Entfernung von der Spalte vermittelst einer sehr feinen geknöpften Slichsäge oder einer Feile. 3) Die L a n g e n b e c k ' s c h e n Seilenschnitte durch die W'eiehtheile des harten und weichen Gaumens. Zur Herstellung möglichst breiter Lappen müssen die Incisionen durch die Weichtheile des harten Gaumens höchstens 1'/»—2 Linien Uber dem Ansätze des Zahnfleisches an die Zähne verlaufen. 4) Ablösen des mucös-periostalen Ueberzuges der Alveolarränder bis zur Vereinigungsstelle der knöchernen Gaumenplatten mit den Alveolarrändern. 5) Absiigen der knöchernen Gaumenplatten von dem Alveolarfortsatze von Hinten nach Vorn und in der ganzen Länge der Seitenschnitte. Dabei wird der hintere Rand der horizontalen Platten der Ossa palatina '/, Linie vom Hamulus pterygoideus durchsägt. 6) Einbrechen der knöchernen Gaumenplatten an ihrer Verbindung mit dem vorderen Theil des Alveolarrandes durch Niederdrücken vermittelst eines stark gekrümmten Hebels, der durch die Spalte auf die Nasenseite des Gaumengewölbes Ubergreift. 7) Vereinigung der Gaumenspalte durch Nähte, welche nur durch die W r eichtheile des Gaumengewölbes geführt sind. 8) Staphyloraphie (sofern man nicht vorzieht, diese später zu machen). 9) Ausstopfen der Seitenschnitte. Die osteoide Uranoplastik, bei welcher der knöcherne Gaumen bis zur Spina nasalis post. vereinigt werden soll, dürfte unter gleichen Verhältnissen wohl einen weniger verkürzten Gaumen als die periostale herstellen, da bei ihr keine Narbenschrumpfung der Weichtheile des Gaumengewölbes und davon abhängige Verkürzung des Gaumens von Hinten nach Vorn eintreten, ja nicht einmal die Mitte des oberen Theiles des vereinigten weichen Gaumens sich in die KnochenlUcke hineindrängen kann, wie dies selbst bei Spontanheilungen vorzukommen scheint. Freilich könnte die Operation nur zur Ausführung kommen, wenn die Spalte des Gaumengewölbes höchstens bis zum Alveolarfortsatze reicht. Geht die Spalte auch durch diesen, so sind die knöchernen Gaumenplatten meist so verkümmert, dass von einer Benutzung derselben nicht die Rede sein kann.

Obturatoren.

c.

387

Operation erworbener Gauniendefecte. — Obturatoren.

Die Operation e r w o r b e n e r D e f e c t e i m G a u m e n s e g e l ist oft noch schwieriger als der Verschluss angeborener Spalten. Nur bei ganz kleinen Substanzverlusten reicht die Kauterisation mit Höllenstein oder das Betupfen mit Cantharidentinctur ( D i e f f e n b a c h ) hin, um eine zum Verschluss hinreichende Granulationsbildung herbeizuführen, und auch in solchen Fällen ist der Verschluss durch Anfrischung und Naht vorzuziehen, weil er weniger Narbensubstanz, mithin ein brauchbareres Gaumensegel liefert. Bei grösseren Oeffnungcn sind immer operative Eingriffe, nach Analogie der unter a beschriebenen, erforderlich. Die Anfrischung geschieht mit möglichster Schonung der kostbaren Substanz des Gaumensegels, andererseits aber doch in hinreichender Breite. Die Nähte müssen mit einer feinen gestielten oder der L a n g e n b e c k ' s c h c n Nadel angelegt werden, da für andere Instrumente kein Raum ist. Um Spannung zu verhüten, werden die Gaumenmuskeln durchschnitten, oder, wenn dies nicht ausreicht, Seitenschnitte gemacht (vgl. pag. 379 u. f.). L ö c h e r im h a r t e n G a u m e n erheischen im Allgemeinen dieselbe Behandlung, wie congenitale Spalten. Auch hier hat man sowohl durch Verschiebung und Ueberpflanzung der Schleimhaut, als auch durch Absprengen und Zusammendrängen der knöchernen Ränder (nach B ü h r i n g ) nur selten etwas erreicht, durch die Transplantation des mucös-pcriostalen Gaumenüberzuges dagegen glänzende Erfolge erzielt. Freilich kann man • sich bei allzu grossen Oeffnungen von einer operativen Behandlung überhaupt keinen Erfolg versprechen. Dann lässt man den Patienten eine G a u m e n p l a t t e tragen, die an den hinteren Backzähnen befestigt wird und in die Oeffnung nicht hineinragt. Man giebt in solchen Füllen zunächst noch nicht alle Hoffnung auf, betupft die Ränder täglich mit Cantharidentinctur, wodurch D i e f f e n b a c h Löcher, „ i n die man einen Finger stecken konnte", nach Jahr und Tag zum Verschluss gebracht zu haben versichert. Sollte dies nun auch bei Weitein nicht immer gelingen, so wäre doch bei sehr grossen Oeffnungen eine Verkleinerung in dem Grade möglich, dass späterhin noch eine Operation unternommen werden kann. Nur wenn der Patient sich zu einer solchen durchaus nicht verstehen will, oder wenn die Grösse der Oeffnung jede Hoffnung auf Erfolg abschneidet, wird man zu den in der Oeffnung selbst zu befestigenden und daher einer weiteren Verengerung derselben hinderlichen O b t u r a t o r e n seine Zuflucht nehmen. Dieselben können aus i Gummi so leicht dargestellt werden, dass die complicirtcn Mechanismen, 25*

388

Krankheiten des Gaumens und der

Mandela.

deren man sich früher zu diesem Behuf bediente, ihren Werth fast ganz verloren haben. S t r o m e y e r ( H a n d b u c h , Bd. II. png. 30f>) e m p f i e h l t b e s o n d e r s den von Dr. O l l i ) in Basel c o n s t r u i r t e n O b t u r a t o r ,

welchen S t r o m e y e r

V e r s a m m l u n g in A a c h e n vorgezeigt h a t .

bereits

d u r c h vier D r ä h t e f e s t g e h a l t e n , welche B a c k z ä h n e u m f a s s e n . zweite

durch

ein C h a r o i e r

hei d e r

Naturforscher-

„ E i n e G o l d p l a t t e wird u n t e r d e m h a r t e n G a u m e n

damit verbundene,

mit

gut

An d i e s e r P l a t t e sitzt e i n e

abgerundeten

Bändern.

Eine

k l e i n e , n a c h O b e n in d e r S p a l t e o d e r n a c h Innen gegen die M u n d h ö h l e liegende F e d e r t r e i b t die b e w e g l i c h e P l a t t e gegen d e n w e i c h e n G a u m e n , Ventil s c b l i e s s t . " —

U e b e r die S u e r s e n ' s c h e n

d e s s e n O e l f n u n g sie wie ein

Gaumenplatten

vgl. pag. 3 7 0 .

Wenn aber auch durch genau passende Obturatoren die Sprache ebenso vollständig verbessert werden kann, wie durch irgend eine plastische Operation, so bedingen doch selbst die vorzüglichsten Apparate der Art Uebelstände, welche der Kranke nur deshalb geduldig erträgt, weil er sie fdr unvermeidlich hält. Der fremde Körper erregt oft eine chronische Entzündung der Defectränder, in deren Folge übelriechender Schleim in oft erheblicher Masse abgesondert wird. Zuweilen sind die Ränder der Oeffnung in dem Grade empfindlich, dass ein Obturator in derselben gar nicht oder immer nur für kurze Zeit ertragen wird. Auch kann durch den Obturator der Defec.t allmälig vergrössert werden, wenn, wie dies nach nekrotischer Abstossung oft vorkommt, die Knochen in grösserer Ausdehnung verloren gegangen sind, als die Weichtheile, und der Obturator mithin nur von dehnbaren Narben umfasst wird. Für die o p e r a t i v e P l a s t i k darf man bei erworbenen Defecten im k n ö c h e r n e n Gaumen, nach den vorliegenden Erfahrungen, nur das I n v o l u c r u m p a l a t i d u r i . nach der von 1!. v. L a n g e n b c c k f ü r d i e U r a n o p l a s t i k angegebenen Methode, benutzen. Die Aussichten auf vollständigen Erfolg sind desto grösser, je weniger die zu verschiebenden Weichtheile vorher gelitten haben, am Günstigsten also bei traumatischen Defectcn. Die T e c h n i k d e r O p e r a t i o n muss, je nach der Lage und Grösse der zu verschliessenden Oeffnung, verschieden sein. N a c h B. v. L a n g e n b e c k k ö n n e n f o l g e n d e V e r f a h r e n als typisch a n g e s e h e n w e r d e n . 1.

Verschiebung einigung

a)

der

derselben

den

Defect

über

dem

umgebenden D e f e c t , und

Weichtheile

und

Ver-

zwar

Seitliche

Verschiebung

a) zweier

m ö g l i c h s t b r e i t e r L a p p e n , w e n n d e r Defect in o d e r n a h e d e r Median-

linie liegt,

ß)

eines

L a p p e n s , wenn d e r Defect dein Alveolarrande o d e r d e m

Gaumensegel

n a h e liegt. Die s e i t l i c h e V e r s c h i e b u n g

verdient,

wo

sie ü b e r h a u p t a u s f ü h r b a r ist,

u n b e d i n g t d e n Vorzug, weil s i e , wie bei d e r O p e r a t i o n c o n g e n i t a l e r

Spalten

389

Operation erworbener Defect«.

(pag. 3 8 3 ) erläutert wurde, die E r n ä h r u n g der verschobenen Lappen durch die gefässhaltigen vorderen und hinteren Brücken sicher stellt.

Um die Ver-

einigung der verschobenen Lappen genau bewerkstelligen zu können, genügt es nicht die Bänder des meist rundlichen Defects einfach a n z n f r i s c h e n ; derselbe muss vielmehr durch die Anfriscbung eine elliptische Gestalt erhalten, wenn auch dabei scheinbar zu viel Substanz verloren gebt. b) V e r s c h i e b u n g v o n H i n t e n n a c h V o r n u n d

umgekehrt

«1 z w e i e r Lappen, eines vorderen u n d eines hinteren, ß) 2.

e i n e s vorderen o d e r hinteren

Transplantation p e n s in den

wegen

der

schränken.

eines

mucös-periostalen,

breitgestielten

Lap-

Defect,

geringeren Sicherheit

des

Erfolges auf kleinere rundliche Defecte zu be-

Die angefrisebten Bander des Defects müssen etwas abgelöst werden.

Ersatzlappen ist so zu bilden, möglichst wenig gedreht wird. inan

Lappens.

Bei kleinen Defecten gelingt die Heilung a u c h ,

aus d e r nächsten Nachbarschaft einen b r e i t e n , die Schleimhaut

wenn

kurzen Lappen so ausschneidet,

dass seine Basis am Bande des Defects h a f t e t , und ihn die Periostfläche nach Unten,

Der

dass sein Stiel möglichst gute Blutzufuhr gewährt und

in der Art u m k l a p p t , das«

nach Oben (in die Nasenhöhle) sieht.

Kann man durch Seitenschnitte die Nachbartheile noch in der Art beweglich machen, unter : dem eingestülpten

dass sie sich

Lappen

vereinigen

lassen, so gewährt dieser

doppelte Verschluss die grösste Sicherheit; aber es genügt auch, wenn man den dicken Lappen

nur

wie einen Knopf in die Lücke einklemmt

und eine provisorische S u t u r befestigt.

und durch aufgelegte Charpie

(Organische Obturation, nach v. L a n g e n b e c k . )

Besonders zu erwähnen ist die Anwendung der Uranoplastik auf die n a c h stirpation

einer

mucös-periostalen

Oberkieferhälfte

Gaumenüberzug

zurückbleibenden

Lücken.

Ex-

Dass man den

des zu entfernenden Oberkiefers selbst zu erhalten

sucht und ihn dann mit der Wangenschleimhaut vereinigt, wurde bereits pag. 3 1 t u. f. hervorgehoben.

Aber a u c h ,

wenn mit

dem Oberkiefer zngleich das ihm zugehörige

Involucrum palati duri entfernt werden musste, gelingt, nach B. v. L a n g e n b e c k , durch Ablösung und Verschiebung des Gaumenüberzuges der anderen Oberkieferhälfte die Wiederherstellung eines Gaumengewölhes.

Eine solche Operation wird man gern bis zur Ver-

narbung der durch die Exstirpation des Oberkiefers bedingten Verwundungen aufschieben, weil der Kranke durch letztere bereits sehr angegriffen wird, ferner weil bei eintretender Nachblutung der neugebildete Gaumen nieder zerstört werden müsste, endlich weil m a n nach längerer Frist in Betreff localer Bccidive des Uebels, durch welches die OberkieferItesection indicirt wnrde, m e h r Sicherheit gewinnt. Das von B. v. L a n g e n b e c k der Fälle passen d ü r f t e ,

eingeschlagene Verfahren, welches für die Mehrzahl

ist folgendes.

Zunächst

werden die Defectränder wind ge-

macht, d. h. d e r Narhensamn in der ganzen Circumferenz des D e f ' c t s abgetragen. dann löst man die Wangenschleimhaut in der Ausdehnung von i Ctm. ab.

So-

Cm die-

selbe möglichst beweglich zu machen, ist es erforderlich, sie in Form eines etwa V / t C t m . b r e i t e n , an seinem vorderen und hinteren Ende mit der Wange Streifen» vollständig abzulösen.

zusammenhäigenden

Nun folgt die Ablösung des Gaumenüberzuges ü F o r m

eines Vorn mit den Schneidezähnen, Hinten mit dem Gaumensegel zusammenhäigenden Lappens, in derselben Weise, wie bei der Operation der congenitalen Spaltbildung. dem mucös-periostalen Gaumenlappen

mit der erforderlichen Breite zugleich dit

Cm not-

wendige Beweglichkeit zu sichern, m n s s die Seitenincision im Bereich des Alvedarfortsatzes überall dicht an der Innenseite der Z a b n r e i h e , vom letzten

Backzahn an aber

Krankheiten des Gaumens und der Mandeln.

390

gegen die Mittellinie des Gaumensegels verlaufen und beiläufig in der Mitte seiner Breite endigen. Oer innere Iland des Gaumenlappens wird sodann mit dem entsprechenden Rande des Wangenscbleimbaut-Lappens durch Suturen auf das Genaueste vereinigt, der äussere Hand aber, um das Herabsinken zu verhindern, mit dem Hände der noch übrigen knöchernen Gaumenbälfte durch Silherdraht-Nähte zusammengeheftet. Dazu muss der Defectrand des knöchernen Gaumens mit dem Drillbohrer durchbohrt und der Silberdraht durch das Bohrloch bindurchgefübrt werden.

Zweites Capltel.

V e r l e t z u n g e n . Bei Weitem

am Häutigsten kommen Gaumenveiietzungen blos

beim Abfeuern

durch

Gcschosse

zu Stande und zwar nicht

Sehusswafl'e,

deren Rohr in den Mund eingesetzt ist (vgl. die folgd.

einer

Abth. Cap. 1.), sondern auch durch Schüsse aus grösserer Entfernung. Im ersteren Falle handelt es sich um eine höchst complicirtc Verletzung, bei der die Gaumenwunde fast Nebensache ist.

Auch bei den gewöhn-

lichen Schussverletzungan des Gauniens sind die Zertrümmerungen des Alvcolarfortsatzcs und des übrigen Oberkiefers fast von gleicher Bedeutung.

Alle diese Verletzungen

behandeln (vgl. Bd. II. pag. 3 8 8 ) .

sind mit der grössten Sorgfalt zu Die mit den Fetzen des lnvolucrum

noch in Verbindung stehenden Knochenstücke

dürfen nicht

entfernt,

sondern müssen, nach gehöriger Stillung der Blutung, genau reponirt und befestigt werden. Befestigungsmiltel.

Meist sind genau angelegte Nähte das beste

Aber es ist, nach L a n g e n b e c k ,

nicht zu em-

pfehlen, dass man vor Ablauf von 3 6 Stunden die Nähte anlege, weil mau früher nicht wissen kann, in welchem Umfange die Wundränder brandig werden sind.

und somit durch Anfrischungsschnittc zu entfernen

Lassen sich die Bruchstücke und Lappen durch Nähte nicht in

ihrer Lage erhalten,

so nimmt man Schwammstücke,

Guttapercha-

Scheiben oder mit Gypsbrei getränkte Cliarpie-Bäusche (denen ich den Vorzug geben würde) zu Hülfe, die man an den Backzähnen befestigt. Plastische Operationen darf man erst machen, wenn das Periost mit den zertrümmerten Knochen wieder verwachsen ist; man darf sie aber auch nicht zu lange aufschieben, weil die Weichtheile des Gautnengewölbes durch andauernde Eiterung immer starrer werden. Viel seltener sind Verletzungen des Gaumens durch Körper,

stabfönnige

die zufällig in den Mund gestossen werden.

Diese beschrän-

ken ihre Wirkung entweder auf das Gaumensegel,

oder sie reissen

doch blos einen Theil der Schleimhaut des harten Gauniens ab oder auf.

Meist sind Wunden der Art so gequetscht, dass die Naht sich

Verletzungen.

391

gar nicht anwenden lässt. Auch ist sie meist nicht nöthig, weil die Heilung der Granulationen genügend erfolgt. Ist aber unter solchen Verhältnissen das Gaumensegel in grösserer Ausdehnung vom hinteren Rande des Gaumengewölbes abgerissen, so muss man die Naht möglichst bald und zwar am Besten nach vorgängiger Ablösung des den oberen (vorderen) Wundrand bildenden lnvolucrum in der bei der Uranoplastik angegebenen Weise anlegen. leb habe einmal das fast ganz abgerissene Gaumensegel mit dem vollständigsten Erfolge angenäht. Die Sache war um so schwieriger, da die Verletzung schon seit 24 Stunden und zwar bei einem 5jährigen Knaben bestand. (Vgl. d. Bericht von H e i n e k e im II. Bd. der Greifswalder med. Beiträge.) Ich legte damals eine ürabtnaht a n , der icb am Gaumengewölbe den Weg mit dem Drillbohrer bahnte. Jetzt würde icb Seidenfaden nehmen und nur den zu diesem Behuf abzulösenden Rand des lnvolucrum palati duri mit dem Wundrande des Gaumensegels vereinigen.

Drittes

Vapltel.

Entzündung, Nekrose, Verschwärung. a) i i o G a u m e n . Isolirte E n t z ü n d u n g e n d e s G a u m e n s e g e l s k o m m e n , ausser nach Verletzungen oder Anätzungcn, kaum jemals vor. Ihre Behandlung fällt mit derjenigen der „Angina", als deren Thcil sie auftreten, zusammen. Nur der durch wiederholte Entzündungen bedingten V e r g r ö s s e r u n g d e s Z ä p f c h e n s ( H y p e r t r o p h i a u v u l a e ) und des bei acuten Entzündungen zuweilen auftretenden Oedems desselben müssen wir hier E r w ä h n u n g thun. Die Uvula kann in solchen Fällen die Grösse einer Ilaselnuss erreichen. Sic hängt dann auf dem Rücken der Zunge u n d veranlasst fortdauernd das Bcdürfniss zu schlucken und Schleim auszuspeien. Bei bedeutender Länge ragt das Zäpfchen sogar bis in den Kehlkopf und bedingt Störungen der Respiration und der Stimme. Das von B o y e r empfohlene Volksmittcl — Betupfen mit fein gepulvertem Pfeffer — ist wenig wirksam. Mehr erreicht man durch Betupfen mit Höllenstein. Bei beträchtlichem Oedem scariftcirt man mit einem kleinen feinen Messer; die hypertrophische Uvula verkürzt man durch einen kräftigen Schnitt mit der Scheere, während man sie bei weit geöffnetem Munde mit einer Zange fixirt. Das Abschneiden des Zäpfchens hat keineswegs die üblen Folgen, welche man früher fürchtete. Der Mensch wird weder stumm, noch gerathen ihm die verschluckten Speisen in die Nase; vielmehr werden durch Verkürzung des Zäpfchens manche Fälle von sogen. .Kehlkopfkatarrh" geheilt. Die alten Autoren betrachteten die Verkürzung

392

Krankheiten des Gaumens, und der Mandeln.

des Zäpfchens als eine besonders wichtige Operation. F a b r i c i n s H i l d a n u s und S c n l t e t sprechen ton einem besonderen Schiingenträger zum Behur des Abbindens der Uvula. P a u l von A e g i n a brauchte drei besondere Instrumente, eins zum Festhalten, das zweite zum Abschneiden, das dritte zum Brennen. M es s u é klemmte die Uvula in einen Ring einer besonders hierzu bestimmten Kette und schnitt sie dann mit einem stark erhitzten goldenen Hesser ab u.dgl.m. — V o l t o l i n i (Deutsche Klinik, 1859) will einen Löffel in den Mund schieben, um das abgeschnittene Stück darin aufzufangen. Practischer (aber überflüssig) sind die nach Art der Roseoscheeren construirten Scheeren, welche das abgeschnittene Stück festhalten.

Am G a u m e n g e w ö l b e kommt sowohl a c u t e als c h r o n i s c h e Knochen- und Knochenhaut-Entzündung vor, letztere jedoch weit häufiger. Bei der ersteren kommt es selten zur Perforation des Gaumengewölbes, weil das Periost meist nicht zerstört wird und der Eiter ausschliesslich nach der Nasenhöhle durchbricht. In seltenen Fällen schreitet die P h o s p h o r - N e k r o s e (vgl. pag. 286) vom Alveolarfortsatz auf dem knöchernen Gaumen fort, aber gleichfalls ohne Zerstörung des Periost, aus welchem die nekrotischen Stücke sich meist sehr leicht ausziehen lassen. Bei Weitem am Häufigsten beruhen Entzündung und Nekrose des Gaumengewölbes auf S y p h i l i s . Sic treten bald mit, bald ohne gleichzeitige Geschwürsbildung am Gaumensegel auf. Jedenfalls sind aber die Processe, welche zur Nekrose des knöchcrnen Gaumens führen, fast niemals secundärc Schanker, wie sie am Gaumensegel gewöhnlich vorkommen, sondern sie gehören in die Reihe der sogen, tertiären AlTectionen: es handelt sich entweder um syphilitische Knochen- und Knochenhaut-Entzündung oder um Gummigeschwülste. Letztere kommen wegen ihrer Schmerzhafligkeit vor der Blosslegung des Knochens fast niemals zur Beobachtung; sie haben aber namentlich, wenn sie vom Periost ausgehen, die sehr üble Folge, dass in der Umgebung der nekrotischen Stelle, wegen der gleichzeitigen Zerstörung des Periost, jede Spur von Knochcnneubildung ausbleibt. Die s c r o p h u l ö s e n Geschwüre der Weichtheile und Knochen des Gaumens beruhen fast immer auf dem Zerfall l u p ö s e r Wucherungen und beginnen daher auch meist von der Nase aus. Scrophulöse sowohl als syphilitische Nekrose der Gaumenknochen beginnt fast immer in der Medianlinie, an der Sutura palatina 1 ). b) A D d e n

Mandeln.

1) Die E n t z ü n d u n g d e r M a n d e l n ( A n g i n a t o n s i l l a r i s ) , u n d d e r e n A u s g ä n g e nehmen häufig chirurgische Hülfe in Anspruch. Gewöhnlich werden beide Mandeln zugleich ergriffen, am Häufigsten ' ) Vgl. B. v. L a n g e n b e c k , in seinem Archiv, Bd. V. pag. 9 8 — 1 0 8 .

Angina tonsillaris.

393

zwischen dem lOten und 30sten Jahre, seltener nach dem 50sten, besonders häufig bei plötzlichen Witterungsveränderungen im Frühling und Herbst, häufig epidemisch, zumal zu Zeiten, wo Scharlach und Masern herrschen, zuweilen zugleich mit cpidemisch auftretender Parotitis. Uebrigens kommt bei der Aetiologic der Angina tonsillaris Alles in Betracht, was in dieser Beziehung Uber Angina im Allgemeinen Seitens der inneren Pathologie gelehrt wird. Die acute Entzündung der Mandeln beginnt immer mit Fieber. Die Schwellung der Mandeln steigert sich schnell in der Art, dass sie zwischen den Gaumenbögen weit hervorragen, oft sogar einander berühren. Ihre Oberfläche ist lebhaft roth oder von weissgrauem Exsudat Uberzogen, die Umgebungen sind geröthet, das Zäpfchen ist bei Entzündung beider Mandeln nach Oben, bei Entzündung der einen nach der gesunden Seite hin verdrängt. In manchen Fällen gelingt es, wegen Spannung der Fascia bucco-pharyngea, nicht, den Mund so weit zu öffnen und die Zunge mit einem Spatel hinreichend abwärts zu drängen, um die Mandeln und ihre Umgebung gehörig sehen zu können. Alsdann kann man vielleicht mit dem in den Mund geführten Finger sich von ihrer Anschwellung überzeugen. Der Kranke klagt Uber Schlingbeschwerden und hat die Empfindung, als sässe ein fremder Körper im Schlünde. Weiterhin entwickelt sich heftiger Schmerz in der leidenden Gegend mit dem Gefühl von Hitze und fortwährendem Drange zu Schlingbewegungen, während diese selbst schmerzhaft und erfolglos sind, so dass dem Patienten die Flüssigkeiten, welche er zu trinken versucht, bei höheren Graden des Uebels sogar der Speichel, entweder wieder aus dem Munde hervorfliessen oder in die Nasenhöhle gerathen, woraus cndlich ein so grosser Widerwille gegen alles Getränk hervorgehen k a n n , dass der Patient den Anschein der Wasserscheu darbietet (vgl. Bd. I. Note zu pag. 702). Das Gefühl eines „ f r e m d e n K ö r p e r s " veranlasst zu angestrengtem Räuspern und Husten, natürlich ohne Erfolg. Der Ton der Stimme ist verändert, rauh und näselnd; oft ist der Patient ganz ausser Stande, sich durch die Sprache verständlich zu machen. Bei bedeutender Anschwellung der Mandeln entsteht zuweilen auch Schmerz im Ohre, Ohrensausen und Schwerhörigkeit durch Compression des Orificium pharyngeum tubae. In seltenen Fällen ist die Verengerung des Schlundes durch die angeschwollenen Mandeln so bedeutend, dass Rcspirationsbeschwerden in bedenklichem Grade auftreten. Mit der Steigerung der örtlichen Krankheils-Erscheinungen hält das Fieber in der Regel gleichen Schritt. Selten verläuft eine be-

394

Krankheiten des Gaumens und der Mandeln.

deuteude Angina tonsillaris ohne Fieber. In solchen Fällen hat der Patient auch Appetit und leidet Hunger, da er gar nicht oder nur mit vielem Schmerz schlingen kann. Der Verlauf dauert 5 , 1 0 , bis 20 Tage. In leichteren Fällen erfolgt Zertheilung, jedoch mit Zurückbleiben einer gewissen Schwellung der Mandeln und einer grossen Neigung zu Recidiven. In heftigen Fällen kommt es in der Regel, jedoch nicht immer auf beiden Seiten gleichmässig, zur Eiterung, entweder auf der Oberfläche oder im Parenchym der Mandeln, und zwar hier wieder in verschiedener Tiefe. Sehr tief liegende Abscesse der Mandeln können in seltenen Fällen nicht blos in den Schlund, sondern auch äusserlich am Hals zum Aufbruch kommen. Hierbei dürfte jedoch stets eine tiefe Phlegmone (namentlich in der Umgebung geschwollener, sogen, tuberculöser Lymphdrüsen) zugleich bestanden haben. Man kann Abscessbildung in der entzündeten Mandel erwarten, wenn die Geschwulst schnell steigt und durch eine zweckmässige Behandlung nicht rückgängig gemacht wird, wenn ferner ein klopfender Schmerz eintritt, an der Oberfläche der Drüse ein oder mehrere gelbe Punkte zum Vorschein kommen und man mit dem Finger oder einer dicken Sonde Fluctuatiou fühlen kann. Der Aulbruch des Abscesses erfolgt gewöhnlich beim Räuspern, beim Versuch zu sprechen, zu schlingen oder beim Erbrechen, zuweilen im Schlaf, oder doch ohne dass der Patient es früher bemerkt, als bis der Eiter ihm zum Munde herausläuft. Nach der Entleerung ziehen die 'Wandungen des Abscesses sich zusammen, und wenn nur e i n Eiterheerd bestand, der sich vollständig entleert hat, so schrumpft die Mandel zu einem abnorm kleinen Volumen zusammen. Wenn aber mehrere Abscesse in derselben Tonsille bestehen, so erfolgt der Aufbruch oft sehr ungleichinässig. In solchen Fällen bleibt in der Regel eine Vergrösserung und eine beträchtliche Neigung zu Recidiven zurück. Uchaudloug. In den heftigsten Fällen soll m a n , nach der Ansicht der älteren Aerzte, einen Aderlass vorausschicken und dann zu jeder Seite des Halses Blutegel setzen. Durch zahlreiche Blutegel kann man den Aderlass wohl immer überflüssig machen. Meist wird auch durch starke Blutentziehungen Zertheilung doch nicht erreicht. Durch ein im Beginne der Krankheit gegebenes Brechmittel wird auch in solchen Fällen, wo gastrische Störungen dazu nicht auffordern, die Dauer und die Intensität der Krankheit vermindert. Bei schwächlichen und blutarmen Subjecten kann durch das Brechmittel jede Blutentziehung umgangen werden: noch besser ist es wohl bei solchen sowohl auf Blutentziehungen, als auf Brechmittel zu verzichten.

Angina tonsillaris.

395

Demnächst dient das Bepinseln der entzündeten Mandeln mit Höllensteinlösung und das Gurgeln mit adstringirenden Flüssigkeiten zur Abkürzung des Krankheitsprocesses. Wasserumschläge um den Hals gelegt, sowie häufiges Ausspülen des Mundes mit lauwarmem Wasser lindern die Beschwerden und beschleunigen den in heftigen Fällen selten zu vermeidenden Ausgang in Eiterung. Sobald man einen Abscess der Mandeln erkannt hat, öffnet man ihn, indem man ein gerades Bistouri in der Richtung von Vorn nach Hinten, etwa 6 — 1 2 Millim. tief, in die am meisten hervorragende Stelle einstösst. Um Nebenverletzungen zu verhüten, umwickelt man die Klinge bis auf die angegebene Länge mit einem Pflaster- oder Leinwandstreifen. Dadurch macht man ein besonderes Instrument für diese Operation (deren mehre erfunden sind) entbehrlich. Sollte nur e i n e Mandel erkrankt und diese, trotz ihrer Schwellung, sehr beweglich sein, so fasst man sie zum Behuf des Ginstichs mit einem Haken oder mit einer Hakenzange. In den schlimmsten Fällen, namentlich bei grosser Athemnoth, schneidet man, sofern der Muitd sich nur hinreichend öffnen lässt, von der angeschwollenen Mandel in der pag. 397 u. f. zu beschreibenden Weise ein hinreichend grosses Stück ab. Die hierauf folgende Blutung begünstigt die Rückbildung der Entzündung in dem zurückbleibenden Stück der Mandel. 2) V e r s c h w ä r u n g e n an den Mandeln werden häufiger angenommen, als sie wirklich bestehen. Nicht seilen halten nämlich Anfänger die normale» oder durch Entzündung aufgewulsteten Oeffnungen der Schleimdrüsen, aus welchen die Mandeln bestehen, für Geschwüre, und erregen durch eine vollkommen unmotivirte Kauterisation heftige Entzündung der Mandeln und ihrer Umgebungen. S y p h i l i t i s c h e G c s c h w ü r c an den Mandeln und in ihrer Umgebung sind zuweilen sehr oberflächlich. Die Schleimhaut erscheint blos rauh, wie dies auch an der Eichcl und am Orilicium uteri vorkommen kann. Das eigentliche „Geschwür" aber hat hier, wie überall, scharf abgeschnittcneRänder und einen grauen, speckigen Grund. Nächst der stets erforderlichen inneren Behandlung bedarf man gerade bei den Geschwüren der Mandeln auch noch einer örtlichen Behandlung, um die Vernarbung herbeizuführen. Man bedient sich zu diesem Behuf der Kauterisation mit einem gut befestigten IlÖllensteingriffel Die Anwendung des Glüheisens möchte nicht zu empfehlen sein, da man bei derselben eine zu weite Verbreitung der Entzündung zu fürchten h a t Bei der Galvanokaustik lallt diese Bcsorgniss fort. Nach jeder Kauterisation ist sorgfältiges Ausspülen des Mundes und Schlundes erforderlich.

396

Krankheiten des Gaumens und der Mandeln.

Viertes Capltel. N e u b i l d u n g e n . a) Am G a u m e n . Am Gaumen kommen l u p ö s e W u c h e r u n g e n , gewöhnlich zugleich mit Lupus der Nase, nicht selten vor. Ihre Behandlung fällt mit der des Lupus Uberhaupt zusammen. Vgl. Bd. 11. pag. 2 9 u. f. Auch K r e b s g e s c h w ü l s t e sind am Gaumensegel beobachtet. Die operative Entfernung h a t , wenn das Carcinoni auf die Uvula sich beschränkt, keine Schwierigkeiten. Bei grösserer Ausbreitung ist die Exstirpation, wie schon F a b r i c i u s H i l d a n u s bemerkt, immer erfolglos. Die Geschwülste am G a u m e n g e w ö l b e treten hauptsächlich in zweierlei Form auf. Die einen sind h a r t , blass, glatt, wachsen oft zu einer sehr bedeutenden Grösse h e r a n und können dadurch höchst lästig werden, endlich auch in Folge des Druckes, dem sie ausgesetzt sind, ulceriren. Dies sind offenbar Sarcome und E n c h o n d r o m c , in einzelnen Fällen von so bedeutendem Gefässreichthum, dass sie cavernösen Geschwülsten ähnlich werden. Auch ächte Teleangicctasien und cavernöse Geschwülste kommen am Gaumengewölbe vor. Alle diese Geschwülste sind zuweilen gestielt, so dass sie eine Art von Polypen darstellen und leicht mit der Scheere entfernt werden können. Sitzen sie mit breiter Basis auf, so muss man sie exstirpiren. — Wo man die Blutung f ü r c h t e t , kann man bei gestielten Geschwülsten die Ligatur mit nachheriger Abtragung, oder nach dem Abschneiden das Ferrum candens anwenden. Am Sichersten und Schnellsten führt die Galvanokaustik zum Ziele. Als eine zweite Gruppe der Gaumengeschwülste können wir diejenigen bezeichnen, welche mit höckriger Oberfläche, mehr oder weniger Schmerzhafligkeit und grosser Neigung zu Blutungen auftreten und schnell wachsen. Diese sind mit grosser Wahrscheinlichkeit f ü r carcinomatös zu halten. Sie sind niemals gestielt. Ihre Entfernung muss (wenn überhaupt) möglichst früh vorgenommen werden, da sie bei grösserer Ausdehnung fast unüberwindliche Schwierigkeiten d a r bietet. In der Regel bedarf m a n , zur Stillung der Blutung und zur Sicherung der Entfernung alles Kranken, der Glühhitze. b) A n d e n M a n d e l n . N e u b i l d u n g e n in d e n M a n d e l n H y p e r t r o p h i e , höchst s e l t e n .

sind,

abgesehen

von

der

397

Neubildungen.

1) Die H y p e r t r o p h i e d e r M a n d e l n isl häufig. Gewöhnlich sieht man wiederholte acute Entzündungen als ihre Ursachen an. In manchen Fällen geht aber wohl die Hypertrophie der Entzündung vora u s ; so namentlich bei scrophulösen Kindern, bei denen sie gleichzeitig mit Aufwulstung der Lippen und Nasenflügel und Schwellung der Lymphdrüsen des Halses auftritt. In solchen Fällen bedingt das grössere Volumen der Mandeln Behinderung der Schlingbewegungen und exponirt die leidenden Organe selbst viel stärker dem Einfluss äusserer Schädlichkeiten. Die hypertrophischen Mandeln werden gleichsam fremde Körper und wirken als solchc Entzündung erregend auf ihre Umgebungen. Deshalb ist, selbst wenn die Beschwerden, welche sie bedingen, nicht bedeutend sind, ihre Entfernung zu empfehlen. Dies ist um so mehr der Fall, wenn das Schlingen und die Sprache durch sie leiden oder der Patient genüthigt wird, mit offenem Munde laut schnarchend zu schlafen. Dupuytren

behauptete, dass Kinder mit hypertrophischen Mandeln allmälig eine

Deformität des Thorax b e k o m m e n , indem derselbe sieb iin hinleren Umfange abrundet, nach Vorn verengert und zu den Seilen abdacht (Pectus carinatum). aus

der stärkeren Anstrengung

die angeschwollenen Mandeln

der Inspirationsmuskeln

Er erklärte dies

z u r Ueberwindung der durch

bedingten Behinderung des Lufteintritts.

Bei

genauerer

Beobachtung der Athembewegungen an solchen Individuen lässt sich jedoch eine besonders angestrengte Thätigkeit der Inspirationsmuskeln nicht wahrnehmen.

V i d a l glaubt j e n e

Deformität von einer unvollständigen Ausdehnung ableiten zu können.

Vielleicht haben

beide Uebel (die Mandelhypertrophie und die fehlerhafte Form des Thorax) ihren gemeinsamen Grund in der Scrophulosis.

Die V e r k l e i n e r u n g d e r M a n d e l n durch antiscrophulöse Behandlung (Soolbäder u. dgl. m.) und durch topische Anwendung adstringirender Substanzen, Bepinseln mit Jodtinctur u. dgl. in. gelingt selten und jedenfalls langsam. Dagegen ist die A b t r a g u n g d e r h y p e r t r o p h i s c h e n M a n d e l n eine einfache Operation. Sie zerfällt in 3 Acte: 1) den Mund öffnen und die Zunge abwärts drücken, 2) die Mandel fassen, 3) den hervorragenden Theil abschneiden. Um den M u n d o f f e n z u h a l t e n und die Z u n g e h i n a b z u d r ü c k e n , hat man zahlreiche Instrumente 1 ) erfunden, welche alle durch einen Spatel oder Löffelstiel überflüssig gemacht werden. Nur bei sehr ungelehrigen Kranken bedarf man eines Stückes Kork oder Holz, um den Mund offen zu halten. Hat man die Mandel aber erst einmal gefasst, so hält der Patient den Mund von selbst offen, und man bedarf in der Regel auch keines Spatels m e h r , um die Zunge abwärts zu drücken. Deshalb ist die D i e f f e n b a c h ' s c h e Taktik zu ' ) Unter diesen sog. S p e c u l a

oris

ist das

welchem sich von einem starken Spatel

ein

von C b a s s a i g n a c angegebene, massiver Ring

an

in Folge des Drucks

auf einen - Hebelarm e r h e b t , für vorliegenden Zweck noch am Meisten brauchbar.

398

Krankheiten des Gaumens und der Mandeln.

Fig. 38. empfehlen, nach welcher man den Kranken gleichsam Uberfällt, indem man in dem günstigsten Momente der weiten Eröffnung des Mundes mit Hakenzange u n d Messer schnell eindringt und die Operation „im F l u g e " vollzieht. Alle Zwangsmittel sind fortzulassen.

Fig. 3 9 . fj

Zum F a s s e n der Mandel dient ein Doppelhaken (Fig. 3 8 in halber Grösse), besser eine Muzeux'sche H a k e n z a n g e mit seitlich ger i c h t e t e n Z ä h n e n , auch die von S t r o m c y e r empfohlene F r ö h l i c h ' s c h e Zange. Ein einfacher scharfer Haken reisst leicht aus. Es ist durchaus erforderlich, dass man die Mandel sicher fasst und hervorzieht. Das A b s c h n e i d e n geschieht am Besten mit einem schmalen, geknöpften Messer. Das P o t t ' s c h e Bistouri kann dazu benutzt w e r d e n , indem man zur grösseren Sicherheit die hintere Hälfte der Klinge mit einem Pflasterstreifen umwickelt. Sehr bequem ist das von B l a n d i n angegebene Messer (Fig. 3 9 in natürlicher Grösse), an welchem n u r die vordere Hälfte der Klinge schneidend ist. Soll man den Schnitt von Oben nach Unten oder von Unten nach Oben f ü h r e n ? L o u i s machte | | | darauf aufmerksam, dass, wenn man in erstcrerRichV tung den Schnitt nicht mit einem Zuge vollendet, der abgelöste Lappen auf die Stimmritze fallen und Erstickung bedingen könne. Seitdem ist der Schnitt von Unten nach Oben bevorzugt worden. Er ist in der Tliat der bequemere; nur höchst selten wird man Schwierigkeiten finden, wenn m a n , nach gehöriger Hervorziehung der Mandel, das Messer zwischen Zunge und Hakenzange einsetzt und es s c h n e l l mit sägenden Ziigen in der Richtung gegen die Basis des Zäpfchens hin durch die Mandel hindurchführt. Aus Besorgoiss, das Gaumensegel durch die Führung des Schnitts nach Oben zu verletzen, gaben R i c h t e r , M a r j o l i n und B o y e r den Halb, zuerst von Unten nach Oben einzuschneiden, und dann in der Richtung von .Unten abzutragen. Dies dürfte höchstens bei ganz ungewöhnlich grossen Tonsillen zweckmässig sein.

von Unten die Mandel Oben nach und harten

Sobald der Schnitt beendet ist, wird das abgetragene Stück mit der Ilakenzange (oder dem Haken) und zugleich das Messer aus der Mundhöhle, auch das etwa eingesetzte Korkstlick zwischen den Zähnen

399

Abtragung d e r Mandeln.

entfernt; man lässt den Kranken ausspucken und den Mund mit kaltem Wasser ausspülen. — Sollen beide Mandeln entfernt werden, so g e währt man dem Kranken einige Zwischenzeit zur Ruhe. Bri der Eicision der linken Mandel führt man das Messer mit der rechten, f ü r die Abtragung der rechten

mit der linken Hand.

Wem

dies unbequem s c h e i n t ,

der

kann auch in letzterem Falle das Messer mit der rechten Hand führen, wenn er sich hinter den Kranken

stellt

und die linke Hand zur Führung der Zange um den Kopf

des Kranken an der linken Seite des Kopfes h e r u m f ü h r t , wie bei Zahnoperationen. Manche bevorzugen den Gebrauch f ü r das Abtragen der Mandeln.

einer auf die Fläche gekrümmten

Mandel gelingt aber n u r mit einer besonders starken

Das einer

von

seiner

Fahncstock zahlreichen

Charriere, Matthieu

Scheere

Die vollständige Durchschneidung einer hypertrophischen

erfundene

Modificationen

Scheere.

Tonsillotom (von

(Kiotom)

Velpeau,

in

Blattin,

u. A.) empfiehlt sich namentlich bei

ängst-

lichen und widerspänstigen Kranken, erheischt jedoch auch eine gewisse Uebung. Fig. 4 0 .

o

Fig. 4 1 .

400

Krankheiten des Gaumen» a n d der Mandeln. Dies I n s t r u m e n t (Fig. 4 0 u. 4 1 ) besteht aus einer, auf einem hölzernen Handgriff

gefestigten Rühre, an deren Ende sich ein elliptischer Bing befindet, welcher hinreichend gross ist, um die hypertrophische Mandel zu umfassen.

In dieser Röhre bewegt sich ein

S t a b , dessen vorderes Ende gleichfalls einen elliptischen, aber an seinem inneren Umfange schneidenden Ring trägt, welcher in dem ersteren versteckt liegt und d u r d i einen Zug nach Hinten zwischen den ihn umfassenden beiden Platten des ersten Ringes hervortritt.

Dieser Moment ist Fig. 4 0 abgebildet.

Zugleich sieht man hier die Vorrichtung,

durch welche die Mandel, nachdem der geschlossene Riog iiljer sie gestülpt ist, hervorgezogen werden

soll.

Der dazu bestimmte Spiess wird durch den Druck

d>s linken

Daumens zuerst vorwärts in die Mandel hineingestossen,, dann aber durch eine Hebelbewegung von dem Ringe in der Art entfernt, dass die aufgespiesste Mandel stark hervortreten m u s s , folglich beim Zurückziehen des schneidenden Ringes möglichst tief a b geschnitten wird.

Fig. 41 zeigt die Einrichtung des Spiesses in seinen einzelnen Theilen.

Der Spitze desselben giebt man zweckmässig, statt einer harpunenförmigen, eine g a b e l f ö r m i g e G e s t a l t ; dadurch wird das Fassen der Mandel mehr gesichert und das Ausrissen

verhütet. Die B l a t t i n ' s c h e Modification gestattet das Instrument mit e i n e r Hand 7.11 f ü h r e n ;

die drei letzten Finger umfassen den Griff, der Daumen schiebt die Gabel vorwärts, welche, über eine schiefe Ebene gleitend, die e m ä h n t e Hebelbewegung von selbst ausf ü h r t , und der Zeigefinger zieht

den schneidenden Ring zurück. —

Charriere

hat

letzteren in zwei Hälften zerlegt, die sich beim Zurückziehen gegen einander bewegen und somit von zwei S e i t e n ,

nach Art einer S c h e e r e , in die Mandel eindringen.

Der

Schnitt soll dadurch reiner werden.

Die B l u t u n g nach der Abtragung der Mandeln ist selten beträchtlich. Der Patient braucht nur eine Zeit lang kaltes Wasser oder EisslUckchen in den Mund zu nehmen. Bei stärkerer Blutung drückt man EisstUckchen mit einer Ilakenzange gegen die Mandel. M o n o d behauptet, dass die Blutung sogleich aufhöre, wenn der Kranke den Mund weit geöffnet halte. In übleren Fällen müsste zur Compression der Mandel gegen den Kieferwinkel oder zur Kauterisation geschritten werden. Jedoch wird bei Beachtung der oben gegebenen Vorschriften eine lebensgefährliche Blutung niemals entstehen können. Will man dagegen die g a n z e Mandel wirklich e x s t i r p i r e n , so geräth man in die nächste Nähe der Carotis interna, deren Verletzung, selbst wenn man sofort die Carotis communis unterbinden könnte, die grösste Lebensgefahr herbeiführen muss, da die grossen Anastomosen an der Basis cranii eine schnelle Wiederkehr der Blutung befürchten lassen. Tödtliche Blutungen gekommen.

nach Mandel-Eistirpationen

sind allerdings vor-

B l c l a r d sah in Angers fast unter seinen Augen einen Menschen verbluten,

dem ein berumziehender Charlatan eine Mandel mit einem spitzen Bistouri hatte exstirpiren wollen.

Eine f u r c h t b a r e Blutung hatte den Operateur schnell in die Flucht gejagt.

Die Verletzung der Carotis interna wurde durch die Section nachgewiesen.

Champion

wurde wegen einer heftigen Blutung zu einer Frau gerufen, der man die Mandeln blos h a t t e scarificiren wollen;

er fand sie bereits t o d t , so dass auch in diesem Falle eine

Carotidenverletzung vorausgesetzt werden durfte.

Neubildungen in den

Mandeln.

401

Dass anch a u s den d u r c h s c h n i t t e n e n Arterien e i n e r h y p e r t r o p h i s c h e n Mandel Verletzung lehrt

der

Carotis

eine s e h r b e u n r u h i g e n d e

n a c h s t e h e n d e B e o b a c h t u n g von Vi d a l .

h y p e r t r o p h i s c h e n ' Mandeln befreit zu w e r d e n ,

Ein j u n g e r

und

ohne

erfolgen

Mann w ü n s c h t e von

kann, seinen

da sie ihm g r o s s e Beschwerden u n d all-

j ä h r l i c h wenigstens zwei Anginen v e r a n l a s s t e n . Tiefe d e r M u n d h ö h l e

Blutung

Die Dicke d e r Z u n g e , die

die H ä r t e d e r Tonsillen

machten

beträchtliche

die Operation

schwierig.

J e d o c h f u h r d e r O p e r i r l e gleich darauf nach H a u s e , u n d e r s t eine S t u n d e d a n a c h e n t s t a n d eine Blutung, die sich fort und fort steigerte, und sowohl d u r c h die Menge, als d u r c h die h e l l r o t b e F a r b e d e s Blutes Besorgnisse e r r e g t e .

Jedoch gelang e s , d u r c h Anwendung

des Eises u n d vollkommene v R u h e d e r Blutung H e r r zu w e r d e n . man

d a s Eis fortgelassen h a t t e ,

innerhalb

w i e d e r , w u r d e j e d o c h a b e r m a l s und endlich

dir

nächsten

Sie k e h r t e , n a c h d e m

2 4 Sluodeu

a u c h dauernd d u r c h

noch zwei Mal

die A n w e n d u n g des

Eises beseitigt. — Aehnllches h a t D i e f f e n b a c b ein Mal erlebt.

Die Abtragung der Mandeln mittelst der g a l v a n o k a u s t i s c h e n S c h n e i d e s c h l i n g e stellt vor Blutung sichcr und ist leicht auszuführen. Man steckt die M u z e u x ' s c t i e Zange durch die bereits in den Schlingenschnilrer eingefügte Drahtschlinge, fasst die Mandel, zieht sie hervor und lässt, während man den Schlingenschnürer an den äusseren Umfang der Mandel andrängt, durch einen GehUlfen die Schlinge zusammenschnüren und durch Schlicssen der Batterie in Glühhitze versetzen. — Auch mit dem E c r a s e u r kann man ohne Blutung die Mandel abtragen; aber das Instrument ist zu voluminös, um in dieser Localität mit Leichtigkeit angewandt werden zu können. Die Abtragung d e r Mandeln, welche C e l s u s scalpello excidere)

ist

jetzt

eine allgemein

bereits k a n n t e ( h a m u l o e i c i p e r e et

verbreitete

und

als

nützlich

O p e r a t i o n , gegen welche sich n u r wenige S t i m m e n e r h o b e n h a b e n . ist H a r v e y (Dublin medical p r e s s ,

1849).

anerkannte

Der eifrigste G e g n e r

Nach seiner Ansiebt verkleinern sich j}ie

h y p e r t r o p h i s c h e n Mandeln allmälig von s e l b s t ; i h r e Anschwellung s t ö r t d a s G e h ö r n i c h t , da

sie n i e m a l s den Eingang z u r Tuba E u s t a c h i i verstopfen.

Nach

d e r Abtragung d e r

Mandeln dagegen soll das G e h ö r zuweilen l e i d e n , a u c h die S t i m m e eine u n a n g e n e h m e Veränderung e r f a h r e n , die S c h l e i m d r ü s e n des Pharynx sollen h y p e r t r o p h i s c h w e r d e n ,

der

O p e r i r t e soll a n D u r s t , Hitze im S c h l ü n d e und S c h l i n g k r S m p f e n , endlich a u c h an S t ö rungen des Allgemeinbefindens leiden. Die Operation wird

gewöhnlich

mit

Alle diese Angaben sind m i n d e s t e n s ü b e r t r i e b e n . Leichtigkeit

ertragen.

Allerdings k o m m e n

Fälle

vor, in d e n e n k u r z e Zeit nach d e r Operation S t ö r u n g e n in d e r F u n c t i o n des G a u m e n segels u n d des Pharynx b e s t e h e n ; Eine s p o n t a n e Verkleinerung

der

dieselben sind j e d o c h selten u n d niemals d a u e r n d . hypertrophischen

Mandeln

kann

immer

nur

relativ

s e i n , indem sie zuweilen bei Kindern eine s e h r b e d e u t e n d e Grösse e r r e i c h e n , d a n n a b e r bei f o r t s c h r e i t e n d e m W a c h s l h u m e des K ö r p e r s nicht weiter m i t w a c h s e n .

2) S t e i n e i n d e n M a n d e l n nennt man Concretionen von meist bröckliger, zuweilen aber auch wirklich steiniger Consistenz,

welche

durch Eindickung des Secretes (namentlich aus dem darin enthaltenen phosphorsauren und kohlensauren Kalk) entstehen.

Nicht selten sind

sie von käsiger Consistenz und erleiden während ihres Aufenthaltes in den erweiterten AusfUhrungsgängen eine solche Zersetzung, dass sie B a r d e l e b e n , Chirurgie.

7 . Aull. III.

26

402

Krankheiten des Gaumens und der Mandela.

einen üblen Geruch aus dem Munde bedingen. Zuweilen fallen sie in den Pharynx und werden dann hervorgeräuspert oder verschluckt. Sie erscheinen in den Mandeln als weisse Flecke, deren Consistenz mit der Sonde leicht erkannt wird, und lassen sich mit einer Kornzange ausziehen. Manchmal entstehen sie bald wieder, gewöhnlich unter dem Einfluss einer chronischen Angina, zumal bei Leuten, die viel laut sprechen oder singen müssen. Sind viele Concretionen der Art gleichzeitig vorhanden, so nimmt man, statt sie einzeln zu extrahiren, die Abtragung der Mandel vor. Gerade in solchen Fällen finden sich nicht selten Schwierigkeiten beim Durchschneiden der Driise. 3 ) B l a s e n w ü r m e r kommen in den Mandeln vor, jedoch sehr selten, und ohne dass es möglich wäre, die eigentliche Natur der Geschwulst vor der Exstirpation zu erkennen. 4) K r e b s d e r M a n d e l n ist äusserst selten Die meisten Schriftsteller erwähnen ihn gar nicht. Die genauer beschriebenen Fälle wurden von den Beobachtern als „ M a r k s c h w a m m ' * gedeutet. In der Regel handelt es sich wohl um Geschwülste, welche ausser der Mandel auch noch erhebliche Theile des Gaumensegels oder des Rodens der Mundhöhle, auch wohl der Zunge oder des Pharynx bereits ergriffen haben. Die t o t a l e E x s t i r p a t i o n einer krebsigen Mandel ist allerdings möglich, aber wegen der grossen Nähe der Carotis interna'), namentlich bei krebsiger Entartung, welche Verwachsung des erkrankten Organs mit den Nachbartheilen voraussetzen lässt, immer höchst gefährlich (vgl. pag. 400). Die blosse Abtragung eines Theils der Mandeln kann ebenso wenig, wie die Ligatur oder die in Betreil' der Tiefe ihrer Wirkung gar nicht zu berechnende Kauterisation einen Nutzen gewähren. ' ) Dass die C a r o t i s i n t e r n a , nach den Untersuchungen v o n l . i n b a r t

(Zeitschrift

der Wiener Aerzte 1848), nicht gerade nach Aussen, sondern weiter nach Hinten von der Handel liegt, m a c h t die Gefahr n i c h t geringer.

Elfte Abtheilnng. Krankheiten des Schlundkopfes. Anatomische

Vorbemerkungen.

Der Schlnndkopf kann mit gleichem Rechte zum Halse, wie zmn Kopfe gerechnet werden.

Auch

seine Erkrankungen

schliessen

sich Iheils an diejenigen des Mundes

und Gaumensegels, Iheils an diejenigen der Speiseröhre und des Halses überhaupt an. Er bildet gleichsam den Vorhof Tür den Verdauungs- und Athmungscanal.

Die trichter-

förmig gestaltete, nach Oben erweiterte, jedoch n u r nach Vorn weit offene Höhle des Pharynx communicirt nach Isthmus faucium mit der

Vorn durch den mittelst Mundhöhle

und

des

Gaumensegels

absperrbareo

durch

die Choanen mit den Nasenhöhlen,

nach Aussen und Oben durch die Tuba Eustachii

mit der Trommelhöhle jeder Seite.

Nach Unten setzt sich d e r Pharynx, allmülig enger werdend,

in die Speiseröhre f o r t .

Eine plötzliche Verengerung in der Nähe des fünften Halswirbels bezeichnet die Grenze zwischen

Schlundkopf

und

Oesophagus.

Vorn eine O e f f n u n g , die in den

Der untere Tbeil des Pharynx besitzt nach

Kehlkopf f ü h r t .

Weiter abwärts bildet die bintere

Wand des Kehlkopfes zugleich die vordere Wand des Scblundkopfes. des Pharynx e n t b e h r t einer vorderen Wand gänzlich, Rand

der Gaumenbeine

solche ansehen basilare

will.

und das von diesem

Oben ist

bildet sein Dach.

bildet eine fortdauernd

der

Der übrige Theil

nicht den hinteren

Gaumensegel

der Basis cranii

als eine

befestigt;

das Os

Der obere Theil, der Nasenschlund, ist unbeweglich und

offenstehende Höhle,

Constrictor pharyngis

man

herabhängende

Pharynx an in

eintritt und welche n u r dem Hespirationsprocesse des

wenn

superior und der

welche von dient;

durch

den Choanen aus Luft gemeinsame

Wirkung

Mm. pharyngopalatini kann der Nasen-

schlund von dem übrigen Schlünde, dem sogen. Mundschlunde, abgesperrt werden.

Der

mittlere Theil des Schlundes wird sowohl beim Alhmen als beim Schlingen in Anspruch genommen; das unterste Stück i s t n u r beim Schlingen betheiligt.

Den Seitenwänden

des Pharynx liegen nahe a n : die Carotis interna, die Vena jugularis interna, der Nervus vagus, nebst dem Accessorius, wichtigsten

Gefässe

und

Nerven

der Glossopharyngeus,

des

Halses.

Dieselben

der Hypoglossus, liegen in

Querschnitt dreiecktcn Räume, d e r nach Unten w e i t e r , nach Oben

enger wird.

bildet seine Süssere Begrenzung der Pterygoideus i n t e r o u s , seine innere die wand selbst.

also

die

einem auf dem Hier

Pharynx-

Etwas weiter abwärts liegen dicht am Pharynx eine Anzahl Lymphdrüsen

und die A. carotis externa init ibren Aesten. Der S c b l u n d k o p f . i s t ein muskulöses O r g a n ; seine Muskeln sind

26*

Innen (Vorn)

404

Krankheiten des Schlundkopfes.

von einer dicken Schleimhaut, Aussen (Hinten) von einer derben fibrösen Schiebt bekleidet, welche letztere nach Unten mit dem tiefen Blatt mit der Fascia buccopharyngea zusammenhängt.

der Fascia colli, nach Glien

Muskeln des Pharynx sind jederscits

5 : Constrictor «uperior, medius und inferior, Stylopharyngeus Die Constrictores

beider Seilen

sich durch eine fibröse Itapbe. dass der untere

Rand

stossen

Pharyngopalatinus. und

vereinigen

Sie liegen in der Art dacliziegelfürmig über einander,

des nächst

des nächst unteren deckt.

und

in der Mittellinie zusammen

oberen

im Innern

des Pharynx den

oberen

Rand

Ihre Fasern verlaufen quer oder schräg aufsteigend.

Sie

entspringen von dem Ring- und Schildknorpel, vom Zungenhein, vom Unter- und Oberkiefer, von der zwischen diesen beiden Knochen ausgespannten Fascia buccopharjngea, von dem Processus pterygoideus und vom Felsenbeine.

Der Stylopharyngeus entspringt

vom Griffelfortsalz des Felsenbeins und breitet sich mit seinen Fasern dicht unter der Schleimhaut

des Schlundkopfes a u s ,

superior hindurchgeht.

indem er zwischen dein Constrictor medius und

Der Pharyngnpalatinus

liegt

in

dem

gleichnamigen

hinteren

G,lumenbogen, gleichfalls dicht unter d e r Schleimhaut des S c h l u n d e s , und heftet sich am hinteren Rande des Schildknorpels a n . Ganzen zu verengern und zu erheben.

Diese Muskeln vermögen den Pharynx im

Die Schleimhaut

des Schlundkopfes steht mit

derjenigen d e r Nasen- und Mundhöhle, der Trommelhöhle und sammenhange.

Im oberen Theile des Pharynx

des Kehlkopfs im Zu-

ist sie fest angeheftet an das Periost

der Basis cranii, weiter abwärts wird sie mit den Muskeln durch lockeres Bindegewebe verbunden,

so dass sie einen hohen Grad von Verscbieblicbkeit

Menge von Schleimdrüsen

liegen in ihr eingebettet.

sind Aeste der Pharyngea

ascendens und descendens,

Thyreoidea

superior.

Die Venen bilden

diebt um

besitzt.

Kine grosse

Die Arterien des Schlundkopfes den

der

Pterygopalatina

Pharynx

ansehnliche

welche in die Vena jugularis interna und thyreoidea superior münden.

und

der

Plexus,

Seine Lyinph-

gefässe ergiessen sich in die längs der Vena jugularis interna gelagerten Lymphdrüsen. Auch die Nerven bilden zu den Seiten des Pharynx

besondere Plexus,

an deren Bil-

dung der Ramus pharyngeus N. vagi, der Glossopbaryngeus und auch ein kleiner Zweig des Trigeminus sich betheiligen.

Die Sensibilität des Pharynx scheint wesentlich vom

Glossopbaryngeus, die Bewegung seiner Muskeln vom Vagus abhängig zu sein.

Erstes Capltel.

Diagnostische Operationen im Pharynx, Pharyngoscopie und Rhinoscopie1). Die erst in neuester Zeit entdeckte Möglichkeit, mittelst eines in den Schlundkopf eingeführten Spiegels Lichtstrahlen in den Kehlkopf, in den Schlundkopf selbst und in die Choanen zu werfen und diese dem Auge bisher ganz unzugänglichen Theile so hell zu beleuchten, dass nicht blos krankhafte Veränderungen erkannt, sondern auch durch therapeutische Eingriffe, welche direct auf die betreffenden Stellen unter Controlle des inspicirenden Auges einwirken, beseitigt werden ' ) Die Bearbeitung dieses Capitels

hat Herr Prof. Dr. H u g o

München zu übernehmen die Güte gehabt.

von

Ziemssen

in

405

Pbarjngoscopie.

können, hat in der Diagnostik und Therapie der Krankheiten

dieser

Regionen eine wesentliche Veränderung hervorgerufen. Nachdem man sich von der Möglichkeit Uberzeugt hatte, mittelst eines Spiegels Lichtstrahlen von hinreichender Intensität in den Kehlkopf zu werfen, lag nichts näher, als die bei der Laryngoscopie nach Unten (nach dem Kehlkopfeingange) gewandte Spiegelfläche nach Oben zu wenden und Lichtstrahlen in den Schlundkopf, in die Choanen und auf den Gauinen zu werfen, um auch hier einen Einblick zu gewinnen. Es sind

zwar schon

in

früherer

Zeil Versuche gemacht w o r d e n , das

Cavum

p b a r y n g o n a s a l e mittelst Spiegelvorrichtungen zu erleuchten, namentlich von B o z z i n i ( d e r Lichtleiter, Erleuchtung Weimar,

oder Beschreib, einer einfachen Vorrichtung

innerer Höhlen

1807)

k u n d e etc.

und

von

Aus dem

und

Zwischenräume

W. B. W i l d e

Englischen

(Praktische Bemerkungen

von v. H a s e l b e r g .

allein es handelte sich dort wahrscheinlich m e h r Versuche. heiten

Czermak,

des

dessen

Kehlkopfes

und

und ihrer Anwend. zur

des lebenden animalischen Göttingen,

Körpers.

über

Ohrenheil-

1855,

pag. 4 1 9 ) ;

um Vorschläge, als um ausgeführte

Verdienste u m die Laryngoscopie wir bei den Krank-

der L u f t r ö h r e genauer

erörtern

werden,

hat

auch

die

Pharyngoscopie und Bhinoscopie angeregt und zuerst die Möglichkeit der ausreichenden Erleuchtung

dieser Hegionen

an sich selbst demoostrirt.

Inspection des Cavum pbaryngonasale

und

Vgl. C z e r m a k ,

Wiener med. Wochenschrift, 1860, No. 17. — D e r s e l b e ,

Der Kehlkopfspiegel und

seine Verwertbung f. Physiologie und Medicin. Leipzig, 1 8 6 0 , pag. 34. — Zur Verwerthung des L i s t o n - G a r c i a ' s c h e n 1 8 6 1 , No. 6 u. 7 . —

Nächst C z e r m a k

Pharyngoscopie. Jubelschrift. Breslau,

Ueber die

der Nasenhöhle vermittelst kleiner Spiegel. Derselbe,

Princips. Wiener medecin. Wochenschr., haben

1861),

Voltolini

Semeleder

(Die Bhinoscopie

und

(Die Hhinoscopie und ihr

Werth für die ärztliche Praxis. Ein monographischer Versuch. 1 8 6 2 ) und T ü r c k (Beiträge zur Laryngoscopie

und

Bhinoscopie. Zeitschrift der Ges. d. W. Aerzte,

No. 2 1 , f e r n e r : Notiz zur Rhinoscopie. Allgem. Wiener med. Zeitung

1860,

1860, No. 3 3 ,

und Praktische Anleitung zur Laryngoscopie. Wien, 1 8 6 0 ) diesen Zweig der Diagnostik cultivirt und

nicht

unbeträchtliches

pathologisches' Material zusammengetragen.

Die

Mündungen der Tubae Eustacbii sind wegen ihrer grossen Wichtigkeit f ü r die Ohrenheilkunde

Gegenstand

fleissiger

Untersuchungen Seitens der Obrenürzte

(Voltolini,

P o l i t z e r , G r u b e r u. A.) gewesen.

Die Schwierigkeiten, welche sich Anfangs der Pharyngo-Rhinoscopie sowie der darauf basirten Therapie entgegenstellten, sind jetzt als

beseitigt

anzusehen,

wenngleich

der Methode die N o t w e n d i g k e i t

durch

die

Vervollkommnung

einer unausgesetzten Uebung nicht

umgangen werden kann. Dasselbe gilt von der U n t e r s u c h u n g

mittelst

d e s in d e n

S c h l u n d e i n g e f ü h r t e n F i n g e r s , welche neben der Untersuchung mittelst des Spiegels durchaus nicht entbehrt werden kann.

Auch

diese muss unausgesetzt geübt werden, da sie oft viel schneller und einfacher zum Ziele führt, als der Spiegel, und jedenfalls wesentlich zur Controlle der Wahrnehmungen des Auges dient.

406

Krankheiten des Sclilundkopfes. Technik der

PkaryngMcople.

Beleuchtung. Unzweifelhaft ist ein möglichst intensives Licht bei der Pharyngo-Rhinoscopic noch wichtiger als bei der Laryngoscopie, insbesondere wenn es sich nicht blos um diagnostische Untersuchung, sondern um therapeutische Eingriffe handelt, weil der beschränkte Zugang im Allgemeinen nur die Einbringung k l e i n e r Spiegel, folglich das Hineinwerfen einer beschränkten Summe von Lichtstrahlen gestattet. Das S o n n e n l i c h t ist vorzuziehen, sofern man desselben habhaft werden kann, zumal wenn es sich um recht grelle Beleuchtung zu diagnostischen Zwecken handelt. Die Farbe der Schleimhaut, der Grad der Gefässfüllung, der Umfang der einzelnen Theile, Alles das springt bei Beleuchtung durch Sonnenstrahlen auf das Genaueste und Schärfste hervor. Für länger dauernde rhinoscopische Proceduren, welche einen therapeutischen Zweck haben, ist es indess ebensowenig geeignet, wie für laryngoscopische, weil es stark blendet und das Auge des Untersuchers rasch arbeitsunfähig macht. Hier ist ein intensives künstliches Licht nicht zu entbehren. Die Rhinoscopie mittelst Sonnenlicht erfordert durchgängig einen R e f l e x s p i e g e l , nicht blos wegen der wechselnden Stellung der Sonne, welche ihre Strahlen bald von rechts, bald von links her schräg in das Zimmer fallen lässt, sondern hauptsächlich weil die Lichtstrahlen von Unten her oder doch wenigstens in horizontaler Richtung auf den Rachenspiegel einfallen müssen, was bei diroctem Sonnenlicht nur am frühen Morgen oder späten Abend möglich wäre. Der Reflexspicgel muss auf einem Stativ, am Besten mittelst eines Kugelgelenks, naeh allen Seiten hin beweglich sein und wird entweder ausserhalb oder innerhalb des Fensters (auf dem Fensterbrett, einem Stuhl oder selbst auf dem Erdboden, wenn man die Lichtstrahlen von Unten her einfallen lassen will) aufgestellt oder angeschraubt. V o l t o l i n i bedient sich eines Hohlspiegels von etwa 20 Ctm. Durchmesser und V a —1 Meter Brennweite. Mittelst eines solchen Hohlspiegels kann man die Sonnenstrahlen nach beliebigen Punkten des Zimmers werfen, was besonders werthvoll ist bei der Untersuchung von Kranken, die das Bett nicht verlassen können. Da sich während langdauernder Untersuchungen der Stand der Sonne zum Reflexspiegel ändert, so muss von Zeit zu Zeit auch die Stellung des Spiegels verändert werden. Höchst zweckmässig (aber freilich auch sehr kostspielig) ist zu diesem Behuf der H e l i o s t a t 1 ) , ' ) Der Spiegel des Heliostaten wird durch ein Uhrwerk so gedreht, dass die Spiegelfläche

z u r S o n n e eine unveränderte Stellung behält und

die reOectirten Strahlen

Pharyngoscopie.

407

welcher, nach v. B r u n s , ausserhalb des Fensters angebracht, die Sonnenstrahlen durch ein viereckiges Loch der hölzernen Fensterlade in das verdunkelte Zimmer wirft. Da man indess bei solchen langdauernden Untersuchungen wegen der blendenden Eigenschaft des Sonnenlichts häufig Pausen machen muss, um das Auge nicht zu erm ü d e n , so hat man Zeit genug übrig, um die Richtung des Hohlspiegels von Zeit zu Zeit zweckentsprechend mit der Hand zu verä n d e r n , und es kann deshalb der Heliostat als für den praktischen Arzt entbehrlich bezeichnet werden. Man kann die reflcctirten Strahlen, je nach Bequemlichkeit, entweder direct auf den Rachenspicgel einfallen lassen, oder dieselben noch einmal mittelst des am Stirnbande befestigten Sammelspicgels auffangen und auf den Rachenspiegcl werfen. Es ist hierbei zu beachten, dass man die Rachcnschlcimhaut nicht in den Brennpunkt des Sainmelspiegels bringt, weil in diesem Falle leicht eine Verbrennung stattfinden würde. K ü n s t l i c h e B e l e u c h t u n g . Der Arzt wohnt nicht immer nach der Sonnenseite, und selbst wenn dies der Fall ist, kann er doch oft, wenn er die Sonne brauchen will, keine Strahlen auffangen. Vor Allem aber dürfte die Zahl der Tage, wo die Sonne, zu der Zeit, wo man ihrer bedarf, scheint, weit geringer sein, als die Zahl der Tage, wo sie nicht scheint. Unter den k ü n s t l i c h e n B e l e u c h t u n g e n wirkt das von v. B r u n s 1 ) und v. Z i e m s s e n * ) angewandte D r u m m o n d ' s c h e K a l k Ii c h t am Intensivsten und den Strahlen der Sonne an Leuchtkraft fast gleich. Die Herstellung desselben aus Leuchtgas und Sauerstoffgas ist nicht so umständlich, wie es auf den ersten Blick scheint. Einen hohen Grad von Helligkeit gewährt auch die von v. B r u n s benutzte Moderateurlampe mit Sauerstoffgebläse; sowie die von V o l t o l i n i construirte und empfohlene Photogcnlampc mit Sauerstoffgebläse. Beide Apparate leisten aber lange nicht so viel, wie das D r u m m o n d ' s c h e Kalklicht bei übrigens gleicher, wenn nicht grösserer Umständlichkeit in der Anwendung. — Bei allen dreien ist die Flamme von einem Blechhute umgeben, welcher oben offen ist und, nach Vorn cylindrisch auslaufend, eine Sammellinse trägt, v. Z i e m s s e n (I. c. pag. 234) bedient sich der D u b o s c q ' s c h e n Laterne, welche andauernd in derselben Richtung, also in unserem Falle fortwährend genau durch da9 viereckige Loch in der Fensterlade einfallen Jässt. ' ) Die erste Ausrottung eines Polypen in d e r Kehlkopfshöhle etc. von V. v. B r u n s Tübingen 1 8 6 2 . *) Laryngoscopisches Bd. IV. pag. 2 2 1 .

Nachtrag zu dieser Schrift. und 1868.

Laryngotherapeutisches.

Tübingen 1 8 6 3 . pag. 7. Deutsch.

Archiv f. ktin.

Med.

408

Krankheiten des Scbluodkopfes.

auf einem in der Vertikale verstellbaren Tisch befestigt ist und ftlr die Laryngoscopie ebenso zweckmässig ist, wie für optischc Experimente in den physikalischen Cabineten, für welche sie ursprünglich construirt war. Auf diese Apparate, von denen der praktische Arzt wegen ihrer Kostspieligkeit und Umständlichkeit wohl nur selten Gebrauch machen wird, folgt nun zunächst die mit Oel oder Solaröl gespeiste M o d e r a t c u r - o d e r S c h i e b e l a m p e , welche mit einem dicht über der Flamme stark verengten Glascylinder versehen, einen Blcchhut trägt, in welchem sich hinter der Flamme eine Reverbere, vor derselben eine ( L e w i n ) oder mehrere ( T o b o l d ) Sammellinsen befinden. Wird bei dieser Lampe durch richtige Stellung der Cylinderenge zur Flamme die letztere durch den Luftzug lang hinaufgezogen, so giebt sie bei completer Rauchverbrcnnung durch die stärkere Sauerstofl'zufuhr ein schön weisses und intensives Licht. Die durch die Linsen gesammelten Strahlen erleuchten sowohl die Kehlkopfhöhle als das Cavum pharyngo-nasale hinreichend für diagnostische wie auch für therapeutische Zwecke, und es dürfte somit jeder Arzt, wenn er im. Besitze eines — freilich unentbehrlichen — Blechhutes mit Linsensystem ist, mit Hülfe einer guten Schiebe- oder Moderateurlampe ein in jeder Hinsicht genügendes Licht sich verschaffen können, ohne sein Armamentarium Übermässig zu vergrössern. Die Flamme des L e u c h t g a s e s ist mit Hülfe eines guten A r g a n d - B r e n n e r s ganz gut für laryngoscopische Zwecke zu verwerthen, nur ist dieselbe in einer D u b o s c q ' s c h e n oder ähnlichen Laterne unterzubringen, weil sonst Arzt und Patient von der Hitze, welche die Flamme ausstrahlt, leiden würden. Der S a m m e l - o d e r B e l e u c h t u n g s s p i e g e l , ein runder, sehr flacher Hohlspiegel von Glas mit Silberbclegung und Melallfassung, in welchem ein centrales Loch zum Durchsehen sich befindet, ist bestimmt, die von der Linse ausgehenden Lichtstrahlen zu sammeln und auf den im Rachen befindlicheil kleinen Spiegel zu reflectiren. Der Sammelspiegel wird am Zweckmässigsten an den Blechhut resp. die D u b o s c q ' s c h e Laterne mittelst eines Kugelgelenks befestigt, so dass der Arzt, nachdem er den Kopf des Patienten fixirt und den Lichtkegel durch richtige Einstellung des Beleuchtungsspiegcls auf den weichen Gaumen des Patienten gerichtet hat, beide Hände frei hat, und zwar die linke zur Einführung des Rachen- oder Kehlkopfspiegels, die rechte für die Handhabung von Instrumenten. Die R a c h e n s p i e g e l sind theils quadratisch, theils rund und bestehen aus polirtem Stahl oder aus Glas. Während die Metallspiegel

409

Pbsryngoscopi«.

den Vortheil geringerer Dicke besitzen, haben andererseits die Glasspiegel, besonders wenn sie mit Silber belegt und aus reinem und dünnem Glase gefertigt sind, den Yortheil grösserer «Klarheit und Helligkeit, ausserdem aber auch den der Dauerhaftigkeit und Billigkeit. Ein Metallspiegel ist, wenn gut polirt, nicht billig und bedarf selbst bei vorsichtiger Behandlung nach wenigen Monaten neuer Politur. Die Rachenspiegel können wegen der Beschränktheit des Raumes im Allgemeinen nicht die Grösse der Kehlkopfspiegel haben; insbesondere fordert die Rhinoscopic kleine Spiegel. Indessen ist es doch rathsam, Spiegel von der verschiedensten Grösse und Form vorräthig zu halten. Selbstredend erfüllt ein grösserer Spiegel den in Rede stehenden Zweck, das dunkle Cavum pharyngo-nasale zu beleuchten, viel besser als ein kleinerer, weil die Summe der von ersterein reflectirten Strahlen eine weit grössere ist, als beim letzteren. Unter erschwerenden Umständen (bei langem Velum, grosser Uvula, kleinem Nasenrachenraum) führt zuweilen ein rundlicher Spiegel von der Grösse des Kleinfingernagels allein zum Ziele. Der A n s a t z w i n k e l des Spiegels an seinem Stiel beträgt, nach V o l t o l i n i , für die Pharyngoscopie am Zweckmässigsten 1 3 5 ° , für die Rhinoscopie gegen 90°. Die E r w ä r m u n g des Spiegels, ohne welche die spiegelnde Fläche bei den ersten Exspirationen mit Wassertheilchen beschlagen würde, geschieht in warmem Wasser oder Uber der Lampe. Die S t e l l u n g d e s K r a n k e n zum Arzte ist bei der Untersuchung von grosser Wichtigkeit. Der Kranke muss nämlich erheblich höher sitzen als der Uniersuchende, damit das Licht von Unten einfallen kann, und zugleich mit vornüber geneigtem Kopfe, damit das erschlaffte Velum nach Vorn sinkt und der Zugang zum Cavum pharyngo-nasale sich erweitert. V o l t o l i n i giebt als die beste Stellung die a n , wo sich die Augen des Arztes in der Höhe des Manubrium sterni des Patienten befinden. Die Lichtquelle muss selbstredend in der Höhe des untersuchenden Auges oder doch des Sammelspiegels stehen. Nach unserer Erfahrung kann man den Patienten nicht hoch genug setzen; sehr erleichtert wird die richtige Wahl der Stellung durch eine Kurbel-Vorrichtung an dem Stuhle, auf welchem der Patient sitzt, mittelst welcher man die Sitzplatte beliebig heben und senken kann, ohne dass der Patient aufzustehen braucht 1 ). Bei der Einführung des Spiegels muss die Z u n g e niedergedrückt sein, theils weil sie sich sonst seitlich oder an der Wurzel aufbäumt •) Vgl. v. Z i e m s s e n , Deutsches Archiv f. klin. Med.

Bd. IV. pag. 2 2 1 u. f.

410

Krankheiten des Scblundkopfes.

und dem Pharynxspiegel das ohnehin spärliche Licht noch mehr beschränkt, theils weil durch kräftiges Herabdrücken der Zunge die Das HerabErschlaffung des Velum begünstigt wird ( V o l t o l i n i ) . drücken der Zunge Ubciiässt man am Besten dem Patienten, dem man einen rechtwinklig gebogenen Zungenspatel, nachdem er zweckmässig applicirt ist, in die rechte Hand giebt. Dies ist zweckmässiger, als sich selbst die Last des Hcrabdrückens der Zunge aufzulegen, wie dies V o l t o l i n i mittelst seines zungenspatelähnlichen Spiegelsliels oder der an demselben befestigten Guttaperchaplatte thut. Der Patient führt das ihm übergebene Amt fast immer gut aus, und der Arzt hat eine Obliegenheit weniger. Das Hervorziehen der Zunge milteist eines um die Spitze derselben gelegten Tuches ist, so sehr es sich für die Laryngoscopie empfiehlt, fílr die Pharyngoscopie nicht zweckmässig. Ausser der Beherrschung der Zunge ist ein möglichst schlaffes Herabhängen des V e l u m eine conditio sine qua non. Alle Versuche, dasselbe zu heben oder nach Vorn zu ziehen, sind sonst fruchtlos; im Gegentheil dienen Berührungen und Zerrungen des Vcluin und der Uvula mittelst der mannigfaltigen Gauinenhakcn oder -Zangen nur dazu, die Reflexcontraction zu steigern. Man unterlasse im Anfang alle und jede Versuche mit den genannten Instrumenten und gewöhne nur den Kranken oder vielmehr sein Velum an die Einführung des Rachenspiegels, damit dasselbe erschlafft bleibt. Dies gelingt bei vielen Personen schon in der ersten Sitzung. Von förderndem Einflüsse auf die Erschlaffung der Gaumemnuskeln sind: vornüber geneigte Haltung des Kopfes und kräftiges Niederdrücken der Zungenwurzel ( V o l t o l i n i ) , Intoniren eines nasalirten Vocals ( C z e r m a k ) , künstliches Schwingenlasscn des Velum Seitens des Patienten nach Anweisung. Hat man es erreicht, dass das Velum bei der Einführung des Rachenspiegels schlaff hängen bleibt, so kann man in der Folge die Gaumenoder Zäpfchenheber mit Erfolg in Anwendung ziehen. Schon durch Hebung des Zäpfchens nach Vorn und Oben wird viel genützt, da dieser Theil es gerade ist, welcher (besonders wenn er lang und geschwollen ist) den freien Einblick in den Nasenrachenraum behindert. Das übrige Velum und die Gaumenbögen sind viel weniger hinderlich als man im Anfang anzunehmen geneigt ist. Von den Instrumenten, welche zum Zwecke des Hebens und Vorwärtsziehens des Velum und der Uvula angegeben sind, empfiehlt sich am meisten der T ü r c k ' s c h e Z ä p f c h e n s c h n ü r e r 1 ) , eine ein' ) Klinik der Krankheilen des Kehlkopfs.

Wien, 1 8 6 6 , pag. 1 0 8 .

Pharjngoscopie.

411

fache Fadenschlinge, in welche milteist eines silbernen Röhrchens die Uvula eingeschnürt wird. Das F a d e n - E n d e wird unter Vorziehung der Uvula und des Velum aus dem Munde herausgeleitet und an dem Häkchen der einfachen, zu diesem Zwecke dem Patienten umgelegten Stirnbinde, befestigt. Nach unserer Erfahrung wird dieser Eingriff von den meisten Personen gut ertragen, hat häufig den gewünschten Erfolg, nämlich .freien Einblick in den Nasenrachenraum, und hintcrlässt, ein leichtes Oedem und einige Sugillationen der Zäpfchenspitze abgerechnet, keine Folgen. Wäre Behufs einer Operation im Nasenrachenraum eine möglichst grosse Entfernung des Velum von der hinteren Bachenwand geboten, so mtlsste man den T U r c k ' s c h e n G a u m e n s e n k e r ' ) versuchen, eine starke breite Drahtschlinge, wclche hinter dein Velum herauf geführt und mittelst eines silbernen Röhrchens oder Fadens, nachdem das Velum stark herab- u n d vorgezogen ist, an der Stirnbinde fixirt wird. Die Exploration d e r u n t e r e n T h e i l e d e s P h a r y n x bietet nicht die geringsten Schwierigkeiten. Abgesehen davon, dass man bei weit geöffnetem Munde und abwärts gedrückter Zungenwurzel, namentlich im Moment einer tiefen Inspiration, bei der sich das Velum hebt, einen grossen Theil der hinteren W a n d , sowie die Tonsillen und Gaumenbögen, besonders bei Anwendung reilectirten Lichtes, gut Ubersehen k a n n , ist man mit Hülfe kleiner oder mittlerer Spiegel im Stande, jeden Theil, welcher der directen Besichtigung nicht zugängig ist, auf das Sorgfältigste zu inspicircn. Der Spiegel wird hierbei entweder in der für die Laryngoscopie erforderlichen Stellung (Spiegelfläche nach Unten) oder in mehr verticaler Stellung (Spiegelfläche nach Rechts oder Links) applicirt und lässt dann Zungengrund, Kehldeckel, untere, hintere und seitliche Wand des Pharynx, hintere Fläche der Gaumenbögen Ubersehen. Der Kopf des Patienten befindet sich hierbei in gleicher Höhe mit dem des Untersuchers und wird etwas hintenüber geneigt. Ungleich schwieriger ist die lnspection des o b e r e n T h e i l s d e s P h a r y n x , und zwar um so schwieriger, je mehr es sich um Exploration der vorderen Wand (Choanen, hintere Fläche des Velum) handelt. Bei der Untersuchung der hinteren und oberen Wand des Pharynx wird die Spiegelfläche mehr horizontal gestellt Je mehr man sich aber zur Betrachtung der vorderen Wand wendet, um so mehr muss der Spiegel eine verticale Stellung einnehmen, um so höher muss der Patient im Verhältniss zum Arzt sitzen. An der vorderen und seit') I. C. pag. I I I .

412

Krankheiten des Schlundknpfea.

liehen Wand des Pharynx, also an der für die Exploration schwierigsten Region liegen aber gerade die praktisch wichtigsten Theile: die hintere Wand des Velum, die Choanen, seitlich von diesen beiderseits die Mündungen der E u s t a c h i ' s c h e n Trompeten und hinter denselben, von ihnen durch einen Wulst getrennt, die R o s e n n i ü l l e r ' s c h e n Gruben. S e m e l e d e r beschreibt (1. c. pag. 18) das vollständige Spiegelbild der vorderen Wand des Nasenrachenraums recht anschaulich. „In der Mitte des Bildes zeigt sich senkrecht aufstehend die Nasenscheidewand wie eine Säule, in ihrem unteren Ende schmal, wie eine Leiste, gelblich, blass; nach Oben, wo sie breiter wird, roth wie die Mundschleimhaut. Die Choanen scharf begrenzt, unten jederseits ein unvollständiges Bild der unteren Muschel, darüber die mittlere als ein rundlicher Kolben nach Innen und Unten gerichtet, von der vorigen theilweise bedeckt, endlich die obere Muschel hell beleuchtet als schmale kurze Leiste. Zwischen der Muschel und der Scheidewand der freie Raum der Nasenhöhle: zwischen der mittleren und unteren Muschel, gegen den äusseren Rand der Choane, der mittlere Nasengang als Schatten, oberhalb der mittleren Muschel der obere Nasengang. Zugleich sieht man, dass eigentlich fast immer Uber der oberen Muschel noch ein vierter Nasengang besteht. Wenn der Spiegel hoch und senkrecht eingesetzt wurde, oder einzelne Theile ahhängig sind, kann man, besonders an der mittleren Nasenmuschel fort, weiter in die Tiefe der Nasenhöhle sehen. So dringt der Blick zuweilen bis zum Schleimhauttlberzug der Nasenbeine und der Siebbeinplatte." Das untere Ende der Choanen bleibt gewöhnlich unsichtbar, weil es von dem Buckel, den der obere Rand des Velum bildet, verdeckt wird. Da das Licht von U n t e n u n d H i n t e n (nicht direct von Hinten) einfällt, so bleibt ausserdem auch der Boden der Nasenhöhle unbeleuchtet und unsichtbar. Der obere Rand des Velum erscheint in der Mitte etwas nach Unten ausgeschweift, und setzt sich, seitlich allinälig ansteigend, Uber den äusseren Rand der Choanen hinaus in Form einer Leiste fort, welche sich, plötzlich nach Innen und Oben umbiegend, der MUndung der Tuba anschliesst und sich dann in einen Wulst verlängert, welcher die Grenze zwischen der Tubenmündung und der R o s e n m U l l e r ' s c h e n Grube bildet. Die TubenmUndung unterscheidet sich von der R o s e n m U l l e r ' s c h e n Grube nicht blos durch ihre Lage, weit Unten, zunächst am oberen Rande des Velum, sondern auch durch eine auffallend g e l b l i c h e F ä r b u n g d e r S c h l e i m h a u t , welche, von der MUndung aus sich verbreitend, fast bis an den äusseren Rand der Choane reicht. Sehr erleichtert wird die Besichtigung dieser dunklen Region

Pharyngoscopie.

413

durch vorheriges E i n f u h r e n e i n e s g l ä n z e n d p o l i r t e n s i l b e r n e n O h r k a t h e t e r s in den unteren Nasengang, indem derselbe theils die Helligkeit durch Reflexion der Lichtstrahlen vermehrt, theils dem Auge zur Orientirung dient ( V o l t o l i n i ) . Geht man nun mit einem kleinen Spiegel neben der Uvula auf der Seite, wo der Katheterschnabel liegt, hinein, so kann man sich Uber Lage und Beschaffenheit der TubenmUndung (welche als der praktisch wichtigste Theil dieser Region anzusehen ist) orientiren und umgekehrt das Einfuhren des Katheters in die TubenuiUndung erleichtern resp. sich von der gelungenen Ausführung des Cathcterismus tubae durch den Augenschein Uberzeugen. Hierbei ist aber eine hinreichende Uebung b e i d e r Hände in der Einführung des Spiegels durchaus nothwendig, weshalb wir es dem Anlanger nicht genug an's Herz legen können, häufig mit den Händen zu wechseln, um auch der linken die für operative Eingriffe unumgängliche Gewandtheit zu verschaffen. Bei der unleugbaren Schwierigkeit dieser Untcrsuchungs-Methode, welche die Aerzle von ernstlicher Beschäftigung mit derselben abschreckt, und bei der in Folge dessen geringen Zahl von Beobachtern, haben die Resultate der Pharyngo-Rhinoscopie für die Pathologie und Therapie bisher nicht annähernd die Reichhaltigkeit und praktische Bedeutung aufzuweisen, welche wir bei der Laryngoscopie finden werden. Trotzdem leuchtet die Wichtigkeit der Unlersuchungs-Methode filr die Diagnose und Behandlung der in diesen Regionen vorkommenden Krankheitsprocesse schon aus diesen wenigen Beobachtungen deutlich hervor. Hauptobjecte derselben sind: GcschwUrsbildung im Cavum pharyngo-nasale (Syphilis, Lupus), Neubildungen ebendaselbst und in der Nasenhöhle (Polypen), Affectionen an den MUndungen der Eustachi'schcn Trompeten, eingekeilte Fremdkörper u. s. w. Abbildungen der Stellung bei der Untersuchung sowie der Spiegelbilder am Gesunden

finden

sich bei C z e r m a k

(Der Kehlkopfspiegel,

II. AuO.), bei M e r k e l

(Die

Functionen des S c h l u n d - u n d Kehlkopfs. Leipzig, 1 8 6 2 ) , bei V o l t o l i n i ( I . e . Taf. I I ) , bei W a g n e r (I. c.) und

endlich die b e s t e n , in ebrotno-lithographischem D r u c k , bei

S e m e l e d e r (Die Rhinoscopie.

Leipzig, 1 8 6 2 , mit 2 Tafeln).

normalen Befunden auch einige pathologische Veränderungen

Der Letztere hat ausser (Tubenkatarrh,

und Nasenpolypen, syphilitische Geschwüre und Scbleimhautwucherungen) Spiegelbilde dargestellt.

Itachen-

nach

dem

Krankheiten des Scblunükopfes.

414

Zweites Capltel. Verletzungen des Schlundkopfes. 1.

Wunden

des Schlundkopfes werden

entweder in der Rich-

tung von Aussen nach Innen mit gleichzeitiger Verletzung der äusseren Weichtheile, oder aber von Innen nach Aussen, d. h. von der Mundhöhle aus beigebracht. Beiderlei Arten von W u n d e n werden verhältnissmässig häufig bei Selbstmordversuchen des Pharynx

Die

Verletzung

an sich ist hierbei nicht das Gefährlichste.

beobachtet.

Vielmehr

kommt die Verletzung der grossen Gefässe u n d , durch

die Mundhöhle

beigebrachten

namentlich

W u n d e n , auch

bei den

noch

die

Ver-

letzung des Gehirns und des Rückenmarkes wesentlich in Betracht. S c h u s s w u n d e n , welche durch eine in der Mundhöhle abgefeuerte Pistole zu Stande kommen, veranlassen, abgesehen von der W i r k u n g der Kugel, durch die gewaltige Gasentwicklung bei der Explosion des Pulvers mannigfaltige Nebenverletzungen, namentlich Zerreissungen der Lippen, des

Gaumensegels

und

Fracturen

des

Unterkiefers.

Solche

Neben-

verletzungen sind desto wahrscheinlicher, j e vollständiger der Verletzte im Augenblick des AbdrUckens den Mund geschlossen hielt.

In der

Regel ist die Mund- und Schlundhöhle von dem im Lauf unvollständig verbrannten

Pulver

Brandschorfen zerspalten,

geschwärzt,

Uberzogen;

an vielen Stellen

die Lippen sind

oft bis weit in die W a n g e n

Gaumensegel Der grossen

gleichfalls

zerrissen,

Mannigfaltigkeit

mit schwärzlichen

mehrfach

hinein,

zerrissen

die Zunge

das Gaumengewölbe

der in einem solchen

und

und das

durchbohrt.

Falle

möglichen

Verletzungen entsprechend, findet man auch eine grosse Verschiedenheit der primären und consecutiven Zufälle, welche auf die Verletzung folgen.

Bald

dringt

die

Kugel

durch

die Schädelbasis

Gehirn oder in die Medulla oblongata e i n , und

tief in

der Tod

das

erfolgt auf

der Stelle; bald durchbohrt sie die Halswirbel und tödtet durch Zerreissung

des Rückenmarks.

seitlicher A b w e i c h u n g die die Art. vertebralis, werden,

In anderen Fällen zerschmettert sie bei Querfortsätze der Halswirbel und zerreist

wodurch

meist

oder sie bleibt, wenn

tödtliche

Blutungen

veranlasst

sie mit geringer Kraft eindringt,

in

dem spongiösen Gewebe eines Halswirbels stecken.

Bei mehr verticaler

Richtung

des Laufs verletzt die Kugel

blos die

knochen

und lässt den Pharynx

und

zuweilen

den Schädel ganz

Gesichtsunberührt;

der Schusscanal geht dann durch den knöchernen Gaumen und durchdringt mit mehr oder weniger Splitterung den Oberkiefer, den Vomer, die Muscheln,

die Nasenbeine u. s. f.

Die K u g e l bleibt

in

solchen

Verletzungen.

415

Fällen entweder mitten in den zerschmetterten Knochen, namentlich in einem Sinus frontalis stecken, oder sie setzt ihren Weg durch die Weichtheile des Gesichts fort und bedingt hier schreckliche Verstümmelungen. Ausser der Art. vertebralis können von der Kugel auch die Carotis interna, die Lingualis, die Maxillaris interna zerrissen werden. Die Verletzung dieser Gefasse führt zu schnell tödtlicher Blutung, wenn nicht alsbald Hülfe geschafft wild. In der Regel muss man sofort die Cardtis communis unterbinden; denn gewöhnlich ist es unmöglich, die Quelle der Blutung genau zu bestimmen, und man könnte leicht in die Lage kommen, eine ganz unnütze Operation zu machen, wenn man die Ligatur an einer anderen Stelle versuchen wollte. Meist bleibt kaum soviel Zeit, um durch Unterbindung der Carotis communis dem Verblulungstode vorzubeugen. Durch den Widerstand der die Mund- und Schlundhöhle umgrenzenden Knochen erleidet die Kugel oft höchst merkwürdige Ablenkungen. Es sind Fälle bekannt, in denen die Kugel nn der Basis cranii zurückprallte, in den Schlundkopf fiel, verschluckt Wurde und mit dem Stuhlgang abging. Ein solcher Fall wurde in einem mir bekannten Lazareth vor vielen Jahren beobachtet. D u p u y t r e n fand eine Kugel, die, durch zwei fracturirte Zähne abgelenkt, gar nicht weiter in die Mundhöhle eingedrungen, sondern, ain Jochfortsatz zum zweiten Mal abgleitend, in die Schläfengrube gelangt war. Wenn die Kugel weder in die Schädelhöhle noch in die Wirbelsäule eingedrungen ist, auch ein grösseres Gefäss nicht verletzt hat, so heilen diese Wunden verhältnissmässig leicht, aber mit Zurücklassung meist beträchtlicher Diflormiläten. Die Wundentzündung pflegt schon vom 5. oder 6. Tage an abzunehmen. In Betreff der B e h a n d l u n g wurde der Unterbindung der Carotis bereits gedacht. Zur Stillung der Blutung aus dem durchbohrten Gaumengewölbe kann man sich der Tamponade der Nasenhöhle bedienen, indem man ein Bourdonnet in das von der Kugel gemachte Loch selbst einzieht. Im Uebrigen muss die Behandlung wesentlich antiseptisch sein und auf Vermeidung von Difformitäten Bedacht nehmen. Zu diesem Behuf kann es erforderlich werden, schon in den ersten Tagen Anfrischungen und plastische Operationen vorzunehmen. Vgl. pag. 388. Bei heftiger Entzündung ist das Verschlingen selbst flüssiger Nahrungsmittel unmöglich. Alsdann muss man den Kranken mittelst der Schlundsonde ernähren. Bei V e r l e t z u n g e n d e s P h a r y n x v o n A u s s e n finden sich, abgesehen von den in der Regel bestehenden Verletzungen grosser Gefäss- und Nervenstämme, stets Schlingbeschwerden, häufig auch

416

Krankheilen des Schlundknpfes.

Husten und Erbrechen, welche vielleicht auf Rechnung einer Verletzung oder Quetschung des Vagus zu setzen sind. Die verschluckten sowohl als auch die erbrochenen Substanzen und die Luft dringen durch die äussere Wunde hervor. Der Kranke muss ausschliesslich mittelst der Schlundsondc ernährt werden. Hat die Wunde eine für prima interitio geeignete Beschaffenheit (wie dies bei den meisten hierher gehörigen Selbstmordversuchen, welche mit schneidenden Instrumenten gemacht werden, der Fall ist), so legt man sofort Nähte an und lässt den Kopf vornüber gebeugt halten, um die Wundränder einander zu nähern, da solche Wunden fast immer an der vorderen Seite des Halses sich befinden. II. F r e m d e K ö r p e r gerathen in den Schlundkopf fast ausschliesslich mit den genossenen Speisen Gewöhnlich sind es Knochenstücke, Fischgräten u. dgl. Grössere Gegenstände, wie Löffel, Gabeln, Münzen u. dgl. werden selten und meist in Folge einer entweder im Wahnsinn oder in kindischer Spielerei stattgehabten absichtlichen Einbringung angetroffen. Jedoch bleiben fremde Körper im Pharynx Uberhaupt nur dann stecken, wenn sie entweder sehr voluminös') oder so spitzig sind, dass sie sich in die Pharynxwände einbohren und darin festsitzen. Andere fremde Körper werden durch die Zusammenziehungen des Pharynx entweder sofort in den Oesophagus getrieben oder in die Mundhöhle zurückbefördert. Die Erscheinungen, welche ein fremder Körper im Pharynx hervorruft, stimmen wesentlich mit denjenigen Uberein, welche durch Anschwellung der Mandeln herbeigeführt werden (vgl. pag. 392 u. f.): vor Allem Behinderung und Schmerz beim Schlingen. Wenn der fremde Körper sehr gross ist und namentlich den unteren Theil des Pharynx ausfüllt, so ist Erstickung zu fürchten. Alsdann kann, wenn die Entfernung mit den Fingern oder mit einer Kornzange bei tief niedergedrückter Zunge nicht sofort gelingt, die Bronchotomie erforderlich werden (s. Kehlkopf). Ist der fremde Körper spitzig und bohrt sich in die Wandungen des Schlundes tief ein, so kann er zur Abscess-, bildung fuhren oder, wenn er glatt und dünn ist, wie eine Nähnadel, auch weiter „ w a n d e r n " . Vgl. Abth. XIV. Cap. II. Fremde Körper der Art sind fast immer leicht zu entdecken und meist auch ebenso leicht mit der Kornzange zu fassen und zu entfernen. Die Entfernung ist so früh als möglich vorzunehmen. ') B a r d fand bei einem Wahnsinnigen

als Ursache des Erstickungstodes

oberen Theile des Pharynx steckenden,

einen

im

durch Schleim und Speichel stark auf-

gequollenen Schwamm. — In einem mir bekannten, forensisch untersuchten Falle halte ein grosses Stück zälien Kalbfleisches dieselbe Wirkung.

417

Entzündung

Drittes Capltel. Entzündung, Eiterung und Verschwärung. Die Entzündung des P h a r y n x Angi-na ( A n g i n a

pharyngea,

wird

als eine besondere Art von

s. g u t t u r a l i s )

beschrieben.

Sie

kann auf denselben V e r a n l a s s u n g e n , wie andere Anginen, b e r u h e n ; häufig aber

verdankt sie ihre Entstehung

siedendes Getränk, Säuren

oder Alkalien.

in der Regel Substanz

einer V e r b r e n n u n g durch

noch häufiger einer Anätzung durch

concentrirte

Werden letztere zufällig eingeführt, so bleibt

der untere Theil des P h a r y n x f r e i , indem die ätzende

durch

Schlundmuskeln

willkürliche sofort

und

wieder

unwillkürliche

Bewegungen

der

und

ge-

herausgeschleudert

hierbei

wöhnlich zugleich durch die Choanen in die Nasenhöhle eingetrieben wird.

W u r d e bei dem Genuss dieser ätzenden Substanzen Selbstmord

beabsichtigt, so gelangen sie in der Regel tiefer hinab. auch unabsichtlich

Jedoch können

verschluckte Aetzmiltel ihre W i r k u n g

bis in den

Magen hinab erstrecken. Wenn

die Entzündung

im o b e r e n T h e i l e

des Pharynx ihren

Sitz h a t , so ist das Schlingen mehr schmerzhaft, als s c h w i e r i g ;

die

Schleimhaut kann während des ganzen Verlaufs der Krankheit trocken bleiben und A u s w u r f daher gänzlich f e h l e n ; der durch j e d e Schlingbewegung

vermehrte

Schmerz

hat

seinen Sitz

hoch

oberhalb

des

Schildknorpels; der K l a n g der Stimme ist gewöhnlich verändert, oft besieht auch Husten, wobei der Auswurf wegen der Trockenheit Schleimhaut schwierig erfolgt;

dir

zuweilen sieht man hellgrau gefärbte

Fetzen von Schleim (irriger Weise manchmal für syphilitische Geschwürc gehalten)

auf

der Schleimhaut des Schlundes.

Bei Entzündung des

u n t e r e n T h e i l s des Pharynx bestehen immer Schmerz und Schlingbeschwerden

zugleich;

der Schmerz

wird in der Höhe des Schild-

knorpels empfunden; beim Versuch zu schlingen wird der Speiseballen in der Höhe des L a r y n x festgehalten. Die Unterscheidung einer Pharyngitis von einer Oesophagitis ist nicht schwierig.

Bei letzterer hat der Schmerz seinen Sitz zwischen

dem Ringknorpel

und dem neunten Rückenwirbel;

pfindet

der Kranke em-

eine bedeutendere Ilitze in der Tiefe des Halses und klagt

über eine Empfindung

von B r a n d ,

wenn

er zu schlingen v e r s u c h t ;

die verschluckten Speisen werden in der Regel, mit vielem Schleim gemischt, wieder herausgewttrgt, während sie bei der Pharyngitis, sofern überhaupt Schlingbeschwerden bestehen, s o f o r t wieder herausB a r d o l e b e n , Chirurgie.

7. Ann.

III.

27

418

Krankheiten des Schlundkopfes.

geschleudert werden. Husten oder Veränderungen der Stimme kommen bei einer auf den Oesophagns beschränkten Entzündung niemals v o r ' ) . Ueber c r o u p ö a e P h a r y n g i t i s vgl. » C r o u p " in der folg. Abtli., C.ip. III.

A b s c e s s e des Pharynx sind m e i s t R e t r o p h a r y n g e a l - A b s c e s s e , d. h. sie nehmen ihren Ursprung im Umfange des Schlundes, am Häufigsten hinter demselben. Iiier entspringen sie zuweilen aus einer Phlegmone in der unmittelbaren Nachbarschaft des Pharynx, häufiger aus Entzündung und Verschwärung der nahe gelegenen Knochen, namentlich der oberen Halswirbel, des Os basilare, des Schläfenbeins. Solche, schliesslich im Pharynx zum Vorschein kommende C o n g e s t i o n s - A b s c e s s e haben eine ganz andere und viel üblere Bedeutung als diejenigen, welche in Folge von Verbrennungen, Aetzungen, fremden Körpern u. dergl. in d e n W a n d u n g e n d e s S c h l u n d k o p f e s s e l b s t entstanden sind. Jedoch ist auch bei diesen die Prognose mit Vorsicht zu stellen. Am Schlechtesten sind die Aussichten für die Erhaltung des Kranken, wenn der Ausgangspunkt der Eiterung in den Wirbeln oder an der Schädelbasis liegt 2 ). Die D i a g n o s e eines Pharynxabscesses selbst macht (sofern der Patient den Mund öffnet) keine Schwierigkeiten, da die bestehenden Beschwerden alsbald die Aufmerksamkeit auf den Sitz des Uebels hinlenken, und der zufühlende Finger den Abscess an der Fluctuation leicht erkennt. Sellen erreicht derselbe eine bedeutende Grösse. Der Aufbruch erfolgt gewöhnlich im Schlundkopfselbst, selten nach Aussen mit Durchbohrung der Haut. Man hat aber, theils wegen der Gefahren einer weiteren Senkung des Eiters, theils wegen der Möglichkeit des Einströmens in den Kehlkopf, den s p o n t a n e n A u f b r u c h n i e m a l s a b z u w a r t e n , sondern, sobald man den Abscess erkanut h a t , denselben zu öffnen und zu entleeren, wobei man das für die Abscesse der Mandeln vorgeschriebene Verfahren beachten muss. Einen besonders grossen Pharynx-Abscess beobachtete P r i o u de mii.

1836).

Anschwellung des Halses mit grosser Athemnoth. Finger liess Fluctuation erkennen. Bewegungen der Zunge vereitelt. zweckmässigen Nase etwa

in Nantes (Acail.

Ein 36jshriger Mann bekam, nachdem er ein Erysipelas gehabt hatte, Der tief in den Pharynx eingeführte

Ein Einstieb mit der Lanzette [!] wurde durch die Am anderen Tage gelang die Eröffnung mit

Instrumente ( l ' h a r y n g o t o m ) ,

' / , Schoppen guten Eiters.

und

es entleerte sich durch

Tags darauf wurde durch eine nene Punction

abermals viel Eiter, der aber dies Mal missfarbig und übelriechend war, entleert. ' ) Vgl. über diese diagnostischen Verhältnisse V i d a l , verses especes d'angines. —

einem

Hund und Die

Diagnostic diOerentiel des di-

V a l l e i x , Guide du me'decin praticien, 2. ¿d.

Paris

1 8 5 0 . T. I. pag. 9 4 u. ff. *) In letzterer Beziehung wird

die Diagnose bei den K r a n k h e i t e n

» ä u l e erläutert werden (vgl. Bd. IV.).

der

VVirbel-

41»

Neubildungen. Punction

wurde

noch

drei

Hai

niederholt

und

am

25.

Tage

war

die

Heilung

vollendet. Eine ausführliche Abhandlung

über die Abscesse des Pharynx von

findet sieb im J o u r n . des connaissances m l d i c a l e s , „Abscesse

der

vorderen

Wand

des

Octobre 1 8 4 5 .

Pharynx"

auch die

Rodrigues

Daselbst sind als Eiteransammlungen

zwischen dem Kehlkopf und der Schleimhaut des Schlundes aufgeführt.

V e r s c h w ö r u n g e n scheinen nach den zahlreichen pharyngo- und rhinoscopischen Beobachtungen von T U r c k , C z e r m a k , S e m e l e d e r und G e r h a r d t im Pharynx weit häufiger zu sein, als man bisher angenommen hat. Vorzugsweise sind es s y p h i l i t i s c h e G e s c h w ü r e , welche sowohl im unteren Theile des Pharynx, als im Cavum pharyngonasale und in der Nasenhöhle selbst Zerstörungen der Schleimhaut, sowie der Knochen und Knorpel anrichten. Die genannten Autoren fanden solche Ulcerationen sowohl an der hinteren Pharynxwand, als an der hinteren Fläche des Velum, am Septum narium und oberhalb der Choanun, an den Muscheln und in der Umgebung der Tubenmtlndungen. In allen Fallen von Syphilis fanden sich neben frischen Geschwüren Wucherungen und narbige Einziehungen. Der Erfolg der antisyphilitischcn Behandlung liess sich in der Mehrzahl der Fälle sehr gut mit dem Rachenspiegel beobachten.

Vierte* Capitel.

Neubildungen im Pharynx. Die Mehrzahl der im Schlundkopf auftretenden Pseudoplasmen wird unter dem Namen der P h a r y n x p o l y p e n zusammengefasst. Im engeren Sinne sollte man hierunter nur gestielte Geschwülste verstehen; -solche kommen aber verhältnissmässig selten im Pharynx vor, wenn sie nicht (als Nasenrachenpolypen) in der Nasenhöhle oder doch am Rande der Choanen wurzeln und von da aus in die Höhle des Schlundkopfes hinabhängen (vgl. pag. 220 u. f.). Der Sprachgebrauch hat aber von Alters her die Benennung S c b l u n d p o l y p oder R a c h e n p o l y p für alle diejenigen Geschwülste des Pharynx sanetionirt, die eine erhebliche Grösse erreicht haben und nicht von Anfang an als Krebse erkannt wurden. Somit sind es namentlich die ziemlich häufigen Fibrome und Sarcome des Schlundes, welche unter diesem Namen bei älteren Autoren beschrieben werden, — bald gestielte, bald breit aufsitzende Gewächse, zuweilen mit mehreren Wurzeln, so zwar, dass sie nicht blos an verschiedenen Stellen und in verschiedenen Schichten des Pharynx (selbst an den umgrenzenden Knochen), sondern ausserdem auch hoch in der Nasen27*

420

Krankheiten de* Schlundkopfes.

höhle, oder gar im Antruni Highmori festgeheftet sein können. Sofern die Mehrzahl dieser Geschwülste unter (hinter) der Schleimhaut des Pharynx, meist sogar nicht blos im submucösen Gewebe, sondern aus tieferen Schichten, besonders vom Periost der benachbarten Knochen (namentlich Wirbel und Schädelbasis) entspringt, bezeichnet W . B u s c h ') dieselben als R e t r o p b a r y n g e a l - G e s c h w ü l s t e . Die Sonderung der ausserhalb des Pharynx entstandenen und in ihn hinein gewachsenen Geschwülste von den innerhalb desselben entstandenen ist auch gewiss von mindestens ebenso grosser Bedeutung, wie die Unterscheidung der gestielten und der breit aufsitzenden Pseudoplasmen, — aber in praxi oft schwierig. Wenn der sogenannte Polyp sich i m o b e r e n T h e i l e des Pharynx befindet, so sind die Beschwerden, welche durch ihn erregt werden, dieselben, mag er in der Rachenhöhle selbst wurzeln oder aus der Nasenhöhle sich in den Schlundkopf hinabgesenkt haben. Wir finden also 1) Veränderung der Stimme, 2) Erschwerung der Respiration, die g r ö s s t e n t e i l s mit ofi'enem Munde geschehen muss, 3) Behinderung des Schlingens, welche entweder davon abhängt, dass die Geschwulst auf das Gaumensegel drückt und somit den Durchtritt der Speisen durch den Isthmus faucium erschwert, oder dadurch, dass die Grösse der Geschwulst den Pharynx hindert, den Speiseballen gehörig zu umfassen, wodurch dann zugleich (wegen der Unmöglichkeit, den Nasenschlund vom Mundschlünde abzusperren) das Zurücktreten, namentlich flüssiger Substanzen in die Nasenhöhle veranlasst wird. Die Untersuchung bei weit geöffnetem Munde lässt eine Verdrängung des Gaumensegels nach Vorn und Unten erkennen. Der Rachenspiegel zeigt Grösse, Beschaffenheit und Sitz des Polypen; der eingeführte Finger kann die Geschwulst hinter dem Gaumensegel fühlen und muss auch sofort bemüht sein, ihre Wurzel, d. h. ihre Anheftungsstelle, genau zu erkennen, um dem Patienten die Qual einer öfteren Untersuchung zu ersparen. Hat die Geschwulst in der Nähe des Orificium pbaryngeum tubae ihren Ursprung oder cotnprimirt sie dasselbe, so entsteht Ohrensausen und Schwerhörigkeit auf dieser Seite. Ist die Geschwulst sehr gross und ragt mithin weit hinab, so erreichen die Athembescbwerden eine gefährliche Höhe, zumal wenn sie endlich gar den Eingang zum Kehlkopf versperrt. Uebcrdies quälen Brechneigung und häufiges Erbrechen den Kranken. Die Zunge wird nach Vorn verdrängt, bis zum ilervorhängen aus dem Munde, und das Verschlingen selbst flüssiger Nahrungsmittel wird endlich ganz unmöglich.

•) Annalen der Berliner Charit«!, 1 8 5 7 .

Bd. VIII. pag. 8 9 u. flgd.

Neubildungen.

421

Hat die Geschwulst dagegen ihren Ursprung im u n t e r e n T h e i l e dea Pharynx, so kann sie mit Sicherheit nur mittelst des Spiegels erkannt werden, welcher ihren Sitz und Ausgangspunkt sowie ihre Grösse und sonstige Beschaffenheit ergiebt. Ohne Spiegel kann die Geschwulst nur gesehen werden, wenn sie durch angestrengtes Husten, Würgen und Erbrechen in die Mundhöhle hinaufgedrängt oder geschleudert ist. Vorzugsweise stark sind die Schling- und Athembeschwerden bei tiefem- Sitze der Geschwulst. Die Störungen des Allgemeinbefindens sind alsbald bedeutend. Hungertod und Erstickungsgefahr bedrohen den Kranken. Heilung ohne Zuthun der Kunst ist höchst selten und nur dadurch möglich, dass bei heftigem Erbrechen oder Würgen der Stiel des Polypen abreisst ( V i m o n t ) . Noch viel ungünstiger gestalten sich die Verhältnisse, wenn die Geschwulst k r e b s i g e r N a t u r ist. Der Epithclialkrebs tritt am Häufigsten in Gestalt blumenkohlartiger Auswüchse auf, andere Krebsarten, sowie auch S a r c o m e bilden oft grosse unregclmässige Geschwülste; alle diese haben grosse Neigung zu Blutungen und frühzeitiger Verjauchung. Heftige Schmerzen und Anschwellung der benachbarten Lymphdrüsen dürfen als charakteristische Symptome für eine carcinomalöse Geschwulst hier wie Uberall angesehen werden. Jedoch wird ohne Hülfe des Mikroskops die Diagnose ofl lange Zeit schwanken können. Nicht blos mit Fibromen, sondern auch mit s y p h i l i t i s c h e n Verhärtungen, Narbenbildungcn auf der hinteren Wand des Pharynx, sind Verwechselungen vorgekommen. Letztere erscheinen übrigens in der Regel glatt, hart und glänzend und können durch Anschwellung der Nachbarlheile zu gefahrdrohenden Symptomen Veranlassung geben; Jodkalium fllhrt meist in kurzer Zeit Besserung derselben herbei. Für die Belianillnug der sogenannten Pharynxpolypen hat man vergeblich die verschiedenartigsten inneren Mittel in Gebrauch gezogen. Zum Behuf der o p e r a t i v e n E n t f e r n u n g sind alle die schon bei den Nasenpolypen aufgeführten Methoden zur Anwendung gekommen; jedoch bieten alle wegen der grösseren Schwierigkeit der Localität weniger sichere Aussichten auf Erfolg dar. Dies gilt namentlich für die mit b r e i t e r B a s i s a u f s i t z e n d e n G e s c h w ü l s t e . Diese lassen sich vom Munde oder von der Nase aus (vgl. pag. 229) nur höchst selten mit dem Messer oder der Scheere abtragen; schon die Resection eines Stücks bietet grosse Schwierigkeiten dar und zieht in der Regel grosse Blutungen nach sich. Sogar die Verletzung der benachbarten Carotis wäre möglich; man hat sie in einzelnen Fällen aus Fürsorge unterbunden. Das Ausrcisscn solcher Geschwülste wäre noch unvor-

422

Kraokbeiten des Scbluodkopfe».

sichtiger wegen der voraussichtlich stattfindenden Nebenverletzungen, die, je nach der Insertion der Geschwulst, bald die Wand des Pharynx, bald den Kehlkopf, bald das Periost der Wirbelkörper oder der Schädelbasis, oder endlich letztere selbst gefährden würden. Die Zerstörung mit Aetzmitteln ist verwerflich, weil man die Einwirkung derselben in einer so grossen Tiefe selbst unter Oeihillfe des Schlundspiegels nicht auf den Sitz der Geschwulst genau beschränken kann. Das Glilheisen lässt sich ohne gleichzeitige Verbrennung der Mund- oder Nasenhöhle gar nicht und auch, wenn man diese unbeachtet lassen wollte, doch nicht in wirklich glühendem Zustande anwenden. Dagegen gelingt die Abtragung oder Zerstörung sicherer- durch die Galvanokaustik mit Hülfe des Spiegelbildes, welches die operirende Hand leitet. K u p p e l oder P o r c e l l a n - B r e n n e r werden anzuwenden sein, wenn sich eine Schlinge um die Basis der Geschwulst nicht anlegen lässt. Gelingt Letzteres, so ist die S c h n e i d e s c h l i n g e vorzuziehen. — Die pharyngoscopische Untersuchung ist von wesentlichem Nutzen, um den Erfolg der Operation zu constatiren ')• Wo der galvanokaustische Apparat nicht zu Gebote stand, hat man halb mit schneidenden, halb mit stumpfen Instrumenten, namentlich den Fingern, das Gewächs zu beseitigen oder zu zerstören gesucht Um die Exstirpation grosser, breit aufsitzender, namentlich an der Basis cranii oder an den Wirbelkörpern inserirender Geschwülste möglich zu mächen (welchen man auch mit galvanokauslischen Instrumenten nicht hinreichend beikommen kann), hat man nicht blos das Gaumensegel gespalten ( D i e f f e n b a c h ) oder einen Theil des knöchernen Gaumens abgesprengt ( N é l a t o n ) , sondern auch einen gesunden Oberkiefer ganz exstirpirt ( F l a u b e r t , R o b e r t , M i c h a u x ) . Die erstgedachten Voroperationen sind nicht besonders gefährlich, jedoch auch nicht immer ausreichend; die totale Resection eines Oberkiefers aber als das Vorspiel einer an sich gefährlichen und in ihren Erfolgen nicht einmal ganz zuverlässigen Operation ausführen zu wollen, muss mindestens bedenklich erscheinen. L a n g e n b e c k ' s „osteoplastische Resection des Oberkiefers" hilft uns Uber diese Bedenklicbkeiten hinweg. Vgl. pag. 311 u. f. Geringere Schwierigkeiten bietet die Behandlung iler g e s t i e l t e n Pbarynxgeschwülste (der eigentlichen P o l y p e n ) . Diese kann man, wenn sie nicht allzuhoch oder allzutief inseriren, mit einem, bald durch die Nasenhöhle, bald durch die Mundhöhle einzuführenden Pott'schen Messer, an welchem man die Schneide zum grösseren ' ) Vgl. S e m e l e d e r , I. c. pag. 4 8 u. flgd.

Neubildungen.

423

Theile mit Heftpflaster umwickelt oder stumpf gemacht hat, durch sägefdrmige Züge abtragen, indem man das Messer durch den in den Pharynx eingeführten Finger der linken Hand leitet und die Geschwulst mittelst einer Hakenzange von einem Gehtllfen hervorziehen lässt. Um der zuweilen heftigen Blutung vorzubeugen, hat man die fllr die Nasenrachenpolypen bereits beschriebene Combination des Abbindens mit dem Abschneiden auch hier angewandt. Aber die Ligatur ist meist viel schwieriger und oft gar nicht anzubringen, namentlich, wenn der Polyp an der Schädelbasis oder an der hinteren Wand des Pharynx inserirt. Das Abschneiden nach der Unterbindung ist oft noch schwieriger und kann die eben angelegte Ligatur gefährden. Den günstigsten Erfolg gewährt, w e n n e i n e L i g a t u r s i c h U b e r h a u p t a n l e g e n l ä s s t , die g a l v a n o k a u s t i s c h e S c h n e i d e s c h l i n g e , deren Anlegung allerdings dieselbe Gewandtheit erfordert, wie die jeder anderen Ligatur (vgl. Bd. 1. pag. 104 f.). Die B e h a n d l u n g d e s P h a r y n x k r e b s e s ist in operativer Beziehung von derjenigen anderen breit gestielter Geschwülste nicht verschieden, aber Operationen sind bei diesem Uebel überhaupt nur seilen zulässig, wegen der schnell stattfindenden localcn Verbreitung und der eben so schnell fortschreitenden allgemeinen Infection, welche wahrscheinlich durch die fortdauernd auf geradem Wege in den Magen gelangende Jauche wesentlich vermittelt oder doch gesteigert wird. Ist eine Operation unzulässig, so muss man bei allen Pharynxgeschwülsten den Hungertod durch die Ernährung mittelst der Schlundsonde, — die Erstickung durch künstliche Eröffnung der Luftwege (Laryngotomie) zu verhindern suchen. Wo die Ernährung mittelst der Schlundsonde unmöglich ist, versucht man die Ernährung der Kranken vom Mastdarm aus, am Besten in der von L e u b e 1 ) angegebenen Weise. — Zur Stillung der oft auftretenden Blutungen wählt man die kräftigsten Styptica, welche, bald als Einspritzungen, bald als Mundwässer angewandt, doch häufig unzureichend sind und der Wiederkehr der Blutung niemals mit Sicherheit vorbeugen. •) Centralbl. f. d. med. Wissenscb. 1 8 7 2 , pag. 1 2 6 , 4 6 5 , 4 ? 3 . — Die zu diesem Behuf anzuwendenden breiigen » b l e i b e n d e n

K l y s t i e r e * werden aus fein gehacktem

Fleisch und Pankreas mit lauwarmem Wasser bereitet und immer n u r in kleinen Mengen (etwa 3 0 0 — 4 0 0 Gramm p. dosi) mit einem Clysopompe möglichst hoch in den Dickdarm eingetrieben.

Zwölfte Abtlieilung. Krankheiten des Halses im Allgemeinen1). Topographischer

Ueberblick.

Der Hals enthält, als Verbindungsglied zwichen Kopf und Brust, alle die nichtigen Organe, welche vom Kopf zum Thorax und Z U I D Unterleibe hinabsteigen. Es sind dies vorzugsweise Hohlorgane, Canäle, in denen die für die Erhaltung des Lebens erforderlichen Flüssigkeiten sich bewegen, namentlich der Kehlkopf, die Luftröhre, die Speiseröhre in der Mittellinie und nach Vorn, die grossen GefSsse und Nerven zu den Seiten, der Wirbelcanal mit dem in ihm enthaltenen Rückenmarke nach Hinten. Alle diese Organe sind auf einem engen Raum zusammengedrängt. Daher die grosse Gefahr tiefer Wunden und grosser Geschwülste am Halse. 1. V o r d e r e oder m i t t l e r e R e g i o n . Der Kehlkopf und die Schilddrüse bilden in der Mitte des Halses einen deutlichen Vorsprung, unter welchem sich, dicht über dem Sternum, die Fossa jugularis befindet. Die Schichten dieser Gegend sind in nachstehender Reihenfolge übereinander gelagert, a ) Die H a u t düno, schlaff, folgt den Bewegungen des Platysma myoides, mit welchem sie innig verbunden ist. Man mass dies bei Incisionen berücksichtigen, weil man leicht durch Spannung das Verhältnis der Haut zu den tiefer liegenden Theilen ändert, und somit an einer andern als der beabsichtigten Stelle in die Tiefe dringt. 6) Das Fettgewebe unter der Haut ist- oft von beträchtlicher Dicke, c) Die Fascia superficialis ist sehr dünn und zerfallt, von der Mittellinie ab, nach beiden Seiten bin in zwei Blätter, welche das Platysma myoides zwischen sich fassen. An der äusseren Grenze dieser Region verlaufen die Venae jugulares anteriores, d) Erst unter dem Hautmuskel liegt die eigentliche Halsfascie, welche weiter unten im Zusammenhange beschrieben werden soll, e) In der Mittellinie liegt zunächst unter der Fascia colli die Bursa mueosa thyreoidea, deren Anschwellung zuweilen einen Kropf simutirt; etwas, mehr zur Seite, zwischen dem ersten und zweiten Blatt der Halsfascie die Mm. sternobyoideus und sternothyreoideus nebst dem von der Seite herantretenden Omobyoideus, weiter oben der Thyreobyoideus and der Cricotbyreoideus, demnächst der Larynx nebst der sich an ihn anschliessenden Luftröhre und zu seinen Seiten, zum Theil vor ihm, die Schilddrüse; endlich ganz nach Hinten der Scblundkopf und weiter abwärts die Speiseröhre. ') Die Krankheiten der wichtigsten Organe des Halses, namentlich des K e h l k o p f s , der L u f t r ö h r e , der S p e i s e r ö h r e und der S c h i l d d r ü s e , in besonderen Abtheilungen beschrieben.

werden weiterhin

In Betreff der W i r b e l s ä u l e vgl. Bd. IV.

425

Topographischer Ueberblick. 2.

S e i t e n g e g e n d , Regio carotidea.

Hier liegen die grossen Gefisse, n a m e n t -

lieh Carotis und Vena jugularis i n t e r n a , weiter unten Art. und Ven. subclavia,

deren

Lage, Bd. II. pag. 1 6 1 o. ff. erläutert i s t ; ferner die grossen Nerven des Halses: hinten der Plexus cervicalis und weiter abwärts der Plexus brachialis, weiter nach Vorn, dicht hinter der C a r o t i s , Nerven sind.

liegen in

der Nerv, vagas nnd der Sympatbicus.

ungefähr dreieckten B a u m e n ,

Die grossen Gefässe und

welche durch

Muskelbäuche

begrenzt

Diese gewahren zugleich einigen Schutz gegen Verletzung j e n e r tiefer liegenden

wichtigen Organe.

Zahlreiche Lymphdrüsen sind in dieser Gegend angehäuft.

Sie e r -

strecken sich bis zu einer bedeutenden Tiefe gegen Pharynx und Speiseröhre hin. Die e i g e n t l i c h e

oder t i e f e H a l s f a s c i e ,

welche den beiden vorstehend ge-

schilderten Regionen gleichniSssig angehört, zeigt, nach D i t t e l (.Topographie der Halsf a s c i e n , Wien 1 8 5 7 ) , folgende Anordnung.

Das v o r d e r e (erste) B l a t t derselben ist

zwischen d e r oberen Brust- und vorderen Achsel-Apertur (Manubrium slerni, erste Rippe, Clavicula) einer und dem Unterkiefer und dem Zitzenfortsatz anderer Seits ausgespannt. In d e r mittleren Halsgegend beginnt dasselbe mit einem vorderen Schenkel vorderen Fläche des Manubrium s l e r n i ,

von der

mit einem hinteren Schenkel vom Lig. inler-

claviculare, zwischen welchen in der Fossa steroalis ein kleiner dreieckter Raum übrig bleibt, dessen Basis das Manubrium slerni bildet und dessen seitliche Grenzen von den Sternalportionen der Kopfnicker gebildet werden.

In ihm liegt, ausser Fett, der bogen-

förmige Verbindungsast zwischen den Venae jugul. ant.

In der Regio carotidea

ent-

springt das vordere Blatt gleichfalls d o p p e l t , vom vorderen und hinteren Umfange der Arlic. sternoclavicularis, des Schlüsselbeins;

weiter nach Aussen aber n u r einfach von der oberen Fläche

ganz nach Hinten

endlich geht dasselbe

zwischeo Cucullaris und tiefen Nackenmuskeln über.

in die Fascia

nuchae

Das vordere Blatt der Halsfascie

ist gerade vor d e r Luftröhre am Dicksten, an dem unteren Rande des Unterkiefers, a n dem oberen Rande des Scbildknorpels und an der vorderen Fläche des Zungenbeins ziemlich f e s t , wird dann weiter n a c h Aussen dünner bis zn der S i e l t e , wo der Nerv, subcutan, colli med. q n e r über den, von ihm bedeckten Kopfnicker verlauft, von da an aber weiter

aufwärts »erwächst es m i t der Fascia superficialis.

Vom hinteren Rande

des Kopfnickers zum Cucullaris hinübergespannt, bildet dies Blatt das Dach der Regio supraclavicularis.

Der mittlere Tbeil dieses Daches t r i t t etwas zurück

und

erinnert

namentlich in Bezug auf die hier stattfindende Einsenkung der Vena jugularis externa, an die Fossa ovalis fasciae latae. — Das m i t t l e r e mittleren Region

(zweite) B l a t t

von der hinteren Fläche des M a n u b r i u m ,

beginnt

in der

1 3 Milliin. unterhalb des

Randes und steigt vor den Ven. tbyreoid. inf. bis zum Schildknorpel

empor,

lu der

Regio carotidea entspringt es vom hinteren Umfange des Sternal-Endes des Schlüsselbeins, schmiegt sich, aufsteigend, immer m e h r an die Carotis an (als sog. Gefïlssscbeide, b e s s e r : Gefässdecke) und bSogt nach Oben mit der Fascia buccopharyngea

zusammen.

In der Regio supraclavicularis s t e i g t es vom hinteren Rande des Schlüsselbeins aufwärts und nach Hinten (Dach der Achselapertur). — Das h i n t e r e ( d r i t t e ) B l a t t der Halsfascie liegt in der Mittellinie genau auf der Wirbelsäule, mit deren Periost verschmolzen; weiter nach Aussen

bedeckt es den Long, colli, Rectu9 cap. ant. m a j . und Scalenus

nnd heftet sich schliesslich a n die Querfortsätze der Halswirbel.

An den Stellen, wo

die .Nervenstämme und die Art. subclavia durch dies Blatt hindurchtrelen, setzt es sich als eine Bindegewebsscheide auf dieselben fort. 3.

Hintere Halsgegend, Nacken.

von Hinten a n f a n g e n d ,

finden

Von den oberflächlichsten Schichten, also

wir hier eine d e r b e , nicht aiiBallend bewegliche Haut,

die nach Oben hin in die behaarte Kopfhaut ü b e r g e h t ,

ohne dass eine

bestimmte

426

Krankheiten d e t H a l m im Allgemeinen.

Grenze angegeben werden könnte, da sich der Haarwuchs bei verschiedenen Subjecten verschieden weit abwärts erstreckt.

Doler der Haut liegt ein sehr derber Panniculus.

Das oberflächliche Blatt der Nackenfascie lässt sich von dem darunter liegenden M. trapezius nicht t r e n n e n ;

in der Mittellinie verwächst es mit dem

der Halswirbel verbindenden Ligamentum nuchae.

die Processus spinosi

Die erste Muskelschicht bilden der

Trapezius s. Cucullaris und der Sternocleidomastoideus, dessen oberstes Ende von Vorn her in die Nackengegend übergreift.

Ein fibröses Blatt trennt hiervon die zweite Schicht,

welche durch den Splenius gebildet wird.

Dann folgt abermals ein fibröses Blatt, unter

welchem sieb der Compleius und Biventcr befinden, und in welchem einiges Fettgewebe und Nervenästcben eingewebt sind.

Unter dem Compleius liegt eine bedeutendere Fett-

schicht, in ihr Nerven, Arterien und Lymphdrüsen.

Hierher gehört die Art. occipitalis,

die Transversa cervicis, die Cervicalis p r o f u n d a , welche letztere von der Subclavia her zwischen den Querfortsätzen d e r beiden letzten Halswirbel nacb Hinten tritt und demnächst in schräger Richtung aufwärts steigt. sind:

Die bedeutenderen Nerven dieser (legend

der bintere Ast des Accessoriu9, der Suboccipitaiis und der Occipitalis magnus.

Die Lymphgefässe wenden sieb zu

den

in der Achselhöhle gelegenen

Lymphdrüsen.

Die vierte Muskelscbicht bilden die beiden Recti postici und die Obliqui capitis. — Die aus der Subclavia entspringende

A. vertebralis (vgl. Bd. II. pag. 1 8 0 )

verläuft in dem

Canal der Qucrfortsätze der Halswirbel von dem vorletzten derselben aufwärts, tritt dann zwischen Atlas und Hinterhaupt hervor und begiebt sich mit einer Windung durch das Forainen magnum in die Schädelhöhle. in den Schädel t r i t t ,

Ans ihrem oberen Ende entspringt, bevor sie

eine starke Anastomose zur Art. occipitalis.

In seltenen Fällen

verläuft sie zum grösseren Theil v o r den Querfortsätzen der Halswirbel.

— Alle Theile

dieser Gegend bilden zahlreiche, dicht gedrängt liegende Schichten, in denen die Muskeln bei Weitem vorwiegen.

Die fibrösen Scheidewände, von denen sie umschlossen werden,

sind der wesentliche Grund für die fast immer stattfindende Einklemmung der in dieser Region sich

entwickelnden

Entzündungsgeschwülste

und

für

die dabei

auftretenden

heftigen Schmerzen.

E r s t e « Cajpltel.

Missbildungen und Formfehler. I.

Yerkrfimmnng des Halses, schiefer Kopf, Torticollis, Caput obstipnm.

Fiir die Verkrümmungen des Halses gilt in ätiologischer, diagnostischer und therapeutischer Beziehung Alles, was Uber Verkrümmungen im Allgemeinen (Bd. I. pag. 770 u. f.) und Uber Verkrümmungen der Wirbelsäule im Besonderen (Bd. IV.) gelehrt wird. Unter den möglichen R i c h t u n g e n der Verkrümmung, n a c h V o r n , n a c h H i n t e n , z u r S e i t e , wird die letztere bei Weitem am Häufigsten beobachtet und schlechtweg als „ S c h i e f h a l s , s c h i e f e r K o p f , T o r t i c o l l i s , C a p u t o b s t i p u m " , bezeichnet. Der „ s c h i e f e K o p f " steht nach der einen oder der anderen Schulter hingeneigt, gleichzeitig aber in der Weise rotirl, dass das

U m b i l d u n g e n u n d Formfehltr. Fig. 4 2 .

427

Torticollis nacb Rechts.

Gesicht nach der entgegengesetzten Seite sieht (Fig. 42). Der Hals erscheint auf der Seite, welcher das Gesicht zugewandt ist, und auf welcher das Ohr höher steht, länger und breiter als auf der anderen Seite, wie sich dies bei der Betrachtung sowohl von Vorn (Fig. 42), Fig. 43.

Torlicollis nacb Links.

als von Hinten (Fig. 43) deutlich zeigi. Auf der Seite, welcher das Gesicht zugewandt steht, ist die Haut gespannt, und die Muskeln springen nur wenig hervor; auf derjenigen dagegen, nach welcher der Kopf geneigt ist, sind die Muskelvorsprtlnge, namentlich die Sternalportion des Kopfnickers, sehr deutlich zu erkennen. Die entsprechende GesichtshSlfte ist verkürzt, gleichsam eingeschrumpft, so dass das Antlitz unsymmetrisch erscheint, w o d u r c h , in Verbindung mit der

428

Krankheiten des Halses im Allgemeinen.

Schiefstellung des Mundes und der Augen, eine höchst eigentümliche Physiognomie bedingt wird. Die Difformität des Gesichtes entwickelt sich jedoch erst bei längerem Bestehen des Uebels. Sie beruht auf einer Hemmung des Wachsthums der Gesichtsknochen und der sie bedeckenden Weichtheile auf der Seite, nach welcher der Kopf geneigt ist, — für welche eine genügende Erklärung noch fehlt. Die Neigung des Kopfes zur Seite erfolgt in dem Gelenk zwischen Hinterhaupt und Atlas, die Drehung zwischen Atlas und Epistropheus. An diesen Knochen findet wahrscheinlich mit der Zeit eine Formveränderung der Gelenkflächen statt, wie bei anderen Contracturen. Die übrigen Wirbelgelenke sind an der Deformität nur secundär betheiligt. Regelmässig entwickelt sich aber bei längerem Bestehen des Uebels, wie bei allen Verkrümmungen der Wirbelsäule (vgl. Bd. IV.), eine „coinpcnsirende" Krümmung in Gestalt einer Dorsal-Scoliose. Kiullicilnug. Die Schiefstellung des Kopfes hängt ab: 1) von einer durch N a r b e n bedingten Festheftung der Haut, 2) von M u s k e l E r k r a n k u n g e n (Contractur oder Lähmung), 3) von einer p r i m ä r e n V e r k r ü m m u n g d e r W i r b e l s ä u l e . Diese drei Arten von Torticollis sind wesentlich zu unterscheiden. Jedoch gesellt sich zu einer Verkrümmung des Halses aus anderen Ursachen nachträglich immer Maskelverkürzung auf der concaven Seite der Krümmung. Das Caput obstipum musculare hängt fast immer von Contractur des Sternocleidomastoideus, häufig nur seiner Sternalportion, höchst selten seiner Clavicularportion allein ab. Selten ist die Contractur das secundäre Uebel bei primärer Lähmung des Antagonisten. Die Aeliologic führt sehr häufig auf fötale Zustände zurück. Vgl. Bd. I. pag. 772 u. f. Dass eine fehlerhafte Lage des Embryo die Ursache sei, ist wenig wahrscheinlich, obgleich S t r o m e y e r und D i e f f e n b a c h diese Ansicht vertheidigt haben. Oft genug mag der angeblich angeborne Schiefhals erst während der Geburt entstanden sein, indem namentlich bei Steisslagen der Hals durch Tractionen gezerrt und dabei der eine Kopfnicker eingerissen wurde; die nachfolgende Entzündung des verletzten Muskels bewirkt dann die Contractur ( S t r o m e y e r ) . In Betreff der T o r t i c o l l i s m u s c u l a r i s a c q u i s i t a müssen wir im Uebrigen auf die Bd. II. pag. 870 u. f. gemachten Angaben verweisen. Im Verhältniss zu anderen Contracturen häufig kommen krampfhafte und andauernde Verkürzungen am Sternocleidomastoideus vor. Oft sind sie rheumatischer Natur. In Fällen von Torticollis muscularis n a c h T y p h u s , deren ich mehrere (meist bei Kindern) gesehen habe, ist die Contractur des Kopfnickers wohl aus Muskelentzündung zu erklären; vgl. Bd. II. pag. 868 u. f. — P a r a l y t i s c h e

429

Verkrümmung des Halses.

T o r t i c o l l i s scheint meist rheumatischen Ursprungs zu sein. — F l e u r y hat eine intermittirende Torticollis beobachtet. Die Aetiologie und die besonderen Verbältnisse der aof V e r k r ü m m u n g Wirbelsäule

beruhenden Torticollis

erläutert (Bd. IV.).

werden

bei den

Krankheiten

Ueber die Haotverkürznng durch N a r b e n

der

der

Wirbelsäule

und die daraus

ent-

springenden DitTormililen wurde bereits Bd. I. pag. 3 7 8 ff. das Wesentliche bemerkt.

DiagüOSe. Niemals darf man sich mit dem auch bei oberflächlichster Betrachtung leichten Erkennen der Torticollis begnügen, vielmehr hat man diesen durchaus symptomatischen Namen eben nur als Bezeichnung einer Symptomengruppe anzusehen, welche durch genauere Untersuchung aufgelöst werden muss. Eine genaue Anamnese und eine sorgfältige Betastung des Halstheils der Wirbelsäule wird vor Irrthümern sicher stellen. Beruht die Schiefstellung des Kopfes auf Erkrankung der Wirbel, so wird man einen oder mehrere Dornfortsätze hervorragend (seltner eingesunken) und, wenn das Uebel noch nicht ganz abgelaufen ist, beim Druck schmerzhaft finden. Während die Finger auf den Dornfortsätzen liegen, lässt man den Kranken Bewegungen mit dem Kopfe vornehmen oder letztcrem durch einen Gehtllfen vorsichtig Bewegungen ertheilen, um zu erfahren, ob und welche Bewegungen der Wirbel dabei stattfinden. B o y e r lehrte,

man solle den Kopf mit den Händen

zurückzuführen s u c h e n ; Muskeln derjenigen

in die normale Stellung

gelinge d i e s , so beruhe die Schierstellung auf Paralyse

S e i l e , a u i welcher

bandle es sich um Contractur der Muskeln der verkürzten Seite. irrig.

der

der Hals verlängert e r s c h e i n t , anderen Falls Diese. Angaben sind

Bei j e d e r Torticollis muscularis, mag sie ursprüglich a a s Paralyse oder Contractur

hervorgegangen seio, wird es unmöglich, die DiOormitSt durch den Zug oder Druck der Hände zu beseitigen, sobald sie längere Zeit bestanden hat.

Behandlung. Ist der schiefe Hals aus E r k r a n k u n g d e r W i r b e l hervorgegangen, so muss man die ganze Therapie auf die Abwendung der aus der Erkrankung der Wirbel entspringenden Lebensgefahr richten. Vgl. Bd. IV. Wird die Difformität durch N a r b e n bedingt, so kann nur subcutane Ablösung oder Excision derselben in einer solchen Richtung und Ausdehnung, dass dadurch einer abermaligen Verkürzung vorgebeugt wird, Hülfe leisten. P a r a l y t i s c h e T o r t i c o l l i s erheischt, neben der Berücksichtigung der secundären Contractur des Antagonisten und sorgfältig zu leitenden gymnastischen Uebungen, die frühzeitige und energische Faradisation des gelähmten Kopfnickers. Vgl. Bd. II. pag. 903 ff. Bei dem Caput obstipum, welches auf M u s k e l V e r k ü r z u n g beruht, muss man in frischen Fällen eine antiphlogistische und derivirende Behandlung, namentlich durch Blasenpflaster, erweichende Um-

430

Krankheiten des Halses im Allgemeinen.

Schläge u n d Salben einleiten. Weiterhin kann man durch die altmählige Dehnung des Muskels in der Chloroformnarkose oder die (ungemein zeitraubende) Graderichtung durch orthopädische Apparate und gymnastische Uebungen zum Ziele gelangen. Viel schneller und sicherer a b e r erreicht man dasselbe mittelst subcutaner Durchschneidung des in Conlractur befindlichen Muskels, gewöhnlich also des Sternocleidomastoideus. Die D u r c h s c h n e i d u n g d e s M. s t e r n o c l e i d o m a s t o i d e u s ist schon vor langer Zeit als s u b c u t a n e Operation ausgeführt und namentlich durch D u p u y t r e n verbreitet worden. Das Verfahren ist verschieden, je nachdem man sich eines Tenotoms mit stechender Spitze ( D i e f f e n b a c h ) , oder des französischen Tenotoms mit abgestumpfter Spitze bedient; ferner je nachdem man die Durchschneidung in der Richtung von Innen nach Aussen oder von Aussen nach Innen vornimmt. Erstere ist bei Weitem sicherer. 1. D u r c h s c h n e i d u n g v o n I n n e n n a c h A u s s e n . Verfahren nach D i e f f e n b a c h , mit dem spitzigen sichelförmigen Tenotom. Der Patient befindet sich in sitzender oder liegender Stellung. Ein Gehülfe fixirt mit beiden Händen den Kopf, ein anderer, namentlich bei Kindern und unzuverlässigen P e r s o n e n , die Hände und den Rumpf. W ä h r e n d , der erste Gehülfe den Kopf des Patienten nach der Seite des verkürzten Muskels neigt, diesen also möglichst erschlafft, umfasst der Operateur mit Daumen und Mittelfinger der linken Hand die zu durchschneidende Portion des Muskels nahe Uber der Clavicula (oder der Articulatio sternoclavicularis) in der Art, dass er die Haut von beiden Seiten her hinter den Muskel zu schieben s u c h t ; neben dem Daumen sticht er sodann das flachgeführle Tenotom (Bd. I. pag. 81) dicht hinter dem Muskel ein, bis er mit dem Mittelfinger, die Messerspitze f ü h l t , ohne jedoch die Haut auf der anderen Seite zu durchbohren. Daumen und Zeigefinger lassen nun die hinter dem Muskel eingestülpte Haut los, die Schneide des Tenotoms wird gegen den Muskel g e w a n d t , der GehUlfe wendet den Kopf möglichst stark nach der entgegengesetzten Seite, so dass der verkürzte Muskel straff gespannt w i r d ; in demselben Augenblick durchschneidet d e r Operateur den Muskel, indem er das Tenotom mit einer hebelförmigen Bewegung aus der W u n d e zurückzieht. Ein durch die Resonanz des Thorax sehr verstärktes lautes Krachen (vor welchem Unerfahrene erschrecken) b e zeichnet den Moment der vollständigen Durchschneidung. Der Klinge des Tenotoms folgt der Daumen des Operateurs, indem er das in die W u n d e sich ergiessende Blut h e r a u s d r u c k t und einer weiteren Ansammlung desselben vorbeugt. Sofort wird ein weicher Charpiebausch

Verkrümmung des Haisei.

431

auf die Operationsstelle gelegt und mit Heflpflasterstreifen befestigt, der Kopf aber durch eine Halsbinde, welcher man durch ein eingelegtes Stück dicker Pappe die nöthige Festigkeit ertheilt, während der nächsten drei Tage in der bisherigen fehlerhaften Stellung erhalten. Dann ist die kleine Stichwunde geheilt. Man beginnt nun allmählig die sich bildende Narbe zu dehnen, indem man die Halsbinde auf der Seite der Verkürzung steifer und breiter macht als auf der anderen. Durch diesen höchst einfachen Verband gelaugt man oft in wenigen Tagen, spätestens in einigen Wochen, zur vollständigen Heilung der Difformität. Sind beide Portionen des Sternocleidomastoideus von Contractu!* befallen, so beschleunigt es die Heilung sehr wesentlich, wenn man auch beide in einer Sitzung durchschneidet. I)a9 Verfahren von B o u v i e r blos d a d u r c h , dass .man

den

unterscheidet

Einslich

mit einem

sieb von dem

Dieffenbacb'sclieo

laazenformigen Messer oder

einer

Lanzette ausführt, alsdann ein Tenotom mit stumpfer Spitze hinter den MusLel schiebt und mit diesem die Durchschneidung verrichtet.

2. D u r c h s c h n e i d u n g v o n A u s s e n n a c h I n n e n . Der W u n d arzt erhebt die Haut in der Richtung des zu durchschneidenden Muskelbauchs in eine Falte. Nachdem er den mit der rechten Hand gefassten Theil einem GehUlfen Ubergeben hat, durchsticht er die Basis derselben an der einen Seite mit einer Lanzette, etwa 1 Ctm. oberhalb des Brustbeins, führt das slumpfspitzige Tenotom in diese Wunde ein, während die Gehülfen den Muskel etwas erschlaffen, wendet die Schneide gegen den Muskel, der nunmehr angespannt wird, und durchschneidet ihn, indem er das Messer mit einiger Hebung des Stiels wieder auszieht. Die Z u f ä l l e n a c h d e r D u r c h s c h n e i d u n g eines oder beider Köpfe des Sternocleidomastoideus sind in der Regel höchst unbedeutend. Die gleich nach der Operation mitCharpie und Heftpflaster bedeckte und leicht comprimirte Wunde heilt in der Regel innerhalb 1 2 — 2 4 Stunden. Höchst selten folgt Eiterung. Der meist sehr unbedeutende Bluterguss unter der Haut wird in 2 bis 3 Tagen resorbirt. Jedoch ist es nach den Erfahrungen von D i e f f e n b a c h zweckmässig, den Operirten, auch ¡tbgesehen von der orthopädischen Nachbehandlung, sorgfältig zu Uberwachen. Namentlich muss bei bedeutendem Bluterguss ein gehörig comprimirender und den Kopf immobilisirender Verband angelegt werden. Bildet sich eine heisse, schmerzhafte EntzUndungsgeschwulst, so sind Eis-Umschläge angezeigt. Kommt es zur Eiterung, so indicirt man von der Stichwunde aus. Jedenfalls muss der durchschnittene Muskel auf die Gefahr hin, dass er sich abermals verkürze, in ganz erschlaffter Lage erhalten werden, so lange in seiner

432

Krankheilen des Halses im Allgemeinen.

Umgegend Entzündung besteht. R u h i g e L a g e im B e t t wird solchen Zufällen am Besten vorbeugen und zu ihrer Beseitigung wesentlich beitragen. Während die Durchschneidung des Sternocleidomastoideus eine häufige Operation ist, kommt diejenige irgend eines anderen Halsmuskels bei der Behandlung des Caput obstipum höchst selten vor. S t r o m e y e r durchschnitt den vorderen Theil des Cucullaris, als sich bei einem jungen Mädchen die Durchschneidung der beiden Köpfe des Sternocleidomastoideus zur Hebung des Caput obstipum unzureichend erwies. Nach den allgemeinen und so eben für den Kopfnicker besonders angegebenen Regeln wird man solche Operationen leicht ausführen können (vgl. Bd. I. pag. 81). Auch der H a u t m u s k e l d e s H a l s e s (Platysma myoides) kann Sitz der Contractur beim Caput obstipum werden. Bei der grossen Ausbreitung, welche er, von der Schulter und dem Thorax schräg aufsteigend, bis zum Mundwinkel besitzt, kann allerdings seine Contractur eine bedeutende Diiformität herbeiführen. Unterlippe und Mundwinkel werden abwärts gezogen und selbst die Mandibula in der Art nach Unten gezerrt, dass dauerndes Offenstehen des Mundes und weiterhin Schrägstellung d£s Kopfes die Folge ist. Eine unzweifelhafte Verkürzung des Platysma myoides ist von

Dieffenbach

(Durchtchneidung der Muskeln und Sehnen, pag. 3 7 ) beobachtet worden, und zwar auf beiden Seiten zugleich bei einem 10jährigen Knaben. hatte ein

»erschrumpftes Ausseben,

80 Jahren.*

.wie

Der vordere Theil der Halshaut

die Haut einer

allen

mageren

Frau

von

Das Kinn stand dem Brustbein m e h r als natürlich genähert, konnte jedoch

von dem Knaben ohne Mübe stark

in die Höhe gehoben w e r d e n ,

der Halsbaut sümmtlich verschwanden.

sich nicht um eine Verkürzung durch Narben gehandelt haben k a n n . dureb subeulane Durcbschneidung

worauf die Falten

Aus letzterer Airgabe geht klar hervor, dass es Die Heilung gelang

des Platysma mittelst eines sebr schmalen

Hessers.

Wie nach jeder Tenotomie, so ist auch nach der Durchschneidung der verkürzten Halsmuskeln eine o r t h o p ä d i s c h e N a c h b e h a n d l u n g erforderlich, um den Kopf für die Dauer gerade zu stellen. Die Bildung der Sehnennarbe ist am dritten Tage nach der Operation so weit fortgeschritten, dass man die allmälige Dehnung derselben, mit Hülfe einer steifen Halsbinde (vgl. pag. 431), ohne Gefahr beginnen kann; diese aber fuhrt sicherer zum Ziele als die plötzliche Geradstreckung, bei welcher die Wiedervereinigung der durchschnittenen Sehne ausbleiben könnte. Siooreich, aber überflüssig, ist die von C h a r r i e r e angegebene Einrichtung einer solchen Halsbinde, bei welcher durch einen

besonderen

Mechanismus mittelst

Schlüssels die Höbe des steifen Tbeils beliebig abgeändert werden kann. verschieden hoher Pappstücke leistet Dasselbe.

eines

Das Einlegen

Angeborene Halsflsteln.

433

Wo man mit der »Halsbinde" nicht aaskommt, ist vielleicht durch p e r m a n e n t e n 7.jig (Diatraction, nach V o l k m a n n ) mehr za erreichen. Derselbe wird am Kopfe in derselben Weise ausgeübt, nie an den Extremitäten bei Fracturen und Gelenkentzündungen (Tgl. Bd. II. pag. 3 4 9 ) ; nur genfigen, statt der Heftpflasterstreifen, Bandschlingen, «reiche den Kopf umfassen. Unter den complicirlen Apparaten ist die sogenannte M i n e r v a von D e i a e r o i r zu erwähnen, welche von B o n v i e r (Ball, de l'Acad. de médecine, Paris 1840, Tom. IV. pag. 578) zweckmassig modiflcirt worden ist. Dieser Apparat besteht wesentlich aus 3 StQcken: dem (iürtel, der Krone und der Stange. Der starke Gürtel ist genaa am das Becken befestigt und dient dem ganzen Apparat als Stütze. Die Krone nmfasst den Kopf genau. Sie besteht aus einem messingenen Binge, der Vorn durch einen Biemen ergänzt nnd mittelst desselben zusammengeschnallt wird. Ein quer über den Scheitel laufender Biemen hindert das Hinabgleiten und ein unter dem Kinn verlaufender das Hinaargleiten des Stirnbandes. Die Stange, der eigentlich wirksame Tbeil des Apparates, verbindet die beiden erstgenannten Theile. Sie besitzt 3 Gelenke: das erste, am unteren Tbeile gelegen, wird durch eine Schraube ohne Ende bewegt. Vermittelst desselben bat man die Seitenbewegungen des Kopfes in seiner Gewalt; das zweite in der Mitte gelegen, beherrscht die Benge- und Streckbewegung des Kopfes; das dritte, welches dicht an der Krone liegt, vermag Rotationsbewegungen am Kopfe zu bewirken. Durch Verschiebung in einer Coulisse kann die Stange verlängert nnd verkürzt werden, so dass man dadurch den Kopf in die Höhe schieben, den Hals gleichsam verlängern kann. Ein besonderes Cbarniergelenk giebt dem Kranken die Freiheit, den Kopf hintenüber za bewegen, ohne die Bewegung nach Vorn zu, gestatten. Bei Weitem einfacher und mindestens ebenso wirksam ist der von E u l e n b n r g sen. angegebene Apparat, dessen Abbildung und Beschreibung nebst Erläuterungen über die Behandlung der verschiedenen Formen von Torticollis sich in d. Beri. klin. Wochenschr. 1871, pag. 479 n. f. findet. In Betreff des H a l s m u s k e l k r a m p f s vgl. Bd. II. pag. 8AI (T.

II. Angeborene Halsfistel, Fistola colli congenita. Die Entstehung der höchst seltenen a n g e b o r e n e n H a l s f i s t e l n lässt sich aus einer Bildungshemmung erklären (vgl. Bd. I. pag. 735). Sie scheinen zuweilen erblich zu sein. In manchen Fällen wurden sie erst zur Zeit der Pubertät bemerkt, indem alsdann die Absonderung ihrer Wandungen sich vermehrte. Der S i t z ist am Häufigsten seitlich und zwar meist auf der rechten Seite. Sie kommen aber auch auf beiden Seilen des Halses symmetrisch vor. A s c h e r s o n sah einmal 3 Oeffnungen über einander. Unter den von ihm beobachteten 11 Fällen kamen 6 beim weiblichen Geschlecht vor. Trachealfisteln sind Uberhaupt nur bei Weibern beobachtet worden. Ihre Oeffnung liegt höher oben am Halse und mehr in der Mittellinie, während die Pharyngealfisteln lang gestreckt in schräger Richtung am Halse aufsteigen. Die meisten Menschen besitzen, nach A s c h e r s o n ' s Beobachtungen, am äusseren Bande der Sternalportion des Kopfnickers die Andeutung einer früheren Oeffnnng, bald Bar d e l e b e n , Chirurgie. 7. Aull. III. 28

434

Krankheiten des H a l s « im Allgemeinen.

in Gestalt einer Meinen neisslichen Vertierung oder auch

n u r eines

narbenähnlichen

Streifens, bald unter der Form eines rötblichen oder bräunlichen runden Flecks.

S y m p t o m e . An der Seite des Halses, entweder zwischen den beiden Köpfen des Sternocleidomastoideus oder am inneren Rande desselben, seltener in der Mittellinie, nur 2x/t—4 Cent, vom Schlüsselbein oder vom Brustbein entfernt, findet sich eine sehr enge Oeffnung, in welche oft selbst die feinste Sonde nicht eingeführt werden kann. Die Haut in der Umgebung ist zuweilen etwas geröthet und aufgewulstet, meist aber nur leicht eingezogen. In verschiedener Menge iiiesst aus der Oeffnung bald eine helle klebrige Flüssigkeit, bald Eiter; letzterer gewöhnlich reichlicher. Die Oeffnung kann sich zeitweise schliessen, so dass die Flüssigkeit erst bei Druck entleert wird. In solchen Fällen findet sich bisweilen eine sackförmige Erweiterung nahe der Oeffnung. Gewöhnlich vermochte man die Sonde nur eine kurze Strecke weit einzuführen; in anderen Fällen liess sich durch die Haut ein härtlicher Strang fühlen, der einen gegen die Luftröhre oder gegen den Schlundkopf hin verlaufenden Canal enthielt. Die letztere Richtung ist die häufigere. Selten gelingt es, eine Sonde durch den Fistelgang bis in den Schlundkopf einzuführen. Ebenso selten treten Speisereste durch den Fistelgang nach Aussen. Gewöhnlich lässt sich die Coinmunication nur durch Einspritzungen, bei den Trachealfisteln auch durch das Ausblasen von Luft bei geschlossener Mund- und Nasenöffnung nachweisen. In manchen Fällen bewegte sich die Fistelöffnung mit dem Kehlkopf zugleich, in anderen wird sie beim Kauen und Sprechen sternförmig eingezogen. H e i l u n g s v e r s u c h e haben sich bei den angeborenen Halsfisteln nicht blos als erfolglos, sondern auch als gefährlich erwiesen. Nach der Anwendung von reizenden und ätzenden Einspritzungen sah man heftige Schmerzen und Schlingbeschwerden wegen Anschwellung und Entzündung des Oesophagus eintreten. D z o n d i hat sogar nach solchen Versuchen den Tod folgen sehen. Wenn daher auch die Heilung einer solchen Fistel einmal gelungen sein mag, so sind doch, bei der Geringfügigkeit der durch sie veranlassten Beschwerden, alle Versuche der Art zu verwerfen. Vgl. D z o n d i , flstulis

De Ostulis tracheae congenitis,

Halae 1 8 2 9 ;

Ascberson,

De

colli congenitis, Berolini 1 8 3 2 . — l ' e b e r die analogen Fisteln der Obrgegend

Tgl. V i r c h o w in s e i n e m Archiv, Bd. XXX. pag. 2 2 1 , u n d Bd. XXXII

pag. 5 1 8 .

HaUwunden.

435

Zweite« Capltel.

Halswunden im Allgemeinen. Die oberflächlichsten und einfachsten Halswunden können bedenkliche Folgen nach sich ziehen. Noch vielmehr gilt dies von den tieferen Wunden, welche grösstenteils den Charakter der „penetrirenden" haben, indem durch sie die grossen am Halse liegenden Gefässe und CanSle, auch wohl die Mund- oder Brusthöhle geöffnet werden. Diqse penetrirenden Haiswunden sind bedenklich, entweder weil Etwas aus den genannten Canälen ausfliesst, oder weil Etwas in dieselben eindringt. Das Ausströmen des Blutes aus einer Wunde der grossen Ilalsgefässe fuhrt schnell zum Tode. Das Einfliessen des Blutes in die Luftwege bedingt Asphyxie; das Eindringen von Luft in die grossen Halsvenen (vgl. Bd. I. pag. 63 u. f.) kann plötzlichen Tod veranlassen. Die Mehrzahl der grossen Halsvenen ist durch fibröses Gewebe an den Nachbartheilen in der Weise befestigt, dass sie nach ihrer Durchschneidung klaffen, wodurch das Eindringen von Luft begünstigt wird. Verletzungen der unteren Hälfte der vorderen Halsgegend sind die gefährlichsten. Dort liegen die Cnrotiden noch näher einander, als weiter aufwärts; vor der Luftröhre finden sich die Aa. thyreoideae und zahlreiche grosse Venen, welche direct zu den Jugularstämmen hinabsteigen. Die Blutung ist daher bedeutend, die Compression fast unmöglich, die Ligatur oft schwierig, selbst wenn ärztliche Hülfe sogleich bei der Hand wäre. Ist die Luftröhre zugleich geöffnet, so dringt das Blut oft in die Bronchien und bedingt Erstickung. Traumatische Entzündung des Bindegewebes gefährdet den vorderen Mittelfellraum. Tiefe Wunden der Nackengegend, welche das Rückenmark erreichen, sind noch gefährlicher. (Vgl. Bd. IV.) Hier ist die Gefahr desto grösser, je höher oben die Verletzung ihren Sitz hat. Namentlich ist. es von entscheidender Wichtigkeit, ob das Rückenmark oberhalb oder unterhalb des Ursprungs der Zwerchfellsnerven getroffen ist. Im ersteren Falle erfolgt der Tod fast augenblicklich. Eine dicke Stecknadel, zwischen Hinterhaupt und ersten Halswirbel eingestossen, reicht zur Tödtung eines Kindes hin. Dagegen sind Verletzungen des oberen Theils der vorderen Halsgegend von verhältnissmässig geringerer Bedeutung. Die Wunde muss sehr tief sein, wenn sie sofort den Tod veranlassen soll. Der Vorsprung des Schildknorpels schwächt die Wirkung des verletzenden Instrumentes und weiterhin werden die Carotiden noch durch die Mm. sternocleidomastoidei geschützt. Wunden 28*

436

Krankheiten des Halles im Allgemeinen.

oberhalb des Kehlkopfes können in den Pharynx eindringen und wurden in dieser Beziehung bereits pag. 414 u. f. besprochen. Alle Halswunden erheischen schnelle Hülfe. Dieselbe bezieht sich vor Allem auf Stillung der Blutung (vgl. Bd. II. pag. 162 u. f. und pag. 230 u. f.) und Verhütung der Erslickung. Vgl. Wunden der Luftröhre, des Kehlkopfs, des Oesophagus u. s. w. in den folgenden Abschnitten.

Drittes Capitel.

Entzündungen am Halse. Die Mehrzahl der Entzündungen am Halse nimmt vom Antlitz oder von der Mundhöhle aus ihren Anfang. Die Anschwellung des Halses ist namentlich bei oberflächlichen Entzündungen bedeutend, und gewinnt schnell eine grosse Ausdehnung. Die Entzündungsgeschwulst selbst ist bei acuter Entwicklung immer von Oedem umgeben. Weniger stark ist die Schwellung, wenn die Entzündung in den tiefer gelegenen Theilen des Halses oder im Nacken ihren Sitz hat. Hier kommt es dagegen gewöhnlich, wegen der starken Fascien, zu einer bedeutenden Einklemmung der Entzündungsgeschwulst, und deshalb, wenn keine Incision gemacht wird, zu grosser Zerstörung. Die AbSCCSSC am Halse sind wesentlich verschieden, je nach ihrem Verhalten zu der eigentlichen Halsfascie (vgl. pag. 425). Je tiefer ein Halsabscess liegt, desto bedenklicher ist im Allgemeinen seine Prognose. Abscesse, welchc zwischen dem ersten und zweiten Blatt der Fascie liegen, brechen allerdings nicht so leicht von selbst auf und bedingen, dem entsprechend, ausgebreitetere Zerstörungen als oberflächlichere Eiterherde; aber sie haben doch nicht die Gefahr der Eitersenk'ung in die Brusthöhle, welche bei den tieferen, hinter jenem Blatte liegenden Abscessen besteht, sobald sie sich unterhalb des M. omohyoideus befinden. Oberhalb dieses, zwischen dem ersten und zweiten Blatte der Halsfascie eingeschalteten Muskels verschmelzen nämlich nicht blos diese selbst sehr innig, sondern rücken zugleich auch der Wirbelsäule so nahe, dass zwischen ihnen (der G e f ä s s d e c k e , nach D i t t e l ) und dem vor der Wirbelsäule herabsteigenden dritten Blatt der Fascie, ausser dem von den Gefässen und Nerven selbst eingenommenen, nur ein sehr geringer, von Bindegewebe erfüllter Raum übrig bleibt, welchen Eitersenkungen schwer durchbrechen. Ueberlässt man tiefe Halsabscesse sich selbst, so brechen sie häufig in dem Winkel zwischen dem hinteren Rande des Sternocleidomastoideus und dem vorderen des Cucullaris auf, wo die be iden

Entzündungen am Halse.

437

ersten Blätter der Fascie nur dtlnn und lose gewebt sind. — Die D i a g n o s e der tiefen Halsabscesse ist oft schwierig; die Fluctuation wird durch die festen aponeurotischen Schichten verdeckt; sie ist fast niemals vollkommen deutlich. Und doch liegt hier Alles an einer frühzeitigen Diagnose, weil die frühzeitige Eröffnung des Abscesses dringend erforderlich ist. Abgesehen von der Entstehungsgeschichte des Abscesses, welche man möglichst genau zu erforschen hat, ist die schmerzhafte Spannung in der Tiefe des Halses, welche zur Schiefhaltung des Kopfes nöthigt, für die tiefen Abscesse charakteristisch. Die Eröffnung derselben kann schwierig und in ungeübten Händen gefährlich werden. Man darf niemals in die Tiefe des Halses geradezu einstechen, sondern muss die einzelnen Schichten, mit steter Berücksichtigung der anatomischen Verhältnisse, eine nach der anderen durchschneiden. In Betreff der r e l r o p l i a r y n g e a l e n

A b s c e s s e vgl. pag. 4 1 8 u. Qgd.

Entzündung der Lymphdrüsen am Halse- Die Lymphdrüsen des Halses sind häufig entzündlichen Schwellungen unterworfen, namentlich in der Regio submaxillaris, subauricularis und supraclavicularis. Die Krankheit verläuft sehr viel häufiger chronisch als acut. Meist ist die Entzündung dyskrasischen Ursprungs. Daraus erklärt sich auch, weshalb selten einzelne Lymphdrüsen, vielmehr in der Begel ganze Pakete und Ketten derselben ergriffen werden. Nicht selten drängen sich die erkrankten Drüsen in der Art fest zusammen, dass sie den Anschein gewähren, als sei nur eine einzige Drüse, diese aber zu einer ganz enormen Grösse angeschwollen. Bei Weitem am Häufigsten liegt Scrophelleiden zu Grunde, namentlich wenn die Drüsen der vorderen Halsseite ergriffen sind. Bei constitutioneller Syphilis fehlt als ein charakteristisches Symptom niemals die Anschwellung der Lymphdrüsen in der oberen Nackengegend. Nicht ganz selten schwellen die Lymphdrüsen zu den Seiten des Halses bei sonst gesunden Kindern in Folge einer Erkältung an. Oft ist ihre Anschwellung ferner nur die Folge irgend einer anderen Erkrankung des Halses, des Kopfes oder auch der Brust. Wir haben hierauf bereits beim Lippenkrebs aufmerksam gemacht. Die B e h a n d l u n g weicht von der bei Lymphadenitis im Allgemeinen angegebenen nicht ab (Bd. II. pag. 277 ff.). Die Grösse der Geschwulst kann durch Compression der Trachea Erstickungsgefahr bedingen und die Tracheotomie oder doch die subcutane Durcbschneidung der Sternalportion des Kopfnickers (nach N 6 1 a t o n ) erforderlich machen. D i e E x s t i r p a t i o n d e r H a l s d r ü s e n haben wir bereits Bd. II. pag. 281 u. f. erläutert. Solche Operationen sind n u r bei ganz oberflächlichen

438

Krankheiten des Halses im Allgemeinen.

Geschwülsten leicht und ungefährlich; sobald man hinter den Rand des Sternocleidoroastoideus vordringen muss, ist vollständige Vertrautheit mit den anatomischen Verhältnissen erforderlich, um einerseits Verletzungen der grossen Gefässe zu vermeiden und andererseits durch das Spritzen unbedeutender Arterienäste nicht irre geführt zu werden.

Viertes Capltel. Neubildungen am Halse. I.

BalueuhwUtle

(Cysten).

Auch abgesehen von den zahlreichen cystischen Entartungen der Schilddrüse, welche später besonders besprochen werden sollen, sind Cysten des Halses häufig. A. C y s t e n mit w ä s s r i g e i n , o f t d u r c h s c h e i n e n d e m I n h a l t e kommen sowohl als a n g e b o r e n e , wie auch als e r w o r b e n e Krankheiten vor. Jedoch ist es wahrscheinlich, dass auch für viele der erst nach der Geburt entstehenden Cysten eine congenitale Prädisposition sich in dem pathologischen Persistiren von Resten der Visceralspalten gegeben findet. 1) Die a n g e b o r e n e n H a l s c y s t e n sind namentlich von H a w k i n s 1 ) und von W e r n h e r ' ) a l s H y g r o m a c y s t i c u m c o n g e n i t u m c o l l i beschrieben worden. In Betreff ihres feineren Baues und ihrer Deutung als „cavernöse Lymphangiome" vgl. Bd. I. pag. 431 u. 464. H a w k i n s beobachtete diese Erkrankung an drei Kindern, von denen das eine 8 Monat, das zweite 1 Jahr, das dritte 3 Jahr alt war. Das letztere litt an Erstickungszufällen, so dass es oft in grosser Athemnotb aus dem Schlafe plötzlich emporfuhr. Die Geschwulst sass auf der rechten Seite des Halses und Hess an ihrer Oberfläche mehrere Cysten deutlich erkennen. Die übrige Geschwulst war weich — elastisch, ähnlich wie eine Teleangiectasie. Sobald das Kind schrie, wurde dieser Theil der Geschwulst gespannt und sprang deutlich hervor. Unter der Schleimhaut des Mundes sah man mehrere varicöse Venen verlaufen. Das Kind starb wenige Tage, nachdem es H a w k i n s besichtigt hatte, an Erstickung. Nach Ablösung der Haut erschien die Geschwulst von der Grösse zweier Orangen, indem sie durch eine der Sehne des Digastricus entsprechende Furche in zwei Hälften getheilt war. Sie war aus mehreren Hunderten von Cysten zusammengesetzt, von der Grösse einer Erbse bis zo derjenigen einer Nuss, alle von einer dünnen, dem Peritoneum ähnlichen Membran eng umschlossen, welche nur an einzelnen Stellen durch eine dichtere Faserlage verstärkt war. Die einzelnen Cysten waren so dicht aneinandergedringt und ihre Wandungen so dünn, dass es nur schwer gelang, einzelne zu isoliren, ohne andere zu zerschneiden. Viele ent') C a e s a r H a w k i n s , On a peculiar form of congenital tumor of the neck. medico-chirnrgical transactions.

1839.

*) A. W e r n h e r , Die angeborenen Cysten-Hygrome etc.

Giessen 1 8 i 3 .

London

439

Cysten. hielten Inhalt

eine ganz belle, durchscheinende Flüssigkeit, andere einen röthlich gefärbten ohne

Gerinnsel.

Die Weichheit des einen Theils der Geschwulst

einer geringeren Anfüllung eines Theils der Cysten

hier.

gefüllt, dass sie sich wie feste Geschwülste anfühlten.

rührte

von

Andere waren so strotzend

Einige Lymphdrüsen waren von

der Cystenmasse eingeschlossen und ein Tfaeil der Parotis durch den gegen das Ohr hinaufragenden Tb eil der Geschwulst zu einer dicken Decke ausgedehnt.

Die Glandula

submaxillaris war in der Art verdrängt, dass sie dicht unter der Haut lag.

Alle an

der Basis des Unterkiefers liegenden Gefässe und Nerven waren von den Cysten umstrickt.

Gegen

die Tiefe hin erstreckte sich die Geschwulst bis zur Wirbelsäule,

die Kette der Cysten wärts und

wo

hinter dem Pharynx und Oesophagus bis zur Schädelbasis auf-

bis zum 6 . Halswirbel abwärts

sieb ausdehnte.

Längs des ganzen Halses

waren Carotis, Vena jugularis und Nerv, vagus von Cysten umgeben und durch dieselben von

einander gedrängt.

In den Gefässscbeiden selbst hatten

sich kleine Cysten e n t -

wickeil; nirgend aber standen sie mit dem Oesophagus oder Pharynx in Verbindung.

In Betreff der D i a g n o s e haben wir die fluetuirenden und durchscheinenden kugeligen Hervorragungen als charakteristisch hervorzuheben. Uebrigens könnten Verwechselungen vorkommen, je nachdem die hervorragenden Cysten mehr oder weniger strotzend mit Flüssigkeit gefüllt sind. Die Untersuchung von der Mundhöhle aus wird in keinem Falle zu vernachlässigen sein. Cystenbygrome, welche n u r den obersten Theil des Halses einnahmen und u n t e r der Zunge hervorragten, sind auch als „ R a n u l a * beschrieben worden.

Die B e h a n d l u n g hat es in vielen Fällen mit der Erfüllung einer Indicatio Vitalis zu thun. Die Erstickung muss abgewandt werden. Dies geschieht durch Anstechen einer oder mehrerer der am Stärksten hervorragenden Cysten. Sofern hierdurch (ausnahmsweise) die Respiration nicht hinreichend frei gemacht werden könnte, müsste man sich zur Tracheotomie entschliessen. Der Indicatio morbi wUrde man am Vollständigsten genügen durch Exstirpation des ganzen Cystencoinplexes. Dieselbe ist zwar versucht, aber nicht gelungen und wird wahrscheinlich niemals gelingen, da die grosse Ausbreitung der Cystea in die Tiefe ihr stets unübersteigliche Hindernisse entgegenstellen dürfte. A r n o t t m a c h t e den Versuch der Exstirpation bei einer solchen Geschwulst, deren Lage hinter dem Sternomastoideus günstig f ü r die Operation erschien.

Anfangs wurde

eine Cyste geöffnet und diese Punction wiederholt, als das Kind 1 Monat alt war. 5len Monat m a c h t e A r n o t t

eine Incision in der Voraussetzung, dass d e r

Theil der Geschwulst solide sei.

Es fand sich aber eine grosse Menge kleiner Cysten,

die er zwar bis hinter die Carotis und bis hinter nicht ganz ausrotten konnte. umfasst.

Im

grössere

den Pharynx verfolgte, aber doch

Der tiefste Theil der Geschwulst wurde mit einer Ligatur

Diese war aber nach 3 Wochen noch

nicht abgefallen und

das Kind litt

während dieser Zeit an häufigen Anfällen von Erysipelas.

Auch die Anwendung von jodhaltigen Einspritzungen nach der Punction und die hypodermatische Injection von Jod werden wegen der grossen Anzahl der Cysten und der Unmöglichkeit die tiefer lie-

440

Krankheiten des Halses im Allgemeinen.

genden zu erreichen, selten Erfolg haben, wohl aber zu gefährlicher Entzündung führen können. H a w k i n s und W e r n h e r empfehlen vor Allein die e i n f a c h e P u n c t i o n der hervorragenden Cysten, welche von Zeit zu Zeit wiederholt werden soll. Ragt die Cyste in die Mundhöhle hinein, so sticht man sie von hier aus an, da Wunden in der Mundhöhle besonders leicht heilen und eine entstellende Narbe jedenfalls nicht zurücklassen. H a w k i n s erwähnt ferner die C o m p r e s s i o n der Cyste nach Entleerung des Inhalts, welche günstigen Falls doch nur schwierig und nur an bestimmten Stellen (namentlich vor dem Ohr und zur Seite des Halses),in den meisten Fällenabergarnichtausgeführt werden kann. Unter den E i n r e i b u n g e n , durch welche die Resorption befördert werden soll, empfiehlt H a w k i n s besonders das Unguentum Kalii jodati, Umschläge und Waschungen mit Kampherspiritus, mit Essig und Rothwein, in welchen Salmiak aufgelöst ist, Bepinselungen mit Jodtinctur, vpn welcher letzteren er das Meiste erwartet; jedoch bekennt H a w k i n s selbst, dass alle diese Mittel h ö c h s t l a n g s a m wirken und dass er einen vollständigen Erfolg niemals beobachtet hat.. Stärkere Eingriffe, welcher Art sie auch seien, werden bei Neugeborenen, sofern nicht Erstickung droht, stets zu vermeiden sein. Dies ist um so mehr festzuhalten, als Beobachtungen vorliegen, aus denen hervorgeht, dass auch ohne Zuthun der Kunst, durch successiven Aufbruch der Cysten, Heilung erfolgen kann, — natürlich nur bei mässiger Grösse und mehr oberflächlichem Sitz 1 ). Seltener als an der vorderen Seite des Halses kommen C j s t e n h j g r o m e

am

N a c k e n vor, wo ihre Diagnose leichter ist und die durch sie bedingten lleschwerden u n d Gefahren geringer bildungen b e s t ä n d e n ,

sein w ü r d e n ,

wenn

nicht immer zugleich anderweitige Hiss-

welche die Lebensfähigkeit auszuschliessen und regelmässig eine

zu frühe Geburt zu bedingen scheinen.

2) Eine andere Art „seröser Cysten" am Halse, welche erst n a c h d e r G e b u r t , gewöhnlich erst nach Vollendung des Wachsthums entstehen, ist von M a u n o i r * ) , welcher nachwies, dass sie mit der Schilddrüse nicht zusammenhängen, als H y d r o c e l e c o l l i beschrieben worden. Sie beginnen als kleine, fast unmerkliche Geschwülste, meist auf der linken Seite des Halses, und erreichen schliesslich eine so bedeutende Grösse, dass sie den grössten Theil des Halses einnehmen und durch Compression der Luftröhre die Respiration behindern. Der Cysteninhalt ist bald wasserhell, bald rötblich oder chocoladenfarben, zuweilen auch grünlich, mit beigemischten und obenauf schwimmenden, ' ) Vgl. W e r n h e r , I. c. pag. 3 u. f. und pag. 44. ' ) Mémoires s u r les amputations, l'bjdrocèlo du cou etc.

Genève, 1 8 2 5 .

441

Cysten.

glitomerähnlichen Blättchen (Cholestearin), immer eiweisshaltig. Sie sind dürcbsichtig oder durchscheinend, wenn ihr Inhalt wasserhell ist. Fluctuation lässt sich in ihnen leicht nachweisen, sobald sie nur einige Grösse erreicht haben. Eine vorübergehende Entleerung durch die Punction gelingt leicbt und ohne Gefahr, fuhrt aber nicht zur radicalen Heilung. Die Exstirpation scheint niemals versucht worden zu sein, obgleich sie nach vorgängiger Punction, wenn die Cysten nicht allzu tief liegen, besondere Gefahren nicht haben dürfte. Am Häufigsten ist das Haarseil mit gutem Erfolge angewandt worden '). Die D r a i n a g e unter streng antiseptisebem Verbände bat mir neuerdings in zwei Fällen ein Uberraschend günstiges Resultat geliefert, obgleich die Geschwulst in dem einen Falle erheblich hinter das Sternum hinabstieg. 3) Als eine d r i t t e . A r t sind diejenigen Cysten zu bezeichnen, welche aus e i n e r a b n o r m e n E n t w i c k e l u n g der vor dem Schildknorpel gelegenen B u r s a m u e o s a t h y r e o i d e a * ) hervorgehen. Auf diese bezieht sich offenbar die Beschreibung B o y e r ' s : „Zuweilen entsteht zwischen dem Zungenbeine und dem Scbildknorpel, vor der sie verbindenden Membran, bedeckt von dem Platysma und den) M. byothyreoideus, eine mit zäher gelblicher Flüssigkeit gefüllte eingekapselte Geschwulst, die erst, wenn sie bei einer gewissen Grösse die bedeckenden Tbeile emporgehoben hat, bemerkt wird und dem Kranken auch später nur durch die Missstaltung, welche sie bedingt, Beschwerde macht." Sollte in einein Falle, wo die Beseitigung einer solchen Cyste gewünscht wird, die Exstirpation unausführbar erscheinen, so müsste man ihr die Drainage substituiren, diese aber streng nach der antiseptischen Methode ausführen. Aeusserst seilen kommen am Halse E c h i n o c o c c u s - C y s t e n

vor, meist u n t e r

dem Kopfnicker.

B. Gewöhnliche A t h e r o m e kommen, als oberflächliche Geschwülste, namentlich in der oberen Halsgegend, nahe dem Kinn, häufig vor. Ihre Diagnose und Behandlung bietet daselbst keine Schwierigkeiten dar. Im Genick dringen sie zuweilen zwischen die Muskelschichten ein, so dass ihre Exstirpation schwieriger und zuweilen gefährlich wird. Von besonderer Bedeutung sind in operativer ]

) Vgl. O ' B e i r n e , Dublin j o u r n a l , 1 8 3 4 , No. 16, Archiv, de méd. 2 . Série. T. II.

*) Ausser d i e s e m , zuweilen durch eine Scheidewand in zwei symmetrische Hälften getbeilten, von Anderen als B u r s a h y o l h y r e o i d e a bezeichneten grösseren Schleimbeutel liegen in derselben Gegend noch zwei andere kleinere: die B u r s a byoidea,

auf dem oberen Rande des Zungenbeinkörpers,

vorhandene B u r s a

antetbyreoidea,

sopra-

und die nicht immer

grade vor dem Vorsprunge des

k n o r p e l s ; beide sind sehr selten Silz eines Hygroms.

Vgl. H e i n e k e ,

Schild-

Anatomie

u. Pathologie der Schleimbeutel und Sehnenscheiden, Erlangen, 1 8 6 8 , pag. 4 8 u. f.

442

Krankheiten de« Halle« im Allgemeinen.

Beziehung die von B. v. L a n g e n b e c k ' ) beschriebenen D e r m o i d c y s t e n , welche von der Gefässscheide der Vena jugularis interna oder der Carotis ausgehen oder mit dieser wenigstens zusammenhängen *). Dieselben liegen am Häufigsten in der Carotidengegend. oberhalb der Kreuzungsstelle des Omohyoideus, relativ häufiger links, und stellen Geschwülste von runder oder ovaler Gestalt und glatter Oberfläche dar, mit deutlicher Fluctuation, die man am Besten fühlt, wenn die eine Hand von der Rachenhöhle aus, die andere von Aussen die Geschwulst comprimirt. Solche Tumoren sind seitlich verschiebbar und werden von der Carotis pulsirend emporgehoben, wenn man den Kopf hintenüber biegen lässt. Ob auch für diese Geschwülste Reste der Visceralspalten die ursprüngliche Grundlage abgeben, lässt sich noch nicht entscheiden. II.

Gefiissseachwttlste.

Auf die mit den grossen Gefässen des Halses zusammenhängenden Geschwülste üben die Herzthätigkeit und die Respirationsbewegungen einen sehr directen Eiufluss aus. Bei erhöhter Herzthätigkeit zeigen die Aneurysmen der Carotiden deutlichere Bewegungen und lassen ein stärker sausendes Geräusch vernehmen. Die Geschwülste, welche wesentlich aus venösen Gefässen bestehen, schwellen im Augenblick der Exspiration stärker an. — Gerade am Hals zeigen manche Geschwülste täusdhende Puisationen, ohne dass sie mit einer Arterie communiciren. Hierbei ist von Wichtigkeit, dass solchc Puisationen nicht eine gleichmässige Ausdehnung der ganzen Geschwulst bedingen, sondern nur bei einer gewissen Lage der Geschwulst, namentlich wenn man sie in der Richtung gegen die Carotis hin comprimirt, wahrgenommen werden. Kann man die Geschwulst etwas zur Seite schieben und dann in der Richtung von Hinten nach Vorn coinprimiren, so lassen sich keine Pulsationen entdecken, wenn es nicht wirklich ein Aneurysma ist. Ebenso wenig wird man bei dieser seitlichen Verschiebung das ftlr ein Aneurysma charakteristische sausende und pfeifende Geräusch wahrnehmen können, welches entstehen könple, wenn man auf die gegen die Carotis angedrängte Geschwulst das Stethoskop aufsetzte. Wegen der grossen Gefahr, welche mit der (unbeabsichtigten) Eröffnung eines Aneurysma am Halse verbunden ist, wird gerade hier die allergenaueste Untersuchung dringend zu empfehlen sein. Vgl. Bd. II. pag. 104. ') Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. I. pag.- 5 3 u. f.. *) B. v. L a n g e n b e c c k (1. c.) hebt ausdrücklich hervor, dass Carotis communis und Vena jugularis interna jede ihre besondere Gefässscheide besitzen.

Geschwülste.

443

In Betreff dir einzelnen Aneurysmen, welch« am Halse forkommen können, ist auf die Beschreibungen in Bd. II. zu verweisen, nnd zwar für An. t r u n c i

anonymi

auf pag. 158, An. c a r o t i d i s pag. 163, An. a. s u b c l a v i a e pag. 175.

Zu den Gefässgeschwülsten dürfte wohl auch die Mehrzahl der sogenannten B l u t c y s t e n zu rechnen sein; wenigstens ist der Zusammenhang derselben mit grösseren Venen für einzelne erwiesen, für andere durch den tibelen Erfolg therapeutischer Eingriffe wahrscheinlich gemacht. In manchen Fällen mag die zufällige Füllung einer schon bestehenden Cyste mit Blut, in Folge einer Zersprengung vielleicht sehr kleiner Gefässe in ihrem Inneren, die Blutcyste hergestellt haben. Dass Blut in der Cyste sei, kann in der Regel nur durch Probepunction erkannt werden. Da man eine scharfe Diagnose in Betreff des Zusammenhanges mit grösseren Gefässen nur in sofern stellen kann, als derselbe aus dem Ausfliessen unverhältnissmässig grosser Blutmengen zu erschliessen ist, so empfiehlt es sich bei allen bluthaltigen Cysten solche therapeutische Eingriffe zu unterlassen, welche beim Bestehen der Communication mit einem grösseren Gefäss gefährlich werden könnten, namentlich also Injectionen von Jodlösung oder Liquor ferri sesquicblorati. III.

Parenchymatöse

Geschwttlite').

F e t t g e s c h w ü l s t e kommen häufig am Halse vor, zumal im Nacken, haben gewöhnlich einen oberflächlichen Sitz und dringen nur selten zwischen die Muskeln ein, so dass ihre Exstirpation, trotz bedeutender Grösse, keine besonderen Schwierigkeiten macht. F i b r o m e treten zuweilen in bedeutender Grösse am Halse auf. Sic wachsen meist aus der Tiefe hervor und können selbst von den Halswirbeln oder doch von deren Periost ihren Ursprung nehmen. Zahlreiche und bedeutende Aeste dringen aus den benachbarten Gefässstämmen in sie ein. Muskeln und andere Organe werden durch sie weithin verdrängt; selten greifen sie in das Muskelgewebe ein, noch seltener nehmen sie in ihm ihren Ursprung. Die B e h a n d l u n g kann nur in der Exstirpation bestehen; diese aber ist, wegen der Tiefe, in welcher und wegen der Festigkeit, mit welcher solche Geschwülste zu wurzeln pflegen, nicht selten schwierig. Die Mehrzahl der am Halse vorkommenden Geschwülste geht von den L y m p h d r ü s e n aus. Gewöhnlich handelt es sich bei primären Drüsengeschwülsten um die Bd. I. pag. 553 und Bd. II. ' ) Wir fassen unter diesem Namen diejenigen Geschwülste zusammen,

in denen

weder die Bildung von Hohlräumen, noch auch die Entwicklung nener Gefässe die Hauptsache ist.

Krankheiten des Halses im Allgemeinen.

444

pag. 2 7 8 u. f. erläuterte H y p e r t r o p h i e d e r L y m p h d r ü s e n , welche, wenn sie ihren Ausgang in käsige Erweichung nimmt, als Tuberculose, anderen Falls als S a r c o m , auch wohl als scrophulöses Sarcom bezeichnet zu werden pflegt. Ungleich viel seltener kommt das w a h r e Sarcom als primäre Drüsengeschwulst am Halse vor. Dagegen haben alle Arten von S a r c o m und von K r e b s bald in Folge der Weiterverbreitung vom Gesicht oder von den Kiefern her, bald als Récidivé nach Operationen an den genannten Theilen, also als s e c u n d ä r e Geschwülste, sehr häufig ihren Sitz in den Lymphdrüsen des Halses. P r i m ä r e K r e b s e am Halse sind selten und gehen meist von den Gefässscheiden aus (B. v. L a n g e n b e c k ) . — In Betreff der Charaktere dieser verschiedenen Geschwülste vgl. Bd. I. In einem auf der schnell

Greifswalder

verjauchenden Zellenkrebs auf

Klinik beobachteten Falle sah ich durch einen der linken Seite des

Halses alle Weichlheile

bis zur Carotis und bis zur Subclavia bin zerstört werden, so dass diese beiden grossen G e f l s s e (die Carotis in einer Ausdehnung von 5 Cent.), nur ton einer dünnen Schicht krebsiger Wucherungen bedeckt, pulsirend, im Geschwürsgrunde Monate lang werden k o n n t e n , bis wiederholte Blutungen aus der Subclavia

gesehen

den Tod herbeiführten.

Exatlrpatlen der Geschwülste am H a l s e ' ) . Obgleich M a l g a i g n e ' ) erklärt, „dass für die Exstirpation der am Halse, wie in anderen Gegenden des Körpers, vorkommenden. Geschwülste besondere Vorschriften nicht erforderlich s e i e n " , heben Andere mit Recht hervor, dass ausser der genauesten Kenntniss der Topographie des Halses auch die Bekanntschaft mit den in dieser Beziehung bisher gemachten Erfahrungen erforderlich ist. Hierbei handelt es sich u m : 1) die Lagerung des Kranken, 2) d i e Richtung der Einschnitte, 3) das Verfahren bei der Ausschälung der Geschwulst in der Tiefe, 4 ) die Stillung der Blutung und 5) die Art des Verbandes. 1) Bei allen grösseren Operationen am Halse liege der Kranke möglichst horizontal; wenn auf der vorderen Seite des Halses operirt werden soll, mit hintenüber gebeugtem Kopf, indem der Hals durch ein in's Genick gelegtes Rollkissen emporgewölbt wird ; bei Operationen im Nacken in der Seitenlage. Für die Ausschälung mancher Geschwülste der letzteren Gegend ist es b e q u e m e r , wenn der Patient auf einem Stuhle gleichsam reitend sitzt und der Kopf durch einen Gehülfen v o r n ü b e r - g e b e u g t gehalten wird. 2) Die Richtung der Einschnitte soll, nach D i e f f e n b a c h , immer >) Vgl. D i e f f e n b a c h , Operative Chirurgie, B d . I I . pag. 3 2 1 u. f . ; B. L a n g e n b e c k , in seinem Archiv, Bd. I. pag. 6 5 u. f. ' ) Médecine opératoire, éd. V. pag. 4 5 3 .

Eislirpation der Geschwülste.

445

longitudinal, dem Laufe des Sternocleidomastoideus ungefähr entsprechend, sein. Reicht e i n e grade Incision nicht aus, um die Geschwulst von allen Seiten her zugängig zu machen, so empfiehlt D i e f f e n b a c h zwei LSngsincisionen, welche einander parallel am vorderen und hinteren Umfange der Geschwulst verlaufen, namentlich für solche Geschwülste, die zwischen den Muskeln in die Tiefe dringen, oder gar von der vorderen Fläche des Halses zwischen den Muskeln bis unter die Haut des Nackens sich erstrecken. Trotz der grossen Erfahrungen D i e f f e n b a c h ' s

auf diesem Ge-

biete, wird man seiner Lehre, dass bei allen diesen Operationen am Halse immer nur verticale Längsschnitte zu machen seien, nicht beistimmen können.

Es giebt viele Fälle, in denen bei Weitem mehr

Platz gewonnen und die Exstirpation ungemein erleichtert wird, wenn man quere Incisionen macht oder diese mit Längsincisionen coinbinirt oder

endlich

aus

der bedeckenden

Haut langgestreckte,

mit ihrer

Basis nach Oben gerichtete Lappen bildet oder elliptische Längsstreifen ausschneidet.

Auf solche Weise gelingt es, eine klare Ucbersicht über

die tiefer liegenden Theile zu gewinnen und nicht im Dunkeln blos unter der Leitung des Fingers schneiden zu müssen. 3 ) Bei

der Ausschälung

der tiefer liegenden

Theile

der Ge-

schwulst muss der Operateur, wegen der grossen Gefahr einer zufälligen Gefässverletzung, die zu durchschneidenden Theile möglichst genau zu sehen suchen; nur im äussersten Nothfalle darf er sich auf die Diagnose mittelst der Fingerspitzen verlassen.

Zu diesem Behuf

ist erforderlich, dass man die Geschwulst hinreichend entblösst (durch entsprechende Incisionen und die Anwendung von Muskelhaken), ferner dass man immer vou Unten her die Auslösung beginnt und somit zuerst die mit dem Tumor etwa

zusammenhängenden

grossen

Gefässe blosslegt, um sie nöthigen Falls vor der Durchschneidung zu unterbinden; endlich empfiehlt sich die Zerstückelung der Geschwulst, wenn sie durch ihre Grösse den Einblick in die Tiefe erschwert. Nur bei den deutlich eingekapselten Drüsengeschwülsten ist es zulässig, die Geschwulst stark hervorzuziehen.

Bei diesen ist sogar ein wirkliches

Herausreissen derselben a u s i h r e r K a p s e l statthaft. Wollte man bei Geschwülsten, die nicht in dieser Weise abgekapselt sind, sondern mit den umgebenden Theilen innig zusammenhängen, zu demselben Mittel greifen, so könnte man leicht grössere Gefäss- oder Nervenstämme, knieförmig umgeknickt, mit der Geschwulst zugleich hervorziehen und unabsichtlich durchschneiden.

Namentlich gilt dies-für grössere Venen,

welche, durch die Spannung blutleer, unter solchen Verhältnissen von dünnen Bindegewebslagen gar nicht zu unterscheiden sind.

Hierbei

446

Krankheiten de«. Halles im Allgemeinen.

ist nicht blos die Blutung, sondern auch der Eintritt von Luft in die Venen zu fürchten. — Um ganz sicher zu gehen, liisst man in kritischen Momenten den Finger eines Gehülfen dicht über dem Schlüsselbein zur Compression der grossen Gefässe bereit liegen. — Wo man bei der Exstirpation grosser Halsgeschwiilste auf Stränge stösst, welche, in der Richtung gegen die Geschwulst hin verlaufend, den Verdacht erregen, als seien sie Gefässe oder enthielten solche, ist es zweckmässig, dieselben vor der Durchschneidung wenigstens an der von der Geschwulst abgewandten Seite zu unterbinden oder doch mit einer Unterbindungspincette vorläufig zu fassen. Es ist bei Weitem besser, die Operation hierdurch etwas zu verlängern, als durch einen unerwarteten Blutstrom später unterbrochen zu werden. — Ob man mehr mit der Scheere oder dem Messer in der Tiefe die Trennung vornehmen will, hängt von individueller Uebung ab. Dünne schlaffe Schichten durchschneidet man im Allgemeinen besser mit der Scheere. An besonders gefährlichen Stellen ist das Abbinden der tiefsten Theile der Geschwulst, in welche man grössere Gefässe eintreten sieht, zulässig; aber man muss sicher sein, kein Stück der Vena jugularis interna roitzufassen. 4) Die Stillung der Blutung muss, wie eben angedeutet, wo möglich schon während der Operation bewirkt werden. Bei hinreichender Uebung und guter Assistenz kann man kleinere Gefässe durch' Gehtilfen vorläufig comprimiren lassen. Nach Beendigung der Operation muss man sie aber wieder aufsuchen und einzeln unterbinden. Nur auf diese Weise ist man vor Nachblutungen sicher, welche sonst in bedenklicher Fülle eintreten können und dann mindestens den Ileilungsprocess stören. Gelingt die Unterbindung nicht, so kann man zur Stillung der Blutung grössere Wundhöhlen mit antiseptisch präparirter Charpie oder Watte füllen, die nöthigenfalls noch mit einer styptischen Flüssigkeit getränkt wird, kleinere aber von Aussen her comprimiren. Dringt man stets von den grossen Gewissen aus gegen die' Geschwulst vor, so wird man dieser Mittel selten bedürfen. 5) Bei dem Verbände sucht man, so viel als möglich, auf erste Vereinigung hinzuwirken, jedoch nicht so, dass man etwa die Haut Uber einer grossen Wundhöhle ganz zusammennähte, wodurch nur zu Eitersenkungen Veranlassung gegeben und später doch eine schmerzhafte Wiedereröffnung nothwendig gemacht werden würde. Da man selten erwarten kann, dass erste Vereinigung auch in der Tiefe der Wunde erfolgen werde, so ist es besser, ein Drainrohr einzulegen und streng nach der antiseptischen Methode zu verfahren.

Dreizehnte Abtlielluiig. Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre. Anatomischer Der K e h l k o p f ,

Larynx,

Ueberblick.

Caput asperae a r t e r i a e , stellt am oberen Ende

der

L u f t r ö h r e eine a u s mehreren beweglich mit einander verbundenen Knorpeln zusammengesetzte Kapsel dar, welche, in der Mittellinie des Halses liegend, nach Oben mit dem Pharynx,

nach Unten mit der Luftröhre communicirt.

beweglich: a u f w ä r t s und abwärts durch

Er ist nach allen Seiten bin

die Bewegungen

der Zungenbeinmuskeln,

so

zwar, dass er bei j e d e r Schlingbewegung emporgezogen wird; in den übrigen Richtungen wird er nicht durch Muskeln bewegt, wohl aber durch äussere Einwirkungen leicht verschoben.

Die Beweglichkeit und Verschiebbarkeit des Kehlkopfes m a c h t es nöthig,

bei j e d e r an ihm Torzunehmenden Operation vor Allem f ü r gehörige Fixation desselben zu sorgen.

In der Mittellinie liegt vor dem Kehlkopf n u r die H a u t , etwas

Zellgewebe und die Fascia

colli.

Weiter nach

M. sternohyoideus und vom Platysma bedeckt.

Aussen

lockeres

wird er überdies noch vom

Noch weiter zur Seite und tiefer neben

ihm liegen die Carotiden, die Vena jugularis interna, -der Vagus und der Sympathlcu», deren relative Lage Bd. II. , pag. 161

erläutert ist.

Wir

wiederholen hier n u r ,

dass

m a n , neben dem Larynx in die Tiefe dringend, direct zur Carotis gelangt,

lieber die

einzelnen Theile des

Folgendes

hervorzuheben.

Kehlkopfes ist in chirurgischer Beziehung namentlich

Die elastische M e m b r a n a

hyotbyreoidea

ist von d e r Epiglottis

durch einen fetthaltigen dreieckigen Baum getrennt, in welchem eine Drüse liegt. Gegen den Pharynx hin ist sie nur-von der Schleimhaut überzogen. Membran

wird von einem kleinen Arterienast

Kehlkopf eintretenden Nervus laryngeus superior durchbohrt. Zungenbein aufsteigenden

Muskeln,

ihre Höbe beträgt beim Erwachsenen

ferner die Fascia, etwa

Der vordere Theil dieser

und von dem auf diesem Wege in den

3 3 Millim.

Vor ihr liegen die zum

das Platysma

and die H a u t ;

Der vorzugsweise beim Manne

stark hervorspringende S c h i l d k n o r p e l ist etwa 2 5 Millim. hoch.

Er wendet schräg

nach beiden Seilen bin seine, vorn in einen vorspringenden Winkel zusammenstossenden Flachen.

Etwa

4 Millim. unterhalb des an seinem

oberen Rande in der Mittellinie

befindlichen Ausschnitts heftet sich das vordere Ende der S t i m m b ä n d e r fest. Von dem R i u g k n o r p e l ist änsserlich nur der vordere schmale Theil zu sehen nnd zu fühlen. F ü h r t . m a n den

Finger sehr tief über die Epiglottis hinweg in den Rachen

ein,

so

kann m a n mit der Fingerspitze die anf dem hinteren höheren Theile des Ringknorpels befestigten G i e s s b e e k e n k n o r p e l

erreichen.

Die f ü r die Stimmbildung s o wichtigen

448

Krankheiten de« K e h l k o p f « und der Luftröhre.

Bewegungen dieser kleinen Knorpel, an denen die hinteren Enden der S t i m m b ä n d e r befestigt sind, werden durch die von ihnen zum Ringknorpel abwärts (crico-arytaenoidei), zum Scbildknorpel nach Vorn (thyreo-arytaenoidei)

und von einem

zum anderen (arytaenoideus p r o p r i o s ) verlaufenden Muskeln bedingt.

Giessbeckenknorpel Von den Seiten-

theilen des Itingknorpels steigen die Mm. crico-tbyreoidei zum Schildknorpel aufwart», die stärksten

Spanner der S t i m m b ä n d e r .

Pharynx in den Oesophagus ü b e r ; in den Kehlkopf ein.

In der Höhe des

in derselben

Ringknorpels

Gegend dringt d e r Nervus

Die höchst elastische M e m b r a n a

gebt

der

recurrens

crico-tbyreoidea

(Lig.

conoides) ist 6 — 8 Millimet. hoch und C — 1 0 Millimet. b r e i t ; vor ihr liegt kein Organ von Bedeutung.

Ausnahmsweise

kann die Arteria crico-thyreoidea

einen grossen Ast

z a r Schilddrüse senden, welcher über diese Membran verläuft und d a h e r verletzt werden

mfisste,

wenn

man- ohne Weiteres

einen

queren

Einschnitt

in

die

Membran

machen wollte. Die L u f t r ö h r e ,

Trachea,

steigt in verschiedener H ö h e , meist

ihrem zweiten oder dritten - Ringe an

und n u r

einige l.inien

aber erst t o n

weil durch den Isthmus

der S c h i l d d r ü s e bedeckt (vgl. Abth. XV.), in der Mittellinie zur oberen Apertur des Thorax binah.

Vor ihr und dicht auf ihr verläuft die unpaarige V e n a

thyreoidea

i n f e r i o r m e d i a , selten auch die anomale A r t e r i a t h y r e o i d e a i m a z u r Schilddrüse.

E r s t e s

Diagnostik.

C a p l t e l .

Laryngoscopie').

Die äussere Untersuchung des Kehlkopfes, die Erforschung schmerzhafter Stellen durch umschriebenen Druck in den Regionen, welche vorzüglich zu Krankheitsprocessen disponirt sind, ergiebt meist nur spärliche und unzuverlässige Resultate. Fruchtbringender und, trotz der riesigen Fortschritte, welche die neueste' Zeil gerade für die Diagnostik der Kehlkopfskrankheiten aufzuweisen hat, unentbehrlich ist die Untersuchung des Kehlkopfeinganges m i t t e l s t d e s d u r c h d e n M u n d u n d d e n I s t h m u s f a u c i u m b i s auf den K e h l k o p f e i n g a n g e i n g e f ü h r t e n F i n g e r s . Mit Recht hat R ü h l e * ) auf diese Untersuchungsmelhode grosses Gewicht gelegt und die dabei zu beachtenden Cautelen genau angegeben. Je nach der Länge der Finger muss man den Zeigefinger allein oder Zeige- und Mittelfinger zugleich Uber die Zunge langsam einfuhren und dabei den Kranken zu tiefen In- und Exspirationen auffordern, auch seine Aufmerksamkeit, während man mit der Fingerspitze Uber die Zungenwurzel hinein bis an die Epiglottis und die Ligamenta ary-epiglottica gleitet, durch Unterhaltung von der Exploration abzulenken suchen. Auf diese Weise gelingt e s , bei einiger ' ) Bearbeitet von Herrn Prof. Dr. v. Z i e m s s e n

in München.

*) Die Kehlkopfkrankbeiten, klinisch bearbeitet von H. R ü h l e .

Berlin 1 8 6 1 . pag. 2 4 .

449

Laryngoscopie.

Ruhe und Umsicht Seitens des Arztes, selbst in Fällen von grosser Athemnoth unÜ Aufregung, wo jede Untersuchung mit dem Spiegel unmöglich sein würde, z. B. bei acutem Oedema glottidis, fremden Körpern in der Glottis u. dgl., die Beschaffenheit des Kehldeckels und des Zungengrundes, der ary-epiglottischen Falten sowie der Giessbeckenknorpel mit ziemlicher Sicherheit zu erkennen und nicht selten mit demselben Finger und in demselben Momente den geeigneten Eingriff vorzunehmen, namentlich die Scarification der ary-epiglottischen Faltenwülste bei Oedema glottidis mittelst des Fingernagels, oder die Extraction eines fremden Körpers'). Wie bei ähnlichen schwierigen Untersuchungsmethoden, welche gewöhnlich nur in Fällen der Notli zur Anwendung kommen, ist auch hier hinreichende Vorübung nöthig, damit der Finger sich schnell und sicher orientirt. Viel wichtiger freilich und als einer der eminentesten Fortschritte der Diagnostik in der Neuzeit zu bezeichnen ist die L a r y n g o s c o p i e im engeren Sinne, die U n t e r s u c h u n g d e r K e h l k o p f s h ö h l e m i t telst des Spiegels. Die ireteu gelungenen Versuche mittelst eines kleinen in den Pharynx eingeführten Spiegels den

kranken Kehlkopf zu untersuchen s i n d ,

soweit die Literatur Aufschluss

g i e b t , von L i s t o n * ) und W a r d e n ' ) angestellt, scheinen jedoch vereinzelt geblieben zu sein.

I n Jahre s p a t e r ,

Garcia4)

im Jahre 1 8 5 5 ,

veröffentlichte der Gesanglebrer

Manuel

sehr schone physiologische Untersuchungen . ü b e r die Stimmbildung,

auf laryngoscopischen Studien basirten. T ü r c k in Wien mit Untersuchungen

welche

Im S o m m e r 1 8 5 7 beschäftigte sich Primararzt an gesunden

und kranken Kehlköpfen nach der

G a r c i a 'scheu Methode, jedoch, wie es scheiut, ziemlich resultatlos, und erst mit den Verbesserungen, welche C z e r in a k in die Methode einführte (Benutzung des künstlichen Lichtes und des Augenspiegels als lUflector desselben, Untersuchung des eigenen Kehlk o p f e s ) , sowie mit den rasch sieb folgenden Veröffentlichungen desselben, welche den eminenten Nutzen der Laryngoscopie f ü r Diagnostik und Therapie zur Evidenz beniesen, begann werden.

die neue

Untersuchungsmetbode

Gegenstand

allgemeiner A u f m e r k s a m k e i t

des letzten Jahrzehnts brachte, die therapeutischen Erfolge, welche v. B r u n s , Tobold

zu

Die Fülle überraschender Thatsachen, welche die mpdicinische Presse während u. A. mit Hülfe des Kehlkopfspiegels erzielten,

') Middeldorpf Wärterin

(Die Galvanokaustik,

Breslau,

endlich

185i,

pag. 2 0 8 )

fand bei

im Hospitale zu B r e s l a u , welche wahrend des Essens plötzlich

stickungsgefahr g e r i e t h ,

den Kehldeckel

zwischen

Lenin,

die grosse Zahl von einer in Er-

den Giesskannenknorpeln

ein-

geklemmt und war iui Stande durch sofortiges Einhaken des Fingernagels

in-den

Seiteurand

worauf

des Kehldeckels

denselben

sofort alle Athemnoth gehoben war. ' ) Practica! Surgery.

herauszuziehen

und a u f z u r i c h t e n ,

(Vgl. R ü h l e , I . e . , pag. 13.)

London 1 8 1 0 , pag. 4 1 7 .

' ) Tbe London and Edinburgh Monthly Journal of medical science 1 8 4 5 , Vol. V. pag. 5 5 ? . *) Tbe London, Edinburgh and Dublin Philosophical Magazine and Journal of Science. Vol. X. 1 8 5 5 . pag. 2 1 8 , auch in Proceedings of t h e Hoyal Society, London 1 8 5 5 , Vol. VII. No. 13. D a r d e l e b e n , Chirurgie.

7. Aufl. Ul.

29

450

Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.

„Anleitungen zum Gebrauch des Laryngoscops", welche schnell nach einander erschienen sind, haben auch bei den Aerzten das Interesse an der Sache geneckt und die Scheu vor den Schwierigkeiten verdrängt, so dass wir die Laryngoscopie als eine allgemein in die Praxis eingebürgerte Untersuchungsmethode betrachten

könneo.

Von der sehr umfaogreieben Literatur möge nur das Wichtigste hier aufgeführt werden. C z e r m a k , der Kehlkopfspiegel, Leipzig 1860. 2. Aull. 1863. (Le Laryngoscope etc. Paris, 1 8 6 0 . )

T ü r c k , Praktische Anleitung zur Laryngoscopie. Wien, 1860.

Türck,

Clinical researches on différent diseases of tlie Larynx, Trachea and Pharynx, examined by Laryngoscope. Bourouillou,

London, 1 8 6 2 .

Lewin,

Die Laryngoscopie. Berlin 1860.

Cours complet de laryngoscopie.

goscope au point de vue pratique.

Paris, 1861.

Paris, 1 8 6 1 .

Moura-

Fauvel,

Le laryn-

v. B r u n s , Die erste Ausrottung eines

Polypen in der Keblkopfshöhle durch Einschneiden ohne blutige Eröffnung der Luftwege, nebst einer kurzen Anleitung zur Laryngoscopie. Tübingen, 1 8 6 2 . M e r k e l , Die Functionen des menschlichen Kehlkopfes etc. Introduction of tbe Art of Laryngoscopy.

London, 1862.

goscopie und ihre Verwerthung f. d. ärztl. Praxis. der Laryngoscopie. Mit 2 3 Holzschnitten. 1869.

Vearsley,

Semeleder,

Die Laryn-

Wien, 1863.

Berlin, 1 8 6 3 .

3. Aufl. «oit 5 7 Holzschnitten, 1 8 7 4 .

laryngoscopische Chirurgie.

Nachtrag dazu 1 8 6 3 .

Leipzig, 1862. Tobold,

Lehrbuch

2 . Aufl. mit 4 5 Holzschnitten,

v. B r u n s , Die Laryngoscopie und die

Mit einem Atlas von acht (zum Tbeil

colorirten) Tafeln.

Tübingen, 1 8 6 5 . M o u r a , Traité pratique de laryngoscopie et de rhinoscopie. Paris, 1 8 6 5 . Morell M a c k e n z i e , Halbertsma,

Tbe

use of the laryngoscope.

De keelspiegel en zijne aanwending.

Ithinoscopy and laryngoscopy, with coloured plates.

London, 1 8 6 5 . Leiden,

1865.

New-York, 1 8 6 6 .

III. Edit.

1871.

Semeleder, Türck,

Klinik

der Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre, nebst einer Anleitung zum Gebrauche des Kehlkopfspiegels. therapeutisches. Laryngoscopie.

Wien,

I. Apparate.

1866.

v. Z i e m s s e n ,

Sammlung klin. Vorträge von lt. Volkmann.

Traité pratique des maladies de larynx et de pharynx. of tbe throat.

Laryngoscopischcs und Laryngo-

D. Archiv f. klin. Medicin 1 8 6 9 , Heft 2 .

New-York,

Stork,

No. 3 6 , 1 8 7 2 .

Paris, 1 8 7 2 .

Cohen,

Ueber

Mandl, Diseases

1872.

Indem, wir zunächst quf die Technik eingehen, verweisen wir, um Wiederholungen zu vermeiden, in Betreff der nöthigen B e l e u c h t u n g , auf die ausführliche Erörterung dieses Punktes bei der P h a r y n g o s c o p i e (pag. 38$ u. f.). Hier sei nur noch bemerkt, dass grade für den Kehlkopf, wo es sich im Allgemeinen um die Diagnose feinerer Veränderungen und um therapeutische Eingriffe in einer viel wichtigeren Region, als im Nasenrachenraum, handelt, — eine möglichst helle Beleuchtung zu empfehlen ist. In Betreff der Fixirung des Beleuchtungsspiegels wird hier am Besten von der Haltung desselben durch die linke Hand oder durch ein Stirnband von vornherein abgesehen. Viel zweckmässiger ist es immer, wenn man den Beleuchtungsspiegel am vorderen Ende des Blechhutes der Art befestigt, dass man der Spiegelfläche mittelst eines Kugelgelenks jede beliebige Stellung zur Lichtquelle, wie zum Beleuchtungsobject geben kann. Der Untersucher behält damit die linke Hand für die Einführung des Kehlkopfspiegels

Laryogoscopie.

451

frei und kann die rechte Hand zur Einführung von Sonden, Aetzmittelträgern, Messern und anderen Instrumenten verwerthen. Die K e h l k o p f s p i e g e l besitzen im Allgemeinen die Form und Construction der Rachenspiegel (pag. 392). Manche ziehen länglichviereckige (mit abgestumpften Ecken), Andere runde oder eiförmige Spiegel in Gebrauch, — fast ohne Ausnahme Spiegel von Glas mit Silberbelag. Andere lieben es, die Silberspiegel, deren Belag durch einen LackUberzug geschützt ist, auf schlechte Wärmeleiter — Holz (Buchbaum-, Ebenholz), Bilffelhorn, Elfenbein — mittelst eines Klebemittels zu befestigen. An den Holz- oder Metall-Rücken wird der Metallstiel s e i t l i c h in verschieden stumpfem Winkel angenietet. Durch diese seitliche Befestigung des Stiels wird es unvermeidlich, fUr die rechte und für die linke Hand besondere Spiegel haben zu müssen. Der Modus procedendi bei der laryngoscopischen Untersuchung ist folgender. Der Arzt setzt sich dem Patienten so gegenüber, dass der Mund des letzteren in die Höhe seines Auges zu stehen kommt. Der Kopf des Patienten muss durch einen Kopfhalter fixirt werden, welcher am Besten nach dem Modell der Photographen construirt und gut gepolstert ist. Der Patient wird nun angewiesen, seine vorgestreckte Zunge mit einem Tuche zu umwickeln und sie vermittelst desselben kräftig heraus und nach Unten zu ziehen. Dieses Verfahren, die störende Zunge zu beseitigen, ist unzweifelhaft das sicherste und zugleich das praktischste, insofern auch der ungelehrigste Patient diese Obliegenheit sofort zur Zufriedenheit erfüllt. Zu empfehlen ist es, den Patienten in dieser Stellung, d. h. mit weitgeöffnetem Munde und vorgezogener Zunge einige Zeit ruhig und tief athmen zu lassen, bevor man den Spiegel einführt. Während dessen giebt man der Lichtquelle (Lampe) eine solche Stellung zum Beleuchtungsspiegel, dass die höchste Intensität des Lichtes auf das Gaumensegel des Patienten fällt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass man mit dem Beleuchtungsspiegel dem Kranken um so näher rücken muss, je weiter die Lampe hinter den Kopf desselben zurückgeschoben wird. Ein Weitsichtiger wird also wohl thun, die Lampe unmittelbar neben den Kopf des Patienten zu stellen, weil er sich alsdann mit seinem Hohlspiegel weit von dem Patienten entfernen kann. Der Kurzsichtige dagegen wird, um dem Gegenstande seiner Untersuchung möglichst nahe rücken zu können, das Licht zur Seite des Kopfes rückwärts schieben und zwar so weit, bis er sich ohne Schaden für die Intensität des Lichts dem Munde des Patienten mit seinem Auge nach Bedarf nähern kann.

29*

452

Krankheiten des Kehlkopfe« und der Luftröhre. Hierbei ist freilich nicht z u vergessen, dass bei g e r i n g e r Distanz

z w i s c h e n dem A u g e u n d dem Kehlkopfspiegel im Rachen die Möglichk e i t , mit b e i d e n

A u g e n das Spiegelbild z u übersehen, w e g f ä l l t ,

immerhin ein g r o s s e r Nachtheil ist.

Kurzsichtige w e r d e n sich

was

deshalb

besser einer s c h a r f e n Brille bedienen, um sich so weit von dem Patienten entfernen

zu

können,

dass beide

Augen

zur

Anwendung

kommen.

Ein Hinderniss Seitens des B e l e u c h t u n g s s p i e g c l s ist für das S e h e n mit beiden

Augen

nicht m e h r

vorhanden,

seit m a n

fast allgemein

das

centrale L o c h desselben v e r s c h m ä h t u n d Uber oder unter dem S p i e g e l h i n w e g s i e h t , w e l c h e r von d e r linken Hand gehalten wird o d e r an d e m Blechhute e i n g e l e n k t ist. Wenn

die

Lichtquelle

im richtigen V e r h ä l t n i s s

zum

Bildpunkte

eingestellt ist, so f ü h r t man den v o r h e r Uber der Spiritus- resp. G a s flamme

e r w ä r m t e n u n d z u r S i c h e r h e i t an d e r eigenen Hand oder

Gesicht

auf seinen W ä r m e g r a d

geprüften Spiegel

so

in den

am

Rachen

ein, dass der R ü c k e n des S p i e g e l s die Uvula aufladet und den unteren R a n d des V e l u m kräftig nach Oben und Hinten d r ü c k t , o h n e j e d o c h die hintere R a c h e n w a n d z u b e r ü h r e n .

In der e i n g e n o m m e n e n Position

hält m a n den S p i e g e l u n b e w e g l i c h ' ) ,

um sich z u Orientiren u n d als-

dann, w e n n nöthig, die S t e l l u n g der Spiegelfläche zu dem Objecte z u ä n d e r n , d. h. den ganzen Spiegel m e h r zu heben oder z u senken, ihn m e h r v o r z u z i e h e n o d e r m e h r nach Hinten z u drängen.

Die Sicherheit

i m richtigen Einsetzen d e s Spiegels, sowie in den z w e c k m ä s s i g e n s c h i e b u n g e n innerhalb des R a c h e n s wird nur durch U e b u n g

Ver-

gewonnen.

N o l h w e n d i g ist, dem Patienten, w e n n er ein Neuling ist, ruhiges, tiefes, h ö r b a r e s In- u n d E x s p i r i r e n , bei j e d e r Exspiration

s o w i e das Intoniren des Diphthongs

i m m e r w i e d e r z u empfehlen.

ae

Nicht b l o s , dass

der Isthmus f a u c i u m d u r c h das A n s c h l a g e n des ae-Lautes beträchtlich erweitert w i r d , indem V e l u m u n d Uvula g e h o b e n w e r d e n ; sondern es wird

auch

die A u f m e r k s a m k e i t

des Patienten

geleitet u n d d a d u r c h das Gelingen derselben Mit der Exploration

von der P r o c e d u r

ab-

gesichert.

d e s K e h l k o p f e s verbindet man

zweckmässig

die U n t e r s u c h u n g d e r a n l i e g e n d e n Theile d e r Z u n g e und des P h a r y n x . Indem

man

den Spiegel

m e h r vertical u n d

nicht g a n z

nach Hinten

einsetzt, überschaut man z u n ä c h s t den Z u n g e n g r u n d mit d e n Papillae vallatae, s o d a n n die v o r d e r e (obere) F l ä c h e des K e h l d e c k e l s und z w i schen

diesem

und

der Z u n g e

die Sinus

d u r c h das L i g a m e n t u m glosso-epiglotticum

glosso-epiglottici,

getrennt

medium.

' ) Der RiogQager der den Spiegel führenden Hand stützt die letztere im Anfang mit Vortheil a m Unterkiefer d e s Patienten, damit dirselbe ruhig bleibt; später ist dies nicht mehr nöthig.

I.aryngosrnpie.

453

Es ist wohl kaum nothwendig, d a r i n zu erinnern, dass das Spiegelbild die Gegenstände in verkehrter Stellung wiedergiebt. Der Anfänger thut gut, sich sofort daran zu gewöhnen, die Theile nicht nach dem Spiegelbilde, sondern nach der wirklichen Lage zu localisiren und 7.u bezeichnen, weil dadurch therapeutische Eingriffe (Einführung des Aetzmittelträgers, einer Scheere u. s. w.), welche im Spiegelbilde vorgenommen werden und wegen der Bewegungen in entgegengesetzter Richtung zum Spiegelbilde Anfangs grosse Schwierigkeiten darbieten, sehr erleichtert werden. Wer seine ersten laryogoscopischen Urbungen nicht an lebenden Menseben machen kann, benutze dazu das von T o b o l d angegebene P h a n t o m ,

d. b. einen Schädel, der

anf einer Slange steckt und einen Kehlkopf von Papier mâché nebst einer Zunge von Leder tragt.

Bei tieferem Einsetzen des Spiegels erblickt man zunächst den vorderen Rand des K e h l d e c k e l s und darunter, wenn die Epiglottis hinreichend gehoben ist, die weissglänzenden S t i m m b ä n d e r , welche beim a e - L a u t sich mit ihren freien Rändern aneinander legen, bei tiefer Inspiration dagegen auseinander weichen, um sich an die Seitenwand des Larynx anzulegen. Ueber denselben erscheinen zunächst die M o r g a g n i ' s c h c n Taschen, besonders gut sichtbar bei Schiefstellung des Spiegels, gewöhnlich nur als dunkel schattirte Linien erscheinend, — demnächst die rothgeförbten T a s c h e n b ä n d e r (Ligg. glottidis spuria). Nach Hinten zu zeigen sich die G i e s s b e c k e n K n o r p e l mit den auf ihrer Spitze sitzenden S a n t o r i n i ' s c h e n Knorpeln, durch ihre energischen Bewegungen auffallend. Von beiden Giessbecken-Knorpeln erstrecken sich die L i g g . a r y - e p i g l o t t i c a zum Kehldeckel hin und verschwinden unter seiner unteren Fläche an den äusseren Rändern. Am Rande des Bandes sieht man nicht weit von der, die innere Spitze bildenden C a r t i l a g o S a n t o r i n i eine zweite Anschwellung, welche dem W r i s b e r g ' s c h e n K n o r p e l entspricht. Nach Aussen von den ary-epiglottischen Bändern entdeckt man beiderseits die dreiseitige F o s s a l a r y n g o - p h a r y n g e a s. p y r i f o r m i s s. n a v i c u l a r i s , begrenzt nach Innen von dem Lig. ary-epiglotticum, nach Aussen vom Schildknorpel und grossen Zungenbeinhorn, nach Hinten vom Pharynx oder vielmehr, da derselbe im leeren Zustande an dieser Stelle keine Höhle darstellt, von der hinteren Pharynxwand. Der Einblick in den Kehlkopf ist zuweilen sehr erschwert durch T i e f s t a n d d e s K e h l d e c k e l s . Selbst bei fast senkrecht gestellter Spiegelfläche gelingt es höchstens die hintersten Enden der Stimmbänder — oft auch nicht einmal diese — zu sehen. Um den Kehl-

454

Krankheiten des Kehlkopfe! und der Luftröhre.

decket nach Vorn aufzurichten, sind bewährt: tiefe Inspirationen, leises Ansingen eines hohen Tons, lautes Anschlagen des Diphthongs ae, Veränderung der Stellung des Kopfes mehr nach vor- oder nach rückwärts, Probiren mit Spiegeln von verschiedener Winkelstellung der Spiegelfläche zum Stiel. Mit Hülfe dieser Maassregeln gelangt man fast immer — wenn auch oft erst nach mehrtägigen Uebungen — zu dem erwünschten Ginblick in das Kehlkopf-Innere. Nur im Nothfall darf man sich der v. B r u n s ' s c h e n Zange mit feinem Gebiss 1 ) bedienen, mit welcher der Kehldeckel an seinem freien Rand gepackt wird, oder der von T ü r c k * ) angegebenen K e h l d e c k e l n a d e l , welche mittelst des Nadelhalters durch die Gpiglottis durchgestossen- wird und einen Faden nach sich zieht, an welchem man alsdann den Kehldeckel nach Vorn und Oben ziehen kann. Dies Durchnähen des-Kehldeckels ist mehr zu empfehlen, als das Anpacken und Halten mit Pincetten oder Haken, welches heftig reizt und durch die fast unvermeidliche Berührung des ZungenrUckens leicht Vomituritionen hervorruft. Solche Zwangsmaassregeln am Kehldeckel sind jedoch nur bei complicirteren operativen Eingriffen nöthig, wenn der Kranke es trotz lange fortgesetzter Uebung nicht dahin bringt, den Kehldeckel hoch aufgerichtet zu erhalten, was, rtach unseren Erfahrungen, sehr selten ist. Zweites

Capitel.

V e r l e t z u n g e n . a)

Wunden.

W u n d e n d e s K e h l k o p f e s u n d d e r L u f t r ö h r e beobachtet man fast immer mit gleichzeitiger Trennung der bedeckenden Haut 9 ). Die gewöhnlichen Erscheinungen derselben sind daher: 1) Austritt der Luft aus der W u n d e , 2) eine meist reichliche Blutung nach Aussen, in vielen Fällen auch 3) Bluterguss in die Luftwege und in Folge davon Husten, Athemnoth und selbst Erstickung. Die Athemnoth hat überdies Ueberfüllung der Venen und daher auch eine beträchtliche venöse Blutung zur Folge. — Gestalt, Richtung und Tiefe der Wunde, sowie die Stelle der Verletzung bedingen wesentliche Unterschiede und können zu besonderen Zufällen Veranlassung geben. >) Vgl. V. v. B r u n s , I. c. Tab. III. Fig. 3 0 . ' ) Klinik der Kehlkopfkrankheit 1 8 6 6 , pag. 55*2 ff. ' ) Auf die von I n n e n , d . h . vom L u f t r o h r e a u s , „fremden Körpern*' zurückzukommen.

beigebrachten Wunden

ist bei den

Wunden.

455

Wenn ein dünnes s t e c h e n d e s Instrument von Aussen her den Kehlkopf trifft, so entsteht fast immer E m p h y s e m , weil wegen der alsbald eintretenden Verschiebung die innere und die äussere Wunde einander nicht entsprechen. Ist die Wunde des Kehlkopfes klein, so erreicht das Emphysem nur eine geringe Ausdehnung und verschwindet bald wieder. Ist dagegen die Oeffnung im Kehlkopf gross, so entsteht ausgebreitetes Emphysem, welches sich auch auf den ganzen Körper erstrecken und lebensgefährlich werden kann (vgl. Bd. II. pag. 57 u. f.); so namentlich nach Verletzungen durch Säbelspitzen, Bajonnette u. dgl. In solchen Fällen wird es erforderlich, die Süssere Wunde zu erweitern und der Luft Austritt zu verschaffen. Die Erweiterung der Wunde ist auch dringend angezeigt, wenn bei Stichwunden ein grösseres Gefäss verletzt ist und Blut in die Luftwege einströmt. Alsdann muss man zunächst durch kräftiges Saugen an der Wunde (direct mit dem Munde oder mittelst eines in die Luftröhre eingeführten Catheters) das eingedrungene Blut wieder zu entleeren und so die dringendste Erstickungsgefahr abzuwenden suchen ( R o u x ) , demnächst aber in der erweiterten Wunde das blutende Gefäss unterbinden. Vgl. „fremde Körper". Die S c h n i t t w u n d e n am Kehlkopf und an der Luftröhre verlaufen bald der Länge nach, bald quer, bald schräg; in letztgedachter Richtung namentlich dann, wenn die Wunde von einem Selbstmordsversuch herrührt, da bei diesem das Instrument niemals in vollkommen querer Richtung geführt wird. Die Längswunden lassen sich leicht und mit hinreichender Genauigkeit durch Heftpiasterstreifen vereinigen. Die quer und schräg verlaufenden Wunden geben in der Regel zu verhältnissmässig übleren Zufällen Veranlassung, welche, je nach der Höbe, in welchcr die Continuitätstrennung erfolgt ist, verschieden sind. Hat die Verletzung zwischen dem Zungenbein und dem Schildknorpel Statt gefunden, so ist die Stimmbildung möglich, jedoch behindert. Der Pharynx wird durch eine solche Wunde geöffnet, die genossenen Speisen dringen aus derselben hervor. Sind die Stimmbänder verletzt, oder ist der unterhalb derselben gelegene Theil des Kehlkopfes oder die Luftröhre geöffnet, so ist die Stimmbildung unmöglich, — im letzteren Falle wenigstens so lange die Wunde offen ist. Wegen des Widerstandes der Kehlkopfsknorpel und wegen des unwillkürlichen Zurückzuckens der Hand bei einem Selbstmordsversuch, haben die meisten Verletzungen der Art keine grosse Ausdehnung und keine bedeutende Tiefe. Jedoch hat man in einzelnen Fällen solche Unglückliche mit einer wahren Wuth ihren Hals einschneiden sehen, so dass mit einem Zuge sogar Luftröhre und Oesophagus zugleich ge-

Krankheiten des Kehlkopfes unJ der Luftröhre.

456

trennt wurden '). Ist die Luftröhre vollständig durchschnitten, so zieht sich das untere Ende zuweilen tief zurück, und verliert dann sowohl mit dem oberen Stück, als auch mit der äusseren Wunde allen Zusammenhang. Die Luft wird wahrscheinlich auch noch durch die schnell sich bildenden Blutgerinnsel gehindert in das untere Ende der Luftröhre und in die Lungen zu gelangen, so dass oft sofort Erstickung eintritt. Zuweilen bringen die von der Selbstraordswuth Ergriffenen sich mehrfache Wunden im Kehlkopfe bei, indem sie das Messer wiederholt einstossen und in der Wunde herumdrehen, so dass einzelne Knorpelstucke ganz abgelöst in den Weichtheilen hängen. S c h u s s v e r l e t z u n g e n am Kehlkopf haben mit den letztgedachten Wunden .einige Aehnlichkeit. sind aber fast immer mit einer schnell steigenden Anschwellung complicirt, welche zuweilen an sich schon Erstickung bedingt. Häufiger noch entsteht Erstickungsgefahr durch Bluterguss in das submucöse Bindegewebe.

Behandlung. Abgesehen von der in der Regel auch hier in erster Linie indicirenden Blutung (vgl. pag. 435), hat man vor Allem die Erstickungsgefahr zu berücksichtigen. Ist der Kehlkopf versperrt, so muss die Luftröhre geöffnet werden, um der Luft Zutritt zu verschaffen. Lässt sich, wie namentlich bei Schussverletzungen, voraussehen, dass Erstickungsgefahr eintreten werde, so muss man prophylaktisch die Tracheotomie machen'). Das in die Verästelungen der Luftröhre hinabgclaufene (oder aspirirte) Blut muss durch Aussaugen so viel als möglich entfernt werden (vgl. Cap. III.). Je nach der relativen Grösse der Blutung, hat man sich mit dieser bald vor, bald .nach den auf die Herstellung des Luftzutritts abzielenden Maassregeln zu beschäftigen. Demnächst kommt man zu der eigentlichen W u n d behandlung. Bei Querwunden von geringer Ausdehnung lässt man den Kopf nach gehöriger Stillung der Blutung vornüber beugen und erhält ihn durch einen Verband, sowie durch gehörige Lagerung im Bett, in dieser Stellung. Ist die Wunde dagegen sehr gross, so ent') D i e f e n b a c h liden

hak einen solchen Fall beobachtet, in welchem dennoch die Caro-

unversehrt geblieben waren. — Am Hals eines ermordeten

alten Fräuleins

sah ich, bei gleichzeitiger Carotidenverletzung, den Schnitt b i s i n d i e eines Wirbelkörpers *) Vgl. v. L a n g e n b e c k , Lotzbeck,

Substanz

eindringen.

Deutsche militairärztliche Zeitschrift, Bd. I. pag. 59 u. f. —

Der Luftröhrenscbnitt hei Schusswunden,

München,

1873. —

Hat

die Verwundung selbst tm vorderen Umfange des Kehlkopfs unterhalb der S t i m m bänder eine Oeflbung hergestellt,

durch welche man ein hinlänglich weites Rohr

zur Sicherung des Atbmens einführen kann, so lässt sich die Tracheotomie durch das Einlegen eines solchen Rohres ersetzen; dasselbe muss aber ebenso sorgfältig überwacht werden, wie eine nach der Tracheotomie eingelegte Canüle (vgl. Cap. IX.).

Wiwdfn.

457

stehen beträchtliche Schwierigkeiten. Beugt man den Kopf stark vornüber, so krämpen sich die Wundränder nach Innen um, wodurch die zur Vereinigung ungeeigneten Epidermisflächen in Berührung treten; beugt man den Kopf nicht genug vornüber, so klafft die Wunde, und die Vereinigung ist deshalb unmöglich. Eine klaffende Wunde der Luftwege bedingt aber nicht blos einen sehr langsamen Heilungsprocess, sondern überdies die Gefahr einer Entzündung des Kehlkopfes, der Trachea und der Bronchien. In solchen Fällen schreite man daher zur Vereinigung der Wunde durch die Naht. Die Nahtfäden werden in der Regel nicht durch den Kehlkopf oder die Luftröhre geführt, sondern nur durch die bedeckenden Weichtheile. Das früher gefürchtete Emphysem tritt bei gleichzeitiger Anwendung eines geeigneten Compressiv-Verbandes in der Regel nicht ein und könnte n ö t i g e n f a l l s durch Entfernung eines Theils der Nähte beseitigt werden. Die Blutung muss vollständig aufgehört haben, bevor man die Naht anlegt, da sonst Ansammlung des Blutes und danach Eiterung unter der vereinigten Haut erfolgen würde. Mit diesen Vorsichtsmaassregeln angewandt, dürfte die Naht solcher W u n d e n , obgleich sie gerade in neuerer Zeit noch von vielen Seiten gemissbilligt wurde 1 ), keineswegs ganz zu verwerfen sein *). Ist die Luftröhre durch einen queren Schnitt ganz oder fast ganz getrennt, so m u s s man die von einander weichenden Enden durch einige Nähte (welche also in diesem Falle durch die Wände der Luftröhre geführt werden) in Berührung bringen, übrigens aber in der so eben angegebenen Weise verfahren. Ist die Wunde eine unregclmässigc, gequetschte, und sind Knorpclstücke abgelöst, so führt die Naht (deren Anlegung alsdann überdies schwieriger ist) nur höchst selten zur ersten Vereinigung und wird daher besser ganz unterlassen. In allen Fällen muss auch neben der Anlegung der Naht die gehörige Lagerung des Kopfes wohl beachtet w e r d e n ' ) . Die Anwendung der Kälte ist zur Verhütung und Bekämpfung der Entzündung erforderlich. — Nach Selbstmordsversuchen hat man Wiederholungen derselben durch psychischen Einfluss und durch äussere Zwangsmittel vorzubeugen. Digitalis, Opium und Chloralhvdrat haben sich zur Beruhigung der Kranken in solchen Fällen nützlich gezeigt. Die letztgenannten beiden Mittel hat man energisch anzuwenden, wenn der Verletzte vom Delirium tremens befallen wird. i ) Vgl. W e r n b e r ' a

H a n d b u c h , e r s t e Auflage, Bd. II. pag. 2 3 9 .

*) Vgl. mein Heferat in C a D S t a t t ' s J a h r e s b e r i c h t pro 1 8 5 2 und 1 8 5 4 .

Bd. IV.

' ) Um den E i t e r a b f l u s s nach Aussen zu s i c h e r n , b a t B u r g g r a e v e (Gaz. m e d . 1 8 5 2 . No. 1 4 ) vorgeschlagen, den Verletzten f o r l d a u e r n d auf dem Bauch liegen zu l a s s e n , w a s schwerlich a u s f ü h r b a r sein d ü r f t e .

458

Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.

b) B r ü c h e d e s Z u n g e n b e i n s

und der

KehIkopfsknorpel').

Brüche des Zungenbeins und der Kehlkopfsknorpel sind sehr selten und wurden fast ausschliesslich in Folge directer Gewalt beobachtet 1 ), namentlich bei Erwürgten und Erhängten. Vor der Einwirkung anderer Gewalten scheinen Kehlkopf und Zungenbein allerdings theils durch ihre grosse Beweglichkeit, theils durch die Uber ihnen vorspringende Mandibula geschützt zu sein; aber genauere Nachforschungen haben ergeben, dass Brüche der genannten Tbeile doch relativ häufig durch Auffallen auf einen festen Gegenstand oder durch Stoss, Schlag u. dgl. zu Stande kamen 3 ). 1. Das Z u n g e n b e i n ist in der Regel nur im Bereich der grossen Härner oder an deren Verbindungsstelle mit dem Körper des Knochens fracturirt gefunden worden. Im letzteren Falle hat man die Verletzung auch als „Luxation" oder „Diastase" bezeichnet. Eine scharfe Unterscheidung der Art ist aber selbst an der Leiche, viel mehr noch am Lebenden schwierig. Symptome. Der Verletzte hört ein krachendes Geräusch im Augenblick der Verletzung, empfindet sehr heftigen Schmerz, der bei jeder Bewegung des Knochens, namentlich also bei Bewegungen der Zunge (beim Versuch zu schlucken oder zu sprechen) gesteigert wird. Es ist leicht zu begreifen, dass einzelne Verletzte diesen Schmerz beschreiben, als stecke ihnen eine grosse Fischgräte in der Kehle. Sehr schnell entsteht eine von Aussen wahrnehmbare, bedeutende Geschwulst, meist auch Ecchymose an der Stelle des Bruchs. Ob C r é p i t a t i o n gehört werden kann, oder ob man die Verschiebung ' ) Vgl. G u r l t , Handb. der Lehre ?on d. Knocbeobrüchen. Bd. II. pag. 3 1 6 - 3 6 8 . — M a l g a i g n e , Traité des fractures et des luxations, T. I. pag. 4 0 5 . *) 0 1 Ii f i e r ( d ' A n g e r s ) beschreibt (Dictionnaire des Sc. méd. en XXX Volumes, Art. os h j o i d . )

einen

Fall

von

Bruch

des Zungenbeins

durch

Muskelzug.

Eine 65j8hrige Frau fiel h i n t e n ü b e r ; indem sie namentlich den Kopf stark hintenüber b e u g t e , hörte sie ein deutliches Krachen zur liuken Seile des Halses; es fand

sich eine Fractur des linken grossen Zungenbeinbornes.

Einen

gleichen

Fall beobachtete O b r é (vgl. G u r l t , I. c. pag. 3 3 8 ) . ' ) Unter den von G o r l t aufgeführten 6 3 Fracturen des Zungenbeins und der Keblkopfsknorpel waren Fractur den

2 3 auf solche Weise entstanden.

des Schild- und

Ringkoorpels

Rand eines Eimers beobachtet.

T. I. pag. 4 0 9 . — Das Z u n g e n b e i n

P l e n k hat bereits

Vgl. M a l g a i g n e ,

Traité des fractures etc.

und die Kehlkopfsknorpel können des durch

den U n t e r k i e f e r ihnen gewahrten Schutzes beraubt werden, w e n n b e i d e gleich brechen.

1775

in Folge eines Falles mit dem Halse auf

zu-

Einen Fall der Art, in welchem Erstickung eintrat, beschrieb

M a r c i n k o w s k i ; zwei andere (». S a w y e r und ». A u b r é e ) führt G u r l t auf.

459

Fracturen.

der Bruchstücke bald äusserlich, bald m i t - d e m in die Rachenhöhle eingeführten Finger zu fühlen vermag, hangt von Zufälligkeiten ab. Bleiben die Bruchstücke mit ihren rauhen Enden in Berührung, so wird auch Bewegung derselben Crepitation veranlassen 1 ). Ist das abgebrochene Horn stark nach Hinten und Innen verschoben, so vernimmt man keine Crepitation, kann dagegen das abgebrochene Knochenstück im Schlünde mit dem Finger entdecken'). Die spitzen Bruch-Enden des fracturirten Zungenbeinhorns können die Schleimhaut des Schlundes durchbohren. Dadurch kann eine erhebliche Blutung im Schlünde entstehen. Die F u n c t i o n s s t ö r u n g e n , welche bei Zungenbein-Brüchen vorkommen, lassen sich nicht blos aus der oben bereits erwähnten Steigerung der Schmerzen bei Bewegungen des Zungenbeins erklären. Namentlich steigert sich die E r s c h w e r u n g d e s S c h l i n g e n s zuweilen bis zur vollständigen Unmöglichkeit desselben ; selbst die geringste Quantität Wasser wird unter Erstickungszufällen sofort wieder herausgeschleudert. Mao hat

dies S j m p t o m als D y s p b a g i a V a l s a l v i a n a a u f g e f ü h r t ,

zu Ehren

V a l s a l v a ' s , welcher dasselbe zuerst beobachtete, i n e i n e m Falle, wo durch Verschlucken eines allzu grossen Fleiscbstücks, Zungenbeinborns

in dem von L a l e s q n e des grossen

Homes

nach

Valsalva's

Ansicht,

eine L u x a t i o n

des

vom Körper des Zungenbeins entstanden war. beschriebenen Falle wich die Zunge bei einer Fraclur

d e r linken Seite nach Rechts a b .

In dem

von

Dieffenbacb

beobachteten Falle war die Stimme r a u h und blieb es lange Zeit.

Die B e h a n d l u n g uiuss die zuweilen zur Eiterung, sehr selten zur Nekrose des Bruchstücks führende Entzündung zu verhüten oder zu mässigen suchen. Das sicherste Antiphlogisticum ist die Ruhe der verletzten Theile, zu deren Herbeiführung, sofern Verschiebung besteht, vor Allem die Reduction erforderlich ist, demnächst die Vermeidung der Sprech- und Schlingbewegungen, — soweit dies möglich ist. Besteht keine Verschiebung, so reichen kalte Umschläge, Blutegel und milde Diät hin. — Die R e d u c t i o n ist bei bedeutender Verschiebung zuweilen schwierig. Man führt den Finger tief in den Rachen ein und drückt mit ihm das Horn in der Richtung nach Aussen und Vorn, bis es die gehörige Stellung wieder einnimmt, während man mit der anderen Hand von Aussen das Übrige Zungenbein festhält. — Zum Behuf der R e t e n t i o n liess L a l e s q u e den Kopf etwas hintenüber gebeugt halten und führte eine Schlundsonde ein, die er 20 Tage lang liegen liess. M a l g a i g n e empfiehlt im Gegentheil, um die Spannung der Zungenbeinmuskeln zu vermindern, die vornüber gebeugte Lage des Kopfes. Jedenfalls muss der Kopf ruhig liegen. — Gegen das ' ) So

in dem von D i e f f e n b a c b

(Medic. Vereinszeit., 1 8 3 3 ) beschriebenen Falle.

' ) So L a l e s q u e (Journ. hebd. März 1 8 3 3 ) nnd A u b e r g e

(Rev. m l d . Juli

1835).

460

Krankheiten de« Kehlkopfe» und der l.uftröhre.

Ginlegen des Schlundrohrs führt W e r n h e r mit Recht an, dass die Schlundmuskeln durch dasselbe nur noch mehr gereizt werden; es muss hinzugefügt werden, dass eine mechanische Einwirkung auf das dislocirte Bruchstück durch dasselbe schwerlich stattfindet. Aber man wird ein Schlundrohr, und zwar ein möglichst starkes, einführen und liegen lassen müssen, wenn das abgebrochene Horn sich immer wieder verschiebt und das Schlingen unmöglich oder doch allzu beschwerlich macht. Der Kranke muss dann durch das Rohr ernährt werden. 2. B r ü c h e d e r K e h l k o p f s k n o r p e l sind namentlich bei alteren Leuten, bei welchen die Knorpel zum Theil verknöchert sind, beobachtet w o r d e n ' ) . Sie entstehen durch Einwirkung der oben erwähnten Gewalten hauptsächlich in zweierlei Weise, indem der Kehlkopf entweder von den Seiten her oder in der Richtung von Vorn nach Hinten zusammengedrückt wird. Im ersteren Falle findet man vorzugsweise LängsbrUche oder Impressionen am Schildknorpel und laterale Doppelbrüche oder einfache Fracturen nahe der Mitte im vorderen Theil des Ringknorpels. Im zweiten Falle kommen ausser den genannten auch noch sehr unregelmässige mehrfache Brüche vor bis zur vollständigen Zertrümmerung der Knorpel. Nach der Einwirkung sehr grosser Gewalt hat man auch den Ringknorpel von der Luftröhre ganz abgerissen und zugleich zerbrochen gefunden'). S y m p t o m e : Erstickungzufälle (namentlich von Bluterguss in die Luftröhre, oder von Versperrung der Stimmritze abhängig), Schmerz, Geschwulst (theils von äusseren Blutergüssen, theils von E m p h y s e m abhängig), Beweglichkeit der Bruchstücke, Knorpel-Crepitation. In der Regel folgt sogleich Röcheln, Bluthusten, Erstickungsnoth, alsbald auch wirkliche Erstickung. Heftigkeit und Gefahr der Zufälle sind von der durch die Verschiebung der Bruchstücke bedingten Behinder u n g der Respiration abhängig. In einzelnen

Fällen fehlten üble Zufalle fast ganz;

so in dem von

Marjolin

(Coors de patbologie ebirurgieale, pag. 3 9 b ) beobachteten, wo es sich freilich auch n u r um einen v e r t i c a l e n

Bruch des Scbildknorpels handelte,

den eine Frau

einer

anderen im Streit durch kräftiges Fassen der Gurgel beigebracht halle.

Je nach der Dringlichkeit der Zufälle wird man sich auf eine antiphlogistische B e h a n d l u n g beschränken können, oder die Einrichtung des Bruchs (vielleicht auch nur zunächst die Möglichkeit des Athmens) durch Eröffnung der Luftwege mittelst der Laryngotomic erzielen müssen. Nachträgliche Eiterung und Verschwärung im Kehlkopf bleibt immer zu fürchten und kann noch spät den Tod herbeiführen. ') M o r g a g n i , ob«. 13. I i .

De sedibus

et

causis

morborum

per anatomen indagntis Ep. XIX.

16.

' ) Vgl. M o r g a g n i I. c. obs. 14, u. C a z a u f i e i l b , Du suicide etc. 1 8 i 0 .

pag. 8 2 1 .

461

Fremde Körper. Brücke

der

Laftrökrenknorpel

kommen

gleichzeitig mit Kehlkopfsfrac-

turen aebr selten, noch viel seltener aber, und a a r durch besonders grosse und eigenthiimlich einwirkende Genallen, isolirt vor.

Ihre Gefahr beruht auf der Versperrung

der Luftwege durch

Verschiebung der

ßluterpuss

und

dem schnell folgenden Emphysem.

durch

Bruchstürke sowie auf

Gegen diese Verfahren ist denn auch die Therapie

t u r i c h t e n ; vor Allem handelt es sich daher um die Tracbeotomie.

Drittes

Cnpltel.

Fremde Körper in den Luftwegen. Der gewöhnlichste Weg, auf welchem fremde Körper in die Luftwege gelangen, ist der durch die Stimmritze. Im Augenblick der Inspiration erweitert sich diese und die Inspirationsbewegung bewirkt, in derselben Weise, wie sie das Einströmen der Luft in die Lungen veranlasst, auch den Eintritt eines in der Mund-, Nasen- oder Bachenhöhle befindlichen, beweglichen Körpers. Bei Weitem seltener dringen fremde Körper durch eine zufällige Oeffnung ein (bei Verletzungen oder Ulcerationen). — Im weiteren Sinne des Wortes bezeichnet man „als fremde Körper in den Luftwegen" auch die sogen. T u b e r k e l m a s s e n (d. h. eingedickten und verkreideten Eiter), welche, durch Hustenbewegungen aus der Lunge aufwärts geschleudert, zuweilen im oberen Theil der Luftwege, namentlich im Kehlkopf, stecken bleiben, sowie die iin Kehlkopf und der Luftröhre selbst entstandenen N e u b i l d u n g e n (polypöse Geschwülste und croupöse Pseudomembranen), die sehr seltenen k a l k i g e n C o n c r e t i o n e n im Larynx, endlich auch die abgelösten Stücke f r a c t u r i r t e r K n o r p e l . Diese „relativfremden K ö r p e r " können ebenso gut, wie die von Aussen gekommenen, Erstickungsgefahr bedingen und schleunige Entfernung erheischen; aber mit der Entfernung des relativ-fremden Körpers sind nicht immer auch die Bedingungen zur Heilung erfüllt. 1. F l ü s s i g e f r e m d e K ö r p e r : Blut, Eiter, erweichte Tuberkelmasse, Wasser und flüssige Nahrungsmittel. — B l u t in den Luftwegen rührt bald von einer Verwundung (zuweilen blos Erschütterung) der Lungen, oder einer sogenannten spontanen Geßsszerreissqng in diesen Organen, wie sie namentlich bei Tuberkulösen h&ufig vorkommt, oder von dem Platzen eines mit den Bronchien oder der Luftröhre (seltner mit dem Lungengewebe selbst) verwachsenen Aneurysma h e r ; oder es ist bei einer Verwundung am Halse (vgl. Cap. 1.) von Aussen her in die Luftwege eingeströmt, vielleicht auch bei einer Blutung in der Nasen-, Mund- oder Rachenhöhle durch die Stimm-

K r a n k h e i t e n des Kehlkopfes u n d d e r L u f t r ö h r e .

462

ritze hinabgeflossen. — Die Quellen des E i t e r s können sein: eine Vomica in den Lungen, ein Leberabscess, der nach vorgängiger Verwachsung der Leber, des Zwerchfells und der Lunge schliesslich in letztere durchgebrochen ist, ferner eine eiternde Wunde oder ein Absccss, welcher mit dem Kehlkopf oder der Luftröhre communicirt oder in ihnen entstanden ist'), Verschwörung des Kehlkopfes, endlich ein in die Lunge durchgebrochenes Empyem (vgl. d. folg. Abth.). — Der Inhalt einer R a n u l a oder eines Abscesses der Tonsillen kann bei plötzlichem Aufbruch während des Schlafes in den Kehlkopf einströmen. — E r w e i c h t e T u b c r k e l m a s s e rührt in der Regel aus den Lurtgen her, seltner aus dem Kehlkopf, zuweilen aus den Bronchien, indem tuberkulöse Bronchialdrtlscn mit den Wandungen der Bronchien verwachsen und die in jenen entstandene Tuberkelmasse letztere durchbricht. — L i q u o r a m n i i kann beim ersten Athemzuge des Kindes (zuweilen mit Mekonium gemischt) in den Kehlkopf dringen. — W a s s e r und andere G e t r ä n k e gerathen häufig beim sogenannten „Verschlucken" in die Luftwege, selten durch gleichzeitige Verletzung der Luft- und Speiseröhre'). G e r i n g e Mengen von Flüssigkeit werden aus den Luftwegen leicht durch Hustenbewegungen heraus geschleudert, zum Theil auch resorbirt, so dass sie keine üblen Zulalle veranlassen. Ganz anders verhält es sich, wenn eine grosse Menge von Flüssigkeit in die Luftwege geräth. Abgesehen von den besonders gefährlichen Complicationen, welche daraus hervorgehen, wenn es sich um ein geplatztes Aneurysma oder um eine geborstene Vomica handelt, bedingen Flüssigkeitsmengen, welche der Luft den Zutritt zu den Lungenbläschen versperren, sofort E r s t i c k u n g s z u f ä l l e . Erfolgt durch die Menge der Flüssigkeit nicht sogleich der Tod, so kann man beim Anlegen des Ohrs, zuweilen selbst aus grösserer Entfernung, grossblasiges Rasselgeräusch wahrnehmen. Die B e h a n d l u n g hat zwei Aufgaben zu erfüllen: 1) das weitere Eindringen der Flüssigkeit zu verhüten, und 2) die bereits eingedrungene Masse wieder zu entfernen. Die erste dieser Aufgaben kann hier ' ) Vi d a l b e o b a c h t e t e einen Abscess a m L i g a m e n t u m a r y - e p i g l o t t i c u m , welcher sich in den Kehlkopf entleert und d a d u r c h E r s t i c k u n g h e r b e i g e r ü h r t h a t t e . Dass e i n e

Oeffnung an d e r L u f t r ö h r e das Eindringen

von

Getränken

aus

dem

S c h l ü n d e in die L u f t w e g e begünstige, h a t m a n d a r a u s e r s c h l o s s e n , dass man diesen Vorgang wiederholt n a c h k ü n s t l i c h e r E r ö f f n u n g d e r L u f t r ö h r e ( T r a c b e o t o m i e ) b e o b achtet bat ( V i d a l

bereits 1 8 4 1 ) .

Der G r u n d ist a b e r nicht in d e r Oeffnung d e r

L u f t r ö h r e zu s u c h e n , s o n d e r n in d e r c r o u p ö s - d i p h t h e r i t i s c h e n

E r k r a n k u n g , wegen

welcher die O p e r a t i o n g e m a c h t w u r d e , u n d welche gleichzeitig L ä h m u n g d e r S c h l u n d Muskeln

bedingte.

463

Fremde Körper.

nicht ausführlich erläutert werden; darauf ist bei der Therapie der in der Umgegend des Kehlkopfes sich bildenden Abscesse, bei der Behandlung der Lungenblutung u. s. f. Rücksicht zu nehmen. Die H e r a u s b e f ö r d e r u n g der in den Kehlkopf ergossenen Flüssigkeiten kann man durch künstliches Erregen von Husten und Erbrechen begünstigen. Sind grosse Massen eingedrungen und ihre Herausbeförderung gelingt nicht sofort in der eben angegebenen Weise, so muss man ein Rohr (einen elastischen Katheter) entweder vom Munde aus durch den Kehlkopf in die Luftröhre einführen (Tubage du larynx), oder diese Einführung durch eine im Kehlkopf oder in der Luftröhre angelegte Oeffnung (Bronchotomie, vgl. Cap. IX.) vornehmen, um die Entfernung auf mechanischem Wege durch S a u g e n m i t d e m M u n d e , oder mit einer Pumpe (Spritze) zu bewirken 1 ). 2. F e s t e f r e m d e K ö r p e r ' ) . Die Zahl der festen fremden Körper, welche man in den Luftwegen gefunden h a t , ist unglaublich gross: Bohnen aller Art, Erbsen, Obstkerne, Kieselsteine, Nadeln, Aehren, Knöpfe, Münzen, Glasperlen, kleine Kugeln von Gyps, von Blei und anderen Metallen, Knochenstilckchen, Stücke von Nüssen und Kastanien, Charpie- und Wattenpfröpfe, Pillen, Zuckerstücke, Zähne aus dem Munde des Patienten selbst 3 ), Speisen, bald unvollständig gekaut 4 ), bald aus dem Magen durch Erbrechen wieder heraufbefördert, Fliegen, Spulwürmer, selbst den Kiefer einer Makrele, u. s. f. A r t d e s E i n d r i n g e n s . In der Regel dringen alle diese „fremden Körper" durch die Stimmritze in die Luftwege ein, seltner durch eine Wunde; ebenso selten kommen sie aus der Lunge in den Kehlkopf hinauf (Echinococcus-Blasen, verkalkte Tuberkeln). Wenn man mit geöffnetem Munde einen durch die Luft geschleuderten Körper auffangen will, so beugt man den Kopf hintenüber und bringt auf diese Weise die Richtungslinie der Mundhöhle, welche für gewöhnlich von Vorn nach Hinten verläuft, in die Richtungslinie des ' ) Auf die Wichtigkeit des Aussaugeos (Aspiration) sam gemacht. *) Weno man

bat H ü t e r

Vgl. Verhandl. d. Berl. med. Gesellschaft.

von « f r e m d e n

Körpern"

besonders aufmerk-

Heft II. 1 8 6 6 .

schlechthin s p r i c h t ,

darunter die von Aussen eingedrungenen, f e s t e n .

so

versteht

man

— Eine ausführliche Abhand-

lung über die fremden Körper in den Luftwegen hat J o b e r t geliefert:

Union

médicale, 1 8 5 1 , Hai und Juni. *) Vgl. den in der Dissertation von K a p e s s e r (Giessen 1 8 5 3 )

beschriebenen Fall.

C a n s t a t t ' s Jahresbericht 1 8 5 4 , Bd. IV. pag. 4 8 . *) Ballen von schlecht gekautem, zähen Fleisch obturiren zuweilen den Pharynx zugleich, wie bereits pag. 4 1 6 erwähnt ist. IV. Congresses d e r Deutsch. Gesellsch. f. Chirurgie.

den Larynx und

Vgl. die Verhandl. des

Berlin

1879.

464

Krankheiten des Kehlkopfes und der L u f t r ö h r e .

Kehlkopfes, welche vertical verläuft. Macht man zugleich eine kräftige Inspiration, bei welcher die Stimmritze weit geöffnet wird, so kann ein in die Mundhöhle geworfener Körper, wenn er nicht zu gross und hinreichend schwer ist, geradezu in den Kehlkopf hineinfallen. AuT diese Weise gelangen namentlich beim Spielen der Kinder fremde Körper in die Luftwege. Auch bei Erwachsenen, welche TasChenspielerkünste versuchen, können auf diese Weise Münzen und Kugeln in den Kehlkopf geraihen. Beim Erbrechen kann der Mageninhalt in den Kehlkopf eindringen, wenn der Mund fest geschlossen wird. Ein Krankenwärter der Pariser Charile, während des Erbrechens von C o r v i s a r t

welcher nach übermässigem

Wtingenuss

überrascht wurde, schloss schnell den Mund,

um die Beneise seiner Mageuüberladung zu verbergen; die Speisereste drangen in den Kehlkopf, und er erstickte.

Heftiger Schreck, plötzliches Lachen, Husten oder Niesen im Augenblick der Deglulition können denselben Erfolg haben. Namentlich scheint bei Kindern das L a c h e n häufig zum Eindringen fremder Körper in den Larynx Veranlassung zu geben. Weder beim Lachen, noch beim Niesen und Husten wird der fremde Körper durch die explosiven Exspirationsbewegungen selbst, welche man mit diesen Namen bezeiehnet, sondern durch die denselben vorausgehende t i e f e u n d p l ö t z l i c h e I n s p i r a t i o n in die Luftwege geschleudert. In ähnlicher Weise gelangen bei Lähmung des Pharynx gelegentlich Speisen und Getränke in den Kehlkopf. Vgl. pag. 462. G e s t a l t d e r f r e m d e n K ö r p e r . Viele sind kugelig oder kugelähnlich und zugleich sehr fest; diese haben, namentlich wenn sie klein sind, Neigung ihren Ort zu verändern; sie fallen leicht in die Bronchien hinab und können sich auch in den M o r g a g n i ' s c h e n Ventrikeln verstecken (s. unten). Scheibenförmige Körper, namentlich Münzen, bewegen sich gleichfalls, werden jedoch in der Regel wegen ihres grösseren Durchmessers alsbald eingeklemmt, so dass sie nicht weiter hinabsinken, sondern sich nur noch um ihre Achse drehen können. Je nachdem dann ihre Stellung eine solche ist, dass sie der Luft den Zutritt zur Lunge absperren, oder Luft neben sich vorbeilassen, bedingen sie mehr oder weniger Erstickungsgefahr. Bei Anwesenheit eines b e w e g l i c h e n fremden Körpers beobachtet man, wegen der verschiedenen Wirkung, die e r , je nach seiner Stellung ausUbt, vorzugsweise intermittirende Erstickungszufälle. Eckige und spitzige Körper (Stücke von Knochen, Glas, Fischgräten, Nadeln) dringen in der Regel sofort in die Wandungen des Kehlkopfes oder der Luftröhre ein, heften sich somit fest und erleiden keine weiteren Ortsveränderungen. Die durch sie veranlassten Beschwerden zeigen

Fremde Körper.

465

daher auch keine (ntermissionen; ihre Anwesenheit kann aber durch die Ulceration des Theils der Kehlkopfs- oder Luftröhren wand, in welchem der fremde Körper sich festgeheftet hat, zu einer Reihe eigentümlicher Zufälle Veranlassung geben (s. unten). V e r ä n d e r u n g e n . Die Mehrzahl der fremden Körper erfährt in den Luftwegen keine erheblichen Veränderungen. Auf einzelne übt das Secret der Luftwege einen Einfluss aus, indem sie darin entweder zerfliessen, oder aufquellen. Ersteres ist z. B. bei ZuckerstUckchen und bei Pillen möglich; der fremde Körper geht dann aus der Reihe der festen nach und nach in diejenige der flüssigen Uber. Unter den aufquellenden Körpern sind besonders die Bohnen zu nennen, deren Volumen in höchst gefährlicher Weise gesteigert werden kann. BrUchige Körper, namentlich Glasperlen, bedingen bei der Extraction die Gefahr des Zerbrechens. Lebende Körper haben eine verschiedene Bedeutung, je nachdem sie sofort sterben, oder weiter leben. Im ersteren Falle wirken sie einfach mechanisch, in letzterem können sie auch noch anderen Schaden zufügen, indem sie die Luftwege verwunden, oder gar (wie von Blutegeln berichtet wird) durch Blutsaugen ihren Körper bis zur völligen Verstopfung der Luftröhre anschwellen. Die E r s c h e i n u n g e n , welche durch fremde Körper in den Luftwegen bedingt werden, sind im A l l g e m e i n e n folgende. Der Tod kann unmittelbar nach dem Eindringen erfolgen, indem entweder durch das Volumen des fremden Körpers, oder durch den von ihm erregten Spasmus glottidis Erstickung bewirkt wird. So z. B. in der pag. 464 erwähnten Beobachtung von G o r v i s a r t . In anderen Fällen wird der fremde Körper unmittelbar nach seinem Eindringen wieder heraus geschleudert (z. B. durch dasselbe Lachen, welches ihn hineinbrachte), ohne irgend eine weitere Störung zu veranlassen. Man hat bemerkt, dass dies um so leichter geschieht, je tiefer gegen die Bronchien hin der fremde Körper eingedrungen ist Dies ist aus der grösseren Emp6ndlichkeit der Bronchialschleimhaut zu erklären, welche in dieser Beziehung der Kehlkopfsschleimhaut ähnlich ist, während die LuftröhrenSchleimhaut eine sehr geringe Empfindlichkeit besitzt In der Mehrzahl der Fälle bleibt der fremde Körper in den Luftwegen zurück, ohne sogleich den Tod zur Folge zu haben. Der Kranke leidet dann mehr oder weniger an Erstickungszufällen mit heftigem convulsivischen Husten und rauher oder ganz unterdrückter Stimme. Grosse Angst, oft mit Frostschauern verbunden, befällt den Leidenden. Er empfindet einen deutlichen Schmerz im Verlauf der Luftwege, zuweilen ausschliesslich, oder doch vorzugsweise an der Stelle, an welcher der fremde Körper sitzt. Schaumige und blutige Sputa werden B a r d e l e b e o , Chirurgie. 7. Aufl. 1U.

30

466

Krankheiten des Kehlkopfes and der Luftröhre.

zumal wenn der fremde Körper rauh und spitzig ist, ausgeworfen. Zuweilen treten Schlingbeschwerden auf, in anderen Fällen findet sich ein Hinderniss beim Erbrechen. Auf die schrecklichsten Erstickungszufölle folgt oft die vollständigste Ruhe oder doch ein solcher Nachlass der Erscheinungen, dass nur eine geringe Behinderung der Respiration, ein pfeifendes Rasseln und ein unbedeutender Schmerz zurückbleibt. Nach einer Intermission von verschiedener Dauer tritt ein neuer Anfall von Erstickungsnoth auf, zuweilen ohne alle nachweisbare Veranlassung, zuweilen durch eine plötzliche Bewegung, durch Husten oder Lachen hervorgerufen. Der Kranke wird dann von convulsivischen Bewegungen ergriffen, das Gesicht blauroth, die Venen des Halses und der Stirn geschwollen, die Augen injicirt, hervorgetrieben, von Thränen ilberfliessend. Bei jeder Exspirationsbewegung wird die Luftröhre stärker hervorgetrieben; endlich erkalten die Extremitäten, der Kranke verliert das Bewusstsein und oft stirbt er in einem solchen Anfall schon bei der ersten Wiederkehr'). Uebersteht er ihn glücklich, so hat er doch alsbald einen neuen fort und fort zu gewärtigen, mit schliesslichem Ausgang in Erstickung, wenn nicht ausnahmsweise noch ein solcher späterer Anfall den fremden Körper ganz, oder zertrümmert, oder zum Theil vielleicht aufgelöst durch die Stimmritze hinaus schleudert. Zuweilen entsteht bei gewaltigen und fruchtlosen Anstrengungen eine Compression der Luft in den Lungen, durch welche die Lungenzellen und die kleinsten Broncbialäste ausgedehnt und schliesslich zersprengt werden. Auf diese Weise kommt es zur Bildung zunächst von Lungenemphysem und später von Bindegewebsemphysem, indem die Luft in die Mittelfellräume und von da weiter zum Halse und zum ganzen Körper sich im Bindegewebe weiter verbreitet; oder es entsteht Pneumothorax, wenn Uber den platzenden Lungenbläschen zugleich auch die Pleura zerrissen wird. Diese Anfälle, Remissionen und lntermissionen lassen sich einerseits aus der verschiedenen Weite, Gestalt und Empfindlichkeit der einzelnen Abschnitte der Luftwege, andererseits aus den bereits erläuterten Verschiedenheiten der Gestalt, der Richtung und des Sitzes der fremden Körper erklären. So muss z. B. ein fremder Körper, der in der Stimmritze festsitzt, wegen der geringen Weite und der grossen Empfindlichkeit derselben, welche sofort reflectorischen Verschluss des etwa noch offenen Theils bewirkt, mit grosser Wahrscheinlichkeit ' ) Einen Fall der Art beschreibt z. B. A l l a n B ü r o s

in seinen

Bemerkungen

O b e r d i e c h i r u r g i s c h e A n a t o m i e d e s K o p f e s u n d d e s H a l s e s (deutsch Ton D o h l b o f f ;

Halle 1 8 2 1 ,

pag. 3 5 9 u. 3 6 0 ) ,

woselbst auch die Citate einer

grossen Anzahl solcher Beobachtungen angegeben sind.

467

Fremde Körper.

schnell zur Erstickung fuhren. Gin kleiner Körper kann sich in den Morga gnisehen Ventrikeln verstecken, dort lange Zeit verweilen und erst spät (selbst nach 14 Tagen!) Erstickung herbeiführen. Sehr lehrreich ist in dieser Hinsicht der Fall von P o u l e t (Re?ue midicale 1 8 5 1 , v. 3 1 . Mai, C a n s t a t t ' s Jabresber. 1 8 5 2 . Bd. IV. pag. 2 9 ) . gerieth ein Kirschkern in den L a r j n i .

Einem zweijährigen Kinde

Alle bedenklichen Zufälle verschwanden

nach

Ausführung der L a r y n g o - T r a c h e o t o m i e , man hielt das Kind für gerettet, obgleich der Kern nicht entdeckt werden k o n n t e ; es wurde vermuthet, er sei durch einen anfall in den r b a r y n x

geschleudert

worden.

Husten-

Das Kind befand sich in den nächsten

14 Tagen d u r c h a u s wohl, die Luftröhrenwunde war geschlossen; da treten auf einmal die heftigsten Erstickungszußlle ein. begann wieder;

Man wiederholt die O p e r a t i o n ;

die genaueste Untersuchung

Wunde nnd der Mundhöhle

der Trachea

und des

die Respiration Larynx von

aus Hess keinen fremden Körper entdecken.

s t a r b aber u n t e r Erscheinungen der Erstickung.

der

Das Kind

Bei der Section wurde erst, als man

von der Wunde aus den L a r j n x a u f s c h n i t t , der Kirschkern in einer kleinen ulcerirten Höhle im rechten Ventricnlus Morgagni gefunden.

Die Luftröhre ist weniger empfindlich und geräumiger, als die Stimmritze; deshalb sind fremde Körper in ihr weniger gefährlich. F8Ilt der Körper in einen Bronchus (meist den rechten) so bleibt die Function der anderen Lunge unbehindert, und die Zufälle sind daher weniger schlimm. In der Regel fallen fremde Körper in den r e c h t e n

Bronchus, weil dieser welter

ist, in etwas m e h r verticaler Richtung von der L u f t r ö h r e a b g e h t , und weil die rechte Lunge, wegen des tieferen Hinabsteigens des Zwerchfells auf dieser Seite, stärker aspirlrt, a l s die linke.

Vgl. H y r t l ' s topographische Anatomie, 3 . Buch, a m Schluss.

Somit kann ein beweglicher Körper, auf und absteigend im Luftröhre, bald mehr, bald weniger heftige Erscheinungen hervorrufen. Münzen und ähnliche scheibenförmige Körper können ohne Ortsveränderung durch blosse Drehung den Zutritt der Luft bald mehr, bald weniger absperren. Die D i a g n o s e eines „fremden Körpers in den Luftwegen" ist, trotz der Berücksichtigung aller bereits erörterten Verhältnisse, oft schwierig; es sind in dieser Beziehung manche Irrthümer vorgekommen. Sitzt der fremde Körper im oberen Theile des Kehlkopfes, so kann man ihn mit dem vom Munde aus eingeführten Finger oder mit HUife des K e h l k o p f s p i e g e l s erkennen. Vgl. pag. 448 u. flg. Ist der fremde Körper durch eine Wunde eingedrungen, so ist die Diagnose noch leichter, zumal wenn ein Theil desselben aussen hervorragt. — Zuweilen dringt ein vom Schlünde aus in den Kehlkopf gelangter spitzer Körper bis durch die Haut hindurch, so dass er äusserlich sichtbar oder doch fühlbar wird. L a M a r t i n i e r e wurde durch einen kleinen r o t h e n Fleck, welcher wie ein Flohstich a u s s a h , auf die Anwesenheit einer in den Kehlkopf eingedrungenen Nadel geleitet, die er durch einen kleinen Einschnitt auch sogleich auszuziehen vermochte.

30*

468

Krankheiten des Kehlkopfes and der Luftröhre.

Zuweilen empfindet der Kranke genau an der Stelle, an welcher der fremde Körper sitzt, einen andauernden Schmerz. Das Respirationsgeräusch bietet immer einige Veränderungen dar, welche bald mit der an den Hals gelegten Hand, bald a b e r , und meist sicherer, mit dem an den Hals und die Brust angelegten Ohr wahrgenommen werden. Bewegliche Körper erzeugen durch Anschlagen an die Wandungen der Luftwege laute Geräusche. Dupuytren

(Journ. hebd. T. VII. pag. 4 5 ) beschreibt ein „ K l a p p e r n " ,

«rei-

ches e r bei einem 8jährigen Mädchen hörte, die eine Bohne in der Luftröhre hatte. — Kamera

hörte ein G e r ä u s c h , als würde ein kleiner Stein

Dublin, hospit. reports. Kinde, in

Vol. V. pag. 5 9 2 .



Roy e r

bin und

her geworfen

entdeckte bei einem

5j9brigen

dessen Luftröhre sich eine Glasperle b e f a n d , zur Zeit einer vollständigen

Intermission aller Krankheitserscheinungen, m i t d e r auf die vordere Flache des Halses aufgelegten H a n d

ein leichtes G e r ä u s c h ,

wie wenn

Kespirationsbewegungen bin und her geschleudert würde.

ein fremder Körper dnreh die Journ. hebd. T. II. pag. 9 6 2 .

Sitzt der fremde Körper in e i n e m B r o n c h u s oder B r o n c h i a l a s t und ist hinreichend gross, um denselben mehr oder weniger zu versperren; so hört man in der freien Lunge verstärktes vesiculäres Athemgeräusch ( J o b e r t ) , auf der Seite des Hindernisses a b e r , je nach dem Grade der Sperrung des Bronchus und der Beweglichkeit des fremden Körpers, pfeifende, klappende, später aber, wo durch die von ihm bewirkte Reizung vermehrte Exsudation eintritt, rasselnde Geräusche; zugleich fehlt das Athemgeräusch in dem Theil der Lunge, welchem die Luftzufuhr abgesperrt ist, und die Percussion ergiebt in dem entsprechenden Bezirk einen weniger vollen Schall'). Von grösster Bedeutung wäre in jedem einzelnen Falle ein R e f e r a t über die Art und Weise, wie der fremde Körper in die Luftwege gelangt, wie er beschaffen ist, und welche Erscheinungen er zunächst hervorgerufen hat. Oft ist aber ein solches Referat gar nicht zu erhalten, in anderen Fällen ist es nur mit der grössten Vorsicht zu benutzen, da es sich meist um Kinder handelt, die aus Unachtsamkeit oder Vergesslichkeit, oft auch aus Furcht vor Strafe unrichtige Angaben mächen. Lässt sich feststellen, dass es sich um einen Gegenstand von beträchtlichem Volumen handelte, dessen Durchmesser denjenigen der Stimmritze entschieden üßertrifft, so wird man, trotz der Erstickungszufälle, doch noch nicht Uberzeugt sein, dass der betreffende Körper sich in den Luftwegen befinde; er steckt wahrscheinlich im Oesophagus und comprimirt von da aus die Luftröhre. War dagegen der Körper, um den es sich handelt, von geringer Grösse, so werden wir ihn mit Wahrscheinlichkeit in den Luftwegen ' ) Vgl. K a p e s s e r (I. c.) und pag. 5 4 1 ) .

F r a n z H o f f m a n n (Berl. klin. Wochenschrift, 1 8 6 9 ,

Der letztere Fall wurde von mir selbst in Greifswald beobachtet'

469

Fremde Körper.

zu suchen haben; denn vom Pharynx oder von der Speiseröhre aus würde ein fremder Körper von geringem Volumen, auch wenn er durch seine rauhe Oberfläche oder spitze Gewalt dort festgehalten sein sollte, doch keine Erstickungszufälle hervorrufen. Bildet der fremde Körper eine wahrnehmbare Geschwulst am Halse, so sitzt er voraussichtlich in der Speiseröhre. Jedenfalls muss man durch tiefes Einführen des Fingers in den Pharynx und durch Einbringen einer Schlundsonde in zweifelhaften Fällen die Diagnose zu sichern suchen. Eine häufige Quelle von IrrthUmern ist die I n t e r m i s s i o n d e r E r s c h e i n u n g e n . Es ist schwer zu glauben und doch thatsächlich, dass ein Kind mit einem fremden Körper im Kehlkopfe sich zeitweise heiter umherbewegen und seinen Spielen hingeben kann, ohne durch irgend ein Symptom die grosse Gefahr, in der es schwebt, zu verrathen. W e i t e r e F o l g e n . Wenn der fremde Körper nicht sofort nach seinem Eindringen (namentlich beim Lachen oder Niesen) wieder hinaas geschleudert wurde, so wird durch ihn 1) häufig s o g l e i c h oder doch in kurzer Zeit der E r s t i c k u n g s tod veranlasst (pag. 465 u. f.). Die Bedeutung, welche in dieser Beziehung der Ort, an welchem der fremde Körper verweilt, ferner die Lage oder Stellung, die Grösse und das Aufquellen desselben haben, wurde eben erläutert. Der fremde Körper kann 2) den Erstickungstod a l l m ä l i g herbeiführen, indem er den Durchtritt der Luft nicht gänzlich, aber doch so beträchtlich hindert, dass die erforderliche Luftmenge nicht zu den Lungen gelangt. 3) Wenn der fremde Körper auch weder in der einen, noch in der anderen Art Erstickung bedingt, so wird er doch noch durch die von ihm erregte und unterhaltene E n t z ü n d u n g gefährlich, welche schliesslich zur U l c e r a t i o n der Kehlkopfs-, Luftröhren- oder Bronchial-Wandungen führt, mit denen der fremde Körper in Berührung kommt. Diese erfolgt desto schneller und greift desto tiefer, je inniger die Berührung des fremden Körpers mit der Wandung ist, d. h. je fester er sitzt. Sie kann zur Lösung der Einklemmung führen, so dass der fremde Körper wieder beweglich wird und nachträglich (auch aus' einem Bronchialaste) ausgehustet werden kann '). Schreitet die Ulceration aber unter der fortdauernden Einwirkung des fremden Körpers weiter fort, so erfolgt schliesslich Perforation der Luftwege an der betreffenden Stelle. Ein glücklicher Ausgang kann nach der Perforation (namentlich der Luftröhre) noch zu Stande kommen, wenn sich ein Abscess um den fremden Körper bildet, welcher nach Aussen •) Vgl. den auf pag. 4 6 8 citirten Fall von F r a n z

Hoffmann,

Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.

470

aufbricht und durch welchen der fremde Körper schliesslich naeh Aussen entleert werden kann 1 ). Dieselben Vorgänge können auch in den Bronchien stattfinden, natürlich mit weniger Aussicht auf günstigen Ausgang, da hier der Eiter voraussichtlich in die Brusthöhle gelangt. War der fremde Körper bis in die Lungen vorgedrungen, so bildet sich um ihn eine Vomica; er kann möglicher Weise später noch mit dem Eiter ausgehustet*), in höchst seltenen Fällen auch durch die Brustwand (nach vorgängiger Verwachsung der Lunge mit der Costalpleura) ausgestossen') werden; in der Regel aber geht der Kranke unter den Erscheinungen der Lungenschwindsucht zu Grunde. Dieser Ausgang ist, selbst wenn der fremde Körper, von Eiter umhüllt, nachträglich ausgehustet wird, wegen der bereits eingeleiteten krankhaften Veränderungen der Lunge, immer noch zu befürchten. 4) S e h r s e l t e n bleiben fremde Körper in den Luftwegen Monate oder gar Jahre lang, ohne üble Zufälle zu veranlassen. Die P r o g n o s e bei fremden Körpern in den Luftwegen ist, wie sich aus der vorhergehenden Darstellung ergiebt, im Allgemeinen sehr bedenklich. Abgesehen von den schon angeführten Differenzen in der Wirkung verschiedener Körper in den verschiedenen Abschnitten der Luftwege, haben wir hervorzuheben, dass die Prognose bei Kindern wegen der grösseren Enge und Empfindlichkeit ihrer Luftwege ' ) Auf diesem Wege kann der fremde Körper aber auch foriren. —

Einzig

in seiner

ein grösseres Grfäss per-

Art ist der von R o k i t a n s k y

Bd. II. pag. 4 2 ) beschriebene F a l l , g ä n g i g e E i t e r u n g erfolgte.

in

welchem

(Pathol. Anatomie

die P e r f o r a t i o n

ohne

saugte, den darin befindlichen Bolzen, mit der Puschel voraus, bis in den Bronchus.

vor-

Ein Knabe aspirirte, indem er an eioem Blaserohre linken

Beim Husten wurde der Bolzen, mit der Spitze voraus, gegen die Luft-

röbrenwand so gewaltig empor getrieben,

dass nicht blos diese s e l b s t ,

zugleich auch der Truncus anonymus d u r c h b o h r t

und hierdurch eine

sondern

tödtliche

Blutung aus den Luftwegen bewirkt wurde. ' ) B e n e y s (Canstatt's Jahresbericht 1 8 5 3 , Bd. IV. pag. 5 3 ) b e o b a c h t e t e , dass eine kleine Pistolenkugel, vertreib im Munde

welche ein an Bronchitis leidender junger Hann gehabt

und bei einem

plötzlichen Hustenanfall,

schlief, in dep Bronchus d e i t e r inspirirt h a t t e , daselbst verweilt,

plötzlich u n t e r h e f t i g e n ,

er

nachdem sie länger als 40 Tage

Erstickung

mit etwa 3 Löffeln Eiter berausbefördert wurde.

zum Zeitwährend

drohenden Hnstenanfällen

Der Kranke

h a t t e Anfangs die

Kngel dentlich in der Brust gefühlt und war von grosser Angst befallen w o r d e n ; später beruhigte er sich e t w a s ,

litt aber an fortwährendem H u s t e n , so dass er

n i c h t schlafen konnte, den Appetit verlor und schnell abmagerte. der Kugel erfolgte, wahrend d e r Kranke m i t s t a r k gebeugtem Oberkörper ' ) Zwei Fälle der Art s. in In beiden handelte

lag.

über den

Das Aushusten Bettrand

vor-

Die Genesung war in 8 Wochen vollendet.

Canstatt's

Jahresbericht

pro 1 8 3 3 Bd. IV. pag. 4 9 .

es sich um biegsame Körper (Kornähre und S t r o h h a l m ) , die

nach mehreren Wochen glücklich die Tboraxwand perforirten.

Fremde Körper.

471

verhältnissmässig übler ist, indem alle angeführten Zufälle sich bei ihnen viel schneller und stürmischer entwickeln. Behaudluug. Sobald man von der Anwesenheit eines fremden Körpers in den Luftwegen Uberzeugt ist, muss man ihn heraus zu schaffen suchen. Das einfachste Mittel dazu scheint auf den ersten Blick die I n v e r s i o n zu sein, d. h. eine Körperstellung, bei welcher der Kopf tief herabhängt und zwar am Besten hintenüber, da der weitere Theil der Stimmritze nach Hinten liegt 1 ). Es ist jedoch auf diese Weise nur in wenigen Fällen gelungen fremde Körper (und zwar nur solche von hohem specifischen Gewicht) aus der L u f t r ö h r e zu entfernen. Das Erregen von Husten, Niesen und Erbrechen — namentlich in liegender Stellung, mit stark vornüber gebeugtem Oberkörper — hat in einzelnen Fällen zum Ziele geführt; im Allgemeinen aber sind die auf solche Weise erzielten Erfolge nachtheilig gewesen, indem sie in anderen Fällen zu einer allzu langen Verzögerung der operativen Entfernung veranlasst haben. Während man die Operation noch aufschieben zu können glaubte, ist mancher Kranke gestorben, oder hat doch durch nachträgliche Verschiebungen des fremden Körpers und hinzutretende Entzündung eine solche Verschlimmerung seines Zustandes erfahren, dass die später vorgenommene Operation den gewünschten Erfolg nicht mehr haben konnte. Besonders häufig haben die Intermissionen aller Krankheitserscheinungen zum Aufschieben der Operation Veranlassung gegeben. Man glaubt oft, der fremde Körper sei zufällig wieder ausgehustet worden*). Diese Ansicht gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn der Kranke grosse Schleimmassen durch Husten und Würgen herausbefördert hat. Der Arzt sollte sich aber nur dann für überzeugt halten, wenn der fremde Körper wirklich als ausgehustet nachgewiesen werden kann. So lange ein fixer Schmerz fortbesteht oder auch nur zeitweise bei der Auscultation ein klappendes Geräusch in den Luftwegen wahrgenommen wird, muss man auch annehmen, dass der fremde Körper noch anwesend sei, und die o p e r a t i v e E n t f e r n u n g entweder sofort oder doch bei der ersten Andeutung eines abermaligen Erstickungszufalles vornehmen. Abgesehen von den höchst seltenen Fällen, wo der fremde Körper ganz oben im Kehlkopf sitzt und vom Munde her gefasst werden k a n n , ist die Entfernung nur durch k ü n s t l i c h e E r ö f f n u n g d e r L u f t w e g e (vgl. Cap. IX.) möglich. Nachdem diese ausgeführt ist, >) Vgl. P r a d l e y im British med. Journ. 1861. Jan. (Schmidt's Jahrbücher, Bd. 113 psg. 8 9 u. f.). ' ) Vgl. den pag. 466 erzählten Fall.

Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.

472

erfolgt die Ausstossung des fremden Körpers durch die Kehlkopfsoder Luftröhren-Wunde in der Regel ohne weiteres Zuthun der Kunst, wenn auch nicht immer sogleich 1 ). Wird der fremde Körper nicht alsbald ausgehustet, so muss man die angelegte Oeffnung jedenfalls weit offen halten. Im Falle Erstickungszufälle fortdauern oder wiederkehren, muss man den Versuch der Extraction mit einer schlanken, gebogenen Zange oder mit einer Drahtschlinge machen. Verschwindet die Athemnoth nach der Oeffnung der Luftwege gänzlich, so darf man auf Extractionsversuche verzichten, iquss den Kranken aber so lange sorgfältig Uberwachen, bis der fremde Körper entfernt ist. Wo dies nicht möglich ist, sind auch ohne suffocatorische Erscheinungen Extractionsversuche am Platz*). Bei fremden Körpern von beträchtlichem specif. Gewicht kann eine mechanische Begünstigung des Austritts nach der Eröffnung der Luftwege vielleicht auch durch Inversion (s. pag. 471) geleistet werden. Zähe Substanzen (Pseudomembranen) müssen mit einem elastischen Katheter ausgesogen oder auch herausgezogen werden. — Sitzt der fremde Körper im K e h l k o p f e fest (was nach der Eröffnung der Luftröhre, namentlich mit HUlfe eines Spiegels, vom Pharynx oder von der Luitröhrenwunde aus bestimmt erkannt werden kann), so muss man ihn mittelst einer von der Luftröhrenwunde aus hinauf geschobenen Sonde in die Höhe (iu den Pharynx) zu stossen suchen, wenn dies aber nicht gelingt, den Kehlkopf selbst öffnen. Vgl. Cap. IX. — Sitzt der fremde Körper in einem Bronchus oder in einem Bronchialast fest, so hat die Eröffnung der Luftwege am Halse in der Regel keinen Nutzen. ') D u p u y t r e n

(Leçons orales, Tom. III. pag. 4 9 6 ) erzählt, dass in einem von ihm

operirten Falle die B o h n e , geblich bemüht

hatte,

liches erlebte P e l l e t a n

welche er a a s der Luftröhre zu extrahiren sich ver-

am 3teo Tage

in dem Verbände gefunden wurde.

mit einem Kirschkern,

Blandin

Aehn-

mit einer Nadel, fch

selbst mit einer Kaffeebohne. 2

) V i d a l erwähnt eines Falles, in welchem Erstickung eintrat, bevor eine geeignete Zange -herbeigeschafft w u r d e ; es handelte sich u m ein Kind, dem eine Bohne dicht über der Theilungsstelle der Luftröhre festsass.

Sehr

oft ist das Fassen

des

fremden Körpers mit Zange oder Pincetle schwierig, selbst unmöglich, namentlich wenn derselbe

im Kehlkopf sitzt.

Rigal

de Gaillac

f ü h r t e in einem solchen

Falle von der eröffneten Luftröhre aus eine gekrümmte S o n d e , elastischen Katbeter gezogen w a r , in Katbeter noch weiter e m p o r ; die Mundhöhle zu schleudern. zur mechanischen

den Kehlkopf

hinauf

über welche ein

n n d schob dann den

auf diese Weise gelang es, den fremden Körper ¡n In diesem Falle drängten Erstickungszufëlle nicht

Entfernung des

fremden

Trachealwunde frei inspiriren konnte.

Körpers,

da der

Kranke durch

die

Unter solchen Umständen wäre es nicht ge-

rechtfertigt, wenn m a n die Heransbeförderung des fremden Körpers immer sogleich um jeden Treis erzwingen wollte.

473

Entzündungen.

Viertes Capltd.

E n t z ü n d u n g e n . Die Entzündungen des Kehlkopfes und der Luftröhre bilden ein Grenzgebiet, auf welchem innere Medicin und Chirurgie sich begegnen. Da diese Krankheitszustände aber in allen Lehrbüchern, welche die innere Medicin abhandeln, ausführlich geschildert werden, so sollen hier nur die für das Verständniss des chirurgischen Theils der Therapie erforderlichen Erläuterungen der c r o u p ö s - d i p h t h e r i t i s c h e n E n t z ü n d u n g e n Platz finden. Im engeren Sinne des Wortes bezeichnet man als C r o u p , Angina membranacea'), eine Laryngitis mit Auflagerung eines starren fibrinösen Exsudats, welches, zu weiterer Organisation unfähig, nach und nach in grossen Fetzen und Röhren abgestossen wird, und unterscheidet davon die D i p h t h e r i t i s , bei welcher ein analoges Exsudat tief in das Gewebe der Schleimhaut eingelagert wird, demnächst aber zerfällt und dadurch zugleich Nekrose der von ihm durchdrungenen Schleimhaut mit nachfolgender Ulceration und schwerem Allgemeinleiden bedingt. Im weiteren Sinne hat man sich aber gewöhnt, namentlich im praktischen Leben, nicht blos die, allerdings nicht immer leicht zu unterscheidenden Falle von Diphtheritis, sondern jede Kehlkopf-Erkrankung, die mit schnell steigender Athemnoth und ähnlichen Hustenanfällen, wie der eigentliche Croup, auftritt, als Croup zu bezeichnen. Das Bestreben, Fälle der letzteren Art, als „Pseudocroup" zu sondern, hat bisher zu keinem befriedigenden Resultat geführt. Man wird offenbar darauf ausgehen müssen, die unter diesem Collectiv-Namen subsumirten Krankheitsformen auch in der Praxis jede für sich zu unterscheiden. Die Versperrung der Stimmritze, welche allen diesen Affectionen gemeinsam ist, wird aber auch beim ächten Croup nicht immer durch membranöse Exsudate bedingt, sondern kann von der durch die Entzündung selbst (vermöge des collateralen Oedems) bedingten Lähmung der Muskeln der Stimmbänder abhängig sein (F. v. N i e m e y e r ) . Werden die Stimmbänder während des Momentes der Inspiration nicht durch ihre Muskeln aus' ) F ü r die französischen Aerzte sind „ A n g i n a m e m b r a n a c e a " nicht gleichbedeutend,

und

»Croup*

wie dies bei u n s , sowohl in Detreff des lateinischen, als

auch des deutschen Namens „ h a u t i g e B r ä u n e " der Fall ist.

Angina (pseudo-)

m e m b r a n a c e a heisst bei ihnen die Krankheit, wenn die Exsudation auf die Fauces beschränkt i s t ,

Cronp,

wenn sie sich in den Kehlkopf oder auch noch weiter

in die Luftwege hinab erstreckt.

474

Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.

gespannt erhalten, so drängt der Luftdruck sie in der Art gegen einander, dass nur ein höchst geringfügiger, bei einiger Schwellung der Schleimhaut ganz verschwindender Zwischenraum übrig bleibt 1 ). Das croupöse Exsudat zeigt sich in der Regel zuerst auf den Mandeln, im Schwunde und am Gaumensegel in Gestalt gelbweisßer, speckiger Auflagerungen, welche sich gewöhnlich mit grosser. Schnelligkeit weiter ausbreiten und oft Uber alle die genannten Theile zugleich erstrecken. In manchen Fällen tritt dasselbe auf allen, oder doch den meisten Schleimhäuten des Körpers zugleich auf. Die in der Umgegend der einzelnen Auflagerungen frei bleibende Schleimhaut erscheint dunkel, missfarbig oder blass und immer etwas geschwollen. Gelingt es, einzelne Exsudatlappen abzulösen, so erblickt man eine grosse Menge kleiner blutender Stellen; denn das Exsudat sitzt nicht blos auf der Schleimhaut fest, sondern greift zugleich in der Art in dieselbe ein, dass es nur unter gleichzeitiger Gefässzerreissung abgelöst werden kann. Aus dem Munde des Kranken strömt ein widerlicher Geruch, welchen schon B r e t o n n e a u mit demjenigen cariöser Zähne verglich. Die Lymphdrüsen der Submaxillargegend sind angeschwollen, die Augen thränen, das Gesicht ist aufgetrieben, das Schlingen erschwert, der Husten häufig, aber nicht charakteristisch. Die acuten Exantheme des kindlichen Alters sind häufig von einer solchen croupösen Angina begleitet. Ebenso wie diese Hautausschläge kommt aber auch die croupöse Angina zuweilen in späteren Lebensaltern vor, namentlich bei entkräfteten Subjecten. Auch unter den Kindern werden die schlecht genährten am Häufigsten befallen. Zuweilen findet man bereits die membranösen Auflagerungen im ganzen Schlünde, während der Kranke nur Uber etwas Hitze im Halse und Uber Schlingbeschwerden klagt und den Kopf etwas schief hält; — Grund genug, um namentlich bei Kindern, sobald sie Uber irgend ein Leiden im Halse klagen, die genaueste Untersuchung des Schlundes und der Mandeln vorzunehmen. Der Kehlkopfspiegel vermag auch Einsicht in den Kehlkopf zu verschaffen. Von

primärem

Croup

im

Kindesaller liegt eine Beobachtung

von

Ziemsaen

vor (Greifswalder medic. Beiträge 1 8 6 3 , Bd. II. H e f t l . pag. 1 2 3 ) , welche an 12jährigen Mädchen angestellt wurde.

einem

In diesem Falle, welcher günstig ablief, zeigte

•ich der Kehlkopf Tom Kehldeckel und den ary-epiglottischen Palten abwärts mit einer Croupmembrao austapeziert, die umgebende Schleimhaut tief gerötbet, die Stimmritze im höchsten Grade verengt ration im Lumen verändert.

und weder durch

t r a t (auch laryngoscopisch) eine vollständige 'J S c h l a u t m a n n

die E i s p i r a t i o n , noch durch die Inspi-

Mit der Besserung verschwanden die Membranen, und es Restitutio in integrum ein.

Von Dipb-

hat diese Verhältnisse in seiner Dissertation: De causa dyspnoeae

et snffocationis in laryngitide crouposa, Grypbiae 1 8 5 6 , ausführlich erläutert.

Entzündungen.

475

tberitis bei Erwachsenen »ind mehrere Fälle von S t o r k , T ü r e k , F a a t e l und S e m e l e d e r beschrieben, welche sich ähnlich, wie der eben beschriebene, verhielten.

Die gangränöse Angina, welche aus dem. diphtherischen Exsudat hervorgeht, unterscheidet sich durch folgende Charaktere. Die weissgrauen Flecke, welche im Schlünde, und namentlich auf den Tonsillen erscheinen, werden schnell dunkel und endlich schwarz; die ganze Mandel kann auf solche Weise zerstört werden. An anderen Stellen entsteht nach dem Abfallen des Schorfes ein sehr langsam vernarbender Substanzverlust, der namentlich, wenn die umgebende Schleimhaut blass bleibt, gewöhnlich gar nicht vernarbt. — Man darf mit der croupösen Angina nicht die zuweilen stattfindende Ausbreitung acuter Exantheme auf die Fauces verwechseln. In solchen Fällen findet man auf der Schleimhaut die für das Exanthem auf der äusseren Haut charakteristischen Erscheinungen mit geringen Modificationen, bei den Blattern also die charakteristischen Pusteln, beim Scharlach die gleichmässige feurige Röthe, bei den Masern eine viel weniger intensive Röthung mit einzelnen unregelmässigen Flecken. Oedema glottidis, Laryngismus stridulus, weniger leicht Stickhusten oder gar einfacher Katarrh des Kehlkopfes können mit Croup verwechselt werden. O e d e m a g l o t t i d i s nennt man eine ödematöse Schwellung der die obere Kehlkopfsapertur auskleidenden Schleimhaut. Der Name ist irreführend, denn an der Glottis selbst, d. h. an den wahren Stimmbändern kommt, wegen der straffen Beschaffenheit des submucösen Bindegewebes, eine ödematöse Schwellung nicht vor. Der eigentliche G r u n d des Oedema glottidis sind Entzündungen, in der Umgebung des Kehlkopfeingangs, namentlich kleine Eiterherde im Umfange der Stimmbänder und hinter der Membrana hyothyreoidea, oder Perichondritis oder Nekrose der Kehlkopfs-Knorpel und -Bänder. O e d e m a g l o t t i d i s kommt daher in allen Lebensaltern vor, der Croup ergreift vorzugsweise Kinder, ist zuweilen epidcmisch. Beim Oedem der Glottis ist vorzugsweise die Inspiration erschwert und erfolgt mit einem meist pfeifenden Geräusche; die Exspiration dagegen ist frei. Beim Croup sind beide Respirationsbewegungen gleichmässig erschwert; die Stimme hat einen eigenthümlichen Klang, der sich auch beim Husten deutlich kundgiebt, welchen man bald mit dem Bellen eines heiseren Hundes, bald mit dem Schreien eines jungen Hahnes verglichen hat; in einer weiter fortgeschrittenen Periode der Krankheit findet sich Stimmlosigkeit; beim Auscultiren hört man im Kehlkopfe Rasselgeräusche, die je nach ddr Consistenz seines Inhaltes verschieden sind. Wenn sich die Auflagerungen (Pseudomembranen) bereits

476

Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.

zum Tbeil abgelöst haben, so hört man ein Klappen, welches bald mit der Inspiration, bald mit der Exspiration auftritt, je nachdem sich die Pseudomembran am oberen oder am unteren Umfange gelöst hat. Stimmlosigkeit kommt beim Oedema glottidis auch vor; die übrigen eigentümlichen Veränderungen der Stimme, sowie die angeführten auscultatorischeu Erscheinungen werden aber nicht wahrgenommen. Die Sputa sind beim Croup entweder zähflüssig, zuweilen eiterig mit beigemischten Eiweissflocken; später wirft der Kranke gar nichts oder aber Stücke der Pseudomembran aus. Der Croupkranke fühlt im Kehlkopfe einen zusammenschnürenden Schmerz; beim Oedema glottidis dagegen hat er namentlich während einer Schlingbewegung die Empfindung von der Gegenwart eines beweglichen fremden Körpers im Kehlkopf, der sich bald vor die Oeffnung der Stimmritze legen, bald auch durch die Exspiration zur Seite geschoben werden kann. Ein entscheidendes Symptom liefert beim Oedema glottidis die Untersuchung mit dem in den Schlund eingeführten Finger. Man fühlt hinter der Epiglottis im ganzen oberen Umfange des Kehlkopfes einen deutlichen Wulst; dagegen fehlt in dieser Krankheit jede Auflagerung auf den Mandeln, dem Gaumensegel und im Schlünde, welche beim Croup selten vermisst werden dürfte. Gestattet es die Athemnoth und Unruhe des Kranken, den Kehlkopfspiegel einzuführen, so kann man die durch die seröse Infiltration des submucösen Bindegewebes bedingten Wülste sehen, zuweilen veranlassende Momente (Geschwüre u. s. w.) erkennen, auch sofort, wenn nöthig, therapeutische Eingriffe machen. Die nicht geringe Zahl von laryngoscopischen Beobachtungen des Glottisödems spricht dafür, dass diese Untersuchung besser ertragen wird, als man a priori anzunehmen geneigt ist. B a i s s e « (Beitrage zur Laryngoscopie. Wiener med. Wochenschr. 1 8 6 1 , XI. 4 4 . 1 8 6 2 , XII. 3 , 17) k o n n t e sieb in 2 Fallen von Oedem, welches einmal durch syphilitische Kehlkopfsgeschwüre bedingt, das a n d e r e Mal nach Typbus entstanden

war

und

beide Male die Tracbeotomie nöthig machte, niederholt sowohl vor als nach der Operation mittelst des Spiegels Einsicht verschaffen. ebenso, wie in den von S e m e l e d e r ,

Stork,

Die ödematösen Czermak

Wülste

und T ü r c k

erschienen

beobachteten

Fällen, prall, glänzend, blassbUulichrotb, schwach durchscheinend. — Sie erwiesen sich meist als die serös ioQltrirten Taschenbänder und Ligamenta

ary epiglottica;

seltener

waren der Kehldeckel oder die S t i m m b ä n d e r Sitz des Oedems.

Ein Aneurysma des Arcus aortae oder des Truncus anonymus kann die Luftröhre in der Weise comprimiren, dass Erstickungszufälle und pfeifende Respiration auftreten, die zur Annahme des Bestehens von Oedema glottidis Veranlassung geben können. Man hat unter solchen Verhältnissen auf Grund einer irrthümlichen Diagnose die

477

Entzündungen.

Tracheotomie ausgeführt. Sorgfältige Untersuchung des Thorax lässt einen solchen Missgriff vermeiden. Das pfeifende oder sägende Geräusch des Aneurysma, oft auch eine stärkere Hervorwölbung der Thoraxwand und eine fühlbare Pulsation an dieser Stelle werden die Diagnose sicher st'ellen. Ueberdies ist der Gang der Krankheit und die Reihe von Symptomen zu beachten, welche aus der Compression hervorgehen, die das Aneurysma in der Regel zugleich auf den Oesophagus, die Lunge, sowie auf die benachbarten Gefässe und Nerven ausübt. Compression des Recurrens kann Lähmung des entsprechenden Stimmbandes zur Folge haben, welche sich laryngoscopisch erkennen lässt. Am Häufigsten wird mit dem Croup der L a r y n g i s m u s s t r i d u l u s verwechselt 1 ). Für manche Aerzte, welche jedes Kind, das von bellendem Husten und Athemnoth befallen wird, als an Croup leidend bezeichnen, und deshalb auch zahlreiche Heilungen von Croup aufzuweisen haben, besteht der Unterschied, auf welchen wir hier aufmerksam machen, überhaupt nicht. In der That ist derselbe aber sehr wesentlich. Der Laryngismus erscheint plötzlich, nachdem gar keine, oder unbedeutende Vorboten (ein Paar Tage Katarrh) vorausgegangen sind. Das Kind erwacht (gewöhnlich v o r Mitternacht) mit grosser Angst, Athemnoth und bellendem oder krähendem Husten. Ein solcher Anfall, wie er beim Croup erst nach mehrtägigem Verlauf der Krankheit vorkommt, geht in einer halben, höchstens einer ganzen Stunde so vollständig vorüber, dass das Kind wieder ganz wohl erscheint; aber er kehrt wieder, bald in kürzerer, bald in längerer Frist, immer in der Art, dass die späteren Anfälle gelinder sind, als die ersten. In sehr seltenen Fällen dauert der Anfall mit kurzen lntermissionen einen ganzen Tag an. Die meisten Kinder, welche davon befallen werden, halten vorher schon ein Gehirnleiden, namentlich Hydrocephalus, wenn auch in geringem Grade und vielleicht nur durch verzögerten Fontanellen-Schluss angedeutet. Der C r o u p dagegen schleicht langsam heran und hat schon festen Fuss gefasst, wenn es zu Husten und Athemnoth kommt. Störung des Allgemeinbefindens, Appetitmangel, bleiche Gesichtsfarbe, Heiserkeit oder doch belegte Stimme gehen immer voraus, Auflagerungen im Rachen und auf den Mandeln fast immer. Oft schwellen auch die Lymphdrüsen des Halses sympathisch an und werden schmerzhaft. Der Croup macht keine vollständigen Remissionen, wenn auch die Heftigkeit der Symptome wechselt; Laryngismus macht sogar lntermissionen. Beim ' ) Vgl. den Aufsalz von C a r l W e b e r in Darmstadt tomie,

über C r o u p a n d

in der Zeitschrift für rationelle Medicin, 1 8 5 2 , pag. 8 .

Tracheo-

478

Krankbeilea des Kehlkopfes and der Luftröhre.

Croup bleibt die Stimme heiser, ja die Heiserkeit steigert sich allmälig bis zur vollkommenen Stimmlosigkeit, wenn auch der Husten nachlässt, oder endlich ganz fehlt; beim Laryngisraus dagegen wird sie, trotz des bellenden Hustens und der scheinbar drohenden Erstickungsgefahr, allmälig wieder heller und endlich ganz klar. Wahrscheinlich beruhen die croupähnlichen Symptome des Laryngismus auf Störungen der Innervation, neben denen ein mehr oder weniger heftiger Kehlkopfskatarrh aber niemals fehlt. Die Fälle von Croup, in denen, bei geringer, vielleicht post mortem gar nicht nachzuweisender Exsudatbildung, Erstickungszufälle in Folge der Muskellähmung auftreten (pag. 473), bilden den Uebergang zwischen beiden Krankheitsformen. Jedenfalls wird man den Laryngismus nicht aus Stimmritzenkrampf allein erklären dürfen. Die T h e r a p i e d e s C r o u p hat die Aufgabe, wo möglich die Exsudation zu beschränken, die schon gebildeten Pseudomembranen zu zerstören oder zu entfernen, und, sofern im Larynx (sei es durch Pseudomembranen, oder durch Verbreitung der Exsudation auf die zu den Seiten der Stimmritze gelegenen Muskeln) der Eintritt der Luft versperrt wird, auf künstlichem Wege den Zutritt der Luft zu den Lungen zu bewerkstelligen. Zur Beschränkung der Exsudation werden von vielen Seiten Brech- und Abführmittel, sowie Blutentziehungen empfohlen. Brechmittel können einen Nutzen haben, wenn es gelingt, durch sie einen Theil der in den Luftwegen steckenden Pseudomembranen hinauszuschleudern, was jedoch sehr selten ist. Blutentziehungen haben sich beim wirklichen Croup viel eher schädlich als nützlich erwiesen; denn die Erfahrensten auf diesem Gebiete stimmen darin Uberein, dass man Alles zu vermeiden habe, was die Kräfte des Kindes herunterbringt; deshalb möchte auch das Calomel, von dessen anti-exsudativer Wirkung sich Viele Vieles versprechen, nur in kleinen und niemals in purgirenden Dosen zu reichen sein. Vielleicht" beruht die gerühmte Wirksamkeit der P l u m m e r ' s c h e n Pulver gerade darauf, dass sie das Quecksilber in milder Form zur Wirkung bringen. Eine der wichtigsten Aufgaben bleibt es, in der ersten Zeit der Krankheit die bereits vorhandenen Pseudomembranen im Schlünde und auf den Mandeln durch nachdrückliche Aetzung zu zerstören. Sobald aber die Heiserkeit in Stimmlosigkeit überzugehen anfängt, die Herzgrube bei der Inspiration eingezogen wird und die Blässe des Gesichts, wegen der bis zur Erstickung gesteigerten Athemnoth, namentlich an den Lippen, einer bläulichen Farbe weicht, ist von keinem anderen Mittel Heil zu erwarten, als von der künstlichen Eröffnung der Luftwege durch die Tracheotomie. Steigt der croupöse

479

Entzündungen.

Process in die Lungen hinab (wie dies leider im nördlichen Deutschland und an den englischen Küsten fast allgemein zu sein scheint), so wird das Leben durch die Operation bei Weitem nicht immer gerettet; aber der Tod erfolgt wenigstens in milderer Form, nicht mit den Schrecken einer wirklichen Strangulation. Beschränkt sich dagegen die Eckrankung auf Schlund, Kehlkopf und Luftröhre, so ist mit der Tracheotomie auch Alles gewonnen. Das Kind respirirt durch die künstliche Oeffnung, bis der natürliche Weg — durch die allmälig erfolgende Abstossung des Exsudats (der Pseudomembranen), welche durch die innere Behandlung (namentlich eine kräftige Ernährung) begünstigt werden kann, — wieder frei geworden ist Wir können dem von C a r l W e b e r (I. c ) gemachten Vergleiche nur beipflichten: das croupkranke Kind befindet sich in der Lage eines E r h ä n g t e n ; Beide können

viel-

leicht an einer unheilbaren Lungenentzündung leiden, sicher aber sind sie dem Tode verfallen durch die Absperrung des Halstheils ihrer Luftwege; bei dem Erhängten m u s s zuerst

der Strick

durchschnitten w e r d e n ,

dann lässt

sich seine Pneumonie vielleicht

boch heilen; dem Croupkranken muss die Luftröhre geöffnet werden, dann kann möglicher Weise auch bei ihm noch Genesung erfolgen. Der statistische Nachweis über die Erfolge der Tracheotomie bei Croup gewahrt wenig Sicherheit, weil man in verschiedenen Perioden und bei verschiedener Ausbreitung der Krankheit operirt bat.

Im Allgemeinen scheinen

Periode noch 2 0 Proceot gerettet zn werden. Tracheotomie Paris 1 8 5 5 ;

im l e t z t e n S t a d i u m

Behrend

und

a b e r selbst in der letzten

Vgl. den Aufsatz von T r o u s s e a u , des Croup,

Hildebrandt,

Journal

über

Archiv, général, de médecine, für Kinderkrankheiten

1855,

Juli, August.

Viel ungünstiger gestalten sich die Verhältnisse, wenn es sich um D i p h t h e r i t i s handelt. Nicht blos die bei Weitem schnellere locale Ausbreitung der Krankheit in die Fläche und in die Tiefe, sondern auch das, in der Regel schon früh sich hinzugesellende All. gemeinleiden trüben die Prognose jedes operativen Eingriffs in hohem Grade, so dass es in der That in Frage gestellt werden kann, ob die Tracheotomie bei ausgeprägter D i p h t h e r i t i s überhaupt von Nutzen sei. Dies muss um so mehr erwogen werden, als die Häufigkeit der Diphtheritis in den letzten Jahren so sehr zugenommen hat, dass es Aerzte giebt, die den eigentlichen Croup gar nicht gesehen haben und ihn deshalb mit der Diphtheritis zusammenwerfen. In Betreff des C a t h e t e r i s m o s l a r y n g i s vgl. Cap. IX, unter I.

Beim O e d e m a g l o t t i d i s hat die T h e r a p i e gleichfalls vor Allem die Aufgabe, den Erstickungstod zu verhüten, was auch bei diesem Leiden, wenn es nicht blos in ganz geringfügigem Grade besteht, nur durch künstliche Eröffnung der Luftwege möglich ist.

480

Krankheiten des Kehlkopfes and der L u f t r ö h r e .

F ü n f t e s

Capttel.

Caries und Nekrose des Kehlkopfes und der Luftröhre. Unter dem gemeinsamen Namen „ K e h l k o p f s s c h w i n d s u c h t , P h t h i s i s l a r y n g e a " , ist eine Reihe von Krankheitserscheinungen zusammengefasst worden, die zwar darin übereinstimmen, dass sie eine Zerstörung im Kehlkopf voraussetzen lassen, Übrigens aber auf sehr verschiedenartigen Krankheitsprocessen beruhen können* auf welche näher einzugehen der inneren Medicin Uberlassen werden muss 1 ). Wir haben hier aus dieser Reihe nur die C a r i e s und die N e k r o s e , welche theils unmittelbar, theils in ihren weiteren Folgen chirurgische Hülfe nothwendig machen können, näher zu betrachten. I.

Caries.

Caries der Kehlkopfsknorpel ist sehr viel seltener, als man gewöhnlich glaubt, weil man sie häufig mit Nekrose verwechselt. HSuflger, als die Keblkopfsknorpel, fand T r o u s s e a u röhre c a r i ö s ;

die Knorpelringe der Luft-

a m Kingknorpel beobachtete er niemals C a r i e s , n u r einmal am Schild-

k n o r p e l , dreimal an den Giessbeckenknorpeln, einmal an der Epiglottis (Mémoires de l'Académie royale de médecine, Tom. VI.).

Der cariöse Knorpel ist gefässreich, aufgelockert, an seiner Oberfläche zottig. Die Zerstörung ist bald oberflächlich, bald tief, bald auf eine kleine Stelle beschränkt, mit Durchlöcherung des ergriffenen Knorpels, bald auf den ganzen Knorpel (z. Ii. den Kehldeckel) ausgedehnt, so dass dieser vollständig verschwindet. Die den Knorpel bedeckenden Weichlheile betheiligen sich stets bei der Erkrankung; namentlich wird die Haut nicht selten gleichfalls von Verschwärung ergriffen, röthet sich, wird verdünnt und endlich durchbrochen. Auf diese Weise entsteht dann eine wahre L u f t f i s t e l , anten zurückkommen werden.

auf welche wir weiter

Einen Fall der Art beschreibt z. B. A n d r a l ,

Clinique

médicale, Tom. II. pag. 2 0 4 .

Häufig hängt Caries der Kehlkopfs- und Luftröhren-Knorpel mit Verschwärung der sie bedeckenden Schleimhaut zusammen, gewöhnlich in der Art, dass die Verschwärung der Schleimhaut der Erkrankung des Knorpels vorausgeht. Jedenfalls sind die Erscheinungen der Schleimhaut-Ulcération und des Oedems in der Umgebung des GeschwUrs die wesentlichen. Darauf beruhen denn auch die plötzlichen, heftigen Erstickungszufälle, denen solche Kranke unterworfen ' ) Vgl. Traité de la phthisie laryngée et des maladies de la voix, p a r Mr. T r o u s seau,

i n : Mémoires de l'Academie royale de m é d e c i n e , Paris 1 8 3 6 , Tom. VI.

und T r o u s s e a u , Traité pratique de la phthisie laryngée, Paris 1 8 3 7 , in 8 .

Caries. — Nekrose.

481

sind, und gegen welche, wenn nicht durch grosse Vesicatore und anderweitige Ableitungen (Purganzen, J u n o d ' s Schröpfstiefel) Besserung herbeigeführt werden kann, nur die Eröffnung der Trachea oder des Kehlkopfes Hülfe zu leisten vermag. II.

Nekrose.

Die Kehlkopfsknorpel können im höheren Alter, in ähnlicher Weise, wie die Rippenknorpel, verknöchern und dann von der gewöhnlichen Knochen-Nekrose befallen werden. In Folge mancher Erkrankungen der bedeckenden Schleimhaut und des Perichondriums verknöchern sie gleichfalls, so namentlich nach Perichondritis laryngea, welche jedoch ihrer Seits auch zur Eiterung führen k a n n , ohne vorher Verknöcherung des Knorpels bedingt zu haben. Der seiner Ernährungsquellen beraubte, von Eiter umspülte Knorpel wird dann gleichfalls nekrotisch. T r o u s s e a u fand bei mehr, als der Hälfte der an Phthisis laryngea Gestorbenen, welche er zu untersuchen Gelegenheit hatte, Nekrose der Kehlkopfsknorpel. Nach seinen Untersuchungen ') liegt der nekrotische Knorpel immer vollständig bloss, an seiner äusseren Seile von Eiter umspült und nach Innen mit der Höhle des Kehlkopfes durch einen Fistelgang in Communication. Die eingeführte Sonde lässt, wenn bereits ein äusserer Fistelgang besteht, mit Leichtigkeit den nekrotischen Knorpel erkennen. Die Trennung desselben von den umliegenden Theilen erfolgt mit grosser Schnelligkeit, mit Ausnahme der Lösung von dem zurückbleibenden Theile des Knorpels, welche immer nur sehr langsam geschieht, und daher oft zur Erschöpfung, oder zu anderweitig tödtlichen Zerstörungen Veranlassung giebt. Nekrose der Kehlkopfsknorpel, ohne vorhergehende Verknöcheruog kommt nur ¡0 typhösen Fiebern Tor. (Vgl. S é d i l l o t , im Bulletin de l'Académie royale de médecine, Paris 1 8 3 6 , Tom. I. pag. 243). Die bei Phthisis laryngea stattfiodende Nekrose der Keblkopfsknorpel erfolgt, wenn der Verlauf der Krankheit nicht etwa überaus schoell ist, erst, nachdem sie verknöchert sind.

Das nekrotische Knorpel- (oder Knochen-) Stück nimmt seinen Weg entweder nach Aussen durch die Haut, oder nach Innen gegen die Schleimhaut. Im letzteren Falle geräth es in die Höhle des Kehlkopfes und veranlasst daselbst als fremder Körper die oben (Cap. III.) beschriebenen üblen Zufälle. Ein solcher Sequester kann einen sehr bedeutenden Umfang erreichen. J o s e p h F r a n k schreibt in seiner Praxis medica, Tom. VI. pag. 199: »Aeger Hunten per plures menses sanguinem et pus ejiciebat, ac pro phthisico habitus f u i t ; convaluit rejecta cartilagine cricoidea." ' ) Traité pratique de la Phthisie laryngée. B a r d e l e b e n , Chirurgie.

7 . Aull. III.

Paris 1837, in 8. 31

482

Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.

Wenn man vorher durch einen Fistelgang mit der Sonde oder mit dem Finger einen Sequester entdecken konnte, so muss man beim Eintreten von Erstickungszufällen die Ausziehung des Sequesters (mit oder ohne Erweiterung des Fistelganges) zu bewirken suchen und n ö t i g e n f a l l s zur Bronchotomie schreiten, um die Entfernung des Dieselbe nekrotischen Knorpelstücks sicher ausführen zu können. Operation wird auch gerechtfertigt sein, wenn bei einem schon lange Zeit an (Jen Erscheinungen der Rehlkopfsschwindsucht leidenden Kranken plötzlich heftige Erstickungszufälle auftreten. Die von anderen Autoren als „ P h a r y n x a b s c c s s e " beschriebenen Eiteransammlungen im Umfange der hinteren Kehlkopfswand hängen mit der Nekrose der Kehlkopfsknorpel genau zusammen, indem diese ihnen entweder vorausgeht, oder folgt. Bei der Section von Typhuskranken findet man nicht allzu .selten solche Eiterungen im Umfange des Kehlkopfes, wie denn überhaupt dem T y p h u s unter den Veranlassungen der Kehlkopfsnekrose ein wesentlicher Platz gebührt.

Sechstes Capitel.

Luftfisteln, Fistulae laryngeae et tracheales. Sehr ausgedehnte oder stark gequetschte Wunden, sowie auch Wunden mit Substanzverlust können eine Fistel hinterlassen, wenn die Vereinigung der Wunden nicht vollständig gelingt. Zur Fistclbildung führen ferner Caries und Nekrose der Kehlkopfsknorpel. Solche Fisteln entstehen fast ausschliesslich am Kehlkopf, weil hier die mechanischen Verhältnisse der Heilung eiternder Wunden ungünstig sind, was an der Luftröhre nicht der Fall ist. Sie haben gewöhnlich gar keinen, oder doch einen nur sehr kurzen Fistelgang, indem die Schleimhaut der Luftwege direct mit der äusseren Haut in Verbindung getreten ist; sie gehören daher zu den lochförmigen oder lippenförmigen Fisteln. In dieser Beziehung unterscheiden sich die e r w o r b e n e n Luftfisteln wesentlich von den a n g e b o r e n e n Trachealfisteln (pag. 433), bei denen immer ein langgestreckter, enger Fistelgang besteht, — ein Unterschied von so grosser Bedeutung, dass sie kaum als ähnliche Krankheitszustände betrachtet werden können. Durch das Bestehen einer Luftfistel erleidet die Stimme stets bedeutende Veränderungen. Sitzt die Fistel u n t e r h a l b d e r S t i m m r i t z e und hat eine ansehnliche Grösse, so bedingt sie vollständige Aphonie. Bei längerem Bestehen tritt Verengerung der Stimmritze ein, indem die Luft nur zum geringen Theil durch die Stimmritze

Lufütsleln.

483

geht, und diese sich der geringeren Quantität Luft, wclcher sie den Durchtritt zu gestatten hat, allmälig adaptirt. Jedenfalls ist bei Luftfisteln immer zu bedenken, dass Verengerung der Stimmritze bestehen k ö n n t e . Man wird sich hiervon genau zu Uberzeugen haben, bevor man irgend etwas gegen eine Luftfistel unternimmt. Denn Verengerung der Stimmritze, sowie Verengerung des ganzen Luftrohreis Uberhaupt, haben, indem sie eine unzureichende Menge von Luft in die Lungen einströmen lassen, immer eine unvollständige Respiration, und somit allmälige Erstickung zur Folge. Zeigt sich, dass bei mechanischem Verschluss einer Luftfistel die Respiration beschwerlich oder unvollständig von Statten geht, so hat man anzunehmen, dass bereits Verengerung der Stimmritze erfolgt sei. Alsdann kann man versuchen, durch Uebung die Stimmritze wieder zu erweitern, indem man die Luftfistel zeitweise geschlossen hält und den Kranken recht tief und kräftig durch den Kehlkopf inspiriren lässt. Fuhren diese Versuche zu keinem Resultat, so muss man auf den Verschluss der Luftfistel Verzicht leisten. Andern Falls kann man den organischen Verschluss der Fistel herbeizuführen suchen. Bei frischen Luftfisteln und Uberhaupt bei allen denen, welche nicht mit Verengerung der Stimmritze complicirt sind, schreitet man sogleich zum Verschluss auf operativem Wege, indem man entweder die Ränder anfrischt und zusammenheftet oder kauterisirt und durch sorgfältige Compression den Durchtritt der Luft zu verhüten sucht. Dies lässt sich jedoch nur bei sehr kleinen Fisteln ausführen; bei grösseren Defecten ist eine plastische Operation, B r o n c h o p l a s t i k , erforderlich, welche, je nach der Grösse und dem Sitz der Fistel, verschieden schwierig ist. Die Vereinigung der o b e r h a l b des Kehlkopfes gelegenen Fisteln gelingt vermittelst Hautverschiebung in der Regel leicht. Schwieriger ist dies bei den unterhalb des Kehlkopfes oder an diesem selbst gelegenen, fUr welche die Transplantation eines breitgestielten Lappens mehrmals erforderlich geworden ist. Der Lappen wird aus der benachbarten Haut entnommen, die Fistelränder werden vorsichtig angefrischt, so dass kein Blut in die Luftwege fliessen k a n n ; dann näht man den zusammengefalteten oder zusammengerollten Lappen in der Art in der Fistelöffnung fest, dass er dieselbe wie ein Pfropf verschliesst.

31*

484

Krankheiten des Kehlkopfes u n d der Luftröhre.

Siebentes

Cn|il«el.

Neubildungen im Kehlkopfe'). Die Lehre von den Neubildungen im Kehlkopfe ist seit der Einführung des Laryngoscops eine vollständig neue geworden. Vorher war eine genaue Diagnose derselben am lebenden Menschen sehr schwierig, meist unmöglich, die Gelegenheit zur Untersuchung in Leichen höchst selten, endlich die Behandlung der wirklich erkannten Neubildungen ohne eine höchst eingreifende Operation unausführbar. Dass die Neubildungen im Kehlkopfe weit häufiger sind, als man bisher nach der geringen Zahl der Beobachtungen anzunehmen berechtigt w a r , ist durch die seit dem Gebrauche des Laryngoscops sich von Tag zu Tag mehr häufenden Zahl solcher Fälle schlagend dargethan. Während die Literatur bis zum Anfang des Jahres 1860 im Ganzen gegen 100 Fälle aufweist, hat die Zahl der seitdem mittelst des Kehlkopfspiegels beobachteten Kehlkopfsgesch wülste eine mindestens fünffache Höhe erreicht*). Aber nicht blos die Zahl der B e o b a c h t u n g e n ist gegen früher ausserordentlich vermehrt, sondern auch die Zahl der H e i l u n g e n . Während von den Neubildungen in der vorlaryngoscopischen Zeit nur 3 einer erfolgreichen Operation unterworfen wurden, ist unter Vcrmittelung des die operirende Hand leitenden Spiegels schon eine sehr grosse Zahl derselben theils durch Excision theils durch Zermalmung, Aetzung und andere Operationsniethoden beseitigt und es hat sich die Ucberzcugung Bahn gebrochen, dass mit der fortschreitenden Vervollkommnung der Methoden die Operation mehr und mehr Eingang finden werde.

Pathologisch« Anatomie. Aus der Zeit vor der Anwendung des Kehlkopfspiegels hat M i d d e l d o r p f 3 ) 64 Fälle zusammengestellt und denselben eine eigene Beobachtung hinzugefügt. Unter diesen war der Epithelialkrebs am Häufigsten (25), dann folgte das Sarcom (13), dann der Schleitnpolyp (6); anderweitige Geschwülste kamen nur vereinzelt vor und waren zum Theil zweifelhafter Natur. — L e w in konnte 1862 bereits 80 Fälle aus der vorlaryngoscopischen Zeit sammeln und hat dieselben in einer sehr vollständigen Arbeit 4 ) beB e a r b e i t e t von H e r r n *) Vgl.

die

tabellarische

P r o f e s s o r Dr. r. Z i e m s s e o Zusammenstellung

g r o w t h s in t ü e l a r j o x , L o n d o n

1871,

von

in

München.

Mackenzie

und O e r t e l ,

in

seinem

Essay

on

U e b e r G e s c h w ü l s t e im Kehl-

k o p f e , D. Archiv f. klio. Medicin, 1 8 7 5 , Bd. XV., pag. 2 4 4 CT. ') 4

Die G a l v a n o k a u s t i k .

Breslau

1 8 5 4 , pag. 1 7 6 — 2 3 0 .

) Ueber Neubildungen, namentlich No.

12—28.

Polypen d e s K e h l k o p f e s .

Deutsche

Klinik

1862.

Neubildungen.

485

sprochen. Unter diesen 80 Fällen waren nur 6 richtig erkannt, und von diesen 3 operirt, — ein Beweis, wie grosse Schwierigkeiten sich der Diagnose entgegenstellten, wie unzuverlässig und wechselnd das ganze Krankheitsbild sowohl, als die einzelnen Symptome waren, bevor das Auge in die erkrankte Region eindringen konnte. Auch heute ist — wenn man von dem laryngoscopischen Befunde absieht — der Symptomencomplex, trotz des auf das Doppelte gestiegenen Beobachtungsmatcrials, nicht constanter als früher. Diejenigen Neubildungen im Kehlkopfe, welche seit der Einführung des Kehlkopfspiegels beobachtet worden sind, liessen sich, theils nach dem Spiegelbild, theils nach der Untersuchung exstirpirter Geschwulstpartikel, theils endlich nach der Nekxopsie, in folgende histologische Rubriken einreihen: Fibrome, Papillome, syphilitische Excrescenzen, Cystengeschwülste (Schleimpolypen), Lipome, endlich Epithelkrebse, Medullarcarcinome und Zottenkrebs'). Die Bindegewebs-, Papillär- und Cystengeschwülste sind die häufigsten, sitzen meist gestielt und können eine beträchtliche Grösse (Wallnuss) erreichen. Von den bösartigen Neubildungen sind die Epithelkrebse weitaus die häufigsten. Symptome. H e i s e r k e i t , welche sich bis zu vollkommener S t i m m l o s i g k e i t steigern kann, findet sich bei den Neubildungen, welche von den Stimmbändern ausgehen oder sich beim Versuch, Töne anzuschlagen, zwischen dieselben einschieben, fast constant. Beim Sitz an den Stimmt ändern selbst oder an den Processus vocales oder an der hinteren Commissur zwischen den Cart. arytaen. oder endlich an der vorderen Commissur der Stimmbänder genügen schon ganz kleine Neubildungen zur Erzeugung dieses Symptoms, indem theils die Schwingungen der Stimmbänder behindert, theils die vollständige Aneinanderlegung der Giessbeckenknorpel bei der Phonation unmöglich gemacht wird. Beim Sitz über oder unter den Stimmbändern kann die Heiserkeit ganz oder doch zeitweise fehlen. H u s t e n ist ebenfalls häufig vorhanden, jedoch nicht constant. Er hat meist einen paroxysmatischen Charakter und wird besonders bei gestielten Polypen begünstigt durch Beweglichkeit derselben, indem die Stimmbänder oder die Larynx- resp. Trachealwand vorübergehend von denselben berührt wird. — A u s w e r f e n v o n G e s c h w u l s t p a r t i k e l n ist sehr werthvoll für die Diagnose der Neubildungen (wenn auch nicht des Sitzes derselben), aber sehr selten. A t h e m b e s c h w e r d e n treten vornehmlich bei grossen Neubil•) S t a r c k ( G e r h a r d t ) , Archiv d. Heilk. 1863, IV. pag. 474.

486

Krankheitrn des Kehlkopfes and der Luftröhre.

düngen ein

und sind entweder intermittirend,

wenn die Geschwulst

nur vorübergehend sich zwischen die Stimmbänder legt und die Glottis ganz oder theilweise verschliesst (gestielte P o l y p e n ) , wenn

die Geschwulst den Kehlkopfseingang

oder

verengt (Epithelial- und andere Carcinoine).

oder

dauernd,

die Rima

glottidis

Grade bei den Krebsen

wächst die Stenose und damit die Athemnoth gewöhnlich rasch, und es tritt deshalb die Nothwendigkeit

der Tracheotomie sehr früh ein.

Bei kleinen Neubildungen können Athembeschwerden ganz fehlen. Schmerzen, abnorme

G e f ü h l e von Druck, Kratzen oder An-

wesenheit eines fremden Körpers sind sehr g e w ö h n l i c h ,

aber

weder

con§tant, noch den Neubildungen allein zukommend; Auscultationserscheinungen

sind durchaus inconstanl.

Häufigsten ist neben den Rasselgeräuschen, complicirenden

Katarrh

zuzuschreiben

welche dem fast

sind,

Am

immer

noch der S t r i d o r ,

das

Sägegeräusch, welches bei Geschwülsten oberhalb der Glottis gewöhnlich

während

während Zeiten

der

Inspiration,

bei

solchen

unterhalb

der

Glottis

in

beiden

der Exspiration, bei stenosirenden Neubildungen

wahrgenommen

wird.

Das

klappende

oder

Ventil-Geräusch,

welches ältere Autoren vielfach anführen, ist sehr seilen. Die P a l p a t i o n

mit einem oder zwei Fingern lässt Geschwülste

am Kehldeckel und an den ary-epiglottischen Falten rend die in der Kehlkopfhöhle

gelegenen,

sofern

erkennen, wähsie nicht so weit

emporragen, derselben sich entziehen. Bei

der l a r y n g o s c o p i s c h e n

Neubildungen

Untersuchung

erscheinen die

als rundliche oder höckerige T u m o r e n ,

Reichthum an Blutgefässen

j e nach dem

rosenroth oder dunkelroth, zuweilen mit

injicirten Gefässnetzen überzogen, oder auch blassroth, selbst weisslich, wie die von G e r h a r d t Gilewsky

und R o t h häufig,

in einzelnen Exemplaren

gen W u c h e r u n g e n "

von C z e r m a k ,

beobachteten

der Kehlkopfschleimhaut,

Türck,

„condylomartineben

denen

auch

hahnenkammförmige Excrescenzcn vorkommen. — Am Häufigsten und am Leichtesten zu diagnosticiren Kehldeckel oder Uber und an riger

sind die Neubildungen, welche am

den Stimmbändern

für die Diagnose verhalten

sich

wurzeln.

die Neubildungen,

Schwiewelche in

den Morgagnischen Taschen und noch weit mehr diejenigen,

welche

unterhalb der Stimmbänder ihren Sitz haben. Aetiulogic.

Ueber die Ursachen

der Neubildungen

weiss

man

b i s h e r nur so viel, dass Carcinome dem höheren Alter angehören und dass Polypen vorzüglich bei Männern, zumal bei s o l c h e n , welche ihr Stimmorgan vermöge ihres Berufes sehr anstrengen müssen, gefunden werden.

Im Kindesalter sind Larynxpolypen höchst selten.

487

Neubildungen.

ProgUttSe. Die Gefahr für das Leben richtet sich theils nach der Möglichkeit einer allmäligen oder plötzlichen Verlegung der Glottis, theils nach der Natur der Neubildung. Carcinome gestalten die Prognose schlecht; demnächst bedrohen grosse, gestielte Polypen, welche zwischen den Stimmbändern eingeklemmt werden können, das Leben in hohem Grade. Id

2

Füllen

des s c i e n c e s , t i n o c e 13jährigen

von K e b l k o p f s p u l j p e n ,

Kinde der Tod

Der 2 . K r a n k e ,

»elcbe L i e u t a u d

I 7 8 i , pag. 7 2 ) m i t t l i e i l t ,

(Histoire de

e r f o l g t e in d e m e r s t e n

l'Académie

Falle bei

einem

p l ö t z l i r h , n a c h d e m , es a n g r o s s e r A t h e m n o t b gelitten

halt«.

w e l r h e r e i n e n f e s t e n K ö r p e r in d e r L u f t r ö h r e zu f ü h l e n g l a u b t e ,

er nicht aushusten

könne, starb plötzlich,

indem er sich aus dem

Bett

den

herausbeugte,

u m ein auf d i e E r d e gefallenes B u c h a u f z u b e b e n . — In ä u s s e r s t s e l t e n e n Fällen w u r d e n Larynxpoljpen spontan

ausgehustet.

Kleinere Neubildungen behindern die Respiration weniger, stören a b e r , wenn sie an oder unmittelbar unter oder über den Stimmbändern sitzen, die Stimmbildung und führen endlich zur Aphonie. Die Beliaudlliug kann nur in der E n t f e r n u n g d e r N e u b i l d u n g e n a u f o p e r a t i v e m W e g e bestehen. Da einer solchen Radicaloperation jedoch oft eine Reihe von vorbereitenden Uebungen vorangehen muss, so wird es nicht selten nöthig, wegen eintretender Erstickungsgefahr die Tracheotomie als palliative und präparatorische Operation vorzunehmen und die Canüle in der Trachea so lange liegen zu lassen, bis das Neoplasma aus dem Larynx entfernt ist'). .4. E n t f e r n u n g v o n d e r M u n d h ö h l e a u s . 1) E x s t i r p a t i o n . Die erste bekannt gewordene Exstirpation eines Polypen vom Munde aus nahm K o d e r i k 1771 vor. Er umfasste den, vom Munde aus erreichbaren Polypen mit einer Schlinge und schnürte ihn mit seinem Rosenkranz (vgl. Bd. I. pag. 94) ab. M i d d e l d o r p f (1. c.) exstirpirte einen Polypen, welcher an und hinter dem Kehldeckel sowohl durch den Finger als auch, bei gewaltsam hervorgezogener Zunge, mit dem Auge zu erkennen war, mittelst der galvanokaustischen Schncideschlinge, die er mit den Fingern um den Polypen legte. Kleine Récidivé beseitigte er durch Aetzung. — B a r d e l e b e n riss einen stattlichen Polypen, der aus der oberen Kehlkopfsapertur hinter der Zungenwurzel hervorragte, da der Patient in Erstickungsnoth war, mit den Fingern heraus, — mit dauerndem Erfolg. Mit H ü l f e d e s K e h l k o p f s p i e g e l s sind bereits eine sehr grosse Anzahl von Neubildungen exstirpirt. Am Frühesten wurde die Exstirpation eines Polypen von v. B r u n s an seinem Bruder und zwar ' ) Die« ist bereits oft geschehen, so von TA r e i t , v. B r u n s a. À.

488

Krankheiten des Kehlkopfes and der Luftrohre.

mit glänzendem Erfolge ausgeführt; es folgten rasch weitere Operationen von v. B r u n s selbst, von O e r t e l , L e w i n , T ü r c k , T o b o l d , u. A. Das zur Abtragung der Neubildungen von den verschiedenen Autoren empfohlene Instrumentarium ist so umfangreich, dass hier nur dass Wichtigste angeführt werden kann. Das einfachste und zweckmässigste Instrument ist eine katheterförmig gebogene starke Sonde, deren Spitze lanzenförmig oder nur einseitig angeschliffen ist. Diese Messerchen werden entweder gedeckt oder ungedeckt eingeführt und damit die Neubildungen am Stiel losgeschnitten oder mehrfach angeschnitten. Scheerenähnliche Instrumente sind vielfach construirt, besonders von v. B r u n s Quetsch-Zangen oder Pincetten dienen zum Zerquetschen, Ausreissen oder blos zum Verletzen von Neubilduugen. Der Drahtschlingenschnürer ist für die Abquetschung grösserer besonders gestickter Geschwülste äusserst zweckmässig und wird neuerdings mit Vorliebe angewendet, so von v. B r u n s , O e r t e l , u. A. 2) Z e r s t ö r u n g d e r N e u b i l d u n g d u r c h A c t z u n g ist vielfach von L e w i n u. A. versucht und zum Theil, besonders bei jungen Neubildungen, mit gutem Erfolg. L e w in bediente sich vornehmlich des H ö l l e n s t e i n s in Substanz. Die Aetzmittelträger sind einfach und bestehen aus einem passend gebogenen Silberdraht, dessen Schnabel ein vielfach eingekerbtes Knöpfchcn von Linsen- bis Erbsengrösse trägt. Vor dem Gebrauche des Instrumentes wird dieses Knöpfchen erhitzt in geschmolzenen Lapis getaucht, so dass es mit einer dünnen, festhaftenden Schicht des Aetzmittels überzogen wird. 3) Die i n t r a l a r y n g e a l e G a l v a n o k a u s t i k ist seit der Einführung des Laryngoscops oll angewendet und zwar zuerst von V o l t o l i n i 1 ) und v. B r u n s (I.e.). Die Umschlingung des Drahtes um die Geschwulst hat oft Schwierigkeiten; dieselben werden aber durch den grossen Vortheil, dass man den Glüh-Draht völlig unschädlich bis an die Geschwulst bringen und auch ebenso wieder entfernen k a n n , sowie durch die Vermeidung jeglicher Blutung selbst bei stark vascularisirten Gebilden wieder aufgewogen. Bei allen vorgedachten

Operationen

ist die C h l o r o f o r m n a r k o s e

unzulässig

wegen der damit verknüpften G e f a h r e n , überdies aber u n g e n ü g e n d , weil Chloroform auf d i e Beweglichkeit d e r Bachengebilde nicht einwirkt. Anästhetica

f ü r diese Hegion aufge9ucb*t.

Man hat

Dabin gehören:

deshalb

andere

1) die innerliche An-

wendung des B r o m k a l i , zu 1 — 2 Grammen stündlich gegeben, nach 1 0 — 1 2 Stunden wirkend ( R i e m s l a g h , abstumpfend;

Bull, de T h i r a p . 1 8 6 2 . pag. 4 7 0 ) , wenigstens die Reizbarkeit

2)

das

Aufpinseln

Morphium muriat.

mit

3 , 7 5 Weingeist

lnjection

von

Morphium

in

einer

Morphiumlösung ( n a c h und

1 5 , 0 Chloroform).

die Kehlkopfsgegend ( v o n

Bernatzik:

0,18

3 ) Hjpodermalische

A. E u l e n b ü r g

mit

Erfolg

>j Archiv für klin. Chir. VII. pag. 6 9 3 . — Vgl. d. Fall v. M i d d e l d o r p f , pag. 4 8 7 .

Neubildungen.

489

»ersucht). 4) Adstringirende Iojectionen (von Alaun u. s. w.) mit Hülfe des „Pulvérisateur" in den Rachen gebracht. — Alle diese Versuche, welche eine locale Anästhesie zu erzielen suchten, sind im Ganzen doch erfolglos geblieben.

B. E x s t i r p a t i o n v o m H a l s e a u s . 1) D u r c h E r ö f f n u n g d e r L u f t w e g e (Laryngotomie). Dieses Verfahren ist von E h r m a n n 1 ) zuerst geübt, hat abertrotz des relativ günstigen Erfolges wenig Nachahmer gefunden, weil es sehr eingreifend ist und die Stimme voraussichtlich vernichtet. E h r m a n n eröffnete zuerst die Luftröhre, indem er den Ringknorpel und die zwei ersten Luftröhrenringe durchschnitt, und legte eine CanUle ein. Nach 48stündiger Ruhe') wurde auch der Schildknorpel in der Mittellinie bis zum Zungenbein hinauf gespalten und durch die erweiterte Spalte der am linken Stimmband sitzende Polyp mit dem Messer abgetragen. Nach 21 Tagen waren die Wunden verheilt, jedoch blieb die schon vorher bestehende Stimmlosigkeit unverändert.. H a u c h f u s s (in Petersburg) (I. c.) spaltete den Larynx und einen Tbeil der Trachea wegen einer von den falschen Stimmbändern ausgehenden Neubildung (sarcomatose Degeneration der Schleimdrüsen). Es wurde beinahe ein Jahr eine Cauüle getragen, wiederholt kauterisirt u. s. w. Der Fall verlief glücklich. Dieselbe Operation wurde mit Erfolg ausgeführt von G i l e w s k i " ) und von G i b b 1 ) .

2) Durch E r ö f f n u n g des S c h l u n d k o p f e s . Procédé suslaryngien ( V i d a l ) , Laryngotomie sous-hyoidienne ( M a l g a i g n e ) , Pharyngotomia subhyoidea (v. L a n g e n b e c k ) . Vgl. Cap. IX. — Diese Operation ist für die Abtragung von Neubildungen am Eingange des Kehlkopfes, sowie am Kehldeckel und am Zungengrunde, im Falle man durch den Mund keinen Zugang zu dem Sitze des Uebels gewinnen kann, von grosser Bedeutung. Das absprechende Urtheil l l y r t l ' s 5 ) wird widerlegt durch die gelungenen Operationen von P r a t " ) , welcher nach dieser Methode ein der vorderen Fläche des Kehldeckels aufsitzendes Fibroid mit bestem Erfolg exstirpirte, und von B. v. L a n g e n b e c k 7 ) , welcher grosse Polypen auf diesem Wege ent') Histoire des polypes du larynx. Strasburg 1850. ) Man würde jetzt statt einer gewöhnlichen Canüle immer die T r c n d e l e n h u r g sebe Tampon-Canüle einlegen und, da diese die Anwendung des Chloroforms gestattet, sofort auch die Laryngotomie folgen lassen, zumal die von E h r m a n n gewährte Frist die Hauptoperation grade in die Reactionsperiode der Voroperation verlegt. ' ) G i l e w s k i , Ueber Lnlfernung der Kehlkopfpolypen mittelst Spaltung des Kehlkopfes etc. Wien. med. Wochenschrift 1865, 51 u. 52. *) G i b b , Entfernung einer Geschwulst im Larynx durch Trennung des Schildknorpels. Frit. med. Journal 1865. Sept. 30.

9

*) Handb. d. topographischen Anatomie .1800. Bd. I. pag. 400. — H y r t l bat die schon über ein Jahr früher veröffentlichte Beobachtung von P r a t offenbar nicht gekannt. •) Gazette des Hôpitaux 1859. No. 103. cf. S c h m i d t ' » Jahrb. Bd. III. pag. 2*26. ' ) Berl. klin. Wochenschrft. 1870. No. 2.

490

Krankbeilen des Kehlkopfes and der Luftröhre.

fernte. — Auch hierbei schickt man zweckmässig die Tracheotomie voraus und legt eine Tampon-CanUle ein. C. E x s t i r p a t i o n d e s g a n z e n

Kehlkopfs.

Die Möglichkeit dieser radicalsten Operation zur Beseitigung von Neubildungen im Kehlkopf ist von C z e r n y durch Versuche an Thieren erwiesen. 1 )

B i l l r o t h hat dieselbe zuerst am Menschen ausgeführt.')

Obgleich in mehreren Fällen der Erfolg günstig war, wird man diesen bedeutenden Eingriff doch nur bei solchen Kranken wagen denen auf andere Weise

durchaus nicht

zu helfen

dürfen,

ist, und deren

Kräfte noch genügend erscheinen, um denselben zu ertragen. — In Betreff der Ausführung der Operation vgl. Cap. IX. dieser Abtheilung.

Achtes

Capltel.

Verengerung der Luftröhre, Tracheostenosis. V e r e n g e r u n g d e r L u f t r ö h r e ist keine selbststhndige Krankheit, sondern das Resultat verschiedener Krankheitsprocesse, die nicht einmal immer in der Luftröhre selbst ihren Sitz haben und daher auch an anderen Stellen erwähnt werden müssen. Wir stellen dieselben, nach dem Vorgange von H. D e m m e ' ) , hier zusammen, weil die Verengerung der Luftröhre als solche durch die Behinderung des Lufteintritts therapeutische Eingriffe erheischen kann, die von den ihr zu Grunde liegenden Erkrankungen unabhängig sind. In der Mehrzahl der Fälle beruht die Verengerung der Luftröhre auf C o m p r e s s i o n d e r s e l b e n d u r c h G e s c h w ü l s t e , welche sich in ihrer Nachbarschaft entwickelt haben. Am Häufigsten sind es K r o p f g e s c h w ü l s t e (vgl. Abth. XV.), durchweiche die Compression bedingt wird, demnächst Geschwülste der L y m p h d r ü s e n , Gewächse in der S p e i s e r ö h r e , C y s t e n h y g r o m e . A n e u r y s m e n , Tumoren, welche von der W i r b e l s ä u l e ausgehen, selten Geschwülste der Thymus. Auch tiefe Abscesse am Halse (namentlich Retropharyngeal- und Schilddrüsen-Abscesse), grosse Blutergüsse unter der Halsfascie, emphysematöse Schwellung des daselbst gelegenen Bindegewebes, sowie fremde Körper zwischen der Luft- und Speiseröhre (Geschosse) oder innerhalb der letzteren können dasselbe Resultat haben. •) Wiener mcdic. Wochenschrift, 1 8 7 0 , No. 2 7 u. 2 8 . ' ) Vgl. C. G u s s e n h a n e r , geführte

Ueber die erste durch T h . B i l l r o t h

Kehlkopf-Exstirpation,

Vcrhandl.

d.

Deutsch.

am Menseben aus-

Gesellsch.

f.

I I I . Congress, Berlin 1 8 7 4 , pag. 7 6 u. f. ')

Würzburger medic. Zeitschrift. Bd. II. pag. 3 9 0 und Bd. III. pag. 2 5 4 .

Chirurgie,

Tracbeostenosia.

491

Die Tracheostenose kann ferner durch k r a n k h a f t e V e r ä n d e r u n g e n d e r L u f t r ö h r e n w ä n d e s e l b s t veranlasst werden. Abgesehen von dem a c u t c n O e d e m , welches im Kehlkopf mit viel bedrohlicheren Erscheinungen auftritt, handelt es sich hier wesentlich um n a r b i g e V e r e n g e r u n g e n , wie sie bei tuberculösen, typhösen und syphilitischen Geschwüren, beim Croup, vielleicht auch nach Verbrennungen vorkommen. Die narbige Schrumpfung beschränkt sich keineswegs auf die Schleimhaut, sondern betrifft in vielen Fällen auch die Knorpel. Nekrose der letzteren und Perichondritis können überdies direct Vereugerung bedingen. N e u b i l d u n g e n der verschiedensten Art, von der Schleimhaut, dem submucösen Gewebe oder den Knorpeln ausgehend, vielleicht auch von Nachbargebilden her in die Luftröhre hineingewachsen, tragen in selteneren Fällen die Schuld. Endlich können auch f r e m d e K ö r p e r i n n e r h a l b d e r L u f t r ö h r e , mögen sie nun von Aussen gekommen oder innerhalb der Luftwege entstanden sein, wie nekrotische Knorpelstücke, Croupmembranen u. dgl. in. (vgl. Capitel III.—V.), Tracheostenose bewirken. Die B e h a n d l u n g muss, wenn sie einen radicalen Erfolg haben soll, auf das zu Grunde liegende Uebel gerichtet sein. Hat aber die Behinderung der Luftzufuhr einen bedenklichen Grad erreicht, so muss man direct gegen dieselbe einschreiten. Am Vollständigsten wird durch Eröffnung der Luftröhre (Tracheotomic) unter der verengten Stelle Hülfe geschafft. Liegt die Stenose aber zu tief, um die Tracheotomic unterhalb derselben noch ausführen zu können, so kann man durch Einfuhren eines biegsamen Rohrs von einer oberen Oeffnung aus Erleichterung schaffen. Am Besten lässt man den Patienten dann dauernd eine lange Canüle in der .Luftröhre tragen, welche über die verengte Stelle hinabreicht, wie K o e n i g 1 ) eine solche mit einem, aus spiralig aufgerolltem Silberdraht hergestellten Mittelstück und dadurch ermöglichter Biegsamkeit sehr zweckmässig construirt hat. Wird die Compression durch cystische Kropfgeschwülste bedingt, so werden die Gefahren der Tracheostenose durch Punction der Cysten und durch subcutane Durchschneidung des, die Geschwulst gegen die Luftröhre andrückenden M. sternocleidomastoideus ( B o n n e t ) oft für lange Zeit abgewendet. Vgl. Abth. XV. ' ) Archiv der Heilkunde, Bd. IV. pag. 2 4 5 .

492

Krankheiten des Kehlkopfes und der Luftröhre.

Neuntes Capltel. Operationen an den Luftwegen. I. Katheterismns der Luftwege, Catheterismus laryngis.') Als K a t h e t e r i s m u s d e r L u f t w e g e (Tubage du larynx) be 7 zeichnet man das Einführen einer Röhre in den Kehlkopf, oder durch den Kehlkopf in die Luftröhre, — in der Absicht entweder ein dem Eintritt der Luft sich entgegenstellendes Hinderniss zu beseitigen, oder aber Arzneimittel direct mit der Schleimhaut der Luftwege in Berührung zu bringen. Zu letzterem Behuf ist diese Operation namentlich von L o i s e a u , der sie besonders zur Geltung gebracht h a t ' ) , zu ersterem von B o u c h u t empfohlen worden 3 ). Die Röhren, deren man sich zur Ausführung der Operation bedient, müssen, um hinreichend tief in die Luftröhre einzudringen, etwa 30 Ctm. lang und, sofern sie von Metall (Silber) gefertigt werden , in entsprechender Weise gekrümmt sein. Neuere Erfahrungen haben ergeben, dass man mit gewöhnlichen elastischen Kathetern, denen man die gewünschte Krümmung unmittelbar vor der Operation giebt, auskommen kann ( G r e e n und G r i e s i n g e r ) . Um den Katheter in den Kehlkopf einzuführen, hat man (bei hinreichender Eröffnung des Mundes) den Widerstand der Zunge, des Kehldeckels und der Schliessmuskeln der Stimmritze zu überwinden. Die Zunge wird am Besten mit dem, durch einen starken Metallring (wie ihn schon D i e f f e n b a c h zu ähnlichen Zwecken empfahl) vor dem Beissen geschützten Zeigefinger abwärts gedrückt. Die störende Wirkung der Epiglottis beruht wesentlich darauf, dass der Schlund sich bei jeder Berührung zusammenzieht und dabei den Kehlkopf hebt und namentlich auch die Epiglottis nach Hinten bewegt. Die Operation gelingt daher viel leichter, wenn man vorher die Empfindlichkeit des Pharynx durch wiederholte Berührung abgestumpft hat. Man kann es dahin bringen, dass man die Epiglottis mit der Fingerspitze emporzuheben und den Zugang zum Kehlkopf somit ganz frei zu machen vermag. Gelingt dies nicht, so uiuss man die Katheterspitze von der Seite her ' ) Vgl.

die

Zusammenstellung

Gesenius,

in

Schmidt'*

der

auf

diese Operation

Jahrbüchern

1859.

beiüglicben

Bd. 102.

Arbeiten von

pag. 2 3 5 .



Der

Katbeterismus der Luftwege ist bereits von H i p p o k r a t e s vorgeschlagen und von Monro, Pra, Chaussier

und Anderen, die zum Theii sehr complicirte instru-

mente dazu erfanden, angewandt worden. ' ) Bulletin de l'Académie de méd. 1 8 5 7 . August. ' ) Gazette des hôpitaux. 1 8 5 8 . No. 1 3 ! .

493

Katheterismas der Luftweg«.

neben dem Kebldeckel einzuschieben suchen. Sobald dieselbe in die obere Apertur des Kehlkopfes eingedrungen, muss man den Katheter möglichst genau in der Mittellinie weiter f ü h r e n , um nicht an den Stimmbändern, oder in den M o r g a g n i ' s c h e n Ventrikeln aufgehalten zu werden. Der schwierigste Theil des ganzen Wegös, den der Katheter zu durchmessen hat, ist der Durchgang zwischen den Stimmbändern. Man wird denselben (aus bekannten anatomisch-physiologischen Gründen) im Moment der Inspiration und im hintersten Theil der Stimmritze zu bewirken suchen. Um den

Katheter längere Zeit liegen zu lassen, inuss man

das äussere

Ende

durch eine Choane in die Nase nnd aus dieser vorn heraus f ü h r e n , wie dies f ü r das Schlundrohr in der nächsten Abtheilung ausführlich geschildert wird. Noch viel schwieriger als die Einführung des Jiehlkopfbalheters durch

den Mund

ist diejenige durch die Nase, zu welcher man seine Zuflucht nur in solchen Fallen nimmt, wo j e n e r leichtere Weg sich nicht benutzen lasst.

Bei den unleugbaren Schwierigkeiten der Operation ist man wohl berechtigt, sehr stringente Beweise dafür zu verlangen, dass der Katheter wirklich in den Kehlkopf gelangt und nicht statt dessen den bequemeren Weg in die Speiseröhre hinabgeglitten sei. Schmerz im Kehlkopf, Husten, Stimmlosigkeit, Aus- und Einströmen von Luft durch den Katheter lassen mit grosser Wahrscheinlichkeit darauf schliessen, dass die Einführung gelungen sei; vollkommene Gewissheit verschafft aber nur die directe Untersuchung mit dem in den Schlund eingeführten Finger oder mit dem Spiegel. Als I n d i c a t i o n e n für Cathetcrisnius laryngis werden a l l e Von praktischer Bedeutung ist A r t e n d e r A s p h y x i e aufgeführt. derselbe aber nur in solchen Fällen, in denen es darauf ankommt, schnell Flüssigkeiten aus den Bronchialästen a u s z u s a u g e n und statt derselben Luft einzublasen, mithin bei Ertrunkenen und vor Allem bei asphyktischen Neugebornen (V. H u e t e r ) . Bei anderen Behinderungen des Durchganges der Lufl durch den Kehlkopf, wie sie durch Krampf der Stimmritze, durch Croup oder durch von Aussen drückende Geschwülste bedingt werden, ist nicht blos die Ausführung des Catheterismus laryngis viel schwieriger, sondern die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges auch sehr gering. Jedenfalls kann die Broncholomie (vgl. II.) dadurch nicht ersetzt werden. — Noch weniger genügend sind die Resultate, welche man mit der Injection medicamentöser Stoffe durch den Kehlkopfskatheter erzielt hat.

Krankheiten des Kehlkopfe» und der Luftröhre.

494

II. Eröffnung der Luftwege, Bronchotomia. Die kunstgemässe Eröffnung »1er Luftwege am Halse wird im Allgemeinen (wenig passend) B r o n c h o t o m i e , auch wohl genannt;

Kehlschnitt

im Besonderen aber bezeichnet man die Operation,

der Kehlkopf geöffnet wird, als L a r y n g o t o m i e ,

wenn

wenn dagegen die

Luftröhre geöffnet wird, als T r a c h e o t o n i i e . H i p p o k r a t e s rieth eine Röhre in die Luftröhre einzuführen, um der Erstickungsgefahr zu begegnen (vgl. pag. 49?). A s k l e p i a d e s von Bilhvnien trat diesem Verfahren im 1. Jahrhdt. v. Chr. entgegen und empfahl statt dessen die Bronchotomie, durch welche er, nach dem Zeugniss des Caelius Aurelianus, mehreren Menschen das Leben gerettet hat. A r e t a e u s verwarf diese neue Operation als irrig un) Der Kopf lässt sieb, wie T r e n d e l e n b u r g

gezeigt bat, s o w e i t hintenüber beugen,

dass man einen gradeo, soliden Stab in den Magen schieben kann.

535

Catbeterismus oesophagi.

brechen, Hüsten, selbst Erstickungsnoth bekommen und in die grösste Aufregung gerathen, sobald man nur die Pharynxwand berührt. Gelingt e s , mit grosser Schnelligkeit das Instrument vorwärts zu schieben, so kann man alle diese Hindernisse Uberwinden; in anderen Fällen muss man durch häufige Berührung des Pharynx und Bepinseln mit adstringirenden Substanzen die Empfindlichkeit desselben zu vermindern suchen. Kommt man damit nicht zum Ziele oder ist der Fall dringlich, so muss man sich zur E i n f ü h r u n g der Schlundsonde d u r c h d i e N a s e n h ö h l e bequemen. Diese wird ferner in dem sehr seltenen Falle erforderlich, wenn der Unterkiefer d u r c h a u s n i c h t vom Oberkiefer entfernt werden kann, da man zu dem früher empfohlenen grausamen und unsicheren Mittel, einige Zähne auszuziehen oder auszubrechen, nur im äussersten Nothfalle seine Zuflucht nehmen wird 1 ). Der Kopf des Kranken muss für diese Einführung noch stärker nach Hinten über gebeugt werden, als bei der Einführung durch den Mund. Der Weg durch die Nase muss mit grösster Schnelligkeit zurückgelegt werden. Die Spitze der Sonde berührt nun die hintere Pharynxwand. Um sie abwärts zu leiten, soll man „die Finger hinter dem Gaumensegel emporführen"; dazu müsste aber der Weg durch die Mundhöhle offen sein, und dann würde man lieber das Schlundrohr selbst auf diesem Wege einführen. Man sucht sich daher durch einen in das Schlundrohr eingeführten krummen Draht zu helfen, den man, sobald die Spitze der Sonde die Richtung abwärts genommen hat, zurückzieht, da die Sonde sonst in den Kehlkopf geleitet werden würde. In

scbwierigeD

Fallen

wird

man

von B a i l l a r g e r oder von B l a n c h e

sieb

der

pag. 5 3 8

beschriebenen

Verfahren

bedienen.

Die E n t l e e r u n g d e s M a g e n s mittelst des in ihn eingeführten Schlundrohrs ist frUher schon zum Behuf schleuniger Entfernung giftiger Substanzen, neuerdings aber auch zur Behandlung der Ektasie und anderer Erkrankungen des Magens vorgenommen worden *). Man kann dieselbe mit jeder auf das Schlundrohr genau passenden, hinreichend grossen Spritze ausführen, indem man letztere als Saugpumpe wirken lässt. Die W e i s s ' s c h e „Magenpumpe" ist auch n u r eine Spritze, welche durch eine Ventilvorrichtung den Inhalt zu ent' ) R o s e r empfiehlt für solche Fälle, wo der Mund zwar noeb geöffnet, aber schwer oifen erhalten werden k a n n , in

einen hölzernen Ring mit zwei Handhaben,

der Gegend der Backzähne zu liegen k o m m e n ,

welche

nach Art eines Pferdegebisses

einzulegen, um dann durch die OefTnung des Ringes das Schlundrohr einzuführen. — Aehnliches leistet der Mundspiegel von ' ) Vgl. K u s s m a u l , klin. Med.

über die

Bd. VI. pag. i 5 5 .

Chassaignac.

Bebandl. d. Mogenerweilerung e t c . ,

Deutsch. Arcb. f.

Krankheiten der Speiseröhre.

536

leeren gestattet, ohne die Spritze abzunehmen. In neuester Zeit sind zahlreiche Instrumente der Art construirt worden, unter denen die von J U r g e n s e n 1 ) und von R o s e n t h a l * ) angegebenen Heberapparate sich durch leichte Handhabung und sichere Wirkung auszeichnen. Zur Erweiterung einer Strictur sowohl, als auch um einen Patienten längere Zeit durch d i e S c h l u n d s o n d e zu ernähren, kann es wünschenswerth sein, dieselbe a n d a u e r n d in d e r S p e i s e r ö h r e l i e g e n zu l a s s e n . Alsdann ist es nothwendig, dieselbe entweder durch die Nase einzuführen, oder ihr aus dem Mund hervorhängendes Ende (welches dann aber nicht trichterförmig gestaltet sein darf) durch die Nase nach Aussen zu leiten ( B o y e r ) . Hierzu bedient man sich des bei der Tamponade der Nase (pag. 207) beschriebenen Verfahrens. Handelt es sich uin eine Strictur, so ist es zweckmässig dem Kranken die Beschwerden, welche mit dem Liegenbleiben des Schlundrohres verknüpft sind, zu ersparen, indem man sich des V e r f a h r e n s v o n S w i t z e r bedient. Man führt nämlich einen lang gestreckt eiförmigen Dilatator aus Elfenbein von entsprechender Dicke mit Hülfe eines darauf passenden Fischbeinslabcs bis in die Strictur ein und zieht dann den Fischbeinstab wieder zurück, indem man einen langen festen Seidenfaden, der in dem Dilatator genau befestigt ist und durch seine Umschlingung um den Fischbeinstab zugleich die Verbindung zwischen diesen beiden Stiickcn gesichert hat, allein zurücklässt und, wenn es bequemer erscheint, in der oben erwähnten Weise durch ein Nasenloch herausleitet. Jedoch kann auch mit dieser Verbesserung die permanente Dilatation nie ohne Beschwerden angewandt werden. — Die allmälige Erweiterung geschieht mit einem starken elastischen Katheter ($chlundrohr), einer Bougie oder einer Fischbcinsondc. An dem knöpfförmigen Ende der letzteren wird, nach T r o u s s c a u , ein mit Eiweiss getränkter Schwamm, von etwas grösserem Durchmesser als derjenige der Strictur, sicher befestigt und demnächst in die verengte Stelle mit drehender Bewegung eingeschoben. Dies Einschieben der Sonde wird mehrmals hintereinander in einer Sitzung wiederholt. Solcher Sitzungen müssen täglich wenigstens zwei stattfinden, bis man die normale Weite erreicht hat; dann gestattet man längere Intervalle, unterlässt jedoch die Einführung der Sonde auch später nicht ganz, weil die Verengerung sonst schnell zurückkehrt. V i d a l schlagt vor, die Erweiterungssonden so einzurichten, dass ihre Spitze sich nach der Einführung in die Strictur durch einen besonderen Mechanismus auseinander drängen lässt.

Ein

solcher ist bereits von F l e t c h e r ersonnen w o r d e n , in der Ab-

•) Deutsch. Archiv f. klin. Medicin.

Bd. VII. pag. 2 3 9 .

' ) Berl. H i n . Wochenschr. 1 8 7 0 . pag. 2 8 7 ff.

537

Catheterismns oesopbsgi. sieht die Strictur p l ö t z l i c h

und

gewaltsam

zu erweitern.

Dies Instrument besitzt

an seiner Spitze eine kleine Slahlkugel, welche leicht durch die S t r i d o r passirt, dann aber durch einen

besonderen

Mechanismus

emporgezogen werden

kann,

so dass sie

sich zwischen die bis dahin aneinander liegenden drei Branchen des Instrumentes eindringt

und diese auseinander

presst.

Die Gefahr eines solchen Verfahrens

leuchtet

e i n ; auch ist dasselbe a n lebenden Menseben noch nicht «ersucht worden.

Die radicale Heilung einer Strictura oesophagi kann durch Dilatation nur dann gelingen, wenn dieselbe mehr von Schleimhautfalten als von delbeni Narbengewebe abhängig ist. Palliative HUlfe aber kann dadurch in allen Fällen, selbst wenn eine Krebsgeschwulst die Veranlassung der Strictur ist, geleistet werden. Z u r z w a n g s w e i s e n E r n ä h r u n g v o n I r r e n kann man für die E i n f ü h r u n g d e r S c h l u n d s o n d e in der Regel nur den Weg durch die Nasenhöhle einschlagen. Der Kranke niuss von Geholfen sicher gehalten, aber nicht festgebunden werden, da während der Operation eine Veränderung seiner Stellung erforderlich sein kann. Niemals darf er sich in der RUckenlagc befinden'). Wenn die Einführung in der oben angegebenen Weise leicht von Statten gegangen ist und der Kranke keine Angst, keine Xthemnoth, keinen Husten bekommt, so kann man ziemlich sicher sein, nicht in den Kehlkopf, sondern in die Speiseröhre das Rohr eingeführt zu haben. Jedoch ist es der Vorsicht angemessen, den Kranken sprechen zu lassen oder wenn er dies nicht thut, einige Tropfen Wasser durch das Rohr einzuspritzen, welche, wenn sie in den Kehlkopf gelangten, sofort Husten erregen würden. Hat man die Gewissheit, in die Speiseröhre gedrungen zu sein, so schiebt man das Rohr möglichst tief ein, um dem Wiederaufsteigen der eingeführten Nahrungsmittel vorzubeugen. Die zur Ernährung bestimmten Flüssigkeiten (Fleischbrühe, Eigelb und Milch) müssen schon vorher in grosse Spritzen gefüllt sein, die in das äussere Ende des Schlundrohres genau passen. Das Einspritzen geschieht langsam; plötzliche Ueberfüllung würde zum Aufstossen und Erbrechen führen. Treten diese Zufälle mit grosser Heftigkeit oder gar mit Atheinnoth auf, so muss man das Rohr wieder entfernen. Anderen Falles versucht m a n , ob der Kranke sich nicht an seine Anwesenheit gewöhnt, und unterstützt nur seinen Kopf in vornübergebeugter Stellung, um ihm das Erbrechen zu erleichtern. Das Ausziehen des Rohres muss gleichfalls vorsichtig geschehen, indem man sein äusseres Ende allmälig immer mehr abwärts wendet und die Oeffnung desselben mit dem Daumen verschlossen hält, damit beim ' ) B l a n c h e theilt einen Fall m i t , in welchem der Kranke erstickte, weil man ihm in

horizontaler

Lage Nahrungsmittel durch das Schlundrohr beibrachte,

diese, aus der Speiseröhre wieder aufsteigend, in die Luftwege gelangten.

indem

538

Krankheiten der Speiseröhre.

Passiren des Schlundkopfes von den im Rohr noch enthaltenen Flüssigkeiten nichts in den Kehlkopf tröpfelt. Besondere Instrumente und Verfahren zum Behufe der künstlichen E r n ä h r u n g bei widerstrebenden Irren haben B a i l l a r g e r sich derselben

auch

und B l a n c h c d. J. angegeben.

bei anderen K r a n k e n ,

Man kann

bei denen dnr Catheterismus oesophagi in

der gewöhnlichen Weise nicht gelingt, bedienen. Verfahren von Baillarger.

Statt des gewöhnlichen Schlundrohres wird ein

4 0 Olm. langer, dünnwandiger, höchst biegsamer, elastischer Schlauch angewandt, an dessen äusserem Ende sieb ein Metallring befindet, a n welchem eine vermittelst einer Schraube zu schliessende Klammer angebracht ist.

8 Ctm. vom trichterförmigen Ende

des Bobres entfernt, befindet sieb ein weisser Kreis, ein zweiter ist 1 3 Ctm. vom anderen Ende des Schlauches angebracht.

Die Oelfnungen (Augen) befinden sich 2 Ctm.

vom unteren Ende, in einiger Entfernung von einander.

Dii's Rohr wird mit 2 Leitungs-

stäben versehen; der eine ist ein d ü n n e r biegsamer Draht, etwas langer als das Rohr und an seinem äusseren Ende mit einem Ring versehen, der zweite ist ein Fiscbbeinstab, gleichfalls länger als das Rohr und an seinem äusseren Ende umgebogen. umgebogene Ende wird

in der oben

erwähnten Klammer

befestigt.

Dieses

Zum Behuf

der

Einführung wird das Ende der Sonde umgebogen, der Fiscbbeinstab strebt das Instrument auf

die gerade Richtung z u r ü c k z u f ü h r e n ,

gewiebt über den

Fischbeinstab haben

muss)

der Draht aber behält die

ihm

(welcher das Ueberertheilte

Krümmung.

Sobald man durch die Nase hindurch mit dem Schnabel des Instrumentes zur hinteren l'barynxuand gelangt i s t , Pbaryni

erbebt man das äussere E n d e , um das Hinabgleiten in den

zu begünstigen und schiebt es so lange a b w ä r t s ,

an der Nasenöflnung angelangt ist. Draht herausgezogen. Stück

Sofort richtet

gerade und drängt

es gegen

der Fischbeinstab das im Schlund die hintere P b a r j n x w a n d ,

»eitere Vordringen in die Speiseröhre gesichert ist. Fortschieben

des Instrumentes

Zungenwurzel anstemmt.

bis der erste weisse Kreis

Jetzt wird die Sonde angebalten und d e r gekrümmte

der

befindliche

so dass nunmehr das

Nur sehr selten biegt eich beim

Fischbeinstab, so dass die Spitze sich gegen die

Eine leichte Rotation

und das Vornübcrbeugen

reichen a u s , um in solchen Fällen die weitere Einführung zu siebern.

des Kopfes Sobald diese

vollständig gelungen ist, löst man den Fischbeinstab aus seiner Klammer und zieht ihn z u r ü c k , worauf

dann das Einspritzen der Nahrungsmitttel

in der oben

beschriebenen

Weise geschehen kann. V e r f a h r e n von B l a n c h e .

S t a t t des doppelten Leitungsstabes von B a i l l a r g e r

soll ein einfacher aber gegliederter, von etwa 4 ! Ctm. Länge und 4 Millim. Dicke angewandt werden.

Derselbe besteht aus 31 Gliedern und einem mit diesen verbundenen

Rohr, welches das vordere (obere) Dritttheil des Instrumentes a u s m a c h t . sind so mit einander v e r b u n d e n , einander biegen.

Man kann

dass sie nur nach

Die Glieder

der einen Seite hin sieb gegen-

deshalb nach der einen Seite hin mit Leichtigkeit einen

stark gewölbten Bogen damit bilden, nach der anderen Seite hin aber die gerade Linie niemals überschreiten.

In dem Canale des Instrumentes, welcher sich durch alle Glieder,

mit Ausnahme des letzten, f o r t s e t z t , befindet sich eine lange U h r f e d e r , die an einen festen Stab gelötbet ist, dessen Länge diejenige des nicht gegliederten Rohres um 1 Ctm. überragt.

Am vorderen Ende des Rohres befinden sich 2 seitliche Ringe, an

das Instrument gehalten wird.

denen

Zum Bebufe der Einführung schiebt m a n zunächst den

gegliederten Leitungsstab in das Schlundrohr, dann aber die Uhrfeder in den Leitungss t a b , wodurch dieser in seinem gegliederten Theile gekrümmt wird.

Ist inan In den

539

Kauterisation. unteren

Tbeil

des

Pharynx

gelangt,

so zieht man

die

Leitungsstab das Schlundrohr gegen die hintere Wand Anstosscn

gegen die Zungenwnrzel

II.

Feder z u r ü c k ,

worauf

der

des Pharynx dringt und das

und das Eindringen in den Kehlkopf »erhütet.

Kauterisation.

Die Kauterisation ist bei Verengerungen der Speiseröhre in der Hoffnung angewandt worden, dadurch das Hinderniss schneller und dauernder als durch mechanische Erweiterungsmittel zu beseitigen. P a l e t t a hat bereits 1 7 8 9 Versuche der Art gemacht; später E v e r a r d Andrew, Charles Bell, Mondiere; weise niemals

schädlich und dass s i e ,

Home,

Letzterer behauptete, dass diese Behandlungswenn die Dilatation ihren Dienst versagt,

das

einzige Mittel sei, um einem sicheren Tode vorzubeugen.

Jedenfalls erheischt die Kauterisation grosse Vorsicht. Man wird sich nur fester und nicht leicht zerfliessender A e t z m i t t e l , namentlich also des Höllensteins, bedienen dürfen. Der Sitz der Verengerung muss sehr genau bestimmt und eine passende Sonde ausgewählt werden, deren Spitze in die verengte Stelle einzudringen vermag. In einer Nische dieser Spitze wird dann mit Klebewachs ein der Länge der Strictur entsprechendes Stückchen Höllenstein befestigt und das so bewaffnete Instrument demnächst eingeführt, um Anfangs leichtere, später stärkere Aetzungen durch langsames Umdrehen des Rohres vorzunehmen. Um bei dem Hinabführen der mit Höllenstein bewaffneten Sonde die Berührung des Aetzmittels mit den gesunden Tbeilen der Schleimhaut des Oesophagus zu verhüten, kann man, nach Analogie der zu ähnlichem Zwcck in der Harnröhre angewandten Instrumente (vgl. Bd. IV.), die Aetzsonde in einem unten offenen Rohre verborgen bis zur Strictur einführen und sie dann erst aus der Oeffnung des letzteren hervortreten lassen. Dieser Apparat, welchen ich in mehreren Fällen mit Vortheil angewandt habe, ist, namentlich wegen der für das Fassen des Höllensteins erforderlichen Platin-Zwinge viel kostspieliger, aber dafür auch nicht blos bequemer zu handhaben, sondern vor Allem viel sicherer. — Der durch die Aetzung bedingte Schmerz bietet grosse Verschiedenheiten dar, wahrscheinlich nicht blos nach der Individualität des Operirten, sondern auch je nach dem Sitze der Stenose. Zuweilen sah man heftiges Fieber folgen. Wirksamer als die Anwendung des

Höllensteins wäre voraussichtlich die

Zer-

störung der an Stelle der Strictur promioircaden Gewebe durch die G a l v a n o k a u s t i k . Eine der Länge und Weite der Strictur

ungefähr entsprechende Schlinge von Platin-

d r a h t , an zwei langen von einander isolirten Kupferdrähten befestigt, miisste in einem unten

offenen Scblundrobre

schoben

werden.

b>s zur Strictur

In demselben Augenblick

eingeführt und

dann

in dieselbe vorge-

wäre die Batterie zu schliessen und

das

Instrument ein- bis zweimal um seine Achse zu d r e h e n , wodurch voraussichtlich eine ebenso

bedeutende Zerstörung bewirkt werden würde, als durch zahllos

wiederholte

540

Krankheiten der Speiseröhre.

Anwendungen des Höllensteins.

Dass auch hierbei die grösste, auf sorgfältige Unter-

suchung zu gründende Vorsicht zu empfehlen sein wird, leuchtet von selbst ein.

Es liegt kein Grund vor, weshalb man nicht auch bei krebsigen Stricturen die Leiden des Kranken durch solche Operationen für einige Zeit sollte zu mindern suchen. An eine Radical-Heilung des Krebses auf diesem Wege wird wohl Niemand denken. Die allmälige Erweiterung darf man mit der Kauterisation nicht früher combiniren, als bis man erwarten kann, dass der Brandschorf sich gelöst und die Vernarbung begonnen habe. III.

Oesophag«(*mie').

In der Mehrzahl der bekannt gewordenen Fälle wollte man eine äussere Speiseröhrenfistel u n t e r h a l b der verengten Stelle anlegen, um durch dieselbe ein Schlundrohr einführen und auf solche AVeise den Kranken ernähren zu können. Es handelt sich also um eine p a l l i a t i v e H ü l f e durch eine an sich nicht gefahrlose Operation. Noch viel seltner ist der Versuch gemacht worden, die R a d i c a l h e i l u n g der Strictur mit Hülfe der Oesophagotomie zu bewerkstelligen. Zu diesem Behufe hat man die Speiseröhre entweder an der Stelle der Strictur selbst ( W a t s o n ) , oder oberhalb derselben geöffnet ( L a v a c h e r i e ) und in ersterem Falle ab- und aufwärts täglich Schlundsonden eingeführt, im zweiten eine bequemere und sichere Einwirkung der demnächst durch die Oesophaguslistel eingeführten DilatationsInstrumente zu erreichen gehofft. Bei der geringen Anzahl von Beobachtungen der Art, wclche bis jetzt vorliegen, lässt sich ein bestimmtes Urtheil nicht fällen. Die lncision der Strictur selbst, sowie auch die Oesophagotomie unterhalb der Strictur können nur in solchen Fällen Anwendung linden, wo die Verengerung im oberen Theile des Halses sitzt. IV.

Gastrotomlc.

Die Eröffnung des Magens, um bei (Jnwegsamkeit der Speiseröhre Nahrungsmittel direct in denselben zu bringen, bereits von W a t s o n , gischen

Untersuchungen

Wunderlich's

somit also die A n l e g u n g e i n e r M a g e n l i i t e l ,

von B l o n d l o t u. A. (vgl. meinen

' ) Die O e s o p h a g o t o m i e

Roser's

soll zuerst

worden. — Die Gaslrotomie

von S t a f f e l

nml

an Tbieren zum Behuf

(nach der Angabe von M o r -

De sedibus et causis morborum per anatomen indagatis, U b e r III. epi-

stola XXVIII. Observ. 10)

empfohlen

worden

wurde sie von T a r a n g u e t an einer N o n n e , lebte;

Aufsalz in

Archiv, 1 8 4 8 ) die leichte Ausführbarkeit dieser Operation

kennen gelernt h a t t e , in Vorschlag gebracht

gagni:

ist

E n g e l b e r g ti. A . , lange Zeit bevor man durch die physiolo-

sein.

Zum ersten Male ausgeführt

die noch sechzehn Monate nachher

später u. A. von M o n n o d an einem K r a n k e n , der noch drei Monate am

Leben erhalten wurde.

541

Gastrotomie. der E n t f e r n u n g f r e m d e r K ö r p e r aus dem Magen war noch f r ü h e r bekannt. d e r e r s t e n Fälle der A r t , in welchem ein verschlucktes Tischmesser lichsten

Erfolge aus dem

geöffneten Magen

entfernt w u r d e ,

mit

ist in

Einei

dem glück-

Christophori

H a r t k n o c h ' s . A l t und neues P r e u s s e n " ( F r a n k f u r t u. Leipzig, 1 6 8 4 ) pag. 3 4 9 — 3 5 5 beschrieben.

Der Operateur

biess D a n i e l S c h w a b e

und vollzog die Operation

Gegenwart der medicinischen Facultät zu Königsberg, am 9 . Juli

in

1635.

Zur Ernährung eines an Stenose des Oesophagus leidenden Menschen wurde die Gastrotomie zum ersten l'acad. des sciences.

Male von S c d i l l o t

in Strassburg

Paris 1 8 4 9 , II.) ausgeführt.

1819

(Coropt. rend. de

Er machte einen Kreuzschnitt nahe

unter dem Processus xiphoides, s u c h t e mittelst des Netzes den Magen hervorzuziehen, was jedoch Anfangs nicht gelang, indem zuerst blos der Dickdarm hervortrat; der herausgezogene Magen wurde dann angestochen und in die Wunde eine zweiklappige Canüle eingesetzt, um dadurch den Magen gegen die Buuchwand angedrückt zu erhalten. Magen zog sich aber zurück und nahm das Instrument m i t ;

Der

der Kranke starb nach

'¿I Stunden. — Vier J a h r e spüler machte es S c d i l l o t a n d e r s ; er schnitt dicht unter den falschen Rippen, 2 Querfioger breit von der Mittellinie nach L i n k s , e i n , zog den Magen mit dem Finger und einer Pincatte heraus und nähte die Serosa und Muscularis des Magens mit 6.Stieben an der äusseren Haut fest.

Die Oeffnung des Magens sollte

erst vorgenommen werden, wenn Verwachsung eingetreten wäre. schlüpfte der Magen unter

heftigem Husten

einer Pincelle herausgeholt

werden

und

wieder z u r ü c k ,

Aber nach 2 Stunden

er imissle abermals mit

das hervorgezogene

Stück

wurde nun nach

Beseitigung der Nahtfsden in einer durch einen Schieber schliessbaren ( A s s a l i n i 'sehen) Zange eingeklemmt, um Gangrün desselben und zugleich Verwachsung mit den Bauchdecken zu bewirken.

Beides gelang innerhalb 5 Tagen.

Es wurden ernährende Ein-

spritzungen gemacht, aber der Kranke erlag nach 10 Tagen einer Peritonitis. Mit Recht bemerkt N i i l a t o n h i e r z u , dass der Magen werden i n u s s ,

durch starke N a b l e ,

die durch

fest und sicher befestigt

die ganze Dickc der Bauchwand und

durch

sänunlliche Haute

diesen

guten Rath schon vor seiner ersten Operation

des Magens hindurchzufiihren

«Iren.

Sedillot

hätte sich

aus den zahlreichen Versuchen

der Art an Tbieren, die zu j e n e r Zeit bereits gemacht worden waren, entnehmen nen.

Mit Berücksichtigung dieser letzteren

kön-

und ohne Kenntniss von den misslungenen

Versuchen S l d i l l o l ' s , hat F e n g e r in Kopenhagen (Virchow's Archiv Bd. VI. pag. 3 5 0 Iiis 3 8 4 ) die Gaslrotomie gleichfalls ausgeführt. Sein Verfahren war folgendes. ton

der Spitze des Brustbeins schräg nach Unten

und L i n k s ,

längs

Incision

des Bandes d e r

Itippenknorpel, bis an den äusseren Rand des geraden Bauchmuskels, durch die Haut, das vordere Blatt der Muskelscheide, den Rectus selbst Scheide. fell in von

und das hinlere Blatt seiner

Die durchschnittene Arteria epigastrira superior wird unterbunden, das Bauchder

gedachten Ausdehnung blossgelegt u n d ,

dem durchschimmernden linken

Leberlappen

in

nach Stillung der B l u t u n g , links der Richtung

des

Hantschnittes

soweit geöffnet, um den linken Zeige- und Mittelfinger hindurch zu lassen.

Letztere

glitten an der Wölbung des Zwerchfells h i n a u f , mussten

einen Theil des Nelzes

Seite schieben, trafen dann

dieser zum Magen,

die Milz und

gelangten von

vordere Wand gefasst und in die Wunde gezogen wurde. Nadeln eingefädelt, wurden

zur

dessen

Zwei Fäden, j e d e r in zwei

durch die hervorgezogene Falte d e r

Magenwand

hindurch

g e f ü h r t , die innere Hälfte der Wunde a b e r , während der Magen an diesen Fäden gehalten wurde, mittelst einer hindurch gestochenen goldenen Nadel (Sutura circumvolnta) einander genähert.

Die, an d e n , durch die Magenwand geführten Fäden beßndlichen

Nadeln wurden benutzt, um sofort mit j e zwei von ihnen beide Wundränder zu durch-

542

Krankheiten der Speiseröhre.

bohren.

Demnächst aber wurde die Falte der Magenwand in ihrer Hille geöffnet, das

Mittelstück der beiden Fäden, aus der Magenhöhle herausgezogen, in ihrer Mitte durchschnitten,

so dass nun die eine Hälfte der Magenwunde

an den unteren W a n d r a n d

mittelst j e

an den o b e r e n , die andere

2 Suturen befestigt werden

wurde die Umsäumung der Hautwunde uiit der Magenschleimhaut ausgeführt.

Der Tod erfolgte

Haferschleim

5 8 Stunden

nach der Operation,

konnte.

Endlich

durch acht Nähte nachdem

mehrmals

und Milch mit gutem Erfolge in den Magen eingeflösst w a r , o h n e be-

sondere Zufälle, u n t e r allmäligem Sinken der

Kräfte.

Die Section wies n a c h ,

dass

die Entzündung des Bauchfells auf die nächste Umgebung der Operationsstelle beschränkt w a r , und man kann F e n g e r n u r b e i s t i m m e n , wenn er meint, dass der schon bestehende Inanitions-Zustand wesentlich am Tode des Kranken schuld gewesen sei. In diesem Falle war die sofort vorgenommene Eröffnung des Magens gerade wegen des

drohenden

Hungertodes

gewiss

iodiciit.

Uebrigens

aber

würde

die

Operation

sicherer in zwei verschiedenen Zeiten auszuführen sein. — Der erste Act umfasst dann das Hervorziehen und Festheften eines Theils der Magennand an den Banchdecken, der zweite die Eröffnung des Magens, sofern man es nicht vorzieht, diese durch Umschnürung eines Theils der Magenwand auf dem Wege der Gangrän herbeizuführen.

Die Eröffnung

des Magens dürfte nicht f r ü h e r vorgenommen w e r d e n , als seine Verwachsung mit der Bauchwand vollkommen

sicher ist.

nommenen Operationen

der A r t ,

n i r d man über dieselbe doch nicht ganz im Allge-

Trotz des ungünstigen Erfolges der bisher unter-

meinen den Stab brechen dürfen.

Der erträgliche Zustand, in welchem sich Menschen

mit zufällig entstandenen Magenfisteln, nach den genauesten Beobachtungen, befunden haben (vgl. Magenwunden), berechtigt zu der Hoffnung, dass dies auch nach der Gastrotoinie der Fall sein könne. lichem Wege mit Speichel Fiatel ernährt

werden

Jedoch darf nicht übersehen werden, dass jene auf natürgemischte Nahrung genossen h a b e n ,

müssten.

diese aber durch die

Ein H u n d , an dem ich eine Magenfistel und später

einen Verschluss des llalstheils der Speiseröhre angelegt hatte, konnte, trotz reichlicher Fütterung per fistulam, doch n u r ein Jahr am Leben erhalten werden.

Die Verbesserung

des Operations-Verfahrens lässt hoffen, dass die Lebensgefahr der Operation selbst sich vermindern werde; natürlich wird man aber zu einem so lebensgefährlichen Mittel doch nicht eher greifen dürfen, als bis die minder eingreifenden sich unzureichend erwiesen haben. fistel

Wäre z. B. die Wahl zwischen der küosllichen Ernährung durch eine Oesophagus-

oder durch eine Magenfistel, so wird man erstere bevorzugen. Cooper

F o r s t e r , J o n e s , v. T h a d e n

machten die Gastrotomie zur Anlegung

einer Magenfistel mit tödtlicbem Ausgange nach 4 i , 3 6 , 47 Stunden. Vgl. A. S c h a r f e n b e r g , Gastrotomia etc., Diss. inaug.

Kiel, 1 8 6 7 .

Lässt sich weder durch Dilatation, noch durch Kauterisation etwas ausrichten, und will man sich weder zur Oesophagotomie, noch zur Gastrotomie entschliessen, so bleibt nur der traurige Nothbelielf der ernährenden Klystiere.

Neubildungen.

Viertes

543

Capltel.

N e u b i l d u n g e n . Zu den Neubildungen in der Speiseröhre gehören unzweifelhaft die Geschwülste, welche S t r i c t u r e n bedingen Vgl. pag. 530 u. f. Es treten aber, wie im Pharynx und am Eingange des Kehlkopfes, so auch weiter abwärts, in der Speiseröhre zuweilen g e s t i e l t e Geschwülste (in der Regel Fibrome) auf, welche als S p e i s e r ö h r e n p o l y p e n bezeichnet werden. Die Beschwerden, welche durch sie veranlasst werden, können Anfangs deu Verdacht einer Strictur e r regen. Sitzt der Polyp tief, so kann nur eine genaue Untersuchung mittelst des Schlundrohres und in manchen Fällen nicht einmal diese eine bestimmte Diagnose liefern. Bisher hat man aber die Insertion der Speiseröhrenpolypcn fast immer nur in der Gegend des Ringknorpcls oder dicht darunter gefunden, so dass sie von dieser Stelle aus, mehr oder weniger lang gestielt, in den Oesophagus hinabhingen. Dann ist die Diagnose leichter; der wachsende Polyp erregt durch Berührung der im obersten Theile der Speiseröhre sehr empfindlichen Schleimhaut alsbald Brechreiz und wird dann unter Würgen und Husten in die Mundhöhle hinaufgcschleudert, so dass der Patient ihn fühlen und der Arzt sehen kann. Dabei entsteht aber grosse, selbst lebensgefährliche Athemnoth; der Patient sucht daher „den Fleischkluinpen" sobald als möglich wieder hinabzuwürgen. In zweifelhaften Fällen ist ein Emeticum als diagnostisches Hülfsmittel zu benutzen. ßeüaudluiig, Zunächst sucht man den Körper des Polypen in die Mundhöhle zu schaffen, wirft dann schnell eine Drahtschlinge über ihn und lässt diese, während er wieder verschluckt wird, bis zur Insertionsslelle hinaufgleiten* um sie schliesslich zusammenzudrehen. Es ist g u t , zugleich eine Fadenschlingc durch den Körper des Polypen zu ziehen, um ihn, wenn der Patient sich nach dem Zusammendrehen der Drahtschlinge erholt hat, wieder hervorziehen und dann nahe der Stelle der Umschnürung den Stiel durchschneiden zu können. So wird der Patient der lästigen und gefährlichen Schwellung und Fäulniss des Polypen in seiner Speiseröhre überhoben. Dasselbe Resultat liefert die G a l v a n o k a u s t i k mit einem Schlage 1 ). — Die Tracheotomie als vorbereitende Operation, um der Erstickung während des Actes der Unterbindung vorzubeugen, kann bei unseren jetzigen Kenntnissen und Hülfsmitteln nicht mehr in Frage kommen, obgleich sie früher allerdings zu dem gedachten Zwecke ausgeführt worden ist. ' ) Vgl. Bd. I. pag. 1 0 4 u. f. und M i d d e l d o r p f ' s „Galvanokaustik" pag. 2 3 0 — 2 3 5 .

Fimfeeliutc Abtliellimg. K r a n k h e i t e n der S c h i l d d r ü s e . Anatomische

V o r b e m e r k u Dgen.

Die Schilddrüse (glandula thyreoidea) hat ConcavitSt nach Oben gewendet

ist.

die Form eines H a l b m o n d e s ,

Die beiden

Seiten-Horner

dessen

oder

-Lappen

( 5 — 7 Ctm. lang, 2 — 4 Olm. brcil) sind

vereinigt durch einen schmalen

Isthmus,

der mancherlei Verschiedenheiten darbietet.

Derselbe kann ganz fehlen oder n u r wenig

entwickelt sein, er kann gleiche Länge haben init den Seiten-Lappen, oder uurh einen besonderen (dritten) mittleren Lappen (Pyramide, Mittelborn) darstellen, der dann den obersten Theil der Luftröhre und einen Theil des Kehlkopfes bedeckt, zum Zungenbein

emporragen

schilddrüsen vorkommen.

j a selbst bis

k a n n , in dessen Nähe überdies zuweilen kleine Neben-

Meist liegt der Isthmus n u r auf dem 2 t e n , Uten und 4ten

L u f t r o h r e n - R i n g e , nach Vorn bedeckt durch die Muskeln der Hegio subhyoidea. Seitenlappen

sind nach Vorn convex

Die

und liegen hier unmittelbar unter den Muskeln,

namentlich unter dem Sterno-hyoideus, der bei j e d e r Schwellung der Schilddrüse in die Breite ausgedehnt ausgehöhlt

und

und verdünnt wird.

liegt

den Seitentheilen

Die hintere Fläche der Schilddrüsenlappen ist der L u f t r ö h r e ,

ein wenig auch dem unteren

Tlieile des Kehlkopfes und des S c h l u n d k o p f e s , sowie dem obersten Stücke des Oesophagus ziemlich genau an.

Hieraus erklärt sich, wie bei Schwellungen der Schilddrüse

sowohl das Schlingen, als auch die Respiration behindert sein können. Der äussere Rand der Seitenlappen berührt die Carotis und erstreckt sich zuweilen bis zur Vena jugularis interna. — Die ganze Drüse ist von einer Dindegewebs-Kapsel umgeben, welche namentlich im oberen und mittleren Theile derb ist und sich mit stärkeren Schichten, welche auch als „ B ä n d e r " beschrieben werden, an den Ringknorpel oder sogar a n den mittleren Theil des Schildknorpels anheftet. — Ansehnliche G c f a s s e treten in die Schilddrüse ein und aus ihr h e r v o r : gewöhnlich 4 , zuweilen 5 Arterien; ihnen entsprechend verlaufen die (klappenlosen) Venen;

ein grosser Theil des Venenblutes

der

Schilddrüse

a b e r nimmt seinen Weg durch die hei der Ausführung der Tracheotomie oft hinderliche, s t a r k e , oft auch zu

einem Plexus

verästelte Vena thyreoidea inferior m e d i a ,

fast genau in der Mittellinie, unmittelbar vor der Luftröhre abwärts steigt.

welche Mit ihr

verlauft die selten vorhandene, bei der Tracheotomie bereits e r w ä h n t e , unpaarige Art. thyreoidea i m a ,

welche bald aus der A o r t a ; bald aus dem Truncus anonymus ihren

Ursprung nimmt. oberen entspringen

Die übrigen, constanten Pulsadern der Schilddrüse sind paarig, die aus der Carotis

und verlaufen

geschlängelt

in schräger Richtung

etwas absteigend zum oberen Itande der Drüse, die unteren kommen a u s der Subclavia

545

Entzündung der Schilddrüse.

u n d steigen z u r S e i t e des O e s o p h a g u s s c h r ä g a u f w ä r t s , um in den u n t e r e n Rand einzudringen (vgl. Fig. 6 4 ) . Das Geivebe d e r S c h i l d d r ü s e ist d e r b , hefenfarbig, r ö i h l i c l i - g e l b l i c h .

Betrachtet

m a n einen D u r c h s c h n i t t m i t b l o s s e m Auge, so glaubt man kleine D r ü s e n l ä p p c h e n n u l a , aciui) w a h r z u n e h m e n . dieser Drüsenkörncben kleiner Drüsen,

Bläschen

findet

sind.

sich,

Letztere

von e i n e r h o m o g e n e n ,

dass sind,

es

von

analog

Bindegewebe den

umhüllte Haufen

Endbläschen

s t r u c t u r l o s e n M e m b r a n gebildet

der

unterworfen.

S c h i c h t , wie ein E p i t h e l i o m ,

an

der

h a l t e n s i c h wie die gewöhnlichen Drüsenzellen. drüsen

kommt

aber

sehr

Der Durch-

Jedoch ist i h r e Grösse m a n n i g -

Die Z e l l e n , welche inneren Wand

aus

Die feinsten G e f ä s s e

vertheilen sich in d e m Bindegewebe zwischen diesen H a u f e n von Bläschen. m e s s e r d e r l e t z t e r e n b e t r ä g t etwa 0 , 0 5 bis 0 , 1 5 Millm.

sehr

secernirenden

u n d b ä h e n einen

Zellen o d e r Kernen u n d f a r b l o s e r Flüssigkeit b e s t e h e n d e n I n h a l t .

fachen Schwankungen

(gra-

Bei w e i t e r e r Zerlegung u n d m i k r o s k o p i s c h e r U n t e r s u c h u n g

wesentlich

d e r Bläschen

in

einer

dichten

gelagert s i n d ,

ver-

Auch in n o r m a l e r s c h e i n e n d e n S c h i l d -

häufig Colloidbildung

in

einzelnen

Bläschen

und

fettige

Degeneration in g r ö s s e r e n Theilen d e r S c h i l d d r ü s e v o r .

Erstes Capltel.

Verletzungen der Schilddrüse. Die Wunden der Schilddrüse bieten ein besonderes Interesse dar wegen der heftigen B l u t u n g , die sich aus dem grossen Gefässreichthura dieses Organs leicht erklärt 1 ). Dieselbe ist zuweilen schwer zu stillen, weil die zahlreichen und weiten Anastomosen immer wieder dem Blute die Bahn eröffnen, wenn man auch den Arterienstamm, in dessen Gebiete die Blutung zu liegen scheint, unterbunden hat. Die Unterbindung der blutenden Gefässe in der Wunde selbst ist gewöhnlich nicht vollkommen ausfuhrbar, weil das Blut aus einer grossen Menge kleiner Aeste zu gleicher Zeit hervorsprudelt. Dennoch ist sie als das sicherste Mittel zu betrachten, denn die Compression ist wegen der dadurch bedingten Behinderung der Respiration unausführbar und die Kauterisation wegen der nachfolgenden Entzündung gefährlich. Man muss also das blutende Gefäss, wenn man es irgend fassen kann, isolirt unterbinden o d e r , wenn die Torsion leichter erscheint, torquiren; wo man das blutende Gefäss nicht isolirt zu fassen vermag, muss man sofort zur U m s t c c h u n g oder zur Acupressur greifen. Bei venösen Blutungen versäume man nicht, den Kranken tief, und frei alhmen zu lassen und ihm jedes Anhalten des Athems, lautes Schreien u. dgl. zu verbieten. Nützlich ist nebenbei die Anwendung der Kälte. ') Bei S c h w e l l u n g

der

Schilddrüse

(Kropf)

und

Erweiterung ihrer

Gefässe ist

Blutung n a t ü r l i c h n o c h viel gewaltiger. B a r d e l e b e n , Chirurgie.

7. Aufl. I I I . .

35

die

546

Krankheiten der Schilddruse.

Zweite« Capitel.

Entzündung der Schilddrüse. Die Entzündung seltene Krankheit 1 ), von pathologischen Verdichtungen ihres

der Schilddrüse (Thyreoiditis) ist eine höchst wenn man nicht etwa die in der Umgebung Neubildungen in der Schilddrüse auftretenden Gewebes hierher ziehen will.

Symptome. Bei der a c u t e n i d i o p a t h i s c h e n T h y r e o i d i t i s , von welcher hier allein die Rede ist, entwickelt sich, der Lage und Gestalt der Schilddrüse entsprechend, schnell steigend, eine rothe, heisse Anschwellung, welche sich demnächst auch auf die benachbarten Gewebe erstrecken und somit dem Halse eine unförmliche Gestalt geben kann. Der Schmerz ist dumpf und tiefsitzend, wird in manchen Fällen durch die Berührung aufs Aeusserste gesteigert und erstreckt sich zuweilen, gleichsam ausstrahlend, bis zu den Schultern und dem Nacken. Athem- und Schlingbeschwerden stellen sich ein und werden schon durch einen leichten Druck bedeutend gesteigert. Die Stimme ist verändert; zuweilen besteht Husten. In manchen Fällen wurde auch heftiges Klopfen der Halsarterien und Schwellung der Halsvenen beobachtet. Das Fieber ist von Anfang an heftig, mit Kopfschmerz, Schlaflosigkeit und Aufregung verbunden. Der Verlauf ist gewöhnlich sehr schnell. Als Ausgänge werden Zertheilung, dauernde Schwellung, Eiterung und Brand aufgeführt. Zertheilung erfolgt nur bei zweckmässiger Behandlung; gewöhnlich tritt Eiterung ein, selten Brand. Ein in der Tiefe der Schilddrüse gebildeter Abscess kann in die Luftröhre oder in den Oesophagus durchbrechen oder sich in's Mediastinum senken. Die andauernde Eiterung kann auch ohne solche Senkungen zum Tode f ü h r e n ' ) . Im günstigen Falle schrumpft nach Entleerung des Eiters die entzündete Schilddrüse zu einem Narbenknoten zusammen. Zuweilen erfährt auch der gesund gebliebene Lappen, bei einseitiger Erkrankung, dieselbe Veränderung'). ') Ich habe bisher n u r einen Fall selbst zu beobachten Gelegenheit gehabt. hat in seiner Monographie ü b e r

die Krankheiten

der Schilddrüse

Lebert (Bres-

lau, 1 8 6 2 ) 5 0 Fälle aus der Literatur zusammengestellt. ' ) Nach der Zusammenstellung von L e b e r t (I. c . ) verlief etwa der vierte Theil aller Fälle von T h y r e o i d i t i s

letal

und zwar fast

immer in Folge der Eiterung, sehr

selten ohne solche durch Compression der Luftwege. *) H a s s e , Pathologische Anatomie, I. pag. 5 2 1 .

Entzündung.

547

Kropf.

Als Ursache wird vorzugsweise eine plOtzlicbe Erkältung angeführt.

In manchen Fällen

nachweisbar. nicht selten

war

eine

Durch solche entstehen Hämorrhagien.

therapeutischen Zwecken

vorausgegangene

Quetschung

auch im Gewebe der DrUse

Zuweilen

sucht

locale Entzündung

der

Wundarzt

zu

in der Schilddrüse zu

erregen, welche sich wider seinen Willen auf das ganze Organ verbreiten kann.

In anderweitig erkrankten Schilddrüsen kommt Abscess-

bildung nicht ganz selten vor, namentlich in den Wandungen grosser Cysten.

Auch sind A b s c e s s e

der Schilddrüse zuweilen ohne vor-

ausgegangene Entzündungs-Erscheinungen,

bei Typhus und Pyämie,

namentlich bei Puerperal-Pyämie ( R o k i t a n s k y ) beobachtet worden. Man bezeichnet solche Fälle als „ m e t a s t a t i s c h e

Schilddrüsen-

Entzündung". Die Behaudlang ist nach den allgemeinen Grundsätzen der Antiphlogose zu leiten.

A b s c e s s e müssen früh und ausgiebig geöffnet

werden, um Senkung und Stockung des Eiters zu verhüten.

Drittes Capltel. Geschwülste der Schilddrüse.

Kropf.

V o r ü b e r g e h e n d beobachtet man Schwellung zur Zeit der Pubertätsentwickelung, schlecht,

dann

auch

der Schilddrüse

namentlich beim weiblichen Ge-

beim jedesmaligen Eintritt

der Menstruation,

häufiger noch bei Menstrual-Störungen und während der Schwangerschaft.

Ausserdem schwillt die DrUse vorübergehend oder andauernd

an durch Stauungen des Blutes im Gebiet der Vena cava descendens. Die DrUse wird dadurch blutreicher,

dunkler gefärbt und

weicher

(Rokitansky). Dauernde

Vergrösserungen

der Schilddrüse

werden mit dem

Namen K r o p f , S t r u m a , bezeichnet und beruhen meist auf wirklicher Wucherung der Drüsensubstanz, welche aber in der Regel sehr bald verschiedene Umwandlungen erfährt. Der s o g e n a n n t e l y m p h a t i s c h e K r o p f ( S t r u m a l y m p h ä t i c a ) ist wesentlich

eine

solche Hypertrophie

mit Colloidbildung in den

Drüsenbläschen; aber es nehmen auch das Stroma und die Blutgefässe an dem abnormen Wachsthum Antheil. die ganze Drüse gleichmässig, selben.

Bald erkrankt in dieser Art

bald nur ein einzelner Lappen der-

Der vergrösserte Lappen wächst zu einer rundlichen,

von

einer dichteren Bindegewebshülle umgebenen, von der übrigen DrUse sich abschnürenden Geschwulst heran.

Eine solche einfache Hyper-

35*

548

Krankheiten der Schilddrüse.

plasie liegt jenen meist endemischen, zuweilen angebornen Kröpfen zu Grunde, die einer Seils Schwankungen in der Z u - und Abnahme zeigen, anderer Seits auch durch gewisse Medicamente verkleinert werden können. Gleichzeitig mit dieser Hyperplasie findet sich fast immer auch eine Vergrösserung und Vermehrung der kleineren, zuweilen auch der grösseren Gefdsse, so dass varicöse und aneurysmatische Erweiterungen derselben entstehen. Man bezeichnete früher solche Kröpfe, die sich durch besonderen Gefässreichlhum auszeichnen, allgemein als G e f ä s s k r ö p f e ( E c k e r d. Ä.) und diejenigen Fälle, in welchen die Arteriae und Venae thyreoideae in auffallender Weise erweitert sind, als S t r u m a a n e u r y s m a t i c a ( P h . v. W a l t h e r ) . Diese Beziehungen erscheinen unwesentlich, da die Veränderungen der Gefässe nicht die Vergrösserung der Drüse ausmachen und auch bei anderen Kropfformen vorkommen. Geringe Grade einer c o l l o i d e n U m w a n d l u n g 1 ) des Schilddrüsengewebes müssen wir als einen fast normalen Befund betrachten. Die Drüsenblasen sind dann mit einer durchsichtigen, gelbröthlichen, gelblichen, bräunlichen, grünlichen, bald mehr honigartigen, gummioder leimähnlichen, bald (wenn die Colloidmasse trockener, fester ist) mit einer, gekochten Sagokörnern ähnlichen Masse angefüllt, die auf dem Durchschnitt das Aussehen einer durchscheinenden Wachstnasse ( F ö r s t e r ) oder eine speckähnliche Beschaffenheit „mit einem eigent ü m l i c h e n wächsern-teigigen Anfühlen" ( R o k i t a n s k y ) darbietet. Die Drüse ist dabei gewöhnlich blass, anämisch; das Volumen oft noch wenig oder gar nicht vermehrt*). Die colloide Umwandlung befällt entweder die ganze Drüse oder nur einzelne Stellen. Die g l e i c h m ä s s i g colloid entartete Drüse wird zu einer faust- bis mannskopfgrossen Geschwulst, deren Oberfläche nur durch seichte Einschnitte in Lappen getheilt ist. Die vergrösserten Drüsenblasen sind mit Colloidmasse gefüllt, von einem gefässreichen Stronia umgeben. Die Gefdsse und das Bindegewebe nehmen an dem Wachsthum der sich vergrössernden Drüse Theil, werden grösser und zahlreicher; die Ar' ) Honigartige Degeneration der Schilddrüse, H a s s e 1. c. pag. 5 2 3 . *) Es gehört kaum h i e r h e r , die primäre E n t w i c k l u n g des Colloids, seine Umwandlungen

und

anatomischer

die Bedeutung der weiterhin im Kropf vorkommenden Seite zu erläutern.

Im Wesentlichen ist die

Product der Metamorphose des Zelleninhalts der Drüsenblasen;

Cysten

too

colloide Masse ein die

»ergrosserten

colloiden Zellen .platzen, Oiessen z u s a m m e n , bis die ganze Drüsenblase mit j e n e r Masse ausgefüllt ist.

Ausserdem soll aber a u c h noch freie und endogene Vermeh-

r u n g von Zellen und Kernen, selbst in schon gebildeten Colloidblasen

(Förster)

S t a t t haben, die selbst wiederum colloid sich umwandeln und dadurch besonders zu der Massenzunahme beitragen.

Kropf.

549

teriae und Venae thyreoideae können die Dicke der Carotis erreichen. Die selteneren Fälle, in denen das Stroma (das Bindegewebe, welches die Drüsenblasen umgiebt) sich stärker entwickelt als die Colloidmassej werden als F a s e r k r o p f ( A l b e r s ) erwähnt. Sind nur e i n z e l n e A b s c h n i t t e der Schilddrüse erkrankt, vielleicht nur eine einzige Drüsenblase, so erscheint entweder eine isolirte runde Geschwulst, oder es treten mehrere knollige, bucklige Erhebungen hervor, während das übrige Drüsenparenchym gleichzeitig durch Druck atrophirt oder in geringerem Grade colloid erkrankt. Auch in diesem Falle kann die Hypertrophie des Stroma bald deutlich hervortreten, bald fehlen; stets aber verdickt sich das Bindegewebe, welches nach der Verödung des comprimirten Drüsenparenchyms zurückbleibt 1 ). In der gleichmässig colloiden Schilddrüse sowohl, wie in der partiell erkrankten (Struma gangliosa, A l b e r s ; knollige gelappte Vergrösserung, R o k i t a n s k y ) kommt es häufig durch Zusammenflüssen benachbarter colloider Drüsenblascn zur Bildung c y s t e n a r t i g e r R ä u m e , — B a l g k r o p f , S t r u m a c y s t i c a . Dieser Vorgang lässt sich bald nur mikroskopisch, bald auch mit blossem Auge verfolgen. Durchschnitte der erkrankten Drüse bekommen dadurch ein höchst verschiedenes Ansehen, je nach der Anzahl der communicirenden Cysten und der Grösse der Communicationsöflnungen. Während dieses Vorganges wird der colloide Inhalt mehr flüssig; Fettkügelchen und Cholestearinkrystalle treten in ihm auf. Von hier an sind aber die weiteren Veränderungen des Inhalts sowohl, wie der umgebenden Bindegewebs-Kapsel so verschiedenartig, dass sich eine bestimmte Reihenfolge der Vorgänge nicht angeben lässt. Die Cystenkapsel degenerirt selbst fettig, incrustirt an der Innenseite mit Cholestearinmassen, verkreidet, entzündet sich und wird nach der Höhle oder nach der Umgebung durch Eiterung perforirt; andererseits treten zu der, mit Fettkrystallen etc. gemischten Flüssigkeit Blutergüsse hinzu aus den erweiterten degenerirten Gefässen der Kapsel; der Inhalt wird bräunlich oder schwärzlich gefärbt, trübe; auch werden bisweilen „den Faserstoff in grossen, klumpigen Massen absetzende Exsudate"') innerhalb des Balges angetroffen, die ebenso wie die Wandungen des Balges, der Verkreidung verfallen. „Nicht selten obliterirt hierbei der Balg völlig, indem er um das Exsudat herum zusammenschrumpft, und man findet dann derbe, mehr weniger umfängliche, höckerige, knorplig-knöcherne, kreidige Concremente in der Drüse eingewebt"'). •) Vgl. F ö r s t e r , Specielle patbol. Anatomie, 2 t e Aufl. (Leipzig 1 8 6 3 ) pag. 8 3 8 . *) R o k i t a n s k y , 3

Spec. patb. Anal., Rd. II. pag. 151»

) R o k i t a n s k y , I. c.

550

Krankheiten d e r Schilddrüse.

Manche Cyslenwandungen sind an der Innenfläche mit Epithelien oder papillären, in die Cystenhöhle hineinragenden Wucherungen bedeckt. S c h u h ') sah einen dünnen Balg mit federspuldicken, innen vorspringenden Venen dicht besetzt. — Alte Kröpfe zeigen Combinationen aller dieser Zustände. In Betreff der Schilddrüsenschwellung, des Herzens a n d Exophtbalmos

welche in Verbindung mit

Hypertrophie

auftritt (sog. B a s e d o w ' s c b e K r a n k h e i t ) ,

wir auf eine ausführliche Abhandlung

ran

Henoch:

Beobachtungen, herausgegeben von M. H. H o m b e r g

verweisen

Klinische W a h r n e h m u n g e n und 1 8 5 1 , pag. 1 7 8 bis 2 0 0 , und in

Betreff der überaus reichen neueren Literatur auf die betreffenden Jahrgänge von

Can-

s t a t t ' s Jahresbericht, namentlich 1 8 6 1 u. 1 8 6 3 , Bd. III. u. IV.

Ganz im Gegensatz zu der Häufigkeit des Kropfes sind anderweitige Schilddrüsen-Geschwülste äusserst selten. Weder Fibrome, noch Gnchondrome, noch andere Neoplasmen, mit einziger Ausnahme des Carcinoms, wurden in ihr beobachtet, und die k r e b s i g e n E n t a r t u n g e n d e r S c h i l d d r ü s e (primäre, wie secundäre) kommen, selbst nach R o k i t a n s k y ' s Erfahrungen, nur äusserst selten v o r ' ) . Gewöhnlich erkrankt nur eine Hälfte der Drüse carcinomatös, seltener die ganze Drüse. Die Bindegewebskapsel widersteht lange dein von Innen herandrängenden Krebse; wird sie durchbrochen, so gewinnen die hervorwuchernden Massen schnell ein auffallend grosses Volumen, „so dass sich in einzelnen Fällen die Krebsgeschwulst vom Unterkiefer bis zum Sternum erstreckt" 3 ), wie ich selbst gesehen habe. Bedeutende Gefässerweiterungen wurden dabei fast immer beobachtet. Vor Allem muss hervorgehoben w e r d e n , dass die benachbarten Organe, Luftröhre und Speiseröhre, Arterien, Venen und Nerven sowohl constanter, als auch früher durch den wachsenden Schilddrüsenkrebs comprimirt oder perforirt werden, als durch gewöhnliche Kropfgeschwülste. L e b e r t sah dabei eine tödtliche Blutung aus der Carotis. Zerstörungen der Nachbarorgane sind besonders dem Zellenkrebs eigen, der relativ häufigeren Form des Schilddrüsen-Krebses. Die Erkrankten gehören dem höheren Alter und häufiger dem weiblichen Geschlechte an. S c h u h 4 ) beobachtete, „dass bei Leuten, die viele Jahre oder ' ) Pathol. u. Therapie der Pseudoplusmen, pag. 2 3 3 . ') Förster,

welcher bei d e r Beschreibung mehrerer interessanter Schilddrüsenkrebse

(Würzburger med. Z e i t s c h r i f t , 1. 1) die Seltenheit anderweitiger Neoplasmen hervorhebt,

bemerkt jedoch,

Epithelial-Cancroid

dass,

und

das

ausser dem eigentlichen zellige

Sarcom

C a r c i n o m , auch

in der Schilddrüse

das vor-

kommen. *) F ö r s t e r ,

Spec.

path. A n a l . , pag. 8 1 3 ,

Krankbeiten, pag. 6 4 3 , «) 1. c. pag. 2 3 5 .

Köhler,

die K r e b s -

L o t z b e c k , in der Deutschen Klinik

und Steinkrebs-

1859.

Kropf.

551

von Kindheit her einen lymphatischen Kropf hatten, sich manchmal in ihm und aus ihm ein Markschwamm entwickelt, so dass beide in einer Masse neben einander bestehen. Die vor der Umwandlung vorhandenen Cysten können sich neben dem Markschwamm zu einem enormen Umfange heranbilden." Auch L e b e r t erwähnt das häufigere Vorkommen des Schilddrüsen-Krebses da, wo Kropf endemisch ist 1 ). E c b i n o c o c c u s b l a s e n wurden sowohl in der Schilddrüse selbst, wie auch zwischen ihrer Kapsel und dem DrUsenparenchym beobachtet; man sah Perforation des Larynx und der Trachea und Entleerung der Echinococcen in dieselben. Diagnose derScliilddrüsengesclwülsle. — a) U n t e r s c h e i d u n g v o n a n d e r e n G e s c h w ü l s t e n am H a l s e . Alle Vergrösserungen der Schilddrüse bedingen, abgesehen von der Missstaltung des Halses, allmälig Compression der grossen Venen und späterhin, namentlich wenn ihr Wachsthum sich nach Hinten und abwärts*) erstreckt, auch des Vagus, der Luftröhre und der Speiseröhre. Die Carotis wird durch den Kropf gewöhnlich zur Seite geschoben. Ist die eine Seite der Geschwulst stärker entwickelt, oder beschränkt sie sich auf den einen Lappen der Schilddrüse, so werden Luftröhre und Kehlkopf weitbin verdrängt, so dass sie bis nahe an das Ohrläppchen rücken können s ). Die oberflächlichen Halsmuskeln, namentlich die Sternohyoidei, später, bei bedeutender Zunahme der Geschwulst, auch beide oder doch der eine Kopfnicker werden gewaltig ausgedehnt, platt gedrückt, endlich in membranöse Gebilde umgewandelt. Alle diese Erscheinungen können zwar auch durch andere Geschwülste veranlasst werden; berücksichtigt man aber die örtlichen Verhältnisse und namentlich die anderen Hals-Geschwülsten zukommenden E i g e n t ü m lichkeiten (vgl. pag. 438—444), so wird eine Verwechselung doch nur in solchen Fällen zu erwarten sein, wo es sich um eine grosse, die vordere Seite des Halses mehr oder weniger vollständig einnehmende Geschwulst handelt. Da bei jeder Schlingbewegung der Kehlkopf u n d mit ihm also auch die Schilddrüse aufwärts bewegt w i r d , so gehört es zur Vervollständigung der Diagnose, dass man den Kranken ' ) In Greifswald, wo bei Eingeborenen der Kropf fast gar nicht vorkommt, habe ich in 19 J a b r e n n u r zwei Mal Krebs der Schilddrüse gesehen. ' ) lo dieser Beziehung sind von besonderer Bedeutung die s e l t e n e n , mediastini binabreichenden, sogenannten „ s u b s t e r n a l e n u. A. der V e r f . (Jenaische Annalen, 1 8 5 0 ) gezeichnete Beispiele beschrieben haben.

und F ö r s t e r

bis ins Carum

K r a p f e " , von denen (I. c. pag. 8 4 2 ) aus-

Vgl. auch die pag. 4 9 1 citirten Abhand-

lungen von H. D e m r a e . *) Vgl. S c h u h , Pathol. und Therapie der Pseudoplasmen, pag. 2 3 3 .

552

Krankheiten d e r S c h i l d d r ü s e .

schlucken lässt, während man die fragliche Geschwulst mit den Fingern umfasst. Durch die Anamnese namentlich muss der Ausgangspunkt der Geschwulst festgestellt werden. U n t e r s c h e i d u n g der Schilddrüsengeschwillste von e i n a n d e r . So leicht die Diagnose des Kropfes im Allgemeinen ist, so schwierig wird oft die Bestimmung der gerade vorliegenden Form der Entartung. Das aufgebrochene Carcinom und grosse fluetuirende Cysten sind allerdings leicht za erkennen; ob aber überhaupt Cysten vorhanden seien oder nicht, ob eine beginnende Schwellung gutartiger oder bösartiger Natur sei, darüber ist oft schwer Gewissheit zu erlangen. In ersterer Beziehung ist der Gebrauch des P r o b e t r o i c a r t s zu empfehlen, zugleich aber zu bemerken, dass nicht selten, nachdem man eine Schilddrüsencyste mit demselben entleert hat, ausser der in ihr enthaltenen, bald wSssrigen, bald schleimigen Flüssigkeit noch eine grosse Menge hellrothen Blutes ausfliesst, — wahrscheinlich weil die Gefässe der Cystenwand, welche vorher unter einem sehr grossen Druck standen, alsdann von diesem Drucke ganz befreit sind ( N d l a t o n ) . Das Carcinom zeichnet sich im Allgemeinen durch eine, im Verhältniss zur Grösse der Geschwulst, sehr bedeutende Heftigkeit aller Symptome, namentlich der Schmcrzen aus. Acliologic. Von dem Carcinom sehen wir hier ganz ab. Aber auch in Betreff der übrigen Schilddrüsen-Geschwülste sind wir nicht im Klaren. Der Einfluss des wciblichen Geschlechts wurde bereits hervorgehoben. Die Erblichkeit will F o d e r e erwiesen haben. Angeborne Kröpfe sind aber höchst selten und finden sich keineswegs blos bei Kindern kropfkranker Eltern 1 ). Die meisten Untersuchungen hat das e n d e m i s c h e Auftreten des Kropfes veranlasst. Die Gegenden, in welchen dies Uebel vorzugsweise endemisch herrscht, sind: die Gebirgsthäler der Schweiz, des südlichen Deutschlands, Piemonts und der Lombardei, die Pyrenäen, Asturien, einzelne Theile Englands, Ostindien, die Cordillercn, endlich auch Sibirien. Nach der Ansicht früherer Forscher sollte der Genuss des Schnee- und Glelscherwassers die Ursache des endemischen Kropfes sein. Mit Recht hat S a u s s u r e bereits hiergegen bemerkt, dass die Bewohner der G e b i r g s h ö h e n vom Kropf frei bleiben, obgleich sie dasselbe Wasser trinken. B o u s s i n g a u l t schuldigt eine Desoxygenation des Wassers an, welche theils in Folge der hohen Lage eines Erdstrichs, theils durch Berührung des Wassers mit Körpern, welche den Sauerstoff begierig aufnehmen, bewirkt werden soll (so namentlich: Eisen, ' ) Vgl. D a n y a u , Gaz. des h ö p i t . 1 8 6 1 . pag. 7 8 .

Kropf. — Therapie.

553

organische Substanzen, wie abgefallene Blätter, faules Holz u. dgl. m.). Nach den Untersuchungen von C l e l a n d wäre der Kalkgehalt des Wassers als die Quelle des Kropfes anzusehen, nach sehr ausgedehnten Forschungen von G r ä n g e dagegen, der Gehalt an Magnesia, der einen so grossen Einfluss ausüben soll, dass man nach Belieben durch den fortgesetzten Genuss des magnesia-haltigen Wassers die Kropfbildung zu bewirken vermöchte. C h a t i n endlich glaubt in dem Mangel von Brom und Jod in dem Trinkwasser der Kropfgegenden den Grund für die Entstehung der fraglichen Geschwülste entdeckt zu haben. Angenommen wird ziemlich allgemein, obwohl ohne zureichenden Grund, dass die s p o r a d i s c h e n Fälle von Kropf durch angestrengte Exspirationen, namentlich Schreien, Singen, Erbrechen, Pressen bei der Geburt u. dgl. m. entstehen. Der Zusammenhang mit Herzhypertrophie wurde bereits pag. 550 erwähnt. Belmndlaug. Beim C a r c i n o m wUrde nur die vollständige Exstirpation der Schilddrüse (pag. 556) vielleicht von Erfolg sein können. Dieselbe ist wegen des Gefässreichthurus und der innigen Verbindung des Organs mit den benachbarten Theilen, schwierig und gefährlich; die Schwierigkeiten können sich bis zur Unmöglichkeit und die Gefahr bis zur sicheren Aussicht auf tödtlichen Ausgang steigern, wenn durch die Entwickelung des Carcinoms neue und festere Verwachsungen eingeleitet und erhebliche Gefässneubildungcn entstanden sind. Gegen den K r o p f im engeren Sinne, namentlich gegen die einfache Hyperplasie, den sogenannten l y m p h a t i s c h e n K r o p f , werden vor Allem J o d p r ä p a r a t e innerlich und äusserlich angewandt. Die wirksamste Anwendungsweise ist die i n t r a p a r e n c h y m a t ö s e I n j e c t i o n d e r J o d t i n c t u r mit der P r a v a z ' s c h e n Spritze 1 ). Man beginnt mit einer Einspritzung von höchstens 15 Tropfen und wiederholt dieselbe, je nach der Heftigkeit der darauf eintretenden Entzündung, mehr oder weniger bald und mit grösseren oder geringeren Quantitäten, an anderen Stellen des Kropfs. Beim Einstich vermeidet man sorgfältig die Verletzung eines Gefässes. Man wählt zuerst einen deutlich hervorspringenden Knoten und sorgt jedes Mal für zuverlässige Fixation des Theils der Drüse, in welchen man injiciren will. Die günstigsten Resultate liefert dies Verfahren bei relativ kleinen und weichen Kröpfen, welche nicht sehr gefässreich sind. An der Injectionsstelle erfolgt in der Regel narbige Schrumpfung und Einziehung, zu' ) Vgl. L u t o n , Archiv, glnäral. 1 8 6 7 . O c l b r . ; journ.

1867.

Derselbe,

Septbr.;

Lücke,

Mettauer,

Boston med. and surg.

Berl. klin. Wochenschrift 1 8 6 8 , No. 2 5 u. 5 2 ;

Ueber die chirurgische Behandl. d. Kropfes, Sammlung klin. Vorträge

von V o l k m a n n , No. 7 ( 1 8 7 0 ) .

554

Krankheiten der Schilddrüse.

weilen unter lebhaften Schmerzen, meist ohne sonstige EntzündungsErscheinungen. Aber namentlich in alten grossen Kröpfen hat man auch circumscripte Nekrose und Eiterung folgen sehen und grosse Einschnitte machen müssen, um üblen Zufällen vorzubeugen. — Ob der Jodgehalt dieser Injectionen von wesentlicher Bedeutung sei, wird übrigens angezweifelt, da man durch analoge Einspritzungen von A l k o h o l dieselben Erfolge erzielt hat 1 ). Die früher als Kropfmitlei berühmte S p o n g i a m a r i o a t o s t a wirkt nur durch ihren Jodgebalt

und wird zweckmässig durch J o d k a l i e r s e t z t , dessen Wirkung durch

Einreiben von J o d s a l b e n manchen

Seiten

Frodsbam

werden

oder Umschläge

mit Jodkalilösung

Jodquecksilber-Salben

unterstützt wird.

besonders empfohlen,

Von

so

10 Gran Hydrarg. bijodat. rubr. auf 1 Unze Fett (Lancet v. 2. Juni

von

1860).

Gerühmt wird ferner O l . j e c o r . A s e I i i innerlich in grossen Gaben und auch äusserlich 3 Theile mit 2 Theilen Liq. Ammom. caustic. verseift. traditioneller

Mittel und Formeln

Antimon- und Zinkpräparate

wäre

Die Aufzählung einer Menge

aus der Reibe der Alkalien, Eisen-, überflüssig.

Ebenso zahlreich

sind

Quecksilber-, die äusserlich

angewandten zertheilenden und ableitenden Salben und Pilasler. Dei lange fortgesetzter Anwendung der Jod-Präparate vergesse man niemals, dass sie nicht auf die Schilddrüse allein, sondern auf den ganzen Organismus wirken, dass nariientlich durch längeren

Jodgebrauch

nicht

blos die Schilddrüse atrophisch

wird,

sondern auch die Fettbildung und die E n t w i c k l u n g der Brustdrüse gehemmt oder letztere gar atrophisch gemacht wird. Befindet sich der Kranke an einein O r t e ,

wo der K r o p f e n d e m i s c h

mag es geratben sein, ihn aus dieser Gegend zu entfernen. gungen

und

namentlich

ist,

so

Sofern man von Anstren-

angestrengten Eispirationsbewegungen

einen

EinOuss auf die

Entstehung des Kropfes anzunehmen geneigt ist, wird man auch die Vermeidung dieser ätiologischen Momente anzuratben haben.

Gegen sehr g e f ä s s r e i c h e Kröpfe (Struma vasculosa und aneurysmatica) werden Blutentziehungen, ruhige Lage, die Külte und innerlich Digitalis empfohlen. Reichte diese Behandlung nicht aus, so hat man, nach dem Vorgange von B l i z a r d , C a r l i s l e und Ph. v o n W a l t h e r , die Unterbindung der oberen Schilddrüsenpulsadern oder gar der Carotis, jedoch ohne dauernden Erfolg, ausgeführt. Der Fall von C a r l i s l e (Gazette medicale, II. s e r i e , Tom. VI. pag. 6 5 7 ) enthält manches Wunderbare.

Die ganze Kropfgescbwulst soll in 10 Tagen

nach der Unter-

bindung der beiden oberen Schilddrüsenarterien, welche dicht unter der Haut zu fühlen und sehr leicht blosszulegen w a r e n ,

brandig geworden

bleibenden grossen Höble in wenigen Tagen erfolgt sein. Autoren

nicht

beobachtet worden.

und die Heilung der zurückAehnlicbes ist von späteren

Auch ist so wenig einzusehen, weshalb Gangrän

der Schilddrüse auf die Unterbindung der Arteriae tbyreoideae superiores folgen sollte, dass vielmehr im Gegentheil das Blulzufuhr durch

weitere Fortbestehen der Geschwulst auf Grund der

die unteren Schilddrüsenpulsadern

tbyreoidea ima) und

durch die zahlreichen

' ) Vgl. C. S c h w a l b e , pag. 8 8 ff. ( 1 8 7 1 ) .

(vielleicht auch noch die Arteria

kleineren Anastomosen

erwartet

werden

Beiträge zur Heilung des Kropfes, V i r c h o w ' s Archiv Bd. 5 4 ,

Kropf. — Therapie.

555

moas. Noch viel weniger als bei einem vasculösen Kropf lässt sich bei anderen Schilddrüsen-Geschwülsten von solchen Unterbindungen hoffen. Nach B a c b (Mim. de l'Acad. de m£d. Tom. XIX. pag. 3 3 8 u. f . ) , hat L a n g e (1787) die Ligatur der Art. tbyreoid. sup. zuerst vorgeschlagen.

Beim B a l g k r o p f hat man, zumal wenn es sich um eine oder mehrere g r o s s e Cysten handelt, die Wahl zwischen der P u n c t i o n m i t n a c h f o l g e n d e r J o d - l n j e c t i o n und der I n c i s i o n . Nach den zahlreichen Erfahrungen von V. v . B r u n s ' ) , S c h u h * ) U.A., ist die I n c i s i o n nur dann indicirt, wenn die Jod-lnjection erfolglos geblieben ist, oder wegen der Starrheit der Cystenwände keinen Erfolg verspricht. Die P u n c t i o n wird, nach v. B r u n s , mit einem gewöhnlichen Troicart ausgeführt, durch dessen Canille man, nach Abfluss des Cysten-Inhalts, eine Injection von 3—8 Grammen reiner Jodtinctur macht, welche in der nach Entfernung der Cantile sofort sorgfältig verschlossenen Cyste zurückgelassen wird. Nachtheilige Wirkungen solcher Jod-lnjectionen sind, namentlich auch von v. B r u n s , niemals beobachtet worden; in vielen Fällen genügte e i n e Injection, um Schrumpfung der Cyste herbeizuführen, zuweilen wurden wiederholte Einspritzungen erforderlich, in manchen Fällen liess sich durch dieselben Uberhaupt kein günstiger Erfolg erzielen. Die I n c i s i o n d e s B a l g k r o p f e s beginnt mit ausgiebiger Blosslegung der vorderen Cystenwand durch einen entsprechenden Längsschnitt, wobei in der Mehrzahl der Fälle schon erhebliche Blutung entsteht. Nach Stillung derselben wird in die Cyste ein Einstich von hinreichender Grösse gemacht, um den Finger einführen und den Cysten-Inhalt langsam abfliessen lassen zu können. Nachdem Letzteres geschehen ist, wird von der Stichöffnung aus die ganze vorliegende Cystenwand gespalten. Aus den Schnittwunden sowohl, als auch von der Innenfläche des Balges, welche plötzlich von dem gewohnten Drucke befreit ist, erfolgt meist eine erhebliche Blutung. Man stillt sie, namentlich im Bereich der Schnittränder, provisorisch durch schliessbare Zangen und Pincetten. Demnächst aber ist es, nicht blos um die Blutung völlig zu beherrschen, sondern um die Nachbehandlung weiterbin gehörig ausführen, besonders um Stockungen und Senkungen des Eiters verhüten zu können, durchaus erforderlich, dass die Schnittränder weit von einander entfernt und die Cystenwand möglichst stark hervorgezogen werden. C h e l i u s d. J. bat zu diesem Behuf vorgeschlagen, die Bänder der Cystenöffnung mit den ') Vgl. W e r n e r , Deber die chirurgische Behandlung der Strumen. tation.

der Strumen. J

Inaugural-Oisser-

Tübingen 1858, ond A. K l e i n , Ein Beitrag znr chirurgischen Behandlung Inaugural-Dissertation.

Tübingen 1860.

) Wiener Medicinal-Halle, 1861, pag. 355 u. 0g.

556

Krankheiten d e r Schilddrüse.

Wundrändern der äusseren Haut durch Nähte zu vereinigen. Statt dieses zeitraubenden Verfahrens empfiehlt v . B r u n s , auf jeder Seite der Wunde durch den hervorgezogenen Rand der Cyste eine Fadenschlinge einzulegen. Die vier (oder, wenn man die Schlinge zusammengeknotet h a t , zwei) F a d e n - E n d e n , werden im Nacken Uber einer Compresse zusammengebunden, hinreichend fest, um das Zurückgleiten der Cyste zu verhüten. Stellt sich eine so heftige EntzündungsGeschwulst ein, dass die Fäden allzu stark gespannt werden, so muss man die Knoten im Nacken lösen; die Fäden aber bleiben liegen bis sie in Folge der in den Stichcanälcn eintretenden Verschwärung sich von selbst lösen, worauf dann die Wundränder durch das Einlegen dicker Röhren von verschiedener Gestalt und Grösse auseinander gehalten werden, bis die Ausfüllung durch Granulationen vom Grunde her erfolgt ist. In besonders schwierigen Fällen musste m a n , um die Granulationsbildung zu befördern, zum Einlegen von Charpiebäuschen oder Haarseilen, die mit reizenden Flüssigkeiten getränkt werden, auch zu Einspritzungen von Jodtinctur seine Zuflucht nehmen. Wie günstig auch im Allgemeinen die Erfolge der lncision geschildert werden, so steht doch bei kleineren Cysten die Gefahr der nachfolgenden Entzündung des umgebenden Gewebes in keinem Verhältniss zu dem voraussichtlichen Resultat. Es wird deshalb empfohlen, den Balg gehörig hervorwachsen zu lassen, bevor man incidirt ( B e c k , S t r o m e y e r ) . Voraussichtlich werden sich jedoch die Verhältnisse dieser Operation bei s t r e n g e r A n w e n d u n g d e r a n t i s e p t i s c h e n M e t h o d e noch erheblich günstiger gestalten. Das H a a r s e i l

wurde, auch ohne vorhergehende Blosslegung der Geschwulst, so-

wohl beim cystischen, als auch bei den übrigen Kropfformen angewendet. hervorgerufene Eiterung bat vermittelst

Die dadurch

der nachfolgenden Narbenverkürzung bisweilen

die hypertrophische Schilddrüse verkleinert, sogar vollständige Heilung zur Folge gehabt. Um den cystischen Kropf zu heilen, müssen gewöhnlich mehrere Haarseile in verschiedenen .Richtungen eingelegt werden.

S e h r häufig aber wurden

zündungen über das Gebiet der Schilddrüse h i n a u s ,

hiernach heftige Ent-

Eitersenkungen nach dem Thorax

hin, auch Blutungen und selbst tödtlicber Ausgang durch Pyämie beobachtet. Die K a u t e r i s a t i o n

i s t , wenn sie

einen grösseren Tbeil der

höchst gefährlich, wegen der nachfolgenden Entzündung galvanokaustische

Drüse betrifft,

und profusen Eiterung.

Die

E r ö f f n u n g der Cysten trifft dieser Vorwurf n i c h t ; sie bietet

hingegen den Vortheil, dass die Blutung aus den Wundrändern fast ganz vermieden wird.

Die E x s t i r p a t i o n ist, wie fUr das Carcinom der Schilddrüse, so auch filr den.gewöhnlichen Kropf empfohlen worden. Die Schwierigkeiten und Gefahren derselben Operation sind aber, wegen der Masse von colossal erweiterten Gefässen, welche in einen Kropf eintreten, und wegen der Verbindung mit Kehlkopf und Luftröhre, so erheblich, dass man sich immer nur, wenn die gefahrloseren Operationen erfolglos

Kropf. —

Therapie.

557

geblieben sind oder, nach der Beschaffenheit des Kropfes wirkungslos bleiben müssen, zu ihrer Ausführung entschliessen darf. Nach den Erfahrungen von v. B r u n s ' ) muss man, nachdem die Kropfgeschwulst, wie ein anderer Tumor, blossgelegl ist, die eigentliche Exstirpation fast nur init stumpfen Werkzeugen, durch Zerreissen der Verbindungen, ausführen und alle Gefässe, welche man vorher erkennen kann, vor der Trennung doppelt unterbinden. Man kann daher nur langsam vorrücken; die Operation dauert mehrere Stunden, und die Blutung ist dennoch erheblich und gefährlich, da man die Ablösung vom Kehlkopf und von der Luftröhre, mit Rücksicht auf diese Organe, mit scharfen Schnitten ausführen muss. Deshalb wird denn der Ecraseur und das Abbinden grösserer Stücke auch von v. B r u n s zu Hülfe genommen. — M a y o r und B a c h (I. c.) empfehlen das A b b i n d e n , welches schon von P a u l v. A e g i n a ausgeübt wurde, als eine allgemeiner anzuwendende Methode. Das Anlegen der Ligatur um die den Nachbartheilen breit aufsitzende Basis der Geschwulst ist aber immer höchst schwierig, und das von M a y o r empfohlene Durchstechen der Basis, um mehrere Ligaturen anzulegen und das Abgleiten zu verhüten (vgl. Bd. I. pag. 92), bedingt die Gefahr bedeutender Gefässverletzungcn. — Bedient man sich, statt der gewöhnlichen Ligatur, des F i l u m c a n d e n s , so dürfte hiermit mehr geleistet werden, als von der Exstirpation und dem Abbinden Uberhaupt erwartet werden kann, — natürlich auch nicht ohne Gefahr d^r nachfolgenden Eiterung, und auch nicht ohne erhebliche, die Anwendung des Porcellanbrenners oder die Ligatur erfordernde Blutungen, wenn man nicht s e h r d i c k e Platindrähte anwendet'). — Die gewöhnliche Ligatur soll (nach B a c h ) nur ganz allmälig, im Verlaufe von 24 — 30 Stunden bis zur vollständigen Strangulation der Geschwulst zusammengeschnürt werden. In ähnlicher Weise Hesse sich die Ligatur mit elastischen (Gummi-) Fäden anwenden. Auch für1 alle diese Operationen ist das antiseptische Verfahren dringend zu empfehlen. ' ) Vgl. die pag. 5 5 5 citirle Dissertation von K l e i n . *) S c h u b , welcher die galvanokau9tische Exstirpation mehrmals und mit glücklichem Erfolge ausgeführt hat (Wiener medic. Wochenschrift 1 8 5 9 und 1 8 6 0 ) , berichtet von solchen Blutungen, giebt aber nicht an, welche Dicke der angewandte Platindraht hatte.

Auf diese k o m m t es wesentlich a n ;

vgl. Bd. I. pag. 1 0 5 .

Sechzehnte Abthellnng. K r a n k h e i t e n der B r u s t d r ü s e . Uebersicht der anatomischen Das

Volumen der Mamma muliebris,

nommen w i r d ,

ist zwar zahlreichen,

Verhältnisse.

auf welche hier zunächst

Rücksicht

ge-

wesentlich durch die Dicke des sie umgebenden

Fettgewebes bedingten Schwankungen u n t e r w o r f e n ; jedoch lassen sich folgende Maasse als durchschnittlich richtig b e t r a c h t e n : Vertical-Durchmesser an der Basis 1 1 — 1 2 Ctm., Querdurchtnesser an derselben Stelle 1 2 — 1 3 Ctm., Durchmesser von Vorn nach Hinten 9 — 1 0 Ctm.

Die bedeckende Haut ist d ü n n , weiss, mit Ausnahme des Warzenhofes,

in dessen Bereich sie bräunlich (bei Negerinnen rosaroth) und dunkler bei Frauen ist, die geboren

haben.

Die Haut

des

Warzenhofes ist in concentrische

welche in kleine Höckerchen e n d i g e n , Unebenheiten der Warze fortsetzen.

gegen das Centrum

Falten

gelegt,

sich unregelmässig in die

Die Warze ist in der Regel cylindrisch, zuweilen

coniscb gestaltet, an der Spitze abgerundet, von verschiedener Lange nnd Dicke, n a m e n t lich bei Frauen, welche gesaugt haben, von bedeutenderer Lä/ige (durchschnittlich 1 0 bis 1 5 Millim.); sie ist fettlos, erectil. sich zahlreiche Hauttalgdrüsen.

An der Süsseren Grenze des Warzenhofes

finden

Die Milchdrüse selbst ist von reichlichem Fettgewebe

umgeben, mit ihrer hinteren, leicht concaven Fläche (Basis) durch lockeres Bindegewebe an den M. pectoralis m a j o r angeheftet, dessen unteren Rand sie häufig überragt. fibröse

in die Fascia superficialis fort. derb,

Die

Hülle, welche das Drüsengewebe unmittelbar umschliesst, setzt sich weiterhin Ausser

der Zeit der Lactation ist das Drüsengewebe

elastisch, bläulich-weiss, auf dem Durchschnitt fast homogen:

Während

der

Lactation wird es blassroth und zeigt deutlich Lappen, Läppchen und Milchcanäle.

Die

Lappen, 1 5 — 2 0 an der Zahl, sind von einander durch fibröse Scheidewände g e t r e n n t ; sie haben eine so verschiedene Grösse, dass ihr Durchmesser von 2 — 6 Ctm. schwanken kann.

Jedem Lappen entspricht ein besonderer Ansführungsgang, der für sich die Warze

durchbohrt, so dass sich auf deren Spitze 1 5 — 2 0 kleine Oeflnungen vorfinden.

Jeder

Lappen ist aus einer grossen, gleichfalls schwankenden Anzahl von abgeplatteten Lappchen zusammengesetzt; jedes

Lappchen besteht a u s

einer Menge von DrüsenblSschen, die

auf den letzten Verästelungen der Milchcanäle aufsitzen. Fig. 5 5 , zwei mit Wachs gefüllte Milchgange nebst ihren Verästelungen (r) n n d Drüsenbläschen (II).

Bei m ist die Warze vertical nach ihrer Langenachse gespalten,

so. dass man ein grosses Bündel von Milchcanälen sieht, von denen die beiden a n dein Präparat weiter verfolgten bei s die constant vorhandenen Anschwellungen ( S i n u s ) kurz

Uebersicht der anatomischen Verhältnisse.

559

vor ihrem Eintritt in die Warze zeigen. — Fig. 5 6 , ein stark vergrössertes Drüsenbläschen und ein zur Hälfte erhaltenes,

an welchem man die weiterlaufenden Vef-

Fig. 55.

Fig. 56.

NU

ästelungen angedeutet sieht. t>t> Drüsenbläscben. — Fig. 5 7 , die unregelmässig angeschwollenen Verästelungen der Milchcanäle (auf einem Durchschnitt), wie sie in einer Fig. 57.

Leiche, noeb mit Milcb gefüllt, gefunden wurden.

Vgl. P a u l D u t o i s , Traitl complet

de l'art des accoucbements, Paris, 1849. Die Arterien der Mamma kommen 1) aus der Mammaria interna (Rami perforantes), 2) aus der Mammaria externa, 3) aus den mittleren Arteriae 4) aus der Thoracica longa.

intercostales,

Die Venen verlaufen in einer oberflächlichen und einer

tiefen Schicht, die Lympbgefässe zum Theil mit den Aesten der Vena mammaria interna zu den Lymphdrüsen des Caium mediastini anticum, zum grösseren Theil aber längs des Süsseren Randes des Pectoralis major zu den Achseldrusen.

Die Nerven,

welche jedoch wesentlich der die Mamma bedeckenden Haut angehören, stammen ton den Nervi supraclavicnlares nnd intercostales II—IV.

560

Krankheiten der Brustdrüse.

E r s t e «

Capitel.

Missbildungen und Formfehler. Höchst selten fehlen beide oder auch nur eine Brustdrüse ; wahrscheinlich hat man auch in solchen Fällen noch die unverhältnissmässig geringe Entwickelung der einen Mamma oder den Mangel der Warze mit dem Fehlen der ganzen Brustdrüse verwechselt. Weniger selten kommen ü b e r z ä h l i g e B r u s t d r ü s e n vor. Sind drei Brustdrüsen vorhanden, so liegt die dritte kleinere gewöhnlich in der Mittellinie und nimmt an der Lactation kaum einigen Antheil. Seltner liegt die dritte Mamma unter einer der anderen; dann erreicht sie auch ein gleiches Volumen wie jene und giebt bei eintretender Lactation auch Milch. Wenn es vier sind, so liegen die überzähligen symmetrisch unter den normalen Brustdrüsen oder auch in der Achselhöhle. Sjnd es fünf, so haben zunächst vier die oben angegebene Lage, die fünfte aber lag einmal vorn in der Mittellinie, ein anderes Mal auf dem Rücken. Man hat auch beobachtet, dass die beiden einzig vorhandenen Milchdrüsen auf dem Rücken lagen, und diese wunderbare Anomalie war in der ganzen Familie erblich. Robert

( J o u r n . général, de médec. Tom. I. pag. 57 u. l'art de prévenir le cancer.

Marseille 1 8 1 2 ) erzählt von einer am Schenkel liegenden Milchdrüse

bei einer Frau,

deren 3 0 Monat altes Söbncben an derselben stebend zu saugen pflegte. — Von Milchdrüsen auf dem Rücken berichten die E p b e m e r i d e s solchen in der Leistengegend M a o g e t ,

naturae curiosorum,

Bibliothèque de chir.

von

T. III. pag. 1 6 0 .

Zuweilen findet sich ein von der übrigen Drüse gesonderter Lappen, welcher eines Ausführungsganges. entbehrt, — ein d i s c o n t i n u i r l i c h e s c o n g e n i t a l e s A d e n o m , am Rande des Pectoralis major, welches in der Regel erst entdeckt wird, wenn man aus anderen Gründen die Brust genauer untersucht. Häufig finden sich F o r m f e h l e r d e r B r u s t w a r z e . Bald ist sie zu lang, bald zu kurz, zu dick, zu klein in allen Richtungen; sie kann sogar ganz fehlen. Im letzteren Falle liegt an ihrer Stelle eine nabeiförmige Vertiefung, in welcher die Milchcanäle sich öffnen. Gegen alle diese Formfehler der Warze, welche beim Säugen sehr hinderlich werden und anderweitige Erkrankungen der Mamma bedingen können, vermag die Kunst gar nichts oder doch nur sehr wenig, indem sie durch Aufsetzen von Schröpfköpfen, erwärmten Flaschen oder anderweitigen Saugapparaten die Warze, wenigstens zeitweise, hervorzuziehen und zu verlängern sich bemüht. — Von untergeordneter Bedeutung sind ü b e r z ä h l i g e B r u s t w a r z e n , welche bald auf einem gemeinsamen, bald jede auf einem besonderen Warzenhofe steheir.

561

Verletzungen. V e l p e a u , auf d e s s e n grosse« W e r k filier die Krankheiten d e r B r u s t d r ü s e

(Traité

d e s maladies dn s e i n , II. é d . , P a r i s , 1 8 5 8 ) wir h i e r ein f ü r alle Mal verweisen, h e b t hervor,

dass

oft auf

beliebigen Geschwülsten Gebilde von

dem Aussehen

der Brust-

w a r z e v o r k o m m e n , welche bei u n g e n a u e r U n t e r s u c h u n g Veranlassung z u r A n n a h m e des B e s t e h e n s überzähliger Brustwarzen ( o d e r gar B r u s t d r ü s e n ) geben

könnten.

Zweites Capltel. V e r l e t z u n g e n . W u n d e n der Brustdrüse heilen ausser der Zeit der Lactation sehr schnell, wenn nicht durch die Art der Verwundung ein weniger gtinstiger Verlauf bedingt wird. Erfolgt die Verletzung während der Lactation, so k a n n , namentlich wenn dabei ein grösserer Milchgang geöffnet worden ist, eine Brustdrüsen- oder Milchfistel zurückbleiben. Von grösserer Bedeutung sind die Q u e t s c h u n g e n der Brustdrüse, mögen sie zur Zeit des Säugens oder ausser derselben stattfinden. Sind sie nur oberflächlich und bewirken blos einen Bluterguss in dem Fettpolster Uber der Drüse, so erscheinen alsbald die bläulich hindurchschimmernden Sugillations-Flecke, welche weiterhin die bekannten Farbe-Verândèrungen erleiden; es erfolgt Resorption des Ergusses und nur bei ganz unzweckmässiger Behandlung Eiterung. Hai sich die Quetschung aber auf die Drüse selbst erstreckt, so entstehen Blutergüsse in dem zwischen die Lappen derselben eindringenden Bindegewebe, oft selbst zwischen den einzelnen Läppchen uiit gänzlicher Zerstörung der Drüsenbläschen. In seltenen Fällen erstreckt sich die Wirkung eines quetschenden Körpers auch auf das hinter der Mamma gelegene Bindegewebe. Bei solchen tiefen Quetschungen werden die Sugillationen erst nach mehreren Tagen sichtbar; in dem zuletzt erwähnten Falle treten sie namentlich im U m f a n g e der Mamma deutlicher hervor. Ausser der Gefahr der Eiterung bat man bei allen die Drüse selbst treffenden Quetschungen die Möglichkeit zu beachten, dass um das ergossene Blut sich eine späterhin selbstständig weiterwachsende Cyste entwickeln kann. Jedenfalls erheischen alle Contusionen der Mamma eine sorgfältige Behandlung: kalte Umschläge, Ableitungen auf den Darmcanal und namentlich einen sorgfältig angelegten Compressiv-Verband. Nicht ganz selten entstehen, o h n e v o r a u s g e g a n g e n e E i n w i r k u n g e i n e r ä u s s e r e n G « w a l t , zur Zeit der Menstruation oder doch zu der Zeit, wo diese sich einstellen sollte, namentlich bei Menstruations-Störungen, im Beginn und gegen Ende der Pubertätszeit, B l u t e r g ü s s e {Ecchymosen) im Gewebe der Mamma, welche in der Bardeleben.

Chirurgie.

7. Aull. III.

3g

Krankheiten der Brustdrüse.

562

Regel ohne Zuthun der Kunst wieder resorbirt werden und nur s e h r selten Schmerzen

veranlassen.

F r e m d e K ö r p e r (Nadeln, Kugeln, Splitter, auch Charpieballen, welche nach einer Operation in

der Wunde vergessen sind)

können

lange in der Mamma verweilen, ohne üble Zufälle zu veranlassen.

In

manchen Fällen unterhalten sie eine chronische Eiterung (so namentlich Charpie), in anderen werden sie eingekapselt und geben zu der Entstehung von Geschwülsten Veranlassung, deren Diagnose erst aufgehellt wird, wenn man

von dem Eindringen

des fremden Körpers

Kcnntniss bekommt, oder ihn zufällig extrahirt. V i d a l erwähnt einen Fall, in «reichem die ausgezeichnetsten Arrzte diagnostische Irrthiimer an einer Geschwulst begangen h a t t e n , a u s welcher endlich eine Nähnadel zum Vorschein k a m ; die A r t ihres Eindringens blieb unbekannt. Zu den fremden Körpern in der Brustdrüse können auch die in ihr höchst selten vorkommenden C o n c r e t i o n e n Deposita von eingedickter Milch, deren resorbirt wurden. Milch-Steine

flüssige

gerechnet

werden,

B e s t a n d t e i l e allmülig

Häufiger als beim Menschen sind solche sogenannte

bei Thieren

beobachtet

worden.

Gewöhnlich

veran-

lassen sie keine Beschwerden; sollten solche auftreten, so würde man den „fremden K ö r p e r " durch eine Incision zu entfernen haben.

Drittes Cnpltel. Entzündung. Entzündungen gewebe, 3)

in

welches

dem

Mastitis.

der Brustdrüse haben ihren Sitz 1) in dem Fettdie Drüse

hinter (unter)

umgiebt,

2 ) in der Drüse selbst,

der Drüse gelegenen

Bindegewebe.

oder Die

Entzündungen der Drüse selbst ergreifen ä ) die Warze mit oder ohne Betheiligung des Warzenhofes, oder b) das eigentliche Drüsengewebe. I.

Ent/.Undungen d e r W a r z e u n dde« W a r e e n h i r u .

Die E n t z ü n d u n g e n

der Warze

u n d d e s W a r z e n h o f e s sind

so häufig der Ausgangspunkt für die Entzündung der Milchdrüse, dass es zweckmässig i s t , dieselben zuerst zu betrachten.

E s handelt sich

hier immer um säugende F r a u e n ; bei anderen kommen Entzündungen der W a r z e

niemals v o r 1 ) .

genannte S c h r u n d e n ,

Dieselben beginnen

d. h. als s e i c h t e ,

die Achse der Warze verlaufende,

in der Regel als so-

in der Regel quer gegen

Anfangs höchst oberflächliche E x -

' ) W i r sehen hier a b ron d e m keineswegs seltenen E c z e m a r u b r u m und d e o s y p h i l i t i s c h e n E x a n t h e m e n des Warzenhofes,

Mastitis.

563

coriationen. Am Leichtesten entwickeln sich diese in der ersten Zeit des Säugens bei jungen Frauen mit zarter Haut und hellem Teint. Zu häufig wiederholtes Anlegen des Kindes, mangelhafte Reinlichkeit und eine zu geringe Grösse der Warze begünstigen die Entstehung der Schrunden; jedoch sieht man sie auch ohne diese Veranlassungen häufig genug. Ihr Sitz ist vorzugsweise die Grenze zwischen der Warze und dem Warzenhofe, seltner der vordere Theil der Warze, noch seltner der Warzenhof allein. Sehr schnell gewinnen sie eine bedeutende Tiefe, namentlich wenn der Säugling sehr gierig ist; dann bluten sie auch, besonders während des Saugens. Ihre Schmerzhaftigkeit steigert sich oft bis zum Unerträglichen, so dass selbst standhafte Frauen, namentlich im Beginne des Saugens, laut schreien und in fieberhafter Angst dem Augenblick entgegensehen, wo das Rind wieder die Brust verlangen wird. Weiterhin werden die Schrunden so tief, dass sie die Warze ganz von der Übrigen Brust zu trennen scheinen und erstere in der That zuweilen nur noch durch die Milchgänge und einige Gefäss- und Nervenäste mit dem übrigen Körper im Zusammenhange steht. In der Regel folgt auf die zu einem höheren Grade entwickelten Schrunden späterhin auch Entzündung der Drüse selbst. So gefährdet dies Uebel in doppelter Weise das Säugegeschäft und das Wohlbefinden der Wöchnerin. Man hat dasselbe daher von alten Zeiten her zu verhüten gesucht. Waschungen und locale Bäder mit Salzwasser, Rothwein, verdünntem Branntwein, Tanninlösungen und anderweitigen Adstringentien sind in grosser Mannigfaltigkeit zur Abhärtung der Warze, Warzenhütchen zu ihrem Schutz empfohlen worden. Aber — selbst wenn man sie viele Monate vor der Niederkunft sorgfältig Tag für Tag anwenden lässt, sind sie nicht im Stande, das Entstehen der Schrunden sicher zu verhüten. Wir wären sonst auch schwerlich so ungemein reich an volkstümlichen und Geheimmitteln, sowie an mehr oder weniger kunstreichen ärztlichen Recepten zur Bekämpfung dieses lästigen Uebels. Dieselben sind grossen Theils unwirksam, zum Theil sogar schädlich und endlich alle entbehrlich, da die Anwendung einer Höllensteinlösung (0,5 bis 1,0 auf 50 Aq. dest.) bei Weitem mehr leistet. Schädlich für das Kind sind alle diejenigen Wascbwosser, Umschlage und Salben, welche lösliche

Hetallsalze e n t h a l t e n ,

so also n a m e n t l i c h :

Sublimat,

schwefelsaures

Zink, essigsaures, apfelsaures, salpetersaures Blei (die wesentlichen B e s t a n d t e i l e m e h rerer

kostbarer

sein;

ebenso taugen

Geheimmittel).

Alle Bleipräparate d ü r f t e n ü b e r h a u p t

zu vermeiden

alle Salben n i c h t , da sie einerseits auf die feuchten Schrunden

kaum irgend eine Wirkung als die unangenehme der mechanischen Berührung ausüben können, ist

der

andererseits aber

dem Kinde das Saugen widerwlrtig machen.

C r e d i t , in welchem

Boraxlösungen

Wunderbar

( 4 Theile Borax auf 1 5 Theile Weingeist

36*

564

Krankheiten der Brustdrüse.

und 9 0 Theile W a s s e r )

n o r h immer

s t e h e n , noch

Salbe und Kleister, welches H u f e l a n d

wunderbarer das

Mittelding

(Journal der praktischen Heilkunde,

Bd.

von 14)

angegeben h a t , und welches C h e l i u s als das wirksamste „ S ä l b c h e n " empfiehlt, n ä m l i c h : Gummi arabicum k , Peruvianischen Balsam 2, von Vielen empfohlene Betupfen

Mandelöl 3, Rosenwasser 16.

der S c h r u n d e n

Substanz) ersetzt das B e p i n s e l n

mit

einer

mit



Das

dein HöllensteingriRel (Lapis in

I — 2procentigen

Höllenstein-

l ö s u n g keineswegs, ist vielmehr, wenn es nicht mit grösster Sorgfalt geschieht, s c h ä d lich ond immer sehr schmerzhaft. das

Die Höllrnsteinlösung

muss unmittelbar

nachdem

Kind gesogen hat auf und in die alsdann stark klaffenden Schrunden mit

weichen

Pinsel aufgetragen werden.

einem

Einige Minuten darauf werden die Warzep

dann

mit Läppchen bedeckt, welche mit kaltem Wasser getränkt s i n d ; diese werden, sobald sie warm werden, gewechselt, bis das Kind wieder trinken soll.

Dass vom Argentum

nitricum an den Warzen davon nichts mehr übrig ist, bedarf keiner Erläuterung. Gelingt e s , das Kind durch ein W a r z e n l i ü t c l i e n die Heilung dadurch Das Beste leisten ähnlichen

saugen zu l a s s e n , s o wird

wesentlich* gefördert und der Schmerz

W a rzenhü Ichcn

Saugrohr

von

Glas

mit

beim Saugen

einem

kurzen,

vermindert. Avarzen

v o n G u m m i ; durch solche gewöhnen sich die meisten Kinder

recht leicht zu saugen.

Erfolgt bei sorgfältigem Reinhalten und regelmässiger Anwendung der Höllensteinlösung in den nächsten 3 — 4 Tagen keine Besserung, und leidet die Wöchnerin bei dem Anlegen des Kindes allzu erhebliche Schmerzen, so ist es rathsam, die uiit Schrunden behaftete Brust weiterhin nicht mehr zu benutzen, d a , bei fortgesetztem Säugen höchst wahrscheinlich Entzündung des Drüsengewebes sich einstellt. Die A b s c e s s e d e s W a r z e n h o f e s sind häufig Drüsenabscesse (vgl. pag. 567). Sie können aber auch von einer, gewöhnlich sehr acut verlaufenden P h l e g m o n e c i r c u m s c r i p t a zwischen den gegen die Warze convergirenden grösseren Milchgängen herrühren. In solchen Fällen wird der Schmerz durch das Saugen des Kindes nicht erheblich gesteigert; dem Kinde kann auch das Saugen gestattet werden, da kein Eiter der Milch beigemischt ist. Die Eröffnung muss vorgenommen werden, sobald man Fluctuation entdeckt. Ueberlässt man sie der Natur, so wird die Haut in grösserem Umkreise unterminirt und die Heilung dadurch verzögert. Zur V e r h ü t u n g der „Abscesse im Warzenhofe" ist vor Allein die Heilung der, als wesentliche Ursache zu betrachtenden Schrunden zu empfehlen. II.

Entzündung

des Drügenge wehes.

E n t z ü n d u n g e n d e s D r ü s e n g e w e b e s s e l b s t kommen fast ausschliesslich bei Wöchnerinnen, vorzüglich wenn sie säugen, seltner bei Schwangeren, ungemein selten ohne irgend eine Beziehung zu den Genital-Functionen vor.

Mastitis.

565

Bemerkenswert ist in dieser Beziehung ein von mir beobachteter Fall von Mastitis bei einem jungen Mädchen, welches 4 Wochen vorher einen Schlag auf die Mamma bekommen hatte. Sie war damals menstruirt gewesen, hatte keine besonders üblen Folgen von dem Schlage verspürt, wurde aber beim Eintritt der nächsten Menses, ohne sonstige Veranlassung, von acuter Mastitis glandularis befallen. lo Betreff der bei N e u g e b o r e n e n

vorkommenden Mastitis vgl. den A n b a n g .

Man rechnet zu den Entzündungen der Brustdrüse, nicht ganz mit Recht, die bei Säugenden zuweilen plötzlich auftretenden Schwellungen der Mamma, welche so allgemein bekannt sind, dass sich allerwärts populäre Namen dafür finden '). Es handelt sich dabei um eine wirkliche Retentio lactis, welche in Folge einer plötzlichen Erkältung, einer Gemüthsbewegung, bei zu stürmischer Absonderung der Milch (Einschiessen oder Einschuss, montée de lait), nach zu heftigem Saugen des Kindes — nicht selten entsteht. Die Drüse schwillt an, wird hart, uneben, höckerig (Milchknoten). Die Farbe der Haut aber ist unverändert, zuweilen ist sie sogar blasser, als auf der anderen Seite. Heftige Schmerzen und zuweilen auch Fieberbewegungen stellen sich ein. Diese Schwellung kann ohne alle üblen Folgen vorübergehen, aber auch Veranlassung einer wirklichen Entzündung werden. Handelt es sich nur um e i n e Mamma; so ist es zweckmässig, dieselbe dem Kinde eist zu reichen, nachdem die andere leer gesogen ist, damit es nicht zu stürmisch sauge, oder sie überhaupt nur vorsichtig mit einer Milchpumpe (oder erwärmten Flasche) zu entleeren. In manchen Gegenden beschäftigen sich alte Weiber mit dem Aussaugen solcher Brüste und mögen dazu, namentlich sofern sie zahnlos sind, ganz geeignet sein. Der Vorschlag, das Aussaugen dureb einen Erwachsenen oder einen jungen Hund oder ein KStzcben besorgen zu lassen, dürfte nicht leicht zur Ausführung kommen.

Auflegen von Watte, Einreiben mit Fett, eine leichte Compression, vor Allein aber eine sorgfältige Unterstützung der Mamma durch ein aus jedem Tuch leicht herzustellendes Suspensorium mammae dienen zur Verhütung des Uebergangs in Entzündung. Nimmt unter der angegebenen Behandlung die Schwellung und Schmerzhaftigkeit nicht ab, vielleicht sogar zu, so muss eine entzündungswidrige Behandlung eingeleitet werden. Die eigentliche E n t z ü n d u n g d e r M i l c h d r ü s e hat ihren Sitz in den Milchcanälchen und in den Drüsenbläschen. Schmerz und Schwellung zeigen sich vorzugsweise an einzelnen Stellen der Drü$e; der Schmerz ist dumpf, drückend, hier und da lancinirend, aber nicht so brennend und stechend, wie bei oberflächlichen Entzündungen. Gewöhnlich bilden sich in der Umgegend des Warzenhofes einzelne, namentlich für den zufühlenden Finger deutliche Höcker aus, die sich ') In Frankreich „ p o i l " ; plattdeutsch „Inschott".

566

Krankheiten der Brustdrüse.

allmälig stärker röthen.

In weiteren) Verlaufe greift diese, ursprüng-

lich vom Drilsengewebe ausgehende Entzündung auch auf das interlobulare Bindegewebe und später auf das subcutane Fettgewebe sie kann

sogar schliesslich auch das hinler der Brustdrüse

Bindegewebe mit ergreifen.

Uber;

gelegene

Der V e r l a u f dieser Entzündung ist, ob-

wohl das Fieber dabei Anfangs oft sehr heftig ist, häufig sogar

mit

einem (in der Diagnose oft irre leitenden) Schüttelfrost beginnt, doch selten schnell;

iu der Regel kommt es nicht vor dem 8 . T a g e z u r

Eiterung, und selbst im günstigsten Falle ist die Dauer der Krankheit auf 3 — 6

Wochen

der gewöhnliche; knoten, zurück.

zu veranschlagen. häufig

bleiben

Der Ausgang in Eiterung ist

Verhärtungen,

permanente

Milch-

Zertheilung ist höchst selten, Gangrän nur bei ganz

unzweckmässiger Behandlung möglich. Von therapeutischer Seite entsteht vor Allem die F r a g e , Kind

an

der

entzündeten

Brust

noch

ferner saugen

F r a g e kann nicht ganz allgemein verneint werden. steigert allerdings die Entzündung, Menge der bereits

mit

für das Kind schädlich.

Diese

Stürmisches Saugen

und die Aufnahme einer grossen

Entzündungsproducten Es

ob das

dürfe.

dürfte daher

vermischten

besser

sein,

Milch

einige

ist

Tage

lang das Kind nicht an die kranke Brust zu legen, sondern den Inhalt der Milchcanäle mit erwärmten Flaschen oder Milchpumpen abzusaugen.

Weicht

vorsichtig

die Entzündung dann der sogleich einzuleiten-

den antiphlogistischen Behandlung, so kann des Kindes allmälig und vorsichtig zulassen.

man

später das Saugen

Jedoch kann dieser Mittel-

weg nur bei wenig ausgedehnten Entzündungen eingeschlagen werden. Ist die Krankheit auf einen grösseren

Theil

der Mamma

verbreitet

oder bestehen zugleich beträchtliche Schrunden (was nur allzu oft der Fall ist), so liegt es im Interesse der Mutter wie des Kindes, die L a c tation wenigstens in dieser Brustdrüse gänzlich zu unterbrechen.

Häufig

ist man genöthigt, das Kind gar nicht mehr anlegen zu lassen, gleich nur gesunde

eine

Brust

Mamma entzündet ist, Congestion

zur

kranken

weil

beim

entsteht,

Anlegen oft

mit

ob-

an die grossen

Schmerzen und erneuter Steigerung aller EntzUndungs-Erscheinungen. Von

der Entscheidung

soll, oder n i c h t ,

hängt

Uber

die F r a g e ,

ob

weiter gesäugt

werden

die übrige Behandlung wesentlich ab.

scheidet man sich sogleich

für die Unterbrechung

Ent-

der Lactation, so

kann man auch entschieden eingreifen. Dürftige Ernährung mit dünnen Wassersuppen, durch einen

kräftige P u r g a n z e n ,

örtlich Eis und e i n e , am Besten

Gyps- oder Kleisterverband auszuübende,

Compression

( n a c h K i w i s c h ) können

dann

gleichmässige

vollständige Zerthei-

lung herbeiführen oder doch das Gebiet der Eiterung sehr beschranken.

Mastitis. Kann oder will

man weder Eis noch

567 Druckverband anwenden,

steht auch dem Anlegen zahlreicher Blutegel nichts entgegen, welche man gleichfalls, wenn auch

nicht Zertheilung, so doch

schränkung der Eiterung zu erzielen vermag.

so

durch Be-

Soll aber die gesund

gebliebene Mamma noch weiter zum Säugen benutzt werden, so muss man

auch von einer schwächenden

Behandlung ganz

absehen

und

sich auf die (dann oft recht schwierige) Anlegung eines Druck- oder doch

Halte-Verbandes

und

die

energische Anwendung

des

Eises

beschränken. Entsteht mehrerer

Eiterung,

so kommt

Abscesse ( V e l p e a u

es in der Regel

zur Bildung

zählte 3 3 in e i n e r Mamma).

Zahl ist abhängig von derjenigen der erkrankten

Ihre

Drüsenläppchen.

Die Angabe, dass Abscesse der Mamma viel bäuUger bei solchen Frauen vorkämen, die nicht säugten, ist grundfalsch; Entzündungen und Abscesse der Mamma- sind in solchen Fällen, wo man die Lactation von vornherein unterdrückt bat, äusserst selten. Die Drilsenabscesse

erscheinen

oder in ihrer Umgebung.

in der Regel hinter der Warze

Entwickelt sich an dieser Stelle eine An-

schwellung unter Schmerzen,

die sich in die l i e f e der Brust

setzen,

nach

so

kann

man

Abscesses vermuthen.

schon

6—8

Tagen

die Bildung

Verdünnt sich dann die Haut an dieser Stelle

und fühlt man Fluctuation, so hört jeder Zweifel auf.

Oft dauert es

1 0 — 1 4 Tage, bis der Abscess sich vollständig entwickelt. Entzündung

das

umgebende

Verlauf schneller.

forteines

Bindegewebe

mitergriffen,

Hat die

so

Sobald Abscessbildung vorliegt, kann

ist

von

der einer

weiteren Fortsetzung des Säugens mit der erkrankten Brust nicht mehr die Rede sein. Man würde dadurch neue Entzündungs- und Eiterungsherde anfachen und dem Kinde durch die nicht zu vermeidende Beimengung

von

Eiter

zu der wahrscheinlich auch schon

veränderten Milch schaden. lung herbeiführen und

anderweitig

Will man eine möglichst schnelle Hei-

lässt sich ein zweckmässiger Ersatz für die

Muttermilch dem Kinde verschaffen, so ist auch in

diesem Stadium

die gänzliche Unterbrechung des Säugens zu empfehlen. D i e f r ü h z e i t i g e E r ö f f n u n g ist, wie bei allen Drüsenabscessen, nicht von besonderem Vortheil; billigen,

andererseits aber

wenn man den spontanen Aufbruch

ist

es

nicht

abwarten will.

zu Man

spart durch einen Schnitt der Kranken qualvolle Tage und schlaflose Nächte und verlängert keineswegs die Zeit der Heilung.

Die gegen-

t e i l i g e Behauptung älterer Autoren enthält nur das Wahre, dass zuweilen die Heilung nach dem spontanen Aufbruch schneller erfolgt, als nach dem Schnitt.

Dafür verging aber auch bis zum Aufbruch

eine bei Weitem längere Frist, als bis zu der Zeit, zu der man die

Krankheiten der Brustdrüse.

568 k ü n s t l i c h e Eröffnung Schaden,

wenn

vornimmt.

man

sieb Eitersenkungen

den

In manchen Fällen bringt es directen

spontanen A u f b r u c h

erwarten will,

im B i n d e g e w e b e entwickeln, die bei

Eröffnung nicht entstanden Die Richtung

wären.

der Incision

muss

radiär

gegen

sein, um Verletzung der Milchgänge zu vermeiden. und Nachbehandlung Methode mit

(vgl.

voller

B d . 1. pag. 1 5 0 ) so sieht

8 — 1 4 Tagen völlig heilen. können. ist

grosse

Brustwarze Verband

sofort

werden.

Geschieht

Abscesse

der

mit

eine

dem

Finger

dies

Mamma

Ich rathe die Oeffnung hinlänglich

man dabei noch

es zweckmässig

beide Ürains

ausgeführt man

die Abscesshöhle

um

Entdeckt

die

Incision,

müssen genau nach den Regeln der antiseptischen

Strenge,

zu m a c h e n ,

indem

rechtzeitiger

in

gross

untersuchen

zu

e i n e zweite verdünnte S t e l l e , s&

Gegenöffnung

anzulegen

und

durch

einzulegen.

Die A b s c e s s e d e s W a r z e n h o f e s darf w e i t e r u n g e n d e r M i l c b c a n ä l e verwechseln, und lange Zeit hiodurch gesüugt h a b e n , nicht alle Eulzündungs-Erscheinungen, u n d , nachdem die von solchen Ertteiteruogen gebildeten Höcker III.

man nicht mit den p a r t i e l l e n E r welche hei Frauen, die wiederholt selten vorkommen. Hier fehlen aber die Urust ausgesogen i s t , sind auch verschwunden.

EntzUndung des subcutanen 'Bindegewebes.

Die E n t z ü n d u n g des s u b c u t a n e n Fettpolsters der Mamma verläuft mit allen den C h a r a k t e r e n ,

welche ihr

bald als P h l e g m o n e diffusa, acut, bald c h r o n i s c h . Quetschung, Haut,

nach

bald als

Verbrennung

oder

anderweitigen

eines Vesicans

sipels u. dgl. m.

In

der M a m m a ,

a u f einen S c h l a g ,

kann

aber

einer s c h o n

wie

anderen

(spontan)

auch

anderwärts

zukommen, bald

In m a n c h e n Fällen entsteht sie in F o l g e einer

Anwendung

Veranlassung

auch

Phlegmone circumscripta,

von

von

oder

Fällen wird ohne

Phlegmone

Reizung der äusseren im

irgend eine

befallen.

der Drüse ihren Ausgang

bestehenden

Drüsen-Entzündung

b e n d e n B i n d e g e w e b e s sich hinzugesellt. den ausschliesslich w ä h r e n d der L a c t a t i o n

V e r l a u f eines

das gesammte

Ery-

Fettpolster

nachweisbare

Die

Entzündung

nehmen,

Phlegmone

indem des

zu

umge-

F ä l l e der letzteren Art w e r beobachtet.

Bios zu erwähnen sind hier die c h r o n i s c h verlaufenden Fälle, in denen eine von der Brustdrüse aasgebende Neubildung in ihrer Umgebuog Entzündung erregt. B e i der acuten P h l e g m o n e m a m m a e ist die Anschwellung in der R e g e l das erste und auffallendste S y m p t o m .

Die B r u s t erscheint in

i h r e r ganzen Ausdehnung o d e r n a c h der einen S e i t e hin aufgetrieben, so

dass

die

Warze

in

einer

Vertiefung

liegt (eingezogen

ist).

Die

übrigen E r s c h e i n u n g e n folgen d a n n , wie wir sie B d . II. pag. 4 6 u. f. im Allgemeinen b e s c h r i e b e n h a b e n .

Bei der B e h a n d l u n g

hat man

Mastiiis.

569

zunächst auf die Aetiologie Rücksicht zu n e h m e n ; dadurch kann es g e l i n g e n , eine weitere Ausbreitung der E n t z ü n d u n g zu verhüten, — a b e r den regelmässigen Ausgang in Eiterung wird man bei der acuten Form doch niemals abwenden. Eisbeutel können die Heftigkeit der Schmerzen mindern und die Verbreitung verhüten. Sobald aber Fluctuation entdeckt werden kann «was am Häufigsten nach Unten und Aussen geschieht), wird (unter allen a n t i s e p t i s c h e n Cautelen) eine tiefe lncision g e m a c h t , aus welcher oft unbegreiflich grosse Massen von Eiter entleert werden. Findet a u s der ersten lncision keine vollständige Entleerung des Eiters ohne Anwendung eines stärkeren Druckes Statt, so sind Gegenöffnungen in verschieden grosser Anzahl j e nach der Ausbreitung des Eiterherdes anzulegen In der Regel findet sich nur e i n und meist ein grösserer Eiterherd; jedoch ist es nicht so ganz selten, deren auch mehrere vollständig von eina n d e r gesonderte anzutreffen. Sich selbst Uberlassen, durchbrechen solche Abscesse gegen den zehnten Tag die Haut, indem sie die Gewebe in ihrer Umgegend nach Aussen und nach Innen hin zerstören. Auf solche Weise kann secundär die Drüse mit ergriffen werden. Z u r Pyämie geben selbst die ausgebreitesten Phlegmonen der Mamma selten Veranlassung. Eitersenkungen finden gleichfalls verhältnissidässig selten Statt. Jedoch sind sie gegen die Achselhöhle hin, ferner zur Regio hypochondriaca und epigastrica beobachtet worden Bleibt eine, am Rande der Brustdrüse sitzende Phlegmohe sich selbst überlassen, so kann der Eiter auch in das h i n t e r der Drüse liegende Bindegewebe seinen Weg nehmen, wodurch die Gefahr der Krankheit jedenfalls gesteigert wird. Bei Wöchnerinnen w i r d , wenn die Entzündung nur keine allzu grosse Ausdehnung gewonnen und die Brustdrüse nicht mit ergriffen hat, das Unterbrechen der Lactation nicht erforderlich, es sei denn, dass die Schwäche oder die Reizbarkeit der Kranken dazu nöthigen, was freilich oft der Fall ist. IV.

Entzündung des Bindegewebes hinter der Brustdrüse. profunda niammae, Phlegmone «üb mnnima.

Phlegmone

E n t z ü n d u n g e n des B i n d e g e w e b e s , durch welches die B r u s t d r ü s e a m P e c t o r a l i s m a j o r b e f e s t i g t i s t , können ihren Ursprung in verschiedener Weise n e h m e n : 1) von der Brustdrüse aus, indem diese selbst entzündet oder von einer Neubildung befallen ist; 2) die ursprüngliche E r k r a n k u n g sitzt im oder am Thorax (Vomica, pleuritisches Exsudat, Caries oder Nekrose der Rippen); 3 ) in seltenen Fällen entsteht E n t z ü n d u n g und E i t e r u n g an dieser Stelle

570

Kraokbeiten der Brustdrüse.

ohne nachweisbare Veranlassung, namentlich bei sehr geschwächten Subjecten. Es wird auch angegeben, dass ein Schlag oder eine anderweite Quetschung die Drilse und das oberflächliche Bindegewebe unversehrt lassen, in der Tiefe aber (hinter der Drtlse) als Entzündungsursache wirken könne, — was jedoch schwer zu begreifen ist. Die tiefe Phlegmone beginnt bei acutem Verlauf mit einer bedeutenden Anschwollunjg, durch welche in ganz charakteristischer Weise die an sich unveränderte Brustdrüse nach Vorn geschoben (vom Thorax abgehoben) wird; versucht man es, sie in der Richtung nach Hinten zu comprimiren, so scheint sie auf einem Schwamm zu ruhen. Die Haut ist gespannt, glatt, heiss, auch wohl etwas geröthet und von geschwollenen Venen durchzogen. Die Schmerzen sitzen tief, sind drückend, bohrend und werden durch seitlichen Druck auf die Mamma nur wenig vermehrt. Niemals fehlt lebhaftes Fieber. Der Verlauf ist sehr schnell. In 48 Stunden kann die Brust schon das Dreifache ihres ursprünglichen Volumens erlangt haben. In der Regel erfolgt schon vor dem fünften Tage der Uebergang in Eiterung, seltener in Gangrän. Meist bildet sich ein grosser Ab s c e s s h i n t e r d e r M a m m a , welche dann auf einer mit Flüssigkeit gefüllten Blase zu sitzen scheint. Die Diagnose eines solchen tiefen Abscesses kann nur dann schwierig sein, wenn er sich langsam, als c h r o n i s c h e r ( k a l t e r oder S e n k u n g s - ) A b s c e s s entwickelt hat. In solchen Fällen sind grobe Irrthümer begangen worden; man hat sogar die Mamma exstirpirt, indem man ein Carcinom vor sich zu haben glaubte. Man berücksichtige daher sorgfältig alle anamnestischen Momente, fühle genau und sorgfältig nach der in der Tiefe zu entdeckenden Fluctuation und greife in zweifelhaften Fällen zum Probetroicart, bevor man etwas Entscheidendes unternimmt. Hat man den Verlauf der Entzündung beobachten können (wie wohl in fast allen acuten Fällen), so wird ein Zweifel nicht leicht bestehen. Bebaildluug. Weder Blutegel, noch Eisumschläge, noch andere antiphlogistische Mittel haben erheblichen Einfluss auf den Gang der Krankheit. Jedenfalls muss m a n m ö g l i c h s t f r ü h z e i t i g d i e E r ö f f n u n g an dem abhängigsten Punkte oder an der am Deutlichsten fluetuirenden Stelle vornehmen. Der Einstich muss parallel der Thoraxwand und hinreichend tief und gross gemacht werden. Die Entleerung erfolgt dann gewöhnlich schnell und vollständig. Durch frühzeitige Incision wird auch der Weiterverbreitung der Entzündung und Eiterung auf die Brustdrüse am Sichersten vorgebeugt. Ist diese bereits erfolgt, so gesellen sich zu der gleichmässigen grossen Geschwulst mehrere kleinere höckerige Unebenheiten, die bald eine ober-

MilchOstel.

571

fläcblichere Fluctuation erkennen lassen. In solchen Fällen kann der grosse Abscess hinter der Mamma übersehen werden, indem man aus den in der Drüse selbst bestehenden Abscessen alle Krankheils-Erscheinungen erklären zu können glaubt. Oeffnet man aber auch einen dieser Drtlsenabscesse, weiterhin mehrere und schliesslich alle fluctuirenden Stellen an der Oberfläche der Mamma, so erzielt man dadurch die Entleerung des hinter der Urtise liegenden Eiterherdes dennoch nicht, wenn er auch mit jenen kleinen Abscessen in Communication steht. Die Elasticität der Drüse, die Schwellung der Umgebungen und die Verschiebung sind einem freien Abflüsse hinderlich. Durch das Einlegen eines dicken elastischen Katheters, welcher durch einen der Drüsenabscesse bis in die hinter der Drüse befindliche Eiterhöhle eingeschoben werden muss '), kann man allmälig mit vieler Mühe und nach sehr langer Zeit die Entleerung bewirken. Schneller gelangt man zum Ziele, wenn man eine grosse Incision am Rande der Drüse bis in den hinter ihr liegenden Abscess hinzufügt, oder endlich dem von H e y und V e l p e a u gegebenen, allerdings grausam erscheinenden Rathe folgt, eine Incision durch die ganze Dicke der Brustdrüse, wo möglich, in der Richtung der dieselbe durchsetzenden Abscesse zu machen. Unter allen Umständen ist die antiseptische Methode mit grösster Sorgfalt durchzuführen. — Die Unterbrechung der Lactation wird erforderlich, wenn die Entzündung oder gar die Eiterung auf die Brustdrüse selbst übergreift, oder wenn das Allgemeinbefinden in hohem Grade gestört wird, was freilich in der Regel geschehen dürfte. V.

Hllchflstel, Brustdrttsenflatel, Flstula mumitme.

Sobald an einer in Thätigkeit begriffenen Milchdrüse durch Eiter u n g , mag diese von der Drüse selbst ausgehen oder nicht, Milchgänge geöffnet oder Drüsenläppchen zerstört sind, fliesst mit dem Eiter zugleich auch Milch aus. Bleibt ein solcher, Milch entleerender Abscess lange offen und nimmt er (namentlich nach vorausgegangenen Eitersenkungen) einen lang gestreckten Verlauf an, so nennt man ihn „Milchfistel, Brustdrüsenfistel, Fistula mammae". In diesem Sinne sind Milcbfisteln häufig. Die Mehrzahl derselben wird durch dieselbe Behandlung, welche jene Abscesse, wenn auch keine Milch aus ihnen ausflösse, erheischen wurden, in relativ kurzer Zeit ' ) Dies von J. C l o q u e t angegebene Verfahren ist das V o r b i l d der von C h a s s a i g n a c (Traité de la suppuration etc. Paris 1859) bei a l l e n tiefen Abscessen empfohlenen „ D r a i n a g e " . Vgl. Bd. I. pag. 280. Statt des Katbeters kann, namentlich nenn man eine Gegenöffnung angelegt bat, zweckmässig ein dicker Drain eingelegt werden.

572

Krankheiten der Brustdrüse.

geheilt (Unterstützung der Mamma, Compression, antiseptische Umschläge; Gegenöffnungen, wenn der Eiter keinen gehörigen Abfluss hat). Wenn nach dein Erlöschen des Eilerprocesses die Auskleidung eines Milchganges mit der äusseren Haut an der Stelle der ehemaligen Abscessöffnung verwächst, oder ein enger, mit schleimhaut-ähnlichem Gewebe überzogener Gang permanent bleibt, so handelt es sich um eine M i l c h f i s t e l im e n g e r e n S i n n e . Eine solche kann möglicher Weise auch nach Verletzung einer mit Milch gefüllten Drüse oder durch Platzen eines strotzenden Milchcanales entstehen, jedoch wohl sehr selten. Die Heilung solcher Milchfisteln ist schwieriger als diejenige der fistulösen Abscesse, aber doch wieder leichter als die Heilung irgend einer anderen Drüsenfistel. Dies erklärt sich daraus, dass die Mamma nicht fortdauernd, sondern nur während einer gewissen Zeit secernirt. Hört ihre Secretion auf, oder unterbricht man sie absichtlich, so heilt auch die Milchfistel unter leichter Conipression und Betupfen mit Höllenstein. Durch diese Mittel gelingt zuweilen selbst ohne Unterbrechung des Säugens die Heilung solcher Fisteln. In hartnäckigen Fällen, namentlich wenn ein langer enger Fistelgang besteht, muss man diesen spalten oder in seiner ganzen Länge kauterisiren.

Viertes Capltel.

Neuralgie.

Mastodynia neuralgica.

Neuralgien der Mamma kommen ohne irgend welche Veränderung ihres Volumens oder ihres Gewebes vor. In manchen Fällen ist die Veranlassung in den Centraiorganen, namentlich im Halstheil des Rückenmarkes, zu suchen. Es giebt aber auch Geschwülste der Mamma, und zwar sowohl zerstreute Knötchen an ihrer Oberfläche, als auch gleichmässige Schwellungen, welche mit so heftigen und verbreiteten Schmerzen auftreten, dass man ihnen den neuralgischen Charakter zuschreiben muss. A. C o o p e r

(lllustrations

of the diseases of tbe breast.

London, 1 8 2 9 ) bat

l e t z t e r e , als . i r r i t a b l e turoour of the b r e a s t " , beschrieben, nachdem

er sie in vielen

Fallen bei Individuen vom lOten bis über das 30ste Jahr hinaus beobachtet hatte.

Die Schwellung der Drüse ist in solchen Fällen oft kaum merklich; aber schon die leise Berührung der leidenden Mamma ruft SchmerzanHille hervor, welche stundenlang dauern und sich bis In die Achselhöhle, zur Schulter, zur inneren Seite des Armes, zu den Fingern, ja selbst bis auf die ganze Körperhälfte ausdehnen, so dass

573

Mastodynie.

die Kranken ausser Stande sind, auf dieser Seite zu schlafen; und in manchen Fällen, während sie ruhig im Bett liegen, schon durch das blosse Gewicht der Brustdrüse unerträgliche Schmerzen leiden. Zuweilen haben sie das Gefühl, als würde die Brust in schnellem Wechsel plötzlich kalt und heiss übergössen; dann wieder fahren, elektrischen Schlägen ähnlich, stechende Schmerzen durch die Mamma und die benachbarten Organe, so dass C o o p e r mit Recht dieses Leiden mit dem Tie douloureux (Neuralgie des Trigeininus) vergleicht. Heftige Anfälle werden nicht selten von Erbrechen begleitet oder enden damit. Bei dem Herannahen der Menstruation pflegen die Anfälle an Zahl und Intensität sich zu steigern, während derselben aber zuweilen sich zu beruhigen. In manchen Fällen beschränkt sich das Leiden auf einen kleinen Theil der einen Mamma; in anderen werden beide Brustdrüsen ergriffen. Trotz einer ganz unbestimmten, oft Jahre langen Dauer, hat dies Leiden doch keine nachweisbaren Veränderungen im Gewebe der Brustdrüse zur Folge. Dagegen sieht man dasselbe oft combinirt mit Störungen und Unregelmässigkeiten der Menstruation, in einzelnen Fällen auch ( V i d a l ) mit syphilitischen Leiden. N e u r a l g i e n d e r M a m m a von s c h m e r z h a f t e n K r e b s - G e s c h w ü l s t e n , w e l c h e s o h ä u f i g in d e r s e l b e n v o r k o m m e n , zu u n t e r s c h e i d e n , d ü r f t e , bei B e a c h t u n g d e r f ü r d a s C a r c i n o m im

Allgemeinen

(Bd. I.)

angegebenen

Charactere,

L e i d e r h a t m a n sich a b e r n i c h t g a n z s e l t e n d u r c h

niemals

Schwierigkeiten

die h e f t i g e n S c h m e r z e n

machen. bestimmen

l a s s e n , eine d u r c h k a u m m e r k l i c h e H ä r t e o d e r h ö c k e r i g e B e s c h a f f e n h e i t e i n z e l n e r T b e i l e IOO

der

Norm

abweichende

d i e s e r Diagnose zu

Brustdrüse

für

kiebskrank

zu

erklären

und

auf

Grund

esstirpiren.

Zuweilen verliert sich die Neuralgie der Mamma von selbst, namentlich wenn die Menstruation regelmässig wird. Auf die Regelung dieser letzteren ist daher auch von t h e r a p e u t i s c h e r Seite das meiste Gewicht gelegt worden. Daher empfiehlt man ableitende Fussbäder, Blutegel und Schröpfköpfe an die Oberschenkel, Blutegel an die Portio vaginalis uteri, warme Uterusdouche, Medicamenta emmenagoga, namentlich Eisen. Auch in der Umgegend der leidenden Mamma hat man mit Erfolg Blutegel gesetzt. Jedoch wird vor ihrer häufigen Anwendung mit Recht gewarnt, weil sie die Schwäche und Reizbarkeit der Patientin steigern. Ausserdem kommen narcotische Pflaster und Umschläge (Chloroform) und die innerliche, besonders aber die hypodermatische Anwendung schmerzstillender Mittel in Betracht (vgl. Bd. II. pag. 297). V e l p e au legt grosses Gewicht auf die gehörige Unterstützung der Mamma durch ein gutes Corset, „durch welches allein er manchen Fall von Mastod)nie geheilt hat". Fände man an der Oberfläche der Mamma kleine Neurome, so wäre deren Exstirpation vorzunehmen. In dem mit allgemeiner Syphilis complicirten Falle von

574

Krankheiten der Brustdrüse.

Neuralgin maminae wurde die Heilung beider Uebel von V i d a l durch Anwendung des Kalium jodatum bewirkt, welches sich freilich auch bei manchen anderen Neuralgien zuweilen nützlich erwiesen hat.

F ü n f t e s Capltel. Geschwülste der Brustdrüse. Die Mehrzahl der Neubildungen kommt so häufig in der Brustdrüse vor, dass bei einer Beschreibung derselben fast Alles wiederholt werden könnte, was im Allgemeinen darüber zu sagen war (Bd. I.). Der Grund ihrer Häufigkeit in der Mamma ist wahrscheinlich in der unregelmässigen, oft unterbrochenen oder gar nicht zur Entwickelung kommenden Function dieser Drüse zu suchen, vielleicht auch in ihrer exponirten Lage. Wir ordoeo die Neubildungen entsprechend, in 5 Gruppen.

der Mamma b i e r ,

dem

Vom streng histogenetischen

practisclien

Standpunkte

Bedürfnis können

wir

unterscheiden: I. G e s c h w ü l s t e

der

Bindegenebsgruppe,

wesentlich

aus dem

Binde-

gewebe im Inneren und in der Umgebung der Drüse entspringend: 1) B i n d e g e w e b s hyperlrophie,

2)

Fibrom,

3)

Chondrom,

4)

Osteom,

ä)

Sarcom,

C) M y x o m . II. G e s c h w ü l s t e d e r D r ü s e n s u b s t a n z : Cystenbildung

1) A d e n o m , 2 )

Carcinom.

kann sich mit j e d e r dieser Formen combiniren.

I.

Hypertrophie der Brustdrüse.

Die Hypertrophie kann eine oder beide Brustdrüsen befallen und sich bald auf das eine, bald auf das andere histologische Element der Drüse vorwiegend beziehen. 1) H y p e r t r o p h i e d e s D r ü s e n g e w e b e s entwickelt sich, nach A. C o o p e r , vorzugsweise zwischen dem 30sten und 35stcn Jahre bei alternden Jungfrauen ohne Schmerz und ohne irgend eine anderweitige functionelle Störung. Zuweilen macht sie so schnelle Fortschritte, dass die Brüste bis auf den Bauch oder gar bis auf die Knie hinabhängen. Bei dieser übermässigen Entwickelung büsst die Mamma ihre halbkugelige Gestalt ein u n d wird mehr birnförmig, indem sie durch ihr Gewicht die Haut an ihrer Basis stielartig auszieht; nur bei jugendlichen und kräftigen Personen vermag die Haut diesem Zuge Widerstand zu leisten, so dass die rundliche Gestalt der Brust erhalten bleibt. Mit dem übermässigen Wachsthume zugleich treten meist Menstrualstörungen auf, welche sich zuweilen bis zur vollständigen Suppressio mensium steigern. Gleichzeitig wird die Stimme rauh,

575

Hypertrophie.

namentlich zur Zeit, wo das Wachsthum der Brüste mächtige Fortschritte macht. Höchst selten beschränkt sich diese Hypertrophie auf die eine Brustdrüse, noch seltener folgt auf sie eine anderweitige Degeneration. Zuweilen ist das übrige Wohlbefinden dabei gar nicht gestört, in anderen Fällen, namentlich wenn die Hypertrophie einen bedeutenden Grad erreicht h a t , leidet die Ernährung des ganzen Körpers. Die B e h a n d l u n g hat, ausser durch Exstirpation, bis jetzt wenig ausgerichtet. Angewandt sind: Calomel, Tart. stibiat. in refr. dosi, häufige Abführmittel, Eramenagoga, zertheilende und adstringirende Umschlage und Einreibungen. Mehr wäre vielleicht vom Jod ond andauernder Compression zu erwarten, von der ich ein Mal guten Erfolg sah. V e l p e a u empfiehlt dringend — die Verheirathung. P a r t i e l l e H y p e r t r o p h i e d e s D r ü s e n g e n e b e s (im Bereich einzelner Lappen und Läppchen) kommt sehr selten ohne cystoide Erweiterung der MilchgSnge vor.

2) H y p e r t r o p h i e d e s F e t t g e w e b e s d e r M a m m a , in einem störenden oder gar bedenklichen Grade, ist selten. Erstreckt sie sich auf den gesammten Panniculus adiposus Uber der Mamma, so ist chirurgische Hülfe kaum möglich; eingreifende innere Mittel zu reichen, wäre mindestens unvorsichtig. Ist die Fettanhäufung auf einzelne Stellen beschränkt, so verhalten sich Diagnose und Therapie wie bei dem L i p o m anderer Körpertheile. Auch h i n t e r d e r M a m m a kommen L i p o m e vor. Diese drängen die Brustdrüse, analog den ebenda beobachteten Abscessen (vgl. pag. 5 7 0 ) , vor sich her und heben sie gleichsam vom Thorax ab. Die Exstirpation wird, nach D i e f f e n b a c h , in der Art gemacht, dass mau die Brustdrüse mit einem am unteren Rande geführten halbkreisförmigen Schnitte ablöst und nachher wieder anheilen lässt. 3) H y p e r t r o p h i e d e s B i n d e g e w e b e s d e r Brustdrüse, sog. c h r o n i s c h e G e s c h w ü l s t e d e r M a m m a 1 ) . Diese relativ häufig vorkommende Form der Hypertrophie ist ganz besonders zu beachten, da sie zur Entstehung von Geschwülsten Veranlassung geben kann, welche in vielen Beziehungen dem Scirrhus ähnlich sind, und häufig Verwechselungen bedingt hat. Nach einer Entzündung der Mamma, namentlich wenn sie abscedirt hat, bleiben nicht selten verhärtete und verdickte Stellen zurück, welche aus Narbengewebe bestehen. Zuweilen entwickeln sich solche harte Stellen aber auch auf Grund einer schleichenden Entzündung, die so geringfügige Empfindungen veranlasst, dass die Patientin sie gar nicht beachtet. Entwickelt sich eine solche Härte mit Anschwellung auf einen kleinen Punkt beschränkt, vielleicht sogar mit Atrophie des eigentlichen Drüsen') Simple

chronic

Cruveilbier.

tumor of the braasl, Fibroma

tuberosum

nach A. C o o p e r ,

Corps

fibreux,

s. lobulare, nach V i r c b o w .

nach

576

Krankheiten der Brustdrüse.

g e w e b e s ' ) , so ist die Verwechselung mit Scirrhus leicht möglich, ja die Unterscheidung in manchen Fällen vielleicht sogar zeitweise u n möglich. Störungen des Allgemeinbefindens können bei weit fortgeschrittenem Krebs ebenso gut fehlen, wie bei der partiellen Hypertrophie. Diese Form der Brustdrüsen-Hypertrophie kommt vorzugsweise bei jungen Frauen vor. Die Haut über ihr ist beweglich, und wenn sie durch den Tumor nicht sehr gespannt wird, so lässt sie sich auch von der Brustdrüse ein wenig abheben; ihre Consistenz ist etwas weniger fest, als diejenige des Scirrhus. Bleibt sie nicht in Form eines Knotens auf einen Lappen beschränkt, so erscheint sie deutlich gelappt, und diese Lappung besteht auch bei stärkerer E n t w i c k l u n g weiter fort. Gewöhnlich bleibt eine solche Hypertrophie lange Zeit in unveränderter Grösse bestehen, zuweilen verschwindet sie sogar von selbst wieder; in der Regel ist sie ganz schmerzlos, nur höchst ausnahmsweise hat man stechende oder ziehende Schmerzen darin beobachtet. Hat die Anschwellung sich in Folge eines Abscesses oder doch einer deutlich ausgesprochenen Entzündung entwickelt, so erleichtert dies die Diagnose. Solche harte, glatte Geschwülste, die bald als einzelne Knoten hervorspringen, bald wie eine Kapsel die Drüse umschliessen, haben manchen gegen „Krebs" empfohlenen Mitteln zu grossem Ruf verholfen. Sie sind in der That heilbar und recidiviren niemals, mag man sie durch eine Operation oder durch pharinaceutischc Mittel beseitigt haben. Alles, was Uber die Heilung des Krebses durch Blutegel, zertlieilende Salben, Compression u. dgl. m. berichtet wird, ist auf diese gutartigen Geschwülste zu beziehen. Solche lassen sich nicht ganz selten durch die genannten Mittel, wenngleich oft erst nach langer Zeit beseitigen. Eine gehörige Regelung der Diät und der MenstrualFunctionen ist dabei von Bedeutung. Operationen sind nur in hartnäckigen Fällen erforderlich. Wenn jedoch die Patientin in Betreff der Geschwulst Besorgnisse hegt, durch die Versicherungen des Arztes nicht leruhigt wird, und die Geschwulst eine circumscripte ist, dürfte es zweckmässig sein, die Exstirpation vorzunehmen. Sehr viel sellener kommt Induratio

eine allgemeine

(diffuse) B i n d e g e w e b s

Wucherung,

b e n i g n a , in der Mamma vor, bei welcher unregelmässige Schrumpfungen

d e r eigentlichen Drüsensnbstnnz sich oft in ausgedehntestem Maasse einstellen. Alle diese Bindegewebsnrucberungen in der Mamma scheinen auf chronischer Entzündung zu beruhen oder doch mit einer solchen in innigem Zusammenhange zu stehen. Ganz gewöhnlich

sind sie in

ihren Anfängen auf entzündliche Vorgänge

während der

Lactation zurückzuführen. ') C i r r h o s i s

mammae,

1 8 5 5 , pag. 2 6 ) .

nach

Wernher

(Zeitschrift

für

rationelle

Median,

577

Geschwülste.

II.

Adenama und Cystadensma

mamraae.

An die Hypertrophie der Brustdrüse schliesst sich sehr nahe diejenige Entartung a n , welche auf Neubildung von Drüsenbläsclien ber u h t , die, ohne mit den Drüsencanälen (Milchgängen) in Verbindung zu treten, fort und fort wuchern und eine selbstständige Geschwulst darstellen. Ohne anatomische Untersuchung dürfte eine scharfe Unterscheidung dieser A d e n o m e von der DrUsenhypertrophie nicht möglich sein. Die Therapie kann nur in der Exstirpation bestehen; von dieser aber ist bei der unzweifelhaft gutartigen Natur dieser Geschwülste mit Sicherheit ein radicaler Erfolg zu erwarten. Nicht blos in dem neugebildeten Drüsengcwebe, wie in dem hypertrophischen, sondern auch in dem atrophischen (bei Hypertrophie des Bindegewebes, vgl. pag. 575) können sich Hohlräume entwickeln. In dem eigentlichen Adenom communiciren dieselben niemals mit den Milchcanälen, stellen somit immer Cysten d a r ; aber auch die in der hypertrophischen Drüse durch Abschnürung und entzündliche Obliteration erweiterten Milchcanäle, namentlich die Sinus lactei, können denselben Charakter annehmen. In der Mehrzahl der Fälle sind solche cystoide Bildungen ausgezeichnet durch die E n t w i c k e l u n g p o l y p e n ä h n l i c h e r W u c h e r u n g e n in i h r e m I n n e r n (Cystosarcoma phyllodes, nach J. M ü l l e r ) . Gewöhnlich erstreckt sich diese Entartung nur auf einzelne Theile der Mamma, seltener auf die ganze Drüse, zuweileh aber auch auf beide Brüste. Der verschiedene Grad der Entwickelung dieser Entartung und die Verschiedenheit des theoretischen Standpunktes schiedene Namen verschafft. suchungen

HeinbardV)

hierher die Geschwülste,

der Untersucher

Nach d e n ,

im

übereinstimmenden

haben diesen Geschwülsten ver-

Wesentlichen Arbeiten

von

mit den

welche J. M ü l l e r als C y s t o s a r c o m a ,

cinoma hydatides, B i r k e t t

früheren

H. M e c k e l * ) ,

C h e l i u s als Car-

als varicBse Erweiterung der Milchgänge beschrieben haben,

nebst einer Anzahl derjenigen, welche A. C o o p e r als chronische Geschwulst, als Hypertrophie der Brust bezeichnen. altere Autoren

Untergehören

Lebert

Jeduch ist es wohl sehr wahrscheinlich, dass

unter dem Namen „ C y s t o s a r c o m " auch die malignen S a r c o i n e , in

denen sich Cjstenbildung vorfand (auf welche wir pag. S 8 0 zurückkommen), subsuoiirt haben.

Es ist gewiss empfehlenswert)!, den vieldontigen Namen „ C y s t o s a r c o m " entweder

n u r für Geschwülste der letzteren A r t , z u gebrauchen o l e r ganz zu vermeiden.

Es handelt sich in diesen Fällen neben Hypertrophie des interlobulären Bindegewebes um wahre Wucherung der inneren Oberfläche der Milchcanäle, und es hängt von dem Grade dieser letzteren im Verhältnis zu der im Milchgangc angehäuften Flüssigkeit a b , ob die Geschwulst als H y p e r t r o p h i e , A d e n o m oder als C y s t a d e n o m ' ) Deutsche Klinik, 1 8 5 0 , pag. 1 3 1 . ' ) lllustr. medie. Zeitung, 1 8 5 3 , pag. I i i u. f. B a r d e l e b e n , Chirurgie.

7. Aufl. JI1.

37

578

Krankheiten der Brustdrüse.

bezeichnet werden soll. Dass aber diese Zustände innig mit einander zusammenhängen und mannigfaltig in einander Ubergehen, konnte H. M e c k e l an solchen Brustdrüsen nachweisen, welche Verschiedene Entwickelungsstufen desselben Processes darboten. Der Beginn der Entartung scheint in den Wandungen der Milchcanäle selbst Statt zu finden, so dass diese verdickt werden, demnächst nach Innen und, wenn durch Punction eine kunstliche Oeffnung angelegt wird, auch nach Aussen papillöse Wucherungen ausschicken. Nach der Ansiebt von H. M e c k e l wären sogar alle Fälle sogenannter Hypertrophie der Milchdrüse aus diesem Process abzuleiten. — Für die D i a g n o s e , welche namentlich die Unterscheidung dieser Geschwülste von Krebs und Sarcom im Auge haben muss, sind die oben angegebenen Charaktere von Wichtigkeit, namentlich die gelappte Gestalt, die Tendenz zum Wacbsthum gegen die Oberfläche hin, das Abheben von der übrigen Brustdrüse und die glatte, scharfe Begrenzung gegen die umgebenden Theile. Natürlich bleiben solche Geschwülste auch stets beweglich auf dem Brustmuskel und führen niemals zu Schwellung der Achseldrilsen'). Letztere sowie die Schmerzen können aber auch bei Krebs und Sarcom, namentlich im Beginn des Uebels fehlen. Das Wachsthum des Cystadenoms wird oft von Menstrualstörungen begleitet und hält nicht selten einen vierwöchentlichen Typus inne. Dabei treten dann zuweilen Entzündungs-Erscheinungen (auch Erysipelas) mit lancinirenden Schmerzen in der sonst schmerzlosen Geschwulst auf. — Eine erfolgreiche B e h a n d l u n g wird immer nur in der Exstirpation der erkrankten Theile, bei grosser Ausdehnnng aber der ganzen Mamma bestehen können. Da solche Geschwülste voraussichtlich, wenn auch in längeren Intervallen, immer weiter wachsen, so ist die f r ü h z e i t i g e E n t f e r n u n g zu empfehlen. III.

Cysten.

Ausser den, in anderen Geschwülsten entwickelten, kommen in der Brust auch selbstständige C y s t e n vor, namentlich s e r ö s e , C o l l o i d c y s t e n , m i l c h - (oder butter-) h a l t i g e C y s t e n , E c h i n o c o c c u s b l a s e n , a l t e c h r o n i s c h e A b s c e s s e mit eingedicktem Inhalt, welche atich als „scrophulöse" oder als T u b e r k e l n der Mamma beschrieben sind. Daher kommt es aueb, dass man die tuberculösen Geschwülste der Mamma als gutartig bezeichnet hat.

Wahre Tuberkeln sind in der Mamma noch niebt gefunden.

' ) Bei einem exquisiten Cjstadenoma

mammae fand ich jedoch einmal eine ge-

scliwollene Achseldrüse von erheblicher Grösse.

579

Geschwülste.

Die E n t s t e h u n g der Cysten der Brustdrüse 1 ) kann beruhen: 1. auf der, meist durch entzündliche Vorgänge (zumal während des Wochenbetts) eingeleiteten Ausweitung normaler oder neugebildeter Acini, 2. auf Ausdehnung eines Milchcanales oder eines Sinus lacteus (wie in dem Cystadcnom). Der letztere Fall ist bei Weitem der häufigere. Manchmal kommt es nur zu vereinzelten, in anderen Fällen aber zu sehr zahlreichen Erweiterungen, die dann die ganze Drüse durchsetzen. Der Inhalt solcher Cysten ist Anfangs Milch; aber mit zunehmender Ausweitung und gleichzeitig eintretender Stauung in den secernirenden Bläschen, schwindet der specifische Charakter des Secrets und es findet sich an dessen Stelle eine bald seröse, bald colloide Flüssigkeit, oft gemischt mit den mehr oder weniger veränderten Ueberresten von Blutergüssen in das Innere der Cysten (Haematocystides mammae). Zuweilen werden an einzelnen Stellen die Milchgänge während der Lactation zu grossen Säcken ausgedehnt, welche dann mit Milch gefüllt sind, und denen man den keineswegs passenden Namen G a l a c t o c e l e gegeben hat (vgl. Bd. IV.). Meist verändert 6ich auch in solchen Cysten der Inhalt, zumal unter Hinzutreten von Blutergüssen, zu einer käsigen, oft buntgefärbten Masse. In Betreff der D i a g n o s e und der T h e r a p i e gilt Alles, was Uber Cysten im Allgemeinen, Bd. 1. pag. 452 u. f., gesagt wurde. IV.

FIbrSae, Kuarpel- und

Knachcn-GecchwUIete.

Die Hypertrophie des Bindegewebes in der Brustdrüse (pag. 575) kann in Form einzelner harter Knoten auftreten, welche die Drüse selbst verdrängen, und wird dann ziemlich allgemein als F i b r o m bezeichnet. Eine scharfe Grenze zwischen diesem und der gedachten Hypertrophie ist nicht zu ziehen. Solche Geschwülste sind gutartig. In vereinzelten Fällen jedoch sah man in der Brustdrüse Geschwülste, welche ihrer Structur und chemischen Zusammensetzung nach F i b r o m e waren, einen bösartigen Verlauf, nehmen, namentlich ulceriren und nach der Exstirpation sowohl an Ort und Stelle, als auch in der Lunge (mit der Structur der Fibrome) recidiviren'). C h o n d r o m e sind in der Mamma höchst selten; in einzelnen Fällen setzte ein Chondrom der Bippen sich in die Mamma fort. In Betreff der Diagnose vgl. Bd. 1. pag. 399. A. C o o p e r exstirpirte eine „Knorpelgeschwulst" 11 Jahre Dach ihrem Erscheinen and fand bei der anatomischen

Untersuchung,

dass

sie grösstentheils a u s

>) Vgl. V e l p e a a , 1. c , pag. 3 3 4 u. f., F ö r s t e r , I. c . , pag. 4 7 8 n. f . , Geschwülste, I. pag. 2 8 3 u. f. ' ) Vgl. P a g e t , Surgical Pathology II. pag. 1 5 1 .

37*

Knorpel

Virchow,

580

Krankheiten der Brustdrüse.

bestand, wie e r sieb in noch nicht verknöcherten Knochen vorfindet, w a h r e n d an einzelnen Stellen Verknöcherung eingetreten war.

Diese Geschwulst war der Sitz heftiger

Schmerzen, welche sich während der Menstruation beträchtlich steigerten; auch empfand die Kranke in der die Geschwulst bedeckenden Haut e i n e ' u n a n g r n e h n i e Hitze, so dass sie fortdauernd kalte Compressen darauf legte.

K n ö c h e r n e G e s c h w U l s t c der Mamma können durch Verknöcherung von Chondromen entstehen; vielleicht sind auch verknöcherte K r e b s - G e r ü s t e oder gar verkalkte Abscess- und CystenW a n d u n g e n als „KnochengeschwUlste" bezeichnet worden. V.

Krebs and Sarcani.

Unter allen Gcschwillsten der Brustdrüse ist der K r e b s am Häufigsten, und in keinem Organ ist das primäre Carcinotn häufiger, als gerade in der B r u s t d r ü s e ' ) . Die beiden F o r m e n , unter denen diese Neubildung gewöhnlich in der Brustdrüse auftritt, sind der S c i r r h u s und der Z e l l e n k r e b s , welche hier gerade alle die charakteristischen Eigenschaften, wie sie Bd. I. pag. 4 9 8 u. f. geschildert worden s i n d , am Deutlichsten zeigen, dennoch aber auch hier nicht immer scharf von einander g e t r e n n t , sondern häufig mit einander combinirt oder in einander übergehend auftreten. — C o l l o i d - , E p i t h e l i a l - u n d m e l a n o t i s c h e r K r e b s der Mamma sind sehr selten. Auch ächte S a r c o m e und M y x o m e kommen selten in der Mamma v o r , jedoch häufiger als man bisher a n n a h m , da die früher als „ B ü n d e l k r e b s " gedeuteten Fälle hierher gehören. Vgl. Bd. I. pag. 561. Sie sind durch ihr schnelleres Wachsthum, ihr Vorkommen bei jugendlichen Individuen u n d ihre relativ weichere Consistenz ausgezeichnet. Auch kommt in ihnen, ähnlich wie in Adenomen der Mamma, Cystenbildung vor. Die Cysten entwickeln sich auch hier aus Erweiterungen der Milchgänge, welche in Gestalt von Spalten u n d Höhlen übrig bleiben, während die Drüsensubstanz unter dem Druck der schnell wachsenden Geschwulstmassen zu Grunde gebt ( B i l l r o t h ) . In diese Hohlräume kann dann auch Geschwulstinasse polypenartig oder dendritisch hineiuwuchern, so dass Gebilde entstehen, welche von den pag. 577 u. f. geschilderten Cystadenomen mit blossem Auge gar nicht zu unterscheiden sein können. Die w u c h e r n d e Masse ist dort Drüsensubstanz, hier Sarcom- oder Myxom-Gewebe. Die D i a g n o s e d e s B r u s t k r e b s e s stützt sich zwar wesentlich auf die Uber die Diagnose des Krebses im Allgemeinen gemachten A n g a b e n ; jedoch sind einige P u n k t e hier besonders zu erläutern. ' ) Nach meinen eigenen Erfahrungen, welche sich auf mehr als 5 0 0 Fälle beziehen, möchte ich das Verhältnis* der gutartigen zu den bösartigen Geschwülsten der Mamma auf 5 Procent anschlagen.

Geschwülste.

581

1) Die c h a r a k t e r i s t i s c h e n , sogen, l a n c i n i r e n d e n S c b m - e r zen fehlen beim Brustkrebs nicht ganz selten. Andererseits kommen, obgleich selten, gutartige Geschwülste vor, in denen heftige Schmerzen empfunden werden 1 ). 2) Die A n s c h w e l l u n g d e r A c h s e l d r ü s e n ist eins der constantesten Symptome des Brustkrebses. Selten finden sich, zumal bei etwas vorgerücktem Carcinom, gar keine Drüsenschwellungen. Zuweilen findet man die Achselhöhle frei, dagegen die Lymphdrüsen der Supraclavicular- Gegend angeschwollen. Häufig genug schwellen die Achseldrüsen freilich an, ohne dass ein Carcinom der Mamma, ja sogar, ohne dass überhaupt eine Geschwulst der Mamma besteht. In solchen Fällen werden aber diagnostische Zweifel niemals aufsteigen können, weil die Erklärung für die Schwellung der Lymphdrüsen in den anderweitig bestehenden Krankheitszuständen der Mamma selbst (Mastitis) oder des Thorax und der oberen Extremität leicht gefunden wird. Lässt sich eine solche nicht finden, und besteht in der Mamma eine Geschwulst zweifelhafter Natur, so weisen die angeschwollenen Achseldrüsen entschieden darauf hin, dass diese krebsig sei. 3 ) Die Uberwiegende H ä u f i g k e i t des Krebses in der Brustdrüse erweckt bei jeder zweifelhaften Geschwulst in diesem Organe das Vorurtheil, es sei Krebs. Lässt sich nicht beweisen, dass die Geschwulst kein Krebs sei, so ist man auf Grund dieser Wahrscheinlichkeitsrechnung berechtigt, sie fllr krebsig zu erklären. 4) E r b l i c h k e i t . Sind in der Familie der Leidenden, namentlich bei den Eltern oder Grosseltern (genau erweislich) Fälle von Krebs vorgekommen, so wird dadurch die krebsige Natur einer zweifelhaften Geschwulst der Brustdrüse höchst wahrscheinlich. 5) D a s R e c i d i v der Geschwulst nach operativer Entfernung derselben, sei es an Ort und Stelle oder in einem anderen Organe (den Lymphdrüsen der Achselhöhle, im Uterus u. s. f.), klärt die krebsige Natur einer zweifelhaften Geschwulst auf. Einer solchen Beweisführung n a c h d e r E x s t i r p a t i o n einer Geschwulst wird man freilich seilen bedürfen, da die Diagnose durch anatomische Untersuchung festgestellt werden kann (vgl. Bd. 1. pag. 371). — Von gleichem Werth mit dem Reeidiv ist das Auftreten s e c u n d ä r e r Krebse. 6) Eine Neubildung, welche sich in beiden Brüsten z u g l e i c h und g l e i c h m S s s i g entwickelt, ist mit Wahrscheinlichkeit als gutartig zu deuten. Auch nach einander werden b e i d e Brustdrüsen selten von Krebs befallen; jedoch kenne ich selbst acht Fälle der Art. Findet ' ) Vgl. p a g . 5 7 2

D. flgd.

582

Krankheiten der Brustdrüse.

Bich hingegen neben einer Brustdrüsengeschwulst eine verdächtige Erkrankung des Uterus oder ein zweifelhafter Knochentumor, so steigert sich die Wahrscheinlichkeit der krebsigen Natur bedeutend. Zur « e i t e r e n E r l ä u t e r u n g d e r D i a g n o s e stellen wir diejenigen Geschwülste zusammen,

welche mit Brustkrebs verwechselt werden

Diagnostic

différentiel

des

tumeurs

des

können.

mamelles.

Thèse

vVgl.

de

Aug.

Bérard,

concours.

1842;

V e l p e a u , I. c.) 1) Z u r

Zeit

der

Menstruation,

namentlich

wenn

eine Störung

derselben

eintritt, und im Beginne der Schwangerschaft schwillt nicht selten die eine Brust etwas stärker an, als die andere und wird schmerzhaft. Hirte,

Zuweilen entwickelt sich a u c h einige

die durch oft wiederholte Untersuchung z u n i m m t ;

sich selbst überlassen, ver-

schwindet sie in den nächsten Wochen und kehrt zur Zeit der nächsten Menstruation keineswegs immer wieder;

jedenfalls ist sie nicht

weiter. — Bei G i c h t k r a n k e n drüse,

bleibend

und w i c h s t nicht stetig

entstehen nicht gauz selten harte Knoten in der Brust-

welche mit einer Schwellung oder Schmerzhaftigkeit

der Gelenke

alternirend

auftreten und verschwinden. 2 ) Die „ i r r i t a b l e

Geschwulst"

C o o p e r ' s (vgl. pag. 5 7 2 ) könnte wegen der

Schmerzen zur Annahme eines Scirrhus Jahre lang s t a t i o n ä r , finden

verleiten.

treten gewöhnlich

sich bei jugendlichen

Solche Geschwülste bleiben

an mehreren Stellen

Individuen und

bei übrigens

der Brust zugleich

aber auf,

ungestörtem Wohlbefinden

und sind niemals von Schwellung der Achseldrüsen hegleitet. 3 ) Die H y p e r t r o p h i e

d e r B r u s t d r ü s e (vgl. pag. 5 7 4 )

tritt bei jugendlichen

Individuen auf, ist deutlich gelappt, lasst sich nicht blos unter der Haut verschieben, sondern auch von der übrigen Drüse a b h e b e n , macht zuweilen Bückschritte in ihrer Entwickelung und kann sogar ganzlich verschwinden. 4 ) Die im A d e n o m a m a m m a e oft vorwiegend entwickelten, ebenso wie isolirt auftretende C y s t e n werden, n e n n sie oberflächlich genug liegen, an der erkannt.

Letztere

findet

sich auch

Fluctuation

im Cystocarcinom ; a b e r , wenn die Cysten eines

Krebses sich zu bedeutender Grösse entwickelt h a b e n , charakteristischen Symptome des Krebses niemals.

dann fehlen auch die übrigen

Das Gewebe des „ M a r k s c h w a m m e s "

k a n n , ohne Hohlräume zu enthalten, ein täuschendes Gefühl der Fluctuation gewähren; an der Mpmma jedoch n u r d a n n , oder wenn

die ganze Brust

wenn ein einzelner Knoten sehr oberflächlich liegt,

eine grosse Fungtismasse

darstellt.

In beiden Fallen ist

die Diagnose anderweitig gesichert. 5) Die V e r ä n d e r u n g e n ,

welche die Mamma im h ö h e r e n Alter erfährt, indem

sie schrumpft, hart und höckerig wird, könnten zur Annahme eines Krebses verleiten, wenn m a n sich

bei der Untersuchung

beide in gleicher Weise v e r ä n d e r t , nnd

gleichmässige Entwickelung

der e i n e n . . B r u s t d r ü s e begnügte.

Findet man

so ist die Sache damit erledigt, denn gleichzeitige

von Krebsknoten in beiden Brustdrüsen ist

unerhört.

Schwierigkeiten könnten entstehen, wenn durch einen Bildungsfebler oder in Folge einer früheren Operation die eine Mamma fehlte. Aber auch dann würde die Gleichmassigkeit der H i r t « und ihre Verbreitung auf alle Lappen der Drüse die senile Atrophie erkennen lassen. 6 ) N a r b e n in der Tiefe der Mamma, welche nach einer Eiterung zurückgeblieben sind, oder V e r b a r t u n g e n , den,

d i e d u r c h c h r o n i s c h e E n t z ü n d u n g veranlasst wer-

könnten möglicher Weise täuschen.

Wichtigkeit.

Hier ist eine genaue Anamnese von grosser

Fehlen deutliche Entzündungserscheinungen (bei chronischem Verlauf), so

ist eine Verwechselung mit Krebs möglich.

Vgl. pag. 5 7 6 .

583

Geschwülste. 7 ) Die berühmtesten I r r t h ü m e r werden in Betreff der c h r o n i s c h e n erzählt.

Indem

man sie für Krebsgeschwülste h i e l t ,

Brustdrüse exstirpirt.

bat m a n sogar

Abseesse

ihretwegen die

Genaue Untersuchung d e r Entstehungsgeschichte und sorgfältige

Erforschung d e r , vielleicht n n r ganz tief f ü h l b a r e n ,

Fluctuation sichern die Diagnose.

Bleibt noch ein Zweifel, so bat man eine Probe-Punction zu machen.

Fälle, in denen

erst der Probe-Troicart die Entscheidung geliefert h a t , sind in grösserer Zahl bekannt. 8 ) Keineswegs selten kommt selbst bestätigen

kann),

höchst unerhebliche Abweichungen glaoben.

es vor (wie V e l p e a u ,

dass F r a u e n ,

I. c . ,

versichert,

und

ich

welche in ihrer Mamma gar keine oder doch

»on der Norm d a r b i e t e n , am Brustkrebs zu leiden

Dies beobachtet man besonders bei S o l c h e n ,

ihrer Bekanntschaft oder durch Mittheilungen

denen

durch Erlebnisse in

ähnlicher Leidensgeschichten Besorgniss

eingeflösst worden ist.

Behandlung der Geschwülste der Bra«tdrtt«e.

Die B e h a n d l u n g kann nur bei den gutartigen Gcschwtllsten auf einen sicheren und dauernden Erfolg rechnen. Gegen diese erweisen sich alle die „gegen den Brustkrebs" empfohlenen Mittel in der That oft wirksam; so namentlich topische Blutentziehungen, zertheilende Salben und Jod. Aber man kommt selbst bei den gutartigsten Geschwülsten der Brust mit pharniaceutischen Mitteln bei Weitem nicht immer aus, und gegen den Krebs sind sie ganz machtlos. Zuweilen gewinnt es den Anschein, als würde selbst eine entschieden krebsige Geschwulst unter Anwendung der Hungerkur, des Arsen, des Jod, des Brom etc. wirklich rückgängig. Dies beruht, abgesehen von den falschen Diagnosen, auf Täuschung: das Fettgewebe schwindet unter der eingeleiteten Behandlung, und dadurch erscheint der Krebsknoten kleiner. Setzt man den Gebrauch eingreifender, schwächender Mittel oder eine sogenannte Hungerkur längere Zeit fort, so schadet man dem Kranken, statt ihm zu nützen. Mit dem Sinken der Kräfte schreitet das Wachsthum des Krebses nur desto riesiger fort. Die c h i r u r g i s c h e n M i t t e l , auf welche man gewöhnlich allein oder doch vorzugsweise angewiesen ist, sind: I. die andauernde Compression; 11. die Zerstörung oder Entfernung entweder a) der Geschwulst allein oder A) der ganzen Brust. Die C o m p r e s s i o n , namentlich von R l c a m i e r und L i s f r a n c auch zur Heilung des Krebses empfohlen, kann hier wie an anderen Körpertheilen die Resorption in infiltrirten Theilen, namentlich also die Heilung von Härten, welche nach Entzündungen zurückgeblieben sind, vielleicht auch diejenige der DrUsenhypertrophie begünstigen; gegen andere Tumoren vermag sie durchaus nichts. Die l o c a l e Z e r s t ö r u n g oder E n t f e r n u n g führt bei g u t a r t i g e n Geschwülsten sicher zum Ziele, während beim Krebs auch die radicalste mit Messer und Feuer die Möglichkeit des Recidivs nicht

584

Krankheiten der Brustdrüse.

ausschliesst. Gutartige Geschwülste der Brust können, wenn sie sich nicht auf einen allzu grossen Theil des Organs erstrecken, mit Schonung der übrigen Drüse exstirpirt werden. Cysten hat man wiederholt auch durch blosse Spaltung mit nachfolgendem Einlegen von Charpie, auch durch Injection von Jodtinctur zum Verschluss gebracht. Jedoch führt die Exstirpation auch bei diesen sicherer und meist ebenso schnell zum Ziele. Beim K r e b s d e r B r u s t d r ü s e tritt uns vor Allem die Frage entgegen: s o l l ü b e r h a u p t o p e r i r t w e r d e n , o d e r n i c h t ? Es giebt Fälle, in denen operirt werden m u s s . Wenn aus einem aufgebrochenen Carcinoma mammac Blutungen bis zu lebensgefährlicher Erschöpfung eintreten, so giebt es kein anderes Mittel, sie s i c h e r zu stillen, als die Exstirpation der Brustdrüse. Man hat in solchen Fällen oft die Freude, die Patienten noch für eine Reihe von Jahren zum vollen Wohlbefinden und in ihre alte Thätigkeit zurückkehren zu sehen, während sie ohne die Operation höchstens noch Wochen zu leben gehabt hätten. In der Mehrzahl der Fälle liegt eine solche dringliche Indicatiou nicht vor; es sind dann bei der Abwägung des Für und Wider die bereits Bd. I. pag. 495 u. f. aufgestellten Gesichtspunkte maassgebend. Die Heftigkeit der Schmerzen und die Massenhaftigkeit des jauchigen Secrcls, welches den Collapsus beschleunigt und durch seinen Gestank den Kranken das Leben fast unerträglich macht, sind unter den indicircnden Momenten oft besonders zu erwägen. In Betreff der grösseren Wahrscheinlichkeit eines baldigen Recidivs und somit der besseren oder schlechteren Prognose, welche man der Operation stellen k a n n , sind folgende Verhältnisse von Wichtigkeit. Ist die Kranke j u n g , die Menstruation regelmässig, die Entwickelung des Krebses von einer äusseren Veranlassung abzuleiten (?), in der Familie der Kranken der Krebs nicht erblich, die Grösse der Geschwulst nicht übermässig (wobei nicht zu vergessen, dass Krebsgeschwülste in der Regel nicht sehr gross sind), die Geschwulst in der Tiefe nicht fest geheftet, keine Schwellung der Achseldrüsen, das Fettgewebe in der Umgebung der Brust nicht übermässig entwickelt; so sind die Aussichten günstig. Aber keineswegs lässt sich auf diesem schwankenden Gebiete behaupten, dass unter den vorgenannten Bedingungen das Recidiv gänzlich oder auch n u r lange Zeit ausbleiben müsse, und ebenso irrig wäre es zu glauben, dass unter den gegentheiligen Verhältnissen die Operation niemals einen günstigen Erfolg haben könnte. Eine F r a u , mit einer alten grossen Krebsgeschwulst in der Mamma, welche sich den klimakterischen Jahren nähert und bereits an Menstrual-Störungen leidet, kann man nur mit sehr geringer Aussicht auf

Geschwülste. —

585

Operation.

einen langer dauernden Erfolg operiren, namentlich nicht, wenn ausser der Brust auch die Achseldrüscn schon ergriffen sind und erstere ulcerirt ist. Jede dieser Bedingungen f ü r s i c h genommen, schliesst die Operation nicht aus, ebensowenig wie die steinharte Beschaffenheit, die Abflachung der Mamma, die Einziehung der Brustwarze, die Erblichkeit des Uebcls. Sehr bedeutende Anschwellung der Achseldrllsen, so dass ihre Exstirpation die grossen Gefässe gefährden würde, ist f ü r Viele ein G r u n d , die Operation nicht zu unternehmen; aber in manchem Falle musste man mit dem Messer bis dicht an's Schultergelenk vordringen und die AxillargefSsse blosslegen, sogar die Arteria axillaris unterbinden, um alle erkrankten Drüsen zu entfernen, — und doch liess das Recidiv vier* Jahre und länger auf sich warten. S c . h u h u. A. waren der Ansirbt, dass man die geschwollenen Lymphdrüsen immer

für krebskrank

zu h a l t e n ,

sondern

nicht

die Resorption des in ihnen abgelagerten

„indifferenten Blastems" zu erwarten h a b e , wenn nur die Krebsgeschwulst selbst entfernt werde.

Kalle der Art dürften s e h r s e l t e n sein.

Unter m e h r als 4 0 0 Opera-

tionen Ton Carcinoma maminae habe ich n u r e i n m a l eine solche Beobachtung machen können,

in welcher es »ich übrigens nicht um die Achseldrüsen (die mit der Mamma

zoglcich « s t i r p i r t wurden), sondern uin einige haselnussgrosge Lymphdrüsen der Regio mpraclaviculari» handelte.

Ist der Krebs aufgebrochen, so wollen Viele gar nicht mehr operiren; Andere haben, wie auch Vf., in solchen Fällen noch glückliche Erfolge, d. h. jahrelanges Ausbleiben der Recidive, beobachtet. Der Aufbruch an sich ist jedenfalls kein Grund gegen die Operation. Gerade bei aufgebrochenem Krebs kann eine dringende Indication zum Operiren durch

die B l u t u n g

gegeben

werden

(vgl. pag. 5 8 4 ) .

Ich

habe vier Fälle der Art

aufzuweisen, in denen die Operation geradezu lebensreitend w a r , und Recidive J a h r e lang ausblieben.

Als einen Grund gegen die Operation betrachtet man das gleichzeitige Bestehen mehrerer Krebsgeschwülste an demselben Individuum. Hier sind nicht die Anschwellungen der regionären Lymphdrüsen gemeint, von denen bereits die Rede war, sondern die, in verschiedenen, nicht durch die Lymphgefässe mit einander in Verbindung gesetzten Organen, gleichzeitig auftretenden Krebsgeschwülste. Mindestens ist unter solchen Verhältnissen die Prognose viel schlechter, als wenn blos e i n e Geschwulst besteht. Festheflungen der Geschwulst, sei es an der Haut oder an dem Brustinuskel, machen die Prognose beträchtlich ungünstiger. Namentlich steigt die sonst nicht hoch anzuschlagende Gefahr der Operation erheblich, wenn die Ausbreitung des Krebses in der Tiefe bis zu den Rippen vorzudringen oder gar diese mit zu entfernen nöthigt. Ueber die Verwachsung des Carcinoms mit den Rippen belehrt die absolute Unbeweglichkeit der Geschwulst. Um über die V e r w a c h s u n g m i t

586

Krankheiten der Brustdrüse.

d e m P e c t o r a l i s m a j o r zu entscheiden, lässt man die Patientin den Arm erheben und dann, während ein GehUlfe den erforderlichen Widerstand leistet, an den Leib ziehen. Ist auf solche Weise der Pectoralis gespannt, so wird die Geschwulst, wenn sie mit ihm verwachsen ist, sich nicht verschieben lassen. Die Mortalität schlagen. drüsen

nach

d e r Eistirpatio m a m m a e

Bringt man die Fälle in R e c h n u n g ,

ist höchstens

auf

1 zu 6

anzu-

wo die Mamma a l l e i n (ohne Achsel-

und ohne Stücke de6 Pectoralis major) entfernt wurde, so ist das Verhältnis«

noch günstiger.

Die ü b e l e n

Zufälle,

welche den Tod zur Folge haben kSnnen,

s i n d : Phlegmone diffusa, E r y s i p e l s , Pjfämie, Pleuritis, acute Krebsablagerung in inneren Organen.

Manche sogenannte

Pleuritis mag richtiger

als acute

Krebsablageruug

in

den Lungen und der Pleura zu deuten sein.

Im Allgemeinen müssen wir immer wieder darauf zurückkommen: d a s R e c i d i v i s t d i e R e g e l , dauernde Heilung oder auch nur Heilung auf 5 — 1 0 Jahre sind Ausnahmen. Bei der Frage über das Recidiv des Brustkrebses

müssen alle diejenigen Fälle

ausgeschieden werden, in denen nicht die ganze Mamma entfernt wurde, oder in denen man geschwollene Achseldrüsen, in der Hoffnung sie seien nicht krebsig, zurückgelassen bat.

In

solchen Fällen

Entwickelung

handelt

es sich

nicht um ein Recidiv, sondern

der bereits bestehenden L o c a l - E r k r a n k u n g .

Aber

auch

um weitere

mit Ausschluss

dieser Falle ist die Zahl der Recidive nicht viel geringer als die Zahl der Operationen. — Man bat auf statistischem Wege das Verhältoiss der Recidive festzustellen gesucht; dadurch sind, wie das oft geschieht, von verschiedenen Beobachtern ganz entgegengesetzte Resultate erlangt worden.

S o b e h a u p t e t M o n r o , dass von 6 0 Patienten, die er opeiirte,

n u r 4 Recidive gehabt h ä t t e n , während M a c F a r l a n e 3 0 von ihm selbst und 8 5 von befreundeten Aerzten ausgeführte Operationen zusammenstellt, unter denen keine einzige d a u e r n d e Heilung bewirkte.

V e l p e a n f ü h r t (I. c.) 185 Fälle auf, in welchen er

operirte, und d a r u n t e r 7, in denen nach Verlauf von 5 bis 2 0 Jahren noch kein Recidiv aufgetreten war.

Mit Recht macht a b e r V e l p e a u

darauf a u f m e r k s a m , dass man

die meisten Operirten aus dem Gesiebt verliert, und dass in Betreff derjenigen, von welchen

m a n später nichts m e h r e r f ä h r t , ebensowenig angenommen werden d a r f , aie

seien dem Recidiv verfallen, als, sie seien radical geheilt worden.

Von manchen Seiten ist behauptet worden, dass die nach Exstirpation der Mamma auftretenden Krebsrecidive im Allgemeinen einen schnelleren Verlauf hätten und somit schneller zum Tode führten, als das ursprüngliche Uebel es gelhan haben würde, wenu man nicht operirl hätte. Die Resultate sind in dieser Beziehung verschieden, je nachdem man wegen eines' weichen Krebses oder wegen eines Scirrhus operirt. Im ersteren Falle treten die Recidive häufig schon auf, bevor noch die Operationswunde vernarbt ist. Im zweiten dauert es in der Regel längere Zeit; es zeigt sich sogar eine Verschiedenheit, je nach dem Entwickelungsstadium, auf dem der Scirrhus sich befand; das Recidiv folgt später nach Exstirpation eines erst seit Kurzem bestehenden Krebsknotens, früher, wenn bereits Erweichung eingetreten war.

Eistirpation der Brustdrüse.

587

Somit ist es wahrscheinlich, dass die Recidive ungefähr nach ebenso langer Zeit auftreten, als erforderlich gewesen w ä r e , um auch ohne Intercurrenz der Operation secundäre Krebse zur Entwickelung kommen zu lassen. Endlich zeigt sich auch in Bezug auf die Localität des Recidivs eine gewisse Differenz. Nach der Qperation eines Scirrhus kehrt das Uebel am Häufigsten an derselben Stelle, d. h. also in der Narbe wieder. Dagegen sind nach Entfernung eines Zellenkrebses die Recidive häufiger in der Achselhöhle, in der anderen B r u s t ' ) oder in anderen Organen. — Uebrigens sind alle diese Bemerkungen um so weniger streng aufzufassen, als bekanntlich diese beiden Arten des Krebses vielfach in einander übergehen, so dass nicht blos auf den Scirrhus ganz gewöhnlich Zellenkrebs als Recidiv (namentlich in den Achseldrüsen) folgt, sondern auch zum ursprünglichen Scirrhus sich häufig weiche Knoten hinzugesellen, und in manchen Fällen von Brustkrebs endlich sich gar nicht entscheiden lässt, ob die Geschwulst mehr auf diesen oder jenen Namen Anspruch habe. Kann oder soll eine operative Behandlung beim Brustkrebs nicht stattfinden, so muss man einer Seits die Kräfte der Kranken unterstützen, anderer Seits die Geschwulst in einem möglichst reizlosen Zustande zu erhalten suchen, endlich gegen die Schinerzen, so wie gegen die Beschwerden und Gefahren der Verjauchung die entsprechende symptomatische Behandlung einleiten. Verfahren bei der Exetlrpatlon der

BrnatdrUte.

Die sichelförmigen Messer und Klemmen, mit denen man früher die Brustdrüse amputirte, und die zum Festhalten des abzuschneidenden Organs angegebenen Gabeln sind längst einer verdienten Vergessenheit verfallen. Man sucht die A m p u t a t i o n der Brustdrüse in der Weise, wie sie frjihör verrichtet wurde, überhaupt zu vermeiden. Statt ihrer wird die E x s t i r p a t i o n ausgeführt, bei welcher man die zur Deckung der Wunde erforderliche Haut zu schonen sucht, während man bei der Amputation die erkrankte Brust sammt der sie bedeckenden Haut mit ein oder zwei grossen Zügen an ihrer Basis abtrug. Die Patientin befindet sich am Besten in der Rückenlage. Diese ist sowohl für die Anwendung des Chloroforms, als auch für die Ausführung der Operation bequemer, als die sitzende Stellung. Der Arm der kranken Seite wird emporgehoben und festgehalten, die Haut theils durch die linke Hand des Operateurs, theils durch einen Gehülfen gespannt, welcher letztere zugleich mit der Compression ') V e l p e s u

f ü h r t unter 1 8 5 F a l l e n - n u r 3 Recidive in der anderen Brust auf.

588

Krankheilen der Brustdrüse.

der während der Operation spritzenden Gefässe beauftragt wird. Die Richtung der beiden Schnitte, mit denen man die Warze umgeht, ist schräg, ungefähr der Richtung des unteren Randes des Pectoralis major entsprechend. Der eine Wundwinkel ist nach Innen und Unten gerichtet, der andere gegen die Achselhöhle hin, so dass man von diesem letzteren aus die Wunde durch einen einfachen Schnitt leicht erweitern k a n n , um geschwollene AchseldrUsen zu entfernen. Die Grösse des Ovals, welches von den beiden Hautschnitten eingeschlossen wird, und somit die Grösse des zu entfernenden HautstUcks, ist einer Seits abhängig von der Ausdehnung der Erkrankung (der Verwachsungen mit) der Haut selbst, anderer Seits von der Grösse der Geschwulst. Bei aufgebrochenen Carcinomen ist tnan genöthigt, ein sehr grosses Stück der bedeckenden Haut zu entfernen, wenn man auch noch so sehr wünscht, wenigstens einen Theil erhalten zu können, um die Möglichkeit der ersten Vereinigung herbeizufuhren; bei sehr grossen Geschwülsten dagegen inuss man oft ein Stück der gesunden Haut absichtlich fortschneiden, uiu eine genaue Vereinigung bewirken zu können. Die beiden Incisionen können bis durch den Panniculus adiposus mit einem Zuge geführt weiden, die untere zuerst, da man durch das ausströmende Blut gestört werden würde, wenn man sie n a c h der oberen machen wollte. Diese Vorschrift b a t , wenn man die Kranke liegen läsal, eine geringere Bedeutung, als bei der Trüber üblichen, sitzenden Stellung.

Ganz obsolet ist die Hegel, data m a n

die Schnitte immer von der AcbaelhöUe aus beginnen aolle; bei der Exstirpation ¿ e r linken Mamma würde dies f ü r die Mei8ten sehr u n b e q u e m sein.

Wurden die elliptischen Hautschnitte nahe an der Grenze der Mamma geführt, so kann man letztere gleich darauf mit einer Hakenzange hervorziehen und demnächst mit grossen Zügen vom Pectoralis major ablösen. Lässt sich dagegen ein grösseres Hautstück schonen und wurden daher die beiden Incisionen näher aneinander gerUckt, so inuss man zunächst die zu erhaltende Haut sammt dem Panniculus über der Brustdrüse ablösen, wobei man die Mamma nach der entgegengesetzten Seite ziehen lässt, die Haut aber mit den Fingern oder mit einer (nicht quetschenden) Hakenpincette spannt und emporhebt. Ist auf diese Weise der Rand der Drüse rings herum frei geworden, so geschieht die Ablösung der Mamma in der vorhin bezeichneten Weise. Dieser Theil der Operation bietet, wenn das Carcinom an der hinteren Fläche der Mamma begrenzt ist, keine Schwierigkeiten d a r ; die Blutung wird durch Fingerdruck oder durch das Aufsetzen von Klemmpincetten provisorisch gestillt; nur wenn ein geübter GehUlfe fehlt oder die Blutung mit allzugrosser Heftigkeit auftritt, muss man

589

Eistirpatjon drr Brustdrüse.

die Operation unterbrechen und erst die Unterbindung der blutenden Gefässe vornehmen.

Hat der Krebs sich

aber Uber die

Brustdrüse

hinaus nach Hinten entwickelt, so kann die Ausschälung der erkraukten Gewebe aus den gesunden Alsdann

zu den

schwierigeren Aurgaben gehören.

handelt es sich um eine dem Messer

gleichsam Schritt itlr

Schritt vorausgehende und anderer Seils seine Thätigkeit auch wieder controlirende, minutiöse Diagnose.

Nicht blos die beim ZufUhlcn mit

dem Zeigefinger an ihrer härteren Consislenz leicht zu erkennenden grösseren Krebsmassen und Krebsknoten müssen sorgfältig ausgeschält w e r d e n , sondern auch die kleinen, oft kaum die Grösse einer E r b s e erreichenden Knötchen, die im Bindegewebe und zwischen den Muskelfasern eingesprengt angetroffen werden.

In solchen Fällen wünschte

man mit der einen Hand das Messer und mit der anderen das Mikroskop handhaben

zu k ö n n e n , um fUr die Ausdehnung

sichere diagnostische Basis zu gewinnen. kann

man

unbedenklich

der Operation

eine

Stücke des Pectoralis m a j o r

ausschneiden; j a man

hat keinen

Anstand

genommen, den ganzen Muskel fortzuschneiden und die Rippen nicht allein blosszulegcn und abzuschaben, sondern in grosser Ausdehnung wegzunehmen,

um das Carcinom radical zu entfernen.

hat sogar einmal das Herz blossgelcgt. die Nothwcndigkeit

einer so weit greifenden

lassen,

namentlich

also in allen den

Mamma

den Rippen

unbeweglich

Richerand

Man würde in Fällen, welche Operation

F ä l l e n , wo die

voraussehen carcinomatöse

fest aufgelöthet ist, gewiss

besser

j e d e s operativen Eingriffs sich enthalten. Beim Carcinom der Mamma sich mit dem Ausschneiden des erkrankten Theils der

Drüse zu begnügen,

ist nicht empfehlenswerth.

Die Heilung der W u n d e erfolgt nicht schneller, und die Aussicht auf ein baldiges Recidiv ist grösser. Nach Beendigung der Operation werden alle vorher comprimirten oder noch blutenden Gefiisse sorgfältig unterbunden.

Wenn die Haut-

ränder sich ohne Spannung an einander legen lassen, so hat man die Vereinigung

durch

Nähte

zu

machen.

Gewöhnlich

gelingt

Prima

intentio nicht in der ganzen Ausdehnung, aber doch in einem grossen Theile der W u n d e .

Immer muss m a n ,

Arms eintretenden Zerrungen

um die bei Bewegungen des

der Wunde zu verhüten,

die

entspre-

chende obere Extremität (unbekleidet) in halbgebeugter Stellung mittelst eines grossen der Vorderarm kommen.

Tuches

(Mitella) am Rumpfe befestigen,

und die Hand quer über

die Herzgrube

so dass

zu liegen

Die Operirten selbst merken recht wohl, wenn es Zeit ist,

dem Arme wieder einige Bewegungen zu gestatten. Operation

und Verband

müssen

mit allen

Cautelen

der a n t i -

590

Krankheiten der ßrastdriise.

s e p t i s c h e n M e t h o d e ausgeführt werden. Die Heilung gelingt dann in der Regel ohne Fieber, ohne Schmerz, ganz, oder doch fast ganz ohne Eiterung. War der Hautverlust zu bedeutend, um die Wundränder ohne Zerrung zu vereinigen, so kann man entweder durch eine plastische Operation die Lücke auszufüllen suchen, oder die Wunde offen lassen. Von der Transplantation eines breit gestielten Lappens oder der Hautverschiebung (vgl. Bd. I. pag. 748 u.f.) erwarteten Manche einen günstigen Einfluss auf die Verhütung des Recidivs. Dies ist unbegründet; vielmehr beschränkt sich der Nutzen solcher plastischen Operationen auf die Verhütung einer allzu langwierigen Eiterung, und auch dieser Zweck wird bei Weitem nicht immer erreicht. Sehr selten sieht man Axillar-Phlegmonen folgen, wenn blos die Mamma exstirpirt ist. Ueber Schmerzen im ganzen Arm klagen aber fast alle Patientinnen nach der Exstirpatio mammae, wenn auch die Achselhöhle ganz unberührt blieb. Die E x s t i r p a t i o n d e r A c h s e l d r ü s e n schliesst sich so häufig an die Exstirpation der carcinomatösen Mamma an, dass wir hier das Wesentlichste darüber bemerken mUssen. Die Incision geschieht in der Richtung des Randes des Pectoralis major und in dessen Nähe. Der Arm wird während der ganzen Operation durch einen zuverlässigen Gehülfen stark erhoben fest gehalten, wobei jedoch die Entstehung einer Luxation zu verhüten ist. Man incidirt zunächst gerade auf die zu entfernenden Geschwülste, spaltet die sie bedeckende Fascie, löst die Verbindungen zwischen ihnen und dem Thorax zuerst und schält sie, während mit einer Hakenzange die Hervorziehung besorgt wird, allmälig immer weiter, am Besten sammt dem sie umgebenden Fett- und Bindegewebe heraus. Bei dem Ausschälen der Drüsenhaufen werden die Aeste der Arteria thoracica longa oder auch diese selbst durchschnitten. Alle spritzenden Adern werden sogleich hervorgezogen und unterbunden. Erkennt man eine Arterie vor ihrer Durchschneidung (was bei einiger Uebung gewöhnlich gelingt), so umsticht man sie vorher oder fasst sie mit einer Artericnpincette, um gleich nach der Durchschneidung die Unterbindung ausfuhren zu können. Die tiefer liegenden Geschwülste lassen sich in der Regel schneller mit einer Hohlscheere als mit dem Messer herausschälen. Dringt man bis in die nächste Nähe der Axillargefässe vor, so muss die Verletzung der Vene mindestens ebenso sorgfältig wie diejenige der Arteria axillaris vermieden werden. Um nicht durch eine unangenehme Blutung aus kurzen, unmittelbar aus den grossen Axillargefässen entspringenden Aesten überrascht zu werden, thut man wohl,

Partielle Eutirpation der Brustdrüse.

591

sobald man bis zur angegebenen Tiefe vorgedrungen ist, die zu den angeschwollenen Drüsen tretenden Gefässe, wenn auch en masse, zu unterbinden und die DrUsen selbst vor der Ligatur abzuschneiden. In dieser Tiefe ist denn auch der Gebrauch der Fingernägel oder anderweitiger stumpfer Instrumente zulässig. Jedoch bedenke man auch dabei die Möglichkeit einer unvermutheten Verletzung der Axillargefässe. Auch bei der Ligalure en masse muss man sich hüten, dass man nicht die eine Wand der Axillarvene mit einbindet oder einen Arterienast dicht an der Ursprungsstelle aus der A. axillaris umschnürt. Bei der Exstirpalion grösserer, tief liegender Geschwülste beginnt man zweckmässig mit der Blosslegung des obersten Theils in der Achselhöhle, um, wenn sich eine Verwachsung mit der Geßssscheide der Vene findet, diese sicher und ohne Gefahr der Blutung lösen zu können, da man an dieser Stelle sofort die Arteria axillaris coroprimiren oder, nöthigen Falls, auch unterbinden kann. Vgl. Bd. II. pag. 232. Die Unregelmässigkeit der nach der Exstirpation der carcinomatösen Achseldrtlsen zurückbleibenden Wunden gestattete bei der früher üblichen Wundbehandlung nur selten die erste Vereinigung. Unter antiseptischer Behandlung ist unmittelbarer Verschluss die Regel. Partielle E u t l r p a t l e n der BroitdrOae.

Nur entschieden gutartige Geschwülste sollte man mit Zurücklassung eines Theils der Brustdrüse exstirpiren. Die Richtung und Art der Schnitte wird hierbei wesentlich durch die Grösse, den Sitz und die Beschaffenheit der Geschwulst bestimmt. Im Allgemeinen ist dringend zu rathen, dass man die Schnitte lieber zu gross als zu klein mache. Die nach einer solchen partiellen Exstirpation zurückbleibende Wundhöhle ist in der Regel für die Heilung durch Prima intentio nicht günstig gestaltet. Es ist deshalb, mit Ausnahme weniger Fälle, ihre Füllung mit karbolsäurehaltiger Charpie zu empfehlen. Dadurch wird zugleich die Blutung aus den zahlreichen, kleinen Gefässen gestillt. Man wechselt den Verband erst, wenn er durch Eiterung gelöst ist, und wiederholt ihn dann in derselben Weise. Dabei ist sorgfältig darauf zu achten, dass keine alte Charpie in der Tiefe der Wunde zurückbleibt, wodurch sonst nachträglicher Wiederaufbruch viele Wochen, selbst Monate nach scheinbarer Heilung der Wunde veranlasst werden kann. Erscheint die Wunde nach einer partiellen Exstirpation zur unmittelbaren Vereinigung geeignet, so werden tief greifende Nähte angelegt, durch welche man zugleich geringere Blutungen beherrschen kann.

592

Krankheiten der Brustdrüse.

Kauterisation der BrastdrUsengeschwMste. Zu allen Zeiten wiederholt sich die Erfahrung, dass die unsinnigsten und grausamsten Mittel, wenn sie nur laut genug mit wirklichem oder «imulirtem Selbstvertrauen angepriesen werden, für einig» Zeit den Beifall eines grossen Theils des Puhlicums sich erwerben. So ist es auch mit der Kauterisation der Mamma ergangen. Im Mittelalter wandte man sie aus Furcht vor der Blutung an. In neuester Zeit hat man sieb von einem herumziehenden lleilkiinstler aufbinden lassen, dass die Qualität des Aetzmittels (CLIorbrom, Chlorgold etc.) einen besonderen Einlluss auf die Verhütung des Recidivs ausübe. Ein stichhaltiger Grund hierfür konnte nicht angegeben werden, und die Erfahrung unbefangener Beobachter hat gelehrt, dass die liecidive nach der Zerstörung der Mamma durch Aetzmillel in derselben Weise eintreten, wie nach der E m i r pation. Weshalb also ein mit den furchtbarsten, tagelang fortdauernden Schmerzen verknüpftes Verfahren anwenden, wenn man dasselbe Resultat mit dem Messer wihrend eines sanften Chlorofornirauscbes in kurzer Zeit zu erreichen vermag? Es ist nicht mehr an der Zeit auf die „cause celebre contra I . a n d o l f i et Consorten" weiter einzugehen; die ,Deutsche Klinik" 1854 11. 18">5 hat diese Sache zur Genüge abgethan.

A n h a n g .

Krankheiten der Brustdrüse beim Manne und bei Kindern. Vollständige Entwickelung n ü k o m n s t i e ) ist sehr selten.

der Brustdrüsen bei Männern

(Gy-

B é d o r (Gazette médicale, 1836. No. 4 4 ) meint, dass „ Gy n ä k o m a s t en " z u m M i l i t ä r d i e n s t u n t a u g l i c h seien, weil sie den Druck der enganliegenden Kleidung und der gekreuzten Ledergui te nicht zu ertragen vermögen, uod behauptet, dass Gynükomastie immer mit Impotenz verknüpft sei. F e n o g l i o (Journ. mt!dic. de Turin, 184?) hat bei einem Rekruten, der mit deutlich entwickelten Brüsten behaftet war, einen rudimentären Penis, ein gespaltenes Scrotum, atrophische Testikel und fast vollständigen Mangel des Geschlechtstriebes beobachtet. V i d a l sah, in Folge allgemeiner Syphilis, bei einem Manne die Genitalien atrophiren, während die Körperform sich abrundete und die Brüste sich entwickelten, in zwei von mir beobachteten Fallen von GynSkomastie waren die Genitalien vollständig ausgebildet, und es konnte an dem Zeugungsvermögen der beiden Individuen nicht gezweifelt werden. Hier darf ich auch die von S c h l o s s b e r g e r und mir an einem milchenden Bocke gemachte Beobachtung erwähnen. Derselbe hatte stattliche Euter, aber ebenso stattliche Hoden, mächtige Horner und einen normalen Penis, erzengte auch alljährlich eine zahlreiche Nachkommenschaft, gab aber ausser der Brunstzeit reichlich die von S c b l o s s b e r g e r ( L i e b i g ' s und W ö b l e r ' s Annalen, 1844) analysirte Milch; während der Brunstzeit cessirte die Lactation. Milchdrüsen sind bei männlichen Thieren sehr viel häufiger als bei Männern.

H y p e r t r o p h i e der männlichen Brustdrüse ist einige Male beobachtet worden. Sie betrifit aber gewöhnlich nicht die Drüse, sondern das umgebende F e t t g e w e b e . So verhielt es sich auch bei dem von P e t r é q u i n (Anatomie médico-chirurgicale, p a j . 231) beobachteten Manne, dessen flrüste wie lange Glaskolben herabhingen. Man

Krankheiten d e r B r u s t d r ü s e b e i m Manne und bei Kindern. d u r c h s c h n i t t den Stiel und ü b e r z e u g t e s i c h , D r ü s e hypertrophisch

dass n n r der P a n n i c u l u s ,

593 n i c h t a b e r die

war.

E n t z ü n d u n g e n der Brustdrüse bei männlichen Individuen kommen vorzugsweise bei Neugeborenen vor.

Die kleinen Brüste füllen

sich mit Milcb, und es entstehen ganz dieselben krankhallen Veränderungen, Frauen.

namentlich

auch

Abscessbildüngen,

wie

bei

säugenden

Bestreichen mit Oel und lauwarme Cataplasmen befördern

die gewöhnlich circumscripta Eiterung, der man am Besten den Weg mit der Lancette bahnt.

Auch neugeborene Mädchen können (angeb-

lich seltener) von einer solchen Mastitis befallen werden. In der Zeit vom 10. bis 15. Jahre, zuweilen auch später, entwickeln sich nicht ganz selten, wenn die Brustdrüse auch nur in rudimentärem Zustande besteht,

acute

oder

chronische

Entzündungen

derselben,

letztere jedoch häufiger. Die Mamma wird hart, uneben, schmerzhaft, namentlich bei tiefem Druck.

Der Patient fürchtet vom Krebs be-

fallen zu sein; theilt der Arzt diese Befürchtung, so glaubt er später vielleicht, durch zertheilende Mittel einen Scirrhus geheilt zu haben. V i d a l e r w ä h n t eine, auf Syphilis b e r u h e n d e , c h r o n i s c h e E n t z ü n d u n g d e r B r u s t d r ü s e ; Quecksilber erwies sich gegen dieselbe u n w i r k s a m , J o d p r S p a r a t e wirkten g ü n s t i g .

K r e b s der männlichen Brustdrüse ist sehr selten. Recidive sind nach der Exstirpation seltener als bei Weibern und namentlich selten in inneren Organen beobachtet worden. Velpeau einmal

hat den Krebs d e r m ä n n l i c h e n B r u s t d r ü s e f ü n f m a l b e o b a c h t e t und n u r

eine verdächtige

Geschwulst

in

der

S c i r r h u s d e r Art e x s t i r p i r t , m i t schnell beobachtet. musste

Der e r s t e w a r s e h r u n g ü n s t i g :

zugleich

Achselhöhle g e f u n d e n .

folgender H e i l u n g . mit

der

Ich

bereits

Vidal

habe

bat einen

bisher

aufgebrochenen exstirpirt

4

Fslle

Mamma

ein

grosses P a c k e t c a r c i n o m a t ö s e r

Acbseldrüsen

der Kranke starb am

13. Tage nach d e r O p e r a t i o n ,

o h n e d a s s es zu e i n e r S p n r von

G r a n u l a t i o n s b i l d u n g in der W u n d e g e k o m m e n w ä r e , a n E r s c h ö p f u n g . Diss. d e c a r c i n o m a t e m a m r a a e virilis. Heilung

auf

die

Operation.

Von

Grypbiae, 1 8 5 9 .

einem

dieser

werden;

Vgl. S t n m p f f ,

In den übrigen 3 Fällen folgte

Patienten

ist

mir bekannt,

dass er

2 J a h r s p a t e r an Krebs d e r L e b e r g e s t o r b e n .

' C y s t e n sind in der männlichen BrustdrUse höchst selten. Diagnose und Therapie weichen von den für die weibliche Brustdrüse gemachten Angaben nicht ab. Velpeau

sah

eine Cyste d e r Art von d e r G r ö s s e eines Kindskopfes.

Sie w a r

s c h m e r z l o s , o h n e b e k a n n t e U r s a c h e im L a u f e eines J a h r e s , a n d e r Süsseren S e i t e d e r r e c h t e n B r u s t d r ü s e eines 1 5 j ä h r i g e n Bauern e n t s t a n d e n . Ton

varicösen

durch,

nie

Venen

durch

bedeckt,

eine

die

Hydrocele.

Die W a n d u n g e n waren

Consistenz s e h r b e d e u t e n d ; Durch

Function

wurden

dünn,

d a s Licht s c h i e n 180

Gramm

Flüssigkeit e n t l e e r t ; d a n n w u r d e 2 Mal ( m i t 6tägiger Pause) » e r d ü n n t e J o d t i n c t u r g e s p r i t z t ; nach 3 W o c h e n w a r die Heilung Tollendet.

B a r d e l e b e n , Chirurgie.

7 . Aufl. III,

bin.

gelblicher ein.

Siebzehnte Abtheilung. Krankheiten des Thorax. Topographische

Uebersicht.

Der Thorax, unter dem Hals, über dem Bauch und zwischen den oberen Glied. maassen gelegen, umscbliesst die wesentlichsten Organe der Respiration und des Kreislaufes nnd dient den oberen Gliedmaassen z u r Befestigung. 1) W a n d u n g e n

des Thorax.

Die vordere Wand des Thorax wird von der

Regio sternalis, die hintere von der Regio dorsalis, die seitlichen von der Regio costalis gebildet; die untere vom Zwerchfell; nach Oben geht der Thorax, nur am Skelet durch die erste Rippe scharf abgegrenzt,

in den Hals über.

haben zwei OberOächen, eine innere und eine äussere.

Die Wandungen

des Thorax

Letztere wird a n der vorderen

Seite nach Oben durch die Schlüsselbeine begrenzt, weiter abwärts folgen

die Brüste

(oder doch die Brustwarzen), durch eine breite Furche von einander getrennt, die sich nach Unten in die Herzgrube verliert.

Am Rücken

bemerken

Rinne, in welcher, von Oben nach Unten an einander gereiht, Wirbel gesehen oder doch gefühlt werden.

dungen

der

welche die erwähnte

Rinne tiefer er-

Bei seitlicher Betrachtung und erhobenem Arm sieht man die Wan-

des Thorax in

an der vorderen,

die Dornfortsätze

Zu den Seiten bilden die Schulterblatter,

weiter abwärts die Rippenwinkel Vorsprünge, scheinen lassen.

wir in der Mitte eine

diejenigen der Achselhöhle übergehen.

der Latissimus dorsi

Der Pecloralis major

und Teres m a j o r an der hinteren Seite be-

grenzen die Achselhöhle, indem sie vom Thorax zum Oberarm sich fortsetzen.

Die

innere Wand der Achselhöhle wird von dem oberen Theile der Seitenwand des Thorax gebildet. vordere

Die innere Oberfläche d e r Tboraxwände bat eine geringere Ausdehnung.

Der

Umfang entspricht dem Herzen, dem Mediastinum anticum und der v f t d e r e n

Flache (Rande) der Lungen.

Hinten findet sieb da, wo äusserüch eine Rinne besteht,

ein Vorsprung, gebildet durch die übereinanderliegenden Wirbelkörper, zu deren Seiten die durch die Biegung der Rippen der Lungen eingenommen

werden.

bedingten Aushöhlungen Die obere Apertur

von dem

hinteren

Theile

des Thorax stellt einen Ring

d a r , durch welchen die L u f t r ö h r e , der O e s o p h a g u s , die Carotiden und die Art. subclaviae, sowie die entsprechenden Venen, zahlreiche

Lympbgefässe,

namentlich

auch

der D u c t u s thoracicns und von Nerven der Vagus, der Recurrens (wenigstens der linken Seite), der Threnicus und der Grenzstrang des Sympatbicus hindurchtrcten. ,Die Wandungen des Thorax sind Vorn und Unten

gegen den Bauch h i n , sowie auch an

den

Stellen, welche der Achselhöhle entsprechen, dünner als in ihrer übrigen Ausdehnung. Hinten

and namentlich

die'grösste

Dicke.

Hinten u n d Aussen (in der Schulterblattgegend) besitzen sie

Die einzelnen S c h i c h t e n ,

von denen

die Thoraxwände

gebildet

Topographische Uebersicht.

595

werden, sind, in der Richtung von Aussen nach Innen, folgende. d e r b auf dem Sterflum, dünner und dehnbarer zu den Seiten. dichten Bindegewebes,

im mittleren

»on zahlreichen Gelassen diesem

Die Haut, dick und Darunter eine Schicht

Theile f e t t a r m ; lockeres, d e h n b a r e s , fettreiches,

und Nerven

durchzogenes Bindegewebe

Gewebe liegt die Mamma eingebettet.

An

zu den Seiten.

d e r unteren

In

Grenze des Thorax

finden wir Vorn die Anheftnngen der Recti abdominis und ihrer Aponeurosen.

Weiter

aufwärts folgt der Pectoralis m a j o r , endlich ganz Oben der Ursprung des Sternocleidomastoideus.

Im Pectoralis m a j o r selbst und hinter ihm finden sich die Verästelun-

gen der Arteriae thoracicae

und der

Rami p e r f o r a n t e s ,

dann folgt in der Mitte das

S t e r n u m mit den Rippenknorpeln, weiter zur Seite die Rippen s e l b s t , zwischen ihnen die Musculi intercostales. steigt

Fast an der Grenze des vorderen Um Tanges der Thoraxwand

hinter dem Pectoralis

empor.

m a j o r der Pectoralis

minor zum

Hinter den Rippen und den Ziviscbenrippenmuskeln

gewebe, in welcher, dicht hinter den Rippenknorpeln, steigt.

Processus

coracoides

folgt eine Schicht Binde-

die Arteria mammaria abwärts findet

sich in der Mitte

der vorderen Wand hinter dem S t e r n u m der Musculus triangularis.

Endlich folgt die

Pleura.

Vom Brustbein zu d e n Rippenknorpeln a n s s t r a h l e n d ,

An d e r hinteren Wand des Thorax ist die Haut in der Mittellinie festgeheftet

an den unterliegenden Theilen, zu den Seiten liegt unter ihr Muskeln dieser Gegend

viel F e t t ;

die starken

sind gruppen- oder schichtweise durch aponenrotische Blätter

von einander gesondert.

Deber den grössten Theil

d e r hinteren Thoraxwand breitet

sich der Trapezius aus, darunter folgen die Rhomboidei und die tieferen Rückenmuskeln, dann die Wirbel mit ihrem Bänderapparat und zu den Seiten derselben

die hinteren

Enden der Rippen, zwischen denen die Musculi intercostales ( e x t e r n i ) und am unteren Rande jeder

Rippe Nervus und Vasa intercostalia verlaufen.

die geringste Stärke d a r , liches Fettgewebe,

dann

namentlich folgt

nach Unten.

Die Seitenwinde bieten

Unter der Haut liegt hier reich-

eine Fascie, die nach Unten mit d e r oberflächlichen

Bauchfascie zusammenhangt, von da auf den S e r r a t o s anticus m a j o r übergeht, anderer Seits aber die hintere Seile des Pectoralis m a j o r und die vordere des Latissimus dorsi, auch den Trapezius, den überkleidet.

Darunter

Rhomboideus

folgen dann

nnd mehrere Zacken des Obliquus abdominis

die Musculi intercostales mit den gleichnamigen

Gefässen und Nerven, die Rippen und die Pleura. Von besonderer Bedeutung sind die G e f ä s s e d e r Thoraxwand.

Die A r t .

mam-

m a r i a i n t . entspringt aus der Subclavia, gegenüber der Art. vertebralis, dringt hinter dem Knorpel der ersten Rippe, beinahe 1 Ctm. nach Aussen von der Articolatio sternoclavicnlaris, in den Thorax and verläuft, indem sie allmälig durch Abgabe ihrer Aeste *n Grösse verliert, bis znm sechsten Intercostalranm. höhle durch die

Pleura

uud

den

Musculus

Sie ist von d e r übrigen Brust-

triangularis, dessen Fasern sie zuweilen

durchbohrt, g e t r e n n t , berührt d i e , ihren Verlauf fast rechtwinklig kreuzenden Rippenknorpel und ist von den Mm. intercostales interni n u r durch eine s e h r dünne Schicht Bindrgewebe

getrennt.

In

den

ersten

Rande des S t e r n u m , durchschnittlich

sechs Intercostalräumen

etwa

liegt sie nahe dem

1 Ctm. von demselben

entfernt. — Die

A r t . i n t e r c o s t a l i s p r i m a entspringt ganz in der Tiefe aus der Subclavia; am Halse der

ersten

Rippe wendet sie sich a b w ä r t s , nra den ersten und z w e i t e n , selten anch

den dritten Intercostalranm zu versorgen. — springen ans der Aorta nahezu rechtwinklig.

Die übrigen A r t . i n t e r c o s t a l e s

die Aorta z n r linken Seite der Wirbelsäule liegt, einen weiteren Weg. tercost.

ent-

Diejenigen der rechten Seite haben, weil Jede Art. in-

verlauft etwa bis z u r Hälfte der Rippenlänge in einer Rinne, welche sich, mehr

oder weniger ausgeprägt, am

u n t e r e n Rande jeder Rippe

findet;

alsdann verlässt sie

38*

596

Krankheiten des Thorax.

den unteren

Rand

der Rippe, um sieb in dem Intercostalraum

zu verästeln,

behält

a b e r wesentlich den Lauf nach Vorn bei, so dass einer ihrer stärksten Aeste mit dem n a c h Hinten laufenden Intercostalast der Art. mammaria interna anastomosirt. 2 ) Die B r u s t h ö h l e

bat eine veränderliche Gestalt und Grösse wegen der He-

bung u n d Senkung ihrer Wandungen beim In- und Exspirircn und der entsprechenden ab- und aufwärts steigenden Bewegungen des Zwerchfells.

Im Ganzen stellt dieselbe

einen mit seiner abgestumpften Spitze nach Oben gerichteten Kegel dar, der von Vorn nach Hinten abgeflacht, und dessen Langsachse von Oben und Hinten nach Vorn und Unten gerichtet ist.

Die hintere W a n d , welche überdies viel langer ist als die vordere,

weicht von dieser Richtung ab. rechtwinklig

Zieht m a n von

zur Wirbelsaule gezogenen

nicht die Hitte des Halses, sondern

den

Theil der Brusthöhle

Lungen

wird von den

der

Mitte einer vom Schwertknorpel

Linie eine Verticale a u f w ä r t s , so trifft diese oberen Rand des S t e r n u m .

Brustwand her in Gestalt der Mittelfelle (Mediastina) übergeht. sich

hinter der vorderen

Flache des Brustbeins n i e b t ,

Uebertritt auf den Herzbeutel nahe an einander rücken. beutel auseinander gedrängt,

umschliessen



Der grösste

e r f ü l l t , auf welche die Pleura

denselben

von der

Beide Pleuren berühren

obgleich sie kurz vor ihrem Sie werden durch den Herz-

und gehen

von seiner hinteren

Flache, die grossen Gefässe und die Bronchien begleitend, auf die Lungen über. t e r d e n , durch die ein Lungenwurzeln

und austretenden Gefässe, Bronchien und Nerven,

treten die

Pleuren

Hin-

gebildeten

vor dem Oesophagus nochmals nahe a n einander,

um a l s d a n n , auseinander w e i c h e n d , j e d e für sich zu den Seiten der Wirbelsäule zu verlaufen.

Hieraus ergeben sieb drei zwischen

den Brustfellsäckcn gelegene Räume,

einer dicht hinter dem S t e r n u m , Cavum mediastini anticum, der zweite zwischen den Wirbelkörpern nnd den Lungenwurzeln, Cavum mediastini posticum, der dritte, zwischen den beiden erstgenannten

gelegen, wird

vordere MiUelfellraum stellt auf «einem dessen

Basis der hinteren

wesentlich

vom Herzbeutel ausgefüllt.

horizontalen

Flache des Brustbeins

Durchschnitt

entspricht.

ein

Dreieck

Nach Oben

Der dar,

und nach

Unten ist er weiter; das ihn ausfüllende Bindegewebe setzt sieb nach Oben zum Halse (bei Kindern die Thymus, bei Erwachsenen deren Ueberreste einscbliessend), nach Unten durch eine kleine Oeffnung zwischen den vorderen Anbeftungen des Zwerchfells in das subperitoneale Bindegewebe fort.

So können Eitersenkungen vom Halse nicht blos in

den Mittelfellraum, sondern auch weiter abwärts untere Theil

des

vorderen

bis zur Bauchwand stattfinden.

Mittelfellraumes dehnt sich

weiter nach

Links als

Der nach

Rechts a u s , so dass man links vom S t e r n u m geradezu in den Herzbeutel einstechen kann.

Der hintere Mittelfellraum bat auf

dem Querdurchschnitt

eine dreieckige Ge-

stalt, mit nach Hinten gerichteter Basis; er ist weiter und länger als der vordere, da er sich auf die ganze Lange des Brustlheils der Wirbelsäule erstreckt.

In ihm liegen,

von Vorn nach Hinten aufgezählt: der Oesophagus, umgeben von den Aesten der Nervi vagi;

die

Aorta,

im oberen Theile des Thorax zur linken Seite der Speiseröhre, im

unteren bioter ihr, beinahe in d e r Mittellinie; die Anfäoge d e r Art. intercostales; die z u r rechten Seite der Wirbelsäule aufsteigende Vena azygos und die von Links in der unteren Hälfte zu ihr bintenübergehende Hemiaiygos; der Ductus thoracicus neben der Aorta, in der Mitte des Thorax, gewöhnlich zur linken Seite weiter Unten, hinter ihr oder auch zwischen ihr und der Azygos; zahlreiche Lymphdrüsen in lockeres Bindegewebe eingehüllt und

durch

Lymphgefässe, theils mit den L u n g e n ,

tbeils mit den

übrigen benachbarten Organen, endlich auch mit den Lymphdrüsen des Halses und des Bauches verbunden, liegen im Cavum mediastini posticum zerstreut.

Der Grenzstrang

des Sympathicus liegt eigentlich nicht im Cavum mediastini posticum, sondern eammt

597

Topographische Uebersicht.

seinen zum Unterleibe hinabsteigenden Aesten (Splancbnici) zwischen der Pleura und der übrigen Thoraxwand, nach Ansäen ?om hinteren Mittelfellraum, fast genau auf den Köpfchen der Rippen; jedoch dringt von seinen Aeslen, namentlich der Splancbnicus m a j o r in den hinteren Mittelfellraum ein.

Zwischen die beiden MittelfellrBume einge-

schoben, liegt das Herz mit seinen grossen Gefässen in einer 'besonderen Abtheilung, indem die Pleurablatter, namentlich gegen die Mitte der Thoraxhöble bin, sieb vor dem Herzbeutel dicht an

Jedoch kann man diese ganze Abtbeilung Buch

einander legen.

als einen Tbeil des vorderen Mediastinum betrachten.

Hier liegt die Vena cava supe-

rior und Ober ihr die beiden grossen Venae anonymae, das Anfangsstuck des Aortenbogens, der Truncus anoDjmus, die Carotis sinistra Stamm

und die Aeste der Arteria

pulmonalis.

und die Subclavia sinistra, der

Nach Unten ist der Herzbeutel an

der Pars tendinea diapbragmatis befestigt und lässt hier die Vena cava inferior eintreten.

Die Nervi phrenici durchlaufen diesen Ranm in seiner ganzen Läoge, indem

sie vor der' Lungenwurzel zwischen Pleura und Pericardium hinabsteigen. — Die rechte Pleurahöhle ist weniger h o c h , weil auf dieser Seite das Zwerchfell böber s t e h t , linke weniger weit, weil das Herz ihren Raum beengt. in einer Höhe bereits in die linke Pleurahöhle e i n ,

die

Daher dringt eine Querwunde in welcher sie rechts noch das

Peritoneum geöffnet b i t t e ; durch eine Wunde, welche das Brustbein in der Richtung von Vorn nach Hinten durchdringt, kann die rechte Pleura verletzt werden, die linke unversehrt bleiben.

Bei der Eispiration berühren sieb Zwerchfell und Rippenwand in

einiger Ausdehnung, auf der rechten Seite sogar bis zur Höbe der sechsten Rippe; bei der Inspiration kann das Zwerchfell bis zu einer von den unteren Rindern der falschen Rippen bis zum ersten Lendenwirbel bin gelegten Ebene hinabsteigen.

Hieraus ergiebt

sich, dass dieselbe Verletzung in dem einen Fall zur Eröffnung der Pleurahöhle, in einem anderen zur EröfTnung der Peritonealhöhle, im dritten zu einer beide CavitMen gleichzeitig öffnenden und mit einander in Verbindung setzenden Wunde führen kann. Eine Wunde, welche in horizontaler Richtung unterhalb der siebenten Rippe eindringt, kann das Herz nicht treffen; zwisebrn diesrr und der vierten Rippe wird auf der linken Seite des Sternum durch ein horizontal eindringendes lostrument das Herz verletzt werden. Durch den dritten Intercostalraum vcrtical eindringend, trifft man die Aortenwurzel, die Arteria pulmonalis und die Vena cava superior,

Durch den zweiten Inter-

costalraum eindringend, verletzt ein Instrument in derselben Richtung den Aortenbogen oder die aus ihm entspringenden Aeste.

Ein Wundcanal, welcher unter der siebenten

Rippe in horizontaler Richtung eindringt, wird voraussichtlich nicht zu einem Organ des Thorax, sondern zu einem Baucheingeweide führen. Alle diese Angaben beziehen sieb aber nur auf die Verhältnisse des normalen Thorax.

Haben sieb in ihm Geschwülste oder Ergüsse entwickelt, oder ist er durch

Verbiegungen der Wirbelsäule und der Rippen difform geworden; so können die Lageverbaltnisse der einzelnen Organe auf's Aeusserste abgeändert werden.

Auf

erstere

werden wir weiter unten (Cap. VII. u. f.), auf letztere bei den Krankheiten dar Wirbelsäule

(Bd. IV) eingeben.

In

Betreff der durch

Rachitis bedingten Deformitäten vgl.

Bd. li. pag. 5 6 3 u. f. — Unter den c o n g e n i t a l e n

Formfehlern ist nur die M e d i a n -

apalte

Rippenstücken,

des

Sternum

Lnngenbernie

und

der

Defect

von

Veranlassung geben kann (vgl. Cap. V.), zu erwähnen.

welcher

zur

Krankheiten de« Thorax.

598

Erstes Capitel. Verletzungen des Thorax im Allgemeinen. Wunden, durch welche die Höhle des Thorax (Pleurahöhle oder Mittelfellraum) geöffnet ist, heissen p e n e t r i r e n d e B r u s t w u n d e n , W u n d e n , welche in die Höhle des Thorax nicht eindringen, o b e r f l ä c h l i c h e oder n i c h t - p e n e t r i r c n d e . Unter einer p e n e t r i r e n d e n B r u s t w u n d e schlechtweg versteht man eine in d a s C a v u m p l e u r a e penetrirende. — Von grösster Bedeutung f ü r die Prognose u n d f ü r die Therapie ist e s , ob die Verletzung sich auf eins der in der Brusthöhle gelegenen Organe erstreckt, oder diese unversehrt gelassen hat. Die V e r l e t z u n g i n n e r e r O r g a n e kann aber bei Quetschungen sehr bedeutend sein, wahrend äusserlich n u r geringe Spuren derselben wahrzunehmen sind. — Wir unterscheiden demn a c h : 1. Oberflächliche B r u s t w u n d e n , 11. Quetschungen des Thorax, 111. Penetrirende Brustwunden. I.

Oberflächliche Brustwunden.

Oberflächliche B r u s t w u n d e n , welche mit scharfen Instrumenten beigebracht sind, haben keine grössere Bedeutung, als ähnliche W u n den anderer Körpergegenden; n u r in der Nähe des Schlüsselbeines u n d der Achselhöhle bedingen sie bei etwas tieferem Eindringen die Gefahr der Verletzung der daselbst gelegenen grossen Gefässe und Nerven. Stichwunden bieten auch am Thorax, wie an anderen Theilen die Gefabren des Erysipels, der eingeklemmten E n t z ü n d u n g in der Tiefe der W u n d e und der Nervenzufälle dar. Letztere sind bei Stichw u n d e n des Thorax auffallend häufig beobachtet worden. In dem schlaffen Bindegewebe nächst der Achselhöhle kann bei Stichwunden leicht Emphysem durch Eindringen der äusseren Luft entstehen. Flinten- und Pistolen-Kugeln, welche nicht mit voller Kraft aufs c h l a g e n , k ö n n e n , den Rippen folgend (indem diese wegen ihrer Elasticität theils der Kugel ausweichen, theils sie auch wirklich a b lenken), von Vorn bis zur Wirbelsäule unter der Haut um den Thorax herumlaufen. Häufiger entsteht, zumal bei den jetzigen Schusswaffen, der A n s c h e i n einer solchen sogen. „Contourirung", indem die Kugel trifft, während der Verletzte den Arm stark erhebt, mithin die Haut des Thorax nach Aussen und Oben zieht. Wird der Arm demnächst an den Thorax gelegt, so rückt durch die Elasticität der Haut die Eingangsöffnung erheblich weiter gegen die Mittellinie, u n d der u r sprünglich grade Schusscanal beschreibt nun einen Bogen. Vgl.

599

Quetschungen.

Bd. I. pag. 658. Bei Unkenntniss dieses Verhaltens könnte man glauben, eine solche Kugel habe den Thorax von Vorn nach Hinten durchbohrt, — worüber freilich die physikalische Untersuchung in der weiter unten zu erläuternden Weise sofort Aufschluss geben würde. Solche „Contourschüsse" erheischen aber auch, wenn die Verletzung innerer Organe bei der Diagnose ganz sicher ausgeschlossen werden kann, eine sorgfältige Beachtung. Häufig bestehen dabei schwer zu erkennende Rippenfracturen mit geringer Dislocation der Fragmente, welche nachträglich Nekrose und dann eitrige Pleuritis, auch wohl Eröffnung der Pleurahöhle zur Folge haben können. Letztere kann auch ohne Rippenverletzung erfolgen, wenn bei der Lösung des Brandschorfes in einem Intercostalraum ein Theil der Pleura mit abgestossen wird. Die Bcliaudloug der nicht penetrirenden Brustwunden weicht übrigens, abgesehen von der bei gleichzeitiger Quetschung der inneren Organe einzuleitenden besonderen Therapie, von derjenigen anderer Wunden nicht ab. II.

Quetachungen des

Thorax.

Eine äussere Gewalt, welche mit grosser Berührungsfläche auf den Thorax einwirkt, veranlasst am Häufigsten F r a c t u r e n d e r R i p p e n oder des B r u s t b e i n s (vgl. Bd. II. pag. 390 u. f.); dieselbe kann aber auch Erschütterungen und Quetschungen der im Thorax gelegenen Organe bewirken, ohne dass die Wände des Thorax irgendwo durchbrochen sind. Man beobachtet sogar Zerreissungen der im Thorax gelegenen Organe, ohne Verletzung der Haut und ohne Brüche der Rippen. Am Häufigsten sah man solche Verletzungen in Folge des Anschlagens halbmatter Kanonenkugeln. Demnächst sind am Häufigsten Quetschungen durch überfahrende Wagen oder zwischen einem Wagen und einer Wand als Veranlassungen beobachtet worden, zuweilen auch Fall aus bedeutender Höhe. Nllaton Quetschung

(Etemens de patbolog. cbirurgicale, Tom. III, pag. 4 9 3 ) sab auf eine

des Thorax den Tod fast augenblicklich f o l g e n , obgleich eine Verletzung

d e r inneren Organe durch die Section nicht nachgewiesen werden konnte. Auf die unmittelbar tödtlichen Z e r r e i s s u n g e n

d e s H e r z e n s , in Folge eines

Falles von bedeutender Höhe, ohne irgend welche Verletzung des T h o r a i , h a t besonders P. H e w e t t (Midie. Times and Gaz., 1 8 5 8 , Juli) a u f m e r k s a m gemacht. scheinen f r ü h e r oft als „ C o m m o t i o Zerreissungen

c e r e b r i " gedeutet zu sein.

der Lunge ohne Rippenbruch

und überhaupt ohne Con-

tinuitätstrennungen der Brustwinde sind zwar vielfach bezweifelt w o r d e n , Tbat durch m e h r e r e zuverlässige Beobachtungen, welche N l l a t o n Zweifel gesetzt.

Falle der Art

Vgl. pag. B4. aber in der

I. c. aufführt, ausser

Bei d e r grossen Seltenheit dieser Fälle scheint es mir gerechtfertigt,

ein Beispiel zu erzählen.

600

Krankheiten des Thorax. E i o elfjähriger K n a b e ,

auf

gefrorenem

und

stirbt,

mortem.

unebenen

von einem sehr schnell

Wege ü b e r f a h r e n ,

indem Blut ihm a u s Mund

Aeusserlich

der beiden Pleuren

kriecht

fahrenden uobeladenen Wagen kaom

und Nase stürzt.

noch einen Schritt Section

keine Verletzung am Thorax zu bemerken.

strömt

mit stark

weit

3 0 Stunden post

Beim

zischendem Geräusch Luft h e r v o r ;

Einsebneiden die Lungen

sind etwas zusammengesunken, an ibrer unebenen Oberfläche blaurotb marinoriit.

Die

beller g e f ä r b t e n , mehr hervorragenden Stellen zeigen vesiculäres E m p h y s e m , die blaurotben

sind

eingesunken,

blutreicher,

o h n e Extravasate;

ausserdem

sind unter

L u n g e n p l e u r a , oft genau der Begrenzungslinie zwischen den einzelnen folgend, Stecknadelkopf- bis erbsengrosse Luftblasen zerstreut, gegen 3 6 0 , Lappen

im rechten kaum

2 0 0 Grm.

ziemlich

glatten Rissflächen hegen

lui linken Thoraxraum

d u n k l e n , dickflüssigen Blutes.

beider Lungen sind in ibrer ganzen Dicke durch

der

Lungenläppcben Oie oberen

einen Iiis» getrennt.

Die

lassen sieb aber weit a u s einander

an einander,

k l a p p e n , obgleich noch hie und da Reste der Lungenpleura und in d e r Tiefe einzeloe Gefasse zwischen ihnen brückenartig herübergespannt sind.

Sie reichen bis zum Hilus

und erstrecken sich von hier aus noch weit in den hinteren Umfang der benachbarten Lappen

hinein.

Linkerseits ist ein Bronchus zweiter O r d n u u g ,

dicht

hinter

seiner

Abgangsstelle, quer durchgerissen bis auf einen lappenförmigen, ein S t ü c k Knorpel enthaltenden Rest.

Links gebt der Riss von Aussen nach I n n e n , deu Lappen

in eine vordere und hintere Hälfte t h e i l e n d ; Dritttbeil vom seitlichen.

rechts

gleichsam

trennt die RusQäcbe das vordere

Vom Hilus aus erstrecken sich schwarze Blutunterlaufungen

beiderseits unter der Fleura b i n ,

seitlich bis zu den Troc, transversa, n a c h Oben bis

in die Halsgegend, nach Unten bis zu den Zwerchfells-Insertionen. — Rechterseils sind die vierte, fünfte, s e c b s t e R i p p e eingeknickt,

die

slalis überall leer.

Trachea,

an d e r v o r d e r e n F l a c h e i h r e s W i n k e l s

hintere Corticalschicbt

unversehrt. —

nicht

getrennt.

Herzkammern und Vorhöfe stark

Rachen und Mundhöhle mit

flüssigem

Pleura

co-

contrahirt,

ganz

Blut angefüllt, der Magen von

Grütze stark a u s g e d e h n t ; in ihm sowie in dem ganzen Darm enorme Gasansammlung, die sich sofort nach dem Tode eingestellt baben soll.

Das rechte Lig. coron. h ' p a t .

von der Leberoberflache mit Substanzverlust der letzteren abgerissen.

Ungefähr 3 0 Grm.

Blut zwischen rechter Niere und u n t e r e r LeberOäche. Alle solche Beobachtungen

sind vorzugsweise an j u g e n d l i c h e n

Subjecten ge-

m a c h t ; bei ihnen besitzen die Rippen noch einen solchen Grad von Biegsamkeit, dass eine Q u e t s c h u n g d e r L u n g e Gosselin führlich erörtert pag. 4 9 4 ) .

auch

ohne

F r a c t u r d e r R i e p e n möglich wird.

bat die E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e

dieser Lungenzerreissungen aus-

(Mém. de la société de e b i r . , Tom. I. pag. 2 0 1 , vgl. N é l a t o n I , c.

Die Zerreissung findet sich e n t n e d e r an der Stelle, an welcher die äussere

Gewalt eingewirkt

bat,

oder entfernt davon.

Der Thorax wird in hohem Grade zu-

sammengedrückt, die Lunge aber weicht diesem Druck aus, denn sie ist j a im höchsten Grade comprimirbar.

E t m u s s also noch ein zweites Agens mit im Spiele sein, welches

d e r äusseren Gewalt Widerstand leistet, ihr die Lunge gleichsam entgegendrangt.

Dies

ist, nach G o s s e l i n , ein k r a m p f h a f t e r Verschluss der Glottis im Augenblicke d e r Verletzung,

wodurch die Lunge

strotzend

mit L u f t gefüllt erhalten

wird.

Leistet

die

Lunge an der Stelle, wo die äussere Gewalt auf die Brustwand einwirkt, Widerstand so wird die Luft an einer anderen Stelle das Lungengewebe im höchsten Grade a u s . dehnen und zerreisseo, — i n d i r e c t e Zerreissung, nach G o s s e l i n . — Neben denk Spasmus

gloltidis dürften wohl auch mechanische

Verbaltnisse von Bedeutung

sein.

Gebt das Rad über den oberen Theil des Thorax oder wird dieser in a n d e r e r Weise

Quetschungen. zusamniengequetscht,

so

kann die Luft nicht e n t w e i c h e n , mag n u n

k r a m p f h a f t geschlossen werden oder nicht.

601 die Stimmritze

Jedenfalls rouss die Lunge mit Luft gefüllt

sein, wenn eine solche Z e r r e i ß u n g zu Stande kommen soll.

Die Zerreissung der Lunge erstreckt sich entweder auch auf das Visceralblatt der Pleura, oder findet blos innerhalb des Lungengewebes Statt. Im ersteren Falle tritt sogleich Luft u n d Blut aus der Lunge in die Pleurahöhle; es entsteht also H ä m o p n e u m o t h o r a x , und die Lunge sinkt (zieht sich) zusammen. War zugleich (wie namentlich bei Rippenbrüchen) die Pleura costalis zerrissen, so sind die günstigsten Bedingungen f ü r die Entstehung des E m p h y s e m s geg e b e n . Vgl. Bd. II. pag. 5 7 u. f. Die Verhältnisse gestalten sich weiterhin, wie bei einer penetrirendenBrustwunde rtitLungenverletzung, bei welcher die äussere W u n d e geschlossen worden ist, so dass wir auch in Betreff der Diagnose auf die bei den Lungenwunden (Cap. II.) zu gebenden Erläuterungen verweisen können. — W e n n an der Oberfläche der Lunge eine Continuitätstrennung nicht b e s t e h t , so sinkt die L u n g e nicht zusammen sondern es entsteht ein Bluterguss in ihrem Gewebe, — e i n s o g e n , h ä m o r r h a g i s c h e r l n f a r c t , u n d weiterhin Entzündung und Eiterung. Perforation der Lunge u n d somit P n e u m o oder Pyopneumothorax kann a b e r nachträglich folgen. (S. oben.) Die Diagnose ergiebt sich nach den Regeln der medicinischen Diagnostik, namentlich durch Percussion und Auscultation. Behandlung. Kommt man auf frischer That zu dem Verunglückten und findet ihn nicht bereits todt oder s t e r b e n d , so hat man in der Regel zunächst eine tiefe Ohnmacht zu bekämpfen. Demnächst b a n delt es sich um die B6handlung des Hämopneumothorax, später auch wohl des Pyothorax, wie sie in den folgenden Capiteln beschrieben werden soll. •II.

Penetrlrende Brustwanden.

Wenn es auch von grosser Bedeutung ist, zu e r f a h r e n , ob eine Brustwunde penetrirt oder nicht, so darf man dazu doch nicht die ehemals gebräuchlichen Mittel a n w e n d e n : die lange Brustsonde, die Einspritzungen und die angestrengten Respirationsbewegungen. Diese Mitte) sind nicht blos unzuverlässig, sondern auch gefährlich. Der schräge Verlauf eines engen Wundcanals kann die Untersuchung mit der Sonde schwierig oder ganz erfolglos machen, und die Sonde k a n n auf ihrem Wege ein Blutgerinnsel zerdrücken oder verschieben, welches an Ort und Stelle vom grössten Nutzen war, indem es eine Arterienöffnung verstopfte oder der Luft den Zutritt in die Pleurahöhle versperrte. Eine exploratorische Einspritzung kann in das Bindegewebe

602

Krankheiten des Thorax.

der Thoraxwand eindringen, während man sich einbildet, sie sei in die Pleurahöhle gelangt; spritzt man aber wirklich irgend welche Flüssigkeit in die Pleurahöhle ein, so wird dies meist Entzündung erregen oder, wenn solche schon besteht, sie steigern. Die Anstrengungen, welche der Kranke machen soll, um zu athmen, während man ihm Mund und Nase fest zuhält, sind weil entfernt, immer Blut aus einer penetrirenden Brustwunde hervorzutreiben, wie man früher geglaubt hat; oft sind sie selbst bei einfachen Wunden ganz unmöglich. Sie haben überdies den Nachtheil, dass sie eine im Thorax schon bestehende Entzündung steigern. Man muss also in der directen Untersuchung bei penetrirenden Brustwunden enthaltsam sein und aus den Functionsstörungen, sowie aus den Besultaten der Auscultation und Percussion die Diagnose, soweit als für die Therapie nöthig, zu sichern wissen. Jede Verletzung der Thorax-Organe, namentlich aber jede Eröffnung der Pleurahöhle, führt so beträchtliche Störungen der Respiration und Circulation herbei, dass m a n , selbst ohne das Ohr anzulegen, auf die Art der Verletzung zu schliessen vermag. Sobald aber auch nur die Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine Brustwunde penetrire, muss sie wie eine penetrirende behandelt werden. Höchst selten bestehen penetrirende Brustwunden ohne irgend eine Complication, — e i n f a c h p e n e t r i r e n d e B r u s t w u n d e n . Die blosse E r ö f f n u n g d e s C a v u m m e d i a s t i n i würde wohl Entzündung nach sich ziehen, aber ohne besondere Gefahr sein; die E r ö f f n u n g d e s H e r z b e u t e l s hat Pericardilis und wahrscheinlich von Vorn herein Bluterguss in's Pericardium zur Folge; E r ö f f n u n g e i n e s P l e u r a s a c k e s bedingt sofort Zusammensinken der Lunge, indem die Luft in den Pleurasack eindringt und somit dem von der Luftröhre aus wirkenden Luftdruck, durch welchen die Lunge allein ausgedehnt werden kann, das Gleichgewicht hält 1 ). Der auf diese Weise entstandene P n e u m o t h o r a x t r a u m a t i e u s ist durch Auscultation und Percussion leicht zu erkennen (vgl. Cap. VII.). Der Verletzte, auf die eine Lunge angewiesen, kann sein Athembedürfniss nicht befriedigen, leidet daher an Dyspnoe und vermag auf der gesunden Seite nicht zu liegen, ohne in Erstickungsgefahr zu gerathen, weil das Herz alsdann die einzige noch functionirende Lunge comprimirt. Sobald die Wunde in der Brustwand, wenn auch nur Eigeollich m ü s s t e

man

z i e h t ! n g (Retraction)

nicht von Z u s a m m e n s i n k e n , der Lunge s p r e c h e n ;

sondern von

Zusammen-

denn die wirksame

Kraft ist die

ElasticitSt des Lungengewebes. — Ist die Lunge an der Stelle der Verletzung mit der Thorax-Wand verwachsen, so kann sie sich nicht r e t r a h i r e n ; dann handelt es sich a b e r auch, streng genommen, gar nicht um Eröffnung der Pleurahöhle. Tgl. daa folgende Capitel.

Penetrirende Brustwunden.

603

mechanisch, geschlossen ist, wird diö im Pleura-Raum eingesperrte Lufl resorbirt, und in demselben Grade gewinnt auch die Lunge wi eder ihre Füllung mit Luft vom Bronchus her. Jedoch bleibt Entzündung u n d pleuritisches Exsudat dabei nicht aus, und leicht kann durch feste Adhäsion die Ausdehnungsfähigkeit der Lunge in hohem Grade beeinträchtigt werden. — Die T h e r a p i e wird also darauf gerichtet sein müssen, die Wunde sorgfältig hermetisch zu schliessen, demnächst aber der BlutUberfUllung in der anderen Lunge und der Pleuritis auf der verletzten Seite vorzubeugen, — durch kalte Umschläge, nöthigen Falls auch einen oder mehrere Aderlässe u. s. f. Der Verschluss wird bei reinen Wunden durch Nähte, bei gequetschten und bei Substanzverlust (wie bei Schusswunden) durch einen antiseptischen Verband (der auch bei ersleren nicht fehlen darf) bewirkt. Ein bedeutender Fortschritt in der Therapie der Pleurawunden wenn die Resultate der von J a c e n k o

würde es sein,

(Centralbl. d. med. Wissenscb. 1 8 7 0 . No. 1 9 )

an Thieren gemachten Versuche sich auch bei Menschen bewährten.

Wurde die Luit

aus der geöffneten Pleurahöhle sofort wieder ausgesogen oder ausgepumpt und die Wunde hermetisch

verschlossen, so dehnte sieb die Lunge nicht blos sogleich wieder aus,

sondern es k a m auch nie zu Entzündung d e r Pleura.

Eine sogenannte „einfach penetrirende" Brustwunde ist, abgesehen von den Fällen, wo sie durch die Hand des Wundarztes angelegt wird (s. Cap. VII.), im Bereich der Pleurasäcke äusserst selten; die Pleura pulmonalis, d. h. die Lunge, liegt der Pleura costalis so genau an, dass es unbegreiflich erscheint, wie letztere verletzt werden soll, ohne dass erstere gleichfalls getroffen und mindestens gequetscht wäre. Somit haben wir das Bestehen von C o m p l i c a t i o n e n für alle Wunden der Pleura als d i e R e g e l zu betrachten. Ausser der V e r l e t z u n g d e r L u n g e können V e r l e t z u n g e n d e r i n d e r B r u s t w a n d v e r l a u f e n d e n G e f ä s s e , V e r w u n d u n g e n d e s H e r z e n s und der innerhalb des Thorax gelegenen grossen Gefässstämme, V o r f a l l d e r L u n g e , f r e m d e K ö r p e r , endlich E r g ü s s e i n d i e P l e u r a h ö h l e als C o m p l i c a t i o n e n in Betracht kommen. Vgl. die folgenden Capitel. S c h u s s w u n d e n , durch welche eine Pleurahöhle geöffnet ist, sind meist mit Lungen verletzung und mit Eintreibung fremder Körper (Kugel, Stücke der Kleidung, Kippensplitter) complicirt. Aber selbst wenn sie in vollster Einfachheit besteben, unterscheiden sie sich doch von den gewöhnlichen Stich- und Hieb-Wunden sehr wesentlich dadurch, dass sie stets mit Substanzverlust, meist auch mit ausgedehnter Quetschung verbunden und daher zur ersten Vereinigung durchaus nicht geeignet sind. Sie haben deshalb immer Pleuritis zur Folge und erheischen dringend ruhiges Verhalten, fortgesetzte Anwendung der Kälte, u n d , wenn der Ausfluss des eitrigen Exsudats stockt und

Krankheiten

604

des

Thorax.

die U e b e r f ü l l u n g d e r P l e u r a h ö h l e d u r c h Druck auf d a s H e r z u n d die a n d e r e L u n g e G e f a h r d r o h t , Dilatation d e r W u n d e o d e r anderweitige E r ö f f n u n g d e s T h o r a x (vgl. Cap. VII.). Auch

Streifschüsse

und

sogenannte

Contour-Schüsse

können,

•wenn die P l e u r a selbst u r s p r ü n g l i c h u n v e r l e t z t blieb, d o c h

nachträg-

lich, w e n n die B r a n d s c h o r f e sich lösen, z u r E r ö f f n u n g d e r

Brusthöhle

u n d s o m i t z u r plötzlichen E n t s t e h u n g eines bald von P l e u r i t i s gefolgten P n e u m o t h o r a x f ü h r e n u n d d a n n dieselbe B e h a n d l u n g e r h e i s c h e n , wie p e n e t r i r e n d e W u n d e n mit

Substanzverlust.

In allen F ä l l e n , in d e n e n bei P l e u r a w u n d e n geschlossen werden k a n n , naten) ,

auch

wenn

E i t e r u n g n i c h t aus-

e r f o l g t die Heilung s e h r l a n g s a m

in d e r

zweckmässigsten

(in Mo-

W e i s e f ü r Abfluss

des

Eiters und Unterstützung der Kräfte gesorgt wird. In Betreff des M e c h a n i s m u s der W i e d e r a u s d e h n n n g

d e r L u n g e u n d der A u s f ü l l u n g

d e r P l e u r a h ö h l e vgl. C a p . Vit. „ E m p y e m a " .

Zweites

l'apitel.

L u n g e n w u n d e n . In d e r Mehrzahl d e r Fälle w i r d d u r c h p e n e t r i r e n d e B r u s t w u n d e n die L u n g e v e r l e t z t : b a l d w i r d sie von dem v e r l e t z e n d e n K ö r p e r selbst g e t r o f f e n , bald v o n Rippensplittern o d e r f r e m d e n K ö r p e r n ; in seltenen Fällen m a g sie den.

in d e r p a g . 6 0 0 g e s c h i l d e r t e n W e i s e z e r s p r e n g t

Dass bei R i p p e n b r ü c h e n

aufgespiesst

oder

zerrissen

p a g . 3 9 2 u. f.

erläutert.

engeren

des

Sinne

o h n e ä u s s e r e W u n d e die L u n g e auch

werden

Meist

Wortes.

wer-

kann,

handelt

es

Quetschung

wurde sich der

bereits

um

Bd. II.

Wunden

Lunge,

als

im Com-

plication e i n e r p e n e t r i r e n d e n B r u s t w u n d e , k o m m t fast n u r bei S c h u s s verletzungen Die

vor.

wesentlichen

Bluthusten,

Blutung

Erscheinungen

der

B l u t u n d L u f t in d i e P l e u r a h ö h l e , zugleich,

Lungen wunde

aus der äusseren Wunde, Emphysem.

so ist die L u n g e n Verletzung unzweifelhaft;

Erguss

sind: von

Bestehen alle aber

oft fehlen

m e h r e r e d e r s e l b e n u n d m a n c h e sind n i c h t deutlich a u s g e p r ä g t ,

ohne

dass d e s h a l b a n d e r L u n g e n w u n d e zu zweifeln w ä r e . Bluthusten

e r f o l g t gleich n a c h d e r V e r l e t z u n g ; d a s

f e n e Blut ist h e l l r o t h u n d s c h a u m i g ,

ausgewor-

s e i n e Menge im Verhältniss zu

d e m Caliber u n d d e r Z a h l d e r v e r l e t z t e n Gefässe, d a h e r im Allgemeinen s t ä r k e r bei V e r l e t z u n g e n in d e r o b e r e n Hälfte des T h o r a x .

Der Blut-

h u s t e n k a n n ganz f e h l e n , w e n n die L u n g e n w u n d e klein u n d oberfläch-

Luogrnwuoden. lieh ist.

605

In solchen Fällen hört er wenigstens bald auf, namentlich

wenn die äussere Wunde klafft, und die Lunge sogleich durch die in An-

die Pleurahöhle eindringende Luft vollständig comprimirt wird.

derer Seits kann der Bluthusten auch von einer blossen Quetschung der Lungen abhängig sein.

Auch kann nachträglich noch Bluthusten

aus der a n d e r e n , unverletzten L a u g e , der verletzten stark

mit Blut

welche wegen des Collapsus

Überfüllt und zum

Ersatz

der

nicht

findet in Folge

einer

Lungenverletzung nur dann Statt, wenn erstere erheblich klafft.

Enge

funetionirenden über Gebühr ausgedehnt wird, erfolgen. Blutung

aus

der

äusseren Wunde

Wunden werden alsbald durch Gerinnsel verstopft, so dass sich das Blut dann in der Thoraxhöhle ansammelt. äusseren

W u n d e diagnostischen

Soll die Blutung aus der

Werth haben,

so muss

gleichzeitig

Bluthusten stattfinden, denn sie kann sopst ebensowohl von Verletzung der in der Thoraxwand

verlaufenden Gefttsse (Mammaria und Inter-

costales) oder gar der grossen Gefässstämme in der Brust abzuleiten sein; auf letztere folgt freilich immer sehr schnell der Tod.

Die so

eben aufgeführten Gefäss-Verletzungen können auch B l u t e r g u s s die

Pleurahöhle

veranlassen,

so

dass

(welches durch Auscultation und Percussion

dieses

Symptom

festzustellen ist)

in

allein gleich-

falls nicht direct auf eine Lungen wunde schliessen lässt. Wenn die Lunge mit der

Brustwand

durch pleuritische Adhäsionen innig

ist, so kann eine Lungenwunde bestehen.

verwachsen

ohne Bluterguss in die Pleurahöhle

Das Blut läuft dann aus den verletzten Gefässen der Lunge

direct durch die äussere Wunde ab. A n s a m m l u n g v o n L u f t in d e r T h o r a x h ö h l e ist für Lungenwunden nicht charakteristisch, da bei jeder die Pleura penetrirenden Wunde Luft von Aussen in die Pleurahöhle eindringt.

Bei Lungen-

wunden strömt die Luft auch aus den verletzten Aesten und Aestchen der Bronchien hervor.

Deshalb erfolgt auch Compression der Lunge

voraussichtlich schneller und vollständiger, als wenn es sich um den seltenen Fall einer penetrirenden Brustwunde ohne Lungenverletzung handelt.

Nie kann bei Lungenwunden b l o s Luftansammlung (Pneumo-

thorax) bestehen; der untere (oder hintere) Theil der Pleurahöhle muss immer von Blut erfüllt sein (also Hämopneumolhorax).

Ist die Lunge

mit der Brustwand (durch pleuritische Adhäsionen) an der Stelle der Verletzung verwachsen, Pneumothorax. —

so bildet sich weder P n e u m o - , noch Hämo-'

Von grösster Bedeutung ist es, ob die Luft direct

von Aussen (durch eine Wunde der Brustwand) oder nur durch eine Lungenwunde, mithin nicht direct von Aussen, sondern erst nachdem sie den ganzen Z u g der Luftwege passirt hat, in die Pleurahöhle ge-

606

Krankheiten d e s Thorax.

langt. Im letzteren Falle erregt sie nur äusserst selten eine gefährliche Entzündung, im ersteren ganz gewöhnlich. Es liegt nahe, diese durchgreifende Verschiedenheit daraus zu erklären, dass die Luft bei dem Durchgang durch die Luftwege die in ihr schwebenden Fäulnisserreger zuriicklässt, gleichsam flltrirt wird. In Betreff d e r D i a g n o s e des H ä m o t h o r a x u n d d e s P n e u m o t h o r a x vgl. Cap. VII.

E m p h y s e m ist ein häufiger und gewöhnlich charakteristischer Begleiter der Lungenverletzungen; jedoch kann es auch ohne solche bei Brustwunden vorkommen, wenn die Wunde in der Art schräg verläuft, dass sie die äussere Luft zwar eindringen, aber nicht austreten lässt, was jedoch ungemein selten sein dürfte. — Unter folgenden Verhältnissen wird Emphysem bei Lungenwundeu fehlen: 1) bei sehr grosser Ausdehnung der äusseren Wunde, so dass die Luft frei ausund eintreten k a n n , 2) bei grossem Bluterguss, welcher sowohl das Eindringen der Luft in die Pleurahöhle, als namentlich auch die Infiltration des Bindegewebes mit Luft verhindert, 3) bei sehr geringer Ausdehnung der Lungenwunde, so dass die Blutgerinnsel und die alsbald eintretende entzündliche Schwellung den Austritt der Luft aus der Lunge unmöglich machen. Die günstigsten Bedingungen für die Ausbildung des Emphysem sind: beträchtliche Enge und schräger oder gewundener Verlauf der Wunde in der Brustwand neben bedeutender Ausdehnung der Lungenverletzung. Unter solchen Verhältnissen füllt die aus der sich zusammenziehenden Lunge austretende Luft die Pleurahöhle sofort, comprimirt die Lunge und dringt mit grosser Gewalt in das subcutane Bindegewebe der Brustwand, wo sie eine umschriebene Geschwulst von elastischer Consistenz und charakteristischer Crepitation darstellt. Weiterhin dehnt sie sich über eine ganze Körperhälfte, ja selbst über den ganzen Körper aus, so dass nur diejenigen Theile, an denen die Haut durch feste fibröse Stränge gegen die unterliegenden Organe befestigt wird, von der gewaltigen Anschwellung verschont bleiben. Vgl. Bd. II. pag. 58 ff. — In etwas anderer Weise, eigentlich noch mehr direct, entwickelt sich das Emphysem bei Verletzung eines mit der Brustwand verwachsenen LungenTheils. Dann dringt die Luft, bei relativer Enge oder gänzlichem Fehlen der äusseren Wunde (z. B. bei Bippenbrüchen, welche mit Lungenverletzung complicirt sind), sofort und ohne Bildung eines Pneumothorax (vgl. pag. 601) aus der Lunge in das subcutane Bindegewebe und verbreitet sich dann in der bereits beschriebenen Weise bald mehr, bald weniger weit. Die Heftigkeit und Gefahr der auf eine Verletzung der Lunge folgenden E n t z ü n d u n g steht in geradem Verhältniss zu der Grösse

Lungenwunden.

607

und in umgekehrtem Verhältniss zu der Reinheit der Wunde. Gewöhnlich ist sie nicht lebensgefährlich; jedoch kommt es oft zur Abscessbildung, namentlich wenn fremde Körper in der Wunde zurUckblieben. Prognose. Die Gefahr der Lungenwunden ist im Allgemeinen geringer und ihre Prognose somit günstiger, als diejenige der Wunden anderer Eingeweide. So sind namentlich Verletzungen des Herzens, des Gehirns oder irgend eines Unterleibs-Organes, unter sonst gleichen Verhältnissen, gefährlicher als eine Lungenwunde. Die Blutung ist unter allen üblen Zufällen am Meisten zu fürchten, mag sie als Bluthusten, als Hämothorax, oder als Blutung nach Aussen auftreten. Sie ist desto bedeutender, je grösser-die verletzten Gefässe sind, mithin je näher an der Lungenwurzel die Verletzung stattgefunden hat. Ist nur der peripherische Theil der Lunge verletzt, so hört der Bluthusten bald auf, da die verletzte Lunge fortan nicht mehr unter dem Einfluss der Athembewegungen steht, sondern collabirt; die Blutung in die Pleurahöhle kann auch keinen bedeutenden Grad erreichen, wenn die Wunde sich alsbald schliesst oder geschlossen wird, indem die Luft, welche den oberen Theil der Pleurahöhle einnimmt, wenn sie auch durch das andrängende Blut comprimirt wird, doch schliesslich Widerstand leistet und somit nur eine theilweise Füllung der Pleurahöhle mit Blut gestattet. Anderer Seits wird die in die Pleurahöhle getretene Luft, wenn nur ihre Quelle versiegt, und demnächst auch der Blutcrguss mit überraschender Schnelligkeit resorbirt, wenn nicht fremde Körper oder anderweitige üble Einflüsse Entzündung und Eiterbildung veranlassen. Aber selbst bei eiternden Lungenwunden, wie sie namentlich nach Schussverletzungen beobachtet werden, darf man die Hoffnung auf einen günstigen Ausgang nicht fallen lassen. Das Emphysem hat nur dann eine üble prognostische Bedeutung, wenn es sich auf einen grossen Theil des Körpers oder in die Mittelfellräume verbreitet. Bchaudlniig. Die Wunde in der Thoraxwand muss sogleich möglichst genau geschlossen werden, damit weder Blut noch Luft heraustreten können, und durch die Entwickelung des Hämopneumothorax die Blutung aus der Lunge gestillt wird. Der Kranke muss absolut ruhig auf dem Rücken oder auf der verletzten Seite liegen, nicht sprechen, nur kühlende Flüssigkeiten geniessen und möglichst reine Luft athmen. Durch starke Aderlässe wollte man früher den Kranken zur „minima vita" bringen, oder doch die Kraft seines Kreislaufes entschieden schwächen. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben ergeben, dass nicht blos bei solchen Individuen, welche durch die Verletzung selbst bereits viel Blut verloren haben, sondern auch bei

608

Krankheiten der Thorax.

scheinbar Kräftigen die Aderlässe, mit Rücksicht auf die etwa zu erwartende Eiterung in der Pleurahöhle (welche die Kräfte sehr in Anspruch nimmt) bedenklich sind.

Wir werden

grosse Mittel keineswegs ganz verzichten.

aber deshalb auf dies

Man hat vielmehr jenen

Bedenken gegenüber zu erwägen, dass man durch die in der ersten Zeit nach der Verletzung gemachten Venäsectionen die Resorption des ergossenen Blutes begünstigt, einer ferneren Blutung in die Pleurahöhle und n a m e n t l i c h verletzten) Lunge Stromeyer

einer U e b e r f ü l l u n g der anderen

(Maximen, 2 . Aufl., Hannover,

(Grundzüge der allgemeinen Kriegschirurgie, in Betreff der A d e r l ä s s e

(un-

vorbeugt. 1861,

pag. 4 3 5 ) und

Pirogoff

Leipzig, 1 8 6 f , pag. 5 2 9 t>. f.) vertreten

ganz entgegengesetzte Ansichten.

Der Erstere erbtickt nur

in starken Aderlässen Heil f ü r den Verletzten, wahrend der Letztere auf absolute Ruhe ( « e i c h e namentlich

bei Rippenverletzung

durch

Hypsverbände gesichert werden

soll)

und gute Luft seine Hoffnungen setzt und Blutentziehungen f ü r c h t e t , weil die Kräfte des Kranken durch die unvermeidliche Eiterung ohnehin später nur allzusehr aurgerieben würden. — Der letzteren Auffassung möchte auch ich mich a n s c h l ö s s e n ; der Aderlass ist hier, wie beim pleuritischen Exsudat, nicht ein Mittel um die Entzündung zu heilen, sondern

er ist zur Verminderung des übermässigen Blutdrucks

in der anderen Lunge

(sofern ein solcher sich einstellt) erforderlich.

Wenn bei grosser Athemnoth die Percussion ergiebt, dass die durch den Bluterguss comprimirte Luft in der Pleurahöhle das Mediastinum nach der anderen Seite gedrängt hat und dadurch also auch die Function der unverletzten Lunge beeinträchtigt, so kann man durch den Probetroicart einen Theil der Luft entleeren, wobei die im VII. Capitel zu erörternden Vorsichtsmaassregeln nöthig sind. Namentlich muss eine Ventilvorrichtung am Troicart angebracht sein, welche zwar Luft a u s - , aber keine e i n s t r ö m e n lässt. Ueberdies darf eine solche Punction nicht früher gemacht werden, als bis man sicher ist, dass die Blutung gestillt sei; also erst nach 3 - 5 - Tagen. An Kaninchen gelang es J a c e n k o (vgl. pag. 6 0 3 ) , nachdem er dem Thiere f i n e L u n g e n n u n d e beigebracht und das verletzte Lüngenstück durch die dilatirte Wunde der Brustwand hervorgezogen hatte, sowohl die Blutung, als auch den Luftaustritt aus der Lunge dadurch zu hemmen, dass er das betreffende Stück durch eine bis au Ts Aeusserste zusammengeschnürte Ligatur ganz a b t r e n n t e (was bei t i e f e n Wunden aber gar oicht auszuführen w ä r e ) ;

daon wurde die Pleurahöhle mit

lauwarmem Wasser ausgespült,

demnächst, wie bei eiaer einfachen Pleurawunde (vgl. pag. 6 0 3 ) sorgfältig ausgepumpt, endlich die äussere

Wunde hermetisch

Heilung ohne Pleuritis.

geschlossen.

Der Erfolg war stets schnelle

Dies Verfahren wäre, wenn es beim Menschen versucht werden

sollte, doch immer n u r bei ganz frischen Verletzungen anwendbar.

Befindet sich ein f r e m d e r K ö r p e r (Rippensplitter, Geschoss etc.) in der Brustwunde, in der Pleurahöhle oder in der Lunge selbst, so ist es höchst wünschenswert!),

ihn baldigst zu entfernen.

Die Aus-

609

Lungenwunden.

ziehung ist jedoch nur dann statthaft, wenn sie nicht mit grösseren Gefahren verknüpft ist, als die Zurücklassung. (Vgl. Cap. VI.) Schoo das Sueben nach dem fremden Körper ist keinesweges gefahrlos. man noch nickt bestimmt, ob die Wunde p e n e t r i r t ,

Weiss

so darf man sie gar n i c h t , auch

nicht mit dem Finger sondiren (vgl. pag. 6 0 1 ) ; ist man aber auch von der Eröffnung der Pleurahöhle überzeugt, so könnte doch der untersuchende Finger' noch einen Rippensplitter verschieben und tiefer in die Lunge dringen oder der zufällig abgesperrten Luft n i e d e r den Weg bahnen. Untersuchung

der

Pirogoff

will d a h e r ,

Brustwunden

(mit

dem

auf Grund

reicher E r f a h r u n g ,

Finger) n u r

die

u n t e r folgenden Be-

dingungen gestatten: 1) die Wunde mus9 noch frisch s e i n ; 2 ) der Verwundete mu9s ohne sonstige Zeichen einer Lungenverletznrig über heftige Schmerzen bei den Respirationsbewegungen

klagen;

3) die Wunde darf nicht in einer mit dicken Muskelschichten bedeckten Gegend des Thorax sitzen. Ausserdem erklärt P i r o g o f f die Untersuchung und die Extraction auch für zulässig,, wenn der fremde Körper o f f e n b a r oberflächlich sitzt und von Aossen hindurchgefühlt werden kann. I n zweideutigen Fällen, wenn die Tiefe der Wunde unklar a n d der Wundgchmerz nicht sehr heftig, auch nicht scharf begrenzt ist, ratb P i r o g o f f den Finger sehr vorsichtig einzuführen, ond wenn man gar keinen fremden Körper in der Nähe der Eingangsöffnung fühlt oder ihn zwischen den festen, scharfen Rippenfragmenten eingekeilt findet,

von allen weiteren Explorations- und Extractionsversuchen

abzustehen.

Sind die oben angeführten 3 Bedingungen vorhanden, so soll man mit der Einführung der Zange nicht eilen, sondern vorher mit dem Finger so genau als möglich die Lage

ond Gestalt des fremden Körpers (namentlich

auch des oft deformirten Ge-

schosses) und die Beschaffenheit der Umgebungen (Rippenfragmente), n ö t i g e n f a l l s mit Hülfe der Wunderweiterung, zu erkennen suchen.

Das E m p h y s e m erheischt nur bei grosser Ausbreitung eine besondere Rücksicht. Niemals darf man, wenn es als Complieation zu einer gewöhnlichen Lungenwunde hinzutritt, seinetwegen die äusserlich schon geschlossene oder doch verklebte Wunde wieder öffnen oder gar dilatiren. Punctionen der emphysematösen Theile mit nachfolgender Compression reichen aus, um die Beschwerden zu mildern und die Heilung zu beschleunigen. Vgl. Bd. II. pag. 61.

D r i t t e s

C a p l t e l .

Verletzung der in der Thoraxwand verlaufenden Arterien. Die Verletzung eines der grösseren in der Thoraxwand sich verästelnden Gefässe (Art. mammaria interna und Art. intercostales) ist so selten, dass es wohl mehr Vorschläge zur Stillung der aus ihnen herrührenden Blutungen giebt, als zuverlässige Beobachtungen, ihrer B a r d e l o b e n , Chirurgie.

7. \ufl. III.

39

610

Krankheiten des Thorax.

Verletzung.

Wird eine der genannten Arterien subcutan (bei Rippen-

briiehen) oder in der Tiefe einer engen, schräg verlaufenden verletzt und zugleich

Wunde

die Pleurahöhle (wie dies wohl die Regel sein

dürfte) geöffnet, so läuft das Blut in die Pleurahöhle, und es entwickelt sich

mit

grosser

Schnelligkeit Hämothorax.

Besteht

eine

grössere

Wunde, so läuft das Blut in beträchtlicher Menge nach Aussen. Dm d i e Diagnose zu sichern, soll man, n e n n eine Verletzung der Artcria intercostalis vermuthet wird, ein rinneorörmig gebogenes Kartenblatt unter die entsprechende Rippe « b i e b e n : liefe das Blut unter demselben fort, s o käme es a u s dem Inneren der Brusthöhle, liefe es a b e r durch die gedachte Rinne a b , s o rührte es aus der Art. intercoslalis her. Um diesen vielgerübmten Versuch zu machen, miisste man e s mit einer ziemlich grossen Wunde zu thun haben oder dieselbe (was anderweitig wohl unzulässig sein wird) erst hinreichend dilatiren. Alsdann wird m a n aber durch den eingeführten Finger mehr erfahren, als durch das schwierigere Experiment mit dein Kartenblatt. Gewinnt man nicht die sichere Ueberzeugung, dass das Blut aus einer der Arterien der Thoraxwand komme, so ist es am Besten, Wunde wie eine einfach penetrirende zu behandeln, schliessen,

kalte Umschläge zu machen und, j e nach dem Grade der

Respirationsnoth, Aderlässe.

Wenn dagegen über die Quelle der B l u -

tung kein Zweifel ist, so muss m a n , wenn lässt, durch C o m p r e s s i o n fösses

die

d. h. genau zu

es sich irgend ausfuhren

oder U n t e r b i n d u n g

des blutenden

Ge-

sind besondere Instrumente

er-

der weiteren Blutung vorbeugen. Zum B e h u f der C o m p r e s s i o n

funden w o r d e n , deren Erwähnung um so überflüssiger erscheint, als sie dem Arzte gerade in dem Augenblick, schwerlich zur Hand das von- D e s a u l t

sein dürften.

angegebene

wo er sie b r a u c h t ,

doch

Ueberdies werden sie alle durch

Compressionsverfahren

ersetzt.

Man

schiebt eine Q Compresse (ein Stück weiche Leinwand) mit ihrer Mitte in die Brustwundtf e i n ,

so dass es einen

in die Brusthöhle

hinein-

ragenden Sack darstellt; durch die Ocffnung dieses Sackes stopft man Charpie oder ein Stück Schwamm ein und

zieht darauf an den vier

Ecken der Compresse, wodurch der im T h o r a x befindliche, mit Charpie gefüllte Sack

gegen die Wundränder

von Innen

her angepresst upd

somit das in der Wunde verletzte Gefäss comprimirt wird.

Hat man

den genügenden Grad der Compression c r r c i c h t , so befestigt man die Ecken der Compresse mit Heftpflasterstreifen oder Collodium, um die dauernde Compression

zu sichern.

Vollkommene Sicherheit

gewährt

dies Verfahren nicht, und die Gefahr der Wunde wird durch das Einstopfen

eines fremden K ö r p e r s , wenn

sorgfältig antiseptisch präparirt

sind,

nicht alle Verbandstückc sehr beträchtlich

erhöht.

Ueberdies

muss man die Hoffnung auf prima intentio von vornherein ganz aufgeben.

Bei Weitem

besser ist es d a h e r ,

zur U n t e r b i n d u n g

oder

611

Verletzungen der Arterien der Brustwand.

U m s t e c h u n g zu schreiten und diese, wo möglich, an der Stelle der Verletzung selbst auszuführen. Unterbindung der Arteria mammaria interna, nach G o y r a n d 1 ) . Ein Einschnitt von 5 — 6 Ctm. Länge wird zur Seite des Brustbeins, von dessen Rande anfangend, schräg von Oben und Innen nach Aussen und Unten gerührt. In dieser RichtuDg werden Haut, Panniculus und Pectoralis major durchschnitten, demnächst auch die aponeurotische Schicht getrennt, welche in dieser Gegend die Stelle des Intercostalis externus vertritt. Endlich trennt man auch die Fasern des Intercostalis internus vorsichtig, indem man sie mit zwei Pincetten erhebt und nach Oben und Unten auseinanderzieht, und findet die Art. mammar. interna dicht hinter ihm, begleitet von zwei Venen, ganz nahe am Rande des Brustbeins, von der Pleura durch die Muskelbündel des Triangularis sterni getrennt. Die Unterbindung selbst macht alsdann keine Schwierigkeiten. Die Blosslegung aber, welche in den ersten 3 Intercostalräumen gleichfalls bei einiger Uebung leicht gelingt, ist im vierten Intercostalraume bereits schwierig und im fünften und sechsten fast unausführbar. Dies Verfahren ist auf die i n d i r e c t e Ligatur berechnet.

Man soll die Arterie

oberhalb der verletzten Stelle, also ihren centralen Theil unterbinden.

Es würde daher

kein besonderer Vorwurf sein, dass die Ausführung dieses Verfahrens f a s t n u r auf die ersten

3 Intercostalräume beschränkt

Blutung zu s e i n ,

würde hier,

ist.

wie überall

Aber,

um vollkommen

die d i r e c t e

sicher gegen

Unterbindung

die

empfohlen

werden m ü s s e n , für welche die Erweiterung der YVunde, nöthigenfalls auf Kosten des Rippenknorpels, erforderlich sein würde.

U n t e r b i n d u n g d e r A r t e r i a i n t e r c o s t a l i s . Man folgt dein unteren Rande der Rippe, indem man alle bedeckenden Weichtheile, zuletzt auch die Fasern des Intercostalis sorgfältig ablöst. Im hinteren Dritttheil der Rippen liegt das Gefäss gewöhnlich so tief in der Furche des Rippenrandes, dass es schwer zu finden und noch schwerer mit einem hakenförmigen Instrumente (zumal ohne Zerrung des gleichnamigen Nerven) zu umgehen sein wird. In dieser Region kann aber eine Verletzung der Artcria intercostalis, aus demselben Grunde, ohne gleichzeitige Continuitätstrennung der Rippe nicht vorkommen. Man wird daher noch weniger als bei Verletzungen der Mammaria verleitet sein können, die indirecte Unterbindung zu bevorzugen, sondern auch hier das blutende Gefiiss in der, nöthigen Falles dilatirten, Wunde zu fassen suchen. ' ) Lancette française, 1 8 3 4 , 3 0 . Septbr.

39*

612

Krankheiten des Thorax.

Viertes CapKel. H e r z w u n d e n

1

) .

Nicht blos im Munde des Volkes, sondern auch bei vielen Aerzten hält sich noch die poetische Anschauung von der unabwendbaren Lebensgefahr der Herzwunden. Man hielt sie früher für augenblicklich und absolut tödtlich. Die H e r z w u n d e n s i n d a b e r n i c h t a l l e a b s o l u t t ö d t l i c h . Dies gilt zunächst ohne Zweifel für diejenigen, welche entweder blos den Herzbeutel geöffnet haben oder zwar in die Herzsubstanz eindringen, aber keine der Herzhöhlen geöffnet und keins der Kranzgcfässe des Herzens verletzt haben. Aber auch diejenigen, welche in eine der Herzhöhlen, namentlich in einen Ventrikel eindringen, tödten nicht immer. Erfahrungen der Art sind von Jauern häufig an Thieron gemacht n o r d e n , in deren Herzsubstanz sie nicht blos bis in die Ventrikel eindringende Narben, sondern auch in diesen HShlen med.

selbst liegende Kugeln

vorfanden. —

Latour

des causes essentielles et prochaines des hämorrhagies,

(llistoire philosoph. et Tom. I. pag 7.i)

be-

schreibt eine Beobachtung der A r t , die an einem Soldaten gemacht w u r d e , der sechs J a h r e vor seinem Tode durch vollständig gebeilt.

eine

Klintenkugel

verwundet war.

Diese Wunde war

Die Kugel lag eingekapselt iin rechten Ventrikel, nahe der Spitze,

zum Theil vom Endocardium bedeckt und gpgrn die Scheidewand der Ventrikel angedrängt. — Besonders lehrreich ist der durch die Section

mit voller Sicherheit erwiesene Fall

voo Streifschnss des linken Ventrikels, welchen S t e u d e n e r Wochenschr. 1 8 7 4 . pag. 79) beobachteten.

und I V i l c k e (Berl. kl.

Als 15 Wochen nach der Verwundung der

Tod in Folge der durch dieselbe Kugel bewirkten Riickenmarkszerreissung erfolgte, fand m a n die 2 £ t m .

breite Furche am Herzen vernarbt, die Musculatur dahinter aber nur

I ' / , Millim. d i c k , so dass diese Stelle sich bei Füllung des Herzens

mit Wasser er-

beblich hervorbaucble. Möglich ist auch, dass eine Flinienkugel in's Herz gelangt, ohne dass eine Herzwunde b e s t e h t ,

freilich aber nicht ohne eine tödlliche Wunde.

Blumhardt

hat im

Correspondenzblatt d. Würtemberg. Aerzle, 1 8 5 1 , einen solchen Fall beschrieben. Kngel w a r , wie

genau erwiesen w u r d e ,

aus dem linken Aste der Lungenarterie,

Die in

welchem der Schusscanal endete, in das Herz gefallen. In Betreff der Z e r r e i s s u n g c n

des H e r z e n s

durch Erschütterung oder Quet-

schung des Thorax vgl. Cap. I., pag. 5 9 0 .

Je enger der Wundcanal, desto weniger gross die Lebensgefahr. Namentlich sind Stichwunden, wclche mit Pfriemen, sehr schmalen Messern und ähnlichen Instrumenten beigebracht werden, minder gefährlich; Verletzungen mit einer dünnen Nadel (einer sogenannten Acupunctur-Nadel) sind nahezu gefahrlos. Unter sonst gleichen Verhältnissen sind die Verletzungen desto ' ) Vgl. G e o r g beutels.

F i s c h e r (in Hannover),

Archiv f. klin. Chirurgie.

die Wunden

Bd. IX.

Ilft. 3.

des Herzens

und

des Herz-

613

Herzwunder).

gefährlicher, je dQnnçr die Wandungen der Herzhöhle sind, in welche die Wunde penetrirt. Dies erklärt sich aus der grösseren Leichtigkeit, mit welcher ein enger und langer Wundcanal, dessen Wandungen sich überdies ungleichmässig verschieben, durch Blutgerinnsel dauernd verstopft werden kann. So stehen denn auf der Scala der Lebensgefahr die Wunden der Vorhöfe obenan. Nach N é l a t o n (I. c., pag. 471) führen die Wunden der Herzkammern

schneller

zum Tode, als diejenigen der Vorböfe. — A. G é r a r d (Essai s u r la lélbalité des plaies p é n é t r â m e s du coeur.

Strasbourg, 1 8 5 8 ) behauptet, die Wunden des linken Ventrikels

seien gefährlicher, als die des rechteo.

Penetrirende Herzwunden sind aber, selbst bei bedeutender Grösse, doch n i c h t i m m e r s o f o r t t ö d t l i c h . P a r é e r z ä h l t , dass ein im Duell Verletzter noch 2 0 0 Schritte lief, obgleich die Wunde im Herzen- gross genug war, um den Finger einzuführen. Sansón

gesammelt (Des plaies du coeur, Paris, 1827). —

Beobachtungen d e r Art ist die von F e r r u s Paris, 1 8 3 6 , Totn. II. pag. 4 0 2 ) .

Aebnliche Fälle h a t

Eine der merkwürdigsten

(Repertoire d'anatomie

et de physiologie,

Oer Verletzte lebte 2 0 Tage lang mit einem Stilet im

Herzeo, welches das Herz von einer Seite zur anderen durchstochen hatte. — Beobachtungen von llerzwuuden, welche erst

nach

Neuere

längerer Zeit den Tod z u r Folge

hatten, linden sich in C a n s t a t t ' s Jahresbericht, 1831, Bd. IV. pag. 2 5 u. 2 0 .

D u p u y t r e n hat vorzugsweise darauf aufmerksam gemacht, dass auch die R i c h t u n g d e r W u n d e im Verhältniss zur Anordnung der Muskelfasern der Ventrikel und der Umstand, ob das verletzende Instrument längere Zeit in der Wunde verweilt hat, oder sogleich wieder ausgezogen ist, für die Frage nach der Lebensgefahr Uberhaupt und namentlich nach der unmittelbaren Lebensgefahr von Bedeutung ist. Tödtlich werden Herzwunden (abgesehen von der nachfolgenden Pericarditis) entweder durch Blutung nach Aussen oder durch Füllung des Herzbeutels mit Blut und dadurch bedingte Behinderung der Herzbewegung. Auf letzterem Wege kann auch eine ungemein enge Stichwunde, welche einen Vorhof, das Anfangsstück der Aorta oder ein Kranzgefäss getroffen hat, tödten, ohne die geringste Blutung nach Aussen. Erfolgt ein solcher Bluterguss sehr schnell, z. B. aus einer bereits glücklich vernarbten Wunde bei unzweckmässigem Verhalten, so findet man den Herzbeutel strotzend gefüllt mit halbflüssigem, halbgeronnenem Blute; der Tod ist dann ganz plötzlich 1 ). Strömt das Blut allmälig in den Herzbeutel, so wird es durch die noch fortdauernden Bewegungen des Herzens (ähnlich, wie man es zur Darstellung des Faserstoffes thut) geschlagen, so dass der Faserstoff sich in Gestalt von Fasern und Häuten abscheidet u n d , dem Herzen ad>) So i . B. in

dem Falle von T r u g i e n ,

London medie. Gazette,

C a n s t a t t ' s Jahresbericht 1 8 5 1 , Bd. IV. pag. 2 6 .

1 8 5 0 , pag. 4 2 ,

614

Krankheiten des Tborax.

härirend, ein Cor viliosum darstellt, welches den Unkundigen zur Annahme einer Pericarditis veranlassen kann. Die DiagllOSC ist nicht leicht. Lage und Richtung der (freilich oft sehr unscheinbaren) W u n d e , die Art der Verletzung, die grosse Angst, die häufigen Ohnmächten, der kleine und unregelmässige Puls, die Athemnoth, die Blässe des Verletzten und der ihn Uberlaufende kalte Schwciss gestatten jedoch meist einen ziemlich sicheren Schluss. Auscultation und Percussion der Herzgegend vervollständigen die Diagnose, namentlich wenn aus der äusseren Wunde kein oder wenig Blut ausfliesst. Der Blutcrguss im Pcricardium macht sich durch ausgebreitete Ilcrzdämpfung, Verdeckung der normalen Herztöne und durch Geräusche, welche durch Verschiebung der Gerinnsel erzeugt werden, beinerklich. Jedoch fehlt es in dieser Beziehung noch an hinreichend genauen Untersuchungen. Bei der BcbandlDIlg der Herzwunden ist die erste Aufgabe, die äussere Wunde so genau als möglich zu schliessen. Demnächst macht man einen starken Aderlass, um die Kraft des Blutstromes zu schwächen, und wiederholt diese Blutentziehung, je nach Bedürfniss, mehrmals. Der Kranke muss vollkommen ruhig liegen, weder sprechen, noch feste Speisen gemessen, auch Flüssigkeiten nur in geringer Menge und stets kühl (EisstUckchen). Auf die Herzgegend legt man Eisbeutel. Gelingt es mit Hülfe dieser Behandlung, den Kranken die ersten Tage hinzuhalten, so muss man durch den Nachlass der subjectiven Symptome sich in keiner Weise bestimmen lassen, ihm auch nur die allergeringsten Anstrengungen zu gestatten. Er muss wochenlang ruhig liegen, bei schmaler Kost, unter sorgfältiger Aufsicht und Pflege, damit nicht durch eine plötzlich gesteigerte Herzthätigkeit das verstopfende Gerinnsel fortgespült, oder die frische Narbe wieder zerstört werde. Für diesen späteren Abschnitt der Behandlung dürfte auch die Digitalis Nutzen gewähren. Jedenfalls darf man erst nach mehreren Monaten dem Verletzten die Rückkehr zu voller Thätigkeit gestatten und muss selbst dann noch die Vermeidung aller Excesse dringend empfehlen 1 ). In Betreff der Frage, ob das verletzende I n s t r u m e n t , n e n n es noch in der Wunde steckt und gefasst werden k a n n , sogleich oder erst s p ä t e r , ziehen s e i , ist der Fall von F e r r u s b e d e u t s a m , f o r t d a u e r t e , obgleich eine spitze Feile, die in den nicht ausgezogen wurde. werden,

vielleicht gar nicht auszu-

in dem das Leben

noch 2 3 Tage

linken Ventrikel eingestossen war,

Das späte Ausziehen k ö n n t e jedoch nur dadurch gerechtfertigt

dass m a n sich -der Hoffnung b i n g i e b t , es werden die in der Umgegend

fremden Körpers sich festsetzenden Gerinnsel eine Decke über ihm bilden.

des

Dagegen

ist andererseits zu erwägen, dass die nachfolgende Entzündung an sich gefährlich ist u n d , indem sie die Wandungen des Wundcanals ' ) Vgl. D u p u y t r e n ,

rings

u m den eingedrungenen Körper

Blessures p a r armes de guerre, Tom. II.

615

Lungenvorfall.

tlarr m a c h t , die Verschiebung dieser Wandungen, durch welche nach der Ausziehung der Verschluss der Wunde begünstigt werden würde, unmöglich macht. S o dürfte denn die f r ü h z e i t i g e Ausziehung, welche von Laien gewiss immer instinetiv geübt werdea wird, auch vom ärztlichen Standpunkte zu empfehlen sein, obgleich sich erwarten läset, dass sofort Blutung, vielleicht auch der Tod, darauf folgt.

Fünftes

Vnpilel.

Lungenvorfall und Lungenbruch. L u n g e n h e r n i e (Pneumocele) nennen wir die Verschiebung eines Lnngenstücks, zwischen

bei

welcher

den Rippen

dasselbe

muskeln oder auch nach einem somit

eine Geschwulst u n t e r

brauchen Theiles

Manche

unter

nach vorgängiger

denselben

der

unversehrten

Zerreissung

der

Haut

Intercostal-

Hippenbruch hervorgedrängt ist und der Haut

Namen

darstellt; mit Unrecht

auch

für

den

Vorfall

der L u n g e aus einer penetrirenden

Brustwunde.

Die Entstehung des L u n g e n v o r f a l l s ,

Prolapsus

geeines

pulmonis,

erscheint auf den ersten Blick schwer zu erklären, da die L u n g e unmittelbar nach Eröffnung der Pleurahöhle

zusammensinkt

und

nach

physikalischen Gesetzen zusammensinken muss, wenn sie nicht durch Adhäsionen festgehalten w i r d ; ist aber letzteres der Fall, so kann sie wiederum nicht vorfallen. indem man a n n a h m ,

Man glaubte den Vorfall erklären zu können,

die Lunge

werde bei der Exspiration

von der

in die Pleurahöhle eingedrungenen Luft herausgeschleudert.

Dies ist,

da die Lunge durch die im Cavutn pleurae befindliche Luft gegen ihr Punctum

fixum

(die Lungenwurzel) comprimirt w i r d , schwer

sehen;

auch spricht d a g e g e n ,

Lunge

nicht schlaff und blutleer,

funden hat.

Malgaigne

einzu-

dass man den vorgefallenen Theil der sondern

von Luft ausgedehnt

giebt folgende Erklärung.

Der

ge-

Verletzte

athmet krampfhaft; bei der Exspiration ist seine Stimmritze in hohem Grade verengt; d i e m ä c h t i g w i r k e n d e her

bei

jeder

unverletzten

Exspiration Lunge

gegen

einen die

Bauchpresse treibt Theil

Seite

der

der

Luft

aus

Verletzung

dader hin-

ü b e r ; das Gebiet einzelner Bronchialästc auf der verletzten Seite wird gefüllt und gerade dies drängt sich, während der Thoraxrautn nach allen Richtungen verengt wird, aus der W u n d e hervor.

W e n n diese

Erklärung richtig ist, so muss der Vorfall der L u n g e unmöglich sein, sobald beide Pleurahöhlen geöffnet sind, oder eine grosse Oeffnung in der Luftröhre angelegt ist.

M a l g a i g n e führt als Stütze seiner Theorie

an, dass der Lungenvorfall sofort zurücktrete, sobald der Kranke

frei

616

Krankheiten des Thorax.

ausathme. — P r o l a p s u s p u l m o n i s ist immer nur bei grossen Wunden in der Gegend des unteren Randes der Lungenflügel, namentlich bei Schusswunden mit Substanzverlust und auch unter diesen Verhältnissen s e h r s e l t e n beobachtet worden. Gewöhnlich wird das vorgefallene Lungenstück bei der Inspiration zurückgezogen und bei der Exspiration hervorgetrieben. Der seltenste unter diesen seltenen Fällen ist, dass der vorgefallene Lungentheil in der Wunde liegen bleibt und eingeklemmt wird. Alsdann verdunstet die Feuchtigkeit auf der Oberfläche, so dass jede Aehnlichkeit mit einem Stück Lunge verschwindet. Der vorgefallene Theil der Lunge ist äusserst wenig empfindlich und erträgt zufällige Verwundungen und absichtliches Abbinden ohne wesentlichen Nachtheil. P i r o g o f f (Grandzüge der allgem. Kriegschir. pag. 5 1 3 ) glaubt, dass in älteren Beobachtungen

oft das brandige N e t z ,

welches durch eine

zugleich

das

Zwerchfell

penetrirende Bruslwunde prolabirt war, f ü r Lunge gehalten worden sei.

Die B e h a n d l u n g besteht, wenn der Fall noch ganz frisch und die Wunde für die erste Vereinigung geeignet ist, in dem Zurückbringen und Zurückhalten des vorgefallenen Lungenstücks. Geht es von selbst zeitweise zurück, so hat man nur im Augenblick des Zurücktretens die Wunde genau zu schliessen. Trockenheit der Lungenoberfläche soll nicht von der Reposition abhalten. Die Heilung erfolgt durch Verwachsung der Pleura pulmonalis mit der costalis im Umfange der Wunde und Verdickung der ersteren. Findet man das vorgefallene Stück eingeklemmt oder bereits brandig, so überlässt man die Abslossung der Natur. Die Geneigtheit zum Brande scheint ziemlich gross zu sein, weshalb P i r o g o f f die Regel aufstellt, das prolabirte Stück in der Wunde liegen zu lassen. Der im Allgemeinen sehr seltene L u n g e n b r u c h , P n e u m o c e l e , H e r n i a p u l m o n i s , entsteht am Häufigsten nach beträchtlichen Substanzverlusten der Thoraxwand, wenn die Hautwunde längst geheilt, der Hämopneumothorax resorbirt und die Lunge wieder zu ihrer alten Ausdehnungsfähigkeit und normalen Function zurückgekehrt ist. Alsdann ist leicht einzusehen, wie bei einer angestrengten plötzlichen Exspiration (Husten, Drängen u . s . w . ) ein Theil der Lunge gegen die lückenhafte oder doch weniger widerstandsfähige Stelle der Brustwand angedrängt und endlich hervorgepresst werden kann; so namentlich nach einem grossen Substanzverlust an einer oder mehreren Rippen, nach Schusswunden u. s. f. Seltener hat man die Entstehung einer Hernia pulmonis ohne vorausgegangene Verletzung der Brustwand, ausschliesslich durch die Kraft der Bauchpresse beobachtet.

617

Lungenbruch.

Dabei wäre möglich, dass die schwachen lntercostalmuskeln vor der Lunge her gedrängt würden, und somit die Bedeckung der Bruchgeschwulst nicht blos aus der äusseren Haut und der Pleura, sondern auch aus jener Muskelschicht bestände. Dazu würde aber- ein hoher Grad von Atrophie und Dehnbarkeit der Intcrcostalmuskeln gehören. Es ist viel wahrscheinlicher, dass an der Stelle der Lungenhernie die lntercostalmuskeln, wenn auch Anfangs nur in sehr geringer Ausdehnung, durchbrochen und auscinandergedrängt werden. In der Mehrzahl solcher Fälle hat man überdies nachweisen können, dass Quetschungen der Brustwand vorausgegangen waren, die vielleicht schon eine unbemerkt gebliebene Continuitätstrennung der lntercostalmuskeln veranlasst halten. Endlich kommen in Verbindung mit Rippendefecten auch angeborene Lungenhernien vor. Vgl. pag. 597. Die Lungenhernie stellt eine, in der Re^el nicht sehr umfangreiche Geschwulst dar, welche sich weich anfühlt, leicht zusammengedrückt werden kann, wobei man eine Art von Crepitation hört, sich auch leicht reponiren und durch den einfachsten Verband zurückhalten lässt. Bei d e r E x s p i r a t i o n wird die Geschwulst g r ö s s e r , b e i d e r I n s p i r a t i o n k l e i n e r . Vermag der Patient den Athem einige Augenblicke anzuhalten, so verschwindet die Geschwulst fast gänzlich, und man kann mit dem Finger, indem man sie zurückdrängt, die Oefinung in der Thoraxwand unter der unversehrten Haut fühlen. Das Geräusch, welches man beim Eindringen der Luft in den vorliegenden Theil der Lunge hört, soll dem crepitirenden Rasseln ähnlich und von dem gewöhnlichen Respirationsgeräusch durch seine grössere Stärke und Deutlichkeit unterschieden sein. Das Zusammensinken der Geschwulst n ä h r e n d der Inspiration erklärt sich leicht, wenn man bedenkt, d a s s , während der Thorax erweitert w i r d , durch die von Aussen drückende

L u f t Alles, was überhaupt in ihn zurückweichen

Druck zurückgedrängt eindringt.

wird,

Ist die Hernie

mit welchem die beweglich,

in die Brusthöhle z u r ü c k t r e t e n ;

kann,

durch

denselben

Luft in die Luftröhre und die Lunge

so wird sie daher bei der Inspiration

gänzlich

ist die Lunge in der Oeffnung der Thoraxwand fest-

geheftet, so wird sie wenigstens zusammensinken, bei der Exspiration aber, namentlich wenn diese stossweise (wie beim Husten) erfolgt, am Stärksten anschwellen.

Bei Berücksichtigung dieser Symptome wird es nicht leicht möglich sein, eine Lungenhernie mit einer anderen Geschwulst, etwa mit einem L i p o m oder einem kalten A b s c e s s , zu verwechseln. Cruveilhier

(Anat. patbologiqne du corps hnmain, Livrais. XXI.) m a c h t darauf

a u f m e r k s a m , dass eine Verwechselung mit einem abgekapselten E m p y e m , welches die lntercostalmuskeln bereits durchbrochen hat, Statt haben kann.

Auch in diesen Fällen

wölbt sich in der Tbat die Geschwulst starker hervor, wenn kraftig exspirirt wird, u n d tiitt bei der Inspiration z u r ü c k ; aber die Fluctuation ist dann deutlich, und die A u i cultation vervollständigt die Diagnose.

Deberdies hilft meist die Anamnese.

618

Krankheiten des Thorax. Durch ungewöhnliche Grösse zeichnete sich die von T h i l a y e beobachtete H e r n i a

p u l m o n a l i s aus, « e i c h e G r u v e i l h i e r anatomisch untersuchte. wurden, während

er zwischen einer

Wagendeichsel und einem

Einem jungen Manne Baumaste

w u r d e , die dritte und vierte Kippe der rechten Seite zermalmt. pjg

jg

'

S

UQ|j

gequetscht

Er genas z w a r , be-

hielt a b e r a n dieser Stelle h i n t e r d e m Pectoralis m a j o r eine Lücke in der Brustwand,

s

j

H

d

u

r

c

X A|

h

welche, namentlich beim Husten, die

Lunge in der Art h e r v o r t r a t , dass sie die ^

Weichtheile s t a r k hervonvölbte. derte

den

Arbeit. ^ ^ S f c ^ H B t y ^ p ^ ^ » ^ ^ , ^^pfcj



6'al,en

fk i



-

Cholera.

An

man

"

der

dritten

\

umgebene uud

vierten

Lücke Rippe,

eine Schicht Fettge-

an

ihrer

inneren

Fläche

glatte,

seröse Tasche, einen wahren Bruchsack, in

^ s j w " «

welchem das anscheinend normale L a n g e n -

fcwi'V

stück enthalten war. ' ,

\ V . \

Lebens-

demnächst sogleich eine halbdurch-

sichtige,

¿ ^ ^ S j r j * ^ ^ ^

schwerer

Bei d e r Section fand

unter der Haut

webe,

Dies h i n an

d e r Leiche fühlte

Knochenrändern

zwischen

nahe dem Sternum.

x

Vv

keineswegs

Er starb erst itp 77sten

j ä h r e an

' ,

x

Mann

Peeloralis m a j o r und

minor fehlten im ganzen Umfange der Ge\

\ : - ^

•\

s c h w u l s t ; der

Bruchsack

ging

unmittelbar

' n i i « Pleura costalis ü b e r ; die Lunge war durch pleuritische Adhäsionen im Umkreise

"

— — • • • *

„r

festgeheftet.

Es musste zweifelhaft gelassen

werden, ob der Brucbsack wirklich blos von der ausgedehnten Pleura gebildet trachten von zwei

sei.

oder als Neubildung einer serösen Membran zu be-

Jedoch möchte schwer zu begreifen s e i n ,

Rippen

die Pleura

nach den am Lebenden gemachten Beobachtungen, stattgefunden.

wie bei der Zertrümmerung

unversehrt geblieben sein sollte.

Bei der Section

Eine Exfoliation hatte,

an den fracturirten Rippen

nicht

fand sich als untere Begrenzung der Bruchpforte die

sehr verdünnte und mit ihrer hinteren concaven Fläche aufwärts gewandte vierte Rippe, welche weiter nach lntercostalmuskeln

Hinten und Aussen durch festes Narbengewebe, welches mit den z u s a m m e n h i n g , mit der dritten Rippe verbunden war.

Die obere

Begrenzung bildete ein schmaler Knocbenstreif, wahrscheinlich neugebildet, welcher von d e r dritten Rippe schräg zum Knorpel der vierten hinabstieg.

Die Spuren der früheren

Verletzung waren überdies auch an der zweiten und dritten Rippe deutlich.

Sechstes Capltel.

Fremde Körper im Thorax. Die fremden Körper, welche vom Munde aus in die Luftwege oder in die Speiseröhre geratben, wurden bereits in d. XIII. und XIV. Abth. erläutert; hier handelt es sieb um die d u r c h die B r u s t -

619

Fremde Körper.

w a n d e i n g e d r u n g e n e n fremden Körper, meist Geschosse, Messer-, Degen-, Bajonett- und Lanzenspitzen, Rippensplitter, Theile der Kleidung (namentlich bei Schusswunden), auch wohl VerbandstUcke. Abgesehen von der sonstigen Beschaffenheit der fremden Körper, ist es von grösster Bedeutung, ob sie iin Thorax nur mechanisch oder auch als Fäulnisserreger Schaden stiften. In mechanischer Beziehung ist vor Allem zu unterscheiden, ob sie in der Brustwand festsitzen oder im Inneren des Thorax sich befinden. 1. D e r f r e m d e K ö r p e r s i t z t in d e r B r u s t w a n d f e s t u n d i s t i i u s s e r l i c h n o c h z u s e h e n u n d z u f ü h l e n . Die Ausziehung ist in diesen, relativ seltenen Füllen leicht, wenn der fremde Körper blos in den W'eichlheilen festsitzt, dagegen in der Regel schwierig, wenn er in einen Knochen eingetrieben ist. Lässt sich eine abgebrochene Klinge oder eine Kugel nicht fassen, so muss man, gerade wie am Schädel, das KnochenslUck, in welchem sie festsitzt, mit entfernen, d. h. trepaniren oder reseciren. Die Resection einer Rippe zum Behuf der Extraction eines fremden Körpers muss jn möglichst geringem Umfange und namentlich mit Schonung der Pleura geschehen. Man versucht zuerst mit einem starken Messer oder Meissel die Knochensubstanz in der nächsten Umgebung des fremden Körpers herauszuschneiden. Auf solche Weise gelingt es, namentlich bei eingekeilten K u g e l n , wenigstens von der einen Seite soviel Raum zu gewinnen, um einen Hebel unterschieben und sie damit herausheben zu können. Auch bei abgebrochenen Klingen wird dadurch oft eine hinreichende Lockerung erreicht und zugleich für das Fassen mit einer Zange Platz geschafft. Wegen der bei Schusswunden häufig vorkommenden Splitterung der Rippen mit Eintreibung der Bruchsplitter zu reseciren, ist, nach den vorliegenden Erfahrungen, nicht gerechtfertigt ( S t r o m e y e r ) . Lose Splitter sucht man zu entfernen, was aber in der Tiefe langer Schusscanäle oft äusserst schwierig wird. Die Ausziehung fremder Körper bis zur Zeit der Eiterung zu verschieben, wird zwar von Manchen, auf Grund günstiger Erfolge, empfohlen, kann aber gewiss nicht als Regel gelten; dagegen sind in allen zweifelhaften Fällen sowolil in Betreff der Aufsuchung als auch der Ausziehung fremder Körper die von P i r o g o f f gegebenen Vorschriften (pag. 609 u. f.) wohl zu beachten. P e r c y (Manuel de Chirurgie d'armee, pag. 1 2 3 ) zog ein 1 8 Clm. l a n g e s ,

dicht

an der Haut abgebrochenes Stück einer Stossdegenklinge, welche durch die Lunge bis in den Körper des vierten Brustwirbels eingestossen war, mit grosser Schwierigkeit u n d , wie er s a g t , zo s p ä t

aus.

Der Kranke s t a r b bald darauf.



Einem Officier der

620

Krankheiten des Thorax.

Pariser Nationalgarde wurde 1836 in die hintere Seile der linken Tboraxbälfte in der Richtung gegen die rechte Brustwarze ein Ladestock, der im Klintenlauf geblieben war, eingetrieben. bis

zur

E r ragte nur 13 Ctm. heraus, so dass man ermessen konnte, er müsse

vorderen

Brustwand

eingedrungen

keine besonderen Zufälle auf,

nur wenig

sein.

Gleich nach der Verletzung traten

Schmerz.

Velpeau

glaubte

die

Eiterung

abwarten zu müssen, um dann die Extraction mittelst eines besonders zu construirenden Instrumentes leichter und mit geringerer Gefahr vornehmen zu können. Aber das sinnreiche Instrument kam nicht zur Anwendung; der Kranke starb am 4. Tage. Ladestock war durch einen Wirbelkörper eingedrungen, inferior unter der llasis Seite

in der vorderen

des Herzens durch die Lunge gegangen Brustwand stecken geblieben.

Cadaver nur mit vieler Mühe.

Velpeau

und auf der rechten

Die Extraction

gelang auch am

¡Nouv. élémens de méd. opérât., Paris, 1839)

räth, in ähnlichen Fallen die Extraction s o g l e i c h vorzunehmen. — nahme bildet folgender Kall.

Der

dann nahe an der Vena cava

Bei der Section

Eine seltene Aus-

eines Sträflings in Rochefort fand man

in der Brusthöhle die 8 Ctm. lange Spitze eines Stockdegens, welche die Lunge durchbohrt

hatte und einerseits an der 1. Rippe,

von Knochenneubildungen umfasst, Jahre vorher stattgefunden; zurückgeblieben sei.

festsass.

andererseits am Köpfchen der 4. Rippe, Die Verletzung hatte wahrscheinlich 15

nichts batte darauf hingewiesen, dass ein fremder Körper

Vgl. B e r c h o n ,

Gaz. bebdom., 1861, pag. ¿ 0 9 .

11. D e r f r e m d e K ö r p e r h e f i n d e t s i c h g a n z innerhalb der Brusthöhle. In solchen Fällen kann man zuweilen mit dem durch die Wunde eingeführten Finger (oder Katheter) den eingedrungenen Körper, namentlich eine Kugel fühlen. Solche Untersuchungen bedürfen aber der grössten Vorsicht. Vgl. pag. 608 u. flgd. Die Zufalle sind (abgesehen von den Verletzungen des Herzens, der grossen Gefässe, des Rückenmarks) verschieden, je nachdem der fremde Körper in das Cavum mediastini oder in die Pleurahöhle eingedrungen ist, und in letzterem Falle wieder, je nachdem er in der Pleurahöhle frei beweglich liegt oder in der Lunge festsitzt. a. F r e m d e K ö r p e r im C a v u m m e d i a s t i n i . Entzündung des im Mittelfellraume gelegenen Bindegewebes und darauf folgende Bildung eines s u b s t e r n a l e n A b s c e s s e s , auch Entzündung und Eiterung des Pericardiums sind die hier zu fürchtenden Zufälle. Fast immer handelt es sich um Geschosse. Man findet die Kleidungsstücke durchbohrt, eine Wunde in der Gegend des Mediastinum, Schmerz in der Wunde selbst und hinter dem Sternum. Die Ausziehung ohne Erweiterung der Wunde ist unmöglich. Den Verletzten auf den Bauch zu legen, nützt nichts. Man muss also die Wunde mit Meissel oder Trepan hinreichend erweitern, um unter Leitung des Fingers mit einer Zange eindringen und die Kugel fassen zu können, — eine jedenfalls gefährliche u n d , bei der meist zweifelhaften Sicherheit der Diagnose, missliche Operation. b. F r e m d e K ö r p e r in d e r P l e u r a h ö h i e u n d in d e r L u n g e . Wenn ein fremder Körper in die Pleurahöhle, aber (was sehr selten)

Fremde Körper. nicht

in

die

Lunge

eingedrungen

ist,

621 so folgt er meist seiner

S c h w e r e und nimmt im relativ untersten Theile des seinen Platz.

Cavum

pleurae

Sind aber, wie so häufig, pleuritische Adhäsionen vor-

h a n d e n , so kann der fremde K ö r p e r ,

wenn er nicht in

die Lunge

dringt, durch diese aufgehalten werden und sogar nahe an der Wunde liegen bleiben.

In allen diesen Fällen handelt es sich abermals fast

ausschliesslich um Geschosse. eindringen

Ein solches kann auf der rechten Seite

und entweder durch

die rechte Lunge oder

durch

das

Cavum mediastini in das linke Cavum pleurae gelangen und daselbst matt hinabfallen. Abgesehen von den Zufällen, welche die Verletzung an

sich bedingt, veranlasst der fremde Körper Pleuritis

mit wahr-

scheinlich eitrigem Exsudat. Namentlich sind die durch Geschosse eingetriebenen

und oft gleichsam

splitter und Flintenkugeln

auf der Pleura

Stücke der Kleidung frei und beweglich

verderblich.

verstreuten

Rippen-

Nur selten sah man

ohne üble Zufälle im Thorax liegen.

S e h r selten wird der fremde Körper ohne Kunsthülfe entfernt, — einzelnen Fällen durch die Lunge.

in

Meist führt die Eiterung in der

Pleurahöhle zum Tode. Es wäre somit sehr wünschenswerth, bald auszuführen.

die Extraclion

Dies ist aber voraussichtlich

nur

möglichst

in dem

Falle

möglich, wo die Kugel durch alte Adhäsionen in der Nähe der Wunde zurückgehalten worden ist.

Anderenfalls würde man nur a u f s Gerathe-

wohl einschneiden können, und dadurch in der grossen Mehrzahl der Fälle den Zustand des Patienten sicher verschlimmern, die Kugel aber doch nicht heraus bekommen.

Somit ist man in der Regel genöthigt,

sie ganz sich selbst zu überlassen und die weitere Behandlung, j e nach den auftretenden Zufällen, einzurichten. Man räth auch den Kranken auf

die Seite zu l e g e n ,

damit die Kugel sich

der

Eintrittsöffnung

n ä h e r e ; dabei wird vorausgesetzt, dass diese Oeffnung bei der Seitenlage gerade die tiefste Stelle einnehme, was selten der Fall ist.

Wird

späterhin die Eiterung im T h o r a x bedeutend, so muss man vor Allem für freien Abfluss des Eiters sorgen (vgl. das folgd. Cap.) und, sofern dazu eine Eröffnung der Pleurahöhle erforderlich erscheint, in einem der tieferen Intercostalräume incidiren, nöthigen Falls auch eine oder zwei der unteren Rippen reseciren, um Platz zu schaffen. Bei einem Soldaten, welchem eine Kugel in' den oberen Theil der rechten Thoraxhälfte eingedrungen w a r , führte L a r r e y , da die Eiterung stetig zunahm, einen elastischen Katheter durch die olTene Wunde ein und entdeckte die Kogel im tiefsten Theile der Pleurahöhle, schnitt dort ein und konnte, nachdem 3 Becken voll Eiter entleert waren, die Kugel fassen und ausziehen. — In einem anderen Falle war die Kugel zwischen der 8 . und 9 . Rippe eingedrungen. Nach 5 Tagen schien, der Verletzte dem Tode nahe zu sein. Die Wunde wurde am oberen Rande drr 9 . Rippe dilatirt,

622 und

Krankheiten dea Thorax. sogleich

entleerten

und Gerinnselo.

sich mehrere Stücke Tuch mit einem Strome von Blutserum

Die W u n d e schloss sich; aber alsbald erfolgte Aufbruch des inzwischen

entwickelten Empyems u n t e r den falschen Rippen. Nach einiger Zeit entdeckte L a r r e y mit einem durch die übrig gebliebene FistelöfTnung eingeführten Katheter die Kugel im unteren Theile der Pleurahöhle.

Die Oeffnung wurde erweitert;

u m eine Zange ein-

führen zu können, m u s s t e ein Theil der Rippe mit dem Linsenmesser abgetragen werd e n ; dann gelang die Extraction. —

Mehrmals sah L a r r e y

Kugeln, die im

Thorarf

zurückgeblieben waren, 6ich in einem Intercostalraum hervordrängen. — Fälle, in denen Flintenkugeln

frei und

beweglich,

namentlich P e r c y gesammelt. und anderen

ohne üble Zufalle im Thorax liegen blieben,

hat

Auch hier zeigt sich der Unterschied zwischen Kugeln

fremden Körpern,

namentlich

Stücken

der

Kleidung.

Letztere wirken

stets bei Weitem verderblicher. — P a u l e t untersuchte den Körper eines Trompeters, dem

die rechte Brust von' einer Kugel mit einem 1 0 Ctm. langen Ganal durchbohrt

war.

Der Verletzte konnte schon nach 2 Monaten zum Regimente z u r ü c k k e h r e n ; aber

ein trockner Husten nölhigte ihn nach 1 0 Monaten in das Lazareth zu geben, wo er s t a r b . P a u l e t fand in einem vereiterten Lungenstück einen kleinen Lappen Tuch, etwa 2*/ a Ctm. lang, den die Kugel v o r s i e h her getrieben hatte.

( L e v e i l U , Nouvelle doctrine, T. III.)

P a u l V o g t extrahirte ein durch eine Brustfiste! (vgl. Cap. VII.) in die Pleurahöhle gefallenes,

fingerdickes

Stück L a m i n a r i a

mit glücklichem Erfolge, indem

er

aus der 6. und 7. Rippe mit Erhallung des Periost j e ein Stück resecirte, die Weicbtbeile des 6. Intercostalraums zwischen zwei Ligaluren

durchschnitt

Lücke unter Leitung des Fingers mit einer Kornzange einging.

und durch diese

Vgl. F. H o f f m a n n ,

über Empyem u. s w., Herl. klin. Wochenschr. 18C9. pag. 5 2 8 . Nachstehende (äusserst seltene) Beobachtungen a u s dem T b o r a x

sogar durch die Lunge h i n d u r c h Pigräy

zeigen, w i e

fremde

Körper

in f a s t u n b e g r e i f l i c h e r W e i s e o h n e Z u t h u n d e r

sah einen S o l d a t e n ,

i h r e n Weg n e h m e n

Kunst

können.

einige M o n a t e , nachdem er von-einer

penetriren-

den Schusswunde des Thorax geheilt war, ein 8 Clin, langes Rippenstück ohne weitere üble Zufalle aushusten.



Jacob

Guy

berichtete an F a b r i c i u s H i l d a n u s

einen Freund, der im Duell einen Degenstich nahe der rechten Achselhöhle halte.

über

erhalten

Nach der Heilung bestanden grosse Respirationsbeschwerden mit fortdauerndem

Husten und stinkendem Auswurfe.

Der Kranke b e m e r k t e , dass zwei CharpiebSuscbe,

die man in die Wunde gesteckt h a t t e ,

bei der Erneuerung des Verbandes nicht ge-

funden worden waren, weil man versäumt hatte, sie an Faden zu befestigen. 3 Monat s p a t e r wurden, unter heftigem H u s t e n , die beiden Charpiebäusche

nebst vielem Eiter

ausgeworfen, und I Jahr darauf entstand unter der schon vernarbten Stella der Verletzung eine äussere Entzündung, welche abscedirte, viel Eiter lieferte und lange Zeit fistulös blieb, ohne das Wohlbefinden zu stören. Aber dies sind seltene A u s n a h m e n ; häufiger führen selbst kleine Körper, wenn sie in die Lunge eindringen, zu tödtlicher Eiterung. weitig merkwürdige büchse durch

einen

Fall von K e r a u d r a n . Fusstritt

Einer

Dies zeigt z. B. der, auch anderFrau wurde eine geöffnete Nadel-

gegen ihre Brust geschleudert.

Eine Menge von Nah-

nadeln drang lief e i n ; wenige k o n n t e n sogleich wieder ausgezogen werden; die Mehrzahl kam nach m e h r oder weniger oberflache zum Vorschein. als sie unter

langer Wanderung an vielen Stellen der Körper-

Man glaubte die Frau schon f ü r geheilt ansehen zu können,

Erscheinungen

der

Lungenschwindsucht

erkrankte und starb.

Bei der

Section fand man in der Lunge e i n e N ä h n a d e l , von einem Eiterherde umgebed. — Vgl. auch pag. 4 6 3 u. f.

623

Pneumothorax.

Siebentes Capltel.

Von den Ergüssen in der Brusthöhle und ihrer Entfernung durch die Paracentese. I. E r g ü s s e i n d e r P l e u r a h ö h l e u n d d e r e n o p e r a t i v e

Behandlung1).

Die E r g ü s s e in der P l e u r a h ö h l e bieten Verschiedenheiten dar, j e n a c h ihrer Beschaffenheit, ihrer Menge u n d d e r ihrer E n t s t e h u n g G r u n d e liegenden V e r l e t z u n g oder A. 1.

Beschaffenheit des Blutiger

Erguss,

zu

Erkrankung.

Ergusses.

Hämothorax.

Blut in d e r P l e u r a h ö h l e

w i r k t n u r in g e r i n g e m G r a d e als E n t z ü n d u n g s r e i z ; da d e r

Bluterguss

a b e r in der R e g e l plötzlich auftritt, so b e d i n g t e r eine schnellsteigende u n d d e s h a l b oft gefährliche Compression der L u n g e . das

ergossene

ganzen

Blut

Körper

dem

eine

Kreislauf

relative

entzogen;

Blutleere

Ueberdics

es tritt

ein.

wird

daher in dem

Die V e r a n l a s s u n g

des

Häniothorax ist fast i m m e r eine Verletzung.

D a d u r c h w i r d die Diagnose

leichter, die P r o g n o s e besser.

und L u n g e

gesund

sind,

steht,

wenn

Da P l e u r a

keine

Resorption d e s B l u t e r g u s s e s z u Die S y m p t o m e sentlich folgende. noth,

die d u r c h

Meisten

voraussichtlich

Pleuritis i n t e r c u r r i r t ,

vollständige

erwarten.

eines B l u t e r g u s s e s in der P l e u r a h ö h l e sind

we-

K u r z e b e ä n g s t i g t e Respiration, U n r u h e und A t h c m aufrechte

gemildert w i r d ;

und

vornübergebeugte Stellung

Unmöglichkeit

auf

der

gesunden

l i e g e n ; E r l e i c h t e r u n g , w e n n der Patient mit g e g e n den L e i b

n o c h am Seite

zu

angezo-

g e n e n S c h e n k e l n im Bett sitzt; u n b e h a g l i c h e s G e f ü h l von S c h w e r e im u n t e r e n T h e i l e des T h o r a x , E m p f i n d u n g v o n Druck

auf das

Zwerch-

fell, z u w e i l e n a u c h heftige S c h m e r z e n an den Insertionspunkten selben.

Bei

plötzlichem

Wechsel

der

Lage

oder

absichtlicher

desEr-

s c h ü t t e r u n g d e s T h o r a x empfindet der Patient ( z u w e i l e n a u c h die an den

Thorax

angelegte

Flüssigkeit.

Hand

des W u n d a r z t e s )

die B e w e g u n g

einer

Die Seite des T h o r a x , in w e l c h e r der E r g u s s sich befindet,

erscheint a u s g e w e i t e t , d i e Intercostalräume v e r g r ö s s e r t , die R e g i o h y pochondriaca h ä l f t e wird

d e r s e l b e n Seite r a g t e t w a s h e r v o r .

b e i m Respiriren

weniger bewegt,

Die k r a n k e T h o r a x -

als die

gesunde.

Zu-

' ) Man hat die Ergüsse in der Pleurahöhle, da sie Torzugsweise eitriger Natur sind, auch wohl a l s „ E m p y e m a , E i t e r b r n s t " zusammengefasst und daher die o p e rative Eröffnung der Pleurahöhle (Paracentese des Thorax) schlechtweg als »Operation des E m p y e m s " , in Frankreich sogar blos als „ E m p y i m e " bezeichnet.

624

Krankheiten des Thorax.

weilen treten nach einigen Tagen in der Gegend des Winkels der falschen Rippen blaurothe Sugillationen auf. Soweit die Pleurahöhle von Blut erfilllt ist, giebt sie bei der Percussion einen leeren Ton; in frischen Fällen giebt, je nachdem die Lage des Verletzten geändert wird, bald dieser bald jener (immer der abhängigste) Theil die Dämpfung deutlich zu erkennen. In dem von Blut erfüllten Theile des Thorax ist, da die Lunge aufwärts verdrängt wird, kein Respirationsgeräusch zu hören. Das Herz wird, je nach der Masse des Ergusses namentlich bei Hämothorax der linken Pleurahöhle, mehr oder weniger nach der entgegengesetzten Seite verdrängt. Der Puls ist klein, frequent, die Haut blass, kalt; wenn der Bluterguss bedeutend ist oder mit grosser Schnelligkeit erfolgt, ist sie mit kaltem Schweiss, namentlich am Gesicht und am Halse bedeckt; die Kräfte des Patienten schwinden dann sichtlich. Quelle der Blutung können die Gefässe der Lunge oder diejenigen der Thoraxwand oder endlich die grossen Gefössstämme in der Umgegend des Herzens sein. Im letzteren Falle ist von Therapie keine Rede. Die Behandlung der Blutung aus den übrigen Quellen fällt mit derjenigen der penetrirenden Brustwunden zusammen. Das Aufhören der Blutung wird aus der Rückkehr der Körperwärme, der grösseren Kraft und Regelmässigkeit des Pulses und dem Nachlassen der krampfhaften und ohnmacht-ähnlichen Zufälle mit grosser Wahrscheinlichkeit erschlossen, namentlich wenn diese günstige Wendung einige Zeit (etwa 8 — 1 0 Stunden) nach der Verletzung auftritt. Führt der Bluterguss nicht durch seine Masse oder durch die davon abhängige Compression der Lunge zum Tode und ist er nicht durch Eröffnung der Pleurahöhle complicirt, so entstehen weiterhin nur geringe pleuritische Erscheinungen, und die Resorption erfolgt unter allmäliger Entfaltung der comprimirten Lunge. Leider ist aber die Complicalion mit einer penetrirenden Wunde die Regel. Der nachtheilige Einfluss der mit der äusseren Luft in die Pleurahöhle eindringenden Fäulnisserreger auf das ergossene Blut und auf die Pleura selbst macht sich dann geltend: ersteres wird zersetzt,, letztere entzündet, das Resultat beider Processe ist eine Verjauchung, welche bald unter pyämischen, bald unter hectischen Erscheinungen den Tod herbeiführt. Seltner wird der Bluterguss in solchen Fällen durch zufällig bestehende alte oder auch durch frisch gebildete Adhäsionen eingekapselt und dann resorbirt. Zuweilen tritt aber auch in diesem Falle Zersetzung ein, in deren Gefolge entweder die Lunge oder die Thoraxwand auf dem Wege der Verschwörung durchbohrt und das zersetzte Blut, mit Eiter gemischt, auf diese Weise entleert werden

625

Pneumothorax.

kann. Dass die durch die verwundete Lunge in den geschlossenen Pleuraraum einströmende Luft, weil sie in der Lunge gleichsam filtrirt wird, einen solchen nachtheiligen Einfluss in der Regel nicht hat, wurde bereits pag. 606 erläutert. 2. L u f t in d e r P l e u r a h ö h l e , P n e u m o t h o r a x , ist die gewöhnliche Folge penetrirender Brustwunden; die Luft dringt entweder direct von Aussen ein, oder sie strömt aus der verletzten Lunge. Ist die Pleurahöhle nicht geöffnet, so kann nur Verletzung der Lunge oder eines Bronchus, in sehr seltenen Fällen — der Luftröhre die Ursache sein. Ebensogut wie durch eigentliche Verwundung kann aber auch durch Krankheitsproccsse (Verschwärung) die Lunge, an einer (gewöhnlich sehr kleinen) Stelle, zerstört sein, und somit ohne äussere Verletzung Pneumothorax entstehen, der dann eine durchaus secundäre Erkrankung darstellt. Bei ausgebreiteten pleuritischen Adhäsionen kann Pneumothorax gar nicht oder nur in geringem Grade entstehen. Vgl. pag. 605. Die D i a g n o s e des Pneumothorax ergiebt sich bei klaffenden, penetrirenden Wunden von selbst; sie hat aber auch in allen anderen Fällen keine Schwierigkeit, da der tympanitische Schall, welcher in dein von Luft erfüllten Theile des Thorax bei der Percussion vernommen wird, neben dem gleichzeitigen Mangel des Respirationsgeräusches an dieser Stelle beweisend ist. Besteht (wie gewöhnlich nach einer Verletzung) mit dem Pneumothorax zugleich Bluterguss (Hämopneumothorax), so findet man gänzliches Fehlen des Respirationsgeräusches, Dämpfung in den unteren, tympanitischen Schall in den oben liegenden Theilen der betreffenden Thoraxhälfte. Schüttelt man den Kranken während der Auscultation, so hört man das Anschlagen der Flüssigkeit mit metallischem Wiederhall. Der üble Einfluss, welchen die von Aussen eingedrungene Luft auf den zugleich bestehenden Bluterguss ausübt, wurde bereits geschildert. Im Uebrigen besieht die Gefahr des Pneumothorax zunächst in der Compression der Lunge. Daher sind auch die Erscheinungen der Athemnoth, die Angst, und die Kreislaufstörungen den beim Hämothorax auftretenden durchaus ähnlich; nur entwickeln sie sich mit viel grösserer Schnelligkeit, gleichsam auf einen Schlag. Sie sind verhältnismässig stärker ausgeprägt, wenn der Pneumothorax ohne äussere Eröffnung der Pleurahöhle entsteht, weil alsdann auch die andere Seite durch die in dem einen Pleurasack angehäufte Luft comprimirl wird. Dagegen fehlen in dem Kraukheitsbilde des Pneumothorax alle die auf Blutverlust beruhenden Erscheinungen, welche beim Hämothorax aufgeführt wurden. Dieselben treten schon in milderem B a r d e l e b e n , Chirurgie.

7. Aufl. III.

40

626

Krankheiten des Thorax.

Grade auf, wenn Blut und Luft sich bei unversehrter Thoraxwand, oder bei einer schnell und sicher geschlossenen penelrirenden Wunde, in den Raum der Pleurahöhle gleichsam zu theilen haben. Die comprimirte Luft wirkt in diesem Falle als Blutstillungsmittel. Einfacher Pneumothorax kann durch Resorption (Diffusion) der Luft, ohne Zuthun der Kunst beseitigt werden. Dazu ist erforderlich, dass die Quelle des Lufteintrittes versiege (also Verschluss der penetrirenden Brustwunde oder der Lungenwunde) und die Lunge der Wiederentfaltung fähig sei. Die Erscheinungen des Pneumothorax werden wesentlich modificirt, wenn derselbe auf Grund einer schon länger bestehenden Lungenerkrankung auftritt.

Alsdann kommt

vor Allem die m e h r oder weniger veränderte Functionsfiihigkeit der anderen Lunge in Betracht, worauf weiter einzugehen hier nicht der Ort ist. Auch durch Zersetzung der im Cavum pleurae befindlichen Extravasate oder Exsudate soll Pneumothorax entstehen

können.

Zersetzung

der in der Pleurahöhle be-

findlichen Flüssigkeiten ohne Zutritt der Luit ist schwer zu begreifen.

3. E i t e r in d e r P l e u r a h ö h l e ; E i t e r b r u s t , P y o t h o r a x , E m p y e m a . Der Eiter wird entweder in der Pleurahöhle gebildet, oder dringt in dieselbe ein. Im letzteren Fall bedingt er nicht blos, seiner Masse entsprechend, mehr oder weniger bedeutende Compression der Lunge, sondern auch heftige Pleuritis welche ihrerseits wieder eitriges Exsudat liefert. Welches aber auch die Quelle und die Menge des Eiters sein mag, er ist jedenfalls als das verderblichste Fluidutn in der Pleurahöhle anzusehen. Ausser d e n , durch Auscullation und Percussion festzustellenden physikalischen Erscheinungen, welche auf die Anwesenheit einer (tropfbaren) Flüssigkeit überhaupt schliessen lassen (Fehlen des Athemgeräusches, leerer Percussionsschall, Verdrängung des Herzens), treten hier, im Vergleich zu anderen intrapleuralen Ergüssen, die Entzündungs-Symptome und die Störungen des Allgemeinbefindens besonders hervor. In zweifelhaften Fällen darf man, um die Qualität des Exsudats festzustellen, sofern nur dessen Anwesenheit Uberhaupt sicher erkannt ist, unbedenklich die P r o b e p u n e t i o n , in der unten zu erläuternden Weise, zu Hülfe nehmen. Tritt an der entsprechenden Thoraxhälfte eine fluetuirende Stelle auf, »der kann man aus der vorausgegangenen Erkrankung den eitrigen Charakter des Exsudats erfahrungsgemäss erschliessen (wie bei Infectionskrankheiten), oder ist endlich der Nachweis zu liefern, dass Eiter IUS der Leber, der Lunge, dem Mediastinum u. s. f. in die Pleuralöhle durchgebrochen sei, so ist damit die Diagnose des Pyothorax linreichend gesichert. Auch das Auftreten von Oedem am Thorax ind die Schwellung der Hauptvenen an demselben (in Folge der Be-

627

Empyema.

hinderung des Blutlaufs innerhalb des Thorax) lassen mit vieler Wahrscheinlichkeit auf den eitrigen Charakter des Ergusses schliessen'). Sich selbst überlassen führen eitrige Ergüsse in der Pleurahöhle gewöhnlich durch Pyämie

zum Tode.

Im glücklichsten, aber sehr

seltenen Falle erfolgt R e s o r p t i o n d e s E i t e r s unter starken Schweissen,

reichlicher Absonderung eines durch massenhafte Beimischung

von harnsauren Salzen getrübten, in der Kälte stark sedimentirenden Harns

(durch welchen,

nach der Ansicht älterer Aerzte,

der auf-

gesogene Eiter unverändert entleert werden sollte), reichlichere Stuhlentleerung, bei fortdauernd steigendem Appetit, allmäliger Zunahme der Kräfte

freierer Respiration.

In anderen Fällen

wird der Eiter durch die Lunge a u s g e h u s t e t .

und leichterer,

Dieser Vorgang ist

nur möglich, wenn vorher durch pleuritische Adhäsionen die Lunge ringsum

befestigt war,

so dass die Communication zwischen einem

Bronchialast und dem inzwischen abgekapselten Empyem sich in analoger Weise herstellt, ihn

einmündenden

Aussen

wie zwischen dem Bronchialast und einer in

Caverne*).

aufbrechen;

Endlich

kann

das

Empyem

nach

es erfolgt nach langen Leiden, auf diesem

Wege relativ häufiger Heilung, als bei dem Durchbruch in die Lunge. Nach Entleerung des Eiters durch die Thoraxwand bleibt ein fistulöses Geschwür, eine sogen. B r u s t f i s t e l , zurück, deren Dauer desto länger ist, j e

mehr

die Lunge

inzwischen

an Ausdehnungsfähigkeit

ein-

g e b e s t hat. Die Factoren, durch welche die Wiederausdehnung der Lunge zu Stande kommt, sind:

einer Seits der Zug, welchen die Narben-

verkürzung (s. unten) an der Oberfläche der Lunge ausübt, andrer Seits

das Eintreten von Luft aus der gesunden Lunge, welches bei

jeder heftigen E x s p i r a t i o n , wenn die Stimmritze dabei verengt oder verschlossen

ist

(wie beim Husten und Drängen),

nach

dem

von

M a l g a i g n e für die Entstehung des Prolapsus pulmonis angegebenen Mechanismus (vgl. pag. 6 1 5 ) , erfolgen muss'). Der allmälig steigenden Ausdehnung der Lunge kommt bei der Austreibung des Eiters auf dem einen oder anderen Wege, in gleicher Weise wie bei der Resorption, die allmälige Verengerung der Pleurahöhle durch die Zusammenziehung ihrer Wandungen zu Hülfe. Diese ' ) Vgl. F r a n z

Hoffmaan,

über Empyem u. s. w., Berl. klin. Wochenscbr.

1869,

pag. 5 2 6 . * ) W i r sehen

hier ab von dem bereits durch H i p p o k r a t e s

dings aber besonders von T r a u b e sehr kleine

nekrotisch

gewordene Stellen

gewebe eindringt und a l l m ä l i g * ) Vgl. F r . H o f f m a n n ,

angedeuteten,

neuer-

beschriebenen Vorgange, dass der E i l e r durch der Pleura pulmonalis

in das Longen-

mit den Sputis entleert wird.

I. c . , pag. 5 2 8 .

40*

62S

Krankheiten des Thorax.

ist nicht blos abzuleiten von der verminderten Wirkung der Inspirationsmuskeln auf die Thoraxwände und dem Emporsteigen der entsprechenden Zwerchfellshälfte, sondern auch von der Verdickung der, nach und nach eine cylindrische Gestalt annehmenden Rippen und der Verkürzung der, nach Art aller Narben sich zusammenziehenden festen Exsudate (Pseudomembranen, Adhäsionen, Striinge), welche bei jedem Pyothorax, freilich in verschieden starker Eulwickelung, vorhanden sind. Durch dies sogenannte E i n s i n k e n d e r T h o r a x w a n d auf der kranken Seite kann der Brustkorb (namentlich auch die Wirbelsäule) in beträchtlicher Weise difl'orm werden. Reicht die Ausdehnungsfähigkeit der Lunge nicht einmal hin, um den eingesunkenen Thoraxraum zu füllen, so wird der Fistelgang permanent und der Kranke geht, in Folge der durch den Zutritt der Luft stetig verschlechterten Eiterung (Verjauchung), zu Grunde. Erfolgt die Entleerung des Eiters plötzlich, nachdem die Lunge ihre Ausdehnungsfähigkeit schon gänzlich eingebUsst hat, so kann der Druck der mit der Schnelligkeit des ausströmenden Eiters durch den Bronchus eindringenden Luft Zerreissungen oder doch Zerrungen im Gewebe der (voraussichtlich schon kranken) Lunge zur Folge h a b e n , welche weiterhin vielleicht einen tödtlichen Ausgang bedingen. 4. W a s s e r e r g u s s , s e r ö s e r E r g u s s , H y d r o t h o r a x , ist gewöhnlich von einem, durch Erkrankuug innerer Organe bedingten Allgemcinleiden abhängig. Traumatischer Hydrothorax kommt gar nicht vor; somit ist seine Erwähnung hier überhaupt nur dadurch motivirt, dass man zur Entleerung der Flüssigkeit eine chirurgische Operation, die Paracentcse des Thorax, anwendet. Das Exsudat, welches eine acute Pleuritis liefert, enthält, obwohl oft zum grossen Theile dünnflüssig, doch immer Eiterkörpcrchcn beigemischt, so dass es richtiger zum Empyem, als zum Hydrothorax gerechnet wird. B. S i t z u n d M a s s e d e s E r g u s s e s . Gewöhnlich findet sich ein Erguss nur in e i n e r Pleurahöhle, zuweilen nur in einem Theile derselben, selten in beiden. Die Menge variirt von wenigen Tropfen bis zur vollständigen Füllung des Cavum pletirae. Sie ist in prognostischer Beziehung oft ebenso wichtig, wie die Beschaffenheit des Ergusses, weil die Verminderung der Respirationsgrösse mit ihr gleichen Schritt hält. Füllung beider Pleurahöhlen, selbst mit der gutartigsten Flüssigkeit, bedingt den Tod durch Erstickung. Häufig wird die Menge des Ergusses durch alte, zuweilen auch durch frische Adhäsionen beschränkt. Die Diagnose der Menge des Ergusses ergiebt sich aus den beim Hämothorax und beim Pneumothorax gemachten Angaben. C. Die A e t i o l o g i e d e s E r g u s s e s hat auf den Verlauf und

Paraeentesis thncacis.

629

auf die Behandlung grossen Einfluss. W u r d e der Erguss durch eine Verletzung herbeigeführt, so sind vor Allem die primären Zufälle zu fürchten, obgleich auch aus der nachträglichen Zersetzung des Blutes u n d der consecutiven Pleuritis grosse Gefahr entstehen kann. HäDgt dagegen der Erguss von Entzündungen oder Entartungen ab, so treten seine üblen Folgen in der Regel erst allmälig auf. Jedoch lässt sich auch hier als Ausnahme die schnelle Wirkung eines durch Ulceration der Lunge bedingten Pneumothorax aufführen. Chirurgische Hülfe ist gegen die Ergüsse der letzteren Art weniger wirksam, als gegen die traumatischen, da sie zur Beseitigung der, jenen zu Grunde liegenden Erkrankungen nichts beitragen kann. Paracentese des Iharax.

Operation des Empyem.

Die operative Eröffnung der Pleurahöhle ist von den ältesten Zeiten bis auf unsere Tage in vielfachem Wechsel bald in hohem Ansehen, bald in vollständigem Misscredit gewesen. In dieser Beziehung hat sie das Schicksal der Trepanation gclheilt; aber die neuesten Untersuchungen und Erfahrungen haben ihr eine bei Weitem gesichertere Stellung und einen grösseren Wirkungskreis angewiesen als dem Trepan. I l i p p o k r a t e s machte die Operation des Empyem sowohl mit dem Hesser als auch mit dem Glüheisen, gab aber ersterein den Vorzug und entfernte den Eiter n u r ganz allmälig. Er empfahl frühzeitig zu operiren, injicirte auch nach der Operation Oel oder Wein, welche Flüssigkeiten nach Verlauf von etwa 12 Stunden wieder entleert wurden. Die arabischen Aerzte empfahlen die Anwendung des Glüheisens. Manche, wie P a u l v o n A e g i n a , beabsichtigten nur einen Brandscborf zu bilden, ohne die Pleurahöhle direct zu öffnen. Die Chirurgie 4

Darmschlinge an ihrer convexea Seite auf und füllt sie mit reinem W a i s e r .

Man er-

kennt alsdann, indem man in den offenen Darm hineinsiebt, die klappenartige Anordnung der Darmfalten; die Klappen nehmen sich ähnlich a u s , wie man sie an d e r Aorta unter Wasser zu prüfen gewohnt i s t . " Dagegen hebt W. B u s c h (Sitzung der niederrh. Gesellschaft vom 1 0 . März Lehrbuch der Chirurgie,

Nu. 3 1 ) hervor, dass der Versuch auch gelingt, wenn deshalb

auf die schon

setzung) aufgestellte Theorie wäre die scharfe Umbiegung,

1874,

man s t a t t des Darmstücks ein

weiches Kautschuckrohr a n w e n d e t , welches doch keine Falten und.glaubt

1863,

Bd. II. Ablh. 2 . pag. 1 0 3 u. f . , Centralbl. f. Chirurgie

von S c a r p a (pag. 151

oder Klappen

besitzt,

der S e i l e r ' s c b e n

der A b k n i c k u n g zurückkommen

zu müssen.

UeberDanach

welche der Darm bei plötzlicher Füllung am Rande der

Brucbpforte erfährt, der eigentliche Grund der Einklemmung. Nach den von W . B u s c h angestellten Experimenten

beginnt die Absperrung des Inhaltes in der eingeklemmten

Darmschlinge immer mit dem Verschluss des ausführenden (in die Bauchhöhle z u r ü c k führenden) Schenkels des von der Darmschlinge gebildeten Bogens; und zwar wird dieser Verschluss bedingt durch A b k n i c k u n g (scharfe Umbiegung)

des Darmrohrä

an dem

Bruchringe (Bruchpforte oder Bruchsackhals), welche die Folge ist eines Zuges, welchen die gefüllte, sich grade streckende Darmschlinge an dem ausführenden Schenkel a u s ü b t ; die Streckung aber ist die Folge des stärkeren D r u c k e s , fläche

d e r freien D a r m w a n d ,

welchem die grössere Ober-

im Vergleich zu d e r am Mesenterium befestigten Wand,

ausgesetzt ist. Gegenüber diesen Theorien bat H. L o s s e n

(Chirurgen-Coogress 1 8 7 4 ,

Central-

blatt f ü r Chirurgie, 1 8 7 4 No. 4, 1 8 7 5 No. 3 u. 4 ) die von u n s pag. 7 6 2 (auch in den früheren Ausgaben) erläuterte Auffassung von der Entstehung der Einklemmung durch Compressiun

des ableitenden Schenkels der Darmschlinge durch Ueberfüllung des zu-

leitenden, auf Grund

neuer Experimente zu allgemeiner Geltung zu erheben gesucht.

Dass auf diese Weise Einklemmung entstehen k a n n , scheint m i r unzweifelhaft;

dass

sie i m m e r so zu Stande komme, ist nach den pag. 761 u. f. gegebenen Erläuierungen nicht anzunehmen. Nach dein Vorgange von R i c h t e r nehmen m a n c h e Autoren auch eine Einklemmung

durch k r a m p f h a f t e V e r e n g e r u n g

lichen

Bruchpforteu kommt die Fähigkeit, sich selbstständig zu verengern, nicht zu,

da sie a u s

fibrösen

d e r B r u c h p f o r t e an.

Den gewöhn-

Geweben gebildet s i n d , welche keine CoUtractililät besitzen.

Bauchmuskeln a b e r , in deren

Sehnen die Bruchpforten sich belinden, h a t man

Den die

Fähigkeit abgesprochen, durch Zusammenziehung ihrer Fasern eine Verengerung j e n e r Oeffnungen zu veranlassen; man bat sogar behauptet, dass, der anatomischen Anordnung

n a c h , durch die Thätigkeit

der Bauchmuskeln

Bruchpforten bewirkt werden müsse.

Dagegen

vielmehr eine Erweiterung

der

hat V e l p e a u mit Recht eingewandt,

dass die meisten Brucbpforten sich wie Schlitze verhalten, die durch Spannung der init ihnen, parallel liegeoJen Fasern verengert werden. In Betreff der durch den Leistencanal dargrstelllen Brucbpforten behauptet auch A. C o o p e r die Möglichkeit der Verengerung durch Contraction der Bauchmuskeln.

F ü r die Aetiologie der Einklemmung

haben solche Verengerungen der Brucbpforten keine Bedeutung, da sie n u r so lange dauern als die Zusammenziebung der entsprechenden

Muskeln.

Dass manche Brucbpforten (namentlich diejenigen der Leistenbrüche) durch Zusammenziebung der Bauchmuskeln in der von V e l p e a u angegebenen Weise verengert werden können, davon vermag man zu überzeugen.

«ich an grösseren Leistenbrüchen

sehr bestimmt

Führt m a n z. B. in die Bruchpforte, wahrend der Kranke ganz a a s -

765

Einklemmung.

gestreckt ond ruhig liegt, 4 Finger ein u n d lässt ihn dann den Versuch machen, »ich o h n e Hülfe der Arme aufzurichten (wodurch

die Bauchmuskeln

a u f ' s Kräftigste ge-

s p a n n t werden), so wird man linden, dass n u n m e h r blos 3 Finger in der Bruchpforte Platz linden, und dass die Ränder der Bruchpforte viel schärfer hervorspringen. Eine andere kommen



Frage aber ist e s , ob auf diese Weise Bruch-Einklemmung za Stande

kann.

Wäre

dies der F a l l , so utüssle

sie durch Erschlaffung der Bauch-

muskeln (mittelst passender Lagerung, Chloroform etc.) können, was noch niemals beobachtet ist.

auch

wieder beseitigt werden

Auch darf m a n nicht «ergessen, dass n n r

grosse Brucbpforteh, in denen Einklemmung fast gar nicht vorkommt, sich wie Schlitze verhalten und zu dem eben angeführten Experimente geeignet sind.

Aus allen Erklärungsversuchen geht wohl h e r v o r , d a s s d e r M e c h a n i s m u s d e r E i n k l e m m u n g n i c h t i m m e r d e r s e l b e ist. Ein Bruch kann zu jeder Zeit seines Bestehens eingeklemmt werden, sogar im Augenblicke seiner Entstehung, so dass die Einklemmungs-Erscheinungen überhaupt als die ersten Symptome der Hernie auftreten. Gerade in solchen Fällen hat die Einklemmung oft einen sehr schnellen Verlauf. Der einklemmende Theil ist dann voraussichtlich die Bruchpforte. Am Häufigsten beobachtet inan Einklemmung an Brüchen, welche schon längere Zeit durch ein Bruchband zurückgehalten worden sind und diesem plötzlich einmal entschlüpfen. Der Sitz der Einklemmung ist dann meist in dein, durch die Wirkung des Bruchbandes verengten B r u c h s a c k h a l s e . Viel seltener findet sich Einklemmung bei alten grossen Hernien mit weiter Bruchpforte und bei Patienten, die niemals ein Bruchband getragen haben. Brüche, welche nur Netz enthalten, sind selten und fast nur in Folge der Entzündung dieses Netzstückes der Einklemmung ausgesetzt. Daher beobachtet man dieselbe an ihnen auch vorzugsweise nach äusseren Insulten, nach einem Stoss auf den Sattelknopf, in Folge des Druckes eines schlechten Bruchbandes u. dgl. m. ( P o t t ) . Uebrigens kommen alle Veranlassungen der Hernien überhaupt auch bei der Einklemmung in Betracht; so namentlich bedeutende Anstrengungen, zumal wenn die Bauchpresse dabei besonders betheiligt ist (wie beim Drängen), Schlag und Stoss auf den Bauch u. s. f. Bei Kindern findet sich Einklemmung selten und gewöhnlich nicht besonders stark entwickelt (vgl. P r o g n o s e ) ; ebenso selten ist sie bei Greisen, wo sie meist erst in Folge andauernder Kothanhäufung entsteht. Im mittleren Lebensalter findet sie sich am Häufigsten und am Stärksten ausgeprägt. Symptome der Eiukleiumuug. a) D a r m - E i n k l e m m u h g . ' ) . Beim e r s t e n Grade wird die Bruchgeschwulst gespannt, prall, schmerzhaft bei der Berührung, die Reduction dem Patienten unmöglich. Härte und Schmerzhaftigkeit bestehen vorzugsweise an der Stelle der ') Vgl. die „ a n a t o m i s c h e n

V e r ä n d e r u n g e n * , pag. 7 6 1 — 7 6 3 .

766

Unterleibs-Brüche.

Einschnürung, in geringerem Grade in der übrigen Hernie. Oberhalb der einklemmenden Stelle findet sich keine Härte; aber bei tieferem Eindrücken der Finger kann man durch die Bauchdecken den Strang fühlen, welchen der zur Bruehpforte verlaufende Darm bildet, und an diesem auch eine lebhafte Empfindlichkeit entdecken. Im Unterleibe hat der Patient ein Gefühl von Znsammenziehung, bald im oberen Theile der Bauchhöhle, bald um den Nabel herum. Von Zeit zu Zeit strahlen „Kolikschmerzen" von der Geschwulst gegen die Unterleibshöhle hin aus. Im Uebrigcn ist der Bauch nicht .besonders empfindlich. Gewöhnlich stellt sich Aufstossen und demnächst auch Erbrechen der zuletzt genossenen Substanzen ein. Später können auch Schleim und Galle oder endlich gar Fäcalmassen ausgebrochen werden. Verstopfung besteht entweder von Anfang an, oder doch nach einiger Dauer der Einklemmung, nachdem nämlich die noch unterhalb der Einklemmungsstelle, namentlich im Dickdarm enthaltenen Substanzen ausgeleert worden sind. Der Kranke fühlt sich in hohem Grade beängstigt; seine Gesichtszüge verrathen die innere Angst. Der Puls ist beschleunigt und klein. Weiterhin wird der Leib aufgetrieben uad zwar desto mehr, je tiefer unten die Einklemmung ihren Sitz hat. Danach wechselt auch die Gestalt, welche der aufgetriebene Leib darbietet 1 ). Wenn eine Schlinge eingeklemmt ist, welche dem unteren Theile des lleum angehört (der häufigste Fall), so betrifll die Auftreibung nur den Dünndarm und erstreckt sich daher vorzugsweise auf den mittleren Theil de« Bauches; die Seiten und die Gegend des Colon transversum bleiben frei. Gehört die Schlinge dem oberen Theile des lleum oder dem Jejunum an, so hat die Auftreibung denselben Sitz, aber sie ist geringer. Ist ein Theil des Dickdarmes eingeklemmt, so wird nicht blos der gesammte Dünndarm von Darmgas aufgetrieben, sondern auch der oberhalb der Einklemmungsstelle gelegene Tbeil des Dickdarmes *). Die Dauer des ersten Grades der Einklemmung ist sehr verschieden, zuweilen nur einige Stunden, zuweilen mehrere Tage. Beim z w e i t e n Grade der Einklemmung tritt die Entzündung deutlich hervor. Der Bruchsack wird durch einen reichlicheren serösen Erguss, der vorzugsweise von der Oberfläche des eingeklemmten Darmes geliefert wird, ausgedehnt. Die Bruchgeschwulst ist daher stärker gespannt und härter; jedoch giebt es, wie wir gesehen haben, auch ' ) Vgl. die Bemerkungen

von L a o g i e r

in der Sitzung der Acad. des scienc. vom

2 . Marx 1 8 1 0 . *) Diese Angaben gelten nicht blos für Bruch-Einklemmungen, sondern auch f ü r alle anderen Versperrungen des Darmrobrs.

767

Einklemmung.

B r ü c h e ohne B r u c h w a s s e r , die einen h o h e n Grad v o n Härte darbieten. In solchen Fällen kann, namentlich w e n n es g e l u n g e n ist, das Darm* g a s durch wiederholte T a x i s v e r s n c h e a u f w ä r t s oder

abwärts zu

a u s dem eingeklemmten

entfernen,

die B r u c h g e s c h w u l s t

v e r g r ö s s e r t , j a s o g a r e t w a s v e r r i n g e r t sein. g e r t sich in d e r Regel bedeutend. Umgegend

d e r Bruchpforte

Darme

g a r nicht

Die S c h m e r z h a f t i g k e i t stei-

Der K r a n k e hat jetzt in d e r g a n z e n

einen

bestimmten

Schmerz,

der

selbst

durch leichte B e r ü h r u n g , namentlich o b e r h a l b d e r Bruchpforte, heftig gesteigert wird. vor,

Die A u f l r e i b u n g des B a u c h e s tritt n o c h stärker h e r -

Uebelkeit und

Erbrechen

dauei'n

fort,

die

Pulsfrequenz

steigt,

d e r P u l s ist klein, z u s a m m e n g e z o g e n , d e r A u s d r u c k des Gesichts entschieden

verändert,

sehr

ängstlich.

Das Allgemeinbefinden

ist

im

höchsten Grade g e s t ö r t ; der Kranke fühlt seine K r ä f t e w i e g e b r o c h e n . Im

dritten

Grade

hören

Einklemmungs-Schnierzen tritt

Aufstossen und

die

bis dahin

plötzlich auf.

Schluchzen.

Letzteres ist j e d o c h

für ein pathognomonisches Zeichen es

kommt

auch

bei dem

so heftig

gesteigerten

An die Stelle des E r b r e c h e n s mit

Unrecht

d e r Gangrän angesehen

worden;

zweiten G r a d e d e r E i n k l e m m u n g v o r .

Der

P u l s w i r d fadenförmig, intermitlirend, die T e m p e r a t u r d e r Haut sinkt unter die Norm, sie ist von kalterfi S c h w e i s s b e d e c k t , die Stimme e r lischt, die A u g e n verlieren ihren Glanz, die Gesichtszüge w e r d e n zogen. wird

Alsbald

dann

bekommt

blauroth

und

die G e s c h w u l s t lässt Crepitation

eine

dunkelrothe

erkennen.

ver-

Farbe,

Die Haut

ist

nicht m e h r verschieblich, Blasen bilden sieb auf ihr, weiterbin B r a n d schorfe

von

verschiedener

weniger leidet, finden. oder

Ausdehnung.

Der K r a n k e ,

w e l c h e r jetzt

g l a u b t oft sich auf dem W e g e d e r B e s s e r u n g zu b e -

S e i n e Hernie geht a u c h m a n c h m a l z u r ü c k , e n t w e d e r von selbst

doch unter

leichtem Drucke.

H o f f n u n g , obgleich

in

der That

u m so wahrscheinlicher wird.

Daraus s c h ö p f t d e r K r a n k e

der lödtliche A u s g a n g

neue

dadurch nur

Meist bleibt, w ä h r e n d aller dieser V o r -

g ä n g e , das Bewusstsein ungetrübt.

Der häufigste A u s g a n g ist a u f dieser

Höhe der Krankheit der T o d , b a l d direct d u r c h E r s c h ö p f u n g d e r K r ä f t e , bald d u r c h K o t h e r g u s s in die B a u c h h ö h l e , bald auch d u r c h die Heftigkeit d e r von d e r B r u c h g e s c h w u l s t auf d a s ü b r i g e P e r i t o n e u m

weiter

oder

durch

verbreiteten

Entzündung.

Der T o d

durch

Erschöpfung

Perforation erfolgt oft g a n z plötzlich. A. C o o p e r sab einen Kranken in dem Augenblick sterben,* w o er sich aufrichten w o l l t e , einen anderen, a l s er e i n G l a s z u m M u n d e zu f ü h r e n Tersuchte.

W e n n der- Patient n o c h hinreichend kräftig ist, und die g a n g r ä nöse D a r m s c h l i n g e ,

in

Folge

ihrer

A n h e f t u n g an

der

Brucbpforte

durch peritoneales Exsudat, nicht in die B a u c h h ö h l e z u r ü c k g l e i t e t , s o

768

Unterlei b9-Urfiche.

treten weitere Veränderungen ein, die noch zur Heilung fuhren können. Die Einklcuimungs-Erscheinungen

hören auf, die Bruchgeschwulst ver-

wandelt sich in einen brandigen A b s c c s s , dessen Wandungen stärker

emphysematös w e r d e n , bis endlich

Eiter viel Darmgas Und Darmkoth entleert wird. der Haut, des B r u c h s a c k e s , abgestossen.

immer

beim Aufbruch mit dem Die brandigen Theile

des Darnies, des Netzes werden allmälig

Die zurückbleibende Dcmarcationsfläche granulirt weiter-

hin und liefert guten Eiter. fluss von Fäcalmassen. lichen Lauf n e h m e n ,

Ganz allmälig vermindert sich der Aus-

Diese können schliesslich wieder ihren natürIn

anderen

Fällen bleibt eine Kothfistel oder ein widernatürlicher After

worauf

dann

Vernarbung

folgt.

dauernd

zurück ' ) . b) N e t z - E i n k l e m m u n g . Theil des N e t z e s , die S c h m e r z e n ,

Betrifft

die Einklemmung blos

so sind die Zufälle viel weniger heftig.

noch

das E r b r e c h e n ,

noch

stellen sich in einem so hohen Grade ein.

das Sinken

einen Weder

der Kräfte

Kolikschmcrzen und Ver-

stopfung fehlen zuweilen ganz, oder es kann

doch

durch Klystiere

Und Abführmittel gehörige Stuhlentleerung bewirkt werden.

Die Zer-

rung des. Magens durch das verschobene und gespannte Netz bedingt aber häufig heftige Schmerzen.

Setzt sich die Entzündung nicht auf

den im Bauche gelegenen Theil des Netzes fori, so bleibt der Unterleib weich und wird nicht aufgetrieben.

Die Entzündung kann

in

solchen Fällen durch geeignete Mittel oft rückgängig gemacht werden, oder es kommt

doch n u r zur Bildung eines Abscesses in dem vor-

liegenden Netzstück.

Wird

das eingeklemmte Nelzslück brandig, so

löst es sich unter den gewöhnlichen Dcmarcations-Erscheinungen Die

bedeckende Haut

erleidet

dasselbe

Schicksal;

aus

einer

ab. oder

mehreren Oeifnungen ergiesst sich reichlich Eiter, vermischt mit grauen Fetzen, den Ueberresten des brandigen Netzstückes.

Nach Ausstossung

derselben erfolgt dann die Heilung wie bei anderen Absccssen. bei Weitem nicht alle eingeklemmten glücklichen Ausgang.

Netzbrüche

nehmen

Aber

einen

so

Die Kräfte können schon vor der Abstossung

erschöpft und dadurch

der Tod herbeigeführt

werden.

In

anderen

Fällen sah man die Entzündung sich auf das ganze Netz und weiterhin auch auf das gesammte Peritoneum ausdehnen; in einigen wurde auch

der innerhalb

der Bauchhöhle

Gangrän ergriffen ( P o t t ) .

liegende

Theil des Netzes

von

Endlich kann auch Thrombose der Nelz-

venen mit nachfolgender Pyämie sich entwickeln. Fall der Art als „Entzündung der Netzvenen"

Vidal

beschrieben.

' ) Vgl. die specielle Beschreibung u o l e r Vi. gegen Eode dieses Capilela.

hat einen

Einklemmung.

769

Die Dancr der Eiuklcilltnaiig ist sehr verschieden. — In s e h r s e l t e n e n gliicklichcn Fällen vermindern sich die Zufälle, nachdem sie einige Stunden oder selbst Tage lang sich gesteigert haben, und die Hernie geht von selbst zurück. Der Kranke hat dann reichliche Stuhlentleerungen und erlangt schnell sein volles Wohlbefinden wieder. Fälle, in denen Dach mehrtägiger wirklicher Einklemmung ein Darmbruch noch ganz von selbst zurückgegangen sein sollte, sind

mir immer etwas zweifelhaft vorge-

k o m m e n , bis ich ( 1 S 5 S ) einen solchen seihst bei einer Frau beobachtet h a b e , deren eingeklemmte Schenkelbernie um j t e n Tage von selbst zurückging.

In der Regel fühl t die sich selbst Ubcrlassene Einklemmung zum Brande. Wie schnell dieser eintreten werde, ist selbst bei sorgfältiger Erwägung aller individuellen Verhältnisse nicht genau vorherzusagen. R i c h t e r fand schon nach 8stündiger Einklemmung Gangrän, L a w r e n c e

nach

1 2 , P o t t nach 2 1 S t u n d e n . — B o u r g o i s fand bei einer an heftigem Erbrechen leidenden Krau des Morgens um 10 Uhr eine f r i s c h

eingeklemmte Schenkelhernie.

Vidal

operirte diese Frau Nachmittags um 5 ; der Darm sah schwarz a n s , war jedoch noch fest und wurde daher, nachdem die Bruchpforle durch m e h r e r e S c h n i t t e erweitert war, in

den

Bauch zurückgebracht.

Bis zum 8leu Tage ging alles g u t , dann aber kam

Darminhüll aus der Wunde b e r ? o r , und es entstand eine KnthOstcl, die nachträglich heilte.

Hier hatten also 7 Stunden hingereicht,

um die Gangrän einzuleiten. —

Es

fehlt a b e r auch nicht an Beispielen, welche darthun, dass selbst nach mehreren Tagen Brand noch nicht eingetreten zu sein braucht.

In der Regel gehen einige (jedoch wohl

sehr seilen m e h r als 5) Tage d a r ü b e r bin, bis Gangrän sich entwickelt.

Diejenigen Umstände, welche für das Zustandekommen der Einklemmung prädisponiren, beschleunigen auch die weitere Ausbildung der durch die Einklemmung bedingten Störungen. So ist namentlich der Verlauf schneller bei Erwachsenen, als bei Kindern und Greisen, schneller bei enger Bruchpfortc, so also namenUich, wenn die (lernie sich gleich bei ihrer Entstehung einklemmt, oder wenn die Einklemmung beim plötzlichen Hervorschiessen eines seit langer Zeit durch ein Bruchband zurückgehaltenen Bruches entsteht. Der Verlauf ist schneller bei Darmbrüchen, namentlich wenn sie wenig oder gar kein Bruch'wasser besitzen, und wenn nicht zugleich auch Netz im Bruche liegt. Bei kleinen Darmbrüchen hat man die schnellsten Fortschritte zu fürchten. Die Anwesenheit eines fremden Körpers beschleunigt den Uebergang in Gangrän. Führt die Bruch-Einklemmung zum Tode, so erfolgt der Tod, nach A. C o o p e r , in der Regel innerhalb 8 Tagen, selten vor dem 3ten Tage. R o b i n s o n beobachtete tödtlichen Ausgang innerhalb 22 Stunden bei einer Femoralhernie, G o y r a n d nach 2 3 Stunden bei einem Scrotalbruch» Uniäugbar sterben Kranke an eingeklemmten Brüchen, zuweilen auch bevor Brand eingetreten ist, — durch DarmBardeleben,

Chirurgie.

7. Aull. III.

49

Unterleibs-Brüche.

770

lähmung, durch verbreitete Entero-Peritonitis, zuweilen unter choleraähnlichen Erscheinungen. Die Diagnose eines eingeklemmten Bruches ist bei genauer Untersuchung (vgl. pag. 7 2 0 ) fast immer leicht; jedoch giebt es einige Umstände, welche den 'Arzt in Verlegenheit bringen können.

Es kann

Peritonitis

Bauch-

oder D a r m e i n k l e m m u n g

innerhalb

der

h ö h l e bei einem Menschen bestehen, der zugleich mit einer schon seit

langer

sagen,

Zeit

unbeweglichen Hernie

behaftet ist.

Wer will da

ob nicht unter einer grossen Masse von Netz tief versteckt

eine kleine Darmschlinge eingeklemmt liegt, ohne dass locale

Ein-

klemmungs-Erscheinungen bestehen ? G o y r a n d wurde wegen einer 72j3hrigrn Frau consultirt, die mit aufgetriebenem, sehr schmerzhaftem Bauche, Verstopfung, häutigem Erbrechen, eingefallenem Gesicht, frequenlem kleinen, sägeförmigen Puls, eine zwar unbewegliche, aber durchaus weiche und schmerzlose

Nabelhernie darbot.

Einige Acrzte hatten für die Operation dieser

letzteren, als wäre sie eingeklemmt, gestimmt, G o y r a n d ging hierauf nicht ein.

Die

Frau starb Tags darauf und man fand eine Susserst heftige Peritonitis, die durch das Platzen einer Eierstockscyste veranlasst worden war.

Weitere Schwierigkeilen können entstehen, wenn der Patient m e h r e r e H e r n i e n hat, von denen vielleicht nicht einmal genau bekannt ist, ob sie früher beweglich waren, oder von denen nur eine der genaueren Untersuchung zugängig ist, z. B. bei gleichzeitigem Bestehen einer Hernia inguinalis neben einer Hernia obturatoria. Hernien der letzteren Alt können auch leicht mit i n n e r e n E i n k l e m m u n g e n verwechselt werden. Vgl. d. folgd. Cap. unter VII. A. C o o p e r einen Nabelbruch.

erzählt folgenden Fall.

Eine Frau hatte 2 Schenkelbrüche

rechte Schenkelbruch dagegen sehr empfindlich beim Druck.

Auf welche Hernie sollte

man die Einklemmungs-Ersçhelnungen beziehen, welche operiren?

Am folgenden Tage

sollte eine Consultation stattfinden, aber die Kranke starb in der Nacht. Section

und

Der letztere und der linke Schenkelbruch waren unbeweglich, der

fand man in

der Nabelhernie angewachsenes,

vereitertes Netz,

Bei der im

linken

Schenkelbruch eine entzündete Darmschlinge, in der rechten Schenkelbeuge eine entzündete Lymphdrüse, welche auf einem leeren Bruchsack auflag, in der Bauchhöhle allgemeine acute Peritonitis.

Die Kranke hatte zumeist über Schmerzen in der rechten

Schenkelbeuge geklagt, und gewiss hätte man, wenn überhaupt, an dieser Stelle operirt.

Den Tod hatte in diesem Fall offenbar die allgemeine Peritonitis herbeigeführt,

und es wäre daher j e d e

Operation nutzlos gewesen.

G o o p e r bemerkt mit Recht,

dass von der Anamnese Aufklärung zu erwarten genesen wäre.

Der Schmerz in der

Bauchhöhle, der bei der Bruch-Einklemmung erst spater hinzukommt, musste hier von Anfang an bestanden haben.

E n t z ü n d u n g d e s B r u c h s a c k e s kann, selbst wenn er leer ist, mit Erscheinungen auftreten,

welche denen der Einklemmung

täu-

schend ähnlich sind. Samon

beobachtete 1830 im Hôtel Dieu einen solchen Fall.

Er öffnete den

771

Einklemmung. Bruchaact, haupt

worauf viel Eiler ausfloss; es lag a b e r «teder Darm noch Netz, noch über-

irgend

ein Eingeweide in demselben. frei von Adhäsionen.

g l a t t , glänzend,

Die innere Fläche des Brachsackes war

Die O r d n u n g , durch welche dieser Brachsack

mit d e r Bauchhöhle communicirte, war so eng, dass man Mühe halle, die Spitze des kleinen nungen,

Fingers

hindurchzuzwängen.

Gleich

welche die Einklemmung simulirt

These s u r le diagn. des tumeurs

nach der Operation hörten die Erscheihatten,

voüständig

auf.

Vgl. T e r r i o n ,

de l'aioe, Paris 1 8 3 0 . — C h a s s a i g n a c

(Hdtue

mtiil.-chirurg. de Paris, Mai 1 8 5 5 ) , bat mehrere Falle zusammengestellt, in denen Eotzündong des leeren Brucbsackes mit Einklemmungs-Erscbeinungen a u f t r a t , welche durch Spaltung nnd Excision des Bruchsackes beseitigt wurden.

Eine Hernie kann in Folge einer U n t e r l e i b s - G n t z t l n d u n g , welche eine beträchtliche G a s e n t w i c k e l u n g im P a r m e bedingt, unbeweglich werden, ohne eingeklemmt zu sein. Zuweilen werden dabei mehrere Dnrmschlingen nach einander in den Bruchsack eingetrieben. Dadurch verschlimmert sich der Zustand des Patienten bis zum Auftreten von Ejnklemmungs-Erscheinungen, wenngleich in der That noch keine Einklemmung besteht; jedoch kann letztere unter den angegebenen Verhältnissen hinzutreten. Ein complicirter Zustand der Art wird immer äusserst schwierig zu erkennen sein'). Kann der Nachweis geliefert werden, dass die Erscheinungen im Bauch bestanden haben, bevor die Bruchgeschwulst heraustrat, und dass letzteres erst geschah, als der Leib bereits einen hohen Grad von tympanitischer Spannung erreicht hatte, so wird dadurch Licht verbreitet, obwohl es immer noch möglich bleibt, dass die hervorgetriebenen Eingeweide sich nachträglich auch noch eingeklemmt haben. In solchen Fällen kann selbst nach operativer Erweiterung der Bruchpforte die ZurUckbringung der Eingeweide unmöglich sein ( P o t t ) , und die Beseitigung des mechanischen Hindernisses wird den sonst zu erwartenden Erfolg nicht haben, weil die Entzündung durch den operativen Eingriff eher gesteigert als vermindert wird. Prognose.

Die Gefahr der Bruch-Einklcmmung ist immer gross.-

In den 2 0 J a h r e n

von 1 8 4 8 bis 1 8 6 7 starben

in London 2 9 9 0

Menschen

Brucheinklemmung; in ganz England belief sich die Zahl der Todesfälle durch

an

einge-

klemmte Hernien in den Jahren 1 8 6 2 — 1 8 6 4 auf 2 8 1 0 , — m e h r als 2 auf den T a g ! Vgl. J. B i r k e t t , Brit. med. j o u r n . 1 8 6 8 . Oct.

Die Gefahr steigt mit der Heftigkeit und Schnelligkeit des Auftretens der Einklemmungs-Erscheinungcn; sie ist im mittleren Lebensalter grösser, als bei Greisen und Kindern. Bei letzteren ist das spontane Zurückgehen eingeklemmter Hernien relativ häufig. Jedoch darf man nicht glauben, eingeklemmte Brüche endeten bei Kindern niemals tödtlich oder erforderten niemals die Operation. ' ) Vgl. d e n , pag. 8 5 4

citirten Fall von G ü n t n e r

n n d den

Fall von

pag. 7 7 0 .

49*

Goyrand,

Üoterleibs-Brücbe.

772

P o t t «ah schon nach 2 Taften fin 1 jähriges Kind unter den Erscheinungen von Darmbrand in, Folge eines eingeklemmten Bruches sterben.

Dasselbe beobachtete G o o c h

a n einem Kinde von 1 0 Wochen und an einem Kinde von 10 Monaten, —

Lawrence

erzählt von einer glücklichen Bruchoperation bei einem Kinde von 14 Monaten, b e r t A d a m s operirte im I 8 t e n , Lebenstage.

Dupuytren

2 0 Tagen, G o y r a n d

Fantin

operirte

1 8 2 8 eine ^crortalhernie

7wôchentlichen

Kinde,

Hawkins

Roux

pag. 5 8 6 ) bei einem Kinde von 2 J a h r e n . in einem Falle die Operation Jahresbericht

Hunt

pro 1 8 5 2 ,

Kindern, Ztschr. f. Med.,

bei einem

Kinde von Kinde

(Journal de chirurgie, 1 8 4 3 , pag. 9 0 )

(Archives de médecine, Lawrence

Tum. IV. pag. 8 7 , W i m m e r , 1868.

1830« Tom. XXIV.

hat in 3 Fällen,

bei ganz kleinen Kindern

Cbir. u. G e h u r t s h .

Ro-

sogar am 2!)sten

(Presse médicale, 1 8 3 7 , p. 1 7 6 ) bei einem M o n a t l i c h e n

nach 3tägiger Einklemmung, C a e s a r bei einem

im 2ten Monat,

gemacht.

Vgl.

Erichson Canstatt's

über Brucheinklemmung

bei

No. 2. und die neuesten J a h r -

gänge des „ J a h r e s b e r i c h t " , Bd. II:

»eliaudloilg. Die Behandlung der Bruch-Einklemmung geht d a r auf aus, die im Bruch liegenden Eingeweide (vor Allem den D a r m , auf welchen wir hier zunächst Rücksicht nehmen) aus ihrer d e f a n g e n schaft zu befreien u n d , sofern nicht bereits Brand eingetreten ist, wieder in die Bauchhöhle zurückzubringen. Taxi«. Das nächste Mittel hierzu ist die T a x i s , die Reposition der eingeklemmten Eingeweide, deren Ausführung jedoch von derjenigen der Reposition beweglicher Hernien, welche im weiteren Sinne auch als Taxis bezeichnet wird (vgl. pag. 7 2 3 ) , schon deshalb verschieden sein rnuss, weil es sich hier darum handelt, den Bruch erst b e w e g lich zu m a c h e n ' ) . Obgleich die Taxis oft bei ganz verschiedener Art der Ausführung (mehr zufällig) zum Ziele geführt h a t , so kann man doch, nach unseren jetzigen Kenntnissen von den anatomischen Verhaltnissen und dem Mechanismus der Einklemmung, nur zwei Verf a h r e n , als rationell ansehen. Entweder man sucht einem Theil des Inhalts der eingeklemmten Darmschlinge den Weg in den innerhalb der Bauchhöhle liegenden Darm zu öffnen, oder man beabsichtigt ein Stück des letzteren a u s der Bauchhöhle (durch die Bruchpforte) h e r vorzuziehen; in beiden Fällen soll die Spannung im Bruch vermindert werden, bei dem ersten Verfahren durch directe Verminderung des Inhalts, bei dem zweiten durch Vermehrung des Raumes, Verk e i l u n g des D a r m - I n h a l t s im Bruch auf eine relativ grössere Oberfläche. Das letztere Verfahren (Hervorziehen der Darmschlinge) ist ' ) Vgl. S t r e u b e l ,

ü e b e r die Taxis bei Brucb-Einklemmungen.

Prager Vierteljahrs-

sebrift, 1 8 6 1 , Bd. 1. pag. 1, ferner die pag. 7 6 8 citirten Abhandl. von von W. B u s c b und von H.

Lossen.

Roser,

Einklemmung. —

Taxis.

773

bei der Reposition nach Hebung der Einklemmung durch die Operation schon lange in Gebrauch und aus später zu erörternden Gründen unter solchen Verhältnissen besonders zu empfehlen; durch R o s e r ' s Erklärung des Einklemmungs-Mechanismus hat es auch für die T a x i s eingeklemmter Brüche eine rationelle Begründung erhalten. Die Ausführung dürfte jedoch in den meisten Fällen schwierig sein, da es, wenn man auch die Bruchgeschwulst zu umfassen vermag, doch selten gelingt, an ihr in der Weise einen Zug auszuüben, dass gerade der b a r m weiter hervorgezogen würde. Oefter mag es gelingen durch Hin- und Herwenden der Bruchgeschwulst das „abgeknickte" Darmstück in die Richtung seiner Fortsetzung zu bringen und dadurch das Zurückweichen des Darminhalts zu befördern, wie dies namentlich L o s s e n in sinnreicher Weise experimentell erläutert hat. Am Meisten bewährt hat sich mir das nachstehend beschriebene Verfahren von S t r e u b e i . Man muss durch Druck auf den Bruchsackhals und die zunächst liegenden Theile des Bruches einwirken, indem inan die Finger tief einsetzt oder diesen Theil der Geschwulst mit ihnen umfasst. Auf solche Weise sucht man das dicht an der Einklemmungsstelle liegende DarinstUck auf ein ebenso geringes Volumen zu bringen, wie dasjenige des eingeklemmten (vom einklemmenden Ringe direct umschnürten), dasselbe dann vorwärts zu schieben und das eingeklemmte Stück somit aus dem einklemmenden Ringe in die Bauchhöhle zurückzudrängen'). Das Kneten, Weigern, Zusammendrücken, Schieben und Drehen der g a n z e n Bruchgeschwulst kann nur ganz zufällig zum Ziele führen. Ein auf die ganze Bruchgeschwulst ausgeübter Druck bedingt nicht blos bei Anwendung grosser Gewalt die Gefahr einer Zersprengung des Darmes, sondern kann überdies, wenn der Bruchsackhals nicht sehr fest mit der Bruchpforte verwachsen ist, V e r s c h i e b u n g d e s g a n z e n B r u c h s a c k e s mit seinem eingeklemmten Inhalte, durch die Bruchpforte hindurch zur Folge haben. Wenn die Einklemmung noch frisch ist, die Bruchgeschwulst bei ' ) Auf demselben Mechanismus beruht die Wirksamkeit des von S e u t i u (jQuro. de m£d. de Brnielles, 1 8 5 6 ) empfohlenen Verfahrens, die B r u c h p f o r t e , bei unversehrter H a u t , tern,

durch gewaltsames

Einbobren

des

Fingers

zu

erwei-

was in dieser Weise schwer ausführbar ist. — Sicherer wirkt ein solches

„Einbohren",

wenn m a n , nach dem Vorschlage von M. L a n g e n b e c k

cutane Reposition No. 2 7 ) ,

der Hernia

incarcerata,

Wiener allgeoi.

med. Zeitg.,

(sub1864,

vorher in der Nabe der Bruchpforte einen hinreichend grossen Haut-

scbnilt m a c h t , um den ZeigeGnger einführen zu k ö n n e n , mit welchem M. L a n geubeck

dann

Einklemmungen

nicht blos die Bruchpforte zerreissend erweitern, sondern auch im Bruchsackhalse heben will, indem tt

die auf demselben lie-

genden einschnürenden Stränge mit dem Fingernagel a b k r a t j t .

774

Unterleibs - B r ü c h e .

der Berührung keine besonders grosse Schmerzhaftigkeit zeigt, und die Bruchpforte dem Fingerdrucke zugängig ist, so kann man hoffen, dass die Taxis gelingen werde. Mar muss sie nicht stürm seh, sondern durch einen gleichmässigen, lange andauernden Druck ausüben, — nach A C o o p e r , eine volle Viertelstunde, ja selbst eine halbe Stunde (?) ohne Unterbrechung. Die mit grosser Gewalt und stürmisch ausgeführte Taxis hat fast ii mer einen üblen Erfolg. In der Regel wird der eingeklemmt Darm zersprengt, oder ein Stück des Gekröses abgerissen, oder es entstehen Blutungen in die Darmhöhle, in Folge von Gefässzerrei&sungen in der eingeklemmten Darmschlinge; die Entzündung wird durch den mechanischen Insult beträchtlich gesteigert, und Gangrän des nach mannigfaltiger Quetschung endlich zurückgeschobenen Darmstückes steht zu befürchten. Die üblen Folgen des alsdann in der Bauchhöhle erfolgenden Kothergusses sind bereits bei den Darmwunden geschildert. Oft gelingt die Taxis, wenn ihre regelmässige Ausführung nicht zum Ziele führte, auch bei Anwendung der grössten und roheslen Gewalt gar nicht. Man schreitet dann zu spät und unter viel ungünstigeren Verhältnissen zur Operation; denn das Eingeweide, welches man nach Ausführung der letzteren in die Bauchhöhle zurückbringt, ist immer ein bereits gequetschtes und daher für die Gangrän doppelt vorbereitetes. Man kann mit Recht behaupten, dass unter 10 unglücklichen Erfolgen der Operation eir geklemmter Brüche 9 durch zu langes Warten und zu heftig oder zu gewaltsam ausgeführte Taxisversuche verschuldet sind. J. L. P e t i t ,

Schon F r a n c o ,

Saviard,

Pott,

D e s a u l t haben in früheren

J.ihrhundertetf gegen die s t ü r m i s c h e und zu lange fortgesetzte Taxis, wie sie von unwissenden Chirurgen zu allen Zeiten gehandhabt und

heut

norden

i s t , ihre Stimme

zu Tage sind vollends alle erfahrenen Wundarzte

erhoben,

über diesen Punkt

ein-

verstanden. Nur A m u s s a t

bat in neuester Zeit der Taxis für alle Fälle das Wort geredet

und einpfieblt, sie gradweise verstärkt und mit voller Gewalt mehrere Stunden hindurch fortzusetzen. nächst

ein

Da hierbei die Hand des Wundarztes Gehülfe seine Hand

auf diejenige

sollen sich sogar m e h r e r e Personen ablösen.

bald erlahmen m u s s , so soll zu-

des W u n d a r t e s

aufsetzen,

weiterhin

A m u s s a t versichert, dass die Schmerzen,

obgleich Anfangs sehr heftig, bei weiterer Foitsetzung der Taxis erträglich würden, was sich

recht gut aus der allmälig eintretenden Empfindungslosigkeit stark gequetschter

Tbeile erklärt.

Amussat

gn n nicht gelten l a s s e n ,

will auch die allgemeinen angenommenen Zeichen der Ganwenigstens trotz ihres Bestehens die Taxis a u s f u h r e n .

Die

Tbatsachen haben l a u t gegen diese Lehre g e s p r o c h e n ; j e d e r erfahrene Wundarzt kann von Fallen e r z ä h l e n ,

in denen e i n e ,

vielleicht nicht einmal aus Princip, sondern n u r

zufällig etwas zu n e i t getriebene Taxis den Tod zur Folge hatte.

In der Absicht, einen g l e i c h m ä s s i g e n , a n d a u e r n d e n D r u c k , namentlich in der Zwischenzeit zwischen den Taxisversuchen auf die

Einklemmung. —

775

Taxis.

Hernie auszuüben, haben mehrere Wundärzte vorgeschlagen, durch einen schweren Körper (ein Bügeleisen, eine Bleiplatte, eine mit Quecksilber gefüllte Blase) oder durch einen geeigneten Verband die Bruchgeschwulst zu comprimiren. Erstercs wird sich nur bei einer hierzu besonders geeigneten Lage der Bruchpforte ausführen lassen. Allgemeiner Hesse sich die Compression durch einen Verband bewirken, wie dies V-elpeau durch Anlegen eines dick gepolsterten Tragbeutels bei Leistenbrüchen gethan hat. Hierher gehört auch d i e S p i c a t a x i s von B a u d e n s 1 ) , welche wir schon bei der Kothanhäufung erwähnt haben. Aber diese ganze Reihe von Mitteln dürfte mehr dort, als bei der wirklichen Einklemmung, Anwendung finden. Es wird, nach den oben gegebenen Erläuterungen, kaum eine Beihülfe zu der eigentlichen Taxis durch sie gewährt. Bei grosser Schmerzhaftigkeit kann gar keine Rede davon sein, und in dringenden Fällen muss man die kostbare Zeit nicht damit verlieren. Mit grosser Vorliebe hat man früher die besondere L a g e r u n g d e s P a t i e n t e n behandelt, durch welche man das Zurückgehen der Hernie zu begünstigen gedachte. Dieselbe wurde, je nach der Lage der Brucbpforte, verschieden gewählt. Die grösste Mannigfaltigkeit ist in Betreff der Leisten- und Schenkelbrüche entfaltet worden. Aneaulme Kopf.

In

e m p f a h l z. B. d i e K n i e - E l l e n b o g e n - L a g e

dieser Stellung

soll

die

vordere B a u c h w a n d

mit v o r n ü b e r g e b e u g t e m

erschlafft u n d

das Zwerchfell

d e r relativ tiefste Theil d e r B a u c h h ö h l e Bein, so d a s s die Eingeweide d u r c h ihr eigenes Gewicht gegen d a s s e l b e hingezogen w u r d e n . v o r t h e i l h a f t ; schon L e d r a n ab Aqua

pendente

und P e r r o n

Winslo»

hielt diese Stellung n o c h f ü r

d. A. f a n d e n sie nutzlos. —

e m p f a h l , den K r a n k e n a n d e n F ü s s e n

Fabricius

u n d an den

Händen

a u f z u h ä n g e n , den Kopf h i n t e n ü b e r u n d das Becken h ö h e r als den Thorax, aber

den

Kranken,

Schwebenden

tüchtig

zu s c h ü t t e l n .



Nach S h a r p

die U n t e r s c h e n k e l

alsdann

C o ? I I I a r d l a s s t den

n a c h d e m er 3 — 4 S t u n d e n in w a r m e m Oel gebadet i s t ,

aufhängen. — nehmen,

wiederholt

an

den

Beinen

soll ein s t a r k e r Gehüire den K r a n k e n auf den R ü c k e n

ü b e r die S c h u l t e r n

ziehen,

K r a n k e n g e r a d e auf den S c h u l t e r n des T r ä g e r s r u h e n .

so d a s s die Kniekehlen d e s Auch dabei w u r d e g e s c h ü t t e l t .

L o u i s d . Ä. will auf diese Weise zwei g u t e Erfolge erzielt h a b e n .

A. C o o p e r

be-

m e r k t s c h o n , d a s s eine s o l c h e Stellung s e h r qualvoll s e i , ' u n d dass die B a u c h m u s k e l n d u r c h dieselbe g a r n i c h t e r s c h l a f f t w ü r d e n ; a u c h h a t er n i e m a l s einen Vortbeil davon gesehen. —

Ribes

kehlen

den

über

lagert

den K r a n k e o

Schultern

eines

a m F u s s e n d e des Bettes s o ,

Gehülfen

liegen,

welcher

zugleich

dass die Kniedie

Beine

des

P a t i e n t e n in d e r Knöchelgegend f e s t h ä l t , d a s Becken e r h e b t u n d i h m von Zeit zu Zeit Erschütterungen schäftigt. —

ertbeilt,

während

der Wundarzt

A n d e r e wollen den Kranken

sich m i t d e r eigentlichen Taxis b e -

aufrecht stehen lassen,

u m ihn von H i n t e n

zu u m f a s s e n , n o c h A n d e r e r a t h e n zu d e r h o c k e n d e n Stellung, welche bei d e r Defäcation i m Freien günstig ist, u . s. f.

•) B a a d e n s

will Kalte u n d C o m p r e s s i o n c o m b i n i r e n ; vgl. pag. 7 5 5 .

776

Unterleibs-Brüche. Die K r o n e a l l e r d i e s e r G r ü n d u n g e n

fahrende

Methode"

genannt.

ist

die M e t h o d e

von P r e i s s ,

auch

Der K r a n k e u i r d auf e i n e n S c l i i e b k a r r e n

Kopf n a c h U n t e n , d i e B e i n e n a c h O b e n

ü b e r d e n s o g e n a n n t e n Bock des

Schiebkarrens

h e r ü b e r h a n g e n d , s o d a s s d i e F ü s s e zu b e i d e n S e i t e n d e s R a d e s s c h w e b e n . e i n e n s c h l e c h t g e p f l a s t e r t e n Hof z u m Op^eraliunsplalz.

e r s c h ü t t e r t wird. übergebeugter

langsamen Schrittes

hin

und

Man

wühlt

Ein Gehülfe, welcher der ärzt-

lichen K u n s t f r e m d sciu k a n n , f ä h r t den m i t d e r T a x i s zu b e g l ü c k e n d e n dem Schielikarren

„die

gelegt,ider

her,

so

dass

Kranken

dessen Kumpf

Der W u n d a r z t a b e r g e h t r ü c k w ä r t s vor di'm Karren e i n h e r in

Haltung, um nährend dieser Erschütterungen

auf

kräftig vorn-

die Taxis a u s z u ü b e n .

Vgl.

D i e f f e n b a c h ' s O p e r a t i v e C h i r u r g i e , Bd. II. pag. 4 8 t .

Von allen diesen Positionen werden besondere Erfolge gerühmt. E i n e Wirksamkeit mögen sie haben, dass dem Krankeil nämlich übel und weh, vielleicht auch ohnmächtig wird, und in einer solchen Anwandlung von Ohnmacht mag die Taxis allerdings leichter gelingen. A

Cooper

h a t d a r a u f t t u f m e r k s n m g e m a c h t , d a s s bei h e f t i g e m

d e m A u g e n b l i c k , w o d a s Z w e r c h f e l l p l ö t z l i c h h i n a b s t e i g t , eine schnell Erschlaffung der Bauchmuskeln eintritt. f ü r die Taxis achtungen.

förderlich

sein k a n n ,

Er

Husten,

in

vorübergehende

g l a u b t , d a s s diese plötzliche E r s c h l a f f u n g

u n d s t ü t z t sich d a b e i n a m e n t l i c h auf zwei

Beob-

In e i n e r d e r s e l b e n s t e l l t e sich ein H u s t e n a n f a l l plötzlich e i n , w ä h r e n d m a n

m i t d e r T a x i s b e s c h ä f t i g t w a r , u n d die H e r n i e liess s i c h augenblicklich

zurückbringen.

In d e r z w e i t e n l i r s s m a n a b s i c h t l i c h den K r a n k e n h u s t e n , w ä h r e n d m a n m i t d e r Taxis beschäftigt w a r ,

u n d die H e r n i e t r a t n ä h r e n d

d i e s e r E r s c h ü t t e r u n g gleichfalls z u r ü c k .

Man hat ferner einen Z u g am Mesenterium oder an den der ßruchpforte zunächst im Bauche liegenden Darmschlingen auszuüben gesucht, um die Eingeweide aus dem Bruchsack in die Bauchhöhle z u r ü c k z u z i e h e n . Solchen Versuchen kann man nicht ohne Weiteres jede Wirksamkeit absprechen, denn die Elasticität des Mesenteriums spielt bei dem spontanen Zurückgehen der Brüche gewiss eine grosse Rolle ( R o s e r ) , und Beobachtungen an Leichen haben gezeigt, dass Hernien, die dem äusseren Drucke widerstanden hatten, leicht zurückgingen, wenn man in der geöffneten Bauchhöhle an einer benachbarten Darmschlinge einen geringen Zug ausübte. Aber ohne Eröffnung der Bauchhöhle ist ein solcher Zug mit Sicherheit nicht zu bewirken. Man

hat

die

Bauchdecken

n a r m s t ü r k e zu f a s s e n ,

in

d e r Vagina a u s d e n b e n a c h b a r t e n Ein e i g e n t ü m l i c h e s duetion wird

zu

erheben

obturatoria

Darmschlingen

heizukommen

und Schenkelbrüche

wie ein S c h r ö p f k o p f

und

zu

mit

dieser

zugleich

a u c h vom M a s t d a r m o d e r von

Mittel s o l l e n d i e R u s s i s c h e n B a u e r n

eingeklemmter Leisten

in d e r W e i s e

eine Falte

bei d e r H e r n i a

gesucht. anwenden,

bewirken.

Ein

über einer entsprechend grossen

um die Regrosser Topf Flamme er-

w ä r m t u n d d e m n ä c h s t a u f den Rauch a u f g e s e t z t , s o d a s s die v o r d e r e R a u c h w a n d

und

die E i n g e w e i d e d u r c h d e n Druck d e r ä u s s e r e n l . u f t in den Topf h i n e i n g e t r i e b e n w e r d e n . D a d u r c h soll a u c h die Z u r ü c k z i e h u n g folgen.

S c h r ö p f k ö p f e auf deren

oder Zurückdrängung der Bruch-Eingeweide

er-

A n d e r e trollen d i e s e l b e g ü n s t i g e W i r k u n g von d e m Aufsetzen z a h l r e i c h e r g r o s s e r die

bewegliche

vordere Baucbwand Leistenbrüche

in

gesehen haben.

der Rückenlage



Ich h a b e a n

nicht von selbst

Personen,

zurückgingen,

777

Einklemmung. — Taxis.

vergeblich versucht, die Reduction in der eben geJachlen Weise zu bewirken, während sie durch den Druck der Hand s e h r leicht gelang. Lannelongue

(Gaz. des höpit. 1 8 7 0 .

No. 3 1 )

glaubt durch einen

mittelst

Bleigewichten von 2 , 5 bis 3 Kilogr. ausgeübten, andauernden Druck dicht oberhalb d e r Bruebpforle (bei Leistenbrüchen) die Taxis wesentlich zu erleichtern.

Auch durch G i n w i r k u n g e n a u f d e n g a n z e n K ö r p e r hat man die Schwierigkeiten der Taxis zu Uberwinden gesucht. Die in dieser Absicht angewandten Mittel lassen siph in zwei Gruppen theilen. Die einen sollen Erschlaffung des ganzen Körpers und namentlich der Bauchwand herbeiführen; dahin gehören: Aderlass, Blutegel, heisses B a d , warme Umschläge, narkotische Arzneimittel (namentlich Belladonna und Opium), Betäubung durch Einathmen von Chloroform. Durch ändere Mittel will man kräftige Z u s a m m e n z i e h u n g e n d e s D a r m e s erregen, welche die eingeklemmte Darmschlinge aus dem Bruchsack herausziehen sollen. In dieser Absicht hat man Abführmittel, reizende Klystiere, Electricität und Kälte angewandt. Soll der A d e r l a s s nutzen, so muss das Blut aus einer grossen Oeffnung in starkem Strahle fliessen, damit in kurzer Zeit viel entleert und der Kranke durch relativ geringen Blutverlust schnell in Ohnmacht (oder einen der Ohnmacht nahen Zustand) versetzt werde. Von viel geringerer Bedeutung sind ö r t l i c h e B l u t e n t z i e h u n g e n . Die an der Basis der Bruchgeschwulst angelegten B l u t e g e l bewirken weder eine hinreichend starke, noch eine hinreichend schnelle Blutentziehung. Niemals wird durch sie Erschlaffung der Bruchpforte oder Verminderung des Volumens einer eingeklemmten Darmschlinge bewirkt. Die Erfolge, welche man durch sie erreicht haben will, betreffen N e t z b r U c h e , welche wahrscheinlich nicht eingeklemmt, sondern entzündet waren. Moullaud schickte

aber

in

Marseille

einen

empfahl

reichlichen

die B l u t e g e l Aderlass

an

voraus

den

Atter

zu

setzen,

Hierauf Hess er dann

ein b e i s s e s B a d folgen, und n e n n nach dieser Behandlung eine mit massiger Kraft ausgeübte T a x i s

nicht zum Ziele f ü h r t e ,

V i d a l ball e s , als Schüler von M o u l l a u d ,

so schritt

er

sogleich

zur

Operation.

für seioe Pflicht, die auf diesem Wege

erzielten günstigen Resultate besonders hervorzuheben.

Das h e i s s e B a d bewirkt, namentlich wenn es sogleich nach einem starken Aderlass angewandt wird, eine grosse Erschlaffung, oft Ohnmacht. Der Bruch geht manchmal im Bade von selbst zurück. In anderen Fällen gelingt die Taxis im Bade oder gleich nachdem der Patient wieder zu Bett gebracht ist. Offenbar handelt es sich hier aber nicht um eine Erschlaffung der Bauchwand, sondern utn die durch temporäre Hyperämie der Haut und dem entsprechend relative Anämie des Gehirns herbeigeführte, mehr oder weniger voll-

778

Unterleibs-Brfiche.

ständige Ohnmacht. Derselbe Effect lässt sich erreichen, wenn man den J u n o d ' s c h e n S c h r ö p f s t i e f e l anlegt und möglichst stark auspumpt. Dagegen haben Halbbäder, wenn sie auch noch so heiss sind, gar keine Wirkung, und warme Umschläge sind vollends bedeutungslos für die Taxis. Eines grossen Rufes erfreut sich bei vielen Aerzten die B e l l a d o n n a . Man giebt entweder das Extractum Belladonnae in starken Dosen innerlich ( C h e v a l i e r , R e i c h e u. A.) oder Klystiere von Decoctuin Belladonnae ( H u f e l a n d , ~van L o t l i u. A.), lässt Belladonna-Extract in die Bruchgeschwulst einreiben ( S p e z a n i , P Q i n a ) , bedeckt dieselbe mit Cataplasmen aus Belladonnablättern ( S t . Andan d ) , ja man hat sogar durch das Einführen von Harnröhren-Bougies, die mit Belladonna-Extract bestrichen waren, eine gute Wirkung zu erreichen geglaubt ( R i b e r i ) . Die Mehrzahl der Aerzte ist von dem Glauben an die Wirksamkeit dér Belladonna bei eingeklemmten Brüchen zurückgekommen. — Ebensowenig dürfte von dem S t r y c h n i n oder gar dem C a f é zu erwarten sein, die gleichfalls empfohlen sind 1 ). — Auch O p i u m ist bald äusserlicb, bald innerlich angewandt worden. Seine vorzüglichsten Lohredner, D a v i d B e l l und B r a n s b y C o o p e r * ) , haben es in sehr grossen Dosen (bis zu 0,36 Gramm, p. dosil) gegeben, und es scheint, dass nur unter der Bedingung, dass dies gewaltige Mittel eine gewiss nicht ungefährliche Betäubung bewirkte, die Reduction erleichtert wurde. Am Schnellsten und Sichersten bewirkt den durch die Mittel dieser Reihe zu erstrebenden Grad allgemeiner Erschlaffung die B e t ä u b u n g d u r c h C h l o r o f o r m - I n h a l a t i o n e n . In einzelnen Fällen mag der Aderlass schneller wirken. Aber eine Blutentziehung, wie sie zu diesem Behuf erforderlich ist, kann für die Gesundheit dauernden Nachtheil haben. Mag nun auch die Chloroform-Betäubung nicht ganz ohne Gefahr sein, so lassen die Erfahrungen der neueren Zeit solche Gefahren doch immer leichter vermeiden. D i e T a x i s g e l i n g t mit Hülfe des C h l o r o f o r m s ungleich h ä u f i g e r als bei Anwendung aller übrigen Hülfsmittel zusammengenommen. Nicht immer geht die Hernie gerade in der tiefsten Betäubung, sondern häufig erst gegen das Ende derselben, unter leichtem Drucke, zurück, während der Patient unwillkürlich recht tiefe Athemzüge macht. — In manchen Fällen wird durch das Chloroform so heftiges Erbrechen hervorgerufen, dass man von seiner weiteren Anwendung abstehen muss. ' ) Vgl. meine Referate in C a n s t a t t ' e Jahresbericht pro 2

) Vgl. dasselbe Referat pro 1 8 5 2 , pag. 8 1 .

1855—58.

779

Einklemmung. — Taxis.

Unter den Mitteln, welche d u r c h E r r e g u n g k r ä f t i g e r e r Z u s a m m e n z i e h u n g e n d e s D a r m e s , von denen man eine Zurückziehung des eingeklemmten Theils erwartet, wirken sollen, haben die A b f ü h r m i t t e l die grösste Verbreitung. Gewöhnlich wendet der Patient, da die Verstopfung das erste ihm auffallende Symptom ist, Purgirmittel auch ohne ärztlichen Rath an. Man kann ¡(«'Allgemeinen behaupten, dass sie s e l t e n n u t z e n u n d h ä u f i g s c h a d e n . Ihre Empfehlung beruht wahrscheinlich auf Verwechselung der Kbthanhäufung mit wirklicher Einklemmung; bei erstercr sind sie von Nutzen (vgl. pag. 755), bei letzterer desto mehr schädlich, je schneller die Einklemmung entstand, je stärker die sie begleitenden entzündlichen Erscheinungen sind. Es kann wohl einmal gelingen, das eingeklemmte Darmstück durch Erregung stürmischer Darm-Bewegungen wieder aus dem einklemmenden Ringe zu befreien; viel häufiger aber wird ein solcher Impuls nachtheilig wirken, indem durch die vom oberen Darmstücke vorwärts getriebenen Flüssigkeiten entweder die eingeklemmte Schlinge selbst, oder das nächst obere Darmstück übermässig ausgedehnt wird. In den meisten Fällen kommen die Abführmittel gar nicht zur Wirkung indem sie durch Erbrechen wieder entleert werden. Gerade der Umstand, dass die bei acuter Einklemmung nur allzu heftigen Brechbewcgungen durchaus keinen günstigen Einfluss auf das Zurückgehen der Hernie ausüben, klärt uns darüber auf, wie wenig wir von der Erregung stürmischer Darmbewegungen zu erwarten haben. Will man dennoch auf diesem Wege zu wirken suchen, so ist die Anwendung von K l y s t i e r e n mehr zu empfehlen, weil durch sie eine plötzliche Ueberfüllung des oberen Darm-Endes nicht bewirkt und das Erbrechen wenigstens nicht befördert wird. In Betreff der Klystiere

ist hier an die bei der Kothanhaufung schon erwähnte

Anwendung der T a b a c k s k l y s t i e r e

nochmals zu erinnern.

Eigenschaften des Tabacks sollen in Betracht kommen.

Auch die narkotischen

Unzweifelhaft lässt sich durch

hinreichend s t a r k e Doses des Tabacks auch Narkose, d. b . ein der O h n m a c h t ähnlicher Zustand,

herbeiführen,

in welchem

die lleposition

leichter gelingen

mag;

aber ein

solcher Zustand ist niebt gefahrlos. Grant mittelst Rmere

Wilson

eines

erwartet einen

will noch

hoch

günstigere Erfolge erzielen,

Darm möglichst s t a r k voll Luft p u m p t ! Wallace

besonderen

langen Schlundrohrs

Wood

f r e i s t die Klystiere von E i s w a s s e r

klemmte B r ü c h e * repoairt h a b e n , nachdem

Erfolg van Salzklystieren, hinauf in den

die

er

Dickdarm-eintreibt.

indem er auf demselben Wege

den

empfleblt neuerdings dasselbe Mittel. und

O'Beirne

er die im Darmcanal

will „ s t a r k

einge-

enthaltenen

Gase

mittelst eines durch den After eingeführten langen Schlundrobrs e n t l e e r t

hatte!

Die Anwendung der K ä l t e , namentlich die plötzliche Einwirkung

780

Unterleibs-Brüche.

derselben auf den Bruch, bedingt zuweilen das Zurückgeben 1 ). In dieser Weise wirkt auch das A u f t r ä u f e l n v o n A e t h e r , welcher durch seine Verdunstung eine beträchtliche Kälte erzeugt. Die stärkste Wirkung erzielt man durch den R i c h a r d s o n ' s c h e n Zerstäubungsapparat (vgl. Bd. 1. pag. 40). Um eine d a u e r n d e Einwirkung der Kälte zu erzielen, bedient man sich der E i s u m s c h l ä g c , der k a l t e n I r r i g a t i o n e n , der K ü l t c n i i s c h u n g c n (aus Salmiak, Salpeter und Wasser). T h e d e n * ) hat diese bereits empfohlen, zugleich aber auf ihre Unzulänglichkeit bei acuten Einklemmungen aufmerksam gemacht. In n e u e s t e r Z e i t ' h a t B a u d e n s . (vgl. m e i n R e f e r a t in C a o s t a t t ' s pro

1 8 5 i und

1 8 5 5 ) die E i s u m s c h l ä p e b e s o n d e r s g e p r i e s e n .

s e i n e Vorgänger h e r v o r , besänftigt w e r d e n ,

dass

sondern

Jahresbericht

Er hebt nicht

d u r c h Kälte die D a r i n g a s e verdichtet u n d die glaubt

auch,

O p e r a t i o n f a s t d u r c h w e g u m g e h e n zu

h f o s , wie Schmerzen

die E n t z ü n d u n g d a m i t b e h e r r s c h e n u n d

die

können.

Die E l e c t r i c i t ä t ist zuerst von L e r o y d ' E t i o l l e s bei eingeklemmten Brüchen angewandt worden. Er bediente sich der E l e c t r o p u n e t u r , indem er den einen Pol in Gestalt einer sehr dünnen Nadel tief in die Bruchgeschwulst einsenkte, während er den anderen auf eine beliebige Körperstelle aufsetzte. V e l p e a u hat statt dieser (wegen der Darmverletzung nicht ungefährlichen) Electropunctur das Aufsetzen der Pole auf die äussere Haut der Bruchgeschwulst empfohlen. Unzweifelhaft wird man auf die eine, wie auf die andere Weise kräftige Zusammenziehtingen in der eingeklemmtenDarmschlinge erregen können. Ob dieselben aber im Stande sein werden, das bestehende Hinderniss zu Uberwinden, muss ich bezweifeln, da ich niemals itn Stande war, b e w e g l i c h e Hernien auf diese Weise zu reponiren 3 ). Als ein HUlfsinittel bei der Taxis, welches in der That aber schon in einem o p e r a t i v e n E i n g r i f f besteht, ist endlich die P u n c t i o n d e s e i n g e k l e m m t e n D a r m e s zu erwähnen. Das räumliche Missverhältniss zwischen dem eingeklemmten Darme und der einklemmenden Bruchpforte würde allerdings gehoben werden, wenn man den Inhalt der vorliegenden Darmschlinge vollständig nach Aussen entleeren könnte. Dazu war aber, wenn man sich auf die Punction beschränkte, ein Einstich mit einem ziemlich starken Troicart erforderlich. Ein ' ) S e h r b e k a n n t ist die E r z ä h l u n g von J. L . P e t i t pag. 3 2 6 ) eines

lo

dem Augenblick,

als

eingeklemmten Scrotalbruches

d e s s e l b e n einen E i m e r k a l t e n

bei

beginnen

(Maladies c b i r u r g i c a l e s , T o m . I I .

einem

j u n g e n M a u n e die O p e r a t i o n

wollte,

schüttete

die

Oros9nintter

W a s s e r s ü b e r die B r u c b g e s r h t v u l s t , und — die Ein-

g e w e i d e t r a t e n in die B a u c h h ö h l e *) N e u e B e m e r k u n g e n

er

zurück.

und Erfahrungen

zur Bereicherung

der Wundarzneikunst

Berlin u. Leipzig 1 7 9 5 , p a g . 9 2 u. f. *J Vgl. a u c h die, p a g . 7 5 5 e r w ä h n t e n V e r s u c h e von H. v.

Ziemssen.

etc.

Einklemmung. — Taxis. solcher würde,

781

da die Darmschlinge nachher reponirt werden soll,

die Gefahr des Kothergusses in die Bauchhöhle mit sich führen. hat sich

daher mit recht kleinen Punctioncn begnügen

geglaubt.

zu

diese ist aber die Entleerung selbst des

Durch

Man

milssen flüssigen

Darminhaltes nur zum Theil möglich, und sie sind dabei nicht einmal vollkommen gefahrlos, da es sich hierbei nicht um Stichwunden an einem gesunden, sondern handelt.

an einem schon

Fügt man zur capillaren

entzündeten

Punction

Darme

die A s p i r a t i o n

(vgl.

pag. 6 3 4 ) , so wird dadurch die Wahrscheinlichkeit einer hinreichenden Entleerung der eingeklemmten Darmschlinge zwar erheblich gesteigert, die

Gefahr

der Punction

aber

keineswegs

beseitigt.

Die Anfangs

glänzenden Resultate, welche die Aspiration vor einigen Jahren lieferte, sind allmälig immer seltner geworden, so dass wohl weder empirische noch theoretische Gründe vorliegen, um dies Verfahren besonders zu empfehlen oder gar an die Stelle des ßruchschniltcs zu setzen. Long Tai»

und

hat die Punclion Surrogat

CaDStatt's

der

des D a r m e s

Bruchoperation

J a h r e s b e r i c h t pro 1 8 5 5 .

als allgemein a n w e n d b a r e s

neuerdings



Vielleicht

F ä l l e n blus der strotzend gefüllte B r u c b s a c k Reduction ermöglicht. — Aspiration

Bd. II.

wurde

llfilfsmillel

S . mein

in den günstig

beim D r u c h s c h n i t l " . —

1 8 7 1 , p. 4 i i ,

1872,

p. 5 1 1 ,

der

Referat

in

verlaufenen

punetirt und durch dessen Entleerung

Vgl. a u c h . V e r f a h r e n

vgl. „ J a h r e s b e r i c h t "

empfohlen.

die

In Betreff d e r 1 8 7 3 , p. 6 0 0 .

Bei N e t z b r ü c h e n ' ) entsteht Einklemmung oft erst in Folge der Entzündung. mässig.

Dann sind Blutentziehungen

Tabacksklystierc und

Abführmittel

und Eisumschläge zweckkönnen

nur

allgemeine Erschlaffung, welche sie herbeiführen, nutzen.

durch

die

Ist das Nelz

eingeklemmt, weil plötzlich eine sehr grosse Masse hervortrat, so kann die Taxis einen

nachdrücklich

oder

ausgeübt

anderen Weise

Operation entschliessen,

nicht

werden. zurück,

Geht das Netz in so

muss man sich

der zur

um entweder die Reposition zu ermöglichen

oder,- sofern die Einklemmung in Folge der entzündlichen Schwellung entstanden ist, doch die Einklemmung zu heben, durch welche sonst Gangrän des vorliegenden Netzstücks und allgemeine Peritonitis veranlasst werden

würde.

Sind zu einer Entzündung

des Netzes erst

Einklemmungs-Erscheinungen hinzugetreten, so darf man die Reduction gar nicht versuchen. — Anderer Seits ist aber wünschenswerth, das in der Hernie liegende Netz nicht der Luft auszusetzen, sondern die einklemmende Bruchpforte wo möglich ohne Eröffnung des Bruchsackes zu dilatiren.

Die ßlosslegung des entzündeten Netzes wurde oft lödt-

lich. — Abscesse im Netz müssen sofort geöffnet werden. ') Wir niederholen dass n i r k l i c h

n o c h m a l s , dass m a n mit grösster S o r g f a l t sich vergewissern m u s s ,

nur

Netz im B r u c h e

liegt.

782

Unterleibs-BrGche.

D a s s d i e T a x i s g e l u n g e n s e i , erkennt man zunächst an dem Verschwinden (Zurückgehen) der Bruchgeschwulst, welches, wenn blos Darm vorliegt, meist plötzlich und mit einem gurrenden Geräusch erfolgt, während Netzstücke allmälig, unter stetigem Drucke und ohne Geräusch zurückgehen. Wichtiger noch als nach der Reposition beweglicher Hernien (vgl. pag. 7 2 4 u. f.) ist hier die Untersuchung der Bruchpforte (des Bruchcanüls) und des Bruchsackcs, um festzustellen, dass die Eingeweide vollständig in die Bauchhöhle zurückgebracht sind, die Reduction also keine „ S c h e i n r e d u c t i o n " ist (über deren verschiedene Arten und Möglichkeiten wir weiter unten im Zusammenhange handeln werden). Weiterhin belehrt uns das Aufhören der Einklemmungs-Erscheinungen und das schnell zurückkehrende Wohlbefinden des Patienten Uber das Gelingen der Taxis. Gewöhnlich kann der Kranke, sobald er nur ein passendes Bruchband angelegt hat, wieder an sein Geschäft gehen. Hatte die Einklemmung aber lange oder in besonders heftiger Weise bestanden und war die Taxis schwierig, so bedarf es mit Rücksicht auf den Zustand des eingeklemmten Darmstücks einer N a c h b e h a n d l u n g , welche wesentlich darauf ausgehen muss, durch ruhige Lage des Kranken, sowie durch Ausschluss consistentcr Nahrungsmittel und einige Gaben Opium während der ersten Tage den Darm in möglichst ruhigem Zustande zu erhalten, später aber, wenn nach dem 5. Tage noch Verstopfung besteht, durch Klysticre und leichte Abführmittel Ausleerung zu bewirken. Genauere Untersuchungen über die V e r ä n d e r u n g e n , w e l c h e d e r D a r m lange

dauernder

Einklemmung

bietet, bat M o r a w e k Grund

n a c Ii "g c I u n g e n e r R e p o s i t i o n

(Revue mdd.-chir. November 1 8 5 4 ) mitgetheilt.

dieser Veränderungen

Darmschlinge.

auch

i s t , nach M o r a w e k ,

die Entzündung

Auf Grund dieser Entzündung e n t s t e h t ,

bef dar-

P e r wesentliche d e r betreffenden

trotz der glücklichsten

und

sorgfältigsten Reposition, ein paralytischer Zustand, in Folge dessen die peristaltiscben Bewegungen an dieser Stelle a u f h ö r e n , das Darmstück

mit Fücalmasse

gefällt wird (

seiner Schwere folgend,

in das Becken h i n a b s i n k t , so dass eine zum Tode führende

Darmversperrung folgt.

In anderen Fällen

Ulceralion der Darmschleimhaut, mucösen

entstellt an der eingeklemmten Stelle eine

diese w i r d - a b g e s t o s s e n ,

Gewebe entstellt narbige Zusammenziehung,

Verschwürung in mehr

je

in dem biossliegenden subnach

der Ausdehnung

der

oder weniger hohem Grade und dem entsprechend auch Ver-

engerung des Darmcanals, die o f t erst längere Zeit nachher sich in höchst bedenklicher Weise geltend macht. zündung kann

Eine weitere Folge der nach

die Bildung von Adhäsionen

Bruchsackhalse s e i n , wodurch abermals

der Taxis fortbestehenden Ent-

zwischen dem reponirten Darm und dem

Darmverengerung

zu Stande

kommen

kann.

Auch kann das Netz mit der Bruchpforte verwachsen und als scharf gespannter Strang die Ursache einer inneren Darmeinklemmung w e r d e n , wie M o r a w e k zwei Mal beobachtete.

Endlich kann auch das angewachsene IVetz durch Narbengewebe verdickt und

gleichzeitig verkürzt werden, woraus gleichfalls Darmversperrung entstehen kann.

Einklemmung. — Operation.

783

Bruck-Operation. Gelingt die Taxis nicht, so muss das räumliche Missverhältniss durch eine Operation, in der Regel durch E r w e i t e r u n g klemmenden

Ringes

mittelst

des M e s s e r s ,

Darüber sind alle Aerzte einverstanden. Operation ( B r u c h o p e r a t i o n ,

des

beseitigt

ein-

werden.

Aber auf welche Weise diese

Kelotomia)

ausgeführt werden soll,

und zu welcher Zeit sie als dringend indicirt anzusehen sei,

darüber

giebt es verschiedene Ansichten. In Bezug auf die A r t

der A u s f ü h r u n g

haben

wir zu unter-

scheiden: die O p e r a t i o n m i t , und diejenige o h n e E r ö f f n u n g Bruchsackes.

Obgleich

letztere Methode die ältere ist,

war

doch im Laufe der Zeiten so sehr in Vergessenheit geralhen,

des sie dass

sie mit vieler Mühe erst hat wieder zu Ehren gebracht werden müssen. Da wir der Ansicht sind,

dass nicht die eine von beiden Methoden

ausschliesslich, sondern, j e nach der Beschaffenheit des Falles,

bald

die eine, bald die andere anzuwenden ist, so werden wir erst bei und nach der Beschreibung des Operations-Verfahrens auf die in

dieser

Beziehung zu stellenden Indicationen zurückkommen. Die Entscheidung über die Z e i t d e r O p e r a t i o n

lässt sich nie-

mals auf Stunde und Minute treffen; seilen wird man zu früh, häufig zu spiit operiren (vgl. pag. 7 6 9 ) .

Man würde sich in

allen

Füllen

noch viel mehr beeilen, wenn nicht nach der Operation eine w e n i g s t e n s 1 4 t 8 g i g e , a b s o l u t e R u h e im B e t t für die Heilung erforderlich wäre, während der Patient nach glücklich vollzogener Taxis meist bald wieder an die Arbeit gehen kann. Ist die Einklemmung frisch und hat noch keine Behandlung stattgefunden, so versuche man

die Taxis und zwar mit einer gewissen

Beharrlichkeit — , wo möglich, von vornherein in tiefer Chloroformnarkose.

Gelingt sie in dieser nicht,

so ist e s , wenn eine Darm-

einklemmung vorliegt, am Besten, s o g l e i c h die Operation auszuführen.

Eine Hernie,

während

der Narkose

welche sich, während

der

Kranke tief betäubt ist, nicht zurückbringen lässt, wird voraussichtlich auch durch andere Mittel in einen zur Taxis geeigneten Zustand nicht versetzt werden. Diejenigen, welche mit besonderer Scheu an die Operation gehen, empfehlen ausserdem in den milderen Fällen Abführmittel, namentlich Ricinusöl in oft wiederholten kleinen Gaben, etwa zu einem Esslöffel, uAd Eisumschläge anzuwenden.

Aber selbst in den scheinbar milde

verlaufenden Fällen sollte man sich mit solchen Mitteln nicht aufhalten und jedenfalls vor Ablauf des dritten Tages die Operation vornehmem

784

Unterleiks-ßrüche.

Wartet man noch länger, so muss man selbst bei geringer Heftigkeit der Symptome auf Perforation des Darmes oder doch auf dauernde Verengerung an der Stelle der Einschnürung gefasst sein. Sind f b e r die Einkleminungs-Erscheinungen heftig, so hat man gar keine Zeit zu verlieren. Sobald der [ a u c h oberhalb der Hernie beim Druck empfindlich ist und Fieberbewegungen sich zeigen, ist es die allerhöchste eit zur Operation. Diese dringende Indication kann schon wenige Stunden nach dem Beginne der Einklemmung eintreten. Wird dit Operation in solchen Fällen niel t sogleich gestattet, so muss man den Kranken sehr Iii' ufig wieder besuchen und ihm wiederholt „gut z u r e d e n " ; eine Stunde „zu spät" kann unter diesen Verhältnissen tödtlich werden. In bereits

den Krankenhäusern vor

der Aufnahme

durch Quetschungen günstigen

Erfolg

kommt

der Operation vereiteln.

und D e s a n l t ,

k e i n e Taxisversiiche

geuölinlich

alle M e t h o d e n

zu

spat

der

zur

Taxis

Operatior,

ersehe pft

und

»eil da-

des D a r m e s u n d B r n c h s a c k e s h e r b e i g e f ü h r t w o r d e n s i n d , die d e n

Todesfällen nach liruchoperationeu Saviard

man

des K r a n k e n

Daraus

erklart

in den H o s p i t ä l e r n .

sieh

d a s s in i h r e n K i a n k e n - A b t h e i l u n g e n

gemuht

neiden duiften;

Hernie a n k a m , m i l d e er operirt. —

Vidal

die g r o s s e Anzahl

von

D a h e r a u c h d i e V o r s c h r i f t von von d e n A s s i s t e n t e n g a r

s o b a l d ein K r a n k e r

empfiehlt mit

mit

eingeklemmter

Hecht d i e , von M o u I I a m l

dass man einen Kranken mit Brucheinklemmung nicht a erlassen soll, bevor der Bruch znriickgebracht ist, und d'ss man zu diesem Rehufe, wenn aufgestellte Kegel, nach

kraftigen Blntentziehungen

u n d e i n e m h e i s s e n Bade

(wir wurden

C l i l o i o f o r m b e l ; u b u n g ) die Taxis n u l l t gelingt, sogleich o p e r i r e n

sagen:

in d e r

soll.

Haben sich bereits die Erscheinungen des B r a n d e s eingestellt, so ist freilich von der Operation eine viel geiingere Hülfe zu erwarten; man muss sie aber dennoch (mit den später anzugebenden Abänderungen) ausführen, da ohne dieselbe.die Erhaltung des Lebens bei Weitem unwahrscheinlicher ist. Verfahren beim Bruchschnitt.

Zwei grosse Namen knüpfen sich an die Erfindung des Bruchschnittes, F r a n c o und P a r é . F r a n c o 1 ) hat ihn erfunden, P a r t ' ) hat ihn in die Praxis t i n g e f ü i r l . Unzählige Menschen verdanken dieser Operation die Erhaltung des Lehens. Man hat ebenso gut in den ersten Monaten, wie noch jenseit des hundertsten Lebensjahres glückliche Erfolge mit dem Bruchschnitt erreicht. Morris langte kleinen

operirte

1849

(vgl. T b e L a n c e t ) e i n e

s o g a r u n m i t t e l b a r e Vereinigung K i n d e r n s i n d pag. 7 7 2

' ) T r a i t é des H e r n i e s .

Lyon

der W u n d e



109 Jahr Falle

alte Jungfrau

und er-

von B r u c h o p e r a t i o n e n

zusammengestellt.

1561.

' ) Vgl. O e u v r e s c o m p l è t e s d ' A m b r o i s e

P a r e " , éd

Malgaigne.

Paris

J840.

bei

Einklemmung. — Operation.

785

Man hält den Bruchschnitt für eine schwierige Operation,

und

mancher Arzt wird gerade durch die Besorgniss vor diesen Schwierigkeilen bewogen, zu geben.

den Toxisversuchen eine ungebührliche Ausdehnung

Unerwartetes ereignet sich allerdings bei mancher Bruch-

operation;

aber bei einiger Vertrautheit mit den anatomischen Ver-

hältnissen

der Bruchpforien

der Hernien

werden solche

und mit

der

unerwartete

pathologischen

Ereignisse

Anatomie

den Arzt

nicht

hindern, die Operation doch regelrecht auszuführen. Die Operation zerfällt in 4 A c t e : 1) Durchschneidung der Haut, 2)

Blosslegung

des

Bruchsackes,

3)

Spaltung

Ringes, 4 ) Reposition der Eingeweide. —

des

einklemmenden

Die I n s t r u m e n t e ,

deren

man bedarf, sind: ein convexes, ein spitzes und ein geknöpftes Messer, zwei Wundhaken (oft entbehrlich), eine Hohlsonde, eine Schcere, zwei Pincettcn.

Die Operationsstelle wird nöthigenfalls vorher rasirt.

Der

Patient beiludet sich in horizontaler L a g e , in der Nähe des rechten Bcttrandes, neben welchem der Operateur Platz nimmt, während ein Gehdlfe

auf der linken Seite bereit steht, um die Haut zu spannen,

die Instrumente zuzureichen, binden.

nöthigenfalls auch Arterien

zu

unter-

R e i n e Schwämme etc. und, wo möglich, der Bedarf für den

antiseptischen Verband müssen bereit sein. 1) I l a u t s c h n i t t , entweder aus freier Hand oder unter Erhebung einer Hautfalte.

Das letztere Verfahren ist, sofern es sich ausführen

lässt, namentlich in solchen Fällen zu bevorzugen, wo voraussichtlich nur wenige und dünne Schichten zwischen der Haut und den BruchEingeweiden liegen.

In der Regel macht man einen einfachen geraden

Einschnitt, entweder

iin grössten Durchmesser der Geschwulst

parallel der Körpernchse. Bruchgeschwülsten zu machen.

oder

Sehr selten und nur bei besonders grossen

kann es erforderlich sein, mehrfache Hautschnitte

Die älteren Wundärzte (namentlich P o t t

und

Scarpa)

empfahlen, die lncision Uber die Grenzen der Bruchgeschwulst hinaus zu führen und jedenfalls die Bruchpforte vollständig blosszulegen. neuerer Zeit hat m a n ,

nach

dem Vorgange von A. C o o p e r ,

Einschnitt oft nur b i s , in die Nähe der Bruchpforte ausgedehnt,

In den um

diese nachher mit unversehrter Haut zu bedecken. 2) B l o s s l e g u n g

des

Bruchsackes.

die Operation grosse Aufmerksamkeit.

Von hier ab

erfordert

Man incidirt die verschiedenen

Bindegewebslagen in der Richtung des Hautschnitts, Schicht für Schicht. Sofern der Operateur ganz sicher ist, geschieht dies aus freier Hand; sobald man aber eine Verletzung der tiefer gelegenen Theile befürchten inuss, ist in der für die Blosslegung der Arterien ( B d . II. pag. 1 2 0 f.) angegebenen

Weise

B a r d c l e b e n , Chirurgie.

zu verfahren. 7 . Aufl. IU.

Fast alle Hernien

besitzen 50

eine

786

Dnterleibs-Rrüche.

aus verdrängten und verdichteten Bindcgewebsschichten gebildete F a s c i a p r o p r i a , die sich durch glänzendes Aussehen und grössere Derbheit von dem unter ihr liegenden Bruchsack unterscheidet; sie muss gespalten werden, um zu letzterein zu gelangen. Die BIosslegung des Bruchsackcs braucht, namentlich bei grossen Brüchen nicht immer in der ganzen Ausdehnung desselben zu erfolgen; bei kleineren Hernien wird durch ein vollkommenes Herausschälen desselben aus seinen Hüllen eine grosse Erleichterung und Sicherheit für die folgenden Acte gewonnen; jedenfalls muss man ihn in der Nähe der Bruchpforte vollständig blosslegen. 3) Nachdem man zum ßruchsnck gelangt ist, handelt es sich Zunächst um die Entscheidung, ob derselbe geöffnet, oder die Reposition, nach vorgängiger E r w e i t e r u n g d e r B r u c h p f o r t e a u s s e r h a l b d e s R r u c h s a c k h a l s c s , versucht werden soll. Sind Bruchsackhals und Bruchpforte innig mit einander verwachsen, so dass es nicht gelingt, eine Sonde oder den Knopf eines ßruchmesscrs dazwischen zu schieben oder letztere durch kleine Einschnitte von Aussen zu spalten, so wird man auf die Erweiterung der Bruchpforte ohne Eröffnung des Bruchsackes verzichten müssen. Unzweifelhaft ist die Gefahr des Bruchschnittes ohne Eröffnung des Sackes in Bezug auf die zu erwartende Peritonitis geringer. Dagegen wird man Verwachsungen oder Vcrschlingungen der Eingeweide, welche im Bruchsack bestehen, dabei nicht erkennen, auch über den Zustand des Darmes (namentlich etwa bestehende Gangrän) keinen Aufschluss erhalten. Letztere wird jedoch aus der Beschaffenheit der umgebenden Thcile ziemlich genau erkannt, und Vcrschlingungcn des Darmes sind sehr selten. Somit durfte, sofern die Einführung des Bruchmessers zwischen Bruchsackhals und Bruchpforte ausführbar ist, zumal wenn blos Darm vorliegt und keine Erscheinungen bestehen, welche Brand des letzteren oder Eiterung im Bruchsack befürchten lassen, der V e r s u c h zu empfehlen sein, durch den ä u s s e r e n ß r u c h s c h n i t t ohne Eröffnung des Sackes die Reposition möglich zu machen. In Betreff der bei dem Repositionsversuche anzuwendenden Gewalt wird man sich aber, da man direct auf den Bruchsack einwirkt, in noch engeren Schranken halten müssen, als bei der gewöhnlichen Taxis. W i l l oder m u s s man den B r u c h s a c k öffnen, so ist auf das genaue E r k e n n e n desselben das grüsstc Gewicht zu legen. In der Regel erscheint er als ein dünnes, aber doch derbes, seröses Blatt, welches m a n , bei vollständiger Blosslegung, in Gestalt eines Stiels in die Bruchpforte eindringen sieht, und durch wclchcs hindurch man die Farbe und Gestalt des vorliegenden Netz- oder Darmstückes

Einklemmung. —

787

Operation.

und die dasselbe umspülende Flüssigkeit erkennen kann. Hegt man Zweifel, so erhebe man mit den Fingern eine Falte und schiebe diese zwischen den Fingern hin und her. Der Bruchsack erweist sich hierbei als eine e i n f a c h e , d ü n n e M e m b r a n mit glatter Innenfläche. Den bestimmt erkannten Bruchsack eröffne man d a n n , indem man mit der Pincette oder besser noch m i t d e n F i n g e r n , die das Gefasste zugleich fühlen, eine Falte erhebt und diese ansticht. Sofort lliesst aus der kleinen Oeffnung ein Theil des Bruchwassers. In seltenen Fällen gelingt nach Entleerung desselben sogleich die Reposition der Eingeweide 1 ). Gewöhnlich inuss man die Operation weiter fortsetzen. Man führt dann durch die Oeflnung des Bruchsacks eine Hohlsonde ein, die man unmittelbar an der inneren Flüche desselben und mit sorgfältiger Vermeidung aller in demselben gelegenen Theile vorwärts schiebt. Nachdem man sich genau überzeugt hat, dass sich wirklich nur der Bruchsack auf der Hohlsonde befindet, spaltet man ihn auf derselben mit Messer oder Sclieere in hinreichender Ausdehnung um den Finger bequem einführen zu können. Auf diesem oder, wenn Raum genug vorhanden ist, auch auf zwei eingeführten Fingern erweitert man demnächst die Oeflnung im Bruchsack bis gegen die Bruclipforte hin, und wenn es darauf ankommt, eine genaue Einsicht in die relative Lage der Bruch-Eingeweide zu gewinnen, auch in der entgegengesetzten Richtung bis zum blinden Ende des Sackes. Hierbei haben die eingeführten Finger den Eingeweiden Schutz zu gewähren. Bei der Ausführung dieses Theiles der Operation muss man nur das T u t o , nicht das C i t o im Auge haben. Die Eingeweide erscheinen nach Eröffnung des Sackes in Gestalt einer gestielten Geschwulst, deren Stiel in der Bruchpforte festsitzt. Das Netz hat eine etwas dunklere Farbe als im normalen Zustande, ist zuweilen mit Ecchymoscn besetzt; das mit ihm zugleich im Bruchsack liegende Darmstück wird von ihm bedeckt oder auch verdeckt. Die eingeklemmte Darmschlinge erscheint gewöhnlich glatt und gespannt, zuweilen von einer dünnen Schicht fibrinösen Exsudates bedeckt, welche ihr ein zottiges, sammtartiges Aussehen verleiht. Die Farbe des Darmes ist braunroth oder noch dnnkler, selbst chokoladenbraun. Man sieht bogenförmige Anastomosen der Darmgcfässe auf der convexen Seite der Darmschlinge und bemerkt an der entgegengesetzten Seite die Anheftung des Gekröses. Die braunrothe Farbe der Darmschlinge sticht sehr entschieden ab gegen die hellere Farbe der umgebenden

' ) Die Ansicht R a t o t h ' s , dass dies b e i g r o s s e n H e r n i e n

d i e R e g e l sei, wurde

schon pag. 7 6 2 e r w ä h o t .

50*

788

Ünterleihs-firfiehe.

Theile, so dass es nur einem ganz Ungeübten begegnen w i r d , den blossgelegten Darm zu verkennen. Wir haben bisher nur auf die gewöhnlichen, einfachen Fälle Rücksicht genommen; aber es kommen mancherlei Abweichungen vor. Das B r u c h w a s s c r ist zuweilen nur in sehr geringer Menge vorhanden, oder fehlt gänzlich; im letzteren Falle sind die Eingeweide in unmittelbarer Berührung mit dem Bruchsacke und alsdann gewöhnlich in mehr oder weniger grosser Ausdehnung mit demselben verwachsen oder doch verklebt ( I l e r n i a s i c c a ) . In alten Brüchen sind die den Bruchsack umgebenden Bindegewebsschichten zu membranösen Blättern verdichtet, so dass einzelne derselben für den Bruchsack gehalten werden können. Zuweilen findet sich in der Umgebung des Bruchsackcs eine so grosse Menge Fett, dass man das Netz vor sich zu haben glaubt, obgleich der Bruchsack noch gar nicht geöffnet ist. Eine Cyste kann vor dem Bruchsack liegen, zuweilen auch aus einer Abschnürung desselben entstanden sein, vgl. pag. 713. In anderen Fällen liegt der Bruchsack unmittelbar unter der Haut und ist mit den Eingeweiden fest verklebt; alsdann kann schon bei den ersten Schnitten nicht blos der Bruchsack, sondern zugleich das eingeklemmte Darmslück unabsichtlich geöffnet werden 1 ). Verdickung und Verdichtung des subcutanen Bindegewebes und die durch Fettanhäufung bedingte Aehnlichkeit mit dem Netz werden zu. einem Irrthum nicht Veranlassung geben können, wenn man genau beachtet, dass diese Theile nicht nach allen Seiten hin isolirt werden können und dass weder die eigentümliche Art der Zusammenfallung in der sich das Netz befindet, wenn es nicht etwa durch alte Adhäsionen fest verklebt ist, noch auch die braune Farbe und die eigent ü m l i c h e Gefdssanordnung an ihnen sich zeigt, wie am Darm. Die Anwesenheit einer Cyßte oder eines im Bruchsackhals obliterirten und nunmehr mit Flüssigkeit gefüllten zweiten Bruchsackes könnte zu der Ansicht verleiten, man habe sich getäuscht und es seien die Einklemmungs-Erscheinungen vielmehr von einer inneren Einklemmung abzuleiten. In solchen Fällen muss man daher die hintere Wand der Cyste besonders aufmerksam untersuchen. Liegt noch eine eingeklemmte Hernie hinter ihr, so findet man diese hintere Wand gleichmässig hervorgewölbt, prall, und kann oft selbst Fluctuation beim Druck auf dieselbe entdecken. In allen solchen Fällen muss man sie vorsichtig mit zwei Pincetten zu einer Falte erheben und zwischen diesen einschneiden, um demnächst mit allen oben angegebenen Vor' ) Fälle der Art sind

nicht blos Ungeübten, sondern a u c h

begegnet, so z. B. D u p u y t r e n

berühmten Wundärzten

(vgl. Lancette française, Tom. I. pag. 6 6 ) .

Einklemmung. —

sichtsmaassregeln

zum Bruchsack

789

Operation.

weiter

vorzudringen.

Wenn

das

Darmstiick durch ausgebreitete und feste Adhäsionen mit dem B r u c h sack gerade an der Stelle zusammenhängt, wo die Eröffnung gemacht wird, so dürfte eine Verletzung des Darmes unvermeidlich sein. s u c h e daher die Eröffnung des Bruchsackes

stets an

einer

Man

solchen

Stelle zu machen, wo entweder Bruchwasser oder Netz entdeckt werden kann.

Die Fälle, in denen dies ganz unmöglich wäre, sind selten.

Wird aber der Darm in nicht allzu grosser Ausdehnung einfach und ohne Substanzverlust angeschnitten, so hat dies keine so (iblen Folgen, wie man von vornherein glauben sollte.

Gewöhnlich erfolgt sogar die

Heilung ohne

Man hat in solchen

Bildung

einer Kothfistel.

Fällen

beobachtet, dass der Darm zunächst seinen Inhalt durch die Schnittwunde entleert, sich dann stark verengert und allmälig in die Bauchhöhle zurückzieht.

Natürlich wird man nicht daran denken, den ver-

letzten Darm in die Bauchhöhle zurückzubringen, man die Wunde hätte.

es sei d e n n , dass

vorher sorgfältig durch eine Darmnaht geschlossen

Will man dies nicht wagen, so muss man das Darmstück im

Bruchsack liegen lassen, bis die Heilung der Darmwunde

erfolgt ist

und, sofern irgend welche Neigung zur Zurückziehung vor dieser Zeit besteht,

durch Anlegen einer Fadenschlinge

eignisse vorbeugen.

diesem gefährlichen

Jedenfalls ist aber die Anlegung

Er-

der Darmnaht

der kürzere Weg zur Heilung, und wenn auch Erfahrungen vorliegen, dass ohne

dieselbe Heilung nach

einer solchen

Verletzung

erfolgen

kann, so müssen wir sie doch aus denselben Gründen wie bei anderen Darmwunden Die Krau,

empfehlen. bei

welcher

war in 3 Wochen geheilt.

Dupuytren

Sanson

in V i d a l ' s

Gegenwart den

und D u p u y t r e n

8 Ctm. Länge, welche ein anderer Wundarzt hei einer Bruckoperation gebracht h a l t e ,

gleichfalls in wenigen Wochen heilen.

et de chirurgie pratique. Die

vorstehenden Erläuterungen

Vorsicht

zu

empfehlen

sogleich nach DurchscbneiJnng

zeigen

von

dem Darm bei-

Vgl. Dictionnaire

zur Genüge,

hat.

Somit

bei der ist

de médecine

auch

dass

man

nicht

Eröffnung

blos aus

des

Bruch-

das Verfahren von

Louis,

der Haut eine spitze Hohlsonde an der Seite des' un-

teren Thcils der Bruchgpschwulst einzustossen,

um auf dieser dann die Dilatation mit

dem Messer vorzunehmen, durchaus zu verwerfen. fahren bietet, dass

ölTnete,

Articl. Hernie, Tom. IX. pag. 492 u. f.

„kindtscher F u r c h t " oder „Anfanger-Aengstlichkeit" sackes

Darm

sahen eine Schnittwunde

Der einzige Vortheil, den dies Ver-

nämlich der Operations-Act schneller vollendet wird, darf den be-

trächtlichen Gefahren gegenüber nicht in Anschlag gebracht werden, da die Blosslegung und Eröffnung des ßruchsarkes nur

in

geringem Grade

schmerzhaft

dung des Chloroforms fällt jeder Grund für ein solches Verfahren

Nach

Oeflnung

grösser als v o r h e r ,

des

Sackes

erscheinen

die

ist.

Bei Anwen-

fort.

Bruch-Eingeweide

weil sie bis dahin durch den Bruchsack allseitig

zusammengedrückt waren.

Man untersucht nunmehr mit der F i n g e r -

Unterleibs-Brüche.

790

spitze den Zustand der Bruchpforte und des Bruchsackhalses, um zu erfahren,

ob und in welcher Richtung die Erweiterung vorzunehmen

s e i ; denn in einzelnen Fällen hat man die Reposition gelingen sehen, nachdem blos die Lage der Bruch-Eingeweide verändert und namentlich d i e e i n g e k l e m m t e gezogen

war,

Darmschlinge

ohne Erweiterung

etwas

weiter

der Bruchpforte.

hervor-

Dies lässt sich,

nach den pag. 7 6 3 u. f. erläuterten Theorien leicht erklären; j a m a n sollte nach denselben erwarten, dass j e d e nicht allzu lange bestehende Einklemmung in dieser Weise niüsste beseitigt werden können. — Die Erweiterung des Bruchsackhalses oder der Bruchpforte kommt gar nicht in F r a g e ,

wenn als Ursachc der Einklemmung sich

d r e h u n g oder anderweitige V e r s c h l i n g u n g Zur S p a l t u n g

(Erweiterung)

des

sind eine Menge von I n s t r u m e n t e n

eine A c h s e n -

des Darmes findet.

einklemmenden

Ringes

erfunden worden, welche alle,

bald durch ihre Gestalt, bald durch complicirte Mechanismen die Vermeidung

einer zufälligen Verletzung des Darmes oder eines Gefässes

erleichtern sollen.

Unentbehrlich

nur das von P o t t angegebene, änderte

Bruchmesser,

oder doch schwer zu entbehren ist von A s t h l e y C o o p e r

llerniotöm,

etwas

d. h . ein schmales,

abge-

schwach

sichelförmig- gekrümmtes Messer, an dessen Spitze sich ein, nach der Modification befindet.

von

Cooper,

etwas

länglicher,

plattgedrückter

Knopf

Da man nur einen sehr kleinen Theil der Klinge wirklich

zum Schneiden benutzt, so hat A. C o o p e r auch nur diesen nach Art eines Messers schleifen, die übrige Klinge aber in einen plattgedrückten, auf

allen Seiten

stumpfen Stiel

umwandeln

Fig.

lassen (Fig. 8 8 ) .

Das

88.

P o t t ' s c h e Messer lässt sich leicht dem C o o p e r ' s c h e n ähnlich machen, indem

man

den

nicht zu benutzenden Theil der Klinge mit

Ileftpflasterstreifen umwickelt. Fliigelsonden

(Uohlsonden

mit

flügelförmigen

Seitenstückcn),

Flügel dem Darme zum Schutz dienen sollten, als auch die caches, einem

welche in besonderen Scheiden bestimmten Druck

einein

Alle übrigen Instrumente, sowohl die

hervorspringen,

zum Theil sogar als schädlich erwiesen.

stecken

deren Bistouris

und aus diesen bei

haben sich als überflüssig,

Einklemmung. — Operation. Flügelsonden sind von M e r y und R u s t ,

791

Bistouris

cachis

F r f c r e - C o s m e ' s c h e Lithotome

cacht

angegeben worden.

empfiehlt ein geflügeltes Bistouri.

So

Chomard

weit es irgend möglich ist, bedient man sich zur Leitung

des Bruchuiessers des Zeigefingers der linken man

von B i e n a i s e (das

im Kleinen), von L c d r a n und von G r z y m a l a

gegen

den

zu

incidirenden

Hand

während dieRückenseite den Eingeweiden

Hand, dessen

der Bruchpforte ^

89

zuge-

wandt ist. Auf die Volar-

^

fläche der Fingerspitze legt

man

das

^^fcy^^^ffiP

Bruch-

^¡jf

inesser mit zur Seile ge-

'**—- i "mmiiC

wandter Schneide auf

und

Spitze

andrückt,

/

flach

schiebt

.JÄnte 'fyjjn

oder

drängt zunächst den flachen Knopf desselben in die Bruchpforte,

resp.

Fjg

g()

in den Bruchsackhals, bis nahe au den schneidenden Thcil

hinein.

Messer s o ,

dass

Demnächst wendet man das die Schneide

klemmenden Rand Volarfläche

des

und

der Rücken

leitenden

(Fig. 8 9 ) , und trennt,

gegen

Fingers

den eingegen

die

gekehrt

ist

indem man einen kleinen

Theil der Schneide in die Bruchpforle einschiebt, mehr

durch

D r u c k , als durch Hin- und Her-

ziehen des Messers, die einklemmenden Fasern. Wer den Rath giebt, man solle die Fingerspitze i n d i u l l r u c l i p f o r t e schieben und dann erst auf dieser das Herniotom einführen, muss entweder pforten oder mit ungemein

mit sehr

weiten

Bruch-

schwacher Einklemmung zu thun

gehabt haben, denn anderen Falls ist diese Vorschrift ganz unausführbar.

Um in enge Bruchpforten das llerniotom sicher

einzuführen, hat man sich

der Hoblsonden

auch der Flügelsonden bedient.

und namentlich

Dieselben beengen unnöthiger

Weise den Raum und gewähren keine grössere Sicherheit, am Wenigsten aber eine grössere Leichtigkeit der Ausführung der Operation. Der von V i d a l empfohlene Spatel, Fig. ( J0, der, um ihn neben

anderweitigem Gebrauch

auch

beim BruchschniU

be-

nutzen zu können, io der Mitte eine Längsfurclie besitzt, ist iu der That nur eine Modification der Flügelsonden (allerdings eine Vereinfachung und Verbesserung1*.

Sein Gebrauch,

der

sich aus Fig. 91 (pag. 792) von selbst ergiebt, gewahrt vor dem oben beschriebenen Verfahren keinen Vorthcil.

1 \ 1

\ \

t

792

Onterleibs - Brüche. Fig. 9 1 .

So wie der S i t z d e r Einklemmung mannigfaltige Verschiedenheiten darbietet (vgl. pag. 7 6 0 u. f.), muss auch der zur Hebung der Einklemmung zu machende Schnitt bald den Bruchsackhals u n d die Bruchpforte, bald

nur den ersteren oder die letztere allein, bald auch Stricturen in der Mitte des Sackes oder festgeheftete Netzstränge treffen. — Im Wesentlichen wird das Verfahren hierbei immer dasselbe bleiben m ü s s e n : man sucht mit möglichst kleinen Schnitten und mit sorgfältiger Schonung der Eingeweide hinreichenden Raum zu gewinnen. Eine Erweiterung des einklemmenden Ringes um 4 — 6 Millimeter ist in der Regel genügend; grössere Einschnitte, wie sie namentlich von P o t t und G a r e n g e o t gemacht wurden, sind sehr selten nöthig. Obgleich dadurch die Reposition auch in den gewöhnlichen Fällen noch leichter gelingt, vermeidet man sie doch gern, weil eine dauernde Erweiterung der Bruchpforte zurückbleibt und somit die Zurückhaltung der Hernie später noch schwieriger wird. Sitzt die Einklemmung am inneren Ende eines langen Canales, so kann es erforderlich w e r d e n , diesen zu spalten. Hat in solchen Fällen nur der B r u c h s a c k h a l s die Einklemmung bedingt, so gelingt es zuweilen, ihn ohne Spaltung der Bauchwand so weit aus der Bruchpforte hervorzuziehen, dass man der einklemmenden Stelle mit dem Messer beikommen kann. Dupuytren,

Sanson

u n d viele A n d e r e s a h e n sich z. B. g e n ö t b i g t , die ganze

vordere Wand des L e i s l e n c a u a l s u n d selbst die Baucbwand noch über den h i n a u s bis z u r Höbe d e r Crista Hei zu s p a l t e n .

Vgl. S a n s o n ,

Leistencanal

im Uictionn. de m i d .

et d e Chirurg, p r a t i q u e s , T o m . JX. pag. 2 9 1 .

Die R i c h t u n g , in welcher die Bruchpforte einzuschneiden sei, hat man, je nach der Localität, verschieden zu bestimmen gesucht, da man überall die Verletzung wichtiger Theile, namentlich der in der Bauchwand verlaufenden Arterien und des Samenstranges vermeiden wollte. Am Sichersten wird diese Absicht erreicht, wenn man statt e i n e s Schnittes mehrere kleine Einkerbungen m a c h t , von 2 oder höchstens 3 Millimeter Tiefe, wie dies von früheren Wundärzten schon gelegentlich ausgeführt, von A. Vi d a l zuerst 1 ) als allgemein anzuwendende Methode („debridemenl multiple") empfohlen worden ist. ' ) 1 8 2 8 , in s e i n e r T h e s e

inaugurale.

Einklemmung. —

Operation.

793

Falle, in denen bei Anwendung Ausgiebiger Schnitte lebensgefährliche Blutungen veranlasst w u r d e n , sind freilich nicht ganz unerhört (s. unten). vor d e r E p i g a s t r i c a als

Aber „ d i e

b a t bei Weiten) m e h r K r a n k e zu G r u n d e

die Verletzung d e r s e l b e n " ( D i e f f e n b a c h ) ;

Furcht

gerichtet,

aus Besorgniss von einer Ar-

lerienverlelzung die Herniotomie unterlassen zu wollen, wäre lächerlich. Da

durch

kleine unschädliche Schnitte die Erweiterung der Bruchpforte sicher

geliogt, verdient der Vorschlag, dieselbe durch s t u m p f e I n s t r u m e n t e ( h a k e n - oder zangenförmige Diktatoren, wie sie A r n a u d , L e b l a n c , K l u g e angegeben) zu erreichen, keine Nachahmung, obschon neuerdings noch ein so gewandter und erfahrener Operateur wie L i n h a r t

(I. c.) dies Verfahren lobt.

Wenn

alte

Adhäsionen

den

ganzen

Umfang

Bruchsackhalse f e s t h e f t e n , so wird es u n m ö g l i c h , dazwischen einzuführen.

des das

Darmes

im

Bruchmesser

Alsdann soll m a n , nach A r n a u d , den Darm

öffnen und von dessen Höhle aus die erforderlichen Schnitte f ü h r e n , somit Darmrohr und Bruchsackhals zugleich spalten.

Um der hierbei

unvermeidlichen Darmfistel zu e n t g e h e n , ist es b e s s e r , die T r e n n u n g der

einklemmenden

Fasern

in

der

Richtung

von

Aussen

nach

I n n e n mit vorsichtigen Messerzügen zu bewerkstelligen. Sind die Bruch-Eingcweide blossgelegt 1 ), so e r -

4) R e p o s i t i o n .

forscht man mit Auge und Finger deren Beschaffenheit, um d a r ü b e r zu e n t s c h e i d e n , sollen.

ob

sie in

die Bauchhöhle z u r ü c k g e b r a c h t

Dies ist zu u n t e r l a s s e n ,

zusehen ist.

wenn

Brand besteht oder

Das Verfahren ist verschieden, j e nachdem es sich um

Darm oder Netz o d e r um beide handelt.bedeckt

werden voraus-

und

umhüllt das Netz ganz

liegende Darmschlinge.

In den

gewöhnlich

Darmnetzbrüchen die

in der

Tiefe

Man muss das in einem Bruche liegende Netz-

stück d a h e r sorgfältig entfalten, emporheben und etwas hervorziehen, damit man eine,

vielleicht n u r kleine und

versteckt liegende Darm-

schlinge nicht übersehe. Das eingeklemmte D a r m s t ü c k ,

welchem,

wenn es mit

einem

Netzstück zusammenliegt, doch immer die grössere Aufmerksamkeit zu widmen ist, muss, abgesehen von a n d e r e n dafUr s p r e c h e n d e n G r ü n d e n (vgl. pag. 7 9 0 ) , um die Stelle, an welcher

schon deshalb etwas weiter hervorgezogen

werden,

auf welche die Einklemmung direct gewirkt h a t u n d

d a h e r Nekrose d e r Darmhäute am Frühsten zu e r w a r t e n

ist, g e n a u zu besichtigen. die b r a u n - r o t h e F a r b e , merklichem Grade.

W a r die Einklemmung f r i s c h , so erblasst welche

der Darm zuerst

zeigt, alsbald

in

Bestand die Einklemmung schon längere Zeit, so

bleibt die d u n k l e F a r b e , o h n e dass deshalb die Reposition zu u n t e r lassen wäre.

Dagegen ist von derselben abzustehen, wenn das Darm-

stück nicht m e h r in seiner ganzen A u s d e h n u n g die normale Resistenz ' ) In Betreff der Beposition ohne vorgängige Eröffnung des Bruchsacks vgl. pag. 7 8 6 .

794

Unterleibs-Brücbe.

darbietet,

wenn es ferner auch nur zum

Theil

emphysetnatös

ist,

wenn es an einzelnen Stellen graue oder hellrothe Flecke zeigt, wenn es an der Stelle der Einklemmung in hohem Grade verengt ist und auch nach Lösung

derselben verengt bleibt,

Ulcerationcn oder gar vollständigen Zerfall

wenn zeigt.

es bereits tiefe In zweifelhaften

Fällen räth V i d a l eine k l e i n e oberflächliche Incision in die Serosa des Darmes zu inachen, gerade an der Stelle, die am Stärksten erkrankt zu sein scheint.

Dringe aus dieser Schnittwunde ein Tröpfchen

Blut hervor, so könne man darauf rechnen, dass der Kreislauf sich wieder herstellen und Gangrän somit nicht eintreten werde; anderen Falls aber thue man gut, die Reposition zu unterlassen. es w o h l ,

wenn man in solchen Fällen reponirt,

Besser ist

aber den übelsten

Theil des Darmes dicht an oder in der erweiterten Bruchpforte liegen lässt (wie bei einer Darmwunde, vgl. pag. 6 7 0 u. f.), um,

wenn die

Abstossung des Brandschorfes erfolgt, sicher zu sein, dass der Darminhalt seinen Weg nach Aussen nehmen wird. Kalle, in denen der Darm an der Einklemmungsslellc so erheblich v e r e n g t ist, dass der Inhalt der oberen Darmschlingcn nach erfolgter lleposition nicht würde passiren können, sind keineswegs ganz seilen.

Droht an der verengten Stelle zugleich nekro-

tischer Durchbruch, so darf schon deshalb nicht reponirt werden. der Kall, so muss man diesem Behuf reicht

die

Strictur

Ist dies aber nicht

zu e r w e i t e r n suchen.

Zu

das Hin- und Ilerdiängen des Darminhaltes meist nicht a u s ;

d ü r f t e d a h e r das von P a l a s c i a n o forscher und Aerzte.

mechanisch

Bonn, 1 8 5 9 , pag. 2 0 0 ) als D i l a t a t i o

beschriebene Verfahren wühl zu empfehlen sein. Darmschlinge etwas weiter hervor

es

(Amtl. Bericht über die 33. Versammlung der Naturper

invaginationem

Nach seiner Vorschrift zieht man die

und schiebt mit der Fingerspitze das oberhalb der

verengten Stelle' belindliche Darmstück wie einen eingestülpten Handschuhfinger in die Strictur ein, während man mit der anderen Hand die verengte Stelle selbst über den invaginirenden Finger hiaaufstreift.

Gelingt dies nicht, so darf m a n auch nicht holfen,

dass der Darm wieder in hinreichendem Grade durchgängig w e r d e , und muss entweder einen künstlichen After anlegen oder das verengte Stück und die beiden Darm-Enden durch die Naht vereinigen. man s i c h ,

wenn der Dann relativ gesnnd e r s c h e i n t ,

(s. unten) entschliesscn k ö n n e n ,

daher

ganz ausschneiden

Zu letzterem Verfahren wird

eher als bei brandigen Brüchen

weil n u r ein geringes Stück auszuschneiden

ist und

die Aussiebten auf erste Vereinigung sich günstiger gestalten als bei letzteren, wo man die Nähte durch lebhaft entzündete Darmhäute anzulegen hat.

B e v o r m a n d i e R e d u c t i o n a u s f ü h r t , reinigt man die Oberfläche

des Darmstücks mit einem feuchten Schwamm, wenn Blutge-

rinnsel oder fremde Substanzen ihr anhaften, und sucht seinen Inhalt durch

massigen

Druck in den innerhalb

Theil des Darmes zurückzudrängen.

der Bauchhöhle liegenden

Ist die Darmschlinge klein, so

ergreift man sie mit drei Fingern und schiebt sie, unter allinälig gesteigertem Druck, zurück, während der Zeigefinger der anderen Hand ihr bis in die Bauchhöhle folgt.

Hat man eine grosse Darmschlinge

Einklemmung. —

Operation.

795

zurückzubringen, so hält man das eine Ende .derselben in der Nähe der Bruchpforte mit der linken Hand, während man mit der rechten die Reposition von dem anderen Ende aus beginnt und die reponirten Stücke jedesmal mit dem Zeigefinger bis in die Bauchhöhle begleitet. Liegen die beiden Enden der Darnischlingc so, dass eines sich vor dem anderen befindet, so beginnt inan die Reposition immer an dein nach Hinten gelegenen Stück, weil dieses leichter Uber die unverletzte hintere Wand des Bruchsackcs fortgleitet. — Es ist nützlich, während der Reposition den geöffneten ßruchsack durch einen GehUlfen ausgespannt halten zu lassen, damit er keine hinderlichen Falten bilden könne. — Bei Darmnctzbrüchen muss man das Netz durch einen GehUIfcn emporhalten lassen, um eine, die Reposition des Darmes störende Faltung und Einschiebung desselben zu verhüten. Zuweilen stösst man b e i d e r R e p o s i t i o n , trotz hinreichender Erweiterung der Bruchpfortc, auf b e s o n d e r e S c h w i e r i g k e i t e n . Zunächst erwähnen wir die V e r s c h l i n g u n g e n und A c h s e n d r e h u n g e n des Darmes, die sich jedoch leicht lösen lassen, wenn nicht etwa schon Verwachsungen eingetreten sind. A d h ä s i o n e n , welche bald die einander zugewandten Flächen der Darmschlinge, bald Darm und Bruchsack, bald Netz und Darm mit einander verkleben, trennt inan, wenn sie frisch (aus „plastischer L y m p h e " gebildet) sind, mit dem Finger oder mit dem Scalpellstiel. Ebenso kann man bei nicht allzu ausgebreiteten und wenig gelassreichen älteren Adhäsionen verfahren. Bei grösserer Ausbreitung und Festigkeit inuss ein sorgfältiges (oft schwer oder gar nicht ausführbares) Ablösen durch Präparation mit dem Messer stattfinden, wobei man die Schneide immer vom Darm abwendet und lieber Theile des Bruchsackes oder des Netzes am Darm zurücklässt, als letzteren der Gefahr einer Verletzung aussetzt. Man wird

die Ablösung gewiss so

weit fortsetzen, wie es irgend möglich i s t ;

aber P o t t giog zu weit, wenn er behauptete, dass Adhäsionen, durch welche die Reposition ganz unmöglich

gemacht w ü r d e , gar nicht vorkämen, und dass man unter

keiner Bedingung die Darmschlinge ausserhalb der Bauchhöhle liegen lassen dürfe.

Wenn die Lösung und somit die Reposition der Darmschlinge durchaus nicht gelingt, so lässt man sie in ihrer Lage und bedeckt sie mit einem in Oel getränkten Läppchen. War sie sehr klein, so sieht man sie zuweilen allmälig, in Folge der peristaltischen Bewegungen des übrigen Darmes und der Verkürzung des Mesenteriums, zurückweichen, — natürlich immer in ihrer abnormen Verbindung mit dem Bruchsack, welchen sie mit sich in die Bruchpforte hineinzieht. Bei Weitem häufiger geht das vorliegende Darmstück gar nicht

796

Unterleibs-Srüche.

o d e r doch n u r theilweise in die Bauchhöhle z u r ü c k ;

es

entwickeln

sich Adhäsionen zwischen der Oberfläche des Darmes und d e r H a u t , und

da die H a u t w u n d e in der Regel etwas klafl't,

bildet sich

ein

Theil d e r Narbe gradczu auf dem Darme. Dieser grossen

Vorgang

ist

schon

im t o r i g e n J a h r h u n d e r t von V a c h e r

Hernie beobachtet worden.

e i n a n d e r fest v e r k l e b t e n

an einer kopf-

Man s a h s p ä t e r u n t e r d e r N a r b e d e u t l i c h die m i t

Darmivindungen.

Gin solchcr Heilungsvorgang lässt i m m e r v o r a u s s e t z e n , dass die B r u c h p f o r t e hinreichend erweitert worden

w a r , um

den

Darminhalt

b e q u e m durch die vorliegende Darmschlinge passiren zu lassen, dass ferner

die

vorliegende

Darmschlinge

sich in einein

lebenskräftigen

Z u s t a n d e befand und dass die durch die B e r ü h r u n g mit d e r äusseren Luft erregte E n t z ü n d u n g keine grössere A u s d e h n u n g g e w o n n e n hat. Wenn Darm

W i n d u n g e n

dieselben gung

Verwachsungen bestehen,

zwischen so niuss

den

sorgfältig

vorliegenden

geprüft

werden,

oh

von d e r Art s i n d , dass nach der Reposition die F o r t b e w e -

des Darniinhalles d a d u r c h gestört werden w ü r d e .

Fall, so rnuss man

die Adhäsionen

zu lösen suchen.

Ist dies der Gelänge dies

g a r nicht oder n u r mit so b e d e u t e n d e r Gefässverletzung, dass Gangrän eines Darmslilckcs d a d u r c h bedingt werden

k ö n n t e , so inüsste

man

in ähnlicher Weise, wie bei einem bereits brandigen Bruch, entweder einen künstlichen After anlegen, oder den, allerdings kühnen Versuch w a g e n , das vorliegende Darmstück ganz auszuschneiden u n d die beiden Darm-Enden durch die Naht zu vereinigen. Einen merkwürdigen

Fall, w o

nach Reposition

der

der Tod unter Fortdauer der Einklemmungs-Erscbeinungen stehenden

Verwachsungen das Darnislück

Zeitschrift der Wiener A m t e

(1855)

undurebgängig

verwachsenen

Darmscblinge

bald e r f o l g t e ,

weil die b e -

machten, hat U l r i c h

in d e r

beschrieben.

In Fällen, wo die Reposition

des Darmes nach ausgiebiger E r -

w e i t e r u n g der Bruchpforte nicht gelingen wollte, w e i J d e r D a r m z u bedeutend

ü b e r f ü l l t w a r , ist von einzelnen W u n d ä r z t e n (nament-

lich v. L u d w i g , v. G r ä f e , D i n k e l a c k e r ) die P u n c t i o n

des

Darmes

mittelst

mit glücklichem Erfolge

einer Messer- oder Scheeren-

spitze (in der Richtung seiner Querfasern) a u s g e f ü h r t worden ').

Nach

der gewöhnlichen Vorstellung von der E i n k l e m m u n g ist schwer begreifen,

wie

die Ueberfüllung des vorliegenden

zu

Darmstückes ein

Repositionshinderniss abgeben s o l l , n a c h d e m die Brucbpforte hinreichend erweitert ist.

Denn wenn letztere auch nicht das Zurücktreten

der ganzen Darmschlinge gestattet, so inüsste sie doch die Entleerung des Darmstückes d u r c h einen s a n f t e n Druck zulassen, und der leere •) Vgl.

mein Referat

in C a n s t a t t ' s

a u c h die L i t e r a t u r a n g e g e b e n

ist.

Jahresbericht pro

1 8 5 4 , pag. 7 1 und 7 2 , wo

Einklemmung.



Opcralion.

797

Darm w ü r d e dann auch durch eine n u r wejtig erweiterte Bruchpforte zurückzubringen Roser's

sein.

Ob auch

für

diese Fälle die

Erklärung

in

Brucli-Einklemniungsklappen zu suchen sei, m u s s dahin ge-

stellt bleiben.

Jedenfalls ist die Punction

des Darmes keine u n b e -

denkliche Operation, obschon man in den meisten Fällen auch o h n e Dannnaht,

Ausfluss

des Darminhaltes

in die Bauchhöhle aus

dem

n a c h h e r reponirlen Darme n i c h t beobachtet hat. Schwierigkeiten

bei der Iieduction

können

auch durch

Ueber-

f i l l l u n g d e r B a u c h h ö h l e bedingt w e r d e n , m a g dieselbe n u n schon v o r h e r in d e r bei den „ u n b e w e g l i c h e n w ä h n t e n Weise bestanden h a b e n ,

Brüchen"

(0ag. 7 4 5 ) e r -

oder d u r c h meteoristische Auftrei-

b u n g des Darines entstanden sein. J . L. P e t i t Oer

o p e r i r t e bei e i n e m

fettleibigen

30j!ilirigen M a n n e e i n e g r o s s e H e r n i e .

D a r m w u r d e b l o s s g e l e g t , d i e D r u c h p f o r t e h i n r e i c h e n d e r w e i t e r t ; a b e r die I i e d u c t i o n

gelang

nicht.

erweichenden

Man

liess

Umschlägen.

das

Darmstück

d a h e r in s e i n e r Lage und b e d e c k t e

es m i t

S c h m a l e Kost und w i e d e r h o l t e B l u t e n t z i e h u n g e n v e r m i n d e r -

ten n a r b und n a c h d e n F e l l g e h a l t d e s Netzes u n d d e s

Mesenteriums.

Das D a r m s t i i c k

ging allmülig z u r ü c k , u n d n a c h zwei Monaten w a r d i e Heilung vollendet.

Die convexe

Seite

liegen.

d e r D a r m s c h l i n g e blieb in d e r B r u c b p r o r t e d i c h t

K r a n k e t r u g d e s h a l b ein B r u c h b a n d m i t a u s g e h ö h l t e r

unter

der Narbe

Der

Pelotle.

Das Verfahren von P e t i t , die Z u r ü c k z i e h u n g des Darmes a b z u w a r t e n , und weder durch gewaltsame Taxis, noch gar durch Ausschneiden d e r vorliegenden Darmschlinge eine s c h n e l l e r e Kunsthülfe zu leisten, w ü r d e in ähnlichen Fällen wohl immer wieder n a c h z u a h men sein. Die Eingeweide gehen nicht in die Bauchhöhle zurück, weil d o r t kein Platz f ü r sie ist, „ s i e haben ihr Bürgerrecht in der Bauchhöhle v e r l o r e n " ' ) ; wollte man sie z u r ü c k d r ä n g e n und einzwäng e n , so w ü r d e n die heftigsten Zufälle einer inneren Einklemmung sich einstellen und den Arzt n ö t h i g e n , sie wieder hervortreten zu lassen. Dabei kann es sich d a n n ereignen, dass es g a r nicht gelingt, sie wieder h e r a u s z u b e f ö r d e r n , ohne eine n e u e Erweiterung der Bruchpforte h i n z u z u f ü g e n 1 ) . Bei A n w e n d u n g b e d e u t e n d e r Gewalt auf die blossgelcgte Darmschlinge k a n n überdies Zerrcissung oder Z e r s p r e n g u n g derselben vorkommen (A. C o o p e r ) . — Wenn man genöthigt ist, eine Dartiiscblinge ausserhalb d e r Bruchpforte liegen zu l a s s e n , so m u s s man eine mögliehst s t a r k e und vielseitige Erweiterung der Bruchpforlc b e w i r k e n , da das Darmstück nachträglich immer noch anschwillt und d a h e r leicht a u f s Neue eingeklemmt werden könnte. III a n d e r e n Fällen liegt das Rcductionshinderniss in e i n e r z w e i t e n E i n k l e m m u n g , welchc o b e r h a l b d e r durch die O p e r a t i o n ') L o u i s , ' ) Vgl. J

Mein, d e l'Acad. d e Chirurg. T o m . IV. pag. 3 1 G . L. P e t i t ,

T r a i l i des m a l a d . Chirurg, p i g .

3 9 7 und 3 9 8 .

Unterlei bs-Rrfichr.

798 beseitigten

ihren

Sitz hat.

Zuweilen

bewirkt

die der

Baiichhöhle

z u g e w a n d t e Oeffnung des Canales, durch welchen der Bruch h e r v o r g e treten war, diese zweite Einklemmung, zuweilen auch der B r u c h s a c k hals, der bei dem V e r s u c h e der Reposition über j e n e Oeffnung hinaus emporgeschoben ist. In letzterem Falle entsteht leicht eine T ä u s c h u n g . Ist der o b e r h a l b

der vorderen

Oeffnung des Bruchcanales

Theil des Bruchsackhalses ziemlich weit und liches D a r m s t ü c k , so gelingt es nach leicht, das D a r m s t ü c k ,

Erweiterung

der

Bruehpforte

welches in d e r Fortsetzung des

halses lag, herauszuziehen.

liegende

enthielt er ein a n s e h n Bnichsack-

Der eingeführte Finger kann

in

bisher vom Darm angefüllten Höhle frei bewegt werden. mit ¡hin in die Bauchhöhle eingedrungen zu sein.

dieser,

Man glaubt

Ist n u n die vor-

liegende Darmschlinge von geringer Grösse, so kann man sie o h n e grosse Gewalt

in den weiteren Theil des Bruchsackhalses,

hinter der vorderen Oeffnung des Bruchcanales liegt,

d e r dicht

zurückstopfen.

Wird der I r r t h u m nicht sogleich e r k a n n t , so d a u e r n die EinklemniungsErscheinungcn

mit steigender Helligkeit fort, und

voraussichtlich

letal.

Gewöhnlich

ist

die

der Ausgang

Rediiction

in

ist

solchen

Fällen sehr schwierig und wird, im Gegensätze zu dem gewöhnlichen H e r g ä n g e , desto schwieriger, j e m e h r von dem vorgefallenen Darme man

in die Bauchhöhle z u r ü c k g e b r a c h t

e r k e n n t man die Sachlage.

zu haben

glaubt.

Hieraus

Der a b e r m a l s in die Bruchpforte einge-

f ü h r t e Finger findet die s c h e i n b a r reponirten Tlieile im Bruchcanale selbst dicht z u s a m m e n g e d r ä n g t .

Dieselben können sogar eine üusser-

lich w a h r n e h m b a r e Geschwulst darstellen. klärt,

so

ist

die

Indication

sehr

Bruchcanal eingestopften Eingeweide klemmenden

Ring am

d a n n reponiren.

Wird der I r r t h u m aufge-

einfach.

Man muss die in den den

ein-

a n d e r e n E n d e des Canales erweitern —

und

Kann man

wieder h e r v o r z i e h e n ,

das Bruchinesser nicht sicher mit dem

Zeigefinger leiten, so m u s s m a n die vordere Wand des Bruchcanales spalten, um demnächst die erforderliche incision der Strictur zu bewirken.

Alle diese Verhältnisse

brüchen

beobachtet

darbieten.

worden,

sind fast ausschliesslich an Leisten-

da

nur

diese

einen

längeren

Canal

Vgl. pag. 7 9 2 .

W a s ist zu t h u n , Perforation

erlitten

wenn hat?

der Wird

Darm

bereits

eine

kleine

die kleine Oeffnung durch die

h e r v o r g e d r ä n g t e Schleimhaut ganz o d e r doch fast ganz verstopft, so r e p o n i r t man o h n e Weiteres ( V e l p e a u ) .

Ist sie etwas grösser und

f ü r c h t e t man, dass Darminhalt in die Bauchhöhle austreten könne, so verschlicsst man sie in d e r von A. C o o p e r angegebenen Weise (vgl. pag. 6 7 0 ) ,

oder

bei

noch

beträchtlicherer A u s d e h n u n g

durch

die

Einklemmung. — Operation.

799

Damwaht. Letztere ist namentlich auch anzuwenden, wenn der Operateur zufällig den Darm geöffnet hat. Immer aber wird es gut sein, dafür zu sorgen, dass das perforirte oder verletzte DarmstUck in der Nähe der Bruchpforle liegen bleibt. Besteht eine g r o s s e w e i t e O c f f n u n g am D a r m o d e r G a n g r ä n in b e d e u t e n d e r A u s d e h n u n g , so darf die Reposition ohne Weiteres niemals vorgenommen werden. Die Verhältnisse sind alsdann denjenigen analog, welche wir bei den grossen, die ganze Continuität des Darmrohrcs trennenden Wunden (pag. 659 u. f.) kennen gelernt haben. Dem entsprechend giebt es denn auch hier zwei Wege zur Heilung: entweder 1) man lässt die brandige Dannschlinge, nach gehöriger Erweiterung der Bruchpfortc, ausserhalb derselben liegen und erwartet, je nach der Ausdehnung der Gangrän, die Bildung einer Darmfistel oder eines Anus praeternaturalis, gegen welche dann später eine besondere Behandlung eingeleitet werden muss, oder 2) man cxcidirt das brandige Darinstück gänzlich, vereinigt die beiden Darm-Enden durch die Naht und reponirt demnächst. Gewöhnlich geht man auf die B i l d u n g e i n e r D a r m f i s t e l aus. Dabei wird dann von manchen Seiten noch in Frage gestellt, ob die Bruchpforle überhaupt erweitert werden soll, wenn der Darm bereits brandig ist. L o u i s hielt dies nicht blos für unnütz, sondern auch für gefährlich, weil bei dem Einschneiden der Bruchpforte die sehr erwünschten Adhäsionen, welche sich zwischen dem Darm und der Baucliwand bereits gebildet haben, gelöst werden könnten. T r a v e r s und L a w r e n c e haben dieselbe Ansicht geltend gemacht. Dagegen ist aber einzuwenden, dass die Ucbcrfüllung des oberen DarmEndes alsdann nicht vollständig beseitigt werden kann. Denn das Einführen eines elastischen Rohres bewirkt die Entleerung nur sehr unvollkommen, kann auch zu einer Ablösung der bestehenden Adhäsionen Veranlassung geben und ist in manchen Fällen äusserst schwierig. Besteht aber die Ucbcrfüllung des oberen DarmstUckcs weiter fort, so wird dadurch auch die Entzündung unterhalten, und es kann selbst zur inneren Perforation kommen. Die Erweiterung des einklemmenden Ringes ist daher auch bei brandigen Brüchen zu empfehlen; nur muss sie in der Weise ausgeführt werden, dass die Lösung der bestehenden Adhäsionen verhütet wird. In dieser Absicht führte D u p u y t r e n das Bruchrnesser in das Darmrohr ein, wie es A r n a u d bei dem Bestehen fester Adhäsionen zwischen Darm und Bruchsack empfohlen hatte (pag. 798). Die D i l a t a t i o n a u s s e r h a l b d e s B r u c h s a c k h a l s e s zu machen (A. C o o p c r ) , ist zweckmässiger, aber nur in solchen Fällen ausführbar, wo die Einklem-

800

Unlerleilis-Briirlic.

m u n g nicht vom Brttchsackhnlsc seihst bewirkt wird.

Uin s c h n e l l e r e

E n t l e e r u n g des Darminhaltes h e r b e i z u f ü h r e n , ist es zweckmässig,

das

brandige Darmstilck in weiter A u s d e h n u n g zu öffnen u n d die unzweifelhaft brandigen

Theile der Darmwand

zu excidiren.

Dagegen

ist

die Kxstirpation der ganzen Darmschlinge, sofern man nicht die D a r m naht anwenden

will,

dabei Adhäsionen möglich w a r , men.

ein überflüssiges und z u w e i l e n ,

lösen und Theile,

deren



da

man

Wiederherstellung

noch

mit entfernen könnte, — sogar schädliches U n t e r n e h -

Jedenfalls muss man

nach

solchen lncisiünen

während

ersten 2 4 Stunden durch eine Fadenschlingc ( L a P e y r o n n i c , das Zurückweichen feste

in die Bauchhöhle

Verwachsungen

zwischen

Darm

verhüten, und

wenn

nicht

Bruchsackhals

der Pott) etwa

bestehen,

welche die Zurückziehung n u r ganz allinälig u n d unter gleichzeitiger Heilung des Anus praeternaturalis gestatten.

Unbedingt lässt man den

Kranken j e d e Körperbewegung v e r m e i d e n , durch welche Zerrung des Darmes veranlasst werden

könnte.

Das Verfahren von L i t t r e , welcher nur das obere Darm-Ende in der llrucbpforte zu befestigen rielh

und 90 einen u n h e i l b a r e n

Anus p r a e t e r n a t u r a l i s

lich anlegte, ist n u r als eine Verirrung zu er«¡¡lipon.

absicht-

Vgl. pag. 0 7 2 .

Die Anwendung der D a r m n a h t h e i b r a n d i g e n B r ü c h e n ist selten versucht und noch seltener gelungen. Die Aussichten auf E r folg sind hier viel schlechter als bei D a r m w u n d e n . Zunächst m u s s ein m e h r oder weniger grosses Stück des Darinrohrcs und ein e n t s p r e c h e n d e r Theil des Mesenteriums ausgeschnitten w e r d e n , w o d u r c h eine beträchtlichc und s c h w e r zu stillende Blutung veranlasst wird. Dann a b e r ist die Wahrscheinlichkeit d e r schnellen Vereinigung viel geringer, als bei einer D a r m w u n d c von gleicher oder selbst noch bed e u t e n d e r e r Ausdehnung, weil man nicht an einem übrigens gesunden, sondern an einem bereits heilig entzündeten Darme operirt. Die in einer Hernie liegenden Theile des

Netzes

muss

man,

wenn sie g e s u n d und n i c h t f e s t g e h e f t e t sind, in ähnlicher Weise, wie den Darm, jedoch, w e n n Netz und Darin zugleich vorliegen, erst nach

diesem zurückbringen.

Man beginnt auch hier mit dem der

Bruchöflnung zunächst liegenden Theile.

Das Zurückbringen gelingt

beim Netze schwieriger als beim Darm, weil jenes weniger glatt, vielfach gefaltet und von u 11 regelmässiger Gestalt zu sein pflegt, sich auch weniger coiuprimiren lässt u n d leichter zerreisst. Zerreissungen a b e r , wie Quetschungen, veranlassen oft bedenkliche Entzündungen. Die Reposition des Netze9 wurde erst im vor. Jahrh. von M a r e c h a l eiogeführt. F r ü h e r unterband

man

das Netz und schnitt

es unter der Ligatur a b , mochte es

krank oder gesund sein. Vgl. V e r d i e r , Meni. de l'Acad. de Chirurgie, Tom. III. p . 7 6 .

Einklemmung. —

801

Operation.

Ist das Netz mit dem Bruchsack durch einzelne Stränge Verwachsen, so durchschneidet man diese und reponirt demnächst. Bestehen ausgedehnte Verwachsungen, so lässt man, sofern nur die Reposition und die freie Beweglichkeit des Darmes dadurch nicht gehindert wird, das ganze NetzstUck im Bruchsack liegen. Ist das NetzstUck in eine kuglige oder cylindrische Masse umgewandelt, hat es also seine membranöse Beschaffenheit eingebiisst, ohne jedoch sonst in seiner Structur wesentlich verändert zu sein, so kann, man es reduciren, sofern dies ohne allzu bedeutende Erweiterung der Bruchpforte möglich ist. Stellt es aber eine unförmige Masse dar, oder sind Cysten (sogenannte Hydatiden) oder eine anderweitige Neubildung in ihm entwickelt, enthält es bedeutende Blutergriisse, oder ist es gar brandig, so reducirt man nicht; namentlich im letzteren Falle würde darauf eine tödtliche Peritonitis folgen. A. C o o p e r hat einmal beobachtet, dass ein grosser Brandschorf TOD dem in die Bauchhöhle zurückgebrachten Netze durch die Bruclipforte hindurch ausgestossen w u r d e . Am

I6ten

erschien

Tage nach der Operation war der Kranke

ein. Stück

dein Tode nahe.

des brandigen Netzes in der Wunde.

Tags darauf

Allmälig wurde der ganze

Brandschorf au&geslosseG, und in 7 Tagen erholte sich d e r Kranke vollkommen. so glücklicher Ausgang d ü r f t e sich aber k a u m e i n m a l holen.

unter

Hunderten

Ein

wieder-

Man darf sich d a h e r durch dies eine Beispiel nicht verleiten lassen, die Re-

position unter ähnlichen Verhaltnissen zu versuchen.

W a s s o l l m i t dem N e t z g e s c h e h e n , w e n n d i e R é d u c t i o n u n z u l ä s s i g e r s c h e i n t ? Frtlher legte man um das ganze hervorgetretene NetzstUck einen Faden und schnürte es ab. Einige Chirurgen unterbanden nur den brandigen Theil des Netzes ( F a b r i c i u s ab A q u a p e n d e n t e ) . Der Nutzen einer solchen Unterbindung ist schwer einzusehen. Die Unterbindung im Gesunden aber ist gefährlich, weil sie die Einschnürung wieder herstellt und voraussichtlich eine heftige Entzündung bedingt. Pouteau, Verdier, nach solchen

Pipelet,

Unterbindungen.

Erscheinungcn a u f h ö r e n , sobald m a n und

Pipelet

P o t t beobachteten

einen tödtlicben Ausgang

J . L. P e t i t und D u p o n t sahen die Einkleramungsdie Ligatur wieder abgenommen hatte.

Louis

(Mémoires de l'Académie de chirurgie, Tom. III. pag. 4 0 ) haben Ver-

suche an Hunden angestellt, erscheinen lassen.

welche gleichfalls die Ligatnr des Netzes als gefahrlich

Wenn sie einen blossen Vorfall des Netzes bewirkten oder dasselbe

auch mechanisch reizten und demnächst

r e p o u i r t e n , so trat zwar Verwachsung des

N e t z e s mit den Baucbdecken an der Stelle der Bauchwunde ein, aber das Netz blieb übrigens gesund.

Wenn

fand sich stets ein

sie

dagegen

Abscess

eine

oberhalb

Ligatur

Gefahren der Unterbindung zu vermindern, indem Entzündungs- Erscheinungen anwandte und die mehrerer Tage, ausführte.

Hey

und

Scarpa

am Netz a n l e g t e n ,

derselben. — er

so

M o r e a u glaubte die

dieselbe erst n a c h Ablauf der

Abschnürung sehr allmSlig, im bedienten

sich

Laufe

ebenfalls dieser grad-

weisen Abschnürang, jedoch legte ersterer die Ligatur gleich nach der Operation a n , B a r d e l e b e n , Chirurgie.

T . A u l l . 1U.

51

802

Unterleibs-Brüche.

letzterer erst d a n n , wenn das Netz mit Granulationen bedeckt war. Trotzdem bat die Ligatur wenig Nachahmer gefunden.

Die franz. Akademie

der Chirurgie verwarf s i e ;

P o t t und C o o p e r wiesen sie unter allen Umstanden zurück.

Letzterer glaubt sogar,

dass sie in den Fällen, wo sie ohne Nachtheil geblieben ist, n u r um bereits brandige Theile des Netzes gelegt war. Tom. IV. pag. H O ) und

die

meisten

Velpeau

legte wiederholt seiner

Kranken

(Médecine opératoire, 2. ¿dit. Paris

1839,

m e h r e r e Ligaturen um einzelne Netzstücke a n , Zufall.

Auch

G o y r a n d (Presse médicale), d e r die Ligatur für gewöhnlich verwirft, glaubte

genasen

ohne

irgend

sie in

einem Falle anwenden zu m ü s s e n , wo das Nelz sich dicken Fettslrang umgewandelt h a t t e ,

einen üblen

in einen cyliodrischen

und der Kranke genas.

den, blos weil sie leicht anzulegen ist und Hämorrhagien verhütet, erscheint nicht gerechtfertigt; eine Blutung zu v e r h ü t e n ,

giebt es j a ,

daumen-

Die Ligatur anzuwendurchaus

wenn auch schwierigere,

doch bessere Mittel.

P o u t e a u , welcher (einer der ersten) die Ligatur des Netzes verwarf, empfahl, dasselbe unversehrt in der Wunde liegen zu lassen; P i p e l e t verfuhr in gleicher Weise, und viele Wundärzte thun noch heut zu Tage dasselbe. Gewöhnlich vcrwiichst das ausserhalb der Bruchpforte zurückgelassene Netz mit den Umgebungen bis auf den bereits der Gangrän verfallenen Theil. Letzterer wird allmälig abgestossen, das übrige Stück bedeckt sich mit Granulationen, und ein Theil wird nachträglich noch in die Bauchhöhle zurückgezogen. Der in der Bruchpforte selbst zurückbleibende Stiel schrumpft nach und nach in der Art, dass auf Verschluss der Bruchpforte durch denselben gar nicht oder doch nur für kurze Zeit zu rechnen ist. Cie Mehrheit der Wundärzte empfiehlt, aus Besorgniss vor der nachfolgenden Entzündung^ das im Bruchsack liegende Netzstück ganz abzuschneiden, wenn es nicht zulässig oder nicht ausführbar erscheint, dasselbe zu rcduciren. Bei brandigem Netz ist dies Verfahren bereits seit langer Zeit in der Art angewandt worden, dass man den Schnitt durch das Brandige führte. Unter den Neueren empfahl dies namentlich S c a r p a . Wollte man aber nach einer solchen Incision das übrige Netzstück in die Bauchhöhle zurückschieben, so würde man einen Brandschorf in dieselbe einführen und somit Peritonitis veranlassen. Lässt man aber das übrige Netzstück ausserhalb der Bauchhöhle liegen, so gewährt die Abtragung des Brandigen keinen grossen Vortbeil, da die Abstossung doch voraussichtlich sehr schnell erfolgt. — Das jetzt übliche Verfahren der Abtragung des Netzes ist von P e l l e t a n und B o y e r angegeben. Man entfaltet das Netz an der Stelle, wo es abgetragen werden soll, möglichst vollständig und durchschneidet es mit kleinen Scheerenschnitten von einem Rande zum anderen, indem man die blutenden Gefasse sogleich nach ihrer .Durchschneidung unterbindet. Ist das Netz zu einem nicht zu entfaltenden Stiel oder Pfropf verwachsen, -so schneidet man es ab, fixirt aber das

Einklemmung. — Operation.

803

o b e r e Ende und unterbindet demnächst die (gewöhnlich sehr s p ä r lichen) Gefässc. Alsdann bringt man den Ueberrest des Netzes in die Bauchhöhle zurück. Sind Seidenfäden zur Unterbindung angewandt, so müssen diese a u s s e r h a l b d e r B a u c h h ö h l e bleiben und daselbst befestigt w e r d e n , damit sie das Peritoneum nicht reizen; m a n lässt dann zweckmässig die Schnittfläche des Netzes in der Bruchpforte liegen. Abweichende Verfahren bei der Brucli-OperaUcn. O p e r a t i o n ohne E r ö f f n u n g des Brucbsacks.

Petit'scher

Bruchsclinitl.

P i e r r e F r a n c o , welcher (in der Mitte des 16. Jahrhunderts) zuerst die Operation eines eingeklemmten Bruches u n t e r n a h m , legte den Bruchsack bloss, ohne ihn zu eröffnen, erweiterte auch die Bruchpforte nicht sogleich, sondern versuchte Anfangs durch unmittelbaren Druck auf den Bruchsack die Eingeweide in die Bauchhöhle zurückz u b r i n g e n ; erst wenn dies nicht gelang, spaltete er den Bruchsack und die Bruchpforte. Im letzteren Falle also w a r sein Verfahren von dem jetzt üblichen nicht wesentlich verschieden. A m b r o i s e P a r S 1 ) beschrieb und empfahl die Operation nach den Angaben von F r a n c o . — L e d r a n hielt die O p e r a t i o n o h n e E r ö f f n u n g d e s B r u c h s a c k e s , namentlich bei frischen Hernien, f ü r a n w e n d b a r ; er erweiterte die Bruchpforte mit einem auf der Hohlsonde ausserhalb des Cruchsackes eingeführten Messer. Zu besonderem Ansehen gelangte diese Methode aber erst durch J. L. P e t i t , der sie f ü r alle Fälle empfahl, sofern man nicht Gangrän oder Adhäsionen oder fremde Körper im Darmcanal zu vermuthen hätte. Das längere Besteben der Hernie w a r f ü r ihn kein Grund gegen die Operation ohne Eröffnung des Bruchsackes. Nach der Reduktion der Hernie suchte er den Bruchsack von den umliegenden Theilen abzulösen und in die Bruchpforte zu stopfen, wo derselbe, nach seiner Ansicht, einen die Radicalheilung bewirkenden Pfropf darstellen sollte. M o n r o und A. C o o p e r haben die Bruch-Operation ohne Eröffnung des Sackes gleichfalls günstig b e u r theilt. Letzterer ist der Ansicht, dass man sich dieses Verfahrens bedienen sollte, wenn die Einklemmung noch nicht lange Zeit besteht, und die übrigen Verbältnisse des Kranken wünschen lassen, dass die Reposition ohne operativen Eingriff gelingen möchte, was freilich wobl immer der Fall sein dürfte. Key, B o n n e t , R o s e r , B r a n s b y C o o p e r , D i d a y ,

L u k e , D a n i e l haben

die Herniotomie obne Eröffnung des Brucbsackes besonders empfohlen. ' ) Oeuvres completes.

idit. M a l g a i g n e .

Paris 1840, Tom. I. pag. 410.

51*

804

Unlerleibs-Brücbe. B o n n e t operirte von 16 eingeklemmten Hernien

9 obne Eröffnung des Bruch-

sackes, in den anderen 7 Fallen k o n n t e dies Verfahren nicht angewandt werden, tbeils weil die Einklemmung im Brucbsackhalse ihren Sitz h a l t e ,

theils weil Verwachsungen

zwischen dem Sack nnd den Eingeweiden hestandeo, theils wegen grosser Fettleibigkeit d e r Kranken, welche die Erweiterung ausserhalb machte.

des Brucbsackhalses sehr schwierig

Von den 9 Kranken, hei denen der Bruchsack nicht eröffnet wurde, starben

n u r 2 und zwar nicht an Peritonitis.

Von den 7 anderen starben h.

Nach der von D a n z e l aufgestellten S t a t i s t i k , kamen unter 6 6 von L u k e

und

K e y verrichteten Operationen o b n e Eröffnung des Bruchsackes nur 9 Todesfälle vor, wahrend

von 3 0 Operationen m i t Eröffnung des Bruchsackes unter den Händen der-

selben Wundarzte I I einen tödtlichen Ausgang nahmen.

Eine Zusammenstellung von

5 1 7 Fällen von Operationen m i t Eröffnung des Bruchsackes liefert sogar das Ergebniss, dass n u r ein Drittel der Patienten durch die Operation am Leben erhalten w u r d e . (Vgl. D a n z e l , der Bruchsrhnitt obne Eröffnung des Sackes, Ji-naische Annalen Bd. II. pag. 2 5 5 und 3 6 9 , C a n s t a t t ' s Jahresbericht pro 1851,- Bd. IV. pag. 4 8 u. f ) sind h i e r die 2 2 0 Falle mit in Rechnung gestellt, welche M a l g a i g n e Hospitalern gesammelt b a t ,

Freilich

in den Pariser

bei denen bestimmt vorausgesetzt werden k a n n , dass die

Operation fast immer zu spät verrichtet wurde. — Eine sehr klare Auseinandersetzung über die Herniotomie obne Eröffnung des Brucbsacks lieferte neuerdings D o u t r e l e p o n t im Archiv f. klin. Chirurg. Bd. IX. Hft. 2 .

Begreiflicher Weise kann von diesem Verfahren niemals die Rede sein, wenn man auch nur den geringsten Verdacht hat, dass Gangrän oder Verwachsungen bestehen, oder wenn der Sitz der Einklemmung im Bruchsackhalse ist. Unleugbar ist der geringere Grad der Gefahr, wenn der Bruchsack und somit das Bauchfell nicht verletzt wird. Eröffnet man den Bruchsack, s o hat man es nicht blos mit einer penetrirenden Bauchwunde zu thun, sondern setzt auch die innere Fläche des Bruchsackes und die in ihm enthaltenen Eingeweide der unmittelbaren Einwirkung der Luft, der Finger und der Instrumente aus. Man hat daher, trotz des Widerspruches von S h a r p und L o u i s , dies Verfahren, soweit es Oberhaupt anwendbar ist, filr weniger gefährlich zu halten, als die Operation m i t Eröffnung des Bruchsackes.

Andere

Varianten.

A s t l e ; C o o p e r rieth, auch wenn man den Bruchsack öffnete, den oberen Theil desselben unversehrt zu erhalten und das Bruchmesser nur auf die Bruchpforte und die umgebenden fibrösen Theile, von denen die Einschnürung bewirkt sein könnte, einwirken zu lassen. „In der Mehrzahl der Fälle", sagte er, „schnürt nicht der Bruchsackhals, sondern ein demselben äusserlich aufliegender Strang die Hernie e i n , und die Durchschneidung des letzteren reicht vollkommen aus, um die Einschnürung zu heben". so rätb allerdings auch A. C o o p e r ,

Sollte dies nicht der Fall sein, die Spaltung des Bruchsackes

Einklemmung. —

805

Operation.

v e i t e r aufwärts fortzusetzen und den Bruchsackhals selbst zu erweitern. — Kann man das oberste Stück des Bruchsackhalses unversehrt erhalten, so gewährt dies den Vortheil, dass der unverletzte Theil eine Art von Klappe vor der Bruchpforte bildet. Ausserdem theilt dies Verfahren mit dem von F r a n c o ursprünglich geübten den Vorzug, dass, im Falle beim Einschneiden der Bruchpforte eine Arterie verletzt wird, die Blutung nicht in die Bauchhöhle, sondern nach Aussen erfolgt, und somit weniger gefährlich und leichter zu stillen ist. Natürlich kann auch von diesem Verfahren nicht die Rede sein, wenn der Bruchsackhals die Einklemmung bedingt, oder wenn derselbe mit der Bruchpforte innig Verwachsen ist. Bei s e h r g r o s s e n H e r n i e n , welche oft schon seil langer Zeit u n b e w e g l i c h sind, würde es sehr gefährlich sein, den Bruchsack in ganzer Ausdehnung zu spalten, da m a n , wenn nachher der bestehenden Verwachsungen wegen die Reposition der im Bruch liegenden Eingeweide doch nicht gelingt, genöthigt sein würde, dieselben fast vollkommen entblösst, ausserhalb der Bauchhöhle liefen zu lassen. In solchen Fällen muss man daher zuerst immer nur die Bruchpforte blosslegen und die Erweiterung derselben, wo möglich ohne Eröffnung des Bruchsackcs, bewirken. Zeigt sieb a b e r , dass die Einklemmung durch den Bruchsackbals bewirkt wird, so entblösst und spaltet man das der Bruchpforte zunächst liegende Stück des Brucbsackes, um dann die Durchschneidung des Bruchsackhalses in der oben beschriebenen Weise auszuführen. Demnächst wird derjenige Tbeil der Eingeweide, welcher beweglich ist, zurückgebracht. Die übrigen lässt man in ihrer alten Lage im Bruchsack zurück. Solche Hernien enthalten häufig den Blinddarm nebst einem Stück des Colon ascendens. Kaum glaublich erscheint es, dass man daran gedacht hat, die subcutan

zu verrichten, also gerade unter Verhältnissen,

gehen w ü n s c h t , Guérin

sich der Hülfe des Gesichtssinnes

(Gaz. niéd. 1 8 4 1 , pag. 5 1 3 ) berichtet

cutan ausgeführte Operation der Beschreibung niotomie,

ergeben

zunächst

Ilautfalte in der

Guérin

Gegend

zu

berauben.

Joles

Bei a u f m e r k s a m e m Lesen

Zweifel über die N o t w e n d i g k e i t d e r Her-

denn die Hernie war zwar unbeweglich,

mungs-Erscheinungen.

gänzlich

in der T b a t über die von ihm s u b -

einer Epiplocrle congenita.

sich

Herniotomie

wo m a n recht scharf zu

aber es bestanden keine Einklem-

will, eine kleine Stichöflnung unter

der Brucbpforte a n l e g e n ,

Erhebung einer

demnächst eioe Hoblsonde durch

diese zwischen die Bruchpforte und den Brucbsackhals einschieben und auf derselben die fibrösen Gebilde, voir denen die Einklemmung abhängig i s t ,

durthschneiden,

sodann die Réduction durch Druck auf die Bruchgeschwulst auszuführen. sackbals soll unverletzt bleiben, d e l n , wo dieser

und

um

Der Bruch-

es darf sich folglich immer n u r um Fälle h a n -

an der Einklemmung keinen Theil bat.

G u é r i n - w l l l in dem TOO

ihm beschriebenen Falle drei Mal hinter einander das Tcnotom eingeführt haben, bevor endlich die Réduction gelang.

Die Operation dauerte

Stunden,

and

dennoch be-

806

Gnterleibs-Brüche.

hauptet i h r Erfinder, dass dies Verfahren leicht a u s z u f ü h r e n sei, keinerlei Gefahr mit sich

führe und vor allen den

lichen Bruch-Operationen bei dieser Operation

übelen

Zufällen sicher stelle, die nach den gewöhn-

so oft den Tod zur Folge h ä t t e n .

im Dunkeln der

Darmcanal

gross, dass die Erwähnung des G u l r i n ' s c b e n

Die G e f a h r , in welche

nothwendig gerathen m u s s ,

Vorschlages

ist so

n u r den Zweck der War-

nung haben kann. Ueber M. L a n g e n b e c k ' s

„subcutane

Heposition"

vgl. p a g - 7 7 1 ,

Note.

Laparotomie. Die schon

in f r ü h e r e r Zeit gemachte

Beobachtung,

dass eingeklemmte Darm-

schlingen, welche sich selbst nach dem Tode noch durch einen äusseren Druck nicht zurückbringen l a s s e n ,

leicht

in die Bauchhöhle zurückgezogen werden k ö n n e n ,

man nach Eröffnung der letzteren einen Zug an den benachbarten Darmstücken übt,

bat zu der Erfindung einer

besonderen Methode geführt.

Housset

eine Operation der Art, welche er von M a u p a s a u s f ü h r e n sab.

wenn aus-

beschrieb

Oberhalb der Bruch-

pforte wurde ein Schnitt durch die Bauchwand g e m a c h t , demnächst f ü h r t e der Oper a t e u r den Finger in die Bauchhöhle e i n ,

um

Operation

und

wurde

Cbeseldeo rietb

Pigray

zunächst

empfohlen. den

von

Pigray

anderthalb

Wollte die Reposition

Baucbscbnitt

hindurch weiter fortzuführen.

Jahrhunderte

später

Diese von

in dieser Weise nicht gelingen, so

bis zu der einklemmenden Stelle und

Cheselden

aus die Erweiterung vorzunehmen. Nacbtheil, dass man

die Eingeweide zurückzuziehen.

durch diese

zog es v o r , alsdann von der Bruchpforte

Diese Operationsmethode hat zunächst den grossen

eine grosse und ganz direct in den Bauch eindringende Wunde

anlegen m u s s , welche mit Gewissheit Peritonitis erwarten Theil der Eingeweide b r a n d i g ,

lässt.

so setzt m a n sich der Gefahr a u s ,

Wäre nun gar ein Brandschorfe oder

ein perforirtes Darmstück in die Bauchhöhle zu ziehen, und jedenfalls würJen die bei Gangrän des Darmes so überaus wichtigen Adhäsionen

im Umfange der

Brucbpforte

zerstört werden.

Arterien Verletzung. Die V e r l e t z u n g e i n e r A r t e r i e in der Nachbarschaft der Bruchpforte ist ein höchst seltener Zufall. Macht tnan statt eines grösseren Schnittes, in der oben angegebenen Weise mehrere kleine, so ist es kaum denkbar, dass eine Arterie sollte getroffen werden. Hat man den Bruchsack nicht geöffnet, so ist man jedenfalls vor einer inneren Blutung sicher, welche sonst einer solchen Arterienverletzung eine viel grössere Bedeutung giebt. Die U n t e r b i n d u n g des blutenden Gefässes an der verletzten Stelle, ist hier, w i e bei allen Arterienwunden, das sicherste Mittel. Cooper

u. A. unterbanden

in dieser Weise die E p i g a s t r i c a ,

(Edioburg. medic. Journal, 1 8 5 5 , July) die a b n o r m verlaufende

J.

Spence

Obturatoria.

Jedoch wird das verhältnissmässig kleine Gefäss in der Tiefe der W u n d e , selbst wenn man sie erweitert und auseinanderzieht, immer schwer zu erkennen und zu fassen sein. bindung ( nicht,

so nimmt mau

Gelingt die isolirle Uuter-

seine Zuflucht zur

Umstechung,

Einklemmung. — Operation. — Nachbehandlung.

807

oder bewirkt die Compression durch T a m p o n a d e , wie bei Verletzung der Arteria intercostalis (pag. 610). V i d a l sah die Tamponade ton Boy e r zwei Hai mit glücklichem Erfolge ausführen. H e s s e l b a c h bat ein eigenes Compressorium für die Blutung aus der Arteria epigastrica angegeben, welches aus 2 durch eine Schraube gegeneinander zu dringenden Armen besteht. Schwerlich wird man dasselbe sogleich zur Hand haben. E i n e C b a r r i i r e ' s c b e Pincette oder starke Serres-fines könnten es ersetzen.

Nachbehandlung nach der Hernloiamle.

Der Zustand des Patienten ist nach der Bruchoperation, zumal wenn der Bruchsack geöffnet wurde, keineswegs unbedenklich; er bat eine p e n e t r i r e n d e B a u c h w u n d e und eine g e q u e t s c h t e D a r m s c h l i n g e . Man rauss also auf Entzündung der Umgegend der Wunde, ferner des Bauchfells und endlich des Darmes gefassl sein. Ueberdies hat man dafür zu sorgen, dass die Eingeweide aus der offenen und erweiterten Bruchpforte nicht wieder hervortreten. Hierzu ist diö horizontale Lage, welche der Patient unter keiner Bedingung, auch nicht zum Behuf der Harn- oder Darm-Entleerung verlassen darf, gewöhnlich das zureichende Mittel; denn die Neigung der Eingeweide, wieder hervorzutreten, ist in der Regel gering. Der V e r s c h l u s s der W u n d e muss möglichst sorgfältig ausgeführt werden; die Heilung derselben durch erste Vereinigung ist in der Regel erwünscht, gelingt aber selten vollständig. Der Einwand, dass bei der Heilung per primain der Bruchsack offen bleibe, und die Hernie daher alsbald wieder hervortreten müsse, hat keine Bedeutung, da auch nach der durch Eiterung bewirkten Heilung radicaler Verschluss der Bruchpforte nur äusserst selten zu Stande kommt Absichtlich zu vermeiden bat man die erste Vereinigung in allen Fällen, wo die Wunde eine beträchtliche Tiefe besitzt, und nach oberflächlicher Verwachsung der Haut daher eine Ansammlung von Eiter in der Brucbpforte und ihrer Umgebung zu erwarten wäre. Soll man die N a h t nach der Bruchoperation anwenden? F r a n c o und P a r i wandten sie ganz allgemein an; später gerieth sie in Vergessenheit, und erst D e l p e c h brachte sie in Frankreich wieder in Aufnahme. A. G o o p e r empfiehlt sie gleichfalls. Auch in neuester Zeit wird sie noch von manchen Chirurgen gpnz allgemein angewendet. Da man nur höchst selten die erste Vereinigung vollständig erreicht, so ist der Nutzen der Naht nicht gross. Die Gefahr derselben aber wird, wenn man auch, nach dem Rathe Ton G o o p e r , blos die Haut und nicht den Bruchsack durchsticht, ton bedeutenden Autoritäten als erheblich angesehen. Sehr leicht sollen nSmlich in der Tiefe unter der oberflächlich zusammengeheilten Haut Eiteransammlungen entstehen, durch welche eine weitere Verbreitung der Entzündung, namentlich auch eine P h l e g m o n e d e r F o s s a i l i a c a , veranlasst wird. N e l a t o n nnd M a l g a i g n e haben durch diese Compücation Kranke verloren, die alle Aussiebt auf Wiederherstellung darzubieten

808 schienen.

Unterleibs-Biücbe. Ersterer beschuldigt

die von ihm f r ü h e r allgemein angewandte

Naht

als

Veranlassung und warnt ausdrücklich vor derselben.

Im Allgemeinen ist das Bedecken der Wunde mit einem antiseptischen Verbände zu empfehlen, den man durch ein Paar Bindengänge oder VerbandtUcher befestigt. Das Einführen von Bourdonnets in die Bruchpforte ist schädlich. Hat man ein passendes und nicht zu stark drückendes Bruchband zur Hand, so kann dieses zur Befestigung des Verbandes benutzt werden. Jedoch hüte man sich vor jedem stärkeren Drucke; dadurch werden heftige Schmerzen erregt und gar nichts gewonnen. Sollten die Eingeweide Neigung haben wieder hervorzutreten (was nur höchst selten der Fall ist), so müsste man allerdings durch einen festeren Verband dem entgegenwirken. Besonders erwünscht wäre die erste Vereinigung in solchen Fällen, wo man einen Theil der Eingeweide im Bruchsack zurücklassen muss, — natürlich unter der Voraussetzung, dass dieselben nicht bereits brandig oder dem Brande verfallen sind. Alsdann wird man eine genaue Zusammenfügung der Wundränder um so eher unternehmen dUrfen, als eine Wundhöhle in diesen Fällen nicht existirt, der Bruchsack vielmehr durch die Eingeweide ausgefüllt ist. Begreiflicher Weise darf in einem solchen Falle niemals irgendwelche Compression angewandt werden. Wurde nicht zu spät operirt und die Einklemmung wirklich geh o b e n , so fühlt der Kranke sogleich nach der Operation sich ungemein erleichtert und wahrhaft erquickt; selten besteht das Erbrechen noch einige Zeit lang fort. Statt der früheren Schmerzhaftigkeit des ganzen Unterleibes, hat der Operirte jetzt nur brennende Empfindungen in der Wunde. Nach Verlauf von einigen Stunden, in manchen Fällen aber auch erst nach mehreren Tagen erfolgt Darmausleerung. Es ist keineswegs günstig, wenn diese unmittelbar nach der Operation erfolgt. Dagegen bedingt eine Verzögerung derselben keine üble Prognose, sofern nur die übrigen Einkleminungs-Erscheinungen nachlassen. Gewiss ist es wünschenswert!!, den oberhalb der Einklemmuiigsstelle angehäuften Darminhalt in die weiter unten gelegenen Theile zu entleeren; aber in den meisten Fällen wird es besser sein, dass dies langsam geschehe, weil bei stürmischen Bewegungen in der Gegend der Einschnürung noch nachträglich Zerreissungen entstehen könnten. Da man fast immer zu befürchten hat, dass durch die Einklemmung die Widerstandsfähigkeit der Darmhäute vermindert ist, darf man in den ersten Tagen von Abführmitteln keinen Gebrauch machen. Vielmehr sucht man die Energie der peristaltischcn Bewegungen während dieser Zeit durch O p i u m zu vermindern. Vom

Einklemmung



Operation. —

Nachbehandlung.

809

fünften Tage ab kann man Abführmittel, namentlich Picinusöl und wenn dies seine. Wirkung versagt, auch Infus. Sennae comp, und ähnliche anwenden. Konnte man sich bei der Operation selbst davon überzeugen, dass die Darmhäute noch in keiner Weise gelitten hatten, so können Klystiere oder Purganzen auch schon früher gegeben werden. Bei regelmässigem Verlauf ist der 1 atient nach 6 Tagen ausser Gefahr. Es handelt sich dann nur noch um eine Wunde, die nach 14, höchstens 25 Tagen vernarbt. Ist die Verr arbung vollendet, so kann der Patient das Bett verlassen u n d , wenn die Eingeweide bei aufrechter Stellung nicht allzu stark gegen die Bruchpforte andrängen, auch bald umhergehen. Jedoch muss die Bruchpforte durch ein massig starkes Bruchband geschützt sein. Während der ersten Woche lasse man den Patienten nur Suppen und noch längere Zeit hindurch vorwiegend flüssige und leicht verdauliche Nahrungsmittel geniessen. Ueble Zufälle und tödtlicher Ausgang nach der Operation sind fast immer von einer zu späten Ausführurg derselben abhängig. Der allzu lange oder llzu stark gequetschte Darm wird in der Bauchhöhle brandig, oder die Entzündung verbreitet sich von ihm auf das ganze Peritoneum; oder das eingeklemmte Darmstück bleibt andauernd verengt und gestattet daher dem oberhalb dieser Stelle angehäuften Darminhalte nicht sich w iter zu bewegen (vgl. pag. 762 u. f.); das übermässig ausgedehnte Darmstück hat seine Contractionsfähigkeit eingebüsst (\gl. pag. 787). I n i e r allen diesen Verhältnissen dauern die Einklemmur gs - Erscheinungen fort. Der Kranke hat namentlich auch ferner: Schinerzen, Erbrechen, Verstopfung, Auftreibung des Leibes. Es ist im einzelnen Falle gewiss oft sei wer mit Bestimmtheit zu sagen, ob dieser oder jener Zustand die Fortdauer der Einklemmungs-Erscheinungen bedingt. Zunächst hat man immer in der bereits (pag. 778) angegebenen Weise sorgfältig zu erforschen, ob die Einklemmung selbst nicht etwa weiter besteht. Ueberzeugt man sich, dass dies nicht d«r Fall sei, oder kann ein Aufscliluss in dieser Beziehung überhaupt nicht erhalten oder eine mechanische Hülfe nicht geleistet werden, so giebt man Opium. Seine Wirkung erklärt sich aus der Verminderung der peristaltischen Bewegungen, durch welche sonst die Reizung des Peritoneums und die Gefahr der Perforation gesteigert werden. Wird das Opium wieder ausgebrochen, so spritzt man p. dos. etwa 1 5 — 3 0 Tropfen der Tinct. opii simpl., mit 1 — 2 Esslöffeln Wasser verdünnt, in den Mastdarm oder macht hypodermatische Injectionen von Morphium. Der Nutzen der Blutentziehungen bei der nach Bruchoperationen folgenden Peritonitis ist sehr zweifei-

810

Unt'erleibs-Brüche.

h a f t ; jedoch werden sie im Beginne der Krankheit von Vielen empfohlen und jedenfalls lindern Blutegel die Schmerzhaftigkeit. Sehr wohlthuend lind wohl auch ebenso hülfreich sind grosse Eisbeutel. E n t z ü n d u n g und Eiterung des B r u c h s a c k e s , dessen Ränder nach der Operation genau vereinigt worden waren, ist zuerst von K e y ' ) beschrieben worden. Die Bruchgegend wird 24 bis 48 Stunden nach der Operation schmerzhaft und schwillt a n , die Einklemmungs-Erscheinungen erneuern sich; der Kranke fühlt, dass der Bruchsack gefüllt ist, und empfindet dieselbe Beängstigung, wie bei der vorausgegangenen Einklemmung. Der Bruchsack füllt sich mit Exsudat und allmälig mit Eiter. Wird der Zustand richtig erkannt, und der Bruchsack entleert, indem man ihn mit dem Messer, oder bei schwächerer Verklebung mit einer Sonde, wieder öffnet, so erfolgt bald Heilung. Dagegen kann eine allgemeine Peritonitis die Folge sein, wenn man in der irrigen Voraussetzung, dass eine Darmschlinge vorgefallen sei, mit dem Finger durch die frisch verklebte Bruchpforte eingeht und somit dem Inhalte des Bruchsackes den Eintritt in die Bauchhöhle eröffnet 1 ). Als ein Ubier Zufall nach der Bruchoperation ist ferner P h l e g m o n e d e s N e t z e s ' ) zu erwähnen. Bei dieser handelt es sich ursprünglich um Entzündung der zwischen den Duplicaturcn des Bauchfells gelegenen Fett- und Bindegewebs-Schichten. Die Krankheit bleibt auf diesen ihren ursprünglichen Sitz aber nicht beschränkt, sondern sie greift auf das Bauchfell Uber, so dass sehr bald vielfache Verwachsungen des Netzes mit der Bauchwand und mit den übrigen Unterleibsorganen entstehen. Die Ausbreitung dieser Entzündung ist sehr verschieden. Bald ist sie nur eine Fortsetzung der bereits durch die Einklemmung eingeleiteten Erkrankung, bald die Folge des Druckes oder der Reizung überhaupt, welcher das Netz bei der Taxis oder bei seinem Verbleiben ausserhalb der Bauchhöhle ausgesetzt war (vgl. pag. 781). Phlegmone des Netzes bedingt oft eine so starke Schwellung desselben, dass man sich durch die Palpation und durch die Percussion von der Anwesenheit einer Geschwulst im Vnterleibe überzeugen kann. Die Schmerzhaftigkeit, selbst beim Druck, ist, sofern das Bauchfell noch nicht mitleidet, meist gering. Die Functionsstörungen (Verstopfung, Flatulenz, Kolik) haben nichts Charakteristisches; sie erklären sich aus dem Druck, ' ) Anat. Beschreibung u. Chirurg. Behandl. der Unterleibsbrüche von A s t b l e j C o o p e r . Nach der von A s t o n K e y besorgten Ausgabe übersetzt von R. F r o r i e p . 1 8 3 3 . pag. 8 7 . *) Vgl. die pag. 7 7 1 angeführte Abhandlung von ' ) Vgl. G o y r a n d , Gazette m o m S c b w e r t f o r t s a t z

hatte sie

in v e r l i c a l e r D i c h t u n g I S ,

bis

linier

die k u r z e n

A n f ü l l u n g des Magens n u r d e sie e t w a s v e r g r ö s s e r t . eintreten. Druck

man

Tiefes Athcmholen

ohne

erregte S c h m e r z ,

und Atembeschwerden bei l e e r e m

Diagnose:

Percussicin Magen b e l l ;

Rrucb der weissen

N e t z , u n t e n ein S t ü c k geleiteten,

Schmerzen

Behandlung

einen klopfen

horizontaler

Geti&nke b o r t e m a n m i t

kleinen

Tbeil

der

Durch

Durch Geräusch

gleichmSssigeo

Geschwulst

repouiren.

auf die G e s c h w u l s t v e r u r s a c h t e

Schmerz

im o b e r e n Tbeil d e r G e s c h w u l s t bei v o l l e m Magen im u n t e r e n T h e i l e bald d u m p f , bald

tympanitisch.

L i n i e , d e r o b e n e i n e n Theil des Magens, in d e r

des Colon (ransversuiu e n t h ä l t . entstand

in

Rippen r e i c h t e .

S i e war e l a s t i s c h , f l u c t u i r e n d , i h r e O b e r f l ä c h e g l a t t .

konnte

dumpf,

901

epigastrica.

ganz

unerwartet

eine

g e g e n w e l c h e C a l o m t l bis z u r S a l i v a t i o n a n g e w a n d t lich von s e l b s t vollständig in die B a u c h h ö h l e z u r ü c k ,

Mitte

W ä h r e n d d e r , wie bei I. e i n heftige

wurde.

Uoterleibsentzündung,

Da t r a t d e r B r u c h

und die 4 C e n t m . weite

p f o r t e konnte nun gefühlt und durch eine Pelolte versperrt

plötzBruch-

werden.

Aeliologie. Die Hernia epigastrica kommt in allen Lebensaltern vor. M a l g a i g n e hat sie bei einem Säugling bereits von so beträchtlicher Grösse gesehen, dass man in die zwischen den geraden Bauchmuskeln befindliche Bruehpforle einen Finger einschieben konnte. J a l a d e - L a f o n d sah bei einem Kinde, dessen Kränklichkeit als Folge des Keuchhustens gedeutet wurde, eine ansehnliche Hernia epigastrica, d u r c h deren sorgfältige Retention dem Kinde schnell das volle Wohlbefinden wiedergegeben wurde. Wahrscheinlich ist in allen solchen Fallen eine angeborne Diastase der Bauchmuskeln a n z u n e h m e n , wie bei den analogen Brüchen unterhalb des Nabels. — Im Uebrigen kommen alle für die Entstehung der Hernien überhaupt wichtigen Verhältnisse (vgl. pag. 717 u. f.) in Betracht. Compllealioiicu. Häufig bestehen mit Hernia epigastrica zugleich noch a n d e r e Brüche; nach M a l g a i g n e häufiger als bei irgend einer anderen Hernie. Bald ist der zweite Bruch gleichfalls eine Hernia lineae albae, bald eine umbilicalis, inguinalis, femoralis; es können deren auch mehrere zugleich bestehen. Anderweitige Complicationen sind viel seltener, als bei Nabelbrüchen, namentlich wohl weil das Netz selten in der Hernia epigastrica vorkommt. Da die Bruchpforte gewöhnlich weit ist, erklärt es sich, dass weder Unbeweglichkeit noch Einklemmung häutig vorkommen. Dass erstcre jedoch in hohem Grade bestehen kann, zeigen die vorstehend angefühlten Beobachtungen von Wutzer. Wird eine Hernia epigastrica eingeklemmt, so nimmt die Krankheit gewöhnlich einen sehr schnellen Verlauf ( d e la P e y r o n i e ) . Radicallieilung ist nicht beobachtet worden. Die Bc'inudlillig muss wie beim Nabelbruch der Erwachsenen eingerichtet w e r d e n , natürlich mit der entsprechenden Rücksicht auf die Gestalt der Bruchpforte. Ist diese sehr gross, so muss man

902

Unterleibs-Brüche.

Tragbänder, welche über die Schultern laufen, oder Corsets zu Hülfe nehmen, wie in den Fällen von W u t z e r . M a n c h m a l reicht ein gewöhnliches S c h n ü r l e i b a u s , wie z. ß . in d e r den B e o b a c h t u n g

ton l ' i p e l c t

Krau h a l t e als j u p g e s Mädchen a n Magenschinerzen Als sie

nachstehen-

(Mem. d e l'Acad. d e c h i r u r g . T. IV. pag. 1 9 0 ) .

a n f l o g ein C o r s e t zu t r a g e n ,

und

häufigem Erbrechen

verloren sich diese Z u f ä l l e .

Eine

gelitten.

Nach ihrer Verhei-

r a t h u n g legte sie d a s s e l b e weniger sorgfältig a n , u n d die a l t e n Zufälle k e h r t e n Dieselben nach

wurden

aus

der Entbindung

der in

beginnenden Schwangerschaft e r k l ä r t ;

noch h ö h e r e m G r a d e w e i t e r f o r t ,

so

einmal F l e i s c h b r ü h e bei sich behielt u n d stetig a b m a g e r t e .

aber

sie

dass

die Kranke

nicht

Pipelet

fand nahe

unter

d e m S c b w e r t f o r t s a t z in d e r Linea alba e i n e kleine G e s c h w u l s t , n a c h d e r e n die K r a n k e l a n g s a m , a b e r vollständig w i e d e r hergestellt

T.

wieder.

bestanden

Reposition

wurde.

Banchbrnch, Hernia ventralis.

Diejenigen Brüche, welche durch keine der bisher betrachteten Bruchpforlen, sondern an einer beliebigen anderen Stelle der B a u c h w a n d hervortreten, heissen B a u e h b r ü c h c , H e r r t i a e Manche Autoren r e c h n e n a u c h die B r ü c h e brüchen; in

Andere

( s o a u c h V i d a l ) ziehen w e n i g s t e n s

der Linea a l b a

epigastrica,

vorkommenden

Hernien hierher,

weissen

ventrales.

Linie

die u n t e r h a l b

trennen

aber davon

zu den Bauchdes

Nabels

die

llernia

w o f ü r kein G r u n d vorliegt, da g e r a d e u n t e r dein l e t z t e r e n N a m e n

Brüche verstanden w e r d e n ,

die

n i c h t genau

d a h e r als ß a u c b b r ü c h e b e z e i c h n e t w e r d e n Als

der

llernia

lambalis

bezeichnet

in d e r L i n e a alba h e r v o r t r e t e n ,

auch

und

die

könnten. m a n e i n e n H a u c h b r u c h , d e r zwischen

Rippenrande und dem Darmbeinkamm hervortritt.

Vgl. L a r r e y ,

dem

Bullet, de l'Acad. de

m i d e c . 1 8 6 9 , T. XXXIV.

Acllologic. es nicht;

Präformirte B r u c h p f o r l e n

man müsstc denn

den Aponeurosen

für Bauchbrüche giebt

die kleinen unregelmässigen Lücken in

der Bauchmuskeln hierher rechnen wollen.

Ihre

gewöhnlichen Veranlassungen sind Verwundungen, seltener Absccsse der Bauchdecken.

Erstere lassen die Entstehung einer Hernie um so

mehr befürchten, je weniger vollständig die erste Vereinigung gelangen ist.

Vgl. pag. 6 5 5 u. f. Die Gestalt und Ul'OSSC eines Bauchbruchcs

ist wesentlich ab-

hängig von der Beschaffenheit seiner Bruchpforte.

Ist er durch eine

zufällig bestehende, etwa für den Durchtritt eines Gefässcs bestimmte Lücke in den Aponeurosen hervorgetreten, so bildet er eine gestielte und gewöhnlich kleine Geschwulst.

Hat er sich dagegen durch Deh-

nung einer Narbe seinen Weg gebahnt, so ist er nieist nicht gestielt und auch nicht von beträchtlicher Grösse, weil nach kleineren Verletzungen selten eine nachgiebige Narbe zurückbleibt.

Der gewöhn-

liche I n h a l t der Ventralhernien ist Netz und Darm; jedoch können, je nach ihrer Lage, auch andere Eingeweide darin vorkommen.

Fast

903

Hernia ventralis.

immer haben sie einen B r u c h s a c k , auch wenn sie jn Folge einer Bauehwunde entstanden sind; im letzteren Falle zeigt derselbe eine Narbe, wie inan sie auch in anderen Brüchen finden k a n n , wenn bei einer vorausgegangenen Bruchoperation ein Theil des Sackes abgeschnitten wurde. Die Fascia transversalis ist bald von dem hervortretenden Bruche mit herausgewölbt, bald auch, der Bruchpforte entsprechend, durchbohrt. Deutlich nachweisbar ist sie Uberhaupt nur an Hernien, die durch die untere Hälfte der Bauchwand hervortreten. Die Behandlung unterscheidet sich nicht wesentlich von derjenigen, welche bei den Nabelbrüchen Erwachsener erforderlich ist. Höchst selten wird Radicalheilung erreicht. Einklemmung kommt nur an solchen Ventralhernicn vor, welche durch eine enge, ringförmige Oeffnung hervortreten ; je tmger dieselbe und je fester und schärfer ihr Rand, desto schneller ist Gangrän zu befürchten. Macht die Einklemmung eine Operation erforderlich, so wird man die Erweiterungsschnitte in einer solchen Richtung zu machen haben, dass man die Art. epigastiica und ihre grösseren Aeste vermeidet. Baucbbrücbe sind seilen.

Aslhiey

Cooper

führt deren drei a n , die s ä m m t -

lich unterhalb der Hübe des Nabels ihren Sitz hatten

und an der äusseren Seite des

geraden Bauchinuskels durch die Aponeurose hervorgetreten waren. — L e d r a n

(Observ.

Chirurg. T. II. pag. 45) bat einen Melzbrucb i n d e r S c h e i d e d e s H e c t u s nahe den falschen [tippen beobachtet. ein- Abscess förmige

lländer

J. L. I ' e t i t falschen

und L e d r a n er

Er lag h i n t e r dem Muskel. musste einen

demnächst

abtrug,

sah einen Uauclibruch

Itippen

und dem

hinteren

In dem Netz bildete

grossen T - S c b n i t t m a c h e n , dessen um

dem Eiter Abfluss zu

von der Grösse

eines

Tbeilc des Musculus

sich

lappen-

verschaffen.

Kindsköpfe« zwischen transversus.

Derselbe

— den ver-

schwand durch Druck und in horizontaler Lage, — klemmte sich a b e r doch ein (Traité des maladies chirurg. T. II. pag. 2 5 7 ) . — bei einem

6jährigen Kinde genau

eines Hühnereies saden gefallen. — Operation am N a b e l ,

beobachtet. Uli d e

Decaisne

in derselben Gegend

Das Kind war

13 rechts sassen.

3 Fällen fehlte der Uruchsack.

Van

Varenberg

einen ßruch

haben

von der Grösse

aus einer Höhe von 8 Meter auf Palli-

(Archiv f. klin. Chirurg.

eingeklemmter

und

Uaucbbriiche

Bd. XI. Hft. 2 ) hat

3 5 Fälle von

zusammengestellt, von denen 1 5 dicht

Silz der Einklemmung war 2 1 m a l die Brucbpforte

In

2 4 von den 3 5 Fällen verliefen günstig.

VI. Zwerchfellbrnch, Hernia diaphragmatica. Durch einen Spalt des Zwerchfells können Baucheingeweide in die Brusthöhle treten und auf solche Weise einen Z w e r c h f e l l b r u c h i darstellen, der sich von allen übrigen Hernien wesentlich dadurch unterscheidet, dass die Bruch-Eingeweide nicht unter die äusseren Bedeckungen, sondern in eine andere Leibeshöhle treten, weshalb dieser Bruch auch niemals eine äusserlich wahrnehmbare Geschwulst darstellen kann. Höchst selten entsteht der an sich schon seltene

904

Unterleibs-Brüche.

Zwerchfellbruch, indem Bauch-Eingeweide durch den Hiatus oesophageus oder durch die dreieckige Lücke, welch.e dicht hinter dem SchwertfortsaU zwischen den Fleischbündeln des Zwerchfells besteht, emporsteigen. Fast alle vorliegenden Beobachtungen beziehen sich vielmehr auf Hernien, die durch a n g e b o r n e oder z u f ä l l i g (in Folge von Verletzungen) e n t s t a n d e n e S p a l t e n in der l i n k e n Hälfte des Zwerchfells hinaufgetreten sind. Auf der rechten Seite verdeckt die Leber solche OefTnungen, wenn sie nicht sehr gross sind (vgl. Zwerchfellwunden, pag. 678). 1" der Regel ist also dem Zwerchfellbruch eine penetrirendc Brustwunde oder eine bedeutende Quetschung der linken Seite, eine Erschütterung durch Fall von bedeutender Höhe oder eine Zersprengung des Zwerchfells durch ü b e r mässige Anstrengung der Bauchpresse vorhergegangen. Gewöhnlich hat man die dislocirten Bauch-Eingeweide (am Häufigsten Magen, Quergrimiudarm, Netz) ganz unbedeckt in der Brusthöhle gefunden. Selten waren sie von einem einfachen, noch seltener von einem doppelten serösen Ueberzuge (Bruchsack), der ihnen vom Peritoneum und von der Pleura geliefert w u r d e , überzogen. Dies hängt, wie man leicht einsieht, davon a b , ob bei der Entstehung der Spalte im Zwerchfell die beiden serösen UeberzUge, oder nur einer von beiden, oder endlich gar keiner unversehrt geblieben sind. In einzelnen Fällen fand man das Zwerchfell unversehrt, aber sammt seinen serösen UeberzUgen so ausgeweitet, dass es den Bruchsack darstellte. Aus dem R ä u m e , welchen die Bauch-Eingeweide nunmehr im Thorax einnehmen, werden die entsprechenden Brust-Eingeweide verd r ä n g t ; zunächst wird die Lunge compriniii t, bei bedeutenderer Grösse des Bruches auch das Herz verschoben. Auscultation und Percussion des Thorax können daher zu ¿iner richtigen Diagnose führen. Das Respirationsgeräusch fehlt an der entsprechenden Stelle, und der Percussionsschall ist, da gewöhnlich Magen oder Dickdarm verschoben sind, tymßanitisch; nur in Fällen, wo das Netz oder die Milz allein hinaufgetreten w ä r e n , w ü r d e der Schall leer sein. Liegt der Magen in einem Zwerchfellbruche, so kann er durch das Gewicht der eingeführten Nahrungsmittel in die Bauchhöhle zurückgezogen werden; der Kranke fühlt sich dann nach* dem Essen erleichtert. Uebrigens bestehen fast immer Verdauungsstörungen, Koliken, Schmerzen in der Herzgrube, Seitenstiche, A t e m b e s c h w e r d e n u. dgl. m. Auch bei der sorgfältigsten Untersuchung wird jedoch die Diagnose eines beweglichen Zwerchfellbruches nicht oft mit voller Sicherheit gestellt werden können. — Die Erscheinungen der Einklemmung sind dieselben, wie bei Zerreissung des Zwerchfelles. Vgl. pag. 6 7 8 u. 682.

Hernia

905

dinphragmatica.

Wir besitzen kein Mittel, tun die Reposition oder gar die Retention e i n e s b e w e g l i c h e n Zwerchfellbruches zu bewirken, und v e r m ö g e n a u c h gegen

die relativ

häufig v o r k o m m e n d e

bei inneren Einklemmungen lich

ohne

Einklemmung

empfohlenen

Erfolg) anzukämpfen.

nur

Medicamentcn

Vielleicht

könnte

mit

den

(voraussicht-

man,

nach

dem

Vorschlage von P o p p , mit der in tiefer C.hloroformbetäubung bis zur Flex'ura

coli

sinistra

eingeführten

Hand

in die Rauchhöhle z u r ü c k s c h i e b e n ; soll,

bleibt fraglich. —

wie

die

dislocirten

Eingeweide

man die Retention

Bei N e u g e b o r n e n

könnte

man

bewirken

durch

liche Respiration vielleicht d e m Ersticknngstode v o r b e u g e n

künst-

(Bohn).

Bei d e r g r o s s e n S e i l e o b e i l der Z w e r c h f e l l b r ü c b u d ü r f t e es z w e c k m ä s s i g s e i o , einige h i e r b e i ' gehörige B e o b a c h t u n g e n beobachtete

Kranke starb. volut,

Dieselbe w a r

das ganze

fell h a t t e

milzutbcilen.

eine lleroia dinphragmatica

mehr

Netz

als

I.

Norris

( G a z . m e d . 1 8 3 8 , pag. 7 0 5 )

obne Uruchsack,

au deren

sehr gross und wurde durch und

das

I'ancreas

2 5 Millim. D u r c h m e s s e r ;

ein

gebildet.

Einklemmung

grosses

Die OefTnung im

der Darm

adbaiirte

Kranke

Die l i n k e L u n g e w a r bis auf d a s V o l u m e n e i n e r

wurde

19 J j l i r e a l l ;

B e s c h w e r d e n gelitten.



er hatte

II. 1. L

von klein auf

('etil

ao

Kall,

des Zwerchfelles

gebildeter

Bruchsack

bestand.

Der K r a n k e

fast

cylindiische

Eingeweide

Bei d e r S e c t i o n f a n d m a n

Urucbgeschwulst,

waren

unter

einander

frische Adhäsionen verwachsen; z o g e n e n Flüche. —

welche und

10

mit

Centinieter

der

hoch

des

nicht

l a n g e Zeit Er starb

Pleurahöhle

war.

PeritoncalQäche

ein

verdünnten

hatte

in d e r l i n k e n

Der

angegebenen

in w e l c h e m

a n A s t h m a g e l i t t e n ; Arifülluug des Magens v e r s c h a f f t e ihm E r l e i c h t e r u n g . einer Unterleibseutzündung.

Die

Bruchdurch über-

I I I . Ein A r b e i t s m a n n e r l i t t bei e i n e r V e r s c b ü t t u n g eine F r a c t u r

und beflige Schmerzen

in d e r

rechten

an die

Sackes

e b e n s o die l i n k e L u n g e m i t d e r von d e r P l e u r a

f ü n f t e n R i p p e r e c h t e r S e i t s in i h r e m M i t t e l s t ü c k .

ge-

Faust toinpiimirl.

b l o s von d e r P l e u r a u n d dem B a u c h f e l l , s o n d e r n a u c h von e i n e m ä u s s e r s t Tlieile

der-

deutlich

den v o r s t e h e n d

beschreibt eiuen

Zwerch-

im U m f a n g e

s e l b e n , d a s Herz war n a c h R e c h t s v e r s c h o b e n , wo m a n s e i n e P u l s a t i o n e n fühlt hatte.

der

Darmcon-

der

E r h a l l e sogleich A t h e m b e s c b w e r d e n

BruslhälTle.

Die P e r c u s s i o n

wurde

auf d i e s e r

S e i t e a l l m a l i g i m m e r h o h e r h i n a u f m a t t , w ä h r e n d sie in d e r o b e r e n H ä l f t e t j m p j M l i s c b war.

S t a t t d e s A l b e i s g e r ä u s c b e s f a n d m a n n a c h einiger Z e i l auf d i e s e r S e i t e

rischen

Wiederhall

und

Pneumo-Hydro-Tborax

metallisches

gestellt.

Erstickungs-Erscheinungen,

Klingen.

Der T o d

e r f o l g t e 1 1 Tage

in d e r P l e u r a h ö h l e . rechts

das

auf d e n e r s t e n Blick

Volumen

d u r c h welchen

dem

hindurch

Faust

gegen

auf unter

Leiden

die

empor-

mindestens

N a c h d e m m a n die D a r m s t ü c k e , h a l t e , zeigte sieb die

Wirbelsäule

nach Oben feslgcheftet.

compriwirt,

durch

welche Lunge einige

I m Z w e r c h f e l l f a n d sich ein

Riss,

die B a u c h - E i n g e w e i d e i h r e n Weg g e n o m m e n h a l t e n , e t w a 2 0 Clin,

lang,

iu d e r R i c h t u n g die

n a c h d e r Verletzung

die ganze P l e u r a h ö h l e d u r c h

erstreckten, zurückgeschoben

einer

Adhäsionen an der Spitze

ampho-

Diagnose

L i n k s war d a s Z w e r c h f e l l bis z u r H ö h e d e r f ü n f t e n R i p p e

schien

sich bis zuin S c h l ü s s e l b e i n auf

die

Bei d e r S e c t i o n f a n d m a n k e i n e n E r g u s s

die H ä l f t e des D i c k d a r m e s a u s g e f ü l l t zu s e i n . bis

wurde

o b n e d a s s irgend ein S y m p t o m auf ein w e s e n t l i c h e s

der Verdauungsorgaue hätte scbliessen lassen. gewölbt,

Hiernach

von R e c h t s Und H i n t e n

getretenen

schon erwähnten

Theile

zu

Dickdarm war

n a c h L i n k s und Vorn.

einer ringförmigen auch

fast

der

Derselbe

war

Oeffnung ausgeweitet.

ganze rechte Leberlappen

durch Ausser in

die

906

Unterleibs-Brüche.

rechte

Pleurahöhle

Ueberzug;

auch

Zwerchfell. hatte

in

neunten

eingedrungen.

bestanden

(Olivet,

ihrem

Nirgend

die

zweiten

Lebensjahre

eine

1 8 1 4 , Juli).

tiefe Stichwunde

zu d e n e n sich n i c h t s e i l e n

Als sie b e i n a h e e r w a c h s e n eines T h e i l s

des C o l o n

zwischen

mit schnellem

transversum

Ein

dem

Mädchen

der achten

Erfulge)

Bei

und

in d e r

wogegen angewandt

(Bujalsky,

der Section fand m a n

u n d des g r o s s e n N e t z e s

Ein-

in e i n e r

drei

Die S t i c h w u n d e h a t t e ü b e r d i e s e i n e OeGTuung

und n e u n t e n R i p p e h i n t e r l a s s e n ,

Narbe verschlossen war.

IV

war, s t a r b sie, unter den heftigsten Erscheinungen

Kinger b r e i t e n O c Q u u n g des Z w e r c h f e l l s . zwischen der achten



einen

noch mit

Ucbelkeit und E r b r e c h e n gesellten,

e i n e r D a r i n - E n t z ü n d u n g , n a c h zweitägiger K r a n k h e i t . klemmung

Eingeweide

S i e k l a g t e von klein auf ü b e r S c h m e r z e n

a n t i p h l o g i s t i s c h e u n d a b f ü h r e n d e Mittel ( g e w ö h n l i c h wurden.

dislocirten

weder mit d e r Pleura,

im J o u r n . de mdd. de Lyon

Rippe linker Seits erhalten.

linken S e i t e ,

hatten

keine Adhäsionen,

welche n u r ä u s s e r l i c h d u r c h

eine

in d e r m e d i c . Z e i t u n g R u s s l a n d s , 1 8 5 2 , No. 2 6 . )

In d e r u n t e r A u t c n r i e t h ' s L e i t u n g g e a r b e i t e t e n A b h a n d l u n g von D r e i f u s s s i n d b e r e i t s 5 5 F ä l l e von Z w e r c b f e t l b r i i c b c n z u s a m m e n g e s t e l l t . d e r Magen allein o d e r m i t a n d e r e n 1859

(Königsberger

sammelt. 44

med. Jahrbücher,

Darunter

traumatischen

sind

2 eigene

Unterleibsorganen

halten

Fällen

II.)

14 bestimmt

giebt

Beobachtungen.

Popp

80

Fülle

von

Ud. 5 7 . p a g . 7 5 ) . Laennec'8

Hager,

Vierteljahrschr.

hat ge-

Eine g e n a u e A n a l y s e von

liefern

auch

darunter

genauere

Belehrung

Zwerchfellbrüche. des

Magens

schnell z u m T o d e f ü h r t e , b e o b a c h t e t e L e s s e r

Vgl. a u c h

(l'rjger

Nohn

diaphragmalica

( D e u t s c h e Z t s c h r . f. C h i r u r g i e I. 1 . ) ;

Diese M o n o g r a p h i e n

Einen Z w e r c h f e l l b r u c h , d e r , m i t P e r f o r a t i o n

Bochdalek

llernia

einen Bruclisack.

über Entstehung und Symptomatologie der Chulera-Erscheinungen

U n t e r d i e s e n w a r e n 3-7 m a l

zugleich dislocirt. —

Drüche und Vorfälle, Wien 1807.

lieft

2)

hat

complicirt, (Uust's

unter

Magazin,

1 8 5 0 , pag. 1 5 — 2 9 .

neuerdings

den

Vorschlag

w i e d e r h o l t , z u r H e i l u n g e i n e s Z w e r c b f e l l b r u c h s , die B a u c b d e c k e n

so weit

e i n z u s c h n e i d e n , das* m a n m i t 2 F i n g e r n e i n g e b e n u n d die E i n g e w e i d e a u s d e r B r u s t h ö h l e in d i e B a u c h h ö h l e b e r a b i i e b e n k ö n n e , wo d a n n i h r e R e t e n t i o n gesetzte

aufrechte Stellung

und

„durch

l l u D g c r l e i d e n • bewirkt werden

fort-

soll!

TU. Bruch des einluden Loches, Hernia foraminis ovalis, Hernia obturatoria. Durch die atn äusseren oberen Umfange des Korameif obturatum s. ovale befindliche, für den Durchtritt des Nervus und der Vasa obturatoria bestimmte Lücke ( C a n a l i s , s. A n n u l u s o b t u r a t o r i u s ) kann ein Bruch hervortreten, der als B r u c h d e s e i r u n d e n L o c h e s , H e r n i a o b t u r a t o r i a , s. f o r a m i n i s o v a l i s bezeichnet wird. Anatomische Vorbemerkungen1). her

durch

deren

die a m S c h a a m b e i n

vordere

obturatoria

und

hintere

anterior

Greifze

und

posterior

trage zur

wird von O b e n

obturatorius,

darstellen

und

bezeichnet werden "können.

Tuberculuin

als

gebildet, lncisura

Die seitlichen

obturatorium

superios

Diese F u r c h e wird d a d u r c h zu e i n e m k u r z e n C u n a l e , d a s s die a n

Rändern des Foramen obturatum entspringenden ' ) Vgl. I t o m a n

obturatorius

Sulcus

seichte Einschnitte

G r e n z e n d i e s e r R i n n e s i n d zwei H ö c k e r : und i n f e r i u s .

Der C a n a l i s

befindliche Rinne,

Fischer Lehre

und dasselbe verschliessenden

( Z e i t s c h r i f t .f. r a t i o n e l l e Medicin

über

die

llernia

obturatoria,

1 8 5 2 , Heft 3 , u n d Luzern

1856).

den

WeichBei-

907

Hernia obturatoria.

llieile (Membrana obturatrix interna, Musculus obturator internus, Membrana obturatrix externa und Musculus obturatur externus), j e d e r Kinne entsprechend, eine Lücke offen lassen, durch welche Gelasse und Nerven hervortreten. Die fibröse M e m b r a n a o b t u r a t r i x

i n t e r n a entspringt vom Umfange des Fo-

ramen ovale und zwar soweit der Itamus horiz. ossis pubis zu dessen Bildung beiträgt, von

dessen

(lande.

hinterem

stärkere Fasern;

Nur in der Nahe des Sulcus obturatorius enthält

im Uebrigen ist sie dünn und nachgiebig.

sie

Von ihrer inneren Ober-

flache .und ihren Inserlionspunkten entspringt der M u s e , o b t u r a t o r i n t e r n u s ;

beide

lassen unter dem Sulcus eine k l e i n e , bald mehr rundliche, bald m e h r ovale OelTnung frei,

den

Fläche

Annulut

obturatorius.

Die dünne

des genannten Muskels überzogen i s t ,

F a s c i e , von welcher die

hintere

gebt mit einem scharfen Rande an der

Grenze des Annulus in die Membrana obtur. über (Crus tendineum annuli obturatorii). Der hintere Eingang in den Canal. obturat. ist somit scharf begrenzt, die vordere Oeffnung dagegen

besitzt keinen scharfen B a n d , indem der Muse, obturator internus mit

l i n e r allmäligen

Krümmung

in

die Fläche der Membrana

Canal. obturatorius ist auch n u r , ein

wirklicher Canal.

Seine

insofern m a n

untere

obtur. int. übergeht.

Der

sein knöchernes Dach berücksichtigt,

Wand wird n u r durch

den

von der

Membrana

obtur. int. bekleideten Band des Muse, obturator internus gebildet. Die

Membrana

obturatrix

externa

e x t e r n u s stehen zu dem Canal. obturatorius aber

und

der

Musculus

obturator

nicht in unmittelbarer Beziehung,

f ü r die Verhältnisse der Hernia obturatoria

von Bedeutung.

Der

sind

Musculus

o b t u r a t o r e x t e r n u s entspringt nicht von der gewöhnlich schlechtweg als Membrana obturatrix

beschriebenen

Membrana

obturatrix i n t e r n a , sondern

l'ortion von einer besonderen fibrösen Lamelle, mit

seiner vorderen Portion

Membrana

mit seiner mittleren

obturatrix

von der vorderen Fläche des Schoossbeines

hinteren von der vorderen Fläche des Itamus ascendens ischii.

externa,

und mit d e r

Die M « m b r .

obtur.

e x t e r n , entspringt am Tubercul. obturat. inferius und spaltet sich in zwei Schenkel, deren

einer sich an das Tuberc. superius a n s e t z t ,

während

der andere sich in das

Kapselband .des Hüftgelenkes in der Gegend der Incisura acetabuli verliert. Membran wird deshalb Band betrachtet.

auch von anderen Autoren

Von den genannten

Die ganze

als ein zum Hüftgelenk

drei Portionen des M u s e ,

obtur.

gehöriges

e x t . lassen

sich die hintere und die mittlere n u r künstlich von einander t r e n n e n , zwischen

der

oberen

der

und mittleren

zwischen den

dagegen

lindet

sich

reichliches

Fettgewebe,

womit

auch

übrigen Theilen des Muskels und der Membr. obtur. intern, befindliche

Baum ausgefüllt ist.

Dies hangt einer Seits mit dem das Hüftgelenk umgebenden und

anderer Seits mit d r m subperitonealen Fett zusammen.

Zwischen dein vorderen Bande

des Muse, obtur. ext. und der vorderen OelTnung des Canal. o b t u r a t . bleibt eine längliche OelTnung; zwischen der vorderen und mittleren Portion des Muskels, sowie zwischen der hinteren u n d dem Os isebii bleiben n u r enge Spalten offen. Die A r t e r i a Hypogastrica n i m m t ,

obturatoria unter

liegt, wenn

sie ihren normalen Ursprung aus der

und hinter dem Nerven,

Epigastrica entspringt, über und vor dem Nerven. vorher beschriebenen Fettgewebe Muskeln;

wenn sie dagegen aus d e r

Fast alle ihre Aeste liegen in dem

und verbreiten sich n u r

in den zunächst gelegenen

selten treten einzelne grössere, in Begleitung der Nervenäste, weiter hervor.

Für die Hernia obturatoria haben sie keine Bedeutung. — Der N e r v u s theilt sich schon anterior,

innerhalb des Canal es in drei Aeste.

tritt am vorderen Bande

Der o r s t e ,

des Muse, obturat. ext. h e r v o r ,

obturatorius Kam. adduetorius

giebt Zweige zum

Pectineus, Adduct. longus und brevis und geht zwischen den beiden letzteren hindurch

908

Dnterleibs-Brüche.

z u m Gracilis.

Der zweite geht zwischen der vorderen uod mittleren Portion

des Muse,

o b t u r a t . ext. h i n d u r c h , d a n n z w i s c h e n A d d u c t . hrevis u n d m a g n u s und versorgt s a c h l i c h d e n l e t z t e r e n , s c h i c k t a b e r a u c h e i n e n Zweig z u m H ü f t g e l e n k . w e n d e t sich

sogleich

durch

die z w i s c h e n

d e r M e m b r . o b t u r . i n t . u n d ext.

L ü c k e z u r h i n t e r e n P o r t i o n des Muse, o b t u r a t . Für

d a s V e r s t ä n d n i s s des W e g e s ,

»eichen

ovale

zu

vergegenwärtigen.

den A d d u c t . l o n f i i s f o r t ,

so e r s c h e i n t

F o r a m e n ovale e n t s p r i n g t

und, der hinteren

die t l e r n i a

obturatoria

Nimmt

man

den A d d u c t . h r e v i s , Obturat.

Fascia

sn e r s c h e i n t ein z w e i t e s

externus

im

Bereich

F l ä c h e des A d d u c t . m a g o u s ü b e r k l e i d e t . Nervus

obturatorius.

Spaltet

man

weiterem

u n d Muskeln

den Muse, p e c t i n e u s

subpectinea.

seiner

fibröses vorderen

Hinter

dieser

Entfernt man diese Fascie Blatt,

welches

Portion

und

die vordere die

vordere

H i n t e r d i e s e r F a s c i e liegt d e r z w e i t e Ast

dieselbe und

nimmt

d e n Adduct. m a g n u s f o r t ,

e r s c h e i n e n n u n erst d i e m i t t l e r e u n d h i n t e r e P o r t i o n des O b t u r a t . e x t e r n u s von Fascienbhitl

und

F l ä c h e d e s P e c t i n e u s folgend, a u f die vor-

liegt der Ramiis a n t e r i o r Nervi o b t u r a t o r i i von Feit u m g e b e n . F l ä c h e des

bei

eine F a s c i e , welche vom vorderen U m f a n g e des

d e r e Flache d e s A d d u c t . bre*is ü b e r g e h t , — und

hrfindliche

externus.

W a c h s l h u m e n e h m e n k a n n , ist es w i c h t i g , sich die L a g e r u n g d e r Fascien vor d e m F o r a m e n

haupt-

D e r d r i t t e Ast

des so

einem

b e d e c k t , w e l c h e s sich auf den Q u a d r a t u s f e m o r i s f o r t s e t z t .

Varietäten. Nachdem die Ilernia obturatoria durch den Canalis obturatorius hervorgetreten ist, gelangt sie zunächst in den von Fett ausgefüllten Rauu; zwischen der Menihr. obturat. interna und der vordeien Portion des Muse, obtur. ext. Von hier aus kann sie möglicher Weise vier verschiedene Wege einschlagen: 1) zwischen dem Rarnus horizontal, ossis pubis und dein vorderen Rande des Muse, obtur. ext., dem Laufe des Ranius adduct. anterior nervi obturat. folgend; 2) zwischen der vorderen und mittleren Portion des Obturator ext., nach dem Verlaufe des Ranius adduct. post. nervi obturatorii; 3) zwischen der Membr. obturat. int. und externa, dem dritten Aste des Nerv, obturat. folgend, in die mit Fett gefüllte Grube zwischen der hinteren Portion des Muse, obturator ext. und der Membr. obturatrix interna; 4) zwischen der Membr. obtur. ext. und der Incis. acetabuli. Von diesen vier Wegen sind die beiden zuletzt aufgeführten wegen der Enge, wegen der geringen Nachgiebigkeit der sie umgebenden Theilc und wegen der ganz vom Verlaufe des Canal. obturat. abweichenden Richtung sehr unwahrscheinlich. Unter den beiden anderen, deren Richtung mit derjenigen des Canal. obturator. übereinstimmt, scheint der zweite, z w i s c h e n d e r v o r d e r e n u n d m i t t l e r e n P o r t i o n d e s Muse, o b t u r a t . e x t . , die grössere Wahrscheinlichkeit für sich zu haben, weil die ihn begrenzenden Ränder die meiste Nachgiebigkeit besitzen. Ein auf diesen) Wege hervortretender Bruch milsstc zwischen dem Adduclor brevis und dem Adductor magnus liegen. Tritt die Hernie dagegen auf dem unter 1) aufgc-

Hernia

909

obturatoria.

führten Wege h e r v o r , so gelangt sie z w i s c h e n P e c t i n e u s A d d u c t o r brevis dicht u n t e r die Fascia subpectinea. Aus

den t e r h ä l l i i i s s i n ä s s i g

spärlichen Seclionsberichten

ergielil s i e b , d a s s

Füllen f ü n f m a l d e r e r s t e , d r e i m a l d e r z w e i t e , u n d d r e i m a l d e r d r i l l e Weg

11

hervortretenden

ßruchgeschwulst eingeschlagen w u r d e 1 ) .

sich

nach

den

Man

fand

sie e b e n s o

seltener hinter

Auch

vorliegenden

o f t an d e r ä u s s e r e n

keine nie

allgemein

der sich

zu gering un>l die A n g a b e n

ü b e r da« l.ageverliülloiss d e r Arteria

Beobachtungen

unter

von

Weitere Schlüsse lassen

h i e r a u s a b e r nicht z i e h e n , weil die Z a h l d e r B e o b a c h t u n g e n nicht genau genug sind.

und

gültige

obturaloria Angabe

an d e r i n n e r e n S e i t e d e s

lüsst

machen.

l)ruchsacl>es,

ihm.

In Betreff der Aeliologic ist h e n o r z u h e b e n , dass vor dem 30sten Jahre kein Fall mit Sicherheit beobachtet worden ist; die grosse Mehrzahl findet sich erst jenseit des 40sten Lebensjahres, und zwar überwiegend häufiger bei Frauen, als bei Männern (ungefähr im Verh ä l t n i s wie 4 : 1). Kinder scheinen durch die geringere Bcckenneigung, die geringere Weile und den schrägeren Verlauf des Canal. obturatorius geschützt zu sein. Bei dein erwachsenen Manne ist der Canal etwas enger als bei F r a u e n ; überdies liegen wegen der grösseren Weite des Beckens und der Anwesenheit des Uterus mehr Gedärme in den Seitentheilen des weiblichen als des männlichen Beckens. Einem directen Impulse ist auch bei den stärksten Wirkungen der Bauchpresse die Oeffnung des Canal. obturat. wenig ausgesetzt. Gerade bei dieser Hernie dürfte meist die Uervorzeriung eines Bruchsackes durch liervorwachsende Klümpchen des subperitonealen Fettes (Hernia adiposa) von Bedeutung sein. Fälle, in denen leere Bruchsäcke von verschiedener, meist geringer Grösse in dem Canalis obturator. stecken, kommt Jedem vor, der darauf bei Sectionen achtet. — Relativ häufig findet sich die H e r n i a o b t u r a t o r i a auf beiden Seiten. Die Grösse des Bruches ist selten erheblich, die Bruchpforte meist eng. In der Beobachtung von D e m e a u x hatte sie einen Durchmesser von 2 Ctm., bei B o u v i e r 2 Ctni. Höhe, 2 4 Millim. Breite, bei G a d e r m a n n 2 5 Millim. Durchmesser, bei B l a z i n a 2 Ctm. Höhe, 3 Ctm. Breite. Den liiboll machen gewöhnlich Theile des Dünndarmes aus, zuweilen kam auch Netz zugleich mit dem Darme vor, selten die Blase, einmal der Eierstock nebst der Tuba ( B l a z i n a ) . Die Diagnose einer Hernia obturatoria im b e w e g l i c h e n Zustande wird n u r bei bedeutender Grösse derselben bestimmt gestellt werden können. So lange der Bruch noch im Canalis obturat. steckt, wird er sich kaum durch irgend ein Symptom zu erkennen geben, ') R o m a n

Fischer,

„ B e i t r ä g e " , pag. 1 4 .

910

Unterleihs-Brüche.

welches nicht ebenso g u t aus anderweitigen E r k r a n k u n g e n des Darrncanales

erklärt

u. dgl.).

werden

könnte

(Verstopfung,

Verdauungsstörungen

W e n n a b e r mit den Erscheinungen gestörter Dannthätigkeit

zugleich Schmerzcn oder doch kribbelnde Empfindungen o d e r Steifigkeit in den Adductoren (an d e r inneren Seite des Oberschenkels) auftreten, so wird m a n auf Hernia obturatoria schliessen dürfen.

Solche

Empfindungen entstehen, w e n n durch die Bruchgeschwulst der Nerv, obturatorius an seiner Austrittsstelle gedrückt wird (was aber keineswegs immer der Fall ist). Sollte es auf diese Weise gelingen, eine bewegliche Hernia o b turatoria zu entdecken, so w ä r e es die Aufgabe der Ücliaudlllilg, sie zu reponiren

und zurückzuhalten.

R ü c k e n l a g e , directcr Druck

auf

die Gegend des F o r a m e n ovale, Rotationen des Schenkels würden zur Reposition v i e l l e i c h t h i n r e i c h e n ; aber ein Bruchband f ü r diese Hernie, welches seinen Zweck wirklich e r f ü l l t e , ist noch zu erfinden. blos die bei der

Hernia femoralis bestehenden Schwierigkeiten

zu ü b e r w i n d e n , s o n d e r n

es wird

Hernie hinter m e h r e r e n Fascien

Nicht sind

überdies durch die tiefe Lage der

und wenigstens einem Muskelbauche

die W i r k u n g jedes Bruchbandes völlig unsicher. H i e r d ü r f t e n die von trauen verdienen, und

«ermöge

stärkeren

Druck

es

Bourjeaurd

empfohlenen

n i e eine S r h n i m m h o s e ü b e r

El.istintät

einen

gleichmSssigen,

Bandagen

n o c h a m Meisten Ver-

die O b e r s c h e n k e l gezogen auf

die B r u c h p f o r t e

D r u c k d u r c h e i n e e i n g e s c h o b e n e P e l o l t e a u s ü b e n , t g l . pag. 7 2 8 .

Bruchband wird

ihrer

die

hat V i n s o n

auch

ganz speciell

d u r c h die9 B r u c h h a n d

für

aber

werden einen

Eio s o l c h e s

die Hernia obturatoria empfohlen.

n i c h t g e l i n g e n , auf die B r u c h p f o r t e direct

Jcdoch einen

auszuüben.

Kiukleninmng. Meist h a t m a n diese Hernie erst e r k a n n t , wenn sie e i n g e k l e m m t w a r ; sie w u r d e sogar mindestens ebenso häufig erst nach dem Tode als die Ursache der bei Lebzeiten beobachteten E i n k l e m m u n g s - E r s c h c i n u n g e n nachgewiesen. Ausser letzteren sind aber fiir die Diagnose einer Hernia obtur. i n c a r c e r a t a die von der Compression des Nervus obturatorius abhängigen Symptome, auf welche R o m b e r g 1 ) a u f m e r k s a m gemacht h a t , von Bedeutung. Dieselben bestehen in einer schmerzhaften Steifigkeit, einer Empfindung von E r s t a r r e n , wie beim Einschlafen d e r Glieder, auch wohl ähnlich dem Wadenkrampfe, in d e r g a n z e n i n n e r e n S e i t e d e s O b e r s c h e n k e l s (wie bereits f ü r die Hernia mobilis angegeben). Beim eingeklemmten Bruch sind sie h ä u f i g e r , jedoch auch nicht constant beobachtet w o r d e n ; sie sollen durch Bewegungen des Schenkels gesteigert w e r d e n , während active Bewegungen der Adductoren unmöglich oder doch schwierig sind. ' ) In D i e f f e n b a c h ' s

o p e r a t i v e r C h i r u r g i e Bd. II. pag. 6 2 1 u. f.

Hernia

obturatoria.

Zuweilen wurden sympathische Schmerzen in e i n z e l n e n Fällen s o g a r auf d e r Oberschenkel

911

in

anderen Rörperlheil