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German Pages 206 Year 2015
Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber (Hg.) Kulturelle Bildung im Museum
2009-09-23 11-50-54 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 0307221600210478|(S.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber (Hg.)
Kulturelle Bildung im Museum Aneignungsprozesse – Vermittlungsformen – Praxisbeispiele
2009-09-23 11-50-54 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 0307221600210478|(S.
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) T00_03 innentitel 1084.p 221600210582
Dokumentation der Fachtagung »Bildung – Was sonst?! Aneignungsprozesse und Vermittlungsformen in Museen« veranstaltet vom Bundesverband Museumspädagogik e.V. in Kooperation mit dem Deutschen Museum, 6. bis 8. November 2008 in München Gefördert mit großzügiger Unterstützung durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus und das Deutsche Museum.
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. © 2009 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Korrektorat: Gabriele Hoffmann, Petra Scheller Satz: Alexander Masch, Bielefeld Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar 978-3-8376-1084-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
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I N H A LT Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Einleitung .................................................................................
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G RUSSWORTE Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl Grußwort ..................................................................................
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Dr. Hans-Georg Küppers Grußwort ..................................................................................
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German Denneborg Grußwort ..................................................................................
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VORTR ÄGE Isabel Pfeiffer-Poensgen Zum Bildungsauftrag der Museen ..............................................
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Stephan Schwan Lernen und Wissenserwerb in Museen .......................................
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Doris Lewalter Bedingungen und Effekte von Museumsbesuchen ......................
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Anna Cutler What is to be done – Sandra? Learning with Young People in Cultural Institutions of the 21st Century ..................................
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Gabriele Stöger Schneebälle und Funken. Museen, Keyworker und die Folgen ......
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Arja van Veldhuizen Der Spagat des Tausendfüßlers. Tendenzen der Museumsvermittlung in den Niederlanden ...........
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VERMIT TLUNGSFORMEN Denis Schäfer, Nina Ritz Besucherbetreuung – eine neue Vermittlungsform in Museen ..... 103 Sabine Radl, Susanne Gesser Aktives Lernen im Kinder- und Jugendmuseum: beobachten – animieren – interagieren .......................................
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Alfred Czech Zielgruppenspezifische Angebote: der Museumsbesucher als Kunde .............................................. 119 Susanne Kudorfer Museen – Spaces for Art and Learning ........................................ 125 Eva-Marie Weber, Stefan Bresky Museen und Medien ................................................................. 133 Anka Bolduan, Ulrike von Gemmingen Museum und Gesellschaft: interkulturelles Lernen im Museum ... 143 Gabriele Kramer, Thorsten Marr Institutionen- und disziplinübergreifende Kooperationen ............ 153 Andreas Hemmerle, Hermann-Josef Moufang Leitbilder – Mission Statements mit Bildungszielen? ................... 161 Hans-Joachim Klein, Alexandra Donecker, Martina Hänle, Nadine Herrmann Besucherfeedback – ein Planungskriterium? ............................... 169
P R A XISBEISPIELE Praxisbeispiele ......................................................................... 181
A NHANG Autorinnen und Autoren ............................................................ 195 Bildnachweis ............................................................................ 201
£ EINLEITUNG Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber
»Kulturelle Bildung ist eine der besten Investitionen in die Zukunft unseres Landes«, so die Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« des Deutschen Bundestags.1 Seit Wilhelm von Humboldt haftet dem Wort Bildung in Theorie und Programmatik das Moment der Selbständigkeit, also des »Sich-Bildens der Persönlichkeit« an. Kulturelle Bildung befähigt zur kulturellen Teilhabe am künstlerisch-kulturellen Geschehen einer Gesellschaft. Kulturelle Bildung gehört nach Karl Ermert zu den Voraussetzungen für ein geglücktes Leben in seiner personalen wie in seiner gesellschaftlichen Dimension. Kulturelle Bildung ist somit konstitutiver Bestandteil von allgemeiner Bildung.2 Entsprechend vielgestaltig zeigt sich diese Teilhabe, etwa beim Musizieren in einem Orchester oder als Museumsbesuch. Museen bieten in vielerlei Hinsicht Raum für kulturelle Bildungsprozesse: Mit ihren vielfältigen Sammlungsbeständen aus Technik, Natur, Geschichte und Kunst beherbergen sie in vieler Hinsicht wertvolle Inhalte, eröffnen Zugänge zu vergangenen Epochen und fremden Kulturen, bieten Raum für vielfältige kulturelle Ausdrucksformen, schärfen den Blick auf unsere Welt, unsere Umwelt, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie sind Foren für Laien wie für Experten, Orte, an denen Wissen vermittelt wird, generationenübergreifend und lebenslang. Der Jahreskongress 2008 des Bundesverbandes Museumspädagogik (BVMP), der in Kooperation mit dem Deutschen Museum in München stattfand, beschäftigte sich mit den Themen (Kulturelle) Bildung, Lernen und Besucherevaluation. Was lag näher, als das Deutsche Museum zum Tagungsort zu wählen, bei dessen Gründung 1903 der Volksbildungsgedanke bereits im Mittelpunkt stand. Oskar von Miller, der allen Volksschichten Technik und Naturwissenschaften nahe bringen wollte, holte frühzeitig den Pädagogen Georg Kerschensteiner in den Museumsvorstand. Dessen Ansatz einer besucherorientierten Vermittlungsarbeit gilt heute noch als wegweisend für die moderne Museumspädagogik. Viele Museen bestätigen durch ihre Arbeit die wachsende Rolle des Bildungsaspektes als eine der Kernaufgaben neben dem Sammeln, Forschen und Bewahren. Museen sind besondere Orte, wo aktive Teilhabe am kulturellen Le1
Gitta Connemann (Hg.): Schlussbericht der Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland«, Drucksache des Deutschen Bundestags 16/7000 vom 11.12.2007, S. 8, vgl. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/070/1607000.pdf vom 3. Januar 2009.
2 Karl Ermert: »Was ist kulturelle Bildung?«, www.bpb.de/themen/Y4KBG5.html vom 20. März 2009.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
ben möglich ist, wo man eine respektvolle und wertschätzende Haltung gegenüber dem kulturellen Erbe der Völker erfahren kann, wo Identitätsstiftung und Sinn-Bildung, ebenso wie lebenslanges und generationenverbindendes Lernen möglich sind. »Museen bieten mit ihren Sammlungen unverwechselbarer Originale und mit ihren Ausstellungen eigenständige Bildungsangebote. Sie ermöglichen allen Bevölkerungsgruppen einen Zugang zu ihren Sammlungsbeständen und mit diesen eine intensive, ebenso kognitive wie sinnliche Auseinandersetzung. Museen bergen ein hohes Potenzial für individuelles, gezieltes aber auch informelles Lernen und für kreatives, innovatives und sozial verantwortliches Handeln.«3
So hat es der Bundesverband Museumspädagogik in seiner Empfehlung zum »Bildungsauftrag der Museen« formuliert. Doch wie nutzen die Museen dieses Potenzial? Wirkt sich die aktuelle Diskussion um kulturelle Bildung in den Museen aus? Welchen Beitrag leisten sie in dem weiten Feld der kulturellen Bildung? Mit welchen Mitteln und Methoden und in welchem Umfang versuchen sie, ihrem Bildungsauftrag gegenüber einem vielfältigen Publikum gerecht zu werden? Findet eine aktive Ansprache und Einladung unterschiedlichster Bevölkerungskreise statt? Welche Wirkungen auf die MuseumsbesucherInnen lassen sich feststellen? Die Jahrestagung 2008 des deutschen Bundesverbandes ist diesen Fragen nachgegangen und hat dazu deutsche und internationale Fachleute aus Politik, Wissenschaft und Museumspraxis eingeladen. Wir sind überzeugt, dass Museen Orte lebenslangen Lernens für Jung und Alt sind, die hier sowohl spezielles Wissen wie allgemeine sog. Schlüsselqualifikationen erwerben können. Aber kann man dies auch durch Evaluationen belegen? Welche Erkenntnisse bieten Untersuchungen über die Wirkungen von Museumsbesuchen und über die unterschiedlichen Aneignungsprozesse? Zu diesen Fragen äußern sich zwei Wissenschaftler, die sich intensiv mit Lehr-, Lern- und Bildungsprozessen sowie Wissenserwerb auseinander gesetzt haben. Sie zeigen auf, wie wichtig es ist, die Vorgeschichte und die Motivation der MuseumsbesucherInnen zu kennen, ihnen eine angenehme Atmosphäre in der Ausstellung zu schaffen, ihr Interesse zu wecken und schließlich Methoden zu entwickeln, um dieses Interesse während des gesamten Museumsbesuchs nachhaltig zu fesseln. 3 Bundesverband Museumspädagogik e.V.: Zum Bildungsauftrag der Museen. Stellungnahme des Bundesverbandes Museumspädagogik e.V., München, 24. April 2004, vgl. www.museumspaedagogik.org/BVMP-KMK-Stellungnahme.pdf vom 3. Januar 2009.
Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber £Einleitung
Zunächst aber führt die Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen, in ihrem einleitenden Grundsatzreferat »Zum Bildungsauftrag der Museen« aus kulturpolitischer Sicht in das Thema ein. Mit einem Blick über den Tellerrand schauen wir ins benachbarte Ausland. Wo liegen dort die Schwerpunkte der Bildungsarbeit? Anna Cutler aus London, Gabriele Stöger aus Wien und Arja van Veldhuizen aus Utrecht berichten von vorbildhaften Initiativen und Projekten, für die von politischer Seite die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen wurden, wie wir sie uns für die deutsche Museumslandschaft nur wünschen können. So gibt in Großbritannien die Politik vor, dass jedes Kind pro Woche fünf Unterrichtsstunden Kultur erhalten muss. In den Niederlanden werden für jeden Schüler, jede Schülerin pro Schuljahr 22 Euro für Eintritte in Kultureinrichtungen bereit gestellt. Und aus Österreich kommt die Anregung, Botschafter aus der Gesellschaft zu suchen, die mithelfen, NichtbesucherInnen des Museums zu erreichen und anzusprechen. Die Berichte der ausländischen Kolleginnen zeigen aber auch das Dilemma der Fachleute für Bildung und Vermittlung in Museen. Sie fühlen sich oftmals als Tausendfüßler, der überall gleichzeitig aktiv sein soll und will. Sie müssen immer mehr Kompetenzen besitzen, da sich ihre Aufgabenfelder im Museum ständig erweitern. Da heißt es, die eigene Arbeitssituation zu reflektieren und Schwerpunkte zu setzen. Wie vielfältig die Methoden, die Projekte und Aufgaben im Bereich der Bildung im Museum sind, zeigen die Praxisbeispiele aus München, die einzelne Aspekte musealer Vermittlung vertiefen. Dank der ergänzenden Erfahrungen aus anderen deutschen Museen erhält der Leser einen anschaulichen Querschnitt über die derzeitige Situation der Museumspädagogik in Deutschland. Dieser Überblick wird durch die Projektparade am Ende der Dokumentation vervollständigt. Ohne die großzügige finanzielle Förderung durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages, sowie dank der Unterstütung des Deutschen Museums wäre die Realisierung des Kongresses und dieser Publikation nicht möglich gewesen. Die Gesellschaft und damit die Museen stehen angesichts der politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Veränderungen der letzten Jahre vor neuen Herausforderungen. Die gegenwärtige Bildungsdiskussion verstärkt den Druck auf die Museen und betont ihre wichtige Rolle in der Gesellschaft. Qualität und Professionalität von Bildung und Vermittlung in Museen muss daher weiter steigen. Ein wichtiger Schritt dazu sind die Kriterien für qualität-
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volle Bildungsarbeit aus der Reihe »Standards der Museen«4 des Deutschen Museumsbundes. Auch die Beiträge dieser Publikation wollen Anregungen und Impulse für die tägliche Arbeit aller Museumsmitarbeiter geben.
L I T E R AT U R Bundesverband Museumspädagogik e.V.: Zum Bildungsauftrag der Museen. Stellungnahme des Bundesverbandes Museumspädagogik e.V., München, 24. April 2004, vgl. www.museumspaedagogik.org/Grundsatz.php4 vom 3. Januar 2009. Connemann, Gitta (Hg.): Schlussbericht der Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland«, Drucksache des Deutschen Bundestags 16/7000 vom 11.12.2007, vgl. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/070/1607000. pdf vom 3. Januar 2009. Deutscher Museumsbund und Bundesverband Museumspädagogik (Hg.) in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Verband der KulturvermittlerInnen im Museums- und Ausstellungswesen und Mediamus – Schweizer Verband der Fachleute für Bildung und Vermittlung im Museum, Qualitätskriterien für Museen: Bildungs- und Vermittlungsarbeit, Berlin: Deutscher Museumsbund 2008. Ermert, Karl: »Was ist kulturelle Bildung?«, www.bpb.de/themen/Y4KBG5. html vom 20. März 2009.
4 Deutscher Museumsbund und Bundesverband Museumspädagogik (Hg.) in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Verband der KulturvermittlerInnen im Museums- und Ausstellungswesen und Mediamus – Schweizer Verband der Fachleute für Bildung und Vermittlung im Museum, Qualitätskriterien für Museen: Bildungsund Vermittlungsarbeit, Berlin: Deutscher Museumsbund 2008.
£ Gr ußwor te
£ GRUSSWORT Prof. Dr. Wolfgang M. Heckl, Generaldirektor Deutsches Museum
Zur Eröffnung der Jahrestagung des Bundesverbandes Museumspädagogik in München begrüße ich Sie herzlich im Ehrensaal des Deutschen Museums. Die Tagungsankündigung verspricht ein anspruchsvolles Programm mit Referaten und Foren, deren Themen die breite Vielfalt des Museums als Ort der Vermittlung kultureller Bildung widerspiegeln. Wie das Tagungsprogramm expliziert, können zur kulturellen Bildung Sammlungsbestände aus »Technik, Natur, Geschichte und Kunst« beitragen. Es freut mich, dass diese Bereiche unserer Lebenswelt hier nebeneinander gestellt sind, schließlich ist »Kultur« nicht beschränkt auf den einen oder anderen Aspekt, sondern entsteht gerade aus dem Zusammenwirken aller Bereiche. Dass »Sammlungsbestände […] Zugänge zu vergangenen Epochen […] eröffnen«, wie es im Ankündigungstext heißt, umschreibt nur einen Teilaspekt. Hier möchte ich die Bedeutung aktueller Themen und deren Bezüge zu unserer Kultur ergänzen. Die Vorstellung, vergangene Epochen zu erschließen, resultiert aus der häufig historisierenden Sicht von Museen; wir diskutieren darüber vor allem, wenn wir Begriffe wie »museal«, »museumswürdig« oder »Museumsarbeit« zu definieren suchen. »Museal« darf aber nicht nur verstanden werden als »sich auf Vergangenes beziehend«, als »rückwärts gewendet«, sondern muss die neuesten Entwicklungen in Naturwissenschaft und Technik einschließen. »Museumsarbeit« bedeutet auch, der Öffentlichkeit Orientierungswissen zu vermitteln, um unsere heutige Welt verstehen zu können. »Museumswürdig« sind nicht nur die Inhalte, die für die Vergangenheit bis zur Gegenwart bedeutsam sind, sondern auch solche, die unsere Zukunft prägen werden. Unser Bildungsauftrag geht über die klassischen fünf Verpflichtungen eines Museums – das Sammeln, Bewahren, Dokumentieren, Erforschen und Ausstellen – hinaus und definiert sich auch durch aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Technik, durch die Bedürfnisse der heutigen Gesellschaft. Für uns heißt das: Wir haben die Sicherung unserer Zukunft durch die Vermittlung von Wissen über Wissenschaft und Technik im Blick sowie die Motivation unserer Besucher, sich mit wissenschaftlich-technischen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Schon Oskar von Miller verfolgte mit der Gründung des Deutschen Museums vor gut 100 Jahren die Idee, breite Schichten der Bevölkerung an die historischen Dimensionen und an modernste Entwicklungen der Naturwissenschaft und Technik heranzuführen. Er tat dies, indem er verschiedenartige »Meisterwerke« sammelte, ausstellte und verständlich erläuterte. Er ergänzte
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die Museumsobjekte durch eine Bibliothek sowie durch allgemeinverständliche Vorträge und realisierte damit eine für die damalige Zeit einmalige, multimediale Herangehensweise. Durch die für seine Zeit ungewöhnliche Idee, Exponate zum Anfassen und zum Experimentieren im Museum zu installieren, wurde es zudem möglich, Phänomene aus eigener Erfahrung zu begreifen. Dieser Leitidee der Kommunikation von Wissenschaft in die Gesellschaft fühlen wir uns auch heute verpflichtet. Vor 100 Jahren fanden sich im Museum die modernsten Exponate aus der Automobil-, Eisenbahn- und Bergwerkstechnik, der Rundfunk- und Fernsehtechnik. Sie wurden zur Demonstration der aktuellen technischen Möglichkeiten ins Deutsche Museum geholt – und sind heute längst zu historischen Zeugnissen der Technikgeschichte geworden, an Hand derer sich die Erfindungsgeschichte der modernen Gesellschaft studieren lässt. Im beginnenden 21. Jahrhundert sind es Themen wie z.B. Nanotechnologie, die den »Stand der Technik« repräsentieren, sind es die Lebenswissenschaften, die im Zentrum des Interesses und der Diskussion – in Forschung und Gesellschaft wie auch im Museum – stehen. Naturwissenschaftlich-technische Entdeckungen haben immer auch eine gesellschaftliche und politische geisteswissenschaftliche Dimension. Das Museum hat die Aufgabe, in der Verknüpfung von Natur- und Geisteswissenschaften den Erkenntnisprozess in den modernen Wissenschaften zu analysieren und diesen in seiner Gesamtheit sichtbar zu machen. Als neutrale Bildungsplattform an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und BürgerInnen geht es uns also nicht allein um Public Understanding of Science (PUS), sondern auch um ein reflektiertes Public Understanding of Research (PUR). Hierfür sind Museen als »informelle Lernorte«, an denen stark individualisierte und ganzheitliche Bildungsprozesse stattfinden können, besonders geeignet. Museumsausstellungen schaffen Verständnis für die komplexen Zusammenhänge unserer heutigen Welt und damit eine Basis für die aktive Beteiligung der BürgerInnen an komplizierten politischen Entscheidungsprozessen. Aufgrund der Bedeutung des Museums im gesellschaftlichen Bildungsprozess muss den vielfältigen Fragen des Lernens und des Wissenserwerbs im Museum nachgegangen werden, muss der Erfolg von Vermittlungsformen bewertet und die Wirkung von Museumsbesuchen untersucht werden. Einige Antworten bieten die Beiträge dieser Tagung, die unseren Blick auf das Museum der Gegenwart und der Zukunft mit seinen vielfältigen Aufgaben sicherlich schärfen werden. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen spannende Diskussionen, interessante Ergebnisse und uns allen viel Erfolg bei der Umsetzung der Erkenntnisse in die Praxis.
£ GRUSSWORT Dr. Hans-Georg Küppers, Kulturreferent der Landeshauptstadt München
Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Kulturreferent der Landeshauptstadt München freue ich mich, Sie zur Tagung des Bundesverbandes Museumspädagogik unter dem Motto »Bildung – Was sonst?« hier im Deutschen Museum in München – Wo auch sonst? – begrüßen zu dürfen. Gerade das Deutsche Museum, in dem wir heute zu Gast sind und das jedes Jahr rund 1,3 Millionen Menschen aus aller Welt besuchen, ist lebendiger Beweis für eine gelungene Verbindung zwischen der Institution Museum und der erfolgreichen Vermittlung von Wissen. Denn Wissenschaftlichkeit mit Anschaulichkeit zu verbinden und einen Ort der freien Meinungsbildung und des Gedankenaustausches zu schaffen, das ist die besondere Herausforderung, der sich alle Museen und Ausstellungshäuser – unabhängig von Größe und thematischer Ausrichtung – stellen müssen. Das Thema Bildung und damit auch die kulturelle Bildung erleben einen beispiellosen Boom – dies gilt weit über Deutschland und Europa hinaus. »Wo es Bildung gibt, darf es keine Klassen geben.« Diese Einsicht verdanken wir nicht einer der vielen Kommissionen zur kulturellen Bildung in jüngerer Zeit, sondern Konfuzius. Und diese menschheitsgeschichtlich frühe Erkenntnis zeigt, dass das Thema eigentlich nie an Relevanz verloren hat, sondern lange Zeit einfach nur stark vernachlässigt wurde. Gott sei Dank zeichnet sich heutzutage aber immer deutlicher ab, dass die kulturelle Bildung als integraler und unverzichtbarer Bestandteil der Bildung stärker in das Blickfeld der Akteure in Politik, Verwaltung und Fachöffentlichkeit rückt. Längst ist anerkannt, dass kulturelle Bildung Bestandteil ganzheitlicher Bildung ist. Insbesondere auch unter dem Aspekt des lebensbegleitenden Lernens ist es wichtig, kulturelle Bildung in Kindheit und Jugend als Investition für eine ganzheitliche Bildungsbiographie zu begreifen. Im dem mehr als 500 Seiten starken Abschlussbericht der Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« des Deutschen Bundestages, der Ende vergangenen Jahres der Öffentlichkeit vorgelegt wurde, kommt der kulturellen Bildung herausragende Bedeutung zu. Gerade die Rolle von Museen und Ausstellungshäusern für die Gesellschaft wird darin aktuell und differenziert betrachtet. Museen sind Orte kulturellen Diskurses und interkulturellen Dialogs, sie fördern eine differenzierte Wahrnehmung der Umwelt und ermöglichen über die Auseinandersetzung mit eigenen kulturellen Traditionen und Werten ein besseres Verständnis für das scheinbar Fremde, Andere. Gerade deshalb ist neben den Kernaufgaben des Museums, dem Sammeln,
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Bewahren, Forschen und Ausstellen, die Vermittlung ein zentraler Bestandteil der Museumsarbeit. Interkulturelles Lernen und kulturübergreifendes Arbeiten in der museumspädagogischen Vermittlungsarbeit stellen daher eine nicht zu unterschätzende Ressource dar und können gerade für jüngere, zunehmend aber auch für ältere Menschen Orientierung und Maßstab zugleich sein, bei der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Diskursen über Fragen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Diese Auseinandersetzung ist wichtiger denn je. Und wenn ich Mark Twain zitierend behaupte, dass Bildung das sei, »was übrig bleibt, wenn der letzte Dollar weg ist«, kann ich mir weitere Anmerkungen zu Finanzkrisen und anderen Desastern, die auch einem Mangel an gesellschaftspolitischer Diskursfähigkeit geschuldet sind, ersparen, um dennoch auf die Unverzichtbarkeit von Museen und deren Vermittlungsarbeit hinzuweisen. Museen sind in einer sich schnell verändernden (Wissens-)Welt konstante Wissensspeicher und wesentliche Stützpfeiler der Gesellschaft. Die Museumspädagogik dient dabei gewissermaßen als »Gebrauchsanweisung«, wie es in einer Stellungnahme Ihres Verbandes heißt, die den Besucherinnen und Besuchern eine formelle als auch informelle Wissensaneignung im Museum ermöglicht. Dringlicher als früher muss sich die Vermittlungsarbeit im Museum auf die veränderte Rezeptionsbereitschaft und -fähigkeit der Besucherinnen und Besucher einstellen, indem sie deren Erlebnislust in ihre Planungen konzeptionell mit einbezieht. Dabei ist eine differenzierte Besucherorientierung wesentliches Leitmotiv der Vermittlungsarbeit. Denn das Publikum von Museen und Ausstellungshäusern ist ausgesprochen heterogen und ebenso verschieden sind auch die Ansprüche, die an den Besuch eines Museums geknüpft werden. Kulturinstitute sehen sich zunehmend mit dem Problem konfrontiert, dass den Menschen und insbesondere den Kindern und Jugendlichen durch veränderte Seh- und Wahrnehmungsgewohnheiten ein unmittelbarer Zugang zur Nutzung ihres Angebots fehlt. Bestimmte Personen- und Altersgruppen werden nur dann erreicht, wenn man Vermittlungsangebote ausweitet, neue Formate entwickelt, bestehende Kooperationen ausbaut und sich dabei dem Ziel der Bildungsgerechtigkeit verpflichtet fühlt. Wir müssen zu einer »GehStruktur« kommen, die Kinder und Jugendliche dort abholt, wo sie sind, und ihre eigenständige Entwicklung zulässt. In München gibt es ein einzigartiges kommunales Netzwerk: Kultur-, Sozial- und Schulreferat der Stadt arbeiten gemeinsam mit vielen Einrichtungen und freien Trägern seit den 1990er Jahren am kommunalen Gesamtkonzept »Kulturelle Bildung in München«, setzen dieses in die Praxis um und schreiben es fort.
Dr. Hans-Georg Küppers £Grußwort
Das funktioniert sehr gut, weil alle Beteiligten etwas davon haben – mehr fachlichen Austausch, mehr Information, mehr Synergien, aber auch mehr Öffentlichkeit. Gute Netzwerke sind per se expansiv. Ihr Erfolg ist der beste Motor für weitere Vernetzungsaktivitäten, und je mehr man voneinander weiß, um so deutlicher wird einem, wo man durch weitere Vernetzung noch mehr voneinander profitieren kann. Sie gestalten ihren Auftrag stets neu, generieren gemeinsame Ziele, Visionen und Erkenntnisse, unterstützen kreative Prozesse besser als hochgeregelte Organisationen, aber sie sind per se amorph. In diesem Sinne sind auch die Museen nicht als solitärer Wissenschaftsapparat zu verstehen und dass man sich auf dem diesjährigen Jahreskongress des Bundesverbandes Museumspädagogik im Erfahrungsaustausch mit deutschen und internationalen Fachleuten der Museumswissenschaft mit den Fragen unterschiedlicher Aneignungsprozesse und Vermittlungsformen auseinandersetzt, ist ein wichtiger Beitrag im Diskurs zwischen Kulturproduzenten, Kulturvermittlern und (Kultur-)Politik. Ich bin mir sicher, dass das vielseitige Tagungsprogramm vom theoretischen Diskurs bis hin zum ganz konkreten Praxisbeispiel eine Fülle von Anregungen weiterführender Ideen ermöglicht und wünsche Ihnen eine Tagung mit bereichernden Vorträgen, anregenden Diskussion und inspirierenden Begegnungen bei Ihren Foren und Workshops in Münchner Museen. Was auch sonst?
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£ GRUSSWORT German Denneborg, Ministerialdirigent am Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus
Im Namen des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus möchte ich Sie sehr herzlich zu diesem Kongress, in dessen Zentrum die vielschichtige Vermittlungsarbeit der Museen steht, begrüßen. Ein Blick auf das Tagungsprogramm machte mir unmittelbar deutlich, dass die Vermittlung unterschiedlichster historischer, kunsthistorischer, technischer oder naturwissenschaftlicher Inhalte, von Werten, Kunst und Kultur die buchstäbliche Brücke zwischen der Schule und dem Museum, also den Vermittlungsorten von Kulturtechniken, bildet. Deshalb freue ich mich ganz besonders, als Abteilungsleiter eines »Schul-Ministeriums« zu Ihnen sprechen zu dürfen. Der Bundesverband für Museumspädagogik stellt den Bildungsauftrag der Museen deutlich heraus, indem er den Museen eine gesellschaftliche Aufgabe zuweist: »Sie stehen im Dienste der Gesellschaft und sie erbringen Leistungen für die Gesellschaft und deren Entwicklung. Museen bewahren die materiellen Aspekte unseres historischen Erbes in allen Facetten von Natur, Technik, Kunst und Kultur. Sie bieten mit ihren Sammlungen unverwechselbarer Originale und mit ihren Ausstellungen eigenständige Bildungsangebote. Sie ermöglichen allen Bevölkerungsgruppen einen Zugang zu ihren Sammlungsbeständen und mit diesem eine intensive, ebenso kognitive wie sinnliche Auseinandersetzung.«1
Mit diesen Gedanken wird ein umfassendes und im gleichen Moment auch ganzheitliches Lehren und Lernen im Sinne Humboldts und Pestalozzis – aber auch einer »Kulturellen Bildung« als wesentlichem Bestandteil von Bildungsprozessen konturiert. Die bayerische Museumslandschaft stellt mit ca. 1.100 nichtstaatlichen Museen und ca. 150 staatlichen Einrichtungen einen unschätzbaren Wert dar. Gerade diesen gilt es der Öffentlichkeit, jung und alt, zu vermitteln. Freilich fehlt es nicht am Willen, sondern es mangelt am Personal und an den Finanzen. Die meisten der bayerischen Museen – dies darf man an dieser 1
Bundesverband Museumspädagogik e.V.: Zum Bildungsauftrag der Museen. Stellungnahme des Bundesverbandes Museumspädagogik e.V., München, 24. April 2004, vgl. www.museumspaedagogik.org/BVMP-KMK-Stellungsnahme.pdf vom 1. Februar 2009.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Stelle deutlich sagen – werden mit großem Engagement ehrenamtlich geführt. Aber auch diese engagierten Leiterinnen und Leiter wollen ihren Besuchern das Besondere ihrer Sammlungen näher bringen. Der Freistaat Bayern unterstützt die Museen bei dieser Aufgabe in vielfältiger Form: • durch die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen, eine kostenlose Serviceeinrichtung, die in allen Museumsfragen berät und auch spezielle museumspädagogische Unterstützung leistet. • durch eine zentrale museumspädagogische Einrichtung, dem MuseumsPädagogischen Zentrum (MPZ). Es entwickelt und realisiert Vermittlungsprogramme für die Museen in München und für die staatlichen Zweigmuseen und organisiert Lehrerfortbildungen im ganzen Land. Insbesondere betreut das MPZ die stundenweise abgeordneten Lehrkräfte in der Region, die als Mittler zwischen den Schulen und den Museen stehen. • durch Bereitstellung von Projektfördermitteln für außergewöhnliche Maßnahmen: z.B. für das Fächer und Regionen übergreifende Projekt ZeitenRäume des Landesarbeitskreises Museumspädagogik in Bayern, für den Wettbewerb schule@museum, der Kooperationen zwischen Museen und Schulen unterstützte, sowie die Bild- und Materialdatenbank Ikonothek, mit 100 »Schlüsselbildern« für den Geschichts- und Kunstunterricht. Die »Kulturelle Bildung«, eine umfassende und ganzheitliche Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen liegt uns sehr am Herzen. Am Kultusministerium haben wir ein eigenes Referat für diesen Bereich eingerichtet. Wir begrüßen deshalb ganz besonders die Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Museumspädagogik – im Rahmen dieser Tagung, aber auch im Kontext der vielen außerschulischen Lernorte – auch für die Weiterentwicklung unserer Ganztagsschulen. Hier stehen wir mit den bayerischen Vertretern des museumspädagogischen Verbandes seit längerem in Kontakt. Gerade im Zuge dieser stetig anwachsenden Zusammenarbeit rund um den Ausbau unserer Ganztagsschulen wird umso deutlicher, dass wir immer mehr Kinder und Jugendliche in Vermittlungsangebote einbinden, die sonst wenig Gelegenheit hätten, mit Bildender Kunst, Musik und einer Vielzahl von kulturellen Angeboten in Kontakt zu treten. Die Tagung ist zu Gast im Deutschen Museum. Seinem Gründer, Oskar von Miller, lag die Vermittlung von Anbeginn an am Herzen. Mit Georg Kerschensteiner war das Deutsche Museum von Anfang an ein Vorbild für besucherund handlungsorientiertes Ausstellungswesen und ist es auch heute noch. Die Prinzipien der Anschauung, des Exemplarischen und der Interaktion gehen auf Kerschensteiner zurück. Nicht umsonst haben sich die Veranstalter diesen Ort passend zum Tagungsthema »Bildung« ausgesucht.
German Denneborg £Grußwort
Ihnen allen möchte ich interessante und ergiebige Tage hier in München wünschen. Genießen Sie dieses reichhaltige Tagungsprogramm und haben Sie weiterhin viel Freude an der Vermittlung unseres »kulturellen Erbes«.
L I T E R AT U R Bundesverband Museumspädagogik e.V.: Zum Bildungsauftrag der Museen. Stellungnahme des Bundesverbandes Museumspädagogik e.V., München, 24. April 2004, vgl. www.museumspaedagogik.org/BVMP-KMK-Stellungsnahme.pdf vom 1. Februar 2009.
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£ Vor tr äge
£ Z U M B I L D U N G S AU F T R A G D E R Isabel Pfeiffer-Poensgen
MUSEEN
Zuallererst möchte ich für die Einladung danken und darauf hinweisen, dass ich weder aus der Museumsarbeit noch aus der Wissenschaft komme, sondern die Kulturstiftung der Länder leite, insofern also gewissermaßen eine Exotin im Kreise der ReferentInnen bin. Was sind die Aufgaben dieser Kulturstiftung? Sie wurde gegründet und engagiert sich bis heute für die Sicherung von Kunst- und Kulturzeugnissen von nationalem Rang: So haben wir vor nicht allzu langer Zeit für die Bayerische Staatsbibliothek in München die berühmte Ottheinrich-Bibel vor einem Verkauf ins Ausland gerettet, gemeinsam mit vielen anderen Partnern unter Führung der Bayerischen Staatsregierung. Rund um diese Tätigkeit haben sich über die Jahre hinweg eine Reihe von weiteren kulturpolitischen Initiativen gebildet. So fördern wir die Provenienzforschung in den Museen, kümmern uns im Namen von über 80 deutschen Museen um den Deutsch-Russischen Museumsdialog und betreiben seit fast fünf Jahren die Initiative KINDER ZUM OLYMP!, damit es auch in der Zukunft ein Interesse am Kulturerbe gibt. Dabei konzentrieren wir uns auf Kinder und Jugendliche. Sie sind in den letzten Jahren zunehmend Gegenstand des Interesses von Kultureinrichtungen aller Sparten geworden: Museen überprüfen ihre pädagogischen Angebote, Orchester und einzelne MusikerInnen gehen Patenschaften mit Schulen ein, feste Partnerschaften zu Schulen sind für viele Theater bereits dauerhaft im Programm. Ein Grund dafür ist sicherlich das wachsende Bewusstsein für die alternde Klientel kultureller Angebote und die Reaktion auf diese für die Institutionen kulturpolitisch bedrohliche Situation. Aber das notwendige Engagement in Sachen Vermittlung ist mehr als nur eine Herausforderung an die Kreativität pfiffiger Kulturmarketingstrategen. Denn Kinder sind nicht nur das konsumierende »Kulturpublikum von morgen«. Sie sind natürlich auch das Kulturpublikum von heute, wenngleich ich das an diesem Ort, dem Deutschen Museum, nicht sonderlich betonen muss. Und wir, die wir von der Wichtigkeit künstlerischen Schaffens, von der Botschaft der Kunst überzeugt sind, müssen uns überlegen, wie das Publikum von heute zum Publikum von morgen wird. Die Kinder und Jugendlichen von heute werden als Erwachsene ins Theater, in die Oper, ins Konzert, ins Museum gehen, wenn ihnen diese Angebote überhaupt etwas bedeuten. Und dass sie ihnen etwas bedeuten, daran müssen wir jetzt arbeiten. Denn um zu einem interessierten Publikum werden zu können, brauchen Kinder mehr als einen gelegentlichen Museumsbesuch oder einmal im Jahr das Weihnachtsmärchen – so prägend diese frühen Eindrücke für das einzelne Kind in der Erinnerung später sein mögen.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Aber ebenso wichtig für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist die aktive Teilnahme an der Entstehung von Kunst, das eigene kreative Arbeiten.
»W A S
M A N N I C H T K E N N T, D A N A C H S E H N T M A N S I C H N I C H T«
sagte – häufig zitiert – der ungarische Komponist Zoltán Kodály in den zwanziger Jahren. Er meinte damit die Musik, er rührte an die Defizite musikalischer Bildung in Ungarn und löste eine beispielhafte Bewegung in seinem Land aus, die bis heute nachwirkt und ungarische Kinder bereits im Vorschulalter mit Musik vertraut macht. Was für die Musik gilt, betrifft aber ebenso die Literatur, die Bildende Kunst, Theater und Tanz, Film und Medienkunst. Ziel des Lernens im Museum: • Kinder und Jugendliche müssen lernen können, ihre eigene Kreativität und Phantasie mit Hilfe der Künste zu entwickeln. • Sie müssen lernen können, Kunst und Kultur für sich zu erschließen – auch dadurch, dass sie Wissen erwerben (ein Beispiel: Man begreift ein Gemälde der Alten Meister erst wirklich, wenn man den historischen Kontext kennt, wenn man Symbole, Geschichten, Legenden zu lesen versteht. Dasselbe gilt für ein Musikstück, Theater, Oper …). • Und schließlich müssen Kinder auch begreifen dürfen, welche Möglichkeit die Kunst bietet, sich mit sozialen und politischen Gegebenheiten reflektierend und kritisch auseinander zu setzen. Das heißt also, dass die geforderte Urteilsfähigkeit vorbereitet werden muss. Dabei ist die Verantwortung für die Vermittlung von Kultur auf verschiedene Schultern verteilt.
DIE ROLLE
VON
E LT E R N , K I N D E R G Ä R T E N
UND
SCHULEN
Zunächst sind hier die Eltern gefragt, danach Kindergarten und Schule, die in jahrelangen Vermittlungsprozessen – wenn es gut verläuft – natürlich nicht nur kulturelle Bildung, sondern ganze Wissenskodizes an ihre Kinder weitergeben. Dabei nehmen allerdings Bildende Kunst und Musik, Theater und Literatur in der Regel nur eine Randposition ein. Dies ist die Folge einer mangelnden Einsicht in die Notwendigkeit kultureller Bildung (die übrigens auch häufig bei Bildungspolitikern anzutreffen ist!) und der damit verbundenen anderen Prioritätensetzung im Hinblick auf Bildungsinhalte insgesamt. Kompetenzerwerb in Sprachen und Naturwissenschaften steht für die meisten Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen nach wie vor an oberster Stelle.
Isabel Pfeiffer-Poensgen £Zum Bildungsauftrag der Museen
DIE ROLLE
DER
K U LT U R E I N R I C H T U N G E N
Verantwortlich für die ästhetisch-kulturelle Bildung ist aber auch »die Kultur«! Und wer kann diese besser, kompetenter, authentischer vermitteln als ihre Protagonisten? Und hier zeigt sich auch einmal der Vorteil unserer föderalen Struktur! Denn Kunsteinrichtungen aller Arten gibt es in allen Landesteilen. Natürlich leisten die Einrichtungen der kulturellen Bildung, z.B. Museen, Musikschulen und Jugendkunstschulen, seit langem bereits einen wichtigen Beitrag zur Kulturvermittlung. Deren Angebote gilt es, an die sich verändernden Bedingungen anzupassen und mit den Bemühungen der Kultureinrichtungen und KünstlerInnen integrativ zu vernetzen und zu koordinieren. Auch die künstlerischen Hochschulen, etwa Musik- und Kunsthochschulen, müssen mit ins Boot geholt werden, um den Studierenden dieser Einrichtungen bereits während ihres Studiums mehr Praxis der Kulturvermittlung zu ihrem eigenen Vorteil zu ermöglichen und damit zugleich auch die Möglichkeiten der ästhetischen Erziehung für Kinder und Jugendliche zu erweitern. Bei all denen, die für die Kulturangebote verantwortlich sind, wächst das Bewusstsein für den Bildungs-, den Vermittlungsauftrag der Kultur, den es natürlich schon lange gibt und der nicht nur durch die Sorge um leere Häuser und zurückgehende Einnahmen ausgelöst wird. Dieser Bildungsauftrag muss dringend eine deutliche Erweiterung erfahren, will man den kulturellen Reichtum in Deutschland auf Dauer bewahren.
MEHR ZIELGRUPPEN Das Vermittlungsangebot der Kultur muss sich dabei in der Zukunft an eine denkbar breite Zielgruppe wenden. Das traditionelle Bildungsbürgertum kann und wird seinen Bedarf an kultureller Bildung nach wie vor selber decken, Kinder aus diesem Umfeld werden auch weiterhin Zugang zu den Künsten haben. Das Augenmerk der Verantwortlichen in der Kultur muss sich deshalb in Sachen Vermittlung explizit auf die Schule, aber auch auf die Kindergärten richten. Denn dort sind alle Kinder anzutreffen – im Übrigen auch mit ihrem eigenen kulturellen Reichtum. Die Vielfalt der kulturellen Hintergründe der heutigen Schulkinder in Deutschland sollte dabei von den KulturvermittlerInnen als Chance und Bereicherung gewertet werden. Die ganze Themenbreite werden Sie heute in Ihren Foren bearbeiten.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
GANZ
KONKRE T:
BILDUNG
IM
MUSEUM
Lassen Sie mich unter dem Aspekt des oben Gesagten hierzu einige Gedanken anmerken, die das Museum als Bildungseinrichtung und als Lernort betreffen: • Die Umsetzung und Ausgestaltung des Bildungsauftrags in den Museen hat nur dann eine wirkliche Chance, wenn in den Institutionen das Thema Vermittlung zur Chefsache wird. Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass dieser Punkt in letzter Zeit häufiger angesprochen wurde! Nichts gegen die tüchtigen PädagogInnen mit ihren Angeboten, Rückenwind bekommt das Schiff, wenn die PädagogInnen durch die Leitung der Institution tatkräftige Unterstützung erhalten. Wenn sich eine Museumsdirektorin, ein Generalmusikdirektor, ein Intendant der Sache annehmen und sie auch gegenüber den Geldgebern in Politik und Verwaltung nachdrücklich vertreten. Daher ist es erfreulich, dass der Deutsche Museumsbund im Mai 2009 seine Jahrestagung genau unter dieses Motto stellt. • Zum Glück sind, zumindest in den meisten Häusern, die Zeiten vorbei, in denen BesucherInnen als störend in der Einrichtung galten. Sicher kann hier noch vieles geschehen, damit Museen gerade auch für jugendliche BesucherInnen freundlicher und leichter zugänglich werden, und wenn es nur die Aufgeschlossenheit des Aufsichtspersonals, der Museumsshop und die Gastronomie mit adäquatem und erschwinglichem Angebot sind. Äußerlichkeiten – könnte man sagen. Hier müssen Museen weiter entwickelt werden! Sie müssen sich dieser Gruppe in vielerlei Hinsicht öffnen, damit diese die Museen auch als »ihre« begreift. Die Pflicht von Eltern und Schulen bleibt! Für die Zukunft – auch im Rahmen der Ganztagsschule – werden integrative Modelle gebraucht, bei denen sich Kultur und Schule (und Elternhaus) unterstützen. Dabei ist die kulturelle Bildung in den allgemeinen Bildungskontext eingebettet und keine Randerscheinung!
B E I S P I E L KINDER ZUM OLYMP! Dies ist auch der Ansatzpunkt für die Bildungsinitiative KINDER ZUM OLYMP! der Kulturstiftung der Länder, über deren Programm ich kurz berichten will. Außerdem möchte ich anhand einiger Beispiele zeigen, wie Museen mit Schulen in alltagstauglichen Kooperationen dauerhaft und wirksam zusammenarbeiten. Die Initiative wurde im Herbst 2003 von der Kulturstiftung der Länder mit dem Ziel gestartet, Kinder, Jugendliche und Kultur in einen aktiven Kontakt zu
Isabel Pfeiffer-Poensgen £Zum Bildungsauftrag der Museen
bringen. Sie hat ihren Fokus auf der Kooperation zwischen Kultureinrichtungen und Künstlern auf der einen und Schulen bzw. Kindergärten auf der anderen Seite. Sie setzt sich aus einer Reihe von Aktivitäten und Projekten zusammen, durch deren Zusammenwirken wir ein großes Ziel erreichen möchten: kulturelle Bildung für alle Kinder zugänglich zu machen. Wobei dies nur geschehen kann, wenn es auf Dauer gelingt, ein breites Angebot kultureller Bildung fest und verbindlich in den Lehrplänen und zusätzlich zum traditionellen künstlerischen Unterricht zu verankern. Dafür erhoffen wir uns neue Chancen in der Ganztagsschule. KINDER ZUM OLYMP! steht für den kreativen und den rezeptiven Aspekt von kultureller Bildung. Das heißt, es geht um die Förderung von Fantasie und Kreativität ebenso wie um das Wissen von Kultur. Die Initiative startete mit einem Buch: Das Kompendium »KINDER ZUM OLYMP! Wege zur Kultur für Kinder und Jugendliche!« erschien 2004 als spartenübergreifendes Handbuch beispielhafter Kinder- und Jugendkulturprojekte in ganz Deutschland. Es stellt einzelne Projekte in ihrer Struktur, Wirkungsweise und Machbarkeit heraus und soll KünstlerInnen und Kulturinstitutionen motivieren, eigene Kinder- und Jugendprojekte insbesondere in Kooperation mit Schulen und Kindergärten in Angriff zu nehmen. Zudem ist es als Handreichung für LehrerInnen, ErzieherInnen und engagierte Eltern gedacht. Der zentrale Baustein von KINDER ZUM OLYMP! ist seit 2004 der Wettbewerb »Schulen kooperieren mit Kultur«, für den als Schirmherr Bundespräsident Horst Köhler gewonnen werden konnte. Hier richtete sich die Initiative der Kulturstiftung der Länder erstmals direkt an die Schulen: Alle allgemeinbildenden Schulen in Deutschland waren eingeladen, in Kooperation mit Kultureinrichtungen und KünstlerInnen eigene Projekte zu entwickeln und durchzuführen. Die Resonanz war überwältigend: Fast 800 Schulen aus allen Bundesländern nahmen mit ideenreichen Kooperationsprojekten in den Sparten Bildende Kunst und Kulturgeschichte, Film und Neue Medien, Literatur, Musik und Musiktheater, Theater und Tanz teil. Im Juni 2005 wurden erstmalig die 32 Besten, gestaffelt nach Sparte und Altersgruppe, ausgezeichnet. Inzwischen läuft die fünfte Wettbewerbsrunde, zuletzt waren erstmals mehr als 1000 Anmeldungen eingegangen! Die Spannbreite der Teilnehmer aus allen Schultypen könnte größer nicht sein: Sie reichte von der Rütli-Schule Berlin bis zur Schule Schloss Salem am Bodensee. Dabei geht es um Kooperationen, die auf längere Zeit angelegt sind und kein großes Budget verlangen. Viele eindrucksvolle Projekte wurden in den vergangenen Jahren ausgezeichnet – viele langfristige Kooperationen zwischen Schulen und Museen waren dabei.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
MUSEUMSPROJEKTE Ein Beispiel aus dem im Sommer 2008 abgeschlossenen vierten Wettbewerb: Die Projektgruppe einer zweiten Klasse aus der Viktor-Frankl-Schule (Förderschule) in Aachen lernte den amerikanischen Fotorealisten Chuck Close und seine Kunst in einer Ausstellung des Ludwig Forums Aachen kennen. Besonders beeindruckt waren die SchülerInnen von seinen großformatigen Por träts. Sie wollten es selbst versuchen und machten sich an die Arbeit. Dass Chuck Close auf den Rollstuhl angewiesen ist, nahmen sie mit besonderer Aufmerksamkeit zur Kenntnis, da sie ihrerseits sehr unterschiedliche, teils schwere Behinderungen haben. Die Kinder arbeiteten über mehrere Monate nach dem Vorbild des amerikanischen Künstlers, unterstützt von den PädagogInnen des Museums und ihrer Lehrerin. Es entstanden eindrucksvolle Porträts im Chuck-Close-Format, und die Schule wurde schließlich zum Schauplatz einer spektakulären Ausstellung. Das nächste Projekt steht an! Solche Kooperationen sind natürlich nicht auf SchülerInnen im Grundschulalter beschränkt. Der Anteil der Oberstufenprojekte ist zwar leicht rückläufig – bedingt durch Faktoren wie G8 (Gymnasium in acht Jahren) und das Zentralabitur – trotzdem sind vor allem in der Wettbewerbssparte Bildende Kunst, Architektur und Kulturgeschichte Projekte dabei, die zum Nachmachen inspirieren könnten. Ein Beispiel aus Berlin, der Preisträger im Wettbewerb 2006/2007: Motiviert durch ihre engagierte Lehrerin suchten sich die 13 TeilnehmerInnen des Leistungskurses Kunst am Gymnasium Königin Luise Stiftung selbständig »Paten« unter zeitgenössischen Berliner KünstlerInnen. In engem Dialog entstanden Kunstwerke, die bei aller Nähe zu den Gesprächspartnern die persönlichen künstlerischen Temperamente der SchülerInnen deutlich machten; es entstanden gerade nicht Kopien nach Werken der Paten, sondern eigenständige Arbeiten. Darüber hinaus organisierten die SchülerInnen selbst eine Ausstellung in der Jugendkunstschule Spandau, die als weiterer Kooperationspartner fungierte. Es wurden – wie auch in einer professionell gemachten Dokumentation – die Bilder der SchülerInnen präsentiert wie auch je eine Arbeit der Paten. Zwei unterschiedliche Beispiele, die zeigen, wie es gehen kann und die eins gemeinsam haben: das außergewöhnliche Engagement einzelner – sei es ein tatkräftiger, ideenreicher Museumspädagoge oder eine hochmotivierte Lehrerin. Unser langfristiges Ziel muss es sein, solche wichtigen Angebote zur Regel werden zu lassen: Jedes Kind sollte bei uns die Chance haben, die Künste zu entdecken, unabhängig von solchen glücklichen Zufällen.
Isabel Pfeiffer-Poensgen £Zum Bildungsauftrag der Museen
D AT E N B A N K , N E T Z W E R K PA R T N E R
UND
KONG RE SSE
Aber noch einmal zurück zum Wettbewerb KINDER ZUM OLYMP!. Nach Abschluss einer Wettbewerbsrunde verschwinden die Preisträger- und Endrundenprojekte nicht in der Schublade, sondern werden veröffentlicht. Deshalb werden sie Teil der KINDER ZUM OLYMP!-Datenbank »Praxisbeispiele« auf der Webseite www.kinderzumolymp.de. Die inzwischen über 1300 Projekte bieten Information und Inspiration für alle, die selber ein Projekt planen. Eine nach Bundesländern, Sparten und Alter der Kinder/Schulklassen gestaffelte Suchfunktion erleichtert das Finden in der Praxis erprobter und deshalb realisierbarer Projektideen für gute Kooperationen zwischen Kultur und Schule. Thematisieren Wettbewerb und Datenbank KINDER ZUM OLYMP! zuvorderst die einzelne, lokale Kooperation zwischen Schule und Partnern aus der Kultur, so eröffnet das gegründete Netzwerk KINDER ZUM OLYMP! ein Forum für überregionale Initiativen und Projekte, die die Idee der Initiative weitertragen und den Kontakt zwischen Schule und Kultur nachhaltig fördern. Zu den Mitgliedern im Netzwerk gehören u.a. das Programm Schule@Museum, eine Kooperation des Deutschen Museumsbundes mit dem Bundesverband Museumspädagogik und dem Fachverband für Kunstpädagogik, die Projekte von »Architektur macht Schule« der Bundesarchitektenkammer, das Programm »denkmal aktiv« der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und das bundesweite Projekt »Rhapsody in School«, eine Initiative des Pianisten Lars Vogt, die Musiker von Weltrang in Schulen vermittelt. Bundesweite Tagungen zur ästhetisch-kulturellen Bildung sind ein weiterer zentraler Baustein der Initiative KINDER ZUM OLYMP!. Zurzeit ist der vierte Kongress in Vorbereitung, den wir am 25. und 26. Juni 2009 hier in München veranstalten werden. KINDER ZUM OLYMP! geht weiter und zieht Kreise: So haben wir uns sehr gefreut, dass auch der Kulturstaatsminister der kulturellen Bildung große Bedeutung in seiner Arbeit beimisst. Wir freuen uns auf Impulse aus der Museums(-pädagogischen) Praxis für unsere Initiative und hoffen, dass unsere Erfahrungen aus den verschiedenen Bereichen der Kulturvermittlung auch für Ihre Arbeit brauchbar sind.
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£ LERNEN UND Stephan Schwan
WISSENSERWERB
IN
MUSEEN
Im Frühjahr 2008 brachte die Süddeutsche Zeitung einen Artikel über den Direktor des Picasso-Museums in Barcelona, Josep Serra. Die Zeitung berichtete, Serra habe genug von den Pauschaltouristen, die sich in Horden durch sein Haus schieben.1 Er überlege, ob er das Museum an Tagen, an denen besonders viele PauschaltouristInnen kommen, schließen und stattdessen bevorzugt einheimische BesucherInnen, die sich mit den Bildern intensiv auseinandersetzen, ins Museum bringen solle. In dem Beitrag wird Serra mit den Worten zitiert: »Die Zahl der Besucher ist das Letzte, was mich interessiert. Wenn die Kultur nur noch Geld bringen soll, machen wir das Museum lieber zu.« An diesem Bericht lässt sich Einiges über das Verhältnis von Museen und ihren BesucherInnen verdeutlichen, beispielsweise über den schmalen Grat zwischen einem Zuwenig und einem Zuviel an BesucherInnen (einschließlich der Frage, an welcher Stelle eine Ausstellung zu erfolgreich und dadurch kontraproduktiv wird), über das Spannungsverhältnis zwischen Quantität (also »Quote«) von BesucherInnen und Qualität der Besuche als Indikator für den Erfolg eines Museums oder über die damit zusammenhängende Erkenntnis, dass ein Museumsbesuch durchaus keine Sache ist, die sich ausschließlich zwischen dem einzelnen Besucher und den Exponaten abspielt, sondern sehr stark vom Kontext beeinflusst wird. Es macht eben einen großen Unterschied, ob man allein, in einer kleinen Gruppe oder in einer Menschenmenge vor einem Exponat steht. Darüber hinaus lässt sich Serras Äußerungen noch eine weitere Facette dieser Debatte entnehmen, nämlich die Auffassung, dass es so etwas wie »museumstaugliche« BesucherInnen gibt und solche, für die das nicht gilt – wobei zumindest der erwähnte Artikel die klarere Beschreibung der BesucherInnen gibt, die für das Museum nicht geeignet zu sein scheinen. Das sind nämlich solche, für die das Museum nur ein Punkt auf der Liste ihres kulturellen Urlaubspflichtprogramms ist, ein »must have seen«, das in maximaler Kürze konsumiert wird, ohne sich jedoch tiefer auf die Ausstellungsinhalte einzulassen und ohne sie zu verstehen. Im Umkehrschluss sind »museumstaugliche« Besucher solche, die sich mit der Ausstellung um ihrer selbst willen auseinandersetzen, die Ausstellungsinhalte würdigen und verstehen und die somit etwas von der Ausstellung »haben«, die aus ihr »etwas mitnehmen«. Aus Sicht der Vertreter solch musealer Anziehungspunkte wie dem Picasso-Museum haben die weni1
Adrienne Braun: »Geschlossene Gesellschaft«, in: Süddeutsche Zeitung vom 05. Mai 2008.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
ger »tauglichen« Besucher zudem auch noch die unangenehme Eigenschaft, dass sie die Gänge des Museums verstopfen und die wirklich Interessierten davon abhalten, sich ungestört mit den Exponaten zu beschäftigen. Das ist sicher ein Problem, das nur einen kleineren Teil der Museen betrifft, aber die Frage nach Besucherdifferenzen – nach BesucherInnen, die von einer Ausstellung profitieren und solchen, die das nicht tun – ist natürlich von fundamentaler Bedeutung für Museen und auch für die Museumspädagogik. Die umgangssprachlichen Floskeln »von einer Ausstellung etwas haben« und »aus einer Ausstellung etwas mitnehmen« zielen letztlich ab auf die Frage, ob durch den Besuch eines Museums etwas gelernt wurde oder nicht, denn »Lernen« versteht die klassische Lernpsychologie als eine erfahrungsbedingte dauerhafte psychische Änderung2 – ein Prozess, der auch z.B. im »Mitnehmen« von Wissen aus einer Ausstellung zum Ausdruck kommt. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, dass die Psychologie hier einen breiten Lernbegriff formuliert, der keineswegs etwa eine Lernabsicht oder ein spezifisches Lernziel unbedingt voraussetzt, sondern durchaus auch Formen des beiläufigen und impliziten Lernens umfasst.
WI SSEN SK L U F T
IM
M U S E U M?
Die Frage individueller Lernunterschiede in Museen erinnert an Debatten, die in den Medienwissenschaften und ihren Nachbardisziplinen Soziologie und Psychologie seit einigen Jahren unter dem Stichwort »Wissenskluft« geführt werden.3 Seit den 70er Jahren weiß man aus einer Vielzahl empirischer Untersuchungen, dass Massenmedien wie Fernsehen oder Radio zwar breite Bevölkerungsschichten erreichen, trotzdem aber nicht unbedingt zu einer Angleichung des Wissens in der Bevölkerung führen, sondern eher bestehende Wissensunterschiede noch verstärken. Mit anderen Worten: FernsehzuschauerInnen mit hohem Bildungshintergrund erwerben durch einschlägige Fernsehsendungen mehr Kenntnisse über aktuelle Themen als FernsehzuschauerInnen mit einem niedrigen Bildungshintergrund. Ähnliche Ergebnisse finden sich auch für das Internet, und zwar auf zwei Ebenen: Erstens haben Personen mit einem niedrigen Bildungshintergrund statistisch gesehen weniger Zugang zum Internet, ein Umstand, der jedes Jahr im so genannten non-
2 Vgl. Markus Hasselhorn/Andreas Gold: Pädagogische Psychologie, Stuttgart: Kohlhammer 2008, S. 35ff. 3 Vgl. Martina Mauch: »Digital Divide und Wissenskluft-Hypothese«, in: Nicole Krämer u.a. (Hg.), Medienpsychologie: Schlüsselbegriffe und Konzepte, Stuttgart: Kohlhammer 2008, S. 188-192.
Stephan Schwan £Lernen und Wissenserwerb in Museen
liner-Atlas Deutschlands kartiert wird, 4 und zweitens nutzen sie die Werkzeuge und Inhalte des Internets in weniger effektiver Weise. Die Parallelen zum Museum sind offensichtlich: Auch hier gibt es analog zu den nonlinern die (mittlerweile ebenfalls gut untersuchten) Nicht-BesucherInnen, und man geht, wie bereits erwähnt, auch bei MuseumsbesucherInnen von deutlichen interindividuellen Unterschieden hinsichtlich des Nutzens ihres Besuchs aus. Gibt es also tatsächlich so etwas wie »museumstaugliche« bzw. ungeeignete BesucherInnen? Gerade die Wissenskluft-Forschung hat gezeigt, dass man mit solchen Zuschreibungen sehr vorsichtig sein muss, besonders dann, wenn damit die Vorstellung einer Art Persönlichkeitseigenschaft verbunden ist. Zwei Forschungsergebnisse sind hier wichtig. Sie demonstrieren, dass es nicht einfach eine Frage der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bildungsschicht oder einer anderen demographischen Gruppe ist, ob man von Medieninhalten stark oder weniger stark profitiert.5 Denn erstens haben sich Wissensklüfte nur für bestimmte Themen finden lassen, für andere hingegen nicht; beispielsweise bei Sportereignissen wie Fußball oder Basketball ließen sich keine Unterschiede in der Effektivität und Effizienz der Mediennutzung zwischen Personen mit unterschiedlichem Bildungshintergrund feststellen. Und zweitens hat sich damit zusammenhängend gezeigt, dass es weniger solche distalen Eigenschaften wie die Zugehörigkeit zu bestimmten Bildungsschichten, sondern vielmehr proximale psychologische Eigenschaften sind, die darüber entscheiden, wie stark man von einem Informationsangebot profitiert. An erster Stelle sind dabei die Motivation zum Wissenserwerb, das Interesse am spezifischen Thema, das diesbezügliche Vorwissen sowie das Vorhandensein angemessener Strategien der Informationsaufnahme und -verarbeitung zu nennen. Wendet man diese Erkenntnisse auf das Museum an, dann zeigt sich natürlich, dass solche »IdealbesucherInnen«, die eine hohe Motivation, ein hohes Interesse, ein großes Vorwissen und eine ausgeprägte Kompetenz zur Erschließung komplexer Inhalte in eine Ausstellung mitbringen, einer eher seltenen Spezies angehören. Aber gerade die Forschung zur Wissenskluft lehrt zweierlei: nämlich erstens, dass die Majorität der BesucherInnen, die nicht diesem Ideal entspricht, dies aus ganz unterschiedlichen – motivationalen oder kognitiven – Gründen tut. Man hat es hier also mit einer großen Heterogenität der Voraussetzungen zu tun, die sich eben nicht in äußerlichen, demographischen Va4 Vgl. Initiative D21: (N)onliner Atlas 2008, www.initiatived21.de/category/nonlineratlas vom 10. Dezember 2008. 5 Vgl. Heinz Bonfadelli/Mirko Marr: »Kognitive Medienwirkungen«, in: Bernard Batinic/Markus Appel (Hg.), Medienpsychologie, Heidelberg: Springer Verlag 2008, S. 127-148.
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riablen wie Alter, Geschlecht oder Bildungsstand erschöpfen, sondern die vor allem auch lernpsychologisch bedeutsame mentale Dimensionen umfassen. Zweitens, und das ist in diesem Zusammenhang noch wichtiger, lehrt die lernpsychologische Forschung, dass die möglicherweise suboptimalen Voraussetzungen, die BesucherInnen ins Museum mitbringen, kein unabänderliches Schicksal sind. Im Deutschen Museum in München kann ein Besucher anfänglich desinteressiert durch die Pharmazie-Ausstellung schlendern und sie schließlich mit dem Vorsatz verlassen, über dieses Thema einmal zuhause ein Buch zu lesen. In psychologischen Termini bedeutet das, dass es der Ausstellung gelungen ist, ein situationales Interesse an dem Thema zu wecken oder zu erzeugen und es in ein die Ausstellung überdauerndes personales Interesse zu überführen. Oder die Modelle und Simulationen in der Wasserbau-Abteilung wecken bei einem Besucher Erinnerungen an frühere Erlebnisse beim kindlichen Staudammbau im Bach und reaktivieren damit eigentlich längst verschüttetes Vorwissen, das dem Besucher nun hilft, die komplexen Inhalte der Ausstellung besser zu verstehen.
FL E X I B L E WI SS EN S V E R M I T T L U N G: S C H U LE , FERN SEHEN U N D M U SEEN
IM
VE R G L E I C H
Museen müssen also nicht einfach akzeptieren, welche Voraussetzungen BesucherInnen mitbringen, sondern können vielmehr kompensatorisch wirken. Dazu verfügen Museen über eine breite Palette an Möglichkeiten – angefangen bei einer besucherorientierten Ausstellungsgestaltung über das Verfügbarmachen begleitender und ergänzender Materialien (Computerterminals, Ausstellungskataloge, Vortragsreihen) bis hin zu didaktisch strukturierten Lerneinheiten (Audioguides, personale Führungen). Ein vergleichender Blick auf andere Lernkontexte wie Schulunterricht und massenmediale Informationsangebote macht deutlich, dass diese flexible Kompensation ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal von Museen und Ausstellungen ist.6 In einem Klassenzimmer liegt typischerweise eine Situation vor, die durch eine Reihe von Maßnahmen für alle Beteiligten so gleichartig wie möglich gemacht wird. Bei allen SchülerInnen werden die gleichen Lernziele extern durch Lehrplan und LehrerInnen definiert und vorgegeben und deren Erreichen bzw. Nichterreichen wird durch entsprechende Benotung belohnt oder bestraft. Die Lehrstoffmenge wird vom Lehrer auf diese Ziele hin dosiert und mittels festgelegter didaktischer Strategien vermittelt. Es handelt sich also um eine hoch 6 Vgl. Stephan Schwan/Carmen Zahn/Daniel Wessel/Markus Huff/Nadine Herrmann/ Eva Reussner: »Lernen in Museen und Ausstellungen – die Rolle digitaler Medien«, in: Unterrichtswissenschaft 36 (2008), S. 117-135, hier S. 122ff.
Stephan Schwan £Lernen und Wissenserwerb in Museen
strukturierte Situation, die in dieser Form eigentlich nur deshalb funktionieren kann, weil man es mit relativ homogenen (z.B. gleichaltrigen) Schülergruppen zu tun hat. Aber die Homogenität ist eben nur relativ, denn es gibt natürlich durchaus substantielle Unterschiede innerhalb einer Klasse. Dementsprechend haben die PISA-Studien gezeigt, dass der Kompensationsspielraum in deutschen Klassen zu gering ist, um bestimmte Benachteiligungen erfolgreich ausgleichen zu können. Als ein Lernkontext mit vollkommen anderen Eigenschaften und Bedingungen stellt sich das Massenmedium Fernsehen dar: Hier wird ein riesiges, nicht dosiertes Informationsangebot einer sehr heterogenen Rezipientengruppe zur freien, d.h. weitgehend unstrukturierten Nutzung zur Verfügung gestellt. Auf eine Homogenisierung durch vorgegebene Lernziele oder Belohnung und Bestrafung wird verzichtet. Am ehesten findet man eine Homogenisierung durch das Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners bei den Inhalten: Sie werden so gestaltet, dass sie den geringsten Voraussetzungen genügen, verzichten dabei aber auf eine Anpassbarkeit an höhere Qualitätsansprüche (ein Zustand, der erst kürzlich von Marcel Reich-Ranicki bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises auf den Punkt gebracht wurde). Schaut man sich nun das Museum an, dann findet man, dass es sich eigentlich in einer einzigartigen Situation befindet: In der Vielfalt der Informationen ähnelt es den Massenmedien, allerdings können diese Inhalte durchaus an unterschiedliche Ansprüche angepasst und in didaktisch strukturierter Form vermittelt werden. Auf der anderen Seite ist die Inanspruchnahme dieser didaktischen Möglichkeiten wiederum den BesucherInnen meist selbst anheimgestellt, sodass eine schulähnliche Festlegung der Art und Weise, wie die Inhalte angeeignet werden, vermieden wird. Durch diese hohe Variabilität der didaktischen Zugänge zu den Ausstellungsinhalten ist es Museen in viel stärkerem Maße als Schulen oder Massenmedien möglich, der Heterogenität der Zugangsvoraussetzungen bei den BesucherInnen Rechnung zu tragen und mögliche Defizite zu kompensieren. Wie geht nun diese Kompensierung in Museen im Einzelnen vonstatten? Wie bereits erwähnt, lässt sich die Wissenskluft vor allem auf Unterschiede in der Motivation, im inhaltlichen Interesse, im themenbezogenen Vorwissen und in der Informationskompetenz, also der Fähigkeit zum Umgang mit komplexen Informationsangeboten, zurückführen. Wie können nun in diesen Bereichen Unterschiede zwischen BesucherInnen sinnvoll ausgeglichen werden? Wie kann man BesucherInnen mit geringer Informationskompetenz dabei unterstützen, sich mit einer Ausstellung auseinanderzusetzen? Wie kann man aus eigentlich uninteressierten interessierte BesucherInnen machen?
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BESUCHERUNTERSCHIEDE
BEI DER
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Beginnen wir mit der Kompetenz im Umgang mit komplexen Informationen, die so genannte information literacy. Sie ist von der UNESCO als eine der wichtigsten Kompetenzen identifiziert worden, um angemessen an einer Wissensgesellschaft partizipieren zu können. Sie umfasst die Fähigkeit, überhaupt erst einmal bei sich selbst ein Informationsbedürfnis zu erkennen und zu artikulieren, daraufhin erforderliche Informationen zu suchen, abzurufen, zu interpretieren und zu verstehen und im Anschluss daran mit anderen darüber zu kommunizieren.7 Ein größeres Museum, wie beispielsweise das Deutsche Museum, ist geradezu ein Musterbeispiel für ein setting, das hohe Ansprüche an die Informationskompetenz stellt. Das beginnt bereits mit der Artikulation eines Informationsbedürfnisses: Welche Ausstellung möchte man eigentlich besichtigen? Die Chemie, das Bergwerk oder die Fototechnik? Es setzt sich fort mit der Aufgabe, diese Abteilung dann in dem riesigen Gebäude zu lokalisieren und aufzusuchen. Und in der Ausstellung geht es schließlich darum, sich einen Überblick zu verschaffen, aus der großen Anzahl von Exponaten und Zusatzmaterialien die relevanten auszuwählen und sich mit diesen angemessen auseinanderzusetzen. Greift man aus diesem komplexen Prozess allein den Aspekt der Auswahl der Exponate heraus, dann zeigt sich, wie vielfältig hier die Unterstützungsmöglichkeiten innerhalb eines Museums sein können. Welchen Exponaten sich ein Besucher zuwendet, ist erst einmal ihm selbst überlassen, erfolgt also letztlich selbst gesteuert. Dieser selbst gesteuerte Prozess kann aber bereits durch die Ausstellungsgestaltung, also durch Platzierung von Exponaten, ihre Inszenierung, ihre Ausleuchtung usw. so kanalisiert werden, dass bestimmte Exponate mit höherer Wahrscheinlichkeit betrachtet werden. Neben diesen »impliziten« Selektionshilfen stellen Museen häufig aber auch ein abgestuftes Angebot expliziter Auswahlhilfen zur Verfügung, die den BesucherInnen einen mehr oder weniger großen Entscheidungsspielraum offen lassen. Das können beispielsweise Hinweise auf besonders wichtige Exponate sein, wie dies im Deutschen Museum mit entsprechenden Plaketten praktiziert wird. Einen Schritt weiter gehen Tourenvorschläge, die beispielsweise in Raumplänen eingezeichnet sind, wie dies vom Louvre umgesetzt wurde. Eine ähnliche, noch verbindlicher wirkende Selektion wird durch Audioguides realisiert, bei denen die Tendenz hoch ist, sich bevorzugt den Exponaten zuzuwenden, für die auch eine Audioerläuterung verfügbar ist. Das Ende des Spektrums bilden Personenführungen, bei denen Reihenfolge und Auswahl der Exponate 7 Vgl. Forest Woody Horton: Understanding Information Literacy: A Primer, Paris: UNESCO 2007, S. 8ff.
Stephan Schwan £Lernen und Wissenserwerb in Museen
vollständig durch den Führer choreographiert werden und der Besucher die Aufmerksamkeitssteuerung mehr oder weniger vollständig an den Führer delegiert. Man findet in Museen – und zwar wohlgemerkt auch innerhalb eines einzelnen Museums – also verschiedene Formen der Informationsselektion, die von einer weitgehend selbst gesteuerten Auswahl bis zu einer reinen Fremdsteuerung reichen. Wichtig ist aber, dass man als BesucherIn – anders als in der Schule – die freie Wahl zwischen diesen Möglichkeiten hat und dadurch die Umstände des Ausstellungsbesuchs individuell an die eigene Informationskompetenz anpassen kann. Das Beispiel der Informationsselektion in Ausstellungen zeigt im Übrigen auch, wie komplex Begriffe wie »informelles Lernen« oder auch »free-choice« Lernen werden, wenn man sie auf Museen anwendet. Natürlich ist ein Museum, wenn man es institutionell betrachtet, zunächst ein informeller Lernort in Abgrenzung zur formalen Lerninstitution Schule. Malcolm, Hodkinson und Colley weisen aber bereits in einem Aufsatz von 2003 darauf hin, dass sich der Begriff »informell« nicht nur auf den institutionellen Ort, sondern auch auf Lernabsicht, Lerninhalt oder Lernprozess beziehen kann.8 Bei Letzterem, dem Lernprozess, wird häufig intrinsisch motiviertes, selbst gesteuertes bzw. »free-choice« und damit informelles Lernen extrinsisch motiviertem, didaktisch strukturiertem, formellem Lernen gegenüber gestellt. In diesem Sinne ist das Museum also ein Ort, an dem beides – informelles wie formelles Lernen – stattfindet.
INTERESSENUNTERSCHIEDE
BEI DEN
BESUCHERINNEN
Ein zweiter wichtiger Bereich musealer Kompensationsmöglichkeiten bezieht sich auf die motivationalen Voraussetzungen der BesucherInnen. Es reicht eben nicht aus, dass BesucherInnen über hohe Informationskompetenz verfügen, sie müssen diese Kompetenz auch anwenden wollen – und das ist eine Frage von Motivation und Interesse. Und auch hier gilt: Das persönliche, die Psychologen würden sagen das »personale« Interesse, das BesucherInnen in eine Ausstellung mitbringen, ist in seinen Ausprägungen sehr unterschiedlich. Natürlich gibt es einen substantiellen Anteil von BesucherInnen, die einer Ausstellung ein hohes Interesse entgegenbringen. Aber solch ein hohes Interesse kann nicht generell vorausgesetzt werden, denn es gibt durchaus unterschiedliche Gründe für einen Museumsbesuch. Wie kann also in einer 8 Vgl. Janice Malcolm/Phil Hodkinson/Helen Colley: »The Interrelationship between Informal and Formal Learning«, in: Journal of Workplace Learning 15 (2003), S. 313-318, passim.
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Ausstellung Interesse geweckt werden? Das ist eine der Fragen, die in einem umfangreichen Forschungsprojekt adressiert wurden, das in den letzten drei Jahren vom Institut für Wissensmedien (Tübingen) gemeinsam mit dem Deutschen Museum München und dem Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften in Kiel (IPN) durchgeführt wurde.9 Um diese Frage zu beantworten, wurde in einem ersten Schritt analysiert, mit welchen Strategien in Museen Interesse geweckt wird. Ähnlich wie bei den Selektionshilfen findet sich auch in diesem Bereich ein sehr breites Spektrum. Eine erste häufig zu findende Strategie besteht darin, Sachverhalte spielerisch zu verrätseln und dadurch Neugier zu wecken. Beispiele sind kuriose Fragen im Eingangsbereich einer Ausstellung, nach dem Motto »Wussten Sie eigentlich, dass …« oder die weit verbreiteten Schubladen, die man aufziehen muss, um an bestimmte Informationen zu kommen. Zweitens kann Interesse geweckt werden, indem man die BesucherInnen überraschende, erwartungskonträre Erfahrungen machen lässt. Das ist eine Methode, die zum Beispiel in den hands-on-Experimenten von Science Centern ausgiebig zur Anwendung kommt. Drittens kann man eine unvertraute Situation durch Dioramen, Modelle oder »Re-enactments«, d.h. das Nachstellen durch SchauspielerInnen, möglichst authentisch nachempfinden und mit möglichst vielen Sinnen erfahrbar machen – z.B. im berühmten Bergwerk im Deutschen Museum – und die BesucherInnen dadurch zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit einem Thema anregen. Eine vierte Strategie besteht darin, einem Sachverhalt einen »human touch« zu geben, das heißt, ihn dadurch interessanter zu machen, dass man ihn mit persönlichen Schicksalen oder Geschichten verknüpft. Darauf aufbauend wurde in empirischen Studien geprüft, welche psychologischen Mechanismen diesen Strategien zugrunde liegen und ob sie wirksam sind, also tatsächlich Interesse wecken oder eine vertiefte Beschäftigung mit einem Exponat oder einer Ausstellung nach sich ziehen. Beispielsweise konnte in einer Studie gezeigt werden, dass es durch nachgestellte Schauspielszenen tatsächlich zum Phänomen der »Transportation« in die rekonstruierte Welt kommt, und dass dies auch mit einer größeren wahrgenommenen psychologischen Nähe der Situation verbunden ist.10 In einem anderen Projekt ging es um die Interesse weckende Funktion der Personalisierung, also der Verbindung eines Sachthemas mit persönlichen Geschichten und Schicksalen.11 Ausgangspunkt war eine Ausstellung des 9 Vgl. URL Museumsprojekt: www.iwm-kmrc.de/museum vom 10. Dezember 2008. 10 Vgl. Manuela Glaser/Bärbel Garsoffky/Stephan Schwan: Do Reconstructions Influence Familiarity and Dating of Past Periods? A Preliminary Study. XXIX International Congress of Psychology (ICP), Berlin 2008. 11 Vgl. Jörn Töpper: Filmische Personalisierung von Ausstellungsinhalten. Einfluss nar-
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Deutschen Museums mit dem Titel »Leben mit Ersatzteilen«, bei der es um Prothetik (künstliche Gliedmaßen und Organimplantate) ging. Die Ausstellung war in mehrere räumlich abgegrenzte Themenbereiche, unter anderem Auge, Ohr, innere Organe und Gliedmaßen unterteilt. Am Eingang jedes Bereichs war auf einem Monitor ein Video zu sehen, in dem eine betroffene Person sehr anschaulich ihr Leben mit dem »Ersatzteil«, also beispielsweise einer Beinprothese schilderte. Den Videos lag eine kompensatorische Absicht zugrunde, nämlich durch die Interviews mit Betroffenen auch bei denjenigen BesucherInnen ein Interesse am Thema zu wecken, die nicht bereits von sich aus ein einschlägiges Interesse mit in die Ausstellung brachten. Die Wirkung der Betroffenen-Interviews wurde nicht nur direkt in der Ausstellung selbst untersucht, sondern die Ausstellung begleitend noch einmal als computerbasierte virtuelle Ausstellung in digitaler Form nachgebaut und mit höher auflösenden kognitionspsychologischen Methoden im Labor untersucht. Ein wichtiges Ergebnis der Untersuchung war, dass personalisierte Videos im Vergleich zu inhaltsäquivalenten, neutralen Videos sowohl im Labor als auch im Feld mehr Interesse wecken. Zudem hat die Feldstudie erbracht, dass personalisierte im Vergleich zu neutralen Videos sowohl die »Attracting Power« als auch die »Holding Power« stark erhöhen, dass also deutlich mehr BesucherInnen bei dem Video stehen bleiben und das Video auch signifikant länger betrachten. Aber ist dieser Effekt auch nachhaltig? Gilt er nicht nur für die Videos selbst, sondern erstreckt er sich auch auf den zugehörigen Ausstellungsteil? Hier hat sich gezeigt, dass sich BesucherInnen, die ein Video angeschaut haben, zwar länger in der zugehörigen Ausstellung aufgehalten haben, es konnten in dieser Hinsicht aber weder im Feld noch im Labor besondere Vorteile der Videos mit den Betroffenen-Interviews im Vergleich zu neutralen Videos gefunden werden. Das galt nicht nur für die Aufenthaltsdauer, sondern auch für die Beurteilung der Interessantheit des jeweiligen Ausstellungsteils. Auch hier hatten die personalisierten Videos nicht den erhofften Effekt, dass nicht nur sie selbst, sondern auch die jeweils zugehörigen Ausstellungsteile als interessanter beurteilt werden. Und schließlich wurde bei den TeilnehmerInnen der Laborstudie auch gemessen, was und wie viel sie von der Ausstellung behalten haben, und zwar nicht nur unmittelbar nach dem Besuch der virtuellen Ausstellung, sondern bei einer weiteren Teilnehmergruppe zusätzlich auch eine Woche nach Besuch der Ausstellung. Und hier ergab sich ein auf den ersten Blick viel versprechendes Ergebnis: Die Inhalte der Ausstellungsteile, die von einem personalisierten rativer Interviews auf den Wissenserwerb beim selbstgesteuerten Lernen im informellen setting, Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2009.
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Video begleitet waren, wurden besser behalten. Dieser Effekt galt nicht nur unmittelbar nach der Untersuchung, sondern war auch noch nach einer Woche nachweisbar. Bei einer weiteren Detailanalyse hat sich allerdings gezeigt, dass sich die Behaltensunterschiede hauptsächlich auf die Inhalte der Videos selbst und nicht auf die begleitenden Ausstellungsteile bezogen. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse, dass durch Personalisierung bei BesucherInnen tatsächlich Interesse geweckt werden kann und dies auch dazu führt, dass die so vermittelten Inhalte besser behalten werden – das ist ein Effekt, der in der pädagogisch-psychologischen Grundlagenforschung als »personalisation principle« diskutiert wird. Insofern hat eine solche Personalisierung die gewünschte kompensatorische Wirkung. Allerdings handelt es sich – zumindest in der berichteten Studie – nur um eine lokale Wirkung, die sich auf das Video selbst beschränkt und die nicht auf die begleitende Ausstellung ausstrahlt. Mit anderen Worten: Das Video wirkt für sich genommen substantiell auf Interesse und Behalten, aber seine kompensatorische Wirkung bleibt letztlich darauf beschränkt.
FA Z I T Die Ergebnisse des Projekts zeigen exemplarisch, wie komplex und anspruchsvoll es ist, in einer Ausstellung eine angemessene Benutzerorientierung zu realisieren und wie wichtig es ist, Fragen der Ausstellungsgestaltung oder des didaktischen Programms einer Ausstellung mit modernen empirisch-sozialwissenschaftlichen Methoden zu untersuchen, um zu wirklich differenzierten Aussagen zu kommen. Auf der anderen Seite zeigt die Analyse der musealen Praxis, dass sich gerade im Museum einzigartige Möglichkeiten finden, um der Vielfalt der individuellen Voraussetzungen für Informationsverarbeitung und Wissenserwerb gerecht zu werden. BesucherInnen sind unterschiedlich, deshalb kann das Ziel einer Besucherorientierung nicht der durchschnittliche, nicht der ideale und schon gar nicht der einfältige, sondern nur der vielfältige Besucher sein. Aber Vielfalt bedeutet nicht »gut« oder »schlecht« und das »Sosein« von BesucherInnen ist kein Schicksal. Museen und Ausstellungen haben aus ihrer langjährigen Erfahrung eine Vielzahl von Strategien entwickelt, um Unterschiede in Motivation, Interesse, Vorwissen oder Kompetenz auszugleichen. Erfolgreiche Museen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie ein kohärentes Programm entwickelt haben, das es BesucherInnen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen erlaubt, sich angemessen mit den Ausstellungsinhalten auseinanderzusetzen und dadurch neues Wissen und neue Kenntnisse zu erwerben. Und hierzu kann auch die wissenspsychologische Forschung, wie sie in dem Artikel skizziert wurde, einen Beitrag leisten.
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L I T E R AT U R Bonfadelli, Heinz/Marr, Mirko: »Kognitive Medienwirkungen«, in: Bernard Batinic/Markus Appel (Hg.), Medienpsychologie, Heidelberg: Springer Verlag 2008, S. 127-148. Braun, Adrienne: »Geschlossene Gesellschaft«, in: Süddeutsche Zeitung vom 05. Mai 2008. Glaser, Manuela/Garsoffky, Bärbel/Schwan, Stephan: Do Reconstructions Influence Familiarity and Dating of Past Periods? A Preliminary Study. XXIX International Congress of Psychology (ICP), Berlin 2008. Hasselhorn, Markus/Gold, Andreas: Pädagogische Psychologie, Stuttgart: Kohlhammer 2008. Horton, Forest Woody: Understanding Information Literacy: A Primer, Paris: UNESCO 2007. Initiative D21: (N)onliner Atlas 2008, vgl. www.initiatived21.de/category/nonliner-atlas vom 10. Dezember 2008. Malcolm, Janice/Hodkinson, Phil/Colley, Helen: »The Interrelationship between Informal and Formal Learning«, in: Journal of Workplace Learning 15 (2003), S. 313-318. Mauch, Martina: »Digital Divide und Wissenskluft-Hypothese«, in: Nicole Krämer/Stephan Schwan/Dagmar Unz/Monika Suckfüll (Hg.), Medienpsychologie: Schlüsselbegriffe und Konzepte, Stuttgart: Kohlhammer 2008, S. 188-192. Schwan, Stephan/Zahn, Carmen/Wessel, Daniel/Huff, Markus/Herrmann, Nadine/Reussner, Eva: »Lernen in Museen und Ausstellungen – die Rolle digitaler Medien«, in: Unterrichtswissenschaft 36 (2008), S. 117-135. Töpper, Jörn: Filmische Personalisierung von Ausstellungsinhalten. Einfluss narrativer Interviews auf den Wissenserwerb beim selbstgesteuerten Lernen im informellen setting, Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2009. URL Museumsprojekt: www.iwm-kmrc.de/museum vom 10. Dezember 2008.
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BEDINGUNGEN UND EFFEKTE VON MUSEUMSBESUCHEN
Doris Lewalter Der folgende Beitrag beschäftigt sich, ausgehend von theoretischen Überlegungen zum Thema Lernen im Museum, mit der motivationalen Wirkung von Museumsbesuchen. Dazu werden zwei pädagogisch-psychologische Motivationstheorien vorgestellt, die für die Anwendung auf den Lernort Museum sehr geeignet erscheinen. Im Anschluss daran werden exemplarische Befunde zu Museumsbesuchen im Rahmen von Schulklassenbesuchen und zu ungeführten Besuchen des breiten Publikums in einer Ausstellung vorgestellt.
DA S MUSEUM
ALS
LERNUMGEBUNG
Für die Beschäftigung mit den Bedingungen und Effekten von Museumsbesuchen erscheint es sinnvoll zuerst zu fragen, wie Museen sich selbst und ihre Aufgaben sehen. Das International Council of Museum (ICOM) hat dazu folgende Definition vorgelegt: Museen sind gemeinnützige ständige Einrichtungen, die der Gesellschaft und ihrer Entwicklung dienen, der Öffentlichkeit zugänglich sind und materielle Zeugnisse des Menschen und seiner Umwelt für Studien-, Bildungs- und Unterhaltungszwecke sammeln, bewahren, erforschen, vermitteln und ausstellen.1 D.h. Museen nehmen für sich selbst in Anspruch sowohl unterhalten als auch bilden zu wollen. Welche Bedingungen sie schaffen, um diese Zielsetzungen zu erreichen, ist das Thema dieses Beitrags. Museen werden häufig als informelle Lernorte bezeichnet, die freiwillig aus Eigeninitiative und aktivem Interesse aufgesucht werden. Das Lernen im Museum findet dabei unter völlig anderen Rahmenbedingungen als z.B. das schulische Lernen statt, denn im Museum steht die nicht-personale Vermittlung im Vordergrund, die um museumspädagogische Angebote ergänzt werden kann.2 In Museen wird mit Hilfe des architektonischen Raums sowie der räumlichen Anordnung der Ausstellungsobjekte, Bilder, Texttafeln, Filmangebote usw. ein Informationsraum konstituiert. In diesem versuchen Museen aufgrund ihrer Autonomie gegenüber Lehrplänen und curricularen Vorgaben stärker besucherorientierte offene Vermittlungsprozesse anzuregen. Die BesucherInnen 1
Vgl. International Council of Museums (ICOM): Ethische Richtlinien für Museen, www. icom-deutschland.de/client/media/94/dicom.pdf, S. 18, vom 5. Februar 2009.
2 Vgl. Doris Lewalter/Annette Noschka-Roos: »Museum und Erwachsenenbildung«, in: Rudolf Tippelt/Aiga von Hippel (Hg.), Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung, Wiesbaden: VS-Verlag 2009, S. 531-545.
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bewegen sich dazu selbständig meist ohne direkte Anleitung durch die Ausstellung. Lernen basiert hier wesentlich stärker auf der selbständigen und aktiven Auseinandersetzung der BesucherInnen mit den präsentierten Sachverhalten. Es erfolgt sowohl intentional als auch beiläufig ohne explizite Absicht. Dabei wird von Seite der Museen sowohl auf der kognitiven, als auch auf der emotionalen Ebene eine Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema angestrebt. Museen wollen Interessen wecken, zur Beschäftigung mit gesellschaftsrelevanten Sachverhalten anregen. Sie wollen ihre BesucherInnen dabei unterstützen, eine Einstellung zu Sachverhalten zu entwickeln oder diese zu reflektieren. Damit weist die informelle Lernumgebung Museum eine hohe Bildungsrelevanz in Hinblick auf für die Gesellschaft bedeutsame Themen und Zusammenhänge auf.
LERNEN
IM
MUSEUM
Wenn man sich die Lernsituation im Museum vor Augen führt, dann treffen hier, entsprechend einer Abwandlung des didaktischen Dreiecks, die drei Faktoren (a) Ausstellungselemente und Objekte, die an die Stelle des Lehrers treten, (b) Inhalte, die vermittelt werden sollen und (c) BesucherInnen als Lernende aufeinander. Alle drei Faktoren sind durch spezifische Merkmale gekennzeichnet: Ausstellungselemente und Objekte umfassen u.a. Originalobjekte, aber auch Texte, Bilder, Filme, Medien und Installationen, um nur einige zu nennen. Die BesucherInnen kommen u.a. mit unterschiedlicher Motivation, Vorwissen, Interessen und Erwartungen. Die Inhalte der Exponate behandeln vielfältige Thematiken auf verschiedenen Schwierigkeitsniveaus und weisen eine unterschiedliche Nähe zur Lebenswelt der BesucherInnen auf. Schließlich müssen neben der nicht-personalen Vermittlung auch die sozialen Vermittlungsprozesse durch das Museumspersonal bzw. durch andere BesucherInnen, beispielsweise die Mitglieder der eigenen Besuchsgruppe, berücksichtigt werden. Z.B. erklären Eltern ihren Kindern die dargestellten Sachverhalte oder Kinder eröffnen ihren Eltern einen neuen Blick auf die Welt. So konstruieren BesucherInnen ihr neu erworbenes Wissen über einen Sachverhalt in Abhängigkeit u.a. von ihren Vorerfahrungen, ihrer Lernkompetenz und ihren Interessen. Diese Aspekte kommen auch im »Contextual Model of Learning in Museum« von Falk und Dierking zum Tragen.3 Die Autoren beschreiben das Lernen im Museum als ein Zusammenspiel von persönlichem, soziokulturellem und physischem Kontext und betrachten es zudem in seiner zeitlichen Ent3 John H. Falk/Lynn D. Dierking: Learning from Museums: Visitor Experiences and the Making of Meaning, Walnut Creek: AltaMira Press 2000.
Doris Lewalter £Bedingungen und Effekte von Museumsbesuchen
wicklung. Der persönliche Kontext umfasst die Aspekte (1) Motivation und Erwartungen; (2) Vorwissen, Interessen und Überzeugungen; (3) Wahl und Kontrolle. Der soziokulturelle Kontext beinhaltet die Aspekte (4) soziokulturelle Vermittlung in der (Besuchs-)Gruppe und (5) fördernde Vermittlung durch andere z.B. museumspädagogisches Personal. Der physische Kontext schließlich setzt sich zusammen aus (6) Advance Organizer und Orientierungshilfen, (7) Design und (8) verstärkende Ereignisse und Erfahrungen außerhalb des Museums. Mit dieser Konzeption wird erneut deutlich, dass das Museum kein Lernort im klassischen Sinne ist, sondern vielmehr eine Lernumgebung, die durch zahlreiche, sich wechselseitig beeinflussende Aspekte geprägt ist. Worauf beruht die eigentliche (Lern-)wirkung von Museumsbesuchen? Falk und Dierking gehen ebenso wie Pekarik, Doering und Karns4 davon aus, dass sie in erster Linie auf den sehr vielfältigen Erlebnissen, die während eines Museumsbesuchs auftreten können, basiert. Pekarik et al. unterscheiden dabei zwischen objektbezogenen, kognitiven, introspektiven und sozialen Erlebnissen. Objektbezogene Erlebnisse beziehen sich auf Erfahrungen, die man beim Betrachten von z.B. schönen, seltenen, ungewöhnlichen oder wertvollen Objekten macht. Hier geht es um das Objekt und seine sinnliche Wahrnehmung. Kognitive Erlebnisse beschreiben Prozesse der Erweiterung des eigenen Verständnisses, den Erwerb neuen Wissens oder die Ausdifferenzierung bestehenden Wissens. Dieser Bereich thematisiert somit die Lernwirkung im engeren, eher traditionellen Sinne. Unter dem Begriff der introspektiven Erlebnisse werden die Reflexion über die Bedeutung des Gesehenen, individuell entwickelte Vorstellungen über andere Zeiten und Orte sowie die Erinnerung an eigene Reisen oder Kindheitserfahrungen zusammengefasst. Erfahrungen im Sinne eines wahrgenommenen persönlichen Bezugs und einer individuellen Verbindung zu einem dargestellten Sachverhalt stehen im Mittelpunkt. Die sozialen Erlebnisse beziehen sich schließlich auf Erfahrungen im Zusammensein mit der Familie, Freunden, Kollegen oder anderen Personen während des Ausstellungsbesuchs. Der Besuch wird hier als soziales Ereignis thematisiert. Darüber hinaus betonen Falk und Dierking in ihren Arbeiten die Bedeutung von verstärkenden Ereignissen und Erfahrungen außerhalb des Museums für das Verständnis der Wirkung von Museumsbesuchen. Der Museumsbesuch wird nicht mehr isoliert betrachtet, sondern als ein Baustein in der individuellen Erfahrungswelt. BesucherInnen kommen mit Vorerfahrungen und einem mehr oder weniger ausgeprägtem Vorwissen, verlassen das Museum mit (hoffentlich) etwas mehr Wissen und nutzen dieses angesichts weiterer Erfahrungen in ihrer Lebenswelt. Diese verstärkenden Erfahrungen außer4 Andrew J. Pekarik/Zahava D. Doering/David Karns: »Exploring Satisfying Experiences in Museums«, in: Curator 42 (2) (1999), S. 152-173.
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halb des Museums, die Tage, Wochen oder Monate später auftreten können, vervollständigen den Wissenserwerb im Museum. Dies verdeutlichen z.B. die Befunde einer qualitativen Einzelfallstudie von Falk und Dierking, in welcher der gemeinsame Besuchspfad zweier Frauen mit sehr ähnlichem Bildungshintergrund durch ein naturhistorisches Museum aufgezeichnet und untersucht wurde. Es konnte gezeigt werden, dass trotz fast identischem Besuchsverlauf und ähnlichem Wissensstand am Ende des Besuchs nach fünf Monaten deutliche Unterschiede hinsichtlich des erinnerbaren Wissens vorlagen. Während eine der beiden Frauen sehr viele Details wiedergeben konnte, sogar mehr als direkt nach dem Museumsbesuch, hatte die andere nur noch relativ vage Erinnerungen. Wie ein Interview mit den Besucherinnen ergab, konnte lediglich erstere in Alltags- und Berufssituationen mehrfach auf ihre Erfahrungen während des Museumsbesuchs zurückgreifen und diese nutzen. Damit wird deutlich, dass es zu kurz greift, nur den Museumsbesuch selbst anzusehen, wenn es um seine Lernwirksamkeit geht. Neben diesen Einzelfallstudien weisen auch Befunde aus Schulklassenstudien wie u.a. von Anderson und Lukas5 darauf hin, dass Museumsbesuche nur dann lernwirksam sind, wenn sie vor- und insbesondere auch nachbereitet werden. Wenn also im anschließenden Unterricht auf die Inhalte des Museums eingegangen wird oder wenn in der Familie über den Museumsbesuch gesprochen wird. Nimmt man diese Vernetzung des Museumsbesuchs ernst, dann bedarf auch die Betrachtung der Wirkung und der Effekte von Museumsbesuchen einer erweiterten Perspektive. Wobei zu beachten ist, dass diese zeitverzögert auftretenden Effekte insbesondere bezogen auf das breite Publikum nur sehr schwer empirisch fassbar sind. Diese vielfältigen und vielschichtigen Erfahrungen, die BesucherInnen im Museum und nach ihrem Besuch machen, führen nach Gibbs, Sani und Thompson6 zu einem generischen Lernergebnis, das sehr vielschichtig gestaltet sein kann und u.a. folgende Aspekte umfasst: Erweiterung des bestehenden Wissens über bestimmte Inhalte, vertieftes Verständnis spezifischer Ideen und Konzepte, Verbesserung technischer oder anderer Fertigkeiten, Veränderung in Einstellungen und Werten, erkennbare Freude, Inspiration und Kreativität, erkennbare Aktivität, soziale Interaktion und Kommunikation, zunehmendes Selbstbewusstsein, persönliche Entwicklung und Identitätsentwicklung. Diese Darstellung des generischen Lernergebnisses beruht jedoch lediglich auf einer 5 Vgl. David Anderson/Keith B. Lucas: »Effectiveness of Orienting Students to the Physical Features of a Science Museum prior to Visitation«, in: Research in Science Education 27 (4) (1997), S. 485-495. 6 Vgl. Kirsten Gibbs/Margherita Sani/Jane Thompson: Lifelong Learning in Museums. A European Handbook, Bologna: IBC-CLUEB, 2006.
Doris Lewalter £Bedingungen und Effekte von Museumsbesuchen
Sammlung der subjektiven Erfahrung von einzelnen BesucherInnen hinsichtlich der Wirkung und der Effekte von Museumsbesuchen und wurde nicht in groß angelegten Studien ermittelt, da sich diese breit gelegte Palette an Wirkungen einem empirischen Zugang weitgehend entzieht.
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UND
MUSEUMSBESUCH
Betrachtet man diese Überlegungen zum Lernen im Museum, so ist erstaunlich, dass zwar die Motivation der BesucherInnen als Bedingung des Lernens im Museum thematisiert wird, aber der motivationalen Wirkung von Museumsbesuchen bei der Beschreibung der generischen Lernergebnisse von Museumsbesuchen kaum Beachtung geschenkt wird und diese nur am Rande, eher indirekt genannt wird. Sie taucht hier z.B. als Freude oder als Veränderung von Einstellungen im Sinne größere Aufgeschlossenheit oder der Entwicklung von Interessen auf, wird aber kaum explizit angesprochen. Aus meiner Sicht stellt sie jedoch einen wesentlichen Effekt von Museumsbesuchen dar. Um nun sowohl die motivationale Wirkung von Museumsbesuchen wissenschaftlich fundiert untersuchen zu können, aber auch museumspädagogische Angebote gezielt motivationsförderlich gestalten zu können, bedarf es motivationstheoretischen Konzeptionen, mit denen den spezifischen Gegebenheiten von Museen als Lernumgebungen Rechnung getragen werden kann. Hierzu eignen sich Ansätze, die die Entwicklung einer selbstbestimmten bzw. intrinsischen und inhaltsspezifischen Lernmotivation in der aktuellen Lernsituation fokussieren. Dies ist bei der Selbstbestimmungstheorie und dem pädagogisch-psychologischen Konzept des situationalen Interesses der Fall. Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan7 beschreibt u.a. eine Abstufung verschiedener Motivationsqualitäten, die von einer extrinsischen Motivation, die auf äußeren Anreizen, wie z.B. Belohnungen beruht, bis hin zu einer selbstbestimmten bzw. intrinsischen Motivation reichen. Letztere basiert auf der Freude an der Handlungsausführung, die insgesamt als spannend und angenehm erlebt wird. Im Rahmen der Selbstbestimmungstheorie werden darüber hinaus Bedingungen für die Entwicklung einer zunehmend selbstbestimmten Motivation benannt. Es wird davon ausgegangen, dass das Erleben während der Handlungsausführung für diese Entwicklung mit entscheidend 7 Vgl. Edward L. Deci/Richard M. Ryan: »Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik«, in: Zeitschrift für Pädagogik 39 (2) (1993), S. 223-289 sowie Edward L. Deci/Richard M. Ryan: »Self-Determination Research: Reflections and Future Directions«, in: Edward L. Deci/Richard M. Ryan (Hg.), Handbook of Self-Determination Research, Rochester: University of Rochester Press 2002, S. 431-441.
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ist. Hierbei kommt spezifischen Erlebensqualitäten, nämlich dem Erleben von Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit eine besondere Bedeutung zu. Das Bedürfnis nach Autonomie äußert sich im Bestreben einer Person, sich als eigenständig handelnd zu erleben und die Ziele und Vorgehensweisen des eigenen Tuns selbst bestimmen zu können. Hier geht es z.B. um individuelle Entscheidungen bei der Gestaltung des Lernwegs oder die Auswahl der Lerninhalte. Das Bedürfnis nach Kompetenzerleben kommt im Bestreben einer Person zum Ausdruck, Aufgaben aus eigener Kraft bewältigen zu können und sich angesichts der Anforderungen in Lern- und Arbeitssituationen als handlungsfähig zu erleben. Somit ist es wichtig, museumspädagogische oder Lernangebote so zu gestalten, dass die Lernenden unabhängig von ihrem Vorwissen Kompetenzerlebnisse haben können. Im Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit drückt sich das elementare Bestreben des Menschen nach sozialer Akzeptanz in einer als relevant erachteten Bezugsgruppe aus. Für die Gestaltung von museumspädagogischen Angeboten ist somit zu beachten, eine angenehme soziale Atmosphäre zu schaffen, in der sich die einzelnen Mitglieder einer Gruppe akzeptiert und wohl fühlen. Die soziale Qualität der Interaktion ist z.B. bei Führungen von grundlegender Bedeutung. Das Erleben von sozialer Eingebundenheit bildet eine Basis, auf der sich die anderen Erlebensqualitäten entwickeln können. Dies gilt es insbesondere bei eher ungewohnten und unbekannten Lernumgebungen wie Museen zu beachten. Die zweite motivationstheoretische Konzeption, die für die Anwendung auf die Lernumgebung Museum sehr geeignet erscheint, ist das situationale Interesse.8 Das situationale Interesse beschreibt eine inhaltsbezogene Motivationsqualität, die in einer aktuellen Lernsituation entsteht und auf den situativen Merkmalen der Lernumgebung, der individuell wahrgenommenen Interessantheit der Inhalte und dem Erleben während der Beschäftigung mit diesen Inhalten beruht.9 In theoretischen Konzeptionen zum situationalen Interesse wird zwischen zwei Phasen unterschieden, der Catch- und der HoldPhase des situationalen Interesses. Die Catch-Phase bezieht sich auf die Anfangsphase eines situationalen Interesses, in welcher die Aufmerksamkeit 8 Vgl. u.a. Suzanne Hidi/Ann Renninger: »The Four-Phase Model of Interest Development«, in: Educational Psychologist, 41 (2), (2006), S. 111-127 oder Andreas Krapp: »Interesse«, in: Detlef H. Rost (Hg.), Handwörterbuch Pädagogische Psychologie, Weinheim: Beltz 1998, S. 213-219. 9 Vgl. Doris Lewalter/Claudia Geyer: »Motivationale Aspekte von schulischen Besuchen in naturwissenschaftlich-technischen Museen«, in: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 12 (1) (2009), S. 28-44.
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einer Person zunächst auf einen bestimmten Sachverhalt gelenkt und ihre Neugierde für diesen Inhalt bzw. Gegenstandsbereich geweckt wird. Deren Weiterentwicklung kann zu situationalem Interesse Hold (SI-Hold) führen, welches eine stabilisierte, relativ dauerhafte, inhaltsbezogene Motivationsqualität während einer Lernsituation kennzeichnet. In der Hold-Phase möchte sich eine Person – über eine kurzzeitige Aufmerksamkeit hinaus – mit einem Inhalt weiter beschäftigen. Sie nimmt ihn als sinnvoll wahr und möchte mehr über ihn erfahren. Damit also motiviertes Lernen stattfindet, muss die HoldPhase im Sinne eines in der Situation stabilisierten situationalen Interesses erreicht werden. Das wiederholte Auftreten von SI-Hold kann längerfristig zu individuellem Interesse im Sinne der Person-Gegenstands-Theorie des Interesses führen.10 Hinsichtlich möglicher Einflussfaktoren auf die Entwicklung des situationalen Interesses, kommt für die Catch-Phase jenen Merkmalen der Lernsituation eine besondere Bedeutung zu, die dazu beitragen, dass die Aufmerksamkeit von Lernenden auf einen bestimmten Sachverhalt gelenkt und ihre Neugierde geweckt wird. Dies kann u.a. durch Diskrepanzerlebnisse und Überraschungseffekte geschehen. Für den Übergang von der Catch- zur Hold-Phase spielt die von den Lernenden wahrgenommene inhaltliche Relevanz und Nützlichkeit der neu erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten eine zentrale Rolle.11 Darüber hinaus wird der Qualität des motivationsrelevanten Erlebens während der Beschäftigung mit einem Inhaltsbereich eine zentrale Bedeutung zugeschrieben. Hier werden die oben dargestellten Annahmen der Selbstbestimmungstheorie hinsichtlich des Erlebens von Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit aufgegriffen. Ausgehend von diesen motivationstheoretischen Annahmen werden im Folgenden wesentliche Merkmale von Museen betrachtet um zu verdeutlichen, warum bestimmte Merkmale dieser Lernumgebungen das Potential haben, motivationsförderlich zu wirken.12 In Museen wird, mit dem Ziel die BesucherInnen zu beeindrucken, ihre Emotionen anzusprechen und ihre Neugierde zu wecken, ein hoher Wert auf die Schaffung einer Raumatmosphäre gelegt. Die Authentizität der Originalobjekte und die Darstellung eines Sachverhalts aus multiplen Perspektiven, 10 Vgl. Andreas Krapp: »Interesse«, a.a.O. 11 Vgl. Mathew Mitchell: »Situational Interest: Its Multifaceted Structure in the Secondary School Mathematics Classroom«, in: Journal of Educational Psychology 85 (3) (1993), S. 424-436. 12 Vgl. Doris Lewalter/Claudia Geyer: »Evaluation von Museumsbesuchen unter besonderer Berücksichtigung von Schulklassenbesuchen«, in: Zeitschrift für Pädagogik. Themenheft: Lernort Museum 51, H. 6 (2005), S. 774-785.
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die vielfältige Anknüpfungspunkte anbieten, erleichtern es den BesucherInnen die inhaltliche Relevanz und Nützlichkeit zu erkennen. Diese Vielfalt der Zugänge spielt insbesondere bei SchülerInnen, die im Rahmen von organisierten Schulklassenbesuchen ins Museum kommen, eine große Rolle. So können SchülerInnen in Museen u.a. anhand von Originalobjekten erkennen, wofür bestimmte Kenntnisse oder Techniken genutzt werden, und wo diese in ihrem Alltag zum Tragen kommen. Bei der Gestaltung des museumspädagogischen Angebots kommt es hierbei darauf an zu erkennen, welche Anknüpfungspunkte für welche Zielgruppen geeignet sind. Die große Medienvielfalt und die zeitgleiche Präsentation verschiedener Exponate lässt den BesucherInnen Wahlmöglichkeiten und erlaubt vielfältige Lernzugänge, wodurch das Autonomieerleben unterstützt wird. Wahlmöglichkeiten auch in museumspädagogische Angebote einzubauen, bietet somit ein hohes Potential für die Motivationsförderung. Das zur Verfügung stellen verschiedener Informationshierarchien, die Informationen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden präsentieren, unterstützt ein positives Kompetenzerleben der BesucherInnen. Hier ist zu überlegen, wie das Kompetenzerleben der TeilnehmerInnen z.B. im Rahmen von Führungen oder Museumsgesprächen unterstützt werden kann. Zudem erfolgt der Museumsbesuch in der Regel in der Gruppe, in welcher man sich gemeinsam mit Ausstellungselementen beschäftigt und über diese austauscht. Damit wird der Besuch zum sozialen Ereignis. Dies wirkt sich positiv auf das Erleben sozialer Eingebundenheit aus. Für museumspädagogische Angebote ist es daher wichtig, den sozialen Austausch mit dem Personal aber auch innerhalb der Gruppe auf eine Art und Weise anzuregen, bei der sich die TeilnehmerInnen wohl fühlen. Der Vergleich zwischen den situativen Merkmalen von Museen und den Einflussfaktoren auf die Entwicklung einer selbstbestimmten Motivation bzw. eines situationalen Interesses weist eine relativ hohe Passung auf. Dies lässt vermuten, dass in Museen potentiell relativ günstige Ausgangsbedingungen für die Herausbildung dieser Motivationsqualitäten vorliegen, die es zu nutzen gilt.
E XEMPL ARISCHE BEFUNDE Im Folgenden werden aus zwei Studien exemplarische Befunde zu motivationalen Aspekten von Museumsbesuchen berichtet. In Studie I wurden 344 SchülerInnen der siebten und achten Jahrgangsstufe Gymnasium im Anschluss an einen Schulklassenbesuch in einem von drei prototypischen Museen und Science Centern (Deutsches Museum München,
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Universum in Bremen und Phänomenta in Lüdenscheid) schriftlich befragt.13 Dabei wurden u.a. Gestaltungsaspekte des Besuchs und motivationale Variablen, wie bspw. das situationale Interesse erfasst. Die Befunde zum Einfluss von Gestaltungsmerkmalen sowie der wahrgenommenen Unterstützung des motivationsrelevanten Erlebens und der wahrgenommenen inhaltlichen Relevanz haben ergeben, dass das situationale Interesse sowohl in der Catch- und in noch stärkerem Maße in der Hold-Phase durch das gemeinsame Erkunden des Museums mit der Lehrkraft unterstützt wird. Führungen durch das Fachpersonal haben dagegen ebenso wie die Bearbeitung von Arbeitsblättern auf keine der beiden Phasen des situationalen Interesses einen bedeutsamen Einfluss. Aus motivationstheoretischer Sicht sind diese Befunde nicht verwunderlich, so fällt es z.B. bei Führungen deutlich schwerer, die eingangs vorgestellten Vorteile dieses Lernorts zum Tragen kommen zu lassen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Führungen im Sinne einer Präsentation von Inhalten und weniger in einer gemeinsamen Beschäftigung mit den Inhalten gestaltet werden. Wie theoretisch erwartet, spielt die wahrgenommene Unterstützung des Erlebens von Autonomie sowie sozialer Eingebundenheit eine wichtige Rolle für das situationale Interesse in der Catch-Phase. Die Erfahrung von Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, eigenverantwortlich und selbständig zu agieren und sich neue Inhalte aneignen zu können sowie das positiv erlebte Miteinander sind potentielle Pluspunkte der Lernumgebung Museum, die man auch bei der Gestaltung von organisierten Museumsbesuchen nutzen sollte. Für das situationale Interesse-Hold kommt der Unterstützung des Kompetenzerlebens eine besondere Bedeutung zu. Die Erfahrung den Herausforderungen eines Informations- bzw. Lernarrangements gewachsen zu sein und entsprechende Rückmeldungen zu erhalten, die dieses Erleben unterstützen, sind wichtig für die Motivationsförderung während eines Museumsbesuchs. Den bei weitem wichtigsten Einflussfaktor auf beide Phasen des situationalen Interesses bildet jedoch die wahrgenommene inhaltliche Relevanz der Lerninhalte. Das Ausmaß, mit dem es gelingt, die Bedeutsamkeit der ausgestellten Inhalte für die SchülerInnen erfahrbar zumachen, ist der stärkste Vorhersagefaktor für ihr situationales Interesse. Der zentrale Vorteil von Museen ist ihr Potential, die Bedeutung eines Sachverhalts für SchülerInnen direkt erkennbar und erfahrbar zu machen. Wir vermuten, dass hierfür die individuelle 13 Vgl. Claudia Geyer: Museums- und Science-Center-Besuche im naturwissenschaftlichen Unterricht aus einer motivationalen Perspektive. Die Sicht von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern, Berlin: Logos 2008 und D. Lewalter/C. Geyer: »Motivationale Aspekte von schulischen Besuchen in naturwissenschaftlich-technischen Museen«, a.a.O.
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Informationsauswahl und die eigeninitiative Beschäftigung mit den dargebotenen Inhalten von Bedeutung ist. Trotz aller Vorsicht, mit der diese Befunde interpretiert werden müssen, da sie lediglich auf einer Untersuchung mit 14 Klassen beruhen, machen sie dennoch auf wesentliche Ansatzpunkte für eine motivationsförderliche Gestaltung von Museumsbesuchen und insbesondere auch museumspädagogischen Angeboten aufmerksam. Während mit Studie I Bedingungen und Effekte von Museumsbesuchen hinsichtlich motivationaler Prozesse bei SchülerInnen untersucht wurden, bezieht sich Studie II auf die motivationale Wirkung von Museumsbesuchen beim breiten Publikum. Im Rahmen dieser Studie wurde u.a. untersucht, inwieweit Museumsbesuche zur Weiterbeschäftigung mit den präsentierten Sachverhalten anregen können. Dazu wurden 159 BesucherInnen der Pharmazieabteilung des Deutschen Museums im Rahmen von Leitfadeninterviews gefragt, ob sie glauben, dass sie sich nach dem Besuch der Abteilung mit einem der hier behandelten Themen (a) weiterbeschäftigen, wenn sie zufällig z.B. in einer Fernsehsendung oder Zeitschrift darauf stoßen bzw. (b) gezielt weiterbeschäftigen würden und inwieweit dies ggf. auch mit dem Abteilungsbesuch zusammenhängt. Die Frage nach einer ungezielten Weiterbeschäftigung mit Themen der Abteilung wurde von 76 Prozent der Befragten positiv beantwortet, wobei hiervon 43 Prozent den Abteilungsbesuch als Grund angaben. Die ungezielte Weiterbildungsabsicht ist jedoch nur ein sehr schwaches Maß für die motivationale Wirkung von Museumsbesuchen. Aber auch die Frage zur gezielten Weiterbeschäftigung deutet auf das motivationsförderliche Potential der Museumsbesuche hin. 42 Prozent der Befragten gaben an, sich gezielt weiterbeschäftigen zu wollen. Knapp ein Drittel dieser Gruppe nannte den Abteilungsbesuch als Grund. Ein Museumsbesuch kann demnach, zumindest unmittelbar nach dem Besuch, die Weiterbeschäftigungsabsicht der BesucherInnen fördern. Diese Annahme wird auch von weiteren Befunden dieser Studie gestützt, die zeigen, dass keine Zusammenhänge zwischen der Weiterbeschäftigungsabsicht und einem möglichen beruflichen oder freizeitlichen Bezug zum Thema der Ausstellung vorliegen. Für diese Wirkung ist jedoch, wie weitere Befunde zeigen, die Motivationsqualität während des Museumsbesuchs von großer Bedeutung. So wiesen BesucherInnen, die die Absicht haben, sich gezielt oder auch ungezielt mit der Thematik der Ausstellung weiter zu beschäftigen, eine statistisch bedeutsam höhere selbstbestimmte Motivation und ein bedeutsam höheres thematisches Interesse während des Museumsbesuchs auf als die Vergleichgruppe. D.h. die Erfahrung eines selbstbestimmt motivierten und eigenaktiv gestalteten Museumsbesuchs, der als spannend und anregend erlebt wird, kann zur weiteren Beschäftigung mit einem Themengebiet anregen und somit motivationsförderlich wirken.
Doris Lewalter £Bedingungen und Effekte von Museumsbesuchen
Insgesamt zeigen die dargestellten theoretischen Überlegungen und die exemplarischen Befunde, dass Museen komplexe Lernumgebungen darstellen, die vielfältige Wirkungen und Effekte erzielen können. Um diese Effekte systematisch untersuchen zu können, müssen jedoch einzelne Ausschnitte genauer betrachtet werden. Als aufschlussreicher Bereich haben sich dabei motivationale Prozesse und die motivationale Wirkung von Museumsbesuchen erwiesen. Hierbei hat sich gezeigt, dass pädagogisch-psychologische motivationstheoretische Konzepte als Basis herangezogen werden können und hilfreiche Anregungen geben. Welche Aspekte der Besuchsgestaltung und des museumspädagogischen Angebots sich positiv auf spezifische Zielgruppen auswirken, muss in weiteren Studien geklärt werden.
L I T E R AT U R Anderson, David/Lucas, Keith B.: »Effectiveness of Orienting Students to the Physical Features of a Science Museum prior to Visitation«, in: Research in Science Education 27 (4) (1997), S. 485-495. Deci, Edward L./Ryan, Richard M.: »Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik«, in: Zeitschrift für Pädagogik 39 (2) (1993), S. 223-289. Deci, Edward. L./Ryan, Richard M.: »Self-Determination Research: Reflections and Future Directions«, in: Edward L. Deci/Richard M. Ryan (Hg.), Handbook of Self-Determination Research, Rochester: University of Rochester Press 2002, S. 431-441. Falk, John H./Dierking, Lynn D.: Learning from Museums: Visitor Experiences and the Making of Meaning, Walnut Creek: AltaMira-Press 2000. Geyer, Claudia: Museums- und Science-Center-Besuche im naturwissenschaftlichen Unterricht aus einer motivationalen Perspektive. Die Sicht von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern, Berlin: Logos 2008. Gibbs, Kirsten/Sani, Margherita/Thompson, Jane: Lifelong Learning in Museums. A European Handbook, Bologna: IBC-CLUEB, 2006. Hidi, Suzanne/Renninger, Ann: »The Four-Phase Model of Interest Development«, in: Educational Psychologist, 41 (2), (2006), S. 111-127. International Council of Museums (ICOM): Ethische Richtlinien für Museen, vgl. www.icom-deutschland.de/client/media/94/dicom.pdf vom 5. Februar 2009. Krapp, Andreas: »Interesse«, in: Detlef H. Rost (Hg.), Handwörterbuch Pädagogische Psychologie, Weinheim: Beltz 1998, S. 213-219. Lewalter, Doris/Geyer, Claudia: »Evaluation von Museumsbesuchen unter besonderer Berücksichtigung von Schulklassenbesuchen«, in: Zeitschrift für Pädagogik. Themenheft: Lernort Museum 51, H. 6 (2005), S. 774-785.
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Lewalter, Doris/Geyer, Claudia: »Motivationale Aspekte von schulischen Besuchen in naturwissenschaftlich-technischen Museen«, in: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 12 (1) (2009), S. 28-44. Lewalter, Doris/Noschka-Roos, Annette: »Museum und Erwachsenenbildung«, in: Rudolf Tippelt/Aiga von Hippel (Hg.), Handbuch Erwachsenenbildung/ Weiterbildung, Wiesbaden: VS-Verlag 2009, S. 531-545. Mitchell, Mathew: »Situational Interest: Its Multifaceted Structure in the Secondary School Mathematics Classroom«, in: Journal of Educational Psychology 85 (3) (1993), S. 424-436. Pekarik, Andrew J./Doering, Zahava D./Karns, David: »Exploring Satisfying Experiences in Museums«, in: Curator 42 (2) (1999), S. 152-173.
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W H AT I S T O B E D O N E – S A N D R A ? L E A R N I N G W I T H Y O U N G P E O P L E I N C U LT U R A L I N S T I T U T I O N S O F T H E 2 1 S T C E N T U RY
Anna Cutler 1901. Vladimir Lenin is warming his samovar and reaching out for his pen, about to embark on writing a political tract that will change the face of history. I’m guessing that he didn’t have to get the kids off to school, put the washing on and respond to sixty emails before he set about this task, but one has to appreciate the quality and pragmatism of the question he asked himself, that is, »What is to be done?«. Of course this question didn’t come out of thin air. Lenin was building on the bedrock that was Marxist theory and an ideological imperative for change that was fuelled by inequality and injustice. His plan was about a plan, and that was to put theory into practice and change the face of his society. Here it might be wise to put this image to one side; after all, one might not wish to associate with such an ideologically problematic pamphlet, not to mention the rather worrying outcome of Lenin’s actions. However, there is a point to be made about the nature of his task; and that was to take a theoretical body of work and form a plan that could be actualised. 2008, the revolution didn’t turn out quite how Lenin had anticipated. Instead society has been revolutionised by new technology. Needs are changing, the workforce has diversified and we are facing a global change in the environment and our relationship to it. We have new and faster access to information than ever before and there is a shift from industrial economies to those that are knowledge-based. In turn, the production of knowledge through educational practice has been scrutinised, challenged and revisited with new theories. In the face of all this, I am forced to reflect on my own sector and ask of my colleague, Sandra (with no intended flippancy) »What is to be done?«.
TH E I D E A
OF
LEARNING
For the last twenty years I have been working in the field of arts, across a range of organised learning environments. I have spent time in what we call »formal education«, that is in universities and in schools, as well as in »informal learning« environments such as youth groups, and cultural settings. What I can say, without hesitation, is that these environments are not the same; a university is not a youth club and a school is not a gallery. This may appear blindingly obvious, but actually sits at the heart of the question of »what is to be done?« because there are a series of prior questions that lie behind the pragmatism of »what«. These questions are concerned with the
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choices we make about why we feel it is important for people to learn certain disciplines, traditions and behaviours and not others and how we go about organising this as a society. Despite the differences inherent in the practices of the »formal« and »informal«, what one cannot help but notice is the way in which the organising structures of »formal learning« are often applied to the »informal«, such that the concept of departments, sixty-minute transmission models, courses, a teacher imparting information and a raft of quantitative assessment methods are still apparent. In most of my experiences of the »informal« sector, my work has been measured against the »formal« model. My aim, however, has been to explore and generate research about the different ways in which learning takes shape and what the outcomes are for those who participate. My observation, and that of researchers in the field, is that often a different kind of experience takes place out of a »formal«, examined setting and this provides a different set of understandings for the individuals involved. In attempting to unpick the differences between the two, or rather to explore and explain the similarities and divergences of both, I have come to think of learning and education in much more defined terms. Learning, at its most fundamental level, is the outcome of the neurological process of receiving and processing new data. Every human being is wired up the same way to learn. Information from external stimuli is received in the brain where it is filtered through analytical and emotional networks and then stored as memory (or rejected en route). This cognitive process (that is the mental process through which we acquire and manage information) sorts the wheat from the chaff and enables the brain to make decisions as to what to store and what to edit out.1 There is therefore no »formal learning« and no »informal learning« to be had, there is only one type – just learning – and it is simply the settings and approaches that differ. Education I now define as the structures and systems established to manage and guide learning; the what we learn, why we learn it, and how we learn as a method of approach. These are structures based, as I have suggested, on a set of socially determined values – this means that education is ideologically driven, where by ideology I mean the dominant, hegemonically maintained hierarchy of value. Given that the priority is for »formal learning« the »informal« tends to be labelled as »self improvement« or »leisure« implying a lack of necessity or seriousness to its purpose. When measured against the »formal« system it often fails to reach the mark. How, given this ideological scenario, could it do anything other? 1
Mark F. Bear/Barry W. Connors/Michael A. Paradiso: Neuroscience: Exploring the Brain, Baltimore, MD: Lippincott Williams and Wilkins 2001 (2nd ed.), p. 740-743.
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I have also found it helpful to refer to the two key types of memory at play in our everyday physiological activity (leaving working memory to one side for the moment); that is declarative and non-declarative memory. Declarative memory can be broadly defined as facts, figures, dates and events etc., information that your brain stores, but that you have to call up when needed. Non-declarative memory is that which you do not have to call up and can be described as behaviours and habits, such as using a knife and fork, driving, playing an instrument etc.2 The important aspect is in recognising that the education system prioritises declarative memory and this is the feature that is most tested against. However, long-term learning depends on non-declarative memory and is, after all, what we are left with once our »formal« learning has finished.
C U R R E N T C E B AT E S When looking at the structure of learning systems, four key elements sit centrally to delivery. These are time, space, content and method. The current education system has been devised within the parameters of given timeslots and works within a set of spaces as classrooms, lecture theatres and halls etc. Content has been agreed as the national curriculum and in further and higher education as degree courses, units and diplomas in specialised subjects. Methods may differ depending on shifting learning theories, but are currently dominated by information-led, outcome-oriented transmission models teacher to pupil (although there are clearly changes emerging). These four systematised elements have been challenged by many educationalists and innovators. Indeed Charles Leadbeater’s recent paper »What Next? 21 Ideas for 21st Century Learning«3 addresses these issues in much detail, where it is clear that content and approach, space and time all need some refreshment, not to say rethinking for 21st century learning. Over the past ten years a perceptible shift has taken place in education and cultural practice at a national and international level. The development of technology and user generated material, the emergence of the knowledge economy and the need for creativity (as a means to generate innovation) has meant that models of learning that sought to impart information and prepare
2 Ibid. 3 Charles Leadbeater: What Next? 21 Ideas for 21st Century Learning, for the Innovations Unit, DCFS, www.innovation-unit.co.uk/images/stories/whats_next_-_21_ideas_ final.pdf of 12th January 2009.
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and develop a workforce for known industry (that is manufacturing/industrialised labour) are no longer sufficient for our societal needs.4 This shift is reflected within contemporary arts and education practice as well as in recent research papers. Current users, published governmental and NGO reports, academic articles and artists describe these shifts in practice which can broadly be outlined as follows: • From the passive to participative, learning that involves participation and hands-on activity. • From standardised delivery to personalisation, one size does not fit all and different learning programmes are required that can be tailored to individual needs. • From the didactic to co-learning, a shift from the transmission model of learning with a single expert/tutor, to shared learning that is guided in response to the needs of the users and shaped in collaboration with them. • From knowledge acquisition to knowledge application, the movement away from learning information for the sake of doing so to understanding how to use knowledge across different settings and in original ways for valued outcomes. • From a single authorial voice to plural voices, the development of collaborative practice and production. • From private knowledge to public access, best exemplified through the web/Open Source etc. but relating to the ways in which private knowledge of individuals and institutions has been opened up and has tacitly shifted power relations away from closed knowledge holders. Notable commentaries have come from Tom Bentley5 and Ken Robinson6 as well as through government reports7 and international programmes that seek to explore the nature of learning itself.8 Indeed there has been a shift away 4 Tom Bentley: Learning beyond the Classroom: Education for a Changing World, London: Routledge 1998, p. 100-102. 5 Ibid. 6 Ken Robinson: Out of Our Minds: Learning to be Creative, Oxford: Capstone 2001. 7 Department for Education and Skills (ed.): 2020 Vision. Report of the Teaching and Learning in 2020 Review Group, London 2006, http://publications.teachernet.gov.uk/ eOrderingDownload/6856-DfES-Teaching %20and %20Learning.pdf of 12th January 2009. National College for School Leadership (ed.): Leading Personalised Learning in Schools, 2006, www.ncsl.org.uk/media-578-c9-leading-personalised-learning-inschools.pdf of 12th January 2009 and Edward B. Fiske (ed.): Champions of change: The impacts of the arts on learning, Washington, DC: Arts Education Partnership 1999. 8 Project Zero, based at Harvard Graduate School of Education, is an ongoing research
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from the term education towards learning, presumably for many of the same reasons argued here, which is to interrogate what is being learned and why, relative to the organised systems in which learning exists. What has all this to do with learning and cultural settings? Recent debates about cultural learning9 have been set up to explore, I assume, exactly the kinds of issues raised here, those are: what marks cultural learning as that which is different to learning in other settings, what is its value and what can we expect to achieve by doing it? Research from Creative Partnerships,10 Engage,11 The Guggenheim,12 Project Zero13 and our own research projects at Tate are beginning to reveal the different kinds of learning that take place for people when engaging in cultural activity. For the most part, research projects have been explorations with young people in relation to education in schools (often because of the value this brings), however there is increasingly more research into family and adult learning.14 The findings suggest a range of outcomes from working within different cultural disciplines and with different user groups, which is why comparisons across the arts always seem so difficult to come by, as each scenario has a different set of particular inputs. But I would argue that there is also a set of repeated and identifiable similarities that frame cultural learning and that sit outside education as it stands. For the sake of clarity, let us understand that cultural learning in this instance, means learning that takes place beyond the classroom or lecture theatre; within a cultural setting, and that takes cultural product as its subject matter for direct engagement. programme whose mission is to understand and enhance learning, thinking and creativity in the arts, as well as humanistic and scientific disciplines, at the individual and institutional level. Cf. www.pz.harvard.edu/index.cfm of 12th January 2009. 9 John Holden: Culture and Learning: Towards a New Agenda, London: Demos 2008, www.cloreduffield.org.uk/cms/user_files/files/C&LFinal26Feb08.pdf of 12th January 2009. 10 Creative Partnerships: This Much We Know: Impact of Creative Partnerships, London: Arts Council England 2007. 11 Engage »Inspiring Learning in Galleries« 2006, www.en-quire.org of 12th January 2009. 12 Randi Korn & Associates, Inc.: Teaching Literacy through Art, New York: Solomon R. Guggenheim Museum 2007. 13 Louis Hetland/Ellen Winner/Shirkey Veenema/Kimberly M. Sheridan: The Real Benefits of Visual Arts Education, New York and London: Teachers College, Columbia University 2008. 14 Lynn Dierking/Dale McCrady/Diane Frankel/Leslie Adelman: »Facilitating and Documenting Family Learning in the 21 st Century«, in: Current Trends in Audience Research and Evaluation, Vol. 15, May 2002, p. 62.
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Public Programmes talk in the gallery spaces at Tate Modern.
Key findings repeated through the research outlined above can be identified as increased confidence, a shift in attitudes and behaviours, improved motivation and sustained engagement. There is also evidence of an increase in critical thinking applied beyond the learning environment. Interestingly there is also a clear improvement in knowledge of the subject area and skills with which to create a product, but these appear least central to the findings, as though this would be self-evident, the part you had to do, to get the rest.15 Several of the research documents begin to explore what other associable impacts this learning has across a range of other subject areas in terms of transferable skills and life skills. The particularity of activity and disciplines also has an effect on what is learned. For example, working over twelve months, once a week on a project will produce a different outcome from working over just one week, and engaging with dance will give physical skills that visual arts do not. Despite obvious differences such as these, there is a great deal of synthesis to be made of the breadth of data that has been collected over the past five to ten years. A form of what I have defined as creative learning, working with artists as co-learners, reveals that their own practice, their own method of approach as artists, encourages and generates long term learning. What I would like to draw out here, therefore, is that the key findings from research are most related to non-declarative memory. So what’s going on? The learning that is taking place is affecting attitudes and behaviours, it is generating critical, reflective thinking and transferable 15 Creative Partnerships: This Much We Know, l.c.
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skills, sustained engagement and application across disciplines. I would lay claim that cultural learning (or perhaps one should say cultural creative learning) is helping to form habits of mind, potentially for a lifetime. In this way its content and its approach differ from the established model of education as the work has sought to generate sustainable skills that can be applied across subjects and education/personal boundaries. This appears to be a more metacognitive approach to learning: that is being aware of ones own thinking and the strategies one is using.16
E X A MPLE Using the visual arts as a model for translating these ideas into practice it is possible to see how habits of mind are generated. In a recent talk Shelby Wolf outlined her findings of a project we are working on at Tate Modern with young children, entitled »Looking for Change«.17 This is a four year project that takes place weekly in three inner London schools and in the galleries. It explores the development of children’s visual literacy and has a focus on looking, talking and making. This is a project that intends for us to collaborate with schools to see what can be achieved beyond the gallery walls thereby maximising the experience when children arrive in the gallery. Wolf suggested that the work being undertaken is shaping the children’s memory, she details how, through art, they are forming habits of mind, building interpretive abilities, forming observational faculties, creating symbolic meaning, developing persistence and moulding a vision of who they might be as adults. This kind of analysis is supported through a recent publication entitled »Studio Thinking; The Real Benefits of Visual Arts Education«18 which moves away from many educational publications seeking to validate or apply the arts in terms of how they can support and improve the »formal« education system and moves, as David Perkins suggests in the preface, »through the looking glass« into long-term impacts of learning, made manifest through applying information directly »for today«. Is this the »real benefi t« of cultural creative 16 www.standards.dfes.gov.uk/research/themes/early_years/metacognitive/meta cog_and_literacy of 1 st February 2009; »Basic strategies are: -connecting new information to former knowledge; -deliberately selecting appropriate thinking strategies from a repertoire; and -planning, monitoring, and evaluating thinking processes. The study worked on the hypothesis that there are two levels to children’s metacognition. The first level is the acquisition of metacognitive knowledge, the second level is the ability to produce it, which, according to the research, happens over time.« 17 This project is supported by UBS. 18 See footnote 13.
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learning: that we generate time to create habits of mind? That we have capacity to do so and that we embody this through direct activity – making the imaginary concrete? Indeed can it be said that gaining cultural skills is only possible over a sustained period of time?
UBS Looking for Change programme, activities in the gallery spaces at Tate Modern.
Evidence, and indeed experience, would suggest that sustained contact is crucial in generating long-term learning, and that this not only sets up a series of personal behaviours, but skills and aptitudes. Shirley Brice Heath and Shelby Wolf suggest that in the visual arts: »Learning to see details also brings the capacity to see the bigger picture – to relate the bits and pieces to what will become a larger whole […] this fundamental principle applies in the sciences, in everyday problem solving and spatial navigation within the world. Managers and musicians, plumbers and painters, engineers and videographers become successful largely through their ability to see beyond small details into the larger picture.«19
They also comment »[…] seeing details calls for visual focus-sustaining the eyes on a space for more than a few milliseconds. The area of the brain dedicated to visual focus lies at the very centre 19 Shirley Brice Heath/Shelby Wolf: Visual Learning in the Community School: Art is all about Looking: Drawing and Detail, London: Arts Council England 2004, p. 10.
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of the various sections given over to vision. Focus matters, because it allows viewers to look deeply within an object or situation and see details from line to shape and colour to motion (Zeki, 1999). Hence, as young children work in creating art – regardless of form or medium – they gain practice in holding attention on a sphere of action or range of space. In doing so they take in the fundamental elements or building blocks of the world around them. They gain inner vision.«20
Clearly visual learning not only works to develop an understanding of art, but also of a range of much wider and fundamental needs in understanding the visual and spatial world around us. Heath and Wolf also reflect on the importance of guided looking and the importance of language and metaphor as habits of mind, »The first of these advantages [of helping young people see]21 comes through the movement of mental processes back and forth from the visual to the verbal.«22
Certainly within Looking for Change we have observed a development in children’s oracy and vocabulary together with their interpretation of art works. That is to say the ways in which they are talking about art involving metaphor and richer description are extending their depth of understanding the art too. Looking and language are here connected. The importance of this and the programme more broadly, is that young people build knowledge for themselves through language, looking and discussion, without doing so, they will only ever be able to receive ideas and information filtered by others. Without building ones own knowledge it is impossible to build an understanding for ones-self. Real access is about being able to do exactly this, make meaning, able to transfer relevant ideas from one object to another. In much of the research time is also highlighted. Often it is referred to as an absence; that there isn’t enough time in a school day to work in detail on cultural or creative activity, or that time represents motivation in that the children get so engrossed in the activity, that their concentration extends and they are more applied, they stay late, work through breaks and arrive early at school to achieve more. Becoming skilled requires practise and it is no surprise therefore that the more often the children we work with look more, make more and reflect more, the better they get at understanding and analysing. Working beyond the classroom walls also enables a different experience 20 Cf. ibid., p. 12. 21 My brackets. 22 Cf. S.B. Heath/S. Wolf: Visual learning, l.c., p. 9.
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for the learner, one that is particular to the subject in question and that can use the space appropriately to enable the learner to explore the subject (in this case art) more authentically and directly. Seeing details of a real object is quite different from slides, prints or more often photocopies, just as a live performance is different from the video. Generating understanding needs experience of the art form itself and making requires materials appropriate to the idea. Working in an environment that has the facilities to enable this to happen challenges us to make, think and talk differently. Space matters because it also disrupts the usual learning experience of sitting down and receiving, opening up the many ways in which we all learn, for example visually, kinaesthetically and emotionally.
Summer School ’08, activities in the Turbine hall.
Cultural activity, I would claim, has other valuable differences to education as it stands. It necessarily entails engagement with emotions, the realisation of a material product in the real world and the ensuing public engagement that the product demands as it exists within the public realm. These three aspects also develop different abilities from usual learning environments and these are concerned with understanding how to interpret or reflect emotional content, how to apply an idea to its material production, therefore making the abstract concrete, and navigating the public realm in terms of critique. These are important life skills that find little space in the education system and, ultimately, they help form and shape our relationships, to people, to the wider world and to critical reflection. It is understood that learning without content specificity, facts, figures and subject knowledge is only half a project. One could not learn without declara-
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tive memory that impacts on our behaviours and habits of mind. I am not suggesting, therefore, that we replace detailed content, nor even that we get rid of traditional lectures and information-giving when necessary, but I am arguing that we take the non-declarative more seriously and recognise that without it, we have information, but without foundations to lay it on and little understanding of how to apply it to different contexts, we have information, but not much learning. One habit of mind is to know when you need to input content information to generate understanding, at present we attempt to learn the other way round: that is learning how to know, rather than knowing how to learn.
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LEARNING
What does this mean for 21st century learning in cultural establishments, institutions and organisations? To focus one minute on the millions of visitors that museums and galleries in particular enjoy each year, many different kinds of publics are formed. Some visitors come as tourists for a few hours, others come for the day, there are those that come once a month or to courses, some with their families ad hoc, and some for sustained periods over years. How do we generate or integrate the best kinds of habits of mind as well as develop knowledge? How do we manage different approaches and audiences as well as take into account the shifts in practice that have taken place globally? This returns us, rather neatly, to the initial and now clearly complex question of »what is to be done?« »What is to be done« is based on the assumption that something needs to be done – or rather – to be changed. I would argue that learning in cultural institutions does need to transform to meet the requirements of the societal changes as outlined in the initial pages here, as well as in cultural and educational practice and production. I would also add that it needs to change its focus to include the development of non-declarative memory such that longterm benefit can be generated. Although it would be wrong to suggest that there is no such work that is taking place (and there are many projects in cultural institutions that are exemplars of such changes), there is nonetheless a sense of uncertainty as to where culture sits and fits in terms of learning and what it can provide beyond education. Part of the problem may also be the potential solution, in that cultural venues have capacity to deliver a range of models for learning – from the lightest of touch to deep long-term projects. I believe that cultural organisations are perfectly placed to model new approaches and work with education to reassemble the ways in which we learn across settings. However, learning in cultural organisations may be in a bit of a tangle having been buffered between intrinsic and extrinsic needs, growing popularity as well as target driven delivery demands. Rather like Christmas
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lights brought down from the attic each year, the tangle is the result of a range of knots – some seem to emerge simply from having been left alone, whilst others exist that have been actively tied. Perhaps now we can begin to loosen a few of these knots and lay out the lights.
KNOT 1 – BEING AUTHENTIC Cultural institutions are not educational institutions that are required to follow nationally set frameworks for learning. We need to let go of overwhelming extrinsic demands that pull or shape us in uncomfortable ways. In doing so, we have the opportunity to represent ourselves more authentically, able to be much more free and diverse, to stretch wider and venture into places and ideas that education (as defined here) may not wish or be able to go. This, I find an exciting prospect, that would enable cultural practitioners to find space (both physically and intellectually) to truly innovate, take risks and be bold about practice. They are places where failing can happen safely and be swiftly addressed without damaging any lives, failing any exams or taking down any institutions. We are cautious of taking risks as we have become more fearful of failure in relation to »formal learning« requirements, and there is a bent towards keeping things as they are, but unlike Lenin’s plan, this one won’t ever cost lives. What exactly are we frightened of failing »about«? Indeed letting go of the idea of being an educational department is also necessary as the idea of departmentalisation has gradually had the effect of learning being perceived as something that only happens within the work of such a department, whereas we know that learning is generated and takes place throughout organisations and across many teams. In my own institution, the act of placing art for exhibition generates its own learning for the visitor, courses online, community and regeneration programmes, archival and library services, conservation and information all serve to offer learning experiences. Our role is to decide what we can maximise in terms of learning across these many areas and make intervention where needed.
K N O T 2 – A P P LY K N O W L E D G E Cultural institutions are not working from zero. We need to start using the body of new information, research findings and theory available to us and begin to apply it in our working lives. Studio Thinking itself offers a model of approach that could be implemented. Of course changing programmes and systems is always difficult and a bit messy, as it requires letting go of established patterns of working and finding space to take risks and try new things. In large organisations and institutions this is even harder as one
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needs to plan for change with a lot of notice. Purely on a practical level, programmes are set, brochures are designed and courses are booked often at least a year in advance. We need to begin to form shifts in practice that can take us towards new programmes, new ideas and new ways of thinking. In reality innovation looks like a good long-term plan with the right people involved.
K N O T 3 – PA R T N E R S H I P S Cultural institutions do not exist in isolation. We currently have many partnerships and opportunities to work with artists and colleagues within education and beyond, to help us to explore new terrain. Once we understand the boundaries of what we are and how much we can achieve, we can look to others to help us develop and learn more. Recognising we can’t do everything ourselves and that expert knowledge outside the cultural institution is available means that we can move faster, wider and more tailored to audiences’ needs. Recognising and being able to articulate that we also have something particular and unique ourselves to offer others and to work with education more innovatively also means that we can be players in an important and changing landscape of learning. Therefore partnerships, dialogue and cultural and educational collegiality need to be extended.
›The Fight‹, six month artist-led outreach project working with local boxers resulting in a performance in the Turbine Hall at Tate Modern.
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K N O T 4 – S PA C E
AND
TI M E
Cultural institutions do not have the same time and space limitations as educational institutions. We already have alternative and appropriate spaces for cultural learning and for some of us, opportunities to grow more that lend themselves to the global shifts in learning. It is therefore possible to work to the needs of the content rather than of a timetable and we need to let go of feeling the need to replicate educational systems and models, unless they serve the purpose of learning.
KNOT 5 – QUALIT Y
OVER
QUANTIT Y
Quality doesn’t have to be subsumed by quantity and delivery over what is being delivered. In the recent McMaster report23 a clear and strong case is put forward for quality, risk and innovation. The case can be made for depth over breadth and the quality of a learning experience over numbers passing through it. In reality this is a difficult balance of reaching as many as possible as deeply as possible, but I think it would be true to say that we may have reached a point in a delivery model that can only just keep up with itself and its audiences, putting an enormous strain on the professionals involved and inhibiting innovation through the need to comply with known delivery outcomes. When is it time to take stock and reflect on what we are delivering? That time is now. But loosening these knots is, of course, easier said than done. However, without doing so, it will be difficult to change practice and move forwards to meet the needs of a changed and changing society. The ability of cultural learning to explore, test and model new forms of approach actually place it at the forefront of new practice, should it choose to take this path.
RE A SSEMBLAGE The question of what is to be done regarding learning in cultural institutions comes at a time when fundamental questions are being asked about the ways in which we organise our social learning systems more broadly. I have tried to outline the many research papers, books and discursive documents that are currently available and under discussion, which attempt to offer alternatives, or at least explore the current problems within educational practice that need 23 Brian McMaster: Supporting Excellence in the Arts. From Measurement to Judgement, London: Department for Culture, Media and Sports (DCMS) 2008, www.culture.gov. uk/images/publications/supportingexcellenceinthearts.pdf of 1 st February 2009.
Anna Cutler £Learning with Young People in Cultural Institutions
to be addressed. It is clear, whichever way one looks at learning, that practice is changing and more value is being given to participative, collaborative learning methods that also enable more flexible methods of generating and applying new knowledge. The move towards creativity in the primary curriculum is one such example of this. I have argued that these changes in practice can be aligned with long-term, non-declarative memory and habits of mind. I have also argued that cultural learning gives additional emotional and social value that do not find a place easily within our education system. Despite cultural learning being perceived in our society as having less value than »formal« and examined learning, I have laid claim that the kinds of learning that take place can in fact offer something of benefit to the education system per se and that we are in a position to trial, test and model learning with our educational colleagues, and indeed across disciplines and sectors. In the preface to Studio Thinking David Perkins writes – exposing an attitude all too familiar to many of us – »[…] maybe this is the sort of messing around we can afford when we’re not dealing with high-stakes core subject matters« and responds to this kind of perspective with »[…] what if, far from a fantasy world, studio learning turns out to be much more realistic regarding the way learning really works than most typical classroom settings?«24 Questions surrounding cultural learning and habits of mind can be, I believe, significant drivers in the shifts in education we are seeing because, like Studio Thinking, they invest in an alternative approach to the norm. They privilege metacognitive processes and long-term learning, two important features that are required for a flexible, knowledge-based economy that seek the application of knowledge in new ways to generate new outcomes for innovation. Rather than sitting back and waiting for changes and solutions to fall upon us, I am arguing for cultural learning to put itself at the heart of change, using its very »otherness« to enable it to take the kinds of risks that education may not be able to take and to do this based on the range of theoretical perspectives borne out of research through practice. I am suggesting the reassembling, not just of the content, methods of approach, time and space, but also of the system and attitude towards learning, an attitude that often manifests itself as a »department« rather than the actual experience. Within this, there is detail to be had. There is a need to examine the knots of cultural learning and begin to unpick them whilst trialling new ideas and programmes. These too need to be reformulated to reflect the global shifts in learning as outlined above. There is a need to understand that cultural learning is more than time spent away from core subjects, we are very far from messing around, we are seeking to find ways of learning that are deep and 24 See footnote 13.
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lasting, indeed cultural learning can bring a significant range of learning practices and habits of mind to the table. Like Lenin we need to be considering how to apply theory to practice and this will be complicated given the many complex institutions, extrinsic demands and internal resources that need to be considered. Unlike Lenin we can do it with others rather than in opposition to them. No-one, I don’t think, has ever deliberately set out to make tangles, sometimes they simply appear. Some means of reassemblage will be not just possible, but I imagine an exciting episode in the history of cultural learning. And with this in mind, Sandra has offered to pop on the samovar and let things simmer for a while, she hadn’t imagined that there was quite so much that could be done.
BIBLIOGR APHY Bear, Mark F./Connors, Barry W./Paradiso, Michael A.: Neuroscience: Exploring the Brain, Baltimore, MD: Lippincott Williams and Wilkins 2001 (2nd ed.). Bentley, Tom: Learning beyond the Classroom: Education for a Changing World, London: Routledge 1998. Department for Education and Skills (ed.): 2020 Vision. Report of the Teaching and Learning in 2020 Review Group, London 2006, http://publications. teachernet.gov.uk/eOrderingDownload/6856-DfES-Teaching%20and%20 Learning.pdf of 12th January 2009. Dierking, Lynn/McCrady, Dale/Frankel, Diane/Adelman, Leslie: »Facilitating and Documenting Family Learning in the 21st Century«, in: Current Trends in Audience Research and Evaluation, Vol. 15, May 2002. Fiske, Edward B. (ed.): Champions of Change: The Impacts of the Arts on Learning, Washington, DC: Arts Education Partnership 1999. Heath, Shirley Brice/Wolf, Shelby: Visual Learning in the Community School: Art is all about Looking: Drawing and Detail, London: Arts Council England 2004. Hetland, Louis/Winner, Ellen/Veenema, Shirkey/Sheridan, Kimberly M.: The Real Benefits of Visual Arts Education, New York and London: Teachers College, Columbia University 2008. Holden, John: Culture and Learning: Towards a New Agenda, London: Demos 2008, www.cloreduffield.org.uk/cms/user_files/files/C&LFinal26Feb08. pdf of 12th January 2009. Korn, Randi & Associates, Inc: Teaching Literacy through Art, New York: Solomon R. Guggenheim Museum, 2007. Leadbeater, Charles: What Next? 21 Ideas for 21st Century Learning, for the In-
Anna Cutler £Learning with Young People in Cultural Institutions
novations Unit, DCFS, www.innovation-unit.co.uk/images/stories/whats_ next_-_21_ideas_final.pdf of 12th January 2009. McMaster, Brian: Supporting Excellence in the Arts. From Measurement to Judgement, London: Department for Culture, Media and Sports (DCMS) 2008, www.culture.gov.uk/images/publications/supportingexcellenceinthearts.pdf of 1st February 2009. National College for School Leadership (ed.): Leading Personalised Learning in Schools, 2006, www.ncsl.org.uk/media-578-c9-leading-personalisedlearning-in-schools.pdf of 12th January 2009. Robinson, Ken: Out of Our Minds: Learning to be Creative, Oxford: Capstone 2001.
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SCHNEEBÄLLE UND FUNKEN. MUSEEN, KEYWORKER UND DIE FOLGEN
Gabriele Stöger »Die Philosophie des Museums (IMMA) beruht auf der Auffassung, dass Kunst mit Bedeutung verknüpft ist, aber dass diese Bedeutung nicht in den Kunstwerken selbst liegt, sie wird konstruiert in Beziehung zwischen dem Kunstwerk und der Person, die dem Kunstwerk begegnet.« (Keyworker, Dublin)
MUSEEN
IN
B E W E G U N G?
Menschen lernen ihr ganzes Leben hindurch, warum also nicht in Museen und an anderen Kulturstätten in ihrer Umgebung? Häufig wird behauptet, dass Museen für alle da sind. Dennoch bevorzugen es viele Menschen, diese Einrichtungen nicht zu besuchen. Sie fühlen sich durch die Museumskultur nicht angesprochen. Objekte und Präsentation haben anscheinend nichts mit ihnen zu tun. Viele Menschen betrachten Museen daher nicht als ihr kulturelles »Eigentum« und schließen sie als Aufenthaltsorte für Freizeitbeschäftigung und Bildungsaktivitäten aus. »Für wen sind Museen da?«, fragten wir während eines früheren Projekts einen Lehrling und seine Antwort war so kurz wie beschämend: »Für mich nicht.« Ich bin aufgrund meiner Projekterfahrungen dennoch fest überzeugt, dass sowohl bisher nicht repräsentierte Gruppen als auch die Museen und andere kulturelle Einrichtungen davon profitieren, wenn sie sich um Zusammenarbeit mit »museumsfernen« Menschen bemühen, ja sogar, dass sich beide Seiten (positiv) verändern können. Aber – wie lässt sich erreichen, dass der Funke überspringt? Und Achtung, Funken sind nicht ungefährlich, sie können einen Brand auslösen! Ein Schlüsselwort lautet:
P A R T I Z I PAT I O N 1 Partizipation (vom Lateinischen partizipatio) wird meist mit »Teilhabe«, »Teilnahme«, »Beteiligung« oder »Mitwirkung« übersetzt. »Von etwas, was ein anderer hat, etwas abbekommen, teilhaben« (Duden). »[…] Aktivitäten […],
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Siehe dazu: Cornelia Ehmayer: Kulturvermittlung und Partizipation, Wien: Büro für Kulturvermittlung 2002.
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die den jeweiligen Betroffenen Einsicht und Einfluss bei Planungs- und Entscheidungsprozessen geben sollen«.2
Aktivieren
Einfluss nehmen
Mitbestimmen
Mitgestalten
Selbst gestalten
Intensitäten kultureller Partizipation
WI E ZUR
W E R D E N N I C H T -T E I L N E H M E R I N N E N M I T W I R K U N G G E W O N N E N?
Es reicht nicht, sich Angebote auszudenken und darauf zu vertrauen, dass die Leute schon kommen werden. Es braucht mehr, nämlich: • Aufforderung, Aktivierung, »Animation« (durch Partnerschaften und/oder »Keyworker«): es lohnt sich, aus dem Museum hinauszugehen. • Die Angebote sollen artikulierten – nicht vermuteten – Bedürfnissen entsprechen – dafür braucht es den Dialog. • Bei Partnerschaften gilt das Prinzip der Wechselseitigkeit (beide Teile profitieren von der Zusammenarbeit). • Es müssen ausreichend Zeit und (Personal-)Ressourcen zur Verfügung stehen, neue Zielgruppen gewinnt man nicht über Nacht. • Es braucht Kontinuität, damit die Mitwirkung auch nachhaltig wird.
WA S
UND WER IST EIN
K E Y W O R K E R?
Keyworker sind nach unserer Definition beruflich oder ehrenamtlich tätige Personen, die nicht am Museum beschäftigt sind und die als VermittlerInnen zwischen der Institution und einem breiten und repräsentativen Erwachsenenpublikum (einschließlich Jugendlicher) agieren: • z.B. JugendbetreuerInnen, KünstlerInnen, ErwachsenenbildnerInnen, HandwerkerInnen, GemeinwesenarbeiterInnen, ehrenamtliche MitarbeiterInnen oder öffentliche Bedienstete, die im Stadtraum arbeiten; • Personen, die als VermittlerInnen zwischen der Institution und den Publikumsgruppen agieren, die dem Museum sonst meist fern bleiben; • Personen, die eine Beziehung zu Museen, Galerien, historischen und anderen Sehenswürdigkeiten haben und; 2 Vgl. Bernd Rohrmann: »Partizipation und Protest«, in: Lenelis Kruse/Carl Friedrich Graumann/Ernst-Dieter Lantermann (Hg.), Ökologische Psychologie. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen, München: Psychologie Verlags-Union 1990, S. 645-653.
Gabriele Stöger £Museen, Keyworker und die Folgen
•
Personen, welche die Bereitschaft mitbringen, andere zu ermutigen und zu unterstützen, ihre Erfahrungen zu teilen.
Menschen, denen Museen fremd sind, gehen dann eher in eine Ausstellung, wenn sie dort etwas Vertrautes, einen Bezug zum eigenen Leben, ein Stück der eigenen Geschichte oder eine vertraute Ansprechperson vorfinden. Beispiel 1: Sokrates-Projekt »Museen, Keyworker und Lebensbegleitendes Lernen«
Der Begriff »keywork« wurde in diesem Zusammenhang erstmals vom Victoria and Albert Museum, London, für ein Projekt mit der indischen Community verwendet. Das Konzept wurde anschließend in das Projekt »Museen, Keyworker und Lebensbegleitendes Lernen« (1998-2001)3 eingebracht, gefördert aus dem Sokrates-Erwachsenenbildungsprogramm der EU. Das Keyworker-Konzept wurde von den ProjektpartnerInnen in unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten erprobt und erwies sich als erfolgreiches Instrument: Es gelang damit, Menschen anzusprechen, die bisher keine Erfahrung mit Museen und für die auch Museen wenig Interesse hatten. In der Dokumentation werden das Konzept und fünf Pilotprojekte vorgestellt, an denen – trotz ihrer Verschiedenheit – die wichtigsten Gemeinsamkeiten zu sehen sind, die eine erfolgreiche Kommunikation mit neuen Publikumsgruppen erleichtern. Keyworker waren in den Projekten: • SeniorInnen • Personen, deren Arbeitsplatz die Stadt ist • Jugendliche aus benachteiligten Wohnvierteln • MigrantInnen aus den ehemaligen afrikanischen Kolonien • Lehrlinge Die Projekte im Detail: Das Irish Museum of Modern Art (IMMA), Dublin, arbeitet seit vielen Jahren mit SeniorInnen im Alter von 64 bis 88 Jahren. Im Rahmen des SOKRATESProjekts wurden diese nicht nur immer mehr in die alltägliche Museumsarbeit 3 Vgl. Gabriele Stöger/Annette Stannett (Red.): Museen, Keyworker und Lebensbegleitendes Lernen: Gemeinsame Erfahrungen in fünf Ländern, Wien: Büro für Kulturvermittlung 2001 (noch erhältlich als Buch in englischer oder als pdf in deutscher Sprache über www.kulturkontakt.or.at/upload/medialibrary/BOOKgerman_7619. pdf vom 1. Februar 2009).
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integriert, sie kuratierten auch eine Ausstellung und übernahmen allmählich selbst die Rolle von Keyworkern. Das Victoria and Albert Museum (V&A), London, hat Jugendliche aus den Nachbarbezirken eingeladen, sich im Museum aktiv zu betätigen. Die Jugendlichen, die zuvor nie im V&A gewesen waren, produzierten im Lauf des Projekts drei Newsletter für Gleichaltrige und erstellten eine Web-Site. Einige führen mittlerweile selbst Jugendliche durch das Museum (Youth guides). Stockholm Education in Stockholm wendet sich an Menschen, deren Arbeitsplatz der Stadtraum ist. Sie wurden durch das Projekt dazu angeregt, die kulturellen Aspekte ihrer Arbeitsumgebung zu erforschen. Dieses neue Wissen bereichert nicht nur ihren eigenen Arbeitsalltag, sondern wird von ihnen auch an BesucherInnen der Stadt weitergegeben. Das Büro für Kulturvermittlung, Wien, war jahrelang darum bemüht, österreichischen Lehrlingen während ihrer Ausbildungszeit Gelegenheit zur aktiven Beschäftigung mit Kultur zu geben. 4 Im Ars Electronica Center, dem »Museum der Zukunft« in Linz, produzierten Lehrlinge das Video »Our Point of View«. Damit zeigen sie ihren gleichaltrigen KollegInnen, was sie an diesem Museum interessant finden. Durchgeführt hat das Projekt perspektiva kulturservice. Das Stadtmuseum von Vila Franca de Xira, Portugal, ist bestrebt, enge Beziehungen zu lokalen Gruppen herzustellen. MigrantInnen aus den früheren Kolonien in Afrika waren eingeladen, das Museum zur Erforschung ihrer eigenen Wurzeln mittels Musik, Geschichte, Erzählungen und traditioneller Küche zu benützen. Auch wenn diese Projekte als solche inzwischen abgeschlossen sind, so haben doch die Konzepte auf die Arbeit der Institutionen weiter gewirkt.
4 Aus der Projektreihe »Das Nützliche und das Fremde« – Kulturvermittlungsarbeit mit Lehrlingen – des Büro für Kulturvermittlung ist nach dessen Integration in KulturKontakt Austria das Programm K3 hervorgegangen, das mit seinen verschiedenen Modulen das Ziel verfolgt: Die Lehrlinge ausgehend von ihrer eigenen Arbeits- und Lebenswirklichkeit im kommunikativen Austausch mit Kulturschaffenden und KünstlerInnen zu kultureller Eigenaktivität zu motivieren. Damit angesprochene Faktoren wie »Soziales Handeln«, »Teamfähigkeit« und nicht zuletzt »Kreativität« eröffnen den Lehrlingen heute berufsnotwendige Zusatzqualifikationen (siehe www.kulturkontakt.or.at).
Gabriele Stöger £Museen, Keyworker und die Folgen
Beispiel 2: Spezialpreise für Kommunikation mit Museen (2001-2002)
Als eine unmittelbare Folge des Sokrates-Projekts »Museums, Keyworkers and Lifelong Learning« wurde in Österreich 2001 erstmals durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und kulturelle Angelegenheiten, gemeinsam mit dem Österreichischen Projektpartner Büro für Kulturvermittlung der »Spezialpreis für Kommunikation mit Museen« ausgeschrieben, der für besondere Leistungen im Funktionsbereich der Vermittlung im Sinne der Kommunikationsarbeit für und mit MuseumsbesucherInnen vergeben wurde. Durch die Ausschreibung des Preises sollen • Museen motiviert werden, sich längerfristig um die Einbeziehung neuer Schichten von BesucherInnen zu bemühen, die derzeit dem Museum fernbleiben; • andere (insbesondere Erwachsenen-)Bildungseinrichtungen motiviert werden, das Bildungspotential von Museen für informelle Bildungsprozesse verstärkt zu nutzen; • KulturvermittlerInnen und ErwachsenenbildnerInnen motiviert werden, neue Methoden zu präsentieren, wie die Beziehung zwischen Museen und Publikum zu einer für beide Teile fruchtbaren Kooperation werden kann. Die Ausschreibung war ein großer Erfolg: Es kamen an die 60 Einreichungen, sodass der Preis 2002 ein weiteres Mal für »Innovative Projekte in Partnerschaften« vergeben wurde. Mit dem »Spezialpreis für Kommunikation mit Museen« sollte das Augenmerk vor allem auf die Frage des Umgangs mit BesucherInnen, aber auch auf die Bemühungen um Nicht-BesucherInnen und die Kooperationen mit Partnern gelegt werden. Als Preisgeld konnten einmal 3.600 Euro, einmal 4.700 Euro vergeben werden. Beispiel 3: SeniorInnen als Keyworker
Angeregt durch eine Exkursion nach Düsseldorf und einen »ExpertInnendialog zur Methode Keywork« im Januar 2004 und einer Fachtagung des Büro für Kulturvermittlung5 im Oktober 2004,6 an der Karin Nell vom »Evangeli5 Das Büro für Kulturvermittlung ist mittlerweile aufgelöst, die MitarbeiterInnen und ihre Arbeitsbereiche wurden von KulturKontakt Austria übernommen. 6 Vgl. Franjo Steiner: Keywork – Kulturarbeit mit Senioren und Seniorinnen, Tagungsdokumentation, Wien: KulturKontakt Austria 2004, www.kulturkontakt.or.at/upload/medialibrary/Doku-Fachtagung-1_6954.pdf vom 8. Februar 2009.
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schen Bildungswerk« Düsseldorf und Helena Friman, Stockholm Education, ihre erfolgreichen Projekte vorstellten, konzentrierte sich die Arbeit nun auf SeniorInnen. Für diese Zielgruppe herrschten die besten organisatorischen und personellen Voraussetzungen und an ihnen bestand in Österreich besonderes Interesse. »Kultur auf Rädern« 2005-2007 In Anlehnung an die Arbeit von Karin Nell und analog zur Einrichtung »Essen auf Rädern« wurden 2005 die ersten Seminare mit dem Titel »Kultur auf Rädern« durchgeführt, zwei weitere folgten 2006 und 2007. Das Weiterbildungsangebot wandte sich an kunst- und kulturinteressierte Menschen ab 60 Jahren, die ihre Lebens- und Berufserfahrung für eine ehrenamtliche Tätigkeit nutzen wollten. Die Seminarreihe wollte nun keinesfalls eine kostenlose Konkurrenz für die professionellen KulturvermittlerInnen heranbilden. Daher wurden sie in die Pilotprojekte eingebunden, die die TeilnehmerInnen am Ende der Seminarreihe dann durchführten. Die Idee war, SeniorInnen als »Keyworker« für die Zusammenarbeit mit Pensionistenhäusern zu gewinnen, um denjenigen Menschen dort eine Beschäftigung mit Kultur zu ermöglichen, die nicht mehr mobil sind. Partner in diesem Projekt waren PensionistInnenwohnheime und Kultureinrichtungen, die Zielgruppe für die Seminare waren Personen im nachberuflichen Leben, die gerne mit älteren Menschen arbeiten. Mittels Vorträgen und Erkundungen der Museen in Form von Modulen und einem Abschlussprojekt, das in Kooperation mit einer Kultureinrichtung durchgeführt wurde, und das KulturKontakt Austria mit Know-how und finanziell unterstützte, wurden die zukünftigen »Keyworker« auf ihren neuen Arbeitsbereich vorbereitet. Einige Projektbeispiele: Kunstfrühstücken und Kof ferzentrale An zwei sehr unterschiedlichen Kulturorten in Klosterneuburg bei Wien, im Stift und im Essl Museum, findet das »Kunstfrühstücken« statt. Jedes gemeinsame Frühstück im Atelier steht unter einem Motto und stimmt auf einen Ausflug in die jeweils aktuelle Ausstellung ein. Frühstück und Tischdekoration sind auf das Thema abgestimmt, bei der Vorbereitung wirken die SeniorInnen mit. Abschließend gibt es immer eine Praxisphase, in der die TeilnehmerInnen mit verschiedensten Techniken experimentieren können. Aus dem Frühstücken wurde auch ein mobiles Angebot mit Koffern entwickelt, in denen Materialien gesammelt sind, die es ermöglichen, das Kunstfrühstücken auch zu nicht mehr mobilen SeniorInnen zu tragen. – Die Nachfrage hierfür ist steigend.
Gabriele Stöger £Museen, Keyworker und die Folgen
Kultur einst und jetzt Mit einem Koffer voller Informationen und Materialien aus der Geschichte des Wiener Gemeindebezirks Meidling (Stadtpläne, Bücher, Hefte, Fotos aber auch Gegenstände und Musik) besuchen Keyworker SeniorInnen in diesem Gemeindebezirk, die nicht mehr am kulturellen Leben teilnehmen können und zu Hause von mobilen Besuchsdiensten betreut werden. Die Idee, eine Art regelmäßigen »Kulturbesuchsdienst« einzurichten, konnte bislang aber noch nicht realisiert werden. An diesem Projekt waren die Mobilen Dienste der Caritas, das Wiener Hilfswerk sowie das Bezirksmuseum Meidling und das Österreichische Theatermuseum als Partner beteiligt. Insgesamt wurden von den angehenden Keyworkern im Rahmen von »Kultur auf Rädern« 14 Abschlussprojekte geplant und größtenteils durchgeführt. Daraus ergaben sich Kooperationen zwischen Kultureinrichtungen und PensionistInnenwohnheimen sowie Angebote für nichtmobile Personen. Kultureinrichtung und Sozialeinrichtung profitierten jeweils voneinander, MitarbeiterInnen von Kultureinrichtungen lernten auf diese Weise eine neue Zielgruppe kennen und die SozialarbeiterInnen wirkten zum Teil als AnimatorInnen. Wesentlich ist bei einer solchen Kooperation auch eine klare Struktur: Wer ist für was zuständig? Wer ist AnsprechpartnerIn? Wieviel Zeit und welches Budget gibt es? Zusätzlich zu kurz- oder längerfristigen Kooperationen hat die Seminarreihe auch einen Bewusstseinsprozess ausgelöst, sowohl innerhalb der Institutionen als auch bei den Beteiligten. »Kultur auf Rädern« wurde 2007 abgeschlossen, da sich KulturKontakt Austria in der Reihe »Kulturvermittlung in neuen sozialen Kontexten« nun den MigrantInnen als Zielgruppe und Keyworker zuwandte und mit ihnen ein neues Programm gestartet hat. »Unternehmen Schneeball« Auch für das »Unternehmen Schneeball« des Österreichischen Museums für Volkskunde (2004-2008) war das Projekt »Museums, Keyworkers and Lifelong Learning« ein Impulsgeber und Ideenbringer. Gesucht wurden teamfähige, kommunikative und neugierige Mitglieder des Vereins für Volkskunde, die einige Stunden im Monat für kulturelle Tätigkeit verwenden wollten. Der Aufruf erfolgte über eine Beilage im vereinsinternen Mitteilungsblatt. Nach zwei Basiskursen für etwa je zehn Keyworker konnten die AbsolventInnen noch einen aufbauenden Ausstellungs-TutorInnenlehrgang besuchen. Daraus entstand eine Kerngruppe von Keyworkern (ca. zwölf Personen um die 70 Jahre alt), die ihr eigenes Netzwerk ins Museum mitbringen. Sie benutzen einerseits selbst das Museum, äußern Wünsche und bringen auch dem Haus Nutzen. So wurden aus langjährigen Mitgliedern durch Zusatzausbildung aktive Engagierte, die nun auch höherwertige Aufgaben erfüllen können (es geht ja nicht nur um ein Mithelfen beim Etikettieren!).
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Auf die Frage nach den Erwartungen der Teilnehmenden für die Zukunft der Gruppe kamen folgende Anregungen: Regelmäßige Treffen zum Erfahrungsund Wissensaustausch, Reisen, Exkursionen, Vorträge, Mitarbeit im Museum, gemeinschaftliches Auftreten bei der Gestaltung von Veranstaltungen, gemeinsame Projekte entwerfen und durchführen. Als Mitglied der ARGE Schneeball können sie auch heute noch in den verschiedenen Funktionsbereichen von Verein und Museum mithelfen, z.B. bei Veranstaltungen wie »Lange Nacht«, Assistenz bei Führungen oder bei Depotarbeiten. Das geschieht überwiegend auf ehrenamtlicher Basis (gelegentlich ist die Mitarbeit für das Mitglied der ARGE auch mit einem Einkommen verbunden, etwa als KursleiterIn der VHS oder als AkteurIn im Rahmen von Kinderund Familienprogrammen). Nicht zu unterschätzen ist der soziale Aspekt. Aus der ursprünglichen Idee, den Verein zu beleben und die Vereinsmitglieder zu aktivieren, ist nun eine Zusammenarbeit von engagierten Mitgliedern mit Eigendynamik geworden, eine mehr oder weniger fixe Gruppe, die sich regelmäßig trifft. Die Mitglieder organisieren sich und motivieren einander mittlerweile selber und äußern ihre Interessen. Derzeit ist noch ein Lehrgang für neue Interessierte in Planung, die »alten Schneebälle« sollen als ReferentInnen eingesetzt werden, damit sie ihr Wissen einbringen können.
UND
DER
FUNKE
SPRINGT WEITER
…
Es wäre interessant festzustellen, inwieweit dieses Konzept auch schon in Deutschland Anwendung findet, vielleicht auch unter anderem Namen? Vielleicht regen die genannten Beispiele an, diese neuen Zielgruppen anzusprechen und gemeinsame Projekte zu entwickeln. Eine wesentliche Grundlage der Arbeit mit Keyworkern ist das Verständnis von Bildungsarbeit in Museen, das auf dem Respekt für die Bedürfnisse und Erwartungen von lernenden Erwachsenen und Jugendlichen beruht: Jedes Mitglied der Gesellschaft ist ExpertIn in Bezug auf das eigene Leben und die Ereignisse und Erfahrungen, die es geformt haben. Diese ExpertInnen sind es, nicht die Museumsleute, die letztlich besser wissen, wie sie das Potential des Museums am besten für sich selbst und ihre Gruppe nutzen können. Museen sind nicht nur Orte der Bewahrung und der Interpretation von Objekten. Im Idealfall sind sie mediale Zentren, Archive, Gemeindetreffpunkte, Studienzentren, Orte für Kunstveranstaltungen und Ausbildungseinrichtungen ebenso wie Akteure sozialer Veränderungen. Sie sind offen für Menschen jeglichen Alters und jeglichen kulturellen und sozialen Hintergrunds. Damit stellen sie nahezu universelle öffentliche Bildungszentren dar. In diesem Sinn mag
Gabriele Stöger £Museen, Keyworker und die Folgen
das »Museum« zu einem kleinen Teil in dem Gebäude existieren, das wir gewöhnlich so nennen, der Großteil seiner Ressourcen, liegt jedoch außerhalb.7
L I T E R AT U R Ehmayer, Cornelia: Kulturvermittlung und Partizipation, Wien: Büro für Kulturvermittlung 2002. KulturKontakt Austria (Hg.): Kultur auf Rädern. Kulturvermittlung mit SeniorInnen, Wien: KulturKontakt Austria 2. Auflage 2008. KulturKontakt Austria (Hg.): Projektdokumentation »Programm K3 – Kulturvermittlung mit Lehrlingen«, Wien: KulturKontakt Austria 2008, vgl. www.kulturkontakt.or.at/upload/medialibrary/K3200730_04_2008_Kern_WEB. pdf vom 1. Februar 2009. Rohrmann, Bernd: »Partizipation und Protest«, in: Lenelis Kruse/Carl Friedrich Graumann/Ernst-Dieter Lantermann (Hg.), Ökologische Psychologie. Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen, München: Psychologie Verlags-Union 1990, S. 645-653. Steiner, Franjo: Keywork – Kulturarbeit mit Senioren und Seniorinnen, Tagungsdokumentation, Wien: KulturKontakt Austria 2004, vgl. www.kulturkontakt.or.at/upload/medialibrary/Doku-Fachtagung-1_6954.pdf vom 8. Februar 2009. Stöger, Gabriele/Stannett, Annette (Red.): Museen, Keyworker und Lebensbegleitendes Lernen: Gemeinsame Erfahrungen in fünf Ländern, Büro für Kulturvermittlung, Wien 2001, erhältlich als Buch in englischer oder als pdf.file in deutscher Sprache über www.kulturkontakt.or.at/upload/medialibrary/BOOKgerman_7619.pdf vom 1. Februar 2009.
7 Vgl. G. Stöger/A. Stannett (Red.): Museen, Keyworker und lebensbegleitendes Lernen, Wien: Büro für Kulturvermittlung 2001, S. 70.
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D E R S PA G AT D E S T AU S E N D F Ü S S L E R S . TENDENZEN DER MUSEUMSVERMIT TLUNG IN DEN NIEDERLANDEN
Arja van Veldhuizen »8.30 Uhr: E-Mails checken, schnell den Bericht für die anstehende Sitzung lesen. 9.00 Uhr: Brainstorming über Aktionen für Kinder in den Frühjahrsferien. 9.45 Uhr: Es ist Besuch da: ein Kollege der Jugendkunstschule, mit dem wir ein Projekt für neunjährige Kinder planen. 11.00 Uhr: Teambesprechung. Wir sprechen über die Beschwerde eines Besuchers über einen zu enthusiastischen Kindergeburtstag, die vom Sicherheitsdienst gemeldet worden ist. Die Kinder stören mit ihrem Gelächter die genüsslichen Betrachtungen anderer Besucher. Ob wir zukünftig etwas dagegen tun können? Nach dem Mittagessen hospitiere ich bei einer freien Mitarbeiterin, die eine Gruppe, die ›Niederländisch als Zweitsprache‹ lernt, betreut. Von Zeit zu Zeit hospitieren wir bei den freien Mitarbeitern, um ihnen Feedback geben zu können und gleichzeitig die Qualität zu überprüfen. Die Führung dauert länger, aber ich bin noch rechtzeitig bei der Sitzung des Projektteams für die Sonderausstellung im nächsten Jahr. Nun, da die Themenstränge der Ausstellung herauskristallisiert sind, müssen wir sehr darauf achten, dass der ›Vermittlungsschiene‹ genügend Platz eingeräumt wird. Die Kuratorin neigt nach wie vor dazu, sie als Nebenprodukt zu sehen. Warum begreift sie immer noch nicht, dass die Stärke in der Integration liegt? Nur nicht nachgeben, dann klappt das letztendlich schon! Ich werde aus der Sitzung gerufen, weil der Laterna-magica-Spezialist am Telefon ist. Er macht kommendes Wochenende eine Vorführung und will wissen, ob er hier auch parken kann. Müssen die mich deshalb aus der Sitzung rufen? Am Ende des Nachmittags noch gerade etwas Zeit, um E-Mails zu beantworten. Es sind doch immer mehr, als man denkt. Ich sehe, dass die Evaluationsergebnisse des ›Kulturmenüs‹ (eines Kooperationsprogramms von Schulen mit Museen) da sind. Und auf den ersten Blick sehe ich, dass unser Beitrag zu diesem Programm sowohl durch die Schulen als auch durch die Schüler gut beurteilt worden ist, schön!«
Dies ist ein fiktives Tagebuch eines fiktiven Tages eines fiktiven Museumsvermittlers in den Niederlanden. Es gibt aber ein realistisches Bild von der Situation in den Niederlanden im Jahr 2008 ab. So ist es jedoch nicht immer gewesen! In meinem Beitrag skizziere ich kurz die Geschichte der niederländischen MuseumsvermittlerInnen. Ich gehe mit Siebenmeilenstiefeln von Station zu Station und komme schließlich beim Trendgutachten Museumsvermittlung 2007 an, das im Oktober 2008 erschienen ist. Deren wichtigste Ergebnisse werde ich im Folgenden zusammenfassen und mit einigen aktuellen Tenden-
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
zen und ein paar konkreten Beispielen der Museumsvermittlung in den Niederlanden abschließen.
WO
K O M M E N W I R H E R?
Eine Skizze der Entwicklung der Museumsvermittlung in den Niederlanden, beginnend bei der Situation um 1950. Bis ca. 1952: (Museums-)FührerInnen
In dieser Zeit stehen auf dem Menüplan der Museumsvermittlung eigentlich nur zwei Gerichte: Vorträge/Lesungen und Führungen von Ehrenamtlichen oder KuratorInnen, die diese Aufgabe neben ihrer eigentlichen Arbeit ausüben. 1953-1967: Pioniere
Dies ist die Zeit der Pioniere, in der einige Museen pädagogische Abteilungen einrichten: das Gemeentemuseum Den Haag, das Rijksmuseum Amsterdam, das Museum Boymans-van Beuningen Rotterdam, das Ethnologische Museum Leiden. Es handelt sich meistens um (große) Kunstmuseen. »Fräuleins« werden als Pädagoginnen angestellt, die innerhalb des Museumspersonals eine niedrige Position einnehmen. Schwerpunkte: Persönlichkeitsbildung, Grundschulen (insbesondere zehnbis zwölfjährige SchülerInnen). 1967-1980: Vermittlungsabteilungen, Blüte der Museumsvermittlung, Emanzipation, Museum im Zentrum der Gesellschaft.
1967 wird die »Sektion Vermittlungsabteilungen« der Niederländischen Museumsvereinigung gegründet (Nota bene: CECA, das »Committee of Education and Cultural Action« von ICOM, wurde 1952 gegründet. Die Niederländer sind seit den 60er Jahren sehr aktiv darin, vor allem KollegInnen aus den eben genannten Pionier-Museen). Dies ist eine »boomende« Zeit für die Museumsvermittlung: Viele Museen gründen eigene Abteilungen. Die neu angestellten »MitarbeiterInnen für die Vermittlung« experimentieren mit neuen Methoden. Diese sind oft arbeitsintensiv, wie z.B. persönlich durchgeführte Programme und Werkstätten. Viel Aufmerksamkeit wird besonderen »Emanzipationsgruppen« gewidmet, auch
Arja van Veldhuizen £Tendenzen der Museumsvermittlung in den Niederlanden
als »schwierige Gruppen« bezeichnet. Darunter sind Menschen mit Handicaps, Ältere, Frauen von der Abendschule, »junge Berufstätige«, die »normale« Frau/ der »normale« Mann und manchmal sogar schon kulturelle Minderheiten. Die Position der Vermittlungsarbeit innerhalb des Museums verbessert sich, steht aber immer noch neben der »normalen« Museumsarbeit. Die Vermittlungsabteilungen bekommen eigene Räume, oft allerdings auf dem Speicher oder im Keller … (so lange die BesucherInnen keine Unannehmlichkeiten damit haben). Schwerpunkte: Kritische Einstellung, sich selbst äußern, Expressivität. 1980-1995: Einsparungen, Ef fektivität, Versachlichung, von der Bildung zur Werbung, Verselbständigung
Diese Zeit steht in einem großen Kontrast zu der vorigen. Die Museen entdecken, dass Geld wieder eine Rolle spielt. Besucherzahlen werden lebenswichtig, nicht mehr Besucherdifferenzierung. Quantität zählt, nicht Qualität. Die großen Erwartungen hinsichtlich der Vermittlungsarbeit in den 70er Jahren sind nicht Wirklichkeit geworden; Museumsvermittlung verliert an Status. Viele »Vermittlungsabteilungen« ändern ihren Namen in »Abteilung Kommunikation/Präsentation«. Viele MuseumspädagogInnen beginnen auch PRArbeit zu machen. Das »lohnt« eher als die Bildungs- und Vermittlungsarbeit. Interessant ist, dass Kunstmuseen sich anders entwickeln als andere Museen. In den meisten Kunstmuseen werden die Vermittlungsabteilungen mit dem Blick auf Effizienz abgeschafft: Man geht zurück zu »höherer« Kunst, die nicht länger durch Information gestört wird. Menschen müssen nicht gezwungen werden, Kunst anzuschauen. Das Publikum, das kommen will, kommt auch so. Die von vielen geliebten Museumswerkstätten werden aufgegeben. »Es muss irgendwann mal Schluss sein mit dem Töpfern und Kleben auf dem Speicher.« Andere Museen setzen auch auf Effizienz, aber auf eine ganz andere Art und Weise. Sie übersetzen das mit: Wir müssen das Spektrum unseres Publikums erweitern. Darum müssen wir wissen, was das Publikum will und versuchen, Wiederholungsbesuche anzuregen. Dies führt unter anderem dazu, dass • man mit neuen Präsentationsmethoden experimentiert, wie z.B. Dioramen, Inszenierungen, Rekonstruktionen, audiovisuellen Medien. • In der Vermittlungsarbeit verschiebt sich der Akzent von GruppenbesucherInnen auf EinzelbesucherInnen unter anderem durch offene Veranstaltungen und einen größeren Einfluss der Besucherorientierung bei der Ausstellungsgestaltung.
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Schulgruppen sind uninteressant. Sie sind eher eine Belastung im täglichen Museumsleben. Vermittlungsmethoden dürfen nicht arbeitsintensiv sein, wie z.B. Suchspiele, Unterrichtsmaterialien und einführende Diaserien. Es ist keine Zeit für persönlichen Kontakt. Als ich beispielsweise 1986 als Museumsvermittlerin begann, hatte ich mit strikten Vorgaben zu tun: Im Historischen Museum von Amsterdam musste ich mir museumsdidaktische Arbeitsformen ausdenken, die in Eigenregie ausgeführt werden konnten. Für das Tropenmuseum galt damals die Norm von maximal 20 Minuten Begleitung pro Gruppe. Firmengruppen sind interessanter. Darum ist für diese Gruppen die vorher verschmähte Führung wieder erlaubt. Diese kostet die museumspädagogischen MitarbeiterInnen keine Zeit, weil die Führungen oft an freie MitarbeiterInnen und Ehrenamtliche abgegeben werden.
Obwohl das meiner Meinung nach eine schlechte Zeit für die Vermittlungsarbeit im Museum war, hat damals auch eine positive Entwicklung eingesetzt: Im Streben nach größerer Besucherfreundlichkeit machten sich Museen auf die Suche nach neuen Wegen. Schwerpunkt: Verhältnis Zeit – Qualität; arbeitsextensive, aber effektive Produkte. 1995 bis heute: Das Museum als Betrieb, aber anerkannt als Betrieb im Non-Profit-Bereich, der auch wirtschaftliche »Produkte« liefert. Die nationale Politik fordert Veränderung: Kultur- und Schulpolitik
In den Bereichen Marketing und PR gelten nicht mehr nur Zahlen. Die Qualität eines Produktes ist wieder wichtig, um die Gunst des Publikums zu behalten. MuseumsvermittlerInnen bekommen immer mehr Aufgaben und tragen mehr zu Ausstellungen und zur gesamten Museumsarbeit bei. Zwischenzeitlich werden auch die Forderungen größer, die von verschiedenen Zielgruppen an Bildungseinrichtungen gestellt werden. Ich gehe gleich noch näher auf die niederländische Kultur- und Schulpolitik ein. Kurzum: MuseumsvermittlerInnen müssen Tausendfüßler sein! Die Folge ist, dass sie »Generalisten« werden, deren Einstellung eher aufgrund ihrer organisatorischen Qualitäten als ihrer didaktischen Fähigkeiten erfolgt. Schwerpunkte: Erlebnis, Veranstaltungen, interaktive Elemente in Ausstellungen, projektartiges Arbeiten, Zusammenarbeit mit Schulen, kulturelle Vielfalt.
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T R E N D G U TA C H T E N M U S E U M S V E R M I T T L U N G 20 07 Am 3. Oktober 2008 ist die Publikation »Museumsvermittlung in der Praxis«1 vorgestellt worden, das Trendgutachten Museumsvermittlung 2007. Vergleichbare Trendberichte erschienen in den Niederlanden 1980, 1989 und 1996. Nun waren seit der vorherigen Untersuchung über den Stand der Dinge in der niederländischen Museumsvermittlung zehn Jahre vergangen. Dieses Mal führte »Cultuurwerk Nederland« die Untersuchung durch; diese Einrichtung unterstützt im Auftrag des Staates kulturelle Bildung. Die Untersuchung bestand aus drei Teilen: 1. Analyse von Literatur(quellen) von 1995-2008; 2. Interviews mit 26 MuseumsvermittlerInnen und zwei Einrichtungen, die Museen unterstützen; 3. Umfrage unter Mitarbeitern in der Vermittlung und Direktionen von allen Museen, die Mitglieder der Museumsvereinigung sind (Rücklauf 64 Prozent). Ich selbst gehöre zu den Interviewten. Außerdem habe ich im Namen meiner Einrichtung die Fragebögen ausgefüllt.2 Die Gutachter verstehen unter »Museumsvermittlung« das formelle, das nicht-formelle und das informelle Lernen von BesucherInnen im und durch das Museum. Ziel der Untersuchung ist es, den Stand der Dinge der Museumsvermittlung im Jahr 2007 in Erfahrung zu bringen und ihn mit der Situation von vor zehn Jahren zu vergleichen. Die Ergebnisse können Museen und Behörden nutzen, um ihre eigene Arbeit und Politik darauf abzustimmen. Der Stand der Dinge wird anhand von neun untersuchten Themen aufgezeigt, die ich im Folgenden aufführen und deren wichtigste Schlussfolgerungen ich nennen werde. 1. Arbeitskraft und Mittel für Vermittlungsarbeit
99 Prozent der Museen, die geantwortet haben, betreiben in irgendeiner Weise Vermittlungsarbeit. Ihre Situation hat sich sowohl hinsichtlich der Finan-
1
Piet Hagenaars/Melissa de Vreede u.a.: Museumeducatie in de praktijk. Trendrapport museumeducatie 2007, Cultuurnetwerk Nederland (Hg.), Utrecht 2008, vgl. www.cultuurnetwerk.nl/producten_en_diensten/publicaties/default.asp vom 30. Dezember 2008.
2 Leider ist das Trendgutachten nur in niederländischer Sprache erschienen. Wahrscheinlich wird es eine englische Zusammenfassung geben.
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zierung, des Personals als auch in Bezug auf die Infrastruktur verbessert. Sie äußern positive Zukunftserwartungen. 2. Ziele der Vermittlungsarbeit
Drei Ziele werden am häufigsten genannt: • Vermittlung von Wissen und Erkenntnissen • Erhöhung des Vergnügens beim Besuch • Intensivierung von Erlebnissen/sich einfühlen (besonders oft von historischen und technischen Museen genannt) Die beiden ersten Punkte wurden bereits 1995 angeführt, aber der dritte wird nun als gleichwertig angesehen. Die folgenden Ziele sind in der letzten Zeit ebenfalls wichtiger geworden: • BesucherInnen über gesellschaftliche Fragen informieren (dies wurde von allen Museumstypen genannt) • Besucherzahlen erhöhen • Ästhetische Erfahrungen fördern Museen verfolgen also nicht eindeutig einzelne Ziele, sondern streben eine Kombination an, wobei jedes Museum eigene Akzente setzt. 3. Die Position der Vermittlungsarbeit innerhalb des Museums
Die Position der Vermittlungsarbeit ist stärker geworden. Es gibt öfter eine eigene Abteilung für Vermittlungsarbeit, ihre Daseinsberechtigung ist nicht mehr umstritten. Die Diskussion wird nun eher darüber geführt, wer den Vorrang bei den Besucheraufgaben hat (KuratorInnen, PR/Marketing-Fachleute oder VermittlerInnen?). Neu ist, dass auch Kunstmuseen Vermittlung wieder als wichtige Aufgabe sehen. Vor allem kleineren Museen fehlt jedoch für Vermittlungsarbeit immer noch ausreichend Personal und die entsprechende Infrastruktur. 4. Die Position von MitarbeiterInnen in der Vermittlung
Untersucht wurde das Verhältnis zwischen Vermittlungsarbeit und anderen besucherorientierten Aktivitäten, wie Beratung und Werbung. MuseumsvermittlerInnen spielen eine große Rolle bei der Besucherbetreuung. PR-Aufgaben werden öfter von eigenen MitarbeiterInnen bearbeitet. Das Gutachten kommt 2008 zu dem Schluss, dass Vermittlungsarbeit inzwischen zu einem eigenen »Fach« geworden ist.
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In größeren Museen wird zunehmend zwischen Konzeptentwicklung und Durchführung von Vermittlungsangeboten unterschieden. Die MuseumsvermittlerInnen ergreifen die Initiative, geben Impulse. Die Ausarbeitung von Ideen und das Erstellen von z.B. Schüler- und Lehrermaterialien übernehmen dann freie MitarbeiterInnen. Die tatsächliche Ausführung der Programme liegt in Händen von Führungskräften, die oft ehrenamtlich oder auf Honorarbasis arbeiten. Aber in den meisten Museen sind MuseumsvermittlerInnen Tausendfüßler, die all die oben genannten Aufgaben übernehmen. 5. Die Entwicklung und Anwendung von neuen Vermittlungskonzepten
Die Kultur- und Schulpolitik hat großen Einfluss auf die Inhalte der Vermittlungsarbeit gehabt. Darauf komme ich später zurück. Naturgemäß haben auch die neuen Medien Einfluss ausgeübt. Interaktive Techniken werden sowohl bei der Ausstellungspräsentation als auch bei der Besucherbetreuung und natürlich bei Webseiten eingesetzt. Aber die »klassischen« Formen von Angeboten – Führungen und schriftliche Leitfäden – werden am häufigsten angeboten und nachgefragt. Als neue Inspirationsquellen werden zumeist die Lernstile von Kolb und die Theorie der multiplen Intelligenz von Howard Gardner genannt.3 In den Niederlanden sind ausgehend von diesen und ähnlichen Lerntheorien sogar ganze Ausstellungen entwickelt worden. Die MuseumsvermittlerInnen glauben an den Mix von Information und Unterhaltung, wobei das Vergnügen an erster Stelle steht. Der informative, lehrende Aspekt kann aufgrund der positiven Grundhaltung der BesucherInnen seine Wirkung entfalten. Die Unterschiedlichkeit der Aktivitäten und Veranstaltungen hat daher insgesamt zugenommen; eine Vielfalt an Aktivitäten rund um das Museum wird angeboten – aber ihre Zahl ist langsam wieder rückläufig. 6. Evaluation der Ergebnisse der Museumsvermittlung
Die meisten Museen geben an, auf dem Gebiet der Evaluation etwas zu tun, aber das geschieht meist auf informelle Art und Weise, z.B. mit Hilfe von Gästebüchern, zufälligen Gesprächen, Beobachtungen und Umfragen. Die Unter-
3 Jessica Davis/Howard Gardner: »Open Windows, Open Doors«, in: Eilean HooperGreenhill (Hg.), The Educational Role of the Museum, London: Routledge 1996, S. 4452.
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suchung konstatiert, dass Museen die Ergebnisse solcher Evaluationen eher für sich behalten, wodurch andere Museen nicht profitieren können. 7. Erreichen der BesucherInnen
Die Zeit, in der sich die Vermittlungsabteilung ausschließlich mit Schulgruppen beschäftigte, ist definitiv vorbei. Museen wenden sich heute an ein immer breiter werdendes Publikum, wobei die VermittlerInnen auch immer jenen Menschen ihre Aufmerksamkeit schenken, die es üblicherweise nicht gewöhnt sind, Museen zu besuchen. Erwachsene BesucherInnen – sowohl einzeln als auch in Gruppen – sind nun die wichtigste Zielgruppe museumspädagogischer Anstrengungen geworden. SchülerInnen von sechs bis zwölf Jahren und über zwölf kommen an zweiter Stelle. Verglichen mit den Untersuchungen von 1995 ist die Aufmerksamkeit für die Zielgruppe der ausländischen TouristInnen zurückgegangen. Ältere Menschen sind beim Museumsbesuch zwar stets überrepräsentiert, aber die Vermittlungsarbeit richtet sich immer noch zu selten speziell an diese Publikumsgruppe. 8. Formen der Zusammenarbeit
Die Zusammenarbeit des Museums in der Vermittlungsarbeit mit anderen Partnern findet oft in informellen Verbünden statt. Das ist nicht wesentlich anders als 1995. 9. Zielgruppen aus dem Schulbereich
Das Trendgutachten schenkt der Zusammenarbeit mit Schulen spezielle Aufmerksamkeit. Bevor ich näher darauf eingehe, möchte ich einige Erläuterungen über die Schulpolitik in den Niederlanden geben, die unter dem Namen »Kultur & Schule« gebündelt ist. Dieses Modellprojekt hat nämlich sehr großen Einfluss auf die Vermittlungsarbeit in den niederländischen Museen gehabt – und hat es immer noch. Exkurs: Kultur & Schule
1994 sind in den Niederlanden Unterricht und Kultur in einem Ministerium zusammengefasst worden, im Ministerium für Unterricht, Kultur und Wissenschaft. Dies scheint ein rein organisatorischer Eingriff gewesen zu sein, aber hierdurch wurde besonders deutlich, dass ein Abgrund zwischen den Bereichen Unterricht und Kultur besteht.
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Diese Welten – so scheint es immer wieder – passen nicht gut zusammen. Auch hat das Ministerium erkannt, dass es dem kulturellen Sektor nicht gelingt, die multikulturelle Gesellschaft zu erreichen. Ausschließlich durch Schulbesuche kommen wirklich alle Kinder in Kontakt mit Museen und anderen »Kulturtempeln«. Darum hat das Ministerium bei der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Schulen und dem kulturellen Sektor angesetzt und auf die strukturelle Einbettung von Kultur in der Schule geachtet. Seither hat das Ministerium hier politisch aktiv eingewirkt, unter anderem durch: • 1999 die Einführung eines neuen verpflichtenden Faches »CKV« in der Sekundarstufe II (für ca. 15- bis 16-Jährige), was man übersetzen kann mit »Kulturelle und Künstlerische/Ästhetische und Musische Bildung«. Jeder Schüler, jede Schülerin muss für dieses Fach eine Anzahl kultureller Aktivitäten unternehmen. Und – nicht unwichtig – hierfür hat der Staat pro Schüler 22,50 Euro für einen so genannten CKV-Gutschein zur Verfügung gestellt. Diese Gutscheine können auch in Museen eingelöst werden, was dazu führte, dass viele Museen ein spezielles Angebot für diese Zielgruppe entworfen haben. • Auch für die Sekundarstufe gibt es einen extra finanziellen Beitrag für Kultur. Demnächst geht diese finanzielle Unterstützung zusammen mit den CKV-Gutscheinen in einer neuen Kulturkarte für alle SchülerInnen der weiterführenden Schulen auf. Auf diesen personengebundenen Pass, eine Art Bankkarte, überweist der Staat bald 15 Euro pro Jahr für Kultur. • In der Primarstufe gibt es seit 2004 eine andere Regelung. Schulen können befristet einen »Stimulierungsbetrag« von 10,90 Euro pro SchülerIn und Schuljahr bekommen. Als Gegenleistung müssen die Schulen kulturelle Bildung entsprechend in ihr Schulcurriculum einbetten. • Jede Schule muss in der Primarstufe einen »internen Kulturkoordinator« benennen. Mit Unterstützung des Staates sind in allen Landesteilen Fortbildungen für diese KulturkoordinatorInnen gegeben worden. Für die kulturellen Einrichtungen ist das eine wichtige Entwicklung, weil wir mit den internen KulturkoordinatorInnen endlich eine eindeutige Kontaktperson in den Schulen haben. • Auch in der Lehrerausbildung – für alle Schularten – laufen momentan Programme, um angehende LehrerInnen mit kulturellen Einrichtungen und kultureller Bildung vertrauter zu machen. Die Kultur- und Schulpolitik bezieht sich jedoch nicht allein auf den Unterricht. Auch kulturelle Einrichtungen – darunter Museen – werden »angepackt«, herausgefordert, aber auch unterstützt. Was sagt das Trendgutachten Museumsvermittlung 2007 über die Zusammenarbeit von Museen und Schulen? Noch immer ist die Primarstufe die größ-
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te schulische Zielgruppe, aber man stellt eine deutliche Verschiebung fest: Die Einführung von CKV lenkt mehr Aufmerksamkeit auf die Sekundarstufe und die weiterführenden Schulen. Vor allem Kunstmuseen und Museen mit gemischten Sammlungen profitieren hiervon. Andere Museumstypen verzeichnen einen Rückgang gerade bei den weiterführenden Schulen. Die Bemühungen der Politik, kulturelle Bildung besser im Unterricht zu verankern, sind in der strukturellen Zusammenarbeit zwischen Museen und Schulen wahrnehmbar. Museen sind oft – gemeinsam mit anderen kulturellen Einrichtungen – in lokale und regionale Netzwerke eingebunden, die in der letzten Zeit entstanden. Museen versuchen besser auf die schulische Nachfrage zu reagieren. Sie investieren mehr in die persönliche Begleitung. Die Programme bekommen einen stärker handlungsorientierten Charakter. Gleichzeitig signalisiert das Trendgutachten, dass es für Museen unmöglich ist, für die Schulen wirklich maßgeschneiderte Angebote zu entwickeln, wie es diese am liebsten hätten. Das wäre für Museen viel zu arbeitsintensiv und damit zu teuer.
A K T U E L L E TE N D E N Z E N Zum Schluss meines Beitrags möchte ich einige aktuelle Tendenzen bei der Museumsvermittlung in den Niederlanden aufzeigen, wie ich sie wahrnehme und wie ich sie schon bei der Erläuterung des Trendgutachtens teilweise erwähnt habe. Ich ergänze dieses Bild mit einigen konkreten Beispielen aus der Praxis, die auf den Titel meines Beitrags Bezug nehmen. Vom Angebot zur Nachfrage
MuseumspädagogInnen arbeiten immer besucherorientierter. Sie werfen keine fix und fertigen Unterrichtsmaterialien auf den Markt (zumindest nicht oft), sie sind sich aber der lebensnotwendigen Abstimmung der Zusammenarbeit mit z.B. dem Schulsektor bewusst. In der Praxis ist es übrigens noch immer eine große Kunst, eine wirklich enge Zusammenarbeit mit Schulen zu realisieren. Manch ein Kollege hat sich hieran schon seine Nase gestoßen. Das Interesse für Lerntheorien hat MuseumsvermittlerInnen für die verschiedenen Lernstile der BesucherInnen sensibilisiert. Gerade die VermittlerInnen versuchen, diese Einsicht in unterschiedliche Präsentationsformen in den Ausstellungen und eine Vielfalt an didaktischen Arbeitsformen zu übersetzen, so dass sich jeder Besucher, jede Besucherin über den eigenen Lernstil angesprochen fühlen kann.
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Einbringen der Pädagogik bei der Ausstellungsgestaltung
In den meisten Museen arbeiten MuseumsvermittlerInnen aktiv in den Projektteams, die Ausstellungen vorbereiten. Früher lag der Grund vor allem darin, gutes Begleitmaterial für die Ausstellung zu entwickeln, gegenwärtig arbeiten PädagogInnen auch an der Präsentation selbst mit. In der Praxis bringt dies die VermittlerInnen in ein Dilemma, denn Ausstellungen haben feste zeitliche Termine. Dadurch muss die »gewöhnliche« Vermittlungsarbeit warten. In einem Ausstellungsprojekt kommt zuerst die Eröffnung und danach folgt die Besucherbetreuung (z.B. Angebote für Schulen, sonstige Begleitveranstaltungen). Erlebnisdesign
Pädagogische MitarbeiterInnen sind oft große Befürworter von Erlebnisaspekten in Ausstellungen. Verschiedene Ausstellungen in den Niederlanden sind ganz nach dem Erlebniswert entworfen worden. Einigen KollegInnen zufolge ist das ein allgemeiner Trend, andere sehen darin die Entscheidung einzelner Museen. So entschied sich das Eisenbahnmuseum in Utrecht für eine Ausstellungsgestaltung, bei der man in einem Wagen durch eine Inszenierung voller Licht-, Ton- und Bewegungseffekte schwebt. Diese Fahrt ist bei den BesucherInnen sehr beliebt. Auch im Rotterdamer Historischen Museum wird man in einer Ton- und Lichtschau schrittweise durch die Ausstellung geführt. Ich finde es interessant, dass sich so zwei gegensätzliche Tendenzen abzeichnen: Auf der einen Seite die Beachtung der unterschiedlichen Lernstile, die zu Ausstellungen führt, in denen man sich als BesucherIn ganz individuell auf vielen verschiedenen Weisen den Themen nähern kann. Auf der anderen Seite das Erlebnis, bei dem sich das Publikum einem vorher völlig festgelegten Besuchsweg gleichsam überlässt. Vor und nach dem Besuch
Eine Tendenz, die sich sicher weiter fortsetzen wird, ist die Ausweitung eines realen Museumsbesuches durch organisatorische und inhaltliche Vor- und Nachbereitung mittels Internet. Der Museumsbesuch steht nicht mehr für sich allein. Museumswebseiten werden oft als digitale Faltprospekte verstanden und sind eher das Gebiet von PR und Marketing. Nun, da sich immer mehr BesucherInnen auf Webseiten inhaltlich vorbereiten und auch nach dem Besuch Vertiefung im Internet suchen, ist es Zeit, dass pädagogische MitarbeiterInnen ihren Teil an dieser Form der Besucherbetreuung beitragen.
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Kostenfreier Museumseintritt
Erst vor Kurzem hat die niederländische Regierung beschlossen, den Museumsbesuch für Kinder bis zwölf Jahren kostenfrei zu ermöglichen. In Museumskreisen hat das zu gehörigem Widerstand geführt, vor allem aus finanziellen Gründen. Es ist zu früh, um sagen zu können, welche Folgen das für die Vermittlungsarbeit haben wird. Die PolitikerInnen haben dabei natürlich die besten Absichten, auch pädagogische. Aufgrund früherer Erfahrungen mit Gratiszugang für Kinder im Historischen Museum von Amsterdam habe ich selbst Zweifel. Abgesehen von der Frage, ob man wirklich das richtige Signal gibt, wenn man Kultur kostenlos anbietet, hatte es damals unschöne Nebeneffekte: Man ging ins Museum, weil es gratis war und nicht, weil man ein qualitätsvolles Programm wollte.
EINIGE
JÜNGSTE
BEISPIELE
AUS NIEDERLÄNDISCHEN
MUSEEN
Museumswochenenden, -tage und -nächte
Die speziellen Museumswochenenden, -tage und Museumsnächte haben in den letzten Jahren einen großen Aufschwung erfahren. Vermittlungsarbeit spielt hierbei nicht immer eine große Rolle, kann aber sicher zu einer Programmgestaltung beitragen, die inhaltlich die Botschaft des Museums verstärkt. Bei dieser Art von Veranstaltungen ist oft das möglich, was gewöhnlich nicht realisierbar ist und das kann auf die MuseumsmitarbeiterInnen sehr stimulierend wirken: z.B. die spezielle Kindermuseumsnacht in Utrecht. Peer Education
Ebenfalls aus dem Centraal Museum in Utrecht stammen verschiedene Projekte für junge Menschen (18- bis 25-Jährige), z.B. ein spezieller Abend, der unter dem Motto »Standpunkte« steht. Außerdem experimentiert dieses Museum seit zwei Jahren mit einer »Junior Museumskommission« von sieben Personen, die zusammen mit MuseumsmitarbeiterInnen die Programmgestaltung für das »CM Studio« machen. Sie organisieren Aktivitäten und zweimal im Jahr eine eigene Ausstellung. Peer education, also Bildung und Erziehung von Gleichaltrigen durch Gleichaltrige, ist ein ziemlich neues Phänomen in niederländischen Museen, das allerdings die notwendigen Investitionen braucht.
Arja van Veldhuizen £Tendenzen der Museumsvermittlung in den Niederlanden
»Nonnen im Nachthemd« während der Museumsnacht für Kinder im Centraal Museum Utrecht. Sprache in der Stadt
Mehrere Museen bieten Programme für KursteilnehmerInnen an, die Niederländisch als Zweitsprache lernen. Das Museum ist hierfür ein guter Platz, auf der einen Seite wegen des visuellen Charakters (man sieht die Bedeutung der zu lernenden Worte), auf der anderen Seite, um die neuen EinwohnerInnen vertrauter zu machen mit dem Ort, an dem sie nun wohnen, mit seiner Geschichte und Kultur. In Amsterdam arbeiten mittlerweile fünf Museen im Programm »Sprache in der Stadt« zusammen, das von der Gemeinde Amsterdam unterstützt wird. Das Historische Museum von Amsterdam hat die meiste Erfahrung auf diesem Gebiet. In dem Programm »Mein Mokum« (Mokum ist der alte jiddische Name für Amsterdam) betrachten die KursteilnehmerInnen in der vorbereitenden Stunde z.B. Fotos von Museumsobjekten und -abteilungen und verbinden diese mit Worten, die man braucht, um zu beschreiben, was man sieht: z.B. Schiff, Gracht, Stadt, Tor. Dieselben Worte finden sich wieder in Exponaten des Museums und später auch noch einmal während der Stadtführung. Natürlich werden die Führungskräfte im Museum und die StadtführerInnen darauf trainiert, ein einfaches Niederländisch zu sprechen. Dieses Programm wird für verschiedene Sprachniveaus angeboten.
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Sprachunterricht im Museum – Vorbereitung und Führung im Museum Außerhalb der Mauern
Das Stedelijk Museum in Amsterdam, das wichtigste Museum für moderne und zeitgenössische Kunst, ist seit Kurzem aus seinen Mauern hinausgegangen. Bis zur Wiedereröffnung des Museums 2009 zieht es in einem extra entworfenen Baucontainer von Stadtviertel zu Stadtviertel und entfaltet sich auf jedem Platz zu einem Treffpunkt für moderne Kunst. Das Museum will so mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen. Ist das ein gutes Beispiel für mobile Arbeit? Oder ist das eine einmalige Notwendigkeit, weil das Museum seinen eigentlichen Ort verlassen musste, bevor es wieder eröffnet wird? Der Museumspädagoge hatte die Idee mit dem Baucontainer, nun trägt sie das gesamte Museum. Die Vermittlungsabteilung ist direkt in die Programmgestaltung einbezogen. Die ersten Wochen sind außergewöhnlich erfolgreich verlaufen und der Baucontainer ist inzwischen sogar einen Tag pro Woche zusätzlich geöffnet, um der Nachfrage aus den Schulen gerecht werden zu können.
ZUM SCHLUSS Zum Schluss komme ich auf den Tausendfüßler aus dem Titel meines Beitrags zurück. Die genannten Beispiele bestätigen das Bild von der Vermittlungsarbeit, die sich auf immer breitere Gebiete ausweitet: nicht mehr nur begleitend zu Ausstellungen, sondern auch während der Ausstellungskonzeption; nicht nur für Zielgruppen aus dem Schulbereich, sondern für alle Besuchergruppen; nicht nur Gruppen, sondern auch EinzelbesucherInnen. Und selbst innerhalb des formalen Vermittlungsangebots reicht die Bandbreite nun vom vorschulischen bis zum lebenslangen Lernen. Dadurch befinden sich viele Vermittlungsabteilungen in einem Dilemma: PädagogInnen waren immer frustriert über das mangelnde Interesse an ihrer Arbeit, über ihren mangelnden Einfluss auf Ausstellungen etc. Sie fühlten sich oft unterbewertet. Inzwischen ist die Emanzipation vollzogen und die MuseumspädagogInnen werden in die gesamte Museumspolitik mit einbezogen, wo sie die Rolle von Anwälten für die BesucherInnen übernehmen.
Arja van Veldhuizen £Tendenzen der Museumsvermittlung in den Niederlanden
Das Stedelijk Museum Amsterdam tritt in den städtischen Raum mit einem speziell entworfenen Baucontainer.
Wir haben also erreicht, was wir wollten, aber wie verteilt man seine Prioritäten und seine Aufmerksamkeit? Wie vermeidet man, dass der Tausendfüßler in einen Spagat fällt und nicht mehr auf die Füße kommt? Eigentlich finden wir alles wichtig. Einen Teil der Arbeit an freie MitarbeiterInnen zu vergeben, ist eine Lösung, aber nicht für alles. Wo setzt man seine Prioritäten? Und wie hält man sich ausreichend über alles auf dem Laufenden, wenn man überall zugleich mitbeschäftigt ist? Das sind die Herausforderungen für die niederländischen MuseumsvermittlerInnen in den kommenden Jahren! Übersetzung: Antje Kaysers
L I T E R AT U R Blauwdruk, Vier musea en social inclusion, Niederländische Museumsvereinigung (Hg.), 2006 vgl. www.museumvereniging.nl/default.aspx?id=391 vom 30. Dezember 2008. Csikszentmihalyi, Mihaly/Hermanson, Kim: »Intrinsic Motivation in Museums: Why Does One Want to Learn?«, in: Eilean Hooper-Greenhill (Hg.): The Educational Role of the Museum, London: Routledge 1996, S. 146-160. Davis, Jessica/Gardner, Howard: »Open Windows, Open Doors«, in: Eilean Hooper-Greenhill (Hg.): The Educational Role of the Museum, London: Routledge 1996, S. 44-52. Hagenaars, Piet/Vreede, Melissa de u.a.: Museumeducatie in de praktijk. Trendrapport museumeducatie 2007. Cultuurnetwerk Nederland (Hg.),
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Utrecht 2008, vgl. www.cultuurnetwerk.nl/producten_en_diensten/publi caties/default.asp vom 30. Dezember 2008. Hein, George: »The Constructivist Museum«, in: Eilean Hooper-Greenhill (Hg.), The Educational Role of the Museum, London: Routledge 1996, S. 73-79. Hoogstraat, Els/Vels Heijn, Annemarie: De leertheorie van Kolb in het museum, Niederländische Museumsvereinigung (Hg.), Amsterdam 2006 vgl. www. museumvereniging.nl/default.aspx?id=358 vom 30. Dezember 2008. Hooper-Greenhill, Eilean (Hg.), The Educational Role of the Museum, London: Routledge 1996. Inspiring learning for all, vgl. www.inspiringlearningforall.gov.uk vom 30. Dezember 2008. Overduin, Henk: Voermannen, gastvrouwen en educatoren: De geschiedenis van het educatieve werk in Nederlandse musea, Leiden: Reinwardt Academie 1982. Über das Niederländische Schulsystem vgl. www.minocw.nl/english/educa tion/index.html vom 30. Dezember 2008. Über die Kulturpolitik in den Niederlanden (2007) vgl. www.minocw.nl/docu menten/81931_art_of_life.pdf und www.culture-school.net/doc/Nether lands082005.pdf vom 30. Dezember 2008.
£ Vermittlungsformen
£
BESUCHERBETREUUNG – EINE NEUE VERMIT TLUNGSFORM
IN
MUSEEN
Denis Schäfer, Nina Ritz Museen, Ausstellungen und auch Gedenkstätten konzentrieren sich vermehrt auf ihre BesucherInnen. Der Ausbau von vielfältigen Service- und Veranstaltungsangeboten, die dem Besucher ein Plus an Informationen zur Ausstellung und Sammlung geben, ist ein Resultat dieser Entwicklung und soll zur Wiederkehr motivieren. Aus soziologischer Perspektive stellt Volker Kirchberg fest, dass »Museumsdirektoren der neuen Generation« ihr Interesse immer mehr nach außen richten und den Fokus auf die BesucherInnen als Kunden setzen, die nicht zuletzt als Einnahmequellen wahrgenommen werden.1 Ausstellungen und Museumsneukonzeptionen wie beispielsweise das Ozeaneum in Stralsund2 rücken die Besucherorientierung von Anbeginn an in den Vordergrund. Dieser Trend setzt sich auch in aktuellen Fachveranstaltungen3 zum Thema Besucherorientierung fort. Besucherorientierung bedeutet im Allgemeinen die Aufmerksamkeit der Museen für ihr Publikum und seine besonderen Interessen und Bedürfnisse. Dies kann sowohl aus museologischer, kommunikationswissenschaftlicher oder betriebswirtschaftlicher Perspektive geschehen als auch Aspekte des Museumsmarketings berücksichtigen. Neben der erkenntnisleitenden Vermittlung von Ausstellungsinhalten gehört zur Besucherorientierung auch der Dienst am Besucher. Dieser bezieht sich auf Serviceleistungen, die den Ausstellungsbesuch leicht und annehmbar gestalten. Besucherserviceangebote von Museen können vielseitig sein. Ein Angebot beginnt schon virtuell im Internet, auf der Homepage des Museums, das BesucherInnen über Erreichbarkeit und Parkmöglichkeiten im Vorfeld informiert. Es führt über den Eingangsbereich eines Museums, wo ein übersichtliches Foyer mit Informationstafeln zu einer einladenden Atmosphäre beitragen kann bis hin zum freundlichen Auftreten
1
Volker Kirchberg: »Verdeckte Ermittler im Museum«, in: Hartmut John (Hg.), Vergleichen lohnt sich, Bielefeld: transcript Verlag 2003, S. 93.
2 Vgl. Harald Benke: »Das Ozeaneum – Ein neues Konzept für ein naturkundliches Museum«, in: Museumskunde 71, 1/06, S. 42-47. 3 Am 28. und 29. September 2006 fand ein Workshop mit dem Titel »Die Besucher fest im Blick!« in der Abtei Brauweiler statt. Es wurden Marketingkonzeptionen vorgestellt, um das Besucherpotential in den Museen besser auszuschöpfen. Am 12. bis 14. Oktober 2006 tagte der Bundesverband Museumspädagogik e.V. in Hamburg mit Beispielen zu neuen Tendenzen in der Museumsvermittlung und der Vorstellung neuer Erlebnismuseen.
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des Personals und der Besucherbetreuung vor Ort mittels geführten Rundgängen oder mobilen Informationssystemen wie z.B. Audioguides. Die Modelle der personellen Besucherbetreuung wie sie im Jüdischen Museum München, im Jüdischen Museum Berlin und in der KZ-Gedenkstätte Dachau praktiziert werden, sind sehr unterschiedlich und abhängig von den jeweiligen räumlichen und finanziellen Voraussetzungen jeder Institution. In ihrer Gewichtung der Gesamtpräsentation gegenüber dem Besucherpublikum beschreiben sie jedoch alle individuelle und neue Wege, die im Servicebereich und in der Vermittlung von Ausstellungsinhalten Erfolge verzeichnen.
DA S JÜDISCHE MUSEUM MÜNCHEN wurde im März 2007 als städtisches Museum eröffnet. Das Museum versteht sich als kommunikativer Ort, als ein Haus der Begegnung, das Einblick gibt in die Vergangenheit und Gegenwart jüdischen Lebens in München in all seinen Facetten. Im Untergeschoss des Museumsgebäudes ist die Dauerausstellung »Stimmen – Orte – Zeiten« installiert, für Wechselausstellungen stehen dem Museum das erste und zweite Stockwerk zur Verfügung. Im ersten Ausstellungsjahr wurden dort insgesamt sechs Wechselausstellungen zu jüdischen Persönlichkeiten Münchens unter dem Jahresthema »Sammelbilder« präsentiert. Insgesamt besuchten seit der Eröffnung im Jahr 2007 knapp 71.000 BesucherInnen die Ausstellungen. Dabei wurden 1.300 Familien- und Jahreskarten verkauft. Bei Sonderveranstaltungen war der Andrang besonders groß. So besuchten allein am 25. September 2008 während der »Langen Nacht der Museen« 3.616 BesucherInnen das Museum. Zu den Serviceleistungen zählt das Jüdische Museum München die Internetseite, das Museumscafé und einen Buchladen. Zur weiterführenden Wissensvermittlung stehen dem Besucher ein Studienraum mit multimedialen Anwendungen, eine Präsenzbibliothek und ein Informationstresen zur Verfügung. Hier können sich BesucherInnen über aktuelle Wechselausstellungen sowie über gegenwärtiges jüdisches Leben in München informieren. Führungen werden extern vom Museums-Pädagogischen Zentrum und der Volkshochschule München angeboten und durchgeführt. Das Museum selbst bietet darüber hinaus den Service einer personellen Besucherbetreuung zur Informations- und Wissensvermittlung für IndividualbesucherInnen an. Ziel dieses Konzeptes ist die Vermittlung der sensiblen Thematik der jüdischen Geschichte in München auf verständliche und einfache Weise, um eventuelle Schwellenängste abzubauen und eine freie Meinungsbildung und den Gedankenaustausch zwischen Museum und BesucherInnen anzuregen und zu fördern. Die »BesucherbetreuerInnen« stehen den MuseumsbesucherInnen am Informationstresen und in den Ausstellungen zur Ver-
Denis Schäfer, Nina Ritz £Besucherbetreuung – eine neue Vermittlungsform in Museen
fügung. Zu erkennen sind sie an schwarzer Oberbekleidung und einem orangefarbenen Schlüsselband mit Ausweis. Sie treten in einen Dialog mit den BesucherInnen – wenn diese es wünschen – und erteilen individuell Auskünfte zum Haus, zur jeweiligen Ausstellung, zu konkreten Ausstellungsobjekten. Die BesucherbetreuerInnen des Jüdischen Museums München, über eine Fremdfirma angestellt, sind Studierende der Fachrichtungen Jüdische Geschichte und Kultur, Volkskunde/Europäische Ethnologie, Geschichte und Kunstgeschichte. Die didaktische Vorbereitung und Schulung für ihren Einsatz im Museum übernahm das Institut kunstunddialog aus Berlin. Die BesucherbetreuerInnen absolvierten eine zweitägige Fortbildung hinsichtlich der dialogischen und besucherorientierten Wissensvermittlung, welche die Interessen und Vorerfahrungen der BesucherInnen miteinbezieht. Auf neue Sonderausstellungen werden die BesucherbetreuerInnen in Gesprächen mit den AusstellungskuratorInnen und durch ergänzende schriftliche Materialien vorbereitet. Eintragungen im Gästebuch und Gespräche mit BesucherInnen lassen nach über einem Jahr der Einführungspraxis erkennen, dass die personelle Besucherbetreuung des Jüdischen Museums München durchweg positiv bewertet wird und sich als zukunftsweisendes Modell der Serviceleistung bewährt.
Jüdisches Museum München
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Besucherbetreuung im Jüdischen Museum München
DA S JÜDISCHE MUSEUM BERLIN U N D D I E K Z- G E D E N K S TÄT T E D A C H A U unterscheiden sich gänzlich in Bezug auf Ort und Ausstellungskonzeption und folgen einem jeweils ganz eigenen Modell der Besucherbetreuung, das nicht zuletzt durch die jeweiligen personellen Kapazitäten stark differiert. Parallelen gibt es hingegen in Bezug auf ein ungefähr gleich hohes Besuchervolumen von ca. 700.000 Personen pro Jahr und der täglichen Durchführung einer Vielzahl von Führungen für internationale Besuchergruppen und Schulklassen. Nach der Fertigstellung des von Daniel Libeskind konzipierten Neubaus stand das unbespielte Gebäude des Jüdischen Museums Berlin ca. ein Jahr lang für Besuchergruppen offen. In dieser Zeit wurden bereits Architekturführungen vom Museumspädagogischen Dienst in Berlin angeboten. Mit der Eröffnung der Dauerausstellung im September 2001 entschied die Museumsleitung, personell gut ausgestattete Abteilungen für Bildung und Besucherdienste zu gründen, die ein innovatives Konzept der Besucherbetreuung einführten. Die klassischen Aufsichten einer Ausstellung wurden durch sogenannte »Hosts« im Sinne des Wortes »Gastgeber« ersetzt, deren Hauptaufgabe eine an das Publikum angepasste gezielte Vermittlung praktischer Informationen ist. Sie geben freundlich und aufgeschlossen Hilfestellung bei der Orientierung in der Ausstellung, weisen Familien auf Angebote für Kinder hin, begleiten RollstuhlfahrerInnen im Aufzug. Die Hosts sind einheitlich schwarz gekleidet und tragen einen mit dem Museumslogo gekennzeichneten Schal und ein Namensschild, das auch die Fremdsprachenkenntnisse benennt. Das Team der Hosts umfasst
Denis Schäfer, Nina Ritz £Besucherbetreuung – eine neue Vermittlungsform in Museen
ca. 200 freie MitarbeiterInnen, die während der Öffnungszeiten des Museums in verschiedenen Schichten und auf verschiedenen Positionen rotierend arbeiten. Angeleitet werden die Hosts von »Seniorhosts«, die als festangestellte MuseumsmitarbeiterInnen die Ausbildung, Einteilung und Qualitätssicherung der Hosts als ständigen Prozess begleiten. Die Vermittlung von Ausstellungsinhalten im Jüdischen Museum Berlin ist jedoch grundsätzlich Aufgabe der Bildungsabteilung. Diese beschäftigt seit der Ausstellungseröffnung ein Team freier MitarbeiterInnen mit einschlägiger Ausbildungskompetenz als FührungsreferentInnen, die sogenannten »Guides«. Die MitarbeiterInnen der Bildungsabteilung unterstützen die Arbeit der Guides, in dem sie Leitfäden für verschiedene Führungsthemen sowie Hintergrund- und Objektinformationen erarbeiten und in engem Kontakt zu den SammlungskuratorInnen und AusstellungsgestalterInnen stehen. Das Qualitätsmanagement des Bildungsangebots bleibt dadurch gesichert, dass MitarbeiterInnen der Bildungsabteilung regelmäßig ReferentInnen bei Führungen begleiten, Führungsprotokolle erstellen und auswerten. Darüber hinaus finden regelmäßige Referententreffen zum inhaltlichen Austausch und zu Fortbildungszwecken statt. Die Besucherbetreuung der KZ-Gedenkstätte Dachau befindet sich derzeit durch den Bau eines Besucherzentrums im Eingangsbereich des Gedenkstättengeländes in einer Umbruchphase. Die Besucherfreundlichkeit litt bislang unter einer dezentralen Eingangssituation, die dem hohen Besucheraufkommen nicht gerecht wurde. Nur wenige, festangestellte Aufsichten im Schichtdienst sind bislang an festen Positionen im Museum und auf dem Gedenkstättengelände aufgestellt. Sie leiten Grundinformationen an BesucherInnen weiter, für inhaltliche Nachfragen verweisen sie auf MitarbeiterInnen anderer Bereiche der KZ-Gedenkstätte wie dem Archiv oder dem Bereich Bildung. Eine kleine pädagogische Abteilung leistet es vornehmlich, verschiedene Anbieter von Führungen durch die KZ-Gedenkstätte zu koordinieren. Parallel zur Umstrukturierung der Eingangssituation, die eine Verbesserung der Besucherbetreuung gewährleisten soll, erhält die KZ-Gedenkstätte Dachau künftig eine institutionelle Förderung durch die Bundesregierung, die es ermöglichen soll, auch das pädagogische Angebot weiterzuentwickeln. Besonders erwähnenswert ist im Kontext der Praxis der Gedenkstättenführungen die Ausbildung der freien MitarbeiterInnen. In Dachau bieten verschiedene Träger Führungen durch das Gedenkstättengelände und das dazugehörende Museum an. Dazu gehören die Gedenkstätte selbst, der Förderverein für Gedenkstättenpädagogik und internationale Jugendbegegnung, das Dachauer Forum und die evangelische Versöhnungskirche auf dem Gedenkstättengelände. Damit die Qualität der Führungen einem einheitlichen Standard entspricht, entwickelte der Bildungsbereich der Gedenkstätte im Jahr 2004 einen für alle
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Referentinnen verbindlichen Ausbildungskurs. Hervorzuheben ist, dass dieser Ausbildungskurs keine fachlichen Qualifikationen voraussetzt, d.h. jeder Interessierte kann sich bewerben. Ziel des Ausbildungskurses ist es, den TeilnehmerInnen, die im Eigenstudium die benötigten inhaltlichen Kenntnisse erwerben müssen, im thematischen Diskurs anzuleiten und ihnen das methodisch-didaktische Handwerkszeug für die Durchführung zielgruppenorientierter und interaktiver Führungen an die Hand zu geben. Der Kurs schließt mit einer Prüfung ab, in der die Teilnehmer eine Beispielführung erarbeiten, die von der pädagogischen Leitung der Gedenkstätte bewertet wird. Regelmäßige Treffen zwecks Supervision und Fortbildungen der Referenten sind auch hier fester Bestandteil der Bildungsarbeit.
FA Z I T Die hier ausgewählten Beispiele verschiedener Modelle der Besucherbetreuung machen deutlich, dass eine erfolgreiche Besucherbetreuung in Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten eine grundsätzliche und konsequente Zustimmung der Institution zur serviceorientierten Besucherbetreuung voraussetzt. Dies betrifft sowohl die praktische Informationsvermittlung als auch die inhaltliche Wissensvermittlung. Damit BesucherInnen aus der Rolle der passiven BetrachterInnen heraustreten und zu aktiv Handelnden werden können, die mit ihrem Museums-, Ausstellungs- oder Gedenkstättenbesuch in einen Dialog eintreten und dabei auf verschiedene Weise eine Begleitung erfahren, muss für die BesucherbetreuerInnen die Möglichkeit einer kontinuierlichen Anleitung und selbstreflexiven Prozessbegleitung bestehen. Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird der Museums- oder Gedenkstättenbesuch für BesucherInnen zu einer bereichernden Erfahrung und für die Einrichtung zu einer positiven Bestätigung ihrer Arbeit.
L I T E R AT U R Benke, Harald: »Das Ozeaneum – Ein neues Konzept für ein naturkundliches Museum«, in: Museumskunde 71, 1/06 S. 42-47. Jüdisches Museum Berlin, vgl. www.jmberlin.de vom 15. Dezember 2008. Jüdisches Museum München, vgl. www.juedisches-museum-muenchen.de vom 15. Dezember 2008. Jugendgästehaus Dachau, vgl. www.jgh-dachau.de vom 15. Dezember 2008. Kirchberg, Volker: »Verdeckte Ermittler im Museum«, in: Hartmut John (Hg.), Vergleichen lohnt sich, Bielefeld: transcript Verlag 2003.
Denis Schäfer, Nina Ritz £Besucherbetreuung – eine neue Vermittlungsform in Museen
F O R U M 1: B E S U C H E R B E T R E U U N G – E I N E N EU E VE R M I T T L U N G S F O R M I N M U SEEN Referent: Denis Schäfer, Leiter des Besucher- und Veranstaltungsdienstes Jüdisches Museum München St.-Jakobs-Platz 16, 80331 München Tel. 089-233-96096, Fax 089-233-989-96096 www.juedisches-museum-muenchen.de Koreferentin: Nina Ritz, Pädagogische Leiterin des Jugendgästehauses Dachau/ehemalige Mitarbeiterin des Jüdischen Museums Berlin Jugendgästehaus Dachau Roßwachtstraße 15, 85221 Dachau Tel. 08131-617710, Fax 08131-617719 www.jgh-dachau.de
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AKTIVES LERNEN JUGENDMUSEUM:
IM KINDER- UND BEOBACHTEN – ANIMIEREN
–
INTERAGIEREN Sabine Radl, Susanne Gesser Seit den frühen 1990er Jahren für Deutschland entdeckt, sind Kinder- und Jugendmuseen bis heute ein rasant wachsender Museumstyp. Jedes Jahr sind zahlreiche Neugründungen zu verzeichnen, die Arbeit wird stetig professioneller und der fachliche Austausch intensiver. Das ursprünglich aus Amerika stammende Konzept der children’s museums ist aktueller denn je: Interaktive oder Mitmach-Ausstellungen, die die BesucherInnen »hands-on – mindson!« aktiv werden lassen und dadurch vielseitige Erlebnisse und Erfahrungen mit allen Sinnen ermöglichen, sind mittlerweile nicht nur in Kindermuseen zu finden, sondern haben die Museumslandschaft allgemein befruchtet. Die meisten Museen weisen in ihrem Namen ihren Sammlungsschwerpunkt aus, nur Kinder- und Jugendmuseen sind nach ihren BesucherInnen, ihrer Zielgruppe benannt. Dies mag damit zusammenhängen, dass Kindermuseen oft keine eigene Sammlung besitzen und sich stattdessen mit ihren Projekten einer breiten Themenvielfalt widmen. Sicher ist es jedoch ein Hinweis auf den Schwerpunkt des Konzepts: Alle Ausstellungen orientieren sich ausschließlich am Wissensstand und Rezeptionsverhalten der Kinder. Die Ausstellungsobjekte und -inhalte werden streng hinsichtlich ihrer Vermittelbarkeit überprüft. Die Ausstellungsthemen müssen für Kinder interessant, Objekte und Inszenierung für sie attraktiv sein, didaktische Überlegungen stehen dabei im Vordergrund. In diesem Sinne sammeln, bewahren und erforschen Kindermuseen ein großes Repertoire an Vermittlungsmethoden und -strategien, Lernspielen und Kreativangeboten, Inszenierungsformen und Raumgestaltungen, die einladend wirken, neugierig machen, Spaß bereiten, interessante Inhalte bieten und ein selbstbestimmtes Lernen fördern. Darüber hinaus ist es ein Anliegen, in den Ausstellungen eine möglichst große Altersspanne von Kindergartenkindern bis hin zu Jugendlichen zu erreichen, sowie auch die begleitenden Erwachsenen mit einzubeziehen und im Idealfall einen gemeinsam erlebten Museumsbesuch zu fördern.
DA S KINDER-
UND
JUGENDMUSEUM MÜNCHEN
wurde 1990 gegründet und erhielt 1995 ein festes Haus im Münchner Hauptbahnhof. Auf ca. 600 qm Ausstellungsfläche werden wechselnde MitmachAusstellungen zu Phänomenen aus Kunst, Kultur, Technik, Geschichte und Natur gezeigt. »Dunkelerlebnis«, »Seifenblasen Träume«, »Salz«, »Papier la
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Papp« oder »Vom Krach zu Bach« sind Beispiele für Ausstellungen der letzten Jahre. Sogar Themen wie Mathematik und Chemie wurden zum spannenden Erlebnis. Die Ausstellung »Iss was? Die Ausstellung zum Entdecken und Schmecken« gab den TeilnehmerInnen einen Einblick in die Methoden und Vermittlungsziele dieser Münchner Einrichtung. Das Kinder- und Jugendmuseum versteht sich als ein kinder- und familienfreundlicher Ort, der mit Neugier, Fantasie und Kreativität entdeckt werden kann. Im Vordergrund steht dabei der Spaß am Entdecken und Lernen, ein spielerischer Umgang mit den Dingen und ein aktiver und experimenteller Zugang zu den einzelnen Themen. Mit ca. 50.000 BesucherInnen im Jahr, zwei Drittel davon Kinder, ist es ein beliebter Ort sowohl bei Familien, wie auch bei Kindergarten- und Freizeitgruppen sowie Schulklassen.
»Vom Krach zu Bach« – Töne erforschen, Klang entdecken, Musik erleben. Ausstellung im Kinder- und Jugendmuseum München, Mai 2007 bis Februar 2008
Vermittlung als Ausstellungskonzept
Das Münchner Kindermuseum sucht sich – wie auch die anderen Kindermuseen – interessante Themen, die einen Bezug zur Lebenswelt der Kinder haben, und gestaltet Mitmach-Ausstellungen, die das Thema von verschiedenen Seiten beleuchten und verschiedene Zugangsmöglichkeiten eröffnen: dinglich und sinnlich, phänomenologisch und wissenschaftlich, historisch oder fiktiv, direkt oder medial vermittelt, technisch-experimentell und krea-
Sabine Radl, Susanne Gesser £Aktives Lernen im Kinder- und Jugendmuseum
tiv-künstlerisch. Auf diese Weise schulen sie die Wahrnehmungs- und Kommunikationsfähigkeiten der BesucherInnen und fördern sie nachhaltig. Dazu sind die Objekte der Ausstellung sinnlich erfahrbar präsentiert, alle Orte sind begehbar und bespielbar und alle Situationen beziehen die Kinder und Jugendlichen mit ein. Orte und Objekte motivieren, ein direkter und aktiver Kontakt ist erwünscht und wird gefordert: »please touch!«. Grundsätzlich sollten die Räume, die Objekte und die Inszenierung einen hohen Aufforderungscharakter haben, einladend wirken, neugierig machen und eine offene, freundliche Atmosphäre unterstützen. Voraussetzung dafür ist, dass die Objekte in der für Kinder richtigen Höhe und Größe sowie sicher und entsprechend belastbar präsentiert werden. Ohne viel Text finden junge MuseumsbesucherInnen Zugang durch einfaches Ausprobieren. Die Objekte regen an zu experimentieren, Neues zu entdecken oder Rätselhaftes zu entschlüsseln. Sie sollten unterschiedliche Sinneswahrnehmungen ansprechen, Verstand und Gefühl gleichermaßen, und sie bieten Raum sowohl für Bewegung als auch für Konzentration. Dies alles folgt dem Ziel, ein freiwilliges und selbst bestimmtes Lernen zu fördern, einen spielerischen Zugang zu spannenden Themen zu eröffnen, einen individuellen Bildungsprozess zu ermöglichen und gleichermaßen soziale, kreative und emotionale Fähigkeiten zu schulen. Das spielende oder spielerische Lernen wird als Gegenpol zum Schulalltag auch von Eltern, LehrerInnen und ErzieherInnen sehr geschätzt. Freies Lernen in einem of fenen Bildungsangebot
Lernprozesse in einem Kindermuseum lassen sich mit drei Begriffen umschreiben. Beobachten als aktive Form des Sehens öffnet das Spektrum von »genau hinsehen«, »etwas betrachten«, »eine Veränderung verfolgen«, bis hin zum »Staunen«, »Imaginieren« und »Fantasieren«. Animieren steht für Impulse, die dazu anregen, etwas zu tun oder etwas in Gang zu bringen. Mit Interagieren ist jede Form der aktiven Beziehung gemeint: gegenseitige Reaktionen und Prozesse, auch Dialoge oder Spiele. Diese drei Begriffe sind sowohl auf die BesucherInnen zu beziehen, als auch auf die pädagogischen MitarbeiterInnen, die die Ausstellung begleiten. Zwischen diesen drei Polen – Ausstellung, Besucher und pädagogische Begleitung – entfaltet sich ein Denk-, Lern-, Spiel- und Erfahrungsraum, der sich neu und immer anders bildet, im Spannungsfeld von Beobachtung, Aktion, Dialog und Reflexion.
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DA S »KINDER
M U S E U M F R A N K F U R T«
Seit seiner Eröffnung 1972 ist das kinder museum frankfurt integraler Bestandteil des historischen museums frankfurt und unterscheidet sich dahingehend organisatorisch von den meisten der jüngeren Kindermuseen in Deutschland. Auf Grund seiner Verankerung in einem kulturhistorischen Museum liegt neben der Interaktion, dem handlungsorientierten Lernen und dem Schwerpunkt »hands-on« auch ein besonderes Augenmerk auf der Begegnung mit den musealen Originalen, den authentischen Zeugnissen der Frankfurter Stadtgeschichte. In der Regel sind die interaktiven Ausstellungen des kinder museums frankfurt den didaktischen Prinzipien aller anderen Kindermuseen sehr ähnlich (wie eben beschrieben). Zusätzlich ermöglichen sie der Zielgruppe im handelnden Umgang mit Originalen – wofür das kinder museum frankfurt eine didaktische Sammlung besitzt – aktives Lernen und Erkenntnisgewinn durch eigene Beobachtungen, Interaktion und auch Animation. Gleichzeitig ist es wichtig zu vermitteln, dass es Objekte gibt, die nicht zur unmittelbaren Handhabung geeignet sind. Denn auch die spezifischen Aufgaben des Museums und darin die Bewahrung von Dingen gehören zu den »heimlichen« Lernzielen des Kindermuseums. Das kinder museum frankfurt entwickelt immer wieder neu und immer wieder anders Ausstellungen und Vermittlungsmethoden für die Zielgruppe der Kinder, Jugendlichen und Familien. Im Folgenden wird ein Projekt vorgestellt, das begleitend zu einer großen kulturhistorischen Jubiläumsausstellung konzipiert wurde und eine Besonderheit im Ausstellungsprogramm darstellt. »Kaisermacher für Kinder«
Die Zeit zurückdrehen und in die Kleidung einer anderen Epoche schlüpfen, dabei etwas über die Geschichte Frankfurts als Wahl- und Krönungsstadt der deutschen Kaiser lernen: Das war im Herbst 2006 im kinder museum frankfurt möglich. In einem interaktiven Theaterstück konnten die jungen BesucherInnen als Kaiser, Erzbischof, Kurfürst oder auch als Baldachinträger, Mundschenk oder Dienstmädchen die Feierlichkeiten, das Zeremoniell und die Auswirkungen auf die Bevölkerung von Wahl und Krönung im 18. Jahrhundert entdecken. Mit einer Ausstellung an vier Orten (Historisches Museum, Institut für Stadtgeschichte, Dommuseum und Museum Judengasse) wurde im Herbst 2006 das 650. Jubiläum des Gesetzestextes, der Goldenen Bulle, in dem Frankfurt a.M. als Wahlort festgelegt worden war, gefeiert. Von 1356 bis 1806 wurden in Frankfurt a.M. durch die zunächst sieben, später neun Kurfürsten Könige und Kaiser gewählt und seit 1562 auch gekrönt.
Sabine Radl, Susanne Gesser £Aktives Lernen im Kinder- und Jugendmuseum
Probenarbeit an der Szene »Einzug des Duc du Belle-Isle in das Palais Cronstetten« Theaterspiel als Vermittlungsstrategie einer historischen Ausstellung
Aus Anlass des Jubiläums und als integraler Bestandteil des Gesamtvorhabens »Die Kaisermacher. Frankfurt a.M. und die Goldene Bulle 1356-1806« führte das kinder museum frankfurt ein interaktives Theaterprojekt durch. Der Ausstellungsraum des Kindermuseums verwandelte sich dafür drei Monate lang in eine Bühnenkulisse, in der vier zentrale Szenen aufgeführt wurden. Am Beispiel der Wahl und Krönung Kaiser Karls VII. (1741/1742) wurden bestimmte Riten und Zeremonien nacherlebbar. Professionelle SchauspielerInnen in den Rollen einer Chronistin, eines Zeremonienmeisters, einer Bürgerin und eines Metzgermeisters nahmen die jungen BesucherInnen in Empfang und berichteten über ihren Platz im Geschehen. Jedes Kind wurde, nach Wahl einer passenden Rolle, durch Requisiten und Kostüme zum Akteur der Wahlund Krönungszeremonie. Zur Vorbereitung erkundeten die TeilnehmerInnen neben den Hauptausstellungen auch historisch authentische Orte wie den Dom und den Kaisersaal. Die szenische Darstellung wurde dann in vier Gruppen geprobt. In einem Prolog richtete sich der Blick zunächst auf Karl IV. und die Entstehungsgeschichte der Goldenen Bulle. In der ersten Szene wurde mit einem Zeitsprung von knapp 400 Jahren die Wahl Karls VII., wie sie in der Goldenen Bulle festgelegt ist, dargestellt. Anschließend wurde die Einquartierung des Duc du Belle-Isle ins Palais Cronstetten anlässlich der Krönung behandelt. In der dritten Szene ging es um die Krönung Karls VII. im Dom. Beim Auszug des
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Kaisers gelangten die NachwuchsschauspielerInnen auf den Römerberg und in den Kaisersaal. Hier begann die vierte und letzte Szene des Theaterstücks, die die Rolle der Metzgerzunft bei der Krönung zeigte. Am Ende führten die Gruppen ihre einstudierten Szenen einander vor, wobei das Theaterstück per Digitalkamera auf CD-ROM aufgenommen wurde, um es der jeweiligen Schulklasse als Erinnerung mitzugeben. Für die Umsetzung des Bühnenbilds wurden Grafiken aus dem Diarium, das über die Wahl und Krönung Kaiser Karls VII. berichtete, verwandt. Diese etwas ungewöhnliche Form der Ausstellungsvermittlung sollte die SchülerInnen herausfordern, sich selbstständig und zielorientiert mit einem Ausschnitt des Ausstellungsthemas zu beschäftigen und sich dessen Inhalte zu erschließen. Sie setzten das »erforschte« Wissen unmittelbar mit Empathie um und schufen gemeinsam mit ihren MitschülerInnen ein Gesamtbild, so dass am Ende der Veranstaltung jede beteiligte Person den Inhalt der Ausstellung und des geschichtlichen Prozesses kennengelernt hatte.
Die Akteure sind gleichzeitig Zuschauer bei Szenen, in denen sie nicht zum Einsatz kommen. Didaktischer Hintergrund
Die Realisierung dieses Konzeptes vermittelte den jungen MuseumsbesucherInnen großen Erkenntnisgewinn bei gleichzeitigem handlungsorientiertem Erlebnis. Mit diesem Ausstellungsbeitrag erhielten die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, sich intensiv und auf eine ungewöhnliche Art und Weise mit der Geschichte ihrer Stadt und dem historischen Gesellschaftssystem auseinanderzusetzen. In der Rolle historischer Personen (Kaiser, Kurfürsten,
Sabine Radl, Susanne Gesser £Aktives Lernen im Kinder- und Jugendmuseum
Bürger, Handwerker, Dienstboten) probierten Kinder Argumentationen und Verhaltensweisen aus, die sie nach eigener Überzeugung ausbauen oder wieder verwerfen konnten. So sollte sich ein Verständnis dafür entwickeln, wer wie und warum gehandelt, gefühlt oder geredet hat und welche sozialen Bezüge es gegeben haben könnte. Deutlich sollte auch werden, welche Regeln und Rituale in einer vergangenen Zeit eingehalten werden mussten. In dem Fall der Kaiserkrönungen sollte deutlich gemacht werden, wie stark es sich bei den Abläufen und Vorgängen um eine Inszenierung der Macht handelte. Die Aspekte, welche Personen an der Konstituierung der Machtverhältnisse beteiligt, welche ausgeschlossen waren und in welchem Maße einzelne Gruppierungen oder Einzelpersonen daran interessiert waren, ihre Privilegien zu erhalten und zu erweitern, sollten dabei als Spiegel der historischen Gesellschaftsstruktur aufgezeigt werden. Die Wissensvermittlung verlief bei diesem Projekt interdisziplinär. Die Vermittlungsziele lagen darin, Zusammenhänge zu erkennen, sich praktisch mit Geschichte und Geschichtsschreibung zu beschäftigen, handlungsorientierte Lernerfahrungen zu machen, soziale Verknüpfungen im Probelauf eines Spiels zu lernen, authentischen Zeugnissen aus 650 Jahren Geschichte zu begegnen und sich mit diesen auseinander zu setzen, Wissen zu erweitern und nie Getanes zu tun. Die Einordnung von Vergangenem in die Gegenwart sollte durch die Reflektion über eine Rolle in einem historischen Rollenspiel ermöglicht werden. Historische Rollenspiele zu veranstalten bedeutet, Geschichten zur Geschichte zu erfinden und zu spielen, mögliche historische Abläufe kreativ und fantasievoll – dennoch wissenschaftlich korrekt – zu rekonstruieren. Durch den Einsatz ausgebildeter SchauspielerInnen wurden die Kinder animiert, ihre Rolle ernst zu nehmen und gleichberechtigt im Szenario zu agieren. Eine ausführliche Evaluation zeigte, dass alle Beteiligten mit großem Engagement und Motivation dabei waren, der Lernerfolg extrem hoch war und diese Vermittlungsstrategie eine sinnvolle Verflechtung von beobachten – animieren – interagieren im Museum darstellt.
SIND
DIE
METHODEN
EINES
KINDERMUSEUMS
Ü B E R T R A G B A R?
In der Diskussion mit MuseumspädagogInnen, die aus einem klassischen Museum kommend die Ausstellungen eines Kindermuseums kennen lernen, herrscht meist sofort Einigkeit über die Tatsache, dass die BesucherInnen am meisten von einem Museumsbesuch profitieren, wenn sie aktiv sein und die Inhalte selbst erforschen und entdecken dürfen. Es entsteht auch nie Zweifel daran, dass die starke personale Vermittlung die Erfahrungs- und Lernprozesse der BesucherInnen besonders unterstützt und zu bereichern
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vermag. Doch hier enden die Gemeinsamkeiten, zumindest auf den ersten Blick. Der enge Zielgruppenbezug der Kinder- und Jugendmuseen, die Unterordnung aller Angebote unter die Prämisse der Vermittelbarkeit, die nur für diesen Zweck gestalteten Räume und die hohe Zahl der pädagogischen BetreuerInnen sind Faktoren, die ein Kinder- und Jugendmuseum ausmachen, aber tatsächlich nicht unmittelbar auf Museen übertragbar sind, die sammlungsorientiert und objektbezogen arbeiten. Manchmal fehlt es an geeigneten Räumen oder am pädagogischen Personal und oft blockiert die Vorstellung, was passieren kann, wenn aktive Kinder auf wertvolle Originale treffen, ein weiteres Nachdenken über »hands-on« oder »please touch«. Einzelne Mitmachaktionen, Spiele, Kreativangebote oder interaktive Objekte können trotzdem meist gut integriert werden und die methodische Vielfalt erweitern helfen. Die wichtigste Anregung jedoch, die von einem Kinder- und Jugendmuseum ausgehen kann, ist der Impuls, wieder einmal quer zu denken, über Chancen und Möglichkeiten zu fantasieren und mit wenigen Mitteln kreativ zu werden. Es ist die gedankliche Freiheit, wie man mit Objekten, Räumen, Präsentationen anders und innovativ umgehen könnte, um eine in allen Belangen besucherorientierte Atmosphäre zu schaffen. Der erste Schritt auf dem Weg dahin ist, sich in die BesucherInnen hinein zu versetzen und sich davon anregen zu lassen, was spannend und interessant sein kann und neugierig macht.
F O R U M 2: A K T I V E S L E R N E N : BEOBACHTEN – ANIMIEREN – INTER AGIEREN Referentin: Sabine Radl, Ausstellungsplanung und -organisation im Kinderund Jugendmuseum München Kinder- und Jugendmuseum München Arnulfstraße 3, 80335 München www.kindermuseum-muenchen.de [email protected] Koreferentin: Susanne Gesser, Museumsleiterin kinder museum frankfurt Kindermuseum des Historischen Museums, Frankfurt An der Hauptwache 15 – Zwischenebene, 60313 Frankfurt a.M. www.kindermuseum.frankfurt.de [email protected]
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Z I E LG RU P PE N S PE Z I F I S C H E A N G E B OT E : DER MUSEUMSBESUCHER ALS KUNDE
Alfred Czech In der Museumspädagogik kursieren Begriffsinventare verschiedener Disziplinen: aus Kultur- und Kunstwissenschaft, aus der Pädagogik und aus der Soziologie. Fast »eingeschlichen« haben sich seit einiger Zeit Leitbegriffe aus der Betriebwirtschaft, genauer aus dem Marketing. Zu diesen Leitbegriffen zählt die »Zielgruppe«. Seine verstärkte Anwendung ist ein Indiz für eine alle Institutionen des Kulturbetriebs erfassende Entwicklung: den Siegeszug des Marketings. Die Einteilung und Ansprache des Museumspublikums in Zielgruppen signalisieren den steigenden Druck • nach Wirtschaftlichkeit, • den Wunsch nach Steigerung der Bekanntheit und • die von innen und außen herangetragene Erwartungen nach Ergebnissteigerung und -maximierung. Diese Anforderungen müssen keineswegs nur negative Auswirkungen auf die museumspädagogische Arbeit haben. Sie können Impulse geben, museumspädagogische Konzeptionen im Sinne einer besseren Besucherorientierung zu überdenken.
SPEZIALISIERUNG
UND
DIFFERENZIERUNG
Die Forderung nach zielgruppenorientierten Konzepten trifft auf aktuelle Entwicklungstendenzen innerhalb der Museumspädagogik: die der Spezialisierung nach Museumsarten und Differenzierung der BesucherInnen. Die klassische Unterscheidung von Schulklassen, Gruppen aller Art und EinzelbesucherInnen wird nach verschiedenen Richtungen verfeinert: nach Alter und Jahrgangsstufen, nach Interessen und Anlässen sowie nach Zugehörigkeit zu Zielgruppen mit gleichen sozialen Charakteristika. Die Programmangebote einiger großer museumspädagogischer Institutionen in Deutschland ermöglichen den InteressentInnen bereits eine zielgruppenspezifische Recherche unter folgenden Rubriken: • Schulen nach Schularten und Ganztagsschulen • Berufliche Schulen und Berufsbildungszentren • Kindergärten und Horte • Veranstaltungen für die ganze Familie und Kindergeburtstage • Senioren • Personen mit Behinderung • Fortbildungsveranstaltungen für Firmen und Events
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MARKETING
BEIM
M USEUM SDIENS T KÖLN
Sich an den Ideen des Marketings zu orientieren, kann einen produktiven Perspektivenwechsel provozieren und neue Tätigkeitsfelder in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Diesen Wechsel hat der Museumsdienst Köln vollzogen, indem er die Formulierung eines Corporate Designs angestoßen, die interne und externe Kommunikation umgestellt und Marketingziele definiert hat. Kern der »Markenbildung« des Museumsdienstes Köln ist die Definition des Selbstverständnisses (Markenwerte) und des »Claims« (Markenkern). In einem gemeinschaftlichen Prozess wurde folgende Formulierung verabschiedet: »Wir machen Programm. Museumsdienst Köln«. Aus diesem Selbstverständnis entwickeln sich Ziele (Markenimage), Strategien (Markenführung) und Instrumente (Markenplatzierung). Zur Arbeit an den Zielen gehört die Konzeption zielgruppenspezifischer Angebote für Schulklassen, für Eltern mit Kindern, für Menschen mit Migrationshintergrund sowie Programme für den touristischen Bereich und für Events. Zur Markenführung gehören Corporate Identity-Strategien und Best Practice. Als Instrumente der Markenplatzierung dienen Public Relation, Marketing Mix, Fundraising und Friendraising. Um Zielgruppen besser ansprechen zu können, wird der »Markt« für Museumspädagogik unter folgenden Gesichtspunkten analysiert: • Einbeziehung milieuorientierter Überlegungen (Sinus-Milieus) • Zielgruppenorientiertes Fassen des Programms • Einführung von zielgruppenspezifischer Kommunikation • Ausrichtung der Projekte an Nachfrageorientierung • Besucherforschung Der Museumsdienst Köln bietet für folgende Zielgruppen spezielle Programme: »Für alle«, »Für Kreative«, »Für Schulen«, »Für Eltern und Kinder«, »Für Unternehmen«, »Für Berufstätige«, »Für Menschen mit Behinderung«, »Für Senioren«, »Für besondere Anlässe«. Dabei werden die Zielgruppen »Alle«, »Menschen mit Behinderung« und »Senioren« als »leicht« anzusprechen eingestuft. Aus verschiedenen Gründe gestaltet sich die Angebotsgestaltung »Für Berufstätige«, »Für Unternehmen«, »Für besondere Anlässe« als schwierig, weil diese oft zu teuer sind und sich nur mit Partnerschaften und Sponsoring finanzieren lassen. »Für Kreative« gilt es erst noch milieuspezifische und zeitgemäße Angebote zu entwickeln. Bei der Zielgruppe »Schule« liegen die Probleme bei der Lehrplanrelevanz und der mangelnden Beteiligung an Lehrerfortbildungen. Deshalb werden LehrerInnen verstärkt angesprochen durch: E-Mailing, Präsenz bei Schulkonferenzen, Premiumevents für LehrerInnen sowie Veranstaltungen für Studienseminare und ReferendarInnen.
Alfred Czech £Zielgruppenspezifische Angebote: Der Museumsbesucher als Kunde
Geplant ist der Aufbau eines datenbankgestützten Verteilers. Als schwierig wird auch die Zielgruppe »Eltern und Kinder« wegen der starken Konkurrenzsituation und kurzfristigen Absagen eingestuft. Durch Patenschaften, Sponsoring, Kooperationen mit Partnern aus dem Sozialbereich soll diese Zielgruppe besser angesprochen werden. Gleiches gilt auch für Schulen. Wie stark das Programm des Museumsdienstes Köln bereits nach Schultyp, Jahrgangsstufe und Fächern spezifiziert ist, kann man durch einen Besuch auf der Homepage ersehen.1 Im Umfeld der Schulen sind eine Reihe von Projekten angelegt oder geplant: SummerSchool für die Sekundarstufe II, Pilotprojekt Horizonte, Einzelprojekte für die Sekundarstufe I und die Hauptschule sowie schulübergreifende Arbeitsgemeinschaften für die Sekundarstufe I. Eine Reihe von Integrationsprojekten wurde durch die Finanzierung mit Drittmitteln möglich.
Z I E L G R U P P E N S P E Z I F I S C H E »U M G Ä N G E «
MIT
E X P O N AT E N
Um das Forum aktiv mitgestalten und ihre Erfahrungen einbringen zu können, reflektierten die TeilnehmerInnen die museumspädagogische Vermittlung von Exponaten im Museum unter zielgruppenspezifischen Gesichtspunkten. Dazu bekamen sie konkrete Fragen zu zwei Gemälden (von Claude Monet und Vincent van Gogh). Die Aufgaben zielten darauf, schrittweise Ansätze für verschiedene Zielgruppen (Kindergarten, SchülerInnen der Sekundarstufen 1 und 2) zu entwickeln: Erster Schritt: Zielgruppenspezifische Angebote konkretisieren • Formulieren Sie zwei bis drei zielgruppenspezifische Vermittlungsziele zum Bild. • Formulieren eines ansprechenden Titels und Kurztextes für ein museumspädagogisches Angebot. Zweiter Schritt: Zielgruppenspezifische Erlebnispotentiale erschließen • Allgemeine Eignung des Exponats für die angesprochene Zielgruppe • Besonders geeignete Beobachtungsimpulse und inhaltliche Schwerpunkte • Aspekte, mit denen die Zielgruppe an ihren Alltagserfahrungen anknüpfen kann • Für Zielgruppe und Exponat besonders geeignete Vermittlungsmethoden
1
Vgl. www.museenkoeln.de/museumsdienst/default.asp?s=207 vom 8. Februar 2009.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Dritter Schritt: Informieren/Analysieren/Interpretieren • Aspekte, die sich zur Vertiefung mit der Zielgruppe eignen • Für die Zielgruppe »verwertbare« Hintergrundinformationen • Kontexte, in denen sie das Exponat in ihren Erfahrungs- und Wissensnetzen verorten können.
Schulklasse in der Neuen Pinakothek
Familien- und Freizeitaktionen in der Neuen Pinakothek
ZIELGRUPPENSPEZIFISCHE PROJEKTE
DES
MPZ
In den letzten Jahren wurden am Museums-Pädagogischen Zentrum München (MPZ) für Kindergärten, berufliche Schule und Freizeit zielgruppenspezifische Sonderprogramme entwickelt. Ein Programm für die bayerischen
Alfred Czech £Zielgruppenspezifische Angebote: Der Museumsbesucher als Kunde
Hauptschulen ist in der Entstehung. Fragen, die sich bei der Entwicklung und Durchführung solcher Programme ergeben, wurden eingehend diskutiert: • Welche waren die Anlässe/Anstöße, für ihre Zielgruppe spezifische Angebote zu entwickeln? Als Anlässe wurden genannt: Impulse von der Politik, konkrete Nachfragen von Seiten der genannten Zielgruppen und der Wunsch des MPZ, seine Angebotspalette zu erweitern. • Welche sind besondere Charakteristika der Zielgruppen? Wie wurden deren Profile herausgearbeitet? Die Charakteristika der Zielgruppen waren den ProjektleiterInnen bekannt, weil sie bereits spezifische berufliche Qualifikationen besaßen. Spezifische Angebotsprofile wurden im Erfahrungsaustausch und in kleineren Pilotprojekten erarbeitet. In Zusammenarbeit mit Fortbildungseinrichtungen von Kindergärten und beruflichen Schulen wurden geeignete Museen und Themenangebote ausgewählt, die Formen der Vermittlung konkretisiert. • Wie erreichen die MuseumspädagogInnen die jeweiligen Zielgruppen? Genannt wurden vor allem vier Wege: die Mund zu Mund-Propaganda, der Kontakt über zielgruppenspezifische Netzwerke und Verwaltung, Fortbildungen/Publikationen und eigene Programmangebote. Auf Dauer erfolgreich sind die zielgruppenspezifischen Angebote am MPZ vor allem deshalb, weil sie durch AnsprechpartnerInnen fest in der Struktur des Instituts verankert sind. Die rege Anteilnahme an diesem letzten Programmpunkt des Forums zeigte wieder einmal, dass auch bei zukunftsorientierten Themen wie der Zielgruppenorientierung, TeilnehmerInnen am Austausch von praxisrelevanten Erfahrungen interessiert sind.
L I T E R AT U R John, Hartmut/Günter, Bernd (Hg.): Das Museum als Marke. Branding als strategisches Managementinstrument für Museen. Bielefeld: transcript 2008. Museums-Pädagogisches Zentrum (Hg.): Berufliche Schulen im Museum, München 2006. Museums-Pädagogisches Zentrum (Hg.): Museumspädagogik für Kindergärten. Grundlagen, Inhalte, Methoden, München 2006. Noelke, Peter/Kreidler, Richard (Hg.): Museumspädagogik in Köln. Konzepte – Angebote – Themen, Köln: Museumsdienst 1998.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
F O R U M 3: Z I E L G R U P P E N S P E Z I F I S C H E A N G E B O T E Referent: Dr. Alfred Czech, Kunsthistoriker und Kunstpädagoge, Leitung des Referates Kunst I am MPZ Museums-Pädagogisches Zentrum Infanteriestraße 1, 80797 München Tel. 089-1213-2300, Fax 089-1213-2340 [email protected] www.mpz.bayern.de Koreferent: Dr. Matthias Hamann, Direktor des Museumsdienst Köln Museumsdienst Köln Leonhard-Tietz-Straße 10, 50676 Köln Tel. 0221-221-26636, Fax 0221-221-24544 [email protected] www.museenkoeln.de/museumsdienst
£ M U S E E N – S PA C E S F O R Susanne Kudorfer
ART
AND
LEARNING
Forum 4 fragte nach dem »Bildungsraum« Kunstmuseum: der Raumqualität und dem Wechselspiel von Ausstellungs- und Vermittlungsräumen. Anlass für diese Fragestellung war die besondere Situation, in der sich die Kunstvermittlung der Pinakotheken befindet. Seit 2006 hat sie ihre Büros und Arbeitsräume in einem separaten Gebäude, dem so genannten Palais Pinakothek. Die großzügige Raumsituation und die Entfernung zu den Ausstellungen haben zusammen mit den Arbeitsweisen des Teams zu Erfahrungen geführt, die wir anlässlich der Münchner Tagung reflektieren, vorstellen und mit den KollegInnen, die sich für dieses Forum entschieden haben, diskutieren wollten. Glücklicherweise ist es gelungen, Anna Cutler, »Head of Learning« der Tate Modern als Partnerin für das Forum zu gewinnen. Peter Schüller von K21 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen moderierte und fasste die Diskussion für das Plenum am folgenden Tag zusammen. Tate Modern reflektiert seine Raumsituation neu. Das meist besuchte Museum moderner Kunst wird erweitert. Ziel von Tate Modern 2 (TM2) ist es, »to establish a new model for museums of modern and contemporary art by more fully integrating the display, learning, and social functions of the museum, strengthening links between the museum, its locality, and the city.«1 Im Rahmen der Erneuerung sollen »Spaces for learning, study and reflection unmatched anywhere in the world« geschaffen werden. Anna Cutler präsentierte die Pläne und diskutierte mit uns Fragen nach der spezifischen Qualität der integrierten »displaylearningsocial« – Räume. Vision und Planung von TM2 sind auf der Tate Webseite ausführlich dargestellt. Von der Ausrichtung der Bildungsarbeit des Museums berichtet Anna Cutler in ihrem Beitrag auf Seite 57-73 dieses Buches. Der Schwerpunkt der folgenden Darstellung liegt auf der Arbeit und den Raumerfahrungen des Palais Pinakothek. Der »Bildungsraum« Museum wird wesentlich geprägt von seiner Räumlichkeit. Das scheint banal, doch findet man wenig Hinweise auf dieses spezifische Merkmal in kulturpädagogischen und museologischen Überlegungen.2 1
Vgl. www.tate.org.uk/modern/transformingtm/tm2.shtm vom 8. März 2009.
2 Literaturhinweise: Jörg Döring/Tristan Thielmann (Hg.): Spatial Turn. Das Raumparadigma in den Kultur- und Sozialwissenschaften, Bielefeld: transcript 2008. museum.ch. Die Schweizer Museumszeitschrift, Nr. 3/2008: Raum macht Sinn. Bill Masuch: »Der offene Raum. HandlungsRäume in Kunst und Kunstvermittlung«, in: Pierangelo Maset/Rebekka Reuter/Hagen Steffel (Hg.), Corporate Difference. Formate der Kunstvermittlung, Lüneburg: editionHYDE 2006, S 87ff.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Stets wird das Vorhandensein originaler Objekte hervorgehoben sowie die besondere Qualität und Wirkung historischer, künstlerischer oder aus anderen Gründen bedeutsamer Gegenstände, nicht aber ihre Zurschaustellung und Rezeption im Raum. Sowohl die KuratorInnen und GestalterInnen von Museumspräsentationen, als auch BesucherInnen erschließen sich Objekte im Raum. Durch Bewegungen und Blicke stellen sie Verbindungen her – intuitiv und von der Architektur, dem Ausstellungsdisplay oder vermittelnden Personen und Medien geleitet. Der Raum, die Museums- und Ausstellungsarchitektur sind vielleicht die dominantesten Vermittler im Museum. Sie wirken einladend oder ausschließend, befördern oder verhindern Wohlsein und damit Aufnahmefähigkeit, Kommunikation und Konzentration. Das gilt für individuelle Begegnungen mit Museumsobjekten ebenso wie für Gruppensituationen. Mir scheint, dass in der Planung von Museen und Ausstellungen auf diesen Aspekt wenig Wert gelegt wird. Dominierend sind Überlegungen zu den repräsentativen Eigenschaften, klimatischen, sicherheits- und beleuchtungstechnischen Bedingungen. Ob sich Menschen wohl fühlen, ob Gruppen bei Objekten genug Platz haben sich aufzuhalten, sich zu bewegen oder gar miteinander ins Gespräch zu kommen, spielt bei der Planung und Realisierung selten eine Rolle. Dies gilt für Ausstellungsräume, für Verkehrsflächen und Serviceräume und absurderweise sogar für jene Räume, die speziell für Vermittlungssituationen konzipiert werden – finden sich doch sogar in jüngst entstandenen Museumsbauten im deutschsprachigen Raum Seminarräume und museumspädagogische Ateliers entweder gar nicht oder im Kellergeschoss – klein, versteckt, selten attraktiv ausgestattet. Ein vielsagendes Beispiel für diese Situation ist die Entwicklung der Ausstellungs- und Vermittlungsräume auf der Documenta 12. War im Vorfeld noch von integrierten »Palmenhainen« die Rede, die ich mir als Oasen und Rückzugsorte für Einzelbesucher und Gruppen innerhalb der Ausstellung vorstellte, begegneten uns in der Realität dann ein lustig buntes Klassenzimmer und chinesische Stuhlkreise – beides Werke von Künstlern,3 die immerhin Platz boten und die Möglichkeit, sich zu setzen. Raum für eigene Aktivitäten erhielten Kinder und Jugendliche unter freiem Himmel am Rande des Ausstellungsevents rund um zwei Container in einer historischen Gartenanlage. Lokale Gruppen und Projekte zelteten in kooperierenden soziokulturellen Institutionen, die von den zentralen Ausstellungsorten mit der Straßenbahn zu erreichen waren (vgl. www.bildungszelt.de). Ich will hier nicht verurteilen und polemisieren,
3 Klassenzimmer: Gerwald Rockenschaub, Ohne Titel, 2007, Stühle: Ai Weiwei, Fairytale, 2007.
Susanne Kudorfer £Museen – Spaces for Art and Learning
nur ein wenig zuspitzen. Jede Raumsituation in Museen und Ausstellungen hat vermutlich ihre Gründe. Die Situation des Palais Pinakothek ist weder mit Kassel noch London vergleichbar. Die Darstellung der Umstände, die dazu geführt haben, dass die Pinakotheken ihre Kunstvermittlung 2006 in einem eigenständigen Gebäude untergebracht haben, soll hier vernachlässigt werden. Ich möchte mich vielmehr auf das konzentrieren, was das Team in den ersten drei Jahren aus der neuen Raumsituation gemacht und gelernt hat.4 Ausgangspunkte für das in der Praxis entwickelte Konzept dieses Ortes waren die räumliche Trennung von den Kunstwerken, die Konstellation des Teams und der Charakter des Gebäudes. Aus diesen Faktoren ergaben sich zwangsläufige und bewusste Setzungen: Wir schlossen aus, in dem Gebäude Ausstellungen zu präsentieren. Wir wollten es nicht einer einzigen Besuchergruppe widmen, z.B. nicht ausschließlich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Wir wollten keine fest eingerichteten Werkstätten/Ateliers, in denen verschiedene bildnerische Techniken praktiziert werden können. Wichtig waren uns sowohl die soziale, ästhetische und offene Qualität des Ortes als auch die Relevanz der gewählten Themen und Inhalte für uns und für die Menschen, mit denen wir arbeiten. Unter diesen Vorzeichen entwickelten wir das Programm in Bezug auf die Sammlungen und Ausstellung der Pinakotheken. Wir entschieden uns, mit der Idee eines »Hauses« im konkreten und metaphorischen Sinne zu arbeiten. Das Palais Pinakothek hat Büros, Teamraum, Technikraum, Küche, Werkstatt, Salon, Seminar und eine Wunderkammer. In dieser Raumstruktur arbeiten wir thematisch mit verschiedenen Formaten. Sowohl bei Formaten mit gesteuertem Gruppenrhythmus (z.B. Workshops, Seminare), als auch beim offenen Programm setzen wir die Raumstrukturen des Hauses gezielt ein. Auch wenn die großzügige Raumsituation des Palais Pinakothek sehr speziell ist und wenig übertragbar scheint, lassen sich Faktoren verallgemeinern, die uns für die Arbeit mit Menschen im Museum wesentlich erscheinen:
4 Konzept und Programm des Palais Pinakothek wurden von 2006 bis 2008 von Tanja Baar, Susanne Kudorfer, Ute Marxreiter, Jochen Meister, Kristine Oßwald, Sylvia Panter, Annette Philp und Myriam Schlupp erarbeitet, organisiert, durchgeführt und weiterentwickelt. Hierzu auch: Susanne Kudorfer: »Drei Pinakotheken und ein Palais für die Kunstvermittlung«, in: Tagungsdokumentation/Schriftenreihe der Oldenburgischen Landschaft, Heft 42 zur Tagung Transfer 07. Neue Wege der Museumspädagogik und Kunstvermittlung, Oldenburg 2008, S. 17-27.
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A NKOMMEN Wie ein Workshop, ein Seminar, eine Führung, ein Projekt verläuft, hat viel mit dem Einstieg in das Thema, mit der Gruppensituation und dem Raum zu tun. Die »heiligen Hallen« des Museums, zugige Foyers, pompöse Rotunden und enge Gänge sind oft akustisch ungünstig, bedrängend oder einschüchternd. Ein Raum für das Ankommen kann auf unterschiedliche Weise inner- und außerhalb der Ausstellung geschaffen werden: durch die Wahl eines angenehmen Ortes, die Verwendung von mobilem Mobiliar bis hin zur Gestaltung von Inszenierungen und Installationen. Im Palais Pinakothek beginnen Veranstaltungen oft in der Küche oder im Salon. Beim »Offenen Palais« werden die Eintreffenden am Empfang persönlich begrüßt und eingeführt.
WA H R N E H M U N G
SENSIBILISIEREN
Welche Umgebung ist geeignet, uns aufmerksam zu machen? Vielleicht eine, die sich von unserer alltäglichen Umgebung unterscheidet: Die Raum-Dimensionen in Museen erfüllen diesen Zweck. Im Palais Pinakothek haben wir uns für Leere entschieden, wo wir ruhige konzentrierte Situationen schaffen wollen: von allem nur das Nötigste, viel leerer Raum – weiße Wände, schlichter Holzboden, sorgfältig gewählte Beleuchtung und Mobiliar. Kontext-Verschiebungen und installative Situationen kommen zum Einsatz, wo wir durch Irritationen wache Wahrnehmungsbedingungen erzeugen wollen: z.B. durch den Einsatz von Sportgeräten in der Kunstvermittlung während unseres Programms »In Bewegung«.
HANDLUNGSORIENTIERUNG Können Räume Menschen aktivieren? Anders herum gedacht: Welche Räume machen passiv? Bei mir sind es Vorlesungssäle, frontal ausgerichtete Seminarräume, das Sofa vor dem Fernseher – und auf die Dauer leider auch klassische Ausstellungsräume mit der immer gleichen Anordnung von Objekt und Beschriftung. Wo ich Dinge in die Hand nehmen kann, bekomme ich Lust, etwas auszuprobieren. Wo ich mit anderen – auch fremden – Menschen an einem Tisch sitze, beginne ich, mich zu unterhalten. Wo mich etwas neugierig macht, sehe ich genauer hin. Im Palais Pinakothek gestalten wir involvierende Situationen, Handlungs- und Kommunikationsangebote.
Susanne Kudorfer £Museen – Spaces for Art and Learning
Wahrnehmungsübung in der Küche
»Action Painting light« in der Werkstatt
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
U N T E R S C H I E D L I C H E S I T U AT I O N E N
UND
HER ANGEHENSWEISEN
Wie nähern wir uns einem Thema und anderen Menschen in einem Salon, einer Küche, einer Werkstatt, einem Seminarraum, einer Wunderkammer? Wenn wir im Palais ein Programm zu einem Thema entwerfen, betrachten wir es aus verschiedenen Blickwinkeln, entwickeln unterschiedliche Herangehensweisen und setzten diese in einzelnen Räumen um. Dem Phänomen »Licht« kann ich mich physikalisch, kunsthistorisch, zeichnerisch, erzählerisch, spirituell und technisch nähern. Beim »Offenen Palais« schaffen wir räumliche Situationen für offene Bildungsprozesse mit vielfältigen Anknüpfungspunkten. Im Gang durch das Haus finden die TeilnehmerInnen verschiedene Aktivitäten zu einem Thema vor, in die sie nach individuellem Interesse, Rhythmus und eigenem Maß einsteigen.
K L A R E ST R U K T U R I E R U N G Wir haben uns gegen vermeintlich »künstlerisches Chaos« und »Kreativwerkstättenambiente«, für klar strukturierte Arbeitsplätze mit sehr bewusst ausgewählten Materialien und Werkzeugen entschieden: In der »Wunderkammer« arbeiten wir mit Montessorimaterialien. Bei der Konzeption offener Werkstattangebote achten wir darauf, dass einfache Einstiegsübungen an Tischen auf Stehhöhe ebenso vorhanden sind, wie anspruchsvolle Aufgaben, in die man/frau sich für längere Zeit in Ruhe vertiefen kann. Erwachsene und Kinder arbeiten beim »Offenen Palais« individuell und gemeinsam im gleichen Raum.
ÖFFENTLICHER R AUM Wie schön, wenn Schulklassen und Leute wie du und ich in jedem Museum ein nettes Plätzchen fänden, um ihr Butterbrot auszupacken. Oder wenn eine Professorin und ein Sozialarbeiter mit ihren Gruppen Raum hätten für eine abschließende oder einleitende Diskussion. Die Elterninitiative von nebenan könnte sich im Museum treffen. Menschen, die Zeit haben, einfach mal vorbeikommen. Selbstverständlich ist es nicht der primäre Zweck eines Museums, gemütliche Picknickecken einzurichten. Doch wenn wir möchten, dass Gruppen und Individuen den Weg und Aufwand auf sich nehmen, diese kulturellen Einrichtungen aufzusuchen, sollten sie mit ihren Bedürfnissen auch willkommen sein. Museen sind öffentliche, nicht kommerzielle Orte – von denen es nicht mehr so viele gibt in unseren Lebensräumen. Sie sollten ihre Qualität als Frei-
Susanne Kudorfer £Museen – Spaces for Art and Learning
raum für inspirierende Begegnungen mit anderen Menschen, relevanten Inhalten, Denk- und Handlungsweisen nutzen und stärken.
L I T E R AT U R Döring, Jörg/Thielmann, Tristan (Hg.), Spatial Turn. Das Raumparadigma in den Kultur- und Sozialwissenschaften, Bielefeld: transcript 2008. Jannelli, Angela: »Warning: Perception Requires Involvement«, in: museum.ch. Die Schweizer Museumszeitschrift, »Raum macht Sinn« (Titel des Heftes), Nr. 3/2008, S. 21-25. Klauser, Wilhelm: »Centre Pompidou: 1968-2008. Ein öffentliches Haus«, in: Public Spheres. Wer sagt, dass der öffentliche Raum funktioniert? Europan-Forum »Neue Stadträume«, Hamburg, 2007, S. 118-121. Kudorfer, Susanne: »Drei Pinakotheken und ein Palais für die Kunstvermittlung«, in: Tagungsdokumentation/Schriftenreihe der Oldenburgischen Landschaft, Heft 42 zur Tagung »Transfer 07. Neue Wege der Museumspädagogik und Kunstvermittlung«, Oldenburg 2008, S. 17-27. Masuch, Bill: »Der offene Raum. HandlungsRäume in Kunst und Kunstvermittlung«, in: Pierangelo Maset/Rebekka Reuter/Hagen Steffel (Hg.), Corporate Difference. Formate der Kunstvermittlung, Lüneburg: editionHYDE 2006, S. 87ff. museum.ch. Die Schweizer Museumszeitschrift, Nr. 3/2008: »Raum macht Sinn«.
F O R U M 4: M U S E E N – S PA C E S
FOR
ART
AND
LEARNING
Referentin: Susanne Kudorfer, bis 2008 Leiterin Besucherdienst und Kunstvermittlung Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Palais Pinakothek Türkenstr. 4, 80333 München Tel 089-23805-284 [email protected] www.pinakothek.de/palais-pinakothek/palais/index.php Koreferentin: Anna Cutler, Head of Learning Tate Modern Bankside, London, SE1 9TG [email protected] www.tate.org.uk/home/german_modern.htm
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£ MUSEEN UND MEDIEN Eva-Marie Weber, Stefan Bresky
Für das Forum zum Thema »Museen und Medien« wurde das Münchner Museum Mensch und Natur als Veranstaltungsort ausgesucht, ist doch gerade dieses Museum für seine besondere Art der Wissensvermittlung bekannt. Seine Beliebtheit gründet sich unter anderem auf der Abteilung »Spielerische Naturkunde – nicht nur für Kinder« mit seinen Quizstationen, die vom Museum entwickelt, in Zusammenarbeit mit einer Software-Firma produziert und von den Werkstätten des Museums gefertigt wurden. Jede dieser Spielstationen befasst sich mit einem naturkundlichen Thema. Eine einfache, kurzgefasste Spielanleitung führt ein in den Spielvorgang. Zwei bis drei BesucherInnen können auf einer Sitzbank vor dem Spielpult Platz nehmen; die Fragen können per Knopfdruck beantwortet werden. Im Inneren der Pulte sorgt eine Software dafür, dass durch Betätigung von Druckknöpfen Relais geschaltet werden, die Lichtkästen zum Leuchten bringen, Bewegungsmotoren starten, Dioden aufleuchten lassen oder Magnete umpolen. Diese technischen Möglichkeiten geben ein abwechslungsreiches Feedback. Was diese Spiele so beliebt macht, ist einerseits die ideenreich gestaltete Präsentation, andererseits die recht mannigfache technische Umsetzung der »Belohnung« am Spielende. Das Aufzeigen der Anzahl richtiger und falscher Antworten und der Anreiz, diese »Belohnung« zu bekommen, führt im Regelfall dazu, das Spiel zu wiederholen. Das Spielen macht Spaß und beinahe nebenher eignen sich die BesucherInnen Wissen an. Eine weitere Abteilung wurde inzwischen nach diesem Erfolgsrezept aufgerüstet.
SPIELERISCHE LERNPROZESSE Die Bedeutung von spielerischen Lernprozessen in der Entwicklung des Menschen ist unumstritten und sowohl Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Abhandlungen als auch von Beiträgen in der Tagespresse. So nahm sich das Magazin der Süddeutschen Zeitung im Oktober 2008 dieses Themas an: »Schon bei kleinsten spielerischen Erfolgen schüttet das limbische System Endorphine aus. Die machen so schnell süchtig, dass sie auch den vermeintlich so vernunftbegabten Homo sapiens auf Bolzplätze und an Spieltische treiben. Kein Wunder, dass Lernen und Training, wenn es spielerisch gestaltet ist, von Menschen jeden Alters bevorzugt wird. Der Salzburger Spielforscher Roland Buland fordert aus diesem Grund spielerisches Lernen an Schulen, und er steht damit nicht allein. ›Wenn wir sehen, mit welcher Mühe Jugendliche für eine Prüfung einen Stoff büffeln, der sie nicht interessiert und den sie schon am Tag nach der Prüfung vollständig vergessen haben, dann stellt sich die Frage: Wie lange
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
werden wir uns als Gesellschaft diesen Luxus ineffizienten Lernens noch leisten können?‹, sagt er. ›Das Spiel ist das effizienteste Lernmedium.‹ Lernforscher bestätigen, dass der Mensch nicht jene Inhalte am besten behält, die er gehört oder gelesen hat, sondern das, was er selbst getan hat.«1
Interaktive Medienstationen sprechen Kinder jeder Altersstufe an.
Der Begriff »Spiel« darf hier weit gefasst verstanden werden. Es geht bei den interaktiven Stationen im Museum Mensch und Natur nicht um kreative Spiele sondern um Lernspiele. Dazu die Definition von Spiel des niederländischen Kulturanthropologen Johan Huizinga: »Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl 1
»Warum wir spielen – Neue Erkenntnisse über unseren nettesten Trieb«, in: Süddeutsche Zeitung Magazin vom 10. Oktober 2008.
Eva-Marie Weber, Stefan Bresky £Museen und Medien
der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ›Andersseins‹ als das ›gewöhnliche Leben‹.«2 Im Workshop der Tagung wurde diskutiert, ob diese Art der Wissensvermittlung nicht in Konkurrenz zur personalen Museumspädagogik steht. Dazu einige kurze Statements: Diese mediale Vermittlung ist sehr gut geeignet für • kleine Gruppen wie Familien, wobei Groß und Klein im Team die Fragen lösen können, oder • EinzelbesucherInnen: – sie steht immer zur Verfügung, man muss sie nicht buchen, – sie arbeitet fehlerfrei (allerdings nicht wartungsfrei), – sie lässt eine freie Themenauswahl je nach Interesse zu (»sie« steht für die »mediale Vermittlung«). Diese Art der Vermittlung ist nicht gut geeignet für • größere Besuchergruppen wie Schulklassen, da sich diese in Kleingruppen auflösen und es dann an Konzentration oder Disziplin mangelt, sich auf ein Spiel ganz einzustellen und • BesucherInnen, die nicht lesen können oder die deutsche Sprache nicht beherrschen und die keinen helfenden Begleiter an ihrer Seite haben, • BesucherInnen, die sich individuell mit einem Exponat auseinandersetzen wollen, • BesucherInnen, die gerne nachfragen, • BesucherInnen, die selbst entdecken möchten, • BesucherInnen, die selbst kreativ werden wollen.
V I E L F A LT
DER
MEDIEN
IM
MUSEUM
Was unter »Medien« vor allem unter den »neuen«, digitalen Medien verstanden wird, die uns heute in vielerlei Form und Gestalt als Teil von Ausstellungen in Museen begegnen, ist nur schwer zu definieren. Vielfältig sind die Angebote in Museen und täglich kommen neue innovative Techniken hinzu. Medien sind nicht nur in der Ausstellung zu finden, darüber hinaus bieten sie auch die Möglichkeit, das Museum in einen unendlich großen, virtuellen Raum hinein zu erweitern, ein Museum sogar einzig in diesem ortlosen Raum existieren zu lassen. Den Aufgaben eines Museums: Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen 2 Johan Huizinga: Homo ludens – Vom Ursprung der Kultur im Spiel, Reinbek: Rowohlt 1991, S. 37.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
und Vermitteln, steht eine nahezu unüberschaubare Menge an Umsetzungsund Gestaltungsmöglichkeiten mit den Mitteln der digitalen Medien gegenüber. Was uns heute im Internet, in Form von Medienstationen in Museen oder als Software für den wissenschaftlichen und heimischen Betrieb geboten wird, hat den unbeholfenen Charakter der Produkte des anfänglichen Booms in den 1990er Jahren abgelegt. Renommierte Einrichtungen verlassen sich auf erprobte und bewährte Formate. Der Blick für das Wesentliche hat sich geschärft, die klaren Vorteile digitaler Medien sind deutlicher in den Vordergrund getreten. Dazu zählen beispielsweise die (vielfach auch kritisierte) Unvergänglichkeit von Digitalisaten und die Ressourcen sparenden Eigenschaften elektronischer Speicherung. Das Spielerische wird effizient in die Vermittlung von Kultur und Wissen einbezogen. Auf instabile und avantgardistische Lösungen wird weitgehend zugunsten des Anwenders verzichtet, hält doch der konventionelle digitale Alltag mit PC, E-Mail und Internet schon genügend Tücken technischer Art bereit.
Hörstationen machen neugierig.
Bisheriges Ergebnis dieser Entwicklung ist das Blended Museum,3 das gemischte Museum, in dem sich physische Exponate und Architektur mit den virtuellen Objekten und Räumen der digitalen Medien vermengen. Anhand einiger Beispiele aus dem Deutschen Historischen Museum Berlin 3 Projekt Blended Museum der Universität Konstanz, vgl. http://hci.uni-konstanz.de/ index.php?a=research&b=projects&c=16086087&lang=de, vom 31. Oktober 2008.
Eva-Marie Weber, Stefan Bresky £Museen und Medien
(DHM) sollen zwei Aspekte dieses breiten Themas erläutert werden: die Möglichkeiten einer vertiefenden Medienstation in der Dauerausstellung und eine historische Datenbank mit Objekten des Museums, die BesucherInnen auch im Internet zur Verfügung steht.
M E D I E N S TAT I O N E N I N A U S S T E L L U N G E N U N D A L S A N W E N D U N G E N A U F CD - ROM
UND
DV D
Medienstationen oder »Bildschirmanwendungen sind Anwendungen, bei denen die Besucher sich in einem interaktiven Dialog mit einem Bildschirm oder einem mobilen Endgerät (device) mit der zu vermittelnden Information auseinandersetzen. Hierbei steht der ›Eins-zu-eins-Dialog‹ im Vordergrund (ein einzelner Besucher ist im Dialog mit einer Anwendung). Diese Bildschirmanwendungen sind hauptsächlich im Vorfeld oder in der Nachbereitung einer Ausstellung positioniert, beispielsweise im ›learning center‹ vor Ort oder als Internet-, CD-ROM- oder DVD-Anwendung zu Hause. […] In Ausnahmefällen können Bildschirmanwendungen auch in der Ausstellung selbst eingesetzt werden, jedoch nur dann, wenn eine klare inhaltliche und formale Beziehung zwischen dem Bildschirm und einem durch ihn zu erklärenden Exponat oder Artefakt hergestellt wird.«4
Einige Beispiele aus dem Deutschen Historischen Museum Berlin (DHM) sollen die Chancen dieser Technik erläutern. Familie Chotzen – Jüdisches Leben in Deutschland 1914-2004 Eine Medienstation im DHM sowie DVD und Internetseite
Die Inhalte dieser Medienstation erzählt die Geschichte der Familie Chotzen während des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs. Es handelt sich um eine Station in der Ständigen Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin (DHM), deren Inhalt auch für den Gebrauch außerhalb des Museums auf DVD produziert wurde. Ein einzigartiger Nachlass, bestehend aus Fotos, Familienalben, Aufzeichnungen, Postkarten, Zeitzeugeninterviews mit den letzten Überlebenden und einem Haushaltsbuch, wurde digital aufbereitet und gibt so Auskunft über das Leben der Familie Chotzen über neun Jahrzehnte. Für die Verwendung im Schulunterricht stehen Themenführungen und Arbeitsblätter bereit. SchülerInnen können sich eigene Materialsammlungen 4 Vgl. Joachim Sauter: »Neue Medien in Museen und Ausstellungen«, in: Bernhard Graf/Astrid B. Müller (Hg.), Sichtweisen: Zur veränderten Wahrnehmung von Objekten in Museen, Berliner Schriften zur Museumskunde Bd.19, Berlin 2005.
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zusammenstellen und diese mit Hilfe eines Präsentationsmoduls ihren MitschülerInnen vorstellen. Begleitend gibt es einen speziellen Lehrerleitfaden, der als PDF zum Download vom Brandenburger Bildungsserver zur Verfügung steht. Die Geschichte der Familie Chotzen ist auch im World Wide Web zu finden, allerdings ist die Internetseite www.chotzen.de nicht mit allen Internetanschlüssen/Bandbreiten problemlos nutzbar. DVD und Internetseite sind ein Kooperationsprojekt des DHM und der Bundeszentrale für politische Bildung mit freundlicher Unterstützung der Gedenkstätte Haus der WannseeKonferenz. Die Virtuelle Bibliothek des DHM – Mittelalterliche Handschriften – digitale Medienstation im DHM und CD-ROM »In der Virtuellen Bibliothek können kostbarste Prachthandschriften (Codices) des Mittelalters am Computer studiert werden. Digitale Technik ermöglicht das Lesen eines Ritterromanes ebenso wie das Blättern in der legendären Goldenen Bulle oder einem medizinischen Handbuch mit Äderlassmännchen und astrologischen Ratschlägen. Ein Mausklick genügt und der Leser wird zum Experten mittelalterlicher Schriften vom 10. bis zum 15. Jahrhundert oder zum Übersetzer lateinischer und hebräischer Texte. Die reiche Bilderwelt der Codices, durch Kommentare erschlossen, kann mit einer Lupe im Detail betrachtet werden.«5
Die Virtuelle Bibliothek ist Bestandteil der Ständigen Ausstellung des DHM. Verschiedene der Codices wurden auch als CD-ROM herausgegeben, in einigen Fällen in Zusammenarbeit mit den Institutionen, in deren Besitz sich das jeweilige Original-Dokument befindet. Die CD-ROM sind im Museum käuflich zu erwerben.6 5 Deutsches Historisches Museum, vgl. www.dhm.de/ausstellungen/virtuelle vom 31. Oktober 2008. 6 Codex Manesse – Die grosse Heidelberger Liederhandschrift; Sachsenspiegel – Wolfenbuetteler Bilderhandschrift der Sammlung sächsischen Landrechts; Machsor Lipsiae –- Eine illuminierte Handschrift der Gebete für die sieben besonderen Sabbate und die Feiertage des jüdischen Jahres; Der Eneasroman – Die Geschichte des trojanischen Helden Aeneas als mittelalterlicher Ritterroman; Der Egbert-Codex – Auf 165 Blättern finden sich die Lesungen aus den vier Evangelien, die mit 60 Zier- und Bildseiten zum Leben und Wirken Jesu geschmückt sind und die Bamberger Apokalypse – Apokalypse-Bilderzyklus aus ottonischer Zeit, geschmückt mit 57 Miniaturen auf Goldgrund und über 100 goldene Initialen schmücken auf 106 Blättern. Erhältlich u.a. im Museumsshop des DHM, vgl. https://www.dhm.de/cgi-bin/publi_menu vom 31. Oktober 2008.
Eva-Marie Weber, Stefan Bresky £Museen und Medien
M U S E E N I M WO R L D WI D E WE B – D E R D I G I TA L E ›E R W E I T E R U N G S B A U ‹ Neben Informationen zu den eigenen Ausstellungen, Öffnungszeiten, Angeboten der Museumspädagogik, Geschichte und Philosophie des Hauses und anderen nützlichen Hinweisen, bieten Museen im Zusammenhang mit ihren Internetpräsenzen auch oft Inhalte an, die in dieser Art im physischen Museum nicht erlebbar sind. Dabei gibt es Überschneidungen mit den Medienstationen und den Anwendungen auf CD-ROM/DVD, die sich größtenteils der gleichen Technologien bedienen, so dass sich Inhalte leicht auf diese anderen Medien übertragen lassen. »LeMO – Lebendiges Museum Online« (www.dhm.de/lemo) »LeMO ist ein Gang durch die deutsche Geschichte von 1871 bis zur Gegenwart. Im virtuellen Museum werden die Informationstexte mit den musealen Objekten sowie Film- und Tondokumenten verknüpft. […] Daneben umfasst LeMO derzeit rund 850 Biographien zu Politikern, Künstlern, Wissenschaftlern etc. Für jedes Jahr ab 1871 gibt es außerdem eine Jahreschronik, die einen schnellen Überblick ermöglicht. Zahlreiche Statistiken und Schaubilder runden das Angebot ab.«7
LeMO bietet die Möglichkeit, eigene Zeitzeugenberichte beizusteuern. Nach einer Überprüfung werden diese Beiträge für alle BesucherInnen von LeMO online gestellt. Daraus ergibt sich im Laufe der Zeit ein »Kollektives Gedächtnis«. LeMO ist ein gemeinsames Projekt des DHM, des Hauses der Geschichte in Bonn und des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik.
W E B 2 .0 – N E U E S T E V E R S I O N
DES
WO R L D WI D E WE B
Wohin das veränderte Nutzerverhalten auch Museen führen kann, mag ein Blick ins Web 2.0 zeigen. »Im Web 2.0, hier verstanden als neue, interaktivere Generation des Internets, erleben wir etwas, das ›User Generated Content‹ genannt wird, das heißt, hier wird der Inhalt von den Betrachtern selbst geliefert. So findet man auf MySpace, YouTube und vielen anderen Plattformen im Internet Werke, welche die Benutzer dieses Netzwerkes selbst geschaffen haben. Das ist ein gewaltiger Unterschied zu den bisherigen Betrachtungen der Interaktivität. Mit der Web-2.0-Revolution wird die bisherige künstlerische Aktivität also viel weiter 7 Deutsches Historisches Museum, vgl. www.dhm.de/lemo/einfuehrung.html vom 31. Oktober 2008.
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getrieben, weil hier zum ersten Mal die Inhalte selbst von den Benutzern stammen. In der Kunst war es bisher so: Kunstwerke wurden von Künstlern zum Benutzen des Betrachters geschaffen. Nun ist der Betrachter so weit gekommen, dass er seine eigene Kunst ins Netz stellen kann, die dann wieder andere betrachten können. Die Frage ist nun, ob die Museen sich auf diese kulturelle Revolution einlassen werden.«8
Der Autor, Peter Weibel, Professor für visuelle Mediengestaltung an der Hochschule für angewandte Kunst Wien, bezieht sich in seinen Ausführungen auf Kunst und Kunstmuseen. Aber auch für technische, naturwissenschaftliche und historische Museen kann die Beteiligung der Gäste oder Nutzer am ansonsten den MitarbeiterInnen vorbehaltenen Museumsbetrieb interessante Möglichkeiten bieten. Die abschließende Diskussion im Forum zeigte auf, welche unterschiedlichen Möglichkeiten die Institution Museum als Speicher- und Gedächtnisort durch den Einsatz neuer Medien erhält. Dies gilt sowohl für die Erweiterung seiner Interpretations- und Kommunikationsaufgabe in Gestalt eines weiteren Werkzeuges als auch für die räumliche Erweiterung hin zu einem »virtuellen Museum«. Dabei wurde deutlich, dass es den Museen dabei nicht nur um die mediale, quantitative Öffnung ihrer Depotbestände gehen darf. MuseumsbesucherInnen bzw. RezipientInnen medialer Anwendungen müssen mit ihren Bedürfnissen und Interessen ernst genommen werden, in dem ihnen narrative und individualisierte Zugänge zu Exponaten und Themen angeboten werden. Erst dann erfüllt das Museum seine kommunikative Aufgabe.
L I T E R AT U R Bruns, Karin/Reichert, Ramón (Hg.): Reader Neue Medien, Bielefeld: transcript Verlag 2007. Dittler, Ullrich: E-Learning: Einsatzkonzepte und Erfolgsfaktoren des Lernens mit interaktiven Medien, München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2003. Huizinga, Johan: Homo ludens – Vom Ursprung der Kultur im Spiel, Reinbek: Rowohlt 1991. Mangold, Michael/Weibel, Peter/Woletz, Julie (Hg.): Vom Betrachter zum Gestalter. Neue Medien in Museen – Strategien, Beispiele und Perspektiven für die Bildung, Baden Baden: Nomos 2007.
8 Peter Weibel: »Das Museum im Zeitalter von Web 2.0«, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 49/2007.
Eva-Marie Weber, Stefan Bresky £Museen und Medien
Rockweiler, Nicole/Weinhold, Matthias: »Dimension der Virtualisierung von Museen«, in: Zeitschrift für Pädagogik, Heft 51/2005, S. 786-796. Sauter, Joachim: »Neue Medien in Museen und Ausstellungen«, in: Bernhard Graf/Astrid B. Müller (Hg.), Sichtweisen: Zur veränderten Wahrnehmung von Objekten in Museen, Berliner Schriften zur Museumskunde Bd.19, Berlin 2005. Schwan, Stephan/Trischler, Helmuth/Prenzel, Manfred (Hg.): »Lernen im Museum: Die Rolle von Medien«, in: Mitteilungen und Berichte aus dem Institut für Museumsforschung Nr. 38, Berlin, 2006. vgl. www.iwm-kmrc.de/ museum/publications/Sch2006h.pdf vom 31. Oktober 2008. »Warum wir spielen – Neue Erkenntnisse über unseren nettesten Trieb«, in: Süddeutsche Zeitung Magazin vom 10. Oktober 2008. Weibel, Peter: »Das Museum im Zeitalter von Web 2.0«, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 49/2007. Wohlfromm, Anja: Museum als Medium – Neue Medien in Museen: Überlegungen zu Strategien kultureller Repräsentation und ihre Beeinflussung durch digitale Medien, Köln: Herbert von Halem Verlag 2002.
LINKS LeMO – Lebendiges virtuelles Museum Online, vgl. www.dhm.de/lemo vom 31. Oktober 2008. The Getty Art & Architecture Thesaurus, vgl. www.getty.edu/research/conducting_research/vocabularies/aat/about.html#scope vom 31. Oktober 2008. The Getty Research Institute, vgl. www.getty.edu/research vom 31. Oktober 2008. The J. Paul Getty Museum, vgl. www.getty.edu/museum vom 31. Oktober 2008. Deutsches Historisches Museum, vgl. www.dhm.de vom 31. Oktober 2008. Zum Projekt Virtuelle Bibliothek des Deutschen Historischen Museums, vgl. www.dhm.de/ausstellungen/virtuelle vom 31. Oktober 2008. Link-Seite des Deutschen Historischen Museums, vgl. www.dhm.de/links.html vom 31. Oktober 2008; hier viele Links zu virtuellen und anderen Museen sowie zu weiteren interessanten Orten im Internet. Staatliche Kunstammlungen Dresden, Galerie Alte Meister in Second Life, vgl. www.skd-dresden.de/de/info/second_life.html vom 31. Oktober 2008. EVA – Electronic Imaging & The Visual Arts Konferenz, Berlin, Kunstgewerbemuseum, 12.-14. November 2008, vgl. www.gfai.de/pinboard/eva/index. html vom 31. Oktober 2008.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
MAI-Tagung – »museums and the internet«, Xanten, RömerMuseum, 28. bis 29. Mai 2009, vgl. www.mai-tagung.de vom 31. Oktober 2008.
F O R U M 5: M U S E E N
UND
MEDIEN
Referentin: Eva-Marie Weber, Leiterin der Museumspädagogik Museum Mensch und Natur Schloss Nymphenburg, 80638 München [email protected] www.musmn.de Koreferent: Stefan Bresky, Leiter der Museumspädagogik für die Ständige Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Berlin Deutsches Historisches Museum Unter den Linden 2, 10117 Berlin [email protected] www.dhm.de
UND GESELLSCHAFT: I N T E R K U LT U R E L L E S L E R N E N I M M U S E U M Anka Bolduan, Ulrike von Gemmingen £
MUSEUM
Das Forum im Münchner Museum für Völkerkunde behandelte an zwei Beispielen Fragestellungen, die derzeit nicht nur VermittlerInnen beschäftigen: Wie werden Menschen mit Migrationshintergrund im Museum erreicht? Welche Kompetenzen werden für diese spezielle Zielgruppe von den MuseumsmitarbeiterInnen benötigt? Welche Rahmenbedingungen sind notwendige Voraussetzung für Projekte mit dieser Zielgruppe und wie wichtig ist die Teilhabe von MigrantInnen an Vorbereitung und Durchführung von entsprechenden Themen im Museum? Natürlich konnten nicht auf alle Fragen die passenden Antworten gefunden werden, aber die vorgestellten Projekte zeigen mögliche Lösungswege.
FIE S – F O R S C H E N I N E I G E N E R S A C H E . E I N I N T E R K U LT U R E L L E S P R O J E K T F Ü R J U G E N D L I C H E V O N 14 B I S 20 J A H R E N A M Ü B E R S E E -M U S E U M B R E M E N Die Durchführung des Projekts »FIES« startete im Jahr 2005. FIES wurde finanziert als Begleitprojekt zur Bewerbung Bremens als Kulturhauptstadt und mit freundlicher Unterstützung der VGH-Stiftung Niedersachsen/Bremen und der Öffentlichen Versicherungen Bremen-ÖVB. Mit der Durchführung sollten insbesondere Jugendliche in Stadtteilen mit einem hohen Anteil von MigrantInnen in Freizeit und Bildung gefördert werden. Nach der ersten zweijährigen Projektphase und einer Zwischenevaluation wurden die Ergebnisse so positiv bewertet, dass erneut alte und neue Förderer gewonnen werden konnten. Seit 2007 besuchen in einer zweiten Projektphase Jugendliche jeweils 30 Stunden im Halbjahr das Übersee-Museum und nehmen an den Projekten in FIES Zwo teil. Damit beteiligten sich seit 2005 etwa 700 Jugendliche an den für die TeilnehmerInnen kostenfreien Projekten. Eine Durchführung der Projekte ist noch bis zum Sommer 2009 gesichert. Ziele und Methoden
Einmal im Jahr wird das Projekt mit einem Plakat und einer Beschreibung der Projektziele an allen Bremer Schulen und Jugendfreizeiteinrichtungen für die Altersstufe 14 bis 20 Jahre ausgeschrieben. Schulklassen und Jugendeinrichtungen können sich bewerben. Das Übersee-Museum setzt in dem Projekt an seinen Aufgaben Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln an. Die ProjektteilnehmerInnen werden aus-
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gerüstet mit dem »Handwerkszeug« der Museumsfachleute und begeben sich – ausgehend von den Ausstellungen und selbst gewählten Objekten – zunächst auf »Feldforschung« in ihrem eigenen Umfeld.
Projekt FIES, Schüler der Klasse 9a, Schule In der Vahr, Bremen, bei der Arbeit vor den Exponaten
Ähnlich wie die WissenschaftlerInnen im Museum werden die Jugendlichen zu ForscherInnen in »eigener« Sache und in ihrer eigenen Lebenswelt: die eigene Wohnung, der Wohnblock, die Schule, der Stadtteil, der Herkunftsort, virtuelle Räume oder Orte der Freizeitgestaltung. Die TeilnehmerInnen legen eigene reale oder virtuelle Sammlungen und Informationen über ihr Untersuchungsfeld an und treffen eine Auswahl von Gegenständen und/oder Dokumenten, die sie präsentieren möchten. Dazu bieten sich Schriftstücke, Fotos, Filme, Tondokumente (z.B. Mitschnitte, Interviews, Musik) und andere Dokumente an. Erfahrungen in der Arbeit mit jugendlichen BesucherInnen im Übersee-Museum zeigen, dass besonders künstlerische Aktivitäten als attraktive Arbeitsund Ausdrucksformen favorisiert werden. Wichtiger Bestandteil des Projektes ist daher ein Team von Fachleuten aus künstlerisch kreativen Arbeitsfeldern (Medien-/Design, Malerei und Grafik, Musik, Theater, Literatur), welches die Jugendlichen anleitet und begleitet, damit diese lernen, ihre Ergebnisse gestalterisch zum Ausdruck zu bringen. Mögliche Präsentationsformen können
Anka Bolduan, Ulrike von Gemmingen £Museum und Gesellschaft: Interkulturelles Lernen im Museum
beispielsweise eine eigene Ausstellung, Aufführungen, multimediale Präsentationen oder eine eigene Homepage im Internet sein. Zum Abschluss der Projekte findet eine Präsentation der Ergebnisse im Museum statt. Die Projektarbeit wird der Öffentlichkeit vorgestellt. Eine Jury aus unabhängigen VertreterInnen von Jugendlichen, LehrerInnen und Personen aus unterschiedlichen Kultureinrichtungen treten als LaudatorInnen auf und geben den Gruppen fachkundiges Feedback. Mitmachen können in jedem Jahr jeweils zwölf Gruppen mit jeweils 30 Projektstunden. Ergebnisse Auswahl und Qualifikationen der MitarbeiterInnen im Projekt Bei der Auswahl der freien MitarbeiterInnen im Team wird auf deren Erfahrungen in der Arbeit mit Jugendlichen und MigrantInnen, auf die interkulturelle Kompetenz und die künstlerische Sachkompetenz geachtet. Die hauptamtlichen MitarbeiterInnen des Projekts haben selber langjährige Erfahrungen in der museumspädagogischen Arbeit mit MigrantInnen und Jugendlichen, haben zum Teil selbst einen Migrationshintergrund und haben ähnliche Projekte geleitet. Ausschlaggebend ist für jede Mitarbeit eine Übereinstimmung, was die Ziele und Methoden des Projekts betrifft. Themen und Museumsbezug Betrachtet man die Palette der Themen, welche die Jugendlichen in den Projekten selbst formuliert und bearbeitet haben und deren Ergebnisse bei der Präsentation, kann man sowohl Bezüge zu den Themen des Museums wie auch zu einzelnen Exponaten oder Methoden des Museums feststellen. Einige Projektgruppen haben bei den Präsentationen Vitrinen mit eigenen Sammlungsstücken und Objektbeschriftungen ausgestattet, also auch erlernte Arbeitsmethoden des Museums umgesetzt (z.B. eine Gruppe »STARTStipendiaten«). Beteiligung von Jugendlichen mit einem Migrationshintergrund Es haben insbesondere Gruppen mit einem hohen Anteil von MigrantInnen (ca. 50 bis 60 Prozent) an den Projekten teilgenommen. Bei der Recherche zu den gewählten Themen haben wir den Ansatz verfolgt, diese Jugendlichen und deren Verwandten selbst zu ExpertenInnen ihrer eigenen Migrationsgeschichte und Kultur zu machen. So befragten sie Angehörige, ExpertInnen aus dem Museum und unterschiedlicher Religionszugehörigkeit. Für den sozialen Prozess in den Gruppen brachte diese Herangehensweise enorme Fortschritte. MigrantInnen, welche sonst aufgrund sprachlicher Probleme im Nachteil sind, konnten zum Gruppenergebnis positive Sachbeiträge liefern.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
In den Diskussionen und bei den künstlerischen Umsetzungen (z.B. Theater und Film) lernten alle SchülerInnen durch das Einnehmen »fremder« Rollen, einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Die Jugendlichen bearbeiteten Themen wie »Verliebt sein in anderen Kulturen«, »Helden«, »Religionen indigener Völker« und andere, die einen Kulturvergleich ermöglichten.
Projekt FIES, Präsentationen der Schülerinnen
Erfolg der Projektarbeit Im Verlaufe des Projekts befassten sich die Schüler mit den Arbeitsmethoden des Museums. Durch die Einführung mit einem Museumskoffer in der Schule erhielten sie eine erste Information zur Entstehung von Sammlungen, Archivierung von Sammlungsobjekten und deren Auswertung. In den Ausstellungen des Museums und der Bibliothek konnten Grundsteine für die Recherche und mögliche Präsentationsformen gelegt werden. Leistungsstarke Gruppen (insbesondere Jugendliche aus Gymnasialklassen) konnten ihre Kompetenzen in allen Bereichen steigern, während leistungsschwache Gruppen (insbesondere Hauptschulklassen) ihre Personal-, Sozial-, Methoden- und Medienkompetenz erweiterten, aber nur geringe Steigerung in der Sachkompetenz zeigten. Alle Jugendlichen äußerten, dass das selbstbestimmte Arbeiten ein Motor ihrer Motivation war. Das Museum wurde als Ort der Ruhe gesehen, an dem die Jugendlichen (im Gegensatz zur Schule) eine entspannte, aber anregende Arbeitsatmosphäre vorfanden.
Anka Bolduan, Ulrike von Gemmingen £Museum und Gesellschaft: Interkulturelles Lernen im Museum
Heranführen an Kunst und kreative Ausdrucksformen Die Erfahrungen mit der Kooperation von KünstlerInnen, MuseumsmitarbeiterInnen und Jugendlichen im Projekt waren ausgesprochen positiv. Alle Jugendlichen arbeiteten in der Phase der künstlerischen Umsetzung besonders motiviert mit, dies galt insbesondere für die Jugendlichen, die nur schwache Leistungen im Bereich der Sachkompetenz zeigten. Die Präsentation der Endergebnisse in der (Museums-)Öffentlichkeit war ein wichtiges, Identität stiftendes Moment und soll auch weiterhin Bestandteil der Projektarbeit bleiben. Das Interesse der unabhängigen Jury mit VertreterInnen aus unterschiedlichen Museums- und Kultureinrichtungen und der Medien wirkte motivationsfördernd. Auf der Homepage www.uebersee-museum. de/fies können die Jugendlichen und andere Interessierte die Ergebnisse auch nach Abschluss des Projekts betrachten.
M U S E U M S W E R K S TAT T I M F R E M D E N L A N D . E I N K U LT U R P R O J E K T I M M U S E U M D E R M Ü N C H N E R V O L K S H O C H S C H U L E M I T A U S L Ä N D I S C H E N TE I L N E H M E R I N N E N Ursprünglich entstand die Idee zu diesem Museumsprojekt aus der kulturellen Bildung mit ausländischen ArbeitnehmerInnen und deren Familienangehörigen sowie AsylbewerberInnen, die Bildungsprogramme wie Deutsch lernen, berufliche Eingliederung oder Alphabetisierung an der Münchner Volkshochschule wahrnehmen. 1984 wurde die Museumsarbeit als »Museumswerkstatt« – ein Modell der interkulturellen Museumspädagogik für ausländische ArbeitnehmerInnen und deren Familienangehörige an der Münchner Volkshochschule gegründet. Dieses, vom Ministerium für Bildung und Wissenschaft geförderte Pilotprojekt wurde nach einer vierjährigen Erprobungsphase als Fachgebiet der Kulturellen Bildung an der Münchner Volkshochschule eingegliedert. Ansätze, die innerhalb der Pilotphase entwickelt wurden, ließen sich dann in eine integrative kulturelle Arbeit der Fachbereiche Deutsch – Migration – Integration und »Deutsch als Fremdsprache« mit der kulturellen Bildung in der Museumspädagogik verbinden und als festen Bestandteil der Regelarbeit bis heute etablieren. Erweitert wurde das Modell Anfang der 90er Jahre durch »Deutsch lernen im Museum«: Begleitend zum Sprachunterricht der Grundund Mittelstufe im Bereich Deutsch als Fremdsprache hat die Kunsthistorikerin und Deutschlehrerin Wiebke Heuer ein Sprachlernmodell in Münchner Museen entwickelt.
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»Im Mittelpunkt des Museumsbesuchs steht die sprachliche Auseinandersetzung mit den Kunstwerken und den Themen, die mit ihnen verbunden sind. Der sprachliche Anreiz besteht darin, dass wir Bilder zwar ohne Wörter sehen und verstehen, aber dass wir Wörter brauchen, um uns darüber zu verständigen, wie wir sie verstanden haben. […] Gerade im Vergleichen der Wahrnehmungen und der Reaktionen auf das Wahrgenommene lernen sich die Teilnehmer ganz anders kennen als in der Klasse. Sie treten als komplexe Individuen in Erscheinung, die nicht mehr nur an ihren Deutschkenntnissen gemessen werden, sondern deren Beobachtungen und Gedanken für die ganze Gruppe wertvoll sind.« (Wiebke Heuer)
2004 wurden öffentliche Zuschüsse für eine Förderung der Kulturarbeit mit MigrantInnen gekürzt und es mussten ganz neue Wege beschritten werden, um den Fortbestand dieser wichtigen museumspädagogischen Arbeit weiter zu gewährleisten. Eine Initiative mit Münchner BürgerInnen, die sich ehrenamtlich in diesem Feld engagieren möchten, wurde ins Leben gerufen. Es entstand ein Modellprojekt für soziales Engagement der Münchner Volkshochschule, ein begleitendes Kulturprogramm, eine ehrenamtliche, interkulturelle Museumswerkstatt für MigrantInnen und Flüchtlinge. Das Modell stellt eine kulturelle Begegnung zwischen ehrenamtlich Engagierten und sozial benachteiligten ausländischen MitbürgerInnen dar. Im Museum werden Projekte von einer ehrenamtlichen Gruppe inszeniert, die zuvor in Seminaren der Münchner Volkshochschule angeleitet und ausgebildet werden. Für sozial benachteiligte ausländische MitbürgerInnen entsteht die Teilnahme am kulturellen Leben, es wird eine Öffnung für die Sprache Deutsch unterstützt sowie eine Ergänzung, Begleitung und Bereicherung des allgemeinen Spracherwerbs bewirkt. Die menschlichen und beruflichen Potentiale von engagierten BürgerInnen werden eingesetzt und genützt. Eine Brücke zu den Schätzen unserer Kultur in verschiedenen Museen wird geschlagen: in Kooperation mit dem Programmbereich Deutsch – Migration – Integration und dem Netzwerk Frauen der Münchner Volkshochschule, der Initiative Lichterkette e.V. und »Deutsch für Flüchtlinge« sowie der Freiwilligenagentur »Tatendrang« – Vermittlungsstelle für bürgerschaftliches Engagement.
Anka Bolduan, Ulrike von Gemmingen £Museum und Gesellschaft: Interkulturelles Lernen im Museum
Museen können wichtige Orte für interkulturelles Lernen sein. Wie werden Menschen mit Migrationshintergrund erreicht?
Durch das seit 1984 schrittweise aufgebaute Geflecht von Vermittlungsformen und Kooperationen wird ein arbeitsteiliges Zusammenwirken von Museum, Volkshochschule, Initiativgruppen erreicht: Museen bieten durch ihre Sammlungen und Exponate ein anschauliches Kunst- und Kulturareal, jedoch können sie erst durch Vermittlung und Kooperation zu einer Plattform für eine facettenreiche kulturelle Bildung werden. Durch die Integration des spezifischen Museumsprogramms mit dem Spracherwerb und den Bildungsangeboten für Menschen mit Migrationshintergrund an der Volkshochschule werden die ausländischen Zielgruppen erreicht. Kompetenzen und Erfahrungshintergrund für diese spezielle Zielgruppe
Begeisterungsfähigkeit, Eros und Interesse, verbunden mit einer verständlichen, einfachen Sprache ohne komplizierte Zeiten, ohne Nebensätze, mit bildhaften, affirmativen, anschaulichen Begriffen, langsam gesprochen waren wichtige Grundlagen für das Projekt. Nicht zu vergessen die Fähigkeit, kreativ, spontan, intuitiv Situationen einzuschätzen. Zusätzlich war es unerlässlich, genügend Auswahlmöglichkeiten für eine anschauliche Methodenwahl im pädagogischen Gepäck mitzubringen.
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Die ehrenamtlich engagierten TeilnehmerInnen
Aus einer Interessentengruppe von ca. 60 Menschen wurde eine Projektgruppe mit 17 TeilnehmerInnen ausgewählt: 14 Frauen und drei Männer (zwischen 28 und 67 Jahren). Fachlich gab es ein breites Spektrum an beruflichen Fähigkeiten und Hintergrundwissen: z.B. Psychologie, Grafik-Design, Sozialarbeit, Museumspädagogik, Lehramt, Studium, bildende Kunst. Alle teilten das gemeinsame Interesse an fremden Kulturen, Liebe zur Kunst und Bereitschaft zu sozialem Engagement. Die Gruppe nahm teil an einer mehrteiligen Fortbildung und wurde während des Semesters durch Arbeitskreise und Seminare, zuletzt mit einer internetbasierten Lernplattform begleitet. Kooperationspartner und Rahmenbedingungen
Die Programme dauerten in der Regel drei Stunden und fanden wöchentlich statt. Eine Zusammenarbeit mit der Möglichkeit einen museumspädagogischen Raum zu nutzen, bestand im Lenbachhaus (bis Februar 2009), dem Museum Villa Stuck, dem Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke und dem Staatlichen Museum für Völkerkunde in Kooperation mit den Museumsleitungen und teilweise dem Museums-Pädagogischen Zentrum. Vor Beginn des Semesters wurden an die kooperierenden Partner Kalendarien mit Themen ausgegeben. Die KursleiterInnen der einzelnen Klassen oder der Deutsch-Intensivkurse bestellten dann einen Termin, die Verteilung erfolgte über die Volkshochschule. Seit Herbst 2008 wurde eine internetbasierte Lernplattform (moodle) der Volkshochschule entwickelt und genutzt. Die Museumsleitungen gewährten der ausländischen Teilnehmergruppe (analog zu Schulklassen) freien Eintritt.
FA Z I T Die beiden Projekte zeigen anschaulich, dass gerade Museen wichtige Lernorte für interkulturelles Arbeiten sein können. Im geschützten Raum »Museum« werden Zeugnisse unterschiedlichster Kulturen gesammelt und aufbewahrt. Menschen mit Migrationshintergrund können im fremden Land Spuren ihrer Heimatkultur wiederfinden und über die Auseinandersetzung mit diesen Sammlungsgegenständen am kulturellen Leben vor Ort teilhaben und können dabei ihre eigenen kulturellen Kompetenzen einbringen. Andererseits bieten vor allem die Methoden im Museum (Exponate zum Thema sammeln, erforschen, künstlerisch umsetzen und schließlich präsentieren) für Jugendliche mit Migrationshintergrund eine wichtige Grundlage, um
Anka Bolduan, Ulrike von Gemmingen £Museum und Gesellschaft: Interkulturelles Lernen im Museum
sich mit aktuellen Themen auseinanderzusetzen und sogenannte Schlüsselkompetenzen zu erwerben. Wichtige Voraussetzung ist in beiden Fällen eine intensive personelle Betreuung; nicht immer wird diese durch ehrenamtlich tätige Personen – wie im Münchner Projekt – geleistet werden können.
L I T E R AT U R Bolduan, Anka: »Forschen in eigener Sache – FIES, Ein interkulturelles Projekt für Jugendliche«, in: Kulturpolitische Gesellschaft (Hg.), Interkulturelle Bildung – Ein Weg zur Integration, Dokumentation einer Tagung, Essen: Klartext Verlag 2008, S. 146f. Bolduan, Anka: »Multiethnische, jugendliche Besucher – eine neue Herausforderung für die Museen«, in: Andreas Grünewald Steiger/Rita Klages (Hg.), Die Praxis der Interkultur, Dokumentation eines Symposions vom 1.-2. Juni 2006, Wolfenbütteler Akademie-Texte (WAT), Band 30, Wolfenbüttel 2007, S. 10f. Gemmingen, Ulla von: Diese Farbe ist mir wie deine grünen Augen – Museumswerkstatt mit Ausländern, Schriftenreihe des Instituts Jugend Film Fernsehen, München Band 12., Opladen: Leske + Budrich 1990.
F O R U M 6: M U S E U M U N D G E S E L L S C H A F T : I N T E R K U LT U R E L L E S L E R N E N Referentin: Ulla von Gemmingen, ehemalige Fachgebietsleiterin für Kunstgeschichte und Museum in der Münchner Volkshochschule Veranstaltungsort: Staatliches Museum für Völkerkunde Maximilianstraße 42, 80538 München Tel. 089-210136-100, Fax 089-210136-247 [email protected] www.voelkerkundemuseum-muenchen.de Koreferentin: Anka Bolduan, Übersee-Museum, Bremen Übersee-Museum Bahnhofsplatz 13, 28195 Bremen Tel. 0421-16038-172, Fax 0421-16038-371 [email protected] www.uebersee-museum.de
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INSTITUTIONENK O O P E R AT I O N E N
U N D D I S Z I P L I N Ü B E RG R E I F E N D E
Gabriele Kramer, Thorsten Marr Disziplinübergreifende Kooperationen ermöglichen innovative Vermittlungsund Aneignungsprozesse. Für die erfolgreiche Umsetzung eines Projektes ist es wichtig, dass die Zielsetzungen, die Rahmenbedingungen und die Aufgabenstellungen zwischen den Kooperationspartnern von Beginn an einvernehmlich und verbindlich festgelegt sind. Auf diese Weise kann jeder Partner frühzeitig entscheiden, ob er die mit der Kooperation verbundenen Aufgaben tragen und gegenüber Dritten vertreten kann, was anhand von drei Kooperationen mit unterschiedlichen Zielen im Folgenden aufgezeigt wird.
B E I S P I E L 1: D I S Z I P L I N Ü B E R G R E I F E N D E S J A H R E S P R O J E K T »Zahllose Abenteuer!« ist ein Projekt zum Mathematikjahr mit vielen Partnern: Museen, städtischen Einrichtungen, Universitäten. Der Ansatz ist im Verbund sowohl disziplinübergreifend als auch interdisziplinär. • Zielgruppen und Formate: Das Deutsche Museum veranstaltet ein vielfältiges Kinder- und Jugendprogramm. Angebote für vier- bis achtjährige Kinder, Ferienprogramme für die neun- bis zwölfjährigen, Jugendprogramme für die Altersgruppe ab 13 Jahren (in der Reihe »Try it«), Sonderprogramme wie z.B. »Märchen im Museum« oder »Übernachten im Museum«, das Kinderreich als interaktive Dauerausstellung, Schulklassenprogramme. • Kooperationsmodelle: Bei den umfangreichen Ferienprogrammen kooperiert das Deutsche Museum seit mehreren Jahren mit Kultur- und Spielraum, einem selbständigen Maßnahmeträger des Jugendamtes der Landeshauptstadt München. Die Ferienprogramme greifen immer das Thema des jeweiligen Wissenschaftsjahres auf. • Entwicklung der Inhalte: Das Deutsche Museum ist Outreach-Partner der Exzellenz-Initiative. Die gewachsene Zusammenarbeit des Museums mit den beiden Münchner Eliteuniversitäten Technische Universität München und Ludwig-Maximilians-Universität soll weiter ausgebaut werden. Die Projektidee
setzte auf diesen Voraussetzungen auf und wurde als Förderantrag folgendermaßen ausformuliert: Kinder, Jugendliche und Familien gehen auf mathematische Entdeckungsreise durch das Museum, durch weitere kulturelle Institutionen und städtische Einrichtungen in München. Die Vielfalt der Erlebnisorte und Disziplinen soll darauf aufmerksam machen, dass Mathematik überall
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
entdeckt werden kann. Entscheidend ist dabei der »Mathematische Blick« der unterschiedlichen Professionen und ExpertInnen. Eine Zusammenarbeit von MathematikerInnen mit KünstlerInnen, SammlerInnen, ArchitektInnen, MineralogInnen, HandwerkerInnen, VerkehrsplanerInnen und BiologInnen wird derart möglich – und nötig. Den Kindern und Jugendlichen eröffnen sich neue Perspektiven auf die Ausstellungen und Zusammenhänge. Gleichzeitig geht es darum, die Kinder selbst als »ExpertInnen«, als EntdeckerInnen, ForscherInnen ernst zu nehmen und sie eine eigene mathematische Sichtweise entwickeln zu lassen. Die finanzielle Förderung wurde von der Andrea von Braun Stiftung und dem Freundes- und Förderkreis Deutsches Museum übernommen. Die Partner im Projektverbund unterscheiden sich hinsichtlich der Größe und Organisationsstruktur, sowie im Hinblick auf ihren Vermittlungsauftrag zum Teil erheblich. Steht dieser bei den beteiligten Museen im Mittelpunkt, hat er bei manchen Partnern eher eine nachrangige Bedeutung. Allen Partnern gemeinsam ist, dass sie mit sehr engagierten KollegInnen angetreten sind, die das gemeinsame Vorhaben im und für das eigene Haus vermittelten und umsetzten. Verdient das Engagement der beteiligten Personen in jedem Projekt eine besondere Betonung, muss es in einem interdisziplinären Verbund besonders herausgestellt werden. Hängt doch der Erfolg des gemeinsamen Projektes vor allem davon ab, wie es in jedem einzelnen Haus gelingt, die jeweils spezifischen Inhalte und Vermittlungsansätze passend für das Gesamtangebot zu entwickeln und zu kommunizieren. Programmangebote
Für die Umsetzung des Projektvorhabens wurde ein Stadtplan ganz eigener Art entwickelt. Er führt durch München und schärft den »Mathematischen Blick«: Bunte Symbole markieren Orte im gesamten Stadtgebiet, an denen Mathematik zu erleben ist. Von Mai bis November 2008 führte er zu den verschiedenen Orten und Veranstaltungen, erschloss das Gesamtprogramm zum Wissenschaftsjahr und lud ein zum »Selbst entdecken«, zu Workshops und Führungen. So lud beispielsweise eine Installation im Säulengang vor dem Haus der Kunst ein, sich mit Größenverhältnissen auseinanderzusetzen und die Strahlensätze in der Anwendung zu verstehen. Das »Mathematische Kabinett« im Deutschen Museum wartete mit interaktiven Exponaten auf, um Fragestellungen aus Kombinatorik, Geometrie und Raumanschauung, Komplexität und Virtualität zu veranschaulichen. In der benachbarten Abteilung Informatik konnte und kann man mathematische Instrumente aus vielen Jahrhunderten entdecken und ihre Genialität bestaunen. »Kunst und Geometrie im Bauhaus« war das Thema des Angebots im Palais
Gabriele Kramer, Thorsten Marr £Institutionen- und disziplinübergreifende Kooperationen
Pinakothek. In Workshops wurden die geometrischen Körper von Maria Montessori vermessen, dazu Modelle gebaut und mit Werken von Oskar Schlemmer in der Pinakothek der Moderne verglichen. Ebenfalls mit dem Maßband unterwegs waren die Kinder im Neuen Schloss Schleißheim bei der Führung »Mathe mit dem Maßband«. Lag der Schwerpunkt hier auf der Symmetrie, konzentrierte sich das zweite Programm der Schlösser- und Seenverwaltung auf die Entdeckung der Zentralperspektive in der Renaissance. »Halbiert man eine Saite, verdoppelt sich ihre Frequenz«, war eine von vielen Erkenntnissen im Workshop »Musik mathematisch«. Wie schon Pythagoras in der Antike erforschten Jugendliche im Deutschen Museum den Zusammenhang von Saitenlänge und Tonhöhe. Unter Anleitung von InstrumentenbauerInnen, MusikwissenschaftlerInnen und MathematikerInnen konnte jeder der TeilnehmerInnen ein Monochord bauen und dabei verstehen lernen: Musik ist ohne Mathematik nicht denkbar. Der Kurs »Musik mathematisch« wird in ähnlicher Form als Dauerangebot im TUMLab, dem Schüler- und Besucherlabor der Technischen Universität München im Deutschen Museum, ab November 2008 für Schulklassen und Gruppen zu buchen sein. Es wird angestrebt, eine eigene Publikation zur Darstellung aller Angebote und entwickelten Materialien herauszugeben. Der mathematische Stadtführer (Programmheft) wurde an allen Münchner Schulen, in den Bibliotheken und öffentlichen Einrichtungen verteilt. Die Münchner Stadtbibliothek hat eigens eine mathematische Ecke für Kinder und Jugendliche eingerichtet. Das Projekt in seiner gesamtstädtischen Dimension wurde Preisträger in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgeschriebenen Ideenwettbewerb »Mathe erleben«.
B E I S P I E L 2: T R Y
IT!
WO R K SH O P S
FÜR JUNGE
LEUTE
AB
13!
Das Jugendprogramm »Try it! Workshops für junge Leute ab 13!« wendet sich an jugendliche Einzelbesucher ab 13 Jahren und wird seit dem Sommer 2005 von der Bayerischen Schlösserverwaltung, dem Deutschen Museum, der »Schauburg – Theater der Jugend München«, Radio Feierwerk (seit 2006), dem Haus der Kunst und dem TUMLab im Deutschen Museum (jeweils seit 2007) in München veranstaltet. Andere Institutionen sind eingeladen, sich an der Kooperation zu beteiligen.
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Zielsetzung und Durchführung
Das Jugendprogramm bietet derzeit Veranstaltungen aus den Bereichen Radio, Veranstaltungswesen, Bildende Kunst, Schauspiel, Wissenschaft und Technik. Die verschiedenen Angebote wenden sich an EinzelbesucherInnen und folgen einem unregelmäßigen Zeitplan über das Jahr verteilt. Das Programm ist unbefristet. Jeder Kooperationspartner veranstaltet so viele Workshops, wie er für seine Institution verantworten kann. • Veranstaltungsformat: Jeder Workshop umfasst einen theoretischen und einen praktischen Teil. Er setzt keine Vorkenntnisse voraus und bietet den TeilnehmerInnen die Möglichkeit, Erfahrungen mit verschiedenen Techniken und Medien zu sammeln und die eigene Kreativität zu erproben. • Jeder Kooperationspartner konzipiert seine Veranstaltungen selbst, führt sie selbständig und eigenverantwortlich durch, trägt alle mit dem Workshop verbundenen Kosten und erhält alle Erträge, die durch den Verkauf von Eintrittskarten oder aufgrund anderer Einnahmen erzielt werden. • Das Programm wird gemeinschaftlich und von jedem Kooperationspartner individuell beworben. Als gemeinschaftliches Werbemittel dient eine eigene Homepage www.try-it-workshops.de. Zwischenergebnis nach drei Jahren
Derzeit werden etwa zwei bis drei Einzelveranstaltungen pro Monat angeboten. Damit ist das Gesamtprogramm noch nicht sehr umfangreich. Es reicht aber aus, um als eigenständiges Programm wahrgenommen zu werden. Eine Vertiefung der Kooperation (z.B. Crossover-Veranstaltungen) ist erwünscht, aber aufgrund fiskalischer Hürden noch nicht möglich. Hierfür sind Drittmittel dringend erforderlich. Gleichwohl hat die Kooperation ihr Hauptziel erreicht. Erst die Lastenverteilung hat Institutionen wie die Bayerische Schlösserverwaltung (BSV) in die Lage versetzt, Workshops für Jugendliche zu konzipieren und im Rahmen eines unbefristeten Programms dauerhaft anzubieten.
B E I S P I E L 3: R E S I D E N Z W O C H E M Ü N C H E N Die Residenzwoche München ist eine einwöchige Kulturveranstaltung im Oktober, die seit 2003 in den Räumen der Residenz München stattfindet. Das Veranstaltungsprogramm steht in jedem Jahr unter einem anderen Motto, wodurch die Einzelveranstaltungen inhaltlich nicht nur auf den Ort und seine Geschichte, sondern auch auf ein übergeordnetes Thema bezogen sind. Die Residenzwoche bietet etwa 120 Konzerte, Theateraufführungen, Vorträge, Lesungen, Museumsrundgänge und Themenführungen an. Während die BSV
Gabriele Kramer, Thorsten Marr £Institutionen- und disziplinübergreifende Kooperationen
als Veranstalter und Koordinator das Gesamtprogramm und die Organisation der Führungen, Lesungen und Vorträge verantwortet, wird das Konzertprogramm von einem Konzertveranstalter und dem Freundeskreis der Residenz, die Theateraufführungen vom Bayerischen Staatsschauspiel organisiert. Alle Drei sind ständige Kooperationspartner. Am Gesamtprogramm beteiligen sich außerdem die in der Residenz München beheimateten Institutionen und auswärtige Partner.
»Residenzwoche 2008«, Konzert im Antiquarium der Münchner Residenz
Zielsetzung und Durchführung
Die BSV und ihre Kooperationspartner entwickeln Jahr für Jahr ein gemeinsames, disziplinübergreifendes Programm, bei dem alle Einzelveranstaltungen einem übergeordneten Thema unterstellt, inhaltlich aufeinander bezogen und terminlich abgestimmt sind. Die Besucher werden ermutigt, an den unterschiedlichen Veranstaltungsformen teilzunehmen, um ein vertieftes Interesse für den Veranstaltungsort und seine Geschichte zu wecken. Obwohl das Veranstaltungsprogramm Jahr für Jahr neue Akzente setzt, soll es unverwechselbar bleiben, um sich von anderen Veranstaltungen (z.B. Museumsnächte, Stadtfeste) unterscheiden zu können. Dazu zählt auch, dass einige Konzerte, Lesungen, Vorträge und Führungen in Räumen stattfinden, die an anderen Besuchstagen nicht öffentlich zugänglich oder als Veranstaltungsräume nicht nutzbar sind.
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Eine besondere Rolle nimmt das Konzertprogramm ein. Zum Großteil werden Werke aufgeführt, deren Komponisten in München gelebt oder für den Münchner Hof gearbeitet haben. Die Konzerte finden in Räumen statt, deren Erbauung mit der Entstehung der Kompositionen zeitlich zusammenfällt. So werden Konzerte der Renaissance im Antiquarium aufgeführt, dem größten erhaltenen Renaissance-Raum nördlich der Alpen. Canzonen und Motetten des Frühbarock werden im Kaisersaal dargeboten und Barockopern im CuvilliésTheater. Die Residenzwoche bietet der BSV die Möglichkeit, aktuelle Restaurierungsprojekte, Bau- und Gartenpflegemaßnahmen, neue Forschungsergebnisse und Neuankäufe im Rahmen von Führungen, Studio-Ausstellungen oder neuen Publikationen in zeitlich komprimierter Form vorzustellen. Auf diese Weise können den Besuchern jährlich neue wissenschaftliche Erkenntnisse aber auch Ergebnisse aus der täglichen Arbeit vermittelt werden. Die Residenzwoche findet bei laufendem Museumsbetrieb statt. Dennoch ist jede Einzelveranstaltung teilnehmerbeschränkt. Bei einigen Führungen werden Begleiter eingesetzt, die die Gästeführer und die Führungsteilnehmer sicher an Orte bringen, die sich außerhalb des Museumsrundgangs befinden. Die Begleiter besitzen nicht nur die Schlüsselgewalt, sondern können im Notfall Erste Hilfe-Maßnahmen und Informationsaufgaben übernehmen (z.B. bei Führungen im Dachstuhl und im Kellergeschoß). Alle Museumsbesucher, die an keiner Führung teilnehmen können, erhalten kostenfrei einen Audioguide. Dieser bietet für das Residenzmuseum und die Schatzkammer Audioführungen in mehreren Sprachen. Obwohl die Schlösserverwaltung diesen Service auch außerhalb der Residenzwoche anbietet, trägt er erheblich dazu bei, dass sich jeder Museumsbesucher als Teilnehmer der Residenzwoche verstehen kann. Bei allen Führungen sind Teilnehmerkarten erforderlich. Diese Karten werden an einem Vorverkaufsstand in der Eingangshalle des Residenzmuseums ausgegeben. Dieser Vorverkaufsstand ist zugleich ein Informationsstand, an dem sich alle Museumsbesucher über alle Einzelveranstaltungen informieren können. Finanzierung
Die Konzerte und Theateraufführungen finden in verschiedenen Veranstaltungs- und Museumsräumen in der Residenz München statt. Räume, die von der BSV zur Verfügung gestellt werden, werden an die Kooperationspartner vermietet. Jeder Partner übernimmt die Organisation und die Durchführung seiner Veranstaltungen und trägt die damit verbundenen Kosten. Im Gegenzug erhält er die Einnahmen aus dem Eintrittskartenverkauf. Am Ende der Residenzwoche macht jeder Kooperationspartner seine eigene Kosten-/Nutzen-Rechnung auf.
Gabriele Kramer, Thorsten Marr £Institutionen- und disziplinübergreifende Kooperationen
Titelseite des Flyers der Residenzwoche 2008
Die Kooperationspartner einigen sich auf gemeinsame Werbemaßnahmen. Die Herstellung der Werbemittel und die Kosten für die Bewerbung leistet die BSV mit einer für die Residenzwoche entworfenen Corporate Identity. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass die Residenzwoche in einem einheitlichen Erscheinungsbild und als Gesamtprogramm kommuniziert und wahrgenommen wird. Die Bewerbung erfolgt durch eine eigene Homepage (www. residenzwoche.de), durch Programmhefte, Plakate, Anzeigen und GroßTransparente sowie durch Pressearbeit. Ergebnis
An den bisherigen Residenzwochen haben jeweils 16.000 bis 18.000 BesucherInnen teilgenommen. Für die Residenzwoche ist kennzeichnend, dass die einzelnen Kooperationspartner die gleiche Zielgruppe im Blick haben. Obwohl es einige Angebote für Kinder und junge Familien gibt, werden vor allem die Erwachsenen und hier besonders die SeniorInnen angesprochen. Es handelt sich vor allem um MünchnerInnen, die sich der Münchner Residenz auf die vielfältigste Weise verbunden fühlen und die Residenz immer wieder neu kennen lernen möchten. Allen Partnern ist bewusst, dass der Er-
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folg der Residenzwoche maßgeblich damit zu tun hat, dass die Veranstaltung an einem authentischen Ort bayerischer Geschichte stattfindet und dass das Veranstaltungsprogramm auf den Veranstaltungsort und seine Geschichte bezogen ist. Die Kooperation trägt nicht nur zur thematischen Vielfalt bei, sondern sorgt auch für ein unverwechselbares Profil der Veranstaltung.
F O R U M 7: I N S T I T U T I O N K O O P E R AT I O N E N
UND DISZIPLINÜBERGREIFENDE
Referent: Dr. Thorsten Marr, Leiter der Museumspädagogik bei der Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen Schloss Nymphenburg, 80638 München Tel. 089-17908-0, Fax 089-17908-627 www.schloesser.bayern.de/deutsch/schloss/objekte/ny_schl.htm Koreferentin: Gabriele Kramer, Entwicklung von Kinder- und Jugendprogrammen im Deutschen Museum München Deutsches Museum Museumsinsel 1, 80538 München Tel. 089-2179-1, Fax 089-2179-324 www.deutsches-museum.de
£
L E I T B I L D E R – M I S S I O N S TAT E M E N T S BILDUNGSZIELEN?
MIT
Andreas Hemmerle, Hermann-Josef Moufang Das Forum war im kürzlich neu eröffneten BMW Museum zu Gast. Thema des Forums waren zwei Firmenmuseen (das BMW Museum sowie das SiemensForum, beide in München) und die Frage, ob Museen, die von einem Wirtschaftsunternehmen getragen werden, neben den Firmenzielen explizit auch Bildungsziele benennen. Es wurde diskutiert, ob konkrete museumspädagogische Konzepte existieren und wie ausdifferenziert die Vermittlungsangebote der beiden vorgestellten Museen sind.
BMW M U S E U M Das im Jahr 2008 nach vier Jahren Umbauzeit wieder eröffnete BMW Museum präsentiert BMW Fahrzeuge aus 90 Jahren Markengeschichte, informiert über bedeutende BMW Themen und macht mit einer innovativen Ausstellungsarchitektur und -gestaltung die Marke BMW erlebbar. Ziel der Neukonzeption war es, ein Markenmuseum zu schaffen, in dem das Motto gilt »The Cars Are the Stars«. Erstmalig eröffnet wurde das BMW Museum in München im Jahr 1973. Im Laufe von 30 Jahren zeigte es verschiedene Ausstellungen. Die »Schüssel«, wie das Ausstellungsgebäude aufgrund seiner außergewöhnlichen Form genannt wird, wurde zum festen Bestandteil der Münchner Museumslandschaft und ein beliebtes Touristenziel. Seit Juni 2008 präsentiert sich das BMW Museum nun in neuem Glanz: Auf Basis einer umfassenden Neukonzeption wurde das Museum neu ausgerichtet, saniert und maßgeblich erweitert. Der bisher als alleinige Ausstellungsfläche fungierende Rundbau ist heute der Bereich für Wechselausstellungen. Die außergewöhnliche Architektur des Bauwerks wurde in ihren Originalzustand von 1973 zurückgeführt und erscheint nun als ein Gesamtraum mit fünf offenen Ausstellungsflächen. Einhergehend mit der Neukonzeption wurde das Museum erheblich vergrößert: Die bisherige Museumsschüssel wurde mit dem benachbarten Flachbau verbunden, der nun als Ausstellungs- und Eventbereich dient. Die Ausstellungsfläche wurde von bisher 1.000 auf 5.000 qm erweitert, so dass das neue Museumsareal nun ausreichend Platz für die Präsentation von rund 125 Exponaten in 25 Ausstellungsbereichen bietet.
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Automobilausstellungen sind für Jugendliche besonders attraktiv. Das Museum als erlebbarer Raum der Marke – Grundkonzept und Neuausrichtung
Analog zur Marke BMW, die für innovative Lösungen in Technik und Design steht, beschreitet das BMW Museum neue Wege im Bereich »Zeitgenössische Architektur in historischem Bestand«. Der Architekt Karl Schwanzer hatte das BMW Museum 1973 »als Fortsetzung der Straße im umbauten Raum« konzipiert: Eine zentrale Besucherrampe innerhalb der Schüssel wirkt als Verbindungsglied in einem System scheinbar schwebender Plattformen. Die Idee der Rampe als den Raum erschließendes Element wurde in der Neukonzeption als prägendes Motiv aufgenommen. Ein interaktives Mediendesign eröffnet den sinnlichen Zugang zu den Informationen, setzt die Exponate dynamisch in Szene und animiert BesucherInnen, die Ausstellung emotional auf sich wirken zu lassen. Die Technologie bleibt unsichtbar, die »Interfaces« funktionieren intuitiv, einige Medien reagieren auf die bloße Präsenz der BesucherInnen im Raum. Themen und Inhalte
Die Ausstellungsinhalte sind auf sieben große Themenbereiche (realisiert als sieben in den entkernten und neu strukturierten Flachbau implantierte eigenständige »Ausstellungshäuser«) verteilt. Hinsichtlich Ausstellungsgestaltung, Architektur und Medienverwendung wurde das gesamte Museum
Andreas Hemmerle, Hermann-Josef Moufang £Leitbilder – Mission Statements mit Bildungszielen?
auf Basis der Exponate und Inhalte entwickelt. Das Museum ist als Markenmuseum von BMW authentisch und integer ausgerichtet und präsentiert BMW als eine Marke mit Geschichte. Mit der Darstellung und Vermittlung der eigenen Historie dokumentiert BMW seine Kompetenz als Premiumhersteller von Automobilen und Motorrädern. Diese Kompetenz aus der Tradition heraus wird vor allem anschaulich in der Präsentation von Entwicklungslinien; Tradition ist hier nicht Selbstzweck, sondern ein Teil der Identität von BMW.
Blick in das neu gestaltete BMW Museum Museumspädagogik
Das museumspädagogische Konzept des BMW Museums zielt auf eine wirkungsvolle persönliche, dialogische und interaktive Vermittlung der Ausstellungsinhalte und der zu kommunizierenden Botschaften sowie ihrer spezifischen Bedeutungszusammenhänge ab. Neben dem individuellen Ausstellungsbesuch stehen verschiedene Programme zur Erkundung der Themen und Inhalte des Museums zur Verfügung. Die Programme berücksichtigen unterschiedliche Erkenntnis- und Wissensstände von Kindern und Jugendlichen und orientieren sich an den für verschiedene Altersstufen (sechs bis 13 Jahre und 14 bis 18 Jahre) spezifischen Lern- und Vermittlungszielen. Neben Führungen durch das BMW Museum wird Kindern die Gelegenheit geboten, in der Kreativwerkstatt eigenen Einfällen nachzugehen und als »DesignerInnen von morgen« tätig zu werden. Das Angebot steht Schulen und Privatpersonen gleichermaßen offen.
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Zur Vorbereitung oder Nachbereitung des Museumsbesuchs werden pädagogische Materialien, die »Wissensbausteine«, sowie Kreativblätter für SchülerInnen zur Verfügung gestellt, außerdem werden Informationshefte für LehrerInnen angeboten. Ein Pädagogikraum ermöglicht Aktivitäten auch anlässlich von Kindergeburtstagen. Die vom BMW Museum entwickelten und zur Verfügung gestellten Vermittlungs- und Lernangebote eröffnen somit verschiedene pädagogisch wirksame Einstiege in die Themenbereiche Automobilgeschichte, Verkehrstechnik, Design und Mobilität sowie Vermittlung der Marke BMW.
SIEMENSFORUM Das SiemensForum ist hervorgegangen aus dem Siemens Museum, das 1916 in Berlin zum 100sten Geburtstag des Firmengründers Werner von Siemens gegründet wurde. Mit der Verlegung des Firmensitzes von Berlin nach München fand 1954 auch der Umzug des Firmenmuseums nach München statt. Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts diente das Museum fast ausschließlich der Darstellung der Firmengeschichte und der jeweils aktuellen Unternehmensstruktur. Eine inhaltliche Erweiterung – durch Sonderausstellungen, Vorträge, Podiumsdiskussionen und spezielle Veranstaltungen für LehrerInnen und SchülerInnen – führte schließlich zur Umbenennung in »SiemensForum«. 1999 erfolgte der Umzug zum jetzigen Standort Oskar-von-Miller-Ring 20. Die wesentlichen Aufgaben des heutigen SiemensForums lassen sich wie folgt zusammenfassen: • das Unternehmen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft darstellen, • bei den Besuchern Technikinteresse wecken, • eine Plattform des Dialogs zwischen der Gesellschaft bzw. den KundInnen und der Firma bieten, • das Firmenimage verbessern sowie • die Identifikation der MitarbeiterInnen mit dem Unternehmen stärken.
Andreas Hemmerle, Hermann-Josef Moufang £Leitbilder – Mission Statements mit Bildungszielen?
Das SiemensForum erbaut von Richard Meier Firmen- und Bildungsziele
Neben den Firmenzielen, die in diesen Aufgaben enthalten sind, verfolgt die Siemens AG mit dem SiemensForum auch Bildungsziele. Einige seien hier genannt, wie z.B.: • die industrielle Revolution vom »Mechanischen Zeitalter« ins »Elektrische Zeitalter« darzustellen, • die wirtschaftliche Entwicklung am Beispiel des Unternehmens Siemens aufzuzeigen, • Forschung und Entwicklung als Motor der Gesellschaft zu zeigen, • Technik zum Anfassen zu präsentieren. Zusätzlich bietet das SiemensForum mit der ForumAcademy ein kostenfreies Fortbildungsprogramm für SchülerInnen und LehrerInnen. Die Angebote sollen dazu beitragen, junge Menschen über moderne Technik zu informieren und Lehrkräften qualifizierte Möglichkeiten (staatlich anerkannt) zur Weiterbildung zu eröffnen. Außerdem bietet das SiemensForum für Gruppen Führungen durch die Dauer- und Sonderausstellungen an (z.B. Überblicksführungen oder Spezialführungen mit technischen, wirtschaftlichen oder historischen Schwerpunkten).
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Wechselnde Ausstellungen zu Themen aus Forschung und Technik im SiemensForum
FA Z I T Mit den bestehenden pädagogischen Begleitkonzepten und Bildungsprogrammen demonstrieren das BMW Museum wie auch das SiemensForum, dass sich die mit den Ausstellungen verfolgten Ziele nicht auf eine wirkungsvolle Marken-Kommunikation beschränken, sondern dass auch Bildungsziele explizit benannt und mittels verschiedenartiger Aktivitäten zielgruppenspezifisch umgesetzt werden.
Andreas Hemmerle, Hermann-Josef Moufang £Leitbilder – Mission Statements mit Bildungszielen?
F O R U M 8: L E I T B I L D E R – M I S S I O N M I T B I L D U N G S Z I E L E N?
S TAT E M E N T S
Referent: Andreas Hemmerle, Neues BMW Museum BMW Museum Am Olympiapark 2, 80809 München Tel. 0180-211-8822 [email protected] www.bmw-museum.com Koreferent: Hermann-Josef Moufang, SiemensForum, München SiemensForum Oskar-von-Miller-Ring 20, 80333 München Tel. 089-63632660, Fax 089-63634670 [email protected] http://w1.siemens.com/siemensforum/de
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£ BESUCHERFEEDBACK – EIN PLANUNGSKRITERIUM? Hans-Joachim Klein, Alexandra Donecker, Martina Hänle, Nadine Herrmann
Das Forum behandelte Forschungsergebnisse zu verschiedenen Formen der Besucherevaluation. Das erste vorgestellte Projekt erläutert Methoden und Ergebnisse der Evaluation personaler Vermittlungsformen. Es folgen drei Forschungsberichte zum Einsatz medialer Vermittlungsangebote. Wichtige Fragestellungen im Rahmen der Forumsdiskussion waren unter anderem: Wer führt Besucherfeedback durch? Was sind die Vor- und Nachteile von externen bzw. von internen Befragungen? Unterstützen die Ergebnisse bei der Konzeption und Gestaltung von Ausstellungen?
KEMP –
E V A L U AT I O N S M O D E L L Z U R P R Ü F U N G VE R M I T T L U N G A N M U SEEN
EIN
PERSONALER
Wie bei Wirtschaftsunternehmen geht es heute auch für »besucherorientierte Kulturdienstleister« bei der Evaluation ihrer Tätigkeiten vor allem um effiziente Begleitanalysen funktionaler Teilbereiche. Diese erfolgen auf der Grundlage geeigneter quantitativer und qualitativer Methoden mit dem Ziel aussagekräftiger und abgesicherter Befunde und Indikatoren. Museen wenden sich als Kultur- und Bildungsinstitutionen an heterogene Nachfragerkreise. Die zielgruppengerechte Aufbereitung von Wissensbeständen und Exponaten obliegt einer sich zunehmend professionalisierenden Museumspädagogik, die an vielen Museen dabei ist, eigenständige Qualitätsmaßstäbe mit Zügen eines Markenbildes zu entwickeln. Der vorliegende Beitrag zielt auf eine Prüfung von Möglichkeiten zur umfassenden Evaluation museumspädagogischer Aktivitäten und Konzeptionen. Nicht Einzelmaßnahmen wie Texte, Audioguides oder Schulklassenführungen, sondern die Besetzung des gesamten Betätigungsfeldes der Museumspädagogik soll aus einer möglichst objektiv-analytischen Perspektive betrachtet werden. In einer Pilotstudie im Rahmen des Projektes KEMP (Kooperative Evaluation zur Museumspädagogik) wurden Bedingungen für die Durchführung evaluativer Maßnahmen untersucht.
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Das Konzept der Pilotstudie
Die Pilotstudie wurde an vier Landesmuseen mit vergleichbaren Besuchszahlen, aber unterschiedlicher Sammlungsart, durchgeführt: am Badischen Landesmuseum Karlsruhe, am Staatlichen Museum für Naturkunde, an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe sowie dem Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim (LTA). Museumspädagogische Maßnahmen können mittels eines Grobrasters geordnet werden: Zu unterscheiden ist einerseits zwischen medialen versus personalen Vermittlungsformen, andererseits zwischen Angebots-/Nachfragekonstellationen in Zeiten (a) ohne und (b) mit dominanten1 Sonderausstellungen. Der Fokus wurde auf Position (a) gerichtet, mit Vergleichsausblicken auf (b). Für die Pilotstudie wurde ein verkürztes Raster verbreiteter Angebotsformen zusammengestellt, welches sowohl für die ständigen Sammlungen als auch für größere Sonderausstellungen genutzt werden kann: Personale museumspädagogische Vermittlungsangebote als Bausteine von Evaluationsobjekten A. Standardformen von Führungen
B. Besondere Veranstaltungen
1. Öffentliche (periodische, zeitlich angekündigte) Führungen 1.1 Überblicksführungen 1.2 Themen- oder Abteilungsführungen
1. Vertiefte Kommunikation/ Information (Vorträge, Lesungen, Dialoge, Podiumsdiskussionen)
2. Gebuchte Führungen 2.1 Für Schulklassen u.a. Bildungsgruppen (mit oder ohne praktische Eigentätigkeit) 2.2 Führungen für Erwachsenengruppen
2. Vorführungen 2.1 öffentlich 2.2 gebucht 2.3 Theaterszenen
3. Sonderführungen 3.1 nach Formen (Kostümierung u.ä.) 3.2 nach Zielgruppen (z.B. Menschen mit Behinderung)
3. Rahmenprogramm 3.1 Feste, Kooperationen (»Lange Nacht«) 3.2 Thementage, Workshops, Projekte für Schulen 3.3 Exkursionen 4. Private Buchungen (Kinderfeten, Geburtstage u.ä.)
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Als »dominant« soll die Rolle der Anziehungskraft einer Sonderausstellung dann gewertet werden, wenn zwei Drittel und mehr aller Besucher wegen der betreffenden Sonderausstellung kommen.
H.-J. Klein, A. Donecker, M. Hänle, N. Herrmann £Besucherfeedback – ein Planungskriterium?
Hintergründe und Ziele des KEMP-Modells
Für das Projekt sollte neben einer Konzentration auf die ständigen Sammlungen eine durchgängige Unterscheidung in öffentliche und gebuchte Führungen vorgenommen werden, Letztere noch einmal unterteilt nach Schulklassen und Erwachsenengruppen. Wir haben an den vier Landesmuseen über 3.000 TeilnehmerInnen an Gruppenführungen der drei vorstehend genannten Kategorien2 (am weitaus häufigsten gebuchte Schulklassenführungen) befragt. Was sich nach einer soliden Materialgrundlage anhört, reicht jedoch allenfalls für Zwecke einer Pilotstudie aus, denn die gewonnenen Daten stammen aus 185 Führungen mit im Durchschnitt 17 auskunftsbereiten TeilnehmerInnen, die sich sehr ungleich auf die vier Erhebungsorte und die drei Führungskategorien verteilen. Auch durch Größen wie (bei Schulklassen) Klassenstufe oder Schulart gelangt man schnell an Grenzen noch aussagefähiger Teilmengen. Hinzu treten zu berücksichtigende Angebotsvarianzen: Führer A kommt mit seiner Art anders an als Führer B, auch temporäre Rahmenbedingungen wie Fülle, Lärm oder Hitze können die »Erlebnisstimmung« massiv »modulieren«. Angesichts dieser komplexen Einflüsse ist eine kontrollierte Ursachenanalyse personal-subjektiver Effekte wie aktive Beteiligung, Verstehen, Lernerfolg und Gefallen schwer realisierbar. Wesentliche Erweiterungen der Stichproben würden aber mit Zeit-, Organisations- und Kostenbarrieren kollidieren. Zur Verbesserung der statistischen Absicherung möchten wir daher ein zweistufiges Vorgehen zur Diskussion stellen. Dieses besteht zunächst in einer »Totalerhebung« aller Teilnehmer an Führungen über das gesamte Jahr, in der z.B. über Buchungslisten erfasste Daten aufbereitet werden. Der Aufwand wird belohnt durch gruppenbezogene Stückzahlen, die in größeren Häusern mehrere tausend Fälle umfassen. Auf diesem Fundament können nun in einem zweiten Schritt mit überschaubarem Aufwand quotierte personenbezogene Stichproben gezogen und die so ermittelten Personen befragt werden. Exemplarische Befunde für den Erhebungsort Badisches Landesmuseum
Im Badischen Landesmuseum, das hier als Benchmark zu betrachten ist, fanden in einem Jahr (Mitte 2006 bis Mitte 2007) circa 3.000 personale museumspädagogische Veranstaltungen statt, 70 Prozent davon im ersten Halbjahr 2007. In der sonderausstellungsfreien Zeit 2006 machten turnusmäßige öffentliche Führungen ein Viertel aller Führungsangebote aus (213 2 Am LTA in Mannheim werden keine turnusmäßigen öffentlichen Führungen angeboten.
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Führungen). Während einer Anatolien-Sonderausstellung im ersten Halbjahr 2007 stieg ihr Anteil auf 37 Prozent (773 Führungen), davon entfielen allein auf die Ausstellung 723 (93 Prozent). In den ständigen Sammlungen kamen Gruppenbuchungen zu 83 Prozent aus dem Nahraum Karlsruhe (Schulklassen). Mit der Sonderausstellungs-Eröffnung änderte sich dies drastisch: Nun entfielen – bei gestiegenen Absolutzahlen – 36 Prozent der Buchungen auf Gruppen-FernbesucherInnen. Auf den Sog von Sonderausstellungen reagieren Schulen demnach eher verhalten, während nicht-schulische Organisationen (Vereine, Firmen, Tourismusveranstalter, Bildungseinrichtungen) solche Highlights stärker annehmen. Die Stichprobenbefragungen von GruppenteilnehmerInnen haben eine Fülle höchst aufschlussreicher Rückmeldungen geliefert. Trotz Aufgeschlossenheit gegenüber außerschulischen Lernorten kommt, vor allem bei SchülerInnen der siebten bis neunten Klasse, auch eine beunruhigende Fülle kritischer Kommentare und Argumente über den Museumsbesuch zum Ausdruck; diese müssen als Anstoß für Schwachstellenanalysen und Verbesserungsansätze – und nichts anderes! – genutzt werden. Ergebnisdiskussion und Ausblick
Der »Ertrag« unserer insgesamt positiv zu bewertenden Pilotstudie liegt neben den hier nur angedeuteten Befunden in den gesammelten logistischen Erfahrungen (v.a. Zeitaufwand für notwendige Mindestmengen zu untersuchender Gruppen). Quantitative Analysen und zielgerichtete qualitative Fragestellungen liefern wichtige Erkenntnisse über Besucherstrukturen und die Rahmenbedingungen von Museumsbesuchen und sollten ein Umdenken bezüglich der Planungsrelevanz solcher Daten fördern. Das Fragezeichen im Titel unseres Workshops »Besucher-Feedback – ein Planungskriterium?« darf also durch ein Ausrufezeichen ersetzt werden.
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MEDIALER
VE R M I T T L U N G S F O R M E N
Im zweiten Teil des Forums wurden drei Dissertationsprojekte präsentiert, die von Annette Noschka-Roos im Rahmen des Projekts »Lernen im Museum: Die Rolle von Medien für die Resituierung von Exponaten« begleitet werden. Seit 2006 arbeitet das Deutsche Museum gemeinsam mit dem Institut für Wissensmedien (Tübingen) und dem Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften (Kiel) an diesem auf drei Jahre angelegten und von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Forschungsprojekt.3 Grundlegendes Ziel des 3 Vgl. Stephan Schwan/Helmuth Trischler/Manfred Prenzel (Hg.): Lernen im Museum.
H.-J. Klein, A. Donecker, M. Hänle, N. Herrmann £Besucherfeedback – ein Planungskriterium?
Projekts ist die Analyse der Wirkung und des Lehrpotentials digitaler Medien in Museen und Ausstellungen. Das Projekt verfolgt sowohl pragmatisch geleitete Ziele der Evaluationsforschung als auch theoriegeleitete Ansätze der Grundlagenforschung. Als Partner und Betreuer der drei im Folgenden skizzierten Dissertationsprojekte konnten Bernhard Graf (Institut für Museumsforschung, Berlin), Doris Lewalter (TU München) und Heinz Mandl (LMU München) gewonnen werden. 1. Selektions- und Rezeptionsprozesse in der Ausstellung »Foto + Film«
Befunde aus der Besucherforschung zeigen, dass sich BesucherInnen mit einzelnen Ausstellungselementen (in Form von Medien zur [Re-]Kontextualisierung von Objekten) sehr selektiv und unterschiedlich intensiv befassen. 4 Ziel des Dissertationsprojekts ist die Identifikation von Faktoren, welche die Selektion und Dauer der Rezeption unterschiedlicher Medien und kommunikativer Zugänge in der Abteilung »Foto + Film« beeinflussen. Herzstück der Ausstellung ist eine acht Meter lange und drei Meter hohe Vitrine, die drei unterschiedlich gestaltete Zugänge für BesucherInnen bietet: Die Vitrinenvorderseite präsentiert 400 originale Foto- und Filmkameras ohne weitere Kontextualisierungshilfen. Über drei Medienstationen können interaktiv zusätzliche Informationen zu den Exponaten in der Vitrine aufgerufen werden. Auf der Vitrinenrückseite werden ausgewählte Objekte überwiegend anhand von Texten und Bildern kontextualisiert. Mittels eines Personal Digital Assistant (PDA) wurde beobachtet, ob und wie lange sich BesucherInnen an den unterschiedlich gestalteten Ausstellungseinheiten aufhielten (attracting & holding power). Zusätzlich wurden mit einem Fragebogen Besuchervariablen des »personal contexts«5 wie thematisches Interesse und Vorwissen erhoben. Die bisherigen Ergebnisse einer Pretest-Studie (N = 80) zeigen insgesamt, dass Besuchervariablen wie Vorwissen und Interesse einen Einfluss auf Selektion und Rezeptionsdauer in der Ausstellung haben. Beispielsweise selektieren BesucherInnen mit weniger Vorwissen und Interesse am Thema »Foto + Film« tendenziell häufiger die interaktiven Medienstationen. Dagegen rezipieren BesucherInnen mit hohem Vorwissen und thematischem Interesse die Die Rolle von Medien für die Resituierung von Exponaten, Berlin: Mitteilungen und Berichte aus dem Institut für Museumsforschung (Band 38), 2006. 4 Vgl. Stephan Schwan in dieser Publikation. 5 Vgl. John H. Falk/Lynn D. Dierking: Learning from Museums: Visitor Experiences and the Making of Meaning, Walnut Creek: AltaMira Press 2000.
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Vitrinenseite mit vertiefenden Textangeboten signifikant länger. In einer Folgestudie werden Strukturen und Prozesse der Rezeption auf der Basis qualitativer Interviews (N = 20) eingehender analysiert.
Blick auf die Vitrineninstallation in der Abteilung »Foto + Film« 2. Erforschung einer Medieneinheit zum Thema Molekülmodelle
Der atomare und molekulare Bereich, der im »Zentrum Neue Technologien« (ZNT) thematisiert wird, ist nicht direkt sichtbar, weshalb auf Visualisierungen und Modelle zurückgegriffen werden muss. Eine Ausstellungseinheit zum Thema Moleküle und Modelldarstellungen wurde vorab prototypisch realisiert und für Besucher zugänglich gemacht. Bei dem Medienensemble handelt es sich um ein 3D-Display, einen Touchscreen zur Navigation und drei Objekte. Die BesucherInnen sollen hiermit für unterschiedliche Möglichkeiten der Modelldarstellung und für die Funktionsweise von Molekülen sensibilisiert werden. Ob und wie eine Ausstellungseinheit genutzt wird, wird auch von Merkmalen der BesucherInnen wie ihrer Motivation oder ihrem Vorwissen beeinflusst. Im Rahmen des Dissertationsprojekts wird u.a. untersucht, welche Merkmale BesucherInnen auszeichnen, die von dieser Ausstellungseinheit und der Thematik angesprochen werden und welche Wirkungen motivationaler und kognitiver Art die Benutzung auf unterschiedliche Besucher hat. In mehreren Fragebogen-Erhebungen werden NutzerInnen und NichtNutzerInnen der Ausstellungseinheit zu ihren Interessen, Kenntnissen und Modellvorstellungen sowie zu ihrem Besuch und zu ihrer Person befragt. Erste Analysen zeigen, dass beim Großteil der NutzerInnen ein situationales Interesse6 geweckt werden konnte und dass dieses durch verschiedene Besuchermerkmale und Prozess-Variablen erklärt werden kann. Entgegen der Annahme, dass insbesondere BesucherInnen mit größerem Vorwissen von
6 Vgl. Doris Lewalter in diesem Band.
H.-J. Klein, A. Donecker, M. Hänle, N. Herrmann £Besucherfeedback – ein Planungskriterium?
Prototypisches Medienensemble für die Besucherforschung
dieser komplexen Ausstellungseinheit profitieren, zeigte sich, dass gerade BesucherInnen mit geringerem Vorwissen größere Wissenszuwächse aufwiesen. Während die Gruppe mit geringerem Vorwissen sich v.a. im Bereich des Grundlagenwissens verbesserte, ist es bei der Gruppe mit größerem Vorwissen der inhaltlich spezifischere Bereich zur Funktion von Molekülen. In weiteren Untersuchungen sollen diese ersten Befunde vertieft und die Unterschiede zwischen den Besuchergruppen aus pädagogisch-psychologischer Perspektive analysiert werden.
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3. Eine Dialogstation zur Unterstützung einer reflektierten Urteilsbildung
Museen stehen aktuell vor der Aufgabe, kontroverse Wissenschaftsthemen wie Nano- oder Biotechnologie in Ausstellungskonzepte zu integrieren, um ihren BesucherInnen eine fundierte Urteilsbildung zu ermöglichen.7 Ausgehend von dieser Problematik wurde für das ZNT von der Kuratorin Birte Hauser und der Mediendesignerin Charlotte Kaiser eine Dialogstation zum Thema Gentest entwickelt. In die Station sind Gesichtsreliefs eingelassen, auf die Portrait-Videos projiziert werden, wodurch ein 3D-Effekt erzeugt wird. Die durch diese Reliefprojektion entstehenden »talking heads« erzählen von ethisch problematischen Entscheidungen, die sie im Zusammenhang mit Gentests treffen werden.
Talking heads durch Projektion auf die Reliefs
Jede »Dilemmageschichte« endet mit einer »Ja/Nein-Frage«, die die BesucherInnen auffordert, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob er/sie an Stelle der Person einen Gentest durchführen lassen würde oder nicht. Anschließend wird Feedback in Form einer Abstimmungsstatistik gegeben, aus der ersichtlich wird, wie andere BesucherInnen entschieden haben. In einer formativen Evaluationsstudie wurden mittels Beobachtung und Befragung der BesucherInnen die Akzeptanz und Nutzung der Dialogstation 7 Vgl. S. Schwan/H. Trischler/M. Prenzel (Hg.): Lernen im Museum, a.a.O.
H.-J. Klein, A. Donecker, M. Hänle, N. Herrmann £Besucherfeedback – ein Planungskriterium?
untersucht, um Konsequenzen für ihre Optimierung ziehen zu können. Insgesamt betrachtet zeigen die Ergebnisse eine hohe Akzeptanz, 53 Prozent der BesucherInnen blieben an der Dialogstation stehen. Besonders die »talking heads« wurden von über der Hälfte der Befragten aufgrund ihrer Dreidimensionalität und Authentizität positiv hervorgehoben. Als Schwachstellen wurden die als zu lang empfundenen Startzeiten und Dauer der Videos aufgedeckt, die sich vermutlich auch negativ auf die Verweildauer, die im Durchschnitt bei 154 Sekunden lag, ausgewirkt haben dürften. Aufbauend auf dieser Vorstudie wird die Dialogstation – insbesondere die Feedbackkomponente – unter laborexperimentellen Bedingungen hinsichtlich ihres Effekts auf die Urteilsbildung untersucht.
Z U S A M M EN FA SS U N G
DER
FORUMSDISKUSSION
Die an die Vorträge anschließende Diskussion machte deutlich, dass Besucherfeedback ein entscheidendes Planungskriterium für die Ausstellungsgestaltung ist und dass dies den TeilnehmerInnen auch bewusst ist. Es bestand großes Interesse an praktischen Tipps zur Durchführung von Evaluationen, wie etwa die Frage nach einer ausreichenden Stichprobengröße. Methoden wie die Beobachtung von Besucherverhalten oder Untersuchungen unter Laborbedingungen wurden besonders unter ethischen Gesichtspunkten kontrovers diskutiert. Welche Methode zum Einsatz kommt, hängt wesentlich vom Ziel einer Evaluation ab und muss im Einzelfall abgewogen werden. In jedem Fall sind die Anonymität sowie Sicherheit, Würde und Rechte der einbezogenen Personen zu wahren.
L I T E R AT U R Falk, John H./Dierking, Lynn D.: Learning from museums: Visitor Experiences and the Making of Meaning, Walnut Creek, CA: AltaMira Press 2000. Fast, Kirsten (Hg.): Handbuch museumspädagogischer Ansätze, Opladen: Leske + Budrich Verlag 1995. Klein, Hans Joachim: »Ansätze für Besucherforschung in Gedenkstätten, Ausgangslage und Möglichkeiten«, in: Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hg.), Gedenkstätten und Besucherforschung, Bonn 2004. Kunz-Ott, Hannelore (Hg.): Museum und Schule, Wege zu einer erfolgreichen Partnerschaft, München/Berlin: Deutscher Kunstverlag 2005. Schwan, Stephan: »Lernen im Museum: Die Rolle der digitalen Medien für Wissenserwerb und Wissenskommunikation«, in: Stephan Schwan/Helmuth Trischler/Manfred Prenzel (Hg.), Die Rolle von Medien für die Resituierung
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von Exponaten, Berlin: Mitteilungen und Berichte aus dem Institut für Museumsforschung (Band 38) 2006, S. 1-8. Schwan, Stephan/Trischler, Helmuth/Prenzel, Manfred (Hg.): Lernen im Museum: Die Rolle von Medien für die Resituierung von Exponaten, Berlin: Mitteilungen und Berichte aus dem Institut für Museumsforschung (Band 38) 2006.
F O R U M 9: B E S U C H E R F E E D B A C K –
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P L A N U N G S K R I T E R I U M?
Referentinnen: Alexandra Donecker, Martina Hänle, Nadine Herrmann, Doktorandinnen Deutsches Museum Museumsinsel 1, 80538 München Tel. 089-2179-1, Fax 089-2179-324 www.deutsches-museum.de Koreferent: Prof. Dr. Hans-Joachim Klein, ehem. Leiter des Zentrums für Evaluation und Besucherforschung Zentrum für Evaluation und Besucherforschung am Badischen Landesmuseum Karlsruhe Badisches Landesmuseum Schloss, 76131 Karlsruhe Tel. 0721-92665-14, Fax 0721-92665-37 www.landesmuseum.de/website/Deutsch/Service/ZEB_-_Zentrum_fuer_ Evaluation_und_Besucherforschung/Ueber_uns.htm
£ Pr axisbeispiel e
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PRAXISBEISPIELE1
Mit der Projektparade wurden auf der Tagung konkrete Projekte aus aktuellen Arbeitsfeldern verschiedener Museen in knappen Präsentationen vorgestellt. Titel und Beschreibungen stammen von den ReferentInnen.
S T I C H W O R T : K U LT U R E L L
VER ANKERT
Der Philosoph Karl Jaspers hatte einen ganz eigenen Zugang zum Begriff der Heimat: »Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde.« Wichtig für ein solches Verständnis ist natürlich die Sprache, aber allein die Stichworte Globalisierung oder Integration deuten eine viel umfassendere Bedeutung an. Die drei folgenden Projekte zeigen, welche Verantwortung Museen im Bereich der kulturellen Verankerung und der Auseinandersetzung damit wahrnehmen könne. 1, 2, 3 – Worte kommt herbei. Deutsch lernen im Museum.
In der Alten Nationalgalerie wurden 2007/08 zwei Sprachlernprojekte in Kooperation mit zwei Berliner Schulen mit hohem Migrationsanteil (Neukölln, Wedding) durchgeführt. Erfahrungen mit dieser speziellen Zielgruppe in den Jahrgangsstufen 1 und 2 zum Erwerb sprachlicher und sozialer Kompetenzen wurden vorgestellt. Dr. Sigrid Otto, Staatliche Museen zu Berlin Besucher-Dienste, Genthiner Str. 38, 10785 Berlin [email protected] Museumspädagogik in Finnland Zweisprachigkeit an der Deutschen Schule Helsinki
Die Deutsche Schule Helsinki bietet seit drei Jahren im Rahmen der Nachmittagsbetreuung für die Klassen 3, 4 und 5 eine »AG Bilderreise« an, die die Museen Helsinkis aufsucht und dort deutsch-finnische Begegnungen mit jeweils ausgesuchten Objekten durchführt.
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Die Projektparade wurde organisiert und moderiert von Elke Kollar, Vorsitzende des Landesarbeitskreises Museumspädagogik Bayern e.V. Von ihr stammen auch die einführenden Texte zu den einzelnen Blöcken.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Anja Devantié, Deutsche Schule Helsinki Malminkatu 14, FIN-00100 Helsinki [email protected].fi 1000xHeimat – Bilanz des bundesweiten Wettbewerbs »schule@museum«
2007 begaben sich annähernd 1.000 SchülerInnen auf Spurensuche in Deutschlands Museen und suchten Objekte, die sie mit »Heimat« verbinden. Ihre Assoziationen hielten sie in Videos, Bildern, Songs oder Texten fest und ließen so ein virtuelles Heimatmuseum entstehen. Der Wettbewerb, eine Initiative des Bundesverbandes Museumspädagogik, des Deutschen Museumsbundes, des Fachverbandes für Kunstpädagogik und der Bundeszentrale für politische Bildung, ist abgeschlossen und so ist es nun Zeit, Bilanz zu ziehen: Wie gingen die Teilnehmer mit dem Thema »Heimat« um? Wie lief der Wettbewerb? Welche Erkenntnisse brachte der Wettbewerb? Siehe dazu auch die Internetseite www.1000xheimat.de. Doris Hefner, Projektbüro schule@museum Frauwiesenweg 15a, 82205 Gilching [email protected]
ST I C H W O R T: I M G E S P R Ä C H Museale Kommunikation war ursprünglich ein sehr stiller Prozess, er vollzog sich in der ungestörten Auseinandersetzung zwischen Objekt und BesucherIn – zumindest in der Idealvorstellung. Heute hat die Besucherorientierung bunte Formen der gegenseitigen Auseinandersetzung im Museum entstehen lassen. Die Projekte im zweiten Block zeigen exemplarisch, wie ertragreich dialogische Konzepte im Museum sein können. Bildung im Dialog. Die Bedeutung des Dialogs für die Kunst- und Kulturvermittlung
Der Dialog ist die Voraussetzung für einen nachhaltigen Bildungsprozess. Nur im Gespräch mit Anderen können sich Erkenntnisprozesse verankern. Einen Dialog in der Vermittlung oder in der Führung zu initiieren, bedeutet jedoch mehr, als nur Fragen an BesucherInnen zu richten. Für den Dialog bedarf es einer besonderen Haltung und einer speziellen Gesprächstechnik den BesucherInnen gegenüber. Aspekte von Lern- und Motivationsprozessen und die Grundlagen einer dialogischen und partizipatorischen Vermittlungsdidaktik
Elke Kollar £Praxisbeispiele
sowie die theaterpädagogische Schulungsmethode von kunstunddialog für Kunst- und KulturvermittlerInnen werden vorgestellt. Antje Lielich-Wolf, kunstunddialog (Institut für Kunstvermittlung und Weiterbildung) Fitgerstr. 36, 28209 Bremen [email protected] »Die Sitzung ist eröf fnet«. »Jugend debattiert« im Bundesrat Bonn
Bei diesem Projekt handelt es sich um ein Rollenspiel für Jugendliche an einem historischen Ort: Im Bundesrat Bonn können die TeilnehmerInnen die Aufgaben und die Arbeitsweise des Bundesrats vor Ort kennen lernen und selbst nachvollziehen. In Kooperation mit der gemeinnützigen Hertie-Stiftung als Träger des Bundeswettbewerbs Jugend debattiert hat das Haus der Geschichte einen halbtägigen Workshop entwickelt, der an der Schnittstelle zwischen politischer und historischer Bildung einen authentischen Ort deutscher Zeitgeschichte erlebbar macht. Dr. Simone Mergen, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Bonn Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn [email protected] Mit und ohne Worte. Jugendliche erschließen einander Ausstellungsthemen
Den Wunsch der fokussierten Zielgruppe »Jugendliche«, sich Ausstellungsthemen eigenständig zu erschließen, zu gewichten und zu präsentieren, berücksichtigte das Vermittlungsangebot zur Ausstellung »Design + Emotion« im Museum beim Markt in Karlsruhe. So reflektierten die SchülerInnen in Diskussionsrunden etwa ihr eigenes Konsumverhalten oder tauschten sich bei einem Bewegungstheater ohne Worte aus. Birgit Niemann, Badisches Landesmuseum Karlsruhe Schloss, 76131 Karlsruhe [email protected]
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Pluralismus der Kindheiten a) Eine volkskundliche Ausstellung im Dialog der Generationen in disziplinenübergreifender Kooperation Die Ausstellungsplanung erfolgte von Anfang an in enger Zusammenarbeit der Abteilung »Volks- und Landeskunde« mit den KollegInnen der Abteilung Museumspädagogik und -didaktik. Die Thematik »Pluralismus der Kindheiten« forderte zu einem »Dialog der Generationen« auf, der einen Diskussionsund Verständigungsprozess über historische Erfahrungen, Wertevorstellungen und Wissen einleiten sollte. Neun regionalspezifische Einzelthemen, konzipiert als perpetuum mobile, sensibilisierten durch Interaktivität und Kommunikation für die kleine und die große Geschichte. b) Bildungskonzept: Selbstbestimmtes Handeln in einer Ausstellung Didaktisch umgesetzt wurde die interkulturell ansprechende Thematik »Kinder und Kindheiten« in einem strukturierten Zusammenhang von Hands-OnLernlandschaften für junge und alte Besucher. Ziel war es, durch das selbstbestimmte Handeln und Ausprobieren die Kommunikation unterschiedlicher Besucher und Generationen anzuregen und zu fördern. Biografische Lebenszusammenhänge traten in unmittelbaren Kontakt mit dem Besucher.
Dr. Imke Tappe-Pollmann (Ausstellungskonzept) und Sabine Solmaz (Bildungskonzept), Lippisches Landesmuseum Detmold Ameide 4, 32756 Detmold [email protected]; [email protected]
S T I C H W O R T : (M U LT I -)M E D I A L Die Menge der Anbieter im multimedialen Bereich rund um das Museum ist beeindruckend groß und scheint stets noch zu wachsen. Ihr Spektrum reicht von Installationen mit eigenem Objektcharakter bis hin zu den klassischen Audioguides. Diese Entwicklung muss jedoch keineswegs im Widerspruch zum propagierten Dialog stehen: Die Projekte im dritten Block zeigen, wie Medien sinnvoll die BesucherInnen im Museum begleiten und zugleich die Interaktivität befördern können.
Elke Kollar £Praxisbeispiele
Zeitgeschichte im Willy-Brandt-Haus Lübeck: spielerisch, interaktiv und multimedial inszeniert
Das Willy-Brandt-Haus nutzt mit seinen Transponderkarten neueste Technik, um für verschiedene Zielgruppen eigens abgestimmte Ausstellungsrundgänge anzubieten, die – anders als bei herkömmlichen Audioguides – durch die MitarbeiterInnen jederzeit veränderbar sind. Die Ausstellungsobjekte stehen nie für sich selbst, sondern sind in Rauminszenierungen integriert. BesucherInnen können selbst aktiv werden und beispielsweise an das Rednerpult treten, ihre Meinung kundtun und diese aufzeichnen lassen. Dr. Katharina Bieler, Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung/ Willy-Brandt-Haus Lübeck Königstr. 21, 23552 Lübeck [email protected] Handyquiz und Eselslernen
Vorgestellt wurden in einer filmischen Dokumentation zwei Lern- und Arbeitstechniken, mit denen Jugendliche unter Nutzung ihres eigenen Handys als Eingabegerät aktiv am Lernprozess teilhaben. Der Datentransfer wird über Bluetooth bewerkstelligt. Wolfgang Birk, Landesinstitut für Pädagogik und Medien Saarbrücken Beethovenstr. 26, 66125 Saarbrücken [email protected] Audioguide von Kindern für Kinder für das neue Franz-Marc-Museum in Kochel
Drei Gymnasialklassen schufen in Teamwork fantasievolle Hörbilder zu zehn Kunstwerken des Franz-Marc-Museums: Sie verfassten Gedichte und Hörspiele, nahmen Geräusche auf, führten Interviews. Im Hörspielstudio des Bayerischen Rundfunks sprachen sie ihre Texte selbst und führten Regie – gecoacht von Radioprofis. Das Ziel war, einen Museums-Führer zu schaffen, der jungen MuseumsbesucherInnen Appetit auf moderne Kunst macht. Das Produkt: zehn Hörbilder, aufgespielt auf MP3-Player. Die MP3-Player werden den BesucherInnen des Museums kostenfrei zur Verfügung gestellt.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Eva Severini, Bayerischer Rundfunk Franz-Marc-Museum Herzogstandweg 43, 82431 Kochel [email protected]
S T I C H W O R T : PA R T N E R S C H A F T In vielen Beiträgen klang es schon an: Kooperationen und Netzwerke werden immer wichtiger. Gerade im Bereich der (vor-)schulischen Bildung können Museen starke Partner sein. Die Projekte im vierten Block zeigen, wie sich Museen aktiv in die sich im Wandel befindenden Bildungs- oder Lehrpläne einbringen können und vor allem, welchen Nutzen beide Partner daraus ziehen können. Bildungsnetzwerk: Archäologisches Museum und Kindertagesstätten der Stadt Frankfurt a.M.
Seit 1999 existiert eine Kooperation von Stadtschulamt und Archäologischem Museum: ErzieherInnen aus den Städtischen Kindertagesstätten führen im Archäologischen Museum Kindergruppen im Alter von vier bis sechs Jahren zu den Themen »Steinzeit«, »Antike Kleidung«, »Schmuck aus vielen Jahrtausenden«, »Essen und Trinken in römischer Zeit«. Der Beitrag erläuterte die Zusammenarbeit zweier Institutionen und die Vorteile, die beide davon haben. Dr. Angelika Schmidt-Herwig, Archäologisches Museum Frankfurt Karmelitergasse 1, 60311 Frankfurt a.M. [email protected] Auf Forschungs- und Entdeckungstour: Natur wissenschaften in der Früherziehung.
Seit 2006 führt das Landesmuseum für Natur und Mensch, Oldenburg, Fortbildungen für ErzieherInnen durch. In Anlehnung an die Bildungspläne der Kindergärten und -tagesstätten steht das Forschen und Experimentieren im Vordergrund; zum Beispiel in der Küsten-Ausstellung zu Wind, Wasser, Wellen, Luft und Vogelflug. Kirsten Preuss, Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg Damm 38-44, 26135 Oldenburg [email protected]
Elke Kollar £Praxisbeispiele
Schule trif ft Museum. Das Menuk-Projekt am Schmuckmuseum Pforzheim
Ein Schulhalbjahr (II/2007/08) lang fand ein kompetenz- und projektorientierter Unterricht für zwei Schulklassen mit 56 SchülerInnen im Schmuckmuseum Pforzheim statt, als Antwort auf die neuen Gestaltungsspielräume der Schulcurricula in den Bildungsplänen 2004 des Landes Baden-Württemberg: In diesem Pilotprojekt stand der Grundschul-Fächerverbund MENUK im Zentrum, der für die Themen »Mensch, Natur und Kultur« steht und die traditionellen Fächer Heimat- und Sachkunde, Bildende Kunst, Textiles Werken und Musik vereint. Zwei Museumspädagoginnen am Schmuckmuseum haben die Schulklassen nach einem speziellen, auf die Sammlungen abgestimmten Konzept unterrichtet. Claudia Baumbusch, Schmuckmuseum Pforzheim Humboldtstr. 25, 75175 Pforzheim [email protected] LernStadtMuseum in Sachsen. Schüler entdecken Museen
Das dreijährige Programm des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus, gefördert von der Robert Bosch Stiftung, unterstützt 15 Museen und Schulen drei Jahre lang (2007 bis 2010) bei der Realisierung von Projekten, die schülerorientierte Vermittlungsformen in Museen entwickeln. »LernStadtMuseum in Sachsen – Schüler entdecken Museen« soll dazu beitragen, dauerhafte Kooperationsformen zwischen Museen und Schulen zu entwickeln, die eine Vorbildwirkung in der Region haben. Die einzelnen Tandems erhalten eine Förderung in Höhe von bis zu 15.000 Euro sowie Beratung und Unterstützung in allen Projektphasen auch vor Ort und Weiterbildungen für alle teilnehmenden SchülerInnen, Lehrkräfte sowie MuseumspädagogInnen und -mitarbeiterInnen. Dr. Carola Marx, Projektleiterin »LernStadtMuseum in Sachsen« Sächsisches Staatsministerium für Kultus, Reff 46, Carolaplatz 1, 01079 Dresden [email protected] www.sachsen-macht-schule.de/lernstadtmuseum
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Fächerübergreifender Museumskof fer zur neuen Dauerausstellung »Im Zauberreich der Fayence« (Arbeitstitel) in Schloss Höchstädt a.D. Das Fayencemuseum in Höchstädt, das voraussichtlich im Frühjahr 2010 eröffnet werden wird, bietet unterschiedlichste thematische Ansätze, kulturund wirtschaftsgeschichtliche ebenso wie ästhetische. Dementsprechend soll der Koffer Material und konkrete unterrichtliche Anknüpfungsvorschläge nicht nur für einschlägig übliche, sondern für möglichst viele Schulfächer enthalten: Für passende Chemieversuche und (wirtschaftliche) Berechnungen etwa, nicht minder als für kreative Aneignungsformen in Sprache und Gestaltung.
Dr. Uta Piereth, Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, Museumsabteilung Schloss Nymphenburg, 80638 München [email protected]
ST I C H W O R T: FÜ R K L E I N & G R O S S Bislang lag der Schwerpunkt der Projekte bei schulischen Programmen. Doch die Redensart »Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr« gilt schon lange nicht mehr. Lernen, oder besser Bildung, wird heute als lebenslanger Prozess verstanden. So zeigen die Projekte im fünften Block, dass dieser Ansatz zum Grundverständnis der Museumspädagogik gehört – und deuten abschließend die Spannweite museumspädagogischer Arbeit an. »Kleiner Restaurator, hilf mit!« Wahrnehmungs- und Orientierungsspiele als handlungsorientierte Formen der Kunstvermittlung für vier- bis sechsjährige MuseumsbesucherInnen
Am Beispiel von Magnetspielkästen können sich junge MuseumsbesucherInnen mit Grundfragen der Kunst kindgerecht auseinandersetzen. Die Auswahl von farbintensiven Kunstobjekten ermöglicht eine Veränderung ihrer Wahrnehmung von Unbekanntem und Vertrautem. Emotionale Bezüge werden angestoßen und Erfolge durch vergleichendes Tun erzielt. Axel Menz, GRASSI Museum für angewandte Kunst Leipzig Johannisplatz 5-11, 04103 Leipzig [email protected]
Elke Kollar £Praxisbeispiele
Design und Architektur für Vorschulkinder
Seit vielen Jahrzehnten werden rationales Denken und Handeln in Erziehung und Bildung betont; anerkannt ist, dass künstlerische Aktivitäten und Kreativität einen äußerst positiven Einfluss auf Schlüsselqualifikationen haben. Mit dem Pilotprojekt der Stiftung Kinderland sensibilisierte das Vitra Design Museum Kinder im Vorschulalter für Design und Architektur, förderte ihre kreativen Fähigkeiten und unterstützte sie bei der bewussten Wahrnehmung ihres Lebensraums. Esmeralda Hernandez, Vitra Design Museum Charles-Eames-Str. 1, 79576 Weil am Rhein [email protected] Orbit, Proton, Supernova und Atome – das Weltraumprogramm. Klimawandel – ein Thema für die Bildungsarbeit im Kinder- und Jugendmuseum
Das Thema Klimawandel ist zurzeit aktuell wie nie. Das Kinder- und Jugendmuseum EnergieStadt hat daher ein Programm entwickelt, das leicht auch an jedem anderen Ort durchgeführt werden kann. In einer interaktiven Spielsituation werden tapfere Weltraumforscher gesucht, die sich aufmachen in unsere Stratosphäre, um dort als Retter der Ozonschicht aktiv zu werden. Ute Pfeiffer-Frohnert, Kinder- und Jugendmuseum EnergieStadt Naturgut Ophoven, Talstr. 4, 51379 Leverkusen [email protected] Bildung im Kof fer. Familienprogramm in einer Sonderausstellung
Die Sonderausstellung »Die Schöninger Speere – Mensch und Jagd vor 400.000 Jahren« richtete sich in ihrer Konzeption an ein erwachsenes Bildungsbürgertum. Unser Klientel sind aber überwiegend Familien. Für sie gab es den »Space-Koffer Urmensch« für die Forschungsreise. Regine Tuitjer, Niedersächsisches Landesmuseum Hannover Willy-Brandt-Allee 5, 30169 Hannover [email protected]
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Bach im Bahnhof und Co. Bildungsof fensive eines Museums im Umbau
Während der Umbaupause des Bach-Museums hält das Museumsteam den Kontakt zu seinen bisherigen BesucherInnen mit einem eintrittsfreien Interim und mobilen Museumskoffern. Mit museumspädagogischen Angeboten und Ausstellungen im Hauptbahnhof und an Bauzäunen erreichen wir (für uns) neue Schichten potentieller BesucherInnen. Claudia Marks, Bach-Museum Leipzig Dittrichring 18-20a, 04109 Leipzig [email protected] MEISTERWERKE unter der Lupe. Museumsführer für Groß und Klein
Der Museumsführer präsentiert 35 Kunstwerke und viele berühmte KünstlerInnen, die eine neue Sicht- und Malweise entwickelt haben. Die MalerInnen und BildhauerInnen werden als Entdecker und Erfinder präsentiert, wobei das jeweils Besondere ihrer Kunst im Detail »unter die Lupe« genommen wird. Janine Schmutz, Fondation Beyeler Baslerstr. 77, CH-4125 Riehen [email protected] Von der Schwarzwälder Lackschilduhr bis zum Quarzwerk – Ein Brückenschlag
400 Jahre Uhrenherstellung im Schwarzwald – für uns ein Anlass, mit der »Offenen Uhrenwerkstatt« Traditionen aufzunehmen und in die Gegenwart zu übertragen. Seit vier Jahren folgen jeden Sommer Kinder und Jugendliche unserer Einladung und bauen ihre eigene Uhr. Manuela Lübben-Konstantinoff, Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen Robert-Gerwig-Platz 1, 78120 Furtwangen [email protected]
Elke Kollar £Praxisbeispiele
Weiterbildung, Kunstvermittlung und Museumspädagogik
In Kooperation mit der Alanus-Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Alfter, bietet die Kunsthalle seit 2006 berufsbegleitende Weiterbildungen (1 Jahr) für KünstlerInnen, KunstpädagogInnen und KunsthistorikerInnen an. Das Ziel ist die praktische Vernetzung der Berufsbilder. Claudia Ohmert, Kunsthalle Emden Hinter dem Rahmen 13, 26721 Emden [email protected]
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AUTORINNEN
UND
AUTOREN
Anka Bolduan studierte für das Lehramt Geschichte, Kunst, Arbeitslehre, Textiles Gestalten und unterrichtete an Bremer Schulen. Seit 1985 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Übersee-Museum Bremen, verantwortlich für den Bereich Kinder und Jugendliche in der Museumspädagogik. Außerdem hat sie einen Lehrauftrag über museumspädagogische Projekte an der Universität Bremen und die Projektleitung von verschiedenen museumspädagogischen Ausstellungen. Stef an Bresk y ist Historiker und leitet den Fachbereich Museumspädagogik für die Ständige Ausstellung am Deutschen Historischen Museum Berlin. Seit 2007 ist er Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Öffentlichkeitsarbeit und Museumspädagogik im Landesverband der Berliner Museen (LMB). Bis 2008 war er Vorsitzender des Landesarbeitskreises Museumspädagogik Ostdeutschland, seit November 2008 ist er Vorsitzender des Bundesverbandes Museumspädagogik. Anna Cutler arbeitet seit über 20 Jahren im Bereich der kulturellen Bildung. Sie hatte verschiedene Lehraufträge und Projekte und organisierte Festivals. Seit Oktober 2006 leitet sie die Bildungsabteilung der Tate Modern in London und hat den Auftrag, neue Bildungsprogramme und Lernstrategien für die Tate Modern für 2012 zu entwickeln. Dr. Alf red C zech studierte Kunstpädagogik an der Akademie der Bildenden Künste München und Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Promotion in Kunstgeschichte). Seit 1984 ist er am MuseumsPädagogischen-Zentrum München tätig und hat dort seit 2001 die Leitung des Referates Kunst I. Seit 2008 ist er Vorstandsmitglied im Landesarbeitskreis Museumspädagogik Bayern. Alexandra Donecker M. A . studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften, Kunstgeschichte sowie Englische Philologie an der FU Berlin. Seit 2006 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin (Doktorandin) am Deutschen Museum München. Ulla von Gemmingen studierte Malerei und Kunstpädagogik für das Lehramt an Gymnasien an der Akademie der Bildenden Künste in München. Seit 1984 ist sie hauptamtliche Mitarbeiterin der Münchner Volkshochschule (MVHS), zunächst für das Pilotprojekt der interkulturellen Museumspädagogik für ausländische Arbeitnehmer und deren Familienangehörige. Bis An-
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
fang 2009 war sie Programmbereichsleiterin in der Kulturellen Bildung mit den Fachgebieten für Kunstgeschichte und Museum der MVHS. Susanne Gesser M. A . studierte Kunstpädagogik, Theater-, Film und Fernsehwissenschaften und ist seit 1992 Kuratorin für das Kindermuseum des Historischen Museums Frankfurt, 1998 übernahm sie die Leitung des Kindermuseums. Sie hat zahlreiche Ausstellungen für Kinder kuratiert und ist Mitbegründerin des Bundesverbandes der deutschen Kinder- und Jugendmuseen e.V. Martina Hänle M.A. studierte Pädagogik, Psychologie und Soziologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit 2006 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin (Doktorandin) am Deutschen Museum München. Dr. Mat thias Hamann studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Archäologie in Würzburg, Bologna und München (Promotion). Parallel dazu war er für verschiedene Agenturen im PR- und Marketingbereich tätig. Am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg war er Co-Kurator bzw. Projektleiter von Ausstellungen, zuletzt »Was ist deutsch?« (2006), und von 2003 bis 2007 Leiter der Abteilung Marketing und Kommunikation. Seit 2007 ist er Direktor des Museumsdienstes Köln. Andrea s Hemmerle studierte Neuere und Neueste Geschichte, Romanische Sprachwissenschaft/Französisch, Anglistik und Politikwissenschaften in Paris und Augsburg. Von 2001 bis 2007 war er im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Mitarbeiterkommunikation im BMW Werk München tätig mit Schwerpunkt Konzeption Werkführungen, Pressebetreuung, Kommunikationsberatung der Werkleitung; seit Januar 2008 ist er zuständig für den Besucherservice im BMW Museum. In dieser Funktion ist er auch zuständig für die fachliche Steuerung der Museumspädagogischen Programme und der Besucherbetreuung im BMW Museum. Nadine Herrmann studierte Europäische Medienkultur an der Bauhaus Universität Weimar/Université Lyon 2; Museologie und neue Medien an der Université Lyon 3 mit dem Abschluss Diplom-Kulturwissenschaftlerin/ Medien. Seit 2006 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin (Doktorandin) am Deutschen Museum München. Prof. Dr. Hans-Joachim Klein habilitierte im Fach Soziologie und lehrte an den Universitäten Karlsruhe, Kaiserslautern, Leipzig und Dresden. Arbeitsschwerpunkt: Empirische Kulturforschung, Wirtschafts- und Konsumsozio-
Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber £Autorinnen und Autoren
logie, Stadt- und Siedlungssoziologie. Zahlreiche Evaluationen und Veröffentlichungen zum Besucherverhalten in Museen. 2003 gründete und leitete er das Zentrum für Evaluation und Besucherforschung (ZEB) am Badischen Landesmuseum Karlsruhe; seit 2006 ist er wissenschaftlicher Berater. Gabriele Kramer studierte für das Lehramt in den Bereichen Natur, Technik und Werken sowie Deutsch. Sie arbeitet seit 2007 in der Hauptabteilung Bildung im Deutschen Museum und entwickelt dort Kinder- und Jugendprogramme für das Haus und für die Zweigstellen Verkehrszentrum und Flugwerft Schleißheim. Außerdem betreut sie die Sonderbereiche »Märchen im Museum« und »Übernachten im Museum« und kooperiert mit anderen Bildungs- und Freizeiteinrichtungen für Kinder und Jugendliche. Susanne Kudor fer arbeit seit 2009 für das Kunstmuseum Luzern. Zuvor leitete sie die Abteilung Besucherdienst und Kunstvermittlung der drei Pinakotheken in München. Sie studierte Kunstgeschichte, Pädagogik und Sozialpsychologie und ist ausgebildete Kommunikationswirtin. Von 1991 bis 1997 war sie am Aufbau des Kinder- und Jugendmuseums München beteiligt. 1998 begann sie bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit der Presseund Öffentlichkeitsarbeit, 2001 übernahm sie das neu eingerichtete Referat Besucherdienst. Dr. Hannelore Kunz- Ot t studierte Kunstgeschichte, Deutsche und Vergleichende Volkskunde sowie Vor- und Frühgeschichte an der LudwigMaximilians-Universität München (Promotion). Seit 1983 arbeitet sie bei der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, seit 1995 im Bereich Museumspädagogik. Von 2003 bis 2008 war sie Vorsitzende des Bundesverbandes Museumspädagogik. Prof. Dr. Doris Lewalter studierte und promovierte im Fach Pädagogik (NF Psychologie und Kunstgeschichte) an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Habilitation erfolgte 2003 an der Universität der Bundeswehr München. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Motivationsforschung, der Lehr-Lernforschung, dem Lernen mit Medien sowie der Bildung im Museum. Insbesondere beschäftigt sie sich mit der Nutzung von Museen und Science Centern als ergänzenden Lernorten für die schulische Ausbildung. Sie leitet das Fachgebiet für Gymnasialpädagogik mit Schwerpunkt Naturwissenschaften und Technik der Technischen Universität München.
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Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber Kulturelle Bildung im Museum
Dr. Thorsten Marr studierte Kunstgeschichte, Klassische Archäologie und Geschichte. Seit 1995 ist er bei der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen tätig und seit 2000 Referent für Museumspädagogik, Museumsdidaktik. Hermann-Josef Mouf ang ist Gymnasiallehrer und seit 1985 im damaligen Siemens Museum verantwortlich für den Führungsdienst. Im SiemensForum hat er die technische Leitung inne und ist für den Verleih der Sonderausstellungen zuständig. Isabel Pfeif fer-Poensgen ist Juristin und seit 2004 Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Berlin. Zuvor war sie Beigeordnete für Kultur und Soziales der Stadt Aachen und Kanzlerin der Hochschule für Musik in Köln. Sabine Radl studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Psychologie. Von 1993 bis 2001 war sie für die Theaterleitung im Forum der Technik am Deutschen Museum verantwortlich. Seit 2001 hat sie die stellvertretende Leitung/ Ausstellungsplanung und -organisation im Kinder- und Jugendmuseum München inne. Nina Rit z studierte in Heidelberg Jüdische Studien und Philosophie an der Hochschule für Jüdische Studien und der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. Von 2001 bis 2008 war sie Mitarbeiterin in der Bildungsabteilung des Jüdischen Museums Berlin, seit Mai 2008 ist sie pädagogische Leiterin des Bereichs Bildung der Stiftung Jugendgästehaus Dachau. Denis Schäfer hat am Aufbau des Jüdischen Museums München mitgewirkt und leitet seit Oktober 2006 den Besucher- und Veranstaltungsdienst. Zuvor war er am Institut für Museumskunde in Berlin beschäftigt. Er ist DiplomMuseologe (FH) und hat an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin studiert. Prof. Dr. Stephan Schwan ist Diplom-Psychologe und tätig am Psychologischen Institut der Universität Tübingen und am Deutschen Institut für Fernstudienforschung (DIFF); 2002 bis 2004 war er Professor für E-Learning und Leiter der Abteilung für Sozial- und Organisationspsychologie an der Johannes Kepler Universität Linz. Seit 2004 ist er Professor für Lehr-LernForschung und Leiter der Arbeitsgruppe »Wissenserwerb mit Cybermedien« am Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen.
Hannelore Kunz-Ott, Susanne Kudorfer, Traudel Weber £Autorinnen und Autoren
Dr. Arja van Veldhuizen arbeitet seit März 2008 als Leiterin der Vermittlungsabteilung bei Landschap Erfgoed Utrecht (Landschaft Kulturerbe Utrecht), die Institution unterstützt alle Kulturerbeinstitutionen in der Provinz Utrecht. Zwischen 2005 und 2008 war sie Leiterin der Vermittlungs- und Ausstellungsabteilung bei CODA, einem Zusammenschluss von zwei Museen, dem Archiv und der Bibliothek der Stadt Apeldoorn. Vorher hat sie viele Jahre als Museumspädagogin im Historischen Museum Amsterdam gearbeitet. Seit 2004 ist sie im Vorstand bei ICOM/CECA (dem Committee for Education and Cultural Action des Internationalen Museumsrates) tätig. Eva-Marie Weber hat an der Ludwig-Maximilians-Universität München Biologie und Chemie für das Lehramt am Gymnasium studiert und diese Ausbildung mit einem Referendariat abgeschlossen. Seit 1993 arbeitet sie am Museum Mensch und Natur im Bereich der Museumspädagogik. Sie war bis 2008 Vorsitzende des Landesarbeitskreises Museumspädagogik Bayern. Traudel Weber studierte Biologie und Chemie für das Lehramt Gymnasium. Von 1985 bis 1995 leitete sie die Redaktionsstelle für Ausstellungstexte im Deutschen Museum. Danach war sie über zehn Jahre lang für die Entwicklung von museumspädagogischen Freizeitprogrammen für Kinder und Familien sowie Aktiv-Programmen für Schulklassen im Deutschen Museum verantwortlich; nun liegt der Arbeitsschwerpunkt auf der Kooperation mit Schulen.
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BILDNACHWEIS
S. 62, 64, 66, 69: S. 97: S. 98: S. 99: S. 105, 106: S. 112: S. 115, S. 116: S. 122: S. 129: S. 134, 136: S. 144, 146: S. 149: S. 157: S. 162, 163: S. 165, 166: S. 174, 175, 176:
Tate Modern, London Centraal Museum, Utrecht Historisches Museum, Amsterdam Stedelijk Museum, Amsterdam Jüdisches Museum München, Franz Kimmel, JMM Kinder- und Jugendmuseum, München kinder museum frankfurt, Uwe Dettmar Museums-Pädagogisches Zentrum, München Susanne Kudorfer, Luzern Museum Mensch und Natur,München Übersee-Museum, Bremen Ulrike von Gemmingen, München Bayerische Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen Hannelore Kunz-Ott, München SiemensForum, München Deutsches Museum, München
Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement Patrick S. Föhl, Iken Neisener (Hg.) Regionale Kooperationen im Kulturbereich Theoretische Grundlagen und Praxisbeispiele November 2009, ca. 360 Seiten, kart., ca. 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1050-5
Hartmut John, Anja Dauschek (Hg.) Museen neu denken Perspektiven der Kulturvermittlung und Zielgruppenarbeit 2008, 282 Seiten, kart., 26,80 €, ISBN 978-3-89942-802-5
Hartmut John, Bernd Günter (Hg.) Das Museum als Marke Branding als strategisches Managementinstrument für Museen 2008, 192 Seiten, gebunden, durchgängig farbig mit zahlr. Abb., 34,80 €, ISBN 978-3-89942-568-0
Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de
2009-09-21 10-28-38 --- Projekt: transcript.anzeigen / Dokument: FAX ID 02b6221422472470|(S.
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Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement Hartmut John, Hans-Helmut Schild, Katrin Hieke (Hg.) Museen und Tourismus Wie man Tourismusmarketing wirkungsvoll in die Museumsarbeit integriert. Ein Handbuch November 2009, ca. 200 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., ca. 23,80 €, ISBN 978-3-8376-1126-7
Birgit Mandel PR für Kunst und Kultur Handbuch für Theorie und Praxis (2., komplett überarbeitete Auflage) Mai 2009, 240 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN 978-3-8376-1086-4
Martin Tröndle (Hg.) Das Konzert Neue Aufführungskonzepte für eine klassische Form Juni 2009, 336 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1087-1
Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de
2009-09-21 10-28-38 --- Projekt: transcript.anzeigen / Dokument: FAX ID 02b6221422472470|(S.
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Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement Joachim Baur Die Musealisierung der Migration Einwanderungsmuseen und die Inszenierung der multikulturellen Nation Oktober 2009, 408 Seiten, kart., zahlr. Abb., 34,80 €, ISBN 978-3-8376-1264-6
Joachim Baur (Hg.) Museumsanalyse Methoden und Konturen eines neuen Forschungsfeldes November 2009, ca. 280 Seiten, kart., ca. 26,80 €, ISBN 978-3-89942-814-8
Patrick S. Föhl, Stefanie Erdrich, Hartmut John, Karin Maass (Hg.) Das barrierefreie Museum Theorie und Praxis einer besseren Zugänglichkeit. Ein Handbuch 2007, 518 Seiten, kart., 46,80 €, ISBN 978-3-89942-576-5
Laura J Gerlach Der Schirnerfolg Die »Schirn Kunsthalle Frankfurt« als Modell innovativen Kunstmarketings. Konzepte – Strategien – Wirkungen 2007, 242 Seiten, kart., zahlr. Abb., 26,80 €, ISBN 978-3-89942-769-1
Marc Grellert Immaterielle Zeugnisse Synagogen in Deutschland. Potentiale digitaler Technologien für das Erinnern zerstörter Architektur 2007, 606 Seiten, kart., zahlr. Abb., 37,80 €, ISBN 978-3-89942-729-5
Herbert Grüner, Helene Kleine, Dieter Puchta, Klaus-P. Schulze (Hg.) Kreative gründen anders! Existenzgründungen in der Kulturwirtschaft. Ein Handbuch April 2009, 250 Seiten, kart., zahlr. Abb., 23,80 €, ISBN 978-3-89942-981-7
Reinhold Knopp, Karin Nell (Hg.) Keywork Neue Wege in der Kultur- und Bildungsarbeit mit Älteren 2007, 262 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN 978-3-89942-678-6
Thomas Knubben, Petra Schneidewind (Hg.) Zukunft für Musikschulen Herausforderungen und Perspektiven der Zukunftssicherung öffentlicher Musikschulen 2007, 310 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-89942-619-9
Birgit Mandel Die neuen Kulturunternehmer Ihre Motive, Visionen und Erfolgsstrategien 2007, 146 Seiten, kart., 16,80 €, ISBN 978-3-89942-653-3
Carmen Mörsch, Landesverband der Kunstschulen Niedersachsen (Hg.) Schnittstelle Kunst – Vermittlung 2007, 390 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-89942-732-5
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2009-09-21 10-28-38 --- Projekt: transcript.anzeigen / Dokument: FAX ID 02b6221422472470|(S.
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3) ANZ1084.p 221422472486