Kritische Einleitung in die Geschichte und Lehrsätze der alten und neuen Musik [Reprint 2021 ed.] 9783112511022, 9783112511015


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Kritische Einleitung in die Geschichte und Lehrsätze der alten und neuen Musik [Reprint 2021 ed.]
 9783112511022, 9783112511015

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Kritische Einleitung in

die Geschichte und Lehrsätze -er alten und neuen

Musik, DSU

Friedrich Wilhelm Marpurg.

Nebst acht Kupfertabellen.

Berlin, bey Gottlieb August Lange 1759.

Sr. HochwohlgebohMN, Vem

HERRN Lhristlan Ludewig von B r ll ll d t, ehemchügen Stallmeister bey des verstorbnen Prinzen Hon Preussen Königlicher Hoheit,

Hochwohlgebohrner Herr,

unterstehe mich, IHNM die Geschichte einer ergehenden Kunst vor Augen zu legen, die mitten unter den nützlichsten Veschafrigungen Ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehet. Die Harmonien der Musik haben nicht weniger Reitze für Slt, als die dichterischen Schönheiten eines Homers oderPindars; und, Sich von den hohem Wissenschaften zu zerstreuen, konnten Sie nicht anders als Ihre Entzückungen unter die angeneh­ mern Musen verteilen. Sie

Sie haben, Höchwohlgebohrmr Herr, Siü) cinigemahl über die Beschaffenheit der alten Musik mit mir zu unterreden, und mich zu einer Ab­ handlung von selbigerzu ermuntern, beliebet. Sie äusserten allezeit eine Idee von dieser Musik, die man, nach einer «»parteyischen Untersuchung, davon zu haben, nicht umhin kann. Die hyperboli­ schen Erzählungen eines griechischen oder lateinischen Scribenten von den Wirkungen derselben hatten Sie niemahls wider^die Musik unsrer Zeiten ein­ genommen. Aber ^)ie haben auch niemahls den Vertheidigern^der heutigen Tonkunst soviel Gehör gegeben, daß Ott die Musik Athens für nichts an­ ders, als eine wilde Janitscharenmusik gehalten hat­ ten. Es hatte selbige ihre Regeln; aber diese Re­ geln waren nicht die unsrigen. So unparreyisch ichmich in der Untersuchung der alten Musik zu verhalten, bemüht gewesen bin: so glaube ich dennoch, gewissen zu eifrigen Verehrern des Alterthums nicht genung gethan zu haben- Um meine Meinung zu widerlegen, wird man gewisse Stellen aus manchem griechischen oder römischen Scribenten wollen anders verstanden wissen; verschiedne Satze wird man nicht mit hinlänglichen Be­ weisen verwahret halten. - - Der Muth entfallt mir, wenn ich an einen Voßius oder Meibom ge­ ll 5 denke.

denke. Ich werde Beystand gebrauchen, undwerden Slt mir selbigen versagen können? Man wird mir Zeugnissen streiten; ich habe Gegenzeugnisse vonnöthen. Ich werde mehr als einmahl genöthigt werden, Ihre Belesenheit, und Ihre gelehrte Einsichten zu Hülfe zu rufen. Sie haben mir zu thun gemacht. Ich rache mich, und gebe Ihnen eine andere Beschäftigung. Ich habe die Ehre, mit Respect zu seyn

Hochlvohlgebohrncr Herr Berlin, ven 4< May r?55.

Ihr gehorsamster und crgebenster Diener

Marpurg.

Norbe-

Vorbericht. H^ch habe nicht Lust, den Leser mit einer sangen VorK rede aufzuhalten. Ich kann aber auch nicht umhin, eines und das andere wegen gegenwärtigen Werks zu erinnern. Meine Absicht ist gewesen, etwas vollständiger zu seyn, als Prinz in seiner Geschichte der Musik, und etwas ordentlicher als Bonner und Bourdelot in der ihrigen. Von des Bontemvi in italiänischer Sprache herausgegebnen musikalischen Historie kann ich nicht urtheilen, weil ich, aller Bemühungen ungeachtet, solche nicht auftreiben können. Ich wünschte, selbige zu sehen. Prinz hat uns nicht viel mehr, als eine Art von Disposition zu einer Geschichte der Tonkunst geliefert. Sein Buch siehet, in verschiednen Capiteln, einem musikalischen Calender, oder höchstens einem akademischen Lehrbuch ähn­ lich, wozu man den Diseurs des Hm. Profeßors Haben X muß.

Vorbericht. muß. Des Bonnets Werk tft vielmehr eine Historie der französischen Musik, als der Musik überhaupt. Ich über­ gehe die darinnen herrschende Unordnung, die auf kein ge­ wißes System eingeschränkte Zeitrechnung, die noch dazu kommenden häufigen Druckfehler in den Jahrzahlen, die öfters unrichtigen Nachrichten, die ftanzösirte Mährchen, die verstümmelten und verfälschten Nahmen, und so weiter. Wenn ich die Fehler dieses französischen Schriftstel­ lers zu vermeiden, gesucht habe: so kann ich bey allen mei­ nen Bestrebungen, vielleicht in andre gefallen seyn. Ich erwarte hierüberden Ausspruch des Publici, und werde die Erinnerungen undVerbeßerungen einsehender Manner al­ lezeit mit Dank aynehmen.

Ich habe gesagt, daß ich etwas vollständiger als Prinz seyn will. Hiedurch verstehe ich nicht, daß ich jedes Individuum ohne Unterscheid, das nur ein Rastral führen kann, in meine Geschichte bringen, oder von jedem Individuo alles, was man nur von ihm in Erfahrung bringen kann, haarklein erzählen will. Die Begebenheiten deßelben müßen mit der Musik eine Verbindung haben, und es kann uns übrigens gleich viel seyn, ob dieser oder jener eine Parucke, oder sein eignes Haar getragen, ob er sich zweyoder dreymahl verheyrathet, ob er am kalten oder hitzigen Fieber gestorben, und was dergleichen Sachen mehr sind! Wenn dergleichen Begebenheiten erzählet werden sollen, so muß allezeit ein andrer etwas intereßanter, oder anecdotischer Umstand, daß ich so sage, damit verknüpfet seyn. Indeßen ist doch in Ansehung der alten und neuem Zeiten eine gewiße Ausnahme zu machen. Je weiter wir von

Dorbericht. von der itzigcn Zeit entfernet sind, desto eher können wir von einem Subject alles, was man nur weiß, beybringen. Denn es trist sich oft gcnung, daß wir nicht sehr vieles davon aus­ gezeichnet finden. Da ist das geringste, wenn es auch sonst eben nicht zu intereßant an sich ist, allenfalls mitzunehmen. Ferner ist aus den alten Zeiten, so wenig als mög­ lich, ein Subject auszulaßen. Es ist zu glauben, daß die griechischen Scribenten, die alle selbst die Musik verstand en, wenn sie auch nicht alle ihr Hauptwerk davon machten, uns von keinen, als würdigen Mannern, die Nahmen aufbehal­ ten haben. Wenn sie den Nahmen eines schlechten Ton­ künstlers nennen, so setzen sie auch zu gleicher Zeit dabey, daß er schlecht gewesen; und wenn in eben demjenigen Buche, wo die Geschichte eines großen Eroberers erzählet wird, sehr oft ein feigherziger und blöder Fürst zum Vorschein kömmt: so kann man auch in der Geschichte einer Wißenschaft oder Kunst nicht umhin, wenn es gewiße Umstande er fordern, sowohl einen ungeschickten, als geschickten Ausüber derselben, jedoch mit versthrednen Zügen, ms Register zu bringen.

Uebrigens gehört sowohl der Theoreticus als Practi-» cus der Musik in die Historie derselben. Wenn der letzte etwann beßer geiget, oder das Pedal tritt: so hat der erste desto mehr Wißenschaft von den Grundsätzen der Kunst. Es muß sich aber sowohl der Theoreticus als Practicus durch einige Werke öffentlich gezeiget haben. De occultis non iudicat ecdefia. Die Nahmen fürstlicher, vornehmer, und gelehrter Liebhaber gereichen der Geschichte der Tonkunstzur Ehre, und zur Zierde. Aber ihre übrigen Lebensumstande, )( 2 in

Vorbericht.

in so weit solche mit der Musik keine Verbindung haben, müßen nicht in einer Historie der Musik gesuchet werden. Die Subsidien, deren ich mich zur Verfertigung die­ ser Einleitung hauptsächlich bedienet habe, sind von den Alten: Aristoxm, Euclides, Gaudentius, Nikomach, Alypius, Aristides Quinctilianus, der altere Bacchms, Martianus Capella, Ptolomaus> Julius Pollux, Plutarch, Boethius, Macrobius und Psellus; von neuen Scribenren Glarean, Zarlino, Artusi, Pratorius, Kir­ cher, Wallis, Isaac Voß, Meibom, Menestrier, Joh. Alb. Fabricius, Sethus Calvisius,Lippius, Prinz, Bon­ net, Walther, Broßard, Bayle, Bürette, Cesare Crivellati, von Til, Bruder Aiich. Koßwick, rc.

Ich empfehle mein Werk der geneigten Beurthei­ lung meiner Leser.

Inhalt.

Inhalt. orbereikung, Erster periodus, vom Ursprung der Musik dis auf die Sündffuth, 3. Zweyter periodus, von der Sündffuth bis auf Len SeezuZ der Argonauten, 5» Dritter periodus, von dem Seezug der Argonauten bis auf den Anfang der Olympiaden, 16. Vierter periodus, vom Anfang der olympischen Spiel­ bis auf die Zeiten des Pythagoras, 45« Capitel, von der Beschaffenheit der alten Musik, 91,

1. Einteilung derselben, 96, 2. Eintheilung der Töne, 104, Z. Von den Tetrachorden, 106. 4. Von den Klanggeschlechten, 111.

5. Von den Tonarten, 120. 6. Vo»l den Octavengattnngen, 129, 7. Von den neuern Tonarten, 134,

S.

Von

4- ) o ( + L. Von den Intervallen, 140. 9. Von den Consonanzen undDißonanzen derGriechen,i42,

10. Von den Verhältnißen der Töne und Geschlechte, 146. 11. Voll der Metrik, 166.

12. Von der Rhytmik. 166,

13.

Von der M6opöie, 183.

14. Von den Noten der Griechen, 189.

15. Exempel von der griechischen Composition, 193."

16. Von den Revolutionen in der griechischen Musik, 213.

17. Voll den Instrumenten der Griechen rc. 215. iS. Ob die Alten eine Harmonie gehabt? 224,

Vorve-

Vorbereitung. §.

r.

ie Musik wird in die alte und neue eingetheklet, und die Zerren der alten Musik können in die unbekannten und bekannten unterschieden werden. Unbekannte nenne ich diejenigen, von welchen wir in Absicht auf die eigentliche Beschaffenheit dieser Kunst nichts wahrschein­ liches bestimmen können; bekannte, aus welchen Schriften vorhanden sind, woraus man, wo nicht mit unumstößlicher Gewißheit, jedoch mit ei­ niger Wahrscheinlichkeit, -die Beschaffenheit der Musik dieser Zeiten darthun kann. Die unbekannten Zeiten, welche bis auf die Zeiten des Pytha-

goras gehen, und dreyraustnd dreyhunderc und siebcnzig Jahre ent­ halten , können in folgende vier Perioden unterschieden werden, wovon Der erste geht vom Ursprung der Musik bis auf die Sündfluth, und enthält eintausend sechshundert und sechs und fünfzig Jahre.

Der zweyte geht von der Sündfluth bis auf den Seezug der Argo­ nauten , d. i. von 1656. bis 2727, und enthält' eintausend und ein und siebenzig Jahre. In diesem Zeitraume haben die Götter ge­ lebt, und die Melden zu blühen angefangen.

2

Vorbereitung. Der dritte geht von dem Scezug der Argonauten, ( 2727 ), 6:3 auf den Anfang der olympischen Spiele (3174), und enthält vierhun­ dert sieben und vierzig Jahre. Bis zur Milte dieses Zeitraums haben die Melden gelebt. Der vierte geht vom Anfang der olympischen Spiele (3174), bis auf die Zeiten des Pythagoras (3370), unt> enthält hundert sechs und neunzig Jahre.

§• 2. Die bekannten Zeiten der alten Musik können in folgende vier Perioben unterschieden werden, wovon Der erste geht von den Zeiten des Pythagoras (3370) bis auf die Zeiten des Aristoxens, d. t. bis 363-1, undenthältzwcy hundert vier und scchszig Jahre.

Der zweyte geht von den Zeiten des Aristoxens (3634), bis auf Christi Geburt, d. i. bis 3947, und enthalt drey hundert und drcyzehn Jahre. Der dritte geht von Christi Geburt bis auf die Zeiten des Claudius Ptolomäuö, und enthält hundert und siebzehn Jahre.

Der vierte geht von den Zeiten des Ptolomäus (117)616 auf die Zeiten Dunstans (950), und enthält achthundert drey und dreyßig Jahre. Hier endigt sich die alte Mustk, und geht die neuere an, welche sich in folgende zween periodos theilet, wovon Der erste geht vom Dunstan (950), bis auf die Zeiten Bernhards des Deutschen (1470), und enthält fünf hundert und zwanzig Jahre. Der zweyte geht vom Bernhard (1470) bis auf die gegenwärtige Zeit, und enthält zwey hundert neun und üchzig Jahre.

Die Neue Mustk hat also vor achihundert und neun Jahren ihren Anfang genommen. Wir folgen in unserer Zeitrechnung dem System des Lalvisiue.

Vorbereitung.

3

§. 3Wenn wir die Perioden her alten Musik mit den zween' Perioden der steuern zusammen nehmen: so haben wir es überhaupt mit zehn Perio­ den dieser Kunst zu thun, und nach Ordnung derselben wollen wir die merk­ würdigsten Begebenheiten der Musik kürzlich durchgehen.

Erster Periodus.

Vom Ursprung der Musik bis auf die Sündflutl). (Enthält tausend sechshundert sechs ttnd

funfiig Jahre.)

§» 4» Musik hat ohne Zweifel sogleich in den ersten Jahren der Welt ih-

j

reu Anfang genommen, es sey nun, daß der Mensch solche auS s,ch stlber erfunden, oder daß ihm das Singen der Vögel dazu Ge­ legenheit gegeben hat. So roh und gebrechlich solche auch anfänglich sey» wogte, so wie es alle übrigen Künste und Erfindungen in ihrem ersten Ur­ sprünge gewesen: so war cs doch eine Musik, und in Ermangelung einee bessern, war sie die beste ihrer Zelt. Man kann also die beyden ersten Be­ wohner der Erde, Adam und Eva, unstreitig als die Erfinder der Ton­ kunst, wenigstens der Singmusik, betrachten. Währender Zeil diese« Theil der Musik vom Enos, der zuerst das Lob des Schöpfers zu besin­ gen anßeng, und welcher von rz; bis 1140 lebte; ferner vom Eainarr (325 * 1235); lind vom Mahalaleel (395.1290) vorzüglich aus, gkübct ward: so erfand Iubal, dessen Leben in das Zeitalter Jareds fällt' (462,1422), etwann ums Jahr der Welt 802. die Spielmusik, und erweiterte also den Umfang der Kunst. Das ist alles, was wir von dem Ursprung der Musik, und ihren AuSübern vor der Sündflukh, aus de« Schriften des Moses wissen. Ohne Zweifel sind diese Nachrichten auch die zuverlässigsten, und, wenn sich nachher andre Völker, zumahl ausserA 2 Hal

Vorbereitung.

3

§. 3Wenn wir die Perioden her alten Musik mit den zween' Perioden der steuern zusammen nehmen: so haben wir es überhaupt mit zehn Perio­ den dieser Kunst zu thun, und nach Ordnung derselben wollen wir die merk­ würdigsten Begebenheiten der Musik kürzlich durchgehen.

Erster Periodus.

Vom Ursprung der Musik bis auf die Sündflutl). (Enthält tausend sechshundert sechs ttnd

funfiig Jahre.)

§» 4» Musik hat ohne Zweifel sogleich in den ersten Jahren der Welt ih-

j

reu Anfang genommen, es sey nun, daß der Mensch solche auS s,ch stlber erfunden, oder daß ihm das Singen der Vögel dazu Ge­ legenheit gegeben hat. So roh und gebrechlich solche auch anfänglich sey» wogte, so wie es alle übrigen Künste und Erfindungen in ihrem ersten Ur­ sprünge gewesen: so war cs doch eine Musik, und in Ermangelung einee bessern, war sie die beste ihrer Zelt. Man kann also die beyden ersten Be­ wohner der Erde, Adam und Eva, unstreitig als die Erfinder der Ton­ kunst, wenigstens der Singmusik, betrachten. Währender Zeil diese« Theil der Musik vom Enos, der zuerst das Lob des Schöpfers zu besin­ gen anßeng, und welcher von rz; bis 1140 lebte; ferner vom Eainarr (325 * 1235); lind vom Mahalaleel (395.1290) vorzüglich aus, gkübct ward: so erfand Iubal, dessen Leben in das Zeitalter Jareds fällt' (462,1422), etwann ums Jahr der Welt 802. die Spielmusik, und erweiterte also den Umfang der Kunst. Das ist alles, was wir von dem Ursprung der Musik, und ihren AuSübern vor der Sündflukh, aus de« Schriften des Moses wissen. Ohne Zweifel sind diese Nachrichten auch die zuverlässigsten, und, wenn sich nachher andre Völker, zumahl ausserA 2 Hal

4 I-Period. Vom Ursprung der Musik bis aufdie Sündsiuth. halb den Gränzen Asiens, und lange nach der Sündfiuth, den Ursprung dieser Kunst zueignen wollen, und welches Volk hat nicht solches gethan?

so kommen sie unfehlbar mit ihrer Rechnung zu spate. Diese vermeinten Erfinder der Musik bey andern Völkern, und in andern Welttheilcn, kön­ nen nicht anders als solche Personen betrachtet werden,

die unter ihren

kandesleuten zuerst mit besonderm Fleiß die Musik ausgeübet,

und die

Ausbreitung derselben am nieisten, und nu't glücklichem Erfolge, befördert In diesem Falle sind die Lbmeseu , die -den Zo-ki, ihren er­ sten König zum Erfinder der Musik überhaupt, und insbesondere den Kö­ nig Ti-co zum Erfinder der Singkunst machen. Da die Regierung des ersten in die Jahre 5-96-1 u 1. und des andern in 1513- 1583 fällt: so ste­ het man, daß diese Nachrichten weit jünger als die mosaischen sind, als nach welchen schon ums Jahr der Welt 800. beydes, die Spiel- und Sing­

haben.

musik, erfunden war. Was die Phönicier, Egyptier, Griechen, und andre mehr betrist: so fällt das Vorgeben der Erfindung der Musik bey ihnen gänzlich weg, weil sie erstlich, wenigstens nach den Nachrichten des Moses, nach

der Sündfiuth entstanden sind. Man muß übrigens von der Erfindung der Musik an sich, die Erfindung dieses oder jenen Instruments, oder dieses eder jenen Theils der Musik, ingleichen die Erfindung einer Sache von der Verbesserung derselben, allezeit unterscheiden.

Zweyter

4-

)O(

Zweyter

4-

Period.us.

Von der Sündfluth bis auf den Seezug der Argonauten,

d. i von 1656 bis 2727. < Tin tausend ein und fiebeniig Jahre.)

§. 5te Ursachen, die dem Menschen vor der Sündfluth die schon er« fundiien Künste und Wissenschaften wehrt gemacht hatten, verban« den ihn nach der Sündfluth, dieselben wieder hervorzusuchen, und unter denselben war unstreitig die Musik eine der ersten, deren Gebrauch erneuert ward. Dieses geschahe vom V7oa1? ( 1056 • 2005), und dessen Kindern Sein, , und Assur, der vermittelst der Erobe, rung der von der Familie ChamS, und zwar dem Sohne und Enkel desselben, tLhus und VTnnrot) erbauten Stadt Babylon, den Grund zur assyrischen Monarchie legte, breiteten die Musik in Assen au6. /3) Die nach Africa sich wendende Nachkommenschaft des -tranig mach­ te sie kn diesem Welttheile bekannt, und zwar in Egypten, der Sohn Harns, Dssris, erster König daselbst von 1950.222z. Dieser Ost« ris wird von andern Mezraim, ingleichen Menes, Apis oterSerapis genennet, und hatte einen Vertrauten an seinem Hofe, Namens Hermes, mit dem Zunahmen Trismegiftus, oder der dreymahl grosse, vernicht allein in der Musik, sondern auch in andern Künsten und Wissenschaften für die Zeit, worinn er lebte, vortreflich war, der aber so wenig mit dem A 3 lange

6

I!.Periodus. VonderSündfluth

lange Zeit nach ihm blühenden Mercur, (ob er gleich in der griechischen Sprache sonst ebeiMs -Hennes heisset,) als die Gemahlin des Osiris, 3ft» mit der Jo oder Isis, der Tochter Agenors, und einer Schwester des Cadmus zu vermengen ist, wenn man auch in den mit Finsterniß bedeckten und mit so vielen Fabeln vermischten Geschichten des Alterthums, einige wahr­ scheinliche Zeitrechnung beobachten will, y) Iapher und seine Söhne brachten endlich den Gebrauch der Musik nach (hyropa, und zwar, wie

man erzählet, so wandte sich Java» oder Ion nach Griechenland; pan«on nach Ungarn ; Gommer der erste, nach Deutschland, Gallien, die Schweitz, die Niederlande und Engelland; Thubsl nach Spanien, Magog nach Schweden; Mcsech nach Rußland und Pohlen, und Gomnier der zweyte, ein Sohn des Togarma nach Dännemark. Togarma war Gommers pes ersten Sohn, und ein Enkel Japhcts.

§,

6.

Unter allen diesen Völkern war vielleicht fein einziges, welches nächst den Egyptt'ern, sich sofort mit grösserm Fleiße auf die Musik zu legen

anfieng, als die Deutschen und Gallier, ob sie schon ungleich spater als dis Egypuer, Griechen und Lateiner-solche methodisch zu treiben angefangen ha«

ben.

Wenigstens haben wir keine Nachricht davon, und wir werden sie auch in unserer Historie nicht ehe, als lange Zeit nach Christi Geburt, wieder finden. Diese beyde Nationen, welche einerley Ursprungs waren, und im Anfänge unter dem Nahmen der (Tc.kcn einander vermenget wurden, hat­ ten zu Häuptern ihrer Religion eine Art von Philosophen, Priestern und Dichtern, welche Druiden geucunet wurden. Unter selbigen wurde die Classe der Dichter, welche zugleich Musici waren, durch den Nahmen der Barden, welcher in der .alten celtischeu Sprache so viel als SstnMp be» deutet, wie Festus behauptet, von den andern unterschieden, und ihre Beschästigung war, nicht allein die Thaten grosser Manner in ihren Versen zu rühmen, und solche, von musikalischen IustrumentenLcgleitet,abzusingeu. Sie mußten arzch die Gesetze der Könige dem Volke singend bekannt machen. Sie zogen, wenn es zu Felde gieng, au der Spitze der Armee mit ihrer Mu. sik vorauf, und standen in solchem Ansehen, daß sie zwey streitende Heere m der größten Hitze auseinander zu bringen, und Friede zu vermitteln, im Stande waren. Sie bedienten sich der Musik bey Feyerung des GottesLknstes, und.besonders hey Begräbnissen grosser Helden. Sie führte:; übri.

bis auf den Seezug der Argonauten.

7

übrigens ein strenges und eingrzogenee jeden, und hielten sich in Wäldern auf, woselbst sie auch Unterricht ertheilten. Man hat.in Deutschland an* noch Oerter, welche von diesen Barden den Nahmen bekommen haben, z E. Bardowick im tüneburgischen, weil einige ihrer Häupter in dieser Gegend rcsidirt, und sie daselbst ihre Versammlungen gehalten haben. Ein dem Staate so nützliches Volk konnte nicht ermangeln, ihren Königen an­ genehm zu seyn, und von selbigen mit ansehnlichen, ihrem Stande gemäs­ sen, Freyheiten beschenket zu werden. Die Geschichte meldet uns auch, daß Aoccnas, oder, wie er von andern genennct wird, Tuisco, der im Jahre 1900. zur Zeit Asturs bey den Assyriern, Deutschland beherrschte, und, nach seinem Exempel Bardus der fünfte, König der Gallier, der umS Jahr 2070, zur Zeit des assyrischen Königs Aralins, regierte, und von Barden abstammete, solches gethan hat. Nachdem diese Barden lange Zeit geblüht hatten, so flengen sie, samt dem Orden der Druiden, zue Zeit, als die christliche Religion in Frankreich und Deutschland ei'ngeführek wurde, allmählich an, einzugehen, und ankern Einrichtungen und Gebräu­ chen Platz zu machen. -Was die Barden übrigens in Deutschland und Gal­ lien waren, das waren die Skalden in den nordischen Königreichen, in Dännemark, Norwegen uud Schweden. Doch ist der Orden der Barden ohne Zweifel älter, als der Orden der Skalden. 7» Wir kehren nach Asien zurück, wo wir noch vor dem Osiris der

Egvptier, in den Jahrbüchern der Chinescr, den 26un (1691 -1741), und den Ti-ki (1751-1760), zween der Musik sehr ergebne Könige bemerke! finden, wovon der leztere die Tanzkunst, wo nicht erfunden, doch wenig­ stens in starke Aufnahme unter seinem Volke gebracht haben soll. ( Wie das chinesische Reich nach der Sündstuth so geschwinde wieder bevölkert wor­ den, oder ob die Sündstuth, wovon uns Moses Nachricht giebt, nicht all­ gemein, oder, in Absicht auf China, nur eine kleine Neberschwcmmung einer gewissen Provinz darinnen gewesen ist, indem die Chineser cbenfals von einer Sündstuth schreiben, die ungefähr in die Mitte der Regierung des Zao (1591-1691), fällt: dieses überlassen wir den historischcn Kri'ticis zu untersuchen.) In den Schriften Mosis wird der Musik nicht eher wieder gedacht, als umö Jahr 2205, da Laban, der unter den Tonkünstlern seiner Zeit ohne Zweifel einen ansehnlichen Platz ver­ dienet,

8

II. Periodus. Von der Sündfluth

dienet, seinen Schwiegersohn Jacob auf der Flucht einhohlte, und ihn frag­ te: warum er ihm nicht von seinem Vorhaben Nachricht gegeben, weil er ihm dadurch das Vergnügen gcraubet, ihn mit Musik zu begleiten. Daß Moses selbst in der Tonkunst erfahren gewesen seyn müsse, ist daraus klar, weil er eine gewisse 2lrt von Trompete (2454), erfunden hat, und mit konnte solches anders seyn, da er in dem Lande'des Wihes, in Egypten gcbohren und erzogen war. Er lebte von 2372 bis 245,2. Seine Schwester/ die

berühmte Sängerinn Mirjam (2366,24.-2 legte nach dem glücklichen Durchgang durchs rothe Meer, (245;) eine öffentliche Probe ihrer Kunst vor dem Volke ab, als sie, wegen Errettung des ebräischen Volks aus den Händen des Orus, damahligen Königs in Egnptcn, mit dem aus lauter Personen ihres Geschlechts bestehenden musikalischen Chore, dem Herrn ein Danklied anstimmte. 8.

a?00 bis Im Jahre 2520. kam Ladmus, ein Sohn des Agenoris, eines 2600. Königs in Phönicier,, in Griechenland an, und bauete die Stadt Theben nicht weit von dem Parnassuöberge. Er erfand die Buchstaben, und gab dadurch den Griechen ein Mittel an die Hand, sich Unterricht und Einsicht einander schriftlich mitzutheilen. Die Folge der Zeit hat es gezeigt, wie wohl sie dieses Erfinden zu nutzen gewußt; und daß selbiges sofort keinen geringen Einfluß in die Musik gehabt haben müsse, ist leicht zu erachten, wenn man bedenkt, daß Cadmus selbst, nach dem Bericht NikomachS, die Musik verstanden, und daß das Wort Musik zu dieser Zeit einen weitlauftigern Umfang als itzo gehabt, und verschiedne schöne Künste und Wissen­ schaften begriffen hat. Dieser Zeitpunct ist also nicht wenig merkwürdig, wenn wir gleich noch von keiner Menge griechischer Tonkünstler lesen, indem annoch Egypten, Phönicien, Phrygien und andere asiatische Provinzen in dem Besitze waren, dieser Kunst mit Ruhm obzuliegen. Unter andern hat in diesem und dem folgenden Jahrhundert Merkur in Egypten geblühet, Merkur, der die Ehre hat, der Erfinder des, durch die Kunst der Griechen, in der Folgezeit verbesserten allerersten musikalischen Systems zu seyn,welcheS, wie wir an einem andern Orte bemerken werden, in einer bestimmten Orduung von vier, in versihi'edner Weite auf einander folgenden, Tönen bestand^ Dieses ist der erste Versuch, der, um die bisher gewöhnliche willkührliche Spannung der Sayten auszuhcben, in der Welt gemacht ward, diese Span­ nung

bis auf den Seezug der Argonauten.

9

ttung cscfü:'iTt'n Nebeln !U unterwerfen, und darnach Musik zu machen. Da 2502 bis Merkur tiefes System auf ein, in der Gestalt einer Schildkröte von ihm er- 2600. fundneS, besaitetes Instrument, welches eine Lira von ihm gcnennet ward, applicirte: so kömmt cö da der, daß dieses System inögemein die Ura Mercurii, oder die .var die einfache Flöte vermuthlich schon lange in der Welt bekannt. §.



Gute Erfindungen werden bald nachgeahmet.

Das System des

Merkurius war kaum in Griechenland bekannt worden, als Apollo, der' sich an dem Hofe des Königs Admetus in Thessalien, "einergriechischen Pro­ vinz, aushielte, dasselbe bey einem, in der Gestalt einer Harfe von ihm crfundnen, vicrsaytigen Instrumente, welches von ihm Cithara benennet ward; Wagnis aber, aus Phrygien in Asien gebürtig, der zugleich mit den Göt­ tern an dem Ruhme Theil haben wollte, der Tonkunst burrb seine Bemü­ hungen auszuhelfe», bey der von ihm erfundnen Doppelstöte ( Diauloi ') anbrachte. Egypten, einige Provinzen Asiens, und Griechenland schienest um diese Zeit, so wie ekwann in den neuern Jahrhunderten Deutschland, Italien und Frankreich, einen Wctteyfer zur Verbesserung der"'Kunst, blicken zu lassen. Man wird solches aus folgenden Begebenheiten schliessen. Apollo suchte nicht allein die Spielmusik in einen bessern Zustand Zu sehen, sondern verband auch die Ausübung der Singkunst damit, und ist bey den Griechen der erste, der zugleich gesungen und gespielet hat. Er rühmt sich dieser Kunst beym Ovid gegen eine vor ihm fliehende Nymphe: —

—- Per me concordunt carmina neruis.

Das Ansehen, worinnen die Musik der Griechen durch ihn gerieth, erman­ gelte nicht, die Künstler der benachbarten Nationen , und hierunter unter.' Ä andern

10

H. Pen'odus. Von der Sündfluth

s6oo bis andern den Marjpas, einen Phrygier, des Hyagnis Sahn, und den 2700. Erfinder der phrygischerr Tonart, unddenAan, einen Egyprier, alle -eyde geschickte Leute, eyfersüchtig zu machen. Marsyas, von seiner Kunst eingenommen, hatte das Herz, den Apollzu einem musikalischen Zweykampf herauszufordern. Die Kämpfer erschienen. Eine Gesellschaft von Frauen­ zimmern, die nicht weniger in der Dicht-als Tonkunst geübt waren, die in einer philosophischen Stille nahe bey Theben, und wie die Poeten fabuliren, auf dem Parnasse zusammen lebten, und in der Folgezeit unter dem Nah­ men der neun Mustir vergöttert wurden, waren die Schiedsrichter. MarsyaS machte lange Zeit dem Apollo den Sieg streitig. Endlich da die­ ser die Stimme mit zu Hülfe nahm, und die Reiße derselben mit den Tö­ ven seiner Cithar verband, so veränderte sich die Scene. Apollo be­ hielte den Platz. Vermuthlich wollte Bab^s, der Bruder des un­ glücklichen Marsi)aS, die demselben zugefügte. Schande rächen. Er hatte, obwohl mit geringerer Fähigkeit als sein Bruder, die Verwe­ genheit, dem Apoll einen Zweykampf anzubieten. Doch dieser hielte es sich für unrühmlich, nachdem er einen stärker» geschlagen, mit einem schwä­ cher» zu kämpfen. Ums Jahr 2647. gerielh Apoll in einen Streit mit dem Pan, dem Erfinder der aus sieben ungleichen Röhren zusammengesetzten Hirtenpftiffe, welche insgemein Syringa Panos, oder Heptaulos genennet wird, und welcher nach seinem Tode vergöttert, und als ein Wald- und Jagdtgott verehret ward. Der Kampsort war dieseSmahl in Asien, und zwar in Phrygien, vor dem Richterstul des damahligen Königs daselbst, PAdas, Hier kam Apollo nicht so gut weg, als da er vor den Musen stand. Pan hatte sich vermuthlich mit dem in Phrygien herrschenden Ge­ schmack bekannt gemacht. Ihm wurde der Vorzug zuerkannt. In Grie­ chenland. würde er vermuthlich verlohren haben. Gewinnet nicht noch heutiges Tages jemand öfters den Preiß zu Paris, der selbigen in Rom

verspielen würde, oder umgekehrt? ist nicht jede Nation in Beurtheilung der Verdienste inögemein Partie und Richter?

§.

10.

Wir müssen allhier einmahl für allemahl erinnern, daß, wenn man verschiedne Begebenheiten der Musik von andern Scribentcn in ein ander Jahrhundert, als hier angegeben wird, versetzt findet, man sich darüber nicht

bis arrfdm Seezug der Argonauten.

n

nicht verwundern muß. Wenn sich die Chronologen in Ansehung der be-2622 trö kanntern Zeiten einander widerspreciien, so ist gar nicht zu vermuthen, daß 270». sie in den unbekannten Zeiten übereinstimmen sollten. Ich werde hin und wieder, wo cs nöthig zu seyn scheinet, die Verschiedenheit dieser Meinun­ gen bemerken. Cs stößt mir allhier sofort Hyagnis auf, welcher, nach einigen, zur Zeit des vierten Königs der Arhcnienser Etstchromus, der den Wagen zu allererst mit vier Pferden bekannte, zu CeleneS in Phrygien

geblühet haben soll. Wenn aber Erichton, nach der genauesten Ausrech. nunfl des CalvisiuS, vom Jahr der Welt 2459 bis 2509. regieret hak: so deucht mich, daß in diesem ganzen Zeitraum Hyagnis noch nicht kann geblühct haben, ob er gleich zum Ausgang der Regierung des Erisichtons kann gcbohren kenn, wenn nemlich Marsyas ein Sohn von ihm seyn, und dieser mit dem Apollo einen Streit gehabt haben soll. Denn die Zeit dieses Streits kann von der, worinnen Apollo mildem Pan gestritten, (und die, ses ist nach genauer Berechnung im Jahre 2647. geschehen) nicht gar zu sehr unterschieden seyn. Ich mache diese Bemerkung, weil ich mit dem P. Pezron vermuthe, daß sowohl Merkur als Apoll einmahl als Menschen in der Welt eristirt haben, und als Menschen haben sie nicht ganze Jahrhun­ derte durch leben können. Ich wollte auch, soviel als möglich, eine chronolo­ gisch zusammenhängende Historie der musikalischen Geschichte liefern. Hätte ich nicht hierauf mein Augenmerk gerichtet, so hätte ich nur den Tractat deS plutarchs abzuschreiben gebraucht. Vom Wagnis ist noch anzumerken, daß derselbe die Mutter der Götter zu allererst mit feinen Liedern oder Noniis verehret hat. Wenn Apollodvr den Olympus zum Vater des ITfcusyas macht, so streitet nicht allein die Zeitrechnung, sondern auch das An« sehn zweener andrer Zeugen, des PlutarchS »ind Nonnus dawider. DU Poelen dichten, daß dieser Marsyas mit der Cybele, einer Tockter Vesphry! gischen und lydischen Königs Meon, und der Dindyma, einige Liebesvet» Wickelungen gehabt, und daß solches, weil Apollo auch in sie versiebt gewe­ sen, Gelegenheit zu dem erzählten Streite zwischen diesen beyden gegeben! Man suche die Historie der Cybele in der Mythologie. Den sich hier'cv* eignenden Anachroniemum lassen wir die Poeten verantworten, weil bereits zum Anfang des ein und zwanzigsten Jahrhunderts ( 2003 ) der Cybele auf der Insel Creta ein Tempel erbauet ward. Wenn ferner die'Poeten vor! geben, daß Apoll den überwundnen Marsyas geschunden: so verstehet Fortttitio Ciceti dieses allegorisch. Vor der Erfindung der Lyre, sagt er, wat B 2

dis

12

IL Periodus. Von derSündsiuth

2602 bis die Flöte das vornehmste Instrument, und bereicherte diejenigen, bisse 2700. ausübten. Aber sobald die Lyra erfunden war, und man fand , daß inan vermittelst selbiger sich zugleich im Singen accompagnircn konnte, so ssl so­ gleich die Flöte, um so vielmehr, weil sie schon von der Mknerve, die ein­ mahl in Gegenwart der Juno und Venus auf selbiger bließ, und wegen ih­

rer aufgeblasenen Backen von ihnen ausgelacht wurde, in Misruf war gebracht worden. Weil nun in diesen alten Zeiten ledernes Geld im Gange war, und die Flötenspieler, welchen die Lyrksten die besten Schüler weggenommen hatten, wenig mehr verdienten: so dichteten die Poeten, daß Apol­

lo den MarsyaS geschunden, d. i. um seine Haut oder um sein Leder gebracht hätte. So wie dem Pan die Erfindung der aus ungleichen Röhren beste­ henden Hirtenpseiffe zugeeignet wird: so soll Marsyaß, nach den: Berichte des AlhenauS, eine solche ans ungleichen Röhren bestehende Schallmey erfunden haben. Um das Aufschwellen der Backen zu verhindern, und den Wind des Spielers zu verstärken, machte er ein aus versckiednen Riemen bestehendes Verband ausfindig, womit die Backen und Lippen dergestalt be­ festigt wurden, daß zwischen den leztern nichts mehr als eine kleine Oefnung für das Mundstück der Flöte übrig blieb. Es sind noch alte Denkmähler vorhanden, worauf man die Figur von dergleichen Verbänden um den Kopf deS Spielers siehet. Die Mahler und Bildhauer haben niemahls erman­ gelt, fich die Historie des Marfyaö zu Nutze zu machen. In der Citadelle zu Athen war ein Bild der Mincrve, welche den als einen Satyr vorgestell­ ten MarsnaS züchtigte, weil er fich eine, von der Göttin mir Verachtung weggeworfne Flöte, zugeeignet halte. In: Tempel der Concordia zri Rom sahe man einen» gefesselten Marsyas, der von der Hand des Zevpis ge­ mahlt war. In dem Foro zu Rom war eine Bildsäule des Marsyas, wel­ cher von den Advocate», die ihren Proceß gewonnen hatte,', sorgfältig gekrönet ward, weil man ihn, als einen vortreflichen Flötenistcn, für einen Patron de» Beredtsamfeit ansahe. Da sich die Redner damahliger Zeit, so wie diezPropheten in Israel, durch den Ton der Instrumente sehr oste pstegten,wonicht den Ton angeben, doch aufmuntern zu lassen, und zu einem solchen Zwecke ver­ muthlich die Flöte für das geschickteste Instrument gehalten ward: so siehet man leicht die Ursache davon ein. Zur Zeit dieses Marsyas hat sonst vermuthlich Seirites, auö Rumidien in Africa, gelebet, welcher die vom Pollux angeführte zwo Gattungen von Flöten, die krumme Plagiaulos), und die Lockpfeiffe (Jtypophorboi'), welche beyde yfricanische oder Iybifd?e Flöten genant

bis auf den Seezug der Argonauten.

13

genannt wurden, vermuthlich erfunden hat, wenn Athenäus in Ansehung 2600 61» der Ersiudung des Seirites nicht gänzlich gcirrek haken soll. Da ich mit 2700. diesem §. zu Ende bin, erinnere ich mich, daß dem Apollo schon im Jahre 24 jo. ein Tempel zu Athen erbauet worden. Weil aber bekanntermassen mehrere Apollineö in der Geschichte Vorkommen, so wird die Zeitordnung des unsrigen dadurch nicht verrückt werden.

§«

ii.

Ehe wir in der Geschichte der Tonkunst weiter gehen, wolle» wir allhier die Erzählung eines, zur Ehre der Isis in Egypten gewöhnlichen Festes, woran die Tonkunst Anrhcil hat, einschalten. Es wurde diese Königinn samt ihrem Gemahl nach ihrem Tode ver^ götkcrt, und das Andenken der Göttin war der Nation besonders zu tiefem« gepräget, um selbiges nicht auf eine präckkige Art jährlich zu feyern. Man stellte zu dem Ende unter andern Feyerlichkosten, eine peoceßion auf den fünften März jährlich an, bey welcher man die Bildsäule dieser Gottheit feyerlich Herumtrug. Es geschahe selbige des Morgens, und den Vortrab machten ein Haussen verklcidter Leute. Den Aufzug selbst eröfnete eine zahl kn weisse Leineivand gekleideter, und mit Kränzen geschmückter FrauenSPersonen, von welchen einige Blumen auf den Weg streuten, andere einen Spiegel auf den Rücken gebunden hatten, andere helfenbeinerne Kämme trugen, und sich so gebärdeten, als wenn sie der Göttin den Kopf putzten, und endlich noch andere, wohlriechende Salben auf die Strassen tröpfeln liessen. Hierauf folgte ein Haufe von Manns- und Weibspersonen mit brennenden Kerzen und Fackeln; diesem ein Chor von Jnstrumentksten welche den Gesang der nach -ihnen in weissen Kleidern erscheinenden Chor­ knaben und andrer Sänger unterstützten. Auf diese folgte ein drittes Chor von Musik, welches aus den Instrumenten bestand, die bey den Opfern gebräuchlich waren, und womit man die beyden vorhergehenden Chöre ab­ wechselte. An die Seite dieses leztern Chors giengen die Herolde, welche ausriefcn, daß man nichts vornehmen mögte, wodurch die Feyer dieses Feste verunreinigt würde. Daraufkamen die Personen beyderley Geschlechts, die sich in den Geheimnissen der Isis hatten einweihen lassen, mit Sistern in der Hand, die Frauenzimmer in weissen leinenen Kleidern, und mit ei«er durchsichtigem Decke über ihrem Haupte, in welche sie ihr eingesalbtes Haar eingehüllet hatten; die Mannspersonen gleichfals in leinenen Kleidern, B 3 aber.

14

n Periodus. Von der Sündsiuth.

»6oo bi aber ohne Hirt oder Mütze, daß also die Glatze von ihrem abgeschornen Ko* pft von weitem glänzte, und endlich'machten die Vcrstehcr des Geheimnisse-, 2700. die Priester, den Beschluß dieses Aufzugs. Auch diese giengen nicht mit lec# rer Hand einher; sonder» einige von ihnen trugen allerhand heilige Gerät«

schäft, z. E. eine Laterne,

eine güldene Wanne re. die andern aber die Bildsäulen der Götter, oder was denselben gleichgrschäHet wurde, als die Geheimnißktste. In dieser Ordnung gieng, unter einer Menge von Zu­ schauern, der Zug bis an das Seeufer fort, wo der Oberpriester, nachdem man die Bildsäulen ordentlich hingestellet,- ein künstlich gebautes, und mit

Hieroglyphen bemahltes Schiff mit einer brennenden Fackel, und einem Eye, und Schwefel, unter Verrichtung eines Gebets, zuerst reinigte und der Isis weihte, welches man hernach auSrüstete, mit allerhand Geschenken beladete, und alsdenn in See ließ, sobald solches auS den Augen zu verschwinden anfieng: so griff ein jeder nach dem, was er zuvor getragen, stellte sich wie­ der in seine Reihe, und zog in eben der Ordnung nach dem Tempel zurück, als man von dannen gekommen war. Man begab sich in den Tempel, wo der Obcrpricster eine Katheder bestieg, und von selbiger herabkündigte, daß nunmehr für alle Schiffe die glücklich^ Schiffarth eröfnet sey. Es folgte hierauf ein lautes vergnügtes Geschrey des Volks, und die Zuschauer em­ pfohlen sich dem Schuh der Göttin damit, daß sie die Füsse ihres von der Treppe des Heiligthums herunter Hangenden Bildnisses küßten, und kehrten mit Zweigen und Kränzen in der Hand wieder nach Hause zurück. Es ist

dieses Märzfest der Isis in der Folgezeit auf eine ähnliche Art in Griechen­ land, allwo eö Pythagoras bey seiner Rückkehr aus Egnpten zuerst über­ bracht und angeordnet har, gefeycrt morden. Man nennte selbiges Nauigiurn Ifidis, d. i. die Gchiffarth der Isis. §.

13.

Wir gehn einige Jahre zurück, um in der cbräifchen Geschichte die Debora, eine grosse Prophetinn und Sängerinn, zwo Eigenschaften, die man bey dem israelitischen Volke meistentheilö wird gepaart finden, zu be­

merken. Sie hatte den Barack, einen israelitischen Feldherrn , wider den cananilischen General Gissera, in den Harnisch gebracht. Barack gewann den Sieg, und Debora stimmte mit ihm (266g ) dem Herrn mit vereinig{tr Kunst ein Loblied an.

bis auf den Seezug der Argonauten. §.

15

13.

Dey den andern Völkern fangen um diese Zeit die Helden an, sich 2600 bis hervorzukhun. Wir verspüren aber die Geschichte davon in den folgenden 27°°< Periodum, und schliessen den itzkgen mit der Ankunft Evanders aus Arcadkcn (2698) in Italien. Was die Griechen dem Cadmus schuldig wa> ren, das wurden die Lateiner dem Evander, indem er die Kunst zu lesen und zu schreiben bey ihnen einführte. Faunus, der zu selbiger Zeit kn Latien herrschte, nahm ihn nicht allein sehr höflich auf, sondern räumte ihm auch so viel Land ein, als er und seine beyden Schiffe voll Leute zur Wohnung nöthig harten. Ein Gast, der den Staaten der Lateiner so nützlich war, verdiente diese Aufmerksamkeit. Dem Faunus, der ein besondrer Liebha­ ber der Musik war, wird sonsten die Erstndung ber Pfeiffe von den Latei­ nern zugeeignet. Es ist was besonders, daß ein jedes Land, ein jedes Volk von je her, die Erfindung einer Kunst oder Wissenschaft niemahls einem an­ dern Volke oder Lande, sondern sich selbst allezeit schuldig seyn wollen. Viel­ leicht hat Faunus eine bisher noch unbekannte Art von Pfeiffen zu allererst zum Vorschein gebracht. Dieses ist wahrscheinlich. Schade, daß man in den neuern Zeiten weniger aufmerksam, als ehedessen gewesen ist, die Nahmen der Erfinder oder Verbesserer eines Instruments in dem Buche der Zeiten aufzubehalten. Faunus ward übrigens nach seinem Tode ver« göttert, und als ein Gott der Wälder und des Vogelfangs verehret.

Dritter

i6

NI. Periodus. Von dem Seezug der Argonauten

Dritter Periodus,

Von dem Scezug der Argonauten bis auf den Anfang der Olympiaden, d, i. von 2727 bis 3174* L Enthält vier hundert sieben und pierzig'Inhse.) §-

2700 bis 2800.

14/

Z kgsnauten nennet man eine Gesellschaft von Heiden, die im Jahre 2727. unter ihrem Anführer Jason, nach Colchis schifften, und das göldne Vließ oder Widderfeil entführten. Jason war ein grie­ chischer Prinz, und sein Vater Aostm König in Thessalien. Das zu dem, Seezuge ausgerüstete Schiff hieß Args, und daher kömmt der Nahme 2fr» gsnaucen. Man ist über die Anzahl der Reisegefährten Jasons nicht ei­ nig, Die vornehmsten waren Herkules, Castor und Pollux, Amphion und Orpheus. Eine Seefahrt, bey welcher sich so vortrefliche Tonkünstler fanden, als Amphion und Orpheus, konnte nicht anders als angenehm seyn. Doch ehe wir zur Historie der Kunst ihrer Töne kommen, wollen wir noch eini­ gerandern Musikverstandigcn, die theile schon in dem vorigen Jahrhundert exksiirten, theils erstlich in dein gegenwärtigen zu blühen anstnge», erwehncn. Diese sind 1)(Olympus, der aelkere, ein geschickter Flötenspielerund Schüler des Marspas. Wenn er, wie SuidaS berichtet, eine Anleitung zur Mußk geschrieben hat, so ist solches ohne Zweifel die erste, die in der Welt erschienen ist, Die Zeit hat sie uns geraubt. Er war aas Mysien in Asien gebürtig, Plutarch spricht-mit erstaunlichen kobsprüchen von ihm, und man sieht daraus, daß er nicht allein die Blaßinstrumcnte, sondern auch die Sayteninsirumente mit besonderm Benfall ausgeübkt haben muß. Er führt ihn als denjenigen in der Geschichte auf, drr diese leztcrn zuerst die Griechen gelehrt, welches wenigstens zeigt, daß er sie verbessert, und zu­ gleich mit mehrer Geschicklichkeit, als seine Vorgänger ausqeübet hat. Man muß ihn, sagt Plutarch, als den Meister der guten Musik bey den Griechen

bis auften Anfang der Olympiaden.

17

(Dried'en betrau te«. Weil dieser Scribent ein besondrer Liebhaber vom 011-2700 bl'S harmonischen Klanggeschlecht ist, und den Wehrt der Sachen nach dem 2800. Stempel des Alterthums schätzet: so giebt er den Olymp auch für den Er­ finder dieses Generiö aus. Es ist wahrscheinlich, daß er selbiges erfunden hat, ob es gleich von andern Scribenten dem jünger» Olympus zugeeignet wird. Die Ursache der Wahrst einlichkci't ist, weil eine solche unmclodische Erfindung nirgend anders als aus einer solchen Zeit her kommen kann,da die erste Erfindung die beste, uns man noch nicht unter einer Menge von Er­ findungen, nach gewissen Regeln der Vernunft, eine Wahl zu treffen, lm Stande war. Eine solche Erfindung konnte also noch nicht sogleich in der Geburt ersticken, wie heutiges Tages geschehen würde. Zur Zeit des Plutarchs waren die Tonkimfiler schon gescheuter. Sie lachten über die enharmonischen Töne der Alten. Mit der Tonkunst verband Olympus übrigens aniioch die P-oPallast geführt. Darnach wendet sie sich zu den Töchtern Jerusalems, und bekla­ get sich, daß ihr Gesicht von der Sonne verbrannt ist. Sie kehrt wieder zum Prinzen zurück, welchen sie fragt, wo er zur schwülen Mittagszeit ruhet, damit sie sich nicht von dem Orte seines Aufenthalts entferne. Der Prinz weiset ihr den Ort an, wo sie mit ihrer Heerde kann weyden gehen, lobt ihre

bis ans den Anfang der Olympiaden.

3*

Schönheit, nnd verspricht ihr einen kostbaren Schmuck. Entzückt über 2900 81# den vortreflichen Geruch, den die Kleider des Prinzen von sich duften, wel-Zvoo« cher sich bey ihr niedergesetzt, und sich mit ihr unterhalten hatte, lasset sie ihre Gedanken hierüber gegen ihre Gespielen auö, als der Prinz selber erscheinet, und die Reitze der Schäferinn lobt, u. s. w. Alle Ausleger dieses hohen Liedes stimmen darinnen überein, daß es ein dramatisches Stück ist; aber sie können sich weder über die Anzahl der Theile, noch über die Anordnung derselben vergleichen. Einige geben drey, andere vier, und wiederum andere, fünf an. Unter diesen letzter« verrheilt Cornelius a Lapide die Action folgendergcstalt, und setzet die erste Handlung vom Anfang des ersten Capitels bis zum sechsten Vers des zweyten Capitels; die zweyte bis zum sechsten VerS des dritten Capitels; die dritte bis zum zweyten Vers des fünften Capitels; die vierte bis zum dritten VerS des sechsten Capitels, und die fünfte bis zum Ende.

§.

22.

Wir kehren zur Person des Salomons selbst zurück, welcher im Jahrs

2940. den von ihm erbauten berühmten Tempel einweihet, bey welcher Gelegenheit, wenn die Nachrichten «des jüdischen Geschichtschreibers JostphuS richtig sind, die Anzahl der Sänger und Spieler annoch vermehret worden ist. Es zahlet selbiger an die vierzig tausend Harsen, eben so viel göldne Eistern, und an die zweihundert tausend silberne mosaische Trompeten, u.s.w. Ueber die eigentliche Form und Beschaffenheit dieser und andern Instruments der Ebräer sind die Scribenten nicht einig, ob es übrigens gleich seine Rich­ tigkeit hat, daß sie sowohl besagtere, als blasende und Schlaginstru­

mente gehabt haben. Wenn wir, nach der wahrscheinlichsten Meinung hie­ von, an diesem Orte eine kurze Beschreibung davon mkttheilen: so überlaßen wir cs andern auszumachen, ob selbige schon alle um diese Zeit im Gebrauche gewesen sind, imgleichen ob man sich nur einiger davon, oder aller zum Got­ tesdienst im Tempel bedienet hat. Man sehe eine Abbildung davon auf der vierten, fünften und sechsten Kupfcrtasel.

§.

23.

Die Ebräer hatten dreverley Arcen Dort Gayreiiirtstrurtierttert, wovon die erstere mit unsern Psaltern und Hackbrettern, oder den Sambucis

der Griechen; die «mdtkk mit unsern Harfenwerken, oder den lins und dtharia

Z2 in. Penodus. Von dem Seezug der Argonauten Z900 6t8 tharis der Griechen, und die dritte mit unsern Geigenmerken, oder mit den

3006*

Barbitts der Griechen, gewißermassen Übereinkommen. Zur ersten Arc gehöret die Rinnor, griechisch Kimiyra, welche nach einem Briefe des Hieronymus, die Figur eines griechischen A gehabt hat, und mit vier und Zwanzig Sayten bezogen gewesen ist. Der jüdische Verfaßer des Werks Gchilte-Haggeborim zählet gar an die zwey und dreyssig Sayten, andre aber nur zehn, wie Josephuö. Vermuthlich hak eS mehr als eine Gattung gegeben, und diese werden sowohl in der Grösse als der Anzahl der Sayten verschieden gewesen seyn. Man spielte sie mit einer Schlagfeder. Fig. 12. und 18. Zur zweyten Arc gehört 1) die Nabel, Neoei und im griechi­ schen Nablion. Einige eignen ihr zwölfSayten; andre zwey bis vier und zwan­ zig zu. Es zeigt dieses, daß kleinere und grössre Nabels im Gebrauche gewesen sind.. Ihre Figur kömmt mit den heutigen Iunglerharfen überein. Sie wurde mit den Fingern gerissen. Fig. 3 t. 2) Die Asoor. Es war eine Art von länglicht viereckigtcr Harfe, welche zehn Sayten hatte, und mit der.Feder regieret wurde. Fig. 17. Zur dritten Arc gehören folgende drey Instrumente, i)Minnim, 2) Michol und 3) Schalistm, welche mit drey oder vier Sayten bezogen waren, und mit einem aus Pferdehaar verfertigten Bogen gestrichen wur­ den. Sie waren in nichts als der Grösse unterschieden, und war Michol das größte davon. Fig. 4.

§•

24»

Unter den Blaßinstrumenten giebt es 1) Floren. Die kleinere Gattung derselben hieß iLhalil, die grös­ sere Nekabhim. Sie bestanden aus einem Stücke, und hatten vier, fünf bis sechs Löcher. Fig. 23. 2) Hörner, oder wie andere sprechen, posaunen, die aber mit

den unsrigen nicht Übereinkommen. Es gab zweyerley Gattungen, als a) der Zink oder (Kornett (Keren'), welcher insgemein aus dem Honi eines Thiers verfertigt wurde. Fig. 24. ß) Das Arummhorn (Schofar.ober Tako.i) stehet einem Schlangenrohre ( Serpent) etwas ähn­ lich. Fig. 22. 3) Trompeten. Die uns bekannte Gattung davon war gerade, und kömmt in der Figur mit den hölzernen Kindertrompeten der Nürn-

berger

bis auf den Anfang der Olympiaden,

33

berget* überein. Moses hakte sie erfunden, und ihr Nahme war Cha 2900 sofi-a, bey de» Griechen Salpinx. Sie war etwa» zween Fuß lang, ?ooa. haue ein enges Mundstück, und die Röhre erweiterte sich nach und nach bis an das Schallloch. Fig. 28. 4) Gackpfeisten, (Sumphoneia). Der Verfasser des Schilte Hagglborim beschreibt sie als Instrumente, welche aus zween Pfeiffen bestanden, deren äußerstes Ende man in einen runden ledernen Sack gesteckt und festgemacht. Wahrender Zeit in die obere Pfeiffe gebla* sc» ward, und der gedrückte Sack der untern Pfeiffe den Windmittheilte, so bespielte man diese mit den Fingern. Fig. 2. 5) eine Arc von Orgelwerk» Ich nenne es so, weil td) keinen beßern Nahmen weiß, und wenn das Werk würklich so beschaffen ge­ wesen ist, als man es beschreibet, es auch diesen Nahmen verdienet. Es hat wenigstens in diesem Falle zur Erfindung der Orgeln Gelegenheit ge­ geben, so wie dieses ebräische Spielzeug vermuthlich von der Siebenpfeiffe despano (SyringaPanos 1 Fig.6. seinen Ursprunggenommen hak. Man hatte ein kleinerS und ein größere, (a) Das kleinere hieß Maschrokita,und war ein aus verschiednenPfeiffen von ungleicher Größe be­ stehendes Instrument. Selbige waren auf einem dazu geschickten Lädchen feste gemacht, waren oben offen, und hatten unken ihr Ventil. DaS Lädchen hatte auf einer Seite eine Handhabe, auf der andern aber ein Griffbrett zum Spielen. Vorne war ein Windcanal, welcher von dem Munde des Spielers angeblasen ward, wahrender Zeit die Den, tile von den, die Claviertasten niederdrückenden und bespielenden Fin­ gern, erösnetwurden. Fig.5. ß Das größere hieß Migrepha, oder Ugabh, und war darinnen hauptsächlich von dem kleinern unterschie­ den, daß es zween Blasebälge,hatte, vermittelst welcher der Wind hin­ ein geblasen ward. Das Wort Vgabh bedeutet sonst bey den Ebräern schlechtweg ein Instrument, so wie Organon bey den Griechen.

§. 25. Die Schlaginstrumente bey den Ebräern waren:

eine paucke oder Trommel, wie man das Wort Toph zu übersetzen pflegt, obgleich keine von ihren Gattungen unsern itzigen Paucken ober Trommeln vollkommen ähnlich siehet. Man hatte aber, um bey dem Worte paucke zu bleiben, a) ^and-oder Jungfer-

34

m- Periodtts- Von dem Seezug der Argonauten

2902 bis

paucken, welche die Figur einer länglichten Schachtel hatten, mit

3000,

einem Felle überzogen waren, und, währender Zeit man sie mit der einen Hand feste hielte, mit der andern Hand entweder bloß, 'oder mit einem dazu gehörigen Wirbel geschlagen wurden. Fig. 2 r. ß) Ringelpaucken

oder Rappeln. Diese hatten die Figur einer Rakette, womit man den Federball spielt. Die in der Mitte deö Reiffes auf einen Drath ge­ zognen metallnen Ringe, die nach der Bewegung deö Spielers zusam­ menschlugen,verdienen ihr den Nahmen. Fig.9. y) Die (Alockenpaucke

war, ihrer Figur nach, der Ringelpaucke ähnlich, nur daß der ganze Reif mit kleinen Glocken umhangen war, die, wie zu vermuthen ist, mit einem kleknenKlöppel regieret wurden.Fig.8.3) Die Mörselpaucke (Et se berofchim war wie ein Mörsel gestaltet, und wurde mit einem kleinen Schlägel trackiret. $1’3.20. §) Die Augelpaucke (Mnaanim) war ein kleiner längli'cht viereckigter hohler Körper, worüber an einer auSgespannten starken stählernen oder dicken Darmsayte etliche Kugeln an# gereichet waren, die, nach dem Maasse als man auf selbige schlug, in Bewegung gefeit wurden, und bald auf einander selbst, bald auf den Klangboden stiessen. Fig. 16. 2) Die (Eymbeln. Man hatte verschiedne Arten, als a? die Pog ysv irouaiv, dnymrog ds yvveu^w.

Outw; dyydksov yrgag s9^z.s öeoc.

i

Ueberst

82 IV.-Periodus. Vom Anfang der olympischen Spiele zzoo bis Z400,

Uebersttzung des Grotius. Vita quid est, quid dukc, nifi iuuet aurea Cypris! Tum peream, Veneris cum mihi cura perit, Flos celer gratis fexu donatus vtrique, Lectus, amatorum munera, tectus amor, Omnia difFugiunt mox cum venit atra senectus, Qux facit & pulcliros turpibus esse pares. Torpida follicita? lacerant praecordia curae: Lumina nec solis, nec iuuat alma dies, Inuifum pueris, inhonoratumque puellis. Tarn dedit, heu! fenio tristia fata Deus*

Französische Ueberserzung von einem Unbekannten. Que seroit, fans l'amour, le plaißr de la vie ? Puijse -t - eile metre ravie, Quand je perdrai le gout d'un tnyfTire amoureux> Des faveurs, des lieux falls pour les ainans heureux. Cueillons la fern* de Tage eile eß bientot paßte: Le fixe ny falt rien: la vieilleße glacie Vient avec la laideur confondre la beaute. L komme eß alors en proie aux foins, a la trißeffe; Hal des jeunes gens, des heiles maltraite, Du foleil ä regret il foufre la Harte. Voila le fort de la vieilleße. Mimnermus hat, nach dem Berichte des Pausanias, den Feldzug der Smyrner wider den lydischen König Gngee in Elegien beschrieben; und Horatz setzt ihn in dieser Schreibart über den Callr'mach.

§.

72.

Ein schönes Genie thut sich selten allein in einem Lande hervor.SeinExem» pel macht die Nacheiferung anderer rege, und wenn die Künste und Wis» senschaften ju einem gewissen Grade der Vollkommenheit kommen sollen, so gehören auch ohne Zweifel mehrere geschickte Köpfe, als ein einziger, dazu. Wir finden in diesem Jahrhunderte davon den Beweis, allwo sich ein vor» lreflichep Dichter nach dem andern, ein geübter Tonkünstler nach dem an»

dern

bis auf die Zeiten des Ppthagokas.

83

dem geiget. Es fangen hier die schönen Zeiten Griechenlands in Mi­ schung der Künste an. Was für ein Schade, daß uns die Zeit nichts mehr, 3403.

als die bloßen Nahmen, ein Paar Begebenheiten, und elmann zur Noth einige Fragmente, über deren Glaubwürdigkeit manchesmahl noch gestritten wird, von diesen schönen Geistern gelassen hat! Was Mimnermuö in zärt­ lichen Elegien vermochte, das konnte Gtcsschorus ohne Zweifel in der Sa­ tyrs. Denn vermuthlich wird fein Spottgedicht auf die berühmte Helene nicht das einzige gewesen seyn, worinn er sein Talent in dieser Art von Poe­ sie entwickelt hat. Man erzählt, daß er zur Strafe für selbiges, vom Castor und Pollux des Gesichts beraubet worden; solches aber wieder erlanget habe, als er der Helene in einem andern Gedichte Abbitte gethan. Die Abbitte sonnte nichts anders, als eine zweyte Satyre seyn. Sein Jahr der Geburt ist bekannt, welches in die XXXVII. Olympiade, und also in 3318 fallt. Man weiß auch sein Vaterland, welches die Stadt Hkmera in Sicilicn war. Aber wenn sein Va'er HcsioduS soll geheißen haben, so kann selbiger so wenig der Poet dieses Nahmens gewesen seyn, so wenig der Heldendichter Homer bis in das zwölfte Jahr des Alters Stesichori kann ge­ lebt haben. Dieser hieß anfänglich Tissas. Aber die Veränderungen, die er mit den Musik- und Tanzchören vornahm, brachten ihm den Nahmen Gtesschorus zuwege. Vor feiner Zeit gierigen diese Chöre dergestalt um

den Altar und die Bildsäule herum, daß sie ihren Zug rechter Hand nah* men, welches man Strophe nennte, und linker Hand an den Ott, von wannen sie gekommen waren, wieder zurück kehrten, welches Antistrophs hieß; und dieser Gang und Rückgang gelchahe ohne sich aufzuhalten/ und ohne einen zweyten Umgang zu machen. Aber StesichoruS ließ zwischen diesem Hingang und Rückgang eine ziemlich lange Pause anbringen, wah­ rend welcher das gegen die Bildsäule gekehrte Chor einen dritten Sah, wel­ cher Epode hieß, ansiimmte, welches manchesmahl stehend, manchesmahl sitzend geschah; und von derEinführung dieser Pause kn der Proceßkon hat er den Nahmen Stesschorus, welcher soviel als jUtio oder jtater. chori sagen will, bekommen. Es hat derselbe, wie Plutarch schreibt, sich den ältern Olymp sehr stark zum Vorbilde in seiner Dicht-und Spielart genommen , und von ihm auch den Beynahmen Harmutios entlehnet. Er übte den daktylischen Nhytmum besonders aus, und man eignet ihm einige Neuerungen in der rhytmischen Kunst zr>. Er blühte zur Zeit des agrigentischen Tyrannen Phalaris, welcher kurz nach der LIII. Olympiade ganz Sicilien .unter seine 1 2 Bothmäs-

84 IV. Periodlls. Vom Anfang der olympischen Spiele z;os bi-Bothmäßi;kekt brachte. Die Begebenheit, daßStesichor fimeii Landsleuten 3400. die Fabel vom Pferde erzählet, welches, um eine geringe Beleidigung an *' dem Hirsche zu rächen, sich einen Zaum anlegen ließ, und daß er vermit­ telst dieser Fabel seine Mitbürger verhindert, sich der Herrschaft des Phalcu ris zu unterwerfen; aber dadurch bey diesem Prinzen in Ungnade gefallen, jedoch nachhero wieder mit ihm versöhnet worden, muß sich zur Zeit zugetragen haben, als Phalaris sich Meister von Himera zu machen suchte. Un­ ter den Briefen, die diesem lcztern zugceignet werden, findet man verschiedne, die entweder au den StesichoruS selbst geschrieben sind, oder doch seine Person angehen. Einige davon sind in sehr GeneigtheitSvollen und sehr freundschaftlichen Ausdrücken; andere aber mit Vorwürfen und Drohungen angesüllet. In den erstem entdecket man einen zur Nachsicht und Verge­ bung geneigten Tyrannen, so große Ursache dieser hatte, über den Poeten unwillig zu seyn; und kn den andern bemerket man eine besondere Hochach­ tung gegen den Poeten, die auch nach seinem Tode noch gedauert hat. Die­ ser geschah in der LVL Olympiade, nach dem Suida.s, und gar noch spä­ ter, «.änlich m 6er LVIlIten, wenn eö wahr ist, daß er fünf und achtzig Jahre alt geworden, wie Lucian versichert. Die Einwohner aus Himera ließen ihm in seinem Alter eine Ehrensäule sehen , wo er in einer gebognen Stellung, mit einem Buche kn der Hand, vorgestellet ward. Cicero spricht davon als einem Meisterstücke. Man siehet sein Bildniß beym Grsnov, welches nach einem alten Bildhauerstücke gestochen ist, und ihn in seiner Jugend vorstellr. Bey dem ihm aufgeri'chteten prächtigen Grabmahle ist alles nachher Zahl acht eingerichtet worden ; acht Säulen, acht Stuffen, acht Ecken,rc. Der Grammaticue Diomedes macht den StesichoruS zum Erfinder eines gewissen Mccri, Angelicon genannt, worinnen er durch den Character und durch dieOrdnung'derTonfüße die Eilfertigkeit einesBotenläuffers oder Briefträgers auSzudrückcn gesucht hat. Man siehet aus verfchiednm Exempeln, daß die Griechen, sowie heutiges Tages die Franzosen, Lieb­ haber von charaeterifirtcn Stücken gewesen sind. Wenn die CharacterS auch nicht allezeit vollkommen, in Ansehung jedes Tons, ausgebildet sind: so schadet solches'wohl nicht. A potiori fit denominatio. Bester ist es ln der Musik, etwas, als gar nichts zu mahlen. Athenäus erwehnt eines Gedichts des StesichoruS über die traurige Begebenheit der jungen Calycäa, welche den gleichgültiggesinnten Evathlus liebte, aber nicht wieder geliebt ward. Er liebte sie wenigstens nicht in der Absicht, sie zu heyrathen. Nach-

bis auf bie Zeiten des Pythagoras.

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Nachdem die junge Schöne die brennendesten Gelübde gethan, um sich feie 3300 blS Venuö genetgt zu machen , und all« Wünsche und Seufzer vergebens waren :3400* so stürzte sie sich vor Verzweiflung von dem leukadi'schen Felsen herunter, der lezten Zuflucht der unglücklichen Verliebten damahliger Zeiten.

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73r

Untr den schönen Köpfen, woran die Insel LeSboS, vor vielen andern Oertern, besonders sruckrbar zu seyn scheinet, verdienen Alcäus und die Gappho ohne Zweifel einen vorzüglichen Rang.

1) Alcäus, von Mvtilene gebürtig, ein Musikus und Poet; denn wir treffen diese beyde Eigenschaften noch immer kn einer Person vereint an; blühte zur Zeit des StesichoruS, und zwar in der Xl.Il. Olympiade, d. i. ums Jahr 3340. Apollo, der ihm wegen der Annehm­ lichkeit seiner Gesänge ein gölducs piccttum schenkte, muß ihm ohne Zweifel gelyogner gewesen seyn, als feine Vaterstadt, aus wel­ cher er durch seine stachlichten Verse mehr als einen Mitbürger verban­ net hat. Die Themis und der Musengott scheinen zu den damahligen Zeiten in sehr genauem Verständniße gelebt zu haben. AkhenäuS giebt dem AlcäuS das Lob eines sehr erfahrnen Musick. Die ärger­ liche Chronik berichtet, daß es demselben einmahl angekommen, sich eine gewiße Gunst von der Sappho auszubitten; daß diese aber, weil sie eben nicht in ihrer gewöhnlichen guten Laune war, ihm rund abge­ schlagen , waS sie ihm vielleicht den Tag darauf aus freyen Stücken würde angeboten haben. Dem sey, wie ihm wolle, Alcäus gab sich nicht allein mit Dichten und Singen ab. Er wollte seine Herzhaftig­ keit auch im Kriege an den Tag legem, und nahm in der That Dienste. Aber man hat schon an dem Archiloch ein Exempel, daß die Poeten und Tonkünstler nicht allezeit die besten Leute in dergleichen Begeben­ heiten sind. Alcäuö warf die Waffen von sich, und dachte, daß ein Fliehender mehr als einmahl dem Feinde die Klinge bieten kann. Sein Trost in diesem Unglücke war, daß die über die Lekbier siegenden Athenienser die Waffen unsers Dichters im Tempel ter Minerve zu Sigaa, vermuthlich als ein erbeutetes sehr rühmliches Siegeszeichen, aufhängen ließen. Er ermangelt so wenig als Horay, der auch wshl wußte, daß die Waffen einem Fli- henden ein sehr unnützes Hauörath sind, in der Beschreibung seiner Begebenheiten, diesen Umstand zu

de-

86 lV.PerioVus. Vom Anfang der olympischen Spiele zzoo bis 3400,

berühren. Wir müßen noch von ihm bemerken, i) daß er den berühmten pittacus, der die Freyheit seines Vaterlands unterdrücken wollte, in sehr harten Versen, die, nach den daraus angeführten Stel­ len M Suidas, wohl einer Schmähschrift ähnlicher sind, als einer Satyre, angegriffen; daß dieser ihm aber großmüthig vergeben hat: 2) Daß einer seiner vertrauten Frermde Lycus hieß, der, wke Horatz schreibt, schwarze Augen und schwarzes Haar hatte, und sehr nach dem Geschmacke des lyrischen Dichters war, der sonst das schöne Geschlecht arich ilicht zu haßen pflegte, wie er denn von sich sagt: daß, indem er eine Schöne küßt, er schon eine andre wünschet. 2) Sappho, auö Mytklene gebürtig, blühte mit dem Alcäus zu gleicher Zeit. Sie hat sich nicht weniger durch ihre Geschicklichkeit im Dichten und Spielen, als durch ihre Buhlschaften berühmt gemacht. Diejenigen, die den Archiloch unter ihre Liebhaber zählen, irren so sehr, als die den Anacreon darunter rechnen, indem jener, wenn er noch gelebt hätte, für die Sappho viel zu alt; dieser aber, wenn sie ihr Alter bis auf die Zeiten Anacreonö gebracht hätte, für die Sappho viel zu jung würde gewesen seyn; und gesetzt, die beyden letztern wären so glücklich gewesen, zu einer Zeit zu leben, um ihre poetischen Gaben vereinigen zu können: so ist die Frage annoch, ob sie cs würden gethan haben. Ein jeder, sagt Bayle, liebte zu sehr seines gleichen. Nichtsdestoweniger ist die Sappho doch auch einmahl würklich verheyrathet gewesen, nemlich an den