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German Pages 211 [213] Year 2015
Manfred Rolfes Kriminalität, Sicherheit und Raum
Sozialgeographie kompakt Herausgeber: Werner Gamerith Wissenschaftlicher Beirat: Ulrike Gerhard Julia Lossau Ute Wardenga Peter Weichhart Band 3
Manfred Rolfes
Kriminalität, Sicherheit und Raum Humangeographische Perspektiven der Sicherheitsund Kriminalitätsforschung
Franz Steiner Verlag
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Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 2015 Franz Steiner Verlag, Stuttgart Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: AZ Druck und Datentechnik, Kempten Printed in Germany ISBN 978-3-515-10635-1 (Print) ISBN 978-3-515-10870-6 (Ebook)
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1 1 .1 1 .2
Sicherheit, Kriminalität, Risiko: Begriffliche Einordnungen . . . . Subjektive Sicherheit und ihre Bestimmungsfaktoren . . . . . . . Riskante Entscheidungen und (Un-)Sicherheitskommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 .3 Kriminalität, abweichendes Verhalten und ihre sozialen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Kriminalitätsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Kriminalitätstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 .4 Rolle der Medien bei der Produktion von Sicherheit, Risikoeinschätzungen und Kriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 15
2 2 .1
33
2 .2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 3 3 .1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3 .2 3.2.1 3.2.2 3.2.3
Sicherheit, Kriminalität und Risiko im räumlichen Blick . . . . . . . Kriminalgeographie in Deutschland in den 1970er und 1980er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Raumkonzeptionelle Überlegungen im Themenkontext von Sicherheit und Kriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ansatzpunkte neuerer raumkonzeptioneller Überlegungen in der Kritischen Kriminalgeographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handlungstheoretische Überlegungen zu Sicherheit und Raum . . . . . Diskurstheoretische Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . System- und beobachtungstheoretische Perspektiven auf Raum, Kriminalität und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschließende Bemerkungen zum Stellenwert von Theorien . . . . . . . Methoden und Instrumente zur Analyse des Zusammenhangs zwischen Raum, Kriminalität und Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . Kriminalstatistik und Kriminalitätsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . Beobachtung und Datengrundlagen von Kriminalität und Kriminalitätsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kriminalstatistik: Ein verzerrtes Bild der Kriminalität . . . . . . . . . . Zum Verhältnis von Hellfeld und Dunkelfeld . . . . . . . . . . . . . . . . Raumbezogene Kriminalitäts- und Sicherheitsanalysen . . . . . . Kriminologische Regionalanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau Kriminologischer Regionalanalysen . . . . . . . . . . . . . . . . . Kriminologische Regionalanalysen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . .
21 25 25 26 30
33 35 37 38 43 47 52 54 54 55 57 60 61 61 63 65
InhAlt
3.2.4 Raumbezogene Kriminalitäts- und Sicherheitsstudien: aus humangeographischer Perspektive beobachtet . . . . . . . . . . . . . . 3 .3 Crime Mapping – Einsatz von Karten und Geographischen Informationssystemen zur Kriminalitätsanalyse . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Crime Mapping: Entstehungshintergründe und Einsatzfelder . . . . . . 3.3.2 Descriptive Crime Mapping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Analytisches Crime Mapping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4 Geographical Profiling (Geographische Fallanalyse) . . . . . . . . . . . . 3.3.5 Kritische Reflexionen zu Crime Mapping und Geographical Profiling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 .1 4.1.1 4.1.2 4 .2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.3 4 .3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4 .4 4.4.1 4.4.2
68 70 70 72 76 79 81
Raumbezogene Präventionspolitiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Zum Kontext der Entstehung raumbasierter Präventionsund Sicherheitspolitiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Der Broken-Windows-Ansatz und das Zero-Tolerance-Konzept . . . 89 Community (oriented) Policing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Kommunale (Kriminal-)Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Konzepte und Kennzeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Institutionalisierungen und Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Kommunale Kriminalprävention als Folge einer Enthoheitlichung und Privatisierung staatlicher Sicherheitspolitik . . . . . . . . . . . . . . .100 Kommunale Kriminalprävention: Herausforderungen und Kritik . . . .101 Prävention durch Architektur und Städtebau . . . . . . . . . . . . .105 Konzeptionelle Überlegungen zum (kriminal-)präventiven Städtebau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .106 Implementierung städtebaulicher Prävention in der Stadtentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .113 Kritische Diskurse zur städtebaulichen Prävention . . . . . . . . . . . . .114 Technikbasierte Beobachtung und Kontrolle von Räumen und Mobilitätsmustern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .116 Videoüberwachung: Erwartungen und Effekte . . . . . . . . . . . . . . . .117 Technikbasierte Überwachung – Kriminalpolitik durch Raumkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .120
5 Urbane Verunsicherungen und urbane Sicherheit . . . . . . . . . .122 5 .1 Städte als Orte der Verunsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .123 5.1.1 Anonymität und Fremdheit: Indikator für Urbanität und Unsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .124 5.1.2 Urbane Angsträume und Alltagsirritationen . . . . . . . . . . . . . . . . .126 5.1.3 Ethnische Segregation und Ethnisierung von Kriminalität . . . . . . . .129 5.1.4 Verunsicherung durch urbane Armut und Prekarisierung . . . . . . . . .133 5.1.5 No-Go-Areas: Orte des Rechtsextremismus und kriminelle Slums . .137 5 .2 Strategien und Mechanismen urbaner Sicherheitsproduktion . .142 5.2.1 Neoliberale Stadt- und Sicherheitspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . .143 6
InhAlt
5.2.2 Privatisierung öffentlicher Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145 5.2.3 Gated Communities . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147 6 6 .1
Perspektiven des Forschungsfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .153 Beobachtung von Sicherheit und Unsicherheit aus globaler und geopolitischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . .153 6.1.1 Globale Unsicherheit und raumbezogene Konflikte: Beispiel Terrorismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .154 6.1.2 Sicherheit, Illegalität und Kriminalität im Kontext von Grenzziehungen und internationaler Migration . . . . . . . . . . . . . . .158 6.1.3 Sicherheit und Kriminalität im Kontext sozio-ökonomischer Polarisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .165 6 .2 (Un-)Sicherheiten und Anschlussfähigkeiten . . . . . . . . . . . . . .174 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .179 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .181 Sachindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .203 Personenindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .208
7
Vorwort Die Klugheit eines Menschen wird daran gemessen, wie viel Unsicherheiten er zu ertragen vermag.
Es gibt keine Sicherheit, nur verschiedene Grade der Unsicherheit.
Sicherheit [bezeichnet] eine soziale Fiktion, … ist mithin ein leerbegriff.
Immanuel Kant (1724–1804)
anton tschechow (1860–1904)
nIKlas luhmann (1927–1998)
Wie insbesondere an den Zitaten von Kant und Tschechow abzulesen ist, steht Unsicherheit offenbar schon länger in dem Ruf, ein unvermeidliches und damit normales soziales Phänomen zu sein . Dies gilt auch für Unsicherheit, die mit abweichendem Verhalten oder Kriminalität in Verbindung steht . Denn trotz aller erdenklichen Präventionsaktivitäten kann keine absolute Sicherheit vor Gewalt, Straftaten oder Gesetzesverstößen hergestellt werden; das wäre – so Luhmann – eine soziale Fiktion . Aus dieser Unumgänglichkeit von Unsicherheit (und letztlich auch Kriminalität) ergeben sich viele Fragen:Was sind das für Verunsicherungen und wie entstehen sie? Wie werden sie für wen sichtbar? Wie setzen sich die Gesellschaft, ihre Institutionen oder der/die einzelne Bürger(in) mit kriminalitätsinduzierter Unsicherheit auseinander? Welche Strategien und Mechanismen des Um-
Unsicherheit ist normal!
Abb. 1: Schlagzeilen über unsichere Räume in Printmedien
Grafik: Ute Dolezal
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Relevanz von Raum und Raumbezüge
Abb. 2: Kennzeichnung von waffenverbots gebieten1
gangs werden dabei etabliert? Inwieweit lässt sich Sicherheit herstellen? Wie wird die Fiktion von Sicherheit aufrechterhalten? Somit werden in zahlreichen gesellschaftlichen Kontexten Un-/Sicherheitsaspekte und ihre Folgen thematisiert . Sicherheitsrisiken aller Art, Bedrohungen infolge von Jugendkriminalität, Drogenhandel, Zuwanderung oder Rechtsextremismus haben im Leben eines jeden Einzelnen, in zahllosen gesellschaftspolitischen Diskursen und vor allem in den Massenmedien einen hohen Stellenwert (vgl . Abb . 1) . Auch auf den weltweiten politischen, ökonomischen und sozialen Bühnen werden in vielfältiger Hinsicht unvermeidbare Verunsicherungen wahrgenommen, beispielsweise in Bezug auf die Folgen internationaler Migration, die Terrorismusfurcht oder die sozio-ökonomische Polarisierung und Prekarisierung von Lebensverhältnissen . 1 Wie blickt nun die Humangeographie auf dieses Feld? Welche Themen und Fragestellungen tauchen auf, wenn Räume und räumliche Bezüge als Beschreibungskategorien und Beobachtungsschemata von (Un-)Sicherheit2, Kriminalität und Risiken gewählt werden? Vor allem damit wird sich dieses Buch beschäftigen . Aus der Perspektive der Humangeographie lässt sich gut zeigen, inwieweit räumliche Zuschreibungen und räumliche Semantiken mit den Themenfeldern Sicherheit, Kriminalität, Risiko und Prävention verbunden werden . Jede Leserin und jeder Leser kennt Beispiele, bei denen Kriminalität oder Unsicherheit mit Räumen „verklebt“ werden . Räume können zum Synonym für Unsicherheit oder Kriminalität werden: Man denke beispielsweise an das Hamburger Vergnügungsviertel St . Pauli (vgl . Abb . 2), die französischen Banlieues, die AufWaffen verboten marschräume rechtsextremer Aktivisten, die südafrikanischen Townships oder die brasilianischen Favelas . Unsicherheiten und Risiken werden oft als sogenannte Angsträume verortet: z . B . der am Abend gefährliche Stadtpark, unbelebte U-BahnStationen oder Bushaltestellen, Treffpunkte Zu Ihrer Sicherheit lärmender Jugendcliquen auf dem Kinwird dieser Bereich derspielplatz, Stadtteile mit hohen Mivideoüberwacht grantenanteilen, für manche auch FußballPolizei Hamburg stadien . Eine Bestätigung ihrer Unsicher1 2
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Quelle: http://www .hamburg .de/polizei/waffenverbotsgebiet/ (letzter Zugriff: 9 . Januar 2015) Um die Lesefreundlichkeit zu erhöhen, wird in diesem Buch statt der Bezeichnung (Un-)Sicherheit stets die Bezeichnung Sicherheit verwendet, d .h . soweit der jeweilige Textkontext dem nicht widerspricht, werden bei der Verwendung der Bezeichnung Sicherheit stets beide Seiten der Bedeutung mitgeführt: Sicherheit und Unsicherheit .
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heit erfahren solche Räume zusätzlich, wenn auch Präventionsaktivitäten über räumliche Zugänge kommuniziert und organisiert werden, also Sicherheit räumlich hergestellt wird: z .B . durch eine Kommunalisierung der Kriminalprävention, die Videoüberwachung unsicherer Orte, häufigere Streifenfahrten in unsicheren Stadtteilen, Sicherheitskonzepte für Fußballstadien oder Aufwertungsmaßnahmen in sogenannten städtischen Problemvierteln . Öffentlich und medial ebenfalls stark wahrgenommen werden darüber hinaus ökologische oder umweltbedingte Risiken und Gefahren, sogenannte „Katastrophen“ oder Georisiken . Als Gefahren werden dabei Phänomene wie z .B . Erdbeben, Überschwemmungen und Dürren beobachtet, welche (scheinbar) von außen auf die Gesellschaft zu wirken drohen . In den gesellschaftlichen Diskursen über diese Phänomene spielt die Raumperspektive oder die Lokalität des Auftretens dieser Phänomene eine wichtige Rolle . Die klassische Katastrophen- und Hazardforschung befasst sich in diesem Zusammenhang z . B . mit den sozialen und räumlichen Konsequenzen dieser Phänomene für die Gesellschaft und sucht nach Präventionsmaßnahmen . Die geographische Risikoforschung und geographische Vulnerabilitätsforschung analysieren und beschreiben demgegenüber, in welchem Ausmaß und aufgrund welcher Bedingungen gesellschaftliche Gruppen an welchen Orten von z .B . Versorgungskrisen stark oder schwach betroffen sind . Um diese Themenfelder und Phänomene soll es in diesem Band allerdings nicht gehen .3 Das Themenfeld Sicherheit, Kriminalität, Risiko und Raum würde damit überkomplex und könnte in dem zur Verfügung stehenden Rahmen nicht mehr hinreichend bearbeitet werden . Wenn Sicherheit, Kriminalität und Raum analysiert werden sollen, kann dies nicht auf eine disziplinäre Perspektive zur Beschreibung und Erklärung der Zusammenhänge beschränkt werden . Systematische Blicke insbesondere in die Sozialwissenschaften, die Kriminalsoziologie, die Kriminologie und auch die Risikoforschung sind nötig . Um ein möglichst vielschichtiges Bild des Forschungs- und Entwicklungsstandes geben zu können, müssen verschiedene theoretische Konzepte und Zugänge erläutert werden . Aus dieser Grundhaltung heraus wird im Kapitel 1 an ausgewählten Beispielen und theoretischen Konzepten gezeigt, wie über soziale und gesellschaftliche Sicherheit, Kriminalität und Risiken kommuniziert wird . Im weiteren Verlauf wird dann herauspräpariert, auf welche Weise und mit welchen Folgen Sicherheit, Kriminalität und Risiken auf Räume projiziert oder mit Räumen verbunden werden . Dazu muss zuvor im Kapitel 2 verdeutlicht werden, wie sichere, unsichere, riskante oder kriminelle Räume in der traditionellen Kriminalgeographie erklärt, verstanden und konstruiert wurden und wie sie aus Sicht der aktuellen Forschung in ge3
Felgentreff und Glade haben dazu 2008 einen informativen und lesenswerten Sammelband herausgegeben . 11
Abgrenzung zu ökologischen Risiken und Gefahren
Interdisziplinärer Zugang
Räume als Konstrukte
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GIddens, Foucault und luhmann
themenfelder einer humangeographischen Sicherheits und Kriminalitätsforschung
sellschaftlichen Zusammenhängen und Kommunikationsprozessen etabliert, reproduziert und genutzt werden . Bei diesen raumkonzeptionellen Ausführungen erfolgt eine Beschränkung auf diejenigen Theorieimporte, die in der Humangeographie in den vergangenen beiden Jahrzehnten eine besondere Relevanz erhalten haben: die handlungstheoretischen Zugänge basierend auf Giddens, die auf Foucault zurückgehende diskurstheoretische Perspektive sowie die systemtheoretische Perspektive Luhmannscher Prägung . Nach diesen Grundlegungen wird dann in zentrale Themenfelder einer humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsforschung eingestiegen: In Kapitel 3 werden gängige Methoden und Instrumente zur Analyse des Zusammenhangs zwischen Raum, Kriminalität und Sicherheit vorgestellt und kritisch diskutiert . Raumbezogene Präventionspolitiken, wie kommunale Kriminalprävention oder städtebauliche oder technische Präventionsmaßnahmen, werden im Kapitel 4 behandelt . Die Stadt als Ort von Verunsicherung und Sicherheitsproduktion ist Gegenstand des 5 . Kapitels . Im Kapitel 6 werden zum Abschluss einige Themenfelder angerissen, die von einer humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsforschung systematischer in den Fokus genommen werden könnten . Den Lesenden soll in den Kapiteln 3 bis 6 ein umfassendes Bild der unterschiedlichen Themen- und Anwendungsgebiete dieses Forschungsfeldes gegeben werden . Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, bei den Ausführungen auf die in den Kapiteln 1 und 2 formulierten theoretischen Überlegungen Bezug zu nehmen und an das dazugehörige theoretische Vorverständnis zu erinnern . Die dargestellten Inhalte, Zusammenhänge und (vermeintlichen) Fakten sollen daher in ausgewählten Fällen theoretisch reflektiert werden . Dieses Lehrbuch verfolgt nicht den Anspruch, alle für die humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung relevanten (gesellschafts-) theoretischen Perspektiven detailliert abzudecken oder durch die theoretischen Reflexionen ein umfassendes Bild liefern zu können .Vielmehr sollen die theoriebasierten Ausführungen und Anwendungen zu einem eigenständigen weiteren Reflektieren der Sachverhalte animieren und gerade das Bewusstsein dafür wecken, wie sozial-, aber auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Zusammenhänge in vielerlei Hinsicht theoretisch eingeordnet, erklärt und reflektiert werden können . Dass dieser Band von „Sozialgeographie kompakt“ nach einer mehrjährigen Planungs- und Schreibphase schließlich doch fertiggestellt wurde, ist vielen Initiator(inn)en und Mutmacher(inne)n zu verdanken . Meine Dankesworte möchte ich gerne mit der Entstehungsgeschichte dieses Buches verknüpfen . Am Anfang steht daher meine Frau Dagmar Bode . Sie brachte noch zu Osnabrücker Zeiten Ende der 1990er Jahre dieses Thema mit nach Hause und weckte damit mein Interesse an der Kriminalgeographie . In den weiteren Jahren des Verfassens hat sie mir immer wieder die nötige Ruhe ver12
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schafft, mich in meiner Schreibkammer zu vergraben . … und mich immer wieder rechtzeitig dort herausgeholt . Dann sind natürlich Werner Gamerith aus Passau als Herausgeber der Reihe „Sozialgeographie kompakt“ und Susanne Henkel vom Steiner Verlag in Stuttgart wichtige Wegbereiter(innen) dieses Buches gewesen . Sie eröffneten mir 2006 die Möglichkeit, dieses Buch in einer hochinteressanten und professionellen Reihe zu veröffentlichen . Ihnen ist für das konstruktive und wohlwollende Feedback zu den Entwürfen zu danken sowie die sanften Erinnerungen und steten Hinweise an anstehende Publikationstermine . Langjährige Wegbegleiter(innen) bei der Entstehung dieses Buches waren auch die Mitglieder meiner Potsdamer Arbeitsgruppe: Julia Burgold, Fabian Frenzel, Katharina Mohring, Julian Röpcke und Jan Lorenz Wilhelm haben mich jahrelang immer wieder zum (Weiter-)Schreiben am „Krimibuch“ animiert und Freiräume zum Schreiben geschaffen . Sie haben mitfühlend die Täler mit mir durchschritten und mich durch Ideenaustausche, Diskussionen und motiviertes Anfeuern der Fertigstellung immer näher gebracht . Wichtigen Rückenwind erhielt ich zudem von meiner systemischen Selbsthilfegruppe um Rainer Jaschek, Gudrun Kramer, Alexander Ludwig, Particia van Overstraeten und Hubert Sand . Sie haben mir im Herbst 2011 in Baden (bei Wien) in einer schwierigen Phase des Schreibens einen motivierenden Schub gegeben, das Buchprojekt zu beenden . In den letzten drei Jahren hat dann vor allem Katja Thiele durch ihre kluge und kritische Lektüre, die engagierten Quellen- und Literaturrecherchen und konstruktive Diskussionen den Entstehungsprozess wesentlich unterstützt . Ihre kontinuierliche Mitarbeit hat das Projekt permanent mit dem nötigen Nachschub versorgt . Ohne Ute Dolezal, die Potsdamer Kartographie-Ingenieurin, gäbe es in dem Buch keine ansprechenden Abbildungen und Karten . Mit Humor, Leichtigkeit und Kreativität hat sie mir jederzeit kompetente Hilfe zukommen lassen . Allen genannten Personen gebührt mein herzlicher Dank .Viele weitere Personen, die ich hier nicht alle nennen kann, schließe ich ausdrücklich in diesen Dank mit ein . Ohne diese zahlreichen Helfer(innen) wäre dieses Buch nicht fertig geworden und vor allem hätte das Schreiben ohne sie nur halb so viel Spaß gemacht . Potsdam, im Januar 2015
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1
Sicherheit, Kriminalität, Risiko: Begriffliche Einordnungen
Die Phänomene Sicherheit und Kriminalität und die damit verbundenen Risiken sind aus aktuellen gesellschaftlichen Kommunikationsprozessen und Handlungskontexten nicht mehr wegzudenken . Kommunikationen über diese Phänomene sind dabei nicht auf Wissenschaft, Politik oder Sicherheitsorgane beschränkt, sondern werden in vielfältigen sozialen Kontexten und vor allem in den Massenmedien thematisiert . In den nächsten drei Abschnitten dieses ersten Kapitels sollen diese Begriffe eingekreist werden . Was Sicherheit respektive Unsicherheit (vgl . Abschn . 1 .1), Kriminalität (vgl . Abschn . 1 .3) und Risiken (vgl . Abschn . 1 .2) bedeuten können, hängt von den sozialen Kontexten ab, in denen diese Bezeichnungen Verwendung finden . Je nach Kontext wird z . B . eine bestimmte Form von Kriminalität als bedrohlich, harmlos oder verabscheuungswürdig gesehen . Sicherheit, Kriminalität und die daraus resultierenden Risiken müssen somit als Ergebnis gesellschaftlicher Zuschreibungs- und Aushandlungsprozesse, als etwas sozial Konstruiertes betrachtet werden (vgl . Belina/Rolfes 2005: 136; Renn et al . 2007: 20) . Gleichzeitig ist auch die Multiperspektivität dieser Begriffe zu berücksichtigen . Sicherheit, Kriminalität und Risiko können nicht in einem ontologischen Sinn als existente, objektive Sachverhalte verstanden werden; sie werden in gesellschaftlichen Zusammenhängen unterschiedlich aufgeladen und (re-)produziert . Mit dieser Perspektive wird in diesem Buch dem konstruktivistischen Ansatz der Neuen Kulturgeographie gefolgt (vgl . Weichhart 2008: 367 ff .; Berndt/Pütz 2007: 18) .
Zur Aktualität und Komplexität von Sicherheit, Kriminalität und Risiko
Soziale Konstruiertheit und Multiperspektivität als Ausgangspunkt
1.1 Subjektive Sicherheit und ihre Bestimmungsfaktoren Seit den 1980er Jahren wird in Wissenschaft, Politik und Massenmedien das scheinbar beständige Ansteigen von Unsicherheit, Kriminalität oder Risiken thematisiert . Sowohl Veränderungen in der natürlichen Umwelt als auch sozio-ökonomische und politische Strukturbrüche wurden als Auslöser für eine zunehmende Verunsicherung in der modernen Gesellschaft verantwortlich gemacht, eine Verunsicherung, die von der globalen bis zur lokalen und individuellen Ebene reichte . Der Soziologe Ulrich Beck prägte seinerzeit den Begriff der Risikogesellschaft . Ihr wesentliches Kennzeichen besteht darin, dass in der fortgeschrittenen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft die gesellschaftliche Produktion von Reichtum systema15
Gesellschaftliche und soziale hintergründe von Sicherheit, Krimi nalität und Risiko
SIchERhEIt, KRIMInAlItät, RISIKo: BEGRIFFlIchE EInoRDnUnGEn
Kennzeichen der Risikogesellschaft
Erklärungsvariablen subjektiver Sicherheit
Viktimisierungs erwartungen und Copingfähigkeiten
Kriminalitätsfurcht paradoxon, geschlechts und altersspezifische Kriminalitätsfurcht
tisch mit der gesellschaftlichen Produktion von Risiken einhergeht . Die Verteilungsprobleme und –konflikte der bisherigen Mangelgesellschaft werden überlagert von den Problemen und Konflikten, die aus der Verteilung wissenschaftlich-technisch produzierter Risiken entstehen (z .B . Dauerarbeitslosigkeit, Nuklearkatastrophen, Klimawandel, …) (vgl . Beck 1986: 25) . So beeinträchtigen beispielsweise die Risiken einer globalisierten Ökonomie oder die weltweiten Auseinandersetzungen entlang ethnischer oder religiöser Grenzen das Sicherheitsempfinden auf der globalen Bühne . Auf der nationalen Ebene werden ebenfalls wachsende Unsicherheiten beklagt: soziale Polarisierungen, gesellschaftliche Transformation, drohende Arbeitslosigkeit, die Erosion sozialer Sicherungssysteme, Überfremdungsängste durch Zuwanderung, Preissteigerungen, gesellschaftliche Verrohungstendenzen oder zunehmende Kriminalität . Alle diese Aspekte wirken gleichzeitig und diffus auf das individuelle Sicherheitsempfinden und beeinflussen die subjektive Sicherheit . Damit wird deutlich, dass subjektive Verunsicherungen keinesfalls nur mit Kriminalität zusammenhängen . Unter den Angst und Unsicherheit auslösenden oder verursachenden Aspekten spielt Kriminalität keine bedeutsame Rolle . Nach den Studien der R+V Versicherung aus den letzten Jahren haben nur ein Viertel bis ein Drittel der Deutschen Angst vor Straftaten, andere Ängste werden weitaus häufiger genannt (vgl . R+V, 2014; Abb . 3) . Kriminalität ist nur ein Unsicherheit auslösender Faktor unter mehreren . Richtet man den Blick nun auf solche Verunsicherungen, die auf eine Konfrontation mit abweichendem Verhalten und Kriminalität oder die Erwartung solcher Verhaltensweisen zurückführbar sind, so hat zu dessen Erklärung vor allem die kriminologische Unsicherheitsforschung einen konstruktiven Beitrag geleistet . Diese fasst individuelle Wahrnehmungs- und Interpretationsprozesse als ursächlich für das Sicherheitsempfinden auf (vgl . Schwind 2013: 427 ff .; Frevel 1998: 14 ff .) . Das Sicherheitsgefühl wird als eine individuelle Haltung oder eine Handlungsdisposition verstanden . Zwei Aspekte bedingen das Sicherheitsempfinden: einerseits die kognitiven und affektiven Einstellungen zu solchen Situationen, die als bedrohlich wahrgenommen werden . Hier sind vor allem die Viktimisierungserwartungen zu nennen, also die Angst davor, Opfer einer Straftat zu werden . Andererseits sind Copingstile und -fähigkeiten von Bedeutung: Dies meint die individuellen Fähigkeiten und Handlungsweisen einer Person, in einer (potenziellen) Gefahrensituation so zu handeln, dass ihr kein Schaden entsteht . Auch das Vermeiden oder Herausmanövrieren aus gefährlichen Situationen ist im Begriff Coping enthalten (vgl . Schewe 2006: 323) . Eine wichtige Erkenntnis der Unsicherheitsforschung ist, dass die subjektive Sicherheit von der objektiven Bedrohungslage weitgehend entkoppelt ist . So ist das „auffällige Auseinanderfallen von registrierten Kriminalitätszahlen und der Furcht vor Kriminalität […] inzwischen allgemein festgestellt“ (Kräupl/Ludwig 2000: 133) . Beispielsweise kommen junge 16
SUBJEKtIVE SIchERhEIt UnD IhRE BEStIMMUnGSFAK toREn
Steigende Lebenshaltungskosten
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Verschlechterung der Wirtschaftslage
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Pflegefall im Alter
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Naturkatastrophen
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Überforderung der Politiker
Schwere Erkrankung
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Terrorismus
Höhere Arbeitslosigkeit in Deutschland
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Abb. 3: Die ängste der Deutschen (Quelle: R + V 2014 und frühere Jahrgänge)
Männer überdurchschnittlich oft mit Kriminalität oder gewalttätigen Handlungen in Kontakt . Trotzdem ist ihr Unsicherheitsgefühl weit weniger ausgeprägt als jenes von Frauen und älteren Menschen, die wiederum seltener als der Durchschnitt Opfer von Straftaten werden . Das Phänomen, dass sich bestimmte Personengruppen davor fürchten, Opfer von Straftaten zu werden, tatsächlich aber von diesen im Allgemeinen seltener betroffen sind, wird als Kriminalitätsfurchtparadoxon bezeichnet .
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SIchERhEIt, KRIMInAlItät, RISIKo: BEGRIFFlIchE EInoRDnUnGEn
Kriminalitätsfurcht von Frauen: Erklä rungsversuche
Soziale Desorganisa tion, Fremdheit und Angst vor Dunkelheit
Über die Ursachen der erhöhten Kriminalitätsfurcht bei Frauen lassen sich differenzierte Hypothesen aufstellen . Die Unsicherheitsforschung weist erstens auf geschlechtsspezifische Rollenzuschreibungen und Sozialisationsprozesse hin, in deren Folge die höhere Kriminalitätsfurcht von Frauen in der Öffentlichkeit z .B . als Ergebnis geschlechtsspezifischer Machtstrukturen interpretiert wird (vgl . Ruhne 2004: 3 ff .; ähnlich Schwind et al . 2001: 267; Sessar 2007: 131) . Zweitens wird als mögliche Ursache die verdeckte Viktimisierung von Frauen durch alltägliche, vor allem sexistische Belästigungen thematisiert, die die objektive Kriminalstatistik nicht erfasst (vgl . Susek 2003: 32; Klimke 2008: 110 f .) . Als dritte Erklärung für die hohe Kriminalitätsfurcht von Frauen gilt die Vulnerabilitätshypothese . Die Verletzlichkeit wird als eine Haltung verstanden, die von individuellen, sozialen und situativen Komponenten abhängig ist . Im Mittelpunkt steht vor allem die als erhöht angenommene physische Verletzbarkeit der Frauen (vgl . hierzu kritisch Klimke 2008: 111 ff .) . Viertens wird das wahrgenommene Risiko, als Frau Opfer einer Sexualstraftat zu werden, als erheblicher Furcht auslösender Faktor identifiziert . Dies wird noch befördert durch ihre parallel kommunizierte höhere Vulnerabilität sowie die ebenfalls erlebten oder kommunizierten „männlichen“ Grenzverletzungen (vgl . Klimke: 2008: 112 ff .), z .B . sexistische Pöbeleien oder Annäherungsversuche . Die subjektive Unsicherheit ist auch dann erhöht, wenn sich in einem Stadtteil oder einer Wohngegend Anzeichen von sozialer Desorganisation bemerkbar machen, weil z . B . defekte Infrastruktur nicht instand gesetzt oder Müll nicht beseitigt wird, Graffitis nicht entfernt oder kollektiv Regeln des Umgangs nicht mehr respektiert werden . Das social disorder-Konzept (vgl . Boers 1991: 117) geht davon aus, dass soziale Desorganisation als Indikator einer fehlenden sozialen Kontrolle interpretiert wird und somit das Unsicherheitsempfinden erhöht . Auch sogenannte Alltagsirritationen, darunter fasst Bösebeck (2001: 32 ff .) z .B . auffällige Gruppen, verdächtige Personen oder personenbezogene Belästigungen, aber auch Nutzungskonflikte, Lärm und Verwahrlosungen zusammen, können aufgrund einer vermuteten Abwesenheit oder fehlenden Funktionsfähigkeit sozialer Kontrollmechanismen das Unsicherheitsempfinden erhöhen . Ebenso löst Fremdheit Unsicherheit aus . Im öffentlichen Diskurs zeigt sich dies beispielsweise bei der Diskussion um die Bedrohung durch Parallelgesellschaften . Auch wenn kaum Anhaltspunkte vorliegen, dass es tatsächlich ethnische Enklaven oder geschlossene ethnische Parallelgesellschaften gibt (vgl . Micus/Walter 2006: 215 ff .), werden diese unter anderem von Medien oder Politiker(inne)n als bedrohlich angesehen (vgl . Sarrazin 2010, vgl . Abschn . 5 .1 .3) . Dass sich bei Dunkelheit das Unsicherheitsempfinden und die Kriminalitätsfurcht stark ausprägen, ist ebenfalls eine seit langem bekannte Erkenntnis der Unsicherheitsforschung . Schlör (1994a: 72 ff .) argumentiert, dass die Angst vor der Nacht und Dunkelheit in der Großstadt von mitteleuropäischen Gesellschaften teilweise gezielt aufgebaut wurde (siehe Fallbeispiel) . 18
SUBJEKtIVE SIchERhEIt UnD IhRE BEStIMMUnGSFAK toREn
Wie Großstadtnächte gefährlich wurden … Mit dem Städtewachstum des ausgehenden 19 . Jahrhunderts eroberten Nachtschwärmer und Neugierige immer stärker die Freizeit- und Vergnügungsviertel der Großstädte . Es galt, das Unbekannte, Dunkle und Geheimnisvolle, die ganz andere Seite der Stadt zu erkunden . Die wachsende Faszination der Großstadtnacht war allerdings den Sicherheits- und Sittlichkeitsbehörden nicht geheuer . Auch die zeitgenössischen Massenmedien sowie Stadt- und Kriminalliteratur thematisierten Verbrecher- und Unterwelten, die die Großstadtnacht gefährlich erscheinen ließen . Zu dieser gefährlichen Unterwelt gehörte in erster Linie die nächtliche Vergnügungsökonomie (Tanzlokale, Spielstätten, Schankwirtschaften, Bordelle), die damit sowohl moralisch diskreditiert als auch als gefährlich etikettiert wurde . Das staatliche Aufrechterhalten und Durchsetzen von Sicherheit, Ordnung und Moral musste aber auch nachts gewährleistet werden . Und obwohl damals (wie heute) keine belastbaren Anhaltspunkte vorlagen, dass nachts mehr Straftaten verübt wurden als tagsüber, betrieben die Sicherheits- und Sittlichkeitsbehörden eine „antinächtliche Propaganda“ (Schlör 1994b: 1339): Mit der Festlegung von Polizeistunden und Schließzeiten wurden Reglementierungen eingeführt, die Ordnung in das Dunkel bringen sollten . Eine anfänglich zivilgesellschaftlich organisierte Nachtwacht wurde schließlich von der Polizei abgelöst – unter Einsatz ihren spezifischen Kontroll- und Sanktionsregeln (vgl . Schlör 1994a 81 f .) . In der Konsequenz mieden somit tugendhafte und redliche sowie moral- und verantwortungsbewusste Bürger (Bürgerinnen sowieso) zusehends die unsichere Großstadtnacht (vgl . Schlör 1994a und 1994b) .
Das subjektive Erleben von Kriminalitätsbedrohungen, die „Kriminalität in den Köpfen“ (Kania 2004b: 140), ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig . Frevel (1998: 45 ff .) identifiziert außer der eigenen Viktimisierungserfahrung und unmittelbar erlebten Alltagsirritationen vor allem die Medienberichterstattung, um damit die Entstehung von Sicherheitsempfinden bzw . Kriminalitätsfurcht zu erklären (vgl . zur Vertiefung Abschn . 1 .4) . Die Rezipient(inn)en nehmen vielfältige Informationen aus der medialen Berichterstattung über Kriminalität und Gefährdungen auf, die wiederum erheblichen Einfluss auf die Ausprägungen von Kriminalitätsfurcht und subjektiver Sicherheit des Einzelnen haben . 19
Sicherheitsempfinden und Medien
SIchERhEIt, KRIMInAlItät, RISIKo: BEGRIFFlIchE EInoRDnUnGEn
Soziale Ressourcen
Psychische Ressourcen, personale Einflussfaktoren
- Alter - Geschlecht - Einkommen - Bildung - Lebensstil - Wohnumgebung
Psychosoziale Ressourcen, soziale Unterstützung
- Einstellungen - Motive - Überzeugungen - Persönlichkeitsdispositionen - Normen, Werte - Handlungsoptionen
Wahrnehmung und Einschätzung der näheren Umgebung, persönliche Begegnungen
Eigene Opfererfahrung Stellvertretende Opfererfahrung
Information durch Medien
Risikoeinschätzung
Entwicklungstrends
VORSTELLUNGEN UND BEFÜRCHTUNGEN ÜBER KRIMINALITÄT
KONTAKT MIT KRIMINALITÄT: INFORMATION UND ERFAHRUNG
- Prävalenz - Wahrscheinlichkeit - Vulnerabilitäten - Folgen
Ausmaß
Furchtverhalten, individuelle Reaktionsformen - Vermeidung, Rückzug - Sicherheitsmaßnahmen - Kommunikation - Informationssuche - Stressbewältigung
KRIMINALITÄTSFURCHT
KRIMINALITÄTSEINSTELLUNG Soziale und psychische Folgen
Abb. 4: Modell der Bedingungen und Konsequenzen von Kriminalitätsfurcht (in Anlehnung an wetzels et al. 1995: 219) Empirische Analy sen zur subjektiven Sicherheit
Die unterschiedlichen Einflussfaktoren subjektiver Sicherheit wurden bereits mehrfach empirisch geprüft . Z .B . hat Fitzgerald (2008) für kanadische Städte untersucht, inwieweit individuelle und wohnumfeldbezogene Bedingungen das Sicherheitsempfinden bzw . die Kriminalitätsfurcht im ei20
RISKAntE EntSchEIDUnGEn UnD (Un-)SIchERhEItSKoMMUnIKAtIon
genen Wohnumfeld beeinflussen . Als individuelle Eigenschaften werden Geschlecht, Alter, Haushaltseinkommen, Bildungsgrad, Nationalität und Viktimisierungsgrad angeführt . Als wohnumfeldbezogene Komponenten werden genannt: der Grad der sozialen und infrastrukturellen Desorganisation im Wohngebiet und die Kriminalitätsbelastung . Die Untersuchung zeigt für kanadische Städte, dass die subjektive Sicherheit sehr stark durch die individuellen Eigenschaften und hier vor allem durch das Geschlecht und das Alter bestimmt werden . Das Sicherheitsempfinden kann als eine von zahlreichen individuellen und situativen Merkmalen abhängige Haltung oder Handlungsdisposition bezeichnet werden .
Wetzels et al . haben 1995 ein Modell der Bestimmungsfaktoren für subjektive Sicherheit entwickelt, das sie selbst als „proto-theoretisch“ bezeichnen (vgl . Abb . 4) . Es sollte nicht als eine umfassende Theorie der Kriminalitätsfurcht verstanden werden, sondern visualisieren, auf welche (auch raumbezogenen) Erklärungsfaktoren und Bestimmungsgründe die Unsicherheitsforschung zurückgreift, um das Ausmaß subjektiver Sicherheit zu erklären . 1.2 Riskante Entscheidungen und (Un)Sicherheitskommunikation Wenn bisher über den Begriff der subjektiven Sicherheit und seine Bestimmungsgründe geschrieben wurde, so soll dies nun ergänzt werden durch den Begriff des Risikos . Der Risikobegriff ist vielen Geograph(inn)en aus der Geographischen Risikoforschung bekannt (vgl . Egner/Pott, 2010a; Felgentreff/Glade, 2008; Müller-Mahn, 2007) . Innerhalb dieses Forschungsfeldes liegt der Fokus häufig eher auf sogenannten Natur-, Geound Umweltrisiken oder Sozialkatastrophen – Kriminalität (z .B . in Form von terroristischer Bedrohung) und Unsicherheit (z .B . in Form von sozio-ökonomischen Krisen) kommen erst nachrangig in den Blick . Gleichwohl ist der Begriff des Risikos auch im Themenfeld einer humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsforschung von großer Bedeutung . Vor allem der soziologische Risikobegriff bietet hierfür sehr gute theoretisch-konzeptionelle Inspirationen (vgl . Abschn . 6 .2 .) . Einen fruchtbaren theoretischen Hintergrund für ein Verständnis von Risiken stellt der Systemtheoretiker Niklas Luhmann zur Verfügung . Nach seiner Logik sind alle Entscheidungen mit Risiken und Unsicherheit verbunden . Daran ändert auch die Möglichkeit nichts, eine riskante oder unsichere Situation zu vermeiden oder ihr vorzubeugen . Die Entscheidungen, 21
Risiken: Soziale oder natürliche Ursachen
luhmann: Jede Entscheidung ist riskant
SIchERhEIt, KRIMInAlItät, RISIKo: BEGRIFFlIchE EInoRDnUnGEn
Risikobegriff von Foucault
Risiko und Gefahr aus systemtheore tischer Perspektive
Risiken und/oder Gefahren?
an öffentlichen Plätzen Videoüberwachungsanlagen zu installieren oder den dunklen Park nicht zur Abkürzung des Heimwegs zu nutzen, sind mit Risiken und Gefahren verbunden . So kann die Installation von Videoüberwachungsanlagen an öffentlichen Plätzen zur Verdrängung der vermeintlich gefährlichen Personen führen und die Kriminalität und Unsicherheit an anderen Orten erhöhen . Und auch wer zur Vermeidung des dunklen Parks einen längeren Umweg in Kauf nimmt, kommt vielleicht später nach Hause und riskiert, einen wichtigen Anruf zu verpassen . Der diskurstheoretische Risikobegriff kann dem systemtheoretischen gut zur Seite gestellt werden . Risiken sind danach keine objektivierbaren, intersubjektiv nachvollziehbaren Bedrohungen . Risiken können sehr unterschiedlichen relationalen Bezugssystemen (Rationalitäten) entspringen, in denen Bedeutungen systemspezifisch kodiert und Handlungsweisen systemspezifisch bewertet werden (vgl . Mattissek 2008: 33 ff .) . Auch als rational bezeichnete Risiken werden als Ergebnisse diskursiver oder gesellschaftlich hergestellter Produktionsprozesse aufgefasst . Gesellschaftliche Wirklichkeiten können auf diese Weise kontextabhängig strukturiert und eventuelle Risiken identifizierbar, kalkulierbar und somit beherrschbar gemacht werden (vgl . Foucault 1983: 46) . Der Risikobegriff soll noch etwas weiter ausdifferenziert werden . So wird häufig die Bezeichnung Gefahr synonym verwendet . Luhmann unterscheidet jedoch diese beiden Begriffe:Von Risiko ist die Rede, wenn Unsicherheiten der eigenen oder der Entscheidung anderer Personen zugerechnet werden können . Risiken oder riskante Entscheidungen erscheinen somit kalkulierbar, weil die mögliche Betroffenheit von einem eventuellen Schaden der Entscheidung oder Handlung einer klar identifizierbaren Person zugerechnet werden kann . Risiken werden damit, in Anlehnung an den Risikobegriff von Foucault, beherrsch- und bearbeitbar . Anders verhält es sich mit Gefahren: Unsicherheiten werden als Gefahren bezeichnet, wenn deren Auslöser diffus erscheinen, nicht klar ermittelt werden können . Die Diffusität von Gefahren resultiert daraus, dass es sich bei den Unsicherheit oder Schäden auslösenden Ursachen um nicht eindeutig zurechenbare Umwelteinflüsse handelt . Der zugrunde liegende Umweltbegriff ist dabei nicht nur auf ökologische Aspekte begrenzt, sondern beinhaltet sämtliche externen Faktoren, die diffus „von außen“ einwirken und somit gefährlich für den Einzelnen sein können (vgl . Luhmann 2003: 33 ff .) . Kriminalität ließe sich als eine Gefahr betrachten, die durch Präventionsmaßnahmen in ein Risiko transformiert und so bearbeitbar würde . Gleichwohl ist die Unterscheidung zwischen Risiko und Gefahr nicht trennscharf . Zum einen ist ein Großteil der Gefahren zweifellos gesellschaftlichen Akteur(inn)en zuzurechnen . So kann beispielweise der potenzielle Schaden aus dem Klimawandel oder dem internationalen Terrorismus keiner spezifischen, einzelnen Entscheidung direkt zugeschrieben werden . Die Schadensursache wäre somit eher diffus . Gleichzeitig können der Klima22
RISKAntE EntSchEIDUnGEn UnD (Un-)SIchERhEItSKoMMUnIKAtIon
wandel und der internationale Terrorismus aber als das Ergebnis der riskanten Entscheidungen zahlreicher Akteure gesehen werden . Zum anderen kann immer nur aus der jeweiligen Beobachterperspektive beurteilt werden, ob eine Entscheidung riskant oder gefährlich ist . Die Zurechnung eines potenziellen Schadens auf die eigene Entscheidung oder die Entscheidung anderer kann sehr subjektiv oder auch falsch sein . Risiken können falsch kalkuliert werden, weil nicht alle Informationen vorlagen oder verarbeitet wurden . So können beispielsweise ältere Frauen das Verlassen der Wohnung bei Dunkelheit aufgrund der potenziellen Gefahr eines Überfalls als riskante Entscheidung wahrnehmen . Für junge Männer wäre das nächtliche Verlassen der Wohnung hingegen eine weniger riskante Entscheidung, weil sie glauben, eventuellen Krisensituationen in geeigneter Weise begegnen zu können . Kampf gegen das Terrornetzwerk „al-Qaida“ Im Anschluss an die Terroranschläge in New York am 11 . September 2001 und die darauf folgenden Attentate wurde zunächst in den Medien und der internationalen Politik von einer Gefahr durch den internationalen Terrorismus und das Terrornetzwerk al-Qaida berichtet . Die Terrorgefahr lauerte quasi überall (in Form von Briefen mit weißem Pulver, weltweiten Selbstmordattentaten, Koffern ohne Besitzer(inne)n, …) und schien nicht strukturiert bekämpfbar . Politische Entscheidungen waren mit der Gefahr verbunden, wirkungslos zu bleiben oder weitere Gefahren heraufzubeschwören . Erst durch die Verortung des vermeintlichen räumlichen Ursprungs des Terrors (z . B . im Irak, in Afghanistan) und die Identifizierung des „Kopfes“ des Terrornetzwerkes, Osama Bin Laden, wurde ein definierter Handlungsspielraum für riskante, aber kalkulierbare Entscheidungen und Aktivitäten geschaffen . So wurden Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan begründbar . Auch wurde argumentiert, durch die Verschärfung der Passagierkontrollen an Flughäfen lasse sich das Risiko terroristischer Anschläge reduzieren .
Risiken und Gefahren sind fest mit jeder Art von Entscheidung verbunden . Ein zukünftiger Schaden kann niemals restlos ausgeschlossen werden und muss auch nicht unbedingt als „schädlich“ empfunden werden . Auch das Ausbleiben eines Vorteils kann als Schaden aufgefasst werden .
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SIchERhEIt, KRIMInAlItät, RISIKo: BEGRIFFlIchE EInoRDnUnGEn
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Unsicherheit und Risiken integrative Bestandteile gesellschaftlichen Handelns und gesellschaftlicher Kommunikation sind . Die systemtheoretische Perspektive auf gesellschaftliche Prozesse zeigt, dass jede Kommunikation, jedes Verhalten, jede Entscheidung und jede Handlung mit Blick auf deren zukünftige Auswirkungen und potenzielle Schäden Unsicherheiten erzeugt .
humangeographische Sicherheits und Kriminalitätsforschung
Für eine humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung beinhaltet diese Sichtweise wichtige Erkenntnisse . So wird deutlich, weshalb es Mühe verursacht, das Gegenstandsfeld einer solchen Forschungsrichtung klar einzugrenzen (vgl . auch Kap . 6) . Wenn grundsätzlich alle Entscheidungen mit Risiken oder Gefahren und somit Unsicherheit verbunden sind, hat eine solche humangeographische Perspektive das gesamte gesellschaftliche Handeln zum Gegenstand und kann analysieren, • auf welche Weise durch Entscheidungen und die damit verbundenen Risiken und Gefahren spezifische sichere oder unsichere Räume und raumbezogene Sicherheitssemantiken (re-)produziert werden, • in welcher Form sichere oder unsichere Räume und raumbezogene Sicherheitssemantiken und die an sie angeschlossenen Rahmenbedingungen bei Entscheidungen als Risiken oder Gefahren gesehen werden und • wie Risiken innerhalb bestimmter sozialer Bezugssysteme als „gefährlich“ konstruiert und mit raumbezogenen Unsicherheitsattributen verbunden werden . Der hier entfaltete Blick auf Unsicherheit bietet zusätzlich eine gute gesellschaftstheoretische Ausgangsbasis, um das Phänomen Unsicherheit zu systematisieren . Der Umstand, dass die Systematisierung von Unsicherheit und die Unterscheidung von Risiken und Gefahren der Luhmannschen Systemtheorie entlehnt sind, offenbart zudem die Möglichkeit, dass eine humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung an eine zentrale Gesellschaftstheorie anknüpfen kann . Diese Anschlussfähigkeit an einen sozialwissenschaftlichen Theoriefundus bieten auch der Foucaultsche Risikobegriff und dessen diskurstheoretische Einbettung .
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KRIMInAlItät UnD IhRE SoZIAlEn BEDInGUnGEn
1.3 Kriminalität, abweichendes Verhalten und ihre sozialen Bedingungen Eine humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung muss das ihr zugrunde liegende Begriffsverständnis von Kriminalität und abweichendem Verhalten klären .Theoretischen Überlegungen in der Kriminologie oder der Kriminalsoziologie liefern gute Ausgangspunkte, um die sozialen Bedingungen und Entstehungshintergründe von Kriminalität und abweichendem Verhalten zu verstehen und zu erklären . 1.3.1 Kriminalitätsbegriffe Der Kriminalitätsbegriff kann als formaler bzw . essentialistischer Begriff definiert werden . Kriminalität ist danach die Gesamtheit aller in einem Rechtsgebiet oder einer Rechtsgemeinschaft kraft Gesetzes zu ahndenden Straftaten (vgl . Schubert/Klein 2011) . Es ist ein registrier- und messbares Verhalten, das über die Regelungen des Strafgesetzbuches identifiziert und festgelegt wird, d .h . alle nach § 12 Abs . 1 und Abs . 2 StGB mit Kriminalstrafe bedrohten Handlungsweisen (vgl . Bannenberg/Rössner 2005: 19 f .) . Kriminalität oder abweichendes Verhalten werden somit als objektiv ermittelbare und zurechenbare Eigenschaften individuellen Handelns verstanden, die mit einer Bestrafung zu quittieren sind . Die traditionelle Kriminalgeographie orientiert sich überwiegend an diesen essentialistischen Kriminalitätsbegriffen (siehe Abschn . 2 .1) . Weit verbreitet ist das essentialistische Verständnis von Kriminalität auch in der Alltagspraxis, der Politik und den Medien . Aus einer konstruktivistischen Perspektive wird Kriminalität nicht als eine Eigenschaft verstanden, die dem Verhalten inhärent ist . Sie wird als Produkt perspektivenabhängiger Zuschreibungsprozesse und als bewertender Ausdruck begriffen . Kriminalität gilt nicht als Wirklichkeit abbildender Begriff, sondern als gesellschaftliche Herstellungsleistung (vgl . Althoff/ Leppelt 1995: 12 f .; Beiträge in Frehsee et al . 1997) . Bei der Konstruktion von Kriminalität und abweichendem Verhalten konkurrieren verschiedene gesellschaftliche Gruppen miteinander um die Definitionshoheit . Aus dieser theoretischen Perspektive ist es keineswegs trivial, ob Personen einer Gruppe von Mächtigen oder Nicht-Mächtigen oder auch von Moralischen oder Unmoralischen angehören (vgl . Eifler 2002: 6 f .) . Die Normen, entlang derer eine Handlung als entweder kriminell und abweichend oder eben nicht-kriminell und nicht-abweichend unterschieden wird, sind in spezifischen gesellschaftlichen und politischen Kontexten hergestellt worden und damit kontingent (immer auch anders möglich) . Dieser konstruktivistisch-interpretative Paradigmenwechsel in der Kriminologie und der Kriminalsoziologie schlägt bis in die Kritische Kriminalgeographie und die von ihr bearbeiteten Forschungsfragen durch (vgl . Glasze et al . 2005) . 25
Essentialistischer Kriminalitätsbegriff
Kriminalität aus konstruktivistischer Perspektive
SIchERhEIt, KRIMInAlItät, RISIKo: BEGRIFFlIchE EInoRDnUnGEn
Essentialistischer und konstruktivistischer Kriminalitätsbegriff Kriminell ist eine Handlung aus Sicht des essentialistischen Kriminalitätsbegriffes dann, wenn sie im Sinne der gesellschaftlichen Rechtsnormen als strafbar gilt . Der essentialistische Blick versteht Kriminalität als „wahre“, real existierende Tatsache . Aus Sicht der kritischen oder konstruktivistischen Kriminologie lassen sich Kriminalität und abweichendes Verhalten jedoch nicht ganz so einfach definieren . Vielmehr wäre zu fragen, wer unter welchen Bedingungen bei wem und/oder zu welchem Zweck eine als kriminell bezeichnete Normabweichung begeht bzw . feststellt .
1.3.2 Kriminalitätstheorien4 Um bei sicherheits- und kriminalgeographischen Fragestellungen gehaltvolle Hypothesen und Erklärungsansätze zu generieren, ist die Kenntnis (kriminalitäts-)theoretischer und (kriminal-)soziologischer Erklärungshintergründe unerlässlich . Dieser Abschnitt versucht deshalb, die wichtigsten Kriminalitätstheorien zu skizzieren und zu systematisieren . Zu beachten ist dabei, dass bei vielen frühen Ansätzen die Täterpersönlichkeiten tendenziell pathologisiert werden . Daraus resultieren einfache, häufig auch raumdeterministisch argumentierende Ursache-Wirkungszusammenhänge zur Erklärung von Kriminalität und abweichendem Verhalten . Vor allem seit den 1960er Jahre wird dann die Komplexität der Ursachen von Kriminalität immer stärker betont . Bio-psychologische Ansätze
lehre vom geborenen Verbrecher triebtheorie
Biologistisch argumentierende Theorien über die Entstehung von Gewalt und Kriminalität waren Ende des 19 . Jahrhunderts der Konsens wissenschaftlicher Forschung . Kriminalität ist entweder genetisch bedingt oder liegt zumindest in der Psyche der Täter(innen) begründet . Lambroso vertritt in seiner Lehre vom geborenen Verbrecher die These, dass Kriminelle durch physische und psychische Merkmale von Nicht-Kriminellen unterschieden werden könnten . Die psychoanalytische Triebtheorie nach Freud begreift Kriminalität und das Auftreten von Gewalt oder Aggression als Folge eines inneren Spannungszustandes zwischen den psychischen Instanzen (Ich, Es, 4
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Die Zusammenstellungen in diesem Abschnitt basieren auf den Ausführungen von Mayer/Schildknecht 2009, Eifler 2002, Gugel 2011, Hess/Scheerer 2003, Peters 1997 und Janssen 1997 . Für einen weiteren orientierenden Überblick sei auf Bundeszentrale für politische Bildung 2010 verwiesen .
KRIMInAlItät UnD IhRE SoZIAlEn BEDInGUnGEn
Über-Ich) des Individuums . Basierend auf dieser Theorieschule wurden Aggressionen, Gewalt und Kriminalität lange als individuell, abnormal und pathologisch konzeptualisiert . Diese Ansätze, die in der genetischen Ausstattung und/oder der psychischen Beschaffenheit den alleinigen Ausgangspunkt für abweichendes Verhalten sehen, sind zwar vielfach durch wissenschaftliche Erkenntnisse widerlegt, erfreuen sich allerdings insbesondere in Medien- und Alltagsdiskursen immer noch einiger Beliebtheit . Sozialpsychologische und mikrosoziologische Ansätze Die Frustrations-Aggressions-Theorie von Dollard und Miller konzipiert Aggressionen als menschlichen Trieb, der als Reaktion auf Frustrationserlebnisse auftritt . Miller relativierte diese Kausalität später . Frustrationen müssten nicht zwangsläufig zu Aggression führen, und auch müsse nicht jeder aggressiven Handlung eine Frustration vorausgehen . Soziale Lerntheorien gehen davon aus, dass Aggressionen, gewalttätiges Verhalten und Kriminalität in sozialen Interaktionen erlernt, d .h . durch Dritte stimuliert und befördert werden . Behavioristische Lerntheoretiker wie Thorndike, Watson und Skinner nehmen an, dass aggressives oder kriminelles Verhalten gezielt konditioniert werden kann: also häufiger auftritt, wenn es belohnt wird, und seltener, wenn es sanktioniert wird . Sozial-kognitive Lerntheorien messen demgegenüber dem Modelllernen nach Bandura eine große Bedeutung bei . Beobachter(innen) erwerben demnach durch das Beobachten von Modellpersonen oder Situationen neue Verhaltensweisen (so auch kriminelle Handlungen) . Entwicklungs- und Sozialisationstheorien stellen die Sozialisationserfahrungen vor allem von Jugendlichen und Heranwachsenden als Faktor für kriminelles Verhalten in den Vordergrund . Sie betrachten weniger die personellen Faktoren von Kriminalität und Gewaltbereitschaft, sondern die sozialen Bedingungen, Lebenssituationen und Wechselverhältnisse, unter denen Individuen abweichendes Verhalten erlernen und dann kriminell agieren . Diese Theorien schreiben z .B . Gewalterfahrungen, sozialisations- und geschlechtsspezifischen Erwartungen und Rollenverständnissen, gruppenspezifischen Dynamiken oder der Beeinflussung durch die Massenmedien eine zentrale Bedeutung für die Ausprägungen kriminellen Verhaltens zu . Die Theorie sozialer Bindung von Hirschi versucht zu erklären, unter welchen Bedingungen sich einige Menschen konform und andere abweichend verhalten . Die Konformität bzw . Abweichung von Individuen stehe in engem Zusammenhang zum Grad ihrer Einbindung in die Gesellschaft und soziale Netzwerke . Die Theorie der altersabhängigen informellen Sozialkontrolle nach Sampson und Laub sieht die unterschiedlichen Intensitäten sozialer Bindungen ursächlich für die (Non-)Konformität an . 27
FrustrationsAggres sionstheorie
Soziale und behavioris tische lerntheorien
Entwicklungs und Sozialisationstheorien
theorien sozialer Bindung und sozialer Kontrolle
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Rational-Choice Theorie
Die Rational Choice-Theorie fasst den Menschen als rational handelnde Person auf, die die formellen und sozialen Zwecke sowie Folgen und Sanktionswahrscheinlichkeiten ihrer Handlungen einzuschätzen weiß . Kriminalität ist aus dieser Perspektive das Ergebnis individueller Entscheidungen auf der Basis rationaler Kosten-Nutzen-Abwägungen . Rational-ChoiceAnsätze werden häufig dafür kritisiert, dass sie Affekthandlungen oder irrational erscheinende Verbrechen nicht zu erklären vermögen . Die Theorie situativer Faktoren ergänzt dementsprechend, dass sich das Auftreten von Gewalt auch unabhängig von persönlichen Verhaltenseigenschaften in spezifischen Situationskonstellationen (Verfügbarkeit einer Waffe etc .) entwickeln kann . Sozialstrukturelle Ansätze
theorien sozialer Desorganisation
Kulturkonflikt und subkulturtheoretische Ansätze
Sozialstrukturelle Ansätze betrachten kriminelle Akte als gesellschaftlich bestimmt und nicht individuell verursacht . Im Mittelpunkt steht, welche überindividuellen, gesellschaftlichen Bedingungen kriminelle Handlungen begünstigen oder erst hervorbringen . Theorien sozialer Desorganisation, insbesondere die Anomietheorie, die u .a . auf die Soziologen Durkheim und Merton zurückgehen, sehen in der Diskrepanz zwischen der erlebten und der möglichen politischen und sozio-ökonomischen Teilhabe eine Erklärung für kriminelles Verhalten . Sozial stark polarisierte Gesellschaften wären somit besonders anfällig für Kriminalität . Die strukturelle Schlechterstellung marginalisierter Bevölkerungsschichten und die damit verbundene Wahrnehmung des Gegensatzes von Arm und Reich oder die mangelnde soziale Kontrolle in benachteiligten Stadtteilen würden zu einer Erfahrung führen, auf die Einzelne, abhängig von ihren individuellen Dispositionen, mit Aggression oder Kriminalität reagieren . Ähnlich argumentieren Kulturkonflikt- und subkulturtheoretische Ansätze . Kriminalität wird als ein Ergebnis von Konflikten verstanden . Soziale Gruppen würden in Abgrenzung zueinander und/oder in Ablehnung zu vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen eigene Normen entwickeln, um sich bewusst von ihrem Gegenüber zu unterscheiden . Die auf Sellin zurückgehende kriminalsoziologische Kulturkonflikttheorie kommt z .B . zu dem Schluss, dass sich Migrant(inn)en eher an den Normen und Werten ihrer Herkunftsländer orientieren und damit stärker dazu neigen, im Konflikt zu den strafrechtlichen Bestimmungen des Zuwanderungslandes zu stehen . Dieser Erklärungsversuch erscheint jedoch aus einer konstruktivistischen Perspektive problematisch: zum einen, weil er von einem essentialistischen Verständnis von Heimat und Kultur ausgeht, und zum anderen, weil der Ansatz die Konstruktion krimineller Persönlichkeiten impliziert, die nicht selten auf biologistischen Grundannahmen fußt . Auf subkulturtheoretische Ansätze nach Cohen wird häufig im Bereich der konstruktivistisch orien28
KRIMInAlItät UnD IhRE SoZIAlEn BEDInGUnGEn
hohe Raumrelevanz
Abb. 5: theoriean sätze zur Erklärung abweichenden Verhaltens (Eigener Entwurf )
(eignet sich gut für raumbezogene Erklärungen)
Kulturkonflikttheorie
Anomietheorie Theorie der (delinquenten) Subkultur Individuum (meist Täter) als Ausgangspunkt
konstruktivistisch
Rational-Choice-Theorie
Theorie situativer Faktoren Theorien sozialer Bindung
Halttheorie Frustrations-Aggressions-Theorie
Sozialisationstheorien Sozial-kognitive Lerntheorie
Triebtheorie Theorie vom geborenen Verbrecher essentialistisch
Labeling Approach
Behavioristische Lernpsychologie
Marxistische Ansätze
niedrige Raumrelevanz (wird weniger für raumbezogene Erklärungen herangezogen)
Gesellschaft als Ausgangspunkt
tierten Cultural Studies zurückgegriffen . Erkenntnisse über erhöhte Kriminalitätsraten unter Jugendlichen werden aus dieser Perspektive z .B . als Resultat unterschiedlicher (Gruppen-)Zugehörigkeiten betrachtet, die sich bewusst von hegemonialen Normen abgrenzen . Kritisch-kriminologische Ansätze Etikettierungsansätze, Kontrolltheorien oder der sogenannte Labeling Approach zielen darauf ab, dass vor allem die gesellschaftlichen Definitionen von Kriminalität und die Ausprägung staatlicher Restriktionen einen konstituierenden Einfluss auf das Verständnis und den Umgang mit Kriminalität haben . Der Definitionsmacht des Staates, den strafrechtlichen Institutionen und den Strafverfolgungsorganen kommt eine besondere Bedeutung zu . Etikettierungsansätze begreifen Kriminalität primär als ein sozial zugeschriebenes Label, das nicht objektiv gefasst werden kann . Das Label Kriminalität wird bestimmten Menschen durch die Macht anderer verliehen . Vertreter(innen) marxistischer Ansätze leiten Kriminalisierungen in diesem Kontext aus unterschiedlichen Machtverhältnissen ab, die wiederum auf die Ungleichheiten sozialer Klassen zurückgeführt werden . 29
Etikettierungsansätze, Labeling Approach
SIchERhEIt, KRIMInAlItät, RISIKo: BEGRIFFlIchE EInoRDnUnGEn
Räume als Erklärungs und Beobachtungs kontext für Kriminalität und abweichendes Verhalten
In Abb . 5 sind die in diesem Abschnitt beschriebenen Theorieansätze in einem dreidimensionalen Koordinatensystem dargestellt . Darin wird deutlich, dass die bio-psychologischen Theorien die Täter(innen) häufig als Opfer ihrer eigenen Psyche und damit per se als Triebtäter(innen) darstellen . Demgegenüber verweisen mikrosoziologische sowie sozialpsychologische Theorien eher auf die Wechselseitigkeit von Lern- und Anpassungsverhalten interagierender Individuen . Sozialstrukturelle und kritisch-kriminologische Ansätze hingegen stellen als Ursachen abweichenden Verhaltens nicht das Individuum in den Mittelpunkt, sondern komplexe gesellschaftliche Strukturen, in denen das Individuum agiert . Abb . 5 zeigt auch, dass einige Kriminalitätstheorien den Raum als Erklärungs- und Beobachtungskategorie stärker mitführen als andere . Dies sind häufig Theorien, die Kriminalität als verräumlichten oder verräumlichbaren Ausdruck gesellschaftlicher Konflikte zwischen unterschiedlichen Gruppen darstellen . So geht z . B . die Kulturkonflikttheorie von unüberwindbaren Konflikten zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller (und damit häufig räumlich codierter) Kontexte aus und macht in der Regel Migrant(inn)en zu potenziellen Täter(innen) . Die subkulturtheoretischen Ansätze sowie die Anomietheorie erklären Kriminalität zu einem Phänomen, das von jenen ausgeht, die bewusst oder unbewusst mit den Normen und Werten der Mehrheitsgesellschaft brechen (wollen) . Diese unterschiedlichen Gruppen werden häufig als räumlich segregiert wahrgenommen; über Subkulturen oder Gruppen, bei denen Verstöße gegen Werte und Normen bemerkt werden, wird ebenfalls oft verräumlicht kommuniziert . Diese Theorieansätze werden z .B . impliziert aktiviert, wenn von der benachteiligenden Wirkung „sozial schwacher“ Quartiere die Rede ist (vgl . Häussermann/Siebel 2004: 170 f .) 1.4 Rolle der Medien bei der Produktion von Sicherheit, Risikoeinschät zungen und Kriminalität
Massenmedien und Gesellschaft
Die Massenmedien spielen bei der Produktion von Sicherheit und Kriminalität eine bedeutsame Rolle . Sie formen und manifestieren die öffentliche Meinung und die persönlichen Ansichten über Unsicherheit und Kriminalität . Diese Erkenntnis gilt bereits seit Mitte der 1960er Jahre als gesichert (vgl . Winterhoff-Spurk, 2001: 33 ff .) . Gleichwohl sind die Medien- und Sozialwissenschaften uneins über den Grad der Prägung, der von den Medien ausgeht . Während einige lediglich von einer latenten Wirkung sprechen, nehmen andere an, dass das gesamte Wirklichkeitsverständnis einer Gesellschaft von der medialen Berichterstattung abhängig ist (z . B . Luhmann 1998: 1097) . Die Massenmedien beobachten die Gesellschaft und wählen aus, inwieweit eine Nachricht verkaufbar ist oder nicht . Dann wird gekürzt, verändert und schließlich in ein für das jeweilige Medium pas30
RollE DER MEDIEn
sendes Format überführt . Heraus kommt ein selektives und verändertes Bild, aus dem die Gesellschaft wiederum einen Großteil ihrer Informationen über Kriminalität und Sicherheit bezieht . Aus dieser Fülle der Medieninformationen kann von den Rezipient(inn)en nur ein Teil aufgenommen werden . Die Inhalte werden so ein weiteres Mal selektiert (vgl . Mohring, 2008: 18; Luhmann, 2004: 9 ff .; Foster, 2003: 13 ff .) . Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien . Das gilt nicht nur für unsere Kenntnis der Gesellschaft und der Geschichte, sondern auch für unsere Kenntnis der Natur [oder der Kriminalität und (Un-) Sicherheit, Ergänzung M .R .] . (Luhmann 2004: 9)
Verräumlichung von (Un-)Sicherheiten im Rahmen der Fußball-WM 2010 Im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika wurden in den deutschen Medien starke Vorbehalte laut, ob das Großsportereignis überhaupt ohne Gefährdungen für die Fußballfans durchgeführt werden könnte . Deutsche Boulevard- wie Qualitätspresse berichteten ausführlich und dramatisierend über den unsicheren Ort Südafrika und die gefährlichen Austragungsorte (vgl . Abb . 6) . Die Abb. 6: Schlagzeilen zu Kriminalität und Unsicherheit in Südafrika im Vorfeld der Fußballweltmeister schaft 2010
Grafik: Ute Dolezal
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SIchERhEIt, KRIMInAlItät, RISIKo: BEGRIFFlIchE EInoRDnUnGEn
Tatsache, dass die kommunalen, regionalen und nationalen Sicherheitsbehörden in Südafrika entsprechende Polizei- und Sicherheitskonzepte auflegten, bestätigte die Existenz dieser konstruierten Unsicherheitsräume zusätzlich und führte in Deutschland nicht, wie erhofft, zu einem Abebben der Berichterstattung (vgl . Korth/Rolfes 2010: 96 ff .) . Wie inzwischen bekannt ist, haben sich die massenmedial angekündigten Gefährdungen der Fußballfans in den südafrikanischen Unsicherheits- und Kriminalitätsräumen nicht bewahrheitet .
Nimmt man den Zusammenhang zwischen Medienberichterstattung und Kriminalitätsaufkommen in den Blick, so ist es ein „sowohl theoretisch begründet[er] als auch ein empirisch erhärteter Befund, dass Massenmedien […] kein Abbild einer objektiven Realität liefern“ können (Windzio et al . 2007: 7) . Im Hinblick auf das Ausmaß der subjektiven Sicherheit oder der Kriminalitätsfurcht sind aber die erheblichen Steuerungs- und Orientierungseffekte der Massenmedien mehrfach nachgewiesen worden (vgl . z .B . Windzio et al . 2007: 5 ff ., Kania 2004a: 19 ff .) . So zeigt beispielsweise eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, dass sich viele Leser(innen) auf die Massenmedien als Spiegel der Gesellschaft zu verlassen scheinen . Dies führt hinsichtlich des Kriminalitätsaufkommens und der Kriminalitätsentwicklung häufig zu übertreibenden Fehleinschätzungen, insbesondere bei einem überproportionalen Konsum privater Sender (vgl . Windzio et al . 2007) .
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Sicherheit, Kriminalität und Risiko im räumlichen Blick
Dieses Kapitel zeigt und diskutiert, in welcher Form der räumliche Blick im Zusammenhang mit Sicherheit, Kriminalität und Risiken bisher in Forschung und Praxis thematisiert wurde, gegenwärtig thematisiert wird und thematisiert werden könnte . Dabei wird der Weg zunächst dem räumlichen Blick der traditionellen Kriminalgeographie der 1970er und 1980er Jahre folgen, die vielfach noch mit einem essentialistischen Raumverständnis operiert (vgl . Abschn . 2 .1) . Diese Container-Raum-Perspektive soll dann verlassen und grundlegend erweitert werden . Im Kern dieses Kapitels stehen die Potenziale und Perspektiven, die die aktuellen humangeographischen Raumkonzepte für eine raumbezogene Sicherheits- und Kriminalitätsforschung bieten (vgl . Abschn . 2 .2) . 2.1 Kriminalgeographie in Deutschland in den 1970er und 1980er Jahren In der deutschsprachigen Forschung taucht der Begriff Kriminalgeographie verstärkt zu Beginn der 1970er Jahre insbesondere bei Kriminolog(inn)en und Kriminalist(inn)en auf . Hellmer brachte 1972 den Kriminalitätsatlas der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlins als einen ersten Beitrag zur Kriminalgeographie heraus . Schwind, Ahlborn und Weiss (1978) etablierten im Zusammenhang mit der Herausgabe des Kriminalitätsatlas’ Bochum die „empirische Kriminalgeographie“ . Im Jahr 1981 promovierte schließlich Redeker mit einem juristischen Beitrag zur „Kriminalgeographie“ . Im Kern dieser Arbeiten stand stets das Ansinnen, die räumliche Verteilung von Kriminalität zu visualisieren und mit weiteren, auf der räumlichen Ebene vorliegenden Variablen in Verbindung zu bringen . Bei allen Pionierarbeiten stand dabei der sozialökologische Ansatz der Chicagoer Schule mehr oder weniger Pate . Deutschsprachige Humangeograph(inn)en befassten sich zum damaligen Zeitpunkt kaum mit diesem Thema . Die in Deutschland aufkeimende Kriminalgeographie wurde somit vornehmlich von Vertreter(inne)n der angewandten Kriminologie und Kriminalistik geprägt, die innerhalb ihrer Disziplin die Variable Raum als eine zweckdienliche Beschreibungs- und Analysekategorie für Kriminalität und Sicherheitsfragen entdeckten . Diese Form der Kriminalgeographie soll in diesem Band als traditionelle oder klassische Kriminalgeographie bezeichnet werden .
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Ausgangspunkte der Kriminalgeographie in Deutschland
SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
Der sozialökologische Ansatz der Chicagoer Schule und delinquency areas Der sozialökologische Ansatz ist eng verbunden mit den Chicagoer Soziologen Robert E. Park und Ernest Burgess. Diese untersuchten die sozialräumlichen Differenzierungs- und selektiven Wanderungsprozesse im Chicago der frühen 1920er Jahre . Die Entwicklung Chicagos war im ausgehenden 19 . Jahrhundert geprägt von Hunderttausenden von Zuwanderer(inne)n aus Europa, die in den Arbeits- und Wohnungsmarkt integriert werden mussten (vgl . ausführlicher D’Eramo 1998: 153 ff .) . Das Ergebnis dieser Zuwanderungen waren Veränderungen der sozio-ökonomischen Zusammensetzung in den Chicagoer Stadtteilen und steigende soziale Polarisierungen und Segregationen . In der Folge untersuchten Clifford Shaw und Henry McKay die räumliche Verteilung der Kriminalität in Chicago . Auf der Stadtteilebene ermittelten sie signifikante Zusammenhänge zwischen jugendlichen Delinquentenraten auf der einen Seite und sozio-ökonomischer Deprivation, einem schlechten Zustand der Gebäude und der Wohngegend sowie hohen Zu- und Fortzugsquoten auf der anderen Seite . Die Situation in diesen Stadtteilen wurde von ihnen als sozial desorganisiert beschrieben (vgl . Veil 2008: 15 ff .) . Für solche Quartiere wurde in Anlehnung an Shaw und McKay der Begriff der delinquency areas prägend (vgl . Schwind 2013: 147) .
Forschungsfelder der traditionellen Kriminalgeographie
Bei dem Versuch, für diese traditionelle Kriminalgeographie eine gemeinsame definitorische Basis zu finden, können drei Forschungsfelder unterschieden werden (vgl . z .B . Eisenhardt 2012: 9 ff .; Schwind 2013: 324 ff .; Glasze et al . 2005: 17 ff .; Belina 2000: 121; Bley 1987: 17 f .; Kasperzak 2000: 9; Langer 1983: 1 f .): •
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Erstens ging es um die Erfassung und Erklärung der räumlichen sowie raum-zeitlichen Verteilung von Kriminalität oder kriminellem Verhalten und subjektiver Unsicherheit . Auch deren Visualisierung in Form von Karten und Atlanten hatte einen hohen Stellenwert (vgl . Hellmer 1972; Schwind, Ahlborn und Weiss 1978) . Zweitens sollten die räumlichen Muster von Unsicherheit und Kriminalität mit anderen Variablen der Raumstruktur in eine kausale Beziehung gesetzt werden (vgl . z .B .: Herold 1977; Schwind 1981; Koetzsche/Hamacher 1990; Kasperzak 2000) . Auf unterschiedlichen räumlichen Maßstabsebenen wurden dazu sozio-ökonomische oder demo-
RAUMKonZEPtIonEllE ÜBERlEGUnGEn
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graphische Variablen als erklärende oder auslösende Variablen für das Unsicherheits- und Kriminalitätsaufkommen in den jeweiligen Raumeinheiten (z .B . Stadtbezirke, Stadtteile, Kommunen) herangezogen (vgl . Rolfes 2003: 335 ff .; Belina 2007: 248 ff .) . Drittens stand häufig die Entwicklung und Implementierung kriminalpräventiver Maßnahmen auf der Agenda solcher kriminalgeographischen Analysen .Viele Studien beschäftigten sich mit den Möglichkeiten der Prävention und ihrer räumlichen Differenzierung .
2.2 Raumkonzeptionelle Überlegungen im themenkontext von Sicherheit und Kriminalität Die Studien der traditionellen Kriminalgeographie gehen in der Regel von einem formal-strafrechtlichen Kriminalitätsbegriff aus (vgl . Abschn . 1 .3 .1) . Ebenso wie der Kriminalitätsbegriff ist auch das zugrunde liegende Raumkonzept essentialistisch . Soziale, ökonomische, materielle oder architektonische Eigenschaften (z .B . städtebauliche Struktur, Arbeitslosigkeit, Anteile von Migrant(inn)en oder Personen mit Migrationshintergrund) eines Raumes werden in aggregierter Form mit räumlichen Mustern von Unsicherheit und Kriminalität im Zusammenhang gedacht und kausal interpretiert . Damit ist bei den empirischen Arbeiten überwiegend das Containeroder Behälterraummodell hinterlegt (vgl . Weichhart 2008: 77 f .) . Somit nutzt die traditionelle Kriminalgeographie bei der Projizierung von Kriminalität und Sicherheit auf räumliche Betrachtungsebenen in der Regel einen alltagsweltlichen, physisch-materiellen Raumbegriff . Dies zeigt sich unter anderem in nahezu jeder kriminologischen Regionalanalyse (vgl . Rolfes 2003: 329 und Abschn . 3 .2 .1) und auch in neueren Kriminalgeographien, trotz expliziter Versuche einer raumtheoretischen Modernisierung (vgl . Eisenhardt 2012) . Gebiete, Räume oder Regionen werden als zweidimensionale Erdausschnitte verstanden, die verortet und durch erdräumliche Grenzen (z .B . administrative Grenzen wie Kommunen, Kreise, Provinzen oder Stadtbezirke) gekennzeichnet sind . Diese Raumausschnitte (z .B . ein Bezirk, Platz oder Quartier) werden als ein mit physischen und sozialen Tatbeständen gefüllter Behälter (Container) betrachtet, dem bestimmte Charakteristika zugeschrieben werden: beispielsweise ein hohes Potenzial an sozialen Unruhen, ein nächtliches Unsicherheitsrisiko, eine hohe Anzahl an Diebstählen, Drogendelikten oder Körperverletzungen . Eine solche Perspektive fragt z .B . nach Korrelationen zwischen den Anteilen an mehrstöckigen Mehrfamilienhäusern oder der Ausländerquote auf der einen Seite und einem häufigeren Auftreten unerwünschter oder verunsichernder Personengruppen mit einem potenziellen Hang zu kriminellen Handlungen auf der anderen Seite . Unterschiedliche soziale Phänomene wie z .B . die Arbeitslosenquote, Anteile von Alleinerziehenden oder 35
Essentialistischer Raumbegriff
Verräumlichung von Unsicherheit und Kriminalität
SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
Raumbezogene Interventionen aufgrund raum bezogener Beo bachtungen
Migrant(inn)en werden dadurch auf einer stadtteilbezogenen Ebene mit Kriminalität und Unsicherheit in einen diffusen ursächlichen Zusammenhang gebracht . So erhalten diese Räume bestimme Etikettierungen und werden beispielsweise im medienöffentlichen Diskurs als „Problemviertel“ oder „soziale Brennpunkte“ benannt . Durch das Verräumlichen von Kriminalität und Unsicherheit wird zunächst die Notwendigkeit von räumlich fixierten, staatlichen Präventionsaktivitäten und Polizeipräsenzen deutlich gemacht und legitimiert . Diese raumorientierte Perspektive wird unter anderem deshalb reproduziert und aktualisiert, weil staatliche oder private Präventionsmaßnahmen üblicherweise über räumliche Interventionen operieren: Polizei oder private Sicherheitsdienste definieren Einsatzreviere oder –gebiete, um in diesen Räumen Unsicherheit und Kriminalität zu bekämpfen oder ihr durch eine verstärkte Polizeipräsenz, den Einsatz privater Wachdienste oder Haus- bzw . Platzordnungen vorzubeugen . Beispielhaft sei hier auch auf das Auflegen nationaler Programme der sozial-integrativen Stadtentwicklung mit einem stadtteilbezogenen Ansatz zur Abfederung sozialer Polarisierungen (wie „Soziale Stadt“ in Deutschland oder Contrats Urbains de Cohésion Sociale in Frankreich) oder die Installation von Videoüberwachungsanlagen verwiesen . Auf diese Weise (re-)produziert sich insbesondere an Verkehrsknotenpunkten wie Bahnhöfen oder an Orten von Massenveranstaltungen ein verortbares Unsicherheitsgefühl . Soziale Phänomene wie Unsicherheit und Kriminalität werden häufig verräumlicht dargestellt und räumlich beobachtet . Aus dieser raumbezogenen Logik heraus werden dann auch auf einer räumlichen Handlungsebene entsprechende Interventionen geplant und ausgeführt . Die Praxis des Verknüpfens von sozialen, kulturellen und ökonomischen Merkmalen mit räumlichen Dimensionen und die Verortung dieser sozialen Eigenschaften werden alltagsweltlich als selbstverständlich und quasi natürlich, keinesfalls aber als konstruiert angesehen . Die Qualität und die Kausalität der angenommenen Zusammenhänge bleiben meistens im Dunkeln . Konstruktivistische Ansätze der Humangeographie haben bereits seit der Mitte der 1980er Jahre dieses räumliche In-Beziehung-Setzen als unsystematisch und theoriefern/–frei kritisiert (vgl . insbesondere Hard 1986; Klüter 1986, Werlen 1987) . Hard bezeichnet diesen Prozess als „Verkleben“ (vgl . 1999: 136 ff .) und weist darauf hin, dass das Verschmelzen sozialer Phänomene über räumliche Einheiten aus einer gesellschaftstheoretischen Perspektive und in analytischer Hinsicht wenig ertragreich ist .
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RAUMKonZEPtIonEllE ÜBERlEGUnGEn
2.2.1 Ansatzpunkte neuerer raumkonzeptioneller Überlegungen in der Kritischen Kriminalgeographie Trotz dieser innerhalb der modernen Humangeographie verbreiteten Erkenntnis über die weitgehend theorielose, alltagsweltliche und unpräzise Beschaffenheit essentialistischer Raumbegriffe wird mit ihnen z .B . in sicherheitspolitischen oder kriminalpräventiven Handlungsfeldern nach wie vor sehr vielfältig operiert . Redepenning zieht den Schluss, dass ein essentialistisches Raumverständnis offenbar für viele Menschen eine sehr gute und einfache Rekonstruktion der gesellschaftlichen Realität und der gesellschaftlichen Selbstbeschreibung bietet (vgl . Redepenning 2006: 140) . Aus der Sicht der konstruktivistischen Geographie steht die Frage im Fokus, welche soziale(n) Funktion(en) und welchen Sinn diese räumlichen Essentialisierungen in gesellschaftlichen Zusammenhängen haben . Die Container-Räume lassen sich als hergestellte Raumkonstruktionen, Raumabstraktionen, gemachte Räume oder raumbezogene Semantiken verstehen . Ein Beispiel für dieses konstruktivistische Verständnis von Raum ist Werlens handlungszentrierte Sozialgeographie alltäglicher Regionalisierung . Von ihm werden Räume als Konzepte aufgefasst, die im Kontext von Handlungen, beim alltäglichen Geographie-Machen konstituiert werden (vgl . Hard 1999: 133) . Unsichere oder gefährliche Orte, wie Grünanlagen, Fußballstadien oder Bahnhöfe, seien demnach durch Handeln konstruierte, begriffliche Regionalisierungen . Sie stellen sinnhafte Reduktionen, Kategorien und Referenzen für handelnde Subjekte dar und bieten gleichzeitig Orientierung für ihr alltägliches Handeln (z .B . in Form von Vermeidungs- oder Sicherheitsstrategien) (vgl . Werlen 2000: 327 f .) . Während Werlen handlungstheoretische Ansätze zur Basis der alltäglichen Regionalisierungen und des Geographie-Machens auswählt (vgl . 2 .2 .2), ist auch die systemtheoretische Perspektive bereits seit ca . 30 Jahren in der raumbezogenen Debatte zu finden . Klüter (1986) und Hard (1986) weisen unter Rückgriff auf Luhmanns Theorie sozialer Systeme darauf hin, dass der Raum primär als ein Element sozialer Kommunikation und damit als gedankliches Konstrukt anzusehen sei . Raumsemantiken oder Raumabstraktionen werden als kommunikative Abkürzungen oder Stellvertreter für eine reduzierte gesellschaftliche Komplexität verstanden (vgl . Abschn . 2 .2 .4) .b
Konstruktivistische Raumkonzepte
werlens handlungs zentrierte Sozialgeo graphie alltäglicher Regionalisierung
luhmanns theorie sozialer Systeme
Regionalisierungen,Verräumlichungen, Raumsemantiken oder Raumabstraktionen spielen eine wichtige Rolle als Strukturierungs- und Orientierungshilfe für soziales Handeln und Kommunizieren . Deshalb sind räumliche Essentialisierungen in gesellschaftlichen Kontexten so eingängig . Sie bieten den Handelnden eine beobachtbare und bearbeitbare räumliche Bühne, die soziale, ökonomische,
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SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
kulturelle oder politische Informationen bündelt . Sie reduzieren Komplexität, weil sie differenzierte Zusammenhänge vereinfachen, und zwar in Form einer Übersetzung von nicht-räumlichen Phänomenen in räumliche Entitäten . Auf diese Weise (re-)produzieren sich beispielsweise unsichere und daher zu meidende Orte . Dort halten sich viele Menschen auf, die, gemessen an geltenden Normen, irritierend wirken, nicht in alltagsweltliche Vorstellungen von Normalität und Angepasstheit passen oder für das unbestimmte „Fremde“ bzw . das „Andere“ stehen (vgl . Legarno 2001: 213 ff .) . Aus einer konstruktivistischen Perspektive sind solche Verräumlichungen, Raumsemantiken, Räume oder Orte primär als Resultate sozialer Prozesse zu begreifen . Dementsprechend sind Sinn und Zweck dieser Verräumlichungen auch nur aus einer sozialen und gesellschaftsbezogenen Perspektive heraus sinnvoll analysierbar .
Ansatzpunkte einer Kritischen Kriminalgeographie
Vor dem Hintergrund dieser raumkonzeptionellen Überlegungen ist es das Ziel einer Kritischen Kriminalgeographie, aus einer konstruktivistischen Perspektive nach der räumlichen Organisation von Sicherheit, Risiken und Kriminalität sowie nach den sozialen (Re-)Produktionsbedingungen und Konstruktionsleistungen im Kontext von Sicherheit, Kriminalität und Raum zu fragen . In Abhängigkeit von den wissenschaftstheoretischen Hintergründen greift sie dabei auf unterschiedliche Gesellschafts- und Raumkonzepte zurück (vgl . auch Glasze et al . 2005) . 2.2.2 Handlungstheoretische Überlegungen zu Sicherheit und Raum
Eckpunkte hand lungstheoretischer Ansätze
In der Humangeographie ist seit Ende der 1980er Jahre eine ertragreiche Integration handlungstheoretischer Ansätze zu beobachten . Sie sind vor allem bei der Erklärung der „Räumlichkeit des Sozialen“ von Bedeutung und dementsprechend auch bei der Verräumlichung von Sicherheit, Kriminalität und Risiken hilfreich .Werlen bezeichnet dieses Verräumlichen auch als Geographie-Machen (vgl . Werlen 2008: 317 ff .) . Menschliches Tun wird in diesem Paradigma ausdrücklich als Handeln, d .h . als bewusste, vom Subjekt autonom getragene Aktion, als zielgerichtetes, sinnbezogenes Agieren dargestellt . […] Der Akteur entwirft die eigenen Handlungsziele selbst, er entwirft vor dem Hintergrund der bestehenden Wertestrukturen Zielsetzungen und Intentionen […] . Zusätzlich zum Aspekt der Reflexivität, also dem Nachdenken über das eigene Tun, wird […] Intentionalität, die Ziel- und Sachbezogenheit des Agierens, als entscheidendes Kausalitätselement personaler Systeme gesehen . (Weichhart 2008: 247 f .)
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RAUMKonZEPtIonEllE ÜBERlEGUnGEn
Insbesondere Benno Werlen hat mit der handlungszentrierten Sozialgeographie diesen theoretischen Ansatz in die humangeographische Debatte eingeführt (vgl .Werlen, 2009a, 2009b, 1997, 1995, 1987; vgl . auch Schmidt 2004) . Das Räumliche wird als eine Dimension des Handelns betrachtet . Es geht um die Frage, wie durch Handlungen die gesellschaftliche Konstruktion von Raum geschieht . Kategorien des Handelns wird ein Vorrang gegenüber denen des Raumes eingeräumt .
handlungstheoretische Sozialgeographie nach werlen
Eine handlungstheoretische Sozialgeographie ist nicht als eine handlungsorientierte Raumwissenschaft konzipiert, sondern als eine raumorientierte Handlungswissenschaft . […] Vom handlungszentrierten Standpunkt aus ist ‚Raum‘ als eine begriffliche Konzeptualisierung der physisch-materiellen Wirklichkeit zu begreifen . Es handelt sich bei ‚ihm‘ nicht um einen Gegenstand oder um einen eigenständigen Wirklichkeitsbereich, sondern um einen Begriff . (Werlen 2008: 319 f .) .
Die soziologischen Wurzeln der handlungstheoretischen Humangeographie gehen insbesondere zurück auf die Entwürfe von Anthony Giddens und seine Strukturationstheorie . Giddens hat umfassende theoretische Überlegungen zum Zusammenhang von gesellschaftlichen Handlungen und Strukturen angestellt (vgl . Giddens 1997) . Als wichtige Grundbegriffe der Strukturationstheorie lassen sich Handeln und Struktur identifizieren, wobei diese Begriffe nicht als Gegensätze zu verstehen sind . Das Handeln der gesellschaftlichen Subjekte konstituiert gesellschaftliche Strukturen (z . B . Strafgesetze), und diese Strukturen sind Voraussetzung von sozialen Interaktionen (z . B . Rechtssprechung) und gleichzeitig wiederum deren Ergebnis (z .B . Erlass neuer Gesetze) . Strukturen können dementsprechend als überindividuelle soziale Entitäten (z . B . Betretungsverbote, Shopping Malls, Gerichtsverhandlung, Sozialraum) verstanden werden (vgl . Weichhart 2008: 280 ff .) . Der Zusammenhang zwischen Handlungen und Struktur besteht vor allem darin, dass nicht nur andauernde Handlungen zur Strukturierung gesellschaftlicher (und räumlicher) Zuschreibungen beitragen, sondern dass diese Handlungen gleichzeitig durch die gesellschaftlichen Strukturen geformt und gelenkt werden . Es kann angenommen werden, dass die Wechselbeziehung zwischen Handeln und Struktur durch eine permanente Auseinandersetzung um die Deutungshoheit bei der Etablierung von Wirklichkeitsbereichen gekennzeichnet ist . Handelnde Subjekte konstituieren u .a . auch konkurrierende „Realitäten“, und zwar in räumlicher wie in sozialer Hinsicht . Handlungen lassen sich nach Werlen in einem idealtypischen Handlungsmodell mit unterschiedlichen Sequenzen abbilden (vgl .Werlen 2008: 39
Strukturationstheorie von GIddens
Spannungsverhältnis von handeln und Struktur
SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
Idealtypisches Modell des handelns
282 ff .) . Am Beginn dieses Handlungsablaufs (in der Situation I) steht der Handlungsentwurf . Dies ist eine vorbereitende und planende Sequenz, in der die Intentionalität der Handlung gebildet wird . In der nächsten, der Situationsdefinition, nimmt der Handelnde eine subjektive Bewertung der Situation I vor . Es handelt sich um eine zielspezifische, individuelle Strukturierung der Situation I, daher wird von Situation I’ gesprochen . Die anschließende Handlungsverwirklichung beinhaltet den eigentlichen Handlungsakt und damit die Umwandlung der Situation I in die Situation II . In der nächsten Sequenz wird das Handlungsresultat sichtbar . Dabei können sich für den Handelnden wie auch für andere Akteure beabsichtigte und unbeabsichtigte Folgen ergeben . Parallel zu diesen Sequenzen sind die individuelle Zielorientierung, der Handlungsrahmen sowie die Mittelwahl mitzuführen (vgl . Abb . 7) .
Abb. 7: handlungs modell in Anlehnung an werlen (2008: 284) und rolFes (1996: 81)
HANDELNDE(R) IN DER SITUATION I Handlungsentwurf Antizipation der erwünschten Situation, die ego herbeiführen möchte
Situationsdefinition Situation I' des Handelns soziale und physische Komponente
Handlungsverwirklichung
Handlungsfolgen
gemäß der Ziel/ZweckMittel-Kombination als Eingriff in die physische oder soziale Welt
beabsichtigte oder unbeabsichtigte Folgen Situation II
ZIELORIENTIERUNG Abwägen als Wahl zwischen alternativen Entwürfen
Bezugsrahmen der Orientierung
Entschluss
manifeste Absicht, verfolgtes Ziel
MITTELWAHL Abwägen zwischen alternativen Mitteln
Drei handlungs theoretische Perspektiven
Entscheidung für Mittel in Bezug auf das verfolgte Ziel
Der handlungstheoretischen Sozialgeographie legt Werlen drei unterschiedliche Perspektiven zugrunde . Auf dieser Basis entwirft er drei Raumkonzeptualisierungen, die das alltägliche Geographie-Machen versteh- und nachvollziehbar machen (vgl . Werlen 2008: 290 ff . und Glasze et al . 2005: 39 f .):
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Bei dem auf Weber und Pareto zurückgehenden zweckrationalen Handeln spielt das Rationalitätsprinzip, also das Kosten-Nutzen-Kalkül der handelnden Subjekte, eine zentrale Rolle (Homo oeconomicus) . Maßgeblich für dieses Handeln und seine Raumkonstruktionen sind Metriken oder Maßzahlen (z .B . Geld oder Distanzen) . Sie machen insbesondere ökonomisches Handeln von Unternehmen oder kostenminimierendes Handeln von Verwaltung und Politik nachvollziehbar . Aus Sicht einer raumorientierten Sicherheitsforschung wäre zu prüfen, inwieweit ökonomische oder politische Akteure soziale Tatsachen zweckrational verräumlichen oder sich in ihren Handlungen an diesen Verräumlichungen rational orientieren . So ist beispielsweise die immer wieder zu beobachtende hohe Konzentration von Raubdelikten in Fußgängerzonen und Innenstädten aufgrund der vielen Tatgelegenheiten leicht als eine zweckrationale Handlung von Taschendieben nachzuvollziehen . Dies ruft allerdings auch Sicherheitskräfte und Sicherheitspolitiken auf den Plan, die ihr präventives Handeln zweckrational auf diese unsicheren „Raumstrukturen“ einstellen (vgl . Kap . 4) . Ebenfalls aus sozialwissenschaftlichen Handlungstheorien leitet Werlen (2008: 291 ff .) das normorientierte Handeln ab . Bei dieser Handlungsform bilden vor allem gesellschaftliche Werte und soziale Normen den Rahmen . Gleichzeitig wird das Handeln als eine Aktivität verstanden, die unter anderem auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt wird . Unter der Prämisse von kollektiv oder individuell wirksamen Normen, Werten oder Gesetzen sind Verräumlichungen und Regionalisierungen vielfältig vorstellbar (z .B . Administrativräume, „soziale Brennpunkte“, „Ausländerviertel“, Gated Communities, Shopping Malls) . Es lässt sich beispielsweise beobachten, dass vor allem in den schnell wachsenden Megacities des globalen Südens spezifische, normativ aufgeladene Bilder und Diskurse (Strukturen) über die Kriminalitäts- und Sicherheitslage in der Stadt einen wichtigen Handlungsrahmen bei der Wohnstandortwahl bilden . So wird von Wohnungssuchenden mit entsprechenden finanziellen Ressourcen die Entscheidung abgewogen, ob sich ihre Ansprüche an Wohnen und Nachbarschaften in abgeschlossenen Wohnkomplexen (vgl . Gated Communities, Abschn . 5 .5) möglicherweise besser realisieren lassen . Bereits durch das Kommunizieren dieser Ansprüche und Wünsche werden sichere und unsichere Räume erzeugt, die schließlich weitere Entscheidungen (z . B . der Immobilienwirtschaft oder polizeilicher Präventionsarbeit) nach sich ziehen . Das auf Schütz zurückgehende verständigungsorientierte Handeln stellt die Konstruktion von Wirklichkeitsbereichen durch Subjekte im Rahmen von Kommunikations- und Verständigungsprozessen ins Zentrum (vgl . Werlen 2008: 292 ff .) . Nach Werlen hat der Körper als Durchgangsort für Informationen und bei der Sammlung eines Wissensvorrats einen hohen Stellenwert . Präsenz, Kopräsenz und Abwesenheit sowie 41
Zweckrationale handlungen und Raumkonstruktionen
normorientiertes handeln und Verräumlichen
Verständigungsorien tiertes handeln und informativsignifikatives GeographieMachen
SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
die räumliche Anordnung von Körpern sind wichtige Aspekte für die Kommunikation bzw . Interaktion der Subjekte (vgl . Werlen 2008: 300) . Die sinnhaft-emotionale Aufladung von räumlichen Gegebenheiten als Heimat oder Angstraum könnte beispielsweise als informativ-signifikatives Geographie-Machen bezeichnet werden . In diesem Kontext kann auch den massenmedial kommunizierten sozialen und räumlichen Wirklichkeitskonstitutionen eine sehr hohe Relevanz als emotional-signifikativer Handlungsrahmen zugeschrieben werden . Potenziale einer handlungstheore tischen Perspektive bei der Analyse von Sicherheit und Kriminalität im räumlichen Kontext
Verräumlichungen als orientierung für das handeln
Die Ausführungen zu den handlungstheoretischen Raumkonzeptualisierungen zeigen, dass darin zahlreiche Zugänge für eine humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung vorhanden sind . Erstens können die drei handlungstheoretischen Dimensionen sehr gut als theoretische Folie zur Systematisierung und Analyse von hergestellten Räumen mitgeführt werden . Dabei lassen sich die „gemachten Geographien“ vermutlich nur selten eindimensional aus nur einer der drei handlungstheoretischen Perspektiven erklären oder verstehen . Zweitens können die Produktionsprozesse, also Fragen nach der Genese oder dem „Machen“ krimineller oder verunsichernder Räume, fokussiert werden: In welchem Kontext oder als Folge welcher Handlungen von Individuen wurden gefährliche, sichere oder kriminelle Räume konstituiert? Wie führen diese Handlungen zu strukturellen Verfestigungen (z .B . in Form von verstärkter Polizeipräsenz, kommunalen Präventionsstrukturen oder Segregationstendenzen)? Drittens lassen sich Handlungen in ihre Sequenzen zerlegen und modellieren . So kann beispielsweise die Durchsetzung von härteren Präventions- oder Strafmaßnahmen (z .B . Erhöhung von Strafen für das Besprühen von Hauswänden, Demonstrationsverbote) durch das kommunale Ordnungsamt als eine Handlung verstanden werden, die in unterschiedliche Sequenzen unterteilt werden kann:Wer hat die Situation wie eingeschätzt/definiert? Welche Ziele wurden mit der Präventionsmaßnahme verfolgt? Wie sah der Handlungsentwurf und wie die Umsetzung aus? Welche Handlungsalternativen standen zur Wahl? Welche Mittel und Instrumente waren zur Durchsetzung der Handlung erforderlich? Sind beabsichtigte und unbeabsichtigte Handlungsfolgen festzustellen? Das Geographie-Machen ist auch deswegen untersuchenswert, weil die Verräumlichungen sinnhafte Orientierungen für das Handeln bieten . Die Existenz oder Wahrnehmung von „gefährlichen“ Orten oder „gefährlichen“ Gruppen hat erheblichen Einfluss auf das individuelle Handeln (z .B . Strategien der Vermeidung bestimmter Orte oder Sicherung des Eigentums mit technischen Hilfsmitteln), und sie schafft Strukturen .
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RAUMKonZEPtIonEllE ÜBERlEGUnGEn
Wenn von einem unsicheren Ort die Rede ist oder das Bewegen in einen bestimmten Raum als gefährlich beschrieben wird, so muss sich eine handlungszentrierte Humangeographie auf die beiden folgenden Fragen konzentrieren: Welche handelnden Subjekte haben bei der Zuschreibung und Entstehung dieser Verräumlichung eine Rolle gespielt? Und gleichzeitig: Welche Verräumlichungen (Strukturen, Wirklichkeitsbereiche) haben bei den Handelnden zu dieser spezifischen Form von Zuschreibung geführt?
2.2.3 Diskurstheoretische Perspektiven Eine bedeutsame Säule innerhalb der konstruktivistischen Theorieansätze in der Humangeographie stellt die Diskurstheorie dar (vgl . die Beiträge in Glasze/Mattissek 2009a) . Sie wurde maßgeblich von dem Soziologen Michel Foucault geprägt . Diskurstheoretische Ansätze und Studien sind im Themenfeld Unsicherheit, Kriminalität und Raum weit verbreitet (vgl . Schirmel 2011: 1 ff .; Germes/Glasze 2010: 217 ff .; Böhm 2007: 255 ff .; Glasze et al . 2005: 332 ff .; Mattissek 2005: 105 ff .) . Der wissenschaftliche Diskursbegriff muss zunächst von dessen alltagssprachlichem Gebrauch abgrenzt werden . Im alltäglichen Sprachgebrauch wird laut Duden unter Diskurs insbesondere eine Unterhaltung, ein Gedankenaustausch oder auch ein Wortwechsel verstanden . Auch Habermas verwendet diesen Terminus in seiner Theorie des Kommunikativen Handelns . Er versteht Diskurs als: „[…] die durch Argumentation gekennzeichnete Form der Kommunikation […], in der problematisch gewordene Geltungsansprüche zum Thema gemacht und auf ihre Berechtigung hin untersucht werden .“ (Habermas 1973: 214) . Der Diskurs wird dabei als die Aushandlung von individuellen Geltungsansprüchen umrissen (vgl . Habermas 1995: 25 ff .) . Von Foucault werden dagegen Diskurse als Wirklichkeit hervorbringende soziale Interaktionen verstanden (vgl . Krause 2009: 22) . Er analysiert gesellschaftliche Diskurse im Hinblick auf die Beziehung zwischen „Institutionen, ökonomischen und gesellschaftlichen Prozessen, Verhaltensformen, Normsystemen, Techniken [… etc .]“ (Foucault 1997: 68) .
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Diskurstheoretische Ansätze als Säule einer humangeographischen Sicherheits und Kriminalitätsforschung
Unterschiedliche Diskursbegriffe: Alltagswelt und wissenschaft
Diskursbegriff von mIchel Foucault
SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
Was sind Diskurse? Der Diskurs ist ein „Fluß von Text und Rede bzw .Wissen durch die Zeit“, der mehr oder minder stark strukturiert und „fest“ geregelt ist (vgl . Jäger 1993: 153) . Er bezeichnet das zu einer bestimmten Zeit an einem Ort wirklich Gesagte (vgl . Fink-Eitel 1997: 58) . Der Diskurs ist ein Ort, der Wissen hervorbringt, der die Gegenstände bildet, von denen man spricht . Gesellschaft kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert Diskurse: Gesellschaft braucht Diskurse (vgl . Althoff/Leppelt 1995: 32) . Diskurse sind Prozesse, die innerhalb gesellschaftlicher Institutionen, Regeln und Ritualen stattfinden und so Handlungen und Ereignissen Sinn geben . Dabei wird auf vorgefundene, historisch gewordene Deutungsmuster zurückgegriffen (vgl . Körner/Pilgrim 1998: 96) .
Begriffe erhalten durch Abgrenzung und Bewertungen eine Bedeutung
In Diskursen erhalten Begriffe durch Abgrenzung und Bewertungen eine Bedeutung . Dies geschieht durch die Abgrenzung des Bezeichneten zu anderen Begriffen (z .B . Großwohnsiedlung – Einfamilienhaussiedlung) und eine gleichzeitige Wertung der Begriffe durch weitere Eigenschaften (z .B . monoton, ungepflegt – friedlich, ordentlich) (vgl . auch: Glasze et al . 2005: 42 f .) . Dass Objekte erst dadurch materialisiert werden und entstehen, dass sie als Begriffe auftreten und mit Zuschreibungen versehen werden, macht den konstruktivistischen Charakter dieses Ansatzes deutlich . Für Foucault ist der Diskurs als eine Gesamtheit von Regeln aufzufassen, die in einer sozialen Praxis und sozialen Interaktionen eingeschlossen sind . Diskurse sind als ein Konglomerat aus Bedeutung, Denken und Handeln zu verstehen, in dem Dinge durch die Zuweisung von Symbolen und Sprache mit Bedeutung aufgeladen werden . Durch ihre Reproduktion erlangen sie gesellschaftliche Relevanz und (re-)produzieren so ihre Regeln selbst . Diskurse gehen damit weit über die rein sprachliche Ebene des Bezeichnens hinaus und stehen vielmehr für die Verbindung von symbolischen und sozialen Praktiken, materiellen Gegebenheiten und sozialen Institutionen (vgl . Foucault 1973: 68 f .) .
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Abb. 8: wahrheit, wissen und Macht im Diskurs
MACHT (MACHT DER DEFINITION) ... ... ist eine komplexe strategische Situation in der Gesellschaft. ... ist der Bestandteil der Ordnung der Diskurse. ... etabliert sich in einem Bündel von Beziehungen. ... wird erkämpft und nicht angeeignet. ... wirkt durch Normen und ist allgegenwärtig.
produziert
WAHRHEIT ... Der Wille zum Wissen ist der Wille zur Macht. Die Durchsetzung von Wissen ist die Durchsetzung von Macht.
... zentriert sich um den wissenschaftlichen Diskurs. ... ist dem Wahrheitsbedürfnis politischer und ökonomischer Anforderungen ausgesetzt. ... unterliegt der Kontrolle einiger großer politischer und ökonomischer Apparate. ... ist das „Ensemble“ von Regeln, nach denen das „Wahre“ vom „Falschen“ getrennt wird. ... ist Gegenstand von Auseinandersetzungen und Kämpfen. bestimmt
WISSEN/WISSENSSYSTEME ... ... wird im Diskurs produziert. ... ist ein Ergebnis von Konstruktionen und Interpretationen im Diskurs.
Mit dem Diskursbegriff von Foucault sind der Wissens-, Wahrheits- und Machtbegriff eng verbunden (vgl . Foucault 1969, 1975 und 1976) . Nach Foucault zentriert sich Wahrheit vor allem um den wissenschaftlichen Diskurs . Insbesondere bei Diskursen im Kontext von Wissenschaft und Forschung wird davon ausgegangen, dass das „Wahre“ vom „Falschen“ unterschieden wird . Die Wahrheit bedingt schließlich das Wissen . Wahrheit legt fest, welches Wissen bzw .Wissenssystem als „wahr“ und welches als „falsch“ etabliert wird . Wissen steht wiederum in enger Wechselbeziehung zur Macht (oder besser: der Macht der Definition) . Macht kann (verkürzt) als eine komplexe strategische Situation in der Gesellschaft aufgefasst werden, die unmittelbar mit Wissen und Wahrheit verschränkt ist (vgl . Abb . 8) . Sie ist häufig, muss aber nicht zwangsläufig an eine privilegierte soziale oder politische Stellung gebunden sein . Wissen ist für Macht konstitutiv, und gleichzeitig ist Macht Voraussetzung von Wissen . Folgt man Foucault, so ist die Durchsetzung von Wissen gleichzeitig auch die Durchsetzung von Macht . Und ebenso ist gleichzeitig der Wille zum Wissen der Wille zur Macht . Folgt man diesen Überlegungen, werden die spezifischen Ausprägungen von Macht, Wissen und Wahrheit in Diskursen verhandelt und dort (re-) produziert . Diskurse üben dabei Macht in einer doppelten Form aus: 45
Diskurse: wissen, wahrheit und Macht
Foucault: Der wille zum wissen ist der wille zur Macht. Macht, wissen und wahrheit wird in Diskursen verhandelt
SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
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Entstehung gefährlicher und sicherer orte in Diskursen
Zum einen durch die Sprache: Sie übt einen Zwang aus, in bestimmten Formen und vorgegebenen Logiken zu kommunizieren . Diese Sprachen, Begriffe und Regeln werden meist nicht von Individuen hervorgebracht, sondern entstehen durch die Interaktion von Individuen, Organisationen und Institutionen . Gleichwohl sind Institutionen bei der Prägung des Sprache-Macht-Komplexes sehr dominant und orientierend . Zum anderen sind Diskurse machtvoll, weil sie bestimmen, wer die Definitionshoheit über Aussagen sowie sinnvolle und rechtlich korrekte Zusammenhänge besitzt . Es sind oft hierarchisch geordnete Institutionen, meist politische, ökonomische, mediale und kulturelle Einrichtungen, die in Diskursen darüber bestimmen, was als diskussionswürdig und erwähnenswert, was als richtig bzw . wichtig oder falsch bzw . unwichtig gilt .
Glasze und Mattissek (2009a) haben gezeigt, welche Potenziale die Diskursforschung für die Humangeographie und die raumbezogene Gesellschaftstheorie besitzt . Auch die (Re-)Produktion und Konstruktion unsicherer, sicherer und krimineller Räume kann über diskurstheoretische Ansätze konzeptualisiert und abgeleitet werden . Nicht ein natürliches Unsicherheitsniveau oder die raumbezogene Polizeiliche Kriminalstatistik macht einen Raum tatsächlich unsicher, sondern der Diskurs, der über diesen Raum geführt wird . Die Gegenstände (z .B . Orte, Personengruppen, Situationen) gewinnen im Diskurs an Form und Aussagekraft . Dabei ist nicht gleichgültig, wer im Diskurs etwas sagt . Eine starke Definitionshoheit darüber, ob der Aufenthalt in einem Raum als risikoreich oder nicht risikoreich gilt, haben z .B . nicht in erster Linie die Bewohner(innen), sondern kommunalpolitische Organisationen, die Polizei oder Medienunternehmen . Diskursive Veränderung von Sicherheitspolitiken in Städten Glasze und Mattissek verdeutlichen dies am Beispiel aktueller Veränderungen von Sicherheitspolitiken in Städten: „Der Sicherheitsdiskurs hat sich in den letzten Jahren innerhalb vieler Städte maßgeblich gewandelt: Die Herstellung von Sicherheit durch den Staat wird in zunehmendem Maße diskursiv nicht mehr nur im Sinne des Schutzes von Bürgern legitimiert, sondern darüber hinaus als zentraler Aspekt eines wettbewerbsorientierten Stadtmarketings verstanden, welches Städte im nationalen und internationalen Wettbewerb mit einem positiven „Image“ zu positionieren sucht . Infolgedessen ändern sich auch diejenigen Praktiken und Handlungen, die von städtischen und staatlichen Instanzen als „sicherheitsrelevant“ betrachtet werden – dazu zählen nun auch Tätig46
RAUMKonZEPtIonEllE ÜBERlEGUnGEn
keiten wie „Herumlungern“ oder „Störungen der öffentlichen Ordnung“ oder das Wegwerfern von Kaugummipapieren auf der Straße (Mattissek 2005) . Die diskursanalytische Perspektive ermöglicht vor diesem Hintergrund, die historische und sozio-kulturell kontextspezifische Konstitution von Kategorien wie „kriminell“, „unsicher“, „bedrohlich“ etc . herauszuarbeiten . Sicherheitsdiskurse stellen machtvolle Rahmen gesellschaftlichen Handelns dar, die bestimmte Praktiken ermöglichen und andere einschränken oder verhindern . Eng verzahnt sind dabei sprachliche Legitimationen und Argumentationsmuster mit institutionellen Aspekten wie der Formulierung und Ausübung bestimmter Gesetze (etwa der Ahndung von Verschmutzungen des öffentlichen Raums mit rigorosen Strafen) oder der Regulierung des Zugangs einzelner Personengruppen zu bestimmten Orten (etwa des Zutritts Obdachloser zu Bahnhöfen) . Die neuen Sicherheitsdiskurse werden durch architektonische und städtebauliche Arrangements (bspw . durch die Installation von Videokameras oder durch eine bauliche Gestaltung, die für spezifische Gruppen die Aneignung erleichtert bzw . erschwert) gestützt und verfestigt .“ (Glasze/Mattissek 2009b: 18 f .)
Die Diskursforschung befasst sich mit der „Strukturierung von Aussagen und letztlich der gesamten Text- und Zeichenproduktion der im und durch den Diskurs [erzeugten] Begriffe und Objekte“ (Glasze et al . 2005: 43) . Dementsprechend argumentiert sie, dass die wahrgenommene oder beobachtete Unsicherheit ein raum-unabhängiges, gesellschaftliches Phänomen ist . Bei einer Übertragung diskurstheoretischer Ansätze in die Humangeographie und die humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung geht es somit insbesondere um die Identifizierung und Analyse sozialer und gesellschaftlicher Einflüsse bei der diskursiven Entstehung räumlicher Zusammenhänge und vor allem räumlich codierter (Un-)Sicherheiten und Kriminalität . Der diskurstheoretische Ansatz liefert mit seinen Begriffen, Methoden und Konzepten einen geeigneten Rahmen, um die Konstruktionsbedingungen und Regeln der Erzeugung dieser „unsicheren“ oder „gefährlichen“ Orte zu analysieren (vgl . in Abschn . 3 .3 .5 das Beispiel Crime Mapping) . 2.2.4 System- und beobachtungstheoretische Perspektiven auf Raum, Kriminalität und Sicherheit Seit etwa der Mitte der 1980er Jahre werden in der deutschsprachigen Humangeographie systemtheoretische Ansätze Luhmannscher Prägung sichtbar (vgl . Klüter 1986, Hard 1986 sowie jüngst Goeke/Lippuner/Wirths 2015) . Damit werden weitere fruchtbare theoretische Grundlagen geliefert, 47
leistungen der Diskursforschung für die humangeographie
SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
Kommunikation als Basiselement
Sinnhaft aufeinander bezogene Kommunika tionen konstituieren soziale Systeme
Soziale Systeme erzeu gen aus sich heraus das Dazugehörige und das Nicht-Dazugehörige.
typen von sozialen Systemen Interaktionssysteme
die eine alternative Herangehensweise zu den bis dahin weit verbreiteten handlungs- und strukturationstheoretischen Raumkonstrukten bieten und ertragreiche Möglichkeiten zur Analyse raumbezogener Muster von Kriminalität und Sicherheit liefern (Rolfes 2007a) . Es ist ein Grundgedanke der Theorie sozialer Systeme nach Luhmann, dass Kommunikation das Basiselement aller gesellschaftlichen Aktivitäten, sozialer Systeme und der in ihnen ablaufenden Vorgänge ist . Sie ist der zentrale Ausgangs- und Beobachtungspunkt dieser Gesellschaftstheorie und nicht – wie es uns in der Alltagswelt naheliegend erscheinen mag – Verhalten, Handlungen oder menschliche Aktivitäten . Der Kommunikationsbegriff ist allerdings nicht auf Schrift, Sprache, andere Zeichen oder deren Übertragung von einem Sender auf einen Empfänger begrenzt . Nach Luhmann gehören auch Handlungen dazu . Deshalb wird bisweilen auch argumentiert, dass die handlungstheoretischen Ansätze, die menschliche Handlungen als Grundformen gesellschaftlicher Interaktion betrachten, aus systemtheoretischer Perspektive lediglich als eine besondere Form der Kommunikation zu verstehen sind und somit die Systemtheorie die Handlungstheorie partiell zu ersetzen scheint (vgl . Redepenning 2006: 134 und sinngemäß auch Klüter im Interview in Schmidt 2004: 97) . Durch sinnhaft aufeinander bezogene Kommunikationen (also thematisch zusammenhängende Gespräche, Handlungen, Gesetzestexte, Berichte in den Massenmedien, …) werden schließlich in sich geschlossene soziale Systeme konstituiert (z .B . lokale Nachbarschaften, kommunale Präventionsvereine, kriminelle Netzwerke, die Polizei, politische Parteien, das Bundesinnenministerium, Europol, die Europäische Union, die deutsche oder türkische Gesellschaft, …) . Dabei ziehen sie die Grenzen zu ihrer Umwelt selbst, besitzen ihre eigenen Logiken, Fluchtpunkte oder Bezugsgrößen und operieren mit einem von ihnen selbst erzeugten Sinn . Auf der Basis dieses Sinns definiert sich, was zum sozialen System gehört (Selbstreferenz) und was nicht, was also Umwelt ist (Fremdreferenz) (vgl . Hard 1999: 149) . Sie erzeugen aus sich heraus das Dazugehörige und das Nicht-Dazugehörige, welches ständig neu bestimmt, reproduziert und dadurch stabilisiert wird. Diese Referenzbildung erfordert, dass soziale Systeme sich und ihre Umwelt permanent beobachten und Unterscheidungen zur Umwelt markieren . Deshalb wird stellenweise auch von einem beobachtungstheoretischen Ansatz gesprochen (vgl . Egner 2006: 95 ff .) . Typen von sozialen Systemen können Interaktionen, Organisationen oder Gesellschaften sein (vgl . Klüter 1999: 187 ff .) . Für den ersten Typ, kurzfristige Interaktionen, sind nach Luhmann lediglich die Anwesenheit von mindestens zwei Personen und ein gemeinsames Thema nötig . So sind die auf der Parkbank sitzenden Jugendlichen, die dort ihre Freizeit gemeinsam verbringen oder planen, ein soziales (Interaktions-)System . Ein weiteres soziales (Interaktions-)System wären drei Stadtteilbewohner(innen), die sich bei jedem Zusammentreffen aufs Neue darüber ärgern, dass die 48
RAUMKonZEPtIonEllE ÜBERlEGUnGEn
rauchenden und Alkohol trinkenden Jugendlichen ihren Müll im Park liegenlassen . Beide Interaktionssysteme erzeugen ihre „eigenen“ Umwelten: So stellen beispielsweise die drei Stadtteilbewohner(innen) für die Jugendlichen „typische Spießer“ dar . Für die drei Stadtteilbewohner(innen) sind die Jugendlichen eine „Schande für den Park“ . Die Grenzen werden durch die sozialen Interaktionssysteme selbst markiert . Die Kommunikation besteht vor allem aus Gesprächen und Beobachtungen . Der zweite Typ ist die Organisation. Die Übergänge zwischen Interaktionen, Netzwerken und Organisationen sind fließend . Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass es definierte Mitgliedschaften gibt und ein Programm oder festgelegte Regeln existieren . Sie sind dauerhafter als die oft nur temporär existierenden Interaktionssysteme . Beispiele wären kriminalpräventive Räte, die deutsche Polizei oder Stadtverwaltungen . Die Mitgliedschaften sind klar geregelt und das Programm der Organisation bestimmt die aufeinander bezogenen Kommunikationen . Sie folgen ihren organisationsspezifischen Logiken, und diese sind es, die, außer den definierten Mitgliedschaften, das Dazugehörige vom Nicht-Dazugehörigen unterscheiden . Die Kommunikation besteht z .B . aus Anweisungen, Einstellungen und Entlassungen, Satzungen, Gesetzen, Konferenzen und Sitzungen oder Öffentlichkeitsarbeit . Auf der höchsten Ebene sozialer Systeme findet sich schließlich die Gesellschaft . Sie konstituiert sich durch die kommunikative Erreichbarkeit der Gesellschaftsmitglieder . Ein wesentliches Kennzeichen der Gesellschaft ist die Möglichkeit zur Differenzierung in verschiedene Sub- und Funktionssysteme, wie Politik,Wirtschaft, Recht,Wissenschaft, Medien etc . (vgl . Klüter, 1999: 189 ff .) . Aus der Perspektive einer systemtheoretisch argumentierenden Humangeographie wird Raum als ein Element sozialer Kommunikation verstanden (vgl . Klüter 1986; Hard 1986) . Wenn Gesellschaft und soziale Systeme als aus Kommunikation bestehend begriffen werden, wird folglich auch Raum als ein in Kommunikationsprozessen erzeugtes Konstrukt betrachtet . Aus einer systemtheoretischen Perspektive ist jede Erkenntnis, jedes Wissen eine Konstruktion innerhalb eines sozialen Systems . Naheliegend ist nun die Frage, welche Bezüge dieses konstruierte Wissen bzw . diese konstruierten Erkenntnisse zur Außenwelt oder Realwelt haben . Insbesondere die Geographie dürfte interessieren, welche Entsprechungen der konstruierte Raum in der Real- oder Außenwelt hat . Die Antwort mag für viele gewöhnungsbedürftig sein, ist für einen radikalen Konstruktivismus allerdings sachlogisch: Es gibt keine Bezüge! Eine Übereinstimmung zwischen innergesellschaftlichen Raumkonstruktionen und gesellschaftsexternen Objekten, Räumen oder Phänomenen kann aus dieser Perspektive nicht erschlossen werden (vgl . Redepenning 2006: 135 f .) . Wenn in den vergangenen Jahren in (medien-)öffentlichen Kommunikationsprozessen und Berichterstattungen immer wieder auf eine „akute Terror- oder An49
organisationssyteme
Gesellschaft
Räume als Elemente sozialer Kommuni kation
Bezüge zwischen Raumkonstrukten und Realwelt
SIchERhEIt, KRIMInAlItät UnD RISIKo IM RäUMlIchEn BlIcK
Raumabstraktionen und raumbezogene Semantiken
schlagsgefahr“ für bestimmte Plätze, in Hauptstädten oder Regionen hingewiesen wird, so kann aus systemtheoretischer Sicht nicht abgeleitet werden, inwieweit diese Gefahr auch real existiert . Die „Gefährlichkeit“ von Räumen wird ausschließlich als kommunikativ hergestellt betrachtet (vgl . Röpcke/Rolfes 2013: 371 ff .) . Radikalkonstruktivistische Ansätze interessiert vielmehr, wie dieser „gefährliche Raum“ in Kommunikation hergestellt und (re-)produziert wird . Nicht „existierende Raumrealitäten oder Raumgegenstände“ werden untersucht, sondern Raumabstraktionen oder raumbezogene Semantiken sind Ausgangs- und Zielpunkt geographischer Analysen . Eine systemtheoretisch informierte Humangeographie fragt danach: Wie, von wem und zu welchem Zweck werden raumbezogene Semantiken aufgeladen oder (re-)produziert? Wie werden in Kommunikationsprozessen Raumsemantiken von sozialen Systemen hergestellt? Mit welchem Sinn laden soziale Systeme diese Raumsemantiken auf? In welchen Kommunikationszusammenhängen sind solche Raumsemantiken anschlussfähig? Inwieweit ordnen raumbezogene Semantiken soziale Systeme?
Raumbezogene Semantiken stabilisieren soziale Systeme
Raumbezogene Semantiken könnten als Sinn stiftende Kommunikationselemente dazu beitragen, soziale Systeme zu stabilisieren . Das soziale System beobachtet sich selbst über Grenzen und raumbezogene Semantiken . Raumsemantiken (z .B . Grenzen) stabilisieren soziale Systeme, weil sie ihnen Orientierungspunkte dafür liefern, was zum System gehört (Selbstreferenz) und was nicht (Fremdreferenz) (vgl . Stalder 2001: 12) . So kann eine Kommune eine eigene Identität entwickeln, indem sie sich von den Nachbarkommunen z .B . als besonders sichere, umweltbewusste oder tourismusfreundliche Kommune abgrenzt . Welche Raumsemantiken ein soziales System beobachtet, auflädt oder (re-)produziert, hängt von den Eigenlogiken und dem Sinn des jeweiligen sozialen Systems ab . Videoüberwachung von unsicheren Räumen Die Videoüberwachung von unsicheren Orten bietet gute Ansatzpunkte, um zu zeigen, wie dadurch soziale Systeme stabilisiert werden (vgl . Rolfes 2007a: 67 ff .) . Akteure von Polizei und Kriminalprävention sehen in der Installation von Videoüberwachungsanlagen in der Regel einen räumlich abgrenzbaren Sicherheitsgewinn . Es werden spezifische Räume (z .B . dunkle Parks, U-Bahn-Stationen, 50
RAUMKonZEPtIonEllE ÜBERlEGUnGEn
Knotenpunkte des öffentlichen Personennahverkehrs oder (Park-) Plätze vor Großraumdiskotheken) ausgewählt, die es zu überwachen gilt und die dadurch sicherer gemacht werden (vgl . Abschn . 4 .4 .1) . Die Sicherheitsproduzent(inn)en dokumentieren damit ihre präventiven/repressiven Aktivitäten und ihre Zugriffsmöglichkeiten auf die Sicherung von Räumen . Unsicherheit wird über räumliche Interventionen als beherrschbar kommuniziert, z . B indem die Polizei über die Massenmedien Fahndungserfolge oder Erfolge bei der Sicherheitsproduktion in diesen Räumen mitteilen lässt (z . B . durch eine Steigerung der Aufklärungsquoten oder den Rückgang von Straftaten in den videoüberwachten Räumen) . Eine zunächst als unsicher kommunizierte raumbezogene Semantik wird als „sicherer“ oder „weniger unsicher“ aufgeladen . Die lokalen Sicherheitsproduzent(inn)en vermarkten sich als die „Verursacher“ dieser Präventionsaktivitäten und des Erfolges . Sie rechtfertigen so ihr Handeln und stabilisieren ihre Organisation . Raumsemantiken haben für die Gesellschaft eine wichtige Orientierungsfunktion: Sie reduzieren soziale Komplexität, indem Räume mit vielschichtigen sozialen, kulturellen oder ökonomischen Merkmalen assoziiert werden (vgl . Redepenning 2006, Hard 1999, Klüter 1986) . Soziale Problemlagen werden auf diese Weise verräumlicht, an raumbezogene Semantiken angeschlossen und so kommuniziert . Diese räumlichen Konstrukte können als Rationalisierungselemente verstanden werden, die in vielen gesellschaftlichen Feldern als kommunikativer Fokus dienen, beispielsweise in Form von räumlichen Zuschreibungen wie „sozialer Brennpunkt“, „Problembezirk“ oder „benachteiligtes Quartier“ . Verräumlichte soziale Probleme legen raumbezogene Interventionen nahe . Sie dienen so einer Reduktion komplexer sozialer Wirklichkeiten und vereinfachen ein Reagieren auf komplexe soziale, ökonomische oder politische Phänomene durch raumbezogene Interventionen . Wird man sich dessen bewusst, so leuchtet es ein, dass Verräumlichungen einen bestimmten Zweck erfüllen und aus diesem Grund von sozialen Systemen hergestellt, reproduziert und verwendet werden . Nach Auffassung von Klüter (2000) verfügen vor allem arbeitsteilige, formale Organisationen über das Potenzial, nachhaltig wirksame und stabile Raumabstraktionen und Raumsemantiken zu erzeugen . Zu solchen Organisationen zählen beispielsweise kommunale Verwaltungen, Behörden oder auch Medienunternehmen, Verlage und wissenschaftliche Einrichtungen . „Sie [die Organisationen, Anm . M .R .] wählen aus, was verräumlicht wird und was nicht, Auswahlkriterium ist, welche Adressaten wie orientiert werden sollen . Dabei ist die räumliche Orientierung ein Ersatz für die soziale Orientierung“ (Klüter 2000: 600) . Verräumlichungen können 51
Raumbezogene Semantiken machen komplexe soziale Phänomene kommunizierbar
Verräumlichte soziale Probleme legen raumbezogene Interventionen nahe
Raumbezogene Semantiken werden oft durch organisationen erzeugt
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somit z .B . durch Presseberichte oder Karten über städtische Kriminalitätsschwerpunkte erzielt werden (vgl . Abschn . 3 .3 .2) . Während Klüter das Machtpotenzial von Organisationssystemen bei der Erzeugung von raumbezogenen Semantiken in den Vordergrund stellt, schreiben Pott (2002) und Miggelbrink/Redepenning (2004) auch den Interaktionssystemen eine bedeutsame Rolle bei der Konstruktion dauerhafter raumbezogener Semantiken zu . 2.2.5 Abschließende Bemerkungen zum Stellenwert von Theorien wozu theorie?
theorie und empirische Forschung
In dem Kapitel wurde deutlich gemacht, dass innerhalb der Humangeographie bereits sehr gut ausgearbeitete und anwendbare theoretische Ansätze existieren, um die Zusammenhänge zwischen Raum, Kriminalität und Sicherheit theorieorientiert zu beschreiben und zu analysieren . Diese Theorieansätze sollten „kreativ“ gehandhabt werden, um vertiefte und theoretisch gefestigte Erkenntnisse über Sachzusammenhänge in Erfahrung zu bringen . Der systematische Umgang und die Berücksichtigung von theoretischen Perspektiven spielen für die empirische Forschung eine sehr wichtige Rolle . Empirische Erkenntnisse, Erfahrungen und Daten können je nach Kontext sehr unterschiedlich interpretiert und verstanden werden . Theorien helfen dabei, Daten, Sachverhalte und Informationen zu verstehen, zu systematisieren und zu interpretieren . Gerade die bisherigen Ausführungen haben gezeigt, dass das räumliche Auftreten von Kriminalität und Sicherheit je nach theoretischem Fokus sehr unterschiedlich erklärt oder verstanden werden kann . Die verschiedenen Funktionen und „Gewinne“ eines theoretischen Blicks auf Phänomene und Sachverhalte hat Hard im Jahr 1987 wie folgt beschrieben: •
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Erstens ist jede Theorie ein unendlicher Hypothesen- und Hilfshypothesengenerator (vgl . Hard 1987: 5) . Wenn man davon ausgeht, dass Kriminalität oder Raum als soziales Konstrukt zu verstehen ist, dann provoziert diese Annahme zahlreiche Forschungsfragen . Zweitens können auf der Grundlage dieser Hypothesen in einem umfassenden Ausmaß operationale Prüfhypothesen entstehen (vgl . Hard 1987: 4): Wenn soziale Brennpunkte als Ergebnisse von Kommunikationsprozessen aufzufassen sind, dann sind die massenmediale Berichterstattung oder die kommunalpolitischen Diskurse über sie bedeutsam . Falls Videoüberwachung nicht signifikant Straftaten verhindert, sind andere Machtdiskurse für deren Installation verantwortlich . … Drittens können Theorien auch Forschungswellen auslösen . „Ohne Glauben oder Unglauben an eine Theorie liefe gar nichts; jede Theorie ist die Quelle eines potenziell unendlichen Forschungsprogramms“ (Hard 1987: 4) . Hier sei auf den Broken-Windows-Ansatz verwiesen, der
RAUMKonZEPtIonEllE ÜBERlEGUnGEn
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als theoretischer Hintergrund für Präventionsarbeit enorme Forschungsaktivitäten ausgelöst hat (vgl . Abschn . 4 .1 .1) . Viertens produziert eine Theorie, die auf der Grundlage von empirischen Forschungen durchgeführt wurde, immer auch neue empirische Erkenntnisse und Daten (vgl . Hard 1987: 5) . Theorieansätze sind in der wissenschaftlichen Forschung ein wesentlicher Grundpfeiler für die Validität und zur Plausibilisierung gewonnener Erkenntnisse . Gleichzeitig sind sie unerlässlich für einen kritischen wissenschaftlichen Diskurs .
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3 Erkenntnisinteressen: theoriebasierte und anwendungsbezogene Perspektiven
Methoden zur raumbezogenen Analyse von Sicherheit und Kriminalität
Methoden und Instrumente zur Analyse des Zusammenhangs zwischen Raum, Kriminalität und Sicherheit
Wissenschaftliche Analysen zum Zusammenhang von Raum, Kriminalität und Sicherheit können zunächst recht grob in zwei Kategorien unterteilt werden: einerseits in solche Studien, die sich aus einem theoriebasierten Erkenntnisinteresse heraus mit der Frage befassen, inwieweit die Phänomene Sicherheit und Kriminalität auf der Grundlage raumbezogener Argumentationen und Untersuchungsansätze beobachtet, verstanden und erklärt werden können (vgl . Abschn . 2 .2); andererseits in solche Untersuchungen, die aus einer anwendungsbezogenen Perspektive heraus versuchen, räumliche Muster von Sicherheit, Unsicherheit und Kriminalität sowie deren Risiken zu erfassen und gegebenenfalls Erklärungshintergründe, Lösungsstrategien und Handlungsempfehlungen zu liefern . Für diese wissenschaftlichen Analysen werden in den Sozialwissenschaften und in der Humangeographie die Erhebungs- und Auswertungsmethoden der empirischen Sozial- und Regionalforschung genutzt . In diesem Kapitel sollen allerdings nur diejenigen Methoden und Instrumente beleuchtet werden, die bei raumbezogenen Analysen von Kriminalität und Sicherheit zum Einsatz kommen: Dies sind zum einen Analyseansätze, die sich grob unter dem Label Kriminologische Regionalanalysen zusammenfassen lassen (vgl . Abschn . 3 .2); zum anderen finden explizit raumbezogene Analysen von Kriminalität im Rahmen des sogenannten Crime Mapping oder Geographical Profiling statt (vgl . Abschn . 3 .3) .Vorangestellt werden allerdings einige grundlegende Hinweise zur empirischen Erforschung von Kriminalität und den zugrunde liegenden Daten (vgl . Abschn . 3 .1) . 3.1 Kriminalstatistik und Kriminalitätsanalyse
weshalb Gesellschaft die Beobachtung von Kriminalität braucht …
Um Kriminalität und abweichendes Verhalten bearbeiten zu können, benötigen die Gesellschaft und die für die Sicherheitsproduktion und Rechtspflege zuständigen Institutionen Wissen oder Informationen über das Ausmaß von strafbaren Handlungen und deren Entwicklung . Entsprechende Statistiken oder Analysen dienen dazu, das komplexe Phänomen Kriminalität zu erfassen und für die Gesellschaft (z .B . Politik, Polizei, Bürger(innen) oder die Medien) darstellbar zu machen . Insofern ist das Erzeugen von Wissen über regionale, geschlechtsspezifische, altersbezogene oder andere Merkmale von Kriminalität gesellschaftlich sehr relevant, um präventive Maßnahmen zu etablieren oder zu legitimieren (z .B . die Optimierung der 54
KRIMInAlStAtIStIK UnD KRIMInAlItätSAnAlYSE
Strafverfolgung, das Entwickeln von Präventionsmaßnahmen, das Anpassen/Neuentwerfen von Gesetzen, die Verschärfung von Strafen) . In den USA werden Kriminalitätsstatistiken auch zu Monitoringzwecken herangezogen, um staatliche Zuschüsse und Finanzzuweisungen für die Polizeiarbeit zu steuern . Dies erfordert ein hohes Vertrauen in die Validität und Messfähigkeit der Kriminaldaten . Dementsprechend ist die Qualität der Kriminalitätsdaten und deren Optimierung immer wieder Gegenstand von Diskussionen (vgl . U.S. Department of Justice 1999: 7 ff .) . In Deutschland sind derartige Überlegungen (noch nicht) akut . 3.1.1 Beobachtung und Datengrundlagen von Kriminalität und Kriminalitätsentwicklung Wenn in den Massenmedien vom Rückgang oder Anstieg der Kriminalität berichtet wird, so liegen diesen Berichten in der Regel die amtlichen Zahlen der Kriminalitäts- oder Strafverfolgungsstatistiken zugrunde . In Deutschland wird die Kriminalitätsentwicklung überwiegend auf der Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) beobachtet . Darüber hinaus liefern für die Bundesrepublik aber auch die Staatsanwaltschaftsstatistik, die Strafverfolgungsstatistik, die Strafvollzugsstatistik sowie die Bewährungshilfestatistik Informationen zur Kriminalitätslage und Kriminalitätsentwicklung (vgl . Abb . 9) .
Statistiken zur Beobachtung der Kriminalitäts entwicklung
POLIZEILICHE KRIMINALSTATISTIK ... beinhaltet die bei der Polizei bekannt gewordenen und von ihr bearbeiteten Straftaten (Fälle) einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche. Sie enthält Informationen über Deliktarten, Angaben über die Tatverdächtigen und die Opfer.
STAATSANWALTSCHAFTSSTATISTIK ... enthält Angaben über die bei den Staatsanwaltschaften abgelaufenen Verfahren, insbesondere zum Ausgang von Verfahren, weniger zu den Delikten oder Tätergruppen.
STRAFVERFOLGUNGSSTATISTIK ... führt die von den Gerichten abgeurteilten Tatverdächtigen auf, soweit gegen sie rechtskräftig Strafbefehle erlassen wurden bzw. Strafverfahren durch Urteil oder Einstellungsbeschluss rechtskräftig abgeschlossen wurden.
STRAFVOLLZUGSSTATISTIK ... stellt Angaben über die Struktur der Strafgefangenen (Alter, Geschlecht, Art der Straftat usw.) im Freiheits- und Jugendstrafvollzug sowie der Sicherungsverwahrten zur Verfügung.
BEWÄHRUNGSHILFESTATISTIK ... beinhaltet Angaben über die hauptamtlichen Bewährungshelfer(innen) sowie über die ihnen zur Bewährungsaufsicht unterstellten Personen. Abb. 9: Kriminalstatistiken und ihre Inhalte (vgl. schwInd 2013: 24 ff.; BundesmInIsterIum des Innern/ BundesmInIsterIum der JustIz 2006, A1 ff.)
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MEthoDEn UnD InStRUMEntE ZUR AnAlYSE
Kriminalitätsmessung auf der EUEbene
hellfeld und Dunkelfeld der Kriminalität
hellfeldforschung
Dunkelfeldforschung: täter(innen) und opferbefragungen
Ähnliche Statistiken zur Beobachtung von Kriminalität und Strafverfolgung liegen auch in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten vor (vgl . Tavares/ Thomas 2010: 6 ff .) . Eine EU-weite Vereinheitlichung der nationalen Kriminalstatistiken erweist sich allerdings als sehr schwierig, da die Modi der Erhebung von Straftaten in den EU-Staaten stark voneinander abweichen . Derzeit werden die unterschiedlichen Deliktbereiche lediglich in absoluten Zahlen veröffentlicht . Auf nationale Vergleiche angelegte Darstellungen von Kriminalität (z .B . Straftaten je 1 .000 Einwohner) werden seitens der EU vermieden, da nationale Unterschiede missverständlich interpretiert werden könnten (vgl . Tavares/Thomas 2010: 15) . In der Kriminologie werden die bekannt gewordenen und im Rahmen von Statistiken registrierten Straftaten als das Hellfeld der Kriminalität bezeichnet . Davon zu unterscheiden ist das sogenannte Dunkelfeld, also diejenigen Straftaten, die von der Polizei nicht registriert wurden, weil sie nicht entdeckt wurden oder gar nicht angezeigt worden sind (vgl . Schwind 2013: 38 f . oder Clages/Zimmermann 2010: 115) . Die Hellfeldforschung beschäftigt sich in erster Linie mit der Auswertung von Kriminalitätsstatistiken (z . B . Bundesministerium des Innern/ Bundesministerium der Justiz 2006 und 2001 u . v .a .) . Die registrierten Straftaten werden z . B . nach Deliktbereichen, regionaler Verteilung und Aufklärungsquote ausgewertet . Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ermöglicht Analysen über die Tatverdächtigen (Geschlecht, Alter, Wohnort, Staatsangehörigkeit) sowie die Opfer (vgl . Bundesministerium des Innern, 2011: 1 f .) . Auf der Grundlage der Entwicklungen der PKS wird der Grad des Erfolges von Politik und Polizeiarbeit beobachtet und bewertet . Vor allem die langfristigen Entwicklungen in der PKS werden auf verschiedenen räumlichen Ebenen (Kommune, Regionen, Bundesländer, gesamtstaatliche Ebene) ausgewertet, dargestellt und bewertet .Von Seiten der Polizei, der Politik und der Medien wird die PKS deshalb trotz ihrer eingeschränkten Aussagekraft (vgl . Abschn . 3 .1 .2) als der Indikator zur Messung der „realen“ Kriminalität und Kriminalitätsentwicklung herangezogen . Das Ausmaß der „Gesamtkriminalität“ einer Gesellschaft zu ermitteln, stellt schon aus erkenntnistheoretischer Sicht ein grundlegendes Problem dar (vgl . Abschn . 1 .3 .1) . Gleichwohl gibt es aus politischer, polizeilicher und auch wissenschaftlicher Sicht ein sowohl praxisbezogenes wie auch theoretisches Interesse, Informationen über das Ausmaß der Kriminalität jenseits der amtlichen Statistik zu erhalten . Um solche Informationen zu generieren, kommt in der Dunkelfeldforschung das gesamte Methodenspektrum der empirischen Sozialforschung zum Einsatz – dabei bilden Täter(innen)und Opferbefragungen einen Schwerpunkt (vgl . Lüdemann/Ohlemacher 2002, 13 ff .; Steffen 1993: 17 ff .) . Befragungen von Straftäter(inne)n oder von Personen, denen ein potenziell abweichendes Verhalten unterstellt wird, zielen in der Regel darauf ab, vertiefte Informationen über selbstberichtete oder beabsichtigte kriminelle Handlungen sowie die sozialen und 56
KRIMInAlStAtIStIK UnD KRIMInAlItätSAnAlYSE
persönlichen Merkmale von (potenziellen) Täter(inne)n zu erhalten (vgl . Schwind 2013: 43 ff .) . Zur Aufhellung des Dunkelfeldes werden darüber hinaus Befragungen von tatsächlichen oder potenziellen Opfern durchgeführt . Oftmals handelt es sich bei solchen Erhebungen um themenorientierte Haushalts- oder Bürgerbefragungen, bei denen die Proband(inn)en unter anderem gefragt werden, inwieweit sie schon Opfer von Straftaten geworden sind und ob die Straftaten angezeigt wurden (vgl . Lüdemann/ Ohlemacher 2002; Steffen 1993: 19 ff .; Schwind 2013:47 ff .) . 3.1.2 Kriminalstatistik: Ein verzerrtes Bild der Kriminalität Kriminalitätsstatistiken können das soziale Phänomen Kriminalität nur in ihren spezifischen Formen und Codes ausdrücken, nämlich mit Zahlen, Daten, Kennziffern oder statistischen Korrelationen . Kriminalitätsstatistiken reduzieren das komplexe soziale Phänomen Kriminalität auf leicht les- und interpretierbare Maßzahlen . Diese Maßzahlen stellen eine eigene, abstrahierte Wirklichkeitskonstruktion dar . Anhand dieser Zahlen beobachtet die Gesellschaft „ihre“ Kriminalitätsentwicklung . Innerhalb von Kriminologie und Kriminalistik wird die Aussagekraft und Aussagereichweite dieser statistischen Wirklichkeitsrepräsentationen kritisch diskutiert . Konsens ist, dass die statistische Erfassung der Kriminalität hochgradig selektiv ist und die statistischen Zahlen nur eingeschränkt bis gar nicht geeignet sind, Aussagen über das tatsächliche Ausmaß der Kriminalität zu liefern (vgl . Abschn .1 .3 .1) . Am Beispiel der PKS lässt sich gut zeigen, mit welchen Restriktionen das Registrieren von Kriminalität verbunden ist und welche Konsequenzen dies für deren Nutzwert hat . Schon das Bundesministerium des Innern sowie das Bundeskriminalamt weisen darauf hin, dass die Aussagekraft der PKS begrenzt ist . „Die Polizeiliche Kriminalstatistik bietet […] kein getreues Spiegelbild der Kriminalitätswirklichkeit, sondern eine, je nach Deliktart, mehr oder weniger starke Annäherung an die Realität .“ (Bundesministerium des Innern 2011: 4) . Dieser Aspekt wird auch in der kriminologischen Forschung nachhaltig betont: „Die Kriminalstatistik ist keine mengenmäßige Beschreibung der den Behörden zur Kenntnis gelangenden kriminellen Wirklichkeit: Sie drückt nicht registrierte Kriminalität, sondern Registrierungsverhalten der strafrechtlichen Kontrollinstanzen aus .“ (Kunz 2011: 195 [Hervorhebungen im Original]) . Clages/Zimmermann (2010) stellen folgende Einflussfaktoren zusammen, die im Hinblick auf die Aussagekraft und die Interpretation der PKS-Daten zu berücksichtigen sind (vgl . Clages/Zimmermann 2010: 106 ff .; vgl . auch Abb . 10): 57
Kriminalstatistiken messen Registrie rungsverhalten, nicht Kriminalität
MEthoDEn UnD InStRUMEntE ZUR AnAlYSE
VON DER SOZIALEN WIRKLICHKEIT ...
Abb. 10: Selektions kriterien bei der Registrierung von Straftaten (vgl. BelIna/ rolFes 2005: 136)
FILTER
EIN AKT ...
Gesetzeslage
... verstößt gegen ein Gesetz, ...
Wahrnehmung
... wird von jemandem als Gesetzesbruch wahrgenommen, ...
Anzeigeverhalten
... wird von dieser Person angezeigt, ...
Selektion durch Polizei
... wird von der Polizei als Anzeige aufgenommen ...
Datensammlung
... und erscheint in der Kriminalstatistik.
... ZUR REGISTRIERTEN „KRIMINALITÄT“
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Was als Straftat registriert wird oder nicht, hängt letztlich davon ab, inwieweit der Gesetzgeber Straftaten in Gesetzen neu aufnimmt (z . B . Cybercrime) oder neu regelt, ändert oder abschafft (z .B . Kuppelei) . Richtlinienänderungen bei der Erfassung von Straftaten können das Ausmaß registrierter Straftaten und die Tatverdächtigenzahlen verändern . So wird beispielsweise seit 2009 auf Bundesebene eine echte Tatverdächtigenzählung durchgeführt . Tatverdächtige, die gleichzeitig in verschiedenen Bundesländern aktiv waren, werden nur noch als ein Fall gezählt . Ob Straftaten häufig oder selten in der PKS registriert werden, hängt in erheblichem Maße vom Anzeigeverhalten ab . So werden Straftaten, bei denen eine Anzeige unabdingbar ist, um bei einer Versicherung Schadensansprüche stellen zu können (z .B . Diebstahl), deutlich häufiger angezeigt als Straftaten, die stark schambesetzt sind (z .B . Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) oder bei denen Bedrohungen seitens der Täter(innen) befürchtet werden (z .B . häusliche Gewalt) . Die Ausrichtung staatlicher oder polizeilicher Verfolgungsstrategien ist ebenfalls ein wichtiger Einflussfaktor im Hinblick auf die Registrierung von Straftaten . Werden beispielsweise Kontrollen oder Strafverfolgungen in Bezug auf Rauschgiftdelikte,Verkehrsverstöße oder Wirtschaftskriminalität forciert, so werden diesbezügliche Straftaten häufiger entdeckt und registriert . Wird durch Verstärkung, Abschwächung oder Aussetzen von (Präventions-)Maßnahmen die Tatgelegenheitsstruktur geändert, so verringert
KRIMInAlStAtIStIK UnD KRIMInAlItätSAnAlYSE
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sich dadurch auch der Umfang der begangenen und registrierten Straftaten . Veränderungen und Unterschiede der sozio-demographischen Strukturen ziehen auch Veränderungen des Straftatenaufkommens nach sich . Strafrechtlich relevantes Verhalten wird insbesondere in der Altersgruppe zwischen 12 und 25 beobachtet . Überall dort, wo diese Altersgruppe überdurchschnittlich oft vertreten ist, liegt auch die Kriminalität über dem Durchschnitt . PKS-Kritiker(innen) sind der Auffassung, dass im Hinblick auf die Registrierung oder auch Nicht-Registrierung von Straftaten in der PKS spezifische Selektionsmechanismen festgestellt werden können . So seien Straftaten von z .B . Migrant(inn)en und Jugendlichen überrepräsentiert, während Straftaten staatlicher Institutionen, der Finanzwirtschaft, der Finanz- oder Kartellbehörden unterrepräsentiert seien (vgl . Rügemer 2000: 35 ff .) . Beim Umgang mit und der Interpretation von PKS-Daten oder anderen statistischen Daten zur Kriminalität und Sicherheit ist zu berücksichtigen, dass der Blick durch die kriminalstatistische Brille nur eine von vielen sozialen Wirklichkeitskonstruktionen darstellt . Außerdem müssen die sehr vielfältigen Einflussgrößen bedacht werden, denen die registrierte Kriminalität unterliegt . Statistiken können zudem als ein Mittel der politischen Machtausübung verstanden und zu diesem Zwecke strategisch eingesetzt werden (vgl . Clages/Zimmermann 2010: 110) . Statistische Daten zur Kriminalität und Sicherheit werden gerade in der (Medien-)Öffentlichkeit stark rezipiert und sind somit in vielen gesellschaftlichen Diskursen sehr gut anschlussfähig .
3.1.3 Zum Verhältnis von Hellfeld und Dunkelfeld Clages/Zimmermann (2010) und Schwind (2013) gehen davon aus, dass das Hell- und Dunkelfeld die Gesamtheit der Kriminalität abbilden . Für die Bundesrepublik wird von ihnen ein Aufkommen von zehn bis zwölf Millionen Straftaten angenommen, davon gehören ca . drei Millionen zum Hellfeld (Clages/Zimmermann 2010: 115; Schwind 2013: 61) . Dieses Verhältnis von etwa einer Straftat im Hellfeld zu drei bis vier Straftaten im Dunkelfeld wird jedoch als stark deliktabhängig beschrieben . Bei leichten und mittleren Straftaten (Sachbeschädigungen, einfacher Diebstahl) wird ein großes, bei schweren Straftaten (Mord, schwerer Diebstahl) ein geringes Dunkelfeld angenommen (vgl . Clages/Zimmermann 2010: 116) . Das Anzeigeverhalten gilt als wesentliche Einflussgröße, die das Verhältnis von Hell- und Dunkelfeld der Kriminalität bestimmt . 59
Deliktabhängige Unterschiede der hell und Dunkel feldRelation
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So wurde beispielsweise im Rahmen einer Befragung der Bürger(innen) der Stadt Wilhelmshaven deutlich, dass am häufigsten Straftaten angezeigt wurden, die versicherungsrelevant erscheinen, wie Auto- und Wohnungseinbruch, Auto- und Fahrraddiebstahl sowie Verletzung bei einem Verkehrsunfall . Verschwindend gering ist dagegen die Anzeigequote bei Bedrohung wegen nationaler, kultureller oder religiöser Zugehörigkeit . Sehr gering ist sie ebenfalls bei Sexualdelikten, bei Betrug/Täuschung sowie beim Beschmieren/Beschädigen von Hauswänden (vgl . Rolfes et al . 2011: 11) . Anstieg der Gewaltkriminalität in Deutschland seit den 1980er Jahren Tilman Köllisch (2007) hat untersucht, weshalb seit 1986 eine Zunahme der Gewaltkriminalität in Deutschland beobachtet werden kann . Für den Zeitraum von 1986 bis 2003 stellte er fest, dass in der PKS bei den Körperverletzungen vor allem bei Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden die Tatverdächtigenbelastung zunahm . Diese Gruppen tauchten seit Mitte der 1980er Jahre zunehmend in der PKS auf . Durch einen Vergleich mit anderen Straftaten konnte Köllisch nachweisen, dass die in der Kriminalstatistik festgestellten Anstiege bei den Körperverletzungen überwiegend dadurch zustande kamen, dass das Dunkelfeld „aufgehellt“ wurde . Diese Aufhellung führte Köllisch in erster Linie darauf zurück, dass die Anzeigeneigung gegenüber den jugendlichen Tatverdächtigen in dem von ihm betrachteten Untersuchungszeitraum deutlich zugenommen hatte (vgl . Köllisch 2007: 243 ff .) Kriminalität ist ein im sozialen Diskurs reaktiv als solches bewertetes Handlungsgeschehen . Obwohl das Geschehen ohne diese Bewertung vorhanden ist, wird es erst durch diese Bewertung zum kriminellen Ereignis . (Kunz 2011: 251) hellfeld + Dunkelfeld = Gesamtkriminalität?
Die Annahme, dass die im Hellfeld registrierten Straftaten zuzüglich der im Dunkelfeld vermuteten Straftaten sich überschneidungsfrei ergänzen und die Gesamtkriminalität ausmachen, soll an dieser Stelle problematisiert werden . Um die im Dunkelfeld „verschwundene oder verborgene Kriminalität“ als solche bezeichnen zu können, wäre es ja zunächst einmal notwendig, sie juristisch, förmlich und offiziell als einen Rechtsbruch oder eine Straftat zu klassifizieren . Erst ein amtlicher Rechtsakt macht aus einem Sachverhalt, der zunächst „nur“ als abweichendes Verhalten bezeichnet würde, eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit . Aber gerade diese mit 60
RAUMBEZoGEnE KRIMInAlItätS- UnD SIchERhEItSAnAlYSEn
einem amtlichen Rechtsakt verbundenen Prüfungen und Bewertungen können im Dunkelfeld nicht stattfinden . Insofern ermöglichen auch die Forschungen im Dunkelfeld keine eindeutigen Aussagen über die „wirkliche“, aber nicht ans Licht gekommene Kriminalität .
Erkenntnistheoretisch ist es nicht möglich, dass das Dunkelfeld eine bisher nur noch nicht erfasste amtliche Kriminalitätswirklichkeit beschreibt . Dennoch kann das im Zuge der Dunkelfeldforschung ermittelte Volumen der Dunkelfeldkriminalität sowie dessen vermutete Struktur ebenso wie die Hellfeldkriminalität als eine (weitere) Wirklichkeitskonstruktion verstanden werden, die in sicherheitspolitische oder polizeiliche Diskurse eingespeist und dort weiterverarbeitet wird .
3.2 Raumbezogene Kriminalitäts und Sicherheitsanalysen 3.2.1 Kriminologische Regionalanalysen In der Bundesrepublik Deutschland wurden Studien zur Untersuchung des regionalen Kriminalitätsaufkommens in Kombination mit standardisierten Bevölkerungsbefragungen erstmals zu Beginn der 1970er Jahre in größeren Städten durchgeführt (vgl . Becker-Oehm 2010: 34; Kasperzak 2000: 81; Bley 1987: 63 f .) . Ende der 1970er Jahre und im Laufe der 1980er Jahre führten insbesondere Herold und Schwind raumbezogene Beschreibungs- und Analysekategorien in die angewandte Kriminologie ein (vgl . Koch 1992: 33) . Die Kriminalitätsverteilung in Verdichtungsräumen wurde zunehmend auf der kleinräumigen Ebene (Stadtteile, Stadtbezirke) betrachtet, und zwar durch die Erhebung von Hellfeld- und Dunkelfelddaten . Im Nachhinein wurde für diese Studien die Bezeichnung Kriminologische Regionalanalyse gebräuchlich . Teilweise werden allerdings auch andere Bezeichnungen verwendet: z .B . geographische, räumliche oder raumbezogene Kriminalitäts-, Kriminalitätslage- oder Sicherheitsanalyse . In den 1990er Jahren standen dann die Themen Kriminalität und Sicherheit erneut ganz oben auf der kommunalpolitischen Tagesordnung . Dies geschah nicht rein zufällig: •
Bedingt durch die starke internationale Zuwanderung in den 1980er und 1990er Jahren gab es intensive öffentliche und politische Diskussionen über die Ausländeraufnahmekapazität der Bundesrepublik oder das Asylrecht . Die in politischen Diskursen vorgenommenen impliziten Kriminalisierungen und Ausgrenzungen von Asylbewerber(inne)n oder Angehörigen ethnischer Minderheiten sensibilisierten die Öffentlichkeit gleichzeitig auch für die Themen Kriminalität und Sicherheit (vgl . 61
Entstehungsgeschichte Kriminologischer Regionalanalysen
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Definitionsversuche: Kriminologische Regionalanalysen
Essentialistischer Raumbegriff liegt zu Grunde
Wichert 1995: 111 ff .) . Die Rufe nach regulierenden und präventiven staatlichen und polizeilichen Interventionsmaßnahmen wurden dementsprechend laut . Gleichzeitig machten in den USA neue Konzepte der Kriminalitätsbekämpfung und der kommunalen Kriminalitätsprävention von sich reden . Offenbar wurden sie dort mit großem Erfolg eingesetzt . Dies gilt insbesondere für den sogenannten Broken-Windows-Ansatz und die daraus abgeleitete Null-Toleranz-Strategie (vgl . Abschn . 4 .1) sowie die kleinräumige Analyse des Kriminalitätsaufkommens . Somit waren die 1990er Jahre insgesamt gekennzeichnet durch einen dominanten Diskurs um Kriminalität und Sicherheit . Nach Ansicht der Kritischen Kriminologie ist dieser Zeitraum in Deutschland ohnehin geprägt durch eine sich weiter verstärkende Neoliberalisierung der städtischen Sicherheitspolitik (vgl . Eick et al . 2007: 9 ff .) und einen Rückbau des Wohlfahrtsstaates zugunsten eher repressiver, kontrollierender und strafender Sicherheitspolitiken (vgl . Schreiber 2011: 51 ff .; Sack 2004: 40 f .) .
Gleichzeitig wurden als Teil dieser Diskurse in den 1990er Jahren bundesund europaweit hauptsächlich in Ober- und Mittelzentren Kriminologische Regionalanalysen durchgeführt . Kriminologische Regionalanalysen lassen sich als ein Instrument zur Messung und Analyse von Kriminalität im regionalen Bereich bezeichnen (vgl . Steffen 1993: 47 ff .) . Sie sollen nicht nur eine reine Beschreibung der räumlichen Kriminalitätsverteilung, sondern auch eine Analyse der Ursachen von Kriminalität und abweichendem Verhalten liefern . Dazu muss ein kriminologisch angereichertes Lagebild des Kriminalitätsaufkommens auf Stadtteil- und Quartierebene erstellt werden . Die Daten über das Kriminalitätsaufkommen und die Sicherheit sollen mit z .B . sozio-ökonomischen Daten einer Region, einer Stadt oder eines Stadtteils in Beziehung gesetzt werden . Auf dieser Basis soll in den Stadtteilen, Quartieren oder Baublöcken nach Ursachen für das lokale Kriminalitätsaufkommen und die lokale Unsicherheit gesucht werden (vgl . Schwind 2013: 384 ff .) . Schließlich gilt es festzustellen, ob und inwiefern überhaupt präventiver Handlungsbedarf in einer Kommune besteht (Becker-Oehm 2010: 32) . Es wird deutlich, dass es die erkenntnistheoretische Grundannahme jeder Kriminologischen Regionalanalyse ist, dass Kriminalität und Kriminalitätsstrukturen in allen ihren Ausprägungen „ortsgebunden“ sind (vgl . Steffen 1993: 49) . „Diese ‚Ortsgebundenheit‘ von Kriminalität wird nicht nur daran deutlich, daß […] die Funktionsstruktur einer Stadt bzw . Region eine ganz bestimmte Kriminalitätsstruktur bedingt, sondern [hat] vor allem […] deswegen einen ‚Lokalbezug‘ […], weil sie ganz maßgeblich von der ortsansässigen Bevölkerung bestimmt wird .“ (Steffen 1993, 54) . „Die kriminelle Attraktivität des Raumes wird durch die ihr eigenen Tatgelegenheits62
RAUMBEZoGEnE KRIMInAlItätS- UnD SIchERhEItSAnAlYSEn
strukturen bestimmt, d .h . durch Strukturen, die sich kriminalitätsfördernd auswirken .“ (Clages/Zimmermann 2010: 151) . Aus dieser Perspektive haben Kriminalität und (Un-)Sicherheit räumlich mess- und fixierbare Ursachen und Quellen . Es wird mit einem essentialistischen, einem chorisch-chorologischen Raumbegriff operiert .
Die Ziele Kriminologischer Regionalanalysen sind die möglichst kleinräumliche Beobachtung, Analyse und Prognose des Kriminalitätsaufkommens und eine daraus resultierende Identifizierung von Angsträumen oder sozialen Brennpunkten . Es sollen unter anderem sogenannte delinquency areas oder „sozialkranke“ Gebiete ermittelt werden (vgl . Schwind 2013: 386 f .) . Basierend darauf werden Maßnahmen zur kommunalen Kriminalprävention auf lokaler Basis entwickelt und geplant (vgl . Becker-Oehm 2010: 32; Clages/Zimmermann 2010: 154 f .; Steffen 1993, 49) . Grundlagen sind raumbezogene Hellfeld- und Dunkelfeldanalysen . Für die Polizei und die präventive Arbeit bilden die Ergebnisse eine Informations- und Handlungsgrundlage für die kommunale (ressortübergreifende) Prävention sowie zur Optimierung des Ressourceneinsatzes (vgl . Becker-Oehm 2010 40 f .) .
3.2.2 Aufbau Kriminologischer Regionalanalysen Das Bundeskriminalamt hat Anfang der 1990er Jahre ein allgemeines Aufbauschema für Kriminologische Regionalanalysen erarbeitet, an denen sich bislang zahlreiche Studien orientiert haben (z .B . Bonn, Mühlhausen, Essen, Hamburg, Osnabrück, Oldenburg, Rostock, Lübeck) . Die idealtypische Struktur einer Kriminologischen Regionalanalyse besteht üblicherweise aus drei Bestandteilen (vgl . Abb . 11): Erstens gehört zu einer Kriminologischen Regionalanalyse eine sozialräumliche Beschreibung der untersuchten Stadt und/oder deren Raumeinheiten . Sie soll einen regionalisierten Überblick über die Bebauung, die sozio-demographischen Strukturen, die Wirtschaftsstruktur und die infrastrukturelle Ausstattung der Stadt und ihrer Teilräume liefern . Meistens basiert diese Beschreibung auf Daten der statistischen Abteilungen der jeweiligen Kommunen sowie aus Flächennutzungs- oder Stadtentwicklungsplänen . Den zentralen Bestandteil bilden zweitens die raumbezogenen Analysen des Hellfeldes und des Dunkelfeldes . Die Analyse des Hellfeldes auf der Grundlage der städtischen Kriminalstatistiken soll ein sogenanntes objektives Kriminalitätslagebild liefern . Dies setzt sich zusammen aus einer Beschreibung des Kriminalitätsaufkommens in den Gebietseinheiten oder Baublöcken anhand von Kriminalitätsstatistiken, vor allem der PKS . Im Mittel63
Informationen zur Stadt und ihren Raumeinheiten
Informationen über Kriminalität und subjektive Sicherheit
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Abb. 11: Untersu chungsbereiche einer Kriminologischen Regionalanalyse (in Anlehnung an BecKer-oehm 2010: 36 und claGes/zImmermann 2010: 155; beide auf der Grundlage von Koch 1992)
INFORMATIONEN ZUR STADT UND ZU IHREN RAUMEINHEITEN Bebauung, Flächennutzung Demographische Daten Wirtschafts- und Sozialstruktur Infrastrukturelle Ausstattung
INFORMATIONEN ÜBER KRIMINALITÄT UND (UN-) SICHERHEIT Hellfeld, statistische Sicherheitslage (Analysen zur registrierten Kriminalität, Tatverdächtige, Viktimisierung) Dunkelfeld, subjektive Sicherheitslage (Ergebnisse aus Befragungen)
INFORMATIONEN ZUR KRIMINALITÄTSKONTROLLE Polizei (Aktivitäten, Ausstattung) Präventionsaktivitäten Kooperationen in der Kommune Öffentlichkeitsarbeit Medienanalyse
Informationen zu Kriminalitäts kontrolle und Prä ventionsaktivitäten
punkt stehen z .B . die regionale Verteilung unterschiedlicher Deliktarten, die Täterwohnsitze, Viktimisierungsquoten usw . Erst langsam setzt sich in den deutschen Kommunen die Visualisierung unter Zuhilfenahme von Geographischen Informationssystemen durch (vgl . Abschn . 3 .3) . Eine Kriminologische Regionalanalyse sieht auch eine Analyse des Dunkelfeldes vor . Die subjektive Sicherheit der Bevölkerung oder auch deren persönliche Erfahrungen mit Straftaten werden mit Bürgerbefragungen erhoben . Die Analyse der subjektiven Sicherheit der Bevölkerung ist mit einer Reihe methodischer Probleme verbunden . So ist nach wie vor ungeklärt, auf welche Weise subjektive Sicherheit operationalisiert werden kann (vgl . Stangl 1996: 51 ff .) . Zudem gibt es Hinweise darauf, dass bereits eine Thematisierung des Sicherheitsgefühls verunsichernde Konsequenzen nach sich zieht . Die Frage danach, wie sicher man sich am Tage oder bei Dunkelheit in seinem Stadtteil fühlt, hebt den Aspekt „Sicherheit“ in eine prominente Lage und verleiht ihm damit eine Bedeutung, die er ohne diese explizite Thematisierung gar nicht gehabt hätte (vgl . dazu die Kritik von Reuband 1999: 16 f .) . Drittens soll in Kriminologischen Regionalanalysen auch der Bereich der Kriminalitätskontrolle und der kommunalen Präventionsaktivitäten behandelt werden . Dazu gehören eine Beschreibung der Organisationsstrukturen der Polizei oder anderer lokaler Sicherheits- und Ordnungsbehörden sowie laufende kriminalpräventive Maßnahmen und kommunale Kooperationsformen (wie kriminalpräventive Räte oder Präventionsvereine) . Eine Analyse der sicherheits- und kriminalitätsbezogenen Berichterstattung in den Medien sowie der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei wird ebenfalls empfohlen . 64
RAUMBEZoGEnE KRIMInAlItätS- UnD SIchERhEItSAnAlYSEn
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es eine Reihe von Regionalanalysen, die sich zumindest partiell oder formell an diesem Aufbau orientiert haben . Diese Analysen sollen dazu beitragen, die kommunale Präventionsarbeit durch differenzierte Informationen zu unterstützen und Möglichkeiten für eine Evaluierung der kommunalen Polizei- und Präventionsarbeit zu eröffnen (vgl . Becker-Oehm 2010: 40 ff .) . De facto sind allerdings die wenigsten Kriminologischen Regionalanalysen so angelegt, dass sie diese weitreichenden Zielsetzungen erfüllen könnten (vgl . Abschn . 3 .2 .3) – vielfach sind einfach die Kosten zu hoch oder es ist kein entsprechend qualifiziertes Personal verfügbar (vgl . Becker-Oehm 2010: 47 f .) .
Kritischer Umgang mit Kriminologischen Regionalanalysen
3.2.3 Kriminologische Regionalanalysen in der Praxis Eine Bestandsaufnahme aller in der Bundesrepublik Deutschland seit Mitte der 1970er Jahre durchgeführten Kriminologischen Regionalanalysen gestaltet sich als schwierig . Zum einen werden die Abschlussberichte, in denen deren Ergebnisse dokumentiert werden, in sehr unterschiedlichen Formalisierungsgraden publiziert . Oftmals sind sie nur als graue Literatur verfügbar, oder sie finden nur in der lokalen Presse oder auf Tagungen Erwähnung . Zum anderen musste Becker-Oehm feststellen, dass einige Kommunen zwar für die von ihnen durchgeführten Untersuchungen den Begriff der Kriminologischen Regionalanalyse verwendeten, aber nur in Teilen die in Abb . 11 benannten Untersuchungsschritte berücksichtigten . In anderen Kommunen wiederum wurden Analysen durchgeführt, die auch unter dem Begriff Kriminologische Regionalanalyse hätten geführt werden können, aber z .B . als Sozialraumanalyse, Kriminalitätslagebild, Unsicherheitsanalyse oder einfach Kriminalgeographische Studie bezeichnet wurden (z . B . in Wilhelmshaven, Berlin oder in Bremen; vgl . Becker-Oehm 2010: 49; Clages/Zimmermann 2010: 155 ff . und Kasperzak 2000: 81 ff .) . Als Oberbegriff soll hier hilfsweise die Bezeichnung Raumbezogene Kriminalitäts- und Sicherheitsstudien genutzt werden . In der Bundesrepublik Deutschland stößt man auf über 50 Kommunen oder Regionen, in denen seit den 1970er Jahren raumbezogene Kriminalitäts- und Sicherheitsstudien durchgeführt wurden (vgl . Abb .12) . In etwa einem Drittel der Kommunen wurden die Studien nach einigen Jahren wiederholt oder fortgeschrieben (z .B . Bochum, Osnabrück, Hamburg-Altona) . Die Durchführung erfolgte überwiegend in kommunaler Eigenregie, in Verantwortung der kommunalen Polizeidienststellen oder kommunaler Präventionsgremien . In den meisten Fällen wurden bei den Untersuchungen wissenschaftliche Einrichtungen hinzugezogen .
65
Kriminologische Regionalanalysen: Eine schwierige Bestandsaufnahme
Raumbezogene Kriminalitäts und Sicherheitsstudien in Deutschland
MEthoDEn UnD InStRUMEntE ZUR AnAlYSE
Abb.12: Raumbezo gene Kriminalitäts und Sicherheitsstudien in Deutschland (Quelle: Eigene Erhebung)
Neumünster 85
02 Greifswald 00 Rostock 13
91 Lübeck 00
Stade 08
94 Hamburg-Altona 96|01 15 Nordenham
Wilhelmshaven 11
Oldenburg 06 Delmenhorst 91
08 Bremen
Berlin/Brandenburg
98 Bramsche
01 07
Garbsen
BRD und
74 West-Berlin
13 Naumburg (Saale)
Erfurt 99
05
96 Weimar
96 Suhl
97 Freisen 97
11 Neunkirchen 91
Völklingen
97 Schwetzingen 04 99 Heidelberg 09
74 Nürnberg 12
Landau
Calw 95
95 Stuttgart 02 Aalen
97 alle 2 Jahre
Kartographie: Ute Dolezal
Berlin
95 Castrop Rauxel 98 78 Bochum 87|01
Bonn 99
Saarlouis 97
07 09
Potsdam 98
97 Osnabrück 03|08 Steinfurt 01 91 Lippe (Kreis) 98 Münster 99 Bielefeld jährl. 95 Hamm Unna 94 Herten 98
Solingen 90
05 07|09
10 Vechta (Kreis)
Lingen 91 Nordhorn 02
Bottrop 96 Essen 96
11 Usedom
Passau 98
Schwarzwald-Baar-Kreis 00
Freiburg i. Br. 95 97
Weingarten 95
97 Ravensburg 95 97
München 98 06 Kaufbeuren
94 Rosenheim
Raumbezogene Kriminalitäts- und (Un-) Sicherheitsstudien: Eigenschaften und Komplexitätsgrad 01 07
Erscheinungsjahr Fortschreibung(en)
raumbezogene analytische Herangehensweise (Verwendung komplexer Analysen) beschreibender Charakter (reine Hellfeldanalyse, einfache Bevölkerungsumfrage zur Sicherheitslage) Keine auswertbaren Informationen verfügbar
66
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Die durchgeführten Studien sind im Hinblick auf ihren Umfang und ihre analytischen Leistungen sehr heterogen .5 Bei einem großen Teil der Untersuchungen wird die kommunale Kriminalitäts- und Sicherheitslage auf der Ebene von Stadtteilen beschrieben . Oftmals handelt es sich dabei um reine Hellfeldanalysen mit kartographischen Visualisierungen . Teilweise werden auch die Ergebnisse von Bevölkerungsbefragungen zum Sicherheitsempfinden oder zur Sicherheitslage mithilfe beschreibender Methoden dargestellt . Bei einer vergleichsweise geringen Anzahl von nur ca . zehn Studien wird der Versuch unternommen, auf einer raumbezogenen Ebene mögliche Ursachen für die Kriminalitäts- und Sicherheitslage in der Kommune zu identifizieren . Hierzu werden teilweise recht komplexe empirische Analysen durchgeführt (vgl . Oldenburg 2006, Bonn 2005, Osnabrück 2003) und raumbezogene Argumentationsstrukturen und -muster verwendet . Teilweise werden dabei räumliche Kausalitäten hergestellt, die relativ einfache Erklärungsmuster für die räumlichen Konzentrationen von Straftaten liefern (vgl . Abschn . 2 .2) . Diese Studien stammen in der Regel aus der Feder von wissenschaftlichen Einrichtungen . In den meisten Studien, insbesondere bei den Fortschreibungen, wird als wesentliches Ziel formuliert, dass sie als Grundlage für eine Optimierung kriminalpräventiver Maßnahmen herangezogen werden sollen . Polizei- und Präventionsarbeit und deren Ressourcenverwendung können dadurch in einen Legitimationskontext gestellt werden . Die Fortschreibungen haben gleichzeitig eine wichtige Monitoringfunktion für die Präventionsarbeit . Die Durchführung von raumbezogenen Kriminalitäts- und Sicherheitsanalysen oder von Kriminologischen Regionalanalysen hat stets auch eine wichtige Symbolisierungsfunktion (vgl . Wilhelm 2012: 233 ff .) . Mit der Durchführung einer Befragung soll symbolisiert werden, dass die kommunale Sicherheitspolitik oder die städtische Polizeiarbeit ressourcen- und erfolgsorientiert arbeitet . Die Leistungsfähigkeit der lokalen Sicherheitsproduzent(inn)en und ihre (erfolgreichen) Aktivitäten sollen unter Beweis gestellt werden . Bei vielen raumbezogenen Kriminalitäts- und Sicherheitsstudien ist deshalb auch die medien- und pressewirksame Vermarktung der Ergebnisse von großer Bedeutung .
5
Über viele ältere Studien kann hier keine Aussage getroffen werden, da die Studien vergriffen sind oder die seinerzeit Verantwortlichen nicht mehr rekonstruiert werden können . 67
Eigenschaften und Aussagekraft von Kriminalitäts und Sicherheitsstudien
Symbolfunktion von Sicherheitsumfragen
MEthoDEn UnD InStRUMEntE ZUR AnAlYSE
3.2.4 Raumbezogene Kriminalitäts- und Sicherheitsstudien: aus humangeographischer Perspektive beobachtet Aus einer humangeographisch-beobachtungstheoretischen Perspektive sind die Durchführungen raumbezogener Kriminalitäts- und Sicherheitsstudien oder Kriminologischer Regionalanalysen als Versuche zu sehen, Kriminalität und Sicherheit mittels eines räumlichen Blicks zu beschreiben, zu analysieren und zu erklären . Im weitesten Sinne gehört dazu auch das im folgenden Abschn . 3 .3 behandelte Crime Mapping . Der bei diesen Studien dominierende Raumbegriff ist essentialistisch, insbesondere wenn die Autor(inn)en solcher Studien den Raum oder seine Eigenschaft als erklärende Variable für Sicherheitsempfinden und Kriminalität heranziehen (vgl . Rolfes 2003: 337 ff .) . Ein neueres Fallbeispiel soll zeigen, wie diese raumbezogenen Argumentationen aussehen können .
Bevölkerungsbefragung zur Sicherheitslage in Heidelberg 2009 Zur Analyse der subjektiven Sicherheitslage wurde 2009 in Heidelberg eine Bevölkerungsbefragung durchgeführt . Die Auswertung der Daten erfolgte auf der Ebene der 14 Heidelberger Stadtteile . Bei der Frage zur Wahrscheinlichkeit, in den nächsten zwölf Monaten Opfer einer Straftat zu werden, wurden stadtteilspezifische Unterschiede festgestellt und interpretiert: „Die größte Beunruhigung geht von der Vorstellung aus, selbst von einem Einbruch in Wohnung oder Haus betroffen zu sein . 26 % Prozent der Befragten sehen dies so; auf dem Emmertsgrund liegt der Prozentsatz jedoch bei 41 %, in allen anderen Stadtteilen ist er deutlich niedriger . Der Unterschied ist vermutlich durch den höheren Grad an informeller Sozialkontrolle in den anderen Stadtteilen erklärbar .“ (Hermann 2010: 13) Erstens fällt auf, dass der Autor die beobachteten räumlichen Differenzen bei der Furcht vor Wohnungseinbrüchen offenbar für erklärungsbedürftig und auf der räumlichen Ebene auch für erklärbar halten . Die Stadtteile werden als homogene Entitäten verstanden und in dieser Containerform auch kommuniziert . Mögliche interne räumliche Differenzierungen werden nicht thematisiert . Zweitens wird eine Erklärungsgröße für dieses Phänomen eingeführt, nämlich der Grad der sozialen Kontrolle . Die auf der individuellen Ebene plausible Kausalität zwischen „Furcht vor Wohnungseinbrüchen“ und „Ausmaß sozialer Kontrolle“ wird auf die Stadtteilebene generalisiert . Interessant ist an dieser Stelle auch, dass nicht die man68
RAUMBEZoGEnE KRIMInAlItätS- UnD SIchERhEItSAnAlYSEn
gelnde soziale Kontrolle in Emmertsgrund für die erhöhte Einbruchsfurcht verantwortlich gemacht wird, sondern die höhere soziale Kontrolle in den übrigen Stadtteilen die dort geringere Einbruchsfurcht zu bedingen scheint . Für nahezu alle raumbezogenen Kriminalitäts- und Sicherheitsanalysen ist kennzeichnend, dass sie mit einem alltagssprachlichen, essentialistischen Raumverständnis operieren (vgl . Rolfes 2003: 340 f .) . Damit folgen sie dem Raumbegriff und den raumbezogenen Erklärungsansätzen der traditionellen Kriminalgeographie (vgl . Abschn . 2 .1) und setzen sich auch deren Unzulänglichkeiten und Kritik aus (vgl . Abschn . 2 .2) . So kann die Raumperspektive den Blick auf die komplexen Ursachen und theoretischen Erklärungsansätze für Kriminalität und abweichendes Verhalten verstellen (vgl . Abschn . 1 .3 .2) . Auch die Verwendung und Interpretation der Hellund Dunkelfelddaten hat mit entsprechender Sorgfalt zu erfolgen (vgl . Abschn . 3 .1 .1) . Schließlich sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass jede Beobachtung von Kriminalität und Unsicherheit (auch die polizeistatistische und wissenschaftliche) nur eine gesellschaftliche, kontextabhängige Konstruktionsleistung und Komplexitätsreduktion ist .
Einschränkungen raumbezogener Kriminalitäts und Sicherheitsstudien
Raumbezogene Untersuchungen von Kriminalität und Sicherheit haben eine wichtige kommunalpolitische Funktion: Erstens liefern sie Erkenntnisse über die räumliche Verteilung von Kriminalität und Sicherheit in der Kommune (Monitoringfunktion); zweitens kann aus solchen Studien gelernt und/oder über die kommunale Polizei- und Präventionsarbeit reflektiert werden . Dadurch können Veränderungsprozesse angestoßen werden (Lern- und Steuerungsfunktion) . Drittens können solche Studien einen Rahmen schaffen, in dem die Präventions- und Polizeiarbeit und der damit zusammenhängende Ressourceneinsatz legitimiert werden kann (Legitimationsfunktion) . Und viertens schließlich ist die Durchführung einer solchen Analyse per se ein Qualitätskriterium, weil die kommunale Sicherheits- und Präventionspolitik symbolisch auf den Prüfstand kommt (Symbolisierungsfunktion) .
69
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3.3 crime Mapping – Einsatz von Karten und Geographischen Informati onssystemen zur Kriminalitätsanalyse Crime Mapping: weiterentwicklung raumbezogener Kriminalitäts und Sicherheitsforschung?
Das vor allem im angloamerikanischen Raum weit verbreitete Crime Mapping kann als eine besondere Form der raumbezogenen Kriminalitäts- und Sicherheitsforschung verstanden werden . Die inhaltlichen Überschneidungen zwischen Crime Mapping und Kriminologischen Regionalanalysen sind deutlich erkennbar . Teilweise werden im Rahmen von Kriminologischen Regionalanalysen auch Kriminalitätskarten oder Kriminalitätsatlanten erzeugt und dann interpretiert . In methodischer Hinsicht zeichnen sich Kriminologische Regionalanalysen oder raumbezogene Kriminalitätsund Sicherheitsanalysen vor allem dadurch aus, dass vorwiegend Erhebungsinstrumente und Auswertungsmethoden der qualitativen und quantitativen Sozialforschung zur Anwendung kommen (standardisierte Befragungen, Expertengespräche, Beobachtungen) . Das Crime Mapping und das daran anschließende Geographical Profiling bzw . die geographische Fallanalyse bedienen sich häufiger der Analysemethoden der empirischen Regionalforschung und der Geostatistik . Die z .B . in Geographischen Informationssystemen verfügbaren multivariaten-geostatistischen Auswertungsmethoden und Kennwerte werden dort systematisch eingesetzt . 3.3.1 Crime Mapping: Entstehungshintergründe und Einsatzfelder
Von der Stecknadel zur Analyse digitaler Punkt und Flächen daten mithilfe Geo graphischer Infor mationssysteme
Unter dem Begriff des Crime Mapping lässt sich eine Vielzahl von polizeilichen, präventiven und wissenschaftlichen Aktivitäten zusammenfassen, die zum Ziel haben, das räumlich differenzierte Auftreten von Kriminalität oder Unsicherheit in Form von Karten zu visualisieren und/oder mithilfe von Geoinformationssystemen oder multivariaten-geostatistischen Methoden zu analysieren und zu erklären . Als ein klassischer Vorläufer des Crime Mapping wurde bei den Einsatzzentralen der Polizei die lange Zeit übliche Visualisierung der räumlichen Verteilung von Straftaten durch Stecknadeln auf einem Stadtplan angesehen . Dabei bezeichneten die einzelnen Stecknadeln jeweils die begangenen Straftaten . Eine vertiefte Analyse, die eine Darstellung der raum-zeitlichen Verläufe des Straftatenaufkommens ermöglicht oder unterschiedliche Straftaten oder Tätertypen differenziert darstellen konnte, war mit dieser analogen Methoden nur teilweise möglich . Die seit etwa 20 Jahren stetig gestiegene Verfügbarkeit digitaler Geodaten (Karten) und entsprechender geocodierter Sachdaten (insbesondere demographische, sozio-ökonomische Daten und Daten zum Kriminalitätsaufkommen) haben die Möglichkeiten der exakten raumbasierten Darstellung und Analyse erheblich gesteigert . Üblicherweise erfolgen die Darstellungen und Analysen im Rahmen des Crime Mapping und auch des Geographical Profiling auf der Basis Geographischer Informationssysteme oder spezifischer GIS-basierter Analyseinstrumente . In Deutschland gibt es aufgrund der fö70
cRIME MAPPInG
deralen Polizeistruktur sehr unterschiedliche GIS-Lösungen in den einzelnen Bundesländern .
Geographische Informationssysteme im Polizeieinsatz in Deutschland GLADIS: Geographisches Lage-, Analyse-, Darstellungs- und Informationssystem, das seit 1999 bei der Polizei München und mittlerweile auch bei der Bayerischen Polizei eingesetzt wird (Okon/ Weinreich 2000: 122) . GISPOL: Instrument zur Analyse und Darstellung von Straftaten, seit 2001 bei der Polizei Hamburg im Einsatz (Dall 2006: 20 ff .) . LABIS: Lagebildinformationssystem der Polizei Baden-Württemberg, liefert seit 2003 zeitnahe Lagebilder über das örtliche Kriminalitätsaufkommen (Landesbeauftragter für den Datenschutz in Baden-Württemberg 2006: 37 ff .) . PolGIS: Polizeiliches Geoinformationssystem des Landes Nordrhein-Westfalen, ermöglicht die kartographische Darstellung räumlicher Beziehungen von polizeilichen Ereignissen (vgl . IPOMEX 2009: 30) . Während in der Bundesrepublik Deutschland die räumliche Analyse von Kriminalität vornehmlich von Polizeibehörden unter praxisorientierten Gesichtspunkten betrieben wird (vgl . Marouschek 2010: 19 ff .; Töpfer 2008; mit stärker wissenschaftlichem Blick Wolff 2010), befassen sich in einem ausgeprägten Maße unter anderem in den Vereinigten Staaten, Kanada, Australien und Großbritannien auch die wissenschaftliche Kriminologie und die Geographie mit der geostatistischen Auswertung von Kriminalität und Sicherheit (vgl . z .B . Weisburd et al . 2009 und Chainey/Tompson 2008; Doran/Burgess 2011; Lersch 2007; Chainey/Ratcliffe 2005) . Einer der wesentlichen Gründe dafür dürfte darin liegen, dass gerade die Entwicklung von Geographischen Informationssystemen sehr stark durch den angelsächsischen und US-amerikanischen Markt geprägt ist und entsprechende georeferenzierte Daten gut verfügbar sind . Die seit Mitte der 1980er Jahre rasant steigende Popularität des Crime Mapping im angloamerikanischen Raum lässt sich vornehmlich auf drei Prozesse zurückführen: •
Erweiterung computertechnischer Erhebungs- und Analysemöglichkeiten
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Crime Mapping in der kriminologischen und geographischen Forschung in Deutschland kaum etabliert
MEthoDEn UnD InStRUMEntE ZUR AnAlYSE
• •
Crime Mapping auf dem Vormarsch!?
Organisatorische und institutionelle Verankerung des Crime Mapping z .B . in den USA durch staatliche Institutionen und neue Organisationseinheiten6 (vgl . Lersch 2007: 232 ff .; Belina 2009a: 197) Crime Mapping Erfolgsmodell New York: zeitnahe Visualisierung des regionalen Kriminalitätsaufkommens in den Stadtteilen (vgl . Lersch 2007: 254 ff .) .
Es ist davon auszugehen, dass in den USA oder anderen Staaten die Nutzung digitaler Kriminalitätsdaten und deren raumbezogene Beschreibung und Analyse weiter auf dem Vormarsch ist – schon aufgrund der nach dem 11 . September 2001 erhöhten Sensibilität in Fragen der Inneren Sicherheit . Empirische Analysen in den Vereinigten Staaten zeigen jedoch auch, dass die Verbreitung des Crime Mapping durch die Notwendigkeit einer anspruchsvollen Hard- und Software-Infrastruktur sowie die dementsprechend nötige Schulung des Personals gehemmt wird und die Nutzungen selten über ein deskriptives Maß hinausgehen . Da die Eigenlogik der Polizeiarbeit außerdem nach wie vor eher auf Verbrechensaufklärung und -bekämpfung ausgelegt sei, findet diese abstrakt-präventive Form der Kriminalitätsbekämpfung bei der Polizei offenbar weiterhin wenig Zuspruch (vgl . Manning 2008: 250 ff .; Belina 2009a: 192 ff .) . Lersch (2007: 235 ff .) unterscheidet beim Crime Mapping zwischen einer deskriptiven und einer analytischen Variante . Als Sonderform des analytischen Crime Mapping bezeichnet sie das Geographical Profiling . Dieser Logik folgend, sollen nun die unterschiedlichen Formen des Crime Mapping vorgestellt und kritisch diskutiert werden . 3.3.2 Descriptive Crime Mapping
Descriptive Mapping zur Erzeugung von lagebildern
Das sogenannte Descriptive Mapping wird in Deutschland polizeiintern für die Erzeugung von zeit- und raumbezogenen Kriminalitätslagebildern genutzt . Es stellt ein wichtiges Instrument der kurz- und langfristigen strategischen Planung der Polizei- und Präventionsarbeit dar (vgl . Clages/Zimmermann 2010: 187 f .) . Kartographische Lagebilder bilden in der Regel zeitnah oder in Echtzeit die Entwicklung oder die Verteilung von Delikten innerhalb eines definierten Zeitabschnittes oder einer Raumeinheit ab . Es können aber nicht nur Straftaten, sondern auch Täterwohnsitze, Notrufe oder polizeiliche Einsätze abgebildet werden . 6
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Folgende Einrichtungen befassen sich in den USA mit Crime Mapping: Crime Mapping Laboratory of the Police Foundation: http://www .policefoundation .org/ sowie http://crimemapping .info (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015), National Institute of Justice: http://nij .gov/topics/technology/maps/Pages/welcome .aspx (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015); National Law Enforcement and Corrections Technology Center, Sektion Geospatial and Crime Mapping: https://justnet .org/geospatial_and_crime_mapping/index .html (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015)
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Es fehlen zwar aktuelle empirische Studien, die das Ausmaß und den Erfolg der Nutzung von Crime Mapping evaluieren . Gleichwohl werden einige Einsatzmöglichkeiten formuliert, inwiefern digitale Karten die Polizeiund Präventionsarbeit erleichtern oder unterstützen (vgl . Lersch 2007: 239 ff .; Clages/Zimmermann 2010: 187 f .; Besson 2004: 221 ff .): • •
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Die Karten sind mit entsprechenden elektronischen Geräten ortsunabhängig verfügbar und können so den Polizeibeamt(inn)en zur Orientierung dienen . Durch die Möglichkeit, unterschiedliche Straftaten kartographisch zu visualisieren, können räumliche Muster und Konzentrationen von Straftaten beschrieben werden . Dies kann Hinweise auf die Aktionsräume von Straftäter(inne)n geben . Wenn die räumlichen Muster der registrierten Kriminalität bekannt sind, kann die strategische Einsatzplanung der Polizei in Bezug auf die Bekämpfung der registrierten Kriminalität räumlich optimiert werden . Werden Lagebilder und Crime Maps als Monitoringinstrumente aufgefasst, bietet sich damit prinzipiell auch die Möglichkeit der fortlaufenden Beobachtung und Evaluierung von Polizei- und Präventionsarbeit (aber vgl . Abschn . 3 .1 .2) . Auch Versicherungen nutzen vereinzelt das Crime Mapping, um für Schadensfälle, die aus Straftaten resultieren, die Risiken abzuschätzen und Versicherungsbetrug aufzuklären (vgl . Spöri 2009: 730 ff .) . Da Karten in der Regel gut les- und erfassbar sind, werden sie von der Polizei auch dazu genutzt, die Bürger(innen) über das Internet oder die lokalen Massenmedien über das Auftreten von Straftaten zu informieren . In den USA werden zudem Crime Maps mit Namen und Anschriften von Sexualstraftäter(inne)n über Internetplattformen zur Verfügung gestellt .7
Das Veröffentlichen thematischer Karten über Kriminalität und Unsicherheit in den Massenmedien oder das online-Stellen entsprechender interaktiver Karten im Internet oder als App8 ist weltweit in vielen Städten (z .B . in zahlreichen britischen und US-amerikanischen Städten und darüber hinaus in Toronto, Mexiko City, Berlin) zu beobachten . In Deutschland wird in medienöffentlichen oder politischen Diskursen für die kartographischen Darstellungen häufig der Begriff Kriminalitätsatlas verwendet (z .B . Erfurt, Heidelberg, Berlin, Hamm) . Die veröffentlichten Daten sind teilweise fast tagesaktuell, manchmal stellen sie die Ergebnisse von Befragungen dar . Die Autor(inn)en dieser Plattformen sind insbesondere die Polizei oder Sicher7 8
Einsatzfelder von Crime Mapping bei der Polizei und Präventionsarbeit
Vgl . http://www .nsopw .gov/en (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) Vgl . die App Verbrechen free https://itunes .apple .com/de/app/verbrechen-free/ id587378701?mt=8&ign-mpt=uo%3D4 (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 73
Crime Mapping und Kriminalitätsatlanten in (medien)öffentlichen und politischen Diskursen
MEthoDEn UnD InStRUMEntE ZUR AnAlYSE
heitsbehörden, die in der Regel sehr aktuelle Informationen zu Straftaten verräumlicht zur Verfügung stellen (vgl . Fallbeispiel 1), teilweise Forschungseinrichtungen (vgl . European Crime and Safety Survey 2005–20079) oder auch Medienunternehmen (vgl . Fallbeispiel 2) . Es existieren auch kommerzielle Anbieter, die beispielsweise Tourist(inn)en über gefährliche Orte oder soziale Brennpunkte informieren möchten (vgl . hierzu Abschn . 5 .4) . Zum Teil werden entsprechende lokale Daten auch landesweit verfügbar gemacht, z .B . in Großbritannien10, den Vereinigten Staaten11 oder Frankreich (nur bis zur Ebene der Départements)12 . Nach Auskunft der Initiator(inn) en dieser Plattformen sollen damit die Bürger(innen) oder andere Zielgruppen in die Lage versetzt werden, sich auf der Basis aktueller und objektiver Daten über die räumliche Sicherheitslage zu informieren und somit Entscheidungen über die Wahl von Wohn- und Arbeitsorten, Reiserouten oder Schulwegen leichter treffen zu können . Teilweise werden diese Karten-Veröffentlichungen in den Medien kritisch diskutiert . Als problematisch eingeschätzt werden z . B . die konstruierten Negativ-Stigmatisierungen von Stadtteilen oder sozialen Gruppen, die erzeugte Illusion von methodischer Exaktheit und Objektivität der Darstellungen, grundsätzliche datenschutzrechtliche Bedenken sowie das Etablieren einer neoliberalen Sicherheitspolitik (siehe auch Abschn . 3 .3 .5) .
9 Vgl . http://gis .geox .hu/crimemap/ (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 10 Vgl . http://www .police .uk/lincolnshire/NC41/crime/#crimetypes/2011–11 (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 11 Vgl . http://www .crimemapping .com/ (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 12 Vgl . http://www .cartocrime .net/Cartocrime2/index .jsf (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 74
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Fallbeispiel 1: Metropolitan Police Service Crime Mapping (London)13 Abb. 13: Screenshot des Metropolitan Police Service Crime Mapping (london)14
Die Londoner Polizei stellt den Bürger(inne)n der Stadt kartographische und textliche Informationen über ausgewählte Straftaten in den Stadtbezirken auf einer Website zur Verfügung (vgl . Abb . 13) . Die in einer interaktiven Karte dargestellten Informationen zeigen die registrierte Kriminalität in den interessierenden Raumeinheiten . Die Farbgebung stellt den Grad der Abweichung vom entsprechenden Mittelwert des gesamten Stadtgebietes dar, auch Informationen über zeitliche Trends werden mitgeteilt . Es wird auf zahlreiche weitere Informationen zu Prävention, Fahrsicherheit, Opferberatung oder Anzeigeerstattung hingewiesen . Fallbeispiel 2: Blaulicht-Kurier Berlin-Brandenburg15 Eine interaktive Karte etwas anderer Art ist der Blaulicht-Kurier Berlin-Brandenburg (vgl . Abb . 14) . Der Blaulicht-Kurier wird von der online-Redaktion der Boulevardzeitung Berliner Kurier betreut . Datengrundlage ist nicht die registrierte Kriminalität . Stattdessen werden möglichst ortsgenau Vorfälle dargestellt, die von den Polizeidienststellen in Berlin und Brandenburg z .B . im Rahmen von Pressemitteilungen veröffentlicht wurden . Unter der Rubrik „Son13 http://maps .met .police .uk/ (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 14 http://maps .met .police .uk/ (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 15 http://service .berliner-kurier .de/blaulichtkurier/ (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 75
MEthoDEn UnD InStRUMEntE ZUR AnAlYSE
stiges“ verbergen sich teilweise Vorfälle, die keine Straftat beinhalten (z . B . der Auftritt eines Polizeiorchesters), oder es werden Vorfälle aufgeführt, die sich außerhalb Deutschlands ereignet haben (z .B . die Meldung über den Fund der Leiche eines Berliners an Bord des 2012 gesunkenen Kreuzfahrtschiffs „Costa Concordia“) . Abb. 14: Screenshot des BlaulichtKuriers BerlinBrandenburg16
3.3.3 Analytisches Crime Mapping Analytisches Crime Mapping – nur für die wissenschaft!?
Das analytische Crime Mapping unterstützt die operative und strategische Polizei- und Präventionsarbeit ebenfalls durch zeit- und raumbezogene Lagebilder, ist gegenüber dem deskriptiven Crime Mapping jedoch sowohl in technischer Hinsicht als auch im Hinblick auf die qualifikatorischen Anforderungen bedeutend anspruchsvoller . Das analytische Crime Mapping hat eine komplexe raumbezogene Auswertung kriminal- und sozialstatistischer Daten zum Ziel . Die Analysen erfolgen mit multivariaten, geostatistischen und GIS-basierten Methoden . Üblicherweise liegen die genutzten Sachdaten in georeferenzierter Form vor . Methodisch-technische Voraussetzung für ein analytisches Crime Mapping ist ein Geographisches Informationssystem mit entsprechenden geostatistischen Auswertungsmöglichkeiten . Für die Zukunft wird dem analytischen Crime Mapping eine wachsende Bedeutung für die polizeiliche Praxis zugeschrieben, und zwar sowohl bei der strategischen Bekämpfung als auch bei der präventiven Analyse von Krimi16 http://service .berliner-kurier .de/blaulichtkurier/ (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 76
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nalität (vgl . Lersch 2007: 259) – im Vorreiterland des Crime Mapping, den USA, wird die Einführung von Geographischen Informationssystemen zur raumbezogenen Analyse von Kriminalität bereits staatlich gefördert (vgl . Groff et al . 2005: 17) . Die Nutzung der analytischen und technischen Potenziale von Geographischen Informationssystemen für eine raumorientierte Kriminalitätsanalyse erfolgt derzeit jedoch vor allem in Forschungseinrichtungen und Hochschulen (insbesondere im angelsächsischen Raum), mangels Qualifikation und technischer Voraussetzungen aber kaum in der polizeilichen Praxis (vgl . Manning 2008: 250 ff ., Rossmo 1999: 185; Ratcliffe 2010: 18) . Aufgrund des hohen Komplexitätsgrades der statistischen Analysen und der daraus resultierenden tabellarischen oder (karto-) graphischen Darstellungen ist diese Form des Crime Mapping in der Regel auch nicht für Massenmedien und Öffentlichkeit geeignet . Ratcliffe (2010: 6 f . und 19) sieht allerdings gerade in der raum-zeitlichen Analyse von Kriminalitäts- und Unsicherheitsdaten eine sehr gute Möglichkeit, die wissenschaftliche Kriminologie und die praktische polizeiliche Aufklärungsarbeit wieder stärker zusammenzuführen . Das analytische Crime Mapping nutzt vor allem multivariate Analysen oder statistische Modellierungen . Dabei wird versucht, die Wahrscheinlichkeit des räumlichen Auftretens von Kriminalität und Unsicherheit zu bestimmen oder mit statistischen Methoden zu modellieren . In den USA sind bereits Software-Programme im Einsatz, mit denen die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Straftaten räumlich vorhergesagt und Polizeieinsatzkräfte danach eingesetzt werden .17 Bei einer Modellierung wird ein abhängiges Merkmal bzw . eine zu erklärende Variable (z . B . Kriminalität, abweichendes Verhalten, Unsicherheit oder Opferrisiken in den beobachteten Raumeinheiten) durch ausgewählte erklärende Variablen dieser Raumeinheiten (z .B . Grad der Desorganisation, Anteil junger männlicher Bewohner, Anzahl von eingegangenen Notrufen) statistisch vorhergesagt . Dies geschieht meistens unter Einsatz multipler oder logistischer Regressionen (vgl . Mansel 2008; Windzio et al . 2007; Baier/Pfeiffer 2007) . Dazu werden soziale Phänomene in Form von statistischen Daten operationalisiert und erhoben . Das Erheben erfolgt z . B . durch Befragungen, Zählungen, Beobachtungen und/oder das Aufbereiten kommunaler oder polizeilicher Statistiken . Diese Daten werden einem statistisch-mathematischen Analyseverfahren unterzogen . Das Ergebnis ist dann im Regelfall eine mathematische Gleichung, in der durch einen Koeffizienten ablesbar ist, inwieweit in den untersuchten Raumeinheiten das Ausmaß der zu erklärenden Variable (Kriminalität oder Unsicherheit) von den erklärenden Variablen (Desorganisation, Anteil junger Männer, Notrufe, Anteil von Migrant(inn)en, usw .) abhängig ist bzw . bestimmt wird . Das Besondere bei der raumbezogenen Analyse von Kriminalität oder dem analytischen Crime Mapping besteht 17 http://www .predpol .com/ (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 77
Statistische Analyse und Modellierung raumbezogener Kriminalitätsdaten
Kriminalität als zu erklärende Variable
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Aussagekraft konstruierter Kausalitäten
nun darin, dass beobachtete oder vermutete Zustände von Räumen und deren Entwicklungen erklärt oder vorhergesagt werden . Die notwendigen multivariaten Methoden und Kennziffern werden von Geographischen Informationssystemen zur Verfügung gestellt und können für solche raumbezogenen Kriminalitätsanalysen verwendet werden (vgl . Ratcliffe 2010: 8 ff .; Kerry et al . 2010: 53 ff .; Bernasco/Elffers 2010: 705 ff .; van Schaaik/ van der Kemp 2009: 222 ff .) . Statistische Modellierungen unterstellen in der Regel einen UrsacheWirkungs-Zusammenhang . Dies liegt insbesondere darin begründet, dass für eine Modellierung zwischen erklärenden und zu erklärenden Variablen unterschieden werden muss . Z .B . wird die gemessene Unsicherheit oder Kriminalität in einer Raumeinheit durch andere erhobene oder gemessene Variablen dieser Raumeinheit erklärt . Diese Untersuchungsmethodik konstruiert somit eine Kausalität, die zwar empirisch beobachtet werden kann, sich aber in der sozialen Realität so nicht zeigen muss . Die unterstellte Logik oder die Theoriefestigkeit der Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge ist daher hinreichend zu reflektieren . Gewaltkriminalität in ausgewählten Straßen von Rotterdam van Wilsem (2009: 199 ff .) untersuchte in drei sozial benachteiligten Quartieren in Rotterdam auf der Ebene von Straßen die Unterschiede in Ausmaß und Qualität von Gewalttaten (Raubüberfälle und Körperverletzungen) . Die Studie zeigte zunächst, dass Straftaten in nur wenigen Straßen, dort aber hochkonzentriert auftraten . Hohe Konzentrationen wurden vor allem in Straßen mit hohen Anteilen an Single-Haushalten und einer starken ethnischen Heterogenität beobachtet . Nach van Wilsem wiesen diese Variablen darauf hin, dass es in diesen kriminalitätsbelasteten Straßen unzureichende soziale Kontrollstrukturen gab, wodurch das Aufrechterhalten einer sozialen Ordnung behindert oder eingeschränkt würde . Ein erhöhtes Gewaltaufkommen wurde zudem in Straßen mit Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs beobachtet . Diese Straßen, so van Wilsem, seien belebter, vermehrt eingebunden in die alltäglichen Routinen der Bewohner(innen) und offerierten damit mehr Möglichkeiten für Konflikte . Auch sogenannte Spillover-Effekte wurden nachgewiesen: Danach erhöhe eine hohe Kriminalität in den stark gewaltbelasteten Straßen auch die Höhe der Gewalttaten in den angrenzenden Straßen und Bezirken ( vgl . van Wilsem 2009: 213) .
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In multivariaten Modellierungen und GIS-Anwendungen stehen z .B . Kriminalitätsdaten oder Sozialindikatoren stellvertretend für soziale Phänomene . So kann beispielsweise der Migrantenanteil einer Raumeinheit als Indikator für soziale Benachteiligung, Integrationsbedarf, soziale Heterogenität und Desorganisation, Potenzial für Migrantenökonomie, Viktimisierungsrisiko, No-Go-Area usw . herangezogen werden . Bei jeder Modellbildung ist deshalb zu prüfen, inwieweit diese Operationalisierungen sinnvolle Repräsentationen der sozialen Wirklichkeit sind . Bei der aufmerksamen Lektüre der bisherigen Ausführungen wird deutlich, dass sowohl beim deskriptiven als auch beim analytischen Crime Mapping das zugrunde liegende Raumverständnis an den regional- oder raumwissenschaftlichen Ansatz aus den 1970er Jahren erinnert: Soziale Phänomene werden auf der Basis von Raumgesetzen, räumlichen Verteilungsmustern oder Distanz-Relations-Gefügen zu erklären versucht (vgl . Werlen 2000: 203 ff .; Hard 1999: 136) . In einigen Studien wird eine grundsätzliche Bedeutung von Raum (und Zeit) für das Auftreten von Unsicherheit und Kriminalität unterstellt (vgl . Ratcliffe 2010: 7 f . und Bernasco/Elffers 2010: 702 ff .) . Insbesondere innerhalb der niederländisch-angelsächsischen Community, die raumbezogene Kriminalitätsanalysen (spatial crime analysis) durchführt, gibt es eine Debatte um die Erklärungskraft des Raumes . So stellen beispielsweise Tita und Greenbaum fest, dass raumwissenschaftlich orientierte Studien und Modellierungen zu räumlichen Kriminalitätsaufkommen und Verteilungsmustern klar demonstriert haben, dass diese räumlichen Muster von Kriminalität nicht allein mit den sozio-ökonomischen Merkmalen des jeweiligen Raumes erklärt werden können .Vielmehr legen raumwissenschaftliche Analysen zur Kriminalitätsausbreitung und -verteilung den Schluss nahe, dass räumliche Konzentrationen von Straftaten als Ergebnisse von sozialen und nicht von räumlichen Prozessen anzusehen sind (vgl . Tita/Greenbaum 2009: 146) .
Statistiken repräsen tieren Soziales
Raumdebatten im analytischen Crime Mapping
3.3.4 Geographical Profiling (Geographische Fallanalyse) Das Geographical Profiling (Geographische Fallanalyse) kann in methodischer Hinsicht als eine Sonderform des analytischen Crime Mapping aufgefasst werden . Die Zielsetzung der Geographischen Fallanalyse ist allerdings sehr viel stärker auf die Fahndung fokussiert . Es geht darum, den wahrscheinlichsten Wohn- und Aufenthaltsort von insbesondere solchen Täter(inne)n oder Tätergruppen zu bestimmen, denen mehrere Delikte zugeschrieben werden . Diese Form der Analyse kommt vor allem bei Gewalt- und Schwerkriminalität zum Einsatz (vgl . Wippler 2008: 90 ff .; Mokros/ Schinke 2006: 207; Rossmo 1999: 195 ff .) .
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Begriffsklärungen: Geographical Profiling bzw. Geographische Fallanalyse
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Bei der Geographischen Fallanalyse handelt es sich um eine Analyse der Aktionsräume und der räumlichen Bewegungsmuster von Straftäter(inne)n (vgl . Abb . 15) . Sie dient dazu, Aussagen zu möglichen örtlichen Bezügen oder örtlichen Ankerpunkten des Täters oder der Täterin abzuleiten . Diese Ankerpunkte sind Orte, die für die Täter(innen) im Rahmen aktueller oder ehemaliger Routineaktivitäten eine bestimmte Bedeutung haben (vgl . Dern et al . 2010: 23) . Auf der Grundlage dieser Analysen sollen dann potenzielle Aufenthaltsorte (Wohnorte, Arbeitsorte, Treffpunkte, Freizeitorte, …) von Straftäter(inne)n vorhergesagt werden .
Abb. 15: Geographical Profiling in den Medien
FOCUS Magazin | Nr. 15 (2005) KRIMINALISTIK
Suche nach dem Ankerpunkt
Montag, 11.04.2005, 00:00 - von FOCUS-Redakteur Michael Odenwald
Wie Geoprofiling hilft, den Wohnort von Serientätern einzukreisen
Der Täter wusste genau, wonach er suchte. Stets brach er in Wohnungen asiatischer Immigranten ein und stahl ausschließlich Schmuck. Mehr als 40-mal schlug er in einem Londoner Stadtteil zu. „Dabei hinterließ er kaum Spuren“, erklärt Christine Leist. „Deshalb erstellten wir zuerst ein Geoprofil.“ Dazu füttert Leist ihren Computer mit den Daten der Tatorte. Aus den Punkten errechnet das Programm ein Muster aus konzentrischen Ringen, die es auf den Stadtplan des Bezirks projiziert. Der innerste Kreis leuchtet am Bildschirm in sanftem Rot. „Hier wohnt der Einbrecher mit höchster Wahrscheinlichkeit“, freut sich Leist. „Dies ist ein Anhaltspunkt für die weitere Fahndung.“ ... Ihr Londoner Schmuckdieb wurde übrigens jüngst gefasst: Nachbarn hörten Lärm im Nebenhaus, dessen Mieter verreist waren. „Geoprofile ersetzen eben nicht die normale Polizeiarbeit“, bekennt sie. „Seine Wohnung lag aber genau im ermittelten Kernbereich.“
Die nordamerikanische Debatte um das „bessere“ Geographical Profiling
Für das Geographical Profiling wurden vor allem in Nordamerika spezifische Softwareprogramme entwickelt (vor allem Rigel, CrimeStat und Dragnet)18, bei der insbesondere GIS-Funktionalitäten zum Einsatz kommen . Damit lassen sich für ausgewählte Orte oder Räume die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten oder den Aufenthalt von Täter(inne)n errechnen . Allerdings ist die Frage bisher nicht entschieden, ob ein Software-basiertes Geographical Profiling wesentlich bessere Vorhersagen und Fahndungserfolge erzielt als eine systematische und methodisch ausgereifte geographisch-operative
18 Vgl . die Hinweise auf http://www .nij .gov/topics/technology/maps/pages/gp .aspx (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 80
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Fallanalyse durch erfahrene Ermittler(innen) ohne Profiling-Software und GIS-Einsatz (vgl . Wippler 2008: 91 f .; Bennell et al . 2007: 336 ff .) . In Deutschland zeigt sich bei der Polizei und den Staatsanwaltschaften bisher nur wenig Enthusiasmus, bei operativen und geographischen Fallanalysen verstärkt auf raumanalytische Computerprogramme zu setzen (vgl . Wippler 2008: 92 f .) . Hierzulande werden bei Operativen Fallanalysen schwerpunktmäßig die einschlägigen polizeilichen Datenbanken, EDV-basierte Melde- und Expertensysteme sowie klassische Ermittlungsmethoden zur Analyse eingesetzt, während das Geographical Profiling und Geographische Informationssysteme lediglich als ergänzende Instrumente und im Rahmen von Gewalttaten (besonders bei Tötungs-, Sexual- und Seriendelikten) zum Einsatz kommen (vgl . Heinrich 2007: 242 ff .; Dern et al . 2010: 14 ff .) .
Geographical Profiling bei der deutschen Polizei
3.3.5 Kritische Reflexionen zu Crime Mapping und Geographical Profiling Das Crime Mapping und das Geographical Profiling werden auf unterschiedlichen Ebenen und aus unterschiedlichen Perspektiven kritisch reflektiert . Eine kritische Reflexion erfolgt aus der polizei- und ermittlungspraktischen Perspektive . Inwieweit erleichtert oder verbessert der Einsatz von GIS, Crime Mapping und Geographical Profiling die Arbeit der Polizei oder der Strafverfolgungsbehörden? Es sind bisher keine systematischen Analysen bekannt geworden, die den praktischen Nutzwert oder den Nutzungsgrad dieser Ansätze geprüft hätten . Allerdings wird in vielen Veröffentlichungen und Mitteilungen, die den praktischen Einsatz dieser Instrumente zum Thema haben, die Evidenz einer positiven (Aus-)Wirkung auf die Polizeiarbeit mitgeführt . Positive Effekte und Erfahrungen des GIS-Einsatzes werden dabei vornehmlich in einer „…Verkürzung der polizeilichen Reaktionszeit sowie der Optimierung von Ressourcen- und Personaleinsatz durch die Technisierung“ (Heinrich 2007: 247) gesehen . Bei der Ermittlungsarbeit sowie bei kriminologischen und kriminalistischen Analysen werden diese Instrumente (zumindest in Deutschland) eher selten eingesetzt (vgl . Heinrich 2007: 247) . Insbesondere die hohen Anforderungen an die EDV-Technik und Qualifikation der Mitarbeiter(innen) binden erhebliche zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen . Im Kontext von Kosten-Nutzen-Abwägungen wird deshalb der Einsatz raumbezogener Analyseinstrumente (Crime Mapping, Geographische Informationssysteme, Geographical Profiling) kritisch diskutiert (vgl . Bennell et al . 2007: 339 ff .; Wipper 2008: 92 f .; Manning 2008: 250 ff .; Heinrich 2007: 247; Schönert 2011: 43 f .; Vogt 2001: 81 ff .) . Aus einer kriminalpolitischen und präventiven Sicht ist eine Visualisierung von kriminellen oder sozialen Brennpunkten, wie sie beispielsweise bei medienöffentlichen Kriminalatlanten oder veröffentlichten Kriminalitätslagebildern stattfindet, nicht sonderlich wünschenswert . Gerade die Brenn81
Kritische Reflexionen aus polizei und ermittlungspraktischer Perspektive
Visualisierung von Brennpunkten
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Methodischtechnische Kritikpunkte
punktdarstellungen erfahren oftmals eine starke mediale Aufmerksamkeit . Diese als Transparenz kommunizierte Visualisierung kann für die kommunale (Sicherheits-)Politik erhebliche Konsequenzen haben . Einerseits wird dadurch möglicherweise ein politischer und polizeilicher Handlungszwang erzeugt, andererseits können solche Darstellungen zu nachhaltigen Stigmatisierungen von Stadtteilen führen oder bestehende Negativimages verstärken .19 Dem widersprechen allerdings in Teilen die Untersuchungsergebnisse von Groff et al . (2005: 17), die keine stigmatisierenden Effekte durch eine kartographische Visualisierung sozialer Brennpunkte feststellen konnten . In Deutschland gehen kommunale und Landespolizeibehörden dennoch eher behutsam mit Visualisierungen um (vgl . Heinrich 2007: 247) . Crime Mapping, GIS und Geographical Profiling können auch aus einer methodisch-technischen Perspektive kritisch beleuchtet werden . •
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Crime Mapping aus diskurstheoretischer Perspektive
Problematisch kann erstens die Qualität der Geo- und Sachdaten sein . In puncto Genauigkeit, Aktualität und Datenpflege werden bei diesen raumbezogenen Analyseinstrumenten hohe Ansprüche gestellt, die diese nicht immer liefern können . Zum zweiten ergeben sich erhebliche Unbestimmtheiten im Hinblick auf die Interpretierbarkeit und Plausibilität der visualisierten Kriminalitäts- und Sozialdaten und die angedeuteten Zusammenhänge . Solche Kausalitäten (zwischen z .B . Straftatenaufkommen und städtebaulichem Sanierungsbedarf) mögen zwar plausibel erscheinen, können aber ebenso gut Artefakte (also Scheinzusammenhänge) sein (vgl . Wippler 2008: 91) . Drittens sei nochmals an die kritischen Anmerkungen zu den multivariaten, raumbezogenen Modellbildungen erinnert (vgl . Abschn . 3 .3 .3) .
Aus einer diskurstheoretischen Perspektive (vgl . Abschn . 2 .2 .3) werden durch Crime Mapping sichere und unsichere Räume als diskursive Elemente in z .B . kommunale Sicherheitsdiskurse eingeführt . Wenn Kriminalitätskarten von Polizei oder Forschungseinrichtungen veröffentlicht werden, also von Beteiligten, denen in gesellschaftlichen Diskursen eine entsprechende Deutungshoheit zugeschrieben wird, stellen sie einen sehr machtvollen Beitrag zur kommunalen Sicherheitsdebatte dar . Aufgrund der Definitionsmacht von Polizei und Wissenschaft (vgl . Wahrheit-Macht-Wissen-Komplex in Abschn . 2 .2 .3) werden dann über Kriminalitätskarten riskante und weniger riskante Stadtteile oder Straßenzüge (re-)produziert und polizeiintern, verwaltungsintern, kommunalpolitisch oder medienöffentlich kom19 Vgl . die Auseinandersetzung um die Nicht-Veröffentlichung sogenannter Kriminalitätsschwerpunkte durch die Berliner Polizei Anfang 2014, http://www .tagesspiegel .de/berlin/kriminalitaet-in-berlin-polizei-will-liste-der-gefaehrlichsten-ortenicht-veroeffentlichen/9417074 .html (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) . 82
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muniziert . Die Existenz unsicherer Räume oder sozialer Brennpunkte kann wiederum politische Interventionen nahelegen oder erforderlich machen . Vor diesem Hintergrund können Kriminalitätskarten, die durch die Polizei in kommunalpolitische Diskurse eingespeist werden, auch als ein strategischer Beitrag gesehen werden, um mehr finanzielle und personelle Ressourcen oder Unterstützung zu erhalten . Belina und andere Autor(inn)en sehen im Crime Mapping vor allem den Versuch, über Kriminalitätskarten und weitere raumbezogene Überwachungsinstrumente (vgl . Kap . 4) eine stärkere soziale Kontrolle auf die Bevölkerung auszuüben . Crime Mapping wird als räumliche Kriminalisierungsstrategie aufgefasst und trägt somit zu einem als neoliberal zu charakterisierenden Umbau der Kriminalpolitik bei (vgl . Belina 2009a: 192) .
Crime Mapping als räumliche Kriminali sierungsstrategie
Sich an den Debatten zur technischen, statistischen und kartographischen Verbesserung der Verfahren und zu den Einsatzmöglichkeiten des crime mapping zu beteiligen ist für eine Kritische Kriminalgeographie langweilig . Spannend werden die aktuellen Debatten und Praktiken, wenn man sie als das betrachtet, was sie sind: Versuche, über die Verräumlichung von ,Kriminalität‘ soziale Kontrolle auszuüben . Dann werden auch die Kriminalitätskarten, die von ihren offiziellen Zwecken her betrachtet kreuzlangweilig sind, weil sie das Erhoffte nie und nimmer darzustellen vermögen, interessant . (Belina 2011a: 128) Kriminalitätskarten basieren auf Abstraktionen von Kriminalität, die durch die Karten verfestigt (reifiziert) werden . Wenn diese Kartierungen dann für die praktische Polizei- und Präventionsarbeit eine maßgebliche Orientierung liefern, wird die in den Karten abstrahierte Kriminalität „wahr“ gemacht (vgl . Belina 2009a: 192) . „Das Perfide ist […] die vermeintliche Objektivität und entsprechende Unantastbarkeit der positivistisch aufgeladenen digitalen Lagebilder .“ (Töpfer 2008) . Wenn im Rahmen von Crime Mapping die beobachteten Orte oder Raumeinheiten durch entsprechende Signaturen oder Schraffuren als gefährlich, kriminell, sicher oder unsicher etikettiert werden, wird ein soziales Phänomen verräumlicht . Diese Verräumlichung von Kriminalität und Unsicherheit ist mit einigen Tücken verbunden (vgl . Mohring et al . 2010: 163 ff .; Rolfes 2011: 145 f .): •
Erstens können die visualisierten „unsicheren Räume“ oder „sozialen Brennpunkte“ und die mit ihnen „verklebten“ sozio-ökonomischen oder städtebaulichen Merkmale nicht pauschal und gesamträumlich als Auslöser von (weiterer) Kriminalität und Unsicherheit angesehen werden . Der räumliche Fokus verleitet zu einer Simplifizierung und Homogenisierung komplexer sozialer Problemlagen . 83
Raumtheoretische Anmerkungen zum Crime Mapping
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Zweitens können durch diese Verräumlichungen Negativ-Stigmatisierungen der „sozialen Brennpunkte“ und „Hot Spots“ um sich greifen und damit bestehende Segregationstendenzen und Stigmatisierungen verstärken . Drittens verdeckt der räumliche Blick den entterritorialisierten Netzwerk-Charakter von Kriminalität . Nur bestimmte Straftaten geraten in den räumlichen Fokus (z .B . Gewalttaten, Diebstähle, Straßenkriminalität), andere wiederum nicht (z .B . Wirtschaftskriminalität, Organisierte Kriminalität, Steuerdelikte, Cybercrime, Korruption) . Durch Kartierungen erscheint Kriminalität räumlich begrenzt und tritt offenbar dort nicht auf, wo sie nicht räumlich beobachtbar ist . Durch eine Verortung werden Unsicherheit und Kriminalität bearbeitbar gemacht . Viertens entstehen durch die Verräumlichungen kriminelle und unsichere Räume, deren Zugang für eine(n) „rechtschaffene(n) Bürger(in)“ mit Risiken verbunden ist . Folglich werden entstandene Schäden oder Verletzungen dann in einem gewissen Rahmen auch denjenigen angelastet, die den impliziten Warnungen nicht gefolgt sind .
4
Raumbezogene Präventionspolitiken
Weder im alltagssprachlichen noch in einem wissenschaftlichen Sinne lässt sich ein klares Verständnis des Begriffs Prävention fassen . Zwar hält Schwind fest: „Ziele der (Kriminal-)Prävention […] bestehen in der allgemeinen Vorbeugung (,Impfung‘ gegen kriminelle Versuchungen), in der anlassbezogenen Intervention und in der Rückfallverhütung . In allen Fällen geht es um den Aufbau bzw . um die Verstärkung von Schutzfaktoren […] und die Eindämmung von Risikofaktoren […] .“ (Schwind 2013: 18) . Demgegenüber geht Schreiber jedoch davon aus: „Über das Gefühl hinaus, etwas Richtiges zu tun, bietet der Präventionsbegriff […] wenig Präzises .“ (Schreiber 2011a: 12) . Somit deutet sich bereits hier an, dass der Präventionsbegriff gleichzeitig facettenreich und diffus zu sein scheint . Öffentliche oder private Präventionspolitiken, die im Zusammenhang mit Kriminalität und Sicherheit in Stellung gebracht werden, orientieren sich gleichwohl an spezifischen, ausformulierten Präventionsvorstellungen und Präventionsbegriffen . Zwei Ansätze bzw . Konzepte sollen hier ausführlicher zur Sprache gebracht werden: die Unterscheidung in Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention (vgl . Kunz 2011: 283; Clages/Zimmermann 2010: 165 ff .) und die situative Kriminalprävention .
Zur Unbestimmt heit des Präventi onsbegriffes
Primäre, sekundäre und tertiäre Prävention Die Primärprävention ist die Verinnerlichung von Werten und Normen, wie sie durch die Erziehung im Elternhaus, im Kindergarten oder in der Schule erfolgt, aber auch durch Jugendhilfemaßnahmen wie soziale Trainingskurse und sozialpädagogische Einzelbetreuung . Die Sekundärprävention ist die Veränderung von Gelegenheitsstrukturen . Hierzu zählt gerade auch die technische Prävention, aber ebenso die bessere Ausleuchtung von Straßen und Plätzen, die Einrichtung von Diskothekenbussen sowie von kostengünstigen Nachttaxis zur Verhinderung von Überfällen . Die Tertiärprävention ist die Gegensteuerung durch strafjustizielle Maßnahmen, das Einwirken auf den ertappten Täter, um eine Straftatwiederholung zu verhindern . (Bundeszentrale für politische Bildung 2010: 52 f .) Die Ansätze einer situativen Kriminalprävention wurden vor allem im angelsächsischen Raum entwickelt . Sie greifen insbesondere umweltkrimino85
Situative Kriminalprävention
Raumbezogene PRäventionsPolitiken
AUFWAND ERHÖHEN 1. Ziele verbergen Wegfahrsperre | manipulationssichere Verpackung | Sicherheitsschalter 2. Zugang kontrollieren Türtelefone | elektronische Zugangskontrolle | Taschenkontrolle 3. Ausgang kontrollieren Tickets für Ausgang | elektronische Warensicherung 4. Täter abwehren Straßen abriegeln | separate Waschräume für Frauen 5. Waffen/Werkzeuge kontrollieren gestohlene Handys sperren | kein Verkauf von Spraydosen an Jugendliche
ENTDECKUNGSRISIKO UND AUFKLÄRUNG STEIGERN 6. Mehr Bewachung Routinen etablieren (in Gruppen ausgehen, erreichbar sein) | Nachbarschaftswache 7. Übersicht verbessern Straßenbeleuchtung | Angstorte vermeiden 8. Anonymität reduzieren Taxi-Identifikation | Tempo-Anzeige | Schuluniformen 9. Platz-/Raumkontrolle Videoüberwachung in Bus und Bahn | Ladendetektive | Notrufsäulen 10. Formelle Kontrolle Geschwindigkeiten kontrollieren | Einbruchsicherung | Sicherheitskräfte
POTENZIELLE ERFOLGE VERRINGERN 11. Ziele verbergen Parkhäuser /Garagen | Werttransporte nicht kennzeichnen 12. Ziele entfernen Autoradio entnehmen | Zufluchten für Frauen | Pre-paid Cards 13. Eigentum kenntlich machen Eigentum markieren | Kühe brandmarken 14. Illegale Märkte stören Pfandhäuser überwachen | Lizenzen für Straßenhändler 15. Nutzen behindern Farbbomben | Graffiti rasch entfernen | Aufpflasterung, Bremsschwellen
PROVOKATIONEN UND ANLÄSSE VERMEIDEN
16. Stress reduzieren höflicher Service | Sitzplätze | leichte Musik | gedämpftes Licht 17. Konflikte vermeiden Fanblocks | Überfüllung in Pubs vermeiden | fixe Taxi-Gebühren 18. negative Emotionen reduzieren Rassismus verhindern | Fairplay unterstützen 19. Druck von Peer-Groups neutralisieren „It’s OK to say NO“ | „Idiots drink & drive“ | Störer abseits stellen 20. Nachahmung verhindern Zerstörungen rasch beseitigen | Anti-Gewalt-Clips
AUSREDEN FÜR REGELVERLETZUNGEN ERSCHWEREN 21. Regeln setzen Nachbarschaftsregeln | Hotelregistrierung | Hausordnung 22. Klare Anweisungen Parkverbote | „Privateigentum“ | „Lagerfeuer löschen“ 23. Gewissen appellieren Tempo-Anzeige | Ladendiebstahl ist auch Diebstahl 24. Befolgen von Regeln erleichtern Papierkörbe | öffentliche Toiletten 25. Drogen/Alkohol kontrollieren Atemkontrollgeräte in Kneipen | alkoholfreie Events abb. 16: 25 grundsätze und techniken situativer kriminalprävention nach Cornish/Clarke (2003: 90). 86
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
logische Überlegungen auf (vgl . Abschn . 4 .3 .1) . Die Kernidee der situativen Kriminalprävention besteht darin (vgl . Lersch 2007: 174 ff .), erstens die Gelegenheiten zur Begehung von Straftaten zu verringern, zweitens die Handlungsbereitschaft potenzieller Straftäter(innen) zu reduzieren und drittens die Sichtbarkeit oder Verfügbarkeit der Gegenstände/Objekte von Straftaten einzuschränken . Cornish und Clarke entwickelten auf dieser Grundlage 25 Techniken oder Grundsätze situativer Kriminalprävention (vgl . Abb . 16) . Sie lassen sich überwiegend der Sekundärprävention zuordnen . Ein räumlicher Blick auf die Phänomene Sicherheit und Kriminalität (vgl . Kap . 2 und 3) steht zwangsläufig in enger Wechselwirkung mit raumbezogenen Präventionspolitiken und den zugehörigen Kontrollmechanismen: Wenn Räume als Beobachtungseinheiten für Kriminalität oder Sicherheit genutzt oder konstruiert werden, dann liegt es nahe, dass auch die daran angeschlossenen präventiven oder kontrollierenden Interventionen räumlich orientiert und organisiert sind . Erklärungshintergrund ist dabei, dass die Organisationen und Institutionen, die Sicherheit und Kriminalität beobachten, über ihre organisationsspezifischen Aktions- und Orientierungsräume operieren: z .B . die Polizei innerhalb ihrer Reviere oder Streifenverläufe, die Kommune innerhalb ihres kommunalen Administrativraums (und der statistischen Bezirke und neuerdings ihrer Sozialräume) oder das Quartiermanagement innerhalb seines Stadtteils . Zu diesen verräumlichten Präventions- und Kontrollstrategien zählen dann z . B . das Community Policing (vgl . Abschn . 4 .1), die unterschiedlichen Formen und Maßnahmen kommunaler Prävention (vgl . Abschn . 4 .2), sicherheitsorientierte und kriminalpräventive Architektur (Abschn . 4 .3), Videoüberwachung (vgl . Abschn . 4 .4) und weitere Formen von räumlichen Präventionspolitiken und Kontrollmechanismen . Die Verräumlichung von Kriminalität, Sicherheit und Präventionspolitiken bzw . Kontrollmechanismen wird innerhalb der Humangeographie und der Kritischen Kriminalgeographie mit einem besonderen Interesse zur Kenntnis genommen . So stellen Glasze et al . fest, dass gerade die neueren, von der öffentlichen Hand oder der Privatwirtschaft etablierten Sicherheits- und Präventionspolitiken einem territorialen Ansatz folgen, indem sie z .B . öffentliche Plätze, sogenannte soziale Brennpunkte oder benachteiligte Stadtteile, geschlossene oder segregierte Wohnkomplexe in den Blick nehmen . Es kommen dabei vor allem räumliche Strategien der Überwachung, Kontrolle und der Zugangsbeschränkung zum Einsatz (vgl . Glasze et al . 2005: 13 ff .) . Und schließlich etablierte sich ab den 1990er Jahren ein lokaler und stadtteilorientierter Präventionsansatz .
87
Raum als Beobach tungs und Inter ventionsschema von Sicherheit und Kriminalität
Verräumlichung von Präventions und Kontrollpolitik
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
4.1 Zum Kontext der Entstehung raumbasierter Präventions und Sicherheitspolitiken Abb. 17: titelbild DER SPIEGEl, heft 28/1997
new Yorker Modell
Kritik am new Yorker Modell
Der raumorientierte Paradigmenwechsel innerhalb der Kriminal- und Präventionspolitik lässt sich in den Vereinigten Staaten besonders gut beobachten . Dort wurden seit den 1980er Jahren neue, oft raumbezogene Strategien der Kriminalitätsbekämpfung, Kontrolle und Prävention implementiert (vgl . Obergfell-Fuchs 2001: 3 ff .) . Als prominente Kommune, die diese neuen, als besonders effektiv kommunizierten räumlichen Kriminal- und Präventionspolitiken praktizierte, wurde die Stadt New York auch in der Bundesrepublik Deutschland in der Fach- und Medienöffentlichkeit bekannt (vgl . Abb . 17) . Das sogenannte New Yorker Modell einer präventiven Kriminalpolitik ist eng mit dem Namen des damaligen Polizeipräsidenten William Bratton verbunden . Dieser begann 1994 mit umfassenden dienstrechtlichen und polizeiorganisatorischen Reformen und Reorganisationen zugunsten einer Dezentralisierung der Verantwortung und einer Zentralisierung der Kontrolle . Dazu gehörte erstens die Einführung eines statistisch basierten Modells zum Monitoring der Polizeiarbeit, zweitens die Umsetzung effizienzorientierter Ansätze der Strafverfolgung, zu denen unter anderem auch das Zero-Tolerance-Konzept (vgl . Abschn . 4 .1 .1) zählte . Danach wurden selbst kleinste Normabweichungen (z .B . Schwarzfahren oder Alkoholtrinken in der Öffentlichkeit) von der Polizei mit drakonischen Strafen sanktioniert (vgl . Binninger/Dreher 1997: 329 ff .; Brüchert/Steinert 2002: 95 ff .; Lersch 2007: 254 ff .) . Drittens wurde mit der Reform der New Yorker Polizeiarbeit auch das Konzept des Community (oriented) Policing (vgl . Abschn . 4 .1 .2) – eine Art bürgernahe oder sozialraumorientierte Polizeiarbeit – flächendeckend umgesetzt (vgl . Bässmann/Vogt 1997: 23 ff .) . Nachdem die Anzahl der Straftaten in New York mit dem Einsetzen der Polizeireformen erheblich zurückgegangen war, wurde das New Yorker Modell als sehr erfolgreich kommuniziert und auch von der deutschen Polizei im Hinblick auf Übertragungsmöglichkeiten interessiert zur Kenntnis genommen (vgl . Binninger/Dreher 1997: 331; Bässmann/Vogt 1997: 74 ff .; Lüdemann/Ohlemacher 2002: 146 ff .) . Schlagworte und Konzepte wie Broken-Windows, Zero-Tolerance oder Community Policing wurden in die bundesdeutschen kriminalpolitischen Diskurse eingeführt . Das New Yorker Modell und die ihm zugeschriebenen Erfolge sind allerdings auch zum Gegenstand einer umfassenden Kritik geworden (vgl . nachfolgend Brüchert/Steinert 2002: 103 f .): So ging erstens die New Yorker 88
EntStEhUnG RAUMBASIERtER PRäSEntAtIonS- UnD SIchERhEItSPolItIKEn
Polizeireform mit einer rabiaten Einsperrungspolitik einher, die dauerhaft mit sehr hohen Kosten verbunden war . Zweitens wird angeführt, das repressive Vorgehen der Polizei hätte zu einer wachsenden Zahl von Beschwerden aus der Bevölkerung geführt und tendenziell rassistische Züge aufgewiesen . Drittens wäre in der Reagan-Ära ohnehin ein Rückbau des Sozialstaates betrieben und der Verlust an sozialer Sicherung durch eine Verstärkung von Repression und Prävention kompensiert worden . Viertens wird argumentiert, die Verstärkung urbaner Kontroll- und Sicherungsstrategien im Rahmen des New Yorker Modells hätte eine Kriminalisierung von Verhaltensweisen zur Folge, die mit marginalisierten Bevölkerungsgruppen in Verbindung gebracht würden (vgl . Müller 2009: 83) . Fünftens wird die Vermutung geäußert, der Rückgang der Kriminalität in New York sei kein Effekt des New Yorker Modells, sondern durch demographische Entwicklungen verursacht (Rückgang der Zahl männlicher Jugendlicher und junger Erwachsener) und spiegele lediglich den landesweiten Trend des Kriminalitätsrückgangs wider (vgl . Lüdemann/Ohlemacher 2002: 150) . Sechstens hätten die Erfahrungen und Erfolge in der Stadt New York nicht auf andere US-Städte übertragen werden können . So wird angenommen, dass der Kriminalitätsrückgang nicht in erster Linie auf die Implementierung des Broken-Windows-Ansatzes und des Zero-Tolerance-Konzepts zurückgeführt werden könne, sondern auf stadt- und institutionsspezifischen Effekten beruhe (vgl . Brüchert/Steinert 2002: 103; Lüdemann/Ohlemacher 2002: 150) . 4.1.1 Der Broken-Windows-Ansatz und das Zero-Tolerance-Konzept Der in der Kritischen Kriminologie umstrittene Broken-Windows-Ansatz wird häufig als eine theoretische Grundlage für die beiden Kriminalpolitiken Zero-Tolerance und Community Policing angesehen (vgl . Binninger/ Dreher 1997: 329 f .) . Die Vertreter(innen) des auf Wilson/Kelling (1982) zurückgehenden Ansatzes gehen davon aus, dass die Sichtbarkeit von zerbrochenen Fensterscheiben, von Vandalismus an Gebäuden oder öffentlichem Eigentum als Spur sozialer Desorganisation gelesen werden kann und dadurch weiteres normabweichendes Handeln provoziert . Es kommt „… zur Verwahrlosung, die sich zu einer Infrastruktur für Kriminalität entwickelt .“ (Bässmann/Vogt 1997: 17) . Ist durch eine scheinbar verwahrloste Umwelt die Hemmschwelle zu abweichendem Handeln, Normverletzungen und Kriminalität erst gebrochen, komme es zu weiteren Rechtsbrüchen und Normabweichungen, teilweise sogar zu schwerer Kriminalität (vgl . Keizer et al . 2008: 1681 ff .) . Als Ursache wird das scheinbare Fehlen einer ausreichenden sozialen Kontrolle gesehen . Deshalb sollten schon kleine Normverstöße polizeilich und juristisch sanktioniert und selbst geringe Zeichen fehlender sozialer Desorganisation umgehend beseitigt werden (z .B . Graffiti oder defekte Straßenlampen) . 89
Der Broken-WindowsAnsatz
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
Abb. 18: Visualisierung der wirkungsketten und Rückkopplungs effekte des BrokenWindowsAnsatzes (nach lüdemann/ ohlemacher 2002: 144).
physischer Verfall „broken windows“
abweichendes Verhalten
Kriminalitätsfurcht der Bevölkerung
sozialer Rückzug der Bevölkerung
Fortzug von Bewohnern
Soziale Segregation und Broken-Windows
Broken-WindowsAnsatz als Basis für Polizei und Präventionsarbeit
informelle Kontrolle
Zunahme
Abnahme
Im Grunde genommen beschreibt der Broken-Windows-Ansatz einen Aspekt des von den Stadtsoziologen Häussermann/Siebel als „Fahrstuhleffekt nach unten“ bezeichneten Prozesses der sozialen Segregation . Insbesondere Arbeiterviertel erfahren in Zeiten eines ökonomischen Strukturwandels ein Sinken des sozio-ökonomischen Niveaus . Soziale Verunsicherung, Angst, die Zunahme von Konflikten oder Vernachlässigungen der Infrastruktur führen zu überforderten Nachbarschaften, dies wiederum bedingt selektive Zu- und Abwanderungsprozesse, die dann eine weitere Abwärtsspirale in Gang setzen . Dadurch entsteht ein Milieu der Ausgrenzung und Armut (vgl . Häussermann/Siebel 2004: 160 f .) . Der Broken-Windows-Ansatz führt diesen „Fahrstuhleffekt nach unten“ gedanklich mit, fokussiert aber insbesondere auf das Sicherheitsempfinden der Bevölkerungen, die sozialen Kontrollmechanismen sowie die Entstehung von abweichendem Verhalten und Kriminalität (vgl . Abb . 18; vgl . auch die Beiträge in Oberwittler et al . 2013) . Der Broken-Windows-Ansatz wird nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland zur Grundlage für Polizei- und Präventionsarbeit gemacht . Spuren sozialer Desorganisation sollen rasch und systematisch beseitigt werden . Vor allem in Städten soll die Anzahl von Regelverstößen gesenkt und das Sicherheitsempfinden der Bürger(innen) gesteigert werden, durch eine erhöhte Polizeipräsenz, schnelle Bestrafung, rasche Beseitigung von Graffitis, also ein konsequentes ordnungsamtliches oder polizeiliches Vorgehen gegen geringste Ordnungsstörungen und kleinste Vergehen . Soziale Desorganisation, sichtbare Abwesenheit sozialer Kontrolle und Verwahrlosungen/Verschmutzungen sowie das mit diesen Phänomenen einherge90
EntStEhUnG RAUMBASIERtER PRäSEntAtIonS- UnD SIchERhEItSPolItIKEn
DER TAGESSPIEGEL
Abb. 19: BrokenWindowsAnsatz in den Massenmedien
Broken-Windows-Theorie
Immer schön sauber bleiben 04.10.2011 11:05 Uhr von Werner van Bebber
Wo Zerstörung ist, wird noch mehr zerstört, wo Dreck ist, kommt mehr Dreck dazu. Was tun? Null Toleranz? Aber die Berliner wollen kein autoritäres Ordnungsamt. Einige engagieren sich, andere verwahrlosen lieber. Und die Politik kehrt nur vor ihrer eigenen Tür. ...
Die Presse.com Wie aus Müll sozialer Verfall wächst 07.04.2011 | 20:00 | Von Jürgen Langenbach (DiePresse.com)
Müll zieht Müll an, jeder kennt das von sich selbst: Auf einem frisch gefegten Gehsteig wirft man nicht so leicht etwas weg wie in einem finsteren Winkel, wo schon etwas liegt. Aber würde man auch soziale Normen verletzen, nur weil Müll herumliegt oder sonst Unordnung herrscht; würde man sich gar zum Stehlen verleiten lassen? Niemand sollte vorschnell den Kopf schütteln, Sozialforscher um Siegwart Lindenberg (Groningen) haben sie vor zwei Jahren getestet, die „Broken Windows Theory“. Sie stammt aus den USA, und ihr zufolge werden überall dort, wo zerschlagene Fensterscheiben nicht ersetzt werden, immer mehr Fensterscheiben zerschlagen. Allgemeiner: Unordnung steckt an, verfallende Stadtviertel verfallen immer rascher, weil das Verhalten der Bewohner verfällt.
hende Verletzen von Normen und Ordnungsregeln sind nach diesem Verständnis die Vorstufen zu „echter“ Kriminalität und schwereren Straftaten (vgl .Wilson/Kelling 1982: 34 f .) . Mit dieser Kausalität, dass auch schweren Delikten vorgebeugt werden kann, wird ein präventives Vorgehen der Polizei gegen diese Ordnungs- und Normverstöße und das rigorose Durchsetzen von Ordnungs-, Sicherheits- und Sauberkeitskriterien legitimiert (vgl . Belina 2009b: 59) . „Die Polizei wird […] in die Pflicht genommen, zur Wiederherstellung der ,guten Ordnung‘ beizutragen, wie sie sich nach den durchaus relativen und anfechtbaren Vorstellungen der Wohlhabenden darstellt .“ (Kunz 2010: 349) . Der Broken-Windows-Ansatz und das Zero-Tolerance-Konzept bedienen mit ihren recht einfachen Kausalitäten und restriktiv-autoritären Interventionen in erster Linie ein konservativ-neoliberales Gesellschaftsverständnis, das einer ausgeprägten Law-and-Order-Politik nahesteht . Die Ideen lassen sich ganz offensichtlich mit einer populärwissenschaftlichen Attitüde gut vermitteln . Zu Beginn der 2000er Jahre wurde mit Verweis auf Zero-Tolerance-Konzepte in der Sicherheitspolitik auf Kommunal- und Landtagswahlen geworben und gewonnen . Ein Überraschungssieg mit knapp 20 % der Stimmen gelang im Jahr 2001 der rechtspopulistischen Schill-Partei bei der Wahl zur Hamburger Bürgerschaft . Diese hatte sich einer expliziten Null-Toleranz-Politik verschrieben und wurde dann auch zeitweise in Hamburg Koalitionspartner . Die eingängigen Argumentationen des Bro91
Gute populär wissenschaftliche Vermittelbarkeit
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
Broken-Windows: Eine Alltagstheorie?!
Ein kritischer Blick auf das Gesellschafts verständnis hinter dem Broken-WindowsAnsatz
ken-Windows-Ansatzes und der Zero-Tolerance-Politik finden sich auch heute noch immer wieder in den Massenmedien (vgl . Abb . 19) . Am Ansatz der Broken-Windows wurde umfassende und aspektreiche Kritik geäußert . Ein Grundproblem ist vor allem, dass sicherheitspolitische und kriminalpräventive Wirkungsketten und Erfolge über einen räumlichen Fokus beobachtet und bewertet werden (vgl . Abschn . 2 .2 .1 und 3 .3 .5) . Bemängelt werden zum einen die fehlende theoretische Ergiebigkeit der Ansätze und zum anderen die begrifflichen Unschärfen (z .B . die mitgeführten, sehr unterschiedlichen Toleranzbegriffe) . So würden sichtbare (Verwahrlosungs- oder Desorganisations-)Symptome beobachtet und thematisiert, ohne theoretisch abgesicherte Aussagen über deren Ursachen und Wirkungen treffen zu können . Die vermuteten Kausalitäten hätten allenfalls alltagstheoretischen Charakter und seien daher eher von populistischer Attraktivität (vgl . Kunz 2010: 350; Belina 2009: 58 f .) . Als problematisch wird das Gesellschaftsverständnis gesehen, welches sich mit der Etablierung von Broken-Windows und Zero-Tolerance im kriminalund präventionspolitischen Diskurs durchgesetzt hat . So kritisiert Kunz (2010: 351), dass mit diesem Vorgehen in Strafverfolgung und Prävention eine sehr strenge Verfolgungs- und Ahndungspraxis durchgesetzt wird, die einem autoritären Erziehungsstil folgt . Die populär vermarkteten Repressions- und Restriktionsstrategien sind geeignet, die Unzulänglichkeiten und Einsparungen im Bereich der Sozial- und Jugendpolitik zu verschleiern . Dabei verursacht die strenge Law-and-Order-Politik, die die Straftäter(innen) konsequent „wegsperrt“, durchaus erhebliche Kosten . In New York verdoppelte sich von 1985 bis 1995 die Gefängnispopulation (vgl . Lüdemann/Ohlemacher 2002: 150) . Solcherlei Maßnahmen polarisieren „die Gesellschaft in die Gruppe derer, welche Ordentlichkeit verlangen, und solcher, die eine gewisse Unordnung als Ausdruck von Lebensvielfalt und Kreativität verstehen .“ (Kunz 2010: 349) . Da zudem sozio-ökonomisch benachteiligte Bevölkerungsgruppen oder die Bevölkerung in sozial-deprivierten Stadtteilen zu den primären Zielgruppen der Zero-Tolerance-Strategien werden, verläuft die gesellschaftliche Spaltung entlang von Armut-Wohlstand-Grenzen . Der Broken-Windows-Ansatz liefert den konzeptionellen Hintergrund für die Zero-Tolerance-Strategien in der Polizei- und Präventionsarbeit . Beide Begriffe können als politisch-ideologisch bezeichnet werden, da spezifische konservative und neoliberale Ordnungs- und Wertvorstellungen von Gesellschaft mitgeführt und durch die Implementierung von Broken-Windows und Zero-Tolerance angestrebt werden .
92
EntStEhUnG RAUMBASIERtER PRäSEntAtIonS- UnD SIchERhEItSPolItIKEn
4.1.2 Community (oriented) Policing Die stadtteilbezogene, an lokalen Problemlagen ausgerichtete, lösungsorientierte Polizei- und Präventionsarbeit wird als Community (oriented) Policing bezeichnet . Der aus der US-amerikanischen Kriminalpolitik importierte Ansatz wird in deutschen Publikationen häufig mit bürgernaher oder gemeinwesenorientierter Polizeiarbeit übersetzt (vgl . van Elsbergen 2005: 62 f .) . Damit ist das umfassende Konzept allerdings nur zu einem Bruchteil beschrieben . Zweifellos ist bei diesem Ansatz die Kontaktaufnahme mit den Bürger(inne)n und die Bewohnerorientierung ein wesentlicher Aspekt . Darüber hinaus soll die Polizei aber auch stärker als bisher präventiv vorgehen: „Es geht im Rahmen des Community Policing nicht um Reaktion und Abgrenzung, sondern vielmehr um ein proaktives, partnerschaftliches Handeln (…) aller Beteiligten im Sinne einer Problemlösung (…)“ (Obergfell-Fuchs 2001: 281) . Es wird erwartet, dass auf einer Ebene von Baublöcken oder Quartieren aktiv und präventiv die Ursachen von Kriminalität bekämpft und deren Hintergründe aufgedeckt werden (vgl . Lersch 2007: 146) . In Kooperation mit der Stadtgesellschaft soll Kriminalität bekämpft, die subjektive Unsicherheit gesenkt, auftretenden Incivilities (Handlungen und Zustände, die als Verfallserscheinungen der sozialen Ordnung interpretiert werden) entgegengetreten sowie die soziale und physische Desorganisation im Stadtteil reduziert werden (vgl . Lersch 2007: 144 f ., Bässmann/Vogt 1997: 12 ff .) . Das Community Policing setzt aber nicht nur auf einen Einbezug der Bürger(innen), sondern hat auch das lokale Gewerbe, den Einzelhandel sowie die Kommune als wichtige Kooperationspartner im Fokus (vgl . Obergfell-Fuchs 2001: 280) . Seit der Mitte der 1990er Jahre wurden in den USA zahlreiche staatliche Förderprogramme zur Unterstützung von Community (oriented) Policing aufgelegt . Die Finanzmittel flossen vor allem in die Dezentralisierung (z . B . Aufbau und Ausstattung von kleineren Polizeistationen), die Ausbildung der Beamt(inn)en für eine bürgernahe Polizeiarbeit, die erforderliche Aufstockung der personellen Ressourcen der Polizei und Evaluationen dieses Konzepts (vgl . Lersch 2007: 150) . Anschließend verbreitete es sich auch außerhalb der USA, und die Ansätze einer bürgernahen, kooperativen Polizei- und Präventionsarbeit erhielten entsprechenden Aufwind (vgl . Obergfell-Fuchs 2001: 285) . Damit war auch ein neues Selbstverständnis der Polizei verbunden . „Die Polizei betrachtet sich nunmehr weniger als Instanz der Verbrechensbekämpfung denn als staatliche Dienstleistung, die Angst, Unordnung und ,Unzivilisiertheit‘ verringern (…) soll“ (Garland 2001: 67; vgl . Schreiber 2011a: 35) . In Deutschland hat diese Änderung des Selbstbildes die kommunale Prävention stark inspiriert und geprägt (vgl . Abschn . 4 .2) . Das Community (oriented) Policing hatte in den USA seine Hochphase bis zu Beginn des neuen Jahrtausends . Lersch zufolge zeigten Untersuchun93
Begriffsklärung: Community (oriented) Policing
Kommune, Gewerbe und handel als Kooperationspartner
Community (oriented) Policing in den USA und seine Ausbreitung
Erfolge des Community (oriented) Policing?!
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
gen, dass sich mehr als drei Viertel von untersuchten Polizeistationen in den USA an diesem Leitbild orientierten (vgl . Lersch 2007: 151) . In Analysen wurde auch über die eher moderaten Erfolge im Kontakt- und Vertrauensaufbau mit der Bevölkerung berichtet, deren Einbezug sehr schnell an Grenzen gestoßen sei . Eine geänderte Wahrnehmung der Polizeiarbeit sowie ein Rückgang der subjektiven Unsicherheit ließen sich aber nachweisen (vgl . Lersch 2007: 153; Obergfell-Fuchs 2001: 290) . Nach den Anschlägen vom 11 . September 2001 wurden in den USA die Mittel für Community Policing substanziell reduziert und die Prioritäten der Polizei- und Präventionsarbeit auf Terrorschutz und Schutz der nationalen und öffentlichen Sicherheit gesetzt (vgl . Lersch 2007: 153) . 4.2 Kommunale (Kriminal)Prävention
Etablierung und Entste hungshintergründe kommunaler Kriminal prävention in Deutschland
Die Begriffe Kommunale Kriminalprävention und Kommunale Prävention werden in der wissenschaftlichen und kommunalpolitischen Debatte scheinbar synonym verwendet .Teilweise wird die explizite Benennung von Kriminalprävention als zu einschränkend wahrgenommen . Schließlich dienen längst nicht alle als kriminalpräventiv zu verstehenden Maßnahmen ausschließlich der Prävention von Kriminalität (vgl . Heinz 2004: 4) . Da in diesem Abschnitt allerdings Kriminalität und Unsicherheit den zentralen Fokus bilden und zudem die einschlägigen wissenschaftlichen Diskurse vor allem über den Ausdruck Kommunale Kriminalprävention bezeichnet werden, wird dieser Begriff im weiteren Verlauf beibehalten . Eine explizit als kommunal etikettierte Kriminalprävention taucht in Deutschland erst zu Beginn der 1990er Jahre auf (vgl . Obergfell-Fuchs 2001: 3 ff .; van Elsbergen 2005: 26 f .) . Auf Initiative von sicherheits- und kriminalpolitischen Akteur(inn)en werden in Kommunen und auf Landesebene zahlreiche Gremien ins Leben gerufen (z .B . Kriminalpräventive Räte, Runde Tische, Sicherheits- und Ordnungspartnerschaften, Präventionsvereine), die sich unter dem Begriff Kommunale Kriminalprävention fassen lassen (vgl . Lehne 1998: 113) .20 Eine Inspiration durch US-amerikanische Kriminal- und Präventionspolitiken (vgl . Abschn . 4 .1) ist dabei unübersehbar . Die Diskurse in Wissenschaft, Politik und Medien sind deutlich von den Begriffen und Konzepten wie Broken-Windows, Zero-Tolerance oder Community Policing geprägt (vgl . Obergfell-Fuchs 2001: 275 ff .; van Elsbergen 2005: 58 ff .; Schreiber 2011a: 34 ff .) . Neben dem US-amerikanischen Einfluss lassen sich zahlreiche weitere Ursachen anführen, die zu
20 Vgl . zur vertieften Information kriminalpräventiver Aktivitäten in Deutschland die Internetplattform des Deutschen Forums für Kriminalprävention: http://www . kriminalpraevention .de/ (letzter Zugriff: 8 . Januar 2015) 94
KoMMUnAlE (KRIMInAl-)PRäVEntIon
einem Erstarken und einer nachhaltigen Etablierung kommunaler Kriminalprävention beigetragen haben: •
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Mit dem Ansteigen der registrierten Kriminalität in den 1990er Jahren wurde eine Dramatisierung der massenmedialen Berichterstattung über Kriminalität beobachtet (vgl . Obergfell-Fuchs 2001: 4) . Ein rationaler Umgang mit und eine sachlichere Bewertung von Kriminalität sollten gefördert werden . „Eine Ent-Emotionalisierung des Kriminalitätsgeschehens wird als große Aufgabe gesehen, die mithilfe der kommunalen Kriminalprävention geleistet werden soll .“ (van Elsbergen 2005: 28) . Das Steigen der registrierten Kriminalitätszahlen in den 1990er Jahren erhöhte ebenfalls den Handlungsdruck auf die Polizei und die Kriminalpolitik (vgl . Obergfell-Fuchs 2001: 4) . Die Kriminalität sollte reduziert werden . Ein Rückgang der registrierten Kriminalität wurde als Indikator für eine gute Präventionsarbeit gewertet (vgl . van Elsbergen 2005: 28 f .) . Ausgelöst durch die wachsende mediale Präsenz von Kriminalität wurde die Kriminalitätsfurcht in der Bevölkerung als eine kriminalpolitische Kategorie immer bedeutsamer (vgl . Schreiber 2011a: 30 f .) . Ziel von Polizei- und Präventionsarbeit sollte es sein, die steigende Furcht vor Viktimisierung zu reduzieren (vgl . van Elsbergen 2005: 28) . Die in den 1990er Jahren immer stärker werdende Forderung nach einer schlanken, effizienten und erfolgsorientierten Verwaltung mit neuen Steuerungs- und Organisationsformen erfasste auch die Polizei . Dazu gehörte eine verstärkte Dienstleistungs- und Kundenorientierung sowie eine partnerschaftliche und letztlich präventionsorientierte Arbeit (vgl . Schreiber 2011a: 34 f .) . Mit dem Erstarken eines partnerschaftlichen, kooperativen Ansatzes wurde die Zusammenarbeit zwischen Polizei, lokalen Institutionen und Bevölkerung forciert . Letztere sollte bei der Kriminalitätsvorbeugung und z .B . der Sicherstellung sozialer Kontrolle einbezogen werden . Nach Ansicht von Schreiber und anderen Kritischen Kriminalgeograph(inn)en wurde die skizzierte Etablierung kommunaler Kriminalprävention durch einen grundlegenden Umbau des Straf-Wohlfahrtskomplexes befördert . Die wohlfahrtsstaatlichen Sicherungssysteme wurden merklich reduziert, und zwar zugunsten eines marktförmig organisierten, neoliberalen Risikomanagements (vgl . Schreiber 2011a: 51 ff .) .
Die für Deutschland aufgeführten Entwicklungen kommunaler Kriminalprävention lassen sich auch in anderen europäischen Staaten beobachten . Insbesondere in den „alten“ EU-Ländern (EU-Mitgliedschaften vor 1990) fand ein Preventive Turn der europäischen Kriminalpolitik statt, der ähnlichen Logiken folgte, wie sie für Deutschland dargestellt wurden (vgl . Czapska/Stangl 2007: 49 f .). Dazu gehört auch die derzeitige Thematisie95
Preventive Turn in Europa
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
rung eines urbanen Sicherheitsmanagements, welches sich auf europäischer Ebene der drängender werdenden Fragen urbaner Sicherheit annimmt (vgl . Frevel 2013: 4 ff .) . Kommunale Kriminalprävention als Risikomanagement Es kann gezeigt werden, wie die mit Kriminalität und Unsicherheiten verbundenen Gefahren durch kommunale Präventionsaktivitäten zu Risiken transformiert werden (vgl . Abschn . 1 .1) . Folgt man der Innenministerkonferenz und den Landespolizeigesetzen, hat die Polizei die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren . Dazu soll auch die Präventionsarbeit dienen . Der oder die Auslöser von Gefahr erscheinen zunächst diffus und ungewiss . Um Präventionsarbeit besser zu begründen, müssen daher abstrakte Gefahren in kalkulierbare Risiken transformiert werden . Risiken bieten konkrete Angriffspunkte für Interventionen (vgl . Schreiber 2011a: 57) . Möglichkeiten einer solchen Konkretisierung bestehen darin, diese Angriffspunkte zu verorten (z .B . soziale Brennpunkte, unsichere Orte oder Angsträume zu konstruieren) oder an bestimmte Gruppen/Situationen zu adressieren (unerwünschte Personengruppen oder Alltagsirritationen identifizieren) . Dadurch werden sie für die Prävention bearbeitbar, beispielsweise in Form von Videoüberwachungen, Gefahrengebieten, Betretungsverboten oder Präventionsprojekten in sozial-benachteiligten Stadtteilen . Prävention wird damit zu einem kommunalen Risikomanagement, das bereits im Vorfeld einer Straftat, Ordnungswidrigkeit oder Normverletzung (dem potenziellen Schadenseintritt) eingreift und das Schadensrisiko verringert .
4.2.1 Konzepte und Kennzeichen was wird unter kommunaler Kriminalprävention verstanden?
Säulen kommunaler Kriminalprävention
Der Begriff Kommunale Kriminalprävention erweist sich als vielfältig und unscharf . „Es gibt nicht die Kommunale Kriminalprävention, vielmehr eine Fülle von Konzepten, die sich nach Zielen, Zielgruppen, Mitteln und Trägern unterscheiden .“ (Heinz 2004: 5, Hervorhebung im Original) . Schreiber (2011a: 17) versteht „… kommunale Kriminalprävention … als netzwerkartigen Mechanismus, der auf kommunaler Ebene in unterschiedlichen Institutionen zur Anwendung kommt, u .a . auch in einer veränderten Polizeiarbeit …“ . Sie fokussiert damit weniger auf die inhaltliche Arbeit als vielmehr auf die stattfindende Vernetzung . Trotz dieser begrifflichen Unstimmigkeiten werden in wissenschaftlichen Quellen stets drei Säulen kommunaler Kriminalprävention genannt (vgl . 96
KoMMUnAlE (KRIMInAl-)PRäVEntIon
Schreiber 2011a: 15 f . und 2007: 7 ff .; Kolbe 2005: 6 ff .; Obergfell-Fuchs 2001: 39 ff . und 568 ff .): •
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Ressortübergreifende Zusammenarbeit: Ein zentraler Aspekt bei der Umsetzung ist die querschnittsorientierte Kooperation auf lokaler Ebene . Durch eine strukturierte Vernetzung der maßgeblichen Akteure (Verwaltung, soziale Akteure, Polizei, Vereine, Immobilienunternehmen, …) können der Informationsaustausch sowie gemeinsame Interventionen gefördert und koordiniert werden . Partizipation von Bürger(inne)n: Die Einbindung der Bevölkerung gilt als bedeutsame Säule für eine kommunale Kriminalprävention . Die Bewohner(innen) können auf der einen Seite als Expert(inn)en für ihr unmittelbares Wohnumfeld gelten und in dieser Eigenschaft soziale Problemlagen, Alltagsirritationen oder sich abzeichnende Straftaten registrieren . Auf der anderen Seite sollen sie zu einer aktiven Mitwirkung bei der lokalen Präventionsarbeit motiviert werden (z .B . couragiertes Verhalten, ehrenamtliche Tätigkeiten) . Raum- und Quartierbezug: Als zielführend für die Präventionsarbeit gilt auch eine explizite lokale und sozialräumliche Orientierung . Dazu hat auch die Beobachtung beigetragen, dass Straftäter(innen) in der Nähe ihrer Wohnorte tätig werden . Als eine relevante Beobachtungsebene und wichtiges Operationsfeld für kriminal- und sozialpräventive Interventionen wird oft das Quartier, der Sozialraum oder der Stadtteil angesehen (vgl . Schubert et al . 2009 und Jäger et al . 2010) .
4.2.2 Institutionalisierungen und Prozesse Die Zielsetzungen und Konzepte einer kommunalen Kriminalprävention werden in der kriminal- und präventionspolitischen Praxis in sehr vielgestaltiger Form organisatorisch umgesetzt . Nach einer Untersuchung von Schreiber wurde in 7,5 % der deutschen Gebietskörperschaften ein Präventionsgremium gegründet, vor allem in den 1990er Jahren . Schreiber zählte im Jahr 2007 etwa 960 kommunale Präventionsgremien oder Netzwerke (vgl . Schreiber 2007: 17 und 23 ff .) . Es handelt sich hierbei in der Regel um Präventionsräte, kommunale Präventionsvereine, Ordnungs- und Sicherheitspartnerschaften oder Stadtteilgremien . Diese Präventionsgremien oder –netzwerke haben in Deutschland sehr stark dazu beigetragen, die kommunale Kriminalprävention und den Präventionsgedanken zu etablieren und (kriminal-)politisch zu institutionalisieren . Strasser und van den Brink weisen darauf hin, dass der präventive Sicherheitsdiskurs die staatlichen Institutionen immer stärker durchzieht, und zwar auch diejenigen, bei denen traditionell die pädagogisch-sozialarbeiterischen Handlungsfelder im Vordergrund stehen (vgl . Strasser/van den Brink 2005: 3 f .) . 97
Präventionsgremien in Deutschland
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
Akteure in der kommunalen Kriminalprävention
Abb. 20: Dominante Akteure und wichtigste Aufgaben der kom munalen Kriminalprä vention (Quellen: schreIBer 2007: 29 ff.; heInz 2004: 5 ff.; van elsBerGen 2005: 25 ff., oBerGFell-Fuchs 2001: 511 ff.)
Die Abb . 20 macht deutlich, dass in Präventionsgremien eine Vielzahl von Akteuren eingebunden ist . Damit löst die Kriminalprävention scheinbar eine wichtige Zielsetzung ein, nämlich die ressortübergreifende Zusammenarbeit (erste Säule) zu stärken . Demgegenüber ist die kommunale Präventionsarbeit offenbar noch relativ weit davon entfernt, die Bürger(innen) zu integrieren (zweite Säule) . Nur in den wenigsten Präventionsgremien sind sie vertreten . Dies wird von den Präventionsakteur(inn)en vor Ort als eines der größten Probleme kommunaler Kriminalprävention gesehen (vgl . Schreiber 2007: 40 ff .) .
AKTEURE UND NETZWERK Polizei, Strafverfolgungsbehörden Kommunale Verwaltung (insbes. Jugend, Soziales, Ordnung, Migration) Verwaltungsspitzen (Bürgermeister(in), Stadträte) Justiz Bildungseinrichtungen (Schulen, Kindergärten) Kommunalpolitik/Ratsmitglieder Soziale Einrichtungen (Beratungsstellen, Vereine, Institutionen) Kirchliche Einrichtungen Wirtschaft (Immobilienunternehmen, Finanzinstitute, Einzelhandel) Stadtteilmanagement Arbeitsagentur Bürger(innen), Wissenschaft/Forschung (eher selten)
AUFGABEN UND PROJEKTE Vernetzung/Kommunikation/Austausch Öffentlichkeitsarbeit Mittelakquirierung (Personal und Projektmittel) Projektarbeit in den Bereichen: Zielgruppenbezogene Prävention: Kinder und Jugendliche, Personen mit Migrationshintergrund, Senior(inn)en, ... Raumorientierte Prävention: Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum; Wohnumfeldverbesserungen/ Nachbarschaftsinitiativen, ... Deliktbezogene Prävention: gegen Gewaltdelikte und Diebstahl/ Einbruch; Drogenmissbrauch/Suchtprobleme, ...
Raum und Quartierbezug
Der Raum- und Quartierbezug als dritte Säule kommunaler Kriminalprävention scheint von vielen Präventionsgremien umgesetzt worden zu sein . Schreiber (2007: 51) und Obergfell-Fuchs (2001: 526) stellen in ihren empirischen Studien fest, dass die präventiven Aktivitäten und Projekte außer einem Zielgruppen- und Deliktbezug vor allem auch raumorientierte Projekte beinhalten: so z . B . Maßnahmen zur (Wieder-)Herstellung von Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit im öffentlichen Raum; Beseitigung von Angsträumen; Überwachung oder Bestreifung von Räumen; Projekte 98
KoMMUnAlE (KRIMInAl-)PRäVEntIon
in sozial benachteiligten Stadtteilen (Großwohnsiedlungen); Wohnumfeldverbesserungen und Förderung von Nachbarschaften; präventive Stadtgestaltung (vgl . Abb . 20) . Abb. 21: Systemischer Präventionsansatz mit fünf Phasen (Quelle: rolFes/ wIlhelm 2013: 25)
D - Erarbeitung einer Präventionsstrategie Auswahl und Festlegung der Handlungsfelder
C - Reflexion der Präventionsarbeit Verstehen und Bewerten der Informationen Priorisierung von Handlungsfeldern
B - Systemanalyse der Präventionsarbeit Durchführung einer Sozialraumanalyse Zielgruppen- und Organisationsanalyse
E - Evaluation Rückblick auf die geleistete Präventionsarbeit Ermittlung des Nachsteuerungsbedarfs
C B D
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Grafik: Ute Dolezal
A
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A - Auftragsklärung Abstimmung und Konkretisierung des Projektauftrags
Dass bei der kommunalen Präventionsarbeit Akteure aus unterschiedlichen Institutionen mit unterschiedlichen organisatorischen Logiken zusammen arbeiten (müssen), ist eine besondere Herausforderung (vgl . Rolfes/Wilhelm 2013: 22; Frevel/Voelzke 2012: 226 ff .) . Zudem stößt die Entwicklung und Umsetzung von gemeinsamen Projekten schnell an zeitliche, organisatorische und finanzielle Grenzen . Bei der Entwicklung gemeinsamer Präventionskonzepte in der Kommune sind daher integrative, prozessorientierte und systemische Ansätze in der praktischen Erprobung (vgl . Rolfes/ Wilhelm 2013: 24 ff .; vgl . Abb . 21) . Die Akteure sollen von innen heraus unterstützt werden,Veränderungsprozesse effizienter und dauerhafter durch99
Systemische Präventionsansätze
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
zuführen und Lösungen sowohl für eingeschliffene Handlungs- und Kommunikationsroutinen als auch hartnäckige Problemlagen zu entwickeln . 4.2.3 Kommunale Kriminalprävention als Folge einer Enthoheitlichung und Privatisierung staatlicher Sicherheitspolitik Enthoheitlichung, Privatisierung und Ökonomisierung von Sicherheitspolitik
Formen der Privatisierung
Ab Mitte der 1990er Jahre lässt sich in Deutschland und anderen europäischen Staaten ein grundsätzlicher Wandel der Rolle des Staates beobachten: „Die Bedeutung hierarchischer Handlungsformen des Staates hat abgenommen, da der Staat gezwungen (aber auch bereit) ist, mit anderen gesellschaftlichen Akteuren auf gleicher Augenhöhe zu interagieren .“ (Kolbe 2005: 9 f .) . Dies schlägt sich auch in der Sicherheits- und Kriminalpolitik nieder und hat zur Folge, dass Privatisierungen von Sicherheits- und Wachdienstleistungen forciert werden, aber auch ein vermehrtes bürgerschaftliches Engagement im Bereich der Kriminalprävention und der Bekämpfung subjektiver Unsicherheit (z . B . durch Zivilcourage, verstärkte Sozialkontrolle) gefördert und gefordert werden (vgl . Steffen 2008: 25 ff .; Kober 2005: 9 ff .) . Die vormals staatliche Zuständigkeit für die Sicherheitsvorsorge wird damit „enthoheitlicht“ und „entgrenzt“ (vgl . Kolbe 2005: 9) . Die Güter Sicherheit und Prävention werden zu einer marktfähigen Dienstleistung . Stienen hat herausgestellt, dass in Deutschland zwischen 1995 und 2010 die Anzahl von Beschäftigten im Wach- und Sicherheitsgewerbe um 20 % stieg und die Umsätze dieser Branche sich sogar verdoppelt haben (vgl . Stienen 2011: 4 ff .) . Für die Politikfelder „Innere Sicherheit“ und „Prävention“ stellt er fest, dass „Marktorientierung, bürgerschaftliches Engagement und Eigenverantwortlichkeit […] verstärkt in den Fokus dieses Politikfeldes [rücken] .“ (Stienen 2011: 359) . Gleichwohl kommt er zu dem Schluss, dass der Staat seine Leistungstiefe in diesem Politikfeld zwar verringert, aber weiterhin eine demokratische Kontrolle gewährleistet und auch nicht auf seine hoheitlichen Rechte verzichtet . Die ehrenamtlichen und privatwirtschaftlichen Engagements lägen eher bei den weichen Sicherheitsaufgaben (z .B . Überwachung) oder der lokalen Prävention (vgl . Stienen 2011: 359 ff .) . Die Formen der Privatisierung von Innerer Sicherheit und Prävention hat van Elsbergen systematisiert . Wesentliche Einteilungsmerkmale sind dabei der Grad staatlicher Kontrolle sowie das Engagement staatlicher Träger bei der Etablierung dieser Dienste (vgl . Abb . 22) . Es wird deutlich, dass in Bezug auf die Akteure, die im Sicherheitsgewerbe und in der Präventionsarbeit tätig sind, eine deutliche Pluralisierung zu verzeichnen ist .
100
KoMMUnAlE (KRIMInAl-)PRäVEntIon
Abb. 22: Versuch einer Systematisierung privater Sicherheits dienste (nach van elsBerGen 2005: 18)
ENGAGEMENT DES STAATES BEI DER ETABLIERUNG gering gering
STAATLICHE KONTROLLE hoch
hoch
- Bürgerwehren - Bürgerwachen - Wachsame Nachbarn
- Bürger auf Patrouille - Wachsame Nachbarn - Sicherheitspartnerschaften
- Private Sicherheitsdienste - Wachsame Nachbarn
- Sicherheitswacht - Freiwillige Polizeidienste - Lokale Präventionsgremien - Sicherheitspartnerschaften
Fallbeispiel: Bayerische Sicherheitswacht Bei den Sicherheitswächter(inne)n handelt es sich um engagierte, ehrenamtlich tätige Bürger(innen), die an die lokalen Polizeidienststellen angeschlossen sind und im Auftrag der Polizei handeln . Die Sicherheitswacht wurden 1994 im Bundesland Bayern eingeführt21 und später auch in Sachsen (vgl . Wurtzbacher 2004: 94 ff .) . Die engagierten Bürger(innen) unterstützen die Polizei vorwiegend durch Streifengänge sowie bei der Prävention und Bekämpfung von Straßenkriminalität, Vandalismus und Sachbeschädigungen . Wichtiges Ziel ist auch die Bekämpfung subjektiver Unsicherheit . Einsatzgebiete sind z . B . anonyme Großwohnsiedlungen, öffentliche Räume oder Haltestellen . Derzeit existieren in ca . 120 bayerischen Kommunen Sicherheitswachten mit fast 800 Bürger(inne)n . Einer empirischen Studie von Pitz in der Stadt Kempten zufolge wäre die Bayerische Sicherheitswacht ein Erfolgsmodell, wenn es gelingt, „die diffizile Gratwanderung zwischen klassischen Sicherheitswachtaufgaben und (kern-)polizeilichen Tätigkeiten sensibel zu gehen“ (Pitz 2013: 94) .
4.2.3 Kommunale Kriminalprävention: Herausforderungen und Kritik Kommunale Kriminalprävention und die mit ihr einhergehende Privatisierung hat sich sehr vielfältigen Herausforderungen zu stellen und wird gleichzeitig von vielen Sozialwissenschaftler(inne)n, Kriminolog(inn)en und Humangeograph(inn)en kritisch diskutiert . Die Anforderungen resultieren vor allem daraus, dass die kriminalpräventiven Aktivitäten zwar im 21 Vgl . http://www .polizei .bayern .de/wir/sicherheitswacht/ (letzter Zugriff : 8 . Januar 2015) 101
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
herausforderungen für die kommunale Kriminalprävention
Grundsatz positiv bewertet, allerdings bei der Umsetzung und Durchführung noch Herausforderungen oder Schwächen gesehen werden: •
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Gesellschaftspolitisch argumentierende Skepsis
Paradigmenwechsel in der Kriminalpolitik
In der kommunalen Prävention arbeiten Akteure aus teilweise recht unterschiedlichen Kontexten und Institutionen zusammen . Unterschiedliche berufliche und institutionelle Handlungslogiken sowie abweichende Ziele und Prioritäten von z .B . Kommune, Polizei, sozialen Akteur(inn)en oder Privatwirtschaft können dabei zu Missverständnissen und Konflikten führen (vgl . Frevel/Voelzke 2012: 226 ff .; Kober 2005: 8 ff .) . Um dem konstruktiv zu begegnen und kommunale Präventionsarbeit in dieser Hinsicht zu professionalisieren, werden Anleitungen entwickelt und Konzepte erforscht (vgl . Rolfes/Wilhelm 2013: 24 ff .; Kober et al . 2012: 31 ff .) . Im Hinblick auf die Zusammensetzung der kommunalen Präventionsund Lenkungsgremien wird bemängelt, dass ausgewählte Gruppen, z .B . Kinder und Jugendliche oder Personen mit Migrationshintergrund, nicht oder nicht in hinreichendem Ausmaß in den Gremien vertreten sind (vgl . Schreiber 2011a: 26) . Gerade von Seiten der institutionellen Akteure in der Präventionsarbeit wird die unzureichende Einbeziehung und das nur geringe zivilgesellschaftliche Engagement von Bürger(inne)n kritisiert (vgl . Schreiber 2011a: 26; van den Brink 2008: 18 f .) . Sollen die polizeilichen Aktivitäten im Kontext kommunaler Kriminalprävention dauerhaft umgesetzt werden, so scheint eine Modifikation der polizeilichen Kultur und Struktur notwendig . Angesichts des Ressourcenabbaus bei der Polizei ist zu prüfen, welche Prioritäten die Präventionsarbeit erhält (vgl . Kolbe 2005: 16) . Falls die Polizei auch weiterhin im Bereich der Prävention von Straftaten eingesetzt wird, muss ein entsprechendes präventives Handeln legitimiert werden . Prävention erfordert das Vermeiden oder Unterbinden von Handlungen, die zunächst nicht gegen Gesetze verstoßen . Damit die Polizei in solchen Fällen aktiv werden kann, müssen gesetzliche Regelungen erlassen werden (vgl . Kolbe 2005: 16) .
Des Weiteren wird eine gesellschaftspolitisch argumentierende Skepsis vorgebracht, die Prävention als deutlichen Ausdruck neoliberaler Regierungsweisen versteht und somit in den Kontext machtvoller politischer und gesellschaftlicher Diskurse stellt: •
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Kommunale Prävention wird kritisch bewertet, weil sie als Ausdruck einer neoliberalen Umstrukturierung von Gesellschaft und Politik verstanden wird . Diese Umstrukturierung habe letztlich zu einem Paradigmenwechsel in der Kriminalpolitik und der Strafverfolgung geführt und somit zu einer „Konfrontation des Wohlfahrtsstaates mit neoliberalen
KoMMUnAlE (KRIMInAl-)PRäVEntIon
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Glaubenssätzen“ (Schreiber 2011a: 51) . Statt der Nutzung wohlfahrtsstaatlicher Sicherungssysteme oder der Bekämpfung sozialer Deprivation (vor allem von Bildungsferne oder Arbeitslosigkeit) werden von den westlichen Regierungssystemen die technischen und sozialen Kontrollen sowie die situative Prävention verstärkt .Vor allem die untersten Gesellschaftsschichten würden dadurch stärker kontrolliert und räumlich segregiert (vgl . Kirsch 2003: 154 f .) . Mit diesem Paradigmenwechsel in der Kriminalpolitik geht auch eine Privatisierung und Ökonomisierung der „Inneren Sicherheit“ und des Sicherheitsgewerbes einher (vgl . Stienen 2011: 359 ff .) . Kritiker(innen) sehen in diesem Outsourcing eine „Enthoheitlichung“ der staatlichen Daseinsvorsorge im Bereich der Sicherheitspolitik (vgl . Kolbe 2005: 9) und damit einen Kontrollverlust für Öffentlichkeit und Politik . Im Hinblick auf die Einsatzfelder privater Sicherheitsdienste im öffentlichen und halb-öffentlichen Raum werden vor allem die daraus resultierenden Ausgrenzungen marginalisierter Gruppen, z .B . bei Nutzungskonflikten (vgl . Eick 2006: 43 f .), als diskriminierend angesehen . Strasser/van den Brink merken an, dass gerade in sehr sicheren Gesellschaften (wie z .B . der US-amerikanischen oder den europäischen) hohe Sicherheitsstandards forciert werden und möglicherweise ein Weg in die Präventionsgesellschaft vorgezeichnet ist (vgl . Strasser/van den Brink 2005: 7) . Mehr und mehr etabliere sich dadurch eine „Kultur der Kontrolle“ (vgl . Schreiber 2011a: 52 f ., Garland (2008, zuerst 2001) . Die Bekämpfung von disorder-Phänomenen, Alltagsirritationen oder sogenannter Incivilities beinhaltet vielfach eine Vorfeldkriminalisierung . Man denke hier beispielsweise an das Verbot des Trinkens von Alkohol in der Öffentlichkeit oder die in Großbritannien nahezu flächendeckende Einführung von Videoüberwachungen . Präventionsmaßnahmen sollen der Erhöhung oder der Wahrung des Sicherheitsempfindens der Bürger(innen) dienen . Sozial- und Rechtswissenschaften merken dazu kritisch an, dass die durchgesetzten Kontrollen, Handlungseinschränkungen oder Ge- und Verbote in unzulässiger Weise eine Einschränkung und Bedrohung der bürgerlichen Freiheitsrechte darstellen (vgl . Kolbe 2005: 16) . Die Bürgerrechte würden dem Aufrechterhalten eines diffusen Sicherheitsgefühls und der Abwehr kaum präzisierbarer Gefahren geopfert, wie z .B . terroristischen Anschläge, den Folgen organisierter Kriminalität, Bedrohungen durch den Rechtsextremismus (vgl . Baum 2009; Trojanow/Zeh 2009) . Die beobachtete Verräumlichung und Kommunalisierung von Präventionspolitiken und Kontrollmechanismen wird auch als Ausdruck einer spezifischen Regierungsweise aufgefasst, bei der durch räumliche Bezüge das politische oder verwaltungsbezogene Handeln organisiert und rationalisiert wird (vgl . Schreiber 2011a: 42, Redepenning et al . 2010: 207) . Nach Eick et al . führt diese Raumkontrolle zu Ausgrenzung und räum103
Privatisierung und Ökonomisierung der „Inneren Sicherheit“
weg in die Präven tionsgesellschaft?
Einschränkung und Bedrohung der bürgerlichen Freiheitsrechte
Verräumlichung und Kommunalisierung von Präventionspoli tiken und Kontrollme chanismen
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
Abb. 23: Karikatur zur Verräumlichung sozioethnischer Gefährdungspotenziale (Quelle: Plassmann in der Frankfurter Rundschau vom 22. Mai 2006)
Instrument neoliberalen Risiko managements
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lich bedingten sozialen Asymmetrien (vgl . Abb . 23) oder selektiven Bestrafungen (vgl . Eick et al . 2007: 9 ff .) . Belina fasst diese raumbezogenen Präventions- und Kontrollmaßnahmen (wie Videoüberwachung, Aufenthaltsverbote oder kommunale Präventionspolitiken) als Praktiken oder Ideologien auf, die einem kostengünstigen Management der Verlierer(innen) einer neoliberalen Politik dienlich sind (vgl . Belina 2005: 161 f .) . Schreiber kommt zu dem Fazit, dass kommunale Prävention als ein pragmatisches, am Markt orientiertes Instrument neoliberalen Risikomanagements aufzufassen ist . Kommunale Prävention habe nicht in erster Linie zum Ziel, Kriminalität in seinen Ursachen anzugehen und zu bekämpfen, sondern das Risiko seines Auftreten in bestimmten Situationen und in ausgewählten Räumen zu minimieren (vgl . Schreiber 2011b: 38 f .) . Die dadurch ausgelösten räumlichen Verdrängungseffekte von Kriminalität und Unsicherheit bleiben dabei zunächst unberücksichtigt . So werden durch Platzverweise oder Überwachung die Drogenszene oder der Straßenstrich nicht verhindert, sondern räumlich verdrängt oder in Privaträume verlagert; durch eine präventive Aufwertung benachteiligter Stadtteile (z .B . im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“) werden überforderte Nachbarschaften dort zwar aufgelöst, bilden sich aber in anderen Stadtteilen oder in Umlandgemeinden neu; das Unsichtbarmachen von Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit durch Verbote reduziert möglicherweise öffentlichen Unordnung und Incivilities, wird aber nicht grundsätzlich zu einer Reduktion des individuellen Alkoholkonsums beitragen .
PRäVEntIon DURch ARchItEK tUR UnD StäDtEBAU
Präventions- und Kriminalpolitik, so die kritische Argumentation, verfolgt nicht mehr in erster Linie das Ziel, Straffällige oder Menschen mit abweichendem Verhalten in die Gesellschaft zu (re-)integrieren .Vielmehr sollen Prävention und Kontrolle dazu dienen, von der Norm abweichende Personen oder Gruppen zu identifizieren und deren Verhaltensweisen zu sanktionieren . Soziale Ausgrenzungen sind eine Folge . Die Kontrollen, Ge- und Verbote schränken in schleichender Form die bürgerlichen Freiheitsrechte ein . Der neoliberale Rückbau des Wohlfahrtsstaates und seiner sozialen Sicherungssysteme führt zu einer steigenden Eigenverantwortung . Räume haben dabei als Beobachtungskategorie für Sicherheit und Kriminalität sowie als Interventionsebene für Prävention und Sanktion eine ordnende Rolle .
4.3 Prävention durch Architektur und Städtebau Im Zuge des Paradigmenwechsels in der Kriminal- und Präventionspolitik (vgl . Abschn . 4 .1 und 4 .2) wurden auch (städte-)bauliche Maßnahmen und (stadt-)planerische Instrumente überprüft und entwickelt, um die praktische Umsetzung kommunaler Prävention zu begleiten und zu unterstützen . Überlegungen, durch architektonische und bauliche Maßnahmen Kriminalität zu reduzieren und Sicherheit zu erzeugen, resultierten aus einer wachsenden Zahl von Kriminalitäts-, Unsicherheits- und Vandalismuserfahrungen in städtischen Großwohnsiedlungen . Im Laufe der 1970er und 1980er Jahre repräsentierten diese Stadtteile mit ihrer stark verdichteten Bauweise immer häufiger die benachteiligte Seite einer sich sozio-ökonomisch polarisierenden Gesellschaft . Eine Vielzahl von Problemlagen wurde dort sichtbar, z . B . Konzentration von einkommensschwachen Gruppen, städtebauliche und infrastrukturelle Defizite, schwache lokale Ökonomien, soziale Abwärtsspiralen (vgl . Newman 1996: 9 ff .) . Für die ebenfalls beobachtbare Zunahme des Unsicherheitsempfindens und der Kriminalität wurden vor allem die Anonymität dieser Großwohnsiedlungen, das unbestimmte „Fremde“, die unklaren Barrieren zwischen öffentlichen und privaten Räumen, die fehlende oder schlechte Einsehbarkeit (halb-)öffentlicher Räume und schließlich das Fehlen von sozialer Kontrolle verantwortlich gemacht . So erhielten die verdichteten Stadtteile das Stigma von „gefährlichen“ Orten, das durch entsprechende politische und mediale Unsicherheitsdiskurse befeuert wurden (vgl . Schirmel 2011: 65 ff .) . An diese Überlegungen und Erkenntnisse schloss sich eine Debatte an, in welcher Form städtebauliche und architektonische Bedingungen Einfluss auf das Ausmaß von Kriminalität oder unerwünschtem Verhalten nehmen könnten (vgl . Schneider/Kitchen 2007: 15 ff .) . Die Annahme ist, dass „… 105
„Gefährliche“ Räume
Fehlende soziale Kontrolle
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
Stadtplanung, Architektur und Wohnungswesen … Kriminalität zwar nicht unmittelbar [verursachen], … aber eine Rolle bei der Begünstigung oder der Verhinderung von unerwünschten Ereignissen [spielen] …“ (Schubert 2005a: 110) . Eine wesentliche Rolle wird dem Ausmaß der sozialen Kontrolle zugeschrieben . Die Gestaltung von Gebäuden und öffentlichen Räumen soll daher so ausgerichtet werden, dass die informelle soziale Kontrolle verbessert wird . Architektur und Städtebau sollen die Beobachtbarkeit von Verhaltensweisen unterstützen und so die Durchsetzung von positivem und erwünschtem Verhalten in (halb-)öffentlichen Räumen fördern (vgl . Schubert 2005b: 111 f .) . 4.3.1 Konzeptionelle Überlegungen zum (kriminal-)präventiven Städtebau Vor dem Hintergrund, dass die architektonische und (städte-)bauliche Ausstattung eines öffentlichen Raumes oder Wohnviertels einen Einfluss auf abweichendes Verhalten und Kriminalität ausüben kann, entwickelte sich seit den 1960er Jahren zunächst in den USA eine Reihe von theoretisch-konzeptionellen Überlegungen, wie ein (kriminal-)präventiver Städtebau aussehen könnte . Diese Ansätze sind insbesondere mit den Namen Oscar Newman, Jane Jacobs und C. Ray Jeffrey verbunden . Defensible Space Defensible Space
Prinzipien für einen Defensible Space
Den Ausgangspunkt dieser Überlegungen bilden Ideen und Maßnahmen, die sich unter dem Begriff Defensible Space des US-amerikanischen Architekten und Planers Oscar Newman zusammenfassen lassen . Der in den 1960er Jahren entwickelte Ansatz sollte dazu beitragen, die informelle soziale Kontrolle in Baublöcken und Wohnvierteln zu erhöhen, um die Vulnerabilität gegenüber Normabweichungen, Gewalt und Kriminalität zu verbessern . Das „… Quartier [soll] von seinen Bewohnern so gekennzeichnet und kontrolliert werden […], dass ein Eindringling antizipieren kann, dass seine Präsenz und sein Handeln geprüft werden .“ (Veil 2008: 39) . Die informelle soziale Kontrolle ist nicht nur auf Eindringlinge bzw . Fremde, sondern auf alle Besucher(innen) und auch Bewohner(innen) des Quartiers selbst gerichtet . Darüber hinaus soll durch bauliche Maßnahmen und die Schaffung kleiner Quartiereinheiten die „Zuständigkeit“ und Verantwortlichkeit der Bewohner(innen) für die öffentlichen Flächen in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld gesteigert werden . Dazu gehören auch der Rückbau und die Neuorganisation mehrgeschossiger Wohngebäude . Newman entwickelte für unterschiedliche Siedlungstypen (Eigenheim-, Reihenhausund Hochaussiedlungen) Prinzipien für einen Defensible Space, die potenzielle Straftäter(innen) abhalten, delinquentes Verhalten reduzieren und die subjektive Sicherheit erhöhen sollen: 106
PRäVEntIon DURch ARchItEK tUR UnD StäDtEBAU
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Grenzmarkierung und Zonierung des Wohnumfeldes: Dieses Prinzip beinhaltet Überlegungen zum Bau und zur Anlage von physischen und symbolischen Grenzmarkierungen . Übergänge zwischen privaten, halb-öffentlichen und öffentlichen Bereichen sollen signalisiert werden . Für Fremde/Besucher(innen) soll eindeutig erkennbar und für die Bewohner(innen) leicht kontrollierbar sein, wer sich gerade in welcher Zone bewegt (vgl . Newman 1996: 14 ff .) . Zur Markierung geeignet sind beispielsweise physische und symbolische Grenzen, wie Zugangskontrollen, Mauern, Zäune, Tore, Sackgassen, unterschiedliche Pflasterungen, Treppen oder Pflanzungen (vgl . Schubert et al . 2007: 33) . Kontrolle durch Einsehbarkeit und Übersichtlichkeit: Bei der Anlage von Siedlungen sollte sichergestellt werden, dass die (halb-)öffentlichen Räume, Parkplätze und Wege für die Bewohner(innen) einsehbar und kontrollierbar gestaltet werden . Fremden und Besucher(inne)n kann so signalisiert werden, dass sie „unter Beobachtung“ stehen (vgl . Newman 1996: 18 ff .) . Z . B . sollen die Fenster und Eingänge von Wohnungen auch in Richtung der (öffentlich einsehbaren) Straßen, Parkplätze und Zuwege ausgerichtet sein . Markierung kleinräumiger Nachbarschaften: Architektonische und städtebauliche Maßnahmen können zudem dazu beitragen, kleine Nachbarschaftszusammenhänge für eine informelle soziale Kontrolle herzustellen . Vor allem in anonymisierten Nachbarschaften sollten daher Subgruppen von benachbarten Wohneinheiten/Wohnhäusern geschaffen werden (vgl . Schneider/Kitchen 2007: 21 f .) . Imageförderung und Bildung sozialer Netzwerke: Die städtebaulichen Modifikationen, die im Rahmen von Defensible Space umgesetzt werden, können dazu beitragen, die Negativstigmatisierungen von sanierungsbedürftigen Großwohnsiedlungen zu verbessern, nachbarschaftliche Beziehungen zu stärken und soziale Netzwerke zu etablieren (vgl . Schubert et al . 2007: 33) . In der Regel findet dies in Form architektonischer Aufwertungen statt; möglicherweise werden dadurch auch private Investitionen stimuliert .
Alle Überlegungen gehen davon aus, dass die baulichen und architektonischen Eingriffe in das physische Wohnumfeld direkte Auswirkungen auf die soziale Kontrolle und das nachbarschaftliche Miteinander haben . Da Newman an verschiedenen Fallbeispielen zeigen konnte, dass durch die Umsetzung von Defensible Space Rückgänge bei Straftaten und eine Steigerung des Sicherheitsempfindens festzustellen waren (vgl . Newman 1996: 78 ff .; Clarke 1997), fand der Ansatz rasch Verbreitung und wurde auch außerhalb von reinen Wohngebieten (z .B . in öffentlichen Parks oder Gewerbegebieten) umgesetzt .
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Crime Prevention through Environmental Design Crime Prevention through Environmental Design
Abb. 24: leitlinien von Crime Prevention through Environmental Design (nach cozens et al. 2005: 331 ff.; schneIder/KItchen 2007: 22 ff.)
Das auf den US-amerikanischen Kriminologen J. Ray Jeffrey zurückgehende Konzept Crime Prevention through Environmental Design (CPTED) ist eine Fortsetzung bzw . praktische Konkretisierung des Defensible Space-Ansatzes von Newman (vgl . Schneider/Kitchen 2007: 24; Schubert et al . 2007: 33; vgl . Abb . 24) . Die seit Mitte der 1990er Jahre etablierte zweite Generation des CPTED-Ansatzes legt mehr Wert auf Risikobewertungen, Sozialraum-Monitoring und Bürgeraktivierung (vgl . Cozens et al . 2005: 329) .
TERRITORIALITÄT: STÄRKUNG DER RAUMANEIGNUNG DURCH DIE BEWOHNER(INNEN) Gestaltungskonzept, bei dem den Bewohner(inne)n durch entsprechende architektonische und (städte-) bauliche Maßnahmen eine größere Verantwortung für das unmittelbare Wohnumfeld nahegelegt/suggeriert wird sowie Eigentumsverhältnisse und Nutzungen klar markiert werden.
VERBESSERUNG VON ÜBERWACHBARKEIT UND SOZIALER KONTROLLE Bauliche Anordnung und Struktur sichert eine Einsehbarkeit (halb-) öffentlicher Räume (insbes. Flächen, Straßen), Ergänzung um formale oder organisierte Kontrolle (z. B. Polizeistreifen, Concierge-Dienste) sowie technische Maßnahmen (Videoüberwachung, Beleuchtung).
ZUGANGSMARKIERUNGEN UND -KONTROLLEN Markierung und Kontrolle von Zugängen zu Quartieren, Gebäuden oder Räumen durch physische (baulich/technisch) und symbolische Barrieren, rechtliche Vorschriften sowie personelle Dienste (z. B. Ordnungsdienste, Betretungsverbote, Ausweise).
SICHERUNG EINER KONFLIKTARMEN FLÄCHENNUTZUNG Anlage und Ausstattung von Wohnumfeld und öffentlichen Räumen sollen spezifische Nutzungen nahelegen/ausschließen, um Nutzungskonflikte zwischen unterschiedlichen Zielgruppen zu verringern/zu vermeiden (z. B. Ruhe- und Erholungsräume, Sport- und Aktivitätszonen).
FLÄCHEN- UND GEBÄUDEMANAGEMENT Aufwertung und Imagesteigerung durch Sicherstellung einer regelmäßigen Reinigung und Sanierung privater und (halb-) öffentlicher Flächen, des Wohnumfeldes sowie der Gebäude (z. B. Müllbeseitigung, Entfernung von Graffitis, Reparaturen bei Vandalismus).
EINBRUCHSICHERUNGEN UND ALARMANLAGEN Sicherung der Ziele potenzieller Straftaten durch Einbruchsicherungen, Wegfahrsperren oder Alarmanlagen sowie geeignete baulich/architektonische Maßnahmen.
Defensible Space- und CPTED-Ansätze wurden in zahlreichen Untersuchungen auf ihre Effekte und ihre Wirksamkeit geprüft . Cozens et al . haben die vorliegenden Untersuchungen zur Umsetzung des CPTED-Ansatzes ausgewertet . Sie kommen zu dem Schluss, dass die Mehrzahl empirischer Studien zeigt, dass die Implementierung des CPTED-Ansatzes zu einer signifikanten und teilweise erheblichen Reduktion der registrierten Straftaten in den Einsatzgebieten geführt habe und auch das Sicherheitsempfinden von Bürger(inne)n signifikant gestiegen sei . Allerdings gebe es erheb108
PRäVEntIon DURch ARchItEK tUR UnD StäDtEBAU
liche methodische Schwierigkeiten, die exakten Wirkungen der einzelnen Prinzipien systematisch zu evaluieren und gebietsunabhängige, verallgemeinerbare Wirkungsketten nachzuweisen (vgl . Cozens et al . 2005: 344) . 22 Fallbeispiel: Clason Point/New York (vgl. NewmaN 1996: 55 ff.) Oscar Newman selbst führte 1969 in der Reihenhaussiedlung Clason Point (South Bronx) in New York erstmals den Umbau eines Quartiers nach Kriterien des Defensible Space-Ansatzes durch . Die Anfang der 1940er Jahren auf 6,5 ha gebaute ehemalige Arbeitersiedlung bestand aus 46 überwiegend zweistöckigen Wohngebäuden mit 400 mietbaren Wohneinheiten (vgl . Abb . 25) . Es handelte sich um öffentlichen Wohnungsbau, der Leerstand betrug 30 % . Abb. 25: wohn zwischenräume in clason Point vor der Sanierung22
In dem Gebiet wohnten zu etwa gleichen Anteilen ältere weiße Paare sowie afro-amerikanische und puertoricanische Familien . In der Siedlung traten häufig (Raumnutzungs-)Konflikte zwischen jüngeren und älteren Bewohner(inne)n sowie zwischen ethnischen Gruppen auf . Das Quartier war durch hohe Kriminalitätsraten (insbesondere Körperverletzungen, Diebstahl und Drogenhandel) gekennzeichnet . Die Bewohner(innen) nahmen die Siedlung als anonym und unsicher wahr, und zwar besonders die öffentlichen Flächen sowie Straßen und Gehwege .Verunsichernd wirkten zudem die Eingangsbereiche der Wohnhäuser, die ohne Übergangsbereiche unmittelbar an die öffentlichen Wohnzwischenräume grenzten (Abb . 25) .
22 Quelle: http://www .defensiblespace .com/book .htm (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 109
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
Unter Beteiligung der Bewohner(innen) und der Haus- und Gebäudeverwaltung wurde eine Reihe von baulichen Maßnahmen umgesetzt und dadurch die Flächennutzung reorganisiert: • Durch physische und symbolische Grenzziehungen (Zäune, Stufen, Aufpflasterungen, Möblierungen, …) (vgl . Abb . 26) wurden das Wohnumfeld und die Wohnzwischenräume so gestaltet, dass einzelne Bewohner(innen) oder Nachbarschaftsgruppen eine stärkere Zuständigkeit, Identifikation (Raumaneignung) und soziale Kontrolle für die öffentlichen Flächen erhielten . Halb-öffentliche Übergangszonen wurden geschaffen . • Die Anzahl der Zu- und Gehwege wurde reduziert, um die Nutzungsfrequenz auf den wenigen zentralen Gehwegen zu erhöhen und Fußgänger(innen) dort zu konzentrieren . Diese verbleibenden Wege wurden aufwendiger gestaltet und mit hochwertiger Beleuchtung ausgestattet . • Um das Image der Siedlung aufzuwerten, wurden die grauen Betonfassaden der Wohngebäude saniert . Nach individuellen Wünschen der Bewohnergruppen erfolgte eine Verklinkerung der Fassaden . • Um Nutzungskonflikte zwischen den Bewohnergruppen zu reduzieren, legte man auf der zentralen öffentliche Fläche drei räumlich voneinander getrennte, zielgruppenspezifische Nutzungsmöglichkeiten an (z .B . Ruhe- und Erholungsbereiche für die älteren Bewohner(innen), Spielräume für die Kinder und Aufenthaltsflächen für die Jugendlichen) . Abb. 26: wohn zwischenräume in clason Point nach der Sanierung23
23
23 Quelle: http://www .defensiblespace .com/book .htm (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 110
PRäVEntIon DURch ARchItEK tUR UnD StäDtEBAU
Nach anfänglichen Konflikten mit der Verwaltung der öffentlichen Wohnsiedlung übernahmen mehr und mehr die Einwohner(innen) die Nutzung und Pflege der ihnen symbolisch zugeordneten öffentlichen Flächen (insbesondere die Vorgärten) . Auch die Mietleerstände lösten sich auf; es mussten Wartelisten geführt werden . Kriminalität und Verstöße gegen die Hausordnung reduzierten sich um die Hälfte, besonders Einbrüche und Diebstahldelikte gingen sehr stark zurück . Auch die Kriminalitätsfurcht der Bewohner(innen) reduzierte sich . Situative Kriminalprävention Bei Defensible Space und CPTED steht die Frage im Mittelpunkt, wie die Umwelt beschaffen sein muss, dass die Bewohner(innen) eine stärkere soziale Kontrolle erhalten, um Straftaten und Delinquenz vorzubeugen . Der Ansatz der situativen Kriminalprävention versucht demgegenüber konsequent, die Sichtweise von potenziellen Straftäter(inne)n einzunehmen . Auch Täter(innen) vollziehen ihre delinquenten Handlungen auf der Grundlage ökonomischer Kosten-Nutzen-Kalküle, sie treffen überwiegend rationale Entscheidungen und wägen Chancen und Risiken einer Straftat auf der Grundlage ihrer individuellen Wahrnehmung ab, z . B . bei einem Einbruch überrascht oder gefasst zu werden, beim Ladendiebstahl videotechnisch beobachtet zu werden oder bei einem Handtaschenraub hinreichende Beute zu machen . Der Psychologe und Kriminologe Roland V. Clarke entwickelte auf der Basis dieser rational-ökonomischen Handlungslogik fünf Faktoren, die mögliche Straftäter(innen) abwägen (vgl . Scheider/Kitchen 2007: 27): 1 . 2 . 3 . 4 . 5 .
Situative Kriminal prävention
Entdeckungsrisiko: Wie wahrscheinlich ist es, dass ich erwischt werde? Aufwand: Wie schwierig ist es, die Tat erfolgreich zu begehen? Belohnung: Wie groß ist mein erwarteter Gewinn/Erfolg? Herausforderung: Was treibt mich zu der Tat? Schuldbewusstsein: Wie schlimm bzw . entschuldbar ist meine Tat?
Die situative Kriminalprävention versucht mit entsprechenden Maßnahmen, die Kosten und Risiken von kriminellen und abweichenden Handlungen zu erhöhen . Es sollen Situationen geschaffen werden, die kriminelles und/oder delinquentes Handeln erschweren oder unmöglich machen . Analog zur kriminogenen oder delinquenten Handlungslogik verfolgt die situative Prävention die folgenden Ziele (vgl . Cornish/Clarke 2003: 90): 1 . Steigerung des Entdeckungsrisikos und der Aufklärung (stärkere Überwachung, mehr formelle und soziale Kontrolle, …), 111
Ziele situativer Kriminalprävention
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
2 . Aufwand für Straftaten erhöhen (Zugangskontrollen, Sicherungs- und Alarmanlagen, …), 3 . Erfolge von Straftaten verringern (Ziele verbergen, Eigentum deutlich kenntlich machen, Beute entwerten, …), 4 . Provokationen und Anlässe vermeiden (Stress reduzieren, Konflikte vermeiden, Einfluss von Peer Groups reduzieren, …), 5 . Ausreden und Regelverletzungen erschweren (Regeln aufstellen, Befolgen von Regeln erleichtern/unterstützen, …) . Cornish/Clarke (2003) haben diese fünf Aspekte konkretisiert und 25 Techniken oder Grundsätze situativer Kriminalprävention entwickelt (vgl . Abb . 16) . Ihren Niederschlag finden diese dann beispielsweise im Zuge der Umsetzung von CPTED-Projekten . Sie stellen eine Konkretisierung der Prinzipien einer präventions- oder sicherheitsorientierten Stadtgestaltung dar . Diese Techniken und Grundsätze wurden und werden in den USA und Großbritannien im Rahmen des Community (oriented) Policing (vgl . Abschn . 4 .1 .2) in der Präventions- und Polizeiarbeit umgesetzt (vgl . Schneider/ Kitchen 2005: 29) .Von den Vertreter(inne)n situativer Kriminalprävention werden zahlreiche Fallbeispiele angeführt, die den Erfolg dieses Ansatzes dokumentieren . Rückgänge von Straftaten um die Hälfte wurden festgestellt (vgl . Clarke 1997) . Allerdings zeigen sich auch die erwartbaren Verdrängungseffekte und Schwierigkeiten bei der Implementierung (vgl . Clarke 1997: 28 ff . und 35 ff .) . Umweltkriminologie (Environmental criminology) Umweltkriminologie
Environmental Criminology
Handelte es sich bei Defensible Space, CPTED und situativer Kriminalprävention um praxisbezogene Ansätze, so ist die Umweltkriminologie als eine angewandte Wissenschafts- und Forschungsdisziplin zu verstehen . Sie untersucht, inwiefern die physischen und sozialen Strukturen des Raumes die Entstehung und Kontrolle von Kriminalität beeinflussen . Dazu gehört auch die Frage, wie durch Stadtgestaltung Kriminalitätsprävention betrieben werden kann . Die Polizei erwartet nach Schneider von der umweltkriminologischen Forschung belastbare Informationen darüber, auf welche Räume und in welcher Weise sie ihre Aktivitäten ausrichten muss (vgl . Schneider 2011: 606 f .) . Umweltkriminologie ist damit eng verbunden mit der klassischen Kriminalgeographie, die ebenfalls die Wechselbeziehungen zwischen Kriminalität und Raum in den Fokus genommen hatte (vgl . Abschn . 2 .1) . Das Auftreten von Kriminalität oder Delinquenz wird als das Ergebnis kriminogener Umfeld-/Umweltkonstellationen verstanden; oder einschränkender ausgedrückt: Spezifische räumliche Gelegenheiten begünstigen oder bedingen das Auftreten von Straftaten und abweichendem Verhalten . Während die umweltkriminologische Forschung in Deutschland kaum verbreitet ist, hat die Environmental Criminology im angelsächsischen Raum 112
PRäVEntIon DURch ARchItEK tUR UnD StäDtEBAU
eine sehr bedeutsame Stellung . Sie ist inspiriert von Ansätzen der Raumund Umweltwahrnehmung und fragt danach, aufgrund welcher räumlichen Wahrnehmungen und Umweltindikatoren potenzielle Straftäter(innen) in bestimmten Quartieren, Blocks oder Straßen aktiv werden (vgl . Schneider/Kitchen 2007 32) . So lässt sich beispielsweise zeigen, dass Einbruch- und Ladendiebstähle häufig in der Nähe von fluchtgünstigen Haupt- und Ausfallstraßen begangen werden oder zur Beschaffungskriminalität bewusst Stadtteile ausgewählt werden, die einen sanierungsbedürftigen Eindruck machen . Zudem wird in der Environmental Criminology versucht, unter Einsatz von mathematischen oder GIS-basierten Modellen räumliche Muster von Straftaten mithilfe sozio-ökonomischer und demographischer Merkmale zu modellieren (vgl . Abschn . 3 .3 .3 und 3 .3 .4) . Räumliche Korrelationen zwischen Kriminalität, Delinquenz und anderen Merkmalen werden herangezogen, um räumliche Verteilungen zu erklären und auch vorherzusagen (vgl . Schneider/Kitchen 2007 33 f .) . 4.3.2 Implementierung städtebaulicher Prävention in der Stadtentwicklung Defensible Space, Crime Prevention through Environmental Design sowie situative Kriminalprävention werden vor allem im nordamerikanischen und britischen Städtebau zum Teil seit den 1970er Jahren politisch gefördert und sind dort weit verbreitet .24 Ihre Leitlinien sind teilweise in kommunalen und nationalen Planungsverordnungen verankert . In Großbritannien wurde CPTED seit den 1990er Jahren im Rahmen des staatlichen Förderprogramms Secured by Design25 in zahlreichen Kommunen umgesetzt . Heute ist es insbesondere eine Initiative der britischen Polizei (vgl . Schneider/ Kitchen 2007: 23 ff .) . Auch in Dänemark und den Niederlanden sind entsprechende Initiativen präventiver Architektur und Städtebau angestoßen worden (vgl . Schubert 2005b: 31) . In Deutschland findet sich in Stadtplanung und Städtebau keine systematische Berücksichtigung kriminalpräventiver Aspekte . Es existieren allerdings in einigen Bundesländern entsprechende Handbücher, Handlungsempfehlungen oder Leitlinien, die diese Thematik aufgreifen (vgl . Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein/Landeskriminalamt 2006; Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration 2010; Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit 2005; Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen 2009; Fritsche 2011) . Im Kontext einer quartierorientierten, sozial-integrativen Stadt(teil)ent24 Vgl . International CPTED Association: http://www .cpted .net (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 25 Vgl . britische Initiative Secured by design: http://www .securedbydesign .com (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 113
Präventiver Städtebau in Deutschland
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
Design out Crime
wicklung werden ebenfalls Aspekte der präventiven Stadtgestaltung berücksichtigt (vgl . Floeting 2013: 12 ff .; Schubert et al . 2007: 37 f .) . Schubert et al . entwarfen dafür ein Modell . Dieses beinhaltet die präventive städtebauliche Gestaltung als eine von vier Handlungsebenen . Die zentralen Ansatzpunkte sind (sozial-)pädagogische Präventionsansätze, ein strukturiertes Sozialraummanagement, die Unterstützung von Nachbarschaften sowie eine Vernetzung der präventionsrelevanten Akteure im Stadtteil (vgl . Schubert/Veil 2011: 87 ff .; Schubert et al . 2009: 5) .26 Auf der EU-Ebene wurden unter dem Titel Design out Crime (DOC) Versuche unternommen, Standards oder Zertifizierungsnormen für eine präventive Stadtgestaltung zu entwickeln . Sie sollen für kommunale Stadtentwicklungs- und Planungsprozesse einen Orientierungsrahmen bieten und auf diese Weise dazu beitragen, durch kriminalpräventive Stadtplanung und Architektur die Kriminalitätsfurcht und die registrierte Kriminalität zu reduzieren (Schubert 2005b: 31 f .) . Die Initiative European Design Out Crime Association (E-DOCA) verfolgt ebenfalls das Ziel, den präventiven Städtebau weiterzuentwickeln .27 4.3.3 Kritische Diskurse zur städtebaulichen Prävention
Fokus auf baulich architektonische Modifikationen
Projekte und Maßnahmen städtebaulicher Prävention können auf eine große Zahl von Evaluationen und Wirkungsmessungen verweisen, die nach der Projektumsetzung zum einen deutliche Rückgänge der registrierten Kriminalität und zum anderen erhebliche Steigerungen des Sicherheitsempfindens der Bewohner belegen (vgl . Cozens et al . 2005; Landeshauptstadt Düsseldorf 2001; Clarke 1997) . Dennoch entzünden sich an den Ansätzen und Konzepten Widerspruch und Kritik . Es wird darauf verwiesen, dass eine Konzentration auf städtebauliche und architektonische Maßnahmen in der Regel nicht ausreichend sei, um soziale Veränderungsprozesse zu initiieren (vgl . Schneider/Kitchen 2007: 26) . Ein negatives oder kriminelles sozio-ökonomisches Milieu, selektive Abwanderungen, Verluste von Sozialkapital und Stigmatisierungen können durch städtebauliche Präventionsmaßnahmen nicht grundsätzlich verbessert werden . Auch überforderte Nachbarschaften lassen sich nicht grundsätzlich durch Baumaßnahmen stärken (vgl . Cozens et al . 2005: 342) .Vielfach ist davon auszugehen, dass die mit den baulichen Maßnahmen einhergehenden Begleitprozesse (z .B . Partizipation der Stadtteilbewohner(innen) 26 Vgl . zur Konkretisierung die Kriterien des niedersächsischen Qualitätssiegels für sicheres Wohnen: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration o .J .: 3 . und Sicherheitspartnerschaft Niedersachsen: http:// www .sipa-niedersachsen .de/index .html (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 27 Vgl . Verbund European Design Out Crime Association: http://www .veilig-ontwerpbeheer .nl/netwerk/e-doca (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 114
PRäVEntIon DURch ARchItEK tUR UnD StäDtEBAU
in Planungsprozessen, Bildung von Netzwerken und Nachbarschaften durch gemeinsame Aktivitäten, Immobilien- und Mietpreissteigerungen nach Sanierungsmaßnahmen, selektive Zu- und Fortzüge) eine entsprechende soziale Wirkung nach sich ziehen und das Gebiet und seine Bewohnerschaft dadurch sozio-ökonomisch aufgewertet wird . Zudem wird argumentiert, dass durch eine städtebauliche Prävention zwar Kriminalität reduziert, diese aber in erster Linie verdrängt würde . Die präventive Wirkung sei dementsprechend schwer nachweisbar, da vermutlich nur eine räumliche oder zeitliche Verlagerung von Straftaten oder abweichendem Verhalten stattfinde . Außerdem würden sich nicht alle Straftäter(innen) durch solche Maßnahmen von ihrem Vorhaben abbringen lassen (vgl . Cozens et al . 2005: 341 f .; Schneider/Kitchen 2007: 26) . Gleichzeitig sei diese Verdrängung auch mit einer selektiven Ausgrenzung verbunden . Die Einschränkung und das Reglementieren von normabweichenden Verhaltensweisen in bestimmten Räumen beträfen oft sozial schwache oder marginalisierte Gruppen, z .B . Obdachlose, Jugendgruppen . Denen würden dann nach einer solchen Präventionsmaßnahme keine alternativen Aufenthaltsmöglichkeiten mehr angeboten .Vor allem in Innenstädten diene diese selektive Form der Ausgrenzung dazu, kommerzielle Nutzungen gegenüber anderen Aufenthaltsgründen zu unterstützen (vgl . Wehrheim 2002: 106) . Insbesondere wird der Generalverdacht kritisch gesehen, unter den „Fremde“ und Fremdheit gestellt werden . Gerade in (Groß-)Städten gilt ein gewisser Grad an Fremdheit und Anonymität als Kennzeichen von Urbanität (vgl . Häussermann/Siebel 2004: 55 ff .; vgl . Abschn . 5 .1 .1) . Während Jacobs ein Quartier für und mit Fremden konzipiert, wird dieser Fremde bei Newman von ,verdächtigenden Blicken‘ und ,bellenden Hunden‘ empfangen … Hierbei werden verschiedene Bilder von Stadt und Fremdheit deutlich: das eine als ein optimistisches Bild einer urbanen und offenen Stadt, vertreten durch Jacobs, und das andere als ein eher pessimistisches von einer Stadt, die sich gegen Anonymität und daraus resultierende Unsicherheit wehren muss . (Veil 2008: 42)
Insofern zielen Defensible Space und CPTED implizit auf das Herstellen von Homogenität im Stadtteil . Heterogenität würde immer auch Fremdheit bedeuten und wirke somit verunsichernd oder bedrohlich . So könnten Entmischung und Segregation auch das Ergebnis präventiver Stadtgestaltung sein (vgl .Veil 2008: 43) .
115
Verdrängung und Ausgrenzung
Fremde stehen unter Generalverdacht
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
4.4 technikbasierte Beobachtung und Kontrolle von Räumen und Mobilitätsmustern
technische Überwa chung und Kontrolle von Bewegungs und Mobilitätsmustern
Die technischen Möglichkeiten zur Beobachtung und Kontrolle von Räumen, Zugängen oder Bewegungen haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen .Vor allem informations- und kommunikationstechnologisch gestützte Sicherheitssysteme wie Videoüberwachung, Biometrie oder RFID (radio-frequency identification) werden zur Abwehr von abweichendem Verhalten, zur Prävention von Straftaten oder zum Schutz gegen Terrorismus als bedeutsame technische Elemente einer urbanen Sicherheits- und Präventionspolitik angesehen (vgl . Floeting 2007: 5 ff .; Flöther 2010: 50 f .) . Ihr Einsatz folgt allerdings in der Regel nicht einer abgestimmten, gesamtstädtisch vernetzten Sicherheits- oder Präventionsstrategie .Vielmehr werden technische Sicherheitssysteme im urbanen Raum von sehr unterschiedlichen Akteur(inn)en und Institutionen eingesetzt . Unabhängig davon werden die Risiken der Sicherheitstechnologien, ihre rechtliche Vertretbarkeit, der Persönlichkeits- und Datenschutz und schließlich die Gefahren der Etablierung eines Kontroll- und Überwachungsstaates in Medien, Politik und Wissenschaft ausgiebig und kontrovers diskutiert (vgl . Wehrheim 2002 47 ff .; Floeting 2007: 13; Belina 2011b, 213 ff .), in den Jahren 2013 und 2014 stark befördert durch die publik gewordenen Abhöraktionen des US-Auslandsgeheimdienstes NSA .28 Während über die Kontrolle von Räumen bereits umfänglicher geforscht wurde, sind die Potenziale und Risiken einer technischen Überwachung und Kontrolle von Bewegungs- und Mobilitätsmustern bisher nur am Rande zum Thema der geographischen Forschung geworden . Diesbezüglich werden sich vermutlich in naher Zukunft neue Forschungsfelder eröffnen . Denn es zeichnet sich ab, dass durch biometrische Verfahren und Zugangssysteme (z .B . elektronische Gesichtserkennung, Fingerabdrücke, DNA-Analysen), durch RFID-Chips (z .B . in Verpackungen, Fahrzeugen, Konsumgütern oder Kundenkarten), GPS oder andere technische Möglichkeiten der kontaktlosen Ortung von Standorten eine Aufzeichnung und Analyse von individuellen Bewegungsprofilen und räumlichen Aktionsmustern (tracking) praktisch möglich wird (vgl . Floeting 2007 7 ff .) . So können beispielsweise Zugänge zu Plätzen, Räumen und Gebäuden in automatisierter Form kontrolliert, reglementiert oder verwehrt werden . Im Rahmen des von der EU geförderten Forschungsverbundes INDECT werden seit 2009 auf modernen Überwachungstechniken basierende, vernetzte Monitoringsysteme entwickelt und erforscht, die vorgeben, in automatisierter Form in urbanen
28 http://www .nsa .gov (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 116
tEchnIKBASIERtE BEoBAchtUnG UnD KontRollE Von RäUMEn
Räumen Gefahrenlagen, kriminelles Verhalten oder Gewaltsituationen erkennen zu können .29 4.4.1 Videoüberwachung: Erwartungen und Effekte Es ist vermutlich kaum abzuschätzen, wie viele Videokameras in der Bundesrepublik Deutschland öffentliche, halb-öffentliche oder private Räume und Gebäude überwachen . Schon 2004 wurde von Wehrheim für Deutschland eine Zahl von 500 .000 Kameras genannt; in Großbritannien wurden seinerzeit sogar bis zu vier Millionen Videokameras vermutet (vgl . Wehrheim 2004: 23) . Kameras finden sich vorwiegend an urbanen Orten und beobachten dort in erster Linie funktional oder ökonomisch bedeutsame Punkte (z .B . Innenstädte, Geschäfts- und Einzelhandelszentren, Bahnhöfe, Verkehrsknotenpunkte) . Lediglich in ländlichen Siedlungen und Dörfern wird diese Überwachungstechnik noch nicht flächendeckend eingesetzt . Dabei kann nicht von der Videoüberwachung gesprochen werden: Zu unterschiedlich sind die Verwendungszwecke und Ziele, zu denen außer Verkehrsflussüberwachungen eben auch die Kriminalprävention und Straftatenaufklärung gehören (vgl . Zurawski 2009: 396; Flöther 2010: 52) . Grundlegend geht es bei der Videoüberwachung um die Überwachung von Menschen und Orten aus der Ferne, dauerhaft und objektiv . Dabei macht es allerdings einen bedeutenden Unterschied, ob es sich um ein System handelt, das aus nur einer Kamera und einem Bildschirm besteht, welche die Bilder eines umgrenzten Raumes aufnimmt und speichert (Tankstelle, kleines Geschäft), oder ob es sich um ein System vernetzter Kameras handelt, die aufzeichnen und gleichzeitig live beobachtet werden (U-Bahnen, öffentliche Videoüberwachung); oder ob es ein System ist, das außer den Kameras noch Abgleiche mit anderen Datenbanken vorsieht und Technologien wie Gesichtserkennung o .ä . integriert . Es ist fast unmöglich, die Kombinationen von Merkmalen nachzuzeichnen, die sich aus den technologischen und räumlichen Voraussetzungen sowie den sozialen Beziehungen in einem überwachten Gebiet ergeben . (Zurawski 2009: 398) Das Zitat macht deutlich, dass sich das Thema Videoüberwachung nicht allein auf den technischen Aspekt der Installation von Kameras reduzieren lässt .Vielmehr steht dahinter ein komplexes Überwachungssystem, welches aus einem Zusammenspiel mehrerer Institutionen mit ihren spezifischen 29 Vgl . Homepage des Forschungsverbundes Intelligent Information System Supporting Observation, Searching and Detection for Security of Citizens in Urban Environment: http://www .indect-project .eu (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 117
Es gibt nicht die Videoüberwachung!
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wunderwaffe Videoüberwachung?!
Institutionskontexten, den institutionellen Eigenlogiken und Interessen besteht . Erst ein orientierender Blick auf diese vielschichtige Systematik macht es möglich, die Potenziale und Grenzen einer Videoüberwachung zu bewerten (vgl . Klauser 2006: 343 f .) . In den öffentlichen und politischen Debatten gelten der Einsatz und die Nutzung dieses Überwachungsinstruments für eine erfolgreiche Vorbeugung von Straftaten oder abweichendem Verhalten sowie zur Verhinderung von Vandalismus oder zur Terrorbekämpfung als evident (vgl . Apelt/Möllers 2011: 586) . Einige Bundesländer (z .B . Niedersachsen und Brandenburg) haben staatliche Förderprogramme zur Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen oder Kriminalitätsschwerpunkten aufgelegt . Bei der Videoüberwachung handelt es sich um eine sicherheitspolitische Wunderwaffe: Im Vergleich zu im Streifendienst eingesetzten Beamten ist sie relativ kostengünstig und soll das subjektive Sicherheitsgefühl stärken . Die Kameras ermöglichen häufig eine nachträgliche Aufklärung der Straftat, auch wenn ihr Einfluss auf die Begehung von Straftaten umstritten ist . Trotz gewichtiger Bedenken gegen die Effektivität im Rahmen der Gefahrenabwehr wird ihr Einsatz hartnäckig verteidigt und im Zweifelsfall ausgebaut . Es ist verwunderlich, dass es so lange gedauert hat, bis Bürger begonnen haben, gerichtlich gegen polizeiliche Videoüberwachung vorzugehen . (Schnabel 2011: 879)
Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Sicherheits empfinden und Videoüberwachung
Mit diesen einleitenden Worten charakterisiert der Hamburger Datenschützer Schnabel recht treffend die an Videoüberwachungen adressierten Erwartungen und thematisiert gleichzeitig auch einen Teil der geäußerten Bedenken . In seinem Beitrag diskutiert der Jurist die Frage, inwieweit Videoüberwachungen einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen . Er kommt zu dem Schluss, dass ein solcher Eingriff bei einer Aufzeichnung der Bilder fraglos gegeben sei, aber auch bei einer bloßen Beobachtung ohne Aufzeichnung deutsche Gerichte mittlerweile einen Verstoß gegen das Recht der informationellen Selbstbestimmung sähen (vgl . Schnabel 2011: 879) . Seit sich im Laufe der 1990er Jahre die Videoüberwachung öffentlicher Räume immer stärker etabliert hat, werden die Vor- und Nachteile in Politik, Medien und Wissenschaft kontrovers diskutiert . Aus Sicht der sozialwissenschaftlichen Forschung identifizieren Apelt und Möllers drei Kernaspekte bei den Diskursen um eine präventive Videoüberwachung (vgl . Apelt/Möllers 2011: 586 f .): 1 . Videoüberwachung im öffentlichen Raum erfährt bei der Bevölkerung eine sehr hohe Akzeptanz . In der Bundesrepublik wurden in empirischen Erhebungen Zustimmungsquoten von deutlich über 50 % bis zu 90 % ermittelt . Diese hohe Akzeptanz von Videoüberwachung schlägt sich 118
tEchnIKBASIERtE BEoBAchtUnG UnD KontRollE Von RäUMEn
aber nicht in einem entsprechend hohen Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nieder (vgl . Apelt/Möllers 2011: 587) . Raumbezogene Unsicherheitsgefühle sind offenbar stark von situativen Wahrnehmungen, raumsemantischen Aufladungen und sozio-strukturellen Rahmenbedingungen abhängig (vgl . Abschn . 1 .1) . Untersuchungen in Hamburg zeigten, dass Unsicherheiten durch das Vorhandensein von Videoüberwachungen kaum reduziert wurden (vgl . Zurawski 2009: 406 f .) . Dementsprechend sind Argumentationen, dass eine verstärkte Videoüberwachung an z . B . öffentlichen Plätzen oder Kriminalitätsschwerpunkten maßgeblich dazu beiträgt, das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu erhöhen, nur teilweise schlüssig . Klauser stellt die These auf, dass die Installation von Videoüberwachung dann bewusst und positiv wahrgenommen wird, wenn sie in sogenannten Angsträumen oder Kriminalitätsschwerpunkten erfolgt (z .B . Unterführungen, Parkhäuser, einsame oder schlecht einsehbare Orte/Räume), ein Aufstellen an Orten der Zusammenkunft, des sozialen Miteinanders oder in Wohnquartieren allerdings wenig Wirkung zeigt (vgl . Kubera 2007: 132 f .; Klauser 2006 346) . 2 . Ein weiteres Diskursfeld um Videoüberwachungseinrichtungen sind die Prüfbarkeit ihrer Effektivität und die damit verbundenen Herausforderungen . Eine Evaluierung der Wirksamkeit erfordert zunächst ein Formulieren der Ziele von Videoüberwachung . In Anlehnung an Apelt/Möllers (2011) und Zurawski (2009) lassen sich folgende Zielsetzungen von Videoüberwachungen identifizieren: Ziel 1: Verbesserung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung Ziel 2: Verbesserung der Polizeiarbeit durch mögliche Identifizierung von Straftäter(inne)n Ziel 3: Reduktion von Kosten für die Überwachung von Objekten und Räumen durch Personaleinsparungen Ziel 4: Abschreckung potenzieller Straftäter(innen) und Verringerung sowie Prävention von Straftaten Ziel 5: Disziplinierung der Verhaltensweisen der Nutzer(innen) der beobachteten Räume Im Hinblick auf das Ziel 1 wurden bereits im vorherigen Absatz Bedenken geäußert . Bei den Zielen 2 und 3 wird deutlich, dass mit Videoüberwachung nicht nur präventive Zwecke verbunden sind . Zwar können Videoaufzeichnungen von Straftaten die Polizeiarbeit verbessern; oft zeigt sich allerdings, dass eine Aufklärung von Straftaten und die Identifizierung von Straftäter(inne)n in der Regel zusätzliche Beweismittel erfordern (z .B . Fingerabdrücke oder DNA-Analysen) . Videoüberwachung ist somit in erster Linie ein unterstützendes Ermittlungsinstrument (vgl . Hempel 2007: 145) . Empirische Analysen zu Effekten (Ziele 4 und 5) von Videoüberwachung lassen erhebliche Zweifel an deren präventiven und kriminalitätssenkenden 119
Effektivität und Evaluation von Videoüberwachung
RAUMBEZoGEnE PRäVEntIonSPolItIKEn
Disziplinierung und soziale Kontrolle durch Überwachung?
Wirkungen aufkommen (vgl . Zurawski 2009: 405 ff .; Kubera 2007: 119 ff .; Eifler/Brandt 2007: 95; Cozens et al . 2005: 333 f.) . Häufig findet zunächst nur eine Verlagerung kriminellen oder abweichenden Verhaltens in benachbarte Räume statt (vgl . Klauser 2006: 348) . Bornewasser und Schulz argumentieren am Beispiel der brandenburgischen Stadt Bernau, dass ein substanzieller Beitrag zur örtlichen Kriminalitätsbekämpfung nur dann gelingt, wenn über die Videoüberwachung hinaus weitere Maßnahmen (z .B . Optimierung von Polizeiarbeit und strategische Präventionsarbeit, verbesserte Öffentlichkeitsarbeit) ergriffen werden (vgl . Bornewasser/Schulz 2007: 75 ff .) . 3 . Eine deutliche Kritik erfährt die Videoüberwachung aufgrund ihrer intendierten disziplinierenden Wirkung und der veränderten Form sozialer Kontrolle . Den theoretischen Hintergrund für diesen kritischen Blick liefert Foucaults Disziplinargesellschaft oder Disziplinierungsthese (vgl . Fink-Eitel 1997: 70 ff .; Flöther 2010: 53; Apelt/Möllers 2011: 589) . Ein unsichtbarer Beobachter, der (vermeintlich) kontrolliert, ob die als kollektiv geltenden Regeln und Bedingungen sozialer Konformität und/oder Moral eingehalten werden, übt auf die Beobachteten eine disziplinierende Macht aus . Die Beobachteten reagieren – so die Theorie – mit Selbstdisziplinierung, Selbst- und Fremdkontrolle sowie Selbst- und Fremdüberwachung . Die externe Disziplinarmacht und Kontrolle wird verinnerlicht (inkorporiert) . Die Videoüberwachung (halb-)öffentlicher Räume wird teilweise vor dieser theoretischen Folie betrachtet . Allerdings wird der Tatsache, dass sich eine „allumfassende“ Disziplinarmacht des Instruments der Videoüberwachung bediene, auch widersprochen (vgl . Flöther 2010: 53) . So ist z . B . eine Vernetzung der zahllosen Videoüberwachungsanlagen derzeit nicht realisiert, und (halb-)öffentliche Räume könnten in der Regel auch nicht als ein geschlossenes System der Gesellschaft betrachtet werden, denen die Individuen nicht entrinnen können . 4.4.2 Technikbasierte Überwachung – Kriminalpolitik durch Raumkontrolle
Selektive Raum kontrolle und Disziplinierung
Die humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung hat ihren Blick bisher vor allem auf die Videoüberwachung öffentlicher oder halb-öffentlicher Räume gerichtet . Dabei geht sie insbesondere der Frage nach, wie Räume oder Verräumlichungen bei der (sozialen) Kontrolle, Disziplinierung und Kriminalisierung ins Spiel kommen (vgl . Belina 2011b: 70 ff .) .Vor diesem Hintergrund kann die Einrichtung von raumbezogenen Videoüberwachungssystemen durchaus als ein Indiz für eine veränderte und selektive soziale Kontrolle über Räume gesehen werden . Dies gilt insbesondere dann, wenn ihre Installation mit weiteren Formen raumbezogener Kontroll- und Disziplinierungsmaßnahmen einhergeht (z .B . Citystreifen, sogenannte Gefahrengebiete, Betretungsverbote oder restriktive Hausordnung) . In diesem Kontroll- und Disziplinierungsverbund können 120
tEchnIKBASIERtE BEoBAchtUnG UnD KontRollE Von RäUMEn
Überwachungskameras dann ein selektiv wirksames Instrument der Verdrängung unerwünschter Personengruppen oder der Unterdrückung unerwünschten Verhaltens in bestimmten Segmenten des öffentlichen Raumes oder privatwirtschaftlicher Konsumwelten sein . Die damit bewirkten Exklusionen bestimmter Gruppen aus Fußgängerzonen, Cities, Shopping Malls, touristischen Attraktionen oder Bahnhöfen können als strategische Maßnahmen spezifischer Interessengruppen, wie z .B . Einzelhandel, Citymanagement oder Stadtmarketing, aufgefasst und interpretiert werden, um die Aufenthaltsqualität und Attraktivität für die „eigentlichen“ Zielgruppen – Konsument(inn)en oder Tourist(inn)en – zu sichern und zu erhöhen (vgl . Belina 2002: 21 f .) . Wehrheim argumentiert, dass sich in diesen Formen der räumlichen Kontrolle eine wachsende soziale Ungleichheit niederschlagen würde .Vom räumlichen (und damit partiell auch gesellschaftlichen) Ausschluss bedroht seien häufig Personen, die eine visuelle materielle Armut dokumentierten . Dies beträfe „… ökonomisch benachteiligte, fremde, als gefährlich stigmatisierte, visuell auffällige Personen . Zusätzlich genießen Gruppen … eine erhöhte Aufmerksamkeit und besonders dann, wenn sie zu anderweitig sozial, visuell auffälligen Kategorien … gehören .“ (Wehrheim 2002: 196) . Auch Apelt/Möllers vertreten die Auffassung, dass Videoüberwachungssysteme spezifische Konstruktionen von Normalität, Abweichung und Kriminalität vermitteln und dementsprechend die Formen sozialer Kontrolle und die Strukturen sozialer Ungleichheit verändern (vgl . Apelt/Möllers 2011: 590).
Kriminalprävention ist ein schwer eingrenzbares Handlungsfeld . Ihr wird die komplexe Aufgabe zugeschrieben, abweichendem Verhalten, Unsicherheit und Kriminalität vorzubeugen . Staatliche Organisationen und soziale Institutionen gehören zu den maßgeblichen Akteuren . Unter Einforderung eines zivilgesellschaftlichen Engagements nimmt der neoliberale Staat mittlerweile auch Bürger(inne)n, Wirtschaft oder Medien vermehrt in die Präventionsverantwortung . Dies gilt auch für raumbezogene Präventionspolitiken . Diese reichten von einer Kommunalisierung der Kriminalprävention bis hin zu einer technischen Überwachung von repräsentativen Orten, Plätzen oder Gebäuden . Die Maßnahmen und Strategien folgen dabei nicht nur einer kriminalpräventiven Logik . Sie können vielmehr auch als eine machtvoll diskursive Durchsetzung vermeintlich mehrheitsfähiger Ordnungs- und Normalitätsvorstellungen verstanden werden, hinter der sich u .a . staatliche Kontrollbedürfnisse, ökonomische Interessen oder Ressourcenoptimierungen verbergen . Demzufolge sind die Mechanismen der Präventionspolitik häufig sozial und ökonomisch sehr selektiv .
121
5 Städte – toleranz und Fremdheit
Städte als orte von Integration und Desintegration
Urbane Verunsicherungen und urbane Sicherheit
Weltweit steigt der Grad der Urbanisierung . Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass in den stärker entwickelten Staaten der Anteil der Bewohner(innen) in städtischen Agglomerationen von derzeit gut 75 % auf über 85 % im Jahr 2050 steigen wird (vgl . UN 2010: 3 f .) . Die Zunahme der städtischen Bevölkerung geht in erheblichem Maße auf nationale und internationale Zuwanderungen zurück . Von Städten scheint somit eine Attraktivität auszugehen, die insbesondere auf zwei Eigenschaften zurückgeführt werden kann: die Aussicht auf Toleranz und die Integrationsleistung von Städten . Das soziale Miteinander in Städten wird häufig mit Anonymität und Fremdheit sowie Toleranz und Freiheit assoziiert, ist also durch eine gewisse Ambivalenz gekennzeichnet: Zwar werden zahlreiche Handlungsoptionen eröffnet und toleriert, aber dies ist nur unter dem Kalkül eines gewissen Grades an Fremdheit, Distanz und Anonymität möglich . Reglementierende Normen- und Wertekanons werden in der Stadtgesellschaft durch eine Art akzeptierende Gleichgültigkeit, Offenheit oder Toleranz gegenüber anderen ersetzt und so (Werte-)Konflikte eher vermieden . Freiheit, Anonymität und Toleranz können gewissermaßen als konstitutive Elemente von Urbanität verstanden werden, mitgeführt werden aber auch Unsicherheit, Furcht vor Andersartigkeit und Fremdheit (vgl . Abschn . 5 .1 .1und 5 .1 .2) . Städte gelten weiterhin als Orte der kulturellen, sozio-ökonomischen und politischen Integration und Desintegration moderner Gesellschaften (vgl . Göschel/Schuleri-Hartje 2008: 592 ff .; Häussermann 2005: 20 ff .) . Hier entfalten sich soziale, ökonomische und politische Potenziale, Herausforderungen und Innovationen am stärksten . Vor diesem Hintergrund bezeichnet beispielsweise Häussermann Städte als „Integrationsmaschine“ (Häussermann 1998) . Die unterstellte Integrationsfähigkeit der Stadtgesellschaft gilt allerdings nicht mehr als selbstverständlich, und ihr sozialer Zusammenhalt wird zunehmend als gefährdet angesehen (vgl . Walther/Günther 2007: 349) . Für einzelne Gruppen werden deutliche Desintegrationserscheinungen beobachtet, die zu einer extrem ungleichen Verteilung von Risiken, Unsicherheiten und Ausgrenzungen führen . Diese zeigen sich in den Städten durch zunehmende soziale und ethnische Segregationsprozesse (vgl . Abschn . 5 .1 .3 und 5 .1 .4) .
122
StäDtE AlS oRtE DER VERUnSIchERUnG
5.1 Städte als orte der Verunsicherung Städte gelten in der modernen, globalisierten Gesellschaft als Orte von Kriminalität und Verunsicherung . Dies wurde in wissenschaftlichen Studien und Quellen sowohl für Deutschland als auch weltweit immer wieder thematisiert (vgl . Ceccato 2012; Sessar et al . 2007; Dinges/Sack 2000) . Als … zu Beginn des 19 . Jahrhunderts, bedingt durch Naturwissenschaften und Technik, durch Industrialisierung und Landflucht ‚The Age of Great Cities‘… anbrach, wurden die großen Städte nicht nur zu Zentren für Produktion und Handel, für Kultur und Wissenschaft, … sondern es entwickelte sich hiermit einhergehend auch ein unbeschreibliches Massenelend in Form von Armut, Ausbeutung, Kinderarbeit, Prostitution, Seuchen, hoher Sterblichkeit und Alkoholismus – und großer Massenkriminalität . (Sessar et al . 2007: 12) Gerade im Vergleich zu ländlichen Räumen und Dörfern werden die großen Städte gemeinhin als erheblich unsicherer und krimineller kommuniziert (vgl . Marshall/Johnson 2005: 30 ff .) . Als Belege werden beispielsweise die zum Teil recht deutlichen Land-Stadt-Unterschiede in den Kriminalitätsstatistiken sowie in Befragungen zum Sicherheitsempfinden bei Land- und Stadtbewohner(inne)n angeführt (vgl . Baier et al . 2011: 75 f .) . Oberwittler/Köllisch (2003: 135 ff .) nennen folgende Ursachen für das Stadt-Land-Gefälle in Deutschland: • • • • •
vermehrte Tatgelegenheiten in Ballungszentren/Großstädten im Vergleich zum ländlichen Raum, geringe soziale Kontrolle in Verdichtungsräumen, Begünstigung sozialer Problemfälle und abweichenden Verhaltens insbesondere in den sozialen Brennpunkten der (Groß-)Städte, Lösung von Konflikten in ländlichen Räumen häufiger informell und auf privater Basis, deshalb seltenere offizielle Registrierung (Anzeige) von Normverstößen, verringerte Anzeigenbereitschaft durch schlechtere Erreichbarkeit von Polizeidienststellen im ländlichen Raum .
Dollinger/Raithel vermuten als Ursache hinter diesen räumlichen Unterschieden allerdings eher milieu- und lebensstilspezifische Differenzen der Land- und Stadtbevölkerung (vgl . Dollinger/Raithel 2006: 118 und Abschn . 3 .1 .2 und 3 .2 .4) . Unabhängig von diesen Relativierungen wird durch diese Thematisierung des sicheren ländlichen Raumes das auf der alltagsweltlich-empirischen Ebene beobachtete Phänomen der unsicheren Stadt zusätzlich plausibilisiert . 123
StadtlandGefälle von Kriminalität
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
5.1.1 Anonymität und Fremdheit: Indikator für Urbanität und Unsicherheit Große Städte zeichnen sich dadurch aus, dass sie Orte des Fremden sind . Die Heterogenität und Anonymität der Anwesenden ist eines ihrer herausragenden Merkmale . (Wehrheim 2009: 11)
Das Fremde und das Andere
Und diese Fremdheit und Anonymität der Großstadt, die gleichzeitig ein Markenzeichen von Urbanität ist, wirkt verunsichernd . Die Verunsicherung „… ist untrennbar mit Fremdheit verbunden, denn das, was den Fremden konstruiert, ist auch das, was verunsichert .“ (Wehrheim 2009: 37) . „In modernen stratifizierten und insbesondere in funktional differenzierten Gesellschaften hat sich Fremdheit als Strukturmerkmal herausgebildet …“, so Wehrheim (2009: 30) in Anlegung an den Systemtheoretiker Nassehi . Gerade in der (Groß-)Stadt, wo sich der sozio-ökonomische Strukturwandel, die Modernisierung und somit die gesellschaftliche Arbeitsteilung und die Differenzierung von Lebensstilen räumlich konzentrieren, führt dies vor allem in öffentlichen Räumen und außerhalb des eigenen Wohnumfelds zu einer Vielzahl von Begegnungen mit Unbekannten und Fremden . Diese Begegnung muss nicht notwendigerweise mit Unsicherheiten verbunden sein .Vielmehr bietet sich zunächst die Möglichkeit, anonym zu bleiben und soziale Distanz zu wahren, was als eine wichtige Voraussetzung für Individualisierung gesehen werden kann: Die Anonymität der Großstadt eröffnet die Chance, sein Leben immer neu beginnen zu können, weil einen niemand genau kennt und damit auch niemand einen auf seine Vergangenheit verpflichten kann . Man kann gleichsam unter Abstraktion von der eigenen Biographie in jedem neuen Kontakt versuchen, seine Identität neu zu konstruieren . Und man kann selber darüber entscheiden, welchen Abschnitt der eigenen Persönlichkeit man anderen gegenüber preisgibt und welchen man verbirgt (…) . (Häussermann/Siebel 2004: 57)
elIas/scotsen: Etablierte und Außenseiter
Zur Erklärung der verunsichernden Wirkung der/des Fremden in Großstädten kann die Etablierten-Außenseiter-Konzeption von Elias/Scotsen (1993) zur Hilfe genommen werden . Der Ansatz versucht, das Entstehen von Konfliktlagen zwischen Alteingesessenen (Etablierten) und Zugezogenen (Außenseitern) nachvollziehbar zu machen . Als Ausgangspunkt von Konflikten und Konkurrenzen werden die unterschiedlichen Machtverhältnisse zwischen diesen beiden Gruppen gesehen: Während die Etablierten versuchen, ihre Machtpositionen und Partizipationsmöglichkeiten innerhalb der lokalen Gemeinschaft zu sichern, streben die Außenseiter nach einem Ausgleich der ungleichen Teilhabemöglichkeiten . Verstärkt werden diese Auseinandersetzungen und Konkurrenzen mitunter durch unterschiedliche oder wenig vereinbare Normen und Standards beider Gruppen (vgl . Hu124
StäDtE AlS oRtE DER VERUnSIchERUnG
nold 2005: 302 ff .) . Solche Entwicklungen lassen sich vor allem in Stadtteilen oder Wohnblocks mit einem starken Bewohnerwechsel vermuten . Fremdheit oder Außenseitertum kann beispielweise durch eine beobachtete oder vermutete andere Lebensführung (z .B . nachlässige Wohnumfeldpflege, ungewöhnliche Arbeitszeiten und -rhythmen, „auffällige“ Freizeitgestaltung) oder in Form von ethnisch interpretierbaren Kategorien (z .B . fremde Sprache, Physiognomie, andere „Kultur“) sichtbar werden (vgl . Hunold 2005: 306 ff .; Wehrheim 2009: 34) . Dies löst bei den Etablierten Unsicherheit aus, falls die Außenseiter als Bedrohung für die soziale Kontrollierbarkeit der lokalen Gemeinschaft und die lokale Identität (den „guten Ruf“ des Stadtteils) verstanden werden . Stigmatisierung und Ausgrenzung von Fremden, Zugezogenen oder Migrant(inn)en können die Folge sein (vgl . Hunold 2005: 308) . Um den eigenen Status und Machtvorteil zu sichern, wird das Fremde konstruiert, etikettiert und ausgegrenzt . Nicht selten wird das Andere (z . B . Punks oder Obdachlose) oder Fremde (z . B . Zugezogene oder Migrant(inn)en) in den Bereich von Normabweichung und Kriminalität verschoben (vgl . Wehrheim 2009: 36), und es werden dementsprechend Kontrollen und Sanktionen gefordert . Allerdings können Gruppen kaum derart homogen angenommen werden, wie es soeben skizziert wurde . Auch ist fraglich, inwieweit sich die argwöhnischen oder machtasymmetrischen Beziehungen zwischen Etablierten und Außenseitern als konsistent und statisch auffassen lassen . Gerade in der Großstadt muss aufgrund der distanzierten und gleichgültigen Begegnungen das Fremde nicht sogleich als verunsichernd etikettiert werden (vgl . Hunold 2005: 305 ff .) . Anonymität, Fremdheit und Andersartigkeit sind Charakteristika von Urbanität . Sie sind typisch für die Großstadt . Sie sind sogar gewünscht, weil dadurch Individualität zugelassen wird . Über die Konstitution des Fremden oder Anderen wird Identität konstruiert . Gleichzeitig wird diese Fremdheit und Andersartigkeit als Bedrohung und Konkurrenz der eigenen Rang- und Machtposition im Wohnquartier empfunden . Durch das Verbinden von Fremdheit und Andersartigkeit mit Verunsicherung und Bedrohung wird im öffentlichen (Stadt-)Raum eine Kontrollnotwendigkeit in Bezug auf das Fremde und Andere diskursiv aufgebaut .
125
Stigmatisierung und Verunsicherung
Kritik am Etablierten AußenseiterAnsatz
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
5.1.2 Urbane Angsträume und Alltagsirritationen Angsträume
Die Eingabe des Begriffes „Angstraum“ bei der Bilder-Suche von www . google .de ergibt ein ziemlich eindeutiges Ergebnis: Unter den ersten 100 angezeigten Bildern oder Fotos30 sind bei deutlich mehr als der Hälfte eine überwiegend menschenleere Unterführung (vgl . Abb . 27) oder einsame Wege zu sehen . Dargestellt sind meistens öffentliche Räume, sehr häufig in Verbindung mit öffentlichen Verkehrsanlagen oder Parks . Knapp ein Drittel der Bilder zeigt dunkle Motive oder Situationen bei Dunkelheit, und etwa ein Viertel der Bilder thematisiert sichtbare Zeichen von Verwahrlosung bzw . social disorder (z .B . Müll, Graffiti,Vandalismus) . Implizit wird damit eine Kernkategorie deutlich, die offenbar für Angsträume konstitutiv ist: die vermutete Abwesenheit von sozialer Kontrolle . Dies dokumentiert sich in den Bildern auf zweierlei Weise: Zum einen verunsichert offensichtlich eine als bedrohlich empfundene Einsamkeit; in einer potenziellen Gefahrensituation kann nicht oder erst verspätet mit Hilfe gerechnet werden (Gefahr der Viktimisierung) . Zum zweiten symbolisieren die Bilder ein gewisses Maß an sozialer Desorganisation . Als gemeinschaftlich geltende Werte des sozialen Miteinanders z .B . von Sauberkeit, Ordnung oder gegenseitiger Rücksichtnahme scheinen außer Kraft gesetzt oder nicht beachtet zu werden . Räume, die diese Eigenschaften symbolisieren, führen zu Verunsicherungen (vgl . Abschn . 1 .1) . Städtische Räume oder Wohnquartiere werden als Angsträume bezeichnet, wenn sie den Eindruck vermitteln, dass soziale Desorganisation in Form von Verwahrlosung, Vandalismus oder Unsauberkeit (auch als Incivilities bezeichnet) beobachtbar wird und dies scheinbar den Verlust oder die Abwesenheit einer formellen oder informellen sozialen Kontrolle dokumentiert . Eine fehlende soziale Kontrolle kann in Anlehnung an Boers (1991: 117) als Mangel an lokaler Organisation und sozialer Bindung bezeichnet werden .
Eigenschaften von Angsträumen
Werden Stadtbewohner(innen) nach Angstorten gefragt, so nennen sie stets Grünanlagen, Bahnhöfe oder Verkehrsknotenpunkte (vgl . Rolfes 2007b: 232; Belina/Rolfes 2005: 136 f .) . Räumliche Korrelationen zwischen Angstorten und Orten des Auftretens registrierter Kriminalität sind eher 30 Die Suche wurde am 16 . Oktober 2014 ohne Größeneinschränkung der Bilder durchgeführt . Von den 100 ersten Bildern waren nur neun Bilder nicht den Themenfeldern Unsicherheit, abweichendes Verhalten oder deren Prävention zuzuordnen . Bei diesen neun Bildern handelte sich überwiegend um Hinweise auf Kunst oder Literatur, die Angsträume behandeln . 126
StäDtE AlS oRtE DER VERUnSIchERUnG
Abb. 27: Foto eines typischen Angstraums (Quelle: JürGen treIBer/ pixelio.de)
zufällig . Die von befragten Bürger(inne)n empfundenen Unsicherheitsorte werden überwiegend nicht von einer wachsenden oder hohen Kriminalitätsbelastung hervorgerufen . Für die Stadt Osnabrück ließ sich zeigen, dass Angstorte vor allem solche waren, „… die vom lokalen Mediensystem (…) oder den politisch-institutionellen Systemen immer wieder thematisiert werden .“ (Rolfes 2007b: 232) . Angsträume sind häufig durch soziale Desorganisation und Alltagsirritationen (vgl . Stangl et al . 1996: 12) gekennzeichnet: „Dazu zählen beispielsweise überquellende Abfallbehälter, Hundekot auf Gehwegen und in Grünanlagen, rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, mangelnde Reinigungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an öffentlicher Infrastruktur, lärmende Kinder und Jugendliche, befremdlich wirkende Menschen anderer Kulturkreise sowie Bettler, Obdachlosenund Trinkerszenen“ (Bösebeck, 2002, 119) . Im Konzept der Nicht-Orte von Augé können solche Orte und Räume verunsichernd wirken, die keine Identität stiften, also Transiträume (z .B . Flughäfen, Bahnhöfe, Hotelketten) oder sinnentleerte Funktionsräume (z . B . Supermärkte, Gewerbegebiete) (vgl . Augé 2011: 81 ff .) Herrmann und Sessar (2007) haben ein Schema entwickelt, in dem wichtige Einflussdimensionen zur Entstehung des Sicherheitsimages von Räumen systematisch aufgeführt werden (vgl . Abb . 28) . Sie unterscheiden dabei vier Dimensionen mit vorwiegend zwei bis drei Elementen . Diese tragen je nach Ausrichtung und Wirkung dazu bei, aus Räumen sichere bzw . unsichere Räume zu machen (vgl . Herrmann/Sessar 2007: 206 ff .) . Auch wenn insbesondere die als „kulturell“ markierten Dimensionen zu unbestimmt erscheinen, so sind in dem Modell durchaus vielfältige Ansatz127
Schema zur Analyse der Sicherheit von Räumen
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
REGULATION
Abb. 28: Dimensionen und Elemente zur Analyse (un)sicherer Räume (vgl. herrmann/ sessar 2007: 207)
- Recht, Verordnungen - Kapitalakkumulation - Kulturelle Normen und Werte
INSTITUTIONELLE UND LEBENSWELTLICHE HANDLUNGSSTRUKTUREN - Soziale Praktiken - Ökonomische Praktiken - Politische Praktiken
KULTURELLE SYMBOLIK
- Bewusste kulturelle Bedeutungen - Unbewusste kulturelle Bedeutungen
MATERIELLES SUBSTRAT
- Soziale/kulturelle Infrastruktur - Technische Infrastruktur - Städtebau
(UN-) SICHERE RÄUME
Gesellschaftliche Produktion von Angsträumen
punkte enthalten, um den Konstruktionsprozess eines unsicheren Ortes oder Angstraumes nachzuzeichnen . Dass die Gefährlichkeit von „Angsträumen“ als gesellschaftlich produziert aufgefasst werden kann, zeigte Becker bereits 2001 . Sucht man beispielsweise in Europa nach gefährlichen Räumen, also Räumen des Todes, der Verletzung oder der vorsätzlichen Gewalt, so kommen völlig andere als die soeben bezeichneten Orte in den Sinn: Dann sind vor allem Krankenhäuser, Pflege- und Altenheime, Hospize oder der Straßen- bzw . Verkehrsraum gefährliche Orte (vgl . Becker 2001: 16 ff .) . Nun sind diese Orte durchaus mit Furcht belegt, gleichwohl wird diese Angst nur selten verräumlicht . Im Hinblick auf traumatisierende Erlebnisse wie Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung kann für Frauen der vermeintlich sichere Nahbereich ebenfalls als Angstraum konstruiert werden: Für Frauen ist der Umgang mit Verwandten und Freunden viel gefährlicher als der Umgang mit Fremden . Räumlich gesprochen heißt dies: Der gefährlichste Ort für Frauen ist der persönliche Nahbereich, ist die Wohnung, also der Ort, dessen Unversehrtheit unser Grundgesetz garantiert, ist der Ort, der in der Planungsliteratur gemeinhin als der Ort der Erholung, der Selbstentfaltung und vor allem der Sicherheit gilt . (Becker 2001: 21)
Konstruktionen von Angsträumen
Otto zeigt am Beispiel des öffentlichen Personennahverkehrs in München, dass unterschiedliche Gruppierungen (Polizei, Medien, ÖPNV-Nutzer(innen)) sehr unterschiedliche Angsträume herstellen, die sich gegenseitig beeinflussen (vgl . Otto 2011: 181 ff .) . Bürk argumentiert, dass die Entstehung von Angsträumen unter anderem auf einen medial vermittelten 128
StäDtE AlS oRtE DER VERUnSIchERUnG
Stigmatisierungsdiskurs zurückgeht, der globale verunsichernde Krisenereignisse aufgreift und auf diese Weise dazu beiträgt, kontrollierende und restriktive Machtmechanismen zu legitimieren . Gleichzeitig kondensierten diese global inszenierten Ängste vor bestimmten Gruppen jetzt auf lokalen und städtischen Ebenen, insbesondere in öffentlichen Räumen (vgl . Bürk 2012: 264 ff .) . Das aus der Luhmannschen Systemtheorie hergeleitete Konzept der raumbezogenen Semantiken von Redepenning (2006) kann gut herangezogen werden, um aufzuzeigen, wie Angsträume in der modernen Gesellschaft etabliert werden (vgl . Abschn . 2 .2 .4) . Angsträume werden als Verräumlichungen aufgefasst, bei denen sehr komplexe soziale Gegebenheiten auf eingängige und gut kommunizierbare Raumsemantiken projiziert werden . Im Hinblick auf urbane Angsträume zeigt sich, dass kommunal agierende Organisationen, z .B . das lokale Mediensystem, die kommunalen politisch-institutionellen Systeme wie die Polizei oder die Kommunalverwaltung bei der kommunikativen Durchsetzung von unsicheren Raumsemantiken eine tragende Rolle spielen . Sie tun dies unter anderem durch die Medienberichterstattung, Pressemitteilungen, kommunale Präventionsaktivitäten, Maßnahmen und Projekte im Rahmen von Stadtentwicklung, Stadt- oder Citymarketing . Vielfach entscheiden die Selektionsmechanismen dieser Organisationen, welche (unsicheren) Raumsemantiken etabliert werden und welche nicht und wie diese Raumsemantiken inhaltlich aufgeladen werden (vgl . Rolfes 2007b: 231 ff .) .
Städtische Angsträume aus einer systemtheo retischen Perspektive beobachtet
5.1.3 Ethnische Segregation und Ethnisierung von Kriminalität Wenn Migrant(inn)en als Fremde bzw . Andersartige etikettiert werden oder aufgrund von (zu starker) Zuwanderung eine Angst vor Überfremdung gesehen wird, so werden in der Regel die abweichenden kulturellen Werte und Normen der Zuwanderungsgruppen als Auslöser für Irritationen und Verunsicherungen herangezogen .Vor diesem Hintergrund erwartet das assimilationstheoretische Integrationsverständnis eine kulturelle Anpassung der Zuwanderungsgruppen an die Aufnahmegesellschaft . Die Kultur der Aufnahmegesellschaft und die Kultur der Zuwanderungsgruppen werden als (zu) unterschiedlich angesehen – Kulturunterschiede werden als klar identifizier- und beobachtbar angenommen . Dass die Zuwanderungsgruppen wie auch die Aufnahmegesellschaft in vielfältiger Form sozio-ökonomisch differenziert sind, verschwindet hinter einem Schleier aus Kultur, Herkunft oder ethnischer Zugehörigkeit . Unterschiede, Konflikte und Kriminalität werden vor allem in politischen und (medien-)öffentlichen Diskursen auf kulturelle oder ethnische Differenzierungen zurückgeführt (vgl . Abb . 29) . Die vereinfachten Annahmen im Hinblick auf die Bedeutsamkeit ethnischer oder kultureller Zugehörigkeiten oder Unterschiede sind häufig die Basis für soziales und politisches Handeln . Aus dem Blick gerät dabei, 129
Alles (k)eine Frage der Kultur?!
Kulturalisierung und Ethnisierung von Kriminalität
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
Abb. 29: Auszug aus einem tazInterview mit dem Migrationsfor scher Klaus J. Bade am 9. Februar 200931
...
taz-Journalistin: Das Berlin-Institut ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Türken den größten Nachholbedarf in Sachen Integration haben, die Aussiedler dagegen überraschend gut integriert sind. Daraufhin gab es Schlagzeilen wie "Türken verweigern eisern die Integration". Bade: Ja, solche herkunfts- oder kulturspezifischen Schlagzeilen bringen uns nicht weiter. Sie appellieren an die ohnehin verbreitete Bereitschaft zu kulturellen Projektionen. Die Folge sind stets Denunziation und Schuldsprüche im öffentlichen Diskurs. Das wirft die Diskussion zurück. Gerade tut sich bei den Türken in den letzten Jahren etwas, eine Mittelschicht bildet sich stärker heraus – und gleich wird alles wieder öffentlich plattgewalzt. taz-Journalistin: Aber die Probleme der Deutschtürken sind doch real. Warum soll man sie nicht benennen? Bade: Natürlich muss man sie benennen, vor allem aber muss man nach den Ursachen fragen. Dabei hilft die Herkunft nicht weiter. Dass Menschen aus Ostanatolien im deutschen Bildungssystem Probleme haben, liegt ja nicht daran, dass sie aus Ostanatolien sind, sondern daran, dass sie dort keine Schulbildung bekommen haben, die annähernd den Bedingungen und Herausforderungen der Bundesrepublik entspräche. Die Tatsache wiederum, dass sie aus der Unterschicht kommen, liegt nicht daran, dass sie Türken sind, sondern dass sie aus diesem sozialen Milieu kommen und genau dort von Deutschland angeworben worden sind. Oder, um es mal mit den Worten einer Journalistin mit Migrationshintergrund etwas drastischer zu formulieren: Der Türke schlägt seine Frau nicht, weil er Türke ist, sondern weil er ein Arschloch ist. Dieses Argument muss in die Köpfe rein. ...
Kulturbegriff der neuen Kultur geographie
wie und mit welchen Konsequenzen die Selbst- und Fremdethnisierungen in der modernen Gesellschaft funktionieren (vgl . Scherr 2000: 411) und inwieweit sie z .B . für (sicherheits-)politische oder mediale Zwecke instrumentalisiert werden (vgl . Schirmel 2011: 193 ff .) . So hat die kommunikationswissenschaftliche Forschung nachgewiesen, dass vor allem männliche Zuwanderer als verunsichernde und bedrohliche Fremde dargestellt werden . In der massenmedialen Berichterstattung werden sie regelmäßig in die Nähe zu Kriminalität, Terrorismus und Konflikthaftigkeit gestellt . Migrantinnen erscheinen in den Massenmedien hingegen eher in der Opferrolle einer (teilweise gewalttätig) unterdrückten Frau (vgl . Lünenborg et al . 2011: 143 f .; Ruhrmann et al . 2006: 45 ff .) . Kulturen und kulturelle Differenzen werden daher in der Migrationsund Integrationsforschung wie auch in der Neuen Kulturgeographie als Konstruktionen und Projektionen verstanden (vgl . Röpcke 2013: 376 ff .) . Kultur kann nicht, ebenso wenig wie Identität, als eine unveränderbare, eindeutige Eigenschaft einer Person oder einer Gruppe verstanden werden . Pott präzisiert: Kultur [ist] kein Gegenstandsfeld, Deutungsmuster, Wissens-, Sinnoder Zeichensystem, keine Lebenswelt, Bedeutungsstruktur o . Ä ., sondern ein spezifisches, durch seine reflexiv-vergleichende Per31 Quelle: http://www .taz .de/!30145/ (letzter Zugriff : 7 . Januar 2015) . 130
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spektive gekennzeichnetes modernes Beobachtungsschema . (…) Kultur ist ein Beobachtungsschema zur Beobachtung von Unterschieden als kulturelle Unterschiede . (Pott, 2005: 92) Trotz der aus wissenschaftlicher Sicht nachgewiesenen Ungeeignetheit von ethnischer oder kultureller Zugehörigkeit als sozialem oder politischem Handlungs- und Orientierungsrahmen werden sogenannte Parallelgesellschaften konstruiert, die in bestimmten Quartieren der Großstädte ethnische Enklaven bilden (vgl . besonders plakativ Sarrazin 2010: 295 ff .) . Die Argumentationen verlaufen etwa wie folgt:
Entstehung von Parallelgesellschaften oder ethnischen Enklaven?
Durch den sozio-ökonomischen Strukturwandel sehen sich vor allem beruflich unqualifizierte Immigranten einer immer prekäreren wirtschaftlichen Situation gegenüber; die zunehmende Segregation der Stadtquartiere nach Nationalitätskriterien führt zu einer steigenden Kluft zwischen Zugewanderten und Einheimischen; im individualisierten Kontext der Städte entstehen ethnische Enklaven, die immer weniger in den Gesellschaftsvertrag moderner Gesellschaften eingebunden werden . Wenn daher soziale Desintegration zu Kriminalität führt, dann ist steigende Delinquenz von immigrierten Minderheiten die … zwingende Folge . (Eisner 2001: 630 f .) Zum einen wird bei dieser Argumentation die Bildung und Existenz ethnischer Enklaven oder von Parallelgesellschaften unterstellt, die sich in sozial polarisierten Fragmentierungen der Städte widerspiegelt . Zum anderen wird die Entstehung von Delinquenz und Kriminalität fest an den Status „Zuwanderer“ gekoppelt . Also werden vor allem Stadtteile mit hohen Migrantenanteilen zu gefährlichen Stadtteilen und das Fremde zur Bedrohung . Die Konsequenz kann die vermehrte Forderung nach Erhöhung der formellen Kontrolle sein, z . B . eine stärkere Polizeipräsenz in Quartieren mit hohen Anteilen von Migrant(inn)en . Die Stadtforschung sieht mit Blick auf historische Erfahrungen (z .B . die großen Zuwanderungswellen in die USA oder das Ruhrgebiet) in den „Zuwanderervierteln“ eher positive Aspekte . Die Nähe der frisch Zugezogenen zu Landsleuten und die Einbindung in deren lokale Netzwerke erleichtere die Integration in die neue Lebenssituation, verbessere die sozio-ökonomische Lage und stabilisiere die Identitätsbildung (vgl . Micus/ Walther 2006: 215) . Belastende oder überforderte Nachbarschaften stellen sich vor allem dann ein, wenn sich eine „Kultur der Armut“ etabliert, also Desorganisations-, Desintegrations- und Deprivationsprozesse räumlich konzentriert ablaufen . Die unterstellte Gefährlichkeit und Kriminalität von Migrant(inn)en ist gerade im großstädtischen Kontext immer wieder Thema . Schirmel hat dies auf der Basis einer Medienanalyse und in Experteninterviews mit Ver131
Förderliche und überforderte nachbarschaften
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
Gefährliche und krimi nelle Migrant(inn)en ?
treter(inne)n kommunaler Verwaltungen und Sicherheitsbehörden nachdrücklich bestätigt (vgl . Schirmel 2011: 107 ff ., 125 ff ., 152 ff .) . Die überdurchschnittlichen kriminellen Aktivitäten von Migrant(inn)en werden auf den ersten Blick auch durch eine erhöhte Kriminalitätsrate (Ausländerkriminalität) in offiziellen Statistiken bestätigt . Dass Nicht-Deutsche in der Kriminalitätsstatistik überproportional vertreten sind, hat allerdings eine Vielzahl von Gründen (vgl . Eisner 2001: 632 f .) . Die Verzerrung resultiert daraus, dass •
• •
•
die Straftaten von zahlreichen Nicht-Deutschen (Illegale, Tourist(inn-) en/Durchreisende, Besucher(inn)en, Grenzpendler(innen) und Stationierungsstreitkräfte) zwar in den Kriminalstatistiken auftauchen, diese Gruppen aber nicht in der Bevölkerungsstatistik registriert werden; sich die Bevölkerungs- und Sozialstruktur der Deutschen und Nicht-Deutschen (Alters-, Geschlechts- und Sozialstruktur) erheblich voneinander unterscheiden; ein beachtlicher Teil von Straftaten der Nicht-Deutschen ausländerspezifische Delikte beinhaltet, die von Deutschen nicht begangen werden können, z .B . Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asylverfahrens- und das Freizügigkeitsgesetz (vgl . Bundeskriminalamt 2011: 117); Straftaten von Nicht-Deutschen häufiger wahrgenommen und häufiger zur Anzeige gebracht werden als Straftaten von Deutschen (vgl . Mansel/Albrecht 2003: 339 ff .; Mansel/Hurrelmann 1998: 78 ff .) .
Auch wissenschaftliche Studien sowie der Zweite Integrationsindikatorenbericht der Bundesregierung gehen davon aus, dass die hohe Kriminalität bei Nicht-Deutschen erheblich relativiert werden muss (vgl . Engels et al . 2011: 140; Hunold 2005: 309; Belina/Rolfes 2005: 136): „In der kriminologischen Forschung gibt es Hinweise darauf, dass sich die Unterschiede in der Kriminalitätsbelastung von Deutschen und Nicht-Deutschen bei einem Vergleich sozial ähnlich gestellter Gruppen sogar ausgleichen .“ (Engels et al . 2011: 140) . Im Ersten Integrationsbericht hieß es sogar noch, „… dass bei einem Vergleich der Gruppe mit gleichen familiären, schulischen und sozialen Rahmenbedingungen sowie übereinstimmenden Werteorientierungen eine höhere [Kriminalitäts]Belastung von Nicht-Deutschen letztlich nicht mehr feststellbar sei .“ (Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik/Wissenschaftszentrum für Sozialpolitik Berlin GmbH 2009: 11) .
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StäDtE AlS oRtE DER VERUnSIchERUnG
Kausalitäten zwischen Migration, Kriminalität und Segregation werden in Politik und den Massenmedien oft pauschal und stark vereinfacht dargestellt . In der Migrationsforschung wird deutlich gemacht, dass nicht automatisch aufgrund der „Kultur“ oder Herkunft der Migrant(inn)en auf Andersartigkeit und Normabweichung geschlossen werden kann . Eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Kriminalität spielen situative, soziale und ökonomische Faktoren und nicht biologistisch-genetische oder kulturalistisch bedingte Veranlagungen . Auch die Existenz von kriminogenen Parallelgesellschaften kann nicht per se unterstellt werden, selbst wenn dies politisch und medial immer wieder behauptet wird .
5.1.4 Verunsicherung durch urbane Armut und Prekarisierung Auf der Grundlage von Kriminalitätstheorien lässt sich die Frage diskutieren, inwieweit Armut und Prekarisierung konstitutive Rahmenbedingungen für kriminelles oder normabweichendes Verhalten sind . Vor allem sozialpsychologische, mikrosoziologische und sozialstrukturelle Erklärungsansätze legen diese Annahmen nahe (vgl . Abschn . 1 .3 .2) . Unabhängig davon, wie tragfähig diese Theorien sind, legen sie einen Grundstock, um die Bewohner(innen) sozial benachteiligter oder „verarmter“ Stadtquartiere als potenzielle Gefährdung zu stigmatisieren . Auf der Basis von Experteninterviews und Medienanalysen stellt Schirmel in seiner Untersuchung zu Unsicherheitsdiskursen in deutschen bzw . über deutsche Großwohnsiedlungen fest, „… dass durch die Verschränkung von Armut, urbanen Verfallserscheinungen und Kriminalität die Großwohnsiedlungen als typische Armutsräume hergestellt werden, die in einer Abwärtsspirale sozialen und physischen Verfalls gefangen sind .“ (Schirmel 2011: 106) . Auch auf der globalen Ebene wird die wachsende Armut als bedrohliches Szenario thematisiert . Mit Blick auf die Entwicklung der Megacities erwartet Davis (2007), dass „… ein Großteil der urbanen Welt des 21 . Jahrhunderts inmitten von Umweltverschmutzung, Exkrementen und Abfall im Elend versinken [wird] .“ (Davis: 2007: 23) . Wehrheim benennt drei Bedrohungsaspekte, die im städtischen Diskurs an Armut geknüpft werden könnten: Zum einen die Angst der besser Gestellten um die körperliche Unversehrtheit und ihr Eigentum, auf das es die Armen möglicherweise abgesehen haben könnten . Zum zweiten die Gefahr einer Bedrohung des etablierten Werte- und Normensystems (z .B . Eigentum, Arbeitshaltung, Leistungsorientierung, Selbstverantwortlichkeit) und zum dritten die Gefahr eines sozialen Protests oder von Unruhen . All dies stelle für die hegemoniale oder etablierte Stadtgesellschaft eine destabilisierende Bedrohung dar (vgl . Wehrheim 2002: 37 f .) . In gedanklicher Fortführung 133
Städtische Armut als Auslöser von Unsicherheit
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Kriminalisierung von Armut
Städte als orte ökonomischer Integration?!
Städtische Armut als Ergebnis von Segregation und sozialer Polarisierung
der These des US-amerikanischen Soziologen Wacquant, wonach in den USA im Windschatten des neoliberalen Regierens seit Mitte der 1990er Jahre eine verstärkte staatliche Kriminalisierung von Armut zu beobachten sei (vgl . Wacquant 2009), lassen sich dementsprechend auch in der deutschen und europäischen Stadtentwicklungspolitik solche Regierungsweisen erkennen (vgl . Abschn . 5 .2 .1) . Großstädte gelten durchweg als Orte überproportionaler ökonomischer Aktivität und besitzen dementsprechend vor allem im Hinblick auf die ökonomische Integration einen sehr hohen Stellenwert . Insbesondere die unterstellte wirtschaftliche Integrationsfähigkeit der Stadtgesellschaft gilt allerdings nicht mehr als selbstverständlich, und dementsprechend wird auch der soziale Zusammenhalt in den Städten zunehmend als gefährdet angesehen (vgl . Walther/Güntner 2007: 349) . Mit einem kontinuierlichen städtischen Wirtschaftswachstum kann auf absehbare Zeit nicht mehr gerechnet werden . Zumindest in den Städten des globalen Nordens seien breite Zugewinne an Wohlstand, Aufstiegschancen oder Arbeitsplätzen nicht mehr dauerhaft zu erwarten . Im Gegenteil: Für die Zukunft ist mit Abstiegen und Wohlstandseinbußen für wachsende Bevölkerungsgruppen zu rechnen . Damit sei auch ein erhebliches Wachstum an sozio-ökonomischen Ungleichheiten im städtischen Raum absehbar (vgl . Goebel et al . 2010: 8; Aehnelt et al . 2009: 407 ff .) . Für einzelne Gruppen werden sich vermutlich deutliche ökonomische Desintegrationserscheinungen abzeichnen, die zu einer extrem ungleichen Verteilung von Risiken und Unsicherheiten und damit letztlich zu sozio-ökonomischen und politischen Ausgrenzungen führen könnten . Bedingt durch die Nachfrage- und Angebotsstrukturen des städtischen Wohnungsmarktes entstehen soziale Entmischungen mit spezifischen sozialräumlichen Mustern, die soziale Polarisierungen und Abwärtsentwicklungen von Quartieren zur Folge haben können (vgl . Walther/Güntner 2007: 350) . Als problematisch werden solche Segregationen vor allem dann gesehen, wenn große Teile der Bewohnerschaft als dauerhaft sozial wie ökonomisch exkludiert identifiziert werden . In solchen Quartieren führen dann die gesellschaftliche Ausgrenzung der Unterschicht sowie ein Mangel an personaler und kultureller Identität zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Integrationshemmnissen (vgl . Micus/Walter 2006: 221) . In den USA wird von der Etablierung einer neuen Urban Underclass gesprochen (vgl . Wilson 1987): Armut wird als ein Phänomen gesehen, welches sich insbesondere in einigen benachteiligten Stadtvierteln dauerhaft konzentriert und verfestigt . In der Stadtforschung wird dieser Prozess als „Abwärtsspirale“ oder „Fahrstuhleffekt nach unten“ beschrieben (vgl . Walther/Güntner 2007: 350 ff .; Mansel/Heitmeyer 2009: 10 ff .; Häussermann 2005: 33 ff .; vgl . auch Abb . 18 in Abschn . 4 .1 .1) . Kollektive Vermutungen und Stigmatisierungen im Hinblick auf Kriminalität, Unsicherheit und die Existenz gefährlicher Gruppierungen werden in diesen 134
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marginalisierten und verarmten Stadtteilen, die teilweise auch Ghettos genannt werden, stets mitgeführt (vgl . Best/Gebhardt 2001) . Das Sichtbarwerden dieser sozial polarisierenden Segregationsprozesse führte schließlich dazu, dass politische Interventionen zur Aufwertung solcher Stadtteile für notwendig erachtet wurden . Die Negativerscheinungen von ökonomischer Desintegration und sozialer Segregation verorteten die Protagonisten der Städtebauförderungspolitik vor allem in Armuts- und Zuwanderungsquartieren (vgl . Walther/Güntner 2007: 349) . Dementsprechend legten seit den frühen 1990er Jahren einige westeuropäische Staaten und auch die Europäische Union entsprechende Förderprogramme auf (vgl . Walther/Güntner 2007: 351; Rolfes 1998: 10 f .; Froessler 1998) . Diese Stadt(teil)entwicklungsprogramme folgten überwiegend ganzheitlichen und sozialintegrativen Handlungsansätzen (Verbindung sozialer und städtebaulicher Aufwertungsmaßnahmen) . Es wurde versucht, partizipations- und quartierorientierte Governancemodelle (Bürgerorientierung und Stadtteilmanagement) zu etablieren . Auch in den USA sind stadtteilbezogene Förderprogramme zur Dekonzentration städtischer Armut aufgelegt worden (vgl . Häussermann/Kronauer 2012: 408 ff .) . Stets haben die Programme auch zum Ziel, auf der Stadtteilebene Ängste und Unsicherheiten abzubauen, das Quartier sozial und ökonomisch aufzuwerten und dadurch den Bedingungen für das Entstehen von abweichendem Verhalten und Kriminalität vorzubeugen . Die Effekte einer quartierbezogenen Armutsbekämpfung werden teilweise recht ernüchternd bewertet . Die soziale Polarisierung der Gesellschaft ist nicht nur in Deutschland und Europa das Ergebnis einer krisenhaften Entwicklung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes, die für eine zunehmende Anzahl von Personen und Haushalten zu dauerhafter Beschäftigungsunsicherheit geführt hat . Als Ursachen werden von Mansel und Heitmeyer einerseits der Wandel vom sekundären Produktionssektor zur dienstleistungsorientierten Wirtschaft gesehen und andererseits die damit zusammenhängenden Destabilisierungen, Dequalifizierungen und Unterbrechungen innerhalb der Normalerwerbsbiographien (vgl . Mansel/ Heitmeyer 2009: 5 f .) . [P]rekäre Beschäftigungsverhältnisse und bisher eher atypische Arbeitsformen in Form von Zeit- und Leiharbeit, geringfügiger Beschäftigung, Minijobs, Scheinselbstständigkeit, Erwerbsarbeit im Niedriglohnsektor oder in Ein-Euro-Jobs [scheinen] zunehmend zur Normalität zu werden . … Diese Prekarisierung geht für Betroffene jedoch nicht nur mit einem unstetigen und zumeist reduzierten Einkommen einher, sondern auch mit einer beruflichen und sozialen Verunsicherung infolge der drohenden Gefahr der Statuserosion und des sozialen Abstiegs bei Beschäftigungswechsel, mit 135
Politische Inter ventionen in Armutsquartieren
Kritik an den stadt teil oder raumorien tierten Ansätzen zur Armutsbekämpfung
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Existenzgefährdung und dem Verlust von Hoffnung und Glauben an die Zukunft, mit Sinnkrisen und Kontrollverlust, mit Partizipationsblockaden und Anerkennungsdefiziten, mit Planungsunsicherheit auch für das Privatleben und dem Verlust von Sozialbeziehungen (am Arbeitsplatz) . (Mansel/Heitmeyer 2009: 6 f .)
Strukturkrise contra lokale Armut
Armutsbekämpfung durch soziale Entmischung?
Es ist wenig plausibel, dass die Ursachen einer europäischen oder nationalen Struktur- und Arbeitsmarktkrise substanziell auf einer lokalen Ebene aufgelöst werden können . Folglich sind quartiersbezogene Aufwertungsansätze kaum in der Lage, „… Armut und Exklusion ursächlich zu bekämpfen, sondern beschränken sich auf die Verhinderung weiterer Ausgrenzung .“ (Walther/Günther 2007: 351) . Die Hoffnung der Städtebauförderungspolitik beruht somit darauf, dass die benachteiligenden Quartier- oder Nachbarschaftseffekte (z .B . steigende Bildungs- und Qualifikationsdefizite, permanente Konfrontation mit Arbeits- und Perspektivlosigkeit, alltägliche Gewalt- und Kriminalitätserfahrungen) für die nachwachsenden Generationen abgemildert werden . Recherchen von Häussermann/Kronauer in US-amerikanischen Metropolregionen haben gezeigt, dass eine staatlich geförderte soziale Entmischung nur teilweise eine dauerhafte Verbesserung von ökonomischen Armutslagen erreicht . Die Programme HOPE VI (Homeownership and Opportunity for People Everywhere) und MTO (Moving to Opportunity) versuchen, benachteiligende Quartierseffekte durch eine Auflösung sozialräumlicher Konzentrationen von Armut und die gezielte Stärkung von sozialer Durchmischung zu reduzieren . Auch wenn beide Programme einige positive Effekte zeigen, so kommen Häussermann/Kronauer zu dem Schluss, dass es für Ansätze, die Armut auf der Basis von Quartiereffekten reduzieren wollen, merkliche Grenzen gibt . Zwar verbessert sich für Haushalte, die aus „sozialen Brennpunkten“ in Stadtteile mit einer moderateren Armutslage umgesiedelt werden, die Wohnsituation und auch die subjektive Sicherheit . Gleichzeitig sei aber festzustellen, dass mit dem Umzug wichtige soziale Netzwerke verloren gingen (z .B . zur Kinderbetreuung), auch in den neuen Wohngebieten die Arbeitsmarktlage und Beschäftigungsmöglichkeiten wenig hoffnungsvoll seien und schließlich durch den Umzug teilweise erheblich längere Wege für die gewohnten Alltagsroutinen (z . B . Arbeitsstelle, Schule, Freizeit, Einkäufe, Besuche) zurückgelegt werden müssten . Zudem ergaben sich kaum nennenswerte soziale Kontakte innerhalb der neuen Wohnumgebung, vielmehr wurden die Kontakte zu den ehemaligen Nachbarschaften aufrechterhalten (vgl . Häussermann/Kronauer 2012: 414 f .) .
136
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Als sozial benachteiligt oder arm bezeichnete Stadtquartiere werden in den unterschiedlichsten Kontexten immer wieder als unsichere Orte kommuniziert . Armut, Prekarisierung und Arbeitslosigkeit werden dabei häufig mit Verwahrlosung, mangelnder sozialer Kontrolle oder gar sozio-ökonomischer Dekompensation in einen „räumlichen Topf geworfen“ . Dies hat zur Folge, dass schließlich ganze Quartiere und ihre Bewohner(innen) als verunsichernd, wenn nicht sogar kriminell etikettiert werden . Diese räumliche und soziale Exklusion geht nicht selten mit neoliberalen politischen Regierungsweisen einher, die die Ursachen von Armut, Arbeitslosigkeit und Prekarisierung in solchen Quartieren verorten und damit letztlich den Bewohner(innen) und deren mangelnder Motivation oder Befähigung zuschreiben . Aus dem Blick geraten dabei mitunter die gesamtgesellschaftliche Verantwortung und eine durchgreifende politische Programmatik zur Bekämpfung von struktureller Armut und sozialer Benachteiligung, insbesondere wenn noch kriminogene Neigungen auf Seiten der Bewohner(innen) angedeutet werden .
5.1.5 No-Go-Areas: Orte des Rechtsextremismus und kriminelle Slums In diesem Abschnitt soll die Sprache auf solche Räume kommen, die derart stark mit Angstsymbolik und Kriminalitätsbedrohung in Verbindung gebracht werden, dass man sie unbedingt meiden sollte: No-Go-Areas . Bürk hat unterschiedliche Quellen zusammengetragen, was unter einer No-GoArea zu verstehen sein könnte, und resümiert:
was sind noGoAreas?
Hier [in No-Go-Areas, M .R .] liegen Orte und Gebiete, in denen weder Polizei noch Armee, oft aber auch nur der Steuereintreiber oder Gerichtsvollzieher, unbeschadet seinen/ihren Job versehen können . Üblicherweise geschieht das in vorgestellter Verbindung mit Stadtvierteln oder Regionen, in denen Straßengangs, Mafiastrukturen und/oder Guerilla-Gruppen eine politisch-militärische Gegenmacht ausüben . (Bürk 2012: 240 f .) Im alltagssprachlichen, politischen und medialen Gebrauch „verschleift“ der Begriff in seiner Bedeutung noch mehr . Je nach sozialem Kontext wird er verwendet, um Stadtteile oder Orte zu markieren, in denen Gefährliches, Fremdes oder Andersartiges vermutet oder kommuniziert wird . Dieses ist dann von einem konstruierten Eigenen zu unterscheiden oder abzugrenzen (vgl . Abschn . 5 .1 .1) . Sind No-Go-Areas eine Realität oder Konstruktion? Bereits diese Frage führt in die Irre, erweckt sie doch den Eindruck, die Begriffe Realität und 137
noGoAreas: Realität oder Konstruktion?
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Abb. 30: noGoAreas: Realität oder Konstrukt?
Im Vorfeld der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006 gab es in den Massenmedien und in Internet-Blogs eine mehrmonatige Debatte, ob es speziell in Brandenburg oder in Berlin Orte oder Stadtteile gebe, die als sogenannte No-GoAreas bezeichnet werden könnten. Darunter wurden Orte verstanden, die vor allem von physiognomisch erkennbaren Migrant(inn)en nicht betreten werden könnten, weil es dort fremdenfeindliche und rechtsextreme Vorfälle gegeben hat bzw. solche Vorfälle zu befürchten seien. Am Institut für Geographie der Universität Potsdam hatten wir über die Art und Weise der medialen Berichterstattung ein kleines Projekt durchgeführt, um diesen medialen Diskurs nachzuzeichnen und raumtheoretisch auszuwerten. Nach Abschluss des Projektes fragten wir telefonisch bei einer bekannten deutschen Geographie-Fachzeitschrift nach, ob sie Interesse an einer Publikation hätte. Das Telefonat wird hier nur verkürzt und sinngemäß aus dem Gedächtnis rekapituliert: Rolfes: Guten Tag! Wir haben uns im Umfeld der Fußball-WM in einer empirischen Studie mit No-Go-Areas in Berlin und Brandenburg beschäftigt und dazu ein paar interessante Ergebnisse erzielt. Könnten Sie sich vorstellen, dass das bei Ihnen publiziert wird? Redakteur: Das hört sich sehr interessant an. Wenn es z. B. eine Karte mit No-GoAreas in Deutschland geben würde, dann wäre das zweifellos auch für die internationale Geographenschaft von Interesse. Vielleicht kann man das ja sogar in einer englischsprachigen Fassung bringen. Was haben Sie denn genau gemacht? Was war das Ziel Ihrer Studie?“ Rolfes: Wir haben Presseartikel und Karten über No-Go-Areas und Rechtsextremismus in unterschiedlichen Regionalzeitungen, im SPIEGEL und der ZEIT von Mitte Mai bis Anfang Juli 2006 herausgesucht und inhaltsanalytisch ausgewertet. Im Mittelpunkt unseres Artikels stehen die mediale Konstruktion von No-Go-Areas und deren inhaltliche Aufladung. Wir können Aussagen treffen, mit welchen Mitteln in der Presse No-Go-Areas etabliert werden und … Redakteur: Sie würden also gar keine Aussagen dazu treffen, wo es in Brandenburg oder Deutschland No-Go-Areas gibt? Das würde die Leute doch brennend interessieren! Rolfes: Nein, wir sehen in solchen Karten eher Bestandteile des No-Go-Areas Konstruktionsprozesses. Uns geht es in erster Linie um die mediale Repräsentation der No-Go-Areas. Redakteur: Nein, dann tut es mir leid. Unsere Leser sind nicht so sehr an medialen Repräsentationen von No-Go-Areas interessiert. Sie wollen eher wissen, wo die No-Go-Areas in Deutschland wirklich sind. ...
„herstellung“ von noGoAreas
Konstruktion würden sich gegenseitig ausschließen . Am Beispiel der kurzen Sequenz in Abb . 30 ist abzulesen, dass dieser Disput um Realität und Konstruktion durchaus real ist, ja sogar eine grundlegende Erkenntnis der Neuen Kulturgeographie thematisiert . An zwei Beispielen soll hier verdeutlicht werden, auf welche Weise NoGo-Areas konstruiert, aufgeladen und stabilisiert werden . An diesem Herstellungs- und Etablierungsprozess sind sehr unterschiedliche Gruppierungen beteiligt: Von den Massenmedien, über kommunale Akteure und Sicherheitsbehörden, nationale Behörden und Wissenschaftler(inne)n bis 138
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hin zu Wirtschaftsunternehmen und Verlagen sind zahlreiche Institutionen vertreten, wenn es um die Thematisierung von No-Go-Areas geht . Beispiel 1: Rechtsextreme und anti-demokratische Orte in der Stadt Ich glaube, es gibt kleinere und mittlere Städte in Brandenburg und auch anderswo, wo ich keinem raten würde, der eine andere Hautfarbe hat, hinzugehen. Er würde es möglicherweise lebend nicht wieder verlassen. Carsten-Uwe Heye in einem Radiointerview am 17 . Mai 2006 . Rechtsextreme Einstellungen und rechtsextremes Verhalten lösen gerade in Deutschland angesichts der geschichtlichen Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus vielfach Unverständnis und Unsicherheit aus . In Bezug auf das Auftreten rechtsextremer Einstellungen und Verhaltensweisen liefern theoretische Ansätze mehr oder weniger zufriedenstellende Erklärungen . Sie basieren vor allem auf sozialisations-, kognitions- und integrationstheoretischen Überlegungen (vgl . Decker et al . 2006: 14 ff .), haben also vergleichbare Erklärungshintergründe wie die Kriminalitätstheorien (vgl . Abschn . 1 .3 .2) . (Des-)Integrationstheoretische Arbeiten führen Rechtsextremismus zu einem erheblichen Anteil auf Erfahrungen mit Deprivationen, Entwertung, Ungleichheit oder Ungleichwertigkeit zurück (vgl . Heitmeyer 2012: 23 f .; Heitmeyer 2002: 13 ff .; vgl . Abschn . 6 .1 .3), wonach sich dann bestimmte Bevölkerungsgruppen z . B . als Modernisierungsverlierer oder Privilegienverteidiger verstehen (vgl . Jesse 2004: 11; Stöss 2004: 93) . In massenmedialen, politischen und auch wissenschaftlichen Diskursen lassen sich wiederholt räumliche Bezüge als Beschreibungs- und Analysekategorie von Rechtsextremismus oder anti-demokratischen Tendenzen beobachten (z .B . Bürk 2012: 236 ff .; Bundschuh 2012: 31; Schirmel 2011: 88; 173; Schipper 2009; Stöss/Niedermayer 2007: 47 ff .; Decker et al . 2006: 65 ff .; Jaschke 2001: 104 ff .) . In medienöffentlichen und politischen Debatten bekommt der räumliche Blick auf Rechtsextremismus sogar eine besondere Dominanz . Schließlich bietet er einen schnellen und orientierenden Überblick und räumlich fixierbare Erklärungs- und Reaktionsmöglichkeiten für ein relevantes gesellschaftspolitisches Problem . Bei diesen Verräumlichungen von Rechtsextremismus dominiert zum einen die Differenz zwischen Ost- und Westdeutschland . Rechtsextremismus wird dabei zumeist als ostdeutsches Problem kommuniziert . Zum anderen wird aber auch auf einer kommunalen Ebene Rechtsextremismus verräumlicht und z .B . Großwohnsiedlungen (vgl . Schirmel 2011: 88 ff .), ostdeutsche Kleinstädte (vgl . Bürk 2012: 244 ff .), ländliche Räume oder sozial benachteiligte Gebiete und soziale Brennpunkte (vgl . Bundschuh 2012: 28 f .; Mohring et al . 2010: 160 f .; Döring 2008: 47 ff .; Mohring 2008: 18 ff .) als gefährlich kommuniziert . 139
Ursachen von Rechtsextremismus
Rechtsextremismus in räumlicher Beobachtung
Räumliche Muster des Rechtsextremismus
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tücken des räumlichen Blicks auf Rechtsextre mismus
Über den räumlichen Blick wird häufig eine inhaltliche Kausalität zwischen einerseits dem Ausmaß fremdenfeindlicher und rechtsextremer Straftaten und Einstellungen und andererseits der Stärke bzw . Schwäche der regionalen Wirtschafts- und Sozialstruktur nahegelegt . Rechtsextremismus kann zwar räumlich dargestellt und beobachtet werden, die sozialen und politischen Ursachen für Rechtsextremismus sind allerdings, wie die Rechtsextremismusforschung zeigt, sehr komplex; sie lassen sich nur ansatzweise auf einer räumlichen Ebene abbilden . Aus einer humangeographische Perspektive können somit zwei „alltagsweltliche Selbstverständlichkeiten“ hinterfragt werden: Erstens bietet der „Raum“ oder die „Struktur des Raumes“ nur wenig Substanzielles, um die räumlichen Muster rechtsextremer Einstellungen oder rechtsextremenVerhaltens zu erklären (vgl . Mohring et al . 2010; Rolfes 2011) . Zweitens stellt sich die Frage, inwieweit eine vorwiegend räumlich organisierte Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus hinreichend wirksam sein kann, insbesondere dann, wenn sich die rechtsextremen Akteure z .B . durch die Nutzung moderner Verbreitungs- und Kommunikationsmedien einem räumlichen Zugriff immer mehr entziehen . Beispiel 2: Townships – Slums – Favelas: Orte der Gewalt und des Tourismus
Slums als orte von Armut und Gewalt
Townships, Favelas und Slumsiedlungen können als das Ergebnis eines sozio-ökonomischen Segregationsprozesses verstanden werden; es sind Stadtteile oder Orte sozialer Benachteiligung und sozio-ökonomischer Ausgrenzung . Auch die Bezeichnungen Elendsviertel, Marginalsiedlungen, Squatter- oder informelle Siedlungen sind geläufig (vgl . Davis 2007: 25 ff .) . Im Kontext einer zunehmenden Globalisierung breiten sie sich als Resultat einer wachsenden sozialen Polarisierung vor allem in den Megacities und Metropolregionen des Globalen Südens aus (vgl . Mertins/Müller 2008: 48 ff .) . Die Kennzeichen der unzureichenden Lebensbedingungen sind in diesen Siedlungen gemäß UN-HABITAT: fehlender Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen, schlechte Bausubstanz, hohe Bevölkerungsdichte, unsichere Wohn- oder Aufenthaltsrechte (vgl . United Nations Human Settlements Programme 2003: 12) . Darüber hinaus werden in medienöffentlichen Diskursen mit Slums, Townships oder Favelas Begriffe wie Krankheit, Elend und Armut verbunden . Oftmals werden sie auch mit Gewalt und Kriminalität assoziiert . Stellvertretend seien hier die Spielfilme Cidade de Deus/City of God (vgl . Freire-Medeiros 2009: 582 f .) oder Slumdog Millionaire (vgl . Meschkank 2011: 49) erwähnt, die Armut und Gewalt in brasilianischen Favelas und indischen Slums thematisieren . Dass südafrikanische Townships oder brasilianische Favelas als äußerst gefährlich kommuniziert werden, ist vermutlich noch aus der medialen Berichterstattung im Rahmen der Fußballweltmeisterschaften 2010 und 2014 in Erinnerung (vgl . Korth/Rolfes 2010: 106 ff .) . 140
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Abb. 31: noGoArea Slum: warnungen in Reiseführern vor dem Besuch informeller Siedlungen (Quelle. steInBrInK/Frehe 2008: 42 und eigene Recherche)
„... in Kapstadt wird z. B. die Innenstadt mit Kameras überwacht. Die meisten Verbrechen finden in den Townships oder Squattercamps statt, also in den Wohngebieten der ärmsten Südafrikaner.“ (Marco Polo Südafrika 2006: 18 f.) „Man muss wissen, dass sich der Großteil der Kriminalität in den Townships abspielt – mit Schwarzen als Opfern.“ (Merian Reiseführer Südafrika 2007: 314) „What do we know about the favelas? … that more than 1 million people live in these notoriously violent, drug ridden slums, where poverty prevails, and public power is nonexistent.” (lonely planet Rio de Janeiro 2006: 58) „Kriminalität – In den Vorstädten und Favelas gelten andere Gesetze. … der Drogenhändler aus der Favela Nova Brasilia war 18 Stunden zuvor in einem Feuergefecht getötet worden.“ (Goerdeler: KulturSchock Brasilien 2008: 135) „In Mumbai lernen Sie das pulsierende, schrille Leben einer indischen Megastadt kennen. Nirgendwo sind Indiens Kontraste intensiver als hier. Die Slums zählen zu den schlimmsten. … Aber bisher ist noch jede Stadtverwaltung mit ihren Versuchen gescheitert, Massenelend und Wohnungsmangel, Prostitution und Kriminalität wirksam einzudämmen.“ (Marco Polo: Reiseführer Indien 2013: 91)
Gerade im Umfeld des Ferntourismus und von Mega-Events wie den Fußballweltmeisterschaften 2010 und 2014 in Südafrika und Brasilien sowie den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro lässt sich feststellen, dass damit Kriminalitätsphänomene territorial verortet werden (vgl . Steinbrink 2013: 133 ff . und Steinbrink/Frehe 2008 38 f .) . So wird in zahlreichen Reiseführern darauf verwiesen, dass die meisten Verbrechen in Slums, Favelas oder Townships begangen werden (vgl . Abb . 31) . Die Marginalsiedlungen in den Städten des Globalen Südens werden so als die Brennpunkte von Gewalt und Kriminalität und als No-Go-Areas für internationale Touristen kommuniziert . „Indem die Unsicherheit verräumlicht wird, findet die Sicherheit ihren Raum . Die Konstruktion von No-Go-Areas dient vor allem dem Ziel, dem touristischen Sicherheitsbedürfnis Rechnung zu tragen, indem das übrige Südafrika [oder Indien oder Brasilien, M .R .] so als sichere „To-Go-Area“ ausgewiesen wird“ (Steinbrink/Frehe 2008: 38) . Vor diesem Hintergrund ist es dann sehr überraschend, dass sich seit Mitte der 1990er Jahre eine Tourismusform etabliert hat, die genau in diese sogenannten No-Go-Areas führt und der vermeintliche No-Go-Status für die touristische Vermarktung genutzt wird . Es handelt sich dabei um geführte Touren, die vielfach von professionellen Tourismusunternehmen angeboten und vermarktet werden . Nennenswerte Angebote an solchen Touren sind beispielsweise in den südafrikanischen Städten Johannesburg und Kapstadt zu finden, in Rio de Janeiro (Brasilien) oder auch in den indischen Metropolen Kolkata, Mumbai und Delhi (vgl . die Beiträge in Frenzel et al . 141
noGoAreas als touristische Destination
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2012) . Interessanterweise werden z .B . bei den geführten Touren in die südafrikanischen Townships und brasilianischen Favelas Gewalt und Kriminalität thematisiert: einerseits in der Form, dass die Tourist(inn)en Gewalt und Kriminalität in den Slums erwarten, anderseits dadurch, dass die Touranbieter(innen) die slumbezogenen Kriminalitäts- und Gewaltdarstellungen als medial völlig überhöht bezeichnen und den Tourist(inn)en versichern, sie hätten auf dieser Tour und in diesem Slum nichts zu befürchten (vgl . Rolfes 2010: 437 f .) . Implizit wird somit das Gewalt- und Kriminalitätsthema stets mitgeführt und dadurch ein Thrill- und Werbeeffekt erzielt . 5.2 Strategien und Mechanismen urbaner Sicherheitsproduktion Die Gewährleistung innerer Sicherheit steht im Zentrum des politischen Selbstverständnisses des modernen Staates . Es gehört zu dessen Kerngeschäft, eine objektiv stabile und subjektiv als stabil wahrgenommene soziale Ordnung zu garantieren . (van den Brink/Kaiser 2007: 4)
Versicherheitlichung/ Securization
Städte liefern zahlreiche Orte und Anlässe für Kriminalität und Verunsicherungen (vgl . Abschn . 5 .1) . Kontrastiert man diese Erkenntnisse mit dem im vorangestellten Zitat genannten Auftrag des modernen Staates, so wird deutlich, dass vor allem die (Groß-)Städte wichtige Interventionsorte der nationalen und kommunalen Sicherheitsbehörden und Sicherheitsproduzent(inn)en sind . Insbesondere in den Abschn . 4 .2 (Kommunale (Kriminal-)Prävention), 4 .3 (Prävention durch Architektur und Städtebau) sowie 4 .4 (Technikbasierte Beobachtung und Kontrolle von Räumen und Mobilitätsmustern) wurde ausführlich gezeigt und kritisch diskutiert, in welcher Form Kommunen und staatliche Behörden versuchen, städtische Sicherheit herzustellen und zu garantieren . Das Herstellen von Sicherheit wird in der politikwissenschaftlichen Debatte unter dem Stichwort Versicherheitlichung (Securization) breit diskutiert . Es bezeichnet „… den gesellschaftlichen Prozess, in dem spezifische Probleme im politischen und öffentlichen Diskurs zu einem Sicherheitsproblem und zu einer gravierenden und manchmal gar existentiellen Bedrohung transformiert werden“ (Korf/Ossenbrügge 2010: 167) . Damit sind nicht nur städtische Sicherheitsdiskurse angesprochen, sondern es werden auch nationale und globale Sicherheitsphänomene thematisierbar (vgl . Abschn . 6 .1) . Nach Hagmann sollten Sicherheitsprobleme als politische Phänomene aufgefasst werden, die konkrete Politikdiskurse nach sich ziehen . Damit werden Fragen von Sicherheit, Unsicherheit und Versicherheitlichung konsequent in einen politischen Kontext gestellt und sind nur aus diesem heraus versteh- und analysierbar (vgl . Hagmann 2010: 175 f .) . Vor diesem Hintergrund müssen auch städtische Strategien der Prävention und 142
StRAtEGIEn UnD MEchAnISMEn URBAnER SIchERhEItSPRoDUK tIon
Sicherheitsproduktion in einem kriminal- und kommunalpolitischen Zusammenhang diskutiert werden . 5.2.1 Neoliberale Stadt- und Sicherheitspolitik Zahlreiche Autor(inn)en verstehen kommunale Sicherheitspolitik als Ausdruck einer neoliberalen Regierungsweise bzw . Stadtpolitik (vgl . Schreiber 2011a: 56 ff .; Heeg/Rosol 2007: 492 ff .; Eick et al . 2007: 9 ff . Ronneberger et al . 1999: 197 ff .) . Als Auslöser neoliberaler Stadtpolitik wird der nationale und/oder globalisierte Wettbewerb von Städten und Kommunen um Menschen (Tourist(inn)en, Einwohner(innen), …) und Kapital (Unter-
GOVERNANCE UND GOUVERNEMENTALITÄT Neue Steuerungsformen von Governance (statt Government) kommen vermehrt in der Stadtpolitik zum Einsatz. Es dominieren netzwerkartige Kooperationen zwischen privaten und (halb-) öffentlichen Akteuren. Hierarchische Regierungsformen verlieren an Bedeutung. Die ehemals starke Trennung zwischen Staat und Markt wird aufgehoben. Den Hintergrund bilden FOUCAULTS diskurstheoretische Überlegungen zur Gouvernementalität.
LIBERALISIERUNG UND PRIVATISIERUNG Kommunales Handeln wird systematisch marktwirtschaftlich und wettbewerbsorientiert organisiert (liberalisiert). Ehemals städtisches Eigentum wird privatisiert. So werden bspw. marktwirtschaftlich organisierbare kommunale Dienstleistungen dann privatwirtschaftlich ausgeführt (z.B . Wirtschaftsförderung, Wohnungsbau). Sozialpolitische Aktivitäten unterliegen in der Regel starken Kürzungen.
IMAGEPROFILIERUNG, FESTIVALISIERUNG Im interkommunalen Wettbewerb spielen das Image der Städte sowie die Identitäts- und Profilbildung eine große Rolle. Um die Attraktivitätssteigerung der Städte zu forcieren, werden das Stadtmarketing und eine Festivalisierung zu wichtigen Pfeilern der Stadtpolitik.
DEZENTRALISIERUNG UND INDIVIDUALISIERUNG Die Stadtteilebene wird als kommunalpolitisches Handlungsfeld bedeutsamer. Ehemals zentralstädtisch organisierte Aktivitäten und Verantwortlichkeiten werden dezentralisiert (z. B. durch Stadtteilmanagement und Quartiersansätze). Dadurch soll ganzheitlicher sowie näher am Bürger und seinen Problemlagen operiert werden. Zudem werden Erwartungen und Strategien kommuniziert und umgesetzt, die Bewohnerschaft stärker in die Verantwortung für das Wohnumfeld und die eigene Lebenssituation zu nehmen (zivilgesellschaftliches Engagement, Bürgerbeteiligung, …).
TERRITORIALE KONTROLL- UND SICHERHEITSSTRATEGIEN Eine wichtige Eigenschaft neoliberaler Stadtpolitik wird in der Umsetzung von raumbasierten Kontroll- und Sicherheitsstrategien gesehen. Insbesondere in repräsentativen Stadträumen (z. B. Innenstädte, Einkaufspassagen und großflächiger Einzelhandel, Bahnhöfe, teilweise Parkanlagen) kommen kommunal und privatwirtschaftlich organisierte Kontroll- und Ausgrenzungsmechanismen zum Einsatz. Diese sollen sicherstellen, dass z. B. soziale Benachteiligung, Armut und Irritationen nicht sichtbar werden. 143
neoliberale Re gierungsweise und Protest
Abb. 32: Ausgewählte Merkmale neoliberaler Stadtpolitik (vgl. heeG/ rosol 2007: 492 ff.; eIcK et al. 2007: 9 ff.: thIele 2011: 62 ff.).
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Antineoliberale urbane Politik
Governing through Crime
Urbane Kontroll und Sicherheitspolitik
nehmensansiedlungen, Fördermittel, …) gesehen . Dieser mündet dann letztlich in Politiken, die stark von ökonomischen Prinzipien inspiriert sind, wodurch sich schließlich auch die Repräsentationen der „unternehmerischen Stadt“ (vgl . Heeg/Rosol 2007: 492; Harvey 1989: 7 ff .) etablierten . Die Mechanismen und Kennzeichen einer neoliberalen Stadtpolitik wurden in Abb . 32 kurz zusammengefasst . Die neoliberale Regierungsweise provoziert Widerspruch . Millington sieht beispielsweise in den Aufständen und Unruhen in London im August 2011 in erster Linie eine antineoliberale urbane Politik . „Die Aufstände … bringen das Bedürfnis zum Ausdruck, den intensivierten Prozessen der Fragmentierung und der Hierarchie etwas entgegenzusetzen und die Isolation von Millionen einflussloser Menschen zu beenden …, das Ganze wieder zu fassen, sich als Teil eines Ganzen zu fühlen“ (Millington 2013: 70) . Die neoliberale Stadt- und Sicherheitspolitik besitzt deutliche Parallelen zur kriminalpolitischen Strategie des Governing through Crime (vgl . Sack 2004: 30 ff .) . Der kritische Blick auf dieses Regieren durch Kriminalpolitik thematisiert vor allem, dass erstens ein Abbau bzw . eine Umdefinition wohlfahrtsstaatlicher und kommunaler Sozialleistungen und zweitens ein Ausbau sicherheits-/kontrollpolitischer sowie präventiver Ressourcen und Einrichtungen stattfindet (vgl . Sack 2004: 41 ff .) . Governing through Crime geht zudem mit einer neuen Struktur und neuen Elementen sozialer Kontrolle einher, die einerseits Mechanismen und Strategien der Selbstführung und Selbstdisziplinierung enthalten (durch kommunizierte Handlungserwartungen sowie kollektiv vermittelte Werte und Normen, Gesetze, Verordnungen) und andererseits Strategien der Ausgrenzung nutzen (Betretungsverbote, Arrest, Zugangskontrollen) (vgl . Schmincke 2009: 61 f .) . Aus einer gesellschaftskritischen Grundhaltung formuliert Belina, Governing through Crime sei „… eine Methode des Regierens, die direkte und indirekte Zugriffsmöglichkeiten auf die Bevölkerung schafft, die zum Zweck der Reproduktion der gesellschaftlichen Verhältnisse eingesetzt werden und im Kern die kapitalistische Produktionsweise schützen .“ (Belina 2011b: 12) . Die neoliberale urbane Kontroll- und Sicherheitspolitik konkretisiert sich nach Auffassung von Eick et al . in zahlreichen Handlungsfeldern der kommunalen Sozial- und Stadtentwicklungspolitik . Dazu zählen nicht nur die kommunalen Präventions- und Kontrollpolitiken oder Privatisierungen von Sicherheitsdienstleistungen (vgl . Abschn . 4 .2), sondern auch quartierorientierte Stadtentwicklungsprogramme (vgl . beispielsweise die Ansätze in Floeting 2013: 9 ff .) . Diese organisierten über stadtteilorientierte Politiken den staatlichen Zugriff auf Bevölkerungsgruppen in sozial benachteiligten Stadtteilen und ermöglichten deren systematische Beobachtung, raumbezogene Kontrolle und Steuerung . Insbesondere trügen quartierorientierte Beschäftigungsprogramme, die Einforderung von ehrenamtlichem/zivilgesellschaftlichem Engagement für das Quartier und stadtteilorientierte Empowerment-Maßnahmen unter Umständen dazu bei, dass ehemals kommu144
StRAtEGIEn UnD MEchAnISMEn URBAnER SIchERhEItSPRoDUK tIon
nale oder staatliche Aufgaben von Quartierbewohner(inne)n übernommen würden (vgl . Eick et al . 2007: 12 f .; Eick 2005: 176 ff .) . Im Hinblick auf eine sozial-integrative Stadtentwicklung lässt sich am Beispiel von Großwohnsiedlungen zeigen, dass zahlreiche Sicherheits- und Präventionspolitiken über stadtteilbezogene Unsicherheitsdiskurse dann im Quartier umgesetzt werden . Die Kontrollstrategien beziehen sich dabei vor allem auf Erziehungs- und Bildungsmaßnahmen (vgl . Schirmel 2011: 180 ff .) . 5.2.2 Privatisierung öffentlicher Räume Eine Kernstrategie neoliberaler Stadtpolitik ist die mit marktwirtschaftlicher Evidenz begründete Privatisierung ehemals öffentlichen Eigentums (insbesondere von Immobilien) und kommunaler Dienstleistungen (vgl . Abb . 32) . Dies bleibt nicht ohne Konsequenzen: In der Kommunalpolitik ergeben sich schleichende Machtverschiebungen . Eine demokratisch legitimierte Stadtplanung wird zumindest in Teilen abgelöst von einer Delegation von Planungsaufgaben an die Projektentwickler . Diese bezahlen mittlerweile auch die Marktanalysen und Gutachten . Die klammen Kommunen werden kurzfristig finanziell entlastet, haben dann allerdings die fertigen Planungen der Projektentwickler zumindest in ihren Grundzügen zu akzeptieren . (Simon 2007: 161) Außer einer zunehmenden Fragmentierung und Segregation des städtischen Raumes sind weitere Folgen mit diesen Formen von Privatisierungen verbunden: Bei einer Veräußerung öffentlicher Immobilien und/ oder einer privatwirtschaftlichen Nutzung(-süberlassung) von Gebäuden und Flächen vor allem in städtebaulich, ökonomisch oder touristisch attraktiven Stadt- und Konsumräumen (z . B . Innenstädte, Verkehrsknotenpunkte, touristische Attraktionen) werden gleichzeitig auch die Verantwortlichkeiten für die Sicherheits- und Kontrollaufgaben in diesen Räumen privatisiert . Dies hat in der Regel zur Folge, dass gewünschtes Verhalten (z .B . Konsumieren, Flanieren, Erholung) unterstützt und zugelassen wird, unerwünschte Verhaltensweisen (z .B . Spielen, Betteln, Drogenhandel, Alkoholkonsum) aber reguliert, verdrängt oder verboten werden . Unerwünschte Personengruppen werden auf diese Weise ausgegrenzt . Diese Mechanismen von Kontrolle und Ausgrenzung sind in privatisierten oder privat-öffentlichen Räumen (wie innerstädtischen Shopping-Malls oder City-Passagen, Business Improvement Districts (BID), großflächigem Einzelhandel auf der grünen Wiese oder Bahnhöfen) besonders gut zu beobachten (vgl . Füller/ Marquardt 2010: 57 ff .; Schmincke 2009: 70 ff .; Glasze 2001: 164 ff .) . Die Maßnahmen und Techniken der Exklusion und Kontrolle sind breit ge145
Fragmentierung und Segregation des städtischen Raumes
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
Abb. 33: hausordnung der Bahn AG am Bahnhof Potsdam Golm (Quelle: Eigene Aufnahme)
Regulierung und Exklusion
Verlust politischer Funktion?
streut . Sie umfassen Hausordnungen,Videoüberwachungen, private Sicherheitsdienste, Nutzungseinschränkungen, spezifische Möblierung und Gestaltung etc . (vgl . Abschn . 4 .4) . In privaten Räumen sind exkludierende und regulierende Praktiken besonders effizient umsetzbar: Zum einen werden in Malls, BIDs oder Bahnhöfen die Verträge und Nutzungsregeln sowohl für die Mieter(innen) von Räumlichkeiten oder Flächen als auch für die Besucher(innen)/Nutzer(innen) durch z .B . ein Center- oder City-Management zentral verwaltet . Die Regeln zur Steuerung, Überwachung oder Sanktionierung des Mieter- oder Konsumentenverhaltens können also einheitlich geplant und durchgesetzt werden . Zum zweiten werden diese Handlungsoptionen des Centermanagements dadurch erleichtert, dass in seinen Räumen in der Regel das private Hausrecht gilt . Oftmals legen Hausordnungen fest, welche Verhaltensweisen von den Besucher(inne)n an den Tag zu legen sind (vgl . Abb . 33 oder Glasze 2001: 165) . Die rechtswirksamen Entscheidungen der Eigentümer(innen) (z .B . bei Hausverboten,Verhaltensregeln) orientieren sich dabei vorwiegend an ökonomischen Interessen . Platzverweise in öffentlichen Räumen unterliegen bedeutend strengeren Regeln und müssen erst juristisch und politisch durchgesetzt werden (vgl . Gestring et al . 2005: 246) . Wie viele andere Autor(inn)en geht auch der Geograph David Harvey davon aus, dass (Eigentums-)Rechte der Stadt immer mehr in die Hände von Privatinvestor(inn)en fallen . Der öffentliche Raum sei dadurch nur noch eingeschränkt für die Öffentlichkeit nutzbar und büße damit an politischer Funktion ein (vgl . Harvey 2008, 32 f .) . Der Verlust der politischen Funktion öffentlicher Räume wird vor allem an den Ausgrenzungen festgemacht, die mit privatisierten Sicherheits- und Kontrollmechanismen verbunden sind . Schließlich wird der öffentliche Raum, teilweise in Anleh146
StRAtEGIEn UnD MEchAnISMEn URBAnER SIchERhEItSPRoDUK tIon
nung an Habermas, als Ort für die Herstellung von Öffentlichkeit zur Ermöglichung politischer Auseinandersetzung verstanden und beschrieben (vgl . Simon 2007: 156; Gestring et al . 2005: 225; Glasze 2001: 161) . Öffentlichkeit ist dann garantiert, wenn die ökonomischen und sozialen Bedingungen jedermann die gleiche Chance einräumen, die Zulassungskriterien zu erfüllen . (Habermas 1990: 157) Wenn nun durch Privatisierung Teilen oder Minderheiten der Gesellschaft die Zugänge zu ehemals öffentlichen Flächen versagt werden, so kann das als ein Diktat des Marktes gegenüber der demokratischen Teilhabe verstanden werden (vgl . Gestring et al . 2005: 225 f .) . Im Sinne einer demokratischen und sozialen Gesellschaftsordnung sollte das Ideal eines öffentlichen Raumes allen gesellschaftlichen Gruppen ermöglichen, öffentlich zur politischen Willensbildung und Meinungsäußerung beizutragen . Wird dieses Recht bedroht oder eingeschränkt, entwickeln sich zunehmend Machtdiskurse um die Aneignung und Verfügungsgewalt über (inner-)städtische Räume (vgl . Simon 2007: 162 f .; Glasze 2001: 161 ff ., vgl . auch die Kritik an Gated Communities und Gentrifizierung im Abschn . 5 .2 .3) . „Öffentlicher Raum war immer auch umkämpfter Raum, in dem wechselnde Kräfte und Gruppen ihre jeweiligen Hegemonialansprüche durchzusetzen und auch symbolisch zum Ausdruck zu bringen suchen .“ (Harlander/Kuhn 2005: 240) . Die heute zu beobachtenden Privatisierungstendenzen sind vor diesem Hintergrund ein temporär auftretender Modus, durch den Exklusionen von Teilen der Stadtbevölkerung reguliert werden .
5.2.3 Gated Communities Eingezäunte und überwachte Wohnkomplexe, abgeschottete Apartmenthäuser, Doormen-Häuser oder exklusive Luxuswohnanlagen sind einige gängige Umschreibungen für Wohnanlagen, die gemeinhin unter dem Schlagwort Gated Communities gefasst werden . Auf den ersten Blick scheint es so, als ob Gated Communities relativ leicht definiert werden können und von anderen Wohnformen gut abgrenzbar sind; denn Glasze definiert Bewachte Wohnkomplexe wie folgt:
147
Definition Gated Communities
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
Trotz nationaler und regionaler Unterschiede können gemeinsame Charakteristika bewachter Wohnkomplexe beschrieben werden, … • die Kombination von Gemeinschaftseigentum wie Grünanlagen, Sporteinrichtungen und Ver- und Entsorgungsinfrastruktur sowie gemeinschaftlich genutzten Dienstleistungen wie Wachund Hausmeisterdienste mit individuellem Eigentum bzw . dem Nutzungsrecht einer Wohneinheit, • die Selbstverwaltung, • die Zugangsbeschränkung, die zumeist von einem 24-stündig tätigen Sicherheitsdienst gewährleistet wird . (Glasze 2011: 890 f .)
Verbreitung von Gated Communities
typisierung von Gated Communities
In wissenschaftlichen Diskursen bekannt geworden sind diese Wohnformen insbesondere durch die Arbeit der US-amerikanischen Stadtforscher Blakely und Snyder (1997) zu Verbreitung und Typisierung von Gated Communities in den USA . Mittlerweile liegen Forschungsarbeiten und wissenschaftliche Erfahrungen mit Gated Communities aus nahezu allen Teilen der Welt vor (vgl . die Beiträge in Glasze et al . 2006 sowie Rosen/Grant 2011: 778 ff .; Polanska 2010: 421 ff .; Flöther 2010: 59 ff .; Blandy 2007: 48 ff .; Borsdorf et al . 2007: 365 ff .; Raposo 2006: 43 ff .; Grant/Mittelsteadt 2004: 913 ff .; Glasze 2003: 19 ff .; Borsdorf 2002: 238 ff .) . Thematisiert werden Gated Communities insbesondere in den Megacities der sogenannten „Dritten Welt“, da gerade dort die starken sozialen Gegensätze und die mit diesen Wohnkomplexen einhergehenden sichtbaren Fragmentierungen der Städte besonders ins Auge fallen . Auch in zahlreichen westeuropäischen Ländern (insbesondere Großbritannien, Spanien, Frankreich) und osteuropäischen Transformationsländern (Polen, Russland) haben sie seit einigen Jahren Konjunktur . Ausnahmen bilden unter anderem die skandinavischen Länder und Deutschland (vgl . Glasze 2011: 891) . Blakely und Snyder haben auf der Grundlage ihrer empirischen Erfahrungen in den USA eine sehr simple Typisierung von Gated Communities vorgeschlagen, auf die allerdings auch in heutigen wissenschaftlichen Arbeiten – zum Teil kritisch – Bezug genommen wird (vgl . Grant/Mittelsteadt 2004: 915 ff .): Lifestyle Communities, Prestige Communities und Security Zone Communities (vgl . Blakely/Snyder 1997: 38 ff .) . Hinsichtlich der Motive und Erwartungen, die für die Nachfrager(inne)n und Bewohner(inne)n von Gated Community entscheidend (gewesen) sind, wird wie folgt unterschieden: The lifestyle communities attract those who want separate, private services and amenities; they are also seeking a homogeneous, predictable environment .The prestige communities draw those seeking a stable neighborhood of similar people where property values will 148
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be protected; concerns about separation and privatization of services come second . The security zone neighborhoods are trying to strengthen and protect a sense of community, but their primary goal is to exclude the places and people they perceive as threats to their safety or quality of life . (Blakely/Snyder 1997: 44 f .) Grant/Mittelsteadt identifizierten auf der Grundlage von Blakely/ Synder zunächst acht Kategorien, um die unterschiedlichen Formen von Gated Communities treffender beschreiben zu können (vgl . Abb . 34) . Der Blick auf die Abbildung verdeutlicht, dass die Systematisierung zwar etwas komplexer ist, aber nicht auf einer (gesellschafts-)theoretischeren Ableitung beruht, so wie es Grant/Mittelsteadt anvisiert hatten (2004: 927) . Kennzeichen: Gated Communities
Sozio-ökonomische Quantität und Qualität der Funktion der Abgrenzung Sicherheits- und Überwachungsinfrastruktur (z. B. Sicherheit, Lifestyle, Prestige)
Räumliche und/oder landschaftliche Lage
Art des Wohnsitzes (Erst-/Zweitwohnsitz) und Eigentumsstruktur (Eigentum/Vermietung)
Merkmale und Interessen der Bewohnergruppen/ Größe des Wohnkomplexes Bewohnerzusammensetzung
Abb. 34: Kategorien zur typisierung von Gated Communities (Quelle: Grant/mIttelsteadt 2004: 918)
Infrastrukturelle Ausstattung, Qualität des Dienstleistungsund Freizeitangebots Juristische, kommunal- und sicherheitspolitische Rahmenbedingungen
Die Entstehung von Gated Communities kann als eine spezifische Form eines sozialen Segregationsprozesses verstanden werden . Es handelt sich dabei um eine freiwillige Segregation . Insbesondere hochwertiges Wohnen in guter Nachbarschaft, verbunden mit Serviceleistungen wie Sicherheits-, Reinigungs- oder Versorgungsdiensten und noch dazu in prominenter Lage, wird am städtischen Immobilienmarkt angeboten oder nachgefragt . Das Angebot zielt in der Regel auf eine ganz spezifische Bevölkerungsgruppe, vorwiegend höhere Bildungs- und Einkommensgruppen . Mittlerweile ist aber auch zu beobachten, dass bewachte Wohnkomplexe und abgegrenzte Wohnanlagen weltweit auch von Haushalten im unteren und mittleren Einkommenssegment nachgefragt werden und ein entsprechendes Angebot generiert wurde (vgl . Ewaldt 2012: 60 ff .; Atkinson/ Blandy 2005: 181; Heeg 2008: 38) . Grant/Rosen verweisen auf unterschiedliche theoretische Ansätze, um die Abschottung einzelner Gruppen zu erklären: z .B . die bewusste Selbstausgrenzung (self-othering), der Zusammenschluss sozial homogener Einwohnergemeinschaften (planned colonies) sowie Formen der Raumaneignung und raumbezogenen Identitätsstiftung (ritual of place-making, defining identity) (vgl . Grant/Rosen 2009, 584 ff .) . Für eine Charakterisierung von Gated Communities scheint somit vor allem die auf Ab- und Ausgrenzung (Exklusion) zielende Wortbedeutung des Begriffs Exklusivität von Belang zu sein, weniger dessen begriffliche Nähe zu Besonderheit oder Einzigartigkeit . 149
Gated Communities Exklusive Segregation?
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
wieso sicher wohnen?
Gated Communities und SuperGentrifi zierung
Schon mit der Bezeichnung des Phänomens als gated oder bewacht wird deutlich, dass der Sicherheitsaspekt bei der Konstitution dieser Wohnform eine dominante Rolle zu spielen scheint . Die Sicherung erfolgt vor allem durch Mauern, Videoüberwachung, Zugangskontrollen und Wachdienste . Evans sieht Aspekte von Angst als einen bedeutenden Grund für die räumliche Abgrenzung . Diese Angst sei motiviert von einer Flucht vor der Realität, hin zur Vorstellung von einer besseren Welt . Die physische Abgrenzung übernehme dabei eine doppelte Funktion, nämlich zum einen die Brechung des Blicks von außen, zum anderen werde darauf die kollektive Vorstellung einer intakten friedlichen Nachbarschaft projiziert (Evans 2011: 223 f .) . Es wird also eine Grenze gezogen, die sicheres Terrain von offenbar weniger sicherem trennt . Eine Argumentation lautet, dass aufgrund der wachsenden sozio-ökonomischen Polarisierung und gestiegener Kriminalität die wohlhabenden Eliten ihr Eigentum vor den sozial und ökonomisch Benachteiligten schützen müssen . Diese Argumentationsmuster haben vor allem in den Agglomerationen z . B . lateinamerikanischer oder südafrikanischer Länder eine hohe Plausibilität . Gerade dort werden die starken sozialen Disparitäten einerseits sichtbar und andererseits intensiv in einem Bedrohungskontext diskutiert . In nord- und mitteleuropäischen Ländern mag dieses Bedrohungsszenario nicht so sehr überzeugen . Gated Communities werden häufig in einem Atemzug mit weiteren, vorwiegend luxuriösen, ebenfalls stark segregierend wirkenden Wohn- und Sanierungsprojekten genannt (vgl . Füller/Glasze 2014: 36 ff .) . Dabei muss es sich nicht um umzäunte oder sichtbar bewachte Wohnanlagen handeln . Vielmehr tragen architektonische, überwachungstechnische oder symbolische Merkmale und Markierungen dazu bei, Grenzen zu verdeutlichen, beispielsweise durch Zugänge/Zufahrten nur über individuelle Codekarten, Concierge-Logen in Appartementhäusern, feste oder versenkbare Poller, markante Pflanzungen oder Pflasterungen, Sackgassensysteme . Beispiele für solche abgegrenzten Luxuswohnprojekte sind die Car-Loft-Wohnanlage in Berlin,32 das Pan Peninsula-Wohnhochhaus in London33 oder die Villa Montmorency in Paris . Holm zeigt am Beispiel von Berlin, wie sich dieses Luxusimmobiliensegment in den vergangenen Jahren am Markt etabliert hat und dabei Züge einer Super-Gentrifizierung aufweist (vgl . Holm 2010: 104 f .) . Insbesondere international operierende Investor(inn)en tragen zu diesen Entwicklungen bei . Die Nachfrager(innen) dieser Immobilien seien eine „… neue Generation von Gentrifiern, die … auf exklusive und individualisierte Wohnenklaven setzt .“ (Holm 2010: 112) . Allein schon die sehr hohen Immobilien- oder Mietkosten tragen somit zu sozialen Abund Ausgrenzungen bei .
32 Vgl . http://www .carloft .de (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 33 Vgl . http://www .panpeninsula .com/ (letzter Zugriff: 7 . Januar 2015) 150
StRAtEGIEn UnD MEchAnISMEn URBAnER SIchERhEItSPRoDUK tIon
Abb. 35: Eingang der Potsdamer Gated Community „Arcadia“ (Foto: anKe uhlenwInKel)
Interessantes Forschungsprojekt Symbol sozialer Ungleichheit Sicheres Wohnen
Exklusive Immobilie
Normale Segregation
Zeichen neoliberaler Stadtentwicklung
Lifestyle Prestige
Fragmentierung der Städte Ausgrenzung Sowohl in den Massenmedien wie auch in der Wissenschaft lassen sich viele kritische Meinungen zur Existenz und Verbreitung von Gated Communities, geschlossenen Wohnkomplexen oder sozial exkludierenden Luxus-Immobilien finden . Zum einen zielt die Kritik darauf ab, dass diese Wohnformen als Ausdruck einer neoliberalen Stadtpolitik verstanden werden können (vgl . Slater 2006:749 ff .; Grant/Rosen 2009: 576 ff .) . Teile des kommunalen Immobilienmarktes werden den Kräften des freien Marktes überlassen und dadurch großflächige Immobiliensanierungen sowie qualitative Aufwertungen ermöglicht . Falls wohlfahrtsstaatliche Kompensationen ausbleiben (Sozialer Wohnungsbau, Mietbeihilfen), tragen die ansteigenden Immobilien- und Mietpreise zur Verdrängung und möglicherweise Vernachlässigung einkommensschwacher Gruppen bei (vgl . auch Abschn . 5 .2 .1) . Zum anderen wirkt diese Form von großflächigen Bauund Sanierungsmaßnahmen auf dem kommunalen Immobilienmarkt stark segregierend und führt zu stadträumlichen Fragmentierungen und verstärkter sozialer Segregation . Stadtquartiere mit hoher und höchster Lebensqualität und Stadtteile mit einer unzureichenden infrastrukturellen Ausstattung und sozio-ökonomischen Problemlagen entstehen in unmittelbarer Nähe zueinander (Low 2006; Glasze 2003: 253 ff .) . Das Phänomen der Gated Communities kann aus unterschiedlichen Blickwinkeln (Investor(inn)en, Bewohner(innen), Immobilienbranche, Medien) betrachtet und erforscht werden . Im Zuge der Neuen Kulturgeographie wird ein sehr starker Fokus auf einen erkenntnistheoretischen Konstruktivismus gelegt (vgl . Weichhart 2008: 367 ff .; Berndt/Pütz 2007: 18, vgl . auch Abschn . 5 .1 .3) . Es geht nicht um die Erfassung einer tatsächlichen Realität, sondern im Zentrum des Forschungsinteresses steht eine beob151
Kritische Beobach tungen von geschlossenen wohnkomplexen und Gated Communities
Mehrperspektivität einer humangeogra phischer Beobachtung von Räumen
URBAnE VERUnSIchERUnGEn UnD URBAnE SIchERhEIt
Beobachtungen von Gated Communities
achterabhängige (Re-)Produktion von Wirklichkeiten . Realität wird als Konstruktion von Beobachter(inne)n aufgefasst (vgl . Egner 2006: 101) . Der beobachtungstheoretische Fokus (vgl . Abschn . 2 .2 .4) lässt sich leicht auf Gated Communities übertragen, und gerade bei diesem Thema zeigt sich auch das Potenzial dieses theoretischen Ansatzes . Aus den unterschiedlichen Perspektiven können die Bedeutungsaufladungen von Gated Communities untersucht werden (vgl . Abb . 35) . Beispielsweise können Gated Communities beforscht werden als … • • • • • •
ein sozio-ökonomisches Phänomen bzw . ein Segregations- und Gentrifizierungsprozess, der Ausdruck sozialer Polarisierungen ist; ein neues Phänomen der planerischen oder architektonischen Restrukturierung von Städten und Megacities; Ergebnis und Ausdruck einer wachsenden Neoliberalisierung der Stadtpolitik (und dementsprechend verbunden mit einer sozialmoralischen Kapitalismuskritik); eine Wohnform, die einer idealen Wohn- und Lebensform der sozialen Durchmischung diametral entgegensteht; normaler sozialräumlicher Entmischungs- und Segregationsprozess; Raum, in dem Sicherheit durch z .B . symbolische oder technische Maßnahmen hergestellt wird .
Städte sind für eine humangeographische Kriminalitäts- und Sicherheitsforschung ein sehr lohnendes Forschungsfeld . Sie können als Spiegel oder Brennglas gesellschaftlicher Komplexität aufgefasst werden . Der Soziologie Nassehi spricht von der Gleichzeitigkeit von Einheit und Differenz, denn in der vermeintlich städtischen Einheit sind vielfältige Differenzen eingeschrieben (vgl . Nassehi 2002: 211) . In Städten treffen sehr unterschiedliche soziale Lebensformen, Identitäten, gesellschaftliche Sachbereiche und Systeme aufeinander . Diese unterscheiden sich durch ihre jeweiligen Nutzungsansprüche, Erwartungen sowie spezifische Sach- und Systemlogiken . Daraus resultierenden komplexe Aushandlungsprozesse und Konflikte, die sich mitunter auch in Formen von Unsicherheit und Kriminalität sowie Prozessen der Sicherung und Versicherheitlichung niederschlagen .
6
Perspektiven des Forschungsfeldes
Wissenschaftliche Diskurse und Fragestellungen, die sich räumlichen Aspekten von Sicherheit und Kriminalität widmen, zielten bisher vornehmlich auf urbane und kommunale Kontexte . Dies dürfte vor allem dem Umstand geschuldet sein, dass nur ganz spezifische Formen von Kriminalität oder abweichendem Verhalten in den Fokus von Sicherheits-/Kriminalpolitik, Prävention sowie Sicherheitsproduktion geraten . Es sind nämlich vor allem solche Phänomene, die in der Alltagwelt, der (Medien-)Öffentlichkeit oder dem Lebensumfeld räumlich sichtbar sind und von diskursrelevanten Teilen der Gesellschaft als stark verunsichernd oder irritierend wahrgenommen werden: beispielsweise Straßen- und Gewaltkriminalität, Alltagsirritationen (wie Graffiti, Verwahrlosung, Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit, sichtbare Obdachlosigkeit) . Unsichtbare Kriminalität – wie Wirtschaftskriminalität (white collar crime, vgl . Rolfes 2004), Organisierte Kriminalität, Steuer-/Versicherungsbetrug, Korruption oder Cybercrime – führt eher selten zu kollektiver Verunsicherung, es sei denn, diese Kriminalitätsformen werden medial als Sicherheitsrisiko kommuniziert . Unsichtbar bleiben diese „virtuellen“ Kriminalitätsformen auch deshalb, weil sie sich einer räumlichen Beobachtung entziehen oder Raum als Beobachtungsschema für sie keine hinreichende Erklärungskausalität oder Wahrnehmungsattraktivität besitzt . Deshalb sind diese Delikte selten Gegenstand humangeographischer Forschung . Daher sollen in diesem Kapitel einige weitere Themenfelder angesprochen werden, die zwar im lokalen oder urbanen Kontext nicht (allenfalls eingeschränkt) räumlich sichtbar (gemacht) werden, bei denen aber räumliche Beobachtungsschemata trotzdem erhellende Einblicke bieten . 6.1 Beobachtung von Sicherheit und Unsicherheit aus globaler und geopolitischer Perspektive Unter anderem die Beiträge im Themenheft „Geographien der (Un-)Sicherheit“ der Geographica Helvetica (Heft 3/2010) und in der Ausgabe „Geographien der Gewalt“ in der Geographischen Rundschau (Heft 2/2012) dokumentieren, dass Geograph(inn)en sich zunehmend auf einer globalen Maßstabsebene mit den Themen Kriminalität und vor allem Sicherheit und Unsicherheit befassen .Verunsicherungen und Sicherungsstrategien werden dabei recht häufig im Kontext geo- und machtpolitischer Diskurse thema153
was wir sehen und was wir nicht sehen …
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
Die Unsicherheit mit der Geographie der (Un)Sicherheit
tisiert – auch Korf/Ossenbrügge und Hagmann betonen diese Nähe zu den Critical Geopolitics und der Politischen Geographie (vgl . Korf/Ossenbrügge 2010: 168 ff .,; Hagmann 2010: 177 f .) . In wissenschaftlichen Beiträgen von Geograph(inn)en, die die Begriffe Sicherheit und Unsicherheit aus einer globalen, geopolitischen Perspektive analysieren oder aufgreifen, geht es in der Regel nicht um Kriminalität oder abweichendes Verhalten . Dies ist angesichts der in Abschn . 1 .2 erfolgten theoretischen Rahmung des Sicherheitsbegriffs nicht überraschend . Dort wurde nämlich argumentiert, dass Unsicherheit ein unvermeidbarer Bestandteil gesellschaftlichen Handelns und gesellschaftlicher Kommunikation ist . Jede Kommunikation, jedes Verhalten, jede Entscheidung und jede Handlung erweist sich mit Blick auf deren zukünftige Auswirkungen und potenzielle Schäden als unsicher . Somit kann eine „Geographie der (Un-) Sicherheit“ prinzipiell alle denkbaren raumbezogenen Fragen und Sachverhalte in den Fokus nehmen, bei denen Einzelne, Institutionen, Systeme oder Gruppen in irgendeiner Form Verunsicherungen kommunizieren, thematisieren oder adressieren bzw . Sicherheit herstellen oder aufrechterhalten . Einerseits wird das Themengebiet dadurch natürlich nahezu unüberschaubar . Andererseits lohnt es sich, an ausgewählten Subthemen aufzuzeigen, welche Potenziale diese auf (Un-)Sicherheit zielenden Zugänge für die Geographie bieten und wie die Geographie dadurch interdisziplinär anschlussfähig wird . 6.1.1 Globale Unsicherheit und raumbezogene Konflikte: Beispiel Terrorismus
Konflikte, Kriege, Geographien der Gewalt
Mit dem Schlagwort Globale Unsicherheit lassen sich internationale Konflikte, Kriege und Krisen assoziieren . Häufig ist die (für mindestens eine Partei) unbefriedigende Regelung der Verfügungsgewalt über Ressourcen (Öl, Wasser, Land, religiöse Symbole, …) Auslöser von nationalen und internationalen Auseinandersetzungen (vgl . Doevenspeck 2012: 12 ff .; Ossenbrügge 2007: 152 ff .) . Je nach Eskalationsstufe können diese Konflikte friedlich ausgehandelt werden oder langjährige kriegerische Handlungen bedeuten . Dabei lässt sich innerhalb der Politikwissenschaften ein Diskurs beobachten, nach dem (Ressourcen-)Kriege zwischen Staaten immer häufiger abgelöst werden durch innerstaatliche Konflikte (z .B . Bürgerkriege und Aufstände in Afghanistan, im Kongo oder im Sudan) (vgl . Kaldor 2007, Münkler 2002) . Es wird zunehmend das Entstehen innerstaatlicher Gewaltökonomien beobachtet, die diese kriegerischen Konflikte finanzieren, z .B . durch illegalen Abbau und Handel mit natürlichen Rohstoffen (vgl . Heupel 2009: 9 ff .) . Bei diesen kriegerischen Auseinandersetzungen werden externe und globale Ressourcen- und Machtinteressen in Form innerstaatlicher Konflikte internalisiert . Ossenbrügge interpretiert diese Kriege und Gewaltökonomien „als gewalttätige Verdichtung ambivalenter Globalisierungsprozesse“ (Ossenbrügge 2007: 151) . Auch innerhalb der Human154
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
geographie werden diese Kriege und staatlichen Gewaltökonomien aus der Perspektive der geographischen Konfliktforschung als Geographien der Gewalt betrachtet (vgl . Korf/Raeymaekers 2012: 10) . Konflikte interessieren Geograph(inn)en in der Regel dann, wenn Grenzziehungen oder Verfügungsrechte über Räume/Flächen verhandelt, kommuniziert oder umkämpft werden . Orte, Regionen oder Länder bilden interessenbeladene Bestandteile politischer Kommunikation und Handlung (vgl . Redepenning 2006: 1154) . (Geo-)Politische Auseinandersetzungen werden vor dem Hintergrund räumlicher Symboliken und Semantiken ausgetragen . Schetter vertritt die These, dass im Bereich der internationalen Sicherheitspolitik eine Verwendung von gefährlichen oder verunsichernden Raumrhetoriken (z . B . ungoverned territories oder failed states) zunimmt . Diese ideologisch motivierten, konzeptuellen Raumrhetoriken zeichneten sich durch gezielt eingesetzte Unschärfen und Pauschalisierungen aus, wodurch globale Sicherheitsbedürfnisse geweckt würden . Gleichzeitig dienten diese verräumlichten Unsicherheiten als Legitimationsgrundlage für politische und militärische Handlungen (vgl . Schetter 2010: 183 ff .) .
Verräumlichungen in Konflikten und Kriegen
Internationale und nationale Konflikte und Kriege um Räume symbolisieren und repräsentieren globale Machtdiskurse um die Durchsetzung abweichender oder gegenläufiger Realitätskonstruktionen . Konstrukteure konkurrierender Wirklichkeiten können z .B . Institutionen, Medien, Staaten, Konzerne oder Militärs sein .
Die Politische Geographie, die Critical Geopolitics und die Geographische Konfliktforschung befassen sich seit Ende der 1990er Jahre mit diesen Themenfeldern (vgl . Redepenning 2006: 76 ff .) . Reuber führt sogar über das Stichwort der Unsicherheitsgesellschaft in das Thema Politische Geographie ein (vgl . Reuber 2012: 11 ff .) . Die Politische Geographie thematisiert das Spannungsfeld zwischen Gesellschaft, Raum und Macht; sie analysiert die gesellschaftliche (Re-)Produktion von Raum sowie die damit in Zusammenhang stehenden raumbezogenen Praktiken (vgl . Reuber 2012: 21) . Die paradigmatische Grundannahme ist dabei, dass … Politische Geographie nicht eine objektive Beschreibung der Welt sein kann, sondern dass mit geographischen Beschreibungen Ordnungsvorstellungen im Sinne bestimmter Machtverhältnisse produziert und reproduziert werden, … es geht nicht um objektive Wahrheiten, sondern um situierte, subjektive Wahrheiten . (Wastl-Walter 2008: 580) 155
Blitzlicht: Politische Geographie
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
terrorismusforschung und terrorismus in den Medien
(Raum)konstrukti vistische terrorismus forschung
orte des terrorismus in den Medien
Spätestens seit 2001 stellt der Terrorismus in der US-amerikanischen und europäischen Sicherheitsdebatte dauerhaft ein relevantes Thema dar . Bei der Erforschung dieses Phänomens kommen zunehmend konstruktivistische Ansätze zum Einsatz . Diese untersuchen beispielsweise, wie Medien oder Politik mit dem Phänomen des Terrorismus in Verbindung stehen (vgl . Röpcke/Rolfes: 2013: 371) . Die medienorientierte Terrorismusforschung, die von einem mass-mediated terrorism (vgl . Nacos 2007: 26) spricht, bezeichnet die Beziehung zwischen Medien und Terroristen gar als symbiotisch, weil Terroranschläge dem Beobachtungs- und Benachrichtigungszwang der Medien direkt zuspielen (vgl . Weichert 2007: 84; Nacos 2009: 20 u . 38; Tuman 2010) . Gleichzeitig wiederum nutzen die Terrorist(inn)en die Medien gezielt (vgl . Dillinger 2008: 99), um ihre Botschaften zu vermitteln und deren Wirkungen zu beobachten . Konsequent konstruktivistische Ansätze fassen Terrorismus als in Diskursen hergestellte, soziale Tatsache auf, die gesellschaftlich relevante Realitäten erzeugen (vgl . Hülsse/Spencer 2008: 572 ff .; Spencer 2010) . Die Kritische Geopolitik (vgl . Ó Tuathail 1996) arbeitet ebenfalls im Sinne dieser Erkenntnisperspektive: Sie nimmt eine kritisch-sozialkonstruktivistische Analyse der bestehenden Raumbilder vor, die innerhalb der Terrorismusdiskurse genutzt und inhaltlich aufgeladen werden . Man denke hier beispielsweise an die vom US-Präsidenten George Bush etablierten Bezeichnungen Schurkenstaaten oder Achse des Bösen . Diese Verräumlichungen und Raumbilder und die daran anschließenden geopolitischen Argumentationen sind mittlerweile von diskurstheoretisch arbeitenden Humangeograph(inn)en als Ausdruck von rationalisierenden, manipulativen und instrumentalisierenden Machtdiskursen dekonstruiert worden (vgl . Helmig 2008: 155 ff .; Korf 2005: 127 ff .; Reuber/Wolkersdorfer 2003: 47 ff .) . Systemtheoretische Ansätze versuchen, Terrorismus unter anderem als ein parasitäres Konfliktsystem der modernen, funktional differenzierten Gesellschaft zu beschreiben . Terrorismus wird auch in dieser Perspektive im engen Zusammenhang mit der Berichterstattung der Massenmedien untersucht und erklärt (vgl . Fuchs 2004: 77 ff .; Japp 2003: 59) . Diese erzeugen raumbezogene Semantiken, die dann die Kommunikationsprozesse in politischen oder ökonomischen Systemen irritieren oder orientieren . Die Rolle und Funktion raumbezogener Semantiken in den Massenmedien kann im Themenfeld Terrorismus gut beobachtet und diskutiert werden (vgl . Röpcke/Rolfes 2013: 371 ff .) . Beispielsweise lässt sich anhand konkreter terroristischer Anschläge beobachten, dass die Vorfälle umso berichtenswerter und scheinbar relevanter werden, desto mehr die Attentatsorte mit den eigenen sozialen Welten oder Bezügen der Leser(innen) verknüpft werden können . Die Meldung über ein Attentat ist vor allem dann bedeutsam, wenn sie an ein soziales Hier angeschlossen werden kann: wenn der Anschlag beispielsweise im eigenen oder einem befreundeten Land stattgefunden hat, eigene Landsleute, eine bekannte Persönlichkeit, ein be156
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
kanntes Gebäude oder der eigene Kulturkreis betroffen sind usw . Dies bedeutet: Europäische und nordamerikanische Massenmedien berichten vor allem über Terroranschläge die an Orten mit vermeintlich westlichen und unter Umständen zivilisatorischen Etikettierungen stattfinden . Dabei sind unter westlich oder zivilisiert keinesfalls ausschließlich geographische Eigenschaften zu verstehen . So liegt eine Diskothek oder ein McDonald‘s-Restaurant in Indonesien unter Umständen sozial näher als ein Basar in Bagdad; oder ein Flugzeugabsturz in Australien initiiert eher ein Hier als einer im Iran .
Wie kontingent und doch stabil solche Ortsmarkierungen im Zusammenhang mit Terrorismus sind (vgl . Abb . 36), umreißt Fuchs’ Resümee: „Afghanistan liegt, kommunikativ gesehen, mitten in New York .“ (Fuchs 2004: 20) .
Die schlimmsten Anschläge seit 9/11
al-Qaidas Blutspur
GROSSBRITANNIEN
In dieser Form visualisierte SPIEGEL ONLINE die schlimmsten Anschläge seit dem 11. September 2001.
London
Istanbul
SPANIEN
TÜRKEI
Madrid
TUNESIEN
Casablanca
Dscherba
MAROKKO
JORDANIEN
Kairo ÄGYPTEN
Rawalpindi
IRAK
SAUDIARABIEN
Khobar
PAKISTAN INDIEN
Riad 2001
2002
2003
2004
2005
2006
Mumbai
JEMEN
andauernde Anschläge
Abb. 36: Formen medialer Berichterstattung über terroristische Anschläge (verändert nach: SPIEGEl online Sept. 2006, http://www.spiegel.de/flash/0,5532,13539,00.html, letzter Zugriff : 23. April 2014, derzeit nicht mehr verfügbar) 157
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
Im politischen und massenmedialen Diskurs werden auf einer globalen Ebene Sicherheiten und Unsicherheiten sozial (re-)produziert . Auch in der Terrorismusdebatte werden über raumbezogene Semantiken oder Raumrhetoriken Unsicherheiten und Sicherheitspostulate gezielt und strategisch erzeugt . Diese dienen einerseits einer sozialen und politischen Orientierung und andererseits der Legitimation von militärischen und polizeilichen Interventionen im Kampf gegen den Terrorismus .
6.1.2 Sicherheit, Illegalität und Kriminalität im Kontext von Grenzziehungen und internationaler Migration Grenzen und Grenzziehungen
Grenzüber schreitungen
Grenzen und Grenzziehungen sind für Geograph(inn)en seit jeher eine erklärungstüchtige Kategorie für raumbezogene Phänomene . Die Politische Geographie befasst sich intensiv mit Grenzen, Grenzzonen und Grenzziehungen . Sie untersucht vor allem die Bedingungen und Folgen der sozialen und politischen Konstruktion von Grenzen (vgl . Knox/Marston 2008: 581) . Grenzen oder Grenzlinien wird eine wichtige orientierende Wirkung in der Gesellschaft zugeschrieben, z .B . bei der Regelung von Verfügungsrechten, der Entstehung von Konflikten und Differenzen, der Ausübung von Kontrollmechanismen oder der Regulierung von Wissens- und Warenströmen . Sie waren oder sind immer dann unvermeidbar, „wenn man Verdeutlichung, Vereinfachung, Ordnung und Sichtbarmachung braucht .“ (Redepenning 2005: 170) . Grenzen und auch Akte der Grenzziehung sind als gesellschaftsintern produzierte und verwendete Kommunikationseinheiten zu verstehen, die eine wichtige soziale Stabilisierungsfunktion besitzen . Sie sollten daher nicht mit materiellen Substraten oder naturalistischen Grenzziehungen verwechselt oder gleichgesetzt werden, so naheliegend diese Naturalisierungen auf den ersten Blick auch scheinen mögen (vgl . Redepenning 2005: 176) . Grenzen geben zum einen räumliche Orientierung, fordern aber gleichzeitig auch zur Grenzüberschreitung auf: „Mit dem Ziehen der Grenze wird das zukünftige Überschreiten der Grenze als Möglichkeit angewiesen .“ (Redepenning 2005: 171; Hervorhebung im Original) . Das Überschreiten einer Grenze kann dabei geduldet, ritualisiert, gewünscht oder verboten sein (vgl . Girtler 2006: 68 ff .) . Mit dem Ziehen und letztlich Überschreiten von Grenzen ist aus einer beobachtungs- und systemtheoretischen Perspektive das Thematisieren einer Differenz verbunden . In Anlehnung an Luhmann fasst Redepenning diesen Gedanken wie folgt zusammen: „Kein Diesseits der Grenze ohne das Jenseits der Grenze . Keine Identität ohne das Andere . Kein Wir ohne das Sie . Keine Identität ohne Differenz .“ (Rede158
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
penning 2005: 172) .Verlagert man diese Argumentation auf Sicherheit und Kriminalität, so lässt sich leicht nachvollziehen, dass Grenzen, Grenzziehungen und Grenzüberschreitungen für Unterscheidungen zwischen sicher/unsicher, legal/illegal, kriminell/nicht-kriminell, verboten/nicht-verboten oder geduldet/nicht-geduldet konstitutiv sind . In machtvollen Diskursen durchgesetzte, hegemoniale Grenzziehungen, die im Abschn . 4 .2 .4 z . B . in Form von kommunal-präventiven Kontrollstrategien kritisch beleuchtet wurden, tragen dazu bei, diese Unterscheidungen zu plausibilisieren und als Orientierungslinien zu konstruieren . In diesem Ausblick auf weitere Themenfelder einer humangeographisch inspirierten Sicherheits- und Kriminalitätsforschung soll kurz auf Arbeiten und Themenstellungen verwiesen werden, die Unsicherheit, Kriminalisierungen, Illegalität und Illegalisierungen im Kontext internationaler Grenz(ziehung)en und Migrationsprozesse behandeln . Illegalität und Kriminalität Die Einführung des Begriffs Illegalität als Alternativ- oder Ergänzungsbegriff zu Kriminalität ist erläuterungsbedürftig . Zunächst ist festzuhalten, dass die Unterscheidung nicht trennscharf ist . Je nach Beobachterstatus wird Illegalität mit Kriminalität gleichgesetzt, oder es werden grundlegende Unterschiede zwischen beiden Begriffen ausgemacht . Beispielsweise schreibt Bommes, dass illegale Migration „ja kein kriminelles Verhalten von Individuen im engeren Sinne bezeichnet“ (Bommes 2006: 112), lässt aber im Unklaren, was unter Kriminalität im engeren Sinne zu verstehen ist . Konsens scheint im wissenschaftlichen Diskurs zumindest darin zu bestehen, dass Illegalität ein „rechtspolitisch geformtes juristisches Konstrukt“ ist (Albrecht 2006: 62), aus Sicht der Kritischen Kriminologie gilt dies für den Begriff Kriminalität ebenfalls (vgl . Abschn . 1 .3 .1) . Auch ein Blick in das Politiklexikon von Schubert/Klein schafft keine Klarheit: Danach ist Kriminalität die Gesamtheit aller in einem Rechtsgebiet oder einer Rechtsgemeinschaft kraft Gesetzes zu ahndenden Straftaten . Damit wird der Aspekt der Bestrafbarkeit einer Handlung prominent gemacht . Mit Illegalität wird ein individuelles oder staatliches Handeln bezeichnet, wenn es nicht mit geltendem Recht und Gesetz übereinstimmt, also die Gesetzeswidrigkeit einer Handlung betont (vgl . Schubert/Klein 2011: Stichworte Legalität und Kriminalität) . Scheinbar werden die Bedeutungen von Illegalität und Kriminalität in spezifischen sozialen, juristischen oder politischen Kontexten flexibel ausgehandelt . So ist beispielsweise in der politischen und medialen Debatte um internationale Zuwanderung nahezu ausschließ159
Illegalität und Illegalisierung im Kontext internationaler Grenz(ziehung) und Migration
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
lich von illegaler Migration die Rede und fast nie von krimineller Migration .34 In der öffentlichen und wissenschaftlichen Migrationsdebatte wird damit zwar signalisiert, dass es sich bei bestimmten Formen der Zuwanderung um eine gesetzwidrige Aktivität handelt, gleichwohl wird durch die Vermeidung des Begriffs Kriminalität das „unter Strafe stellen“ dieser Aktivität nicht automatisch mitgeführt .
Illegale Migration
Kriminalisierungen, Kriminalität und Viktimisierungen
Ökonomisches Potenzial und Marktwirkungen illegaler Migration
Illegale Migration, teilweise auch irreguläre Migration genannt, ist eine unscharfe Bezeichnung für eine Vielzahl von Phänomenen . Der Versuch, den Begriff näher zu fassen, ist wenig zufriedenstellend, „zum einen weil die meisten derer, die illegal, d .h . ohne Aufenthaltstitel, in Europa leben, nicht ‚illegale Migranten’ in dem Sinne seien, dass sie illegal die europäischen Außengrenzen oder nationale Grenzen überschritten hätten; zum anderen, weil Illegalität als solcher im engeren Sinne kein kriminelles, sondern zunächst ein … aufenthaltsrechtliches bzw . arbeitsrechtliches Delikt zugrunde liege .“ (Bommes: 2006: 95) . Schließlich verdeckt die Etikettierung von Migrant(inn)en als Illegale die Rolle und den Stellenwert gesellschaftlicher Prozesse oder staatlichen Handelns für die Konstitution dieses Rechtsstatus (vgl . Bommes 2006: 95; Alt 2004) . Illegale Migration und illegale Grenzüberschreitungen sind häufig die Folge ungleicher Verteilungsverhältnisse und sozialer Polarisierungen . Illegale Migrationsprozesse gehen in der Regel auf rationale und nachvollziehbare Motive von Individuen zurück, die durch Migration bessere Teilhabemöglichkeiten im Wirtschafts- und/oder Bildungssystem und/oder anderen sozialen Zusammenhängen zu erreichen hoffen . Nicht umsonst werden illegale Migrationen im Rahmen von Globalisierungsprozessen vor allem an den territorialen Grenzen zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden beobachtet (z . B . an den EU-Außengrenzen oder zwischen den USA und Mexiko, vgl . Vogel/Cyrus 2008: 1 ff .; Obergfell 2011: 98 ff .) . Wissenschaftliche Studien zeigen immer wieder, inwieweit illegale Migration und illegale Beschäftigung (z .B . Prostitution) mit Zwängen, Kriminalisierungen und Viktimisierungen einhergehen oder assoziiert werden (vgl . Albrecht 2006: 60 ff .; Bahl/Ginal 2012: 201 ff .; vgl . Abb . 37) . Eine Verbesserung ihrer Lebensführung erscheint für die Migrant(inn)en vor allem deshalb erreichbar, weil sie in den Zielregionen (also in den USA, Deutschland und Europa) auf sozio-ökonomische Kontexte treffen, die ihnen durchaus vielfältige Inklusionschancen in z . B . den informellen Arbeitsoder den informellen Wohnungsmarkt offerieren (vgl . Bommes 2006: 98) . 34 Die Eingabe der Wortkombination „Illegale Migration“ ergab am 4 . Januar 2015 bei www .google .de über 199 .000 Treffer, die Suche nach „Kriminelle Migration“ lediglich 73 Treffer . 160
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
Abb. 37: Kampf gegen illegale Zu wanderung: Identi fizierung einer Gruppe illegaler Migrant(inn)en an der griechischtür kischen Grenze mithilfe von wärmebildaufnah men (Quelle: Frontex 2011: 13)
Die irreguläre Beschäftigung von Migrant(inn)en im informellen Sektor, der Schattenwirtschaft oder Schwarzarbeit zeigt, dass auch die nationalen Ökonomien (auch in den Wohlfahrtsstaaten) in beträchtlichem Umfang Anschlussmöglichkeiten und eine Verwertung des „illegalen Humankapitals“ anbieten (vgl . Enste/Schneider 2006: 35 ff .) . Wenn diese ökonomischen Aspekte illegaler Migration wissenschaftlich betrachtet werden, so richten sich diese Beobachtungen in erster Linie auf die Qualität und Quantität der irregulären Beschäftigung, die illegale Marktintegration und deren Bedingungen und Folgen (vgl . Enste/Schneider 2007: 35 ff .; Straubhaar 2007: 6 ff .) . Der aufenthaltsrechtliche Status erlaubt den Migrant(inn)en in der Regel nur eine verdeckte Integration in das ökonomische System . Durch die Illegalität und die Aktivitäten in der informellen Ökonomie werden sie häufig „… zu abhängigen und damit erpressbaren Objekten . Ausbeutung und Menschenhandel sind dann logische Konsequenzen . Oft werden die Betroffenen durch ›Kettenreaktionen‹ vollständig in den Strudel der Kriminalität gerissen .“ (Straubhaar 2007: 6) . Untersuchungen zu den Schleuserökonomien und den illegalen Beschäftigungsfeldern der eingeschleusten Migrant(inn)en (z . B . Prostitution, Kinderarbeit) (vgl . Krause 2012: 192 ff .; Bahl/Ginal 2012: 206 ff .) sind empirisch besonders schwierig . Hinweise auf das Ausmaß können näherungsweise offizielle Statistiken geben . Beim Bundeskriminalamt wurde in den vergangenen Jahren eine gleichbleibende Zahl von jährlich knapp 500 Ermittlungsverfahren zum Menschenhandel registriert (vgl . Bundeskriminalamt 2012: 5 ff .) . 161
Irreguläre Beschäfti gung, Menschen und Frauenhandel
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
Aus der Sicht der Migranten sind Illegalität und ihre Auswirkungen auf die sozialen Formen der Lebensführung angesichts fehlender Alternativen eines legalen Zugangs eine unvermeidbare Begleiterscheinung, die sie in Kauf nehmen (müssen), sofern sie diese Gelegenheiten trotz rechtlichen Verbots und politischen Versuchen der Kontrolle und der Durchsetzung dieses Verbots ergreifen . Ein Bestandteil ihrer Lebensführung ist daher immer auch der Versuch, diese der Beobachtung durch Recht und Politik zu entziehen – mit vielfältigen Implikationen für ihre soziale Konfliktfähigkeit und die Zugänglichkeit von Leistungen wie Gesundheit oder Erziehung, sofern diese öffentlich erbracht und/oder eng mit dem staatlichen Melde- und Kontrollapparat verschränkt sind . (Bommes 2006: 98)
Migrations und Grenzkontrollen
Illegale Migration kann vor diesem Hintergrund als Paradoxie, als „ein selbst erzeugtes Problem der modernen Gesellschaft bezeichnet [werden]“ (Bommes 2006: 100) . Staatliche oder internationale Systeme der Migrations- und Grenzkontrolle versuchen trotz der Inklusionsangebote des ökonomischen Systems, die geltenden rechtlichen und politischen Standards zu markieren und durchzusetzen . Nationalstaaten können auf den Anspruch der Kontrolle über den Zugang und den Aufenthalt auf ihrem jeweiligen Territorium nicht verzichten . Dieser Anspruch wird aber in verschiedenen Staaten sehr unterschiedlich umgesetzt . In Deutschland geht er sehr weit und durchdringt zahlreiche gesellschaftliche Bereiche . (Bommes 2006: 106) Bommes verweist darauf, dass es in der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf die internationale Zuwanderung sehr starke staatliche Regulations- und Kontrollmechanismen im Wirtschafts-, Bildungs-, Gesundheits- oder Rechtssystem gibt . Die Legalisierung illegaler Migration ist in Deutschland (anders als beispielsweise in Griechenland, Spanien oder Italien) politisch und zivilgesellschaftlich kaum durchsetzbar . Nach Ansicht von Bommes sind unterschiedliche Staatstraditionen Auslöser eines eher restriktiven oder weniger restriktiven Umgangs mit Legalisierungen und Amnestien (vgl . Bommes 2006: 108 f .) . Laubenthal arbeitet an den Beispielen Schweiz, Frankreich und Spanien heraus, welche Voraussetzungen dort für eine Legalisierung illegaler Migration vorliegen (vgl . Laubenthal 2007: 226 ff .) . Deutschland bleibe an vielen Stellen hinter den dortigen Bedingungen deutlich zurück; dies zeige sich insbesondere an dem geringen Grad der Selbstorganisation illegaler Migrant(inn)en sowie der verhaltenen Wahrnehmung und eingeschränkten Lobbyarbeit für die Rechte dieser Bevölkerungsgruppen (vgl . Fisch 2009) . 162
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
Diskurse zur staatlichen Migrations- und Grenzkontrolle nehmen einen sehr breiten Raum in der wissenschaftlichen Forschung ein . Häufig aus diskurs- und machttheoretischen Perspektiven werden die unterschiedlichen nationalen und internationalen (Gewalt-)Formen zur Verhinderung von Grenzüberschreitungen sowie das Verfolgen und die Sanktionierung irregulärer Migration thematisiert . Gerade die Machtmechanismen und Grenzregime zur Sicherung der EU-Außengrenzen (auch außerhalb Europas, z .B . in Nordafrika; vgl . Abb . 38), der politische, repressive Umgang mit irregulärer Migration sowie die europäische Migrationspolitik sind sehr häufig Mittelpunkt dieser kritischen Analysen (vgl . Goel 2012: 165 ff .; Krause 2012: 189 ff .; Yaghmaian 2011: 34 f .; Beiträge in Hess/Kasparek 2010; Belina 2010: 189; Beiträge in Transit Migration Forschungsgruppe 2007; Schwenken 2006: 173 ff .) . Die Debatten zur Kontrolle irregulärer Migration setzen sich unter anderem mit der Frage auseinander, inwieweit den Menschenrechten der illegalen Migrant(inn)en ein Vorrang vor dem Recht der Nationalstaaten auf Zuwanderungskontrolle einzuräumen ist (vgl . Bielefeldt 2006: 81 ff .) . Bommes führt an, dass illegale Migrationen (wie alle Migrationen) auch weitere gesellschaftliche Bereiche und Systeme jenseits der Märkte und Ökonomien tangieren, z . B . Bildungs-, Gesundheits- oder Rechtssystem sowie Politik und Medien . Dies habe erhebliche Strukturfolgen für die Gesellschaften und Auswirkungen auf die sozialen Verteilungs- und Ungleichheitslagen (vgl . Bommes 2006: 102) . Hier offenbart sich ein erheblicher Forschungsbedarf, den auch eine humangeographische Sicherheitsund Kriminalitätsforschung in den Blick nehmen könnte . Für eine humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung sind auch illegale ökonomische Transaktionen und entsprechende Präventionsmaßnahmen/-versuche von Interesse, die sich entlang internationaler Grenzen abspielen . Gedacht ist hierbei insbesondere an illegalen Warenhandel über Grenzen (z .B . Schmuggel) . Eine grundlegende Systematisierung des Themas hat Girtler (2006) vorgenommen . Er schlägt eine Typologie des Schmuggels und der Schmuggler(innen) vor, bei der nicht nur die Illegalität des Schmuggelns im Vordergrund steht (z .B . grenzüberschreitende Aktivitäten der Mafia und Schmuggel mit Drogen), sondern auch die ökonomischen Kalküle der Schmuggler(innen) und deren soziale und politischen Motive thematisiert werden (vgl . Girtler 2006: 172 ff .) . Bruns sieht im Schmuggel an den EU-Außengrenzen vor allem eine ökonomische Strategie armer Haushalte, die negativen Effekte ökonomischer Transformationsprozesse (z .B . in Polen) zu bewältigen sowie eine Pluralisierung der Erwerbsarbeit herbeizuführen (vgl . Bruns 2010: 255) . Schmuggeln wird demnach als eine bewusste und rationale Entscheidung aufgefasst, durch illegale ökonomische Transaktionen die sozio-ökonomische Lebenssituation der Haushalte zu verbessern (vgl . dazu die Beiträge in Bruns/ Miggelbrink 2012, mit Bezug auf Osteuropa Wagner/Lukowski 2010) . 163
Analyse von Machtdiskursen und Grenzregimen
Strukturelle Folgen illegaler Migration
Illegale grenzüber schreitende Ökono mien – Schmuggel
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
Abb. 38: Von der EUGrenzschutzagentur FRontEX dokumentierte illegale Grenzübertritte an den EUAußengrenzen 2010 (Quelle: Frontext 2011: 23)
Innerhalb der Humangeographie ist diese Thematik bisher erst in Einzelfällen untersucht worden . Nicht zuletzt aufgrund des unbestimmten Verhältnisses zwischen Illegalität und Kriminalität sind Phänomene im Zusammenhang mit illegalen Grenzüberschreitungen und illegalen Wanderungsprozessen bisher kaum in den Fokus einer humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsforschung geraten . Dabei bieten die in Kapitel 2 thematisierten (raum-)theoretischen Perspektiven sehr gute Ansatzpunkte, um aus einer geographischen Beobachtungsposition heraus noch stärker an der wissenschaftlichen Bearbeitung dieses Themenfeldes mitzuwirken . In dem in diesem Abschnitt skizzierten Gegenstandsbereich sind Verräumlichungen, Grenzziehungen und die damit verbundenen Vorurteile und Vorverurteilungen in medialen, sozio-ökonomischen oder politischen Kommunikationszusammenhängen umfassend vertreten . Die soziale Bedeutung und politische Instrumentalisierung von Verräumlichungen und Grenzen könnten gerade in Bezug auf 164
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
illegale Migration, Schmuggel und Migrationskontrollmechanismen hilfreich sein . 6.1.3 Sicherheit und Kriminalität im Kontext sozio-ökonomischer Polarisierungen Varianten der Behauptung, dass die Armen bzw . die sozial Benachteiligten bzw . die Unterschichten in besonders hohem Maß zu abweichendem Verhalten und auch zu Kriminalität tendieren, [waren und sind] in den Medien, aber auch in der sozialwissenschaftlichen Diskussion weit verbreitet . (Scherr 2011: 203)
Desintegration – Soziale Polarisierung – Kriminalität?
Eine erste theoretische Begründung für diese Argumentationsmuster liefert der desintegrationstheoretische Ansatz . Kriminalität oder abweichende Verhaltensweisen werden nach diesem Ansatz zu einem erheblichen Anteil auf Erfahrungen mit mangelnder sozialer, politischer und/oder ökonomischer Integration zurückgeführt (vgl . Heitmeyer, 2002: 13 ff .) . Sie gelten als ein Indikator für die Desintegration bestimmter Bevölkerungsgruppen . Zweitens gehen auch anomietheoretische Erklärungsansätze davon aus, dass individuell wahrgenommene Unterschiede zwischen der eigenen und der potenziellen ökonomischen Teilhabe ein Auslöser für abweichendes Verhalten und Kriminalität sein können (vgl . Abschn . 1 .3 .2) . Soziale Polarisierungen und deutlich sichtbare Gegensätze zwischen Arm und Reich können als Kernbedingungen für Kriminalität verstanden werden . Armut löst zwar nicht grundsätzlich Kriminalität aus . Wenn die eigene Armut allerdings dauerhaft als benachteiligend wahrgenommen wird und dazu führt, dass gesellschaftlich erstrebenswerte und sozial erwartete finanzielle Erfolge sich auch bei Anstrengung nicht realisieren lassen, dann sind – anomietheoretisch – hohe Kriminalitätsraten ein normales Ergebnis (vgl . Merton 1968: 299) . Im Abschn . 6 .1 .2 stand im Mittelpunkt, wie Individuen und Gruppen ein starkes sozio-ökonomisches Gefälle durch Migrationsprozesse und Grenzüberschreitungen auszugleichen versuchen und inwieweit dabei Sicherheitsthemen, Illegalität und Kriminalität als Begleiterscheinungen auftreten . In diesem Abschnitt sollen nun solche Gegenstandsfelder behandelt werden, bei denen ebenfalls die Diskrepanzen zwischen Arm und Reich als argumentative Hintergründe für Kriminalität und Unsicherheit herangezogen werden (könnten), diese allerdings nicht mit Migrationsprozessen in Zusammenhang stehen: • • •
Kriminalität und Sicherheit im (Fern-)Tourismus, weltweiter illegaler Drogenhandel sowie Kinderarbeit im Globalen Süden . 165
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
Gemeinsam ist diesen Beispielen, dass Kriminalität und abweichendes Verhalten in ökonomischen Kontexten beobachtet wird und dabei die Spannweiten sozio-ökonomischer Polarisierungen auf globaler Ebene zum Tragen kommen . Humangeographisch sind diese drei Gegenstandsfelder bedeutsam, weil z . B . bei der Zuschreibung von (potenziellen) Opfer- und (potenziellen) Täterrollen und den Rahmenbedingungen von Kriminalität immer wieder über Räumliches oder Verräumlichungen (z . B . Nationalitäten, regionale Kulturkreise) argumentiert wird . Kriminalität und Sicherheit im Tourismus Abb. 39: warnung für touristen vor taschen dieben (Quelle: dIeter schütz/pixelio.de)
Unsicherheit und Versicherheitlichung touristischer Räume
In öffentlichen und massenmedialen Diskursen ist das Reisen in ferne Länder immer wieder mit Unsicherheit verbunden . Je größer die „kulturelle“ und sozio-ökonomische Distanz sowie die Fremdheit wahrgenommen werden, desto stärker drängt auch das Thema Sicherheit in den Vordergrund . In vielen Reiseführern und beispielsweise dem Informationsportal des Auswärtigen Amtes werden gerade für die Länder des Globalen Südens Warnhinweise für Tourist(inn)en mitgeteilt .35 Gewarnt wird unter anderem vor öffentlichen Plätzen oder bestimmten Stadtteilen . Dabei ist evident, dass den Tourist(inn)en Diebstahl oder Gewaltanwendung droht (vgl . Abb . 39), während vor allem verarmte Einheimische als die Bedrohung konstruiert werden . Dass Sicherheit im touristischen Kontext eine große Rolle spielt, zeigen die regelmäßig wiederkehrenden Einbrüche der Touristenzahlen z .B . in Krisenzeiten oder nach Terroranschlägen (vgl . Aschauer 2006) . Schmude/ Heumann argumentieren, dass bei Tourist(inn)en die „Wahrnehmung des Aspekts Sicherheit … eine entscheidende Bedeutung für spätere Reiseentscheidungen [besitzt], da eine Destination, die durch eine persönliche negative Erfahrung ‚stigmatisiert‘ ist, als künftiges Reiseziel besonders unattraktiv wird .“ (Schmude/Heumann 2009: 92) .Wenn touristische Destinationen öffentlich in einen Zusammenhang mit Krisen, Kriminalität und Unsicherheit gebracht werden, so setzen stets und rasch die Reparatur- und Beschwichtigungsbemühungen der lokalen oder nationalen Tourismuswirtschaft, der regionalen Tourismusverbände oder betroffenen Kommunen ein . Im Zusammenhang mit den Fußballweltmeisterschaften in Südafrika 2010 und in Brasilien 2014 wurden beispielsweise vom kommunalen Sicherheitsmanage35 Vgl . z .B . http://www .lonelyplanet .com/travel-tips-and-articles/76192 oder http:// www .auswaertiges-amt .de/DE/Laenderinformationen/01-Reisewarnungen-Liste_ node .html (letzter Zugriff 6 . Januar 2015) 166
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
ment umfangreiche Präventionsstrategien zum Schutz der Tourist(inn)en vor Kriminalität und zur Sicherung des touristischen Erlebens umgesetzt . Diese wurden dann auch Gegenstand wissenschaftlicher Diskurse . So wird die Unsicherheit und Versicherheitlichung (Securization) touristischer Räume in den Fokus genommen und analysiert, z .B . die Bubbles of Security in Durban (vgl . Hentschel 2010: 121), Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in öffentlichen Verkehrsmitteln in Südafrika (vgl . Habacker 2010: 154 ff .), die „Säuberung“ brasilianischer Favelas von Drogenkartellen (vgl . Steinbrink 2013: 141 ff .) oder die Regulation des Straßenhandels unter anderem zur Sicherung touristischen Erlebens (Redepenning et al . 2010: 209 f .) . Unsicherheit und Kriminalität können auch ein „Markenzeichen“ touristischer Destinationen werden . Am Beispiel des Slumtourismus (vgl . Abschn . 5 .1 .5) lässt sich z .B . verdeutlichen, dass geführte Touren in die Marginalsiedlungen immer auch mit dem Thema Unsicherheit und Kriminalität (insbesondere Drogenhandel) verbunden sind bzw . verbunden werden . So werden bei Slumtouren durch Dharavi in Mumbai oder durch Favelas in Rio de Janeiro die Themen Unsicherheit und Kriminalität nur indirekt angesprochen, indem deren Existenz z .B . in anderen Slums bzw . Favelas verortet oder als ein vergangenes Phänomen kommuniziert wird . Die eigene Tour wird als absolut oder sehr sicher angepriesen (vgl . Meschkank 2011: 56; Rolfes 2010: 432 ff .) . Durch eine Markierung mit Unsicherheitsattributen erlangen solche Räume eine touristische Attraktivität . Dark Tourism Unsicherheiten und Bedrohungen scheinen auch bei solchen touristischen Entscheidungen eine Anziehungskraft auszuüben, die Touren in aktuelle oder ehemalige Krisen- oder Katastrophengebiete betreffen, z .B . zum Ground Zero in New York, zum „Katastrophenreaktor“ und zur Stadt Tschernobyl, in Gebiete mit Hochwasserereignissen (Oderbruch, New Orleans, …), in Konzentrationsoder Gefangenenlager oder auch in Kriegs-/Krisengebiete . Empirische Untersuchungen und theoretische Konzeptionen zum Tourismus in Kriegs- oder Krisengebiete (danger-zone-tourism) gibt es aber bisher kaum . Insbesondere erscheint die Frage nach den touristischen Motiven für ein Aufsuchen dieser Destinationen sowie ihrer semantischen Aufladungen sowohl in theoretischer wie auch empirischer Hinsicht lohnenswert (vgl . Buda 2012: 48 ff .) . Diese mit Tod, Krieg, Kriminalität und Leiden in Verbindung stehenden touristischen Praxen nimmt vor allem der Dark Tourism ins Visier, der insbesondere in der angelsächsischen Forschung bereits weit verbreitet ist (vgl . Stone/Sharpley 2008: 576) . 167
Unsicherheit und Kriminalität als Kennzeichen touristischer Destinationen
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
tourist(inn)en: opfer und täter(innen)
Sex und Prostitutionstourismus
Prävention von Sextourismus
War bisher von Tourist(inn)en vor allem in einer (potenziellen) Opferrolle die Rede, so zeigen wissenschaftliche Studien, dass sie auch als Täter(innen) im Fokus stehen können . Beispielsweise weist Michalkó für den internationalen Tourismus in Ungarn nach, dass ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Touristenaufkommen und Kriminalität besteht . Dabei werden mittel- und westeuropäische Tourist(inn)en vorwiegend Opfer von Eigentumsdelikten, während Tourist(inn)en aus Osteuropa durch Zollrechtsverletzung oder Ladendiebstähle als Täter(innen) auffallen (vgl . Michalkó 2005: 78 ff .) . Eine klare Zuweisung, nach der Tourist(inn)en überwiegend Opfer und Einheimische überwiegend Täter(innen) sind, kann somit nicht aufrechterhalten werden . Männliche Touristen treten insbesondere beim Sex- und Prostitutionstourismus in einer sehr perfiden Funktion als (potenzielle) Täter in Erscheinung . Hierbei sind die Frauen und Kinder in den Zielländern die potenziellen Opfer dieses touristischen Phänomens . In der medialen Wahrnehmung wird diese Tourismusform vor allem in Südostasien und den karibischen Inseln verortet . Dort, so zeigen bisherige wissenschaftliche Studien, hat der Sextourismus eine sehr große ökonomische Bedeutung (vgl . Qian et al . 2012: 121) . Aber auch an den innereuropäischen Grenzen lassen sich entsprechende ökonomische Aktivitäten beobachten, z . B . an der deutsch-tschechischen Grenze (vgl . Breuer 2012) . Auch wenn im internationalen Sex- und Prostitutionstourismus nicht immer sofort entscheidbar ist, ob es sich bei der Inanspruchnahme von Sexarbeit durch die Touristen um kriminelle Handlungen handelt, so lassen sich im Kontext dieses touristischen Phänomens eine Vielzahl krimineller Aktivitäten identifizieren . Beispielsweise wird im Umfeld sextouristischer Ökonomien auch Menschenhandel (human trafficking), Zwangs- oder Kinderprostitution und Kinderpornographie betrieben (vgl . Pfeiffer 2004 33 ff .; Howe 2004: 34 ff .) . Als Motivation für Sexarbeit und das Entstehen einer Sexökonomie wird vor allem die Sicherung der physischen Existenz und das Entkommen aus der Armut identifiziert (vgl . Geisler 2004: 29 f .) . Ein sozio-ökonomisches Gefälle zwischen Anbieter(inne)n und Nachfrager(inne)n ist somit auch für diese Tourismusform konstitutiv . Wissenschaftliche Studien untersuchen in diesem Zusammenhang auch die damit verbundenen Negativ-Stigmatisierungen der Sexarbeiter(innen) . Die Etikettierungen haben überwiegend negative Folgen für deren Lebenssituation und die Fremdwahrnehmung (vgl . Bahl/Ginal 2012: 206 ff .; Lamnek 2005: 275 ff .) . Die ohnehin schwierige sozio-ökonomische Lage wird dadurch zusätzlich stark belastet . Auch Strategien und Maßnahmen zur Bekämpfung und Eindämmung sextouristischer Ökonomien und ihrer Begleiterscheinungen stehen im Fokus der Forschung (vgl . Graf/Wengertsmann 2006: 259 ff .) . Im Feld des Monitorings und der Prävention von (Zwangs-)Prostitution, Sextourismus sowie dem damit in Verbindung stehenden Menschenhandel sind zahlreiche internationale Nichtregierungsorganisationen sowie national wie internati168
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
onal agierende Sicherheitsbehörden aktiv . Ihre Operationsebenen sind in der Regel bestimmte Räume (z .B . Grenzregionen, Rotlichtviertel oder Partymeilen in Tourismusregionen) und deshalb ein Anknüpfungspunkt für eine humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung . Illegaler Drogenhandel Zur Systematisierung des weltweiten illegalen Drogenhandels36 kann auf ein Bild von Lessmann verwiesen werden, der „das Geschäft mit illegalen Drogen auf pflanzlicher Basis … als Sanduhr darstell[t mit] zwei bauchig-voluminöse[n] Enden, verbunden durch einen engen Flaschenhals .“ (Lessmann 2012: 572) . Die eine Seite der Sanduhr symbolisiert die Vielzahl der Produzent(inn)en pflanzlicher Drogen, die andere Seite die hohe Zahl an Straßendealer(inne)n und Drogenkonsument(inn)en, und die Engstelle, der Flaschenhals, die vergleichsweise geringe Zahl von Akteur(inn)en bei der Organisation der weltweiten Drogenökonomie . Im Hinblick auf die Situation und Akteure in den Erzeugerländern lassen sich zunächst keine illegalen Aktivitäten identifizieren . Vielmehr stellt der Anbau eine (überlebens-)notwendige ökonomische Aktivität dar .
Illegaler Drogenhandel als Sanduhr
Situation und Akteure in den Erzeugerländern
Am einen Ende produzieren relativ viele Menschen in relativ großen geographischen Räumen große Mengen an Pflanzenmaterial . … Die große Mehrzahl dieser Bauern wird vom Wunsch angetrieben, für sich und ihre Familien ein Auskommen zu finden . Kriminelle Energie spielt auf dieser Ebene kaum eine Rolle . … Repressive Maßnahmen sind hier nicht zweckmäßig und führen eher zu einer Ausbreitung der Probleme . Gefragt ist vielmehr Schadensbegrenzung und Hilfe für die betroffenen Menschen und Regionen zur Lösung ihrer Probleme wie dem zunehmenden Eigenkonsum von Drogen, sozialem Zerfall, Entwaldung und Umweltzerstörung . Vor allem sind Projekte in Zusammenarbeit mit den Bauern zur Schaffung von Einkommensalternativen und Lebenssicherheit erforderlich . (Lessmann 2012: 572) Bei der Suche nach geographischen Beiträgen, die sich mit dem weltweiten Drogenhandel und seinen lokalen Kontexten befassen, wird man in der deutschsprachigen Geographie nur vereinzelt fündig . Die Mehrzahl der Studien beschreibt und analysiert aus der Perspektive der Exportländer die Anbauprozesse und Produktionsbedingungen der Drogenpflanzen, den nationalen Stellenwert der Drogenökonomie, die formellen, informellen und 36 Zum Versuch einer konstruktivistisch inspirierten Systematisierung und Klärung des Drogenbegriffs sowie der Problematisierung von sogenannten Drogenproblemen, -konsum und -politiken vgl . Duprez/Grönemeyer 2009: 6 ff . 169
Geographische Beiträge zum Drogenanbau und Drogenhandel
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
organisation der Drogenökonomie
gewaltbasierten Regulierungsversuche sowie die globalen Verflechtungen (vgl . Mertins 2007: 176 ff . und 2004: 43 ff .; Kreutzmann 2004: 54 ff .; Müller, 1999: 334 ff .) . Ebenfalls thematisiert werden die Wechselwirkungen zwischen Drogenhandel und Gewaltökonomien sowie die daraus resultierende Unsicherheit und Kriminalität insbesondere in den Marginalsiedlungen vorwiegend lateinamerikanischer Megacities (vgl . Mertins/ Müller 2008: 48 ff .; Lanz 2007: 191 ff .; Lopes de Souza 1995: 238 ff .) . Während damit von Geograph(inn)en vor allem die Situation in den Produktionsländern ausgeleuchtet wird, stellt auch die weltweite Organisation der Drogenökonomie und die damit in Verbindung stehende organisierte Kriminalität ein mögliches Forschungsfeld dar . Hier … organisieren relativ kleine, hermetisch abgeschottete kriminelle Organisationen Weiterverarbeitung,Transport und Großhandelsverkauf der Drogen . Ein durch die Prohibition gegebenes hohes Risiko und entsprechend hohe Gewinnspannen führen dazu, dass hier große Summen in wenigen Händen konzentriert werden, was ihnen beachtliches Machtpotential verleiht . Die illegalen Unternehmen setzen auf Klandestinität und Korruption . Aber sie brauchen auch einen eigenen Gewaltapparat zur Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber Geschäftspartnern, Konkurrenz und Staat . Überschneidungen von illegalen und legalen Geschäften und Apparaten machen die Lage unübersichtlich und erschweren die Strafverfolgung . Hier liegen die Hauptgefahren für Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie – nicht nur in den sogenannten institutionell schwachen Staaten . (Lessmann 2012: 573)
lokale Dealer und Konsumentenwelt
Diese illegalen Organisationsstrukturen, weltweiten Verflechtungen und Transportwege sind bisher in der Geographie kaum analysiert worden (vgl . Corva 2008: 176; Kreutzmann 2004: 58 f .) . Diese Aufgabe übernehmen in der Regel nationale oder internationale Strafverfolgungsbehörden (z .B . CIA, vgl . Abb . 40) oder Nichtregierungsorganisationen (z .B . das United Nations Office of Drugs and Crime37) . Die internationalen Organisationsformen der Drogenökonomie sind mit den in den Abschn . 6 .1 .1 und 6 .1 .2 angesprochenen Phänomenen und deren kriminellen und illegalen Begleiterscheinungen (z . B . internationale Konflikte, Terrorismus, illegale Grenzüberschreitungen, irreguläre Migration, Schmuggel) stark verflochten (vgl . Jenner 2011: 908 f .) . Das Heer der Straßendealer(innen), der Gelegenheitskonsument(inn)en und der Süchtigen stellt nach Lessmann die andere große Seite der Sanduhr des Drogenhandels dar . Durch die Drogenpolitiken würden die Kon-
37 Vgl . http://www .unodc .org/unodc/index .html (letzter Zugriff: 6 . Januar 2015) . 170
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
aus Südostasien
„Goldener Halbmond“ „Goldenes Dreieck“
nach Asien Handelswege Opiate Kokain Anbaufelder Opium Kokain
in die USA aus den USA
Quelle: CIA Map of International drug pipelines, geändert
Abb. 40: transportrouten und Anbaugebiete pflanzlicher Drogen (Quelle: cIA 200038)
sument(inn)en in umfassendem Umfang kriminalisiert, was Überlastungen von Gerichten und Haftanstalten zur Folge habe, ohne dass das „Drogenproblem“ auch nur annähernd gelöst sei . Täter-Opfer-Differenzen ließen sich kaum identifizieren (vgl . Lessmann 2012: 572 f .) . Die Thematik der lokalen Drogenmärkte und ihre facettenreiche Komplexität stellt ein interdisziplinäres Forschungsfeld dar . Für Deutschland wurden die lokalen Drogenmärkte, ihre Akteure und Rahmenbedingungen am Beispiel der Stadt Frankfurt/M . umfassend analysiert und dargestellt (vgl . die Beiträge in Werse 2008) . Für die angelsächsische Geographie haben Wilton/Moreno ausgeführt, dass dort bereits eine kritische Masse an Beiträgen für eine Critical Geography of Drugs and Alcohol vorliegt .39 Vor allem im Hinblick auf städtische und öffentliche Räume behandeln die Beiträge den Konsum von Drogen und Alkohol, die staatlichen und kommunalen Präventionspraxen und Regulierungsweisen gegen den illegalen Drogenkonsum sowie Maßnahmen der suchtbezogenen Gesundheitsförderung, Therapie und Entwöhnung (vgl . Wilton/Moreno 2012: 100) . Gegen den professionellen Drogenanbau und -export, die weltweit operierende, organisierte (Drogen-)Kriminalität und den Drogenkonsum werden auf kommunaler, nationaler und internationaler Ebene Drogenpräven38 Verfügbar unter Public Broadcasting Service, Major Narco Trafficking Routes and Crop Areas, FRONTLINE: drug wars, http://www .pbs .org/wgbh/pages/frontline/shows/ drugs/business/map .html (letzter Zugriff: 6 . Januar 2015) . 39 Vgl . die übrigen Beiträge in dem Special Issue „Critical Geography of Drugs and Alcohol“ der Zeitschrift Social and Cultural Geography Heft 2/2012 . Abrufbar unter http:// www .tandfonline .com/toc/rscg20/13/2 (letzter Zugriff: 6 . Januar 2015) . 171
Drogenpolitiken
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
tionspolitiken und Repressionsmaßnahmen in Stellung gebracht (vgl . Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht 2010: 24 ff .) . Gerade repressive Maßnahmen, wie sie im Kontext des von der US-Regierung ausgerufenen War on Drugs (Krieg gegen Drogen) durchgeführt werden (z . B . Vernichtung von Drogenpflanzen, Inhaftierung von Drogenkonsument(inn)en), gelten als wenig effizient . Repressionen jeglicher Art würden die Drogenkonsument(inn)en kriminalisieren, in den Untergrund drängen und dadurch z .B . das HIV- und Gesundheitsrisiko erhöhen . Auch gebe es Hinweise darauf, dass sich die Produktion pflanzenbasierter Drogen durch den Drogenkrieg nicht signifikant einschränken lasse (vgl . Weltkommission für Drogenpolitik 2012: 2 ff .; Lessmann 2012: 573) . Corva sieht in dem US-amerikanischen Drogenkrieg eine neoliberal motivierte Instrumentalisierung der Drogenpolitik, um ein repressives und restriktives Vorgehen gegen Personen, Gruppen und Staaten zu legitimieren (vgl . Corva 2008: 176) . Mit Bezug auf die EU-Länder argumentieren Duprez und Grönemeyer: Jenseits einer gemeinsamen Problematisierung als Kriminalität und Gesundheitsrisiko gibt es nicht das Drogenproblem . Vielmehr gibt es verschiedene Konsumformen in verschiedenen sozialen Kontexten mit unterschiedlichen Gruppen von Betroffenen, die nicht in gleicher Weise problematisiert und Gegenstand von Drogenpolitik werden . (Duprez/Grönemeyer 2009: 9)
legalisierung von Drogen
Vor allem in Politik, Medien und Alltagswelt keimen immer wieder Diskussionen über das Pro und Contra einer Legalisierung von Drogen auf . Das Thema Drogenlegalisierung ist aber nur ein Teilaspekt drogenpolitischer Interventionen . Angesichts der starken Differenzen nationaler Interventionsstrategien und strafrechtlicher Bedrohungsszenarien wird in der einschlägigen sozialwissenschaftlichen Forschung die Frage diskutiert, „ob die drogenpolitischen Programme und Maßnahmen denn tatsächlich geeignet sind, einen Einfluss auf den Drogenkonsum und die Drogenprobleme auszuüben“ (Duprez/Grönemeyer 2009: 25). Studien, die die Effekte landesspezifischer Drogenpolitiken auf die Ausmaße von Drogenabhängigkeit oder den Drogenkonsum zum Ziel hatten, konnten keine relevanten Wirkungen feststellen . „Egal, ob Sanktionen angedroht werden oder nicht – die Maßnahmen haben weder Auswirkungen auf die Drogenprävalenz noch auf die Konsumbereitschaft von Nicht-Konsumenten bzw . die Häufigkeit des Konsums .“ (Reuband 2009: 201) .
172
GloBAlE UnD GEoPolItISchE PERSPEKtIVE
Globale Ökonomien und Kinderarbeit Die globalisierten Märkte bringen es mit sich, dass in den Konsumwelten des Globalen Nordens mittlerweile Waren angeboten werden, die unter Einsatz oder Ausbeutung von Kinderarbeit produziert werden . Nach Schätzungen der Internationalen Arbeiterorganisation (ILO) war im Jahr 2008 von ca . 215 Mio . Kinderarbeiter(inne)n auszugehen (vgl . Liebert 2012: 11) . Das Ausmaß der Kinderarbeit ist seit den 1980er Jahren rückläufig, nicht zuletzt durch eine massenmediale Thematisierung und Skandalisierung im Globalen Norden . Kinder und Teenager sind in der Herstellungskette vieler Gebrauchsgüter und Lebensmittel involviert, wie Menschenrechtsgruppen, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften kritisieren . Sie sind auf Minderjährige gestoßen, die in Vietnam Tee pflücken, in Pakistan Teppiche knüpfen, in Peru Kunsthandwerk schnitzen, sich in Ägypten oder Tadschikistan auf Baumwollplantagen mit Giften gegen Schädlinge plagen, in Guatemala Bananen für den europäischen Markt ernten, in El Salvador auf Zuckerrohrfeldern mit scharfen Messern hantieren oder in indischen Steinbrüchen mit schwerem Gerät Naturstein für deutsche Küchen oder Rathausplätze aus dem Fels hauen . (Hahn 2012: 42)
Für eine humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung ist dieses Phänomen relevant, weil der Kinderarbeit in vielen Ländern des Globalen Nordens sehr enge juristische Grenzen gesetzt sind und Verstöße bestraft werden, ihre Ökonomien aber gleichzeitig von (illegaler) Kinderarbeit und Kinderausbeutung profitieren . Denn Kinderarbeit ist in den handwerklichen oder industriellen Produktionsstätten des Globalen Südens unter anderem zur Sicherung des Einkommens von Armutshaushalten durchaus verbreitet (vgl . Kraft 2012: 18 ff .; Graner 2002: 21 f .), vor allem in den ländlichen Regionen . „Kinderarbeit ist besonders häufig dort anzutreffen, wo Armut, Analphabetismus und eine geringe Schuldichte sowie ein geringer gewerkschaftlicher Organisationsgrad vorherrschen …“ (Liebert 2012: 13) . Teilweise lässt sich eine große Nachfrage nach Kinderarbeit vor allem in wachsenden Volkswirtschaften beobachten, da dort die Nachfrage nach billigen Arbeitskräften besonders hoch ist (Wohlstandsparadox) (vgl . Küppers 2012: 25) . Außer den physischen und psycho-sozialen Belastungen, die mit Kinderarbeit verbunden sind, fehlen dann häufig auch die Zeit und die Energie für den regelmäßigen Schulbesuch . Vor allem illegale Ökonomien und Gewaltökonomien (vgl . Abschn . 6 .1 .1) profitieren von Kinderarbeit . Kinderpornographie, Kinderprostitu173
Ursachen und Folgen von Kinderarbeit
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
Kinderarbeit in illegalen Ökonomien und Gewaltökonomien
Maßnahmen gegen ausbeuterische Kinderarbeit
tion, das gesundheitsbelastende Fördern von wertvollen Rohstoffen wie z . B . Coltan, Drogenschmuggel oder die Rekrutierung von Kindersoldat(inn)en gelten einerseits als die schlimmsten Ausformungen von Kinderarbeit (vgl . Liebert 2012: 13), versprechen andererseits aber auch die größten Gewinne, und zwar nicht nur in den Ländern des Globalen Südens (vgl . Küppers 2012: 24) . Wirksame Maßnahmen gegen ausbeuterische Kinderarbeit erfordern gerade in diesen Marktsegmenten ein globales Engagement . Dabei reicht es nicht, nur die Arbeitsmarktbedingungen in den Produktionsländern sozialpolitisch oder arbeitsmarktrechtlich zu reformieren; auch auf Seiten der Nachfrager(innen) dieser Produkte, also in der Regel im Globalen Norden, bedarf es einer grundlegenden Änderung der Vermarktungs- und Verkaufsstrukturen sowie des Konsumentenverhaltens (vgl . Küppers 2012: 24 ff .; Hütz-Adams 2012: 17 ff .) . Diskutiert werden diesbezüglich z .B . Fair Trade-Produkte (vgl . Hahn 2012: 41 ff .) . Es handelt sich also um ein komplexes Forschungsfeld, das im Überschneidungsbereich von internationaler ökonomischer Verflechtung und illegaler Beschäftigung angesiedelt ist .
Die Themenfelder illegale Migration, Kriminalität und Tourismus, weltweiter Drogenhandel und Kinderarbeit zeigen, dass sich im Spannungsfeld um globale sozio-ökonomische Polarisierungen viele Aspekte identifizieren lassen, die aus der Perspektive einer humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsförderung bearbeitet werden können . Deutlich wird dabei, dass die Grenzen zwischen Illegalität und Legalität fließend sind und immer wieder Verräumlichungen sowie räumliche Differenzierungen für (Il-)Legalisierungen, Kriminalisierungen und Versicherheitlichungen konstitutiv sind . Bei allen Feldern zeigt sich ebenfalls, dass eine interdisziplinäre Herangehensweise sinnvoll erscheint, um die zentralen Fragestellungen erschöpfend zu bearbeiten .
6.2 (Un)Sicherheiten und Anschlussfähigkeiten Die Ausführungen in diesem Buch zeigen, dass für eine erschöpfende Behandlung der aufgeworfenen Themen und Fragestellungen viele Teildisziplinen der Humangeographie einbezogen werden müssen und darüber hinaus auch eine interdisziplinäre Perspektive eingenommen werden sollte (vgl . Abb . 41) . Zahlreiche Fragestellungen, die im Fokus einer humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsforschung liegen, können sich von Arbeiten und Erkenntnissen aus anderen Disziplinen instruieren und inspirieren lassen . Die Größe der Überschneidungsbereiche und Synergien sowie des Inspirationspotenzials hängt dabei von der jeweiligen Fragestellung ab . 174
(Un-)SIchERhEItEn UnD AnSchlUSSFähIGKEItEn
Rechtswissenschaft Stadtgeographie
Stadtforschung Segregationsforschung
Sozialgeographie
Geographische Risikoforschung
Humangeograpische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung
Sozialwissenschaft • Stadtsoziologie • Kriminalsoziologie • Sozialforschung
Abb. 41: Anschluss fähigkeiten und Inspirationsquellen einer humangeogra phischen Sicherheits und Kriminalitätsfor schung
Migrationsforschung Politische Geographie Architektur/Städtebau Neue Kulturgeographie Kriminologie
Politikwissenschaft • Konfliktforschung • Kommunalwissenschaft
In diesem Buch ist der Versuch unternommen worden, die Arbeits- und Forschungsfelder einer humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsforschung abzustecken . Dabei ist deutlich geworden, dass es kaum möglich ist, ein einheitliches Themenfeld zu bestimmen, das klar abgrenzbar ist . Unübersichtlich wird das Themengebiet vor allem durch das Begriffspaar Unsicherheit/Sicherheit . Während nämlich Kriminalität und Kriminalisierung auf vergleichsweise gut identifizierbare und abgrenzbare gesellschaftliche Praxen verweisen (z .B . das Ausüben strafbarer Handlungen, das Betroffensein von Straftaten, das Agieren von Polizei und Gerichten, kommunale oder nationale Kriminal- und Präventionspolitik), erscheinen die Begriffe Unsicherheit bzw . Versicherheitlichung wesentlich komplexer . Sie treten nämlich nicht nur im Umfeld von Kriminalität, Kriminalisierungen oder Präventionspolitik auf, sondern durchziehen nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche . Folgt man Luhmann, so ist dies unabwendbar, denn alle Entscheidungen sind mit Risiken und somit auch mit Unsicherheit verbunden (vgl . Abschn . 1 .2) . Insofern hat es eine humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung, die sich auch über den Unsicherheitsbegriff konstituiert, schwer, ihr Gegenstandsfeld zu definieren . Deshalb ist in diesem Buch ein Sicherheitsbegriff zum Thema gemacht worden, der mit Kriminalität, Kriminalisierung (inkl . Kriminal- und Präventionspolitik) und teilweise auch Gewalt im Zusammenhang steht . Eine Geographie der (Un-)Sicherheit, die gleichzeitig auch noch den Begriff der Versicherheitlichung bzw . Securization mitführt, wird z . B . von Korf/Ossenbrügge zu etablieren versucht . Was Unsicherheit auslöst oder bedeutet, reicht bei ihnen deutlich über die Begriffe Kriminalität, Kriminalisierung und Gewalt hinaus . So geraten z .B . der Krieg gegen den Terror, „… internationale Migrationsströme, Klimakriege, Umweltsicherheit, Ge175
Ausgangspunkt: wech selspiele zwischen Kriminalität, Kriminali sierung, Gewalt und (Un)Sicherheit
Kritischer Blick auf eine Geographie der (Un)Sicherheit
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
Geographische Risikoforschung
Synergieeffekte
sundheitsrisiken und Gewalt in Megastädten“ (Korf/Ossenbrügge 2010: 168), die auch als kleine und/oder existenzielle Ausnahmezustände bezeichnet werden (vgl . Korf/Ossenbrügge (2010: 169), in den Fokus der von ihnen propagierten Geographie der (Un-)Sicherheit . Vor allem die politischen Regulierungsweisen (Securization) angesichts dieser Bedrohungsphänomene werden zum Forschungsgegenstand . Dadurch kann dann auch der Klimawandel zu einem politisch zu bearbeitenden Sicherheitsproblem und Feindbild werden (vgl . Herbeck/Flitner 2010: 198 .) . Die so konzipierte Geographie der (Un-)Sicherheit steht deshalb der Politischen Geographie sehr nahe (vgl . Hagmann 2010: 177 f .) . Damit ist zwar „die Bandbreite von Geographien der (Un-)Sicherheit […] und ihre Verbindung mit der Versicherheitlichung politischer Phänomene in verschiedenen gesellschaftspolitischen Diskursräumen“ (Korf/Ossenbrügge 2010 168 f .) aufgezeigt worden . Welche Gefahren oder Bedrohungen lauern, wird aber weder konzeptionell noch theoretisch spezifiziert . Damit scheinen die Unsicherheit auslösenden Phänomene und ihre Versicherheitlichungen (Securization) erfordernden Folgen relativ unbestimmt und beliebig . So können beispielsweise auch die Krisen der Finanz- und Arbeitsmärkte sowie die Versorgungs- und Nahrungsmittelkrisen im Globalen Süden erhebliche individuelle und gesellschaftliche Unsicherheiten nach sich ziehen . Es wird nicht deutlich, inwieweit auch diese Themen von einer Geographie der (Un-)Sicherheit mitbedacht werden können oder sollen . Über den Begriff Risiko nähert sich die Geographische Risikoforschung der Analyse von Sicherheit und Unsicherheit . Aus einer beobachtungstheoretischen Perspektive deuten Egner/Pott (2010b) an, wie aspekt- und umfangreich das Forschungsprogramm und die Gegenstandsfelder einer Geographischen Risikoforschung sein könnten . Ihrem Ansatz liegt ein systemtheoretisches Verständnis des Gefahren- und Risikobegriffs zugrunde, wonach jede Entscheidung mit Risiken verbunden ist (vgl . Abschn . 1 .2) . Konsequenterweise kann somit jede Entscheidung von Personen oder Institutionen bzw . jede Kommunikation in sozialen Systemen riskant oder gefährlich sein . Risiken und Unsicherheiten werden demzufolge in allen Bereichen der modernen Gesellschaft permanent sozial hergestellt . Selbst Maßnahmen oder politische Regulierungen im Zusammenhang mit Versicherheitlichung oder Securization können Risiken und Unsicherheiten nach sich ziehen . Die politische Regulierung von illegalen Grenzübertritten kann z .B . für illegale Migrant(inn)en Lebensgefahr bedeuten; die Ausweisung von Retensionsflächen zum Hochwasserschutz kann zum Verlust von Bauland oder zum Einbruch von Immobilienpreisen führen . An diese Denk- und Argumentationslogik kann auch die hier skizzierte humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung anschließen . Publikationen der letzten Jahre zur Geographischen Risikoforschung zeigen, dass ein großes Potenzial darin besteht, die Ansätze einer konstruktivistisch-humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsforschung 176
(Un-)SIchERhEItEn UnD AnSchlUSSFähIGKEItEn
mit den sozialkonstruktivistischen Ansätzen der Geographischen Risikoforschung systematisch zu verzahnen (vgl . Egner/Pott 2010b: 16 ff . und 2010c: 231 ff .; Egner 2008: 421; Wisner 2007: 12 ff .; Müller-Mahn 2007: 4 ff .) . Die in der Geographischen Risikoforschung entwickelten bzw . diskutierten Begriffe und Konzepte zur Vulnerabilität (vgl . Bohle 2007: 20 ff .) und Resilienz (vgl . Bürkner 2010: 5 ff .) können auch für die humangeographische Sicherheits- und Kriminalitätsforschung nutzbar gemacht werden . Deshalb ist die zentrale Stellung der Geographischen Risikoforschung in der Abb . 41 auch mit Bedacht gewählt worden . Große inhaltliche und konzeptionelle Parallelitäten und Synergieeffekte gibt es darüber hinaus z .B . im Hinblick auf die Analyse • • • •
der medialen Beobachtung von Unsicherheit auslösenden Phänomen und deren Folgen, der politischen Bewertungen und Regulierungsweisen von Risiken und Unsicherheiten, von Kontroll- und Präventionspolitiken angesichts von Gefahren, Unsicherheiten und Risiken oder der Instrumentalisierung von Unsicherheiten, Ängsten oder Risiken zur diskursiven Machtdurchsetzung .
Als spezifisch geographische Forschungsperspektive ließe sich formulieren: „Wie, unter welchen Bedingungen und mit welchen Folgen werden Risiken und ihre Verräumlichungen konstruiert?“ (Egner/Pott 2010b: 26) . Dies deutet an, dass Räume und Verräumlichungen immer wieder genutzt werden, um Risiken oder Unsicherheiten zu vereinfachen, zu fixieren, zu ordnen, sichtbar oder kommunizierbar zu machen . Damit haben Verräumlichungen eine spezifische Funktion . Denn wenn, wie Grönemeyer behauptet, … das Gefühl allgegenwärtiger Bedrohung durch Gewalt und Kriminalität [mittlerweile] in das Alltagsleben eingesickert [ist] und die Organisation sozialer Beziehungen und das Verhalten der Gesellschaftsmitglieder in öffentlichen und privaten Räumen auch jenseits unmittelbarer Gefährdungslagen und Risikosituationen [durchdringt], d . h . wir eine Popularisierung von Bedrohungslagen und Sicherheitsregimen [erleben] …“ (Grönemeyer 2010: 11) … dann bedarf es Mechanismen, die diese komplexen Bedrohungen identifizierbar und bearbeitbar machen . Die Vermutung, die Welt werde immer unsicherer und komplexer, macht es erforderlich, dass die Gesellschaftsmitglieder und ihre Institutionen lernen, mit dieser Unsicherheit und Komplexität (besser) umzugehen . Als These könnte jetzt formuliert werden, dass Verräumlichungen oder raumbezogene Semantiken dazu beitragen, diese 177
Die Bedeutung des Räumlichen
PERSPEKtIVEn DES FoRSchUnGSFElDES
Komplexität zu reduzieren . Sie dienen der Orientierung und liefern Ansatzpunkte für Kommunikation, Bewertung und Intervention (vgl . Hard 1986: 79) . Wie das funktioniert, dazu kann eine humangeographisch inspirierte Sicherheits- und Kriminalitätsforschung sehr gut beitragen und hat dies auch bereits getan .
178
Anhang
lItERAtUR
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Sachindex 11 . September 2001 23, 72, 94, 157 Abweichendes Verhalten 25-30, 50, 52, 56, 62, 69, 90, 105, 106, 112, 115, 116, 118, 120, 121, 123, 135, 153, 165, 166 Afghanistan 23, 154, 157 Akteursnetzwerk 98 al-Qaida 23, 157 Alltägliche Regionalisierungen, s . Geographie-Machen Alltagsirritationen 18, 19, 96, 97, 103, 126-129, 153 Alltagstheorie 92 Alltagswelt, alltagsweltlich 35, 36, 37, 38, 43, 48, 123, 140, 172 Angstraum 42, 63, 96, 119, 126-129 Anomietheorie 28-30, 165 Anonymität 86, 105, 115, 122, 124-125 Anzeige 58, 132 Anzeigeverhalten 58, 59 Arbeitslosigkeit 16, 17, 35, 103, 135, 137 Architektur 105-115 Armut 90, 92, 121, 123, 133-137, 140, 165, 168, 173 Armutsbekämpfung 135-136 Assimilationstheorie 129 Asyl 61, 132 Ausgrenzung 61, 90, 103, 105, 115, 122, 125, 134, 136, 140, 143, 144, 145, 146, 149, 150 Ausländer(innen) 35, 41, 61, 132 Außenseiter 124-125 Australien 71 Baden-Württemberg 71 Bahnhof 36, 37, 47, 147, 121, 126, 127, 143, 145-146 Bayern 71, 97 Bedürfnisse 41, 45, 121, 141, 155, Befragung 56-57, 60, 64, 67, 68, 70 Behaviorismus 27, 29 Benachteiligung, benachteiligtes Quartier 28, 30, 51, 78, 79, 87, 92, 96, 99, 104, 105, 121, 133, 134, 136, 137, 140, 143, 144, 150, 165, Beobachtung 54-57, 116-120, 151 Beobachtungsschema 87, 131, 153 Beobachtungstheorie 47-52, 68, 152, 176 Berlin 33, 65, 66, 73, 75-76, 138, 150 Betretungsverbot 39, 96, 108, 120, 144 Betrug 60, 73, 153 202
Bewachte Wohnkomplexe, s . Gated Communitiy Bewährungshilfestatistik 55 Bochum 33, 65, 66 Bonn 63, 66, 67 Brandenburg 66, 75, 118, 120, 138, 139 Brasilien 140, 141, 142, 166, 167 Bremen 65, 66 Broken-Windows-Ansatz 52, 62, 88-92, 94 Bürgerbefragung 57, 65 Bürgernahe Polizeiarbeit 88, 93 Bürgerschaftliches Engagement 100, 102, 121, 143, 144 Bürgerwehr 101 Business Improvement Districts 145, 146 Chicago 34 Chicagoer Schule 33-34 Citymarketing 121, 129, 146 Community (oriented) Policing 88, 89, 93-94, 112 Containerraum 33, 35, 37, 68 Coping 16 Crime Mapping 54, 68, 70-84 Crime Prevention through Environmental Design 108-111, 112, 113, 115 Critical Geopolitics 154, 155 Cybercrime 58, 84, 153 Dark Tourism 167 Datenschutz 74, 116, 118 Defensible Space 106-107, 108-113, 115 Definitionsmacht 29, 45-46, 82 Delinquency Areas 34, 63 Delinquenz 11, 112, 113, 131 Deprivation 34, 92, 131, 139 Desintegration 122, 131, 134, 135, 165 Desorganisation 18, 21, 28, 34, 77, 79, 89, 90, 92, 93, 126, 127, 131 Diebstahl 59, 60, 84, 109, 111, 113 Differenz 152, 158 Diskurs 41, 43-47, 105, 156, 159 Diskurstheorie 22, 43-47, 82, 143, 156 Distanz-Relations-Gefüge 79 Disziplinargesellschaft 120 Disziplinierung 119-120, 144 Drogenhandel 109, 169-172 Drogenpolitik 169-172 Dunkelfeld 56, 57, 59-61, 64, 69, Dunkelfeldforschung 56, 61 Dunkelheit 18, 23, 64, 126
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Eigenlogik 50, 72, 118 Enthoheitlichung 100, 103 Entscheidung 21-24, 28, 40-41, 154, 175, 176 Environmental Criminology 112-113 Essentialismus, essentialistisch 25, 26, 28, 29, 33, 35, 37, 62, 63, 68, 69 Etablierte 124-125 Ethnisierung 129-133 EU-Außengrenzen 160, 163, 164 Europäische Union 56, 95, 114, 116, 135, 160, 163, 164, 172 Evaluation 93, 95, 114, 119 Exklusion 121, 136, 137, 145-146, 147, 149 Exklusivität 149 Fahrstuhleffekt 90, 134 Favela 140-142, 167 Förderprogramme 36, 93, 104, 113, 118, 135, 136, 144 Fragmentierung 131, 144, 145, 148, 151 Frankreich 36, 74, 148, 162 Freiheitsrechte 103, 105 Fremde, Fremdheit 18, 38, 105, 106, 107, 115, 122, 124-125, 128, 129, 130, 131, 137, 166 Fremdenfeindlichkeit 138, 140 Fremdreferenz 48, 40 FRONTEX 161, 164 Frustrations-Aggressions-Theorie 27, 29 Funktionssystem 49 Fußballweltmeisterschaft 31, 138, 140, 141, 166 Gated Community 41, 147-152 Gefahr, gefährlich 19, 22-24, 46, 50, 96, 128, 132, 176, 177 Gefahrengebiet 96, 120 Gefährlicher Ort 105, 128, 131, 139, 140 Gemeinschaft 124, 125, 148, 149 Gentrifizierung 150, 152 Geographical Profiling 54, 70, 72, 79-81, 82 Geographie-Machen 37, 38-42 Geographie der (Un-)Sicherheit 153-154, 175-176 Geographische Fallanalyse, s . Geographical Profiling Geographische Risikoforschung 11, 21, 175-177 Geographisches Informationssystem, GIS 64, 70, 71 . 76, 77, 78,80, 81, 113 Geopolitik 156 Geostatistische Verfahren 70, 77, 113
Gesellschaft 15, 30, 31, 44, 45, 46, 48, 49, 54, 57, 91, 92, 102, 122, 123, 124, 131, 147, 155, 156, 163, 177 Gewalt, Gewalttaten 17, 26, 27, 28, 58, 60, 78, 79, 81, 106, 117, 128, 136, 140, 141, 142, 153, 154, 155, 166, 170, 175, 176, 177 Gewaltkriminalität 60, 78, 153 Gewaltökonomien 154-155, 170, 173, 174 Ghetto 135 Globaler Norden 134, 160, 173, 174 Globaler Süden 41, 140, 141, 160, 165, 166, 173, 174, 176 Globalisierung, Globalisierungsprozess 123, 140, 143, 154, 160, 173 Gouvernementalität 143 Governance 135, 143 Governing through Crime 144 Graffiti 18, 86, 89, 90, 108, 126, 127, 153 Grenzen 16, 48, 49, 50, 107, 150, 158-159, 160, 163, 164 Grenzkontrolle 162, 164 Großbritannien 71, 74, 103, 112, 113, 117, 148 Großstadt 18, 19, 124, 125, 131, 134 Großwohnsiedlung 99, 101, 105, 107, 133, 145 Grünanlagen, s . Parkanlagen Hamburg 63, 65, 66, 71, 91, 119 Handlung 22, 24, 37, 38-43, 48, 154, 155 Handlungsentwurf 40, 42 Handlungsfolgen 40, 42 Handlungslogik 102, 111 Handlungsmodell 39-40 Handlungstheorie 37, 38-43, 48 Hausordnung 86, 120, 146 Hausrecht 146 Hegemonie 29, 133, 147, 159 Heidelberg 66, 68, 73 Hellfeld 56, 59-61, 63, 64 Hellfeldforschung 56 Homogenisierung, Homogenität 68, 83, 115, 125, 148, 149 Identität 50, 124, 125, 127, 130, 131, 134, 143, 149, 152,158 Illegalität 158-160, 161, 162, 163, 174 Immobilien, Immobilienwirtschaft 97, 98, 115, 145, 149, 150, 151, 176 Incivilities 93, 103, 104, 126 Infrastruktur, infrastrukturelle Ausstattung 18, 21, 63, 89, 90, 105, 127, 126, 148, 149 Innenstadt 41, 115, 117, 120, 143, 145 203
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Innere Sicherheit 72, 100, 103, 142 Institutionalisierung 97-99 Integration 122, 129-131, 132, 134, 161, 165 Interaktionssystem 48-49, 52 Intervention - raumbezogene 36, 51, 87, 97, 105, 142 - politische 83, 135, 172 - polizeiliche 62, 85, 91, 158 Kamera, s .Videoüberwachung Kanada 20-21, 71 Kapitalismuskritik 144,152 Kausalität 36, 38, 67, 68, 78, 82, 91, 133, 140 Kempten 101 Kinderarbeit 123, 161, 173-174 Kinderprostitution 168, 173, 174 Kommune 50, 56, 62, 63, 64, 65, 66, 93, 94-105, 143, 145, Kommunikation 20, 21-24, 37, 43, 48-52, 100, 154, 155, 156, 158, 176 Komplexität 15, 26, 37, 38, 51, 152, 177 Komplexitätsreduktion 37, 38, 51, 69, 177-178 Konflikt 16, 28, 29, 30, 86, 90, 102, 103, 112, 122, 123, 124, 129, 152, 154-158 Konstruktivismus, - erkenntnistheoretischer 138, 151, 156 - radikaler 49, 50 Kontrolltheorie 29 Korruption 84, 153, 170 Kriminalaltas/Kriminalitätsatlas 33, 70, 73 Kriminalgeographie - traditionelle, klassische 25, 33-35, 69, 112 - kritische 25, 35, 37-38, 83, 87 Kriminalisierung 29, 61, 83, 89, 103, 120, 134, 159, 160, 171, 172, 175 Kriminalität 25-30, 35-36, 52, 53, 54-61, 63, 64, 75,76, 78, 83, 84,89-91, 95, 112-113, 114, 132-133, 159-160, 168, 170, 175 Kriminalitätsanalyse 54-84 Kriminalitätsbegriff 25-26, 35 Kriminalitätsfurcht, s . subjektive Sicherheit Kriminalitätslagebild, s . Lagebild Kriminalitätsparadoxon 16-17 Kriminalitätsschwerpunkt 118, 119 Kriminalitätstheorie 26-30, 133, 139 Kriminalpolitik 83, 88, 89, 93, 95, 100, 102-104, 120, 144 Kriminalprävention 64, 85-121 Kriminalstatistik 54-61, 63, 132 204
Kriminologische Regionalanalyse 35, 54, 61-69, 70 Kriminologie, - allgemein 33, 56, 61, 71, 77 - kritische 25-26, 29-30, 62, 89, 101-105, 159 Kultur der Kontrolle 103 Kulturalisierung 129 Kulturbegriff 28, 125, 129, 130-131 Kulturkonflikttheorie 28-29, 30 Labeling Approach 29, 160 Ladendiebstahl 111, 113, 168 Lagebild 62, 63, 65, 71, 72-74, 76, 81, 83 Ländlicher Raum 123 Lebensstil, Lifestyle 123, 124, 125, 148, 149 Lerntheorie 27, 29 Liberalisierung 143 London 75, 80, 144, 150, 157 Macht, Machtbegriff 18, 25, 29, 45-46, 52, 82, 120, 124, 125, 129, 147, 154-156, 163 Mafia 137, 163 Marginalsiedlung 28, 89, 103, 115, 135 Marxistische Ansätze 29 Medien, Massenmedien 18, 19-20, 27, 30-32, 48, 49, 51, 54,56, 64, 67, 73-76, 91, 92, 127, 130, 138, 155-157 Medienanalyse 64, 131, 133 Medienberichterstattung 19, 32, 129 Mediensystem 127, 129 Mehrperspektivität, Multiperspektivität 15, 25, 151 Megacities 41, 133, 140, 148, 152, 170, 176 Menschenhandel 161, 168 Messen, Messbarkeit 55-57, 58, 62, 63, 78, 114 Migration 129-133, 158-165 Modellierung 77-79 Modelllernen 27 Monitoring 55, 67, 69, 73, 88, 106, 116 Moral 19, 25, 120, 152 Müll 18, 91, 108, 126 München 66, 71, 128 Nachbarschaft 86, 90, 99, 101, 104, 107, 110, 114, 115, 131, 136, 149-150 Nacht, nachts 18-19 Nationalität 21, 131, 166 Neoliberale Stadtpolitik 62, 143-145, 151, 152 Neoliberalisierung 62, 83, 91, 92, 95, 102-105, 121, 134, 137, 143, 152, 172
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Netzwerk 27, 49, 84, 96, 97-98, 107, 115, 131, 136, 143 Neue Kriege 154 Neue Kulturgeographie 15, 130, 138, 151, 175 New York 72, 88, 89, 92, 109-111, 157 New Yorker Modell 88-89, 92 Nicht-Deutsche 132 Nicht-Orte 127 Niedersachsen 114, 118 No-Go-Area 79, 137-142 Nordrhein-Westfalen 71 Norm, Normabweichungen 20, 25, 28, 29, 30, 38, 41, 43, 45, 85, 88, 89, 91, 121, 122, 124, 125, 128, 129, 133, 144 Normorientierung, -system 41, 133 Null-Toleranz, s . Zero-Tolerance Nutzungskonflikt 18, 103, 108-110 Öffentlicher Nahverkehr 51, 78, 117, 126, 128, 167 Öffentlicher Raum 105, 108, 118, 120, 145-147 Oldenburg 63, 66, 67 Opferbefragung 56 Ordnung 19, 45, 91, 92, 98, 108, 121, 126 Ordnungswidrigkeit 60, 96 Organisation, Organisationssystem 46, 48, 49, 51-52, 87, 121, 129 Organisierte Kriminalität 84, 103, 153, 170 Osnabrück 63, 65, 66, 67, 127 Paradigmenwechsel 25, 88, 102, 103, 105 Parallelgesellschaft 18, 131, 133 Paris 150 Parkanlagen 22, 37, 49,50, 107, 126, 127, 143, 148 Partizipation 97, 110, 114, 124, 135 Peer-Group 86, 112 Platzverweis 104, 146 Politik, s . Critical Geopolitics, Drogenpolitik, Geopolitik, Kriminalpolitik, Neoliberale Stadtpolitik, Präventionspolitik, Sicherheitspolitik Politische Geographie 155, 158 Polizei 36, 46, 49, 50-51, 54, 55, 58, 64, 70, 71, 73, 81, 82, 88, 89, 90, 93-94, 95-96, 97, 98, 101, 102, 119 Polizeiliche Kriminalstatistik, PKS 46, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 63 Polizeipräsenz 36, 42, 90, 131 Polizeireform 88, 89 Potsdam 66, 151
Prävention, - primäre 85 - sekundäre, situative 85, 86, 87, 103,111-112 - tertiäre 85 Präventionsgesellschaft 103 Präventionsgremium 97-98 Präventionskonzept 99 Präventionspolitik 69, 85-121, 145, 175 Präventiver Städtebau 105-115 Prekarisierung 131, 133-137 Preventive Turn 95 Privatisierung 100-101, 103, 143, 144, 145-147 Prostitution 123, 160, 161, 168-169 Quartier 18, 30, 34, 51, 62, 64, 78, 93, 97, 98-99, 106, 108, 109-111, 114, 115, 126, 131, 133, 134-135, 136, 137, 143, 144 Quartiermanagement, s . Stadtteilmanagement Rational-Choice-Theorie 28, 29, 111 Raum 30, 33, 35-52, 68, 79, 87, 97, 98-99, 140, 147, 153, 155 Raumabstraktion 37, 50-51 Raumaneignung 47, 108, 110, 147, 149 Raumbegriff - essentialistischer 33, 35, 37, 62-63, 68, 69 - konstruktivistischer 37-52 Raumbezogene Semantik 37, 50-52, 156, 158, 177 Raumkonzepte 35-52 Raumstruktur 34, 41, 54, 79, 112, 140 Realitäts-, Wirklichkeitskonstruktion 25, 37, 39, 41-42, 43, 57, 59, 61, 137-139, 151, 152, 155, 156 Rechtsextremismus 137-140 Registrierung von Kriminalität 16, 25, 56, 57-59, 123 Regulierung 47, 146, 158, 170, 176, 177 Repression 62, 89, 92, 163, 169, 172 Ressortübergreifende Zusammenarbeit 63, 97, 98 Ressourcenkonflikte 154, 174 Risiko 15, 16, 20, 21-24, 96, 104, 175, 177 Risikogesellschaft 15-16 Risikoforschung, s . Geographische Risikoforschung Risikomanagement 95, 96, 104 Rotterdam 78 Sanierung 82, 108, 109-111, 115, 150 Sauberkeit 91, 98, 126 Schaden 16, 22-24, 84, 96 205
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Schmuggel 163-164, 170 Securization,Versicherheitlichung 142143, 152, 166-167, 174, 175, 176 Segregation 34, 84, 90, 115, 129-133, 134, 135, 140, 145, 149, 151, 152, 175 Selbstdisziplinierung 120, 144, Selbstreferenz 48, 50 Sexismus 18 Sextourismus 168-169 Sicherheit - allgemein 9, 15-21, 31-32, 46-47, 50, 51, 54, 61,62, 87, 98, 100, 103, 122-152, 153-174 - subjektive 15-21, 32, 36, 63-64, 90, 95, 107, 108, 111, 114, 115, 118-119, 123 Sicherheitsdienste 36, 101, 103, 146 Sicherheitsempfinden, s . subjektive Sicherheit Sicherheitspolitik 46-47, 62, 88-94, 103, 143-145, 155 Sicherheitsproduktion 51, 67, 142-152 Sicherheitswacht 101 Simplifizierung 38, 83, 133, 158, 177 Sinn 44, 48, 50 Slum 137, 140-142, 167 Slumtourismus 167 Social Disorder 18, 126 Soziale Kontrolle 28, 68, 69, 83, 89, 105-106, 107, 110, 111, 120, 123, 126 Soziale Polarisierung 16, 34, 36, 134-135, 140, 150, 152, 165-174 Soziale Ungleichheit 29, 121, 134, 151, 163 Sozialer Brennpunkt 36, 51, 52, 63, 74, 81-82, 83, 84, 123, 136, 139, 141 Soziales System 48-49, 50 Sozialisationstheorie 27, 129 Sozialkontrolle 27, 68, 100, Sozialökologie, s . Chicagoer Schule Sozialraum 39, 87, 97 Sozialraumanalyse 65, 99 Sprache 44, 46, 48 Staatsanwaltschaftsstatistik 55 Stadt 19, 115, 122-148 Städtebau 35, 47, 83, 105-115, 128 Stadtentwicklung, - allgemein 113-114, 134, 144, 151 - sozial-integrativ 36, 100, 113, 135, 144, 145 Stadt-Land-Gefälle 123 Stadtplanung, s . Stadtentwicklung Stadtteil, s . Quartier
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Stadtteilaufwertung 104, 107, 108, 135-136 Stadtteilmanagement 87, 98, 135, 144 Statistik, s . Kriminalstatistik Stigmatisierung 74, 82, 84, 105, 107, 114, 125, 133, 134, 168 Straftat 25, 55, 56, 58-59, 60, 70, 78, 132 Strafverfolgungsstatistik 55 Strafvollzugsstatistik 55 Strukturationstheorie 39, 48 Subjekt 37, 38, 39, 41, 42, 43 Subkultur 28, 29, 30 Südafrika 31-32, 140, 141, 142, 150, 166, 167 Super-Gentrifizierung 150 Systemischer Präventionsansatz 99 Systemtheorie 21-24, 47-52, 129, 156, 158, 176 System-Umwelt-Differenz 48 Täterbefragung 56 Täterwohnsitz 64, 72 Technologie 116-121 Teilhabe, Teilhabemöglichkeiten 28, 124, 147, 160, 165 Terrorismus 17, 23, 116, 154-158 Terrorismusforschung 156 Theorie 26-30, 52-53, 92 Toleranz 92, 122 Tourismus 140-142, 166-169 Township 140, 141, 142 Triebtheorie 26-27, 29 Überwachung 83, 87, 98, 111, 116, 117, 120-121, 149 Umweltkriminologie 85, 112-113 Ungleichheit, soziale 29, 121, 134, 151, 163 Unsicherheit, s . Sicherheit Unsicherheitsgesellschaft 155 Unterscheidung 22, 24, 48, 131, 152, 158, 159 Urban Underclass 131 Urbanität 115, 122, 124-125 USA 55, 62, 71, 72, 73, 74, 77, 80, 88, 90, 93, 94, 103, 106, 108, 112, 113, 134, 135, 136, 148, 156, 157, 160, 171, 172 Vandalismus 89, 105, 108, 118, 126 Verdrängungseffekte 22, 104, 112, 115, 120, 121, 145, 151 Vereinfachung, s . Simplifizierung Verfügungsrechte 155, 158 Verortung, s .Verräumlichung Verräumlichung 23, 30, 31-32, 35-36, 38, 41, 42, 43, 51, 74, 83-84, 87, 96, 103-104,
SAchInDEX
128, 129, 137, 139, 141, 155, 156, 164, 174, 177 Versicherheitlichung, s . Securization Verständigungsorientierung 41 Verwahrlosung 18, 89, 90, 92, 126, 137, 153 Videoüberwachung 22, 50-51, 86, 103, 108, 117-121, 146, 150 Viktimisierung 18, 21, 64, 95, 126, 160 Viktimisierungserfahrung 16, 19 Visualisierung 33, 34, 64, 67, 70, 72, 73, 81-82, 83 Vulnerabilität 18, 20,106, 177 Wachsamer Nachbar 101 Wahrheit 45, 82, 155 Wahrnehmung 42, 113, 119, 153 Werte 20, 28, 30, 38, 41, 85, 122, 126, 128, 129, 132, 133, 144 Wilhelmshaven 60, 65, 66
Wirklichkeitskonstruktion, s . Realitätskonstruktion Wirtschaftskriminalität 58, 84, 153 Wissen 44-45, 49, 54, 82, 130 Wohlfahrtsstaat 62, 95, 102, 103, 105, 144, 151 Wohlstand 92, 134, 150, 173 Wohlstandsparadox 173 Wohnumfeld, Wohnquartier 21, 97, 106, 107, 108, 110, 119, 123, 124, 125, 126, 143 Zero-Tolerance 62, 88, 89-92, 94 Zielorientierung 40 Zivilgesellschaft 100, 101, 102, 121, 143, 144 Zuwanderung 16, 28, 34, 61, 122, 129, 130, 131, 159, 160-163 Zweckrationalität 41, 111
207
AnhAnG
Personenindex Aehnelt, Reinhard 134 Ahlborn, Wilfried 33f . Albrecht, Jörg 132, 159f . Alt, Jörg 160 Althoff, Martina 25, 44 Apelt, Maja 118ff . Aschauer, Wolfgang 166 Atkinson, Rowland 149 Augé, Marc 127 Bade, Klaus J . 130 Bahl, Eva 160f ., 168 Baier, Dirk 77, 123 Bandura, Albert 27 Bannenberg, Britta 25 Bässmann, Jörg 88f ., 93 Baum, Gerhart 103 Beck, Ulrich 15 f . Becker, Ruth 128 Becker-Oehm, Sybille 61ff . Belina, Bernd 15, 34f ., 58, 72, 83, 91f ., 104, 116, 120f ., 126, 132, 144, 163 Bennell, Craig 81 Bernasco, Wim 78f . Berndt, Christian 15, 151 Besson, Jean-Luc 73 Best, Ulrich 134f . Bielefeldt, Heiner 163 Bin Laden, Osama 23 Binninger, Clemens 88f . Blakely, Edward J . 148f . Blandy, Sarah 148f . Bley, Katharina 34, 61 Boers, Klaus 18, 126 Bohle, Hans-Georg 177 Böhm, Maria Laura 43 Bommes, Michael 159f ., 162f . Bornewasser, Manfred 120 Borsdorf, Axel 148 Bösebeck, Ulrich 18, 127 Brandt, Daniela 120 Bratton, William 88 Breuer, Barbara 168 Brüchert, Oliver 88f . Bruns, Bettina 163 Buda, Dorina Maria 167 Bundschuh, Stephan 139 Burgess, Ernest 34 Burgess, Melissa B . 71 Bürk, Thomas 128f ., 137, 139 Bürkner, Hans-Joachim 177 208
Bush, George W . 156 Ceccato,Vania 123 Chainey, Spencer 71 Clages, Horst 56f ., 59, 63ff ., 72f ., 85 Clarke, Roland V . 86f ., 107, 111f ., 114 Cohen, Albert K . 28f . Cornish, Derek B . 86f ., 111f . Corva, Dominic 170, 172 Cozens, Paul Michael 108f ., 114f ., 120 Cyrus, Norbert 160 Czapska, Janina 95 Dall, Gabriele 71 Davis, Mike 133, 140 Decker, Frank 139 Dern, Harald 80f . Dillinger, Johannes 156 Dinges, Martin 123 Doevenspeck, Martin 154 Dollard, John 27 Dollinger, Bernd 123 Döring, Uta 139 Doran, Bruce J . 71 Dreher, Gunter 88f . Durkheim, Émile 28 Durprez, Dominique 172 Egner, Heike 21, 48, 151, 176f . Eick,Volker 62, 103f ., 143ff . Eifler, Stefanie 25, 120 Eisenhardt, Thilo 34f . Eisner, Manuel 131f . Elffers, Henk 78f . Elias, Norbert 124 Engels, Dietrich 132 Enste, Dominik H . 161 Evans, Sandra 150 Ewaldt, Juliane 149 Felgentreff, Carsten 21 Fink-Eitel, Hinrich 44, 120 Fisch, Andreas 162 Fitzgerald, Robin 20 Flitner, Michael 176 Floeting, Holger 114, 116, 144 Flöther, Choni 116f ., 120, 148 Foster, Janet 31 Foucault, Michel 12, 22, 24, 43ff ., 120, 143 Frehe, Karsten 141 Frehsee, Detlev 25 Freire-Mederios, Bianca 140 Frenzel, Fabian 141 Freud, Sigmund 26f .
PERSonEnInDEX
Frevel, Bernhard 16, 19, 96, 99, 101f . Fritsche, Ulrike 113 Froessler, Rolf 135 Fuchs, Peter 156f . Füller, Henning 145, 150 Garland, David 93, 103 Gebhardt, Dirk 134f . Geisler, Alexandra 168 Germes, Mélina 43 Gestring, Norbert 146f . Giddens, Anthony 12, 39 Ginal, Marina 160f ., 168 Girtler, Roland 158, 163 Glade, Thomas 21 Glasze, Georg 25, 34, 38, 40, 43f ., 46f ., 87, 145ff . Goebel, Jan 134 Goeke, Pascal 47 Goel, Urmila 163 Göschel, Albrecht 122 Graf, Annette 168 Graner, Elvira 173 Grant, Jill L . 148f ., 150 Greenbaum, Robert T . 79 Groff, Elizabeth R . 77, 82 Grönemeyer, Axel 172, 177 Güntner, Simon 122, 134ff . Habacker, Carsten 167 Habermas, Jürgen 43, 146f . Hagmann, Jonas 142, 154, 176 Hahn, Martina 173 Hamacher, Hans-Werner 34 Hard, Gerhard 36f ., 47ff ., 51ff ., 79, 178 Harlander, Tilman 147 Harvey, David 144, 146 Häussermann, Hartmut 30, 90, 115, 122, 124, 134ff . Heeg, Susanne 143f ., 149 Heinrich, Stephan 81f . Heinz, Wolfgang 94, 96ff . Heitmeyer, Wilhelm 134ff ., 139, 165 Hellmer, Joachim 33f . Helmig, Jan 156 Hempel, Leon 119 Hentschel, Christine 167 Herbeck, Johannes 176 Hermann, Dieter 68 Herold, Horst 34, 61 Herrmann, Heike 127f . Hess, Sabine 163 Heumann, Stefan 166 Heupel, Monika 154 Heye, Carsten-Uwe 139
Hirschi, Travis 27 Holm, Andrej 150 Howe, Christiane 168 Hülsse, Rainer 156 Hunold, Daniela 124f ., 132 Hurrelmann, Klaus 132 Hütz-Adams, Friedel 174 Jacobs, Jane 106, 115 Jäger, Daniela 97 Jäger, Siegfried 44 Japp, Klaus P . 156 Jaschke, Hans-Gerd 139 Jeffrey, C . Ray 106, 108 Jenner, Matthew S . 170 Jesse, Eckhard 139 Johnson, Shane 123 Kaiser, André 142 Kaldor, Mary 154 Kania, Harald 19, 32 Kant, Immanuel 9 Kasparek, Bernd 163 Kasperzak, Thomas 34, 61, 65 Keizer, Kees 89 Kelling, George L . 89ff . Kerry, Ruth 78 Kirsch, Benno 101f . Kitchen, Ted 105, 107f ., 111ff . Klauser, Francisco Reto 118ff . Klein, Martina 25, 159f . Klimke, Daniela 18 Klüter, Hartmut 36f ., 47ff ., 51 Knox, L . Paul 158 Kober, Marcus 100ff . Koch, Karl-Friedrich 61 Kolbe, Peter 96f ., 100ff . Köllisch, Tillmann 60, 123 Korf, Benedikt 142, 154ff ., 175f . Körner, Wilfried 44 Korth, Marcel 32, 140 Kraft, Phillip 173 Kräupl, Günther 16 Krause, Johannes 43, 161, 163 Kreutzmann, Hermann 170 Kronauer, Martin 135f . Kubera, Thomas 119f . Kuhn, Gerd 147 Kunz, Karl-Ludwig 57, 60, 85, 91f . Küppers, Barbara 173f . Lambroso, Cesare 26 Lamnek, Siegfried 168 Langer, Peter 34 Lanz, Stephan 170 Laub, John H . 27 209
AnhAnG
Laubenthal, Barbara 162 Legarno, Aldo 38 Lehne, Werner 94 Leppelt, Monika 25, 44 Lersch, Kim Michelle 71ff ., 77, 87f ., 93f . Lessmann, Robert 169ff . Liebert, Nicola 173f . Lindenberg, Siegwart 91 Lippuner, Roland 47 Lopes de Souza, Marcelo 170 Low, Setha 151 Lüdemann, Christian 56f ., 89f ., 92 Ludwig, Heike 16 Luhmann, Niklas 9, 12, 21f ., 24, 30f ., 37, 47ff ., 129, 158, 175 Lukowski, Wojciech 163 Lünenborg, Margreth 130 Manning, Peter K . 77, 81 Mansel, Jürgen 77, 132, 134ff . Marouschek, Paul 71 Marquardt, Nadine 145 Marshall, Ben 123 Marston, Sallie A . 158 Marx, Karl 29 Mattissek, Annika 22, 43, 46f . McKay, Henry 34 Mertins, Günter 140, 170 Merton, Robert K . 28, 165 Meschkank, Julia 140, 167 Michalkó, Gárbor 168 Micus, Matthias 18, 131, 134 Miggelbrink, Judith 52, 163 Miller, Neil E . 27 Millington, Gareth 144 Mittelsteadt, Lindsey 148f . Mohring, Katharina 31, 83, 139f . Mokros, Andreas 79 Möllers, Norma 118ff . Moreno, Christopher M . 171 Müller, Markus-Michael 89 Müller, Peter M . 170 Müller, Ulrich 140 Müller-Mahn, Detlef 21, 177 Münkler, Herfried 154 Nacos, B .L . 156 Nassehi, Armin 124 Newman, Oscar 105ff ., 115 Niedermayer, Oskar 139 Ó Tuathail, Gearóid 156 Obergfell, Johannes 160 Obergfell-Fuchs, Joachim 88, 93ff . Oberwittler, Dietrich 90, 123 Ohlemacher, Thomas 56f ., 89f ., 92 210
Okon, Günther 71 Ossenbrügge, Jürgen 142, 154, 175f . Otto, Marius 128 Pareto,Vilfredo Federico 41 Park, Robert E . 34 Pfeiffer, Christian 77, 168 Pilgrim, Christoph 44 Pitz, Tamara V . 101 Plaßmann, Thomas 104 Polanska, Dominika V . 148 Pott, Andreas 21, 52, 130f ., 176f . Pütz, Robert 15, 151 Qian, Junxi X . 168 Raeymaekers, Timothy 154 Raithel, Jürgen 123 Raposo, Rita 148 Ratcliffe, Jerry 71, 77ff . Redeker, Roland 33 Redepenning, Marc 37, 48f ., 51f ., 103, 129, 154f ., 158f ., 167 Renn, Ortwin 15 Reuband, Karl-Heinz 64, 172 Reuber, Paul 155f . Rolfes, Manfred 15, 32, 35, 40, 47f ., 50, 58, 60, 68f ., 83, 99, 101f ., 126f ., 129, 132, 134, 138, 140, 142, 156, 167 Ronneberger, Klaus 143 Röpcke, Julian 50, 130, 156 Rosen, Gillad 148f ., 151 Rosol, Marit 143f . Rossmo, D . Kim 77, 79 Rössner, Dieter 25 Rügemer, Werner 59 Ruhne, Renate 18 Ruhrmann, Georg 130 Sack, Fritz 62, 123, 144 Sampson, Robert J . 27 Sarrazin, Thilo 18, 131 Scherr, Albert 130, 165 Schetter, Conrad 154 Schewe, Christoph S . 16 Schinke, Dirk 79 Schipper, Sebastian 139 Schirmel, Henning 43, 105, 130ff ., 139, 145 Schlör, Joachim 18 f . Schmidt, Holger 39 Schmincke, Imke 144f . Schmude, Jürgen 166 Schnabel, Christoph 118 Schneider, Friedrich 161 Schneider, Hans-Joachim 112 Schneider, Richard H . 105, 107f ., 111ff . Schönert, Maurice 81
PERSonEnInDEX
Schreiber,Verena 62, 85, 93ff ., 101ff ., 143 Schubert, Hubert 97, 106ff ., 113ff . Schubert, Klaus 25, 159f . Schuleri-Hartje, Ulla-Kristina 122 Schulz, Franziska 120 Schütz, Alfred 41 Schwenken, Helen 163 Schwind, Hans-Dieter 16, 18, 33f ., 55ff ., 59, 61ff ., 85 Scotson, John L . 124 Sellin, Thorsten 28 Sessar, Klaus 18, 123, 127f . Sharpley, Richard 167 Shaw, Clifford 34 Siebel, Walter 30, 90, 115, 124 Simon, Titus 145, 147 Skinner, Burrhus Frederic 27 Slater, Tom 151 Snyder, Mary Gail 148f . Spencer, Alexander 156 Spöri, Beat 73 Stalder, Ueli 50 Stangl, Wolfgang 64, 95, 127 Steffen, Wiebke 56f ., 62f ., 100 Steinbrink, Malte 141, 167 Steinert, Heinz 88f . Stienen, Ludger 100, 102f . Stone, Philip R . 167 Stöss, Richard 139 Strasser, Hermann 97, 103 Straubhaar, Thomas 161 Susek, Anika 18 Tavares, Cynthia 56 Thiele, Katja 143 Thomas, Geoffrey 56 Thorndike, Edward Lee 27 Tita, George E . 79 Tompson, Lisa 71 Töpfer, Eric 71, 83 Trojanow, Ilja 103 Tschechow, Anton 9 Tuman, Joseph S . 156 van den Brink, Henning 97, 101ff ., 142
van der Kemp, Jasper J . 78 van Elsbergen, Gisbert 93ff ., 100f . van Schaaik, Johan G .J . 78 van Wilsem, Johan 78 Veil, Katja 106, 113, 115 Voelzke, Nils 99, 101f . Vogel, Dita 160 Vogt, Sabine 81, 88f ., 93 Wacquant, Loic 134 Wagner, Mathias 163 Walter, Franz 18, 134 Walther, Jens 122, 131, 134ff . Wastl-Walter, Doris 155 Watson, John B . 27 Weber, Max 41 Wehrheim, Jan 115ff ., 121, 124f ., 133 Weichert, Stephan Alexander 156 Weichhart, Peter 15, 35, 38f ., 151 Weinreich, Ralf 71 Weisburd, David 71 Weiss, Rüdiger 33f . Wengertsmann, Sandra 168 Werlen, Benno 36ff ., 79 Werse, Bernd 171 Wetzels, Peter 20f . Wichert, Frank 61f . Wilhelm, Jan L . 67, 99, 101f . Wilson, James Q . 89ff ., 134 Wilson, William Julius 134 Wilton, Robert 171 Windzio, Michael 32, 77 Winterhoff-Spurk, Peter 30 Wippler, Alice 79ff . Wirths, Johannes 47 Wisner, Ben 177 Wolff, Markus 71 Wolkersdorfer, Günther 156 Wurtzbacher, Jens 101 Yaghmaian, Behzad 163 Zeh, Juli 103 Zimmermann, Elmar 56f ., 59, 62ff ., 72f ., 85 Zurawski, Nils 117, 119f .
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Erstmals liegt für den deutschsprachigen Raum ein geographisches Lehrbuch vor, das sich mit den Zusammenhängen von Sicherheit, Kriminalität und Raum befasst. Manfred Rolfes skizziert und diskutiert aus einer konstruktivistischen Perspektive zentrale Aspekte einer humangeographischen Sicherheits- und Kriminalitätsforschung. Traditionelle und aktuelle Ansätze der Kriminalgeographie werden ebenso kritisch in den Blick genommen wie
ISBN 978-3-515-10635-1
Methoden zur Beobachtung und Analyse des Zusammenhangs von Sicherheit, Kriminalität und Raum, raumorientierte Präventionspolitiken und Sicherheitsproduktionen. Beobachtungen zu Verunsicherungen und Versicherheitlichungen in der Stadt sowie über die globalen und geopolitischen Perspektiven des Forschungsfeldes runden den Band ab. Alle Themenbereiche werden (raum-) theoretisch durchleuchtet und durch anschauliche Fallbeispiele verdeutlicht.
www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag