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German Pages 580 Year 1958
KOSTEN UND KOSTENRECHNUNG VON
DR. K O N R A D M E L L E R O W I C Z O. PROF. AN DER TECHNISCHEN UNIVERSITÄT BERLIN-CHARLOTTENBURG
II VERFAHREN ZWEITER TEIL
KALKULATION UND AUSWERTUNG DER KOSTENRECHNUNG UND BETRIEBSABRECHNUNG
ZWEITE UND DRITTE, VÖLLIG UMGEARBEITETE AUFLAGE
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. VORMALS C. J . GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG • J . GUTTENTAG VERLAGSBUCHHANDLUNG • GEORG REIMER . KARL J . TRÜBNER . VEIT & COMP. BERLIN
1958
© Copyright 1958 by Walter de Gruyter & Co., Berlin W 36. — Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung Ton Photokopien nnd Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten. — Archiv-Nr. 13 14 58. Druck: Paul Funk, Berlin W 35. — Printed In Germany.
Inhaltsverzeichnis 3. Kalkulation 30. Arten und Überblick 31. Die Divisionskostenrechnung 310. Reine Divisionsrechnung 311. Äquivalenzrechnung 312. Divisionsrechnung mit Kostenstellen 313. Stufenkalkulation 32. Die Zuschlagsrechnung 320. Allgemeines 321. Summarische Zuschlagsrechnung 322. Differenzierende Zuschlagsrechnung 3220. Einfach differenzierende Verfahren 3221. Stellenrechnung 3222. Platzkostenrechnung 323. Kombinierte Verfahren 324. Herstellkosten 3240. Wesen 3241. Kostenarten der Herstellkosten 3242. Kostenstellen des Herstellkostenkreises 3243. Bewertungsfragen bei den Herstellkosten 3244. Herstellkosten in steuerlicher Hinsicht 325. Kalkulationsschemata 33. Normalisierte Kalkulation; Vor-, Zwischen- und Nachkalkulation . . . 330. Normalkalkulation 3'300. Ursachen der Kostenschwankungen und ihre Beseitigung 3301. Die Kostennormung 33010. Wesen 33011. Arten 3302. Verfahren der Normalkalkulation 33020. Die Ermittlung der Normalkosten 33021. Zweck 33022. Zusammenfassende Regeln für den Aufbau einer VollNormalkalkulation 33 023. Zusammenhang zwischen Normalkalkulation und den übrigen Rechnungsarten des Betriebes 33024. Grenzen der Anwendungsmöglichkeit der Normalkalkulation 33 025. Praktische Beispiele 331. Kalkulation auf der Grundlage von Plankosten (Plankalkulation) . 3310. Das Wesen der Plankalkulation 3311. Die Ermittlung der Plankalkulationswerte 3312. Die Notwendigkeit von Nachkalkulationen 3313. Preisstellung auf der Grundlage von Plankalkulation . . . . 332. Vor-, Zwischen- und Nachkalkulation 3320. Begriff . . 3321. Die Vorkalkulation
1 1 2 2 6 11 13 19 19 22 26 26 29 35 37 38 38 41 45 45 46 52 59 59 59 67 67 69 75 75 83 89 92 93 94 106 106 107 111 112 116 116 116
IV
I nhaltsverzeichnis 3322. Die Nachkalkulation 3323. Zwischenkalkulation 3324. Beurteilung
119 121 122
34. Sonderfragen der Kostenträgerrechnung 122 340. Allgemeines 122 341. Anhängeverfahren 123 3410. Wesen 123 3411. Anwendungsformen 124 342. Das Bauklassenverfahren 129 343. Kalkulation bei langfristiger Fertigung 133 3430. Wesen 133 3431. Verfahren 134 34310. Vorkalkulation 134 34311. Nachkalkulation 143 34312. Zwischenkalkulation 145 344. Kalkulation bei großer Erzeugnisbreite (Vielproduktbetrieb) . . . . 1 4 6 3440. Das Problem 146 3441. Verfahren 147 34410. Stichprobenweise Nachkalkulation 148 34411. Gruppenweise Nachkalkulation 149 34412. Bereichs-Stellen-Rechnung als Ersatz für Kostenträgerrechnung 150 34413. Rechnen mit Normal-oder Plankosten 151 34414. Rechnen mit technischen Größen und Tabellen . . 152 345. Kalkulation bei Markenartikeln 154 3450. Grundsätzliches über Preispolitik und Kalkulation bei Markenartikeln 154 3451. Die Sonderproblematik der Kalkulation preisgebundener Markenartikel 156 3452. Praktische Beispiele der Kalkulation preisgebundener Markenartikel 159 3453. Darstellung der Wirkung von „Geheimspannen" auf den Gewinn des Markenherstellers 161 3454. Zusammenfassung und Ergebnis 162 346. Retrograde Kalkulation 163 3460. Wesen und Anwendungsübersicht 163 3461. Anwendungsgebiete 164 34610. Kalkulation des Nachfragepreises in der Industrie . 164 34611. Retrograde Errechnung der Herstellkosten 167 34612. Die Einkaufskalkulation des Handels 176 34613. Die Differenzkalkulation des Handels 177 34614. Bewertung der Kostengüter bei gehemmter Beschaffung 178 34615. Retrograde Kalkulation der optimalen Produktionsmethode 179 34616. Retrograde Errechnung von Einzelkosten 179 34617. Retrograde Kalkulation bei Kuppelproduktion . . . 180 3462. Beurteilung der retrograden Methode 180 347. Kalkulation in den einzelnen Produktionstypen 181 3470. Kalkulation bei Massenfertigung 181 3471. Kalkulation bei Sortenfertigung 184 3472. Kalku ation bei Chargen- und Partiefertigung 187 34720. Chargenkalkulation 187
Inhaltsverzeichnis
V
34721. Partiekalkulation 3473. Kalkulation bei Serienfertigung 3474. Kalkulation bei Einzelfertigung 3475. Kalkulation bei verbundener Produktion 348. Das Grenzprinzip in der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere in der Kalkulation 3480. Das Prinzip 3481. Grenzkosten 3482. Grenzzins 3483. Grenzergebnis 3484. Schnittpunkt von Grenzkosten und Grenzergebnis 3485. Das Gesetz vom innerbetrieblichen Ausgleich der Grenzerträge 3486. Das Grenzprinzip in der Gesamtwirtschaft
188 190 191 192
35. Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen . . . . 350. Kalkulation im gemischten Hüttenbetrieb 3500. Eisen- und Stahlerzeugung und -Verarbeitung 3501. Kostenträgerrechnung im kombinierten Hüttenbetrieb . . . 3502. Die Besonderheiten der Hüttenkalkulation gegenüber anderen Industriezweigen 351. Kalkulation in der Gießerei 3510. Problematik 3511. Kalkulation in der Schmelzerei (1. Stufe) 3512. Kalkulation der Formerei, Kernmacherei und Putzerei (2. Stufe 352. Kalkulation in der chemischen Industrie 3520. Produktionseigenarten der chemischen Industrie 3521. Auswirkungen der Eigenarten der chemischen Produktion auf die Kalkulation 353. Kalkulation in der Zementindustrie 3530. Produktion 3531. Kalkulation der Zementherstellung 354. Kalkulation in der Kleinmetallindustrie 3540. Besonderheiten 3541. Die Durchführung der Kalkulation 355. Kalkulation in der Papierindustrie 3550. Vorbemerkung 3551. Kalkulationsverfahren 356. Kalkulation in der Textilindustrie 3560. Die besonderen Probleme der Kalkulation in der Textil- . industrie 3561. Die Kalkulation in Kammgarnspinnereien 3562. Die Kalkulation in der Weberei 3563. Die Kalkulation in der Maschenwarenindustrie 357. Kalkulation in der Bauindustrie 358. Kalkulation in der Kabelindustrie 3580. Die Kabelindustrie 3581. Die Kabelproduktion 3582. Besonderheiten der Kalkulation 3583. Kalkulationsmethode 3584. Vorkalkulation 3585. Nachkalkulation 359. Kalkulation in der Spielwarenindustrie 3590. Das Saisonproblem 3591. Gliederung der Spielwaren
221 221 221 223
206 206 208 212 215 217 219 219
228 228 228 229 234 235 235 246 273 273 276 282 282 286 291 291 292 294 294 295 300 306 309 320 320 321 323 327 327 330 337 337 338
VI
Inhaltsverzeichnis
3592. Vorkalkulation 3593. Nachkalkulation 35930. Divisionskalkulation 35931. ,Äquivalenzkalkulation (bei der Fabrikation von Plüschspielwaren) 3594. Entwicklungskosten und kalkulatorische Zinsen 36. Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen 360. Kalkulation in Handelsbetrieben 3600. Arten der Kalkulation 3601. Unterschiede zwischen Industrie- und Handelskalkulation 3602. Die Kosten im Handel 3603. Der Aufbau der Kalkulation 3604. Die Berücksichtigung des Kapital- und Lagerumsehlages . . 361. Exportkalkulation 3610. Besonderheiten der Exportkalkulation 3611. Die besonderen Kostenarten des Exportgeschäftes . . . . 3612. Arten der Exportkalkulation 362. Kalkulation im Handwerk 3620. Eigenarten 3621. Durchführung 37. Grenzen der Nachkalkulation 370. Grundsätzliches 371. Genauigkeitsgrenzen, die sich aus Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Aufwand und Kosten ergeben 372. Genauigkeitsgrenzen der gebräuchlichen Kalkulationsformen . . . 3720. Grenzen, die sich zwangsläufig aus dem Wesen der einzelnen Formen ergeben (absolute Grenzen) 37 200. Divisionskalkulation 37 201. Zuschlagkalkulation 3721. Zur ökonomischen Grenze der Genauigkeit bei den einzelnen Formen (relative Grenzen) 37 210. Bei den Formen der Divisionskalkulation 37211. Bei den Formen der Zuschlagkalkulation 373. Genauigkeitsgrenzen von kombinierten Kalkulationsformen, Sonderformen der Kalkulation und von Kalkulationsersatzmethoden . . . 3730. Kombinierte Kalkulationsformen 3731. Sonderformen der Kalkulation 3732. Kalkulationsersatzmethoden 374. Genauigkeitsgrenzen, die sich aus der nur beschränkt praktischen Anwendungsmöglichkeit des Tageswertprinzips ergeben 375. Genauigkeitsgrenzen, die sich aus organisatorischen oder personellen Unzulänglichkeiten ergeben 4. Kostenstatistik 40. Wesen und Verfahren 41. Statistik im Verhältnis zur Buchhaltung und Kalkulation 42. Anwendung der Statistik in der Kostenrechnung 5. Bewertung und Wertung in der Kostenrechnung 50. Der Kalkulationswert 500. Wesen und Prinzipien 501. Objekte der Bewertung 502. Zweckabhängigkeit der Bewertung 503. Abhängigkeit von der Produktions- und Kalkulationsform . . . .
338 340 340 341 346 347 347 347 348 351 354 361 362 362 363 365 371 371 374 377 377 379 380 380 380 383 386 386 387 389 389 391 392 396 398 400 400 406 410 418 418 418 421 429 430
I nhaltsverzeichnis
VII
51. Der Verrechnungspreis 510. Wesen, Zweck und Arten 511. Verrechnung 52. Die Plankosten 520. Bewertungsfragen 5200. Abgrenzung zu Budgetkosten 5201. Bewertung von Kostenelementen zu Plankosten 5202. Bewertung von Leistungen zu Plankosten 521. Verrechnung der Plankosten in der Betriebsbuchhaltung und Betriebsabrechnung 5210. Rein buchhalterische Verrechnung der Plankosten . . . . 5211. Rein statistische Verrechnung der Plankosten 5212. Kombinierte Methode: buchhalterische und statistische Verrechnung der Plankosten
433 433 443 447 447 447 449 453 458 458 469 470
6. Betriebliche Planung 60. Allgemeines 600. Wesen und Bedeutung der betrieblichen Planung 601. Der allgemeine Planungsprozeß 602. Die betrieblichen Teilpläne und ihre Koordinierung 61. Die Kostenplanung 610. Die Stellung der Kostenplanung in der gesamtbetrieblichen Planung 611. Inhalt und Wesen der geplanten Kosten — Abgrenzung zu den Planbzw. Standardkosten 612. Voraussetzungen der Kostenplanung 613. Die Organisation der Kostenplanung 614. Die Durchführung der Kostenplanung 6140. Die Planung der direkten Materialkosten 6141. Die Planung der direkten Lohnkosten 6142. Die Planung der Gemeinkosten 615. Die Kostenplanung als Grundlage der Kostenkontrolle
473 473 473 474 480 488 488 489 497 508 509 509 515 517 522
7. Kostenanalyse 70. Wesen und Aufgaben 71. Vergleichsrechnungen 710. Zeitvergleich 711. Betriebsvergleich 712. Soll-Ist-Vergleich 72. Kostenanalysen im einzelnen 720. Strukturanalyse 721. Ergiebigkeitsanalysen 7210. Methodik 7211. Ergiebigkeitskennziffern 722. Abhängigkeitsanalysen 7220. Statische Abhängigkeitsanalyse 7221. Dynamische Abhängigkeitsanalyse 723. Abweichungsanalyse Literaturverzeichnis Schlagwortverzeichnis
523 523 524 525 526 528 529 530 535 535 538 546 546 551 557 559 565
VIII
I nhaltsverzeichnis 11,1
Inhaltsverzeichnis zu Band 11,1 Allgemeine Fragen der Kostenrechnung und Betriebsabrechnung 1. Allgemeine Fragen der Kostenrechnung 10. Grundlagen und Formen des Rechnungswesens 11. Das Rechnungswesen als Mittel betrieblicher Lenkung 110. Die neuzeitlichen Aufgaben industrieller Betriebsführung 111. Betriebsführung und industrielles Rechnungswesen 112. Rechnungswesen und Wirtschaftlichkeitszahlen 1120. Der Durchschnittswert als Wirtschaftlichkeitszahl und die Rolle des Rechnungswesens bei seiner Ermittlung 1121. Der Grenzkostenwert als Wirtschaftlichkeitszahl für Entscheidungen über kurzfristige Vorgänge 12. Geschichte der Kostenrechnung 120. Buchhaltung als Ausgangspunkt 121. Ergänzung durch Betriebsabrechnung und Kalkulation 122. Betriebskontrolle als neuer Zweck der Kostenrechnung 123. Die Vorschaurechnung 124. Kostenrechnung in den einzelnen Betriebsgrößen und Wirtschaftszweigen 13. Gegenwärtiger Stand und Entwicklungstendenzen der Kostenrechnung 130. Steigende Bedeutung des Rechnungswesens 131. Stand des Rechnungswesens 1310. Begriff der Kosten 1311. Tendenz zu volkswirtschaftlich gerechtfertigten Kosten 1312. Rechnen mit kalkulatorischen Kosten 1313. Weitere Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kostenrechnung 1314. Grundsätze der Kostenrechnung 1315. Tendenz zur Plankostenrechnung 14. Zwecke der Kostenrechnung 15. Formen der Kostenrechnung 150. Überblick 151. Die einzelnen Formen — ihre Beziehungen zueinander 1510. Allgemeines 1511. Der Einheitskostenrahmen der Industrie und die Betriebsabrechnung 15110. Die Bildungsgesetze des EKRI 15111. Stellung und Formen der Betriebsabrechnung 16. Nebenbuchhaltungen als Hilfsmittel der Betriebsabrechnung 160. Allgemeines 161. Anlagenbuchhaltung 1610. Aufgaben 1611. Formen 16110. Listenform 16111. Karteiform 16112. Lochkartenverfahren 16113. Arbeitsablauf in der Anlagenbuchhaltung
Inhaltsverzeichnis 11,1
IX
162. Materialbuchhaltung 1620. Der Materialbegriff 16200. Abgrenzung gegenüber dem übrigen Umlaufsvermögen und dem Anlagevermögen 16201. Gliederung unter fertigungstechnischen Gesichtspunkten 16202. Gliederung unter verrechnungstechnisch. Gesichtspunkten 1621. Aufgaben und Stellung der Materialrechnung und ihre organisatorischen Gestaltungsmöglichkeiten 16 210. Grundsätzliches 16211. Die Möglichkeiten der Rohmaterialerfassung 16212. Die Organisation der Aufschreibungen und deren Verarbeitung (inner- und außerhalb der Lagerbuchhaltung) 16213. Die Zusammenarbeit der Lagerbuchhaltung mit anderen Abteilungen 16214. Die Kontrolle der Lagerbuchhaltung 163. Lohnbuchhaltung 1630. Voraussetzungen für eine exakte Erfassung der Löhne für Zwecke der Kostenrechnung 16300. Grundsätzliches 16301. Abgrenzung Lohnarten, Lohnkostenarten und freiwillige Sozialkosten 16302. Durchgängige und zweckmäßige Kommissionierung aller Aufträge im Betrieb. 16303. Der Kostenträgergruppen-Plan für Zwecke der Kommissionierung 16304. Fertigmeldung und Meldung der Fakturaausstellung 1631. Ausstellung der Lohnbelege; ihre Behandlung in der Fertigung 1632. Prüfung und Erfassung der Lohnbelege in der Lohnbuchhaltung 1633. Die Auswertung der Lohnabrechnung für die Zwecke der Betriebsabrechnung 16 330. Die Verarbeitung der Fertigungslöhne und der Gemeinkostenlöhne 16 331. Die Verarbeitung der einzeln erfaßten Löhne für die Gemeinkostenaufträge 1634. Die Auswertung der Lohnabrechnung für die Nachkalkulation 16340. Die Hilfsmittel der Nachkalkulation 16341. Die Ermittlung der Herstellkosten der monatlichen Fertigung 16342. Die Ermittlung der Herstellkosten der abgeschlossenen sowie der fakturierten Kommissionen 1635. Erleichterung der Lohnverrechnung bei einfacher gelagerten Verhältnissen 1636. Die Ausstellung der Buchungsbelege für die Geschäftsbuchhaltung 17. Rechnungswesen und Arbeitsvorbereitung 170. Die unterschiedlich starken Beziehungen der Arbeitsvorbereitung zu den verschiedenen Teilen des Rechnungswesens » 171. Zusammenarbeit von Arbeitsvorbereitung und Nebenbuchhaltungen 1710. Lohnbuchhaltung 1711. Materialbuchhaltung 1712. Anlagenbuchhaltung 172. Zusammenarbeit von Arbeitsvorbereitung und Betriebsabrechnung
X
I nhaltsverzeichnis 11,1 173. Zusammenarbeit von Arbeitsvorbereitung und Kalkulation 1730. Vorkalkulation 1731. Nachkalkulation 174. Zusammenarbeit der Arbeitsvorbereitung mit der Abteilung „Betriebsstatistik" und mit der Planungsabteilung
2. Betriebsabrechnung als Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung 20. Kostenarten 200. Problematik der Kostenartenrechnung 201. Gliederung der Kostenarten 202. Organisation der Erfassung der Kostenarten 2020. Problematik 2021. Belegarten 2022. Der Lauf der Außenbelege 203. Einzelkosten 2030. Materialkosten 20 300. Materialkosten — allgemein 20301. Rückrechnung des Materialverbrauchs 20 302. Die Materialbewertung 2031. Lohn- und Gehaltskosten 2032. Sondereinzelkosten 204. Gemeinkosten 2040. Einzelne Gemeinkosten 20400. Soziale Kosten 20401. Steuern 20402. Gebühren, Beiträge 20403. Verschiedene Kosten 2041. Abschreibungen 20410. Bilanzielle und kalkulatorische Abschreibungen 20411. Zur praktischen Durchführung der kalkulatorischen Abschreibungen 20412. Abschreibung und Beschäftigungsschwankungen 2042. Die kalkulatorischen Aufwendungen 20420. Allgemeines 20421. Einzelne kalkulatorische Aufwendungen 2043. Zusammengesetzte Kosten 2044. Wagniskosten 20 440. Wagnisse, Wesen und Bedeutung 20441. Wagnisarten 20442. Einzelwagnisse in der Kostenrechnung 2045. Entwicklungskosten 20450. Wesen und Arten der Entwicklung 20451. Planung, Kontrolle und Organisation der Entwicklung 20452. Höhe und Zusammensetzung der Entwicklungskosten 20453. Kalkulatorische Grundsätze der Verrechnung der Entwicklungskosten 20454. Betriebsabrechnung 20 455. Kalkulation der Entwicklungskosten 20456. Entwicklungskosten in der Bilanz 2046. Gruppengemeinkosten 205. Kosten und Erlösschmalerungen 2050. Begriffsklärung 2051. Skonto 2052. Rabatte
Inhaltsverzeichnis II, 1
XI
206. Gliederung der Kostenarten nach ihrem Charakter 21. Kostenstellen 210. Begriff 211. Zweck der Kostenstellenbildung 212. Grundsätze der Bildung der Kostenstellen 213. Das Schlüsselungsproblem 2130. Allgemeines 2131. Grundsätze der Schlüsselung 2132. Arbeitsunterlagen für die Kostenverrechnung 21320. Allgemeine Grundlagen 21321. Spezielle Unterlagen 21322. Die Zurechnung der Kostenarten auf die Kostenstellen 21323. Umlage der Hilfskostenstellen auf die Hauptkostenstellen 214. Das Problem der Zuschlagsbasis 2140. Aufgabe der Zuschlagsbasis 2141. Die Zuschlagsbasis im Fertigungsbereich 2142. Die Zuschlagsbasis im Materialbereich 2143. Die Zuschlagsbasis im Verwaltungs- und Vertriebsbereich 2144. Die Zuschlagsbasis im Entwicklungsbereich 22. Kostenträger 220. Begriff 221. Gliederung der Kostenträger 23. Das betriebsnotwendige Kapital 230. Das Problem des betriebsnotwendigen Kapitals, sein Anwendungsgebiet 231. Der theoretische Ausgangspunkt: die Gegenüberstellung von Kapitalleistung, Kapitalverzehr und Kapitalersatz 232. Wesen und Bestimmung des kalkulatorischen Gewinns (allgemein) 233. Das betriebsbedingte Kapital als Ausgangspunkt für die Bemessung gerechtfertigter Kapitalkosten und eines angemessenen kalkulatorischen Gewinnes 234. Die Ermittlung der Kapitalleistung 2340. Grundsätze und Verfahrensregeln 2341. Die Behandlung ertragbringender und nicht zinsberechtigter Kapitalteile: die Methoden der Kapital-, Kosten- und Preisberichtigung. 2342. Das betriebsbedingte und das zinsberechtigte Kapital (betriebsnotwendiges Vermögen und betriebsnotwendiges Kapital) 2343. Ausgangspunkt der Kapitalleistungs-Rechnung 2344. Ermittlung des betriebsbedingten und zinsberechtigten Kapitals aus der Bilanz 235. Ermittlung und Verrechnung der Kapitalkosten und des kalkulatorischen Gewinnes auf die Trägerkosten 2350. Ermittlung 2351. Verrechnung 236. Zusammenfassung (Grundsätze) 24. Der Betriebsabrechnungsbogen (BAB) 240. Funktion und Prinzipien formulartechnischer Gestaltung 241. Formen des BAB 2410. Einbogen- und Buchform 2411. Der horizontal- oder vertikalerweiterte BAB mit Kostenträgerund Ergebnisrechnung
XII
Inhaltsverzeichnis 11,1
2412. Der stufenförmig aufgebaute BAB 2413. Gemeinkostenbogen des Handwerks 242. Bewertung im BAB 2420. Die Bedeutung des richtigen Wertansatzes in der Betriebsabrechnung 2421. Der Wertansatz in der Kostenarten- und Kostenstellenrechnung 2422. Der Wertansatz in der Kostenträger- und Ergebnisrechnung 2423. Bewertung und Zwecke der Betriebsabrechnung 25. Die Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen 250. Wesen und Arten innerbetrieblicher Leistungen 2500. Wesen und Bedeutung 2501. Arten 251. Die Erfassung — Aufgabe 252. Die Methode der Erfassung 2520. Überblick 2521. Die Durchführung der einzelnen Verfahren 25210. Die Nichterfassung der innerbetrieblichen Leistungen (sog. Nullmethode) 25211. Stellenumlegung 25212. Einzelkostenmethode 25213. Stellenausgleich 25214. Kostenträger— Kostenartenmethode 2522. Beurteilung der Methoden 253. Zusammenfassung von gleichartigen Innen- und Fremdleistungen 26. Geschlossene Kostenrechnung 260. Bedeutung 261. Abstimmung der periodischen Kostenrechnung in sich 2610. Kostenartenrechnung 2611. Kostenstellenrechnung 26110. Abstimmung mit der Kostenarteniechnung bei buchhalterischer Durchführung 26111. Abstimmung mit der Kostenartenrechnung bei statistischer Durchführung 26112. Geschlossenheit bei der Abrechnung der Hilfsbetriebe 2612. Kostenträgerzeitrechnung 262. Abstimmung der Stückrechnung mit der periodischen Kostenrechnung 263. Einbeziehung der Ergebnisrechnung in die Kostenrechnung zur Erzielung der Geschlossenheit 27. Terminprobleme in der Kostenrechnung 270. Die Bedeutung der Termine für die Verwendbarkeit der Kostenrechnung 271. Der Anfall des Urmaterials der Kostenrechnung 2710. Grundsätzliches 2711. Kostenarten 2712. Halb- und Fertigfabrikatebestandsveränderungen 2713. Innerbetriebliche Leistungen 272. Die Verarbeitung des Urmaterials 273. Beschleunigungsmöglichkeiten Schlagwortverzeichnis
3. Kalkulation 80. Arten und Überblick Zur Periodenrechnung, der Betriebsabrechnung, tritt die Kostenträger-, die Stückrechnung, die Selbstkostenrechnung oder Kalkulation. Die S e l b s t k o s t e n r e c h n u n g ist die Berechnung der durch die Erstellung einer Leistung verursachten Kosten. Selbstkostenrechnung ist daher Stückrechnung, und zwar erfaßt sie alle entstandenen Kosten (Vollkostenrechnung). Selbstkostenrechnung für Zwecke der Preisbildung nennt man Kalkulation, obwohl im Sprachgebrauch beide Begriffe meist gleichgesetzt werden. Die Selbstkostenrechnung kennt viele Formen, mehrere Grund- und sehr viele Individualformen, die sich aus der Anwendung der Grundformen auf sehr verschiedene Objekte ergeben. Die Gliederung der Formen erfolgt nach bestimmten Gesichtspunkten. I. Nach dem V e r f a h r e n (Rechentechnik) A. Reine Verfahren 1. Divisionskalkulation a) Einfache Divisionskalkulation, b) Äquivalenzziffernrechnung aa. summarische und differenzierende bb. vollständige und teilweise c) Divisionskalkulation mit Kostenstellen d) Stufenrechnung
2. Zuschlagskalkulation a) Summarische b) Differenzierende aa. Einfach differenzierende bb. Stellenrechnung a 1 ) Abteilungsrechnung bj) Platzkostenrechnung
B. Kombinierte Verfahren 1. bei der Kostenträgerrechnung z. B. Produktart nach Zuschlagrechnung, Leistungseinheit nach Divisionsverfahren (Sortenkalkulation) oder bei grundsätzlicher Zuschlagrechnung einige Produkte nach dem Divisionsoder Äquivalenzverfahren: Elektrische Kraft, Wasser, Dampf, verschiedene Drahtsorten, Blechstärken usw.
2. bei der Kosten Stellenrechnung für gewisse Kostenstellen Divisions-, für andere Äquivalenz- oder Zuschlagrechnung je nach der Art und Einheitlichkeit der Stellenleistung M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
1
Kalkulation
2
II. N a c h d e m P r o d u k t u n d d e m P r o d u k t i o n s v e r f a h r e n 1. Massenkalkulation 2. Sortenkalkulation 3. Stufen- (und Veredelungs-) kalkulation 4. Partie- und Chargenkalkulation 5. Serienkalkulation 6. Einzelkalkulation 7. Kalkulation verbundener Güter III. N a c h der K a l k u l a t i o n des W e r k s t o f f e s 1. Bezugskalkulation 2. Misch- und Blockkalkulation IV. N a c h d e m Z e i t p u n k t 1. Vorkalkulation 2. Zwischenkalkulation 3. Nachkalkulation V. N a c h d e r B e w e r t u n g 1. Istkosten-, 2. Normal-, 3. Plankalkulation VI. N a c h d e r V o l l s t ä n d i g k e i t d e r K o s t e n e r f a s s u n g 1. Vollkostenkalkulation 2. Teilkostenkalkulation. 81. Die Divisionskostenrechnung 310. Beine Divisionsrechnung Dio D i v i s i o n s k o s t e n r e c h n u n g beruht auf der Gleichung: Gesamtkosten der Rechnungsperiode . , . . . . rr Kosten der TLeistungseinheit — Gesamtleistung der Rechnungsperiode ZK -==—= Stückkosten ¿Li Die Divisionskostenrechnung kann nur unter bestimmten V o r a u s s e t z u n g e n angewandt werden. Die Grundvoraussetzung f ü r die Anwendung der r e i n e n Divisionsrechnung ist die E i n h e i t l i c h k e i t d e s P r o d u k t e s . Diese ist nur bei Einproduktbetrieben gegeben. Besteht dagegen die Betriebsleistung aus mehreren, in Qualität oder äußerer Form unterschiedlichen Leistungen, so ist die Divisionsrechnung nicht ohne weiteres zu gebrauchten. Es müssen verfeinerte, abgewandelte Formen zur Anwendung kommen. Aus der Grundforderung nach Einheitlichkeit des Betriebsproduktes ergibt sich, daß die M a s s e n p r o d u k t i o n das Hauptanwendungsgebiet der Divisionsrechnung ist, z. B. die Industrien der G r u n d s t o f f e , Gas-, Elektrizitäts-, Erdgas- und Erdölgewinnungsbetriebe usw. Häufig, wenn auch nicht in gleicher
Die Divisionskostenrechnung
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Vollkommenheit, wird die Grundbedingung von den Betrieben erfüllt, die f l ü s s i g e u n d s t a u b f ö r m i g e Produkte herstellen. Manchmal genügen auch feste Produkte der Grundvoraussetzung. Doch werden hier die einheitlichen Produkte durch Q u a l i t ä t s u n t e r s c h i e d e häufig in unterschiedliche verwandelt, z. B. in Kohlen-, Erz-, Salz- u. a. Bergwerken. Je weiter sich eine Industrie von den Grundindustrien entfernt, in desto geringerem Maße wird die Grundbedingung der Einheitlichkeit der Produktion erfüllt. Trotz der Häufigkeit der Massenfabrikation ist daher die Einheitlichkeit der Betriebsleistung nicht oft gegeben, so daß die Anwendung der reinen Divisionskostenrechnung relativ selten ist, obschon sie die billigste und genaueste Form der Selbskostenrechnung überhaupt ist. Es gibt aber A b a r t e n der Divisionskostenrechnung, die hinsichtlich der Einheitlichkeit der Produkte geringere Anforderungen stellen. Sie kommen dann zur Anwendung, wenn zwar die Einheitlichkeit der Produkte nicht gegeben ist, aber doch eine enge B e z i e h u n g der E n d p r o d u k t e untereinander besteht, z. B. bei Produkten mit „hohem Grad innerer V e r w a n d t s c h a f t " (Geldmacher), ferner bei gewissen Arten der v e r b u n d e n e n Produktion und in Betrieben mit einer e i n f a c h e n Arbeitsleistung (z. B. Sägewerke, Mühlen usw.). In diesen Fällen, in denen die Anwendung der reinen Divisionsrechnung nicht möglich ist, bedient man sich der v e r f e i n e r t e n F o r m e n der D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n . Sie werden vor allem angewandt: 1. beim Fehlen eines e i n h e i t l i c h e n Endproduktes, 2. bei u n g l e i c h m ä ß i g e r B e n u t z u n g der A n l a g e n durch die einzelnen Produkte. Bei den verfeinerten Formen der Divisionsrechnung unterscheidet man die Ä q u i v a l e n z z i f f e r n - u n d die K o s t e n s t e l l e n r e c h n u n g . Sie unterscheiden sich von der Grundform dadurch, daß neben der reinen Division noch N e b e n r e c h n u n g e n vorgenommen werden müssen, durch die die Abweichungen von den Grundvoraussetzungen nach Möglichkeit unwirksam gemacht werden sollen. Fehlt die n a t ü r l i c h e E i n h e i t l i c h k e i t der L e i s t u n g e n , so muß sie durch Umrechnungen geschaffen werden, damit wenigstens eine r e c h n e r i s c h e Einheitlichkeit entsteht. Das Mittel hierzu sind die Ä q u i v a l e n z z i f f e r n (auch Verhältnis- oder Gleichsetzungsziffern genannt). Die Divisionskostenrechnung, die mit solchen künstlich geschaffenen Einheiten rechnet, nennt man Ä q u i valenzziffernrechnung. Fehlt dagegen der alle A b t e i l u n g e n g l e i c h m ä ß i g d u r c h l a u f e n d e Produktionsprozeß, so bedient man sich der K o s t e n s t e l l e n r e c h n u n g . Dabei wird der Gesamtbetrieb soweit in einzelne Teilbetriebe zerlegt, daß wenigstens innerhalb der Teilbetriebe die Leistungen gleich oder vergleichbar sind. 1*
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Kalkulation
Die Kostenstellenrechnung wird bei der Divisionsrechnung auch zur Kontrolle der Betriebsgebarung angewandt, also auch dann, wenn sie zur Errechnung der Selbstkosten nicht nötig ist. Die Kostenstellenrechnung kann noch dadurch verfeinert werden, daß in den einzelnen Kostenstellen verschiedene Methoden der Selbstkostenrechnung zur Anwendung kommen, z. B. teils Äquivalenzziffern-, teils Zuschlagkostenrechnung. Die verschiedenen Arten der Divisionsrechnung haben sich daraus ergeben) daß die Grundvoraussetzungen nicht immer erfüllt sind. Jede fehlende Voraussetzung muß durch eine Änderung des Verfahrens ersetzt werden. Die Divisionskostenrechnung umfaßt daher drei A r t e n : 1. die reine Divisionskostenrechnung (bei einheitlichem Endprodukt und gleichem Produktionsgang), 2. Ä q u i v a l e n z z i f f e r n r e c h n u n g (bei ungleichem Endprodukt, aber gleichem Produktionsgang), 3. Kostenstellenrechnung (bei ungleichen Produktionsgängen und gleichem oder ungleichem, aber verwandtem Endprodukt) oder zur Kontrolle der Betriebsgebarung. Entscheidend für das Ergebnis ist bei allen Formen der Divisionsrechnung die r i c h t i g e W a h l der L e i s t u n g s - , b e s s e r B e r e c h n u n g s e i n h e i t , die nicht immer die handelsübliche Einheit und das fertige Erzeugnis zu sein braucht. Es rivalisieren z. B. die e r z e u g t e Mengeneinheit mit der a b g e s e t z t e n Mengeneinheit, so z. B. bei Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerken, wo nur die abgesetzten Einheiten betriebswirksam sind. Hier kann man z. B. die Produktionskosten auf die erzeugte Menge, die Vertriebskosten auf die abgesetzte verteilen. In anderen Industriezweigen bildet nicht das End-, sondern ein Z w i s c h e n p r o d u k t die Berechnungseinheit, weil nur dieses konstant und im Grunde kostenverursachend ist: in der Zuckerindustrie das Ausgangsmaterial, die Rüben, in der Lederindustrie ein kg Blöße (geweichte, gereinigte und abgezogene Haut), in den Gießereien 100 kg flüssiges Eisen. Bei der Kostenstellenrechnung kommen in den verschiedenen Kostenstellen meist u n t e r s c h i e d l i c h e B e r e c h n u n g s e i n h e i t e n zur Anwendung, die dem jeweiligen Endprodukt der Kostenstelle entsprechen, doch können auch Produktionsstadien, die h i n t e r dem Fertigprodukt der Kostenstelle liegen, als Bezugsgröße verwendet werden, z. B. das Endprodukt des Gesamtbetriebes. So verrechnet man z. B. in der Zementindustrie die Kosten von Bruch, Rohmühle, Presse usw. stets auf den dz fertigen Zement (Stufenkalkulation). Sobald andere Einheiten als das Endprodukt als Rechnungseinheit angenommen werden, ist zum Schluß immer eine Umrechnung auf die natürliche bzw. handelsübliche Einheit des Endproduktes vorzunehmen. Dies ist besonders bei den unterschiedlichen Einheiten der Kostenstellenrechnung notwendig. Die Leistungseinheiten, mit denen die Betriebe in der Kostenrechnung arbeiten, sind meist branchenüblich. Es rechnen z. B.
Die Divisionskostenrechnung Ziegeleien . . Kalkbrennereien Eisenhütten Walzwerke . Wasserwerke Zementfabriken Glasindustrie Flaschenglas Brauereien . Mühlen . . Gaswerke Elektrizitätswerke
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mit 1000 Stück Ziegel 1 dz Kalk 1 to Roheisen 1 to Eisen 1 cbm Wasser 1 Zentner Zement 1 qm gezogenes Glas 1 Stück zu x g Gewicht (z. B. eine 600 g-Flasche) 1 hl Bier 1 Zentner (dz) Mehl 1 cbm Gas 1 kwh oder 1 Jahres-kwh.
Andere Industrien rechnen mit G e w i c h t s - (Lack-, Papier-, Papp-, Bindfaden-, Chemische Industrie),Längeneinheiten(Textilindustrie) oder F1 ä c h e n einheiten (Klischeeanstalten, Galvanisierungsbetriebe). D i e p r a k t i s c h e D u r c h f ü h r u n g einer reinen Divisionskostenrechnung sei an einer Schwefelsäurefabrik 1 ) gezeigt, ein Betriebstyp, der die Grundvoraussetzungen für dieses Verfahren erfüllt: Hergestellt wird nur ein Fabrikat: Schwefelsäure, und zwar in einer Periode 7 2981. Die aufgelaufenen Kosten sind folgende: 1. Rohstoffkosten:
Kies Ammoniak Kiestransport
. . . .
DM 362109,54 DM 96802,28 DM 5607,68 DM 464519,50
2. Fabrikationskosten: Löhne, Reparaturen und Unkosten in der Brennerei . . im Ofenbetrieb . . . im Turmbetrieb . .
DM 33643,94 DM 48245,44 DM 55627,64
3. Innerbetriebliche Transportkosten (Eisenbahn) 4. Direkte Unkosten (Krankenkasse, Versicherung, allgemeine Reparaturen) 5. Indirekte Unkosten (Verwaltungs-und Vertriebskosten). . . Gesamtkosten Erzeugung Kosten einer t
= 718015,94 DM = 7298 t 718015,94 = 98,40 DM =
DM 137 517,02 DM 15620,86 DM 24905,25 DM 75453,31 DM 718015,94
Es gibt natürlich auch bei der reinen Divisionsrechnung sehr komplizierte, auseinandergezogene Rechnungen. Aber das Prinzip bleibt immer dasselbe: ZK —— = Kosten der Leistungseinheit ZXi J
) Schefczik, W., Selbstkosten und Erfolgskontrolle einer Schwefelsäurefabrik, Z. f. hw. F., 12. Jahrg., S. 350.
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Kalkulation 311. Äquiyalenzrechnung
Die Äquivalenzziffernrechnung, die erste Abart der reinen Divisionsrechnung, wird in Betrieben angewandt, die zwar nicht einheitliche, aber in f e s t e r K o s t e n r e l a t i o n zueinanderstehende Produkte herstellen. Dieses Kostenverhältnis kann dadurch bedingt sein, daß: 1. g l e i c h e s M a t e r i a l unter u n t e r s c h i e d l i c h e m A r b e i t s a u f w a n d zu v e r s c h i e d e n e n Produkten verarbeitet wird; z. B. flüssiges Eisen in G i e ß e r e i e n zu verschiedenen mehr oder weniger komplizierten Formen; Baumstämme in S ä g e w e r k e n zu verschieden starken Blöcken, Bohlen oder Brettern; 2. unter g l e i c h e m A r b e i t s a u f w a n d u n t e r s c h i e d l i c h e E n d p r o d u k t e entstehen. Dies ist vor allem in G e w i n n u n g s i n d u s t r i e n , aber auch in v e r a r b e i t e n d e n Betrieben der Fall. So ergibt die Förderung einer Tongrube Ton unterschiedlicher Qualität bei gleichem Arbeitsaufwand, bei der Bettfedernherstellung werden Federn verschiedener Qualitäten gewonnen, in der Mühlenindustrie Mehl verschiedener Gütegrade und Nebenprodukte. Es handelt sich dabei immer um Produkte, die zwar verschieden, aber doch untereinander v e r w a n d t sind. Durch diese Verwandtschaft ist die Möglichkeit gegeben, die unterschiedlichen Produkte durch Umrechnung so zueinander in Beziehung zu setzen, daß ihre Verschiedenheit bei der Selbstkostenrechnung nicht mehr ins Gewicht fällt. Es wird eine zwar nicht tatsächliche, sondern nur eine rechnerische Gleichartigkeit geschaffen. Das Mittel hierzu sind Ä q u i v a l e n z z i f f e r n . Mit Hilfe der durch sie gefundenen Rechnungseinheiten können zunächst durch eine einfache Divisionsrechnung die Kosten einer Rechnungseinheit festgestellt werden. Im zweiten Schritt werden dann, wiederum mit Hilfe von Äquivalenzziffern, die Kosten der einzelnen Produkte errechnet. Die Anwendung der verschiedenen Formen der Äquivalenzziffernrechnung ist an bestimmte V o r a u s s e t z u n g e n geknüpft. V o l l e Äquivalenzziffernrechnung kann durchgeführt werden: 1. bei gleicher Rohstoffgrundlage, 2. bei gleichem bzw. ähnlichem Produktionsgang. Nur t e i l w e i s e Anwendung der Äquivalenzziffernrechnung ist möglich: 1. bei gleichen Produkten, aber unterschiedlichem Fertigungsgang (Verteilung des Materials mittels Äquivalenzziffern, Fertigungskosten werden als Einzelkosten erfaßt), 2. bei verschiedenen Produkten mit gleichem Fertigungsgang (Materialkosten als Einzelkosten, Fertigungskosten bzw. Löhne werden mittels Äquivalenzziffern verteilt). Sind aber weder gleiche Rohstoffgrundlage n o c h gleicher Fertigungsgang gegeben, so ist die Äquivalenzziffernrechnung nicht anwendbar. Aus den Voraussetzungen und dem Zweck der Äquivalenzziffernrechnung geht ihr W e s e n klar hervor: Äquivalenzziffern sind Verhältniszahlen, die ein Mengen-, Kosten- oder Preisverhältnis verschiedener Produkte darstellen und verschiedene Leistungen rechnerisch gleich machen. Sie sind Ziffern zum
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Die Divisionskostenrechnung
Gleich- und Vergleichbarmachen, deshalb ist das Entscheidende das Beziehungsverhältnis der einzelnen Verhältniszahlen. Das Mengen-, Kosten- oder Preisverhältnis kann ein k o n s t a n t e s oder ein v a r i a b l e s sein. K o n s t a n t sind Verhältniszahlen, wenn ihre Grundlage Mengenverhältnisse sind: Ausbeutungsmengen, Rohmaterialmengen usw., während Wertäquivalenzziffern (auf Geldeinheiten beruhend) dagegen v a r i a bel sind. Die nachstehende Aufstellung zeigt Wertäquivalenzziffern 1 ). P r e i s e u n d Ä q u i v a l e n z z i f f e r f ü r X - D r ä h t e (pro Meter Draht) Monat Januar Durchmesser in mm 1
Selbstkosten in Pf. pro m
0,450 0,200 0,155 0,119 0,092 0,070 0,054 0,042 0,032 0,026 0,019 0,011
20,88 5,13 3,71 2,29 1,65 1,01 0,75 0,52 0,38 0,35 0,29 0,46
2
Äquivalenzziffer Selbstkosten lt. Aus Spalte 4 ergültig ab . . . Nachkalk. m/Pf. rechn. Äqu.ziff. 4 3 5 72,0 17,7 12,8 7,9 5,7 3,5 2.6 1,8 1,3 1,2 1,0 1,6
18,55 4,84 2,97 1,86 1,41 0,81 0,55 0,40 0,30 0,29 0,29 0,305
64,0 16,7 10,2 6,4 4,2 2,8 1,9 1,4 1,03 1,00 1,00 1,05
Als rechnerische Einheit (Äquivalenzziffer = 1) wird bei dieser Aufstellung, der Draht mit dem Durchmesser 0,019 mm (Spalte 1) angenommen, dessen Selbstkosten (Spalte 2) 0,29 Pfg. pro Meter betragen. Das Verhältnis der S e l b s t k o s t e n der anderen Drähte (Spalte 2) zu denen der rechnerischen Einheit bestimmt die einzelnen Äquivalenzziffern dieser Drähte (Spalte 3). Eine Änderung der Selbstkosten (Spalte 4) ergibt infolgedessen eine entsprechende Ä n d e r u n g der Äquivalenzziffern (Spalte 5), die hier v a r i a b l e Verhältniszahlen darstellen.
Die kalkulatorische Eignung der Äquivalenzziffernmethode ist abhängig von der e i n w a n d f r e i e n Bildung der Äquivalenzziffern. Auf ihre Errechnung ist größte Sorgfalt zu legen. Wo i n n e r b e t r i e b l i c h e Faktoren (Arbeitszeiten, evtl. Materialmengen) die Höhe der Äquivalenzziffern bestimmen, sind sie durch eigene, möglichst genaue Untersuchungen festzustellen. Die M a r k t p r e i s e haben für die Bildung der Äquivalenzziffern den Vorzug, daß sie jederzeit feststellbar sind und kurzfristig den wirklichen Verhältnissen angepaßt werden können. Die Äquivalenzziffern werden aber nicht nur zur Divisionsrechnung benutzt, sondern finden auch bei a n d e r e n Kostenrechnungen Anwendung, z. B. zur Verteilung einzelner Kostenarten. Hierbei sind die Äquivalenzziffern, die sich Magiera, A., Äquivalenzziffern und die Kontrolle der Betriebsgebarung in einer Drahtfabrik. Diss. Leipzig 1932, S. 19.
Kalkulation
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nach dem Zweck der Rechnung richten, durch besondere Verfahren festzustellen. Hierbei können auch technische Größen für die Bestimmung von Äquivalenzziffern benutzt werden. An einem B e i s p i e l soll nun die V e r f a h r e n s w e i s e der Äquivalenzziffernrechnung gezeigt werden: Ein S ä g e w e r k hat eine Aufteilung der Gesamtkosten auf die verschiedenen Produkteinheiten vorzunehmen. Es stellt drei Sorten von Holzprodukten her: 1. normales Schnittholz, 2. Bohlen und 3. Bauholz. Das Bauholz ist gröber als die Bohlen, diese wieder sind gröber als das normale Schnittholz, die sogenannte Handelsware. Dementsprechend steigen in dieser Reihenfolge die Sägekosten. Die Gesamtkosten betragen DM 66 000 bei einer Gesamtleistung von 8600 fm. Diese verteilt sich auf die drei Produkte wie folgt: Handelsware . . . 4600 fm Bohlen lOOOfm Bauholz 3 000 fm Es ist offensichtlich, daß die Höhe des Gesamtkostenanteils, den jedes einzelne Produkt zu tragen hat, abhängig ist sowohl von der Menge als auch von den Kosten, die die Produktion seiner Einheit verursacht. Ausgehend von den einzelnen hergestellten Mengen, werden diese nun „gewogen", d. h. sie werden multipliziert mit einem Faktor, dessen Höhe der relativen Kostenverursachung ihrer Einheit entspricht. Dieser Faktor muß demnach beim Bauholz am kleinsten, bei der Handelsware am größten sein. Die Einheitskosten der Handelsware, die als Maßstab dienen, sollen gleich 1 angenommen werden. Es ergeben sich so für Bohlen bzw. für Bauholz die Größen 0,8 bzw. 0,7 (empirisch festgestellte Arbeitszeiten). Auf die Höhe dieser Zahlen kommt es nicht an, sondern nur auf i h r V e r h ä l t n i s z u e i n a n d e r . Nach der Multiplikation der Produktionsmengen mit ihren entsprechenden Verhältniszahlen ergeben sich die Größen 4600, 800 und 2100. Die so gefundenen Zahlen berücksichtigen sowohl die Mengen der einzelnen Produkte, als auch die Höhe der relativen Kosten. Sie sind demnach voll vergleichbar, d. h. das Verhältnis 4600:800:2100 entspricht dem wahren Kostenverhältnis der einzelnen Produktarten. Die Division der Kostensumme durch die gewogenen Produktmengen ergibt die Kosten der r e c h n e r i s c h e n Einheit: 66000
W o
=8'80
DM
Nun wird an Hand der Verhältnisziffern die Zurechnung der Kosten auf die einzelnen Produkte vorgenommen. Dies geschieht durch Multiplikation der oben errechneten Einheitskosten mit den Faktoren 1,0, 0,8 bzw. 0,7. Es ergeben sich somit als Kosten für die Einheit Handelsware 8,80, Bohlen 7,04 und Bauholz 6,16 DM. Durch Multiplikation dieser Sätze mit den Mengen der entsprechenden Produkte ergeben sich die Gesamtkosten der drei Produkte: Produkte Handelsware . Bohlen . . . Bauholz . . .
Verhältniszahl 1 0,8 0,7
Mengen 4600 1000 3000
Rechnungseinheiten
Einheitskosten
4600 800 2100 7500 66000 : 7500
8,80 7,04 6,16 = 8,80
Gesamtkosten 40480 7 040 18480 66 000
Die Divisionskostenrechnung
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Die Ä q u i v a l e n z r e c h n u n g kommt in verschiedenen Formen vor, als aa) s u m m a r i s c h e und d i f f e r e n z i e r e n d e , bb) v o l l s t ä n d i g e und teilweise. Zu aa): Summarische Äquivalenzziffernrechnung liegt dann vor, wenn die Gleichsetzung der Produkte durch eine einzige Äquivalenzziffernreihe bewirkt wird. Bei differenzierender Äquivalenzziffernrechnung werden zusammengefaßte K o s t e n g r u p p e n nach verschiedenen Äquivalenzziffernreihen auf die Produkte verteilt. Die Anwendung und den Unterschied beider Verfahren zeigt das folgende Beispiel einer Herstellkostenberechnung in einem Käseschmelzwerk (in Anschluß an Nertinger). Die Verteilung der Kosten geschieht im Falle I mit Hilfe einer Äquivalenzzifferngruppe; im Fall II werden die Kosten in Kosten der Rohware und übrige Herstellungskosten aufgespalten und die beiden Kostengruppen nach zwei verschiedenen Äquivalenzziffernreihen umgelegt. F a l l I: S u m m a r i s c h e Ä q u i v a l e n z r e c h n u n g Stückzahl
Verkaufspreis
Äquival.Ziffer
Verrechnungszahl
Herstellko. o. Verpackg. insgesamt
1 2
115000 23000
50 58
1 1,2
115000 27 600
37 720 9062
13 14
48000 59000
16 85
0,3 V
14400 100300 551320
4723 32922 180828
Sorte
1
Pro Stück 32,8 39,4
Pf. Pf.
9,84 Pf. 55,8 Pf.
180828 : 551320 = 0,328 DM Fall II: D i f f e r e n z i e r e n d e Ä q u i v a l e n z r e c h n u n g (Sorten, Stückzahl und Verkaufspreis wie im Fall I) a) R o h w a r e n k o s t e n Stückzahl
Äquivalenzziffer
Verrechnungszahl
1 2
115000 23000
1 1,2
115000 27 600
34500 8280
0,30 0,36
13 14
48000 59000
0,3 1,7
14400 100300 551320
4320 30090 165396
0,09 0,51
Sorte
1
Rohwarenkosten DM
Rohwarenkosten pro Stück DM
165 396 : 551320 = 0,39 DM
Kalkulation
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b) H e r s t e l l k o s t e n ohne Rohware ÄquivaVerrechSorte lenznungszahl ziffer 1 2
13 14
HerstellHerstell- Herstellkoster kosten 0. Verkaufs- summar. kosten 0. m. Rohware Rohware preis DM Rohware p. Stück DM p. Stück
9 4
1035000 92000
8280 736
50,— 58,—
32,8 39,4
7,2 3,3
+ 30 = 37,2 +36 = 39,3
2,2 1
105 600 59000 1895000
844 472 15066
16,— 85,—
9,84 55,8
1,7 0,8
+ 9 = 10,7 + 51 = 51,8
15066 :1895000 = 0,08 DM Vergleich der Ergebnisse der beiden Verfahren: Die Kosten der Sorte 1 betragen (100 Stück) im Fall I
Herstellkosten Verpackung
32,80 DM 4,75 DM
F a l l II Rohware Herstellkosten ohne Rohware
30,— DM 7,20 DM 4,75 DM
41,95 DM 37,55 DM Umsatzsteuer und Vertreter3,—DM provision 3,— DM 15% Verw.- und Vertr.-kosten 6,29 DM auf die Herstellkosten . . 5,65 DM 51,24 DM Selbstkosten 46,20 DM Die Differenz beträgt DM 5,04. Im Fall II liegen die Kosten der Sorte 1 um DM 1,24 über dem Verkaufspreis (50,—). Zu bb): V o l l s t ä n d i g e Ä q u i v a l e n z z i f f e r n r e c h n u n g liegt vor, wenn a l l e Kosten mit Hilfe von Äquivalenzziffern verteilt werden (Voraussetzung hierfür ist die gleiche Rohstoffgrundlage und gleicher oder ähnlicher Produktionsgang). T e i l w e i s e Ä q u i v a l e n z z i f f e r n r e c h n u n g liegt vor, wenn bei gleichen Produkten, aber unterschiedlichem Fertigungsgang nur die V e r t e i l u n g d e s M a t e r i a l s m i t t e l s Ä q u i v a l e n z z i f f e r n möglich ist, die Fertigungskosten dagegen als Einzelkosten erfaßt werden müssen — oder bei verschiedenen Produkten mit gleichem Fertigungsgang die F e r t i g u n g s k o s t e n bzw. L ö h n e m i t t e l s Ä q u i v a l e n z z i f f e r n verteilt werden können, die Materialkosten dagegen als Einzelkosten erfaßt werden müssen.
Die Divisionskostenrechnung
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312. Divisionsrechnung mit Eostenstellen
Die z w e i t e A b a r t der reinen Divisionskostenrechnung bildet die K o s t e n s t e l l e n r e c h n u n g . Sie kann zwar auch zur Ermöglichung der betrieblichen Kontrolle in die reine Divisionsrechnung eingefügt werden, zumeist handelt es sich aber um selbständige Formen, die von der reinen Divisionsrechnung abweichen. Die Kostenstellenrechnung im Rahmen der Divisionsrechnung unterscheidet sich von der bei Zuschlagsrechnung vor allem dadurch, daß sie die G e s a m t kosten einer Kostenstelle sammelt, während bei der Zuschlagsrechnung die Kostenstellen nur zur Verrechnung der Gemeinkosten benutzt werden. Die Divisionsrechnung mit Kostenstellen kommt dort zur Anwendung, wo die Einheitlichkeit und die Kontinuität des Produktionsganges fehlen, die Produkte die einzelnen Teilbetriebe unterschiedlich in Anspruch nehmen. Bei der Kostenstellenrechnung wird der Gesamtbetrieb in Teilbetriebe (Kostenstellen) gegliedert, die als s e l b s t ä n d i g e B e t r i e b e angesehen und selbständig in Form der reinen Divisionskostenrechnung abgerechnet werden. Die Papierindustrie z. B. stellt verschiedene Qualitäten her. Je nachdem, ob einige Produktionsgänge hinzugefügt werden, manche zweimal durchlaufen werden usw., ergeben sich die verschiedenen Sorten von Papier. Neben der Berücksichtigung der verschiedenen Rohstoffe ist es also notwendig, den Produktionsgang zu zerlegen und die Selbstkostenrechnung stufenförmig aufzubauen. Die Aufteilung in Kostenstellen, die für jede Produktionsphase die Kosten getrennt erfassen, ermöglicht eine Berücksichtigung der unterschiedlichen Beanspruchung der Teilbetriebe. Durch die getrennte Abrechnung der Kostenstellen werden, abweichend von der reinen Divisionskostenrechnung, nicht Durchschnittskosten des Gesamtbetriebes, sondern nur der Teilbetriebe erfaßt und der betreffenden Papierart individuell zugeschlagen. Es werden jeder Papierart nur die Kosten angerechnet, die in den wirklich durchlaufenen Kostenstellen entstehen. So teilt nach Mirus1) ein Papierindustriebetrieb den Gesamtbetrieb in drei Hauptgruppen: I. Verwaltung, II. Betrieb, III. Vertrieb. Für die Verwaltungskosten wird jedes Produkt in gleicher Weise belastet, nicht aber für die Betriebskosten. Deshalb wird der Betrieb in folgende Kostenstellen unterteilt: H albstoffbetriebe
Papierherstellung
Schleiferei Zellstoffabrik Strohstoffabrik Lumpenverarbeitung Bleicherei
Ganzstoffbereitung Herstellung der Papierbahn
Ferner werden die Kostenstellen: Verpacken Energiebetriebe Nebenbetriebe Außenbetriebe geführt.
F ü l l b e t r i e b e der Papierausrüstung Kalandern Schneiden, Umrollen Isolieren Linieren Streichen Kleben
*) L. Mirus, Die Gestehungskosten in der Papierindustrie. Berlin 1925.
12
Kalkulation
In jeder dieser Kostenstellen werden durch reine Divisionsrechnung die Kosten der Einheit (z. B. 1000 kg) ermittelt. Am Ende einer Periode wird dann festgestellt, ob und wie oft die einzelnen Kostenstellen von den verschiedenen Papieren durchlaufen wurden. An Hand der Ergebnisse der einzelnen Kostenstellen werden dann durch Addition der in den Kostenstellen ermittelten Sätze die Einheitskosten für jede Papierart festgestellt. Die Kostenstellenrechnung kann ferner — und das ist der häufigere Fall — T e i l b e t r i e b e a u s g l i e d e r n , die die reine Divisionsrechnung anwenden unter Aussonderung von s o l c h e n , bei denen das nicht möglich ist. Dadurch kann wenigstens in Teilen des Betriebs die ökonomische und auch genaue Divisionskostenrechnung zur Anwendung kommen; so z. B. in Eisengießereien, die die E r s a t z k o s t e n durch Divisionsrechnung, die Formkosten mittels Zuschlagskostenrechnung feststellen. Das gleiche Verfahren findet sich in der Porzellanindustrie, die die Massenherstellung in Divisions- und die Formerei in Zuschlagskostenrechnung abrechnet. Schließlich erlaubt die Kostenstellenrechnung auch, in einzelnen Teilbetrieben Ä q u i v a l e n z z i f f e r n , in anderen die r e i n e D i v i s i o n s m e t h o d e anzuwenden. Die K o s t e n s t e l l e n r e c h n u n g m i t Ä q u i v a l e n z z i f f e r n ist dort erforderlich, wo sowohl die Notwendigkeit zur Führung einer Kostenstellenrechnung (kein gleichmäßiger Durchlauf aller Produkte durch die Teilbetriebe) als auch zur Anwendung von Äquivalenzziffern (Verschiedenheit der Endprodukte) besteht. Hier wird die Kostenstellen- mit einer Äquivalenzziffernrechnung kombiniert. Zur Erläuterung diene die Kostenrechnung einer Ziegelei1). Der Betrieb wird in folgende Teilbetriebe aufgegliedert: 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Grube, Mühle, Formerei, Trockenanlagen I, II und III, Stapelplatz, Ofenanlage.
Die Abteilungen I, II, III der Kostenstelle 4 werden von den verschiedenen Endprodukten: 1. Steine, 2. Falzziegel, 3. Herzziegel, 4. Firstziegel nicht gleichmäßig durchlaufen. Während die Trockenanlage I nur Falzziegel, die Anlage II sowohl Herz- als auch Firstziegel bearbeitet, werden in der Anlage III nur Steine getrocknet und bearbeitet. Daraus ergibt sich der Zwang zur Bildung von Kostenstellen. Ferner macht die Unterschiedlichkeit der Formkosten bei den verschiedenen Endprodukten die Anwendung von Äquivalenzziffern in der Formerei nötig. Es werden somit alle K o s t e n s t e l l e n außer der Formerei durch die reine Divisionsmethode abgerechnet, die Formerei dagegen durch die Äquivalenzziffernrechnung. F. Dilk, Die Selbstkostenrechnung in der Ziegelindustrie. Z. f. hw. F., 16. Jahrg., S. 241 ff.
Die Divisionskostenrechnung
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313. Stufenkalkulation Bei der Divisionskalkulation (noch mehr bei der Zuschlag- und der kombinierten Kalkulation) ergibt sich durch das Prinzip der abteilungsweisen Aufgliederung des Betriebes die Unterform der K o s t e n s t e l l e n k a l k u l a t i o n . Dieses gleiche Prinzip der Betriebsaufgliederung nach dem P r o d u k t i o n s p r o z e ß führt noch zu einer weiteren Kalkulationsform: der S t u f e n k a l k u l a tion. Von der Stufenkalkulation sprechen wir, im Gegensatz zur Stellenkalkulation, dann, wenn der selbständig abrechnende Funktionskreis (Kostenstelle) nicht nur einen Teilarbeitsgang (z. B. bohren, fräsen, stanzen, drehen), sondern e i n e g e s c h l o s s e n e P r o d u k t i o n s p h a s e umfaßt. K e n n z e i c h e n einer selbständigen Produktionsphase ist in der Regel die A b s e t z b a r k e i t des Produktes als Halb- oder Zwischenfabrikat. Charakteristische B e i s p i e l e derartiger Stufenfertigung und entsprechende Anwendungsfälle der Stufenkalkulation sind z. B . das kombinierte E i s e n w e r k : Hochofen — Walzwerk — Stahlwerk — Drahtzieherei, ferner die Z e m e n t h e r s t e l l u n g : Produktionsstufen sind K a l k b r u c h — R o h m ü h l e — P r e s s e — Ö f e n — Z e m e n t m ü h l e ; die entsprechenden Halbfabrikate sind: Kalkstein, Rohmehl, Ziegel, Klinker, fertiger Zement. Ein weiteres Beispiel ist die P a p i e r f a b r i k a t i o n . Produktionsstufen sind: Rohstoffherstellung — Papiererzeugung — Papierausrüstung — Papierveredelung. Die entsprechenden Halbfabrikate sind: Holzschliff, Zellstoff, Strohstoff oder Hadernstoff für S t u f e 1 : R o h s t o f f herstellung. Maschinenglattes Rollenpapier in S t u f e 2 : P a p i e r e r z e u g u n g . Geglättetes, sortiertes, liniertes und geschnittenes Papier in S t u f e Papierausrüstung.
3:
Papiere besonderer Art, z. B. geklebter Karton, Buntpapier, imprägniertes Papier usw. in S t u f e 4 : P a p i e r v e r e d e l u n g . Bei der Papierproduktion geht sehr deutlich der Unterschied zwischen S t u f e und A b t e i l u n g hervor. Abteilungen (Kostenstellen) innerhalb der Stufe P a p i e r e r z e u g u n g sind z. B. die K o l l e r g ä n g e und die einzelnen P a p i e r m a s c h i n e n , innerhalb der Stufe P a p i e r a u s r ü s t u n g der K a l a n d e r - , der S c h n e i d e - , der S o r t i e r s a a l , die P r e s s e n . Die R e c h n u n g s t e c h n i k bei Abteilungs- und Stufenkalkulation ist insofern verschieden, als bei der Abteilungskalkulation immer nur die Kosten der jeweiligen Abteilung erfaßt und dann die Summe des Endproduktes aus der Addition der einzelnen Abteilungskosten ermittelt wird. Bei der Stufenkalkulation geht dagegen die L e i s t u n g d e r V o r s t u f e an die nachgelagerte Stufe und wird hier mit i h r e m v o l l e n W e r t ( W e r k s s e l b s t k o s t e n oder V e r r e c h n u n g s p r e i s ) in die Kostenrechnung einbezogen.
14
Kalkulation
Bei der Stufenkalkulation sind zwei A b r e c h n u n g s v e r f a h r e n im Gebrauch : a) Die Verrechnung der Kosten für die Endleistungen geschieht s t u f e n w e i s e ; unter Feststellung des Verbrauches jeder n a c h g e o r d n e t e n Stufe an L e i s t u n g e n der e n t s p r e c h e n d e n V o r s t u f e ; unter Benutzung der für diese ermittelten Kostenziffern. Statt der Übernahme der Zwischenleistungen von Stufe zu Stufe zu H e r s t e l l p r e i s e n können diese auch mit f e s t e n V e r r e c h n u n g s p r e i s e n (Normalkosten) weitergegeben werden (Eigenleistung zu Istkosten, übernommene Leistung der Vorstufe zu Normalkosten). b) Die Errechnung der Kosten für die Endleistungen geschieht s t u f e n w e i s e durch U m r e c h n u n g der Z w i s c h e n l e i s t u n g e n jeder Stufe auf E n d l e i s t u n g e n nach E r f a h r u n g s s ä t z e n und e n t s p r e c h e n d e D i v i s i o n des Güterverzehrs jeder Stufe durch die umgerechneten Stufenleistungen. Die Anwendbarkeit dieser Rechnungsweise setzt voraus, daß das den Umrechnungsziffern zugrundeliegende M e n g e n v e r h ä l t n i s zwischen den Stufenleistungen und der Endleistung nicht oder n u r u n b e d e u t e n d s c h w a n k t . Andernfalls kann nur das unter a) genannte Verfahren Anwendung finden. Die Stufenkalkulation kennen wir in zwei Abarten: 1. Veredelungskalkulation, 2. eigentliche Stufenkalkulation. Die V e r e d e l u n g s k a l k u l a t i o n ist die h ä u f i g e r e Form. Das A u s g a n g s m a t e r i a l wird g e s o n d e r t e r f a ß t und auf jeder K o s t e n s t e l l e der Veredelungssatz festgestellt. (Bei der Abrechnung der Kostenstellen kann entweder die für die Kostenstelle maßgebende Leistungseinheit oder die Einheit des Endproduktes zugrunde gelegt werden. Im ersten Falle sind bei der Kalkulation des Endproduktes jeweils die Einheiten der Kostenstellen auf die Einheit des Endproduktes umzurechnen.) „Unter Veredelungskalkulation ist eine Selbstkostenrechnung zu verstehen, bei der das M a t e r i a l , abgesehen vom Hilfsmaterial, bei der betreffenden Kostenstelle n i c h t e r f a ß t wird und sich die s t e l l e n m ä ß i g e Kostenerfassung der Kosten auf die V e r e d e l u n g s k o s t e n beschränkt. Es wird gerechnet, wie wenn ein sogenannter L o h n b e t r i e b vorläge." 1 ) Im Gegensatz zur gewöhnlichen Divisionskalkulation beschränkt sich also bei der Veredelungskalkulation die Divisionsrechnung auf die V e r e d e l u n g s k o s t e h , das sind Löhne zuzüglich sonstiger Kosten, also Abschreibungen, Zinsen, Hilfsmaterialien, Steuern usw. Die Möglichkeit der Veredelurgskalkulation ist überall dort gegeben, wo v e r s c h i e d e n w e r t ige E i n s a t z s t o f f e einen weitgehend g l e i c h a r t i g e n B e a r b e i t u n g s g a n g erfahren, z. B. Schmalenbach, Selbstkostenrechnung.
15
Die Divisionskostenrechnung
in M ü h l e n (Vermahlung von Roggen, Weizen, Gerste, Mais); in der K o n s e r v e n i n d u s t r i e (Verarbeitung von hochwertigem und niedrigwertigem Obst, sowie Gemüse); im S t a h l w e r k (verschiedenwertiger Rohstahl, weitgehend gleiche Bearbeitungskosten).
Das kostenrechnerische V e r f a h r e n der Veredelungskalkulation ist folgendes: Die Einzelkosten, in diesem Falle n u r das Material (der Stoffeinsatz) gehen direkt von Klasse 3 auf Klasse 7. Alle übrigen Kosten, einschließlich Löhne, werden aus der Klasse 4 in den Abrechnungsbogen übernommen und auf die einzelnen Kostenstellen verteilt, z. B. seien in der K o n s e r v e n i n d u s t r i e folgende Stellen zur Kontrolle wichtig: 1. Säuberung und Sortierung, 2. Bearbeitung (z. B. Entkernen des Obstes, Schneiden des Gemüses), 3. Küche (Sterilisierung und Einwecken).
Der Betriebsabrechnungsbogen würde folgendes Aussehen haben: Kostenstellen Kostenarten Löhne Hilfsmaterial Abschreibung Sonstige Kosten Summe Kosten Leistung kg Kosten je kg
. . . .
Säuberung
Bearbeitung
Küche
100 10 15 375
200 20 10 170
50 60 30 110
500 2500 —,20
400 2000 — 20
250 2000 — 12,5
Die Kosten pro kg fertiger Konserve ergeben sich aus der Addition der Kosten pro kg Obst- oder Gemüseeinsatz zuzüglich der Bearbeitungskosten je kg auf den einzelnen Stellen. Bei einem Preis je kg Gemüse z. B. von —,80 Einsatz
—,20 Säuberung
—,20 Bearbeitung
—,12,5 Küche
= 1,325 DM Endprodukt.
Die eigentliche S t u f e n k a l k u l a t i o n wird angewandt, wenn der E r f o l g jeder einzelnen K o s t e n s t e l l e gesondert erfaßt werden soll. Jede Kostenstelle wird als s e l b s t ä n d i g e r B e t r i e b bzw. eine Gruppe von Kostenstellen als selbständiger T e i l b e t r i e b angesehen. Jede auf die erste Kosten stelle oder den Teilbetrieb folgende Kostenstelle oder Teilbetrieb übernimmt die E r z e u g n i s s e der v o r h e r g e h e n d e n K o s t e n s t e l l e oder Teilbetriebes als R o h s t o f f und s e t z t den W e r t als R o h s t o f f k o s t e n in die Kalkulation ein. Dabei wird als Wert ein V e r r e c h n u n g s p r e i s oder der M a r k t p r e i s des Zwischenerzeugnisses angesetzt. Beispiel 1: V e r e d e l u n g s k a l k u l a t i o n (Rechnungseinheit für alle Kostenstellen die Einheit des Endproduktes.) Materialkosten = 130 kg ä 1.— DM = 130 DM
16
Kalkulation K o s t e n s t e l l e n a b r e c h n u n g (Division auf den einzelnen Kostenstellen) Vertrieb DM
Kostenstellen Kostenarten:
A DM
B DM
C DM
Gesamt DM
Löhne Gehälter Soziale Aufwendungen . . . . Hilfs- und Betriebsstoffe . . . Strom, Gas, Wasser Abschreibungen, Instandhaltg. Steuern, Geb.-Beitr., Vers. . . Versch. Kosten
9000 2 000 600 5000 500 2 600 200 100
25000 1000 1600 15800 600 4900 900 200
10000 2000 400 6000 400 1900 1100 700
8000 8000 900 1200 500 600 3800 1000
52000 13000 3 500 28000 2000 10000 6000 2 000
Gesamt Hergestellte Mengen in Stck. . 1 Stück = 1000 m Fertigerzeugnis Kosten pro Stück
20000 200
50000 250
22 500 150
24000 200
116500
DM 100
DM 200
DM 150
DM 120
E r m i t t l u n g der Gesamtkosten der B e t r i e b s p r o d u k t e i n h e i t A. M a t e r i a l 1 Stück = 1000 m erfordert an Rohstoff 130 kg zu 100,— DM % kg = DM B. Y e r e d e l u n g s k o s t e n in Kostenstelle A pro Stück DM in Kostenstelle B pro Stück DM in Kostenstelle C pro Stück DM C. V e r t r i e b s k o s t e n pro Stück DM D. Gesamtkosten pro Stück = 1000 m DM E. Erlös pro Stück DM F. Gewinn pro Stück DM
130,— 100,— 200,— 150,— 120,— 700,— 800,— 100,—
Beispiel 2: S t u f e n k a l k u l a t i o n (Betrieb mit vertikaler Verflechtung) 1 ) Ein Werk schmilzt (reinigt) das bezogene Rohmaterial (Kupfer), walzt die Blöcke zu einem d i c k e n D r a h t , die dann im Drahtzug zu fertigem Draht gezogen werden. Alle drei Vorgänge liefern Abfälle. I. Der S c h m e l z o f e n liefert 23289 kg Schmelzgut für das D r a h t w e r k ; 100 kg des Schmelzgutes verursachen DM 31,02 Aufwendungen (direkte für Löhne, Brennmaterial, Betriebsmaterial; allgemeine Kosten). II. Das W a l z w e r k erhält 23289 kg Rohmaterial und liefert 16114 kg Walzgut mit DM 10575,10 Walzkosten und 5657 kg = 35,3% Abfälle. 100 kg des Walzgutes kosten somit DM 65,60 auf je 100 kg des Walzgutes entfallen aber 35,3 kg Abfälle, die DM 31,02 für 100 kg Schmelzkosten verursachen (I). Die Kosten (nicht der Materialwert!) für 35,3kg sind deshalb einzurechnen mit DM 10,95 Gesamtkosten für 100 kg Walzgut ohne Materialwert DM 76,55 J ) Entnommen: Leitner, F., Die Selbstkostenrechnung industrieller Betriebe. Frankfurt/Main, 1923, S. 82/83.
Die Divisionskostenrechnung
17
I I I . Der D r a h t z u g empfängt 1 6 1 1 4 kg Walzgut zur Weiterverarbeitung. E r liefert: Verschiedene Dimensionen 4 3 9 kg = 1 4 % Abfall.
3 1 3 2 kg mit
DM3107,84
Bearbeitungskosten-
100 kg Draht kosten (ohne Materialwert) 14 kg des Abfalles zu DM 76,55 (II) 100 kg des Produktes kosten insgesamt
DM
99,18
DM
10,72
DM 109,90
Schmelzen
DM
31,02
Walzen
DM
76,55
Drahtziehen
DM 109,90 DM 217,47
Beispiel 2 a : (Beispiel 2 als Stufenkalkulation mit Kostenstellenabrechnung) Kostenstellen Kostenarten Rohstolleinsatz in A 26000 kg zu 100,— DM %kg») Einsatz des Zwischenerzeugnisses aus A in B 30875 kg zu 195,—') DM %kg Einsatz des Zwischenerzeugnisses aus B in C 16667 kg zu 410,—*) DM %kg Löhne Gehälter Spziale Aufwendungen Hilfs- und Betriebsstoffe Strom, Gas, Wasser Abschreibungen, Instandhaltg Steuern, Gebuhren, Beiträge, Versicherungen Verschiedene Kosten
A DM
B DM
C DM
Vertrieb DM
26000
Gesamt DM 26000
60206
60206
9000 2 000 600 5000 500 2600
25000 1000 1600 15800 600 4900
68334 10000 2000 400 6000 400 1900
8000 8000 900 1200 500 600
68334 52000 13000 3500 28000 2000 10000
200 100
900 200
1100 700
3800 1000
6000 2000
20000
50000
22500
24000
271040
') Einstandspreis •) Verrechnungspreis 24700 kg Hergestellte bzw. versandte Mengen 186,23 Kosten pro 100 kg bzw. pro 1000 m Vertriebskosten pro 1000 m . . . . Gesamtkosten pro 1000 m der letzten Stufe . . . Verrechnungspreise pro 100 kg bzw. Verkaufspreis pro 1000 m 195,— Gewinn pro 100 kg bzw. 1000 m . . . 8,77 Gewinn der Stufen A und B auf die Einheit von C a) 8,77 : (0,9 x 0,9) b) 13,04 : 0,9
27787 kg 396,96
150000 m 200000 m 605,56 120,— 120,— 725,56
410,— 13,04
800,— 74,44 10,84 14,49
Summe rund Mellerowicz, Kosten und Kostenrechnung II, 2.
99,77 100,—
2
18
Kalkulation
Ein drittes Beispiel zeigt (das Darstellungsblatt) eine Stufenkalkulation Beispiel 8: D a n t e l l n n g s b U t t tflr K o s t e n r e c h n u n g bei mehrstufiger Dlvlslonskalkulatioo
W e r t e In vollen DM Kosten der KI. 4 der
Erzeugungsbereich 2 Stufe 51 1
1 Stufe 510 DM
Menge
ie E l n h .
7825 16500 21676 1866
5465
7672 7672 7672 7672
0.71
41 42 ohne 420 43 ohne 430 44 45 46 48
7422 4214 11568 4648 1956 4454 9240
2803 1609
2000
7672 7672 7672 7672 7672 7672 7672
5. Sonst. Kosten vor Umlage d. Hilfssteil. (41—46 + 48) 6. + Umlage der Hilfskostenstellen 580, 590 bis 592
43502
7577 1822
7672 7672
0,26 0.99 0,24
7. Sonstige Kosten nach Umlage der Hilfsstellen (5 + 6)
43502
9399
7672
1,23
I. E n t s t . Kost. o. Umsatzsteuer u. o. Vertrlebssonderkosten 8. + Verrechnuogsergebnis
91369 ./. 977
22032 ./ 230
7672 7672
2,87 ./. 0,03
II. Normalkosten der erstellten Leistungen 9. Leist ungsabgabe von 510 a n 511 10. Leist ungsabgabe von 511 an 512
90392
21802 /. 23492
7672 ./. 8272
2.84 2,84
11. Normalkosten nach Leistungtnbgabe 12. + Bestandsänderung
90392 11497
./ 1690 1690
600 600
2,84 2.84
I I I . Normalkosten der fakturierten Leistungen 13. + Normal-VerwaJtungskosten') 14. Normal*Vertriebskosten
101889
—
IV. Normal-Selbstkost. ohne Sonderk. 15. Umsatzsteuer 16. Vertriebssonderkosten
( I I I + 13. 14) 475 476—479
101889 3192 3120
V. Selbstkosten der fakt. Leistungen 17. Umsatzerlrdg
( I I I + 15,16)
108201 116851
1. 2. 3. 4.
Einsatzmaterial 400—404 409 Einstandspreis d . umgesetzten Handelsware Gewinnungs- und Verarbeitungslohn 420 Gewlnnungs- und Verarbeitungsgehalt 430
Sa 5b 6e 6d Se bf 6g
Sonstiges Material Sonstiger Lohn Sonstiges Gehalt Sozialkosten Steuern, Abgaben, Gebühren Verschiedene Kosten Kalkulatorische Kosten
VI. Umsatzergebnis V l l . Verrechnungsergebnis VIII. Betriebsergebnis
% 239,15 5,98
53,7
5,70 4,90 4,20
65,0 65,0 65,0
11,91 14,01 5,71
22ö'—• 95% 236,84 5,68
2,4
5,70 4,90 4,20
190,0 265,0 122,0
10,83 12,99 5,12
46,43
49,4 49,4
16,8 3,8
. .
M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung XI, 2.
291,56 7,80 1,76
43,74
53,7 53,7
286,26 7— 1,62
16,0 3,7
301,12
294,88 7
98
Kalkulation
lohn, bei den Materialgemeinkosten auf das Fertigungsmaterial und bei Verwaltungs- und Vertriebskosten auf die Fertigungskosten bezogen. Der Betrieb hat alle in diesem Beispiel aufgeführten Kostenstellen. Die umstehende Kostentragerrechnung erfaßt ein Erzeugnis, das nur die ersten drei Fertigungskostenstellen durchläuft. Die Spalten 2 bis 4 sind der im Betrieb üblichen Kostenträgerrechnung entnommen, deren Entwicklung hier nicht weiter zu schildern ist. Die Spalte 5 enthält die geplante Betriebsausnutzung. Die Material-, Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten beziehen sich dabei auf die Ausnutzung des gesamten Betriebes. Die Zuschlagsätze in Spalte 6 werden, wie bereits dargestellt, ermittelt. Die für die einzelnen Kostenträger in dieser Weise durch Vorrechnung errechneten Selbstkosten werden laufend mit den erzielten Verkaufspreisen verglichen. Die Unterschiede zeigen die beim Verkauf gegenüber den Normalkosten sich ergebenden Überschüsse oder Verluste. c2) E l e k t r o i n d u s t r i e Als nächstes Beispiel soll die N o r m a l k a l k u l a t i o n e i n e s K l e i n t r a n s f o r m a t o r s gezeigt werden. Es wird eine Serie von 300 Stück Transformatoren für Gleichrichter in die Fertigung gegeben. Für eine Kalkulationseinheit von 100 Stück soll eine Normalkalkulation aufgemacht werden. Die Abmessungen des Trafo (stehend) sind 60 x 50 x 66 mm. Das Gesamtgewicht beträgt 0,6 kg. Es handelt sich um einen Trafo mit einer Spule, so daß der Kern aus E-Blechen besteht. Die Kernbreite ist 20 mm und die Schichthöhe ebenfalls 20 mm; es sind somit bei einer Blechstärke von 0,5 mm 40Stück Blech für einen Trafo erforderlich. Das Wicklungsangabenblatt gibt für den einen Spulenkörper nachstehende Daten an: 1. Primär-Spule: Spannung 220 V, Stromstärke 0,043 Amp., Windungszahl 2 3 2 0 = 19Lagen ä 125 Wdg., Draht blankO,16mmQ, Lack-Isolation, Cu 0,02 mm 2 Querschnitt, 0,05 g. 2. Sekundär-Spule:Spannung 14,2 V, Stromstärke 0,6 Amp., Windungszahl 150 = 4 Lagen ä 43Wdg., Draht blank 0,5 mm Q , LackIsolation, Cu 0,196 mm 2 Querschnitt, 0,04 g. Der Trafo kann mit der Primärspule an das Netz mit Spannungen von 220 und auch 110 V angeschlossen werden. Die Kalkulation des Fertigungsmaterials erfolgt anhand der Zeichnung und der Stückliste. Letzteres gibt die erforderlichen Mengen, die Wahl des Materials und die Abmessungen an, so daß in die Normalkalkulation nur die genormten Preise des vorgesehenen Materials eingesetzt zu werden brauchen. Alle Teile, die als Normteile für mehrere Erzeugnisse Verwendung finden und im Betrieb selbst erstellt werden, werden in der Stückliste mit dem Zusatz
Normalisierte Kalkulation
99
„nach Zeichnung" versehen, so daß für sie bereits Normalkalkulationen vorhanden sein müssen. Die Verrechnung erfolgt zu Normal-Herstellkosten (ohne Materialgemeinkosten, da hierfür stets ein einziger Zuschlag zum gesamten Fertigungsmaterial addiert wird). Die Stückliste des vorgesehenen Beispiels hat dann folgendes Aussehen: Lfd. Nr.
Stückzahl
8
3
7 6 5 4 3 2 1
40 2 4 1 1 1 4
Bezeichnung
Abmessung
Lötöse Kernblech . . . Halbrundniet. . Rohrniet.... Klemmenleiste . Führungsstück . Spulenkörper . . Bügel
Materialart St. verz. Nr. 14386. 13 u.
nach Zeichnung 3x30 3x6 nach Zeichnung nach Zeichnung
St. D I N 660 St.
nach Zeichnung
A u s dieser Stückliste wird ersichtlich, daß keinerlei Angaben über das Fertigungsmaterial der Spule in ihr enthalten sind. Diese erforderlichen Angaben sind aber sämtlichst dem Wicklungsangabenblatt zu entnehmen, so daß sie hier nicht noch einmal aufgeführt zu werden brauchen. Bei der Kalkulation sind nun streng die „nach Zeichnung"-Teile v o n den übrigen zu scheiden. Jedes „ n . Z . " - T e i l macht, wie bereits erwähnt, eine gesonderte Normalkalkulation erforderlich, bzw. wird eine Kalkulation schon vorhanden sein, während die übrigen Fertigteile lediglich mit dem Normalpreis der v o n außen bezogenen Fertigungsmaterialien verrechnet werden. Da die Kalkulationseinheit 100 Transformatoren umfaßt, wird im einzelnen dafür folgendes Fertigungsmaterial verrechnet: Bügel:
(Seitenansicht). Die Bügel werden aus Bandstahl St.oo. 12 D I N 1016 selbst gefertigt. Aus einer Stange v o n 2 m Länge lassen sich 22 Stück schneiden, so daß für % Stück =
4,6 Stg. nötig sind. 9,20 m Bandstahl 10 X 2 m m wiegen
1,45 kg. Unter Hinzurechnung v o n 3 % Verlust erhalten wir für %
Stück Bügel =
1,5 kg. Bei einem Normalpreis je
% kg v o n 33,50 D M ergibt sich für % Stück Bügel = 1,5 k g =
0,50 D M und f ü r 4 0 0 S t ü c k B ü g e l = 6 kg =
Spulenkörper:
2 — DM.
Sie werden v o n auswärts bezogen. Der normale Einstandspreis für % S t ü c k b e t r ä g t 8,40 D M .
F ü h r u n g s s t ü c k : Sie werden aus Stahl St. 2.24 D I N 1544 gefertigt. Die A b messungen betragen ebenfalls 10 X 2 mm. Aus einem 2 m langen Stück können 33 Stück geschnitten werden, so daß für % Stück = 3,1 Stg. notwendig sind. 6,2 m wiegen ein7*
100
Kalkulation
schließlich Schnittverlust 1 kg bei einem Normalpreis von 32,50 DM je % kg. Folglich sind die Kosten für % S t ü c k = 0,33 DM. Klemmleiste:
Sie wird aus Repelit DIN VDE 605 mit den Abmessungen 51 X 15 X 1 hergestellt. % Stück wiegen 0,145 kg. Bei einem kg-Preis von 4,50 DM belaufen sich die Kosten für % S t ü c k auf 0,65 DM.
Rohrniet:
Sie werden zum Preise von —,15 DM je % Stück bei Abmessungen von 3 X 6 St. von auswärts bezogen. Demnach für 400 S t ü c k = 0,60 DM.
Halbrundniet:
Ebenfalls von auswärts bezogen. Material St. DIN 660, Abmessungen 3 X 30, Preis % Stück = 0,30 DM Demnach für 200 S t ü c k = 0,60 DM.
Kernblech:
Die Kernbleche werden aus Blechtafeln von 1000 X 2 000 mm ausgeschnitten. Der Werkstoff ist Dynamo-Blech III DIN VDE 6400. Es werden zunächst Streifen von 0,5 x 6 3 x 1000 mm geschnitten. Aus diesen Streifen werden dann gleichzeitig die E-Bleche und die Jochbleche ausgestanzt. Die Abmessungen der E-Bleche sind 0,5 X 40 X 60 mm, die der Jochbleche 0,5 X 10 X 60 mm. Aus einem Streifen fallen 24 Stück jeder Sorte ab, so daß für % Stück Kernbleche 4,2 Streifen = 1,16 kg Blech einschließlich Abfall und Verschnitt erforderlich sind. Bei einem Materialpreis von 46,27 DM je % kg beträgt er für % Stück = 1,16 kg = 0,54 DM. Da 4000 Stück für 100 Trafos nötig sind, ist der Materialpreis für die Kernbleche 4 0 0 0 S t ü c k = 21,60DM.
Lötösen:
Sie besteht aus St. Verz. 14386. 13u und werden zu einem Normalpreis von 1,14 DM je % Stück bezogen. Demnach für 3 0 0 S t ü c k = 3 , 4 2 DM.
Außerdem kommt noch an Spulenmaterial hinzu: 5 kg Cu-Draht, CuL 0,16 mm 0 für Pr.-Sp. je %/kg 4 kg Cu-Draht, CuL 0,5 mm 0 für Sek.-Sp. je %/kg 0,07 kg Cu-Draht DIN VDE 6431, 0,75 mm 0 Anschlußleitung je %/kg Isolierschlauch Spulenmaterial insgesamt
DM 369,DM 214,-
= 18,45 = 8,56
DM 197,— = 0,14 = 13,50 DM 40,65
Somit erhalten wir: Fertigungsmaterial
für 100 Stück Trafos = 78,25 DM.
101
Normalisierte Kalkulation
Die selbst zu fertigenden Teile, für die das Ausgangsmaterial oben festgelegt und errechnet worden ist, werden einmal gemäß Arbeitsplan in Arbeitsgänge zerlegt und diese Arbeitsgänge dem Arbeiter, unterteilt nach Rüstzeit und Stückzeit, vorgegeben. Auf dem Akkordschein wird außerdem gleich der Geldfaktor für die einzelnen Verrichtungen angegeben. Die Normalkalkulation erhält fernerhin schon vor Beginn der Fertigung von der Arbeitsvorbereitung die sogenannten Vorkalkulationsblätter zugeleitet. Sie enthalten die sämtlichen Arbeitsgänge in chronologischer Reihenfolge mit Rüstzeiten und Stückzeiten. Während aber die Normalkalkulation alle Mengen- und Wertangaben auf die Kalkulationseinheit (in unserem Beispiel: 100 Transformatoren mit der entsprechenden Anzahl von Einzelteilen) abstellt, geht die technische Vorkalkulation von den technischen Einheiten aus und gibt ihre entsprechenden Zahlen an, so daß sie in der Normalkalkulation erst umgerechnet werden müssen. Ausgangspunkt für die Rüstzeit bildet in jedem Falle die Losgröße. Bügel: So wird z. B . für die Bügelfertigung eine Losgröße von 1000 Stück festgelegt. Da die Bügel aus Bandeisen hergestellt werden, müssen die Stangen zunächst gerichtet werden. Die Rüstzeit für das Los beträgt 10 Minuten. Die technische Vorkalkulation legt nun für das Richten die Zeit für % Stangen fest. Sie beträgt 350 Minuten. In der Normalkalkulation wird aber nur die Zeit für % Stück Bügel kalkuliert, das sind 4,6 Stangen. Die reine Richtzeit als kalkulierfähige Zeit ist demnach nur 350 X 4,6 _
Rüstzeit, auf % Stück
100
7
umgerechnet, ergibt 1 Minute, so daß die Kalkulation des ersten Arbeitsganges lautet: ' 1.
Stangen richten (für 4,6 Stg. = (10'; 350') t r
=
100 Stck.)
1 Min. t B t =
16,1, T z
=
17,1'.
Die weiteren Arbeitsgänge sind: 2. abschneiden (15'; 4,5') = 3. lochen (15'; 8,5') =
1,5' = 1,5' =
4,5' = 8,5' =
6' 10'
4. biegen
1,5' =
8,5' =
10'.
(15'; 8,5') =
Die entsprechenden Geldfaktoren sind: Zu Zu Zu Zu
1. 2. 3. 4.
1,63 1,3 1,3 1,3
Dpi. Dpi. Dpi. Dpf.
je je je je
Min., Min., Min., Min.,
demnach demnach demnach demnach
Fertigungslohn Fertigungslohn Fertigungslohn Fertigungslohn
%/Stck. %/Stck. %/Stck. %/Stck.
= = = = =
Demnach Fertigungslohn für 400 Stck. Bügel =
DM—,28 DM—,08 DM — , 1 3 DM—,13 DM—,62 DM
2,48
Führungsstück: Die Losgröße ist abermals 1000 Stück, während für % Stück abgerechnet wird. Die Ermittlung des Fertigungslohnes wird unter Aufteilung in folgende Arbeitsgänge vorgenommen:
Kalkulation 1. abschneiden 59 mm lang (30'; 5') 3'; 5' = 8' X 1,92 = (20'; 60') 2. bohren, graten 2'; 60' = 62' X 1,17 = 3. Gewinde schneiden M 3 (18'; 12') 1,8'; 12' = 13,8' X 1,17 = 4. reinigen ( - ; 2') / X 1,25 = (2'; 18') 5. schwarz spritzen 0,2; 18' = 18,2' X 1,25 =
DM - , 1 5 DM —,73 DM —,16 DM —,03 DM —.22
Fertigungslohn für %/Stck. Führungsstücke = DM 1,29 Klemmleiste: Die Losgröße beträgt 500 Stück, abgerechnet werden % Stück. Folgende Arbeitsgange zur Ermittlung des Fertigungslohnes: 1. zuschneiden 1 x 15 X 51 (5'; 18') 1'; 18' = 19' X 1,65 = DM—,31 2. graten (3'; 30') 0,6'; 30' = 30,6' X 1,25 = DM—,38 3. bohren, graten (15'; 120') 3'; 120' = 123' X 2,07 = DM 2,55 Fertigungslohn für %/Stck. Klemmleisten = DM 3,24 Kernblech: Die Losgröße ist 10 000 Stück, abgerechnet werden zunächst % Stück. Wie bereits erwähnt, werden erst Blechstreifen geschnitten von 0,5 X 63 X 1000mm. Die Vorgabezeiten sind 3,5 Minuten für % Streifen und 15 Minuten je Los. Da aber nur 4,2 Streifen für % Stück Kernblech benötigt werden, muß die Stückzeit von 3,5 Minuten dementsprechend umgerechnet werden. Daraus ergibt sich dann: 1. Streifen schneiden (für 4,2 Strf. = %/Stck.) (15'; 3,5' je %/Strf.) 0,15'; 0,15' = 0,3 X 1,82 = DM—,01 2. ausschneiden und Lochen (15'; 3,6' je %/Stck.) 0,15'; 3,6' = 3,75 x 1,25 = DM —,05 für %/Stck. ^ DM—,06 Fertigungslohn für 4000 Stck. Kernbleche = DM 2,40 S p u l e n w i c k l u n g u n d M o n t a g e : Abrechnung erfolgt für %/Stck.: 1. Primärspule wickeln: 15'; 1800' = 1815' x 1,37 = DM 24,87 2. Sekundärspule wickeln 15'; 1900' = 1915'x 1,37 = DM 26,24 3. Trafo schachteln kompl. 10'; 1200' = 1210' x 1,25 = DM 15,13 4. Trafo montieren kompl. 15'; 1900' = 1915' X 1,37 = DM 26,24 5. reinigen, streichen — 220' = 220' x 1,25 = DM 2,75 6. Trafo prüfen — 750' = 750' x 1,82 = DM 13,65 Fertigungslohn für Montage von 100 Stck. = DM 108,88 Somit ergibt sich: Fertigungslohn für 100 Stück Transformatoren = 118,29 DM S o n d e r e i n z e l k o s t e n sind nicht zu verrechnen.
Normalisierte Kalkulation
103
Die Verrechnung der N o r m a l g e m e i n k o s t e n geschieht außer bei den Fertigungsgemeinkosten in Form von prozentualen Zuschlagsätzen. Die Fertigungszeitgemeinkosten werden als Platzkostenzuschläge auf Fertigungszeitgrundlage in diesem Betrieb zugeschlagen, wobei die Fertigungszeit selbstverständlich die gleiche ist, wie sie oben bereits bei der Errechnung des Fertiglohnes festgelegt worden ist. 1. Die Materialgemeinkosten machen 10% des Fertigungsmaterials aus. Das sind 7,83 DM. 2. Für die Ermittlung der Fertigungsgemeinkosten ist der Betrieb in seine sämtlichen Arbeitsplätze aufgeteilt worden. Gleichartige Arbeitsplätze wurden zusammengefaßt und für sie jeweils ein gemittelter Zuschlagssatz errechnet. So entstanden aus einer Vielzahl von Arbeitsplätzen insgesamt 56 Zuschlagsklassen, die nun eine weitgehende Genauigkeit in der Zurechnung der Fertigungsgemeinkosten auf die einzelnen Kostenträger gewährleisten sollen. Statt der Multiplikation der Fertigungszeit mit den Lohnfaktoren bei der Ermittlung des Fertigungslohnes werden hier die gleichen Fertigungszeiten mit den verschiedenen Platzkostenzuschlagsätzen multipliziert, so daß sich im einzelnen folgende Rechnung ergibt (die Arbeitsgänge werden nicht noch einmal aufgeführt, sondern lediglich durch ihre laufenden Nummern gekennzeichnet): a) B ü g e l : 1. 2. 3. 4.
17,1 6 10 10
Min. Min. Min. Min.
Führungsstück: 1. 8 Min. 2. 62 Min. 3. 13,8 Min. 4. 2 Min. 5. 18,2 Min.
X X X X
3 6 5 6
Dpi. Dpf. Dpf. Dpf.
X 5 X 5 X 5 X 12 X 3,5
Dpf. Dpf. Dpf. Dpf. Dpf.
06) 11) 10) 11)
= = = =
DM DM DM DM
- 5 1 —,36 —,50 —,60
für 400 Stck.
=
DM DM
1,97 7,88
=
DM DM DM DM DM
—,40 3,10 —,69 —,24 —,64
=
DM
5,07
=
DM DM DM
—,86 1,38 6,15
für 100 Stck.
=
DM
8,39
(FGZ. Klasse 10) (FGZ. Klasse 10)
=
DM DM
—,02 —,26
für 4000 Stck.
=
DM DM
— 28 11,20
(FGZ. (FGZ. (FGZ. (FGZ.
(FGZ. (FGZ. (FGZ. (FGZ. (FGZ.
Klasse Klasse Klasse Klasse
Klasse Klasse Klasse Klasse Klasse
10) 10) 10) 16) 33)
für 100 Stck. Klemmenleiste: 1. 19 Min. X 4,5 Dpf. (FGZ. Klasse 09) 2. 30,6 Min. X 4,5 Dpf. (FGZ. Klasse 09) 3. 123 Min. X 5 Dpf. (FGZ. Klasse 10) Kernblech: 1. 0,3 Min. X 5 Dpf. 2. 3,75 Min. X 7 Dpf.
= = = =
= =
=
Kalkulation
104 e) M o n t a g e :
06) 06) 10) 10) 32) 32)
= = = = = =
DM DM DM DM DM DM
für 100 Stck. erhalten wir: Fertigungsgemeinkosten für 100 Stck. Transformatoren
=
DM 312,25
=
DM 344,79
1. 2. 3. 4. 5. 6.
1815 1915 1210 1915 220 750
Min. Min. Min. Min. Min. Min.
X X X X X X
3 3 5 5 4 5
Dpf. Dpf. Dpf. Dpf. Dpf. Dpf.
(FGZ. (FGZ. (FGZ. (FGZ. (FGZ. (FGZ.
Klasse Klasse Klasse Klasse Klasse Klasse
54,45 57,45 60,50 95,75 6,60 37,50
Damit haben wir alle Kalkulationselemente ermittelt, die zur Errechnung der Herstellkosten erforderlich sind. Die übrigen Zuschläge werden prozentual zu den Herstellkosten zugeschlagen. Wir können jetzt nachstehende Normalkalkulation für 100 Stück Transformatoren aufmachen: Fertigungsmaterial Materialgemeinkosten
DM DM
78,25 7,83
Materialkosten Fertigungslohn Fertigungsgemeinkosten
DM 118,29 DM 344,79
DM
86,08
Fertigungskosten
DM 463,08
Normalherstellkosten Entwicklungskosten . . . 1 2 % von den Herst.-K. Werkzeugkosten . . . . 5% von den Herst.-K. Verwaltungskosten . . . 1 1 % v o n den Herst.-K. Mehrkosten 6% von den Herst.-K.
DM 549,16 DM 65,90 DM 27,46 DM 60,41 DM 32,95
Werkselbstkosten
DM 735,88
Die Transformatoren werden nur zu normalen Werksselbstkosten abgerechnet, da sie keine verkaufsfähigen Produkte darstellen, sondern in Trockengleichrichter eingebaut werden. Erst dann werden noch V e r t r i e b s k o s t e n und S o n d e r e i n z e l k o s t e n des V e r t r i e b e s eingerechnet. Die Verrechnung der Einzelkosten entspricht voll den theoretischen Darlegungen. Aber auch die Gemeinkostenzuschlagsätze sind sehr genau ermittelt. Wie bereits erwähnt, werden für jeden Arbeitsplatz die Kosten gesammelt und dann zu der Zuschlagsgrundlage in Beziehung gesetzt. Da die Basis in Minuten ausgedrückt wird, erhält man einen Minutensatz. Die Sammlung der Gemeinkosten erfolgt auf Kostenverteilungsbogen, die in der Senkrechten die Aufteilung einer Kostenstelle zeigen und in der Waagerechten Auskunft geben über I. den Arbeitsplatz (Art, Anschaffungsjahr und -wert der Maschine, kalkulatorische Abschreibungen und Nutzfläche) II. die Energiemenge III. das Personal (Anzahl, Fertigungszeit und -löhne)
Normalisierte Kalkulation
105
IV. die jährlichen Fertigungsgemeinkosten, die weiter in a) Besitz- b) Betriebs- c) Personen- und d) verschiedene Kosten unterteilt sind. Die Summe der unter IV. aufgeführten Kosten stellt die Gesamtkosten dar, die zu den Fertigungsminuten in Beziehung gesetzt werden. So wurden z. B. für eine Exzenterpresse der Stanzerei insgesamt 133000,— DM Kosten bei einer Fertigungszeit von 2275 000 Minuten errechnet. Die Division liefert uns einen Minutensatz von 5,85 oder abgerundet auf 6 Dpf. Dieser Betrieb arbeitet also mit einer Voll-Normalkalkulation, die allen Anforderungen gerecht wird. c3) W e r k z e u g m a s c h i n e n i n d u s t r i e Das letzte Beispiel ist der W e r k z e u g m a s c h i n e n i n d u s t r i e entnommen. Auch in diesem Industriezweig ist eine Normalkalkulation nicht nur möglich, sondern wird ebenfalls praktisch angewandt. Da hier die gleichen Voraussetzungen wie in der Elektroindustrie gegeben sind, sind es auch wieder besonders die Normteile, die normalkalkuliert werden und so mit den gleichen Herstellkosten in das marktfähige Erzeugnis eingehen. Es soll nun von einem W e r k b a n k - S c h r a u b s t o c k der K n a u f durchkalkuliert werden. Grundlagen der Kalkulation bilden abermals die Zeichnung und die Stückliste. Der Knauf wird zunächst in der eigenen Gießerei gegossen. Sein Gewicht ist 1,1 kg. Bei einem kg-Preis von 1,05 DM erhalten wir als Kosten für das Gußteil = 1,16 DM je Stück. Erforderlich ist weiter ein Zylinderstift von 8 X 40 mm, der von auswärts zum Preise von —,04 DM je Stück bezogen wird. Die Kosten für das Fertigungsmaterial belaufen sich also auf 1,20 DM/Stück. Das Gußteil wird dann in drei Arbeitsgängen bearbeitet. Unter Berücksichtigung einer Losgröße von % Stück werden bei nachstehenden Arbeitsgängen folgende Fertigungszeiten je Stück vorgegeben: 1. 0 drehen, einstechen, reiben und hochziehen 2. 8 mm Loch bohren, reiben und 2 Seiten senken 3. Montage Somit erhalten wir eine Fertigungszeit von
T z = 20' T z = 11' T z = 4' T z = 35 Min.
Bei einem Minutenfaktor von 2,3 Dpf. für die ersten beiden Arbeitsgänge und von 2 Dpf. für den dritten ergibt sich ein Fertigungslohn von —,80 DM/Stück. Die Zuschläge für die Material- und Fertigungsgemeinkosten werden prozentual zum Fertigungsmaterial bzw. zum Fertigungslohn zugeschlagen, so daß sich die Normal-Herstellkosten aus folgender Rechnung ermitteln lassen:
Kalkulation
106 Fertigungsmaterial . Materialzuschlag 15%
DM 1,20 DM — 18
Materialkosten . . . Fertigungslohn . . . Lohnzuschlag 350% .
DM — 80 DM 2,80
Fertigungskosten . . Normalherstellkosten
DM 1,38
DM 3,60 DM 4,98 je Stck.
Dieses Beispiel ist absichtlich gewählt worden, um es abschließend in einem Vergleich mit dem zweiten und dritten Beispiel gegenüberzustellen und zu zeigen, wie unterschiedlich eine Kalkulation in der Praxis angelegt werden kann. Während wir in den vorhergehenden Beispielen nicht nur die exakte Ermittlung der Einzelkosten hervorhoben, sondern auch die Gemeinkostennormalisierung besonders betonten, ersehen wir aus diesem Beispiel, daß hier eine recht grobe Rechnung durchgeführt wird, die leicht zu Fehlern führen kann. Als erstes ist hier die Vorgabe der F e r t i g u n g s z e i t in e i n e r S u m m e zu bemängeln. Während wir im theoretischen Teil besonders auf den Einfluß der Losgröße hingewiesen haben, wird sie in diesem Beispiel nur „berücksichtigt" und dann eine abgerundete Zeit je Stück vorgegeben. Hinzu kommt noch, daß es unbestimmt ist, ob bei späteren Serien die gleiche Stückzahl gefertigt wird. Es könnte der Fall eintreten, daß die gesamte Kalkulation erneuert werden muß. Als zweiter Punkt ist der h o h e M a t e r i a l - Z u s c h l a g zu nennen, der aber zeitbedingt sein kann. Drittens ist aber noch der s u m m a r i s c h e Fertigungsgemeinkostenzuschlag für die drei verschiedenen Arbeitsgänge zu erwähnen. Obwohl die Arbeiten wahrscheinlich in verschieden gearteten Kostenstellen durchgeführt werden, werden alle drei trotzdem mit dem gleichen Zuschlag versehen. Diese Kalkulation ist als Normalkalkulation also nur bedingt brauchbar, aber sie bestätigt uns immerhin, daß die Praxis durchaus verschiedene Feinheitsgrade in ihre Kostenrechnung hineinlegt, um zum Ziele zu kommen. Der eine Betrieb nutzt alle Feinheiten aus, die überhaupt möglich sind; der andere dagegen begnügt sich mit gröberen Methoden. Alle zusammen aber geben uns die Gewißheit, daß die Normalkalkulation in den verschiedensten Industriezweigen anwendbar und nicht etwa nur ein theoretisches Gebilde ist. 381. Kalkulation auf der Grundlage von Plankosten (Plankalkulation)
3310. Das Wesen der Plankalkulation Die Kalkulation auf der Grundlage von Plankosten (Plankalkulation) kann zweifellos als die höchste Stufe der Kostennormung angesehen werden. Im äußeren Aufbau unterscheidet sie sich nicht von den bisher bekannten Kalkulationsarten, wohl aber stellt sie ihrem m a t e r i e l l e n I n h a l t nach eine besondere
Normalisierte Kalkulation
107
Art der Kalkulation dar. I h r e A u f g a b e b e s t e h t in d e r E r m i t t l u n g d e r P l a n k o s t e n f ü r die L e i s t u n g s e i n h e i t . P l a n k o s t e n sind nach wissenschaftlichen Methoden ermittelte absolute Verbrauchsnormen. Auf die Leistungseinheit bezogen, stellen sie den Kostengüterverbrauch dar, der unter den jeweils herrschenden oder angenommenen Beschäftigungs- und Fertigungsverhfiltnissen zur Erstellung einer bestimmten Leistung n o t w e n d i g ist. Die Plankalkulation hat nun die Aufgabe der Feststellung dieser für die Herstellung eines Erzeugnisses unbedingt notwendigen Kosten: der Sollkosten, und zwar sowohl der Einzel- als auch der Gemeinkosten. Die Plankalkulation unterscheidet sich darin sowohl von der I s t k o s t e n kalkulation, die effektiv angefallene Istkosten ermittelt, als auch von der Normalkalkulation, die zwar mit den normalen Einzel- und Gemeinkosten rechnet, die sich aber weniger aus einer auf die Ermittlung von absoluten Verbrauchsnormen ausgerichteten Kostenplanung ergeben als vielmehr aus einer Durchschnittsbildung historischer Istkosten. Dies gilt insbesondere für den normalen Gemeinkostenzuschlag. Durch die Ausrichtung der Plankalkulation auf die unter bestimmten (optimalen oder normalen) Beschäftigungsverhältnissen n o t w e n d i g e n Kosten werden die Kosten für die Leistungseinheit ermittelt, die frei von zufälligen Schwankungen und von UnWirtschaftlichkeiten sind. Die Ansicht, daß die Plankalkulation weit mehr als die übrigen Kalkulationsarten zu den wahren und berechtigten Stückkosten führen kann, ist deshalb wohl begründet. Ein weiteres wesentliches Merkmal der Plankalkulation ist ihre Konstanz. Im Gegensatz zu den laufend durchgeführten Nachkalkulationen, in denen die jeweils herrschenden effektiven Verbrauchsverhältnisse erfaßt werden, erfolgt die Aufstellung der Plankalkulation nur einmal zu Beginn der Plankalkulation für die bisher produzierten Erzeugnisse, oder, wenn es sich um Neuproduktionen handelt, vor Beginn der Fertigung. (Im letzteren Fall ist es wahrscheinlich, daß erst nach Überwindung der ersten Anlaufschwierigkeiten: in der Fertigung und in der Ermittlung des tatsächlichen Verbrauchs, eine Feststellung des wirklich notwendigen Sollverbrauchs erfolgen kann und deswegen eine Korrektur der Vor-Plankalkulation notwendig wird.) Dann aber bleibt die Plankalkulation solange gültig, bis sich die Verbrauchsverhältnisse: das Fertigungsverfahren, der Stoffeinsatz, die Losgröße usw., grundlegend verändert haben. In dieser zeit- und zufallsunabhängigen konstanten Gültigkeit liegen die großen Vorteile der Plankalkulation. 3311. Die Ermittlung der Plankalkulationswerte a) A l l g e m e i n e s Die Ermittlung der Plankosten je Erzeugniseinheit erfolgt — dem Charakter der Plankosten entsprechend — weitgehend auf der Grundlage technischmengenmäßiger Verbrauchsmessungen nach wissenschaftlichen Methoden. In dieser Beziehung unterscheidet sich die Aufstellung einer Plankalkulation —
108
Kalkulation
jedenfalls in der Ermittlung der Einzelkosten — in vielen Punkten nicht von der Aufstellung einer Yorkalkulation auf Normalkostenbasis. W o ein Unterschied zwischen den beiden Kalkulationsarten besteht, liegt er vornehmlich in der Ermittlung der anteiligen Gemeinkosten: Bei der Zuschlagkalkulation z . B . erfolgt in der Plankalkulation die Zurechnung der Gemeinkosten durch P l a n k o s t e n s ä t z e , die aus geplanten Stellenkosten und nicht, wie bei der Normalkalkulation, aus durchschnittlichen Istkosten gebildet wurden. Dieser entscheidende Unterschied berührt aber nur den m a t e r i e l l e n Inhalt der Kalkulation, während der bekannte äußere Aufbau der Kalkulation, nämlich: Materialkosten + Fertigungskosten + Verwaltungs- und Vertriebskosten auch in der Plankalkulation der gleiche ist. b) M a t e r i a l k o s t e n 1. Materialeinzelkosten In welcher Höhe der Sollmaterialverbrauch für ein bestimmts Erzeugnis in der Plankalkulation eingesetzt wird, hängt entscheidend von dem W i r t schaftlichkeitsgrad ab, der bei der Bestimmung der Plankosten zugrundegelegt wurde. E r s t muß daher die grundsätzliche Frage entschieden werden, ob den Plankosten ein maximaler oder minimaler zugrundegelegt werden soll, bevor die Verbrauchsnormen, die von dem jeweils gewählten Wirtschaftlichkeitsgrad abhängig sind, festgelegt werden können. F ü r die Bestimmung des Sollmaterialverbrauchs bedeutet die Entscheidung über den Wirtschaftlichkeitsgrad die Bestimmung der H ö h e der immer wieder auftretenden Materialverluste (Schnitt- und Spanverluste, Materialschwund). Soll bei der Bestimmung des Sollmaterialverbraachs der aus den Fertigungsmaßen der Zeichnungen errechnete notwendige Materialverbrauch a) nur um den schon rein technisch unvermeidbaren minimalen Materialverlust ( = maximaler Wirtschaftlichkeitsgrad) oder b) um den Materialverlust, der auch bei sorgfältiger Materialbehandlung normalerweise anfällt ( = normaler Wirtschaftlichkeitsgrad), oder c) um einen noch höheren Materialverlust, der nur als Obergrenze gedacht ist und möglichst unterschritten werden sollte ( = minimaler Wirtschaftlichkeitsgrad), erhöht werden? J e nachdem, wie diese Entscheidung ausfällt, ergeben sich in der Plankalkulation für den Materialverbrauch verschiedene Plankalkulationswerte. Im allgemeinen wird man der Kostenplanung einen n o r m a l e n Wirtschaftlichkeitsgrad zugrundelegen, wobei „ n o r m a l " nicht im Sinne eines Durchschnitts, sondern als eine Norm aufzufassen ist, die nur unter gewissen Anstrengungen und bei einer großen Sorgfalt in der Behandlung des Materials eingehalten werden kann. Die B e w e r t u n g der festgestellten Planmaterialmengen erfolgt — wie allgemein in der Plankostenrechnung — zu festen Planpreisen. Als Planpreise
Normalisierte Kalkulation
109
können von den Tagespreisen völlig losgelöste Betriebsinnenpreise verwendet werden. 1 ) Bei dieser Art von Bewertung steht der Kontrollzweck der Kalkulation im Vordergrund. Die Planpreise haben lediglich die Aufgabe, unvergleichbare Mengen vergleichbar zu machen. Demgegenüber werden in Kalkulationen, die der Preisstellung dienen sollen, r e a l e , d. h. an das gegenwärtig gültige Marktpreisniveau angeglichene Planpreise verwandt. 2. Materialgemeinkosten Die Materialgemeinkosten leiten sich aus den Plankosten der Materialstellen her. Grundlage für ihre Errechnung sind in den meisten Fällen die PlanMaterialeinzelkosten, manchmal auch die eingesetzten Plan-Materialmengen. Die Verrechnung der Materialgemeinkosten erfolgt — analog zur Istkalkulation — mit Hilfe eines oder mehrerer Materialgemeinkostenzuschläge, je nachdem, ob man mit einheitlichen oder differenzierten Zuschlägen rechnet. Diese Zuschläge werden nicht — wie bei der Ist- oder der Normalkalkulation — im BAB, sondern in den Kostenplänen der Materialstellen ermittelt. Das geschieht in folgender Weise: ,, , Planzuschlagsatz
monatliche Plankosten der Materialstelle : monatliche Plan-Materialeinzelkosten oder Plan-Mengen (der gewählten Planbeschäftigung)
Das Zugrundelegen einer bestimmten Planbeschäftigung bei der Ermittlung des Planzuschlagsatzes bedeutet, daß nur diejenigen Materialgemeinkosten auf die Erzeugnisse verrechnet werden, die dem Stückkostenanteil bei Planbeschäftigung entsprechen. c) F e r t i g u n g s k o s t e n 1. Fertigungslohn Die Bestimmung der Sollfertigungszeiten geschieht nach Refa-Methoden. Das ist Aufgabe der Arbeitsvorbereitung, die dafür Fertigungspläne verwendet, in denen sämtliche auszuführenden Arbeitsgänge eingetragen sind. Die B e w e r t u n g der Fertigungszeiten erfolgt im allgemeinen zu dem im Zeitpunkt der Erstellung der Plankalkulation gültigen Tarifsätzen. Da die Lohntarife nicht solchen Schwankungen ausgesetzt sind wie die Rohmaterialpreise und sich meist nur sprunghaft verändern, ist die Verwendung von festen Plantarifsätzen im allgemeinen nicht erforderlich. Solange die Planung des Fertigungslohnes auf die einzelnen Arbeitsoperationen und damit — in der Zusammenfassung der für ein bestimmtes Erzeugnis notwendigen Arbeitsoperationen — zugleich auch auf die Erzeugniseinheit be1
) Diese Art von Plan- bzw. Standardpreisen findet sich vor allem in den Standardkalkulationen amerikanischer Betriebe. Dort wird viel mit sog. „Basic" oder „Frozen Standards" gearbeitet, die oftmals drei bis vier Jahre alt sind. Eine Anpassung der Standardkalkulationen an die zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen, insbesondere an veränderte Preise (die Preisabweichungen machen oftmals mehr als 100% der Standardpreise aus), erfolgt lediglich durch eine prozentuale Abweichungsverrechnung.
110
Kalkulation
zogen ist, ergibt sich gegenüber der traditionellen Vorkalkulation kein Unterschied. In der Plankostenrechnung wird der Fertigungslohn jedoch oftmals nicht für eine Erzeugniseinheit, sondern für die gesamte Planbeschäftigung einer K o s t e n s t e l l e innerhalb eines Zeitraums geplant. In diesem Falle geht der Fertigungslohn mit in den Plankostensatz der Stelle ein und wird darin zusammen mit den Fertigungsgemeinkosten (als Fertigungskosten) auf die Kostenträger verrechnet. 2. Fertigungsgemeinkosten Die Plan-Fertigungsgemeinkosten werden mit Hilfe von Plankostensätzen verrechnet; sie sind in den K o s t e n p l ä n e n der einzelnen Fertigungskostenstellen enthalten. Genau wie die schon beschriebenen Plankostensätze der Materialstellen sind sie das Produkt aus der Division sämtlicher Plankosten einer Kostenstelle durch die jeweils gewählte Planbeschäftigung. Ein schwieriges Problem bei der Errechnung solcher Plankostensätze liegt in der Suche nach einem geeigneten, leistungsproportionalen Maßstab für die Planbeschäftigung (in der Plankostenrechnung als Bezugsgröße bezeichnet). In den F e r t i g u n g s s t e l l e n werden als Bezugsgröße meist die Fertigungs- oder Maschinenstunden verwendet. Der Plankostensatz stellt dann die Plankosten je Fertigungs- oder Maschinenstunde bei Planbeschäftigung dar. Aus der Art seiner Errechnung ergibt sich, daß er einmal von der absoluten Höhe der Stellen-Plankosten und zum anderen von der zugrundegelegten Planbeschäftigung abhängt. Diese beiden Faktoren bestimmen die Höhe der in der Plankalkulation eines Erzeugnisses verrechneten Plan-Fertigungskosten. Die a b s o l u t e Höhe der monatlichen Plankosten einer Kostenstelle hängt entscheidend von dem Wirtschaftlichkeitsgrad ab, den man bei der Kostenplanung zugrundelegt. Hier treten dieselben Überlegungen auf wie bei der Planung der Einzelkosten, insbesondere des Fertigungsmaterials. Die Wahl des P l a n b e s c h ä f t i g u n g s g r a d e s ist eine der umstrittensten Fragen in der Plankostenrechnung, nicht zuletzt deshalb, weil dabei widerstreitende Interessen auftreten und die Wirkungen, je nach dem Rechnungszweck, verschieden zu beurteilen sind. Soll ein Planbeschäftigungsgrad zugrundegelegt werden, der einer n o r m a l e n oder gar o p t i m a l e n Ausnutzung der Kapazität entspricht, oder soll von einem realen Planbeschäftigungsgrad ausgegangen werden, dei vom voraussichtlichen zukünftigen Absatz oder einem sonstigen Faktor bestimmt wird ? Je nachdem, wie die Entscheidung ausfällt, erscheinen in den Plankalkulationen der Erzeugnisse verschieden hohe Anteile an verrechneten Plankosten, wobei die Unterschiede sich nur aus einer verschieden hohen Verrechnung der Fixkosten bzw. der fixen Anteile unterproportionaler Kosten ergeben. Je niedriger die Planbeschäftigung festgelegt wird, desto höher ist der im Plankostensatz auf die Erzeugniseinheit verrechnete Fixkostenanteil. Aus Gründen der Vorsicht, die oftmals übertrieben wird, setzen deshalb manche Betriebe die Planbeschäftigung möglichst niedrig, sehr oft noch unter der erwarteten Istbeschäftigung fest, um sicher zu gehen, daß
Normalisierte Kalkulation
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in den Plankalkulationen auch alle Kosten auf die Kostenträger verrechnet werden. Die Folge dieser K a l k u l a t i o n s p o l i t i k sind in vielen Fällen hohe Überdeckungen, die das Bild der wahren Kosten einer Erzeugniseinheit verzerren und dadurch die Grundidee der Plankalkulation, die Soll-Einheitskosten aufzuzeigen, illusorisch machen. Die Plankostensätze sollten daher auf der Grundlage einer normalen oder, wenn möglich, optimalen Kapazitätsausnutzung ermittelt werden, um nicht von vornherein die Kosten von Unterbeschäftigungen mit in den Stückkosten zu verrechnen. Die in den Plankalkulationen enthaltenen Plankosten der Erzeugnisse werden dadurch zu einem Ausdruck anzustrebender Kosten- und Beschäftigungsverhältnisse, was sie zu einem idealen Ausgangspunkt für die Zwecke der Preisbildung macht. Wieweit dann die aus U n t e r b e s c h ä f t i g u n g h e r r ü h r e n d e n u n g e d e c k t e n F i x k o s t e n (in der Plankostenrechnung als „Beschäftigungsabweichung" bezeichnet) u n d e t w a i g e a n d e r e A b w e i c h u n g e n m i t auf die S t ü c k k o s t e n v e r r e c h n e t w e r d e n , ist eine andere Frage. d) Y e r w a l t u n g s - u n d V e r t r i e b s k o s t e n Die in den Plankalkulationen verrechneten Plan-Verwaltungs- und -Vertriebskosten stammen aus den Stellenkostenplänen des Verwaltungs- und Vertriebsbereiches. Der Plankostensatz für ihre Verrechnung wird auf der Grundlage der Planfertigungs- oder Planherstellkosten der u m g e s e t z t e n Leistungen ermittelt. Dabei muß notwendigerweise von einem g e p l a n t e n U m s a t z ausgegangen werden. 3312. Die Notwendigkeit von Nachkalkulationen Nach Ermittlung der Planselbstkosten eines Erzeugnisses durch eine Plankalkulation ergibt sich zwangsläufig die Frage nach ihren möglichen Zwecken. Für Betriebe, in denen eine hundertprozentige Nachkalkulation auf Istkostengrundlage nicht möglich ist und Ersatzmethoden angewendet werden müssen (z. B. in Betrieben der Kleinmetallwarenindustrie) oder wo sie zwar möglich wäre, jedoch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht durchgeführt wird, gewinnt die Frage großes Interesse, ob die Plankalkulation als E r s a t z f ü r d i e N a c h k a l k u l a t i o n angesehen werden kann. Diese Frage wird man grundsätzlich b e j a h e n können. Dadurch, daß die Plankalkulation die normalerweise aufzuwendenden Kosten für die Herstellung eines Erzeugnisses darstellt, kann sie weitgehend an die Stelle der traditionellen Nachkalkulation treten, die wegen der Zufälligkeiten und Unwirtschaftlichkeiten in der Entstehung der Istkosten nicht so viel Aufschlüsse über den normalen Kostenanfall geben kann wie die Plankalkulation. Allerdings darf nicht vergessen werden, daß für das Schicksal eines Betriebes nicht die angestrebten Plankosten, sondern die tatsächlich entstehenden Istkosten entscheidend sind. Deshalb ist durch stichprobenweise Nachkalkulation immer wieder zu überprüfen, ob sich die Plankalkulation nicht zu weit von der Wirk-
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lichkeit entfernt. Außerdem muß eine l a u f e n d e K o n t r o l l e der Einzelkosten durchgeführt werden, die zweckmäßigerweise nach dem „Prinzip der Ausnahme" erfolgt: An Hand besonders gekennzeichneter Mehrmaterialentnahmescheine für das Fertigungsmaterial und der Akkordscheine für den Fertigungslohn werden lediglich die A b w e i c h u n g e n von den vorkalkulierten Plankosten festgestellt. Diese Form der nachkalkulatorischen Erfassung der Einzelkosten bedeutet gegenüber der Erfassung sämtlicher Material- und Lohnscheine eine erhebliche Zeit- und Arbeitsersparnis. Die Aufstellung einer v o l l s t ä n d i g e n N a c h k a l k u l a t i o n empfiehlt sich in Betrieben mit Einzelfertigung, insbesondere bei langfristiger Fertigung, etwa von Großmaschinen. In diesem Falle kann man sich nicht mit der Kenntnis von Plankosten begnügen. Sie muß durch eine Erfassung der Istkosten ergänzt werden. Aber auch in Betrieben mit Massen- und Großserienfertigung, die das eigentliche Anwendungsgebiet der Plankalkulation sind, wird man bei gewissen S o n d e r a u f t r ä g e n von der Aufstellung einer Plankalkulation absehen und lediglich eine Nachkalkulation in traditioneller Weise durchführen, z. B. bei Instandsetzungen für Kunden, innerbetrieblichen Reparaturen und kleineren Einzelaufträgen. Solche Kalkulationsobjekte treten im allgemeinen nicht häufig und regelmäßig genug auf, um die Erstellung von Plankalkulationen zu rechtfertigen. 3313. Preisstellung auf der Grundlage von Plankalkulation a) Die V e r w e n d u n g d e r P l a n k a l k u l a t i o n z u r A n g e b o t s p r e i s b i l d u n g Wegen der Loslösung der Plankalkulationswerte von den Istkosten wird gegen die Plankalkulation oftmals das Bedenken erhoben, sie sei keine geeignete Grundlage für die Preisstellung. Demgegenüber vertreten wir gerade die Auffassung, daß sie wegen der Bestimmung des normalen, von allen Zufälligkeiten und UnWirtschaftlichkeiten befreiten Kostengüterverbrauchs eine geradezu ideale Ausgangsbasis für die Preisstellung darstellt; denn diese, auf bestimmten normalen Wirtschaftlichkeits- und Beschäftigungsverhältnissen beruhenden Sollkosten sind das, was vom Markt verlangt werden sollte. Das trifft allerdings nur zu, wenn die Sollkosten einer Erzeugniseinheit wirklich noch als Preis- und Mengennormen für das bestehende gegenwärtige Preisniveau auf dem Beschaffungsmarkt der Kostengüter und die Fertigungsverhältnisse im Betrieb angesehen werden können. Die Plankalkulationswerte sind in dieser Hinsicht ständig zu überprüfen und, wenn nötig, abzuändern. Dabei wird die Anpassung der Planpreise an Veränderungen im Marktpreisniveau keinerlei Schwierigkeiten bereiten: Die Planpreise, mit denen das Fertigungsmaterial oder die Fertigungszeiten in der Plankalkulation bewertet wurden, und die effektiven Marktpreise sind bekannt. Die Korrektur der Plankalkulation besteht dann lediglich in einer Addition der Differenz zwischen Planpreisen und Marktpreisen multipliziert mit den jeweiligen Planmengen. Schwieriger ist dagegen die Berücksichtigung von Änderungen im F e r t i g u n g s v e r f a h r e n . Je nach dem Grad der Änderungen bewegt sich die Korrek-
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tur der Plankalkulation zwischen einer bloßen Abänderung einzelner Plankostenwerte bis zu einer vollständigen Neuplanung der Verbrauchsmengen. Neben diesen Abweichungen, deren Ursache in der Veränderung von Plandaten liegt, treten noch Abweichungen infolge U n t e r b e s c h ä f t i g u n g und u n w i r t s c h a f t l i c h e m V e r b r a u c h der Kostengüter auf. Wieweit diese Abweichungen ebenfalls mit in der Plankalkulation verrechnet und auch im Preise durchgesetzt werden können, hängt von dem bestehenden Marktpreisniveau und der Stellung des Anbieters im Markte ab. D i e E i n b e z i e h u n g d e r A b w e i c h u n g e n i n d i e Plankalkulation stellt neben dem Gewinnzuschlag das d y n a m i s c h e E l e m e n t bei der Preisstellung dar, mit dessen Variierung sich der Betrieb — von den Plankosten ausgehend — an den erzielbaren Preis herantastet. Auf l a n g e S i c h t m u ß d e r P r e i s a u c h d i e A b w e i c h u n g e n d e c k e n , wenn der Betrieb existieren und sich entwickeln soll; denn die Abweichungen haben ohne Zweifel Kostencharakter, sie sind ein Teil der Istkosten. Die V e r r e c h n u n g d e r A b w e i c h u n g e n in der Plankalkulation erfolgt entweder durch den Z u s c h l a g a b s o l u t e r Abweichungsbeträge, wie das insbesondere bei der Verrechnung von Preisabweichungen der Einzelkosten möglich ist, oder mit Hilfe von A b w e i c h u n g s p r o z e n t s ä t z e n auf die Plankosten. Diese Prozentsätze stammen aus der Kostenträgerzeitrechnung und werden durch die Gegenüberstellung der (auf die monatliche Betriebsleistung eines bestimmten Kostenträgers entfallenden) Plankosten mit den (darauf zu verrechnenden absoluten) Abweichungsbeträgen ermittelt. Die Abweichungsverrechnung in der Plankalkulation bezieht sich vor allem auf die Abweichungen im M a t e r i a l - u n d F e r t i g u n g s b e r e i c h . Die Abweichungen in den Verwaltungs- und Vertriebsstellen können im allgemeinen vernachlässigt werden. Es genügt, wenn man die Verwaltungs- und Vertriebskosten durch einen Plankostenzuschlag auf die Planfertigungs- oder Planherstellkosten, der dem in der Normalkalkulation benutzten Zuschlag ähnelt, berücksichtigt. Nach Hinzufügung der Zuschläge für die zu verrechnenden Abweichungen ergibt sich folgendes K a l k u l a t i o n s s c h e m a für die Zwecke der Angebotskalkulation : I. P l a n m a t e r i a l k o s t e n 1. Materialeinzelkosten (Planmenge x Planpreis) a) Fertigungsmaterial 120 Einh. x 1,80 DM Planpr./Einh. b) Fremde Zulieferungen 30 Einh. x 0,50 DM Planpr./Einh. 2. Materialgemeinkosten (0,08 DM für 1,—- DM Plan-Mat. Kost.)
216 — D M 15 — DM 231,— DM 18,48 DM 249,48 DM
M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
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II. P l a n f e r t i g u n g s k o s t e n 1. Fertigungsstelle A: 4Fert.Std. X 10 —DM Plank.Satz/ F. Std 2. Fertigungsstelle B: 12 Fert.Std. X 21,—DM Plank.Satz/ F. Std 3. Fertigungsstelle C: 6 Masch.Std. x 14,—DM Plank.Satz/ Masch. Std III. S o n d e r e i n z e l k o s t e n der F e r t i g u n g und Typenkosten1)
Übertrag: 249,48 DM
40 — DM 252,— DM 84,— DM
20,— DM
IV. P l a n h e r s t e l l k o s t e n (I—III) Y. P l a n - V e r w a l t u n g s - u n d Y e r t r i e b s k o s t e n (15% auf IV) VI. P l a n - S e l b s t k o s t e n (IV + V) VII. Z u s c h l ä g e f ü r A b w e i c h u n g e n 1. Preisabw. beim Fert. Material2) (Istpreis 2,— DM je Einheit) . . . . 2. Verbr. Abw. beim Fert.Mat. 9% von I, la) 3. Fertigungskostenabweichung (15% von II)
376,—DM
645,48 DM 86,82 DM 732,30 DM
24,— DM 19,44 DM 46,40 DM
89,84 DM
VIII. Kalk. I s t - S e l b s t - K o s t e n (VI + VII) IX. Kalk. G e w i n n z u s c h l a g (10% v. VIII)
822,14 DM 82,21 DM
X. Kalk. P r e i s (Reinerlös) (VIII + IX) XI. S o n d e r e i n z e l k o s t e n des V e r t r i e b e s
904,35 DM 56,— DM
XII. A n g e b o t s p r e i s (X + XI)
960,35 DM
*) Die Sondereinzelkosten der Fertigung enthalten insbesondere die Kosten für Garantien, Lizenzen, Modelle, Vorrichtungen usw. Zu den Sondereinzelkosten der Fertigung gehören ihrem Charakter nach auch die sog. Typenkosten. Sie stellen vor allem die für eine Type aufgewandten Entwicklungs- und Versuchskosten dar. Ihre Verrechnung in der Kostenrechnung erfolgt durch eine Typenkostenrate (Typenkosten je Erzeugniseinheit), die sich wie folgt errechnet: Die für eine Type insgesamt aufgewandten Kosten für Entwicklung und Versuche werden auf einem besonderen Typenkostenblatt gesammelt. Danach wird geschätzt, wieviel Einheiten von der betreffenden Type sich in den nächsten zwei oder drei Jahren — je nachdem, in welcher Zeit man die aufgelaufenen Typenkosten tilgen will — absetzen lassen. Die Division der Gesamt-Typenkosten durch die voraussichtlich abzusetzende Menge ergibt die Typenkostenrate je Erzeugniseinheit. Sie stellt einmal den in die Plankalkulation einzusetzenden kalkulatorischen Anteil der Typenkosten dar und ist zum anderen die Grundlage für die Errechnung der monatlichen Typenkostentilgung, die sich aus der Multiplikation der Typenkostenrate mit der effektiv abgesetzten Menge ergibt. Die Typenkostentilgung wird in das Typenkostenblatt eingetragen und der neue Bestand an Typenkosten ermittelt. 2 ) Der Zuschlag für Preisabweichungen ergibt sich aus folgender Rechnung: Planmenge x {Istpreis •/• Planpreis) in unserem Beispiel: 120 X (2,0 ./. 1,80) = 24,— DM.
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b) Die V e r w e n d u n g der P l a n k a l k u l a t i o n zur B e s t i m m u n g der Preisuntergrenze Daneben dient die Plankalkulation der Ermittlung der Preisuntergrenze. Die Preisuntergrenze eines Erzeugnisses ist die Summe der Kosten, die v e r m i e d e n werden können, wenn die Herstellung des betreffenden Erzeugnisses unterlassen wird. Das sind die G r e n z k o s t e n . Sie umfassen die reinen proportionalen Kosten und die proportionalen Anteile der unterproportionalen Kosten. Da die Auflösung der Kostenarten in fixe und proportionale Anteile die Grundlage und Voraussetzung der flexiblen Plankostenrechnung ist, findet sie sich in irgendeiner Form in jedem Plankostenrechnungssystem: In der G r e n z p l a n k o s t e n r e c h n u n g tritt sie ganz besonders deutlich in Erscheinung. Dort enthalten die Kostenpläne die Plankosten getrennt nach proportionalen Kosten (Arbeits- oder Grenzkosten) und fixen Kosten (Leerkosten). Aber auch in der f l e x i b l e n V o l l p l a n k o s t e n r e c h n u n g bereitet die Ermittlung der proportionalen Kostenanteile keinerlei Schwierigkeiten: Bei der Verwendung von S t u f e n p l ä n e n ergibt sich der Anteil der proportionalen Kosten durch das Steigungsmaß des Kostenanstieges zwischen den einzelnen Beschäftigungsgraden. Beruht die flexible Kostenplanung auf der Verwendung von V a r i a t o r e n , so bereitet die Ermittlung der proportionalen und fixen Kostenanteile keinerlei Schwierigkeiten, denn die Variatoren stellen praktisch nichts anderes dar als den in Zehnteln ausgedrückten Anteil der proportionalen Kosten. Erfolgt die Sollkostenermittlung im m a s c h i n e l l e n Verfahren, so ist die vorherige Trennung in proportionale und fixe Kosten sowieso eine Voraussetzung. Nach Auflösung der gesamten Plankosten einer Kostenstelle in proportionale und fixe Plankosten kann, dem Verfahren bei der Bildung des Plankostensatzes der Stelle entsprechend, ein proportionaler Plankostensatz (Grenzkostensatz) gebildet werden: p r o p o r t i o n a l e P l a n k o s t e n der K o s t e n s t e l l e : P l a n b e z u g s g r ö ß e . Dieser Grenzplankostensatz wird an Stelle des Vollplankostensatzes zur Feststellung der Preisuntergrenze in der Plankalkulation verwendet. Die Aufstellung der Plankalkulation weicht dabei nicht von dem beschriebenen Verfahren ab, nur die Werte sind verschieden. Nach Ermittlung der anteiligen proportionalen Einzelkosten werden die anteiligen proportionalen Fertigungsgemeinkosten zugeschlagen. Sie ergeben sich aus der Multiplikation der Grenzplankostensätze sämtlicher durchlaufender Kostenstellen mit den auf die Kostenträger entfallenden Bezugsgrößeneinheiten. Nach Feststellung der Grenzherstellkosten müssen dann noch die proportionalen Verwaltungs- und Vertriebskosten zugeschlagen werden. Das geschieht mit Hilfe der Grenzkostensätze der Verwaltungs- und Vertriebsstellen. Die in den Plankosten eines Kostenträgers enthaltenen F i x k o s t e n sind im allgemeinen mit auf den Plankalkulationskarten vermerkt. Dadurch lassen 8*
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sich die proportionalen Plankosten ganz einfach durch den Abzug der fixen Plankosten von den eingetragenen Planselbstkosten des Kostenträgers ermitteln. Die so ermittelten „Grenzkosten" stellen nur die proportionalen Plankosten dar. Es erhebt sich die Frage, ob zur Ermittlung der Preisuntergrenze nicht auch die proportionalen Kostenanteile der Abweichungen erfaßt werden müßten. Das setzt die Auflösung der Abweichungen in proportionale und fixe Anteile voraus. Obwohl sie rein rechentechnisch möglich wäre — dabei könnten dieselben Methoden wie bei der Plankostenauflösung angewandt werden —, verzichtet man meist darauf. Die Bestimmung der Preisuntergrenze auf der Grundlage der Plankosten genügt im allgemeinen den praktischen Anforderungen an die Genauigkeit. 382. Vor-, Zwischen- und Nachkalkulation 3320. Begriff Kalkulation ist Kostenzurechnung auf den Kostenträger, um eine genaue Kenntnis der Kostentstehung zu gewinnen, zu welchem Zweck auch immer. Natürlicherweise kann man die Kosten erst n a c h V o l l e n d u n g der Produktion erfassen, ja sogar erst nach dem A b s a t z , weil dann erst die tatsächlich entstandenen Kosten genau feststehen. Die Kalkulation nach Vollendung der Produktion ist N a c h k a l k u l a t i o n ; sie ist d i e Selbstkostenrechnung, die der Wirklichkeit am nächsten kommt. Der Betrieb benötigt aber auch eine Kenntnis der Stückkosten, b e v o r man mit der Produktion beginnt, sei es, um ein Angebot machen zu können, sei es, um sich selbst eine Beurteilungsmöglichkeit zu geben, ob die Produktion sich lohnt, ob überhaupt mit ihr angefangen werden soll. Die Kalkulation vor Beginn der Produktion ist V o r k a l k u l a t i o n . Aber noch eine dritte Art der Kalkulation gibt es (unter dem Gesichtspunkt des zeitlichen Verhältnisses zur Produktion): die Kalkulation zwischen Vorplanung und Beendigung der Produktion: die Z w i s c h e n k a l k u l a t i o n , die bei l a n g f r i s t i g e r Fertigung ein oder mehrere Male vorgenommen wird, um ein Bild über die mittlerweile entstandenen Kosten zu erhalten, vor allem zum Vergleich mit den vorkalkulierten Kosten. 3321. Die Vorkalkulation Vorkalkulieren heißt, v o r der Erstellung einer Leistung ihre voraussichtlichen Kosten zu bestimmen, bzw. bei retrograder Kalkulation von einem gegebenen Punkt aus festzustellen, wie hoch sie sein d ü r f e n . Wir haben es hier also mit einer r e i n e n Kostenträgerrechnung zu tun, ohne Zusammenhang m i t der Buchhaltung. Die Vorkalkulation ist bereits vor der G r ü n d u n g der Unternehmung notwendig, um deren Aussichten beurteilen zu können, ferner vor der N e u - oder W i e d e r a u f n a h m e der P r o d u k t i o n eines Erzeugnisses oder der Einführung
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eines n e u e n V e r f a h r e n s . Berücksichtigt man schließlich neben der Herstellungskalkulation noch die Einkaufs- und die Verkaufskalkulation, die bei verschiedenen Lieferungen je nach Güte und Standort der Kontrahenten, Abnahmemenge, Vertriebsverfahren usw. zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, so ergibt sich, daß praktisch bei jeder neuen A n f r a g e oder B e s t e l l u n g und bei jedem A n g e b o t eine Vorkalkulation durchgeführt werden muß. Hier soll allerdings nur die innerbetriebliche P r o d u k t i o n s - V o r k a l k u l a t i o n behandelt werden. Die Vorausbestimmung der Kosten eines Produktionsprozesses ist immer s c h w i e r i g und genau kaum durchführbar; sie ist im Grunde eine Schätzung oder Wahrscheinlichkeitsrechnung. Trotzdem kann sie zu durchaus brauchbaren Resultaten führen, wenn nicht zu summarisch verfahren wird. Je größer die Erfahrung der Kalkulatoren ist und je länger der Betrieb auf dem betreffenden Gebiet arbeitet, desto wahrscheinlicher ist eine annähernde Genauigkeit erreichbar. G e g e n s t a n d der Vorkalkulation ist im allgemeinen der K o s t e n t r ä g e r . Hierbei kann es sich um Einzelleistungen handeln, nämlich bei Einzelfertigung oder als Teil eines größeren Auftrages, es kann aber auch bei Serienfertigung eine ganze Serie und bei Massenfertigug eine zeitlich abgegrenzte Teilproduktion sein und in einem Eisenhüttenwerk eine Charge. Die D u r c h f ü h r u n g der Vorkalkulation ist natürlich in den Wirtschaftszweigen je nach der Fertigungsart verschieden. Aber im allgemeinen schließt sie sich eng an die Arbeit der A r b e i t s v o r b e r e i t u n g an, nach deren Zeitangaben sie die Akkordzeiten — einschließlich den Einrichte- und Verteilzeiten — einsetzt, nach Tariflöhnen in Geldwerte umgerechnet, desgleichen nach den Materialangaben die Materialkosten. Damit wären die gesamten E i n z e l k o s t e n erfaßt, die aus A r b e i t s s t u d i e n , A r b e i t s a b l a u f p l ä n e n , der K o n s t r u k t i o n s z e i c h n u n g und den S t ü c k l i s t e n relativ genau ermittelt werden können, jedenfalls soweit diese, auch für die Produktion unentbehrlichen Unterlagen vorhanden sind. Der Grad der Genauigkeit der technischen Unterlagen bestimmt den Genauigkeitsgrad der vorkalkulierten Einzelkosten. Einen Beitrag zur Vorkalkulation leisten die A r b e i t s a b l a u f s p l ä n e auch für die Ermittlung der G e m e i n k o s t e n , und zwar dadurch, daß sie die von der Produktion zu benutzenden Stellen und Maschinen angeben. Sind aber die Stellen und die Einzelkosten bekannt, ist die Ermittlung der Gemeinkosten eine reine Rechenaufgabe, jedenfalls dann, wenn mit n o r m a l e n Gemeinkosten gerechnet wird. Das gilt sowohl für die prozentualen Zuschlagsätze, wenn die Fertigungslöhne Zuschlagbasis sind, als auch für Fertigungs- und Maschinenstundensätze. N e u ermittelt werden müssen dagegen die G r u p p e n g e m e i n k o s t e n , und zwar in allen Bereichen, mit Ausnahme der Gruppengemeinkosten der Materialstellen, weil sie vom benötigten Material abhängen, aber nicht vom Auftrag. In den übrigen Bereichen müssen die absoluten, von dem — einer bestimmten
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Gruppe zugehörenden —Auftrag verursachten Gemeinkosten oder die m i t t e l b a r e n Gruppengemeinkosten, wenn auf einer Stelle mit anderen Aufträgen gekoppelte Kosten entstehen, gesondert erfaßt werden. Dann müssen diese Gruppengemeinkosten (in ihrem Verhältnis zur Zuschlagsbasis) zu Zuschlagsätzen verrechnet werden, so daß dem neuen Auftrag auch die von ihm verursachten Gruppengemeinkosten zugerechnet werden können 1 ). Zu diesen durch die Vorkalkulation aufgeworfenen Fragen kommt aber noch eine w e i t e r e , die besonders schwierig ist, weil sie mit einer großen Ungew i ß h e i t verbunden ist: es ist die Frage nach der Stückzahl, die der Fertigung zugrundegelegt werden soll. Dies aber ist eine Absatzfrage, die erst noch gelöst werden muß. Je nach der aufgelegten Stückzahl sind die Gemeinkosten verschieden, nicht die variablen, wohl aber die fixen. Hier müssen die Gemeinkosten notwendig in variable und fixe geschieden bzw. die variablen auf ihren fixen Anteil untersucht werden. Das sind allerdings Arbeiten, die meist schon getan sind, wenn man die Kosten der Nachkalkulation analysiert hat, so daß man also den Charakter, insbesondere den der variablen Kosten, bereits kennt. Aber noch eine Schwierigkeit kommt hinzu: bei den verschiedenen Beschäftigungsgraden ist die Reagibilität der variablen Kosten eine verschiedene, der „Variator" ist (wie bei den Plankosten) ein verschiedener. Hier ist die Wirkung des neuen Auftrags auf die Beschäftigungslage zu veranschlagen, also wieder die Größe der Serie. Sie muß daher notwendigerweise geschätzt werden, wenn nicht durch Marktforschung das Marktpotential und der eigene Anteil an ihm für das neue Produkt ermittelt worden sind. Die fixen Kosten und die „Variatoren" der variablen Kosten sind von der Produktionsmenge abhängig. Soll z. B. eine neue Schreibmaschine produziert werden, so sind offenbar diese Kosten überaus verschieden, wenn die aufgelegte Serie 1000 oder 10000 Stück ist. Gleichfalls wirkt sich die Höhe der Serie auf die E n t w i c k l u n g s - und sonstige besonderen Kosten dieser Produktion aus: sie sind im Stück um so kleiner, je größer die Serie ist, auf die man sie verteilt.Nur ist diese bei derVorkalkulation nicht bekannt, und mit jeder Schätzung oder Vorberechnung ist ein Verschätzungsrisiko verbunden. Hat man aber all diese Kosten ermittelt, kann man die voraussichtlichen S e l b s t k o s t e n bestimmen. Aber zum A n g e b o t s p r e i s ist immer noch ein weiter Schritt; denn zu den ermittelten voraussichtlichen Selbstkosten kommt auch noch der G e w i n n z u s c h l a g , der das allgemeine Unternehmerwagnis und den Gewinn abdecken soll. Aber hier entsteht noch ein weiteres Problem: Welches ist der erzielbare P r e i s und damit vor allem der G e w i n n z u s c h l a g ? Dieser ist ja das Mittel, sich an den erzielbaren Preis heranzutasten. Und wie weit soll man im Preis h e r u n t e r g e h e n , wenn kein Gewinn, nicht einmal Vollkostendeckung zu erzielen ist, der Auftrag aber nach Möglichkeit hereingenommen werden soll l
) Siehe den Abschnitt über Gruppengemeinkosten, Bd. II, 1, S. 317 ff.
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oder (der Beschäftigungslage wegen) sogar hereingenommen werden muß ? Welches ist die P r e i s u n t e r g r e n z e ? Auch ihre Ermittlung ist eine Aufgabe der Vorkalkulation. Auf alle Fälle muß der Betrieb mit einer festen Zahlenvor&tellung auf den Markt gehen, damit er sinnvoll und bewußt seine Entscheidung treffen kann. L e i c h t e r ist dagegen die Vorkalkulation, wenn sie auf einer N a c h k a l k u l a t i o n aufbauen und die veränderten Kostenelemente im Anhängeverfahren oder mit Indices verrechnen kann. Aber dann ist sie keine echte Vorkalkulation mehr. 3322. Die Nachkalkulation Legt die Vorkalkulation ihrem Voranschlag mehr oder weniger zuverlässige Angaben der V e r g a n g e n h e i t zugrunde, so arbeitet die nach Erstellung der betreffenden Leistung durchzuführende Nachkalkulation mit d e n t a t s ä c h l i c h entstandenen Kosten auf Grund genauer, im Betrieb oder der Buchhaltung erfaßter Unterlagen, wie z. B. Rechnungen, Lohn- und Materialscheinen, u. U. aber auch Inventur- und Rückrechnungsaufzeichnungen und sonstiger Belege, aus denen hervorgeht, für welche Aufträge (bei Einzelkosten) oder welche Kostenstellen (bei Gemeinkosten) die Kosten angefallen sind. Der Materialverbrauch muß freilich noch b e w e r t e t werden, und man kann der Bewertung die tatsächlichen oder durchschnittlichen Anschaffungspreise oder den Tagespreis oder den Verrechnungspreis zugrundelegen. Auch bei anderen Kosten — besonders bei den kalkulatorischen — spielt die B e w e r t u n g eine sehr große Rolle: es sei hier auf die Problematik des betriebsnotwendigen Kapitals und der verbrauchsbedingten Abschreibungen hingewiesen, sowie auf die Schwierigkeit der Abschätzung des Unternehmerlohns und der Wagnisse. Bei den Entwicklungs- und Instandsetzungskosten entsteht die Frage, wie weit man sie in die Kosten übernimmt, und bei den I n n e n l e i s t u n g e n , wie man sie am besten erfaßt, sie voneinander und von den Leistungen für Kunden trennt. Die V e r t e i l u n g bzw. Z u r e c h n u n g der Gemeinkosten auf die Kostenträger ist immer eine schwierige Aufgabe. Ihre Lösung wird dadurch ermöglicht, daß die Nachkalkulation, wenn sie nicht Divisions- sondern Zuschlagkalkulation ist, neben der Kostenträgerrechnung eine Kostenarten- und Kostenstellenrechnung durchführt, die auf dem Wege über die ermittelten Gemeinkostenzuschläge eine kostengerechte Stückrechnung durchführbar macht. So bewegt sich die Nachkalkulation zwar auf viel sicherem Boden als die Vorkalkulation. Aber absolut sicher ist ihr Boden auch nicht, zuviel Unwägbarkeiten sind auch mit der Nachkalkulation verbunden. Mit diesen beschäftigt sich eigentlich das ganze vorliegende Buch, und all die Ausführungen und Beispiele betreffen im Grunde nur die Nachkalkulation, so daß hier, wo es sich nur um ihre Gegenüberstellung zur Vor- und Zwischenkalkulation handelt, nur wenig mehr zu sagen ist.
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Was nun die G e n a u i g k e i t der Nachrechnung anbetrifft, so ist diese natürlich wesentlich größer, als es bei der Vorkalkulation sein kann, die vielleicht Kostenbestandteile ausgelassen, zu niedrig oder zu hoch veranschlagt hat. Auch können sich Konstruktion, Produktionsweg, Materialpreise, Tarife, Akkordzeiten, Ausschußquoten, Beschäftigungsgrad u. a. m. bis Vollendung der Produktion völlig verändert haben. Ganz richtig können allerdings auch bei der Nachkalkulation höchstens die E i n z e l k o s t e n sein, denn einmal wird die den G e m e i n k o s t e n z u s c h l ä g e n zugrundeliegende Periode, auch wenn sie jüngeren Datums ist als die in der Vorkalkulation herangezogene, mit der P r o d u k t i o n s p e r i o d e kaum völlig übereinstimmen, und zum anderen bringen die S c h l ü s s e l v e r r e c h n u n g und die Bewertung immer große Ungenauigkeiten mit sich. Man denke nur an die u. U. sehr verschiedenen Anschaffungswerte und damit verschiedenen Abschreibungssätze mehrerer in derselben großen Kostenstelle stehender Maschinen, die im einheitlichen Satz des Fertigungsgemeinkostenzuschlages dieser Kostenstelle untergehen, ganz gleich, welche Maschinen von dem betreffenden Werkstück beansprucht wurden. In manchen Fällen dürfte eine P l a t z k o s t e n rechnung eine Verfeinerung der Kostenstellenrechnung bringen, da dann nicht eine ganze Werkstatt, sondern ein einzelner Arbeitsplatz, etwa eine Großmaschine, mit genau ermittelten Kosten verrechnet wird und daher ein weit besseres Mittel für Vor- und Nachkalkulation abgibt als die sonst übliche Gemeinkostenaufschlüsselung. Nur ist die Platzkostenrechnung nicht sehr ökonomisch. Für den A n g e b o t s p r e i s muß man freilich auf die Genauigkeit des Nachrechnungsergebnisses verzichten, da man mit der Preisbildung in der Regel nicht auf die Fertigstellung der Nachkalkulation warten kann und daher die Vorkalkulation benutzt. Erst bei Wiederaufnahme der Produktion des gleichen Fabrikats wird man das Nachrechnungsergebnis berücksichtigen können. Eine Ausnahme bildet dabei die kontinuierliche Massenfertigung, bei der die Nachkalkulation gleichsam in die Aufgaben der Vorkalkulation hineinwächst. Hier kann man auch Arbeit sparen, indem man bei einer in Monatsserien aufgeteilten, auf unbestimmte Zeit laufenden Fertigung nicht jeden Monat nachkalkuliert, sondern nur die eintretenden Änderungen in der letzten Nachkalkulation berücksichtigt. Die Nachkalkulation hat aber nicht nur die Aufgabe der Errechnung des Verkaufspreises, sondern auch die der K o n t r o l l e . Sie gibt dem Betrieb wertvolle Vergleichsmöglichkeiten, vor allem, wenn eine Vorkalkulation vorliegt. Die Abweichungsanalyse legt dann die Differenzen und ihre Ursachen offen. Schließlich liefert die Nachkalkulation die Unterlagen für s p ä t e r e V o r k a l k u l a t i o n e n und Vergleiche nicht nur desselben Artikels, sondern auch anderer Erzeugnisse. In erster Linie können die Gemeinkostenzuschläge verglichen werden, aber auch andere Zahlen, die in Form empirischer Kalkulationstabellen festgehalten werden.
Normalisierte Kalkulation
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Je mehr Nachkalkulationen im Laufe der Zeit durchgeführt worden sind, desto genauer werden die Unterlagen und damit die Ergebnisse der Nachkalkulation sein, aber auch die der späteren Vorkalkulationen. Auf etwas kommt es aber noch bei der Nachkalkulation an: daß sie möglichst s c h n e l l nach der Fertigstellung des Produktes erstellt wird. Hier sind alle Mittel der möglichen Vorarbeiten, der Durchschriftbelege usw. zu verwenden, um laufend die angefallenen Kosten zu verrechnen, statt erst alle am Ende der Produktion. Zur Nachkalkulation ist schließlich noch eines zu bemerken: Wie die Nachkalkulation die Vorkalkulation erleichtert, so gibt es andererseits auch Fälle, wo die Vorkalkulation die Grundlage für die Nachkalkulation bildet: die Zahlen der Vorkalkulation gelten auch für die Nachkalkulation, sie werden nicht mehr gesondert erfaßt; nur wenn sich A b w e i c h u n g e n ergeben, werden die Zahlen der Nachkalkulation abgeändert, und zwar durch den Mehr- oder Minderbedarf an Material und an Lohn und an Sondereinzelkosten. Dieser Mehr- oder Minderbedarf wird durch b e s o n d e r e B e l e g e erfaßt, die den Zahlen der Vorkalkulation zugezählt oder abgezogen werden. Die Zahl der Belege ist aber meist sehr klein, so daß die Nachkalkulation stark erleichtert, unter Umständen sogar entbehrlich wird. In s c h w i e r i g e n Fällen e n t f ä l l t die Nachkalkulation überhaupt, sie wird durch die Vorkalkulation ersetzt und nur durch das Jahresergebnis kontrolliert. In anderen Fällen wiederum wird sie nur stichprobenweise durchgeführt, um die Vorkalkulation nachkontrollieren zu können. Welche Form der Betrieb auch anwendet, wann er eine Abweichung von der Regel der 100%igen Nachkalkulation für berechtigt hält, so wird er sich doch darüber im klaren sein müssen, daß er volle Sicherheit über die entstandenen Kosten nur durch die Nachkalkulation erreichen kann. 3323. Zwischenkalkulation Ist die Produktionsdauer sehr lang, etwa 1 y 2 bis 2 Jahre, wie z. B. beim Bau von Turbogeneratoren, von großen Schiffen, Brücken, großen Bauvorhaben, so müssen Zwischenkalkulationen vorgenommen werden, um von Zeit zu Zeit einen Vergleich zwischen Voranschlag und Istkosten möglich zu machen. Dies geschieht d e s w e g e n , weil in so langer Zeit große Veränderungen vorkommen können, die Entwicklung anders verlaufen kann als angenommen, so daß sich schon in der Zwischenzeit große Verluste ergeben haben können, ohne daß der Betrieb davon etwas weiß und daher auch nicht eingreifen kann. Nach Vollendung des Auftrages kann es dann schon zu spät sein. Die Zwischenkalkulation erfolgt dann, wenn ein bestimmter T e i l a b s c h n i t t erreicht ist; sie wird in Abständen w i e d e r h o l t , bis nach Vollendung des Auftrages die Gesamtnachkalkulation erfolgt, die übrigens durch die Zwischenkalkulation sehr erleichtert und beschleunigt wird.
122
Kalkulation
Eine z w i s c h e n p e r i o d i s c h e Kalkulation kann auch aus B i l a n z i e r u n g s g r ü n d e n notwendig werden, wenn für eine Zwischenbilanz an einem bestimmten Stichtag die Halb- und Fertigfabrikate der Buchhaltung aufgegeben und daher nachkalkuliert werden müssen. Dem W e s e n nach ist die Zwischenkalkulation eine N a c h k a l k u l a t i o n , aber nicht des ganzen Auftrages, sondern vollendeter Teilabschnitte. 3324. Beurteilung Die Zwischenkalkulation kommt nicht allgemein vor, sie ist beschränkt auf einzelne Branchen, sogar in diesen auf bestimmte Objekte und auf bestimmte Veranlassungen. Vor- und Nachkalkulation sind aber überall und immer notwendig, alle beide, ohne daß es möglich wäre, einer von beiden allgemein den Vorrang anzuerkennen. Die Vorkalkulation ist, wo sie nötig ist — und das ist überall, es sei denn, daß eine ständige Nachkalkulation und ständig gleiche Erzeugung sie entbehrlich machen —, wichtiger als die Nachkalkulation, weil sie allein die Entscheidung neuer Dinge möglich macht; sie ist es, die das Abgeben von Angeboten ermöglicht und damit das Hereinholen von Aufträgen. Sie aber hierzu geeignet zu machen, sind wiederum Nachkalkulationen nötig, so daß auch die Nachkalkulation unentbehrlich ist. Überdies kann nur sie allein dem Betriebe volle Sicherheit über die entstandenen Kosten geben. Hieraus folgt, daß der Betrieb alle drei Formen der Kalkulation benötigt: Vor- und Nachkalkulation immer, in welcher Abwandlung sie auch im Betriebe durchgeführt werden mögen, die Zwischenkalkulation in bestimmten Fällen. Der O r g a n i s a t i o n nach ist die Nachkalkulation die weitestgehende; sie erfordert den meisten Aufwand. Die Vorkalkulation ist weit weniger aufwendig, was wiederum zu ihren Gunsten spricht; aber allein, und allein auf sich gestellt, könnte sie der kalkulatorischen Betriebsaufgabe nicht gerecht werden. 34. Sonderfragen der Kostenträgerrechnung 340. Allgemeines Die Grundformen der Kalkulation: Divisions- und Zuschlagsrechnung in ihrer Anwendung auf die Vor- und Nachkalkulation benötigen in vielen Fällen eine Ergänzung durch S o n d e r f o r m e n , sei es um die Kalkulationen abzukürzen — weil die vollen Kalkulationen nicht durchführbar waren —, sei es, um S o n d e r b e d i n g u n g e n einzelner Branchen oder Betriebe in wirtschaftlicher Weise zu erfüllen, sei es, um sich kalkulatorisch Produktionsformen anzupassen, die von der Norm abweichen. Zu diesen Formen gehören: die Anhängeverfahren, aus welchen Gründen auch immer; die „Bauklassenverfahren" im Maschinen- und Apparatebau; die Misch- und Blockverfahren in der Textilindustrie: die Kalkulationen in Vielproduktbetrieben, bei langfristiger Fertigung u. v. andere.
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
123
341. Alihängeverfahren
3410. Wesen Das Anhängeverfahren ist eine Kalkulationsform, bei der eine Berichtigung einer in der Vergangenheit erstellten Kalkulation erfolgt, um sie gegenwartsgültig zu machen. Im einzelnen handelt es sich um die Berücksichtigung von: 1. Preisschwankungen (Einzelkosten) a) Rohstoffe b) Fertigungslohn, 2. Mengenschwankungen auf Grund von Verfahrensänderungen, 3. Reihenkalkulation verwandter Erzeugnisse.
Zu 1.: Preisschwankungen Preisbewegungen der Rohstoffe sowie Tarifänderungen der Löhne führen zu Änderungen der Einzelkosten. Sie müssen in der Kalkulation berücksichtigt werden, wozu sich Anhängeverfahren besonders eignen. Jedoch sollen hierbei nur solche Materialpreis- oder Lohnmehr- oder -minderaufwendungen erfaßt werden, die n a c h h a l t i g die Kostenstruktur beeinflussen. Zu den Mehr- oder Minderaufwendungen des Lohnes rechnen außer dem Stundenlohn oder dem Akkordrichtsatz die Zuschläge für Überstunden, Feiertags-, Nacht- und Sonntagsarbeit. Im Anhängeverfahren müssen auch die vom Einzellohn abhängigen Gemeinkosten erfaßt werden, z. B. die gesetzlichen Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (Kranken-, Unfall-, Arbeitslosen-, Invaliden- und Angestelltenversicherung), Schwerbeschädigtenausgleich und tarifliche Sozialaufwendungen (Vergütungen für lohnzahlungspflichtige Feiertage, Krankheitsund Ausfallgelder usw.). Bei den Preisschwankungen der Rohstoffe dagegen sind im Anhängeverfahren lediglich die neuen Materialpreise zu erfassen. Materialgemeinkosten dürfen nicht im Anhängeverfahren berücksichtigt werden, es sei denn, daß auch sie im Preise gestiegen sind. Außer den Einzelkosten und den dazugehörigen Gemeinkosten müssen grundsätzlich im Anhängeverfahren die S o n d e r e i n z e l k o s t e n des Vertriebs mit einkalkuliert werden. Zu 2.: Mengenschwankungen der Kostengüter auf Grund von Verfahrensänderungen Darüber hinaus kann das Anhängeverfahren auch bei Verfahrensänderungen, die einen andersartigen Verbrauch an Kostengütern zur Folge haben, eingesetzt werden. Auch hier werden die einmal erstellten Grundkalkulationen berichtigt durch Zu- oder Abschläge zu den Herstell- und Selbstkosten sowie dem Angebotspreis. Z u 3.: Reihenkalkulation verwandter Erzeugnisse Schließlich kann das Anhängeverfahren auch bei der Reihenkalkulation eingesetzt werden. Dies ist dann der Fall, wenn die laufende Kalkulation sämtlicher Einzelerzeugnisse nicht durchführbar ist. Wenn die Artikel einander ver-
Kalkulation
124
wandt sind und eine nahezu gleiche Kostenstruktur aufweisen, dann ist es möglich, lediglich die Kosten für ein Repräsentativerzeugnis einer Kostenträgergruppe durch die traditionelle Nachkalkulation festzustellen, die Selbstkosten der anderen Erzeugnisse der Kostenträgergruppe dagegen durch das Anh änge verfahr e n. 3411. Anwendungsformen a) b e i P r e i s ä n d e r u n g e n Für die kalkulatorische Erfassung der Preissteigerungen ist das Anhänge verfahren besonders geeignet und findet hier seine häufigste Anwendung. Es ist das schnellste und elastischste Verfahren und macht ältere Kalkulationen gegenwartsgültig, ohne daß eine neue Gesamtkalkulation nötig wäre. Ebenso wichtig ist aber, daß es davor bewahrt, f a l s c h e Gemeinkostenzuschläge zu verwenden und damit falsche und zu hohe (oder zu niedrige) Gemeinkosten zu kalkulieren, wenn bei erhöhten Einzelkosten g l e i c h e Gemeinkostenzuschläge verwendet werden. Richtige Kalkulationen könnten auch dadurch erreicht werden, daß die Gemeinkostenzuschläge den veränderten Einzelkosten angepaßt, also bei erhöhten Einzelkosten die Zuschlagsätze entsprechend vermindert, bei verminderten erhöht würden. Aber dieses Verfahren wäre mühseliger und würde ständig neue Rechnungen verlangen, im Gegensatz zum Anhänge verfahren. Das Anhängeverfahren bewahrt den Betrieb davor, bei Materialpreiserhöhungen neue Verrechnungspreise zu bilden und gibt ihm doch die Möglichkeit gegenwartsgültiger Preise. Ein veränderter Verrechnungspreis 1 ) würde bedeuten, daß die Kalkulationen für eine Vielzahl von Artikeln neu erstellt werden müßten, was kurzfristig im allgemeinen nicht möglich ist. Die Erfahrung zeigt immer wieder, daß der Vertrieb auf Schwierigkeiten bei der Kundschaft stößt, wenn er erst einige Wochen nach allgemein bekannt gewordener Preiserhöhung die neuen Artikelpreise angeben kann. Bei dem Anhängeverfahren erfolgt, im Gegensatz zu den normalen Verfahren, keine schematische und ungerechtfertigte Erhöhung der Selbstkosten, weil lediglich die im Preis gestiegenen Kostengüter mit ihren veränderten Werten in die Kalkulation eingehen, während die Gemeinkostenzuschläge unberücksichtigt bleiben, es sei denn, auch sie haben sich verändert. Dagegen ist es gerechtfertigt, den Gewinnzuschlag zu verändern. Bei dem Anhängeverfahren zur Korrektur veränderter Preisverhältnisse (für Stoffe und Löhne) geht es darum, die Erhöhung der Selbstkosten bei gegebener Steigerung oder Senkung der Materialpreise oder der Lohnsätze festzustellen. Es ist nicht erforderlich, bei j e d e r Materialpreisänderung für j e d e s Erzeugnis In die Bestandsrechnung (Klasse 3) wird die Materialpreiserhöhung n i c h t einbezogen, die Verrechnungspreise bleiben die gleichen. Nur die Angebotspreiskalkulation erfaßt (im Anhängeverfahren) die Erhöhung.
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
125
eine Kalkulation im Anhängeverfahren aufzumachen. Beim Anhängeverfahren geht man von einer g r u n d l e g e n d e n Rechnung, der Ausgangsrechnung aus, die nur einmal erstellt zu werden braucht und die dann die Basis aller weiteren Anhängerechnungen bildet. Diese Ausgangsrechnung wird durchgeführt, wenn erstmalig das Anhängeverfahren verwendet werden soll, z. B.: Steigt der Materialpreis um 1,— DM/kg, so geht diese Steigerung in das Kalkulationsschema ein: Die Position Fertigungsmaterial wird um 1,— DM erhöht. Eine Verrechnung von Materialgemeinkosten auf die erhöhten Einzelkosten muß unterbleiben, wenn die Gemeinkosten des Materialbereichs nicht gleichzeitig gestiegen sind. Die Materialpreiserhöhung von 1,— DM ist also an den Angebotspreis anzuhängen. Lediglich die Sondereinzelkosten des Vertriebs, Umsatzsteuer und Vertreterprovision, müssen verändert werden, weil die gestiegenen Materialpreise in den Selbstkosten sowie im Angebotspreis ihren Niederschlag finden. Betragen nun die Sondereinzelkosten des Vertriebs 12,0% auf die Herstellkosten, so sind weitere 12 % der Materialpreiserhöhung (—,12 DM) zu den Selbstkosten zuzuschlagen. Die Selbstkosten werden um den kalkulatorischen Gewinnzuschlag erhöht, so daß sich der neue Angebotspreis ergibt, in diesem Fall lediglich die Erhöhung des Angebotspreises. Es ergibt sich folgende Rechnung: Fertigungsmaterialerhöhung = Steigerung der Herstellkosten + 12% Sondereinzelkosten des Vertriebs auf die Herstellkosten
—,12 DM
Steigerung der Selbstkosten + 8% kalkulatorischer Gewinn
1,12 DM —,09 DM
Steigerung des Angebotspreises
1,— DM
1,21 DM
Aus dieser Ausgangsrechnung geht hervor, daß bei einer Steigerung des Materialpreises um 1,— DM der Angebotspreis um 1,21 DM erhöht werden muß. Des weiteren soll an einem Beispiel gezeigt werden, welche ungerechtfertigte Erhöhung des Angebotspreises eintreten würde, wenn die gestiegenen Materialkosten schematisch in das Kalkulationsverfahren aufgenommen werden würden. Beträgt im obigen Beispiel der Zuschlagsatz für die Gemeinkosten des Materialbereiches 10%, so würde sich folgende Anhängerechnung ergeben: Fertigungsmaterialerhöhung + 10% Materialgemeinkosten
1,— DM —,10 DM
Steigerung der Herstellkosten + 12% Sondereinzelkosten des Vertriebs auf die Herstellkosten
—,13 DM
Steigerung der Selbstkosten + 8% kalkulatorischer Gewinn
1,23 DM —,10 DM
Steigerung des Angebotspreises
Differenz zur Anhängekalkulation 0,12 DM.
1,10 DM
1,33 DM
126
Kalkulation
Eine viel höhere Steigerung des Angebotspreises würde sich ergeben, wenn eine durchgehende Kalkulation mit einbezogener Materialpreiserhöhung vorgenommen würde, z. B.: Materialpreiserhöhung DM 1,— je kg norm. Kalkül. | Anhängeverfahren Materialkosten. . Materialgemeinkosten 10% . . Fertigungslöhne . Fertigungsgemeinkosten 200% . Sondereinzelkosten . . . .
10
11
1 12
11
1,10 12
12,10
24
36
24
36
2
2
Herstellkosten . . Verwaltungs- und Vertriebskosten a. Herstellkosten 25% Sondereinzelkosten des Vertriebes 12% auf Herstellkosten .
49
50,10
12,25
12,50
5,88
6,01
Selbstkosten. . . Gewinn 10% . .
67,13 6,72 73,85
68,61 6,86 75,47
Differenz
Angebotspreis . . 73,85 Materialpreiserhöhung . . . 1,— Sondereinzelkosten des Vertriebes 12%. . 0,12 Steigerung der Selbstkosten. . + 10% Gewinn Angebotspreis . .
1,12. 0,11 1,23-
DM 0,39
Die Ausgangsrechnung muß in zahlreichen Fällen v e r f e i n e r t werden, um eine größere Genauigkeit zu erzielen. So sind z. B. auch die Preisbewegungen des S c h r o t t s in das Anhängeverfahren mit einzubeziehen. Denn es schwanken nicht nur die Preise der Rohstoffe, sondern ebenso die Preise des Schrotts. Es ist erforderlich, den Mehrerlös durch gestiegene Schrottpreise in die Rechnung mit aufzunehmen: er muß von der Erhöhung des Fertigungsmaterials (== Erhöhung der Herstellkosten) wieder abgesetzt werden. Der Mehrerlös aus gestiegenen Schrottpreisen ergibt sich durch die Multiplikation des Schrottanteils je Erzeugnis mit der Preissteigerung des Schrotts, jeweils bezogen auf 1 kg Schrott. Beträgt also die durchschnittliche Schrottquote 30% des Fertigungsmaterials und ist der Schrottpreis für 1 kg um —,90 DM gestiegen, so beträgt der Mehrerlös 30% von —,90 DM = —,27 DM. Dieser Betrag ist dann von den Herstellkosten abzusetzen, so daß sich folgendes Schema ergeben würde, wobei die im obigen Beispiel verwendeten Zahlen wieder zugrundegelegt werden.
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung Fertigungsmaterialerhöhung — Mehrerlös durch Schrottpreissteigerung
1 , — DM . —,27 DM
Steigerung der Herstellkosten + 12% Sondereinzelkosten des Vertriebs auf die Herstellkosten
—,73 DM
Steigerung der Selbstkosten + 8% kalkulatorischer Gewinn
—,82 DM —,07 DM
Steigerung des Angebotspreises
127
—,09 DM
—,89 DM.
Es ist nicht erforderlich, diese Ausgangsrechnung für verschiedene Materialarten zu erstellen. Die Aufgabe der Ausgangsrechnung besteht lediglich darin aufzuzeigen, wie sich Herstell-, Selbstkosten und Angebotspreis bei einer unterstellten Preis Veränderung gestalten. Ist die Ausgangsrechnung erstellt, erfolgt die eigentliche Korrektur der Nachkalkulation durch das Anhängeverfahren. Beträgt z. B. die Steigerung des Messingpreises DM —,80/kg, so ergeben sich: Herstellkosten-Steigerung —,80 X — , 7 3 : —,58 DM 1 ) Selbstkosten-Steigerung —,80 X — , 8 2 : — , 6 6 DM Angebotspreis-Steigerung —,80 X —,89: —,71 DM. F ä l l t dagegen der Messingpreis Herstellkosten-Senkung —,40 X Selbstkosten-Senkung —,40 x Angebotspreis-Senkung —,40 X
um —,40 DM/kg, so ergeben sich: — , 7 3 : —,29 DM — , 8 2 : — , 3 3 DM —,89: —,36 DM.
Beträgt der Messingverbrauch bei einem Erzeugnis —,350 kg/1000 Stück, so erfolgt folgende Erhöhung des Angebotspreises für 1000 Stück: —,350 kg/1000 Stück X —,71 DM/kg = —,25 DM/1000 Stück. Um den Betrag von —,25 DM ist also der Angebotspreis zu erhöhen. In derselben Weise werden die Angebotspreise bei Preissenkungen korrigiert. b) b e i d e r
Reihenkalkulation
Das Anhängeverfahren bei der Reihenkalkulation ist dem bei Preisänderungen sehr verwandt; beide beruhen auf demselben Prinzip. Bei der Reihenkalkulation geht es — wie bereits eingangs angedeutet — darum, für eine Kostenträgergruppe nur e i n typisches, repräsentatives Erzeugnis voll durchzukalkulieren. Die Kosten der anderen Erzeugnisse der Gruppe werden entsprechend ihrem unterschiedlichen Material- und Lohnverbrauch durch das Anhängeverfahren festgestellt. Dieses Verfahren findet immer dann Anwendung, wenn es sich um zahlreiche Erzeugnisarten handelt, die zu einer Gruppe gehören, bei der die Erzeugnisse aber untereinander sehr verwandt sind. Diese Verwandtschaft liegt z. B . dann vor, wenn zu einer Reihe verschiedene Größen eines Grundtyps gehören (z. B. bei Kühlschränken, Schuhwaren, Lederwaren, Textilien usw.). Für die Angebotspreiskalkulation wäre lediglich die Ermittlung der Selbstkosten und des neuen Angebotspreises erforderlich. Die Feststellung der Herstellkosten erfolgt, um die Fabrikate in der Bilanz bewerten zu können.
128
Kalkulation
Ferner kann das Anhängeverfahren innerhalb der Reihenkalkulation Verwendung finden, wenn es sich um die Kalkulation von Erzeugnissen handelt, die wohl in einer einheitlichen Größe, jedoch in verschiedenen Ausführungen hergestellt werden, z. B. Standard- und Luxusmodelle (unter Verwendung qualitativ unterschiedlicher Materialien). Der Anwendungsbereich des Anhängeverfahrens bei Reihenkalkulation ist sehr weit, was von der Praxis nicht immer erkannt wird. Dieses Verfahren soll an, zwei Beispielen näher erläutert werden: an der Kalkulation von Kühlschränken und an der Kalkulation von Erzeugnissen der Kleinmetallwarenindustrie. Im allgemeinen werden K ü h l s c h r ä n k e zu einer Kostenträgergruppe zusammengefaßt, wenn sie mit einem einheitlichen Kühlaggregat gefertigt werden. Unterschiede der einzelnen Artikel ergeben sich dann lediglich durch das verschiedene Fassungsvermögen und durch kleinere zusätzliche Einbauten in den größeren Typen. Es liegt nahe, bei einer solchen Struktur einer Reihenerzeugung nur eine Erzeugnisart exakt nachzukalkulieren, meist den Typ mit dem kleinsten Fassungsvermögen und den geringsten Selbstkosten. Sind die Selbstkosten des repräsentativen Artikels festgestellt, so ist es lediglich erforderlich, den Mehrverbrauch der anderen Erzeugnisse der Trägergruppe an Material und Lohn festzustellen und diese Kosten zu den Selbstkosten des Grundtyps hinzuzuzählen. Die K l e i n m e t a l l w a r e n i n d u s t r i e ist durch eine besonders große Anzahl verschiedener Erzeugnisse gekennzeichnet; bereits ein Mittelbetrieb fertigt 10000 und mehr verschiedene Artikel. Auch hier sind die Erzeugnisse untereinander sehr verwandt, so daß die Anhängekalkulation verwendet werden kann. Es gibt zwar in der Kleinmetallwarenindustrie zahlreiche Grunderzeugnisse, z. B. Nieten, Ösen, Tür- und Fensterbeschläge usw. Die müssen natürlich getrennt kalkuliert werden. Aber zu jedem Grunderzeugnis gehören viele Abarten: verschiedene Ausführungen, meist ist die Oberflächenbehandlung verschieden, z. B. Artikel aus Messing, Oberfläche versilbert oder verzinnt oder vernickelt. Das führt dann zu der Vielzahl von Artikeln, die gesondert vollständig gar nicht kalkuliert werden könnten, wo das Anhängeverfahren (zur Erfassung der unterschiedlichen Aufwendungen) das einzig mögliche, weil einfache, schnelle und sparsame Verfahren ist. Auch hier wird von einem repräsentativen Erzeugnis ausgegangen: dies ist der Artikel, der keine Oberflächenbehandlung erfährt, also z. B. eine Lötöse aus Messing. Die Anhängerechnung muß nun die Frage beantworten, welche Erhöhung der Selbstkosten und des Angebotspreises eintritt, wenn durch die Oberflächenbehandlung Kosten z. B. von 1,— DM entstehen:
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
129
Erhöhung der Materialkosten = Erhöhung der Herstellkosten 1,—-DM + Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten 30% auf die Herstellkosten —,30 DM Erhöhung der Selbstkosten ohne Sondereinzelkosten des Vertriebes 1,30 DM + Sondereinzelkosten des Vertriebes 12% auf die Selbstkosten (ohne Sondereinzelkosten des Vertriebes) —,16 DM Erhöhung der Selbstkosten + Kalkulatorischer Gewinn 12% Erhöhung des Angebotspreises um
1,46 DM —,16 DM . . .
1,62 DM.
Wenn nun die Kosten der verschiedenen Oberflächenbehandlungen für eine Einheit (z. B. 1000 Stück) bekannt sind, ist für jeden Artikel die Nachkalkulation ohne Schwierigkeiten aufzustellen. Betragen z. B. die Fertigungskosten für den Arbeitsgang Vernickeln 1,80 DM/1 m 2 bei einer bestimmten Lötöse, dann ergibt sich: Arbeitsgang Vernickeln Fertigungskostenerhöhung 1,80 DM/1 m 2 Selbstkostenerhöhung 1,80 DM/1 m 2 X 1,46: 2,63 DM Angebotspreiserhöhung 1,80 DM/1 m 2 x 1,62: 2,91 DM. Für jede andere Ausführung (z. B. Verzinnen, Versilbern usw.) läßt sich dann eine ähnliche Rechnung aufstellen, so daß auch hier Selbstkosten und Angebotspreis leicht festgestellt werden können. Beträgt nun der Angebotspreis für eine Lötöse ohne Oberflächenbehandlung 3,30 DM/1000 Stück und soll die Lötöse vernickelt geliefert werden, so beträgt der Angebotspreis: 1000 Stück Lötösen, Messing = 3,30 DM + Vernickeln = 2,91 DM Angebotspreis 6,21 DM. Der besondere Vorteil des Verfahrens liegt in seiner einfachen Handhabung; es erspart die Führung umfangreicher Kalkulationskarteien. Der Kalkulator muß lediglich wissen, welche Kostenerhöhungen durch die unterschiedliche Oberflächenbehandlung auf der Basis von 1,— DM je Erzeugnis entstehen; dann kann er durch Multiplikation der zu behandelnden Oberfläche mit dem Satz für 1 m 2 den Angebotspreis feststellen. 342. Das Bauklassenverfahren
Wie das Anhängeverfahren, dient auch das Bauklassenverfahren oder die Verwendung von Selbstkosten-Änderungsziffern zur Erleichterung und vor allem zur Abkürzung der Kalkulationen, wenn Preisänderungen vorgekommen sind. Das Üble bei jeder Selbstkostenrechnung ist, daß sie nur jeweils für den Z e i t p u n k t d e r B e r e c h n u n g oder nur solange gilt, wie keine Veränderungen in den Kostenpreisen und den Betriebsverhältnissen eingetreten sind. Um zu M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
9
130
Kalkulation
gegenwartsgültigen Kosten zu gelangen, müßte man die Selbstkosten bei jeder Preisänderung von neuem ermitteln. Das wird um so schwieriger und kostspieliger, je vielseitiger das Fertigungsprogramm ist. Hinzu kommt, daß viele Erzeugnisse mit komplizierter Fertigung äußerst schwer zu kalkulieren sind. Zahlreiche Betriebe haben auch heute noch keine exakte Nachkalkulation, weil sie wirtschaftlich nicht durchführbar erscheint. In der Vorkalkulation wird dann jeweils neu gerechnet, oder man fußt auf vorhandenen früheren Kalkulationen, die man so oder so der neuen Kostenlage anzupassen versucht. Solange es sich um Einzelkosten handelt, ist die Problematik nicht allzu groß, um so größer ist sie bei den Gemeinkosten. Der Arbeitsaufwand hierfür ist jedenfalls in Vielproduktbetrieben, insbesondere bei schwer kalkulierbaren Fabrikategruppen, recht hoch. Man sucht dann nach Auswegen. Eine solche Methode, die relativ einfach ist und wenig Aufwand erfordert, ist die Indexmethode. Die alten Kalkulationen der einzelnen Fabrikate werden dann mit jeweils einer Index-Zahl auf den neusten Preisstand gebracht. Freilich ist es weder dem Betrieb noch einem Wirtschaftsverband möglich, für sämtliche Fabrikate Indizes zu errechnen. Daher werden diese immer nur für F a b r i k a t e g r u p p e n gebildet. Damit kommt man zum „Bauklassenverfahren" 1 ). Bauklassen sind Fabrikategruppen, die unter dem Gesichtspunkt indexmäßiger Preiskorrektur der Selbstkosten gebildet werden. Für eine derartige Gruppierung der Fabrikate eines Betriebes sind zwei Punkte entscheidend: 1. Der Anteil der einzelnen Materialien am Produkt. Entsprechend der gewichtsmäßigen Materialstruktur werden sogenannte Werkstoff- oder Materialklassen gebildet. 2. Der Anteil der Verarbeitungskosten an den Gesamtkosten des Produktes. Entsprechend werden Verarbeitungsklassen gebildet. Zu 1.: Der VDMA unterschied früher nach 6, heute unterscheidet er nach 9 Werkstoffklassen. 2 ) Diese 9 Werkstoffklassen für den Maschinenbau haben folgenden Aufbau: Sämtliche Fabrikate eines Betriebes (Maschinenbau) müssen einer dieser 9 Gruppen zugeordnet werden. Das ist — bis auf wenige Sonderfälle — möglich. Auf diese Weise können bereits sämtliche Preiseinflüsse hinsichtlich des Fertigungsmaterials in 9-facher Gruppierung erfaßt werden. 1 ) Das „Bauklassenverfahren" und die Verwendung von „Selbstkosten-Veränderungsziffern" für Kalkulationszwecke wurden vom VDMA entwickelt. Die folgenden Ausführungen lehnen sich an seine Arbeiten eng an. 2 ) Vgl. VDMA: Bedeutung und Anwendung der „Selbstkosten-Änderungsziffern", Berlin, Juni 1926, sowie VDMA: Betriebswirtschaftliche Kurzberichte, Frankfurt/ Main, Dezember 1955.
131
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
Gußeisenklassen
Werkstoffklassen Grauguß . Stahlguß . Presse- und Schmiedestahl . . Stab- und Formstahl Bleche . . Messing . . Bronze . .
A
B
75,0
60,0 5,0
—
c 40,0 30,0
D 40,0 —
Guß- Stab- Formstahl- stahl- stahl- Blechklassen klasse klasse klasse E F G H I 15,0 65,0
8,0 5,0
8,0 5,0
8,0 5,0
8,0 5,0
a V
C «Cß £o Ü
8,0
8,0
15,0 1,0 0,5 0,5
20,0 6,0 0,5 0,5
—
25,0 4,0 0,5 0,5
5,0
6,0
35,0 19,0 0,5 0,5
12,0 1,0 0,5 0,5
—
85,0 1,0 0,5 0,5
—
65,0 21,0 0,5 0,5
—
45,0 41,0 0,5 0,5
—
20,0 66,0 0,5 0,5
100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0
Eine derartige Zusammenfassung in 9 Gruppen wird sich nicht in allen Industrien durchführen lassen. Dann müssen entweder mehr Werkstoffklassen geschaffen werden oder es müssen — entsprechend der Struktur — mehr Untergruppen mit weniger Werkstoffklassen gebildet werden. Die Anteile der einzelnen Fertigungsmaterialien innerhalb der Werkstoffklassen richten sich nach dem Gewicht. Zu 2.: Für jede Werkstoffklasse müssen, je nach Anteil der Materialkosten an den Gesamtkosten eines Fabrikates, sog. Verarbeitungsklassen gebildet werden. Theoretisch könnte man den Anteil der Verarbeitungskosten an den Gesamtkosten von 0—100% festlegen, so daß z. B. bei den 9 Werkstoffklassen des VDMA 9 X 100 = 900 verschiedene Indizes (Selbstkosten-Änderungsziffern) zu errechnen wären. Praktisch kommt man jedoch mit 11 Verarbeitungsklassen pro Werkstoffklasse aus, so daß insgesamt nur 99 Bauklassen gebildet werden. Entsprechend der Preisentwicklung für die wichtigsten Kostenarten, insbesondere für Roh- und Hilfsstoffe, Löhne und Gehälter, wird für jede dieser 99 Bauklassen halbjährlich vom VDMA eine Indexzahl errechnet. Beispiel: Es handelt sich hier also um Produkte der Gußeisenklasse B. Wenn z. B. ein bestimmtes Produkt folgende gewichtsmäßige Materialstruktur hat: Grauguß 59%, Stahlguß 6%, Preß- und Schmiedestahl 8,5%, Stab- und Formstahl 19,5%, Bleche 6%, Messing 0,6% und Bronze 0,4%, so gehört es zur Werkstoffklasse B gemäß VDMA. Für diese Klasse sind die obengenannten 11 Indexwerte entsprechend der Verarbeitungsklasse errechnet worden, im dargestellten Beispiel per 1. 7.1955. Der Betrieb muß nunmehr ermitteln, wie hoch der Anteil der Verarbeitungskosten an den Gesamtkosten des betreffenden Fabrikates ist, nach dem Schema Materialkosten + Verarbeitungskosten = Gesamtkosten. Angenommen, die frühere Kalkulation per 1. Januar 1950 zeige für das betreffende Fabrikat folgende Relation: 9*
Kalkulation
132
Materialkosten . . . Verarbeitungskosten . Gesamtkosten . . . .
38% 62 % 100%,
dann wäre das Produkt der Bauklasse B/60 zuzuordnen, nämlich der Werkstoffklasse B und der Verarbeitungsklasse 60. Der Index für diese Bauklasse B/60 wird per 1. Juli 1955 mit 147,3% angegeben. Der Betrieb braucht also nur die Selbstkosten des Produktes mit 1,473 zu multiplizieren, um auf den Tageswert zu kommen. Erscheint die Zuordnung zur Verarbeitungsklasse 60 zu ungenau (genau wäre 62), so wird interpoliert. Im vorliegenden Beispiel würde das aber nur unwesentliche Veränderungen bewirken (etwa 147,1). Die Auswertung dieser Ziffern ist für jeden Betrieb des Maschinenbaus leicht möglich: es muß lediglich an Hand früherer Kalkulationen untersucht werden, in welche Werkstoffklasse und in welche Verarbeitungsklasse das untersuchte Fabrikat gehört. Geringfügige Abweichungen in der Materialstruktur sind dabei nicht zu vermeiden. Hinsichtlich der Verarbeitungsklasse sind jedoch Interpolationen leicht möglich. Gußeisenklasse B
Werkstoffklassen
Grauguß Stahlguß Preß- und Schmiedestahl . . Stab- und Formstahl . . . Bleche Messing Bronze
4) O
a Ü
60,0 5,0 8,0 20,0 6,0 0,5 0,5 100,0
Verarbeitungsklasse
Diese VDMA-Aufstellung gibt die Struktur der Werkstoffklasse B sowie die Selbstkosten-Änderungsziffern zum 1. 7. 1955 für die Bauklassen B/0, B/10, B/20 und sofort bis B/100 an. Index: 1. 1. 1950 =
100.
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Abb. 1
1955 1. 7. 154,9 153,6 152,3 151,0 149,7 148,5 147,3 146,1 144,9 143,7 142,5
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
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Die Indexzahlen des YDMA sind auf die Basis vom 1. Januar 1950 bezogen. Betriebe, deren frühere Kalkulationen auf einen anderen, später liegenden Zeitraum abgestellt waren, müssen unter Verwendung der für den entsprechenden Zeitraum gültigen Indexzahl die jeweils gültigen Selbstkosten-Änderungsziffern auf den gewünschten Basisstichtag umrechnen. Der Index bzw. die Selbstkosten-Änderungsziffer jeweils der Verarbeitungsklasse 0 gibt die reine Preisänderung des Fertigungsmaterials einer Werkstoffklasse an. Daher ergeben sich für den einzelnen Betrieb gute Anwendungsmöglichkeiten auch dann, wenn der von ihm selbst errechnete Materialpreisindex wesentlich vom Branchendurchschnitt, d. h. von der Zahl des VDMA, abweicht. Die Bauklassen und die ihnen entsprechenden Selbstkosten-Änderungsziffern können selbstverständlich von jedem Betrieb individuell errechnet und laufend weitergeführt werden. Es erscheint jedoch zweckmäßiger, die Zahlen der gesamten Branche heranzuziehen, wie sie z. B. vom VDMA für den Maschinenbau errechnet werden. Die Vorteile des Bauklassenverfahrens liegen zunächst in der Möglichkeit, auch schwierigste Kalkulationen mit einer einzigen Indexzahl auf den neusten Stand zu bringen. Allerdings können mit derartigen Indizes immer nur die Preiseinflüsse erfaßt werden, und auch diese nur als Gruppenwerte für einzelne, wenige Fabrikategruppen. Kostenänderungen, die auf andere Ursachen zurückzuführen sind (Beschäftigungsschwankungen, Umstellungen der Fertigung usw.), können mit Selbstkosten-Änderungsziffern der hier beschriebenen Methode nicht berichtigt werden. Die Möglichkeit, sich an Branchenzahlen auszurichten, ist insbesondere für kleinere Betriebe bedeutsam, deren Rechnungswesen für die Erfassung der einzelnen Kostenbewegungen nicht ausreicht. Der VDMA nennt als weitere Vorteile des Verfahrens die Möglichkeit, bei Serienfertigung mit festen Verrechnungspreisen eine indexmäßige Umwertung der Fertigfabrikatebestände auf Tagespreise vorzunehmen. Ferner sind sie Hilfsmittel für die Prüfung der Frage, ob Scheingewinne im Vorratsvermögen entstanden sind. Ein weiteres wesentliches Anwendungsgebiet sind die üblichen Preisvorbehalte bei der Annahme von Aufträgen. Die im Branchendurchschnitt ermittelten SelbstkostenÄnderungsziffern ersparen dem einzelnen Betrieb den Einzelnachweis von Preisänderungen an Hand der eigenen Kalkulation. 343. Kalkulation bei langfristiger Fertigung 3430. Wesen Eine Fertigung ist als langfristig zu bezeichnen, wenn sie sich über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten erstreckt. Die Länge der zur Herstellung benötigten Zeit ergibt sich aus der Eigenart des Erzeugnisses: seiner Größe, der Schwierigkeit seiner Fertigung, aus dem Umfang der Entwicklungs- und Konstruktionsarbeiten.
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Langfristige Fertigung kommt vor allem in folgenden Industriezweigen vor: Stahl- und Eisenbau, Bauindustrie, Lokomotivbau, Schiffsbau, Bau von Großanlagen der Elektroindustrie, wie Turbinen, Turbo-, Diesel- und Wasserkraftgeneratoren, Bau von Großanlagen der Maschinenindustrie, wie Walzwerke, Schmieden, Pressen, Krananlagen usw. Diese wenigen Beispiele zeigen bereits das häufige Vorkommen und die große Bedeutung der langfristigen Fertigung in der Wirtschaft. Dem Wesen nach ist die langfristige Fertigung E i n z e l f e r t i g u n g , bedingt durch die Individualität der Aufträge: die zu fertigenden Anlagen müssen den besonderen Verhältnissen des Auftraggebers angepaßt werden. Wiederholungen der Fertigung eines bestimmten Erzeugnisses kommen kaum vor. Wohl kann die Fertigung von Teilaggregaten wiederholt werden, weil sie in verschiedene Aufträge eingebaut werden können; aber eine Wiederholung des gesamten Erzeugnisses ist äußerst selten. Aus der Art der Produktion nun ergeben sich besondere Kalkulationsverfahren, die zueinander in bestimmten Beziehungen stehen und die auf besonderen Grundsätzen beruhen. 3431. Verfahren Bei langfristiger Fertigung sind sowohl Vor-, Zwischen- als auch Nachkalkulation notwendig, wobei die größte Bedeutung der Vorkalkulation zukommt. 3 4 3 1 0 . Vorkalkulation
a) I h r e b e s o n d e r e n F o r m e n b e i l a n g f r i s t i g e r F e r t i g u n g Die Vorkalkulation muß bereits weit vor dem Beginn der Fertigung vorgenommen werden; trotzdem muß sie die voraussichtlichen Kosten mit der höchst erreichbaren Genauigkeit feststellen. Hierin liegt das Zentralproblem der Vorkalkulation: größte Genauigkeit, ohne entsprechende Kenntnis der voraussichtlichen Preisentwicklung, bei sehr kurzer Zeit für die Erstellung der Kalkulation. Sie kommt häufig in zwei verschiedenen F o r m e n vor. Beide bauen auf einander auf, unterscheiden sich aber stark hinsichtlich des Zeitpunktes ihrer Aufstellung und ihrer Zielsetzung: Angebotskalkulation und differenzierende Vorkalkulation. Die A n g e b o t s k a l k u l a t i o n wird nach Eingang der Anfrage während der Verhandlungen mit dem Kunden erstellt. Sie dient lediglich der Preisfindung und begnügt sich mit globalen Zahlen. Eine ins einzelne gehende Kalkulation kann in diesem Stadium noch nicht vorgenommen werden. Da sie aber den Angebotspreis ergeben muß, ist sie überaus verantwortlich. Langfristige Fertigung ist individuelle Fertigung; die aufgewandten Kosten sind einmalige Kosten, für den Betrieb sowohl wie für den Markt. Darum ist langfristige Fertigung die Form der Güterproduktion, bei der im höchsten
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Grade der Preis von den K o s t e n bestimmt wird. Die Selbstkosten sind für die Bildung des Angebotspreises entscheidend, weil sich auf Grund der Verschiedenheit der Produkte ein einheitlicher Marktpreis nicht bilden kann. Und doch ist der Angebotspreis kein r e i n e r Kostenpreis, weil der Kunde darüber entscheidet, welcher Lieferant den Auftrag ausführen soll, wobei freilich der Wettbewerb weitgehend beschränkt ist. Der Angebotspreis bei langfristiger Fertigung steht daher zwischen dem reinen Kostenpreis und dem reinen Marktpreis. Er ist das Resultat der Verhandlungen beider Marktpartner. Die Kostenrechnung ist aber immer Ausgangspunkt und Richtschnur der preispolitischen Überlegungen. Sie dient außerdem der Ermittlung der P r e i s u n t e r g r e n z e , und der vermeidbaren und der nicht vermeidbaren Kosten. Die d i f f e r e n z i e r e n d e V o r k a l k u l a t i o n dagegen wird erst nach der Auftragserteilung erstellt. Sie baut auf den Zeichnungen, Stücklisten, Arbeits- und Arbeitsfolgeplanen auf. Ihre Aufgabe besteht in einer g e n a u e n Errechnung der voraussichtlich entstehenden Selbstkosten. Sie dient vor allem der Betriebskontrolle und der Kontrolle der Angebotskalkulation. Sie legt den Normalverbrauch fest und gibt damit wirtschaftlichsten Verbrauch wieder. Mit der Erstellung der differenzierenden Vorkalkulation und ihrer Abstimmung mit der Angebotskalkulation hat diese ihre Aufgabe erfüllt, jene allein findet im Betriebe noch Verwendung. b) V e r f a h r e n im e i n z e l n e n Bei der A n g e b o t s k a l k u l a t i o n kommt es darauf an, Verfahren zu finden, mit denen in relativ kurzer Zeit eine hinreichend genaue Ermittlung der voraussichtlich entstehenden Selbstkosten möglich ist. Sie ist überaus problematisch, und zwar deshalb, weil im Zeitpunkt ihrer Aufstellung nur wenige Angaben über Konstruktion und Ausführung des Auftrages vorliegen. Für die Konstruktionsabteilung ergibt sich hieraus das Angenehme, daß sie die Entwurfszeichnung relativ schnell anfertigen kann. Die Vorkalkulation aber steht vor der Aufgabe, den „freien Raum" der Konstruktion auszufüllen. Erst erfolgt die t e c h n i s c h e V o r k a l k u l a t i o n , deren Aufgabe die Feststellung des voraussichtlichen mengenmäßigen Verbrauchs ist; ihr erst folgt die k a u f m ä n n i s c h e Vorkalkulation. Die t e c h n i s c h e Vorkalkulation ist leicht zu erstellen, wenn eine ähnliche Anlage schon einmal gefertigt worden ist; denn sie kann dann auf bereits vorhandene Kalkulationsunterlagen zurückgreifen, vielleicht sogar auf solche der Nachkalkulation, womit die größtmögliche Sicherheit gegeben wäre. Dagegen steht die technische Vorkalkulation vor großen Schwierigkeiten, wenn ähnliche Erzeugnisse noch nicht gefertigt worden sind, was jedoch der Regelfall ist. Die Individualität der Aufträge läßt eine Wiederholung der Fertigung eben nur sehr selten zu. Es ist daher in den meisten Fällen notwendig, den Auftrag in Bestandteile zu zerlegen: Fabrikategruppen zu bilden. Jede Fabrikategruppe (Baugruppe) wird mit einer besonderen Fabrikationsnummer versehen. Die technische Vorkalkulation arbeitet weitgehend mit Hilfsmitteln, wie Tabellen, graphischen Darstellungen, Arbeitsblättern usw.
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Die Aufgabe der k a u f m ä n n i s c h e n V o r k a l k u l a t i o n besteht darin, die Mengenangaben der technischen Vorkalkulation zu bewerten und sie in das übliche Kalkulationsschema zu bringen, wobei jedoch der Entwicklung und Konstruktion besonderes Gewicht beigelegt wird. Dies geht klar aus folgendem Kalkulationsschema für eine langfristige Fertigung hervor: 1. Fertigungsmaterial 2. + Materialgemeinkosten
+ =
+
I. = Materialkosten Fertigungslöhne 3. 4. + Fertigungsgemeinkosten 5. + Sonderkosten der Fertigung II. = Fertigungskosten III. 6. 7. + IV. = 8. 9. + 10. + V. =
+ + (VI.
Herstellkosten I Konstr.- und Entwicklungseinzelkosten Konstr.- und Entwicklungsgemeinkosten Konstr.- und Entwicklungskosten Verwaltungsgemeinkosten Vertriebsgemeinkosten Sonderkosten des Vertriebes Verwaltungs- und Vertriebskosten Kalkulatorischer Wagniszuschlag)
= VII. Selbstkosten. Auch die Grundsätze der Bewertung werden bei langfristiger Fertigung abgewandelt: das Prinzip der S u b s t a n z e r h a l t u n g u n d - S i c h e r u n g ist hier — obwohl es das Grundgesetz jeder Bewertung in der Kalkulation ist — von besonderem Gewicht: Die Kosten, als fast alleinige Preisbildungsgrundlage, müssen so bewertet werden, daß aus dem Erlös die gleiche Substanz wiederbeschafft werden kann. Der Substanzerhaltung dienen am besten Wiederbeschaffungswerte, so problematisch sie auch sind, weil niemand den Zeitpunkt der Wiederbeschaffung kennt und noch weniger den dann geltenden Preis. Die Pr axis verwendet den ihm zeitlich am nächsten kommenden Preis: den Tageswert am Kalkulationsstichtag, wobei auch diejenigen Preisveränderungen berücksichtigt werden, die dann schon zu übersehen sind. Aber auch dieser Wert am Tage der Kalkulation bietet keine Gewähr dafür, daß der Angebotspreis die Substanz deckt. Es muß daher durch besondere Vereinbarungen im Kaufvertrag dafür Sorge getragen werden (Anzahlungen, Gleitklauseln usw.), daß der Großteil des Preisrisikos vom Kunden getragen wird. Hierauf wird noch weiter einzugehen sein. Um die Kalkulationsarbeit wesentlich zu vereinfachen und doch dem Prinzip der Substanzerhaltung auf der Basis der Tageswerte gerecht zu werden, sind besondere Bewertungstechniken entwickelt worden, die besonders für Kalkulationen bei langfristiger Fertigung Verwendung finden.
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Ausgangspunkt dieses Bewertungsvorganges bilden F e s t w e r t e , die für jede Kostenart ermittelt werden, z. B. für Material und Lohn. Hierbei werden Bewertungsänderungsziffern verwendet. Dieses Bewertungsverfahren ist gleichsam ein weiterentwickeltes Verrechnungspreisverfahren. Die Eingange an Material werden mit Festwerten beziffert, so daß die Bestandskonten der Klasse 3 zu Festwerten geführt werden. Die Unterschiede zwischen den effektiven Einstandspreisen und den Festwerten werden in der Klasse 2 auf Preisdifferenzenkonto festgehalten (für jede Materialgruppe ein Preisdifferenzenkonto). Die traditionelle Bewertung zu Festwerten verwendet lediglich diese Kalkulationswerte. Wird jedoch mit Änderungsziffern gearbeitet, wird für jede Materialgruppe aus dem Verhältnis von Einstands- und Festpreis der Materialkostenindex errechnet. Erst das P r o d u k t v o n M a t e r i a l i n d e x u n d F e s t p r e i s liefert den in der Kalkulation verwendeten Verrechnungspreis. Während die Ermittlung der E i n z e l k o s t e n in der Kalkulation—vom betrieb süblichen Ausschuß abgesehen, der durch einen aus der Erfahrung gewonnenen Prozentsatz in der Kalkulation zu berücksichtigen ist — keine besonderen Schwierigkeiten bereitet, weil ihre Ermittlung immer von Konstruktionen, Zeichnungen und Stücklisten ausgehen kann, bereitet dagegen die Feststellung der G e m e i n k o s t e n erhebliche Schwierigkeiten. Die Vorkalkulation hat die Aufgabe, diese Gemeinkosten in ihrer t a t s ä c h l i c h entstehenden Höhe zu kalkulieren. Entscheidend hierfür ist aber der zu erwartende Beschäftigungsgrad; er beeinflußt die Gemeinkosten in hohem Maße. Die Praxis verwendet daher meist Normal- oder Plangemeinkostenzuschläge. Normalgemeinkostenzuschläge werden aus den Erfahrungswerten vergangener Perioden gebildet. Sie sind Durchschnittswerte der Vergangenheit, die auch für die Zukunft Gültigkeit haben sollen. Hierin liegt jedoch eine nicht zu unterschätzende Fehlerquelle. Denn es besteht die Möglichkeit, daß die Normalgemeinkostenzuschläge nicht repräsentativ für zukünftige Beschäftigungsperioden sind. Gerade die langfristige Fertigung führt häufig zur Unterbeschäftigung einzelner Betriebsteile und zur Überbeanspruchung anderer, so daß wohl die Gesamtkapazität ausgelastet ist, einzelne Teilkapazitäten dagegen sind es nicht. Deshalb sind Plangemeinkostenzuschläge die bessere Verrechnungsmethode. Es wird zwar häufig der Einwand erhoben, daß bei der Einzelfertigung eine Planung der Gemeinkosten nicht erfolgen kann. Dabei wird jedoch die Dauer der Fertigung übersehen, und hierauf kommt es entscheidend an. Gerade bei langfristiger Fertigung ist das Auftrags- und Beschäftigungsvolumen relativ leicht festzustellen, leichter als auf kurze Sicht; daher sind auch die Plangemeinkostenzuschläge relativ leicht durchzuführen. Sie sind bei langfristiger Fertigung in Einzelherstellung häufig genauer als bei Serien-, Sorten- oder Massenfertigung, weil hier die zukünftige Beschäftigungslage niemals annähernd genau fixiert werden kann. Über die Verfahren zur Bestimmung der Plan-
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gemeinkostenzuschläge und ihre Verrechnung ist an anderer Stelle mehr gesagt worden. 1 ) Die besonderen Verhältnisse bei der Kalkulation für langfristige Fertigungen erzwingen auch die Berücksichtigung von A n g e b o t s b e d i n g u n g e n . Im allgemeinen sind Kalkulation und Angebotsbedingungen getrennte Angelegenheiten. Bei kurzfristiger Fertigung sind die Angebotsbedingungen einheitlich. Bei der langfristigen Fertigung sind sie individuell und Teil der Kalkulation. Insbesondere werden vereinbart: Zahlungsbedingungen sowie Preisvereinbarungen. Die aus den L i e f e r u n g s b e d i n g u n g e n resultierenden Kosten werden in der Kalkulation häufig vernachlässigt, obwohl sie erheblich sein können, z. B. Kosten für Versicherung und Frachten, für Leistungsgarantien. Die Aufgabe der Vorkalkulation besteht darin, sämtliche aus den Lieferungsbedingungen erwachsenden Kosten einzukalkulieren. Dasselbe gilt für die Lieferzeit. Verlangt z. B. ein Auftraggeber eine besonders k u r z e Lieferzeit, die mit normalem Schichtbetrieb nicht zu bewältigen ist, dann müssen Überstunden kalkuliert werden. Hinzu kommen die Z a h l u n g s b e d i n g u n g e n . Sie berühren vor allem die Kalkulation der Z i n s e n . Aber auch die kalkulatorischen W a g n i s s e , besonders das Debitorenwagnis, werden in ihrer Höhe von der Zahlungsweise des Kunden bestimmt. Die Gestaltung der Zahlungsbedingungen erfolgt häufig auch unter dem Gesichtspunkt der Substanzerhaltung und Wiederbeschaffungspreise. In Zeiten stark schwankender Preise versucht der Betrieb, A n z a h l u n g e n in solcher Höhe zu erhalten, daß er mit der Auftragserteilung auch die Materialien beschaffen kann, um nicht das Preisrisiko der Beschaffung tragen zu müssen. Aus diesen Gründen haben sich bei der langfristigen Fertigung spezielle Zahlungsbedingungen herausgebildet, z. B.: 30% 30% 30% 10%
des des des des
Kaufpreises Kaufpreises Kaufpreises Kaufpreises oder y s des Kaufpreises Y3 des Kaufpreises y 3 des Kaufpreises
bei Auftragserteilung nach y 3 der Lieferzeit nach 2 / s der Lieferzeit bei Lieferung bei Auftragserteilung bei Lieferung 3 Monate danach.
Schließlich sind von wesentlicher Bedeutung für die Kalkulation die P r e i s v e r e i n b a r u n g e n , die verschiedener Art sein können: feste Preise, Preise mit Vorbehalten, Preisklauseln. Die unelastischste Vereinbarung ist die von F e s t p r e i s e n . Sie finden bei langfristiger Fertigung nur in Sonderfällen Anwendung, z. B. bei öffentlichen Auftraggebern, die aus Etatgründen mit festgelegten Preisen rechnen müssen. Häufig wird der Festpreis erst am Bestelltag genau bestimmt und nicht am Tage der Abgabe des Angebots. Festpreise erfordern in der Kalkulation einen x
) Vgl. S. 106 ff.
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angemessenen Wagniszuschlag für verschiedene Einzelwagnisse (Mengen-, Preiswagnis), die abgesichert werden müssen. Bei den Preisen mit V o r b e h a l t e n dagegen ist das Kalkulationsrisiko weitgehend gemindert. Die Preisvorbehalte beziehen sich auf t e c h n i s c h e Veränderungen des Erzeugnisses sowie auf Preisänderungen. Der Betrieb hat mit diesen Klauseln die Möglichkeit, den Angebotspreis erheblich zu korrigieren. Die Stellung des Abnehmers entscheidet darüber, ob und in welchem Maße der Betrieb diese Klauseln durchsetzen kann. Da sich der Abnehmer häufig nicht mit g l o b a l e n Preisvorbehaltsklauseln einverstanden erklärt, werden P r e i s g l e i t k l a u s e l n vereinbart. Sie haben die Aufgabe, Preisveränderungen der Kostengüter, die nach der Auftragserteilung eingetreten sind, dem Kunden aufzuerlegen. Der Betrieb ist also mit den Preisgleitklauseln in der Lage, das Preisrisiko auf den Kunden abzuwälzen, während das Verbrauchsrisiko (Mengenrisiko) der Betrieb trägt. Preisgleitklauseln entsprechen dem Tageswertprinzip bei langfristiger Fertigung. In die Kalkulation werden lediglich Wagnisse für den Mehrverbrauch eingesetzt, solche für Preissteigerungen dagegen nicht. Bei den P r e i s g l e i t k l a u s e l n sind verschiedene F o r m e n zu unterscheiden, die auf die Kalkulation unterschiedliche Auswirkungen zeitigen: Voll- oder Teilklauseln. Bei den Vollklauseln wird der gesamte Angebotspreis korrigiert, bei den Teilklauseln dagegen nur ein Teil des Angebotspreises. Der von der Preisgleitklausel ausgenommene Teil des Angebotspreises wird Festpreisanteil genannt. Kalkulatorisch sind hierunter die Kostenelemente zu verstehen, bei denen keine Preisänderungen zu erwarten sind, z. B. fixe Kosten, wie Steuern, Gehälter, auch der Gewinnanteil rechnet hierzu. Beispiel 1 ) für V o l l k l a u s e l : 50% Materialanteil und 50% Lohnanteil: M 0 = Materialpreis des Angebots- bzw. Bestelltages M = Materialpreis des Liefertages L 0 = Ecklohn des Bestelltages L — Ecklohn des Liefertages
Beispiel für T e i l k l a u s e l : 20% Festanteil, 50% Materialanteil, 30% Lohn
Diese Klauseln sind besonders einfach aufgebaut, weil sie von der Voraussetzung ausgehen, daß das zur Produktion verwendete Material in seiner Gesamtheit Schwankungen unterliegt. Es ist daher häufig eine t i e f e r g e h e n d e Gliederung der Gleitklausel nach den wichtigsten Materialarten, die bei der 1
) Diese und die folgenden Formeln und Beispiele nach Walg.
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Fertigung verwendet werden, erforderlich, z. B. Untergliederung nach Baustahl, legierter Stahl, Gußstahl, Gußeisen. Eine solche differenzierende Preisgleitklausel ist nachstehend dargestellt: Es bedeuten: St = Stabstahl L E G Cu
= = = =
Ecklohn elektrische Ausrüstung Gießereiroheisen Kupfer
Die letzte Preiskomponente E wird in einer besonderen Preisgleitklausel nochmals zerlegt:
Die Differenzierung der Gleitklausel erfolgt in der Praxis nur hinsichtlich des M a t e r i a l a n t e i l s am Angebotspreis. Man sieht in der Regel davon ab, die Löhne zu differenzieren und in den Gleitklauseln gesondert auszuweisen, weil von Lohnveränderungen sämtliche Lohnarbeiten im Betriebe betroffen werden, so daß sich eine Differenzierung der Löhne erübrigt. Von besonderer Problematik bei der Festlegung der Preisgleitklauseln ist die Bestimmung der S t i c h t a g e : Basistag und Korrekturtag. Als B a s i s t a g wird im allgemeinen der Tag der A b g a b e des A n g e b o t s verwendet. Auch kann als Basistag der Tag der B e s t e l l u n g gewählt werden, dies dann, wenn zwischen Angebotstag und Bestelltag eine relativ g r o ß e Z e i t s p a n n e liegt, so daß sich während dieser Zeit erhebliche Preisschwankungen ergeben können. Dagegen kann der K o r r e k t u r t a g häufig erst durch langwierige Verhandlungen zwischen dem Herstellbetrieb und dem Kunden festgelegt werden. Der Herstellbetrieb wird immer bestrebt sein, daß der Korrekturtag auf einen recht s p ä t e n Zeitpunkt der Fertigung gelegt wird. Der Auftraggeber dagegen versucht, das Preisrisiko so weit wie möglich dem Herstellbetrieb zu überlassen; er ist daher an einem relativ frühen Korrekturtag interessiert. Je mehr der Korrekturtag an den Liefertag heranrückt, um so größere Chancen hat der Herstellbetrieb, die Wiederbeschaffungskosten erstattet zu erhalten. Der Kunde wird bei diesen Verhandlungen immer das Argument verwenden können, daß der Herstellbetrieb die Beschaffung der Materialien ja nicht erst am Liefertag vornimmt, sondern weit vor diesem Tage, so daß es ungerechtfertigt wäre, wenn der Kunde die Tagespreise des Liefertages erstatten müßte. In der Praxis werden daher auch die Korrekturtage auf einen früheren Zeitpunkt als den Liefertag gelegt. Die Korrekturstichtage werden in der Regel für j e d e s K o s t e n e l e m e n t g e s o n d e r t festgelegt, z. B. wird ein Korrekturstichtag für Material bestimmt, ein anderer für den Lohn. Der Korrekturstichtag für das Material ist dann häufig der Tag, an dem die Beschaffungen der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe erfolgt sind. Für die Löhne wird der Stichtag gewählt,
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an dem der überwiegende Teil der Löhne gezahlt worden ist. Der Korrekturstichtag für den Lohn liegt im allgemeinen immer nach dem Korrekturstichtag für das Material. U m zu verhindern, daß das gesamte für die Produktion eingesetzte Material e i n h e i t l i c h mit dem Preis eines einzigen Stichtages bewertet wird, hat man v e r s c h i e d e n e Stichtage eingeführt. Die Behandlung der A n z a h l u n g e n in den Preisgleitklauseln ist ebenfalls von großer Bedeutung. E s stehen sich hier zwei Standpunkte gegenüber: Einerseits wird die Anzahlung als Teilerfüllung b e t r a c h t e t ; hieraus folgt, daß sie in der Preisgleitklausel als Festanteil eingesetzt wird und damit der Veränderung nicht unterliegt. Andererseits wird die Anzahlung als nominelle Teilabdeckung des Verkaufspreises angesehen. Die Preisgleitklausel wird dann im vollen Umfang angewendet, d. h. die Anzahlungen werden in der Gleitklausel überhaupt nicht berücksichtigt. Beide Verfahren haben unterschiedliche Wirkungen, die an einem Beispiel näher verdeutlicht werden sollen: P = zu errechnender Verkaufspreis P 0 = Angebotspreis = 1200000,— DM M„ = Preis/1 Tonne Material am Basistag = 350,— DM M = Preis/I Tonne Material am Korrekturtag = 420,— DM L 0 = Ecklohn/1 Stunde am Basistag = 1,65 DM L = Ecklohn/1 Stunde am Korrekturtag = 1,75 DM fester Preisanteil = 10% Materialanteil = 55% Lohnanteil = 35% Die Gleitklausel l a u t e t : P = P =
P o ( 0 , 1 0 + 0,55 - l 1 . + \ M0
0,35-^ h0j
1 2 0 0 ( 0 , 1 0 + 0,55 — + 0,35 \ ' ' 350 ' 1,65/ P = 1 2 0 0 • 1,13 P =1356000 B e t r ä g t die Anzahlung 3 0 0 0 0 0 , — DM, dann ergibt sich: A n z a h l u n g wird als T e i l e r f ü l l u n g b e t r a c h t e t : P = Anzahlung + Restpreis Restpreis = (Angebotspreis ./. Anzahlung) • 1,13 = ( 1 2 0 0 0 0 0 ./. 3 0 0 0 0 0 ) 1,13 = 1017000,— A n z a h l u n g wird n i c h t als T e i l e r f ü l l u n g b e t r a c h t e t : Restpreis = P ./. Anzahlung = 1 3 5 6 0 0 0 ./. 3 0 0 0 0 0 = 1056000,— Wird die Anzahlung nicht als Teilerfüllung behandelt, so hat der Auftraggeber ( 1 0 5 6 0 0 0 ./. 1 0 1 7 0 0 0 ) = 3 9 0 0 0 , — D M gegenüber dem Verfahren, bei dem die Anzahlung als Teilerfüllung behandelt wird, mehr zu bezahlen.
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Der Herstellbetrieb wird bei steigenden Preisen immer dafür eintreten, daß die Anzahlungen nicht als Teilerfüllung betrachtet werden, dagegen bei sinkenden Preisen wird er versuchen, die Anzahlungen als Teilerfüllung zu betrachten. Beim Kunden liegen die Verhältnisse genau umgekehrt. Zur Beurteilung der Kalkulation mit Preisklauseln ist folgendes zu sagen: Gegenüber dem globalen Preisvorbehalt hat die Klausel für den Kunden den Vorzug, daß nur bestimmte, im Kaufvertrag genau umrissene Preisbestandteile korrigiert werden können. Im übrigen muß der Herstellbetrieb die Notwendigkeit der Korrektur des Angebotspreises durch Gleitklauseln beweisen. Für den Herstellbetrieb ergibt sich der Vorteil, daß er durch Anwendung der Preisgleitklauseln mit Kalkulationswerten rechnen kann, die dem Tageswert sehr nahe kommen, wenn sie ihm nicht sogar völlig entsprechen. Das Prinzip der Substanzerhaltung wird damit nahezu gewahrt. Nachteile der Gleitklauseln ergeben sich aus der mehr oder weniger s c h e m a t i s c h e n Zerlegung des Angebotspreises in nur wenige Kosten- und Gewinnelemente. Gerade bei langfristiger Fertigung, die eine Einzelfertigung ist, ist die Zusammensetzung jedes Auftrages unterschiedlich, so daß die Gleitklauseln nicht die tatsächliche Kostenstruktur wiedergeben. Die größten B e d e n k e n gegen die Anwendung der Preisgleitklauseln ergeben sich aber aus der Behandlung der G e m e i n k o s t e n : Diese müssen in den Gleitklauseln nach ihrer etwaigen Höhe auf Lohn-, Material- und Festpreisanteil verteilt werden. Wollte man eine genauere Gleitklausel aufstellen, die auch die Gemeinkosten in gebührender Weise berücksichtigt, so müßte eine eingehende Kostenanalyse erfolgen. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist diese bei der Einzelfertigung nur selten durchführbar. Hinzu kommen die technischen Schwierigkeiten, die sich bei einer Kostenanalyse in den Weg stellen würden: Sie kann niemals im voraus erstellt werden. Ist die Angebotskalkulation erstellt, so folgt ihr die d i f f e r e n z i e r e n d e V o r k a l k u l a t i o n ; sie dient vor allem der Betriebskontrolle und der Betriebssteuerung, wenngleich sie in der Praxis nicht immer durchgeführt wird. Ihre Zahlen sind Sollzahlen mit Maßstabcharakter. Wenn eine wirtschaftliche Fertigung gewährleistet sein soll, dann muß der Betrieb eine bis in jede Einzelheit gehende Vorkalkulation erstellen, weil nur durch einen Vergleich von Soll und Ist die Wirtschaftlichkeit der Betriebsgebarung erkannt werden kann. Es ist jedoch andererseits nicht erforderlich, daß für j e d e n Auftrag eine solche Vorkalkulation aufgemacht wird; es genügt oft eine solche nur für Baugruppen, die noch nicht gefertigt worden sind. Die Angebotskalkulation und die Nachkalkulation der bereits erstellten Einheiten bilden eine hinreichend genaue Unterlage zur Kontrolle der Betriebsgebarung. Die V e r f a h r e n der differenzierenden Vorkalkulation unterscheiden sich kaum von denen der Angebotskalkulation. Allgemein läßt sich sagen, daß die differenzierende Vorkalkulation umfangreichere Rechnungen und Berechnungen und durch detailliertere Zeichnungen und Stücklisten eine größere Genauigkeit zu erzielen sucht. Hinzu kommt, daß die der Werkstatt zu übergebenden
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Zeichnungen erst nach der Auftragserteilung durch den Kunden erstellt werden können. Die besondere E i g e n a r t der differenzierenden Vorkalkulation gegenüber der Angebotskalkulation ergibt sich schließlich daraus, daß bei der differenzierenden Vorkalkulation die entstehenden Konstruktions- und Entwicklungskosten bereits mit einer hinreichenden Genauigkeit kalkuliert werden können. Bei der Angebotskalkulation müssen die Konstruktions- und Entwicklungskosten noch geschätzt werden. 34311. Nachkalkulation Für die Nachkalkulation ist es erforderlich, die Kosten jedes einzelnen Auftrages laufend zu erfassen; die Einzelkosten sind durch Belege festzuhalten, die Gemeinkosten sind über die Kostenstellenrechnung dem Erzeugnis zuzurechnen. Die besondere Aufgabe der Nachkalkulation liegt in der B e t r i e b s k o n t r o l l e und der G e w i n n e r m i t t l u n g . Durch einen Vergleich der Ansätze der Vorkalkulation mit dem effektiven Verbrauch der Nachkalkulation lassen sich wesentliche Hinweise für die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung gewinnen. Die Nachkalkulation dient gleichzeitig der Berichtigung der Vorkalkulation. Das S c h w e r g e w i c h t der Kalkulation bei langfristiger Fertigung liegt nicht in der Nachkalkulation, sondern in der V o r k a l k u l a t i o n , weil die Zahlen und Ergebnisse der Vorkalkulation den Angebotspreis bestimmen. Die Nachkalkulation kann nur noch den effektiven Verbrauch feststellen; am Angebotspreis kann sie — von Ausnahmefällen abgesehen — nichts mehr ändern. Bei Betrieben mit langfristiger Fertigung ist die K o s t e n t r ä g e r z e i t r e c h n u n g selten zu finden. Der Hauptgrund hierfür liegt in den Schwierigkeiten bei der Bildung der K o s t e n t r ä g e r g r u p p e n . Wenn eine vollständige Nachkalkulation jedes einzelnen Auftrages durchgeführt wird, dann kann möglicherweise auf eine Kostenträger- und Ergebnisrechnung (Gruppenrechnung) verzichtet werden. Nachdem die F e r t i g s t e l l u n g der Anlage oder ihrer Teile (Baugruppen) von den Fabrikationsstätten gemeldet ist, kann die Nachkalkulation mit ihrer endgültigen Abrechnung beginnen. Zuerst erfolgt eine K o n t r o l l e der M a t e r i a l e n t n a h m e s c h e i n e für jede Baugruppe an Hand der erstellten S t ü c k l i s t e n , um die zahlenmäßige Vollständigkeit der vorhandenen Belege festzustellen. Ebenso wichtig ist die Überprüfung der L o h n s c h e i n e auf ihre zahlenmäßige Vollständigkeit. Sie erfolgt an Hand der A r b e i t s p l ä n e . Nach diesen Prüfvorgängen kann dann die eigentliche Nachkalkulation beginnen. Die Errechnung der Materialkosten geschieht in der Begel auf einem besonderen Arbeitsblatt: dem Materialsammelbogen. Erst die Endsummen dieses Arbeitsblattes werden in das Nachkalkulationsformular übernommen, das in seiner Gliederung dem Kalkulationsschema der Vorkalkulation entspricht. Für die Abstimmungsarbeiten zwischen Nach- und Vorkalkulation ist es von Bedeutung, daß beide Kalkulationen gleiche Formblätter benutzen, andernfalls ist eine ordnungsgemäße Abstimmung und Kontrolle schwer durch-
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führbar. Nach der Feststellung der Materialkosten erfolgt die Ermittlung der Lohnkosten. Auch hier werden wiederum Sammelblätter verwendet. Lediglich die Endzahlen der Sammelblätter werden in das Kalkulationsformular übertragen. Die Kalkulation der anderen Positionen im Kalkulationsschema bereitet keine besonderen Schwierigkeiten. Bei der Nachkalkulation der langfristigen Fertigung ist die Frage der B e w e r t u n g i n der Nachkalkulation von besonderer Bedeutung. Nach allgemeinen Kalkulationsgrundsätzen müßte auch bei der Nachkalkulation die Bewertung zu Tageswerten erfolgen. Es erscheint jedoch notwendig, dieses Kalkulationsprinzip auf seine Richtigkeit bei langfristiger Fertigung zu überprüfen. Dabei ist davon auszugehen, daß für die Fertigung Kostenelemente verschiedener Kategorien verbraucht werden. Einmal handelt es sich um s p e z i e l l f ü r d e n A u f t r a g beschaffte Kostengüter. Hierzu rechnen Spezialmaterialien aller Art, im weiteren Sinne auch Lohn. Die speziell für den Auftrag beschafften Kostengüter können mit A n s c h a f f u n g s p r e i s e n bewertet werden, weil hier ein Substanzverlust schwerlich eintreten kann. Anders liegen die Bewertungsfragen bei den Kostengütern (vor allem Material), die n i c h t für den Auftrag gesondert beschafft zu werden brauchten, die also zum ständigen Materialbestand des Betriebes rechnen. Hier müßte der Wiederbeschaffungspreis bzw. der Tageswert des Umsatztages in Ansatz gebracht werden. An diesem Tage könnte zumindest eine Beschaffung erfolgen. Die Aussagekraft des A u f t r a g s e r g e b n i s s e s bei der Kalkulation zum Tageswert des Liefertages ist selbstverständlich beschränkt. Denn die Kalkulation zeigt, welches Ergebnis der Betrieb erzielt hätte, wenn er am Liefertage die Wiederbeschaffungen vorgenommen hätte. Ein solches Ergebnis ist aber seiner Natur nach sehr problematisch. Es drängt sich daher die Frage auf, ob in der Kalkulation für solche Erzeugnisse, die laufend zum Vorrat des Betriebes gehören, nicht der A n s c h a f f u n g s w e r t eingesetzt werden kann. Die Kritik gegen den Anschaffungswert richtet sich vor allem dagegen, daß er zu sehr an der V e r g a n g e n h e i t orientiert ist und die zukünftige Preisentwicklung nicht berücksichtigt. Außerdem liegt in der Verwendung des Anschaffungswertes die Gefahr des Ausweises von S c h e i n g e w i n n e n . Berücksichtigt man die Funktionen und Aufgaben, die die Nachkalkulation bei langfristiger Fertigung zu erfüllen hat, so kommt man zu dem Ergebnis, daß die Anwendung des Anschaffungspreises durchaus gerechtfertigt sein kann. Allerdings müssen dann einige Voraussetzungen erfüllt sein: Es ist eine Gewinnanalyse erforderlich, deren Aufgabe es sein muß, den Scheingewinn vom realen Umsatzgewinn abzuspalten. Diese Gewinnanalyse braucht sich nur auf das Periodenergebnis zu erstrecken, um zu verhindern, daß Scheingewinne ausgeschüttet werden. Die Ungenauigkeiten der Kalkulation mit Anschaffungswerten werden kaum größer sein als die bei der Kalkulation mit den sehr problematischen Wiederbeschaffungspreisen.
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Dieses Bewertungsprinzip erfährt jedoch eine E i n s c h r ä n k u n g unter dem Gesichtspunkt der Angebotsbedingungen. Wenn wir davon ausgehen, daß durch Preisgleitklauseln und Anzahlungen das Preisrisiko auf den Kunden — wenigstens teilweise — abgewälzt wird, dann muß die Kalkulation zum Zeitwert erfolgen. In den anderen Fällen jedoch ist die Kalkulation zum Anschaffungswert zweckmäßiger. Die Nachkalkulation hat nicht nur die Aufgabe der Ermittlung der entstandenen Selbstkosten, sondern auch die der Kontrolle der Betriebsgebarung, hier zugleich die der Kalkulationskontrolle: Überprüfung der Zahlen der Vorkalkulation auf ihre Angemessenheit, um für spätere Fertigungen richtige Kalkulationsergebnisse zu besitzen. Die Kalkulationskontrolle bedient sich eines Vergleichblattes, auf dem die Zahlen der Vor- und Nachkalkulation einander gegenüberstehen, um die Abweichungen zwischen dem Soll der Vorkalkulation und dem Ist der Nachkalkulation festzustellen. Darauf folgt die Analyse der Abweichungen, zuerst für die Einzelkosten. Im allgemeinen werden nur Abweichungen von mehr als + 5,0% einer Analyse unterzogen, für die bestimmte Grundsätze gelten. 1 ) Sind die Einzelkosten analysiert, so folgt die Untersuchung der Gemeinkosten. Zahlreiche Abweichungen bei den Gemeinkosten ergeben sich aus den unterschiedlichen Basen in Vor- und Nachkalkulation, so daß bereits durch die Analyse der Einzelkosten ein Teil der Abweichungen der Gemeinkostenabweichungen erklärt werden kann. Die Ergebnisse der von der Nachkalkulation durchgeführten Analyse werden der Vorkalkulation mitgeteilt, die diese bei ihren zukünftigen Kalkulationen zu berücksichtigen hat. 34312. Zwischenkalkulation
Die Zwischenkalkulation ist bei langfristiger Fertigung überaus wichtig. Hier hat sie ihr eigentliches Anwendungsgebiet. Sie dient der Errechnung der Kosten während der Produktion. Die Zwischenkalkulation ist schon erforderlich für die Bewertung der Halb- und Fertigfabrikate in der Bilanz; sie hat außerdem die Aufgabe, die Wirtschaftlichkeit der Betriebsgebarung zu kontrollieren, weil die Zeitspanne bis zur Erstellung einer Nachkalkulation sehr groß ist, so daß es nicht verantwortet werden kann, einen Auftrag über mehrere Monate nicht zu kalkulieren; sie ist Bindeglied zwischen Vor- und Nachkalkulation und soll einen Überblick über den Kostenanfall während der Produktion verschaffen. Die Zwischenkalkulation wird regelmäßig erstellt, im allgemeinen monatlich. Hierbei leistet die Angebotskalkulation oder die differenzierende Vorkalkulation besondere Dienste. Es zeigt sich bei den Arbeiten der Zwischenkalkulation immer wieder, daß es unbedingt erforderlich ist, eine eingehende Angebotskalkulation oder eine differenzierende Vorkalkulation aufzumachen, weil sonst die Zahlen der Zwischenkalkulation keine Aussagekraft haben. Häufig ist die Zwischenkalkulation Ausgangspunkt für Umstellungen im Fertigungsprozeß, soweit dies die vertraglichen Verpflichtungen zulassen. Vgl. S. 112ff. M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
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Kalkulation 344. Kalkulation bei großer Erzeugnisbreite (Vieiproduktbetriebe) 3440. Das Problem
Im modernen Industriebetrieb spielt — neben manchem anderen — das Problem der Produktion vieler Produktarten eine große Rolle. Gegen alle Interessen einer rationalen Fertigung ist der Betrieb aus Marktnotwendigkeiten, wegen eines ausreichenden Sortiments, gezwungen, ein vielseitiges Produktionsprogramm durchzuführen. Nicht der Betrieb, der Markt bestimmt das Produktionsprogramm. Der Zwang zu einem breiten Produktionsprogramm trifft im besonderen Maße auf die Veredelungs- und Verarbeitungs-Industrie zu. Aus dem Vielprodukt-Programm ergeben sich besondere Probleme der Kalkulation. Trotzdem hat die betriebswirtschaftliche Literatur dem Problem der Kalkulation im Vielproduktbetrieb kaum Beachtung geschenkt. Auch die Praxis der Betriebe mit großer Erzeugungsbreite zeigt häufig wenig Interesse an einer auftragsweisen Kalkulation, teils weil die Preise in zahlreichen Fallen festliegen, ein unmittelbarer Zwang zur Preiskalkulation also nicht gegeben ist, teils weil die Aussagekraft der monatlich, vierteljährlich oder jährlich erstellten Ergebnisrechnung überschätzt, jedenfalls für die Betriebskontrolle und die Erkenntnis der eigenen Stellung auf dem Markt als ausreichend angesehen wird. Gar zu häufig wird in der Praxis, vor allem, wenn die Kostenrechnung Schwierigkeiten bereitet — und die können bei der Kostenrechnung der Vielproduktbetriebe nicht geleugnet werden —, die These vertreten, daß der Saldo der Ergebnisrechnung genügend Aufschlüsse über den Erfolg des Betriebes gibt. Das ist aber ein großer Irrtum; denn entscheidend ist nicht das Ergebnis in seiner G e s a m t h e i t , sondern die Teilergebnisse, aus denen sich das Gesamtergebnis zusammensetzt. Für die Entscheidungen des Betriebes sind die Ergebnisse der e i n z e l n e n Kostenträger entscheidend. Nur dann kann richtig disponiert werden, wenn der Betrieb weiß, an welchen Erzeugnissen er verdient, an welchen er verliert. Dies gilt zwar für alle Betriebe, aber besonders für die mit großer Erzeugungsbreite, die überhaupt nur durch exakte Kalkulationsverfahren gesteuert werden können. Hier reicht die persönliche Kontrolle nicht mehr aus; sie muß daher durch die Kostenrechnung ergänzt werden, so schwierig deren Durchführung auch sein mag. Die S c h w i e r i g k e i t der Kalkulation in Vielproduktbetrieben liegt darin, daß die Produktion der vielen Artikel ineinandergeht, so daß eine klare Abgrenzung g a r n i c h t m ö g l i c h ist. In der Kabelfabrikation ist z. B. eine auftragsweise Erfassung der Kosten nicht möglich, wenn verschiedene Typen mit gleichem Materialeinsatz ohne Unterbrechnung gefertigt werden. Eine Unterbrechung der Fertigungsaufträge, ein Ausbau der Materialzuführungstrommeln, wäre unwirtschaftlich. Dann verzichtet man lieber auf die genaue Erfassung der Einzelkosten, womit man aber auch auf Errechnung der Gemeinkosten verzichten muß. Man muß dann für die unmögliche oder mindestens unwirtschaftliche Nachkalkulation um E r s a t z m e t h o d e n bemüht sein.
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Sind überdies die Fertigungslose klein, die einzelnen Produkte w e n i g w e r t v o l l — wie etwa in der Kleineisen- und in der Kleinmetallindustrie —, dann kommt zu der t e c h n i s c h e n Schwierigkeit die w i r t s c h a f t l i c h e hinzu: die Produkte könnten die Kosten einer genauen Kalkulation nicht tragen, vor allem dann, wenn die M a t e r i a l p r e i s e fortgesetzt s c h w a n k e n und eigentlich jeder einzelne Verkauf neu kalkuliert werden müßte. Und das bei etwa 20000, im einzelnen wenig wertvollen Artikeln. Hier zeigt sich der gute Betriebswirt dann darin, daß er trotzdem eine Organisation der Kostenrechnung aufzieht, die ihm die Kosten eines jeden Artikels, mindestens einer Artikelgruppe, jederzeit anzugeben in der Lage ist. W i s s e n muß er seine Kosten; er muß sie im e i n z e l n e n wissen, oder er wird falsch disponieren, falsch anbieten und falsch verkaufen. Viele Aufwendungen für die Kostenrechnung der einzelnen Artikel darf er aber bei 20000 Artikeln nicht machen, oder aber sein Produktionsund Vertriebsgewinn würde durch die Kalkulationskosten aufgezehrt werden. Hier die möglichen Wege zu finden, das charakterisiert den guten Betriebswirt. Vielproduktbetriebe würden — bei Durchführung der Kostenrechnung in sonst üblicherweise — ein A u f s c h r e i b u n g s w e s e n : eine Materialrechnung und eine Nachkalkulation verlangen, die zur Urstabilität führen müßte, daher ihre Sonderproblematik. Trotz aller Schwierigkeiten muß die Kostenrechnung auch bei Vielproduktbetrieben ihre notwendigen Aufgaben erfüllen: Grundlage zu sein für: 1. die Preisbildung,
2. die Kontrolle der Betriebsgebarung, 3. die kurzfristige Erfolgsrechnung, 4. die Bestandsrechnung.
3441. Verfahren Vielproduktbetriebe finden sich in fast allen Wirtschaftszweigen. Die technischen Bedingungen der Produktion (z. B. Art des Fertigungsprozesses, des Innentransportes, der Lagerung, des Vertriebes usw.) sind dabei in jedem Wirtschaftszweig verschieden. Eine für sämtliche Fälle anwendbare Kalkulationslehre der Vielproduktbetriebe ist daher nicht aufzustellen; aber einzelne Gemeinsamkeiten können doch festgestellt werden. Dabei kommen an sich alle modernen Verfahren der Kalkulation zur Anwendung: Anhängeverfahren, Bauklassenverfahren, Äquivalenzziffernrechnung 1 ) u. a. Hier sollen lediglich folgende Verfahren dargestellt werden: Stichprobenweise Nachkalkulation Gruppenweise Nachkalkulation Bereichs- statt Kostenträgerrechnung Normal- und Plankostenrechnung Rechnen mit technischen Größen und Tabellen. Vgl. hierzu S. 123ff. 10*
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Erst durch eine Kombination dieser Verfahren läßt sich auch bei Vielproduktbetrieben eine ausreichende Kalkulation durchführen. 34410. Stichprobenweise Nachkalkulation Die stichprobenweise Nachkalkulation ist im allgemeinen nur dann ausreichend, wenn eine einwandfreie Vorkalkulation vorhanden ist. Diese muß die Sicherheit für die Erfassung der normalen Kostenverursachung gewähren. Jede Vorkalkulation rechnet mit im voraus geschätzten, d u r c h s c h n i t t l i c h e n Kosten. Die stichprobenweise durchgeführte Nachkalkulation hat den e f f e k t i v e n Verbrauch festzustellen, um zu erweisen, ob die vorkalkulierten Kosten auch wirklich zutreffen. Für diesen Fall sind dann Maßnahmen der Nachkalkulation zu treffen, um die wirklich entstandenen Kosten festzustellen. Da solche Testrechnungen nicht oft und nicht für viele Artikel gemacht werden, sondern wechselnd mal für den einen, mal für den anderen, sind die Aufwendungen hierfür auch tragbar. Stichprobenweise wird ferner dann nachkalkuliert, wenn offenkundig wird oder der Verdacht entsteht, daß die vorkalkulierten Werte nicht oder nicht mehr zutreffen können, ob sie nun darüber oder darunter bleiben. Häufig geschieht es sogar nur dann, wenn die Abweichung von der Vorkalkulation e r h e b l i c h ist. Die Vorkalkulation selbst wird nicht häufig vorgenommen, nur wenn Veränderungen vorgekommen oder besondere Veranlassungen gegeben sind. Damit vereinfacht sich die Kalkulationsarbeit ungemein. Die o r g a n i s a t o r i s c h e n H i l f s m i t t e l dieser Kalkulationsform sind Mehrverbrauchsbelege (z. B. für Fertigungslöhne, Fertigungsmaterial), die sich schon rein äußerlich (besondere Farbgebung) von den üblichen Belegen unterscheiden. Die N o t w e n d i g k e i t zu einer stichprobenweisen Nachkalkulation von Aufträgen ergibt sich meist durch den Vergleich der Summe der Teilergebnisse der Vorkalkulationen (vorkalkulatorische Gewinne) mit dem Ergebnis der Periode, denn wenn die vorkalkulierten Kosten den bei nachfolgender Produktion effektiven entsprechen und die veranschlagten Preise erzielt werden konnten, muß die Summe der vorkalkulatorischen Einzelergebnisse mit dem Ergebnis der Periode übereinstimmen. Dieser Vergleich ist zwar in der Durchführung nicht immer einfach; er ist aber notwendig, wenn man die Betriebsgebarung kontrollieren will. Ergeben sich zwischen dem Ist- und dem vorkalkulierten Ergebnis Differenzen, so kommt es auf die H ö h e dieser Differenz an, ob man zu Nachkalkulationen und weiteren Analysen schreitet. Geringe Abweichungen, bis zu 5%, werden unbeachtet gelassen. Sind sie größer, muß nachkalkuliert werden. Man wird dabei mit der Nachkalkulation bei solchen Aufträgen beginnen, die bereits beachtliche Mehr-oder Minderverbrauchsbelege aufweisen. Schon aus den Mehrverbrauchsbelegen lassen sich einige Differenzen zwischen Vorkalkulation und tatsächlichem Verbrauch aufklären. Aber die Unterschiede können auch aus Preis Veränderungen im Absatzmarkt herrühren: Die vorkalkulierten Preise
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konnten nicht erzielt werden; dann ist eine Analyse der Verkaufspreise und des Umsatzes erforderlich, um die von der Preis- und Marktseite herrührenden Unterschiede zu eliminieren und, wenn nötig, dann weiterzuforschen. Ist im Betrieb keine b r a u c h b a r e V o r k a l k u l a t i o n vorhanden, so wird die stichprobenweise Nachkalkulation sehr problematisch, da der Vergleichsmaßstab fehlt. Die Nachkalkulation kann sich dann nur an den stichprobenweisen Nachkalkulationen vergangener Perioden orientieren. 34411. Gruppenweise Nachkalkulation
Um den in der stichprobenweisen Nachkalkulation liegenden Gefahren begegnen und doch keine 100%ige Nachkalkulation durchführen zu müssen, kann der Mittelweg der g r u p p e n w e i s e n N a c h k a l k u l a t i o n eingeschlagen werden. Bei dieser Kalkulationsform werden nicht e i n z e l n e Aufträge kalkuliert, sondern Gruppen von Aufträgen, die aber nach bestimmten Gesichtspunkten gebildet werden müssen. Hier kann man eine vollständige oder eine unvollständige Gruppen-Nachkalkulation durchführen. Bei der v o l l s t ä n d i g e n Gruppen-Nachkalkulation werden s ä m t l i c h e Kostenträger zu Gruppen zusammengefaßt, und sämtliche Gruppen werden kalkuliert. Bei der u n v o l l s t ä n d i g e n Gruppen-Nachkalkulation werden dagegen nur einige Gruppen — diese aber wohl durchdacht — herausgegriffen und genau nachkalkuliert. Hierzu ein Beispiel aus der graphischen Industrie: Ein Betrieb fertigt in ständig wechselnder Fertigung Klischees für die Reproduktion von Graphiken. Das Produktionsprogramm umfaßt drei Erzeugnisse: Strich-, Netz- und Farbätzungen. Diese Erzeugnisgruppen werden in verschiedenen Abteilungen gefertigt, so daß Kostenstelle und Erzeugnisgruppen zusammenfallen. Da es sich um einen lohnintensiven Wirtschaftszweig handelt, bildet die Grundlage für die Kalkulation der Herstellkosten die A r b e i t s z e i t . Das Fertigungsmaterial wird auf die verbrauchende Stelle verteilt. Materialkosten fallen im Gegensatz zu den Lohnkosten kaum ins Gewicht. Auch die Lohnkosten werden schließlich den Stellen zugerechnet. Die sich auf den Fertigungsstellen sammelnden Kosten einer Periode werden durch die Fertigungsstunden je Kostenstelle dividiert, so daß sich der Fertigungskostensatz ergibt. Wollte man die Selbstkosten eines j e d e n Auftrages errechnen, so müßte für jeden Auftrag die Fertigungszeit festgestellt werden. Dies ist einmal aus Gründen der Wirtschaftlichkeit •—• zahlreiche Kleinaufträge — nicht durchführbar, zum anderen aber ist auch die Erfassung der Fertigungszeit schwierig oder überhaupt nicht durchführbar, und zwar deswegen, weil von einem Arbeiter verschiedene Aufträge gleichzeitig bearbeitet werden und die Anzahl der von einem Arbeiter betreuten Aufträge wegen der relativ geringen Arbeitszeit für einen Auftrag fortwährend schwankt, so daß die Fertigungszeit je Auftrag praktisch nur geschätzt werden kann. Da es also nicht möglich ist, bei zahlreichen kleineren Aufträgen die Fertigungszeit festzustellen, muß man sich in der Nachkalkulation auf solche Aufträge beschränken, die die besondere Aufmerksamkeit des Betriebes erfordern.
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Im allgemeinen wird man die Aufträge bestimmter A b n e h m e r zu Auftragsgruppen zusammenfassen, z. B. Aufträge für Zeitungs- und Zeitschriften-Verlage in Strich- und Netzätzungen; Aufträge für medizinische Verlage usw. Auftragsgruppen und Kostenträgergruppen decken sich aber dann nicht mehr: Zur Auftragsgruppe „Medizinische Verlage" können z. B. Netz- und Farbätzungen gehören, so daß die Aufträge durch verschiedene Fertigungsstellen laufen müssen. Die Tagesarbeitszettel der Arbeiter in den einzelnen Fertigungsstellen müssen daher die Fertigungszeiten der einzelnen Auftragsgruppen enthalten. Naturgemäß kann dieser Weg nur für einen eng begrenzten Kreis von Erzeugnissen gegangen werden, die zu einer Gruppe zusammengefaßt werden. An Hand der Aufschreibungen auf den Tageslohn zetteln ist dann der e f f e k t i v e Z e i t v e r b r a u c h festzustellen, der mit dem Stundenlohn des Arbeiters multipliziert wird. Zu den Lohnkosten kommen die Zuschläge für Material- und Gemeinkosten, die zusammen die Selbstkosten einer Kostenträgergruppe ergeben. Die Kosten je Einzelauftrag sind nachkalkulatorisch aber nicht zu ermitteln. 34412. Bereichs-Stellen-Rechnung als Ersatz für Kostenträgerrechnung
Die Verteilung der Kosten auf die Orte ihrer Entstehung ist an sich Voraussetzung für die Zurechnung der Kosten auf die Erzeugnisse. Sie ist aber manchmal die einzige Möglichkeit, um zu einer Nachrechnung — wenigstens der Stellen — zu gelangen. Die Erfassung der Einzelkosten je Auftrag ist in diesen Fällen wirtschaftlich nicht durchführbar. Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden. Die Kostenträger beanspruchen 1. nur jeweils eine, 2. mehrere Kostenstellen.
Im ersten Fall ist die Kalkulation unproblematisch, weil Kostenträger und Kostenstelle zusammenfallen. Durch die Divisionskalkulation sind die Kosten je Erzeugnisgruppe ohne weiteres feststellbar. Problematisch ist dagegen die Verrechnung im zweiten Falle: die Kostenträger beanspruchen verschiedene Kostenstellen. Dieser Fall ist der Regelfall. Hierzu ein B e i s p i e l aus der Papierindustrie: Die Papiererzeugung beginnt mit der Beschickung der Holländer mit Holzzellstoff, mit Holzschliff und anderen Materialien. Normalerweise erfolgt die Erfassung der Einsatzmaterialien auf dem Holländerzettel, der eine Materialeinsatzrechnung darstellt. Die Papierindustrie ist stark materialintensiv. Die Löhne, die etwa 10% der Gesamtkosten ausmachen, fallen kaum ins Gewicht. Sie werden als Gemeinkosten auf die Stellen verrechnet und bilden mit anderen Gemeinkosten den Maschinenstundensatz der Kostenstelle. Die Kalkulation wäre an sich ohne Problematik: die auf den einzelnen Stellen verbrauchte Zeit je Auftrag müßte festgestellt werden; die Multiplikation der Fertigungszeit mit dem StellenStundensatz ergäbe die Fertigungsgemeinkosten, die nur noch um den Materialeinsatz erhöht zu werden brauchte, um die Herstellkosten zu ermitteln.
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Ist eine Papierfabrik in der Lage, diese Verfahrensweise anzuwenden, so bereitet die Kalkulation der Aufträge keine Schwierigkeiten. In der Mehrzahl der Fälle liegen die Verhältnisse aber entschieden ungünstiger. Eine Schwierigkeit liegt in der Bestimmung des Materialeinsatzes, weil Schwankungen im Stoffverbrauch vorkommen; die aber können nicht genau festgestellt werden. Dasselbe gilt auch für die Fertigungszeit. Denn die Umstellung der Papiermaschinen von einem Auftrag auf den anderen verursacht erhebliche Umstellungskosten: Lohn, Material für Ausschuß, Wartezeiten usw. Die optimale und reibungslose Ausnutzung der Papiermaschinen ist aber meist entscheidend von der Erzeugnisbreite des Betriebes abhängig, was zu hohen Sortenwechselkosten führt. Es ist dies aber gerade das Kennzeichen des Vielproduktbetriebes: daß ständig neben- oder nacheinander eine große Zahl von Erzeugnissen gefertigt werden muß. Wurde z. B. in unserer Papierfabrik bisher Papier mit einem Grammgewicht von 45/1 qm gefertigt und soll nun ein Erzeugnis mit einem Grammgewicht von 30/1 qm hergestellt werden, so kann die Umstellung nicht schlagartig vor sich gehen. Die Papiermasse muß weiter durch die Maschine laufen, bis allmählich das Grammgewicht von 30/1 qm erreicht ist. Das sogenannte „Übergangspapier" ist Ausschuß. Da aber im voraus kaum zu übersehen ist, welche Mengen an Übergangspapier anfallen — die Reihenfolge der Aufträge wechselt ständig —, ist die Erfassung der Materialkosten je Einzelauftrag sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Verrechnungspreise wären wohl die einzige Lösung, aber auch sie haben sich nicht bewährt. Neben dem Materialverbrauch ist auch die Erfassung der Fertigungszeit sehr problematisch. In der Regel ist es nicht möglich, die je Auftrag aufgewandte Fertigungszeit festzustellen. Die Fertigungszeiten werden daher nur auf den K o s t e n s t e l l e n erfaßt, die Differenz zwischen Istfertigungskosten und Gesamtfertigungszeit X Normalsatz zeigt das Kostenstellengebaren. In diesen Fällen ist die Kostenstelle zur letzten Abrechnungseinheit geworden. Die Kalkulation des Kostenträgers ist exakt nicht durchführbar. 34413. Rechnen mit Normal- oder Plankosten
Das Rechnen mit repräsentativen Zahlen, ermittelt aus Durchschnitten der Vergangenheit (Normalkosten) oder auf Grund wissenschaftlicher Errechnungsverfahren (Plankosten) bildet auch ein Ersatzverfahren im Vielproduktbetrieb. Diese Verfahrensweisen sollen hier wegen ihrer besonderen Eignung als Ersatz für die Ist-Nachkalkulation erwähnt werden. An anderer Stelle1) ist hierüber mehr gesagt worden. Aber ein Hinweis erscheint in diesem Zusammenhang noch wichtig. Auch Normal- und Plankosten müssen sich auf lange Sicht am Ist orientieren; denn der Betrieb lebt nicht vom Soll, vom Plan oder von der Norm, sondern allein Vgl. S. 59 ff.
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vom Ist. Das bedeutet also, daß auch die genormten Kosten immer wieder auf ihre Angemessenheit überprüft werden müssen: die Istkosten müssen schließlich doch ermittelt werden. Es darf nicht verkannt werden, daß Normal- und Plankosten sehr häufig die Kalkulation erst ermöglichen; ob sie der Wirklichkeit entsprechen, zeigt sich aber erst am Soll-Ist-Vergleich. 34414. Rechnen mit technischen Größen und Tabellen
Das Berechnen des Zeit- oder Materialverbrauchs auf Grund technischer Angaben ist eine weitere Methode der Kalkulation im Vielproduktbetrieb. Es müssen zwei Stufen unterschieden werden; Ermittlung einzelner Kostenelemente (z. B. Fertigungskosten, Materialkosten); Ermittlung der Gesamtkosten eines Erzeugnisses. Die Arbeitsmittel dieser Kalkulation sind Tabellen und Nomogramme. Die Tabelle ist dadurch gekennzeichnet, daß die Rechenoperationen oder sonstige Ermittlungen nur e i n m a l durchgeführt werden; die E r g e b n i s s e werden auf einer Tabelle eingetragen, so daß sie jederzeit ohne neue Rechnung verwendbar sind. Ihre Formen sind die Zahlenaufstellung und die graphische Darstellung. Nomogramme treten in verschiedenen Formen auf (z. B. als Leiter-, Netz-, Fluchtlinientafeln usw.). Nomogramme geben grundsätzlich die B e z i e h u n g e n v e r s c h i e d e n e r v e r ä n d e r l i c h e r F a k t o r e n wieder (z. B. die Berechnung der Drehzahl aus Schnittgeschwindigkeit und Drehdurchmesser usw.). An zwei Beispielen soll hier die Rechnung mit technischen Größen und Tabellen gezeigt werden. Die Ermittlung der Fertigungskosten in der Kleinmetallwarenindustrie (Ermittlung eines Kostenelementes): Die Fertigung in der Kleinmetallwarenindustrie geschieht maschinell; die einmal eingerichteten Maschinen laufen weitgehend selbständig. Der Arbeiter hat also die Aufgabe, die Maschinen mit Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen zu beschicken und den reibungslosen Fertigungsablauf zu überwachen. Hieraus folgt, daß ein Mann ohne Schwierigkeiten mehrere Maschinen laufend bedienen kann. Die wechselnde Fertigung im Vielproduktbetrieb bringt es aber mit sich, daß ein Arbeiter im Laufe des Tages eine unterschiedliche Zahl von Maschinen bedienen muß. Darüber hinaus stellen die Maschinen unterschiedliche Anforderungen an die Beaufsichtigung und Wartung, je nach dem Schwierigkeitsgrad der Fertigung, die wieder aus der Natur des Erzeugnisses folgt. Die Schwierigkeiten, vor denen die Kalkulation steht, wenn sie die Fertigungskosten für eine Erzeugniseinheit feststellen soll, sind augenscheinlich. Z. B. bedient ein Arbeiter in einer Kostenstelle je nach dem Schwierigkeitsgrad der Fertigung 1 bis 5 Maschinen. Wird gleichmäßige Beanspruchung durch sämtliche Maschinen unterstellt, so entfällt auf die einzelnen Artikel bei der Bedienung e i n e r Maschine durch e i n e n Arbeiter der gesamte Lohn des Arbeiters, bei der Bedienung von zwei Maschinen der halbe Lohn usw. Für eine normale Zuschlagkalkulation wäre es notwendig, daß jeder Auftrag einen Fertigungslohnschein erhält. Dieser Weg ist in der Praxis im allgemeinen nicht gangbar.
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Die einzige Möglichkeit, um die Kalkulation durchzuführen, liegt in der Ermittlung des Bedienungssatzes je Kostenstelle. Aus den verschiedenen IstBedienungssätzen vergangener Perioden wird dann ein Normal-Bedienungssatz ermittelt. Sämtliche Artikel, die nun durch die verschiedenen Kostenstellen laufen, werden mit den betreffenden Bedienungssätzen der Kostenstelle belastet. Der Ist-Bedienungssatz wird wie folgt ermittelt: Für jeden repräsentativen Auftrag wird ein Lohnschein ausgestellt, auf dem vom Arbeiter Beginn und Ende der Fertigung bzw. die Unterbrechungen vermerkt werden müssen. Daneben wird für jeden Arbeiter für die gesamte Abrechnungsperiode eine Karte geführt, auf die die Fertigungszeiten des betreffenden Arbeiters vermerkt werden. Aus der Division von Maschinenstunden je Kostenstelle und Arbeiterstunden je Kostenstelle ergibt sich dann der effektive Bedienungssatz. Aus den drei Größen: Stundensatz, Fertigungszeit und Bedienungssatz läßt sich der Fertigungslohn feststellen: Stundenlohnsatz • Fertigungszeit ^ 2—2 = Fertigungslohn. Bedienungssatz Die Fertigungszeit läßt sich auf Grund technischer Angaben aus Tabellen und Nomogrammen errechnen. Leistet z. B. eine Anlage 150 Umdrehungen/min bei 4 Stück/Hub, so ergeben sich: 150 U/min • 4 Stück/Hub: 600 Stück/min. Diese Fertigungszeit ist die technisch maximale Fertigungszeit, die aber in der Praxis selten oder überhaupt nicht erreicht wird. Deshalb ist ein Zuschlag zur errechneten Fertigungszeit erforderlich. Bei 80%iger Ausnutzung beträgt er 20, bei 70%iger Ausnutzung 30% usw. Sogar die Ermittlung der G e s a m t k o s t e n eines Erzeugnisses kann durch Tabellen und Berechnungen erfolgen. Auch hierzu ein Beispiel aus der Kleinmetallwarenindustrie. Die Tabellenkalkulation wird angewendet für Nieten, Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben, Ösen usw. Diese Tabellenkalkulation ist etwas vereinfacht dargestellt. Im linken Teil der Tabelle sind die Abmessungen der einzelnen Artikel vermerkt (AußenDurchmesser, Wandstärke, Schaftlänge), anschließend sind die Herstellkosten jedes Artikels niedergeschrieben. Allein nach DIN 7340 sind 500 verschiedene Rohrniete zu unterscheiden. Es werden deshalb immer nur jeweils zwei Schaftlängen je Rohrabmessung in die Tabelle eingetragen. Die Kosten der Zwischengröße müssen durch Interpolation festgestellt werden, indem die Mehrkosten je 1 mm Schaftlänge errechnet werden: Rohrniet: 1,5 X 0,25 X 5 = 2,20 1,5 X 0,25 X 1 0 = 2,90 — 70 Mehrkosten für 1 mm Schaftlänge: — - — : —,14 DM.
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Kalkulation Tabellenkalkulation für Rohrniete DIN 7340, Messing, 1000 Stück Artikel
Herstellkosten
Außen-0
Wandstärke
Schaftlänge
1,2 1,2 1,5 1,5 2,0 2,0 2.0 2,0 2,5 2,5
0,2 0,2 0,25 0,25 0,30 0,30 0,4 0,4 0,3 0,3
5 10 5 10 10 20 10 20 10 30
—
2,20 2,90 3,30 4,10 — — — —
Abb. 2
Sollen die Herstellkosten für den Rohrniet 1,5 X 0,25 X 7 ermittelt werden, so ergibt sich folgende Rechnung: Rohrniet: 1,5 X 0,25 X 5 + 2 mal —,14
= =
2,20 DM —,28 DM 2,48 DM für 1000 Stück.
345. Kalkulation bei Markenartikeln 3450. Grundsätzliches über Preispolitik und Kalkulation bei Markenartikeln a) V o r b e m e r k u n g e n Zum Wesen des Markenartikels gehört nicht unbedingt das Vorhandensein einer vertikalen Preisbindung. Fehlt diese Preisbindung, so ergeben sich bei der Kalkulation von Markenartikeln keinerlei Besonderheiten gegenüber der Kalkulation anonymer Ware. Der Markenartikelhersteller hat dann nur seinen Fabrikpreis zu kalkulieren, wie es der Hersteller anonymer Ware auch tun muß. Daran ändert sich allerdings einiges, wenn er den Händlern Listenpreise als juristisch unverbindliche Empfehlung zur Verfügung stellt. Es tritt eine Annäherung an die Situation preisgebundener Markenartikel ein. Wenn man jedoch von der besonderen Problematik der Kalkulation von Markenartikeln spricht, so denkt man dabei an die Kalkulation p r e i s g e b u n d e n e r Markenartikel. Dies erklärt sich daraus, daß die Preisbindung zwar nicht zum Wesen des Markenartikels gehört, daß sie aber — jedenfalls in Deutschland —- in der überwiegenden Anzahl der Fälle bei Markenartikeln zu finden ist, und zwar seit so langer Zeit, daß die Tradition für den preisgebundenen Artikel spricht und die Aufhebung der Preisbindung in ihren Folgen kaum zu übersehen wäre.
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Wir sprechen deshalb im folgenden nur von der K a l k u l a t i o n p r e i s g e b u n d e n e r M a r k e n a r t i k e l und wollen zunächst festzustellen versuchen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfange Besonderheiten gegenüber der Kalkulation anonymer Artikel zu finden sind. Dabei geht es sowohl um die eigentliche Kalkulation im Sinne einer T e c h n i k der Selbstkostenrechnung, als auch um die m a t e r i e l l e Seite, die man an sich säuberlich davon trennen muß: die P r e i s p o l i t i k , oder richtiger: die Kalkulation als Hilfsmittel der Preisfindung. b) Die P r e i s p o l i t i k b e i p r e i s g e b u n d e n e n M a r k e n a r t i k e l n Auf der Herstellerebene weist die Kalkulation von Markenartikeln im Materiellen keine grundsätzlichen Unterschiede zur Preisbildung bei anonymen Waren auf; der Unterschied ist quasi nur ein gradueller. Während der Hersteller anonymer Ware sich an den Preis herantasten muß, der auf dem Beschaffungsmarkt seiner Abnehmer (in der Regel also der Händler) zu erzielen ist, muß der Markenartikelhersteller diese Stufen zunächst gedanklich überspringen und sich an den Preis heranfühlen, der auf dem Markt der E n d v e r b r a u c h e r erzielt werden kann. Daß dieser graduelle Unterschied dennoch nicht unwesentliche Besonderheiten bedingt, wird noch im folgenden deutlich werden. Hier muß schon soviel gesagt werden: das gedankliche Überspringen der Zwischenmärkte stellt nur die e r s t e P h a s e bei den Bemühungen um die Preisfindung dar. Ehe der Preis wirklich gebildet werden kann, den der Endverbraucher zahlen soll, muß nämlich dann doch die Situation auf den dazwischen liegenden Märkten analysiert werden, wenn d e r Preis gefunden werden soll, der für den Markenartikelhersteller der optimale ist. c) Die K a l k u l a t i o n b e i p r e i s g e b u n d e n e n M a r k e n a r t i k e l n Aus dem Ausgeführten ergeben sich auch die Unterschiedlichkeiten und Gemeinsamkeiten der eigentlichen Kalkulation als Kalkulationstechnik bei Markenartikeln im Gegensatz zu der bei anonymen Waren. Im A u f b a u ist die Kalkulation nicht wesentlich anders als die bei der Ermittlung der Fabrikpreise von anonymen Waren. Das Kalkulationsschema erfährt nur eine E r w e i t e r u n g , indem die Distributionskosten der selbständigen nachgelagerten Betriebe (Großhandel und Einzelhandel) mit einbezogen werden: zu den Vertriebskosten des Industriebetriebes selbst treten noch die anderen Distributionskosten, die jedoch hier nicht als reine K o s t e n f a k t o r e n auftreten, sondern als Handelsspannen, in denen sowohl die Kosten als auch die G e w i n n e der nachgelagerten Handelsbetriebe ihren Niederschlag finden. Nun ist es aber nicht so, daß zur Industriekalkulation noch eine v e r e i n f a c h t e H a n d e l s k a l k u l a t i o n hinzukommt. Dies wäre vielmehr nur der Fall, wenn die Verteilung der Funktionen der einzelnen Betriebsstufen bei den Markenartikeln genauso wäre wie bei anonymer Ware. Da dies jedoch nicht zutrifft, ergeben sich einige Besonderheiten. Der Markenartikelhersteller übernimmt bekanntlich einige H a n d e l s f u n k t i o n e n , so daß seine eigenen Vertriebskosten unter sonst gleichen Umständen höher sein müssen als die der Hersteller anonymer Ware, während die Kosten der nachgelagerten Handels-
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Kalkulation
betriebe niedriger sein müßten als bei dem Vertrieb lediglich anonymer Waren. Eine weitere Besonderheit ergibt sich daraus, daß die Bindung des Endverbraucherpreises durch den Hersteller eine s t ä r k e r e K o n s t a n z der Preise bewirkt, so daß der Hersteller auf viel längere Sicht disponieren, andererseits aber doch elastisch genug sein muß, um sich der Marktlage in the long run anzupassen. Aus diesen Fakten rühren die besonderen Probleme der Kalkulation preisgebundener Markenartikel. 3451. Die Sonderproblematik der Kalkulation preisgebundener Markenartikel a) Die B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r Ü b e r n a h m e v o n H a n d e l s f u n k t i o n e n d u r c h den H e r s t e l l e r Der Markenartikelhersteller befindet sich gewissermaßen in einer Zwangslage. Er ist gezwungen, relativ h o c h w e r t i g e Ware anzubieten, da er mit seinem Firmennamen bzw. seiner Marke dem Endverbraucher gegenübertritt. Er wird darum in aller Regel teurer sein müssen als der Hersteller vergleichbarer anonymer Ware. Um nun die Differenz nicht zu groß werden zu lassen, ist er genötigt, bei der K a l k u l a t i o n b e s o n d e r s g e n a u u n d s o r g f ä l t i g vorzugehen. Er hat allerdings theoretisch eine Möglichkeit, einen Teil der Mehrkosten, die ihm durch die H ö h e r w e r t i g k e i t seiner Produkte und infolge der Übernahme von H a n d e l s f u n k t i o n e n (Werbung, Verpackung, u. U. auch Kundendienst) entstehen, dadurch auszugleichen, daß er den nachgelagerten Handelsstufen g e r i n g e r e Spannen gewährt, als diese bei vergleichbaren anonymen Waren erzielen können. In praxi wird er aber meist auf eine Förderung des Absatzes seiner Produkte durch den Handel nur rechnen dürfen, wenn er Spannen gewährt, die dem Handel Anlaß genug sind, diese Waren zu führen und zu forcieren. Dies erklärt sich aus dem mechanischen Spannendenken der meisten Händler. Eine gewisse Spanne wird in einer Branche als angemessen bzw. notwendig angesehen, ohne Rücksicht darauf, ob einzelne, z. B. abgepackte Artikel, weniger Verkaufskosten (beim Handel) erfordern oder nicht. Hier liegt eines der Probleme der Markenartikelkalkulation: die a n g e m e s sene B e r ü c k s i c h t i g u n g der Ü b e r n a h m e von H a n d e l s f u n k t i o n e n d u r c h d e n H e r s t e l l e r . Das Problem wird dadurch weiter kompliziert, daß z. B. die weitgehende Übernahme der W e r b u n g durch den Hersteller nicht im selben Umfange ein Wegfallen der Werbung beim Händler bewirkt, weil dieser manchmal gezwungen ist, um so mehr für sein Unternehmen als solches zu werben. b) Die B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r M a r k t l a g e auf d e n v e r s c h i e d e n e n Ebenen Die Kalkulation der Markenartikel muß sich viel mehr als die anonyme Ware auf eine l o n g - r u n - B e t r a c h t u n g stützen. Dies bedeutet an sich schon eine Erschwerung des Kalkulationsverfahrens. Hinzu kommt als weitere Schwierigkeit, daß die Lage auf den verschiedenen Markt e b e n e n berücksichtigt werden muß. Es kann beispielsweise sein, daß in einem halben Jahr die Absatzmög-
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
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lichkeiten auf dem Endverbrauchermarkt größer geworden sind und sich dennoch die Konkurrenz auf der Handelsebene verschärft hat. Es kann aber genauso gut auch umgekehrt sein. Alle diese Faktoren müssen berücksichtigt werden, da der Markenartikelhersteller nur bei g r u n d l e g e n d e n Änderungen der Kosten- oder Preisstruktur zur Veränderung des Endverbrauchspreises schreiten kann. Wie geht nun konkret die Berücksichtigung der Marktlage vor sich ? Zunächst muß festgestellt werden, wieviel gleichartige Markenartikel und wieviel anonyme Produkte mit dem eigenen Artikel konkurrieren. Was die anonyme Ware anlangt, geht es in erster Linie um den prozentualen Marktanteil. Bei der Konkurrenz von (anderen) Markenartikeln gleicher Art geht es dagegen hauptsächlich um die Rolle, die diese Konkurrenzprodukte beim Endverbraucher spielen. Es kann z. B. so sein, daß gleichartige Markenartikel in den Augen des Endverbrauchers auch tatsächlich als etwa gleichwertig angesehen werden und daß deshalb eine Preisstellung, die von denen der konkurrierenden Markenartikel abweicht, zu einem Wechsel der Marke veranlaßt, während eine Preisveränderung (Preissenkung) bei der anonymen Ware u. U. diesen Effekt nicht hat. Konkret gesprochen: Palmolive-Seife und Luxor-Seife machen sich mehr Preiskonkurrenz als einer der beiden Artikel mit anonymer Seife. Nach dem Ergebnis der Analyse der Konkurrenzlage auf den Märkten wird die Spanne festzusetzen sein, denn nicht nur die Reaktion der Endverbraucher auf Marktlage und Preisstellung, sondern auch die des H a n d e l s auf M a r k t l a g e , E n d v e r b r a u c h e r p r e i s s t e l l u n g u n d S p a n n e s i n d f ü r die K a l k u l a t i o n des M a r k e n a r t i k e l s w i c h t i g . c) Die B e s t i m m u n g d e r H a n d e l s s p a n n e n Die Bestimmung der Handelsspannen erfolgt durch ein Abwägen folgender, sich zum Teil entgegenstehender Gesichtspunkte. Einerseits liegt es nahe, die Spanne so festzusetzen, daß sie der Differenz zwischen den im Endverbrauchermarkt erzielbaren Preisen und den notwendigen eigenen Fabrikpreisen (Selbstkosten + Gewinnzuschlag) entspricht. Andererseits existieren branchenübliche Spannen im allgemeinen und dann noch bei den vergleichbaren Markenartikeln im besonderen. Ist die Differenz zwischen dem notwendigen eigenen Fabrikpreis und dem erzielbaren Endverbraucherpreis groß genug, wird man im allgemeinen nicht umhin können, die gleiche Spanne zu gewähren, die der Handel bei anonymen Waren erreichen kann. Unter Umständen wird man sogar eine größere Spanne gewähren müssen, denn es lohnt sich dann im allgemeinen nicht, es auf einen Kampf mit den Händlern ankommen zu lassen. Der Handel wird kaum Interesse haben, den besseren, aber auch teureren Markenartikel dem Verbraucher als letztlich preisgünstiger darzustellen, also besondere, zusätzliche Anstrengungen zu machen, wenn er bei beiden Artikeln dieselbe Spanne hat. Ist dies nicht der Fall, so steht der Markenartikelhersteller vor der Frage, ob er seinen eigenen Gewinn reduzieren oder es auf eine Auseinandersetzung
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mit den Händlern ankommen lassen soll. In der Literatur wird behauptet, daß Letzteres die Ausnahme und das dieser Weg im allgemeinen nur gangbar ist, wenn die Preisgünstigkeit des Produktes im Endverbrauchermarkt so groß und beim Endverbraucher bekannt ist, daß der Handel sich das Nichtführen des Artikels nicht leisten kann. Röper nennt als Beispiel für diesen letzteren Fall die Luxor-Seife. Es erscheint zweckmäßig, aus einigen Branchen Vergleiche über die Handelsspannen bei anonymen Waren und bei vergleichbaren Markenartikeln zu bringen 1 ): Bei E i s e n - u n d M e t a l l w a r e n sind die Einzel- und Großhandelsspannen für markenlose G a r t e n g e r ä t e u n d R a s i e r k l i n g e n im Durchschnitt höher als die Spannen gebundener Markenartikel, während sie für E i n k o c h t ö p f e in gleicher Höhe liegen. Auf dem Markt für E l e k t r o e r z e u g n i s s e gibt es in einigen Sparten (Glühlampen, Kühlschränke, Radiogeräte) keine anonyme Ware, so daß der Handelsspannenvergleich entfällt. Bei G l a s sind die Handelsspannen für markenlose Ware und Markenartikel etwa gleich. Auf dem Markt der L e b e n s - u n d G e n u ß m i t t e l sind die Handelsspannen für anonyme Ware höher als für preisgebundene Markenerzeugnisse. Bei Lederwaren sind die Spannen für markenlose Waren etwas niedriger als für Markenartikel. Auf weitere Beispiele kann verzichtet werden, da die gegebenen bereits zeigen, daß die Verhältnisse in den einzelnen Branchen unterschiedlich sind. Dabei ist immer folgendes zu bedenken: Es ging hier zunächst um die normalen Spannen, also um die Funktionsrabatte, die der Hersteller von vornherein einkalkuliert, wenn er den Endverbraucherpreis festsetzt. Hinzu kommen in praxi aber noch verschiedene Sonderrabatte (Mengenrabatte, Treurabatte, dazu noch Boni und manches andere), die im allgemeinen vom Hersteller nicht im voraus einkalkuliert werden können, sondern Fall zu Fall zu Lasten seines eigenen kalkulatorischen Gewinnes gehen. Es ist im allgemeinen nicht möglich, genaues Material über den Umfang dieser oft unter der Hand gewährten Sonderrabatte zu bekommen. Sie werden meist — oft auf Druck des Handels — sorgfältig geheimgehalten. Fest steht nur, daß sie eine nicht unerhebliche Rolle spielen und die (bekannten) Funktionsrabatte praktisch beträchtlich erhöhen, so daß im Endeffekt der Anteil des Handels am Endverbraucherpreis (nicht nur bei Markenartikeln!) viel größer ist, als man nach den Veröffentlichungen über die in den einzelnen Branchen üblichen Spannen anzunehmen geneigt ist. Man kann deshalb stellenweise geradezu von „Untergrundhandelsspannen" sprechen. So viele Gemeinsamkeiten sich bei der Kalkulation und Preispolitik der einzelnen preisgebundenen Markenartikel aber auch ergeben, so gibt es doch noch eine Reihe von U n t e r s c h i e d e n , die aus den Besonderheiten des betreffenden Artikels resultieren. Diese Besonderheiten erfordern dann noch individuelle Modifikationen, zum Teil beträchtlicher Art. Hierüber Allgemeines zu sagen, wäre wenig sinnvoll, denn man kann fast sagen: soviel Branchen, x ) Im Anschluß an den Artikel: Die Handelsspannen preisgebundener Markenartikel, in „Der Markenartikel", Heft 10/55, S. 565—569.
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soviel Besonderheiten. Es erscheint deshalb zweckmäßiger, an einigen Beispielen die Kalkulation von preisgebundenen Markenartikeln aufzuzeigen, um damit sichtbar zu machen, daß es nur schwer möglich ist, diese Dinge generalisierend darzustellen. 3452. Praktische Beispiele der Kalkulation preisgebundener Markenartikel a) M a r g a r i n e - I n d u s t r i e Die Margarine-Industrie pflegt im allgemeinen ihre Vorkalkulation auf eine Tonne fertiger Margarine abzustellen. Die Kalkulation hat demnach die Aufgabe, die Materialkosten, Herstellkosten, Selbstkosten, den Abgabepreis an den Großhandel, den Abgabepreis an den Einzelhandel und den Endverbraucherpreis festzustellen. Wie vorher dargelegt, geht sie einerseits progressiv (bis zu den Selbstkosten) und andererseits retrograd (vom erzielbaren Endverbraucherpreis) vor, so daß im Ergebnis der Gewinn als Differenz der beiden Rechnungen herausspringt. Der eigentlichen Kalkulation muß eine Ausbeuterechnung für die verwandten Rohmaterialien vorausgehen. Da diese jedoch keine Besonderheit der Markenartikelkalkulation, ja nicht einmal der Margarine-Kalkulation überhaupt ist, sondern in vielen Branchen gefunden werden kann, soll hier von einer Darstellung dieser Ausbeuterechnung abgesehen werden. Wir betrachten den Ausbeuteprozentsatz als gegeben. Demnach würde sich etwa folgendes Kalkulationsschema für preisgebundene Markenmargarine ergeben: I. Rohwarenkosten 1250/t, Ausbeute 125% Wert der Rohware in der Fertigware (Margarine) demnach II. Ingredienzen
. 1000,— DM 35,— DM
III. Verpackungsmaterial M a t e r i a l k o s t e n insgesamt IV. Fertigungskosten (Fertigungslöhne- und -gemeinkosten einschl. Kosten für Vornahme der Verpackung) Herstellkosten
140,— DM 1175,— DM 65,— DM 1240,—DM
V. Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten einschl. kalkulatorischer Erlösschmälerungen (angenommen 15% der Herstellkosten)
186,— DM
VI. Sondereinzelkosten des Vertriebs (Frachten, Umsatzsteuer bei Abgabe an den Großhandel usw.)
74,— DM
Selbstkosten i VII. Voraussichtlicher Gewinn/t (d. h. Gewinn, falls keine Sonderrabatte gewährt zu werden brauchen) A b g a b e p r e i s an den Großhandel VIII. Großhandelsrabatt (angenommen 8% des Endverbraucherpreises) A b g a b e p r e i s an den Einzelhandel IX. Einzelhandelsrabatt (angenommen 14% des Endverbraucherpreises) erzielbarer E n d v e r b r a u c h e r p r e i s
1500,— DM 44,40 DM 1544,40 DM 158,40 DM 1702,80 DM 277,20 DM 1980,— DM
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Kalkulation
b) Waschmittel-Industrie Ich gehe aus von der Kalkulation eines Feinwaschmittels, bei dem ein Verkaufspreis von 1,— DM erzielbar sein soll. Ich nehme ferner an, daß die Kalkulation auf lOPakete abgestellt wird, weil siebiszumEinzelhandelsabsatzpreis geführt werden muß und der Einzelhandel vielfach nur diese oder gar noch kleinere Mengen abnehmen wird. Ich sehe davon ab, noch einmal die erste Phase der Kalkulation (die sich im Wesen nicht von denen anderer Artikel unterscheidet) bis zu den Selbstkosten darzustellen. Ich gehe vielmehr von den Selbstkosten des in Frage stehenden Markenartikelherstellers aus. Dann ergibt sich folgendes Schema: 10 Kartons Feinwaschmittel X S e l b s t k o s t e n von 10 Paketen 6,10 DM Voraussichtlicher Gewinn an 10 Paketen (sofern keine Sonderrabatte gewährt zu werden brauchen) —,40 DM Fabrikabgabepreis Rabatt für Großhändler (angenommen 10% des Endverbraucherpreises) Großhandelsabgabepreis Einzelhandelsrabatt (angenommen 25 % des Endverbraucherpreises) Erzielbarer E n d v e r b r a u c h e r p r e i s
6,50 DM 1 — DM 7,50 DM 2,50 DM 10,— DM
Auch hier zeigt sich die typische Mischung von progressiver und retrograder Rechnung dergestalt, daß sich der Gewinn des Markenartikelherstellers als Differenz zwischen den Selbstkosten einerseits und dem Endverbraucherpreis abzüglich Handelsrabatte ergibt. c) R a d i o - I n d u s t r i e In der Kalkulation der Radio-Industrie finden wir — wie auch in manchen anderen Branchen — schon bei der Kalkulation des Herstellers so etwas wie einen k a l k u l a t o r i s c h e n A u s g l e i c h . Dieses Faktum wird auch bei vielen anderen Markenartikeln anderer Branchen auftreten. Der kalkulatorische Ausgleich spielt nun einmal im Handel eine bedeutende Rolle. Und wenn eine Industrie, d. h. wenn Markenartikelhersteller die Festsetzung des Endverbrauchspreises übernehmen, so wird es sich oft ergeben, daß die Aufgabe des kalkulatorischen Ausgleichs zurückverlagert wird auf den Hersteller. Er findet meist den Endverbraucherpreis als Datum vor, weil etwa die Konkurrenz ein gleichartiges Gerät zu diesem Preis anbietet, so daß man nicht darüber hinausgehen kann. Auch die Spannen werden vielfach nicht oder nur unwesentlich zu verändern sein. Ergibt nun die eigene Selbstkostenrechnung, daß ein Minus herauskommt, so stellt sich sofort die Aufgabe des kalkulatorischen Ausgleichs mit — um bei der Radio-Industrie zu bleiben — anderen Geräten, bei denen sich eine günstigere Relation zwischen den eigenen Selbstkosten einerseits und dem erzielbaren Endverbrauchspreis ./. Handelsspanne andererseits ergibt. Wie die Kalkulation dann aussieht, soll an dem folgenden Beispiel erläutert werden:
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Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
Ein Radio-Hersteller stellt bei der Kalkulation seines Gerätes A fest, daß er das Gerät nur verkaufen kann, wenn er auf den eigenen Gewinn und einen kleinen Teil seiner Selbstkosten verzichtet. Er wird nun versuchen, bei den anderen Geräten, bei denen eine Überschlagsrechnung ergibt, daß sie einen höheren Fabrikpreis tragen können, als er notwendig wäre, einen Ausgleich in sein Kalkulationsschema einsetzen. Nehmen wir an, daß sich z. B. bei seinem Gerät B folgendes Bild ergibt: Der erzielbare Endverbraucherpreis beträgt 398,— DM (etwa weil die vergleichbaren Geräte der Konkurrenz 398,— bis 400,— DM kosten). Seine Kalkulation sieht dann z. B. wie folgt aus: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Fertigungsmaterial 2% Ausschuß auf 1 Materialgemeinkosten 3,5% auf 2 Fertigungslohn Ausschuß 2% auf 4 Fertigungsgemeinkosten 135% auf 5 Herstellkosten Verwaltung und Vertrieb 7,6% auf 7 Selbstkosten Gewinnzuschlag 3% auf 9 Sonderkosten Angebotspreis + Ausgleichsspanne Preis netto ab Werk Durchschnittsrabatt Endpreis
129,75 DM 2,60 DM
132,35 DM 4,63 DM
22,87 DM 0,46 DM
23,33 DM 31,50 191,81 14,58 206,39 6,19 15,50 228,08 2,76 230,84 167,16 398,—
DM DM DM DM DM DM DM DM DM DM DM
Aus dem Ausgeführten ergibt sich, daß der Betrieb, d. h. der Radio-Hersteller, seine Geräteproduktion so aufeinander abstimmen muß, daß er erwarten kann, am Ende des Geschäftsjahres per Saldo einen angemessenen Überschuß der Gewinne über die Verluste bei den einzelnen Geräten zu erzielen. Der mögliche Ausgleich und damit die Wahrscheinlichkeit, den so vorher kalkulierten Gewinn zu erreichen, ist gänzlich vom Absatzmarkt abhängig. Dies stellt aber keine Besonderheit gegenüber anderen Herstellern, etwa denen anonymer Ware, dar. Die Kalkulation ist in dem einen wie in dem anderen Falle nur eine Widerspiegelung der E r w a r t u n g e n des Unternehmers in Bezug auf die Richtigkeit seiner Dispositionen und damit den positiven Erfolg der vorhergeplanten Periode. 3453. Darstellung der Wirkung von „Geheimspannen" auf den Gewinn des Markenherstellers (an Hand eines praktischen Beispiels) Die Wirkung von Sonderrabatten (Mengenrabatten, Treurabatten, Boni usw.) ist deshalb besonders groß, weil sie nicht selten vom Endverbrauchspreis (mit dem der Markenartikelhersteller und seine Abnehmer ja meist rechnen) berechnet werden. Diese Wirkung soll an einem Beispiel gezeigt werden, in dem M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
11
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Kalkulation
neben den im voraus kalkulierten Funktionsrabatten in Höhe von insgesamt 40% des Endverbraucherpreises in einem bestimmten Fall Sonderrabatt in Höhe von 3% des Endverbraucherpreises an den Großhandel gewährt wurde. Es ergibt sich dann etwa folgendes Bild: | Selbstkosten des Herstellers + Vorkalkulatorischer Gewinnzuschlag (angenommen 10% der Selbstkosten)
109,09 DM
Fabrikabgabepreis + im voraus kalkulierte Funktionsrabatte (angenommen 40% des Endverbraucherpreises)
120,— DM
Endverbraucherpreis
200,—DM
10,91 DM
80,— DM
Die Sonderrabatte machen bei 3% des Endverbraucherpreises in diesem Falle 6,— DM aus. Der nachkalkulatorische Gewinn des Markenartikelherstellers ist demnach um 6,— DM geringer als der in der Vorkalkulation veranschlagte. Er beträgt nur 4,91 DM. Das bedeutet aber, daß der effektive Gewinn des Markenherstellers nicht — wie vorkalkuliert — 10%, sondern nur ca. 4,9% seiner Selbstkosten ausmacht. Das sind nur etwas über 4% vom U m s a t z ( = Fabrikabgabepreis). 3454. Zusammenfassung und Ergebnis Zusammenfassend kann folgendes festgestellt werden: Ein Unterschied zwischen der Kalkulation von Markenartikeln und der anonymer Ware ist nur gegeben, wenn es sich um den Vergleich p r e i s g e b u n d e n e r Markenartikel und anonymer Ware handelt. Eine Annäherung an den Fall preisgebundener Markenartikel ist allerdings vorhanden, wenn eine Preisbindung zwar nicht existiert, aber die eine Empfehlung darstellenden Listenpreise des Herstellers vom Handel überwiegend eingehalten werden. Die Kalkulation preisgebundener Markenartikel unterscheidet sich von der Kalkulation anonymer Ware nur graduell. Der graduelle Unterschied besteht darin, daß die Kalkulation des Herstellers nicht beim Fabrikpreis endet, sondern erst beim Endverbraucherpreis. Dies bedeutet eine Vergrößerung der Schwierigkeiten, sich von den eigenen Kosten aus an den erzielbaren Preis heranzutasten, denn der Markenartikelhersteller kann nicht einfach zu seinen Kosten die des Handels hinzuzählen und sich dann an den Endverbraucherpreis heranfühlen. Vielmehr hat er in Gestalt der üblichen Spannen des Handels einige globale Posten, die er innerhalb gewisser Grenzen als Datum betrachten muß. Er befindet sich sozusagen rechnerisch in einem Dilemma. Einerseits kann er in etwa den erzielbaren Endverbraucherpreis feststellen, andererseits die Mindestspannen, die er den nachgelagerten Handelsbetrieben gewähren muß. Setzt er letztere vom voraussichtlich erzielbaren Preis ab, so ergibt sich die kalkulatorische Differenz zwischen dem schwebenden Fabrikpreis und seinen eigenen Selbstkosten. Bleibt ihm ein angemessener Gewinn, so ist die Kalkulationsaufgabe gelöst. Ist dies nicht der Fall, so bleiben ihm zwei Möglichkeiten:
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Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
einmal die Überprüfung der Handelsspannen auf die Möglichkeiten einer Kürzung. Der Erfolg dieser Prüfung wird davon abhängen, wie stark die Stellung des Herstellers im Endverbrauchermarkt ist, ob also der Handel den Artikel gegebenenfalls aus seinem Sortiment streichen kann oder nicht. Zum anderen, praktisch also wenn der erste Weg versperrt ist, bleibt ihm der Weg, den der Handel sonst bei anonymer Ware und insgesamt zu gehen pflegt: einen kalkulatorischen Ausgleich zwischen mehreren Erzeugnissen herbeizuführen. Im allgemeinen kann der Markenartikelhersteller nur die eigentlichen Funktionsrabatte einkalkulieren. Es ergibt sich dann in praxi aber meist die Notwendigkeit der Gewährung von Sonderrabatten (insbesondere Mengenrabatten und Boni), die zu Lasten seines eigenen Gewinns gehen, so daß er im allgemeinen mit einem höheren kalkulatorischen Gewinn wird rechnen müssen, als es sonst der Fall wäre. Man kann also zusammenfassend sagen, daß der Hersteller von Markenartikeln bei seiner Kalkulation, soweit sie von der übrigen Industriekalkulation abweichen muß, von folgenden Erwägungen auszugehen hat: 1. Vergleich der Gesamthandelsspannen vergleichbarer anonymer Ware mit den Spannen, die er nach der Differenzierung zwischen erzielbarem Endverbraucherpreis und seinen eigenen Selbstkosten ohne weiteres gewähren kann. 2. Vergleich mit Handelsspannen von konkurrierenden Markenartikeln. 3. Prüfung, ob er es sich leisten kann, entsprechend seinem Anteil an der sonst dem Handel obliegenden Vertriebsleistung, etwas n i e d r i g e r e S p a n n e n als bei anonymen Artikeln festzusetzen oder ob er umgekehrt gerade gezwungen ist, einen Teilstrich d a r ü b e r zu gehen. Damit zusammenhängend : 4. Veranschlagung der eigenen V e r t r i e b s k o s t e n , wie sie bei vergleichbarer anonymer Ware nicht auftreten (an den Endverbraucher gerichtete Reklame, Verpackung usw.). 846. Betrograde Kalkulation
3460. Wesen und Anwendungsübersicht Die retrograde Rechnung geht von einem normalerweise dahinterliegenden Preis (Marktpreis, Listenpreis, geschätzten erzielbaren Preis) aus und leitet von diesem Endwert einen davorliegenden Wert ab (also einen Einkaufspreis oder — bei Listenpreisen oder vertikal gebundenen Preisen — den Fabrikpreis oder die Preisuntergrenze). Sie beruht darauf, daß ein Wert seiner Höhe nach aus einem dahinterliegenden Wert entweder entsprechend einer bekannten Korrelation oder bestimmter Spannenverhältnisse errechnet werden kann. Der Gegensatz zur retrograden Rechnung ist die progressive, bei der in produktionstechnisch richtiger Reihenfolge gerechnet wird. Die progressive Rechnung hat synthetischen Charakter. Innerhalb des betrieblichen Kreislaufes entwickeln sich alle Vorgänge organisch: aus den einzelnen Aufwendungen entsteht die fertige Leistung. Das 11*
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Kalkulation
E n d p r o d u k t h a t jedoch innerhalb des Betriebskreislaufes zu a l l e n v o r g e l a g e r t e n S t u f e n ein b e s t i m m t e s V e r h ä l t n i s . All diese vorgelagerten Vorgänge müssen daher immer in Beziehung zum Endwert gesehen werden; er bildet das Kriterium für die Zweckmäßigkeit und Berechtigung aller Aufwendungen, er entscheidet, ob der Betrieb wirtschaftlich arbeitet, ob also zwischen Leistung und Kosten ein Wertgefälle besteht. In diesem Sinne fällt der Betriebswirt alle seine Entscheidungen retrograd: es werden die gegenwärtigen Betriebs Vorgänge von der in der Zukunft liegenden Leistung bestimmt. Diese Zukunftsbezogenheit ist es, die in der Kalkulation die Anwendung der retrograden Methode zuläßt. In Betracht kommen folgende Formen: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Feststellung des möglichen Einkaufspreises in der Industrie; Errechnung der Herstellkosten; Die Einkaufskalkulation des Handels; Die Differenzkalkulation des Handels; Die Kalkulation des Großhandels- und Fabrikpreises bei Markenartikeln; Die Bewertung von Kostengütern bei gehemmter Beschaffung; Wahl der optimalen Produktionsmethode; Retrograde Rückrechnung zur Bestimmung von Einzelkosten; Retrograde Kalkulation bei Kuppelproduktion.
3461. Anwendungsgebiete 34610. Kalkulation des Nachfragepreises in der Industrie
Auf den Marktpreis hat der einzelne anbietende Betrieb entweder gar keinen oder nur einen beschränkten Einfluß. Sogar der Monopolist ist in seiner Preisbestimmung nicht völlig frei. Er ist immer von der Elastizität der Nachfrage, der Kaufkraft der Konsumenten, dem Umfang seines Absatzgebietes und der Kostengestaltung bei nicht voll genutzter Kapazität abhängig; Außenseiter müssen bei der Schätzung des Absatzes stets mit ihrer vollen Kapazität eingesetzt werden. Der Betrieb muß aber in jeder Lage das Ziel verfolgen, zwischen Kosten und Leistung ein Wertgefälle zu erreichen. Da aber der Wert der Leistung durch den Markt, durch die staatliche Wirtschaftspolitik oder andere Faktoren bestimmt wird, bleibt dem Betrieb in seinem Bemühen um ein maximales Wertgefälle nur die Senkung der Kosten übrig, was natürlicherweise dort beginnen wird, wo der Güterkreislauf anfängt, also beim E i n k a u f . Der B e t r i e b k a n n seine K o s t e n g ü t e r am B e s c h a f f u n g s m a r k t n i c h t h ö h e r b e w e r t e n als es die e r z i e l b a r e n P r e i s e s e i n e ; ' e i g e n e n L e i s t u n gen g e s t a t t e n . Um eine dementsprechende Einkaufspolitik durchführen zu können,muß der Betrieb Preisobergrenzen für die einzelnen Kostengüter bestimmen: für Material, Lohn, Gemeinkosten; ihre Subtraktion vom erzielbaren Preis für die Betriebsleistung zeigt ihm das Wertgefälle. Alle Kosten außer der zu kalkulierenden Kostenart müssen vom erzielbaren Preis abgezogen werden, um deren zulässige Höhe, hier des Materials, festzustellen.
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
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Die Errechnung dieser Werte ist zwangsläufig eine r e t r o g r a d e , da der entscheidende Wert, auf den die ganze Rechnung bezogen werden muß, der Marktpreis der eigenen Betriebsleistung ist, der aber innerhalb des betrieblichen Güterkreislaufes an letzter Stelle steht. Zwei Punkte geben der Kalkulation des industriellen Nachfragepreises ihr besonderes Gepräge: a) Die Industrie tritt in der Hauptsache als Käufer von Produktionsmitteln auf, die nur m i t t e l b a r der Bedürfnisbefriedigung dienen und deren Wert daher auch nur ein indirekter ist,nämlich abgeleitet vom Wert desFertigproduktes. b) Die Industrie weist grundsätzlich eine v e r b u n d e n e Nachfrage auf, da sich die Erzeugung nur durch das Zusammenwirken der verschiedenen Produktionsmittel durchführen läßt. Das optimale mengenmäßige Verhältnis der einzelnen Produktionsmittel zueinander ist durch technische Faktoren bestimmt. Zu a): Der Wert eines F e r t i g p r o d u k t e s (Konsumgut) wird direkt durch seine Nützlichkeit und Knappheit bestimmt. Wird ein solches Fertigprodukt unmodern oder wird ein besseres erfunden, so wird das alte nicht sogleich wertlos, sondern es kann immer noch mit einem gewissen Nutzen aufgebraucht werden. Anders liegen die Dinge bei den Produktionsmitteln, den Anlagen der Industrie. Werden diese etwa durch neue Erfindungen überholt oder können infolge Modewandel die bisherigen Produkte nicht mehr produziert werden, so wird der Wert der Anlagen nicht viel höher als der Schrottwert sein, wenn sie nicht noch auf eine andere Fertigung umgestellt werden können. Der W e r t des A b s a t z p r o d u k t e s b e s t i m m t den W e r t der zu seiner H e r s t e l l u n g n ö t i g e n Anlagen. 1 ) Vom Produkt muß also rückwärts auf die Produktion sgüter geschlossen werden, was überaus schwierig, aber doch unbedingt notwendig ist. Die Bewertung der Anlagegüter vom Marktpreis des Produktes aus, auf Jahre im voraus, ist der Wirtschaft aber im allgemeinen nicht gelungen. Dies beweist die vorhandene ständige Überkapazität. Das bedeutet aber, daß die fixen Kapitalgüter unter den Wert gesunken sind, der ihnen bei der Erstellung der Anlage zugemessen wurde. Kann ein an Überkapazität leidender Betrieb seine Kosten jetzt nicht mehr voll decken, so ist das ein Zeichen dafür, daß die Kosten der Anlagen zu hoch sind. Sie entsprechen nicht mehr der jetzigen Preislage der eigenen Produkte. Um in eine solche fatale Lage nicht zu kommen, muß der Betrieb ständig rückwärts vom Produkt seine Produktionsfaktoren kalkulieren. Zu b): Aus der Tatsache, daß die Nachfrage des Betriebes stets eine v e r b u n d e n e ist, geht hervor, daß die Preisobergrenze für ein Kostenelement nur Daher die entscheidende Bedeutung des E r t r a g s w e r t e s für den Wert der Unternehmung als Ganzes.
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Kalkulation
bestimmt werden kann, wenn alle anderen Kostengüterpreise gegeben sind. Hierbei sind nun wieder zwei Fälle zu unterscheiden: Entweder werden alle Kostengüter zu gleicher Zeit gekauft oder es sind bereits einige Kostengüter vorhanden, zu denen noch die fehlenden komplementären Güter h i n zu g e k a u f t werden müssen. Der erste Fall trifft auf Betriebe zu, die, wie etwa die H a u s i n d u s t r i e , fast nur mit p r o p o r t i o n a l e n Kosten arbeiten, also mit nur wenig Maschinen. Die Notwendigkeit der Beschaffung a l l e r Kostenelemente zur s e l b e n Zeit, zeigt ihre völlige Abhängigkeit vom Preis der Produkte, verlangt demnach eine retrograde Errechnung der Produktionselemente vom Marktpreis aus. Die gleichen Zeitwerte aller Glieder der Rechnung macht diese weniger problematisch. Wesentlich schwieriger ist der z w e i t e Fall, der zugleich der weitaus häufigere ist: die Industrie mit ihrer Anlagenkapazität (und Fixkapitalstruktur) tritt am Beschaffungsmarkt als Nachfrager für Material und Arbeitskräfte auf. Die Beschaffung der einzelnen Kostengüter fällt also zeitlich auseinander. Haben sich am Markt bereits solche V e r ä n d e r u n g e n ergeben, daß der für die Produktionsmittel bezahlte Preis vom jetzigen Wert des Fertigproduktes aus gesehen zu hoch ist, so kann dieser Umstand dazu führen, daß nicht nur der Gewinn aufgezehrt wird, sondern auch die verbleibende Spanne nicht mehr ausreicht, um die letzten Kostengüter zu beschaffen. Der Betrieb muß dann a) entweder das A n l a g e n k a p i t a l a b w e r t e n bis auf seinen Ertragswert oder b) er muß mit T e i l k o s t e n k a l k u l i e r e n , also auf den Ersatz der fixen Kostenelemente oder einen Teil von ihnen im Preis verzichten.
Jede positive Differenz zwischen Preis und proportionalen Kosten ist dann „Deckung", also Fixkostendeckung und zugleich (relativer) Gewinn. Als Beispiel der retrograden Kalkulation des Nachfragepreises ist die Kalkulation der Preisobergrenze für Stahlblech bei der Fertigung eines Werkzeuges gewählt. Verkaufspreis ./. 10% Gewinn, einschließlich Umsatzsteuer (% auf Hundert)
408,61 DM 37,15 DM 371.46 DM
./• 10,4% Verwaltungs- und Vertriebskosten von den Herstellkosten = % auf Hundert von DM 371,46
34,99 DM 336.47 DM
./. Akkordlohn für 100 Stück + 215% Fertigungsgemeinkosten
63,50 DM 136,53 DM
200,03 DM
Preis für Material insgesamt ./. 11,4% (auf Hundert) Materialgemeinkosten
136,44 DM 13,96 DM
Möglicher Nachfragepreis für Einzelmaterial Für die Fertigung werden benötigt: 177 kg.
122.48 DM
177 kg Stahlblech dürfen 122,48 DM kosten, mithin 100 kg 69,20 DM. Dem Einkauf ist also der Preis von 69,20 DM für 100 kg 4 mm Stahlblech als Preisobergrenze vorzugeben.
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
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In wirtschaftlich stabilen Zeiten wird eine solche Kalkulation des Nachfragepreises nicht sehr häufig notwendig werden, da die Preise bekannt und stabil sind. Im anderen Falle wird aber die (nur retrograd mögliche) Kalkulation der Preisobergrenzen von größter Bedeutung. 34611. Retrograde Errechnung der Herstellkosten 346110.
Allgemeines
Die Kostenträger- und Ergebnisrechnung geht im allgemeinen progressiv vor und errechnet hierbei a) b) c) d)
die die die die
in der Periode entstandenen Herstellkosten, Herstellkosten der in dieser Periode fertiggestellten Erzeugnisse, Herstellkosten der umgesetzten (fakturierten) Erzeugnisse, Selbstkosten der umgesetzten (fakturierten) Erzeugnisse.
Hierbei ergeben sich auch die Bestandsänderungen an Halb- und Fertigfabrikaten : 1. 2. 3. 4. 5. I.
II.
III.
Fertigungsmaterial Materialgemeinkosten Fertigungslohn Fertigungsgemeinkosten Sondereinzelkosten der Fertigung
insgesamt während der Periode e n t s t a n d e n e Herstellkosten 6. ± Bestandsänderungen der Halbfabrikate Herstellkosten der f e r t i g e n Leistungen 1. ± Bestandsänderungen der fertigen Leistungen Herstellkosten der u m g e s e t z t e n (fakturierten) Leistungen 8. Verwaltungsgemeinkosten 9. Vertriebsgemeinkosten 10. Sondereinzelkosten des Vertriebs
IV. Selbstkosten der u m g e s e t z t e n Leistungen V. U m s a t z e r t r a g
VI. Umsatzergebnis Eine derart aufgebaute Kostenträger- und Ergebnisrechnung bedingt eine vollständige Nachkalkulation der Einzelerzeugnisse und ihre Zusammenfassung zu Erzeugnisgruppen. In Mehr- und Vielproduktbetrieben aber ist eine 100%ige Nachkalkulation zu teuer. Denn auch im Rechnungswesen muß das Gesetz der Wirtschaftlichkeit herrschen, so daß die Ausgestaltung des Rechnungswesens nur bis zur ökonomischen Grenze der Genauigkeit erfolgen kann, was in Vielproduktbetrieben zu einer starken Beschränkung führt und veranlaßt, Ersatzmethoden zur periodischen Erfassung der Halb- und Fertigfabrikate anzuwenden. Hier sind einmal die Ersatzmethoden der Nachkalkulation zu nennen, z. B. Kalkulation im Anhängeverfahren, tabellarische Kalkula-
Kalkulation
168
tion usw. Hierher gehört auch die Rückrechnung: Sie geht nicht progressiv von den Material- und Lohnkosten aus und gelangt dann zu den Herstell- und Selbstkosten, sondern ihr Ausgangspunkt ist der Umsatzertrag, und die Selbstund Herstellkosten gehen rückwärts vom Umsatzertrag aus. 346111.
Formen
Bei der Rückrechnung sind zu unterscheiden: a) nach den benutzten kalkulatorischen Abzugswerten ax) von Standardkosten a2) von Istkosten
b) nach der Benutzung der Inventur als Kontrollmittel bj) mit b2) ohne Inventur
c) nach dem Umfang cx) vollständige
c2) unvollständige Rückrechnung
d) nach der Art der Ermittlung der Bestandsveränderungen dx) zusammengezogene d2) getrennte Ermittlung.
Zu a): nach den benutzten kalkulatorischen Abzugswerten. Standardkosten als im voraus bestimmte, normalisierte Kosten besitzen zwar eine gewisse Konstanz, müssen aber doch je nach Bedarf der Wirtschaftlichkeit angepaßt werden. Die Genauigkeit der Rückrechnung hängt von der Genauigkeit der Standardkosten ab. Bei Benutzung von Istkosten für die Rückrechnung geht man von ehemaligen Nach- oder Vorkalkulationen aus. Sie können durch Anhängekalkulation gegenwartsnah gemacht werden. Aber auch sie setzen ein Gleichbleiben der betrieblichen Produktionsverhältnisse voraus, was nicht immer zutrifft. Beide Verfahren sind jedoch relativ brauchbare und kommen in der Praxis vor. Zu b): nach der Benutzung oder Nichtbenutzung der Inventur. Da die Rückrechnung niemals mit den effektiven Kosten rechnen kann, ist eine Abstimmung mit der Geschäftsbuchhaltung notwendig, was monatlich, vierteljährlich, mindestens aber jährlich geschehen muß. Das Mittel der Abstimmung ist die Inventur der in Bearbeitung befindlichen Erzeugnisse, wodurch festgestellt wird, inwieweit die in der Rückrechnung enthaltenen Kalkulationswerte dem effektiven Verbrauch entsprechen. Diese Inventur wird aus Wirtschaftlichkeitsgründen jedoch nur selten kurzfristig durchgeführt, meist nur zum Abschlußtermin der Geschäftsbuchhaltung. Wird die Inventur exakt durchgeführt, so ist damit der e f f e k t i v e Bestand an Halberzeugnissen und die Differenz zwischen diesem und dem rechnerischen Bestand festgestellt.1) Sie gibt auch Veranlassung zur Korrektur der kalkulatorischen Werte. Die Differenz geht zu Lasten oder zu Gunsten des Betriebsergebnisses.
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
169
Zu c): nach dem Umfang der Rückrechnung. Die vollständig durchgeführte Rückrechnung geht von den Selbstkosten und Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse aus und errechnet nicht nur die (insgesamt während der Periode) entstandenen Herstellkosten, sondern ebenso die Kosten des Fertigungsmaterials, des Fertigungslohnes usw. Bei der unvollständig durchgeführten Rückrechnung werden retrograde Rechnungen und progressive Rechnungen kombiniert. Häufig werden die e n t s t a n d e n e n Herstellkosten p r o g r e s s i v ermittelt, die anderen Herstellkosten der fertiggestellten und der eingesetzten und in Bearbeitung befindlichen Produkte dagegen retrograd. Werden in dem progressiven und dem retrograden Teil der Rechnung verschiedene Werte benutzt (etwa Ist- und Standardkosten), so müssen sich Abweichungen ergeben: Herstellkosten der Periode (Istkosten) ./. Herstellkosten der fertiggestellten Leistungen (Standardkosten) Bestand an Halbfabrikaten ± Kostenabweichungen ./. Bestand an Halbfabrikaten zu Standardkosten
Kostenabweichungen Diese können Preis-, Wirtschaftlichkeits- und Beschäftigungsabweichungen sein. Arbeitet dagegen die progressive Rechnung bis zu den (insgesamt während der Periode) entstandenen Herstellkosten mit Istkosten, die retrograde Rechnung dagegen mit Istkosten der früheren Kalkulation, dann ergeben sich bei der Ermittlung der Bestandsänderungen an Halbfabrikaten noch größere Abweichungen. Wenn z. B. die progressive Rechnung mit Kalkulationswerten für Material rechnet, die höher sind als die Kalkulationswerte der retrograden Rechnung, dann ergibt sich eine unechte Zunahme des Bestandes an Halbfabrikaten. Es kann hierbei nicht verhindert werden, daß die errechneten Bestandsänderungen der Halbfabrikate unechte Bestandsteile enthalten. Die Ungenauigkeiten sind umso größer, je langsamer die Kalkulationswerte der Rückrechnung den tatsächlichen Aufwendungen angepaßt werden. Sie können auf ein Mindestmaß beschränkt werden, wenn eine laufende Anpassung der Kalkulationswerte der Rückrechnung an die effektiven Aufwendungen erfolgen könnte. Diese Ungenauigkeiten, die für die kurzfristige Rechnung hingenommen werden müssen, führen dazu, daß auf eine Untergliederung nach Artikelgruppen verzichtet werden kann, weil sonst die Ungenauigkeiten der Bestandsermittlung für Halbfabrikate nur auf eine größere Zahl von Artikelgruppen verteilt würde, ohne die Erkenntniskraft zu erhöhen. Zu der unvollständigen Rückrechnung können auch solche Teilrückrechnungen gezählt werden, die lediglich die Herstellkosten der u m g e s e t z t e n Erzeugnisse und (durch Addition der Verwaltungs-, Vertriebs- und der Sondereinzelkosten des Vertriebs) die Selbstkosten der umgesetzten Erzeugnisse ermitteln. Hier handelt es sich nicht mehr um eine Rückrechnung im ursprünglichen Sinne, vielmehr um die kurzfristige Ermittlung des Umsatzergebnisses;
Kalkulation
170
die Bewegungen der Bestände an Halbfabrikaten und Fertigfabrikaten werden nicht erfaßt. Die Bestandsrechnung wird nur einmal oder zweimal im Jahr durchgeführt. Dieses Verfahren ist anwendbar, wenn die Bestände an Halbfabrikaten und Fertigfabrikaten nicht sehr schwanken. Zu d): nach der Art der Ermittlung der Bestandsveränderungen. Ermittlung der Bestandsveränderungen der Halb- und Fertigfabrikate dt) zusammengezogen oder d2) getrennt. Die Ermittlung der Bestandsänderungen der Halb- und Fertigfabrikate in einer Zahl ist das einfachste Verfahren, weil keine Gliederung der Bestände und ihrer Veränderungen erfolgt, so daß lediglich zwei Herstellkostensummen ermittelt werden: entstandene Herstellkosten und Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse. Die Differenz beider Größen ergibt die Veränderung des Bestandes. Kurzfristig ist diese Rechnung aus Wirtschaftlichkeitsgründen dann brauchbar, wenn zum Bilanztermin eine genaue Scheidung erfolgt. Die getrennte Ermittlung ist das genauere Verfahren. Sie ist erforderlich, wenn sowohl die Bestände an Halbfabrikaten als auch die Bestände an Fertigfabrikaten bedeutende Schwankungen aufweisen, was für die meisten Betriebe die Regel bilden dürfte. 346112.
Beispiele
Die in der Praxis gebräuchlichsten Formen sollen an Hand zweier Beispiele dargestellt werden: a) V o l l s t ä n d i g e R ü c k r e c h n u n g — E r m i t t l u n g der H a l b - u n d Fertigfabrikate Die Rückrechnung in der Kostenträger- und Ergebnisrechnung baut auf der Kostenstellenrechnung auf, die in einfachen Fällen wie folgt aussieht: Kostenstellenrechnung ~~ Kostenart
Kostenstelle •—
Hilfslohn Hilfs- und Betriebsstoffe Abschreibungen Gehälter Steuern Summe
. . . .
Verwaltungsu. Vertr.-Ber.
Materialbereich
Fertigungsbereich
2000 3000 2200 720 610
6000 9000 6250 1150 1960
500 600 790 3200 2 320
8 530
24360
7 410
Zuschlagsbasis
60000 1 )
30 000 2 )
Zuschlagsatz
14,2%
81,2%
155 000 3 ) 4,8%
Abb. 3 ) Basis ist das Fertigungsmaterial. 2 ) Basis ist der Fertigungslohn. 8 ) Basis sind die Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse, die aus der Kostenträger- und Ergebnisrechnung entnommen werden (Zeile 5). 1
171
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
Der erste Schritt der Rückrechnung soll in der Ermittlung der Herstellkosten der fertiggestellten Erzeugnisse bestehen. Voraussetzung hierfür ist die lückenlose Erfassung der fertiggestellten Erzeugnisse. Das Fertigwarenlager muß täglich Meldungen über den Fertigerzeugnis-Zugang erstellen. Hierfür werden entsprechende Formblätter benutzt. Die Formulare sollten so gestaltet sein, daß die Rückrechnung die erforderlichen Kalkulationen vornehmen kann, so daß kein weiteres Formblatt angelegt zu werden braucht. Eine solche Meldung über den Fertigwaren-Zugang ist nachstehend abgebildet. Fertigwaren-Zugang am Menge
Artikel
Größe
Fab.-Nr.
Herstellkosten Einheit DM
Herstellkosten Gesamt DM
220
XY
30
3625
2,90
638,—
Abb. 4
Nachdem die Standardkosten oder andere kalkulatorische Werte für die fertiggestellten Erzeugnisse auf Grund jeder Tagesmeldung ermittelt sind, müssen die Zahlen der Tagesmeldungen in Monats-Sammelblätter übertragen werden. Die Monats-Sammelblätter ermitteln für das gesamte Produktionsprogramm, das nach Erzeugnisgruppen gegliedert wird, die Herstellkosten der fertiggestellten Erzeugnisse. Ein Monatssammelblatt ist nachstehend dargestellt. Fertigwaren-Zugang im Monat zu Herstellkosten (Herstellkosten der fertiggestellten Erzeugnisse) Erzeugnisgruppen
Tag I
II
III
60000
48000
39000
1. 2. 3.
31.
Abb. 5
172
Kalkulation
Auf diesen Sammelblättern erfolgt am Monatsende die Addition der Herstellkosten der einzelnen Erzeugnisgruppen, so daß die entsprechenden Beträge in die Kostenträger- und Ergebnisrechnung der Betriebsabrechnung übertragen werden können. Eine solche Kostenträger- und Ergebnisrechnung für drei Erzeugnisgruppen ist nachstehend, dargestellt. Die Eintragung der Herstellkosten der fertiggestellten Erzeugnisse erfolgt in Zeile 3. Kostenträger- und Ergebnisrechnung Monat Erzeugnisgruppen
Kosten
I
1. Herstellkosten 2. ± Bestandsänderungen an Halbfabrikaten
71000 / 11000
3. Herstellkosten der fertiggestellten Erzeugnisse 4. + Bestandsänderungen an Fertigfabrikaten
./.
60000 +
9000
II
III
50000
35200
2 00
+
48000 ./.
6000
3800 39000
+
5000
5. Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse 6. Verwaltungs- u. Vertriebsgemeinkost. 7. Sondereinzelkosten des Vertriebs . .
69000 3312 8100
42 000 2016 6220
44000 2102 5910
8. Selbstkosten der umgesetzten Erzeugnisse
80412
50236
52012
9. Umsatzertrag
85300
51400
49220
1164
./. 2 792
+
10. Umsatzergebnis
4 888
+
Abb. 6
Die Herstellkosten der u m g e s e t z t e n Erzeugnisse werden in ähnlicher Weise errechnet. Auf demselben Wege könnten auch die S e l b s t k o s t e n der umgesetzten Erzeugnisse festgestellt werden. Die Umsatzerträge liefert dagegen die Geschäftsbuchhaltung (Klasse 8). Das Formblatt zur Ermittlung der Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse muß ebenfalls nach Erzeugnisgruppen aufgemacht werden. Ein solches Formblatt ist nachstehend dargestellt. Die Selbstkosten der umgesetzten Erzeugnisse werden auf diesem Formblatt nicht ermittelt. Wenn nämlich für sämtliche Erzeugnisse mit einem einheitlichen Yerwaltungs- und Vertriebsgemeinkostenzuschlagsatz gerechnet wird, dann würde eine laufende Errechnung der Selbstkosten der umgesetzten Erzeugnisse je Umsatzakt eine wesentliche Arbeitsbelastung bedeuten. Bei dem hier dargestellten Verfahren werden also lediglich Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse und Sondereinzelkosten des Vertriebs niedergeschrieben; die Selbstkosten der umgesetzten Erzeugnisse ergeben sich für jede Erzeugnisgruppe durch einfache Addition der Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten
173
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
zu den Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse. Diese Rechnung wird am Abschlußtage durchgeführt. Auch bei den Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse kann es notwendig sein, wie bei den Herstellkosten der fertiggestellten Erzeugnisse, eine Vorsammlung auf Kostensammeiblättern je Erzeugnis oder Erzeugnisgruppe vorzunehmen. Im Regelfall wird sich diese Sammelarbeit erübrigen, so daß auf dieses Formblatt hier verzichtet werden kann. Fertigwaren-Abgang im Monat zu Herstellkosten (Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse) Erzeugnisgruppen Fab.Nr.
Summe
I
II
III
Herst.Kosten
SEK des Vertriebs
Herst.Kosten
SEK des Vertriebs
Herst.Kosten
69000
8100
42000
6220
44000
SEK des Vertriebs
5910
Abb. 7
Die auf dem Formblatt ermittelten Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse werden ebenfalls in die Kostenträger- und Ergebnisrechnung eingesetzt (Zeile 5). Dasselbe gilt für die Sondereinzelkosten des Vertriebs (Zeile 7). Die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten (Zeile 6) ergeben sich durch die Multiplikation der Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse mit dem entsprechenden Zuschlagsatz. Normalerweise enthält dieses Formblatt lediglich — wie auch hier dargestellt — die H e r s t e l l k o s t e n der umgesetzten Erzeugnisse sowie die Sondereinzelkosten des Vertriebs. Falls jedoch die Gliederung der Erlöskonten in der Geschäftsbuchhaltung (Klasse 8) mit der Gliederung der Kostenträgergruppen in der Betriebsabrechnung nicht übereinstimmen sollte, so kann der Arbeitsgang der Aufgliederung der Umsatzkonten nach den Gesichtspunkten der Betriebsabrechnung auf diesem Formblatt mit erfolgen. Es ist daher erforderlich, auf diesen Formblättern entsprechende Spalten für die Umsatzerträge vorzusehen. Für die Ermittlung der Herstellkosten der umgesetzten sowie der fertiggestellten Erzeugnisse müssen besondere K o s t e n k a r t e i e n geführt werden. Ein solches Karteiblatt enthält entweder die Standardkosten oder aber die letzten Istkalkulationen, die Vor- oder Nachkalkulationen sein können. Auf diesen Karteiblättern werden die Herstellkosten vermerkt. Auf die Gemeinkosten des Verwaltungs- und Vertriebsbereiches kann aus den bereits angeführten Gründen
Kalkulation
174
verzichtet werden. Eine solche Kostenkartei, die Istkosten enthält, ist nachstehend abgebildet. Kostenkartei Artikel: X Y
Fab.-Nr. 3625
Größe: 30
Material: Kupfer
Oberfläche —•
a
b
c
Datum
HK
HK
HK
15. 3. 6. 9.
328 496 837 364
576 364 534 837
957 936 274 873
4. 8. 2. 5.
56 56 57 57
Abb. 8
Nachdem in der Kostenträger- und Ergebnisrechnung die Herstellkosten der fertiggestellten Erzeugnisse (Zeile 3) und der umgesetzten Erzeugnisse (Zeile 5) sowie die Selbstkosten der umgesetzten Erzeugnisse (Zeile 7) eingetragen sind, müssen noch die (insgesamt während der Periode) entstandenen Herstellkosten eingesetzt werden. Ihre Errechnung geschieht auf Formblättern, die ähnlich aufgebaut sind wie die zur Sammlung der Herstellkosten der fertiggestellten und die der umgesetzten Erzeugnisse. Herstellkosten des Monats Tag
Summe
Erzeugnisgruppe I
II
III
71000
50500
35200
Abb. 9
Nachdem die (insgesamt während der Periode) entstandenen Herstellkosten in der Kostenträger- und Ergebnisrechnung eingetragen sind (Zeile 1), können die Bestandsänderungen an Halbfabrikaten (Zeile 2) und an Fertigfabrikaten (Zeile 4) errechnet werden. Die Umsatzerträge der Geschäftsbuchhaltung werden dann in Zeile 9 der Kostenträger- und Ergebnisrechnung vermerkt, das Umsatzergebnis wird in Zeile 10 errechnet. b) U n v o l l s t ä n d i g e R ü c k r e c h n u n g — E r m i t t l u n g d e r H a l b - u n d Fertigfabrikate Bei der u n v o l l s t ä n d i g e n Rückrechnung wird bis zu den (insgesamt während der Periode) e n t s t a n d e n e n H e r s t e l l k o s t e n p r o g r e s s i v und von
175
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
den S e l b s t k o s t e n d e r u m g e s e t z t e n E r z e u g n i s s e ab r e t r o g r a d gerechnet. Die Technik dieser retrograden Rechnung unterscheidet sich nicht von der im vorigen Abschnitt dargestellten. Die Formblätter zur Ermittlung der Herstellkosten der umgesetzten Erzeugnisse und die der fertiggestellten Erzeugnisse müssen gleichfalls geführt werden, ebenso die Kostenkarteikarten. Bei dieser Organisationsform ist also nur darzustellen, welche Rechnungen beim Abschluß notwendig sind, wenn die progressive und die retrograde Rechnung miteinander abgestimmt werden müssen. b,) Retrograde Rechnung mit Standardkosten, progressive mit Istkosten. Es betragen: insgesamt entstandene Herstellkosten (I»tkosten) Herstellkosten der fertiggestellten Leistungen (Standardkosten) Bestand an Halbfabrikaten zu Standardkosten
160000 DM 150000 DM 6000 DM
Es ergeben sich: insgesamt entstandene Herstellkosten zu Istkosten ./. Herstellkosten der fertiggestellten Erzeugnisse zu Standardkosten Bestand an Halbfabrikation + Kostenabweichungen ./. Bestand an Halbfabrikaten zu Standardkosten Kostenabweichung b2) Retrograde Rechnung mit Istkosten.
. . . .
160000 DM 150000 DM 10000 DM 6000 DM 4000 DM
Rechnet die Rückrechnung nicht mit Standardkosten, sondern mit Istkosten und betragen: die insgesamt entstandenen Herstellkosten die Herstellkosten der fertigen Leistungen so ist die Bestandszunahme an Halbfabrikaten
90000 DM 100000 DM 10000 DM
Es liegt aber die Vermutung nahe, daß in diesen Bestandsänderungen unechte Bestandteile enthalten sind. Ergibt z. B. die Inventur eine Bestandszunahme von 8000, so sind in der von der Rückrechnung ermittelten Bestandszunahme 2000 enthalten, die keine echte Bestandszunahme darstellen. Sie sind zu Lasten des Betriebsergebnisses auszubuchen. Das folgende Beispiel zeigt die Ermittlung des Wertansatzes der Fertigware in der Bilanz (Herstellkosten) durch Rückrechnung vom Verkaufspreis aus. Dies geschieht zum Zwecke der Betriebskontrolle, d. h. hier zur Feststellung, ob die Spanne zwischen Verkaufspreis und Herstellkosten zur Deckung der noch anfallenden Vertriebskosten + Anteil der Verwaltungskosten ausreicht. Reicht diese Spanne nicht aus, so ist erwiesen, daß die zugrundegelegten Herstellkosten im Verkaufspreis nicht gedeckt sind und daher herabgesetzt werden müssen. So wird, nachdem die Herstellkosten progressiv errechnet worden sind, zur Kontrolle, vom Verkaufserlös ausgehend, eine Vergleichsrechnung vorgenommen, und zwar folgendermaßen:
Kalkulation
176 Artikel X
Pf. je qm
Listeapreis Rabatt 10%
535,— DM 53,50 DM
Skonto 3%
481,50 DM 14,45 DM
Umsatzsteuer 4%
467,05 DM 18,68 DM
Fracht
448,37 DM 16,95 DM
Waren- und Betriebskontrolle "1L Verwaltungs- und Yertriebskosten J Verpackungskosten, sofern es üblich ist, daß die Ware unverpackt auf Lager steht Bewertungspreis
431,42 DM „„ C O Q/l T j M ' 13,60 DM 364,91 DM
Herstellkosten 380,40 DM Die retrograde Berechnung ergibt somit einen Preis von 364,91 DM Die Herstellkosten für dieses Erzeugnis betragen im Beispiel jedoch 380,40 DM so daß als Wertansatz dieses Fertigwaren-Erzeugnisses in der Bilanz der erstgenannte Preis von 364,91 DM zum Zuge kommt. Die vom Verkaufspreis zu kürzenden Verwaltungs- und Vertriebskosten werden von der Vorkalkulation entnommen, wobei natürlich Voraussetzung ist, daß in ihnen keine nennenswerten Reserven enthalten sind. 34 612. Die Einkaufskalkulation des Handels Der Handel hat es immer mit einer d i r e k t e n Nachfrage zu t u n und braucht daher bei der Kalkulation seiner Nachfragepreise nicht indirekt zu werten, wie es die Anlagen benötigende Industrie t u n muß, deren Wert nur ein abgeleiteter ist. Beim Handel ist der Fall der gleiche, ob es sich um Produktionsmittel handelt oder um Konsumgüter. Bei P r o d u k t i o n s g ü t e r n übernimmt die weiterverarbeitende Industrie die Kalkulation der Preisobergrenze der Produktionsmittel, die noch tragbar ist, wenn die Fertigprodukte absetzbar sein sollen. Bei Konsumgütern ist die d i r e k t e , ursprüngliche Bewertung völlig deutlich, weil das Konsumgut direkt der Bedürfnisbefriedigung dient. D i e P r e i s k a l k u l a t i o n d e s H a n d e l s i s t d u r c h w e g e i n e retrograde; sie ist die klassische Form der retrograden Kalkulation. Sie hat den Sinn festzustellen, welche Einkaufspreise bei den am Markte „geltenden" Preisen, entsprechend den vom Hause geführten Preislagen, noch möglich sind. Die Absatzpreise sind bekannt, desgleichen die (notwendigen) Handelsspannen, um Kosten und Gewinn zu decken, das Einkaufslimit ist ihre Differenz. Der Marktpreis ist aber, je nach der W a r e n a r t , ein verschiedener. Es sind insbesondere drei Gruppen zu unterscheiden:
177
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung a) Konkurrenzartikel, b) frei kalkulierbare Artikel, c) Markenartikel.
K o n k u r r e n z a r t i k e l dienen dem täglichen Bedarf und sind bei den verschiedenen Anbietern immer vergleichbar und austauschbar, so daß der scharfe Konkurrenzkampf die Preise sehr niedrig hält. Durch die laufenden Käufe besitzt der Konsument zugleich eine genügende Marktübersicht: er kann Qualitäten und Preise vergleichen. Die geltenden Preise sind für alle Händler maßgebend. Eine Preiskalkulation ist unnötig (freilich nicht eine solche zur Kontrolle der Betriebsgebarung, wenn sie auch meist nicht stattfindet). Anders ist es bei f r e i k a l k u l i e r b a r e n Artikeln. Diese haben infolge ihrer Werthöhe und daher nur gelegentlichen Käufen, dazu infolge der Produktdifferenzierung, keine unmittelbare Vergleichbarkeit und daher kein einheitliches Preisniveau. Der Händler kann daher hier mehr seine tatsächlichen Kosten berücksichtigen, ist aber doch auch gezwungen, den Preis entsprechend der Marktlage so zu stellen, daß sein Absatz gesichert ist. Die Handelsspanne ist nicht kalkuliert, sondern traditionellen Ursprungs. Die Kalkulation von M a r k e n a r t i k e l n liegt nicht beim Handel, sondern beim Hersteller, der den Endpreis kalkuliert, an den der Händler gebunden ist. Die Berechnung des Funktionsrabattes für Einzel- und Großhandel geschieht retrograd vom Endverkaufspreis, beim kalkulierenden Hersteller naturgemäß progressiv vom Fabrikpreis ausgehend, unter Aufschlag der Groß- und Einzelhandelsspanne. Natürlich muß auch der Hersteller bei seinen Kalkulationen den erzielbaren Endpreis feststellen und dann nach Abzug der „geltenden" Handelsspannen sehen, ob er mit dem ihm verbleibenden Fabrikpreis auskommt. Bei der Kalkulation der Markenartikelpreise ist aber das retrograde Kalkulieren nur eines der Probleme, zu dem noch viele andere treten. Darum ist, der Kalkulation der Markenartikel ein besonderer Abschnitt gewidmet.1) Die retrograde Kalkulation des E i n k a u f s p r e i s e s des Handels rührt an das Gesamtproblem der Handelskalkulation, die im Grunde eine retrograde ist, aber noch eine Reihe von anderen Problemen in sich schließt. Diese müssen, um voll erfaßt werden zu können, im Zusammenhange behandelt werden. Daher ist der Handelskalkulation ein besonderer Abschnitt vorbehalten.2) 34 613. Die Differenzkalkulation des Handels
Die retrograde Bezugskalkulation ist eine typische Kalkulation des Handels für den Fall, daß der e r z i e l b a r e P r e i s beim Verkauf an den Konsumenten feststeht. Ist die Lage jedoch dergestalt, daß nicht nur der Verkaufspreis, sondern auch der B e z u g s p r e i s feststeht, so wird die Differenzkalkulation angewandt. Siehe S. 154 ff. ) Abschnitt 360.
2
M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2,
12
178
Kalkulation
Hierbei handelt es sich darum, ob nach Berücksichtigung der direkten Kosten noch eine ausreichende Gemeinkosten- und Gewinnspanne bleibt. Ergibt die Rechnung, daß eine solche positive Spanne nicht vorhanden ist, so kann das Geschäft nicht getätigt werden. Das Verfahren ist dann folgendermaßen: Der H ändler errechnet zunächst progressiv seinen E i n s t a n d s p r e i s (Bruttoeinkaufspreis ./. Rabatt, Skonto usw. + Frachtkosten und sonstige direkte Kosten). Sodann rechnet man vom Verkaufspreis aus retrograd, indem man die Erlösschmälerungen abzieht, und erhält somit den N e t t o v e r k a u f s p r e i s . Die Differenz zwischen Nettoverkaufspreis und Einstandspreis ist dann die beim vorliegenden Geschäft erzielbare Gemeinkosten- und Gewinnspanne. Bei dieser Kalkulationsart arbeitet man gleichzeitig mit progressiver und retrograder Methode, und zwar derart, daß beide Methoden gleichwertig nebeneinander stehen. Die Technik möge das folgende Beispiel veranschaulichen: Ein Berliner Händler kann in Hamburg 50 kg Ware zu 130,— DM kaufen. In Berlin kann er für 50 kg 145,— DM erhalten. Ist das Geschäft vorteilhaft, wenn eine Mindestgemeinkosten- und Gewinnspanne von 6% vom Einstandswert erzielt werden muß? I. P r o g r e s s i v e R e c h n u n g Bruttoeinkaufspreis für 50 kg ./. Wareneingabe 2%
130,— DM 2,60 DM
./. 10% Rabatt
127,40 DM 12,74 DM
Nettoeinkaufspreis + Fracht per 100 kg 3,— DM + Stadtverkehr per 100 kg 2,— DM
114,66 DM 1,50 DM 1,—DM
Einstandswert von 50 kg
117,16 DM
II. R e t r o g r a d e R e c h n u n g Bruttoverkaufspreis ./. 7% Rabatt ./. 2% Skonto ./. 4% Umsatzsteuer
145,— 10,15 2,70 5,30
DM DM DM DM
Nettoverkaufspreis
126,85 DM
III. D i f f e r e n z r e c h n u n g Nettoverkaufspreis ./. Einstandswert
126,85 DM 117,16 DM
Gemeinkosten- und Gewinnspanne
9,69 DM
Die Gemeinkosten- und Gewinnspanne beträgt 7,6% vom Einstandswert. Geschäft kann also abgeschlossen werden.
Das
34 614. Bewertung der Kostengüter bei gehemmter Beschaffung Hat ein Betrieb von einem Material nur noch einen beschränkten Vorrat und ist die Wiederbeschaffung zur Zeit nicht möglich, so ist es nicht richtig,
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
179
in der Kalkulation den Anschaffungswert als Kosten zu verrechnen. Bei einer solchen Materialbewertung besteht die Gefahr, daß das Material nicht den höchsten Verwendungszwecken zugeführt wird. Der Voraussetzung gemäß existiert auch kein Marktpreis, der wie üblich die Grundlage für die kalkulatorische Bewertung bilden könnte. Um das Material dem höchsten Verwendungszweck zuzuführen, ist es notwendig, daß man von dem N u t z e n ausgeht, den das Material bei den verschiedenen möglichen Verwendungszwecken stiftet. Von diesem Nutzen im Fertigfabrikat geht man retrograd auf das Material zurück, um so den Kalkulationswert für das Fertigungsmaterial zu finden. Diese Art der Bewertung, die vom erzielbaren Nutzen ausgeht, bildet eine Bewertung zu „realen Kosten", zum wirklichen Wert des Verbrauches.1) Der r e t r o g r a d e Charakter der Rechnung ist offenbar, wenn sie auch nur eine Teilrechnung innerhalb einer an sich progressiven Kalkulation bildet. 34 615. Retrograde Kalkulation der optimalen Produktionsmethode
Hier ist die Wirtschaftlichkeit von Verfahren durch retrograde Rechnung festzustellen. Hierzu sind die Gesamtherstellungskosten zweier oder mehrerer Verfahren festzustellen und davon auf die speziellen Verfahrenskosten zurückzugehen. Der Unterschied zur Nachfragepreiskalkulation der Industrie, weiter oben behandelt, besteht darin, daß der Ausgangspunkt hier nicht der „geltende" Marktpreis am Ab satzmarkt ist,sondern die v e r s c h i e d e n e n H e r s t e l l k o s t e n der e i n z e l n e n V e r f a h r e n . Wenn hier z. B. kapitalintensive Verfahren mit arbeitsintensiven zu vergleichen wären, also ein Übergang von Handarbeit auf Maschinenarbeit kalkuliert werden soll, müssen die Anschaffungskosten der Maschine samt Abschreibungen, Zinsen und Wagnissen in die Herstellkosten eingerechnet und den Herstellkosten bei arbeitsintensiven Verfahren gegenübergestellt werden, und zwar unter Berücksichtigung der Lebensdauer der Maschinen. Die Differenz der Herstellkosten bildet die Entscheidungsgrundlage. Es handelt sich hier um eine retrograde Methode, weil man vom Zukunftswert der Kosten auf ihren Gegenwartswert zurückgehen muß. 34 616. Retrograde Errechnung von Einzelkosten
Auch zur Errechnung von E i n z e l k o s t e n wird die retrograde Errechnung benutzt, insbesondere zur Berechnung des Verbrauchs von Fertigungsmaterial. Von den Gesamtkosten können rückwärts die Materialkosten deswegen berechnet werden, weil der Anteil der Materialkosten an den Gesamtkosten ein gleichbleibender ist und man ihn kennt. Nach diesem feststehenden Anteil der Materialkosten können sie von den Gesamtkosten her rückwärts berechnet werden. Es ist dies eine bekannte, in der Praxis gern geübte Methode, weil sie die mühselige Einzelerfassung des Materials erspart. Da die Materialrückrech!) Vgl. das Beispiel auf S. 216/17. 12*
180
Kalkulation
nung zu den Problemen der Materialrechnung gehört, wurde sie beim Material unter Einzelkosten behandelt, und wegen der Bedeutung dieser Methode — allerdings nur unter bestimmten Bedingungen angewandt — wurde ihr ein besonderer Abschnitt gewidmet.1) Neben der retrograden Berechnung des Materialverbrauchs wird die Rückrechnung auch zur K o n t r o l l e des sonst progressiv errechneten Verbrauchs an Material und Lohn benutzt. So berichtet Schmalenbach 2 ), daß durch retrograde Rechnung in einer Weberei festgestellt wurde, daß der Garnverbrauch im Verhältnis zur erzeugten Menge Tuch zu hoch war. Die Differenz war unterschlagen worden. Die Möglichkeit zur retrograden Kontrolle gaben die Wertverhältnisse der Vorkalkulation. Wie die progressive Kalkulation durch die Rückrechnung kontrolliert werden kann, so muß auch die Rückrechnung von Zeit zu Zeit durch die p r o g r e s s i v e Rechnung, beim Material etwa durch Einzelerfassung des Materials, kontrolliert werden. Beide Methoden müssen einander ergänzen. 34 617. Retrograde Kalkulation bei Kuppelproduktion
Bei der K u p p e l p r o d u k t i o n , wenn ein oder mehrere Hauptprodukte und zugleich Nebenprodukte erzeugt werden, schließt man von den bekannten Gesamtkosten auf die Kosten des Hauptproduktes, indem man von den Gesamtkosten aus rückwärts schreitend (durch Subtraktion des Wertes der Nebenprodukte) die Hauptkosten ermittelt. Die Kalkulation der Kuppelproduktion bildet den Gegenstand des Abschnittes 3475 (S. 192ff.). In diesem Abschnitt wird auch die Kuppelproduktion-Rückrechnung behandelt. 3462. Beurteilung der retrograden Methode Zahlreich sind die Anwendungsgebiete dieser Methode und verschieden ist der Grad ihrer Notwendigkeit und ihrer Brauchbarkeit. Es gibt Fälle, wo sie u n e n t b e h r l i c h ist, wo also nur der E n d w e r t bekannt ist oder annähernd geschätzt werden kann, die Einzelwerte dagegen oder wenigstens ein Teil oder auch nur einer von ihnen unbekannt sind, aber berechnet werden müssen, weil von ihnen die Entscheidung abhängt. Dies gilt insbesondere vom H a n d e l , der von dem erzielbaren Preis am Absatzmarkt bzw. von den vom Betrieb gepflegten Preislagen ausgehen und von diesem festen Endwert den Einstandswert berechnen muß. In anderen Fällen kann die Rückrechnung v o r t e i l h a f t sein, weil sie Kosten spart, und zwar dadurch, daß sie einen kostspieligen Erfassungsapparat entbehrlich macht. Doch hat sie auch N a c h t e i l e : sie ist u n g e n a u , mindestens ungenauer als die progressive Methode, die Methode der Einzelerfassung, und sie muß, wenn sie von Wert und relativ sicher sein will, von Zeit zu Zeit stichprobenr 2
) Abschnitt 20 301: Rückrechnung des Materialverbrauchs, Bd. II, 1, S. 213ff. ) Selbstkost,enrechnung und Preispolitik.
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
181
weise durch die progressive Rechnung k o n t r o l l i e r t werden. Anders kann auch die progressive Methode die Kontrolle durch die Rückrechnung nicht entbehren. So wird man beide Methoden anwenden müssen, die retrograde aber nur dort, wo sie wirklich angebracht ist, wo sie also mit ausreichender Genauigkeit arbeitet und dort, wo die Kosten der progressiven Erfassung nicht getragen werden können. Es gehört zur Beurteilung der Geeignetheit der retrograden Methode immer eine hohe Einsicht in die Zusammenhänge und ein entsprechendes Wissen um die Dinge, die nur eine reiche Erfahrung und die Möglichkeit vieler Vergleiche geben können. 347. Kalkulation in den einzelnen Prodnktionstypen
3470. Kalkulation bei Massenfertigung Bei der hier nach dem Kalkulationsobjekt vorgenommenen Unterscheidung der Kalkulationsverfahren bringt der Ausdruck Massenkalkulation lediglich den U m f a n g des Kalkulationsobjektes zum Ausdruck, dagegen nicht die Rechentechnik (vielfach wird Massenkalkulation s y n o n y m mit D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n gebraucht, was jedoch nicht immer zutrifft). Kalkulationsob j ekt ist bei Betrieben mit einheitlicher Massenfertigung primär die Masse der Erzeugnisse, alle Kosten werden in der Selbstkostenrechnung auf sie bezogen. Da alle in der Masse vereinigten Einzelleistungen g l e i c h e n Anteil an dem für die gesamten Nutzleistungen einer Periode entstehenden Kostenanfall besitzen, ergibt sich zunächst die Teilungsrechnung von selbst als die zur Errechnung der Kosten der Leistungseinheit einzuschlagende Methode (Divisionsrechnung). In der Art jedoch, in der die Kostenmasse dem Teilungsverfahren unterworfen wird, bestehen Unterschiede, je nach der Abstimmung der Produktionsstufen aufeinander. 1. L e i s t u n g s m ä ß i g a u f e i n a n d e r a b g e s t i m m t e P r o d u k t i o n s s t u f e n In diesem Fall sind die einzelnen Teile des Produktionsprozesses in ihrer Leistungsfähigkeit und tatsächlichen Produktionshöhe so aufeinander abgestimmt, daß wechselnde Zwischenlager überhaupt nicht entstehen, sondern ein k o n t i n u i e r l i c h e r P r o d u k t i o n s f l u ß besteht. In dem e i n f a c h s t e n Falle der Massenfertigung ergibt sich die Lösung der Kalkulationsaufgabe durch Gegenüberstellung des Gesamtverbrauches einer Periode und der in dieser Periode erstellten Fertigerzeugnisse, also durch Divisionsrechnung: Kosten der Leistungseinheit = _ „ . . _ . z. B. Kosten eines Brotes
Gesamtkosten ^ ^ p e r j 0 ( j e Leistungen Kosten in einer Periode — Anzahl d. Brote
Die Leistungseinheit braucht keineswegs immer die Verkaufs-, sondern kann auch eine Betriebseinheit sein, wenn diese der Kostenverursachung nähersteht, so z. B. die verarbeiteten Zuckerrüben statt des gewonnenen Zuckers in
182
Kalkulation
der Zuckerfabrik. Andererseits kann auch die V e r k a u f s e i n h e i t Bezugsgröße für vorgelagerte Stellen sein (so z. B. der fertige Zement für die Kosten der Rohmühle: Produkt Rohmehl oder des Ofens: Produkt Klinker). (Das hat zur Voraussetzung, daß diese Zwischenprodukte auf das Endprodukt umgerechnet werden. Das ist nur möglich, wenn zwischen ihnen eine feste gleichbleibende Relation besteht.) Die V o r a u s s e t z u n g e n für diese Art der Massenkalkulation sind in der Praxis nur s e l t e n gegeben, so z. B. bei zwangsläufig gekuppelten mechanisierten Prozessen (z. B. mehrstufiger Fließarbeit) oder bei in bezug auf Verfahrensweise und Organisation sehr e i n f a c h gelagerten Produktionsverhältnissen, z. B. der Dampf er zeugung. In den meisten Fällen ist die Anwendungsmöglichkeit lediglich im Rahmen eines Teilprozesses (einer Kostenstelle: z. B. Kraft-, Stromerzeugung) gegeben. Selbst dort aber, wo die Voraussetzungen der Massenkalkulation als Divisions rechnung gegeben sind, muß diese in der Regel aus Gründen der B e t r i e b s g e b a r u n g s k o n t r o l l e und der Betriebsdisposition v e r f e i n e r t werden. Das geschieht durch U n t e r g l i e d e r u n g der Kosten nach Kostenarten, vor allem nach f i x e n und v a r i a b l e n Kosten, und nach Kostenstellen. Das erste hat den Zweck, Beschäftigungsschwankungen neutralisieren zu können, das zweite, selbständige Kontroll- und Verantwortungsbereiche zu schaffen. 2. Bei l e i s t u n g s m ä ß i g n i c h t a u f e i n a n d e r a b g e s t i m m t e n P r o d u k tionsstufen Bei der Mehrzahl der Betriebe mit Massenfertigung ist die unter 1. vorausgesetzte L e i s t u n g s a b s t i m m u n g der nacheinander folgenden Produktionsstufen n i c h t v o r h a n d e n . Das hat vor allem folgende vier Gründe: a) Die N a t u r des Produktionsprozesses: Zwischen P r o z e s s e von kurzer Dauer schieben sich solche von sehr viel l ä n g e r e r D a u e r : z. B. in der Brauerei, wo das Bier einen L a g e r u n g s p r o z e ß durchmachen muß, bis es verkaufsfähig ist. b) Abhängigkeit von der Witterung, z. B. bei der normalen R i n g o f e n ziegelei mit Lufttrocknung. Hier wird von Frühjahr bis Herbst bewußt die Fertigung der Rohlinge forciert, um noch genügend Vorrat zur Ausnutzung des Brennofens zu haben, wenn infolge der feuchten Herbstwitterung der Formungsprozeß im Herbst eingestellt wird. (Bei künstlicher Trocknung mit Hilfe der Abwärme des Brennofens, ein Verfahren, das für die gewöhnlichen Ziegelsteine zu kostspielig ist, besteht dagegen ohne weiteres die Möglichkeit, Formungs-, Trocknungsund Brennprozeß leistungsmäßig miteinander in Übereinstimmung zu bringen.) c) Zu h o h e K o s t e n der A r b e i t s m i t t e l , durch die eine Abstimmung der Prozesse aufeinander erzielt werden könnte (z. B. in Maschinen- und Apparatebauindustrien).
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
183
d) B e s c h ä f t i g u n g s s c h w a n k u n g e n . Betriebe, die bei Normalbeschäftigung in ihrer Leistungsfähigkeit aufeinander abgestimmt sind, können darin bei Beschäftigungsänderungen sehr leicht gestört werden. In allen diesen Fällen kann eine einwandfreie Selbstkostenrechnung nur u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g der V e r ä n d e r u n g e n der B e s t ä n d e an H a l b f a b r i k a t e n erfolgen. Die Ermittlung der Kosten der Endleistungen des Betriebes geht dabei über die K o s t e n e r m i t t l u n g der Z w i s c h e n p r o d u k t e der e i n z e l n e n S t u f e n vor sich. (Schmalenbach spricht von „ m e h r s t u f i g e r Divisionskalkulation".) Besondere Probleme wirft die Massenfertigung auf, wenn sie in Form des Fließbandes organisiert ist. Wird nur ein Produkt hergestellt (ein in Deutschland kaum vorkommender Fall), so ist die einfache Divisionsrechnung das natürliche Kalkulationsverfahren. Wenn aber mehrere Produkte gleichzeitig oder nacheinander hergestellt werden, wenn ferner nicht ein Band, sondern viele Bänder, dazu Längs- und Querbänder laufen, so ist diese Form der Kalkulation nicht mehr anwendbar. Wenn vielerlei Produkte hergestellt werden, die gleichartig sind, so käme die Äquivalenzkalkulation in Betracht, jedoch läge darin nicht die Besonderheit der Kalkulation der Massenfertigung auf Fließbandgrundlage. Entscheidend ist, daß das Fließband in v o r n h i n e i n mit der allergrößten Sorgfalt kalkuliert, die Takte festgestellt, die eingesetzten Maschinen und ihre Ausnutzung, desgleichen der Materialfluß genau festgelegt, überdies die Art der Arbeit und ihre Wertigkeitsfaktoren genau bestimmt sind. Damit sind sämtliche Elemente einer V o r k a l k u l a t i o n festgelegt, einer Vorkalkulation, die so genau ist, wie eine Vorkalkulation überhaupt nur sein kann. Unter solchen Umständen ist die einmal vorkalkulierte Kostenträgerrechnung die Kalkulation des Betriebes. Eine Nachkalkulation ist dann völlig entbehrlich, selbstverständlich mit der Einschränkung, die bei jeder Vorkalkulation gemacht werden muß, daß sie von Zeit zu Zeit s t i c h p r o b e n w e i s e n a c h k a l k u l i e r t werden muß. Dann muß eine T e i l p e r i o d e m i t i h r e r P r o d u k t i o n g e n a u n a c h k a l k u l i e r t w e r d e n , um feststellen zu können, ob die Zahlenwerte der Vorkalkulation noch stimmen oder ob sie berichtigt werden müssen. Die eigentliche Fließbandfertigung erfordert als Fertigungsbereich immer eine Kalkulation für sich. Es ist natürlich, daß der R o h s t o f f e i n s a t z besonders erfaßt werden muß, zumal sich beim Rohstoff die Preisschwankungen am meisten auswirken. Die investierten Anlagen halten lange vor und bedürfen während dieser Zeit kaum einer Korrektur. Wo aber für Kapital und Material infolge Preisschwankungen Korrekturen notwendig sind, sollten sie im A n h ä n g e v e r f a h r e n erfolgen, wie überhaupt durch die Methode der Anhängekalkulation die Vorrechnung auf dem Laufenden gehalten werden kann. J e d e s B a n d oder auch Teile eines langen Bandes bilden naturgemäß eine K o s t e n s t e l l e , die besonders der Kontrolle der Betriebsgebarung dienen.
184
Kalkulation
3471. Kalkulation bei Sortenfertigung Sorten sind Warengattungen ähnlicher Art, die gleichzeitig oder nacheinander gefertigt werden oder natürlicherweise anfallen. Die Unterschiede der Sorten ergeben sich a) aus v e r s c h i e d e n e r B e a r b e i t u n g b e i g l e i c h e m R o h s t o f f , b) aus g l e i c h e r Bearbeitung bei v e r s c h i e d e n e m R o h s t o f f . Im Gegensatz zur Serienfertigung sind S o r t e n w e d e r z e i t l i c h mengenmäßig begrenzt.
noch
Es gibt zwei Arten von Sortenfertigung: a) u n v o r s ä t z l i c h e Sortenfertigung, b) v o r s ä t z l i c h e Sortenfertigung. Zu a): Zur u n v o r s ä t z l i c h e n Sortenproduktion gehört z. B. der K o h l e n bergbau. Hier ergeben sich die Sorten 1. aus dem Heizwert: Fettkohle, Gaskohle, Anthrazit usw. Kriterium ist der Kohlenstoffgehalt; 2. aus dem S i e b e p r o z e ß , nach der Korngröße: Staub-, Erbs-, Nuß-, Stückkohle. Zu b): Im allgemeinen ist die Sortenfertigung v o r s ä t z l i c h , beabsichtigt herbeigeführt: durch Einsatz v e r s c h i e d e n a r t i g e n und v e r s c h i e d e n w e r t i g e n M a t e r i a l s oder durch v e r s c h i e d e n e F e r t i g u n g . Zur K a l k u l a t i o n der Sortenfertigung ist es wichtig, den L a u f des Materials zu verfolgen und festzustellen, ob die B e a r b e i t u n g der verschiedenen Sorten 1. g e m e i n s a m in denselben Fertigungsstellen, 2. n e b e n e i n a n d e r in verschiedenen Fertigungsstellen oder 3. s t u f e n w e i s e in verschiedenen Fertigungsstellen vor sich geht. G e g e n s t a n d der Kalkulation ist die Sorte. Zur Ermittlung der Sortenkosten bestehen grundsätzlich zwei V e r f a h r e n : a) Ä q u i v a l e n z z i f f e r n r e c h n u n g mit den verschiedenen Formen der summarischen und differenzierenden, der vollständigen und teilweisen Äquivalenzziffernrechnung. Summarische Äquivalenzziffernrechnung = e i n e A r t von ÄquivalenzZiffern für a l l e Kostenarten; D i f f e r e n z i e r e n d e Äquivalenzziffernrechnung = mehrere Äquivalenzzifferngruppen für die verschiedenen Kostenarten, z. B. e i n e für M a t e r i a l , eine a n d e r e für die F e r t i g u n g s kosten. b) Ein der Z u s c h l a g r e c h n u n g entsprechendes Verfahren: direkte Zurechnung der Sorteneinzelkosten (z. B. Material oder Lohn), schlüsselmäßige Verteilung der Sortengemeinkosten.
185
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
B e i s p i e l 1 f ü r eine S o r t e n k a l k u l a t i o n Blechwalzwerk) Monatliche Erzeugung: Blech in mm Stärke Erzeugung in t
(Äquivalenzrechnung —
Gesamtkosten
100
1,5 1,0 0,5
200 400
700 130850,— DM Durch Kostenuntersuchungen sind die Soll-Tonnen-Kosten für die Sorten wie folgt festgelegt: 1,5 mm
148,—DM
1,0 mm
159 — D M
0,5 mm
199,—DM
Äquivalenzziffernreihe 1,48:1,59:1,99 oder 0,93:1:1,25 mm
Erzeugung
Äquivalenzziffern
Rechnungseinheiten
Gesamtkosten
Tonnenkosten
1,5 1,0 0,5
100 200 400
0,93 1 1,25
93 200 500
15 345,— 33002,— 82 503,—
153,45 165,01 206,26
130850,— 793 1 3 0 8 5 0 : 793 = 165,01 Vergleich mit den Soll-Kosten mm 1,5 1,5 0,5
Ist-TonnenKosten DM
Soll-TonnenKosten DM
153,45 148 — 159 — 165,01 206,26 199,— Gesamt-Soll-Kosten: 126200
Abweichung DM 5,45 6,01 7,26
B e i s p i e l 2 : Brauerei: 2 Sorten Äquivalenz- Rechnungsziffern einheit a) Lagerbier b) Starkbier
18000 hl 6000 hl 24000 hl
Gesamtkosten
Einheitskosten
18000 7 200
540000 216000
30 36
25200 7 5 6 0 0 0 : 25200 = 30
756000
1 1,2
B e i s p i e l 3: H o l z w o l l h e r s t e l l u n g (Äquivalenzziffernrechnung) Der Betrieb hat im letzten Rechnungsabschnitt verarbeitet: 3450 rm Holz. Hieraus werden erzeugt: 1292000 kg Holzwolle in den Sorten 5 bis 1. Durchschnittliche Ausbeute: 3 7 5 k g p r o r m . Kalkulationseinheit sind 100kg der verschiedenen Sorten. Eine Hobelstelle liefert in einer Stunde für die einzelnen Sorten eine unterschiedliche Leistung und zwar für Sorte 5 4 3 2 la 1 45 kg 36 kg 25 kg 16 kg 11 kg 8,4 kg
186
Kalkulation
Von dieser Leistung sind alle „leistungsabhängigen" Kosten bestimmt. Es werden aus der Aufwandrechnung die Kosten für eine H o b e l s t e l l e n s t u n d e ermittelt: 1 H o b e l s t e l l e n s t u n d e = 1,01 DM. Aus der durchschnittlichen Ausbeute errechnet sich der H o l z e i n s a t z auf folgende Weise: Aus 1 rm Rohholz ergeben sich durchschnittlich 375 kg Holz1 rm wolle; für 100 kg Holzwolle benötigt man = 0,267 rm. 1 rm kostet 375 kg 12,75 DM frei Werk. 1 ) Der Holzeinsatz je 100 kg ist danach 12,75 X 0,267 = 3,40 DM. Die Kosten für eine H o b e l s t e l l e n s t u n d e b e t r a g e n 1,01 DM.2) In einer Hobelstellenstunde wurden erzeugt 45 kg von Nr. 5, also kostet die Erzeugung von 100 kg 2,24 DM usw. a) Stoffkosten je 100 kg = 3,40 DM b) 1 Std. = 1,01 DM Holzart: Kiefer/Fichte
100 kg H o l z w o l l e (1 Hobelstellenstunde = 1,01 DM) 5
4
3
2
la
1
45
36
25
16
11
8,4
. . . . . . .
DM 3,40 2,24 0,10
DM 3,40 2,81 0,10
DM 3,40 4,04 0,10
DM 3,40 6,31 0,10
DM 3,40 9,18 0,10
DM 3,40 12,02 0,10
Herstellkosten . . . Verzinsung . . . . Umsatzsteuer . . .
5,74 0,38 0,12
6,31 0,24 0,13
7,54 0,25 0,16
9,81 0,41 0,21
12,68 0,55 0,27
15,52 0,63 0,33
6,24 0,16
6,68 0,10
7,97 0,10
10,43 0,17
13,50 0,23
16,48 0,25
0,05
0,05
0,05
0,05
0,05
0,05
6,45
6,83
8,10
10,65
13,79
16,78
Sorten-Nr. Zugrunde gelegte Leistung in kg Holzeinsatz Hobelkosten Draht
Umsatzsteuerpflicht. Ertrag Skonti Abschreibungen auf Debitoren . . Selbstkostenpreis ab Werkfpro 100 kg Holzwolle . . . . 1 nti ? 1 • 100 375 2 ) 1 Std. 45 kg 100 kg 101 45
= 375 kg 1 rm = 12,75 =100? = 0,267 • 12,75 = 3 • 4042 = 3,40 = = = =
1,01 1,01 ? 2,24
101 : 45 101 : 36 101 : 25 101: 16 101 : 11 101 : 8,4
= 2,24 = 2,81 = 4,04 = 6,31 = 9,18 = 12,02
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
187
3472. Kalkulation bei Chargen- und Partiefertigung 34720. Chargenkalkulation
Eine Charge ist die Stoffmenge, die gleichzeitig einen bestimmten Prozeß durchmacht. Produktion in Chargen kommt z. B. vor in der Eisenindustrie beim Siemens-Martin-Prozeß, beim Thomasprozeß, in der Nahrungsmittelindustrie beim Einkochen usw. Die Chargen u n t e r s c h e i d e n sich häufig hinsichtlich des für sie verwandten Rohmaterials, in der Eisenindustrie z. B. Roheisen verschiedener Herkunft und damit verschiedener Qualität, in der Nahrungsmittelindustrie z. B. verschieden ausgereifte Früchte. Diese Umstände bedingen nicht nur, daß die E r g e b n i s s e der einzelnen Chargen unterschiedlich sein können, sondern auch, daß die K o s t e n der Einheit der einzelnen Chargen verschieden sind, einmal wegen der unterschiedlichen Rohstoffkosten, zum anderen wegen der Unterschiedlichkeit der Fertigungsdauer, verursacht durch die Verschiedenheit der Rohstoffe. Man ist also gezwungen, je e i n z e l n e C h a r g e für sich abzurechnen. I n n e r h a l b d e r C h a r g e besteht Einheitlichkeit, so daß die K o s t e n der Charge einfach durch die M e n g e der Charge dividiert werden können, um die Kosten der Einheit zu ermitteln. Die S c h w i e r i g k e i t bei der Chargenkalkulation besteht in der Notwendigkeit, die K o s t e n auf die C h a r g e zu b e z i e h e n . Während bei der Divisionskalkulation die Kosten der Periode der Erzeugung der Periode gegenübergestellt werden, werden bei der Chargenkalkulation die Kosten des Z e i t r a u m e s , der zur B e a r b e i t u n g d e r C h a r g e erforderlich ist, der M e n g e d e r C h a r g e , d. h. der Menge der in diesem Z e i t r a u m erstellten Produkte, gegenübergestellt. B e i s p i e l : D a t e n : Gewicht der Charge 50 kg. Die Arbeit an der Charge dauert von 9—15 Uhr = 6 Stunden. Rechnung: I. s t ü n d l i c h erfaßte Kosten Fertigungslöhne (einschl. soz. Aufw.) II. w ö c h e n t l i c h erfaßte Kosten Hilfslöhne (einschl. soz. Aufw.) in der Woche geleistete Stunden Kosten pro Stunde III. m o n a t l i c h erfaßte Kosten Gehälter (einschl. soz. Aufw.) geleistete Stunden d. i. pro Stunde
. . .
6 Stunden zu 1,50
9,— DM
109,25 115,— 0,95 6 Stunden zu'0,95
5,70 DM
500,— 270,— 1,85 6 Stunden zu 1,85
11,10 DM
Übertrag: 25,80 DM
Kalkulation
188
Übertrag: 25,80 DM
Hilfs- und Betriebsstoffe im Monat Produktion im Monat Kosten p. kg
300,— 1800 kg ' 0,1667 50 mal 0,1667 Strom, Gas, Wasser im Monat . . . . 72,— Produktion im Monat 1800 kg Kosten p. kg 0,04 50 mal 0,04 DM IV. j ä h r l i c h erfaßte Kosten Steuern, Gebühren, Beiträge Versicherungen jährlich 330,— verschiedene Kosten jährlich . . . . 215,— 545,— Jahresproduktion 21800 kg Kosten pro kg 0,25 50 mal 0,25 Gesamtfertigungskosten der Charge . . Rohstoff 70kgfür 50kg Ergebnis zu0,75 Selbstkosten der Charge (50 kg) 101,13:50 = 2,056 Selbstkosten für 1 kg
8,33 DM
2,— DM
12,50 DM 48,63 DM 52,50 DM 101,13 DM 2,06 DM
34721. Partiekalkulation Manche Betriebe •— insbesondere solche, die Urprodukte verarbeiten — erhalten Rohstoffe, die einer S o r t i e r u n g bedürfen, ehe sie verarbeitet werden können. Die Ergebnisse dieser vorbereitenden Arbeit sind verschieden je nach der Zusammensetzung der Partie. Zur Ermittlung der Kosten der Betriebsprodukte ist also eine Abrechnung der Partie erforderlich. Unterschied zwischen P a r t i e u n d C h a r g e : Die Charge wird auf einmal eingesetzt, macht als Ganzes alle Produktionsstufen durch und verläßt auf einmal den Produktionsprozeß. Die P a r t i e wird als Ganzes vorbereitet, während die verschiedenen notwendigen Verfahrensstufen nur von mehr oder minder großen Teilen der Partie gleichzeitig durchgemacht werden. Beispiel 1 Partie: 13 Ballen Nr. 4323—4336, Qualität: graue China-Entenfedern Lieferant:
geliefert: Abgang in kg in %
Fakturiertes Gewicht Eingangsgewicht Gewicht nach Trockenreinigung Gewicht nach Wäsche Gewicht nach Sortierung
1181,2 kg 1157,6 kg 791,0 kg 705,5 kg 572,0 kg
23,6 366,6 85,5 133,5 609,2
2 31,1 7,3 11,1 51,5
Sonderfragen der Kostenträgerreclinung
189
Wenn die Federn dieser Partie sortiert werden, ergeben sich Daunen Halbdaunen Rupf Langfedern, z. T. noch verwertbar
25,0 40,5 433,5 73,0
2,1 3,5 36,7 6,2
572,0
48,5
Preis der R o h w a r e einschließlich Säcke pro kg Fracht, Zoll, Ausgleichssteuer, vet. pol. Einfuhrgenehmigungsgebühren usw. pro kg 0,22 DM Einstandspreis pro 1 kg 1,52 DM Bei einem Gesamtabgang in der Verarbeitung von 51,5% sind die Gestehungskosten der noch nicht sortierten Federn (1,52:48,5) 3,13 DM Jetzt reguläre Kalkulation (Divisions-oder Zuschlagkalkulationbei Einstandspreis von 3,13 DM); besser Äquivalenzziffernrechnung. B e i s p i e l 21) „Eine Partie von 9000 kg Rohflachs im Selbstkostenwert von 9000 DM liefert nach dem Hecheln 4400 kg W e r g in v i e r Qualitätssorten und 4 5 5 0 kg g e h e c h e l t e n F l a c h s in f ü n f Qualitätssorten. Jede einzelne Sorte bzw. Nummer wird mit einem unveränderlichen Grundpreis bewertet. Dieser Standardwert wird bestimmt nach dem erfahrungsgemäßen M a r k t w e r t der betreffenden Qualität und Nummer und nach dem Verhältnis des Flachspreises zum Verkaufswert der daraus angefertigten Ware. Die Partie liefert 1000 kg Werg Nr. 1 zu 0,40 DM (Grundpreis) = 400,— DM 1 800 kg Werg Nr. 2 zu 0,45 DM 810,— DM 900 kg Werg Nr. 3 zu 0,50 DM 450,— DM 700 kg Werg Nr. 4 zu 0,55 DM 385,— DM 4400 kg Werg zu Standardpreisen berechnet = 2045,—• DM 550 kg Flachs Nr. 1 zu 1, 20 DM (Grundpreis) = 660,— DM 1000 kg Flachs Nr. 2 zu 1,40 DM 1400,— DM 1500 kg Flachs Nr. 3 zu 1,60 DM 2 400,— DM 1000 kg Flachs Nr. 4 zu 1,80 DM 1800,— DM 500 kg Flachs Nr. 5 zu 2,— DM 1000,— DM 4550 kg Flachs zu Standardpreisen berechnet = 7 260,— DM Der berechnete Gesamtselbstkostenpreis der Partie (2045 und 7 260) beträgt somit der Einkaufspreis Differenz
9305,— DM 9000,—DM 305,—DM
d. h. die Partie ist gegenüber den Standardpreisen um etwa 2,28% billiger." Entnommen Leitner, F., a. a. O., S. 79.
190
Kalkulation
3473. Kalkulation bei Serienfertigung Die bisher dargestellten Kalkulationsformen sind anwendbar, wenn ein Gut oder mehrere Güter in Massen hergestellt werden und wenn das Produktionsprogramm entweder naturnotwendig oder beabsichtigt über lange Zeiträume stets die Herstellung gleicher Produkte vorsieht. Die letzte Voraussetzung ist nicht mehr gegeben bei der S e r i e n f e r t i g u n g . Die Herstellung der Serie ist auf eine gewisse Zeit beschränkt. Eine Serie sind einheitliche Erzeugnisse innerhalb einer begrenzten F r i s t u n d A n z a h l , z. B. Kraftwagen, Radioapparate, Fernsprechanlagen. Die Serienerzeugung ist a) Ersatz für Massenproduktion in kleinen Ländern oder Ländern geringer Absatzmöglichkeit, b) bei Produktion für individuelle Bedürfnisbefriedigung.
K a l k u l a t o r i s c h ist die Serienfertigung abhängig vom Produkttyp, ob ein Einprodukt- oder Mehrproduktbetrieb die Serienfertigung vornimmt, also zur selben Zeit nur ein Produkt oder m e h r e r e Produkte zu gleicher Zeit hergestellt werden. Handelt es sich um E i n p r o d u k t betriebe, also um Betriebe mit wechselnder Fertigung, so wird die D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n angewandt. Handelt es sich um Mehrproduktbetriebe mit g l e i c h z e i t i g und n a c h e i n a n d e r v e r s c h i e d e n e n P r o d u k t e n , so kommt die Zuschlagkalkulation in Betracht bzw. eine von den k o m b i n i e r t e n Formen. In diesem Falle sind in der Kalkulation die Sonderkosten der einzelnen Serien b e s o n d e r s und sehr genau zu kalkulieren. Hierher gehören a) Entwicklungskosten der Type ( K o n s t r u k t i o n , V e r s u c h s f e r t i g u n g , Ä n d e r u n g s k o s t e n nach erfolgtem Versuche); b) S o n d e r v o r r i c h t u n g e n und S o n d e r m a s c h i n e n für die neue Serie; c) S o n d e r f e r t i g u n g einzelner Teile, nur für die laufende Serie benötigt (ergänzt durch sonstige bereits vorhandene und genormte Einzelteile); d) M o n t a g e k o s t e n der einzelnen Serien. Wesentlich für die Serienkalkulation ist auch die z e i t l i c h e A b g r e n z u n g der Aufwände und Leistungen. Von diesen Sondereigenschaften abgesehen, gelten die a l l g e m e i n e n G r u n d s ä t z e für Divisions- und insbesondere Zuschlagskalkulation. Es erhebt sich die Frage, ob die Serienkalkulation den g e s a m t e n Produktionszeitraum umfaßt, z. B. 10000 Stück in zwei Jahren oder aber ob sie auf einzelne Teilabschnitte verteilt werden soll. Hierbei sind die Entwicklungskosten und sonstige für die G e s a m t s e r i e aufgewandten V o r k o s t e n von den l a u f e n d e n K o s t e n der Produktion zu scheiden. Die Entwicklungs- und sonstigen Vorkosten sind auf die gesamte Serie (10000 Stück) g l e i c h m ä ß i g zu v e r t e i l e n . Dazu sind ferner besondere Wagnisrückstellungen für die Serie vorzunehmen, da man niemals weiß, was für Fälle in der Produktion und beim Gebrauch vorkommen können (Fehlkonstruktionen). Es ist das Ziel j e d e r S e r i e n k a l k u l a t i o n , die E n t w i c k -
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l u n g s - u n d s o n s t i g e S o n d e r k o s t e n auf die e r s t e S e r i e eines Typs zu verteilen, da man nicht weiß, ob eine Serie m e h r f a c h a u f g e l e g t werden kann. Geschieht dies doch, so erzielt der Betrieb einen Gewinn als eine besondere L e i s t u n g s p r ä m i e und bekommt die Möglichkeit, die neuen Entwicklungen zu finanzieren. Da dies aber nicht immer möglich ist, sind nach Möglichkeit R ü c k l a g e n f ü r E n t w i c k l u n g s z w e c k e zu bilden. Ist dies nicht geschehen, m ü s s e n n i c h t g e d e c k t e S e r i e n - E n t w i c k l u n g s k o s t e n vom J a h r e s g e w i n n oder dem G e s a m t g e w i n n getragen werden. Die übrigen Kosten werden in der gewöhnlichen Weise nachkalkuliert und zwar a) die V o r f e r t i g u n g der Teile, b) die M o n t a g e zum Fertigfabrikat.
Die Vorfertigung kann sich auf e i g e n e S e r i e n ein z e l t e i l e stützen oder aber auf b e r e i t s v o r h a n d e n e , g e n o r m t e T e i l e . Im ersten Falle entstehen meist etwas h ö h e r e L a g e r k o s t e n infolge der All ein Verwendung der Teile für diese Serie. Im übrigen entstehen in der Vorfertigung ebenso auch in der Montage keine sonstigen Kosten. In der N a c h k a l k u l a t i o n entstehen daneben keine Sonderprobleme. P r o b l e m a t i s c h e r ist die Serien vorkalkulation, da hier für die Angebotspreisbildung die H ö h e d e r S e r i e entscheidend ist. Zwar kann man diese niemals genau im voraus feststellen. Jedoch wird man versuchen, mit Hilfe der M a r k t b e o b a c h t u n g und M a r k t a n a l y s e einen A b s a t z p l a n für die Serie aufzustellen. 3474. Kalkulation bei Einzelfertigung 1. Notwendig: Vorkalkulation, 2. Normalgemeinkostenzuschlag, 3. Sonderkosten: Für Erstfertigung, auch wenn später noch mehr Stücke produziert werden. Zur selben Zeit m e h r e r e Einzelprodukte (wechselnde Einzelfertigung). a) D i r e k t e Zurechnung der E i n z e l k o s t e n . b) S c h l ü s s e l u n g der Gemeinkosten. Gestaltung der Rechnung als A b t e i 1 u n g s kalkulation. Statt der Verteilung der tatsächlich entstandenen Unkosten wird vielfach ein als n o r m a l anzusehender Satz pro Schlüsseleinheit auf die Leistungen verrechnet und die Differenz zwischen tatsächlichen und verrechneten Unkosten über ein Differenzkonto geleitet. Auch bei der Einzelkalkulation vielfach k o m b i n i e r t e Kalkulationsverfahren, nämlich dann, wenn S t e l l e n m i t e i n h e i t l i c h e r L e i s t u n g vorhanden sind. Das ist vor allem bei den Allgemeinen Stellen, wie bei Gas-, Wasser- und Elektrizitätserzeugung der Fall.
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Kalkulation
3475. Kalkulation bei verbundener Produktion Verbundene Güter 1 ) erzeugen verbundene Kosten. DasMerkmal verbundener Güter ist, daß sie nicht trennbar sind, so daß dem Teilprodukt seine Kosten nicht direkt, sondern nur indirekt zugerechnet werden können, aber indirekt in einem noch höheren Grade, als es bei der Zuschlagsrechnung der gemeinschaftlichen Produktion der Fall ist. Jeder Versuch der Zurechnung kann stets nur eine Näherungslösung bringen. Die errechneten Kosten werden darum niemals absolut, sondern nur relativ richtige Kosten sein. Von der angewandten M e t h o d e hängt es ab, ob sie der absoluten Richtigkeit mehr oder weniger nahekommen. Die Zurechnungsmethode muß insbesondere eine dem e i n z e l n e n F a l l angemessene sein. Die I n d i v i d u a l i s i e r u n g der Branchen, Betriebe und der einzelnen Fälle ist daher das erste Erfordernis an die Zurechnungsmethode. Bei der verbundenen Produktion sind nur die G e s a m t k o s t e n der Produktion bekannt, gefragt wird nach den Kosten der Spaltprodukte, die wir auch Teilprodukte nennen wollen. Zur E r r e c h n u n g der Kosten der Teilprodukte ist ein Vierfaches notwendig: 1. Die einzelnen Kostenarten sind s e h r w e i t g e h e n d aufzugliedern und sehr scharf abzugrenzen. 2. Alle irgendwie d i r e k t verrechenbaren Kosten (und es gibt überall solche, in steigendem Maße von der primär zur sekundär verbundenen und zur gemeinschaftlichen Produktion) sind gesondert zu erfassen. 3. Die Produktion ist scharf nach A b t e i l u n g e n (Kostenstellen) zu gliedern, um eine möglichst genaue Erfassung der Stellenkosten (Verkehrszweige, Dienstleistungsarten, Dienstzweigarten, Warengruppen) zu erreichen. R e g i o n a l e Gliederungen (z. B. Direktionsbezirke) spielen hierbei eine große Rolle. 4. Die aufzuteilenden Kosten (Gesamtkosten, Kostengruppen) sind nach dem individuell geeignetsten S c h l ü s s e l , der dem Verursachungsprinzip so weit wie möglich entspricht, zu verrechnen.
Nur so kann man dem Ziel jeder Kostenrechnung, der Erfassung der t a t s ä c h l i c h e n Kosten, möglichst nahe kommen. Die G r u n d s ä t z e d e r K o s t e n r e c h n u n g g e l t e n in v o l l e m M a ß e a u c h f ü r die v e r b u n d e n e n K o s t e n . Auch hier dürfen einzelne Kosten nicht ausgelassen werden, ebensowenig wie Leistungen (Nebenprodukte, Abfälle) unberücksichtigt bleiben können. Auch die Errechnung der Kosten der Teilprodukte verbundener Produktion zeigt die zwei Seiten einer jeden Kostenrechnung: die materielle und die formale, die B e w e r t u n g der Kosten und das V e r r e c h n u n g s v e r f a h r e n . Die B e w e r t u n g der verbundenen Kostengüter unterscheidet sich von der sonstigen Kostenbewertung 2 ). Es kommt hier darauf an, von den G e s a m t k o s t e n r ü c k w ä r t s die Kosten der Spaltprodukte zu bewerten. Die Frage der Bewertung der Kosten zum Anschaffungs- oder Tages- oder Standardwert *) Zum Begriff der verbundenen Kosten s. Kosten und Kostenrechnung Bd. I,S. 140. Ferner insbesondere: Albrecht, Verbundene Kosten. Diss. W. H. Berlin, 1934. 2 ) Aus diesem Grunde ist es zweckmäßig, in diesem Abschnitt die Behandlung der Bewertung und der Rechnungsform zu verbinden.
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kommt hier also nur für die Gesamtkosten in Betracht, nicht aber für die Teilprodukte. Die Bewertung der Teilproduktkosten kann nur eine ab g e l e i t e t e sein. E s m ü s s e n M a ß s t ä b e g e s u c h t werden, die zur W e r t u n g der T e i l p r o d u k t k o s t e n g e e i g n e t sind. 1. Der beste und eigentlich einzige Maßstab ist die W e r t u n g der S p a l t p r o d u k t e d u r c h den M a r k t , also der M a r k t w e r t der Spaltprodukte. Von dem W e r t der T e i l p r o d u k t e s c h l i e ß t m a n auf i h r e K o s t e n . Man kann dabei von zwei verschiedenen Annahmen ausgehen: 1. daß zwischen W e r t und Kosten ein A b h ä n g i g k e i t s v e r h ä l t n i s besteht, so daß z.B. einem hohen W e r t hohe Kosten, einem niedrigen W e r t niedrige Kosten entsprechen; 2. daß selbst, wenn kein funktionales Verhältnis zwischen beiden besteht, aus dem W e r t der Teilprodukte sich ihre Fähigkeit, Kosten zu tragen, ergibt ( K o s t e n t r a g f ä h i g k e i t d e r T e i l p r o d u k t e ) . Dadurch kann wenigstens eine Über- oder Unterbelastung der Teilprodukte mit Kosten und eine falsche Betriebspolitik auf Grund unvernünftiger Kostenbelastung vermieden werden.
Sicherlich treffen beide Annahmen nicht völlig zu; trotzdem kommen sie den wirklichen Verhältnissen noch am nächsten. Der Wert als Maßstab für die Kosten ist überdies noch verbesserungsfähig durch Hinzunahme von technischen Faktoren, die auf Kostenhöhe und Kostengestaltung Einfluß haben, so insbesondere die Produktmenge, z. B. wechselnde A u s b e u t e v e r h ä l t n i s s e . Diese Mengenergebnisse sind wegen ihrer Kostenbeeinflussung nicht nur imstande, den Wertmaßstab zu verbessern, sondern ihn auch k o n s t a n t e r zu machen. Geht man vom M a r k t w e r t als Maßstab für die Kostengestaltung aus, so bestehen wiederum verschiedene Möglichkeiten zur Bewertung: 1. der j e w e i l i g e (bei der Kalkulation oder Produktion bestehende) Marktwert (Marktzeitwert), 2. der d u r c h s c h n i t t l i c h e Marktwert während einer kürzeren oder längeren Periode, 3. der im voraus für eine längere Zeit festgesetzte W e r t ( S t a n d a r d w e r t ) , 4. der i n d i r e k t e Marktwert, der aus dem Marktwert des zum E n d p r o d u k t verarbeiteten Spaltproduktes errechnet wird, 5. der E r s a t z w e r t , der Marktwert des E r s a t z p r o d u k t e s , der ein reiner N u t z w e r t ist.
Der j e w e i l i g e Marktwert entspricht dem Prinzip der Kostenrichtigkeit am meisten, weil man annehmen muß, daß die Kosten ebenso schwanken wie die Marktwerte, daß sie sogar ungefähr in demselben Maße schwanken wie diese. Der Marktzeitwert ist der beste Bewertungsmaßstab für jeden betrieblichen Gutsverbrauch unter normalen Umständen. Er ist es genau so für die Bewertung der Spaltprodukte. Aber das ständige S c h w a n k e n des Marktzeitwertes hat für die Kostenrechnung der Spaltprodukte viele Nachteile, um so mehr, als, vor allem auf kurze Sicht, ein f u n k t i o n a l e s Verhältnis zwischen dem Marktzeitwert der Teilprodukte und den für die Gesamtproduktion aufgewandten Kosten nicht besteht. M e l l e r o w l c z , Kosten nnd Kostenrechnung I I , 2.
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Kalkulation
Die Entwicklung der Marktzeitwerte für die Spaltprodukte und der aufgewandten Kosten kann sogar, besonders kurzfristig, eine e n t g e g e n g e s e t z t e Richtung annehmen. Man wird darum häufig, jedenfalls wenn es für ein Produkt besonders zutrifft, gern einen von Schwankungen weniger beeinflußten Marktwert nehmen, der die Marktveränderungen nur auf längere Sicht berücksichtigt. Diesem Zweck dienen sowohl a) der d u r c h s c h n i t t l i c h e Marktwert als auch b) der S t a n d a r d w e r t . Wer die Güte der Standardkostenrechnung erkannt hat, wird dem im voraus errechneten Standardwert den Vorzug geben. Er beruht in diesem Falle ohnehin auf dem durchschnittlichen Marktwert einer vergangenen Periode, wird aber durch die Tendenz zukünftiger Preisentwicklung und sonstige Überlegungen korrigiert. Sein Vorteil ist insbesondere, daß er (nach rationalen Gesichtspunkten) auf längere Zeit im v o r a u s festgesetzt wird und ein leichtes Rechnen ermöglicht. Er ist der eigentliche N o r m a l w e r t . Andererseits hat die Bewertung nach dem Marktwert eine bedeutende Schwäche: sie berücksichtigt nicht den in dem Preis der einzelnen Spaltprodukte enthaltenen Gewinn. Da er verschieden ist oder wenigstens sein kann, müßte erst der Gewinn von den einzelnen Marktpreisen abgezogen werden, was aber nicht geht, so daß der Marktwert als Maßstab ein doch recht unsicheres Aussehen erhält. Seine Stärke ist eigentlich nur die Schwäche der anderen: es gibt kein besseres Mittel. Der i n d i r e k t e M a r k t w e r t wird nur dann benutzt, wenn ein direkter nicht vorhanden ist. Besitzt also ein Spaltprodukt keinen oder keinen brauchbaren Marktwert, weil es nicht oder nicht in genügendem Ausmaß gehandelt wird, kann man vom Marktwert des aus dem Spaltprodukt verarbeiteten E n d p r o d u k t e s ausgehen. Marktwert des Endproduktes minus sämtlicher Verarbeitungskosten ergibt den Wert des (als Rohstoff benutzten) Spaltproduktes. Die eine Schwäche des Marktwertes als Bewertungsmaßstab, daß die Gewinnanteile der einzelnen Spaltprodukte verschieden sind, tritt hier noch in verstärktem Maße auf, weil hier der Gewinnfaktor zweimal störend auftritt. Dies ist immer in besonderem Maße der Fall, wenn nicht ein, sondern mehrere Produkte erzeugt werden. Bei einem Nebenprodukt könnte der Gewinnaufschlag geschätzt werden. Trotz aller Schwächen ist der indirekte Marktpreis oft nicht zu umgehen. WTird das Spaltprodukt nicht zu einem Endprodukt verarbeitet, und ist infolgedessen auch kein indirekter Marktwert vorhanden, so kann nur noch der E r s a t z w e r t , d. h. der Wert eines Ersatzgutes, das einen Marktwert besitzt, als Bewertungsmaßstab dienen. Zu diesem Ersatzwert muß das Spaltprodukt auf Grund seines N u t z w e r t e s in Beziehung gebracht werden, z. B. Heizwert des Spaltproduktes (z. B. des Gichtgases) zu dem Marktwert des Heizwertes anderer Stoffe (z. B. Gas oder Kohle). Es besteht kein Grund, die Substanzenergie verschieden zu bewerten. 2. Zu dem Marktwert als Bewertungsgrundlage treten zweitens noch andere, nicht wertmäßige Maßstäbe, die meist t e c h n i s c h e r N a t u r sind:
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a) A u s b e u t e v e r h ä l t n i s s e , die technisch gemessen werden: Mengen in Gewicht, Maß, Anzahl; b) sonstige technische Maßstäbe: Reingehalt von Spaltprodukten (Kali, Kupfer, Schwefelsäure), Wärmeeinheiten, Dichtigkeit, Festigkeit. Der technische Maßstab zur Bewertung der Kosten, der eigentlich nur Mengen berücksichtigt, ist zweifellos rechnerisch viel einfacher, aber ebenso sicher viel minderwertiger. Er sollte nur unter besonderen und einfachen Verhältnissen Anwendung finden. 3. Eine K o m b i n a t i o n beider Maßstäbe, des wirtschaftlichen und technischen, des wert- und des mengenmäßigen dagegen, als die dritte Möglichkeit, ist meist eine Verbesserung des Marktwertmaßstabes. Insbesondere Ausbeuteverhältnisse werden hierzu verwandt und im Verein mit Marktwerten zu Kennziffern verrechnet, die den wirklichen Kosten näher kommen als einer der einfachen Maßstäbe. 4. Manchmal legt man der Zurechnung S c h ä t z u n g s w e r t e zugrunde, die wirtschaftlicher oder technischer Art sein können. Doch sind Schätzungswerte stets nur letzte Auswege. 5. Endlich gibt es noch eine Möglichkeit, die die schlechteste von allen ist: man berücksichtigt die Spaltprodukte g a r n i c h t . Es kann sich dann nur um N e b e n p r o d u k t e handeln, die zudem minderen Wertes sein müssen und in geringer Menge anfallen. Sonst wäre ihre Vernachlässigung nicht zu verantworten. Wenn in den einzelnen Betrieben einer Branche die Verrechnung der Nebenprodukte eine verschiedene ist, müssen auch ihre Ergebnisse verschieden sein: ihre Kosten, ihre Angebotspreise, ihre Gewinne. Ein Betriebsvergleich wäre unmöglich. Zwar wird in einer Branche die Bewertung und die Verfahrensweise meist eine gleiche oder wenigstens ähnliche sein, weil es „rationale" Verfahren meist nur eines oder wenige gibt. Dann ist auch eine Vergleichsbasis gegeben. Aber es gibt Fälle, wo es nicht so ist. Wenn z. B. (freier Markt vorausgesetzt) eine Unternehmung in der Rinderschlächterei die Nebenprodukte (Häute, Horn) dem Hauptprodukt kreditiert und eine andere nicht, kann es wohl vorkommen, daß, obwohl beide dieselben Fleischpreise erzielen und gleiche Viehpreise zu zahlen haben, die erste am Fleisch einen Gewinn erzielt, die zweite dagegen nicht, weil sie die Kosten für das Fleisch zu hoch rechnet. Ein Betriebsvergleich setzt bei verbundener Produktion erst recht gleiche Bewertungsgrundsätze und gleiche Verfahrensweisen voraus. Auch die Betriebspolitik kann nicht die beste sein, wenn die Grundlagen aller Maßnahmen: die angenommenen Kostenverhältnisse infolge eines falschen Bewertungsmaßstabes oder gar einer NichtBerücksichtigung der Nebenprodukte falsch sind. Nach Klärung der Bewertungsfrage der Spaltprodukte ist die V e r f a h r e n s w e i s e , die Verrechnung, zu behandeln. Es gibt bei dieser Verrechnung grundsätzlich nur zwei Methoden: 1. die Subtraktions-, 2. die Verteilungsmethode. 13*
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Man spricht häufig noch von einer dritten, der Additionsmethode, aber diese kommt nur dann vor, wenn die Nebenprodukte unverwertbar sind und durch das Wegräumen Kosten verursachen. Dann werden diese Kosten den Gesamtkosten der Produktion zugefügt. Dieser Fall ist aber so selten, daß man ihn vernachlässigen kann. Es kann auch der Fall eintreten, daß nur eines von mehreren Nebenprodukten einen negativen Wert besitzt, der dann die Gesamtkosten erhöht. Die übrigen Nebenprodukte werden nach der ersten oder zweiten Methode behandelt. Die beiden Verrechnungsmethoden entsprechen annähernd den beiden Typen der verbundenen Produktion, bei der a) ein Hauptprodukt und Nebenprodukte, b) mehrere Haupt-, mit oder ohne Nebenprodukte, erzeugt werden. Das allen S u b t r a k t i o n s v e r f a h r e n Gemeinsame ist die Substraktion bestimmter Beträge von der Summe der verbundenen Kosten. Die Marktwerte der Nebenprodukte werden von den Gesamtkosten subtrahiert, der Rest bildet dann die Kosten des Hauptproduktes; es können auch mehrere Hauptprodukte sein. Die Subtraktionsverfahren kommen nur in Betracht, wenn Nebenprodukte entstehen. Werden mehrere Haupt- und Nebenprodukte gewonnen, so werden die Nebenprodukte meist nach der Subtraktions-, die Hauptprodukte nach der Verteilungsmethode behandelt. Allerdings können Nebenprodukte auch nach der Verteilungsmethode abgerechnet werden. Nach der B e w e r t u n g der Nebenprodukte unterscheidet man drei Variationen der Subtraktionsmethode: 1. der g e s a m t e Wert (Erlös) der Nebenprodukte wird von den Gesamtkosten abgezogen; 2. der abzuziehende Wert wird um die S o n d e r e i n z e l k o s t e n der Nebenprodukte (Behandlung, Lagerung, Vertrieb) vermindert; 3. neben den Einzelkosten der Nebenprodukte wird noch ein geschätzter Gewinn berechnet, um den der von den Gesamtkosten abzuziehende Betrag vermindert wird. Der vierte Fall, daß für die Nebenprodukte nichts abgezogen wird, ihr Erlös vielmehr als Gewinn gebucht wird, ist schon erwähnt und als unstatthaft gekennzeichnet worden. Handelt es sich um geringwertige Nebenprodukte und ein Hauptprodukt, ist die Subtraktionsmethode durchaus brauchbar und auch üblich, um so mehr, je geringer der Wert der Nebenprodukte ist und je besser die Einzelkosten und vielleicht sogar der Gewinn am Nebenprodukt erfaßt werden können. Je weniger diese Voraussetzungen zutreffen, desto größer sind die Fehlerquellen. Die V e r t e i l u n g s m e t h o d e n legen die Summe der verbundenen Kosten nach einheitlichen Maßstäben auf die einzelnen Produkte um. Nach den Verteilungsmaßstäben unterscheidet man:
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a) die Proportionalitätsmethode, b) die Äquivalenzziffernmethode. Die P r o p o r t i o n a l i t ä t s m e t h o d e teilt die Gesamtkosten im Verhältnis irgendwelcher Maßstäbe der Spaltprodukte, die bekannt sind und vorteilhafterweise möglichst lange gleichbleiben. Man nimmt als Verhältnismaßstab irgendeinen der Wertungsmaßstäbe wirtschaftlicher oder technischer Art und teilt die Gesamtkosten in demselben Verhältnis. Betragen z. B. die Gesamtkosten für die Produkte A und B, deren Marktwerte pro Einheit 50 und 25 Mark betragen, 150 Mark, so betragen die Kosten des Produktes A 2 Teile oder 100 Mark und des Produktes B 1 Teil oder 50 Mark. Verteilt man dagegen nach der Ausbeute: A 300kg, B 200kg, so würden die Kosten für A 90, für B 60 Mark betragen. Die Verhältnisziffer kann auch kombiniert sein, wie die Bewertungsmaßstäbe selbst. Immer wird dann die Gesamtkostensumme im Verhältnis dieser Ziffern aufgeteilt. An K a l k u l a t i o n s s c h e m a t a u n d p r a k t i s c h e n B e i s p i e l e n sollen die einzelnen Verfahren und Bewertungsmöglichkeiten genauer dargelegt werden. I. S u b t r a k t i o n s m e t h o d e a) Ein Hauptprodukt und Nebenprodukte: 1. Rohmaterial + Arbeitskosten + Betriebsgemeinkosten = Gesamtherstellungskosten. 2. 1 + Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten = Gesamtselbstkosten. 3. 2 ./. (Marktwert der Nebenprodukte + Sondereinzelkosten der Nebenprodukte) = Selbstkosten des Hauptproduktes. 4. Erlös des Hauptproduktes ./. Selbstkosten des Hauptproduktes = Nettogewinn.
Ein Beispiel einer Kostenrechnung nach der S u b t r a k t i o n s m e t h o d e sei aus der amerikanischen Schlachthausindustrie, und zwar aus der Rinderschlächterei, genommen: a) Errechnung der G e s a m t - S e l b s t k o s t e n : 46Stck. Rinder; Lebendgewicht 523901bs; durchschnittlich 11381bs.Preis lCwt. Lebendgewicht $ 7,1 = $ 3667,30 Berarbeitungskosten: Schlachten, Ausschlachten, Kühlen . . . . 118,03 Sonstige Verarbeitungskosten 17 77 1. Gesamtherstellungskosten
$ 3803,10
b) B e w e r t u n g der N e b e n p r o d u k t e (Marktwert./. Sondereinzelkosten): 1. Häute: durchschnittlicher Preis für 1 Haut . . . . $ 14,40 ./. Schrumpfen, Behandeln, Verkaufen $ 5,98 46 Häute zu $ 8,42 =
$ 8,42 für 1 Haut $ 387,03
*) R. A. Clemen, By-products in the packing industry. Chicago 1927. S. 377—391.
Kalkulation
198 2. Fett: Öl und Stearin Marktpreis für Öl Marktpreis für Stearin
. . .
./. Kosten = 0 Erlös 2 746 lbs. Fett zu 3. Sonstige Nebenprodukte
Übertrag: $ 9,50 per Cwt. $ 7,50 per Cwt.
$ 387,03
$ 4,22 per Cwt. $ 4,22 per Cwt.
$ 116,30
. .
$ 125,73 Su.
$ 629,06 = Wert der Nebenprodukte.
1. Gesamtherstellungskosten folgende Abzüge für den Wert der Nebenprodukte:
$ 3803,10
c) E r e c h n u n g des H a u p t p r o d u k t e s :
H ä u t e (Marktwert./. Zurichtungs- und Verkaufskosten)
$ 387,03
F e t t (Marktwert ./. Zurichtungskosten)
$ 116,30
und
Verkaufs-
andere Nebenprodukte (Marktwert ./. Zurichtungsund Verkaufskosten)
$ 125,73
$
629,06
2. 29615 lbs. Rindfleisch = Gesamtherstellungskosten $ 10,72 1 Cwt. Herstellungskosten Vertriebs- und Verwaltungsgemeinkosten je Cwt. . . $ 1,89
$ 3174,04
3. Selbstkosten 1 Cwt. Rindfleisch
$
12,61
Als Bewertungsmaßstab ist der M a r k t w e r t genommen, der in der Fleischindustrie, weil die Preise besonders empfindlich sind, allgemein üblich ist. Wegen der leichten Verderblichkeit der Ware geschieht die Kalkulation wenige Stunden nach der Produktion. Nach Abschluß einer Periode wird ein Vergleich zwischen den errechneten und den wirklichen Kosten und Erlösen vorgenommen. Die Kosten sind der leitende Faktor beim E i n k a u f , der für das gesamte Geschäft bestimmend ist. Die Kosten des Rohmaterials bilden den entscheidenden Anteil an den Einheitskosten. Die Marge zwischen Materialkosten und Endwert ist maßgebend. Zwischen dem Preis für Rinder und für Rindfleisch besteht ein enges Verhältnis. Der Markt für beide ist sehr empfindlich. Die schwankenden Preise sind das vollendete Mittel, den Ausgleich zwischen Nachfrage und Angebot vorzunehmen. Die Bewertung der Nebenprodukte geschieht zum „konservativen" Marktpreis, ein Preis, der erzielt werden kann, vorausgesetzt, daß der Markt sich nicht sehr ändert. Wo mehrere Nebenprodukte vorhanden sind, sind sie getrennt zu verrechnen (Abteilungsgliederung!). Je wertvoller die Nebenprodukte sind, desto genauer muß ihre Kostenrechnung sein.
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b) S u b t r a k t i o n s m e t h o d e in V e r b i n d u n g m i t D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n : 1. Kokerei mit Nebenprodukten 1 ). Kokerei Erlösüberschuß v. Nebenprodukten < = Kostenminderung für Koks Kokserlöse
Gasreinigung Kosten ohne Bewertung d. Einsatzes
Erlös aus Gasverkauf
Erlosuber schuß
Teerfabrik Kosten ohne Emsatzkosten Erlosuberschuß
Erlös aus Teerverkauf
Ammoniakfabrik Kosten ohne Ersatzkosten Erlösüberschuß
Erlös aus Ammoniakverkauf
Benzolfabrik Kosten ohne Ersatzkosten Erlösuberschuß
2. Restrechnung (Suptraktionsmethode) B e i s p i e l : K o s t e n r e c h n u n g eines G a s w e r k e s Monatliche Gaserzeugung . . . . 9425000 cbm 1. L ö h n e u n d G e h ä l t e r Löhne 64200 DM Gehälter 24500 DM 88700 DM 2. S t o f f k o s t e n Kohlen 418000 DM Wasser, Dampf, Strom . . . . 31950 DM Putz-und Schmiermaterial . . 4500 DM 454450 DM 3. U n t e r h a l t u n g s k o s t e n der B e t r i e b s a n l a g e n Gebäude, Hofpflaster . . . . 19400 DM Bahn- und Kohlenförderanlagen 3 800 DM Ofenanlagen mit Kokslöschvorrichtung 17 000 DM Wasser-,Gas-und sonst.Anlagen 12000 DM 52200 DM 4. A l l g e m e i n e A u f w e n d u n g e n (unterteilt nach Kostenarten) . 40 800 DM 5. A u f w a n d f ü r A u f b e r e i t u n g der N e b e n e r z e u g n i s s e Koks, Teer, Benzol, Ammoniak 63 200 DM Kosten je Gesamtaufwand 699350 DM cbm/Dpf. (699350:9425000) = 7,42 Dpf. 6. E i n n a h m e n f ü r N e b e n e r z e u g n i s s e Koks 290000 DM Teer einschl. Dickteer . . . . 37 600 DM Benzol 37400 DM Ammoniak 10500 DM Schlacken und Asche . . . 1000 DM 376500DM:9425000DM=4,—Dpf. Restkosten 322 850 DM !) Flothow, Z. f. B. 1928, S. 347.
3,42 Dpf.
200
Kalkulation
II. V e r t e i l u n g s m e t h o d e a) Proportionalmethode in Verbindung mit Subtraktionsverfahren (für mehrere Haupt- und Nebenprodukte): 1. Rohmaterial + Arbeit + Betriebsgemeinkosten = Gesamt-Herstellungskosten ; 2 . 1 + Vertriebs- und Verwaltungs-Gemeinkosten = Gesamt-Selbstkosten; 3. 2 ./. (Wert der Nebenprodukte ./. Sondereinzelkosten der Nebenprodukte) = Selbstkosten der Hauptprodukte; 4. Verteilung der Selbstkosten auf die einzelnen Teilprodukte nach dem gewählten Maßstab; 5. Erlös ./. Selbstkosten der Hauptprodukte = Nettogewinn.
Theoretisch wäre es auch möglich, eines der Hauptprodukte herauszugreifen und die übrigen rechnerisch wie Nebenprodukte zu behandeln. Es wäre dann nach Schema Typ I a zu verfahren. Aber praktisch ist diese Form bedeutungslos. Ebenso können die Nebenprodukte wie Hauptprodukte behandelt werden. Oft gibt man ihnen feste Verrechnungspreise. Ob die Kosten zu 2) (Vertriebs-, Verwaltungs-, Finanzierungsgemeinkosten) vom Wert abgezogen oder zu den Kosten addiert werden, ist für die Erfassung des Gesamtgewinnes bedeutungslos; nicht aber für die Errechnung der Kosten der Einzelprodukte; darauf aber kommt es an, weshalb die Gemeinkosten besser vom Wert der Produkte a b g e z o g e n werden, wie es in nachstehendem Beispiel1) aus der Schlachthausindustrie geschieht. In der Schweineschlächterei werden mehrere Hauptprodukte und Nebenprodukte gewonnen. Der Wertungsmaßstab ist hier wiederum der reine Marktpreis der Haupt- und Nebenprodukte. Beispiel 1: Durchschnittliches Gewicht = 250 lbs. Preis $ 28.13, 1 Cwt. = $ 11.25
Hauptprodukte
Frischer Schinken . . . . Frischer Bauch Frische Schultern Frischer Speck Frische Lenden Frischer Rippenspeer . . . Frisches Schmalz Innereien Verschiedenes Ergebnis und Bruttowert . Gemeinkosten per Cwt. . . . Schweinefleisch per Cwt.. . . Einkaufspreis per Cwt. . . . Nettogewinn per Cwt. lebend !) R. A. Clemen, a. a. O.
Ausbeute Durchschnittl. des LebendGewicht lbs. gewichts je Cwt. lbs. je Cwt. 16—18 14 —16 12 —15 8 —10 8 —10
131% 12 10 7 10 1 14i/ 2 2 3 73
Marktpreis in cts. p. Ib. 2i % 20 16 i o y2 23 % 13
«%
10% 6
Erlöse in $ 2.90% 2.43 1.60 0.73% 2.35 0.13 1.66% 0.21 0.18 12.20% — 0.58% 11.62 — 11.25 0.37
201
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
Der Unterschied zur Rinderschlächterei ist sehr groß, da es mehrere Hauptprodukte und daher auch keinen Durchschnittspreis gibt. Der Preisunterschied zwischen den einzelnen Hauptprodukten ist zu groß, ebenso der Anteil an der Ausschlachtung. Zudem ist die Möglichkeit der Behandlung zu verschieden: frisch, eingepökelt, gefroren; Schinken: roh, gekocht. Die Preisbewegung der einzelnen Teilprodukte ist verschieden, oft sogar völlig verschieden in der Tendenz. Dennoch ist der Zusammenhang zwischen dem Schweinepreis und dem Preis für Schweinefleisch sehr eng, aber nicht für die einzelnen Produkte, sondern für das Gesamtprodukt 1 ). Beispiel 2: P r o p o r t i o n a l i t ä t s m e t h o d e : aa) Gewicht Produkte
Mengen t
Koks Teer Benzol Ammoniak Gas Abfall/Wasser
1320,00 120,00 21,90 26,00 412,10 100,00 2000,00
|
Verhältnisziffer
Kosten
Gewichtseinheit
69,47 6,32 1,15 1,37 21,69
27 788 2528 460 548 8676
21.0515 21.0666 21.0046 21.0769 21.0531
|
100%
|
40000
|
Beispiel 3: P r o p o r t i o n a l i t ä t s m e t h o d e : bb) Menge mal Marktpreis Chemikalien l
1 2 3 4 5
Produktion Marktpreise in kg %/kg
absolut
3
4
3,65 3,35 2,85 2,20 1,65
999 982 561 372 158 3072
2
271 293 197 169 96
Gesamtwert d. Produkte
1026
Produktionskosten
%
insgesamt
pro kg
5
6
7
33 32 18 12 5 100
891,33 864,32 486,18 324,12 135,05 2701,00
3,29 2,95 2,47 1,92 1,41
b) Ä q u i v a l e n z m e t h o d e Die zweite Verteilungsmethode ist die Ä q u i v a l e n z m e t h o d e . Auch sie ist eine Proportionalitätsmethode, aber eine besonderer Art 2 ). Es werden Äquivalenzziffern einfacher und kombinierter Art verwandt. Kombinierte Äquivalenzziffern enthält folgendes Beispiel von Breinlinger 3 ) aus der MühlenM Ein weiteres Beispiel für die Kostenverteilung nach der Proportionalitätsmethode, entsprechend dem Verhältnis der Marktpreise, s. L e i t n e r , Industrielle Selbstkostenrechnung, 1930, S. 495 (pharmazeutische Industrie). Ferner H e y e r , der die Weiterverarbeitung von verbundenen Produkten in der Steinindustrie zeigt, enthalten in Merian, Z. f. h. F. 1931, S. 242. s ) Vgl. Äquivalenzkalkulation S. 6ff.. ®) Breinlinger, Die Äquivalenzziffern in der Kostenrechnung industrieller Unternehmungen Z. f. hw. F. 1928/2 S. 86, zitiert nach Merian a. a. O. S. 239.
202
Kalkulation
industrie. Sie bauen sich auf Preisen und Ausbeuteverhältnissen auf, kombinieren also M a r k t w e r t e u n d t e c h n i s c h e M e r k m a l e und erreichen wohl eine bessere Kostenrechnung für die Teilprodukte als reine Marktwerte. Produktion: 200t — Ergebnis: 196 t. Mahlverlust: 2 % — Gesamtkost. 58806 RM Mehlsorte
M a r k t p i •eise Äquival.ziffer absolut %
Mehl \ . . . . Mehl 2 . . . . Mehl 3 . . . . Kleie Mahlverlust . .
42,00 33,60 16,80 12,30
100 80 40 30
1 0,8 0.4 0,3
Ausbeute absolut 100 40 16 40 (4) 196
Rechnungseinheit*) 100 32 6,4 12
Gesamtprod.kosten 39100 12512 2 502 4692
Kosten t/RM 391,00 312,80 156,40 117,30
58 806 150,4 *) Äquivalenzziffer x Ausbeute 58806 : 150.4 = 39,1 c) V e r t e i l u n g s m e t h o d e n m i t i n d i r e k t e r B e w e r t u n g Die nächsten Beispiele zeigen Verteilungsmethoden, die eine a n d e r e a l s d e n r e i n e n M a r k t w e r t zur Grundlage haben. I n d i r e k t e M a r k t w e r t e zeigt folgendes Beispiel von B e s t e : 1 ) 1. Gleichmäßige Verteilung der Gesamtkosten auf Kupfererz und Bleierz: 850000 X 9000 = 450000 = 50 DM pro t ; 17 000 850000 X 8000 Selbstkosten für Bleierz: = 400000 = 50 DM pro t; 17 000 2. Verteilung der Gesamtkosten im Verhältnis der Marktpreise der Fertigfabrikate Kupfer und Blei: 9000 t Kupfererz mit 5 % Cu = 450 t Cu Rendement 9 0 % = 405 t Cu zu 4000 DM = 1620000 DM Verk.-Preis 8000 t Bleierz mit 1 0 % Pb = 800 t Pb Rendement 8 0 % = 640 t Pb a 1000 DM . . = 640 000 DM Verk.-Preis 17000 t Erz = 2260000 DM Verk.-Preis Die Gesamtkosten der verbundenen Produkte 850000 DM sind = 37,61% des Verkaufspreises der aus ihnen erzielten Produkte. Die Selbstkostenanteile der einzelnen Spaltprodukte werden durch folgende Rechnung bestimmt: 9000 t Kupfererz = 37,61% von 1620000 DM = 609300 DM = 67,70 DM pro t. 8000 t Bleierz = 37,61% von 640000 DM = 240700 DM = 38,08 DM pro t. Selbstkosten für Kupfererz:
Z u 1. Die Verrechnungspreise der tatsächlichen Selbstkosten betragen für Hütte und Aufbereitung je 50 DM. Das kann für die Aufbereitung zu einer Produktionskostenhöhe führen, die ihren Betrieb unrentabel macht. Eine Einstellung der Bleiverarbeitung aber führt zu einer starken Selbstkostenerhöhung des Kupfers, das nun sämtliche Produktionsaufwendungen tragen muß. (Der 850000 Selbstkostenpreis x)
der
Tonne
Kupfer
betrüge
dann
qqqq
Beste, Verrechnungspreise, S. 37/39, zitiert nach Merian, S. 235.
=
" 4 , 4 5 DM,
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
203
wobei die durch die Stillegung der Aufbereitung verursachte Steigerung an fixen Kosten für Bergwerk und Hütte noch gar nicht berücksichtigt ist.) Unter diesen Umständen kann auch die Hütte konkurrenzunfähig werden. Dieses Ergebnis zeigt, daß die Verrechnungsmethode falsch ist. Zu 2. Die hier gewonnenen Selbstkosten Verrechnungspreise nehmen Rücksicht auf die Bewertung und Verwertung der Kuppelprodukte. Sie verteilen die Selbstkosten in einer Weise, die den Absatz beider Produkte, soweit irgend möglich, gestattet. E r s a t z w e r t e werden in folgendem Beispiel von Leitner 1 ) angewendet. Es handelt sich um die Bewertung des Koksofengases, das an andere Betriebe zur Heizung und Krafterzeugung geliefert wird. (Ganz ähnlich ist die Methode bei Gichtgasverrechnung.) Der Wert des Koksofengases wird gleich dem Preise einer Kohlenmenge mit gleichem Heizwert gesetzt. 1 t Kohle mit dem Heizwert von 7 500 cal/kg kostet 21,00 DM 1000 cbm Gas mit dem Heizwert von 850 cal/cbm kosten x DM 0,021 x 850 X 1000 X DM
= 75ÖÖ = 2'38 ° M S t a n d a r d w e r t e zeigt das Beispiel auf Seite 204/205 aus der amerikanischen Erdölindustrie. 2 ) Die Produktion jedes Produktes aus den 100 Gallonen Rohöl (Spalte 1) multipliziert mit dem Standardwert des betreffenden Produktes (Spalte 2), ergibt die Gesamtwerte aller Produkte (Spalte 3).^Die Verhältniszahlen (Spalte 4) der in Spalte 3 enthaltenen Werte bilden die der Verteilung der Gesamtkosten von 100 Gallonen Rohöl (3,81) als Grundlage dienenden Standardkennziffern. Die Kosten in Spalte 5 werden durch die Anzahl der von jedem Produkt erzeugten Gallonen (Spalte 1) dividiert; hieraus ergeben sich die Kosten je Gallone jedes Produktes in Spalte 6. Reinigungskosten in Spalte 7 + Materialkosten in Spalte 6 ergeben die Gesamtkosten der verbundenen Produkte je Gallone in Spalte 8. T e c h n i s c h e Z i f f e r n als Verteilungsgrundlage kommen häufig vor, obgleich sie meist dem Marktwerte in Güte nachstehen. So erwähnt Flothow 3 ) die Druckfestigkeit als Maßstab. Druckfestigkeit des Produktes Druckfestigkeit des Produktes Erzeugungsmenge Produkt I Erzeugungsmenge Produkt II
I = 300 kg II = 200 kg = 5000 t = 4000 t
9000 t 5000 X 300 = 1500000 = 65,2% = 65% 4000 X 200 = 800000 = 34,8% = 35%
Die verbundenen Kosten werden im Verhältnis 65:35 auf die beiden Produkte verteilt. !) a. a. O. S. 94/95. 3 ) a. a. O. S. 350.
2
) White, Accounting for By-products
S. 99ff.
204
Kalkulation 1 Produkt
2
Produktion in gall, je 100 galls. Rohöl
Gasolin Benzin usw Kerosin Schmieröl Heizöl Gasöl Asphalt Verlust
24,79 2,00 9,96 4,47 51,26 3,00 1,93 2,59
3
4
Gesamtwert der StandardProdukte nach preis pro gall. den Standard- Standardkennziffern $ preisen der ungereinigten Öle 0,114 0,099 0,028 0,135 0,032 0,046 0,040
49,05 3,47 4,85 10,40 28,42 2,43 1,38
2,83 0,20 0,28 0,60 1,64 0,14 0,08
—
—
100,00
—
100,00
5,77 pro 100 galls.
Gasolin Benzin Kerosin Schmier- Heizöl usw. öl
Gasöl Asphalt
Marktpreis in cts p. gall ./. Vertriebskosten . . .
16,4 4,0
14,8 4,0
7,8 4,0
21,0 4,0
3,3 0,1
5,0 0,1
4,6 0,1
./. Reinig.-Kosten . . . .
12.4 1,0
10,8 0,9
3,8 1.0
17,0 3,5
3,2
4,9 0,3
4,5 0,5
Standardpreis der verbundenen Produkte
11,4
9,9
2,8
13,5
3,2
4,6
4,0
Die dargestellten Methoden der Verrechnung der verbundenen Kosten sind dieselben in allen Wirtschaftszweigen. Sie gelten also, wenngleich die angeführten Beispiele durchweg aus der Industrie stammen, auch für die Landund Fortswirtschaft, den Handel, die Banken und das Verkehrswesen. Von weiteren Beispielen wollen wir hier absehen. Es sei nur noch folgendes bemerkt: Die gemeinsame oder sekundär verbundene Produktion, die wir so häufig in Verkehrs-, Handels-, Bank- und Versicherungsbetrieben finden, schafft ganz neuartige Kalkulationsprobleme, die schwieriger als die nur gemeinschaftliche Produktion der Industrie sind, die aber betriebspolitisch auch mit der primär verbundenen Produktion nicht gleich zu behandeln sind. Primär verbundener Produktion kann der Betrieb nicht entgehen; die Betriebsführung erhält nur die Aufgabe, die Nebenproduktion möglichst wirtschaftlich zu verwerten, dadurch die Hauptprodukte zu entlasten und auf diese Weise der Konkurrenz gewachsen zu sein, die von Betrieben gleicher Art und von Ersatzartikeln droht. Es steckt also ein Verwertungs- und ein Bewertungsproblem darin, aber nicht zwingender Art, eben weil die Verbundenheit naturgesetzlich ist. Bei sekundär verbundener Produktion, also in Handels-, Bank- und Verkehrsbetrieben (z. B. zusätzliche Produktion der Bundesbahn) kommt der Bewertung
205
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung 5
6
7
8
Verteilung der Kosten f ü r 100 galls. Rohöl auf die Produktion $
Materialwert der verbundenen Produkte je gall. $
Reinigungskosten $
Gesamtesten $
0,010 0,010 0,010 0,035
0,0854 0,0750 0,0291 0,1245 0,0211 0,0330 0,0309
0,0754 0,0650 0,0191 0,0895 0,0211 0,0300 0,0592
1,87 0,13 0,19 0,40 1,08 0,09 0,05
—
—
3,81
—
0,003 0,005
|
0,3260
—
|
0,073
—
|
0,3990
eine viel höhere Bedeutung zu, weil es von dieser Bewertung abhängt, ob die gemeinsame Produktion überhaupt als notwendig und rentabel erkannt, also überhaupt vorgenommen wird. Die gemeinsame Produktion ist erst das Ergebnis einer Wirtschaftlichkeitsanalyse, einer Erkenntnis der Notwendigkeit der Kapazitätsausnutzung und einer Kenntnis der vorhandenen Gelegenheit. Sie ist daher abhängig vom Objekt und von der Lage, der Organisation und der Konkurrenz, also in allem schwankend und relativ. Darum ist die Kalkulation der sekundär verbundenen Güter so schwierig und betriebspolitisch so bedeutsam. Ist die gemeinsame Produktion erst vorgenommen worden, so ist die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Güter genau so schwierig wie bei primär verbundenen Kosten, wenngleich die Zahl der d i r e k t e n Kosten meist höher ist als bei primär verbundener Produktion. Darum ist in diesen Betriebstypen eine Stückkalkulation kaum möglich, eine Abteilungs-, Geschäftszweig-, Verkehrsartkalkulation ist meist das höchste, was erreicht werden kann. Geht man weiter, so ist viel Willkür und Schätzung dabei, und nur die Kontinuität der Rechnung in formaler und materieller Hinsicht ist es, die diese Verfahren trotzdem wertvoll und erkenntnisreich macht. In Warenhandels-, Bank- und Verkehrsbetrieben ist darum die Abteilungskalkulation das Wertvollste, die Stückkalkulation bringt nur analytische Werte, die sich aus der Zurechnung nach bestimmten Schlüsseln ergeben.
206
Kalkulation
348. Das Grenzprinzip in der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere in der Kalkulation 3480. Das Prinzip Bei der Analyse des wirtschaftlichen Verhaltens des Menschen zeigt sich, daß alles Wirtschaften auf Wahlprozessen beruht. Wirtschaften ist Wählen, entweder auf der Grundlage gefühlsmäßiger Wertung, wie beim K o n s u m e n t e n , der sein Einkommen derart zu verwenden sucht, daß es ihm den größten, von ihm individuell empfundenen Nutzen stiftet, oder es erfolgt r a t i o n a l , auf der Grundlage zahlenmäßiger Kalkulationen wie beim Produzenten, der diejenigen Produktarten, -mengen und -qualitäten, diejenigen Kapitalmengen usw. herauszufinden sucht, die ihm bei relativ niedrigstem Aufwand den relativ höchsten Ertrag versprechen. Das Ziel des einen ist die g r ö ß t e N u t z e n s t i f t u n g , das des anderen das g ü n s t i g s t e E r g e b n i s . Aber für Konsument und Betrieb gibt es bestimmte G e g e b e n h e i t e n , die innerhalb des Zeitraumes, auf den sich die Disposition bezieht, unabänderlich sind, die hingenommen werden müssen und die Betrieb wie Konsument bei ihren Dispositionen als feste Daten in Rechnung stellen müssen. Das können beim Konsumenten z. B. ein gegebenes Einkommen und seine Kaufkraft, beim Betrieb die jeweilige oder kommende Marktlage, schwebende Preise, eine gegebene Kapitalausstattung, eine beschränkte Rohstoffmenge, eine bestehende Wirtschaftsordnung oder dergl. sein. Nur innerhalb dieser Gegebenheiten besitzen Konsument und Produzent wirkliche D i s p o s i t i o n s f r e i h e i t . Gewiß haben auch diese Daten (Daten, gesehen auf die Länge des Dispositionszeitraumes) ihr wirtschaftliches Gewicht, und sie wirken sich im Ergebnis aus. Aber für die Dispositionen des Betriebes (und genau so des Konsumenten) kommt ihnen nur eine zweitrangige, s e k u n d ä r e B e d e u t u n g zu, eben weil sie — jedenfalls für den Dispositionszeitraum — unabänderlich hingenommen werden müssen und ihr Einwirken auf das Ergebnis nicht verhindert, höchstens kompensiert werden kann. Es handelt sich hier also n i c h t um Dispositionsfälle g r u n d s ä t z l i c h e r und oft e n d g ü l t i g e r Art, wie: Wahl der Branche, Betriebsgröße, Einstellung der Produktion oder Weiterproduktion. Treten derartige Dispositionsfälle auf, sind meist gar keine Wahlmöglichkeiten mehr gegeben. Diese Dispositionsfälle sind selten. Meist haben wir es mit den Dispositionsnotwendigkeiten zu tun, die das „Auf und A b " des Betriebes, die Einschränkung und Ausdehnung seiner Produktion, seines Kapitals usw. zum Gegenstand haben, die sich daher in jedem eingerichteten und laufenden Betriebe tagtäglich ergeben und der steten Anpassung der Produktion an eine gegebene oder zu erwartende Marktlage dienen. Dieses „Auf und A b " kann nur den Sinn haben, den Betrieb zu einem günstigen Durchschnittsergebnis zu führen. Das bedeutet, daß jede Veränderung mit einer Wirtschaftlichkeitsverbesserung verbunden sein soll, mithin die h i n z u k o m m e n d e n K o s t e n k l e i n e r als der h i n z u k o m m e n d e E r t r a g , f o r t f a l l e n d e K o s t e n g r ö ß e r a l s d e r f o r t f a l l e n d e E r t r a g sein müssen. Ist eines von beiden der Fall, ergibt sich automatisch eine Besserung
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
207
des Durchschnittsergebnisses, sei es eine Minderung eines sonst eintretenden Verlustes oder Erhöhung eines erzielten Gewinnes. Es zeigt sich also, daß der j e w e i l i g e n l e t z t e n S c h i c h t , ob sie nun in einer hinzukommenden oder fortfallenden Kapitalschicht, einer hinzukommenden oder fortfallenden Belegschafts„schicht" usw. besteht, besondere Bedeutung zukommt, weil sie zu der Veränderung führt, einer Veränderung zum besseren oder schlechteren. Diese Wirkung gilt freilich nur auf kurze Sicht! Für die normale und lange Sicht gelten andere Wirkungen. Das D i s p o s i t i o n s d e n k e n auf k u r z e S i c h t i s t d a h e r e i n S c h i c h t d e n k e n , und zwar ein D e n k e n in G r e n z s c h i c h t e n , der letzten neu hinzutretenden oder fortfallenden Schicht — gleich welcher Art. Diese Grenzschicht, ihre Kosten und ihr Ertrag — G r e n z k o s t e n u n d G r e n z e r t r a g — und die Spanne zwischen beiden: das G r e n z e r g e b n i s , sind auf kurze Sicht Dispositionsgegenstand und Dispositionskriterium. Das Alte, Gegebene und Unabänderliche kann daher außer Acht bleiben, es ist nur die Kalkulation der Grenzschicht erforderlich, da sie die Veränderungsrichtung und Veränderungshöhe des Durchschnittsergebnisses bestimmt. Dieses auf die Grenzschicht und die von ihr ausgehenden Wirkungen konzentrierte Denken bezeichnen wir als G r e n z d e n k e n (Denken in Grenzkosten, Grenzerträgen, Grenzergebnissen), und da es sich hierbei um ein allgemeingültiges, richtungsweisendes Prinzip handelt, sprechen wir vom Grenzprinzip. Das Grenzprinzip ist also ein Prinzip, in dem das besondere Gewicht der Grenzschicht, ihrer Kosten und ihres Ertrages gegenüber dem Durchschnitt: den Durchschnittskosten und Durchschnittserträgen zum Ausdruck kommt. Für die kurzfristige betriebliche Disposition ist dieses Prinzip entscheidend. Aber mit der Lösung der Dispositionsfrage „Ausdehnung oder Einschränkung" ist es nicht getan, es kommt auch auf die D i c h t i g k e i t d e r S c h i c h t — und zwar nicht nur der letzten, sondern aller Schichten — an. Nehmen wir an, ein Betrieb hätte Aufträge erhalten, die es ihm gestatten, seine Produktion auszudehnen, aber er sei infolge seiner beschränkten Kapazität gezwungen, unter diesen Aufträgen zu wählen: einige anzunehmen und den Rest abzulehnen. Er wird nun eine Kalkulation der verschiedenen Aufträge vornehmen und diejenigen Aufträge auswählen, die ihm den höchsten Nutzen und damit eine maximale Besserung des Ergebnisses versprechen. Dann ist der letzte ausgeführte Auftrag der relativ rentabelste aller abgelehnten und relativ unrentabelste aller angenommenen Aufträge. Das Grenzprinzip dieses letzten Auftrages, d. h. das Verhältnis von Grenzkosten und Grenzertrag der von ihm verursachten letzten Produktionsschicht ist daher das Kriterium für die Auswahl der Aufträge. Auch in dieser Hinsicht kommt der Grenzschicht eine besondere Bedeutung für die betriebliche Disposition zu, denn das Grenzprinzip erweist sich hier als richtungsweisendes Dispositionsprinzip in Fällen der V e r wendungskonkurrenz. Eine derartige V e r w e n d u n g s k o n k u r r e n z tritt stets dann ein, wenn e i n e r d e r P r o d u k t i o n s f a k t o r e n nur b e s c h r ä n k t beschaffbar ist, sei es, daß er
208
Kalkulation
innerhalb des Dispositionszeitraumes a b s o l u t u n v e r m e h r b a r oder nur zu h ö h e r e n K o s t e n v e r m e h r b a r ist, so daß die Nachfrage mit den vorhandenen Mengen nicht oder nur zu erhöhten Kosten befriedigt werden kann. In allen diesen Fällen kann sich ein Betrieb aber nicht darauf beschränken, eine Wahl n u r unter den n e u e n sich bietenden Möglichkeiten zu treffen. Auch die bisherigen Schichten: bisherige Produktionsschichten, bisherige Kapitalschichten usw., müssen mit der höchsten Nutzenstiftung wirksam sein. Bevor der Betrieb daher daran geht, z. B. seine Produktion auszudehnen, wird er darauf achten, daß die Produktion in ihrem b i s h e r i g e n Umfang die größte Nutzenstiftung erbringt. Erst dann wird er eine neue Produktionsschicht aufnehmen. Diese Forderung erfüllt der Betrieb, indem er nicht nur die l e t z t e Schicht, sondern a l l e Schichten zum Grenzwert (Grenzkosten oder Grenznutzen) wertet. Er erkennt auf diese Weise, ob die bisherige Produktion mit der höchsten Nutzenstiftung eingesetzt ist, und wird alle Schichten abbauen, die unwirtschaftlicher als die Grenzschicht sind. Ergibt sich dann, daß damit seine Leistungsfähigkeit nicht erschöpft ist, wird er die relativ wirtschaftlichsten der nunmehr zur Wahl stehenden Schichten wieder hinzufügen, bis seine Leistungsfähigkeit (Kapazität) optimal ausgenutzt ist. Dann ist die letzte, die Grenzschicht, zwar die Schicht geringsten Nutzens, sie ist aber die wirtschaftlichste unter allen fallengelassenen Schichten. Auf diese Weise führt das Grenzprinzip den Betrieb auch zu der wirtschaftlichsten Zusammensetzung a l l e r seiner Schichten. Das G r e n z p r i n z i p erfüllt im Betriebe also eine d o p p e l t e Aufgabe: 1. es führt zur Aufnahme bzw. zum Abbau jeder die Wirtschaftlichkeit verbessernden bzw. schmälernden Schicht, 2. es ermöglicht die wirtschaftlichste Zusammensetzung aller im Betriebe vorhandenen Schichten. Im folgenden sollen diese allgemeinen Ausführungen an Hand einiger wichtigster ,,Grenz"erscheinungen rechnerisch verdeutlicht werden. 3481. Grenzkosten 1 ) Der Betrieb ist durch seine Kapitalausstattung und seine bisherigen Erfahrungen auf bestimmte Produktionen, bestimmte Artikel, Abmessungen und Qualitäten festgelegt. Im Rahmen dieser gegebenen Produktionsmöglichkeiten hat er nur die Wahl, seine Produktion auszudehnen, einzuschränken oder sie überhaupt einzustellen. Sehen wir vom letzteren Falle ab, der meist gar keine Wahlmöglichkeit mehr zuläßt, so wird der Betrieb stets dann seine Produktion a u s d e h n e n , wenn der zusätzliche Ertrag die zusätzlichen Kosten übersteigt, wenn also das Grenzergebnis zu einer Verbesserung des Durchschnittsergebnisses führt. Hierbei spielen daher die durch die Kapazität und alle Einrichtungen und Tätigkeiten zu ihrer Erhaltung gegebenen und auf jeden Fall anVgl. Kosten- und Kostenrechnung, Bd. I, 3. Aufl., Berlin 1957, S. 199, 2 0 6 / 7 , 353—65, 3 9 1 — 9 8 .
209
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
fallenden f i x e n K o s t e n keine Rolle. Es sind v e r l o r e n e Kosten. Entscheidend sind allein die K o s t e n der neu h i n z u t r e t e n d e n P r o d u k t i o n s s c h i c h t und der E r t r a g dieser S c h i c h t , letzten Endes das Verhältnis dieser beiden Größen: das G r e n z e r g e b n i s . Nur ein positives Grenzergebnis kann den Gewinn erhöhen oder den Verlust mildern, der bei sonst gleichbleibender Produktion entstehen würde. Auch der u m g e k e h r t e Fall kann eintreten: durch den F o r t f a l l einer Produktionsschicht, die ihre eigenen Kosten nicht mehr trägt, kann das Ergebnis günstig beeinflußt werden; das ist meist dann der Fall, wenn der Betrieb sich in der Kostenprogression (steigende Einheitskosten bei zunehmender Produktion) befindet. Nehmen wir an, ein Betrieb hätte einen n e u e n A u f t r a g erhalten, der über hundert Einheiten zum Preise von 1,— DM je Einheit lautet. Eine Vork a l k u l a t i o n ergibt das folgende: Kosten je Einheit
a) proportional b) fix
0,90 DM 0,20 DM
c) insgesamt Ertrag je Einheit
1,10 DM 1,—DM
absoluter Verlust
0,10 DM
Wir sehen, daß bei dieser Kalkulation der Betrieb zu dem Entschluß kommen müßte, den Antrag abzulehnen, da der Ertrag nicht die D u r c h s c h n i t t s kosten deckt. Eine ganz andere Lösung ergibt sich jedoch, wenn wir das G r e n z p r i n z i p unserer Entscheidung zugrunde legen. Hier zeigt sich, daß die bestehenden und ohnehin anfallenden Kosten unberücksichtigt bleiben können. Für die k u r z f r i s t i g e betriebliche Disposition v e r l i e r e n sie sogar ihren K o s t e n c h a r a k t e r , und wir haben nur die zusätzlichen Kosten (also die proportionalen Kosten) dem zusätzlichen Ertrag gegenüberzustellen: Grenzkosten je Einheit Grenzertrag je Einheit
0,90 DM 1,— DM
Grenzergebnis je Einheit
0,10 DM
Die positive Auswirkung dieses Auftrages auf das Durchschnittsergebnis der gesamten Produktion zeigt sich deutlich bei einer Betrachtung der Gesamtkosten- und Gesamtertragsentwicklung: die bisherige Produktion soll 1000 Einheiten zu 1050,— DM Kosten (davon proportional 650,— DM, fix 400,—DM) betragen haben, der Marktpreis je Einheit soll 1,— DM betragen. Es ergibt sich dann die folgende Kosten- und Ertragsentwicklung: Einheiten
fix
Kosten prop. insges.
Ertrag
Ergebnis
Bisherige Produktion . .
1000
400
650
1050
1000
./. 50
Bisherige Produktion + Grenzschicht . . . .
1100
400
740
1140
1100
./. 40
M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
14
210
Kalkulation
Es zeigt sich also, daß der einen absoluten Verlust verursachende Auftrag einen relativen Gewinn von 10,— DM erbringt, denn er vermag den entstehenden Verlust um 10,— DM zu mindern. Mit anderen Worten: die Grenzschicht trägt zur Deckung eines Teiles der ohnehin entstehenden (fixen) Kosten bei, die in jedem Fall anfallen und in voller Höhe verloren sind, wenn sie nicht durch eine entsprechende Ausnutzung wenigstens zum Teil wieder eingebracht werden können. Noch deutlicher wird dieser Vorgang, wenn wir annehmen, daß der Betrieb zwei A u f t r ä g e über je 100 Einheiten eines Artikels A und eines Artikels B erhalten hat, von denen er jedoch infolge seiner beschränkten Kapazität nur einen a n n e h m e n kann (Verwendungskonkurrenz). Er stellt folgende Kalkulation an: A r t i k e l A : Kosten je E
a) prop b) fix
0,90 DM 0,20 DM
c) insgesamt Ertrag je E
1,10 DM 1,— DM
absoluter Verlust ./. fixe Kosten
0,10 DM 0,20 DM
Grenzergebnis je E A r t i k e l B: Kosten je E
Ertrag je E
+
0,10 DM
a) prop b) fix
0,80 DM 0,30 DM
c) insgesamt
1,10 DM 1,—DM
absoluter Verlust ./. fixe Kosten
0,10 DM 0,30 DM
Grenzergebnis je E
+
0,20 DM
Insgesamt zeigt sich folgende Entwicklung von Gesamtkosten und Gesamterträgen: Einheiten
Kosten fix
prop.
insges.
Ertrag
Ergebnis
Bisherige Produktion . .
1000
400
650
1050
1000
./. 50
Bisherige Produktion + Grenzschicht A . . .
1100
400
740
1140
1100
./. 40
1100
400
730
1130
1100
./. 30
oder Bisherige Produktion + Grenzschicht B . . .
In diesem Fall wird der Betrieb denjenigen Auftrag wählen, der sein Ergebnis am günstigsten beeinflußt, also den Auftrag B. Der Artikel B erbringt einen relativen Gewinn von 20, Artikel A nur von 10, obwohl Durchschnittskosten und Durchschnittserträge beider Artikel gleich sind.
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
211
Es zeigt sich also, daß die Grenzkostenkalkulation uns nicht allein eine sichere Disposition über E i n s c h r ä n k u n g und A u s d e h n u n g ermöglicht, sondern daß sie auch die Auswahl zwischen verschiedenen möglichen Schichten gestattet und so nicht allein eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit, sondern eine m a x i m a l e Steigerung der Wirtschaftlichkeit verbürgt. Von diesen Gedanken ausgehend, hat Schmalenbach das Prinzip der P r e i s k a l k u l a t i o n zu G r e n z k o s t e n , und zwar in der D e g r e s s i o n für den Preis dei G r e n z s c h i c h t , in der P r o g r e s s i o n für die gesamte P r o d u k t i o n aufgestellt. Auf diese Weise will er nicht nur erreichen, daß jeder die Wirtschaftlichkeit günstig beeinflussende Auftrag angenommen wird, er will vielmehr durch besonders niedrige Preisstellung in der Degression Aufträge geradezu anlocken, um zu einer möglichst günstigen Kostengestaltung, zur Produktion im o p t i m a l e n K o s t e n p u n k t zu gelangen. Umgekehrt soll in der Progression die Erhöhung des Preises über die Durchschnittskosten die Abnehmer mit der geringsten Nutzenschätzung abschrecken. Auf diese Weise hofft Schmalenbach, die Produktion des Betriebes am o p t i m a l e n K o s t e n p u n k t s t a b i l i s i e r e n zu können. So richtig das Prinzip ist, von dem Schmalenbach ausgeht, ergeben sich jedoch Bedenken, die eine Preisstellung: Preis = Grenzkosten, verbieten. Zunächst beruht es auf einem Irrtum, daß durch n i e d r i g e P r e i s s t e l l u n g in der Degression s t e t s m e h r Aufträge herangezogen werden. P r e i s u n d N a c h f r a g e zeigen ja k e i n e p a r a l l e l e E n t w i c k l u n g , da hier das Moment der E l a s t i z i t ä t der Nachfrage eine Rolle spielt. Ein Betrieb, der beispielsweise S p e i s e s a l z produziert, kann nur in verschwindend geringem Ausmaß durch eine Preisstellung zu Grenzkosten latente Nachfrage wecken oder übermäßige Nachfrage beschränken. Der Bedarf ist hier starr. Es könnte also nur eine A b s a t z v e r l a g e r u n g zwischen den Betrieben der gleichen Branche eintreten. Solange aber n i c h t alle B e t r i e b e zu Grenzkosten kalkulieren, sind die Auswirkungen sogar schädlich: werden die Betriebe einer Branche durch eine derartige Kalkulation von einigen der Brancheangehörigen zu einem ruinösen Kapitalwettbewerb verleitet. Wenn die Grenzkosten aus diesen Gründen auch n i c h t f ü r die P r e i s b i l d u n g empfohlen werden können, so sind sie doch hervorragend zur Bestimmung der P r e i s u n t e r g r e n z e und für die innerbetriebliche D i s p o s i t i o n geeignet. a) P r e i s u n t e r g r e n z e : Jeder neue Auftrag muß zumindest die von ihm verursachten Mehrkosten decken. Die Grenzkosten sind daher die u n t e r s t e G r e n z e , bis zu der der Betrieb seine Preisforderungen herabsetzen kann. b) I n n e r b e t r i e b l i c h e D i s p o s i t i o n e n : Wenn wir auch eine Preisstellung: Preis = Grenzkosten, aus den oben genannten Gründen ablehnen, so bedeutet das nicht, daß wir sie auch für unsere i n n e r b e t r i e b l i c h e n Kalk u l a t i o n e n verneinen. 14*
212
Kalkulation
In allen Fällen der Z w e c k k o n k u r r e n z , wenn der Betrieb zwischen verschiedenen Artikeln, verschiedenen Produktionsmöglichkeiten wählen muß, ist eine Preisstellung: Preis = Grenzkosten, richtig und notwendig, aber nicht in dem Sinne, daß dieser Preis auf dem M a r k t genannt wird, sondern der Grenzkostenpreis dient nur der O r i e n t i e r u n g des B e t r i e b e s : er zeigt ihm, welche Aufträge er annimmt und wie er seine Schichten zusammensetzt. Der Grenzk o s t e n p r e i s ist also eine i n n e r b e t r i e b l i c h e W i r t s c h a f t l i c h k e i t s z a h l , ein D i s p o s i t i o n s h i l f s m i t t e l . Der Unterschied zwischen der Ansicht Schmalenbachs und der unseren ist daher der, daß Schmalenbach den Grenzkostenpreis zu einem wirklichen Ang e b o t s p r e i s erheben will, wir dagegen sehen in ihm nur eine i n n e r b e t r i e b liche W e r t u n g s z a h l . Auch im I n n e r n des Betriebes, nicht nur gegenüber dem Markt, sind Grenzschichtprobleme zu lösen. So kann es sich um die Frage handeln, ob es zweckmäßig ist, gewisse — zum Gebrauch oder Verbrauch durch den Betrieb bestimmte — I n n e n l e i s t u n g e n selbst auszuführen oder sie fertig vom Markt zu beziehen oder die H i l f s k o s t e n s t e l l e n (in einer Maschinenfabrik z. B. die Tischlerei, das Kraftwerk usw.) möglichst günstig, d. h. mit möglichst niedrigen Kosten je Einheit, auszunutzen. Auch in diesen Fällen sind Grenzkostenkalkulationen erforderlich, denn liegen im ersten Fall die Grenzkosten der Innenleistungen über den Marktpreisen, ist es wirtschaftlicher, den Bedarf des Betriebes auf dem Markt zu decken, und im zweiten Fall führt die Wertung der Hilfskostenstellenleistungen zu Grenzkosten zu einer — unter den gegebenen Umständen —besten Kapazitätsausnutzung und günstigsten Kostengestaltung dieser Stellen. Solange die betreffenden Stellen unterbeschäftigt sind, sind ihre Verrechnungspreise ( = Grenzkosten) niedrig und bilden einen Anreiz zu verstärkter Inanspruchnahme ihrer Leistungen. Bei Voll- oder gar Überbeschäftigung wirken die hohen Verrechnungspreise abschreckend und verhindern eine übermäßige Inanspruchnahme der Stellen, wenn ihr nicht ein entsprechend hoher Nutzen gegenübersteht. 3482. Grenzzins Nicht nur in der P r o d u k t i o n , auch in der K a p i t a l d i s p o s i t i o n ist das Grenzdenken von entscheidender Bedeutung. Auch bei der Aufnahme neuer Kapitalschichten sind die Kosten und die Erträge dieser Schichten von Einfluß auf die bisherige Rentabilität, weil die Veränderungen von ihnen ausgehen. Sie sind es, die zur Besserung oder Verschlechterung der finanziellen Situation führen. Nimmt ein Betrieb Kapital auf, so tut er das zu verschiedenen Zeiten, in verschiedenen Mengen und — je nach der Marktlage — auch zu verschiedenen Zinssätzen. Demnach zerfällt das Gesamtkapital eines Betriebes in verschiedene K a p i t a l s c h i c h t e n mit u n t e r s c h i e d l i c h e n Zinssätzen, die der Betrieb entweder zahlen (Obligationen, Darlehen) oder aber zumindest kalkulieren muß (bei Eigenkapitalanlagen). Es handelt sich hierbei also um die Betrachtung
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
213
der Auswirkungen einer neu hinzukommenden oder fortfallenden Kapitalschicht: der G r e n z k a p i t a l s c h i c h t , ihres Zinses: des G r e n z z i n s e s und ihres Erfolges: des G r e n z e r f o l g e s , der G r e n z r e n t a b i l i t ä t . Es ist selbstverständlich, daß ein Betrieb nur dann Kapital aufnehmen wird, wenn der erhoffte Ertrag der neuen Kapitalschicht ihren Aufwand übersteigt. Damit ist aber nicht die Frage gelöst, ob es überhaupt zweckmäßig ist, neues Kapital aufzunehmen oder ob neue ertragreiche Produktionsmöglichkeiten nicht wirtschaftlicher mit dem vorhandenen Kapital durchgeführt werden können. In diesem Fall müßten bisherige, weniger ertragreiche Produktionen eingestellt und das Kapital auf die neuen Produktionen umgestellt werden. Voraussetzung für das Auftreten einer derartigen Dispositionsfrage ist die technische Durchführbarkeit einer derartigen Umstellung, von der wir aber im folgenden annehmen wollen, sie sei gegeben. Bei derartigen Dispositionsfällen erweist sich wiederum das Grenzprinzip, in diesem Fall: das G r e n z z i n s d e n k e n , als Schlüssel zur Lösung des Problems: Nehmen wir an, ein Betrieb benötige für eine neue Produktion die Aufnahme einer neuen Kapitalschicht. Das neue Kapital soll nur zu 14% beschaffbar sein, während das bisher vorhandene Kapital Zinsaufwendungen in Höhe von 10% verursacht. Um die Zweckmäßigkeit einer neuen Kapitalaufnahme zu prüfen, wird nun der Betrieb das gesamte Kapital zum Grenzzins (in diesem Falle 14%) kalkulieren. Er geht dabei von dem Gedanken aus, daß zunächst das im Betriebe vorhandene Kapital mit dem größten Nutzen eingesetzt sein muß, bevor neues Kapital herangezogen werden darf. Zeigt sich, daß das alte Kapital in seiner bisherigen Verwendung den Grenzzins nicht trägt, ist es nach den bestehenden Produktions- und Ertragsmöglichkeiten nicht optimal eingesetzt. Der Betrieb wird daher — falls technisch möglich — eine Umdisposition vornehmen und das vorhandene billigere Kapital für die neue Produktion einsetzen und von dem teueren neuen Kapital absehen. Erst wenn das alte Kapital in seiner bisherigen Verwendung den Grenzzins trägt, wird der Betrieb das teuere neue Kapital aufnehmen. Ein Zahlenbeispiel möge das Gesagte verdeutlichen: Altes Kapital = 1000000,—DM, Zins 10%, neues Kapital = 500000,— DM, Zins 14%, Ertrag der neuen beabsichtigten Produktion = 18% des Kapitaleinsatzes. Fall 1: Die a l t e Verwendung trägt nur 12%, Fall 2: die a l t e Verwendung trägt 15%. Das neue Kapital wird aufgenommen, Gewinn insgesamt 40000 — D M
F a l l 1: Altes Kapital in alter Verwendung . . kostet 10, trägt 12 Gewinn Neues Kapital in neuer Verwendung . kostet 14, trägt 18 Gewinn
1000000,—DM 20000,—DM 500000,—DM 20000,— DM
214
Kalkulation
Das neue Kapital wird nicht aufgenommen, Gewinn insgesamt 50000,—DM
Altes Kapital davon in alter Verwendung . kostet 10, trägt 12 Gewinn davon in neuer Verwendung . . . . . Gewinn kostet 10, trägt 18
1000000,— DM 500000,— DM 10000,— DM 500000 — D M 40000,— DM
Das neue Kapital wird aufgenommen, Gewinn insgesamt 70000,— DM
F a l l 2: Altes Kapital in alter Verwendung . . kostet 10, trägt 15 Gewinn Neues Kapital in neuer Verwendung . kostet 14, trägt 18 Gewinn
1000000,— DM 50000,— DM 500 000,— DM 20000 — D M
Wir sehen also: Nimmt der Betrieb im Falle 1 neues Kapital auf, obwohl die alte Verwendung den Grenzzins nicht trägt, hat er einen Gewinn von nur 40000,— DM. Kalkuliert er dagegen zum Grenzzins, findet er den wirtschaftlicheren Weg und erzielt einen Gewinn von 50000,— DM. Im 2. Fall dagegen trägt die bisherige Produktion den Grenzzins. Es ist daher wirtschaftlicher, das neue teuere Kapital aufzunehmen, denn der Betrieb erzielt auf diese Weise einen Gewinn von 70000,— DM gegenüber einem Gewinn von nur 50000,— DM, wenn er das alte Kapital für die neue Verwendung eingesetzt hätte. Dieses Beispiel zeigt, daß der Grenzschicht: ihren Kosten und ihrem Ertrage, nicht nur eine B e d e u t u n g für sich allein, sondern auch f ü r alle ü b r i g e n S c h i c h t e n zukommt. Es handelt sich hierbei um einen Fall der Verwendungskonkurrenz: soll das alte Kapital weiterhin in alter oder neuer Verwendung genutzt werden ? Und die Frage wird gelöst durch die Kalkulation d e s g e s a m t e n K a p i t a l s zum G r e n z z i n s . Die Bedeutung der Kalkulation zum Grenzzins zeigt sich besonders, wenn man nicht die Einwirkung auf die absolute Höhe des Gewinnes, sondern auf die R e n t a b i l i t ä t des Betriebes betrachtet. Erst die Kalkulation zum Grenzzins führt zur maximalen Rentabilität. Auch in dem Grenzzinsdenken kommt daher das typische Dispositionsdenken auf k u r z e S i c h t zum Ausdruck. Es wird aber ergänzt und korrigiert durch das l a n g f r i s t i g e Denken: Nehmen wir an, dem Betrieb biete sich eine günstige neue Ertragsmöglichkeit, der Grenzzins des neuen Kapitals könne aber von der bisherigen Produktion nicht getragen werden, so daß nach unseren bisherigen Ergebnissen von der Aufnahme des neuen Kapitals abzusehen und mit dem alten Kapital zu disponieren wäre. Diese neue Ertragsmöglichkeit erscheint jedoch auf die Dauer nicht gesichert, sei es, daß der im Augenblick große Bedarf nur kurzfristig ist, sei es, daß Geschmackswandlungen oder Modeänderungen sich anzeigen. In diesem Fall kann der Betrieb nicht allein auf kurze Sicht denken — auch wenn die neue Produktion den Grenzzins trägt. Ein gesicherter Ertrag auf lange Sicht, auch wenn er relativ niedrig ist, ist meist wertvoller als ein einmaliges, sehr gutes Ergebnis, dem aber eine Reihe von Verlustjahren folgt. Hier verbindet sich kurzfristiges Denken mit D e n k e n auf lange S i c h t , und es ist in diesem Falle angebracht, trotz des augenblick-
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
215
lieh relativ geringen Nutzens, den das alte Kapital in seiner bisherigen Verwendung stiftet, von einer Umdisposition abzusehen. E r wird das alte Kapital in seiner bisherigen Verwendung belassen und bleibt auf diese Weise im Markt, sichert sich einen zwar relativ geringen, aber nachhaltigen Ertrag auf lange Sicht. Das Grenzdenken auf kurze Sicht findet also seine natürliche Ergänzung im Durchschnittsdenken auf mittlere und lange Sicht. Grenzdenken auf kurze Sicht und Durchschnittsdenken auf lange Sicht sind keine Gegensätze, sondern sie ergänzen sich. Der B e t r i e b s w i r t d e n k t s t e t s in b e i d e n S i c h t e n zugleich! 3483. Grenzergebnis Der Betrieb wird seine Produktionsmittel (Maschinen, Rohstoffe, Arbeitskräfte) stets derart einsetzen, daß sie den höchsten Nutzen auf dem Markt stiften, denn je höher der Nutzen, desto höher der erzielbare Preis und desto höher — bei gegebenen Kosten — die Spanne von Preis und Kosten: das Ergebnis. Sind die Produktionsmittel jederzeit in beliebiger Menge und zu gleichen Kosten vermehrbar, kann der Betrieb jede Produktion durchführen, die überhaupt zu einem positiven Ergebnis führt. Erst wenn die Produktionsmittel innerhalb des Dispositionszeitraumes nicht beliebig vermehrbar sind, sei es, daß sie absolut unvermehrbar oder nur zu höheren Kosten und die Nachfrage die Produktionsfähigkeit des Betriebes übersteigt, hat der Betrieb eine Auswahl unter den möglichen Produktionen zu treffen. Wir hatten bereits den Fall untersucht, daß die Produktionsmöglichkeiten die Kapazität des Betriebes übersteigen und festgestellt, daß hier die Kalkulation zu Grenzkosten zur wirtschaftlichen Zusammensetzung der Produktion führt. Ein ähnlicher Fall liegt vor, wenn zwar die Kapazität des Betriebes nicht erschöpft ist, aber ein e i n z e l n e r Produktionsfaktor in seiner Beschaffung gehemmt ist, so daß der Betrieb vor die Wahlnotwendigkeit gestellt ist, für welche Zwecke (d.h. welche Erzeugnisse) er diese beschränkte Menge verwenden soll. Vor allem haben wir es mit den jahrzehntelang so aktuellen und heute teilweise wieder akuten Fällen g e h e m m t e r R o h s t o f f b e s c h a f f u n g zu tun. Es sind hier folgende Möglichkeiten zu unterscheiden: a) Ein Gut ist in seiner Beschaffung g e h e m m t , die Preisbildung jedoch frei, b) ein Gut ist in seiner Beschaffung g e h e m m t , die Preisbildung ist geregelt, c) ein Gut ist nur zu h ö h e r e n K o s t e n vermehrbar. Zu a) Im Fall einer gehemmten Beschaffung, bei der jedoch die f r e i e M a r k t p r e i s b i l d u n g erhalten bleibt, entstehen für den Betrieb keine besonderen
216
Kalkulation
Bewertungsprobleme. Durch die Konkurrenz der Anbietenden und Nachfragenden wird der Preis für das Gut mit gehemmter Beschaffung so hoch getrieben, daß alle — bei der gegebenen Menge — unwirtschaftlichen Verwendungen unterbleiben und alle Nachfragenden mit zu geringer Nutzenschätzung vom Kauf ausgeschlossen sind. Der Preis für dieses Gut ist dann ein echter Nutzenpreis und kann als solcher in die Kalkulation des Betriebes übernommen werden. Zu b) Anders sieht es in dem Falle aus, in dem der Preis g e r e g e l t ist. Hand in Hand mit einer Preisregelung pflegt eine K o n t i n g e n t i e r u n g zu gehen, die entweder von einer staatlichen Behörde oder von den anbietenden Betrieben selbst vorgenommen wird. Erforderlich ist sie aber auf jeden Fall, wenn die Preise u n t e r den Nutzenschätzungen der Nachfragenden liegen, wenn dem beschränkten Angebot, das zu einem Fixpreis auf den Markt kommt, eine übergroße Nachfrage gegenübersteht. Wenn also die Auswahl der Nachfragenden nicht durch den P r e i s erfolgt, muß irgendeine Form der K o n t i n g e n t i e r u n g gewählt werden. Für uns ist hierbei entscheidend, daß der Preis, zu dem eine beschränkte und innerhalb des Dispositionszeitraumes nicht vermehrbare Menge auf den Markt gebracht wird, nicht ohne weiteres die Verwendung mit der höchsten Nutzenstiftung gestattet. Für den Betrieb entsteht daher das Problem, diese beschränkte Menge mit h ö c h s t e r N u t z e n s t i f t u n g zu verwenden. Das bedeutet, daß die letzte Verwendungsart die unwirtschaftlichste aller zum Zuge kommenden Verwendungsarten und die wirtschaftlichste aller unterbleibenden Verwendungsarten sein muß. Der Betrieb wird sich daher eine Skala aller Verwendungsmöglichkeiten in der Reihenfolge der Höhe ihrer Nutzenstiftung aufstellen und die verfügbare Menge des Beschaffungsgutes den nutzbringendsten Verwendungsmöglichkeiten zuteilen. Die Verwendungsart, auf die das letzte Quantum der beschaffbaren Menge fällt, ist dann die G r e n z v e r w e n d u n g . Die Grenzverwendung entscheidet also, für welche Verwendungsmöglichkeiten das in seiner Beschaffung gehemmte Gut eingesetzt wird und welche Verwendungen unterbleiben. Das Kriterium für diese Auswahl ist somit der N u t z w e r t d e r l e t z t e n zum Zuge k o m m e n d e n V e r w e n d u n g s a r t : Das G r e n z e r g e b n i s . An einem Zahlenbeispiel1) möge das Gesagte verdeutlicht werden: Einem Zink verarbeitenden Betrieb stehen in einer Wirtschaftsperiode nur 2001 zur Verfügung. Er stellt sechs verschiedene Produkte her, die Zink in gleichen Mengen enthalten, aber auf dem Markt verschiedene Preise erzielen. Die übrigen zur Produktion notwendigen Stoffe sind frei beschaffbar. Der Betrieb wird dann folgende Kalkulation anstellen: ') Beispiel nach „Wert und Wertung im Betriebe".
217
Sonderfragen der Kostenträgerrechnung
Produktart
1 2 3 4 5 6
Verbrauch an Zink für die absetzbaren Mengen (t) 70 20 30 90 100 50
Erzielbarer Erlös
Kosten und Gewinn je Einheit außer Zink
Nutzwert des Zinks
40 45 25 50 35 45
30 37 17 44 30 42
10 8 8 6 5 3
Da nur 200 t Zink zur Verfügung stehen, muß das Zink so hoch bewertet werden, daß es nur für die Produktion der Erzeugnisse verwendet werden kann, bei denen es den höchsten Nutzen stiftet, also für die Erzeugnisse mit der höchsten Kostentragfähigkeit. In unserem Beispiel ist dieser Grenzwert = 6. Zink wird daher für alle Verwendungsarten mit 6 bewertet, sowohl für den Einsatz in das ertragfähigste Produkt (1) als auch für den Einsatz in das Grenzprodukt (4), für dessen Erzeugung allerdings nur 801 bereitgestellt werden können. Damit ist der Zinkvorrat erschöpft, die Produkte mit niedrigeren Nutzwerten (5 und 6) sind von der Erzeugung ausgeschlossen. Die Wertung zum Grenznutzen verbürgt also den Einsatz eines knappen Materials in der wirtschaftlichsten Verwendungsweise und verhindert somit eine betriebliche Stoffverschwendung, eine Gefahr, die besonders groß ist, wenn der Preis keinen Maßstab für die wirklichen Knappheitsverhältnisse bietet. Die Bewertung des Stoffes zum Nutzwert ergibt die r e a l e n K o s t e n ; „real" bedeutet hierbei, daß es die wirklichen Kosten im Augenblick des Verbrauchs sind, unabhängig davon, was sie bei der Beschaffung für Ausgaben verursacht haben, dagegen wohl bedenkend, was sie an anderer Stelle erbringen würden, welcher Nutzen dem Betrieb also durch den Einsatz in der Produktion entgeht. Vergleichen wir nun das Wesen der Grenzkostenkalkulation mit dem der Grenznutzenkalkulation (Kalkulation zu realen Kosten), so kommen wir zu folgender Feststellung: Durch die Grenzkostenkalkulation werden alle Arten der Nutzenstiftung unterbunden, die die gegebenen G r e n z k o s t e n n i c h t decken. Durch die Grenznutzenkalkulation werden alle Arten dei Kostenaufwendung unterbunden, die einem bestimmten Grenznutzen nicht erzielen. 3484. Schnittpunkt von Grenzkosten und Grenzergebnis Wir hatten bisher lediglich den Fall betrachtet, daß ein bestimmtes Beschaffungsgut innerhalb des Dispositionszeitraumes unvermehrbar ist. Der Betrieb mußte den gegebenen Vorrat nach Maßgabe der höchsten Nutzenstiftung verwenden. Daneben tritt der Fall auf, daß ein Beschaffungsgut zwar vermehrbar, aber nur zu h ö h e r e n K o s t e n v e r m e h r b a r ist. Die Ursache hierfür kann z. B. darin liegen, daß die Lieferbetriebe voll beschäftigt sind
218
Kalkulation
und weitere Lieferungen zu einer Kostenprogression führen, so daß sie geneigt sind, heftig auf Mehrlieferungen drängende Kunden auch mit den höheren Kosten zu belasten. Der nachfragende Betrieb kann dann zwar seinerseits einen größeren Bedarf befriedigen, wenn auch nur zu steigenden Kosten. Es entsteht daher für ihn die Dispositionsfrage, wie weit er in seiner Beschaffung gehen kann. Um diese Frage zu lösen, ist eine kombinierte Grenznutzen- und Grenzkostenkalkulation erforderlich: Die ersten (und am billigsten) beschaffbaren Quantitäten des Gutes wird der Betrieb für die höchsten Nutzenstiftungen verwenden, die folgenden (und teueren) Quantitäten werden für niedrige Nutzenstiftungen Verwendung finden. Die Beschaffungsgrenze liegt dort, wo sich G r e n z k o s t e n u n d G r e n z n u t z e n s c h n e i d e n , wo also das E r g e b n i s = 0 ist. An einem Zahlenbeispiel sei das Gesagte verdeutlicht. Die Preise für ein Beschaffungsgut sollen sich belaufen auf: 1. 2. 3. 4. 5.
beim beim beim beim beim
Bezug Bezug Bezug Bezug Bezug
bis bis bis bis bis
100 t 200 t 300 t 400 t 500 t
= = = = =
10000,— 22 000,— 36000,— 52 000,— 70000,—
DM DM DM DM DM
(also (also (also (also
12000 14000 16000 18000
DM DM DM DM
mehr mehr mehr mehr
für für für für
zusätzl. zusätzl. zusätzl. zusätzl.
100 100 100 100
t) t) t) t)
Der Betrieb kann das Beschaffungsgut für die Zwecke 1—5 verwenden, und zwar erzielt er für diese Zwecke pro t folgende Nettoerträge (Gesamterträge ./. aller Kosten, außer denen des Beschaffungsgutes): Zweck Zweck Zweck Zweck Zweck
1 2 3 4 5
Ertrag Ertrag Ertrag Ertrag Ertrag
pro pro pro pro pro
t t t t t
180 170 160 150 140
Bedarf 50 t Bedarf 60 t Bedarf 80 t Bedarf 200 t Bedarf 50 t
Der Betrieb wird also die ertragreichsten Zwecke mit den billigen Quantitäten befriedigen, die weniger ertragreichen Zwecke mit den teureren Mengen und erst dort, wo die zusätzlichen Kosten den zusätzlichen Ertrag übersteigen, wird er von einer weiteren Beschaffung absehen. Er stellt dann folgende Kalkulationen auf: Zweck
1 2 2 3 4 4 4 5 5
Bedarf des knappen Materials je absetzbare Menge
60 t 200 t 50 t
50 t j 50 t \ 10 t 80 t i 10 t Q* cM 5 ® •Ö "S
.2 ""3
243,50 243,50 243,50 243,50 243,50 243,50
5 k^j •P ® 02 O P
H
CO T3 ö e d> o> w c S ö
203,— 203,— 203,— 203,— 20,3— 203,—
DM DM/t
Summe
ca 3 C5 bo © o
•tf G
bß ^ kg
Abzügl. Kreislaufmat.
DM % kg Eisenkosten
Kalkulation
^H m2
Ö © w2 ¿3 ® 'S « Ö cS
o m eo_ oo r-T ai CO vi
HH H
'S •s 1 § ®
§
t,
P ta « oi oN c>i o i O O CS oo CS (£>
2,84 15,63 53,96
2,51 11,72 45,95 42,21
Kosten des flüss. Eisens
8% Mat.-GK Schmelzkosten
2,40 9,90
35,49
. . . .
312,5
31,72 234,4
29,91
197,9
62,5 31,2 6,3 12,5 200,0
20,54 9,58 2,84 2,53 Abfallklasse
20,0 10,0 2,0 4,0 64,0
15,39 7,20 2,12 7,01 Abfallklasse 20,0 10,0 2,0 14,7 53,3
46,8 23.4 4,7 34.5 125,0
20,0 10,0 2,0 22,6 45,4
13,02 6,05 1,75 9,09 Abfallklasse
328,60 307,30 449,85 203,—
39.6 19.7 3,9 44,7 90,0
Hämatit Deutsch I Sonstiges Roheisen . . Bruch Kreislaufmaterial . . .
8% Mat.-GK Schmelzkosten
39,02
28,41
10,98 5,13 1,48 10,82 Abfallklasse
37,42
166,7
33,4 16,7 3,3 53,3 60,0
35,79
27,65
151,1
20,0 10,0 2,0 32,0 36,0
DM
Kosten des flüss. Eisens
9,92 4,64 1,35 11,74 Abfallklasse
30,2 15,1 3,0 57,8 45,0
DM
2,28 8,33
26,88
135,4
20,0 10,0 2,0 38,3 29,7
kg
2,21 7,56
8,91 4,16 1,21 12,60 Abfallklasse
27,1 13,5 2,7 62,1 30,0
6ß 2,14 6,77
20,0 10,0 2,0 45,9 22,1
328,60 307,30 449,85 203,—
DM o^l
. . . .
0>!
DM/t ac
Hämatit Deutsch I Sonstiges Roheisen . . Bruch Kreislaufmaterial . . .
Material
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen 231
Kalkulation
232
Die Eisenkosten im fertigen Guß werden durch Multiplikation der Eisenkosten je 100 kg lt. Tabelle mit dem Stückgewicht, das durch 100 dividiert werden muß, ermittelt. Diese Eisenkosten sind jedoch nicht immer genau, da die Tabelle der Harzburger Druckschrift auf zahlreichen Vereinfachungen beruht, denn Gußstücke gleichen Gewichts haben wegen ihrer unterschiedlichen Abfallklasse nicht immer gleiche Materialkosten. Ein sehr dickwandiges Gußstück z. B. benötigt nur einen sehr kleinen Trichter. Nach der Tabelle der Harzburger Druckschrift würde dieses Gußteil in eine sehr hohe Klasse eingeordnet werden und daher auch einen relativ großen Anteil am Kreislaufmaterial erhalten. Für diese Ausnahmefälle ist die Harzburger Druckschrift und ihre Tabellenkalkulation nicht geeignet. Deshalb erscheint die Staffelrechnung nach Abfallklassen 1 ) entschieden wirklichkeitsnäher; denn die Abfallklasse ist das entscheidende Kriterium für die Höhe des Kreislaufmaterials. Eine solche Tabelle nach Abfallklassen ist vorstehend dargestellt (s. Seite 231). Sämtlichen tabellarischen Methoden haftet ein großer Mangel an: sie schematisieren und können keine Rücksicht auf Einzelfälle nehmen. Deshalb finden sich in der Praxis häufig Formeln zur Errechnung des Materialverbrauchs. Man geht dabei von dem Gedanken aus, daß sich die Kosten für 100 kg Guß zusammensetzen aus den Kosten des Roheisenanteils und den Kosten für fremdbezogenen Bruch, die beide dividiert werden müssen durch die um den Abbrand verminderte Substanz. Es bedeuten: R = Roheisenanteil in %
B = Bruchanteil in % V = Abbrandverlustanteil in % r = Roheisenpreis je 100 kg b = Bruchpreis je 100 kg Dann kann folgende Formel aufgestellt werden: R
'
r +
B
'
b
R + B —V
= Kosten für 100 kg8 Guß.
In Werten für die Abfallklasse 60 ausgedrückt R B r b
= = = =
32% 32% 33,— DM 20,30 DM
ergibt das: 32-33,[- 32-20,3 17056 = 32 + 32 — 4 60
= OQ .¿ö,41.
Ein anderes Verfahren ist die M u l t i p l i k a t o r e n - M e t h o d e . Sie beruht auf dem Grundgedanken, bei der Errechnung der Materialkosten alle fixen Bestandteile von den variablen zu trennen und daraus Multiplikatoren zu bilden, die — auf die entsprechenden Kostenelemente angewendet — ein schnelles 1 ) Unter Abiallklassen wird der prozentuale Anteil des Kreislaufmaterials vom guten Guß verstanden.
233
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
Errechnen der Materialkosten im fertigen Stück gestatten. Feste Größen in der Materialrechnung sind: der prozentuale Anteil des Kreislaufmaterials, der Abbrandverlust-Prozentsatz, der Ausschuß-Prozentsatz, der Minderwert des Kreislaufmaterials und der Materialgemeinkostenzuschlag. Die Ermittlung des Multiplikators geschieht wie folgt: Fertiggewicht Kreislaufmaterial
1,0 kg 0,6 kg 1,6 kg
Abbrand 4%
0,067 kg
Kalter Satz
1,667 kg
Aus dieser Rechnung folgt, daß bei einem Materialeinstandswert von 1,—DM je kg sich 1,667 DM Kosten ergeben. Wird von diesem Betrag der Wert des Kreislaufmaterials abgesetzt, der für 0,60 kg Kreislaufmaterial mit 0,50 DM anzusetzen ist, so ergeben sich die Kosten für 1 kg kalter Satz mit 1,167 DM. Der Multiplikator belauft sich also auf 1,167. Für die Materialrechnung ist schließlich der A b b r a n d von besonderer Bedeutung. Hierunter sind solche Materialsubstanzverluste zu verstehen, die beim Schmelzen und der Bearbeitung des Gusses eintreten. Der Abbrand ergibt sich rein rechnerisch als Differenz zwischen dem Einsatzgewicht und dem Gewicht des fertigen Gusses. Der Abbrand liegt je nach Materialart zwischen 4 und 7% vom Einsatzgewicht. In der Kalkulation wird mit kalkulatorischen Abbrandsätzen gearbeitet. Es ist aber dringend erforderlich, diese kalkulatorischen Sätze nach bestimmten Zeitabständen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Bei der Materialkalkulation ist ebenfalls das Problem des A u s s c h u s s e s zu beachten. Die Höhe des Ausschusses in der Gießerei schwankt erheblich. Maßgebend hierfür sind der Schwierigkeitsgrad des zu gießenden Gußstückes und das zur Verfügung stehende Material. Es ist die Aufgabe der Materialkalkulation, diesen Ausschuß in seiner durchschnittlichen Höhe zu kalkulieren. Es werden Ausschußklassen gebildet, in denen die einzelnen Erzeugnisse nach der Höhe ihres Ausschusses eingeordnet sind. Eine Materialkalkulation ist nachstehend dargestellt: Kosten des kalten Satzes (Einsatzmaterial) Kreislaufmaterial Hämatit Deutsch I Sonstige R . E Gußbruch Schmelzkosten Koks Kalksteine
40 35 18 4 50
kg kg kg kg kg
DM DM DM DM
330,—/t = 310—/t = 450,—/t = 205,—/t =
DM DM DM DM
11,51 3,58 1,20 10,25
DM 26,58 20 kg/100 kg Satz = 5 kg/100 kg Satz =
29,0 kg/DM 106,—/t 7,4 kg/DM 14,—/t
= =
DM 3,07 DM—,10
Übertrag: DM29,75
234
Kalkulation Übertrag:
Materialgemeinkosten 10% Schmelzlohn = DM 0,70/100 kg Satz . . . . Schmelzgemeinkosten = DM 2,—/100 kg Satz
= = =
Kosten des flüssigen Eisens ./. 5% Abbrand
147,0 kg 7,4 kg
./. 50 kg Kreislaufmaterial
139,6 kg 80,6 kg 59
kg =
DM DM DM DM
29,75 2,98 1,03 2,94
DM 36,60
DM 36,60
3512. Kalkulation in der Formerei, Kernmacherei und Putzerei (2. Stufe) An die Kalkulation der Materialkosten schließt sich die der anderen Arbeitsgänge. Als Formerlöhne werden alle Löhne für das Formen, Einlegen der Kerne, Zulegen, Gießen und Ausleeren der Formen verstanden. Auch die Löhne der Hilfsarbeiter, die neben den Facharbeitern bei diesen Arbeitsgängen aufgewendet werden müssen, werden als Fertigungslöhne erfaßt. Dies gilt auch für die Gießerei- und Ausleerkolonnen. Dies sind Gruppen von Hilfsarbeitern, die in mittleren und größeren Betrieben zur Entlastung der Facharbeiter das Gießen und Ausleeren der Formen übernehmen. Zu den Kernmacherlöhnen rechnen die Löhne für das Anfertigen der Kerne, Bedienung der Trockenkammern und Schwärzbäder. Dabei ist es gleichgültig, ob die Arbeiten von Stückoder Hilfsarbeitern ausgeführt werden. Zu den Putzerlöhnen rechnen die Löhne für das Ausstoßen der Kerne, das Abblasen (Sandstrahlen), Wasserstrahlen und Bürsten, Abgraten, Meißeln und Schleifen, das Beizen im Säurebad usw. Die Fertigungslöhne in der Formerei werden in der Regel als Zeitakkord vorgegeben, in der Kernmacherei dagegen sehr häufig im Stundenlohn vergeben. In der Putzerei findet sich vielfach der Gruppenakkord. Der Akkordschein ist bei Akkordarbeiten Kalkulationsbeleg. Beim Stundenlohn dienen Stempelkarte und Aufzeichnungen im Lohnbuch als Kalkulationsbeleg. Um zu den Herstellkosten zu gelangen, sind noch zwei Positionen im Kalkulationsschema aufzunehmen: der Ausschuß und die Sondereinzelkosten der Fertigung. Die Ausschußverrechnung erfolgt kalkulatorisch auf Grund durchschnittlicher verbrauchsbedingter Ausschußzahlen. Die Sondereinzelkosten der Fertigung sind je Auftrag individuell zu ermitteln. Zu den Herstellkosten werden die Verwaltungs- und Vertriebskosten, Umsatzsteuer, Vertreterprovisionen und kalkulatorische Einzelwagnisse hinzugezählt, so daß sich die Selbstkosten des Auftrages ergeben. Die Differenz zwischen Auftragserlös und Auftragsselbstkosten ist das Auftragsergebnis. Das bereits auf Seite 233/34 dargestellte Beispiel der Materialkostenkalkulation wird nun nach diesen Grundsätzen bis zum Auftragsergebnis weitergeführt. 1. Eisenkosten im fert. Stück nach Materialkalkulation: 100 kg = DM 62,34 2. Kosten der Formerei a) Fertigungslohn je Stück/100 kg 400 Min. je 5 Pf. . . DM 20,— b) Normalzuschlag 220% DM 44,— = DM 64,— Übertrag:
DM 126,34
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen 3. Kosten der Kernmacherei a) Fertigungslohn je Stück/100 kg 220 Min. je 4,2 Pf b) Normalzuschlag 180% 4. Kosten der Putzerei a) Fertigungslohn je Stück/100 kg 350 Min. je 4,5 Pf b) Normalzuschlag 160%
235
Übertrag: DM 126,34 DM 9,24 DM 16,63 = DM 25,87 DM 15,75 DM 25,20 = DM 40,95
5. Summe der Zeilen 1 bis 4 6. Kalkulatorischer Ausschuß 10%
DM 193,16 DM 19,31
7. Kosten bis dahin = Zeile 5 + Zeile 6 8. Sondereinzelkosten der Fertigung
DM 212,47 DM 23,50
9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16.
Herstellkosten = Zeile 7 + Zeile 8 Normalzuschlag f. Verwaltg. u. Vertrieb = 6% von Zeile 9 Umsatzsteuer = 4% von Zeile 15 Vertreterprovision = 5% von Zeile 15 Kalkulatorische Einzelwagnisse = 2 % Auftragsselbstkosten = Summe Zeile 9 bis 13 Auftragserlös (netto) Auftragsergebnis = Zeile 15 ./. Zeile 14
DM 235,97 DM 13,55 DM 12,80 DM 16,— DM 6,40 DM 284,72 DM 320,— DM 35,28
352. Kalkulation in der chemischen Industrie 3520. Produktionseigenarten der chemischen Industrie Die Chemie befaßt sich mit Stoffen und Stoff&nderungen im Gegensatz zur Physik, die die Lehre der Zustände und Zustandsänderungen ist. Unter dem Begriff „Stoff" seien Substanzen mit einheitlicher Molekularstruktur verstanden, keine Gemische. Eine Eisfabrik, die aus Wasser Eis herstellt, ist keine chemische Fabrik, da das Wasser nur seinen Zustand geändert hat. Eine Salpetersäurefabrik, die Ammoniak im Luftstrom am Platinkontakt verbrennt, ist dagegen ein Chemiebetrieb, denn das sich bildende Stickoxyd ist chemisch etwas völlig anderes als die Einsatzstoffe Ammoniak und Luft. Die chemische Industrie befaßt sich mit der Stoffumwandlung, die mechanische dagegen nur mit der Stoffverformung, bei dieser bleibt das Material stets das gleiche. Zu den Produktionsgruppen der chemischen Industrie zählen: 1. Anorganische Industriechemikalien (Schwefelsäure, Salzsäure, Chlor, Alkalien, Phosphor und Phosphorverbindungen, Karbid). 2. Organische Industriechemikalien (Benzol, Naphthalin, Toluol, Xylol, Anthracen, Phenol, Methanol, Glyzerin, Acetylen und Äthylen und deren Derivate einschließlich Teere, Teeröle, Peche und Erzeugnisse der Verarbeitung organischer Naturstoffe). 3. Chemische Spezialerzeugnisse a) Düngemittel, Saat-, Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel b) Kunststoffe c) Chemiefasern d) Organische Farbstoffe
Kalkulation
236 e) f) g) h) i) k) 1) m) n) o) p) q) r) s) t)
Mineralfarben und verwandte Gebiete Chemischer Bürobedarf Lacke, Öl-, Leim-, Wasserfarben, Kitte und Verdünnungen Chemische Bauten- und Holzschutzmittel, Isoliermittel, Dachpappe Leime und Klebstoffe Textil- und Lederhilfsmittel, Gerbstoffe und -extrakte Pulver, Sprengstoffe und Zündwaren Elektrothermisch gewonnene Ferrolegierungen Wachse und Stearinerzeugnisse (Schuh-, Leder- und Fußbodenpflegemittel) Pharmazeutica und Spezialitäten, Desinfektionsmittel Seife, Waschmittel Ätherische Öle, Riechstoffe, Essenzen und Aromen Kosmetika Photochemische Erzeugnisse Sonstige chemische Spezialerzeugnisse, u. a. Linoleum, Konservierungs-, Flotations-, Feuerschutz-, Lösch- und andere Industriehilfsmittel 1 ).
Die chemische Industrie ist ein, sehr komplexer Begriff, und eine einheitliche eindeutige Abgrenzung gegenüber der mechanischen Industrie ist nicht möglich. Es kommt in praxi kaum vor, daß in einem chemischen Betrieb nur Stoffumwandlungen durchgeführt werden. Der meist größere Teil der Arbeit ist mechanischer Art: Die Rohstoffe müssen auf physikalische Weise für die chemische Umsetzung aufbereitet werden, und nach der Reaktion sind die neuentstandenen Produkte meist ebenfalls auf physikalischem Wege zu trennen und zu reinigen. Andererseits gibt es auch in mechanischen Industriebetrieben häufig chemische Arbeiten zu erledigen: Das Ätzen von Metallplatten in der Druckerei, das chemische Mercerisieren in der Textilindustrie und das Verchromen und Vernickeln in der Metallindustrie. Im eigentlichen Sinne des Wortes sind auch Zement- und Glasfabriken, die Textil- und Erdölindustrie und die Hüttenwerke Chemiebetriebe, denn in ihnen werden ebenfalls chemische Prozesse ausgeführt. Sie werden aber — wahrscheinlich aus historischen Gründen — nicht zum engeren Bereich der chemischen Industrie gerechnet. Es handelt sich bei diesen Branchen um Grenzfälle: Die Erschmelzung von Roh glas ist zweifellos ein chemischer Vorgang. Aus Quarz, Natron und Kalk wird eine völlig neue Substanz, das Glas. Dieses ist kein Gemisch der Ausgangssubstanzen, sondern eine Salzschmelze, die chemisch etwas ganz anderes darstellt. An diesen chemischen Vorgang schließen sich aber sofort mechanische Arbeitsgänge an, die in der Glasindustrie die Hauptbedeutung haben. Es ist dies die Herstellung der Fertigerzeugnisse: Flachglas, Flaschen, Gläser und Geräte. Diese Produktion ist eine rein mechanische, sie ist vergleichbar der kunststoffverarbeitenden Industrie. Hier ist es jedoch so, daß eine Trennung in Kunststofferzeugung — als Chemiebetrieb — und den an anderen Orten fabrizierenden Kunststoffverarbeitern als mechanischem Industriebetrieb stattgefunden hat. Bei den thermoplastischen Kunststoffen wird die Herstellung bis zu brocken- oder auch kugelartig, stets jedoch willkürlich geformten Rohmaße, überwiegend von nur wenigen Großbetrieben aus1
Nach Metzner, Chemische Industrie der Welt, Band I, S. 11.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
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geführt. Die endgültige Formgebung geschieht in anderen Fabriken, die nicht zur chemischen Industrie gehören. Eine ähnliche Trennung ist bei den Glasund Hüttenwerken nicht möglich, da dem chemischen Prozeß, der, wie bei den Kunststoffen, am Beginn der Produktion steht, sofort anschließend die Verarbeitung folgt. Die Glas- und Eisenhütten arbeiten nach Möglichkeit „in einer Hitze". Noch markanter ist das Beispiel der Zementindustrie: Die Produktion vollzieht sich in fünf Arbeitsgängen (s. Kalkulation eines Zementwerkes). Davon sind vier mechanischer und nur einer ist chemischer Natur. Das Brennen zu Zementklinkern ist ein chemischer Prozeß, denn der Kalkstein wird in seiner Molekularstruktur völlig verändert. Dies läßt das Entweichen von Kohlendioxydgasen eindeutig erkennen. Der Hauptanteil der Produktion ist jedoch mechanischer Natur: Brechen, Malen und Pressen. Die erdölverarbeitende Industrie, die eine der Hauptrohstofflieferanten der chemischen Industrie ist, zählt ebenfalls nicht zu dieser. Sicher sind hier historische Gründe maßgebend, die diese Industrie sich zu einem Sonderzweig entwickeln ließen. Ursprünglich wurden keine chemischen Verfahren in der Erdölindustrie angewandt. Durch einfache Destillation wurden die Erdöle, die Gemische aus mehreren Komponenten sind, in ihre Bestandteile zerlegt. Die Umwandlung dieser Teile in chemisch andere Substanzen, durch Kracken oder Hydrieren gleich bei der Destillation, wurde erst in neuerer Zeit durchgeführt. Heute ist die Erdölindustrie eine rein chemische, sie ist ein Musterbeispiel für eine Kuppelproduktion, die ein Charakteristikum der chemischen Industrie ist. Schon 1939 wurden über 50% des Gesamtbenzins auf dem Wege des Krackens gewonnen. Wesentlich zur Einstufung in die chemische Industrie ist der Umstand, daß der für die Produktion wichtigste Arbeitsgang ein chemischer ist. Chemische Reaktionen, die die Grundlage der Verfahren bilden, lassen sich in drei Gruppen einteilen: 1. Substanzabbau (Analyse), 2. Substanzaufbau (Synthese), 3. Substanzumlagerungen.
Zu 1.: Das einfachste Schema einer A n a l y s e zeigt die Reaktion (AB) - • A + B. In dieser Gleichung liegt in (AB) eine chemisch einheitliche Substanz vor, also eine Molekülverbindung. Nach Reaktionsablauf haben sich zwei völlig neue selbständige Moleküle gebildet, z. B. Ca C 0 3 ->- CaO + C0 2 Zu 2.: Umgekehrt wie bei einer Analyse beruht bei der S y n t h e s e die Reaktion auf einem Zusammenschluß zweier Substanzen zu einer neuen Verbindung. In einfachster Form ausdrückbar durch A + B ->• (AB). Wie im obigen Beispiel soll die Klammer ausdrücken, daß in ihr A und B in anderer Form vorliegen als vor bzw. nach der Reaktion. Berücksichtigt man diesen wichtigen Unterschied nicht, so kommt man zu formaler Übereinstimmung mit den Verfahren der mechanischen Industrie. Ein Montagewerk
238
Kalkulation
setzt Teile — A und B •—-zu einer Einheit, einem Erzeugnis AB, zusammen. Die Verwandtschaft besteht aber nur scheinbar. Dieses Produkt der mechanischen Industrie ist ohne weiteres wieder in die Einzelteile zu zerlegen. In der chemischen Industrie ist dies meist überhaupt nicht möglich, da sich beim Prozeß die gesamte Struktur der Stoffe geändert hat; z. B.: Stickstoff und Wasserstoff lassen sich, unter bestimmten Bedingungen, zu Ammoniak vereinigen. Molekularer Stickstoff und Wasserstoff können aber nicht Ammoniak ergeben. Die Reaktionsbedingungen bringen beide Stoffe erst in ihre atomare Form, und nur diese ist zu der Zusammenlagerung fähig. Die Gesamtreaktion lautet: Na + 3H a -»• 2NH 3 . Chemisch läuft der Prozeß, wenn auch in einer Geschwindigkeit von 1/1000 Sekunde, stufenförmig ab: 1. N a -*2N; H 2 - 2 H 2. 2N + 3 X 2H ->2NH 3 . Es zeigt sich dabei deutlich der Unterschied von der mechanischen Produktion. Zu 3.: Als einfaches Beispiel einer chemischen U m l a g e r u n g sei der Prozeß der Lithoponedarstellung beschrieben: Zinksulfat reagiert mit Bariumsulfid in Lösung sofort zu Zinksulfid und Bariumsulfat. Es bilden sich aus zwei Einsatzsubstanzen zwei völlig neue: ZnS0 4 + BaS - BaS0 4 + ZnS. Aus leichtlöslichen Stoffen werden schwerlösliche. Zu den Eigenarten der chemischen Industrie gehören. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Zwangsläufigkeit des Reaktionsablaufes, Formlosigkeit der Produkte, Anlagenintensität, Spezialanlagen, kontinuierliche Produktion, Kuppelprodukte, Kreislaufstoffe, Forschung, Prozeßkonkurrenz und Veralterung.
Zu 1.: Zwangsläufigkeit des Reaktionsablaufes Die chemischen Reaktionsabläufe erfordern besondere, von denen der mechanischen Industrie abweichende Produktionsverfahren. Die Zahl der Reaktionsmöglichkeiten in der Chemie ist nahezu unbegrenzt. Trotzdem können nur affine Stoffe Bindungen eingehen. Es ist jedoch die Eigenart der chemischen Produktion, daß zur Erzielung des Ablaufes eines Prozesses naturgesetzlich vorbestimmte Bedingungen gegeben sein müssen. Die Reaktion läuft dann nach chemischen Gesetzen ab, ohne daß der Mensch an der Geschwindigkeit oder der Art des Ablaufs etwas ändern kann, es sei denn in begrenztem Maße durch Änderung der äußeren Reaktionsbedingungen wie Druck, Temperatur usw. Es werden dadurch aber auch die Reaktionen selbst variiert. Diese Eigengesetzlichkeit prädestiniert die chemische Industrie für die Automation.
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Zu 2.: Formlosigkeit der Produkte In der mechanischen Industrie findet stets eine Arbeit am einzelnen S t ü c k statt. Die chemische Industrie dagegen kennt keine stückweise anfallenden Produkte. Dies liegt in ihrer Produktion selbst begründet. Sie erzeugt Schüttgüter, Flüssigkeiten, Gase oder willkürlich geformte Produkte. Chemische Erzeugnisse, sofern sie Endprodukte sind, verlangen eine gute Verpackung und Beschreibung des Inhalts und der Anwendung, sie haben die Tendenz zum Markenartikel. Auch bei ihnen muß der Hersteller die Qualitätsgarantie mit seinem Namen übernehmen, denn der Verbraucher kann sich vor dem Kauf von der Wirksamkeit oder Güte selber überzeugen. Vielfach stellen die Chemiebetriebe aber lediglich die Rohsubstanzen her, während deren — physikalische — Weiterverarbeitung andere Werke übernehmen. Zu 3.: Anlagenintensität Die Größe einer chemischen Anlage hängt von der Produktionsmenge je Zeiteinheit ab, die in ihr erzeugt werden soll. Die Erzeugung ungeformter Produkte gestattet es, bei steigendem Bedarf unter Beibehaltung des Verfahrens nach Vergrößerung der Apparatur weiterzuarbeiten; während in der mechanischen Industrie im gleichen Falle neben die bisher vorhandenen Maschinen weitere gestellt worden wären, um die Kapazität auf diese Weise zu vergrößern. Ein weiterer Vorteil größerer chemischer Anlagen ist die sehr stark wirkende Größendegression. Es sind dies ideale Voraussetzungen für eine kontinuierliche Massenfertigung. Zu 4.: Spezialanlagen Die chemische Produktion ist weiter gekennzeichnet durch ihre Spezialanlagen. Diese sind für jedes einzelne Verfahren eigens geplant und konstruiert. Sowohl in der Konstruktion als auch in der Größe handelt es sich immer um Sonderanfertigungen. Im chemischen Gerätebau gibt es nur sehr wenige Normteile, jede chemische Anlage ist genau auf die speziell vorliegenden Verhältnisse (Verfahren, Durchsatz) zugeschnitten. Dieser Umstand verteuert den Bau chemischer Anlagen ganz beträchtlich. Häufig wird der Bau von Anlagen gerade von neuen Verfahren in der eigenen Regie des Chemiewerkers durchgeführt. Dies hat zwei Gründe: Der wichtigste dürfte die durch diese Art der Anlagenerstellung am besten gewährte Sicherheit vor den Augen der Konkurrenz sein. Viele Verfahren werden heute gar nicht mehr patentiert, um nicht die Konkurrenten durch das Patent aufmerksam zu machen. Der zweite Grund ist die Möglichkeit der Ausnutzung der für die Behebung anfallender Reparaturen sehr groß gehaltenen Werkstätten. Eine Marktanpassung ist für die Betriebe der chemischen Industrie infolge der auf Naturgesetzen beruhenden Produktionsverfahren sehr schwierig. Im Gegenteil verlangen die Anlagen aus den gleichen Gründen eine ständige Vollausnutzung, da die Einhaltung der Reaktionsbedingungen nur bei dieser gewährleistet ist.
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Kalkulation
Zu 5.: Kontinuierliche Produktion Die Schwierigkeit, infolge ihrer Formlosigkeit chemische Produkte zu lagern, drängt zu kontinuierlichen Fertigungsmethoden. Die Eigengesetzlichkeit der chemischen Reaktionen bringt von Haus aus einen festgelegten Produktionsablauf mit sich. Zudem bietet die kontinuierliche Fertigung den Vorteil von Einsparung an Zeit und Kosten. Zeit, die beim Füllen und Entleeren der Reaktionsgefälle und beim Anheizen und Abkühlen verlorengeht, und Kosten für Energie und Lohn. In den häufigsten Fällen lassen sich chargenweise arbeitende Verfahren auf einen kontinuierlichen Betrieb umstellen. Die Reaktionsgefäße sind dabei meist wesentlich kleiner und benötigen weniger Wartung. In der mechanischen Industrie entbindet selbst die Automation nicht von der Arbeit am einzelnen Stück, auch wenn diese Arbeit nicht mehr von Menschen ausgeführt wird. Zu 6.: Kuppelprodukte Im Gegensatz zur mechanischen Industrie kann die chemische ihre Produktionsprogramme nicht willkürlich bestimmen. Jede Produktion muß auf chemischen Reaktionen basieren, die voll akzeptiert werden müssen. Es müssen dabei anfallende Nebenprodukte — Kuppelprodukte — mit in Kauf genommen werden. Das Mengenverhältnis dieser ungewünscht anfallenden Stoffe kann fix oder, in gewissen engen Grenzen, variabel sein. Es kann sich bei ihnen um verwertbare oder auch um unverwertbare Substanzen handeln. Diese Kuppelprodukte können sogar die Gesamtkosten des Verfahrens erhöhen, wenn für ihre Vernichtung noch Kosten anfallen. Es ist das Streben eines jeden chemischen Betriebes, die bei den Prozessen anfallenden Kuppelprodukte so gut wie möglich zu verwerten. So weist die BASF zu Recht auf die Tatsache hin, daß ihre Fabrik keine wertlosen Abfallstoffe verlassen und auf die Halden geschüttet werden. Die Folgen sind natürlich eine stark ausgeweitete Produktion, da die anfallenden Kuppelprodukte direkt, ohne weitere Verarbeitung, keine oder nur geringe Verwendung finden. Im Zeichen steigender Konkurrenz auf chemischen Gebiet wird es immer wichtiger, jede Möglichkeit der Ertragssteigerung eines Verfahrens auszunutzen. Der mechanische Industriebetrieb produziert zwar in den seltensten Fällen nur ein Produkt, die Zahl der hergestellten Waren ist jedoch scharf begrenzt und ist auf dem Absatzmarkt meist nur für eine bestimmte Käufergruppe zugeschnitten. In der chemischen Industrie ist die Skala zwangsweise durch naturgesetzliche Gegebenheiten wesentlich größer, und es kommt oft vor, daß für den Vertrieb die unterschiedlichsten Verbraucherkreise angesprochen werden müssen. Dieser Umstand bringt es mit sich, daß die Vertriebsabteilungen der chemischen Betriebe wesentlich umfangreicher sind als die der mechanischen. Dazu kommt noch, daß die mechanischen Betriebe im allgemeinen in ihrer Fabrikation Produkte herstellen, die, ganz gleich auf welchem Absatzwege, den Endverbraucher ohne irgend eine weitere Behandlung erreichen. Die chemische Industrie hingegen entwickelt sich immer mehr zum Produzenten
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
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von. Ausgangsmaterial für Weiterverarbeiter. Diese Weiterverarbeitung geschieht in mechanischen Betrieben, z. B. die Kunststoffverarbeitung. Der Kundendienst erfordert in der chemischen Industrie aus diesem Grunde die Haltung einer teuren anwendungstechnischen Abteilung für die Kundenberatung. Es ist selbstverständlich, daß Erkenntnisse, die in dieser Abteilung gewonnen werden, der eigenen Produktion zugute kommen, indem auch von dieser Stelle, die dem Vertrieb zuzurechnen ist, Verbesserungsvorschläge an die Produktion herangetragen werden. Zu 7.: Kreislaufstoffe Sonderfälle der Kuppelproduktion sind die sog. Kreislaufstoffe. Diese treten in Verfahren auf, bei denen ein und derselbe Stoff mehrmals durch die Reaktionszone geschickt wird. Der oft gebrauchte Begriff Kreislaufproduktion ist jedoch mißverständlich und unglücklich gewählt. Einen Kreislauf machen nur einzelne bestimmte Stoffe, der Prozeß schreitet dabei eindeutig in Richtung auf ein — oder mehrere — Endprodukte zu, er geht also nicht im Kreis. Man kann drei Gruppen von Kreislaufstoffen unterscheiden: a) Das Kreislaufprodukt ist stofflich gleich der Ausgangssubstanz. Dieser Fall tritt dann ein, wenn die Reaktion nicht vollständig verlaufen ist und aus dem Prozeß neben dem Endprodukt noch unumgesetzte Rohstoffe hervorgehen. Diese werden dann von dem gewünschten Stoff getrennt und zum nochmaligen Einsatz gebracht. Alle chemischen Reaktionen sind Gleichgewichte. Meist liegen die Gleichgewichte glücklicherweise weitgehend auf einer Seite. Bei Reaktionen, die unter Wärmetönung verlaufen, verschieben sie sich bei Veränderung von Druck und Temperatur. Eine Druck- bzw. Temperaturveränderung braucht dabei nicht in der gleichen Richtung zu wirken. Es kann dann sein, daß ein Kompromiß gesucht werden muß. Als Beispiel soll die schon oben erwähnte Ammoniaksynthese nach Haber-Bosch herangezogen werden. Die Reaktion: 3 H2 + N2 ^ 2 NH S + 2,1 kcal. läuft quantitativ zwar bei Zimmertemperatur ab in Richtung auf NH3, die Umsatzgeschwindigkeit ist jedoch unmeßbar klein. Die Geschwindigkeit steigt mit wachsender Temperatur, gleichzeitig verschiebt sich aber das Gleichgewicht in Richtung auf die Ausgangsstoffe. Bei 500° C beträgt die Bildung von NH 3 nur noch 0,1 Vol. % bei Normaldruck. Dabei ist schon die Anwesenheit von Katalysatoren berücksichtigt, die die Bildungsgeschwindigkeit von Ammoniak beträchtlich erhöhen. Um eine höhere Ausbeute zu erhalten, muß der Prozeß unter Druck ablaufen. Bei 200 at steigert sich der Ammoniakgehalt des Durchsatzes auf 17,6 Vol. %. Durch Druckwasser kann aus dem gasförmigen Reaktionsgemisch, das zum größten Teil noch aus nichtumgesetzten Ausgangsstoffen besteht, das Ammoniak ausgewaschen werden und das Rohgas erneut in den Kontaktraum eingeleitet werden. Ca. 80% der Rohstoffe befinden sich demnach im Kreislauf. M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
16
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Kalkulation
b) Der Kreislaufstoff kann auch ein bestimmter Anteil des Endproduktes sein, der für eine vorangehende Verfahrensstufe wieder als Einsatzstoff benötigt wird. In diesem Fall kann man nicht von einem Kuppelprodukt sprechen. Als Beispiel dafür soll die Kokerei herangezogen werden. Wird die Unterfeuerung der Kokskammern durch das in diesen Kammern erzeugte Gas vorgenommen, so wird das Endprodukt Gas als Energie (die man in der Chemie auch als Stoff auffaßt) teilweise wieder in das Verfahren eingesetzt. In der Schwefelsäure-Fabrikation nach dem Bleikammerverfahren muß ebenfalls ein Teil der gewonnenen Säure (Glover-Säure) wieder in den Prozeß eingeschaltet werden, um die Stickoxydgase zu binden und damit diese ebenfalls im Kreislauf zu halten : c) Diese Gruppe umfaßt Stoffe, die in der chemischen Reaktionsbilanz gar n i c h t auftreten und doch unbedingt nötig sind, um die Reaktion zum Ablauf zu bringen. Es sind dies die Katalysatoren, die in der Chemie eine ständig steigende Bedeutung haben. Diese Substanzen bewirken die Beschleunigung von Reaktionsgeschwindigkeiten, in vielen Fällen ermöglicht ihre Anwesenheit überhaupt erst die Anwendung einer chemischen Reaktion in einem technischen Verfahren. Die Katalysatoren können dabei auf zwei Arten am Prozeß teilnehmen. 1. Sie werden den Reaktionsteilnehmern beigemischt und an späterer Stelle des Verfahrens wieder aus dem Prozeß herausgenommen, um nach einer eventuellen Regenerierung eingesetzt zu werden, oder 2. sie werden fest in die Anlage miteingebaut und eventuell nur nach bestimmten Zeitabständen ausgetauscht. In diesem Falle, der in der Technik der weitaus häufigere ist, spricht man nicht mehr von Kreislaufprodukten, sondern betrachtet die Katalysatoren als Teil der Anlage; der Wechsel des Kontaktes gehört zu den Instandhaltungsaufgaben, eventuell sogar zu Reparaturen. Im Bleikammerprozeß spielen die Stickoxydgase eine katalytische Rolle. Sie wirken als Sauerstoffüberträger auf das S0 2 und übernehmen damit die gleiche Rolle wie die Edelmetalloxyde beim Schwefelsäurekontaktverfahren. Die Stickoxyde haben dabei den Vorteil, daß sie nicht vergiftet werden wie die Metalloxyde. Die Lösungsmittel vieler organischer Prozesse sind ebenfalls in den häufigsten Fällen Kreislaufstoffe. Wenn es technisch und wirtschaftlich möglich ist, werden sie durch Destillation zurückgewonnen. Sie können dann erneut wieder als Einsatzstoffe Verwendung finden. Zu 8.: Forschung Je komplizierter die chemischen Verbindungen werden, die synthetisiert werden, um so mehr Möglichkeiten ihrer Gewinnung gibt es. Es gibt jedoch keine Möglichkeit der vorherigen Berechnung des besten Verfahrens. Dieser Entscheid kann von ganz kleinen Umständen abhängen, von der unerwarteten Wirkung eines Kontaktes oder sogar von menschlichem Versagen bei der
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Beaufsichtigung des Prozesses. Die Chemie erfordert also riesige Aufwendungen für Forschungszwecke, die in den meisten Fällen keinen direkten wirtschaftlichen Nutzen bringen, sich oft sogar nachträglich als völlig verfehlt erweisen können. Sie müssen aber doch aufgebracht werden, um im Konkurrenzkampf nicht an Boden zu verlieren. Zu 9.: Prozeßkonkurrenz und Yeralterung Die Erzeugung chemischer Produkte ist auf mehrere Arten aus teilweise ganz unterschiedlichen Ausgangssubstanzen möglich, z. B. ist Indigo großtechnisch a) aus Anthrynilsäure (aus Naphthalin) und Chloressigsäure (BASF), b) aus Anilin und Chloressigsäure (Hoechst), c) aus Anilin und Aethylenoxyd darstellbar. Die Kosten der Erzeugung hängen weitgehend vom gewählten Verfahren ab, die Wahl des Verfahrens wiederum von den Möglichkeiten der Beschaffung der Ausgangsstoffe. Diese ist bei den einzelnen Werken auf Grund der verschiedenen Produktionsprogramme und den dabei anfallenden Nebenprodukten unterschiedlich. Wird zur Herstellung eines Produktes ein neues Verfahren gefunden, das auf Grund günstiger Ausgangsstoffe und einfacherer Anlagen eine bessere Preisgestaltung zuläßt, so kann das Preisniveau für dieses Produkt von dem Betrieb mit dem neuen Verfahren bestimmt werden, wenn die genügende Kapazität vorhanden ist. Neben die Konkurrenz von Betrieben gleicher Art und Produktionsweise tritt demnach auch noch die durch neue Verfahren. Im allgemeinen werden neue Verfahren die bisher üblichen nicht plötzlich aus dem Markt verdrängen. In welch kurzer Zeit aber eine Umorientierung stattfinden kann, zeigt das Beispiel der Methanolgewinnung. Methanol, Aceton und Essigsäure sind Grundchemikalien der organischen Chemie. Sie wurden früher ausschließlich durch Buchenholz-Verschwelung in eisernen Retorten gewonnen. Der Bedarf der Industrie an diesen Chemikalien ist ständig gewachsen. Durch neue Gewinnungsverfahren aber ist die Holzverkohlung innerhalb weniger Jahre völlig unbedeutend geworden. Dabei sind die Kosten für die modernen Synthesen beträchtlich gesunken. Ohne die neue Methanolsynthese wäre das schnelle Wachsen des Kunstharzsektors, der zum großen Teil auf dem aus Methanol gewonnenen Formaldehyd beruht, gar nicht möglich gewesen. Bei den Kunstharzen wächst die Zahl der Produkte ständig. Dabei ist es durchaus nicht so, daß die alten Produkte vom Markt verdrängt werden. Neben den neuen Stoffen Nylon, Perlon, Methacrylsäureester, Polyesterharz, Siliconen, Polyäthylen usw. existieren die schon „alten" Phenolformaldehydharze, Alkydharze und Acetylcellulosefolien, Polyvinylchlorid und Polystyrol weiter. Das schon klassische Beispiel für eine verfahrensmäßige Umstellung ist die Sodaproduktion. Kochsalz ist das billigste Ausgangsprodukt, und der Umsatz mit Schwefelsäure zu Natriumsulfat und Salzsäure, die anschließende Reduktion des Natriumsulfates mit Kohle zu Natriumsulfid und dessen Umsatz mit 16*
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Kalkulation
Kalkstein zu Soda (Leblanc-Yerfahren) war die erste billige großtechnische Darstellung für Soda, die eine der wichtigsten Grundchemikalien darstellt. Durch die Entdeckung eines anderen Verfahrens (Solvay), das statt der teuren Schwefelsäure, die beim Leblanc-Prozeß eingesetzt werden muß, mit dem wesentlich billigeren Ammoniak auskommt, wurden in kürzester Zeit die Soda-Fabriken, die nach dem Leblanc-Verfahren arbeiteten, unrentabel und mußten ihren Betrieb einstellen. Heute ist die beim Leblanc-Prozeß entstehende Salzsäure wertvoller als die durch das Solvay-Verfahren stark im Preis gesunkene Soda. Es zeigt sich hier die bei der Kalkulation zu besprechende Beurteilung der Stellung von Haupt- zu Nebenprodukt. Dieses Beispiel der Soda-Erzeugung zeigt deutlich, welches Risiko jeder Anlagenerstellung anhaftet. Durch technischen Fortschritt und Erfindungen können neue Verfahren geschaffen werden, die die existierenden unrentabel machen oder zumindest zu komplizierten Umstellungen zwingen. Aus dem schnellen Fortschritt und dem raschen Wechsel der technologischen Verfahren resultiert bei chemischen Anlagen ein großes Wagnismoment durch technische Überholung. Im Gegensatz zur mechanischen Industrie, wo das Veralten der Maschinen — weitgehend übereinstimmend mit der Abnutzung •— ziemlich gut überschaubar ist, hat die chemische Industrie praktisch keine Möglichkeiten der Abschätzung des Risikos gegen die Überholung. Obwohl der Verschleiß chemischer Anlagen durch das fast ständige Einwirken agressiver Säuren und Gase sehr groß ist, liegt die normale Lebensdauer von chemischen Anlagen doch infolge von großen Aufwendungen für die Instandhaltung und Pflege der teueren Produktionseinrichtungen bei 15—20 Jahren. Der Hauptgrund der Entwertung liegt in der technischen Überholung. Auf eine chemische Industrieanlage in Amerika im Werte von 29 Millionen Dollar wurden jährlich 2,3 Millionen Dollar = 8% abgeschrieben, davon betrafen nur 0,5Millionen Dollar = 22% der Abschreibungssumme Abnutzung und Verschleiß, während die restlichen 1,8 Millionen oder 78% für Veralterung zu rechnen waren.1) Ohne die Eigenarten der chemischen Industrie erschöpft zu haben, sollen die dargestellten kurz z u s a m m e n g e f a ß t werden: 1. Die chemische Industrie kennt keinen S t ü c k b e g r i f f , sie denkt in Mengen. 2. Die Produktion unterliegt der G e s e t z m ä ß i g k e i t chemischer Reaktionen. Hierdurch entsteht eine Starrheit der Erzeugung. Der Betrieb ist nur, wenn überhaupt, in geringem Maße in der Lage, sich bei einer Veränderung der Marktverhältnisse diesen anzupassen. 3. Die chemische Industrie arbeitet fast ausschließlich in S p e z i a l a n l a g e n für jedes Verfahren. 4. Die Ausgangsstoffe und Erzeugnisse chemischer Prozesse sind u n g e f o r m t , teilweise Gase, Flüssigkeiten, pulverförmige oder willkürlich geformte Substanzen. Die Exaktheit des Ablaufes chemischer Reaktionen 1
) Chemical Engineering Series Ch. Tyler, London 1948, S. 10.
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und die leichten Transportmöglichkeiten der Schüttgüter, Gase und Flüssigkeiten in Rohren und auf Bändern prädestinieren die chemischen Prozesse für eine Anwendung kontinuierlicher Produktionsformen. Betriebsunterbrechnungen sind mit großen Kosten verbunden und bringen die gesamte nachfolgende Produktion in Unordnung. 5. Durch die Z w a n g s 1 ä u f i g k e i t des Ablaufes chemischer Verfahren werden in der chemischen Industrie Arbeitskräfte im Betrieb nur für Aufsichtsund Kontrollarbeiten benötigt. Die Zahl der Arbeiter in chemischen Betrieben ist, gemessen an dem Produktionsumfang, sehr gering. In den Reparaturwerkstätten sind häufig mehr Arbeiter beschäftigt als in der Produktion. Einen Einfluß auf die Produktionsmenge können die Arbeiter nicht ausüben. Ein Akkordlohn ist in der chemischen Industrie deshalb nicht angebracht. 6. Eine A r b e i t s v o r b e r e i t u n g wie in der mechanischen ist in der chemischen Industrie ohne Bedeutung. Sie wird schon bei der Planung der Anlagen vorweggenommen. Steht erst eine Anlage, so liegen alle Produktionsfaktoren durch naturgesetzlichen Zwang fest. 7. E n d p r o d u k t e eines chemischen Prozesses sind in den meisten Fällen nicht nur die gewünschten, das Produktionsziel bildende Stoffe, sondern vielfach noch weitere zwangsläufig mitanfallende Nebenprodukte — K u p p e l p r o d u k t e —. Das Mengenverhältnis des Anfalls dieser Substanzen ist fix oder nur in geringen Grenzen variabel. 8. Einen Spezialfall chemischer Produktion bilden die K r e i s l a u f p r o d u k t e . Es sind dies Substanzen (verschiedener Art) die im gleichen Prozeß die Reaktionsgefäße wiederholt durchlaufen. 9. Charakteristisch für die chemische Produktion ist besonders die Tatsache, daß für die Erzeugung einer bestimmten Substanz grundsätzlich m e h r e r e Wege gangbar sind. Identische Stoffe entstehen aus völlig unterschiedlichen Ausgangsmaterialien unter unvergleichbaren Kostenverhältnissen. Die Auswahl des günstigsten Verfahrens hängt ganz von den gegebenen Verhältnissen ab und kann ganz unterschiedlich ausfallen. 10. Der A n f a l l v o n N e b e n p r o d u k t e n führt infolge der Notwendigkeit, diese möglichst günstig zu verwerten, zu eng ineinander verflochtenen Produktionen, da einmal ein Nebenprodukt des einen Verfahrens ein Einsatzstoff eines anderen sein kann. Dieses wiederum kann Stoffe liefern, die das Ausgangsmaterial für das erste darstellen. Durch eine mehrfache Kopplung dieser Art wird eine große Starrheit der Produktion hervorgebracht; denn es sind dann alle Verfahren gegenseitig voneinander abhängig. Eine Änderung der Produktionsmenge bei einem Prozeß ergibt Auswirkungen auf alle anderen. 11. Chemische Endprodukte (Erzeugnisse) lassen sich nur selten in einem Arbeitsgang herstellen. Oft bedarf es, um einen verkaufsfähigen Stoff zu gewinnen, mehrerer chemischer Reaktionen, die noch durch mechanische Arbeitsgänge ergänzt werden. Die chemische Umwandlung geschieht
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Kalkulation
schrittweise oder anders ausgedrückt: der Aufbau des Endproduktes erfolgt stufenförmig. Die Endprodukte jeder Stufe können selbst auch schon Verkaufsprodukte sein oder auch zum Teil in anderen Verfahren als Einsatzstoff dienen. Aus diesen vielseitigen Möglichkeiten ergeben sich besondere Konsequenzen für die Kalkulation. 3521. Auswirkungen der Eigenarten der chemischen Produktion auf die Kalkulation a) bei e i n s t u f i g e n V e r f a h r e n : D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n Eine der Eigenarten der chemischen Produktion ist die Durchführung jeweils nur e i n e r Reaktion in jeder Anlage. Dies führt zu einer Massenfertigung einzelner Produkte. Bildet sich bei einem Verfahren nur ein Produkt, so ist die Kalkulation in der einfachsten und doch gleichzeitig exaktesten Form durchführbar: als D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n . Die in der chemischen Industrie besonders begünstigte Größendegression führt zu immer größeren Anlagen mit entsprechend höheren Durchsätzen. Die dabei gebildeten, ständig wachsenden Mengen von Erzeugnissen müssen vielseitig eingesetzt werden, um die große Kapazität der Vorproduktstufe voll auszunutzen. Es kommt dann im Verfahrensgang zu Verästelungen der Produktion, wodurch eine Aufteilung der Kalkulation in einzelne S t u f e n erforderlich wird. b) bei m e h r s t u f i g e n V e r f a h r e n : S t u f e n k a l k u l a t i o n Aber auch sonst ist stufenförmiger Aufbau der Produktion für die chemische Industrie charakteristisch, denn chemische Erzeugnisse lassen sich meist nicht in einem Schritt gewinnen, es sind aufeinander folgende Reaktionen nötig, um über mehr oder weniger viele Zwischenprodukte zur gewünschten Substanz zu gelangen. Das Endprodukt einer Stufe wird zum Einsatzstoff der nachfolgenden. Werden Zwischenprodukte neben dem weiteren Einsatz teilweise verkauft, auf Lager produziert oder gleichzeitig in mehrere nachfolgende Reaktionen eingesetzt, so kann die Reaktion nicht als eine einstufige durchgeführt werden. In diesem Falle muß sie stufenweise vorgenommen werden. Inwieweit mehrere Stufen in einer Kalkulation zusammengefaßt werden können, hängt von der Art der Durchführung des Verfahrens ab. Das Schwefelsäurekontaktverfahren z. B. besteht aus vier Stufen: S0 2 Gewinnung, S02-Reinigung, S0 2 -Oxydation und H 2 S0 4 -Bildung, die kalkulatorisch zu einer einzigen zusammengefaßt werden können. Diese Möglichkeit ist gegeben, weil der Prozeß vollkontinuierlich verläuft und die einzelnen chemischen Stufenprodukte sofort q u a n t i t a t i v in die nächstfolgende Stufe übernommen werden. Es werden weder Zwischenlager gebildet, noch findet sonst eine anderweitige Verwendung der Zwischenprodukte statt. In dem Moment, in dem z. B. ein Teil des S02-Gases in Flaschen für den Verkauf abgezweigt würde, wäre die Kalkulation einstufig nicht mehr durchführbar. In diesem Falle müßte eine Teilung durchgeführt werden in die neuen Kosten-
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stellen S0 2 und H 2 S0 4 , da für das Schwefeldioxyd die Selbstkosten ebenfalls zu ermitteln wären. Die Polystyrol-Gewinnung besteht ebenfalls aus vier Stufen: Aethylen/ Benzol (in parallel laufenden Prozessen gewonnene Ausgangsstoffe), Äthylbenzol, Styrol, Polystyrol. Die Produkte aller drei Vorstufen finden eine vielseitige weitere Verwendung in den verschiedensten Verfahren, so daß auch kalkulatorisch die chemisch (naturgesetzlich) gegebene Stufenteilung Anwendung finden muß. Jede Stufe ist ein in sich vollständig abgeschlossener Prozeß und wird getrennt für sich nach dem Divisionsverfahren kalkuliert. Die Herstellkosten des vorigen Stufenproduktes bilden den Preis für den Einsatz in der nächsten Stufe. Entstehen in einer Stufe neben dem Produktionsziel — bei der Schwefelsäuregewinnung in der ersten Stufe das Schwefeldioxyd — noch weitere Produkte — neben dem S0 2 der Abbrand —, so muß für diese Produkte eine Gutschrift erfolgen, wenn es sich um verwertbare Stoffe handelt. Verursachungsmäßig ist die Bewertungsfrage bei Kuppelprodukten nicht zu lösen. Da eine gemeinsame Kostenverursachung vorliegt, ist eine Kostenaufteilung stets mehr oder weniger willkürlich. Für die Inventur der Zwischenlager muß jedoch auch für die Kuppelprodukte eine gerechte Bewertung erreicht werden. Man muß sich aber darüber im klaren sein, daß eine absolut richtige Kostenverteilung nicht möglich ist. c) in g e e i g n e t e n F ä l l e n : Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n Sind Divisions- und Stufenkalkulation auch die meist vorkommenden Formen der Kalkulation in der chemischen Industrie und die Zuschlagsrechnung in diesen Fällen nicht anwendbar, so gibt es Produktionen, die in Stellen gegliedert werden können, genau wie in der mechanischen Industrie. Dann können auch Stellenzuschläge errechnet, und die Zuschlagskalkulation kann in bekannter Weise durchgeführt werden. Als Beispiel wird weiter unten die Kalkulation v o l l - s y n t h e t i s c h e r F a s e r n dargestellt. d) die V e r f a h r e n bei K u p p e l p r o d u k t e n Die K o s t e n r e c h n u n g bei Kuppelprodukten bildet keine Grundlage mehr für eine Preisbildung. Sie setzt das Bestehen von Marktpreisen für die Kuppelprodukte voraus. Besteht für ein Kuppelprodukt noch kein Marktpreis, so läßt sich durch Einsetzen dieses Produktes als Hauptprodukt die Preisuntergrenze ermitteln, die nicht unterschritten werden darf, wenn nicht das ganze Verfahren unwirtschaftlich werden soll. Diese Methode läßt sich wiederum nur dann anwenden, wenn für die anderen Produkte des Prozesses bereits Marktpreise vorliegen. Kuppelprodukte, deren Aufarbeitungskosten den erzielbaren Erlös überschreiten, lohnen nur dann diese Aufarbeitung, wenn die Kosten der Beseitigung dieser Stoffe größer sind als die Differenz zwischen Erlös und Aufarbeitungskosten. Fällt z. B. in einem Prozeß eine Substanz an, die noch, um sie absetzen zu können, 10,— DM /100 kg an Kosten verursacht, so ist es zweckmäßig, die Aufarbeitung vorzunehmen, obwohl der Marktpreis nur
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Kalkulation
9,— DM/lOOkg beträgt, wenn die Transport- und Abraumlagerkosten 2,— DM/lOOkg betragen. Insgesamt entsteht bei der Weiterverarbeitung immer noch ein relativer Gewinn. Handelt es sich in dem obigen Fall aber um eine Salzlösung, deren Vernichtung keine Aufwände erfordert, da sie einfach in die Kanalisation abgelassen werden kann, entfielen also die 2,— DM, so wäre es zweckmäßiger, eine Aufarbeitung dieser Lauge nicht vorzunehmen. Die Kosten für die Abfuhr und Vernichtung von Abfallstoffen werden dem Prozeß belastet, in dem sie angefallen sind. Durch die unerwünscht, aber naturgesetzlich angefallenen unverwertbaren Kuppelprodukte werden, wenn für die Beseitigung noch Kosten aufgewandt werden müssen, die Herstellkosten der Erzeugnisse erhöht. In der mechanischen Industrie lassen sich die Gemeinkosten durch eine entsprechend tiefgehende Gliederung der Kostenstellen weitgehend verursachungsgerecht auf die Kostenträger verteilen. In der chemischen Industrie ist eine bessere Kostenverteilung durch engere Kostenstellenbildung nicht möglich. Eine weitestgehende Zersplitterung der Kostenstellen führt hier nicht zu besseren Resultaten, da die Kostenverursachung für die naturgesetzlich anfallenden Kuppelprodukte eine gemeinsame ist. Eine isolierte Betrachtung gekuppelter Stoffe ist unreal, da chemisch eine getrennte Erzeugung auf gleichem Wege unmöglich ist. Obwohl es eine zwingende Lösung nicht gibt, ist eine Selbstkostenrechnung für die Kuppelprodukte doch nötig. Die Praxis arbeitet dabei mit folgenden Konstruktionen: 1. Restwertverfahren, 2. Verteilungsmethoden (in verschiedenen Formen).
Die häufiger angewandte und auch in der Ausführung einfachere ist die Restwert- oder Subtraktionsmethode. Fallen auf dem Fertigungsweg zum Endprodukt, dem Reaktionsziel, neben den Vorstufensubstanzen weitere Stoffe als Kuppelprodukte an, so werden diese als Nebenprodukte angesehen. Sie dienen meist als Einsatzstoffe in anderen Verfahren. Dabei werden sie nur selten die alleinige Bezugsquelle für die Ausgangsstoffe dieser anderen Verfahren bilden. So gibt z. B. die Schwefelsäurefabrik ihren Abbrand aus der SchwefeldioxydGewinnung, der einen Eisengehalt von 60—66% besitzt, an die Hütten weiter. Eine einzige Analyse mit Bestimmung des Fe-Gehaltes ergibt den Wert des Abbrandes und damit den Preis, den die Hütte der Schwefelsäurefabrik bieten kann, denn es stehen der Hütte noch andere Rohstoffe, für die ein Marktpreis besteht, in vergleichbarer Qualität zur Verfügung. Der Erlös aus dem Abbrand wird abzüglich der Transport- und Zwischenlagerkosten der Schwefelsäureproduktion gutgeschrieben. Dadurch lassen sich die Kosten für das Hauptprodukt „Schwefelsäure" ermitteln. Gehörte die gleiche Schwefelsäure-Anlage dem Hüttenwerk selbst, so wäre die Schwefelsäureproduktion eine Aufarbeitung des als Nebenprodukt bei der Abröstung der Erze anfallenden Schwefeldioxyds. In diesem Falle würde der Erlös des Schwefeldioxyds von den Materialkosten des Hüttenprozesses abgesetzt werden. Es ergeben sich bei den beiden Kalkulationen unterschiedliche
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Werte für die gleiche Substanz, da sie einmal als Nebenprodukt, das andere Mal als Hauptprodukt kalkuliert ist. Dies Beispiel zeigt deutlich die Unmöglichkeit der a b s o l u t richtigen Kostenverteilung und Preisbildung für chemische Substanzen. Je nach der A r t der H e r s t e l l u n g müssen die chemischen Produkte in den Herstellkosten d i f f e r i e r e n (Prozeßkonkurrenz). Die Restwertmethode gestattet nun eine Errechnung der Herstellkosten für ein Produkt des Prozesses. Die gleichzeitig mitanfallenden Stoffe werden als Nebenprodukt angesehen, der Erlös für sie, ebenso die eventuell anfallenden Beseitigungskosten, werden von den Materialkosten abgesetzt, bzw. die Kosten der Beseitigung den Fertigungskosten zugezählt. Müssen, um die Nebenprodukte absatz- oder neu einsatzfähig zu machen, noch Kosten aufgewandt werden, so sind diese vom erzielbaren Erlös abzusetzen. Entstehen bei dem Kuppelprozeß selbst schon spezielle Kosten für die entstehenden Nebenprodukte, so sind diese ebenfalls abzuziehen. Sie werden, wie die Weiterverarbeitungskosten, nach der Trennung dem Nebenprodukt belastet. Die Restwertmethode ist gut anwendbar, wenn unter den Kuppelprodukten eines eindeutig als Hauptprodukt erscheint. Treten zwei gleich wertvolle Substanzen — evtl. sogar noch in gleicher Menge — auf, so ist mit der Restwertmethode keine Lösung möglich, da sich zwei unterschiedliche Werte für jedes Produkt ergeben, je nachdem, welches von den beiden zum Haupt- bzw. zum Nebenprodukt bestimmt wird. Diese Schwierigkeit umgeht die V e r t e i l u n g s m e t h o d e . Hier lassen sich mehrere Varianten bilden: 1. 2. 3. 4.
Kosten Verteilung Kostenverteilung Kostenverteilung Kosten Verteilung
nach nach nach nach
dem Erlös, dem Erlös (direkte Kosten), der anfallenden Substanzmenge (Kuppelprodukt), exakten Schlüsseln.
Allen diesen Formen gemeinsam ist, daß kein Unterschied zwischen Hauptund Nebenprodukt gemacht zu werden braucht. Zu 1.: Für die Kostenverteilung nach dieser Methode wird der gesamte Prozeß einschließlich der Weiterverarbeitung der Kuppelprodukte in seinen Kosten zusammengefaßt. Die Gesamtkosten werden dann im Verhältnis der E r l ö s e der Einzelerzeugnisse aufgeteilt. Damit sind alle Erzeugnisse proportional dem Ergebnis belastet. Anwendbar ist diese Art der Kostenverteilung aber nur dort, wo die Weiterverarbeitungskosten der einzelnen Kuppelprodukte nach der Trennung nicht zu unterschiedlich sind, denn dann müssen die Kosten der Produkte, die besonders hohe Weiterverarbeitungskosten haben, von den anderen mitgetragen werden. Es ist in diesem Fall auch nicht erkennbar, ob der Erlös einzelner Substanzen ihre Verarbeitungskosten überschreitet. Es lassen sich aus dem Block der Kuppelprodukte nicht diejenigen ermitteln, deren Aufarbeitung wegen der hohen Arbeitskosten nicht lohnt. Zu 2.: Die Kostenverteilung nach 1 wurde durch die ungleichmäßigen Weiterverarbeitungskosten der Spaltprodukte kompliziert und undurchsichtig.
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Kalkulation
Werden die bis zur Spaltstelle gemeinsam angefallenen Kosten verteilt im Verhältnis der Erlöse ./. direkt zurechenbare Kosten für die Weiterverarbeitung und den Vertrieb der Spaltprodukte, so erhält man eine Kostenaufteilung, die von den nach der Spaltung entstandenen Kosten unabhängig ist. Zu 3.: Diese Methode, die die Kosten entsprechend der Menge der entstandenen Kuppelprodukte verteilt, ist in der chemischen Industrie nur dann anwendbar, wenn der Substanzwert dieser Produkte der gleiche ist. Gerade bei chemischen Prozessen kann aber eine kleine Menge Substanz wesentlich wertvoller sein als ein vielleicht in großer Menge mitentstandenes Nebenprodukt. Bei einer Kostenverteilung nach der Menge würde dann das in der Hauptsache angefallene wertlosere Produkt die Kosten des Verfahrens zum größten Teil übernehmen müssen, während die Substanz, die zwar nur in kleiner Menge entsteht, derentwegen aber die Reaktion letztlich durchgeführt wurde, fast gar nicht belastet wird. Da die Kosten von dem Nebenprodukt aber nicht getragen werden können (die Kosten wären höher als der Erlös), so muß doch eine Übernahme der ungedeckten Kosten durch das Hauptprodukt stattfinden. Das Prinzip der Kostenverteilung nach dem Verhältnis der Erzeugnismenge stellt keine sinnvolle Lösung dar. Zu 4.: Theoretisch ist auch die Möglichkeit gegeben, die Kostenaufteilung nach exakten Schlüsseln vorzunehmen. (Es bieten sich in der Chemie mehrere Stoffkonstanten an.) Bekannt ist dieses Verfahren z. B. bei Gasfabriken.1) Es bilden sich die gekoppelten Erzeugnisse Koks und Gas. Außerdem lassen sich Teer, Benzol und Ammoniak gewinnen. Die mengenmäßig überwiegenden Teile können als Brennstoff bezeichnet werden: Koks, Gas und Teer. Sie sind über den Heizwert vergleichbar, und so sollen die Kosten nach den gewonnenen Heizwerten verteilt werden. Völlig unberücksichtigt bleiben dabei die Stoffe Benzol und Ammoniak, die in das Schema Brennstoffe absolut nicht hineinpassen. Aber schon beim Kuppelprodukt Teer ist die Bewertung als Brennstoff problematisch. Der Teer, der in der Gasfabrik anfällt, wird auch im allgemeinen gar nicht als Brennstoff verwandt, sondern geht als wertvoller Rohstoff in die Farbenfabriken. Die Bewertung über den Heizwert ergibt für Teer eine starke Unterbewertung, die der Bedeutung des Teers und den Möglichkeiten seines Einsatzes nicht gerecht wird. Der Heizwert von Koks und Gas mag zwar vergleichbar sein, er ergibt aber keine Vergleichsmöglichkeit für den Gebrauchswert. So ist der Heizwert des Gases sehr leicht ausnutzbar, der des Kokses nur schwerer. Aus diesem Grunde ist der Substanzwert des Gases höher als der des Kokses, bei sonst gleicher Menge „Heizwert". Die Methode der Kostenverteilung nach exakten Schlüsseln läßt sich nur durchführen, wenn Schlüssel gefunden werden, die alle Stoffe gleich berühren. Dies wird im allgemeinen nicht möglich sein, da die anfallenden Kuppelprodukte meist keinerlei chemische Verwandtschaft besitzen. Auch in dem Beispiel der Kokerei fallen das Benzol und das Ammoniak völlig aus der l
) Vgl. Henzel, Die Kostenrechnung, S. 127.
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Rechnung heraus. Sie sind auf diese Art kostenrechnerisch gar nicht zu erfassen. Als Schlüssel werden neben dem Heizwert auch noch chemische Eigenschaften vorgeschlagen. So sollen in allen Kuppelprodukten enthaltene Molekülgruppen, der Oxydationswert oder physikalische Eigenschaften, wie die Elastizität oder die Festigkeit, herangezogen werden. In praxi werden alle auf Schlüsseln aufbauende Methoden abgelehnt, weil nur selten Stoffe gekuppelt anfallen, die sich unter einen Nenner bringen lassen. Statt dessen wird entweder — überwiegend — die Restwertmethode oder — vereinzelt — auch die Verteilung nach dem Erlös ./. Verarbeitungs- und Vertriebskosten angewandt. In der chemischen Industrie läßt sich meist sehr leicht — aus irgendwelchen anderen Produktionen mit bekannten Preisen — ein Preis ermitteln. Die Vielzahl der chemischen Prozesse läßt die gleichzeitige Bildung der Substanz in einem anderen Verfahren äußerst wahrscheinlich werden. Soll das Nebenprodukt als Ausgangsstoff in einem neuen Verfahren eingesetzt werden und besteht noch kein Marktpreis, so kann durch Vergleich mit chemisch ähnlichen Stoffen ein Substanzwert konstruiert werden. In diesem Falle kommt es meist in einer Aussprache der Leiter der beiden Verfahren durch gegenseitiges Abwägen des Wertes sowohl für die Kuppelproduktion als auch für das neue Verfahren zur Bildung eines Verrechnungspreises, der zwar, wie alle anderen Kuppelprodukte, nicht auf dem wahren Wert aufbaut, aber trotzdem einen betriebswirtschaftlich vernünftigen Preis darstellt. So fallen z. B. in einer Hydroxylamin-Fabrik Kälte-Energien an. Diese werden an die S0 2 -Fabrik zu einem Preis abgegeben, der zwischen beiden Fabriken mit 0,04 DM/1000 Wärmeeinheiten ausgehandelt worden ist. Dieser Betrag liegt etwas niedriger als der, den die S0 2 -Fabrik aufbringen müßte, um sich die Kälte selbst zu erzeugen. Monatlich erhält die Hydroxylamin-Fabrik eine Gutschrift, während die S0 2 Fabrik in gleicher Höhe belastet wird. In der chemischen Industrie gibt es auch eine mehrfache Kuppelproduktion; der chemische Großbetrieb stellt ja ein in sich völlig verflochtenes Produktionssystem dar. Die anfallenden Erzeugnisse werden nicht gleich verkauft, sondern weiterverarbeitet, um den Substanzwert und damit auch zugleich Erlös und Gewinn zu erhöhen. Bei dieser weiteren Umsetzung können wieder Spaltprodukte entstehen, so daß letztlich die Erzeugnisse auf Grund mehrfacher Kuppelproduktionen entstanden sind. Durch die Stufeneinteilung kann für die Kalkulation meistenteils die Restwertmethode in den einzelnen Stufen angewandt werden. Kommt man mit dieser Methode nicht zum Ziel, so muß man retrograd vorgehen und von den einzelnen Verkaufsprodukten ausgehend den jeweiligen Verrechnungspreis für die einzelnen Kuppelprodukte bis zur ersten Spaltstelle ermitteln, und zwar durch Anwendung der Verteilungsmethode nach den Erlösen ./. Verarbeitungskosten.
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e) V e r r e c h n u n g von , , K r e i s l a u f p r o z e s s e n " Das Auftreten von Kreislaufstoffen bereitet für die Kalkulation in der chemischen Industrie keine Schwierigkeiten, da das Produkt nie ein Erzeugnis wird und in der Gesamtbilanz nicht in Erscheinung tritt. Treten Verluste z. B. an Kontaktstoffen auf, so müssen diese bei der Neubeschickung als Einsatzstoff behandelt werden. In der Kostenrechnung werden nur der Verbrauch an Ausgangssubstanz und die Fertigungskosten auf die Endprodukte umgelegt. Bei einer Berücksichtigung der Kreislaufstoffe würden diese einmal als Einsatzstoffe, das andere Mal als Erzeugnis (Nebenprodukt) in die Kalkulation eingesetzt. Dabei heben sich beide Posten, bis auf die Verluste, gegenseitig auf. Treten für die Regenerierung z. B. eines Kontaktes Kosten auf, so werden diese in den Fertigungskosten berücksichtigt. Es kann in diesem Fall auch das freigewordene Kreislaufprodukt als Gutschrift in die Kalkulation mit einem Preis/100 kg eingesetzt werden, der um die Aufarbeitungskosten von dem abweicht, der für den reaktivierten Einsatzstoff berechnet wird. In der Praxis finden beide Formen, sogar im gleichen Betrieb, bei unterschiedlichen Verfahren Anwendung. So wird in einer Erzeugung das als Lösungsmittel dienende Butanol als Einsatzstoff mit dem gleichen Betrag angesetzt, mit dem auch das am Schluß der Reaktion anfallende Butanol bewertet wird. Im Verlaufe des Verfahrens gehen zwar gewisse Mengen Lösungsmittel verloren, dies wäre jedoch kein Hinderungsgrund dafür, das Butanol nur mit der Menge dieser Verluste als Einsatzstoff anzusetzen. In einer anderen Fabrik wird ein Kontakt gebraucht, der von Zeit zu Zeit frisch reaktiviert werden muß. In diesem Fall werden lediglich die Regenerierungskosten der Kostenstelle von der ausführenden Stelle belastet. f) E i g e n a r t e n der H e r s t e l l k o s t e n e r m i t t l u n g Die chemische Großindustrie arbeitet in der Regel mit technischen Substanzen, d. h. nach Möglichkeit mit den direkt aus der Vorproduktion anfallenden Stoffen, z. B. roher Schwefelsäure, rohem Erz (bei der Schwefelsäuregewinnung mit natürlich vorkommenden Pyrit) oder ungereinigten Ölen usw. Der Gehalt an ausnutzbarer Substanz bei diesen Produkten ist nie gleich 100%. Er kann entweder schwanken oder einen gleichmäßigen festen Prozentsatz betragen. Wesentlich für die Reaktionsdurchführung sind die richtigen Einsatzverhältnisse an reinem Stoff, obwohl rohe Stoffe eingebracht werden. So muß auch der Wassergehalt von Einsatzstoffen berücksichtigt werden, da er für die eigentliche chemische Reaktion ohne Einfluß ist.1) Im chemischen Betrieb werden deshalb alle Angaben auf die reinen Substanzen bezogen. Dies kann sogar soweit gehen, daß als Bezugsgrößen nicht einmal die reinen Stoffe, sondern nur reaktionswichtige Molekülgruppen oder auch nur Atome genommen werden. 1 ) S. Lithoponekalkulation, Darstellung der Ausgangssubstanzen aus Lösungen, Seite 259.
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Die Kalkulation wird deshalb im allgemeinen mit den aus den effektiven Werten t h e o r e t i s c h e r m i t t e l t e n E i n s a t z w e r t e n und mit der a u s d e r P r o d u k t i o n s m e n g e u m g e r e c h n e t e n A u s b e u t e an Bezugssubstanz durchgeführt. Da die Verunreinigungen jeweils verschieden sein können, hat die Umrechnung auf reine Substanzen den Vorteil, neben der besseren Kontrollmöglichkeit des Reaktionsablaufes stets mit gleichen Verhältnissen rechnen zu können. Bei der Berechnung der Herstellkosten der Ausbeute bietet die Zugrundelegung von Molekülgruppen eine leichte Möglichkeit der Umrechnung auf mehrere im gleichen Verfahren erzeugte analoge Substanzen (Herstellung mehrerer in der Konzentration unterschiedlicher Schwefelsäuren). Die Durchführung der in der chemischen Industrie angewandten Divisionskalkulation geschieht in einer Form, die sich von der in der mechanischen angewandten etwas unterscheidet. Bei der Divisionskalkulation wird die Summe der Kosten durch die Produktmenge geteilt, um die Stückkosten zu ermitteln. In der chemischen Industrie geschieht diese Rechnung in einer verfeinerten Form: Zur Ermittlung der Herstellkosten werden die einzelnen aufgewandten Kostenarten erfaßt und dabei ihr Anteil an den gesamten Herstellkosten festgestellt. Hierdurch wird ein guter Überblick über die Bedeutung der einzelnen Kostenarten und ihre Veränderungen erreicht. Zur weiteren Kontrolle der Produktion sind im Kalkulationsbogen noch zwei Spalten vorhanden, die die A n t e i l e der Einsatzstoffe und die Gutschriften für die Nebenprodukte in Prozenten vom Einsatz bzw. von der Ausbeute angeben. Diese Prozentsätze geben gute Grundlagen für die Beurteilung der verschiedenen Verfahren (im Verfahrensvergleich) und auch bei innerbetrieblichen Kosten- und Produktionskontrollen. Unterschiede in den Zahlen mehrerer Perioden lassen Unregelmäßigkeiten in der Produktion erkennen, seien sie durch eine qualitative Veränderung der Einsatzstoffe oder einen Fehler in der Anlage verursacht. Z. B.: Im Kalkulationsbeispiel des Schwefelsäurekontaktverfahrens (S. 257) beträgt der Anfall von Abbrand 7000000 kg. Bei einem Preis von 4,53 DM je 100 kg bedeutet dies bei einer Produktion von 11000000 kg S0 3 einen Gutschriftenanteil von 2,88 DM/100 kg S0 3 . Da der Einsatz von Schwefelkies (berechnet auf Schwefel) 4800000 kg beträgt, sind die Mengen des Nebenproduktes Abbrand 145,8% vom Einsatz oder 63,6% von der Ausbeute. Nun soll der Preis pro 100 Einheiten für Abbrände auf 5,— DM gestiegen sein. Sind Produktion und Abbrandanfall die gleichen wie in der vorherigen Periode, so bleiben die Prozentzahlen von Einsatz und Ausbeute die gleichen, es ändert sich aber der Kostenanteil des Abbrandes für 100 kg S 0 3 von 2,88 DM auf 3,18 DM. Bei einer Änderung der Produktion auf 15000000 kg S 0 3 und einem Abbrandanfall von 8500000 kg ergibt sich ein Kostenanteil von 2,83 DM für 100 kg S 0 3 und ein Prozentsatz der Ausbeute von 56,7%. Dies bedeutet, daß gegenüber dem vorhergehenden Rechnungsabschnitt eine Minderung des Abbrandanfalles von 7,9% eingetreten ist. Durch Vergleich dieser Prozentzahlen lassen sich so Unregelmäßigkeiten im Ablauf des Produktionsverfahrens leicht
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Kalkulation
erkennen. Man ist nicht erst gezwungen, unter Berücksichtigung von Preis und Menge, Produktion und Einsatz die Abweichungen von der Norm selbst zu errechnen. Ein besonderes Problem ergibt sich in Kalkulationen der chemischen Industrie, wenn in einer Kostenstelle (die sonst meist dem Kostenträger gleich ist) m e h r e r e Produkte erzeugt werden. Dann wird meist mit einer modifizierten Art von Äquivalenzziffern gerechnet. Der Betrieb besitzt für alle Produkte Richtsatzkalkulationen. Diese werden (in Zusammenarbeit mit den Leitern der Kostenstellen) für die voraussichtlich zu erwartende Durchschnittsproduktion erstellt, entweder auf Grund von Erfahrungswerten oder einer probeweisen Erzeugung. Diese Richtsatzkalkulationen beziehen sich nur auf die F e r t i gungskosten. Die Einsatzmaterialkosten werden in jedem Falle den Erzeugnissen einzeln zugerechnet. An Hand der Richtsatzkalkulationen lassen sich die für alle Produkte einer Kostenstelle angefallenen Kosten auf die einzelnen Erzeugnisse aufteilen, z. B. : Kostenstelle Emulsions- und Suspensionspolymerisation. Fertigungskosten insgesamt 346722,— DM. Produkte dieser Kostenstelle, mit ihren Richtsatzwerten, sind: Polystyrol EF, Polystyrol EH, Polystyrol EN, Polystyrol V, Polystyrol EB 24752,—DM 6792,—DM 106705,—DM 76995 — D M 108552,—DM
Lt. Richtsatzkalkulationen hätten die Fertigungskosten 24752 DM + 6792 DM + 106705 DM + 76995 DM + 108552 DM = 323796 DM
betragen müssen. Der Quotient: effektive Gesamtfertigungskosten zur Summe der einzelnen vorkalkulierten Fertigungskosten ist der Faktor, mit dem die Richtsatzwerte multipliziert werden müssen, um die Fertigungskosten der einzelnen Produkte zu errechnen: 346722 — = Faktor 1,0708. Fert.-Kosten Polystyrol EF EH EN V EB
= 24752 x 1,0708 = 6792 X 1,0708 = 106705 X 1,0708 = 76925 x 1,0708 = 108552 x 1,0708
= 26504,—DM = 7273,—DM = 114260,— DM = 82371,—DM = 116237,— DM
3522. Beispiele a) D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n : S c h w e f e l s ä u r e - K a l k u l a t i o n 1. S c h w e f e l s ä u r e - D a r s t e l l u n g n a c h dem K o n t a k t v e r f a h r e n Die Schwefelsäure ist die Schwerchemikalie der Chemie. Der Stand der Chemieproduktion eines Landes läßt sich aus dem Umfang der Schwefelsäureproduktion klar erkennen. Die Schwefelsäure ist großtechnisch nach zwei Verfahren darstellbar: 1. Kontaktverfahren, 2. Bleikammerverfahren.
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Das erste Verfahren ist das heute fast ausschließlich angewandte, während das Bleikammerverfahren nurmehr historische Bedeutung besitzt. Es wird vereinzelt noch in modifizierter Form als Turmverfahren angewandt. Die chemischen Grundlagen beider Verfahren beruhen auf gleichen Reaktionen. In beiden Fällen wird Schwefeldioxyd zu Schwefelsäure oxydiert. Im Nachfolgenden soll kurz das Kontaktverfahren beschrieben werden, da für dieses ein Kalkulationsbeispiel gegeben werden soll. Die technische Durchführung des K o n t a k t verfahrens läßt sich in vier Stufen gliedern, die jedoch in einem Zuge hintereinander in kontinuierlicher Arbeitsweise ablaufen. 1. 2. 3. 4.
Darstellung eines Gemisches von Schwefeldioxyd und Luft, Reinigung des Gasgemisches, Umsetzung des Gasgemisches am Kontakt, Vereinigung der gebildeten Schwefeltrioxyds mit Wasser zu Schwefelsäure.
Zu 1.: Das Schwefeldioxyd-Luftgemisch wird in Deutschland fast ausschließlich durch Abrösten von Pyrit (Schwefelhaltigem Eisenerz FeS 2 ) gewonnen. In Amerika dienen große Lagerstätten von Schwefel als Ausgangsbasis für die Dioxydgewinnung. Die Abbrände des Röstverfahrens wandern in die Hochöfen, sie sind ein Kuppelprodukt des Prozesses. Zu 2.: Da das Verfahren mit Hilfe von Katalysatoren arbeitet, müssen die erhaltenen Röstgase erst noch von Verunreinigungen, die teils mechanischer, teils chemischer Art sind, gereinigt werden. Früher erfolgte diese in sogenannten Staubkammern, heute wird die moderne Elektrofiltration durchgeführt. Dieser Arbeitsgang ist notwendig, weil die Gasbeimengen den Katalysator vergiften würden. Zu 3.: Die Reaktion S 0 3 + %0 2 ->-S0 3 ist eine Gleichgewichtsreaktion. Bei steigenden Temperaturen hat S 0 3 die Neigung, sich wieder in Schwefeldioxyd und Sauerstoff zu zersetzen. Mit Hilfe geeigneter Kontakte kann man es erreichen, daß die Bildungsgeschwindigkeit, die bei geringeren Temperaturen sehr klein ist, wesentlich erhöht wird. Durch eine gute Temperaturhaltung — während des Prozesses wird Wärme frei, die laufend abgeführt werden muß •— lassen sich befriedigende Ausbeuten erzielen. Zu 4.: Das den Kontaktofen verlassende Gas wird in verdünnte Schwefelsäure eingeleitet und bildet sich dabei mit Wasser zu Schwefelsäure um. In der Praxis faßt man diese Stufen zu einer einzigen zusammen, da der Gesamtvorgang ohne Unterbrechung durchgeführt wird. Das ganze Verfahren arbeitet kontinuierlich ohne die Bildung von Zwischenlagern. Aus diesem Grunde ist es auch gerechtfertigt, kalkulatorisch eine einstufige Produktion zu unterstellen. In der Kalkulation werden die Kosten der Einzelpositionen, der Stoff- und Fertigungskosten, berechnet auf je 100 kg der Ausbeute. Die Addition dieser
256
Kalkulation
Kosten abzüglich der ebenfalls auf 100 kg Ausbeute berechneten Erlöse für Nebenprodukte ergibt die Herstellkosten für das Erzeugnis (pro 100 kg). Im Falle der Schwefelsäure-Kalkulation werden alle Werte auf das Anhydrid der Schwefelsäure, das gasförmige S0 3 , als Ausbeute berechnet, obwohl dieses Gas nie isoliert gewonnen wird, sondern sofort nach seiner Bildung durch Einleiten in verdünnte Schwefelsäure zu Schwefelsäure umgewandelt wird. Da mehrere Sorten Schwefelsäure, die sich lediglich durch ihren Wassergehalt, das heißt durch ihre Konzentration unterscheiden, produziert werden, wird die Kalkulation für alle Grade von Schwefelsäure durch Außerachtlassung des Wassers, also nur für das jeweilig enthaltene Anhydrid S 0 3 , durchgeführt. Da die Kalkulation, die im allgemeinen eine Nachkalkulation ist, auch eine Kontrolll'unktion für die Produktion ausüben soll, so enthält sie — ein typisches Merkmal für die chemische Industrie — neben den reinen Kosten auch noch andere Daten. Kosten, in Prozent bezogen auf den Einsatz und die Ausbeute, lassen Unregelmäßigkeiten der Produktion bei Vergleichen von Kalkulationsbögen mehrerer Perioden sofort erkennen. Da der für die S0 3 -Gewinnung wesentliche Schwefelgehalt in den Erzen in gewissen Grenzen schwankt, bezeichnet man die analytisch festgestellte Schwefelmenge als Einsatz. Wichtigster Faktor für die Produktion ist die Ausbeute. Man kann aus ihr zwar nicht die Wirtschaftlichkeit einer Produktion erkennen, es läßt sich jedoch an ihr der Grad der Vollkommenheit des Verfahrens ermitteln. Durch Festsetzung von Schwefel als Einsatz und S 0 3 als Ausbeute läßt sich die Ausbeute theoretisch sehr einfach errechnen: Das Molekulargewicht von Schwefel = SO s = 80.
32, das Molekulargewicht
von
Theoretisch lassen sich aus 100 g S —>• 250 g S 0 3 gewinnen. Die im Verfahren erzielte praktische Ausbeute berechnet sich nach: Die Ausbeute in % der Theorie =
Ausbeute in % vom Einsatz X 100 ¡^rr 250
oder auf SO, berechnete Produktionsmenge (Ausbeute) .. , _ ' x Menge des Einsatzes 2'5 (auf S berechnet) Die Berechnung der Herstellkosten von Schwefelsäure verschiedener Konzentrationen erfolgt immer über den prozentualen Gehalt an S 0 3 . 100 kg S 0 3 entsprechen 127,6 kg 96/98%iger Schwefelsäure oder 157
kg 78%iger.
Der unterschiedliche Wassergehalt ist kostenmäßig unbedeutend und bleibt kalkulatorisch unberücksichtigt.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
257
2. Kalkulation Prozent v. Einsatz Ausbeute
Für Zeitraum Preis/Einstand 100 Einh.
Anteil f. 100 kg Ausbeute so3 DM 9,09
Einsatzprodukt
Menge
Schwefelkies. . . Umrechnung auf S . . . . ./. Abbrandentfall
10000000
208,3
90,9
10,—
1000000
4 800000 7 000000
100 145,8
43,6 63,9
4,53
317 000
2,88
683000
6,21
30000 30000
— 27 — 27
743000
6,75
45000
—,41
14000 12 000
—,13 —,11
1000
— Ol
21000 3000 60000 6000 120000 20000 10000
—,19 —,03 —,55 —,06 1,09 —,18 —,09
30000 140000 10000
—,27 1,27 0,09
30000
0,27
522 000 1265000
4,75 11,50
1265000
11,50
Kieslager und Transportkosten Kiesbrecherkosten Stoffverbrauch Personalkosten: Löhne Std.. . Zuschl. f. Präm. u. Soz.-Vers. . . Gehälter . . . Zuschl. f. Präm. u. Soz.-Vers. . Energien: Wasser . . . m3 Dampf . . . to Strom . . kWh Druckluft . . m3 Reparaturkosten . Materialkosten . Verkehrskosten . Laboratoriumskosten . . . . Kapitaldienst . . Fabriksteuern . . Werksgemeinkosten . . . .
18500
300000 200 1000000 600000
0,38
6,3 0,04 20,8 12,5
0,16
2,7 0,02 9,1 5,5
250 ,—
7,— 1500 — 6,— 1—
Fertigungskosten . . . H e r s t e l l k o s t e n (Stoffverbrauch + Fertigungskosten) Ausbeute: Schwefelsäure = SOs (Produktion) 100 11000000 229,2 Ausbeute = 91,7% der Theorie A u f t e i l u n g der P r o d u k t i o n : 1. Produkt: Schwefelsäure 96/98%, effektive Erzeugung: dafür erforderliche SO s -Menge 2. Produkt: Schwefelsäure 78%, effektive Erzeugung: dafür erforderliche S0 3 -Menge M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung I I , 2.
11484000 9000000 3140000 2000000 17
kg kg kg kg
258
Kalkulation
Zu 1.:9000000kg mit lOOkg-Herstellkosten vonll,50DM ergeben 1035000DM. Bezogen auf 11484000 kg 96/98%ige Schwefelsäure ergeben sich H erstell kosten/100 kg von 9,01 DM. Zu2. :2000000 kg S0 3 (Herstellkosten/100 kg = 11,50 DM) = 230000 DM. Bezogen auf 3140000 kg 78%ige Schwefelsäure ergeben sich für diese Herstellkosten/100 kg von 7,39 DM. b) S t u f e n k a l k u l a t i o n : bj) L i t h o p o n e - K a l k u l a t i o n 1. V e r f a h r e n der L i t h o p o n e - G e w i n n u n g Lithopone ist das gebräuchlichste Weißpigment der Anstrichtechnik. Nächst dem sehr giftigen Bleiweiß hat Lithopone die besten Farbeigenschaften, es wird aus diesem Grunde in sehr großen Mengen hergestellt. Der Verbrauch von Lithopone übersteigt den aller anderen Weißpigmente zusammen bei weitem. Gegenüber Blei weiß ist Lithopone keine einheitliche Substanz, sondern in der Hauptsache eine Mischung von zwei Stoffen. Veränderungen des Mischungsverhältnisses bewirken Qualitätsänderungen. Beide Komponenten sind für die Farbqualität von unterschiedlicher Bedeutung, sie unterscheiden sich ebenfalls im Preis ganz beträchtlich. Aus diesem Grunde gibt es, den jeweiligen Ansprüchen entsprechend, mehrere Typen von Lithopone. Die Erstellung geschieht auf Grund folgender Umsetzung: BaS + ZnS0 4 BaS0 4 + ZnS . Bariumsulfid mit Zinksulfat in Lösung umgesetzt ergibt Bariumsulfat und Zinksulfid. Die Ausgangssubstanzen obiger Reaktion sind keine natürlich vorkommenden Mineralien, sie lassen sich jedoch aus solchen durch einfache Umsetzungen gewinnen: Durch Reduktion von natürlich vorkommendem Schwerspat, auch Reduzierspat genannt, mittels Kohle läßt sich leicht Bariumsulfid nach folgender Gleichung gewinnen: BaSO« + 2 C - B a S + 2C0 2 t . Natürliche Zinkoxyde werden mit Schwefelsäure aufgeschlossen und die entstandene Zinksulfatlösung gereinigt. ZnO + H 2 S0 4 - ZnS0 4 + H 2 0. Um den — wertvolleren — Zinksulfidgehalt der Lithopone zu erhöhen, wird Zink in Form von Zinkchlorid bei gleichzeitiger Steigerung des BaS-Anteiles den Einsatzstoffen zugefügt: BaS + ZnS0 4 + ZnCl2 BaS0 4 + 2 ZnS + BaCl 2 . Das bei dieser Reaktion gebildete Bariumchlorid (BaCl2) ist wasserlöslich und muß durch gutes Auswaschen des Lithopone-Niederschlages entfernt werden, da es als Pigmentbestandteil ungeeignet ist. Die Zinkchlorid-Lösung wird analog der Zinksulfatlösung durch Lösen von Zinkoxyd in Salzsäure hergestellt: ZnO + 2 HCl ZnCl2 + H 2 0 .
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
259
Das gesamte Verfahren läßt sich in zwei Hauptteile zerlegen. A) Herstellung der Ausgangsstoffe, B) Umsetzung zu Lithopone. Daran würde sich, parallel zueinander, die Gewinnung der einzelnen Typen schließen. (C). Die Lithopone-Fabrikation erfordert demnach mehrere Prozesse, die teilweise nebeneinander verlaufen, zum Teil sich stufenförmig aufeinander aufbauen. Ü b e r s i c h t ü b e r d i e D a r s t e l l u n g der A u s g a n g s s t o f f e (A) Verlauf der Prozesse hintereinander, parallel a)
b)
c)
1) BaSO^-ISpati^BaSiroh)
ZnO^^-ZnSO^Lauge
ZnO^^ZnCL,-Lauge (roh)
2) BaSfrohT--BaS^Lauge
ZnS0 4 -Lauge-*ZnS0 4 ZriÖ^Lauge—ZnCl 2 -Lauge Lauge rein^---^'^(roh) rein.
D a r s t e l l u n g der L i t h o p o n e - G r u n d t y p e n (B) I) B a S - L a u g e + Z n S 0 4 - L a u g e + Z n C l 2 ^ ^ ' Lauge-» Lithopone Reinfarbe Rotsiegel 30% ZnS
j
II) wie I) mit größerem B a S - u n d ZnCl,-Anteil ->• Lithopone Reinfarbe Grünsiegel ca. 60% ZnS.
j
D a r s t e l l u n g der L i t h o p o n e - V e r k a u f s t y p e n (C) Lithopone Reinfarbe Rotsiegel 30% ZnS+Lithopone
Reinfarbe Grünsiegel ca. 60% ZnS+Verschnittspat ->• z. B. Lithopone Fertigfarbe Rotsiegel R 30%.
Überblickt man den gesamten Prozeß, so ergeben sich vier Stufen: Stufe 1: Herstellung der Rohlösungen (AI), drei Arbeitsgänge n e b e n e i n ander. Stufe 2: Herstellung der Reinlaugen (A 2), ebenfalls drei p a r a l l e l e Gänge. Stufe 3: Umsatz der Ausgangsstoffe zu den Lithopone-Grundtypen (BI u. II), zwei Prozesse n e b e n e i n a n d e r . Stufe 4: Mischung der Grundtypen zu Verkaufsprodukten (G div.). Dem Gang der Produktion entsprechend wird auch die Kalkulation stufenweise durchgeführt. Die Herstellkosten eines jeden Stufenerzeugnisses werden zu Ist-Werten ermittelt und an die nachfolgende Stufe weitergegeben. Die Kalkulationsbögen enthalten, wie die der Schwefelsäure-Fabrikation, Spalten, in die für Einsatzstoffe, Nebenprodukte und Erzeugnisse der prozentuale Anteil vom Einsatz und der an der Ausbeute eingetragen werden. Dies geschieht, um eine Kontrollmöglichkeit der Produktion zu haben und Abweichungen von dem Normalen sofort zu erkennen. 17*
260
Kalkulation
Einsatz
Menge
Prozente
Preis/Einstand
Anteil f. 100 kg 100 in vollen Ausbeute Eins. Ausb. Einh. DM V.
V.
Stufe 1 Kalkulation A x Schwefelbarium roh = B a S 169,2 Reduzierspat = B a S 0 4 effektiv . 11000000 6 — 153,8 Gehalt an B a S 0 4 10000000 100 4,— Braunkohlenstaub 750000 7,5 11,5 7,50 Feinkohlen 19,0 29,2 1900000 Materialkosten Fertigungskosten HerAusbeute: Schwefelbarium roh effektiv . . 9000000 stellkosten Gehalt an B a S 6500000 65,0 100 entspricht 89,6% der theoretischen Ausbeute Stufe 2 Kalkulation A a Schwefelbariumlauge rein = BaS 1 149,5 Schwefelbarium roh effektiv . . . 80000000 1 5780000 100 108,0 17,08 Gehalt an B a S Fertigungskosten . . HerAusbeute: stellSchwefelbariumlauge (als B a S kosten gerechnet) 5 350000 92,6 100 Stufe 3 Kalkulation B II Lithopone Reinfarbe Grünsiegel ca. 6 0 % ZnS Zinkchloridlauge rein! berechn. 525000 16,7 129,08 Zinksulfatlauge rein J auf Zn . . 130000 4,1 114,91 20,8 126,27 Summe Zink 655000 100 Schwefelbariumlauge (als B a S r~ 1680000 256,5 53,3 20,11 gerechnet) Salzsäure 3 0 % 1500000 22,9 4,8 7,50 ,/. (Nebenprodukt) Bariumchloridlauge (berechn. als BaCl 2 ) . Materialkosten Fertigungskosten . . . . Ausbeute: Lithopone Reinfarbe Grünsiegel ca. 6 0 % ZnS
1500000
3150000
229,0
480,9
47,6
100
5,—
660000 30000 142 500 832 500 278 00
10,15 ,46 2,19 12,80 4,28
—
1100 500
17,08
987 200 89 000
18,45 1,66
1076 200
20,11
677 700 149 400
21,51 4,74 26,25
827 100 —
337 850 11250 1176200
—
75 000 1101 200 236 000
2,38 34,96 7,49
Herstellkosten 1337 200
10,73 ,36 37,34
42,45
Stufe 4 Kalkulation P I.ithonnnp Ferticfarhe Rntsippel R 30°/ ZnS Reinfarbe Grunsiegel ca. 60 % (berechn. auf 3 0 % ZnS) . . . . 300000 Reinfarbe Rotsiegel 3 0 % ZnS . . 4300000 Summe ZnS 3 0 % . . . 46000000 Verschnittspat 120000 Materialkosten . . Fertigungskosten Ausbeute: Lithopone Fertigfarbe Rotsiegel 4500000 R 30%
100 2,6
97,8
6,6 95,6 102,2 2,7
100
'i 42,45 127350 48,06 2 066 580 2193930 18,— 21600 2215530 143 000 Herstellkosten 2358 530
2,83 45,92 48,75 48 — 49,23 3,18
52,41
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
261
Die Einsatzmengen wie auch die Ausbeuten werden — es ist dies in der ohemischen Industrie allgemein üblich — auf die chemisch reinen Substanzen oder teilweise sogar auf reaktionswichtige und wertvolle Molekülgruppen oder Elemente bezogen. So z. B. bezieht sich in der Stufe 3 die Menge und der Einsatz auf den Zinkgehalt der Laugen. Ebenso ist die für Schwefelbarium angegebene Menge nicht effektiv, sondern gibt den für die Reaktion wichtigen Gehalt an BaS in der Lösung an. 2. K a l k u l a t i o n : In dem Kalkulationsbeispiel sind in der Spalte: Preis/100 Einheiten bei den Einsatzstoffen für solche aus eigener Produktion die Ist-Herstellkosten, für fremdbezogene die Summen von Rechnungspreis + Bezugskosten eingesetzt. Die Fertigungskosten werden aus den Kostenstellenauszügen in die Kalkulation übernommen. b2) P o l y s t y r o l k a l k u l a t i o n 1. H e r s t e l l u n g Polystyrol ist einer der bekanntesten Kunststoffe. Sein Anwendungsgebiet reicht von der Verwendung als Isoliermaterial in der Elektroindustrie über Spritzgußmassen bis zum synthetischen Kautschuk, zu dessen Herstellung es neben dem Butadien die wichtigste Komponente darstellt. Schon seit langem in der Chemie bekannt (1830), wird es jedoch erst seit 1930 technisch hergestellt. Obwohl es für einen Kunststoff schon ein verhältnismäßig „altes" Produkt ist, konnte es sich gegenüber vielen neuen Stoffen behaupten, im Gegenteil, die Produktion ist nach dem Kriege noch beträchtlich gestiegen. Polystyrol in reiner Form ist eine glasklare, harte, etwas spröde Masse, die sich gut spanabhebend verarbeiten läßt. Es ist möglich, Polystyrol mit billigen Verschnittmitteln, wie z. B. Silikaten, zu verarbeiten. Desgleichen läßt es sich auch einfärben. Gegen Säuren und Laugen ist es besonders resistent, in organischen Lösungsmitteln jedoch sehr leicht löslich. Da es ein reiner Thermoplast ist, beginnt es bei höheren (80—100° C) Temperaturen langsam zu erweichen. Die Hauptmenge des Polystyrols wird als Spritzgußmasse verarbeitet. Es hat infolge seiner günstigen Fließeigenschaften die Entwicklung der Spritzgußtechnik entscheidend beeinflußt. Mehr als die Hälfte aller Spritzgußteile aus Kunststoff bestehen aus Polystyrol. Wegen der hervorragenden elektrischen Isolierfähigkeit ist es für die Hochfrequenztechnik besonders wichtig geworden. So wird es zur Herstellung von Antennenleitungen, in Folien als Isolierschicht, in Kondensatoren usw. angewandt. Infolge der Tatsache, daß Polystyrol neben den Phenol-Formaldehyd-Harzen (Bakelithen) der weitaus preisgünstigste Kunststoff ist, wird seine Bedeutung trotz scharfer qualitativer Konkurrenz mit anderen Produkten eher steigen als fallen. Bekannte Bezeichnungen sind Trolitul (Dynamit AG) und Vestyron (Chemische Werke Hoechst).
262
Kalkulation
Die industrielle Erzeugung von Polystyrol führt über das Zwischenprodukt Äthylbenzol (enthalten im Steinkohlenteer). Da die aus Steinkohlenteer anfallende Menge den Bedarf nicht decken kann, wird es synthetisch aus den in großer Menge verfügbaren Ausgangsstoffen Benzol und Äthylen großtechnisch gewonnen. Benzol ist ein Nebenprodukt der Kokerei-Industrie. Ä t h y l e n wird durch Hydrierung von Acethylen in großen Mengen erzeugt. Beide Produkte werden in einer Alkylierungsanlage in Gegenwart von Aluminiumchlorid in überwiegendem Maße zu Monoäthylbenzol umgesetzt. Die Gewinnung von S t y r o l geschieht durch katalytische Hydrierung des Äthylbenzols. Diese Reaktion wird bei 580—620° C kontinuierlich durchgeführt. Bei diesem Prozeß bleibt die Ausbeute wegen der großen Durchsatzgeschwindigkeit pro Durchlauf gering. Bei längerer Verweilzeit der Stoffe am Kontakt würden aber Nebenreaktionen auftreten. Die vollständige Befreiung des Styrols von geringsten Verunreinigungen ist für die spätere Polymerisation von größter Wichtigkeit. Die Polymerisation von Styrol wird hauptsächlich nach vier unterschiedlichen Verfahren durchgeführt, in Deutschland meist durch Polymerisation in homogener Phase (Blockpolymerisation). Nur dieses Verfahren soll kurz beschrieben werden, da es dem folgenden Beispiel einer Kalkulation von Polystyrol zugrunde liegt. Das flüssige Monostyrol wird längere Zeit auf höhere Temperaturen erhitzt, wodurch es langsam in das feste Polystyrol umgewandelt wird. Großtechnisch wird der Polymerisationsprozeß zweistufig durchgeführt. In der ersten Phase wird durch Erwärmen bis dicht unter die Polymerisationstemperatur ca. 1 / 3 des eingesetzten Monostyrols in Polystyrol verwandelt, während 2 / 3 Monomere bleiben. Dieses Gemisch wird kontinuierlich in den Polymerisationsturm überführt, den das Gut langsam von oben nach unten bei steigender Temperatur durchwandert. Am Turmfuß verläßt fertiges band- oder strangförmiges Polystyrol die Anlage in gleicher Menge, in der oben das vorpolymerisierte Gemisch einfließt. Nach Abkühlung auf einem Transportband wird es in kleine Stückchen zerhackt und ist dann verkaufsfertig. Kostenrechnerisch ist dieser Prozeß nur einstufig, da das gesamte Verfahren der Polymerisation vollkontinuierlich abläuft. Die eingebrachte Monostyrolmenge und der evtl. zugesetzte Mischkomponentenanteil werden in einem Zuge, ohne Zwischenlagerung oder teilweisem anderweitigen Einsatz, verarbeitet. Beide Polymerisationsstufen sind in der Produktion fest aneinander gekoppelt, obwohl die Anlagen getrennt sind. Das Styrol bildet dagegen ein Stufenprodukt, denn es wird in die verschiedenen Polymerisationsverfahren eingesetzt und findet auch noch anderweitig Verwendung (künstlicher Kautschuk Buna S). So besteht das gesamte Verfahren der Polystyrolherstellung aus folgenden Stufen:
263
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
Acethylen + Ha
Rohbenzol i Benzol rein |
}
Äthylen I
^ _ + A1C13 Äthylbenzol 4 — H2 Styrol
1. 2.
3.
4. Polystyrol 2. K a l k u l a t i o n Die im Kalkulationsbogen zu verrechnenden Fertigungskosten werden den Kostenstellenauszügen entnommen. Die Preise für die Einsatzstoffe sind, sofern es sich um in eigenem Werk produzierte Stoffe handelt, zu Herstellkosten, sonst zu Rechnungspreisen + Bezugskosten berechnet. S t u f e 1: Erzeugnis: Äthylen, Kostenstelle: Hydrierwerk Menge in % der Preis DM/ Gesamt- Anteil f. wert 100 Einh kg,m 3 ,m Ausbeute lOOEinh.
Einsatz
3201100 Acethylen H 2 -Gas 812 784 Fabrikgas, CO-frei 2 251190 Kontakt B, reaktiviert . . . . 1720 ,, A, wiedergewonnen . . 2 940 „ C, neu 770 ./. •/. ./. ./. ./.
Äthan I „ n Kontakt B, wiedergewonnen St.-Öl S.-Öl
49056 22876 4273 26390 214550
103,2 26,2 72,6 0,1 0,1 —
1,6 0,7 0,1 0,9 6,9
30,78 35,80 o.W. 10,40 13,—
4200163 151909 420 747 2 549 11486 5915
135,43 4,90 13,57 —,08 — 37 —,19
4792769 15099 8190
154,54 —,49 — 26
—
—
2 745 27 892
—,09 —,90
./. 53926 4738843 522062
./. 1,74 152,80 16,83
Herstell- 5260905 kosten (Fortsetzung der Kalkulation S. 264/5.)
169,63
Materialkosten Fertigungskosten Produktion
131,21 18,69 18,69 148,19 390,69 768,14
3101342
100
c) Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n : K a l k u l a t i o n der H e r s t e l l u n g vollsynthetischer Fasern 1. Die G r u n d l a g e n der K a l k u l a t i o n Die Werke der Chemiefaserindustrie stellen Fasern und Fäden (im wesentlichen für textile Zwecke) auf chemischer Grundlage her. Man unterscheidet halbsynthetische und vollsynthetische Chemiefasern. Der Hauptrohstoff für die halbsynthetischen Chemiefasern: Zellwolle und Kunstseide (Reyon) ist die Holzzellulose (Zellstoff). Daneben finden noch eine
264
Kalkulation
S t u f e 2: Erzeugnis: Benzol rein Menge in % der Preis DM/ Gesamt- Anteil f. kg, m 3 , m Ausbeute 100 Einh. wert 100 Einh.
Einsatz Benzol, gerein, unverst ./. Naphtha . Toluol 1 ber. zu Einkaufspr. ./. Xylol J + Bezugskost. . .
7127 920
44,20
3150541
49,09
2 620 7 212 516
40,00 45,55 51,13
1048 3285 264
—,05
— 01
./. 4 597 .,/. —,06 3145944 45,03
Materialkosten Fertigungskosten Produktion
6987219
100
245447
3,51
Herstell- 3391291 kosten
48,54
S t u f e 3: Erzeugnis: Äthylbenzol Einsatz Benzol, rein Acethylen, rein Aluminiumchlorid Ätznatron Ätzkali ./. Nebenprodukt A ./. Nebenprodukt B ./. Heizöl
Menge in % der Preis DM/ Gesamtkg, m 3 , m Ausbeute 100 Einh. wert 2 487 375 882 663 58 351 4703 7 299
83,2 29,5 2,0 0,2 0,2
48,54 169,63 67,87 13,99 75,70
20813 18165 41988
0,7 0,7 1,4
10,50 20 — 7,10
Materialkosten Fertigungskosten Produktion
2988838
100
1207 372 1497 261 39 602 658 5525
Anteil f. 100 Einh. 40,40 50,10 1,32 — 02 — 18
2750418
92,02
2185 5 633 2 981
—,07 — 12 — 10
./. 8799
• /•—, 29
2741619 228036
91,73 7,62
Herstell- 2969 655 kosten
99,35
Reihe von Chemikalien in teilweise erheblichem Umfange Verwendung, die jedoch entweder überhaupt nicht oder nur zu einem geringen Teil in das Fertigprodukt eingehen (u. a. Ätznatron, Schwefelkohlenstoff, Schwefelsäure, Natriumsulfat, Magnesiumsulfat). Die Rohstoffbasis der vollsynthetischen Fasern ist, im Gegensatz zur Naturbasis der halbsynthetischen, die R e t o r t e . So werden Perlon und Nylon auf der Polyamid-Basis hergestellt (Rohstoff: Caprolactan). Daneben gibt es noch andere Arten, die sich teilweise noch in der Entwicklung befinden, wie Orion, Terylene, Pan, Rhovyl, PCU (auf Polyacrylnitril- bzw. Polyvinylchloridbasis). Aus der Anzahl der Produkte und der Produktionsmenge (für die Textilproduktion etwa 100000 t) ergibt sich die Produktionsform der Massenf e r t i g u n g . Wenn auch bei allen Chemiefasern gemeinsam Differenzierungen
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
265
S t u f e 4: Erzeugnis: monomeres Styrol, rein Menge in % der Preis DM/ Gesamt- Anteil f. wert kg, m 3 , m Ausbeute 100 Einh. 100 Einh.
Einsatz Äthylbenzol Kontakt D Hydrochinon chemisch rein Calciumchlorid sicc ./. Toluol ./. Rückstand ./. Benzol, rein
7 293022 9375 378 8723
116,8 0,2
134600 34341 108700
2,2 0,5 1,7
0,1
99,35 496,74 934,— 29,10
7245617 46569 3530 2538
116,02 —,74 —,06 —,04
7298254
116,86
45,55
61310
—,98
48,54
52 763
—,84
./. 114073 ./. Materialkosten Fertigungskosten Produktion
6245239
100
1,82
7184181 1627 038
115,04 26,05
Herstell- 8811219 kosten
141,09
S t u f e 5: Erzeugnis: Polystyrol, glasklar. Kostenstelle: Polystyrolfabrik Menge in % der Preis DM/ Gesamtkg, m 3 , m Ausbeute 100 Einh. wert
Einsatz Styrol, monomer Mischungskomponente
. . . .
1048372 4 966
101,8 0,5
1029354
100
141,09 154,87
1479148 7 691 1486839 130231
143,69 —,75 144,44 12,65
Herstellkosten
1617060
157,09
Materialkosten Fertigungskosten Produktion
Anteil f 100 Einh.
hinsichtlich der Fadenstärke und Farbe, bei Zellwolle und P e r l o n f a s e r hinsichtlich der Schnittlänge (Stapellänge) auftreten, so sind diese Unterschiede gegenüber den gemeinsamen chemischen Grundlagen von Zellwolle, Reyon einerseits und den vollsynthetischen Chemiefasern andererseits, unwesentlich. Die Differenzierungen der Produkte charakterisieren die Produktion als Sortenproduktion. Bei den h a l b s y n t h e t i s c h e n Chemiefasern (Zellwolle und Reyon) unterscheidet man chemisch drei Arten: Viskose-, Acetat- und Kupfer-Chemiefasern. Hier wird nur auf die Viskose-Basis eingegangen; die beiden anderen Verfahren zeigen in der Kalkulation keine Besonderheiten. Die Herstellung von Zellwolle und Reyon erfolgt z u n ä c h s t g e m e i n s a m : 1. T r ä n k e n der Zellulose mit Natronlauge und Abpressen der überschüssigen Lauge. 2. Z e r f a s e r n der Zellulose. 3. V o r r e i f e — mehrstündige Lagerung der vorbehandelten Zellulose, bei Fließfertigung auf einem langsam laufenden Reifeband — oder in Spezialbehältern (Zwischenprodukt: Alkali-Zellulose).
266
Kalkulation
4. S u l f i d i e r u n g — Versetzen der Alkali-Zellulose mit Schwefelkohlenstoff unter Luftabschluß (es entsteht Xanthogenat). 5. Auflösen des Xanthogenats in Natronlauge; Zwischenprodukt: Viskose. 6. Nachreife — mehrtägige Lagerung der Viskose in Tanks. (Bisher Zellwolle und Reyon einheitlich.) Zellwolle Reyon 7a. S p i n n m a s c h i n e 7b. S p i n n m a s c h i n e Die Viskose wird durch Düsen in ein Schwefelsäurebad gepumpt, wobei an jeder Spinnmaschine ca. 50—100 Düsen mit je 2400 bis 6000 Loch sitzen, Die aus jedem Düsenloch austretenden Fäden erstarren im Schwefelsäurebad und werden alle zu einem Kabel vereinigt und abgezogen.
8a. Zellwollkabel in die gewünschte Stapellänge s c h n e i d e n und gegebenenfalls kräuseln 9a. W a s c h e n 10a. A v i v i e r e n IIa. T r o c k n e n 12a. B a l l e n p r e s s e (Verpackung und Sortierung)
Die Viskose wird durch Düsen in ein Schwefelsäurebad gepumpt, wobei an jeder Spinnmaschine ca. 50—100 Düsen mit 8—30 Loch sitzen. Die aus jeder Düse austretenden Fäden erstarren im Schwefelsäurebad und werden pro D ü s e auf eine Spule aufgewickelt 1 ),
8b. W a s c h e n der Spulen 9b. 10b. IIb. 12b.
Avivieren Trocknen Zwirnen und Umspulen Verpackung und Sortierung
Bei der Zellwolle verläuft der gesamte Herstellungsprozeß im Wege der Fließfertigung ohne Zwischentransport (ausgenommen Rohrleitungen und Bänder). Halbfabrikate entstehen nach den Stufen 3 und 6. Bei Reyon gilt bis zur Stufe 6 das gleiche. Hiernach sind im Gegensatz zur Zellwolle die Stufen 7b bis 12b klar gegeneinander abgrenzbar. Bei Perlon (als Beispiel für die vollsynthetischen Fasern) verläuft der c h e m i sche Produktionsprozeß vollkontinuierlich. In ein senkrechtes, geheiztes Rohr von etwa 15 m Länge wird oben der Rohstoff (Caprolactum) eingefüllt und läuft durch die einzelnen Schüsse über Zwischenböden nach unten. Im Rohr erfolgt die Polymerisation, d. h. die Moleküle des Caprolactum bilden bei einer Temperatur von ca. 260° Ketten, die die hohe Festigkeit des Perlon bewirken. Am unteren Ende des Rohrs wird die zähflüssige Spinnmasse durch Düsen abgezogen, sie erstarrt an der Luft zu Fäden. Die Nachbehandlung erfolgt ähnlich wie bei Zellwolle oder Reyon, d. h. die Fäden werden entweder zerschnitten, um als Perlon-Faser verkauft zu werden, oder die Fäden werden aufgespult, gezwirnt und kommen als Perlon-Seide in den Handel (auch Drähte und Borsten für technische Zwecke werden so hergestellt). l ) Es gibt noch andere Nachbehandlungsverfahren für Reyon, z. B. Zentrifugieren, Spulkranz verfahren. Wir beschränken uns auf „Spulen-Reyon".
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
267
Vor dieser Nachbehandlung bzw. Weiterverarbeitung müssen die aus der Düse tretenden Fäden noch „versteckt", d. h. in einem besonderen Arbeitsgang auf die vierfache Länge auseinandergezogen werden. 2. Die K a l k u l a t i o n Der zum wesentlichen Teil vollkontinuierliche Fertigungsprozeß (mindestens im chemischen Teil 24-Stunden-Betrieb) läßt nur eine sehr globale Kostenstellengliederung zu. Die vorstehend beschriebenen Fertigungsstufen können nur zum Teil als kalkulatorisch selbständige Einheiten angesehen werden, da der Leistungsdurchfluß teilweise ohne abgrenzbare Übergänge vor sich geht. Infolge des kontinuierlichen Fertigungsprozesses, dessen chemische und fertigungstechnische Grundlagen — normalerweise — unverändert beibehalten werden, ist eine Vorkalkulation überflüssig, da immer die gleichen Kostenträger hergestellt werden. Die Kostenträger sind einheitliche Massengüter, deren kontinuierlicher Fertigungsprozeß eine o r i g i n ä r e Kostenträgerstückrechnung (Nachkalkulation) unnötig macht. Wichtig ist dagegen die Kostenträger Zeitrechnung, aus der dann durch Division eine Kostenträger-„Kilo"-Kalkulation erstellt werden kann. Es interessiert hier nicht so sehr die Frage, was das Kilo Zellwolle gekostet hat, sondern wie sich der Periodenerfolg auf die Kostenträgergruppen verteilt. 1 ) Es ist gezeigt worden, daß die Bildung differenzierter Kostenstellen wegen der Fließproduktion nicht möglich, die Leistung der e i n z e l n e n „Stufen" aber sehr unterschiedlich ist, wobei zwangsläufig nach verschiedenen Stufen H a l b f a b r i k a t e anfallen (Alkali-Zellulose, Xanthogenat, Viskose, Reyon auf Spinnspulen usw.). Die genaueste und gleichzeitig einfachste Methode der Errechnung ist die S t u f e n k a l k u l a t i o n : entsprechend dem Anfall der Halbfabrikate werden Stufen gebildet, die g e t r e n n t abgerechnet und auf die nächste Stufe übertragen werden, so daß sich zum Schluß die Gesamtkosten der Periode, auf die Periodenleistung bezogen, ergeben. Will man die Kosten der einzelnen Stufen — ohne Belastung mit den Kosten der v o r g e l a g e r t e n — erkennen, so kann das im Nachkalkulationsschema in einfacher Form auch dargestellt werden. Die Bildung der Stufen ist folgende: 1. für Z e l l w o l l e I. Stufe: Tauche Zerfaserer Vorreife (Halbfabrikat: Alkali-Zellulose)
(1) (2)
(3)
Hierbei ist vorausgesetzt, daß das Werk nicht nur e i n Erzeugnis, z. B. nur Zellwolle herstellt, was auch vorkommt.
268
Kalkulation II. Stufe: Sulfidierung Xanthogenatlösung Nachreife (Halbfabrikat: Viskose) III. Stufe: Spinnmaschinen Schneiden, Kräuseln Wäsche Avivieren Trocknung Ballenpresse (Fertigfabrikat: Zellwolle)
(4) (5) (6) (7a) (8 a) (9 a) (10 a) (11 a) (12 a)
2. für R e y o n I. Stufe: wie Zellwolle II. Stufe: wie Zellwolle III. Stufe: Spinnmaschinen (7b) Wäsche (8 b) Avivieren (9 b) (Halbfabrikat: Reyon auf Spinnspulen) IV. Stufe: Trocknung (10b) (Halbfabrikat: Reyon auf Spinnspulen getrocknet, kann auch mit Stufe III zusammengefaßt werden) Y.Stufe: Zwirnen und Umspulen (IIb) Verpackung und Sortierung (12 b) (Fertigfabrikat: Reyon) 3. für P e r l o n I. Stufe: Polymerisation und Fadenabzug (Halbfabrikat: Perlon unverstreckt) II. Stufe: Streckwerk Wäsche Avivieren und weiter wie bei Zellwolle bzw. Reyon. Das zweite Hauptproblem der Kalkulationsmethode betrifft die Verrechnung der Kosten der einzelnen S t u f e n . E s stehen zur Wahl die Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n und die D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n . Prinzipiell ist Divisionskalkulation möglich, da die Kostenträger jeder Stufe so weitgehend einheitlich sind, daß man auf eine getrennte Abrechnung der einzelnen Typen, die sich durch die Fadenstärke 1 ) ergeben, verzichten könnte. Außerdem tritt das Problem der Halbfabrikate durch die Stufenkalkulation und das Weiterwälzen der Kosten nicht in Erscheinung. Wenn trotzdem der Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n der Vorzug gegeben wird, so hat das folgende Gründe: Wenn für die Erzeugnisse (Zellwolle, Reyon, Perlon) eine T i t e r k a l k u l a t i o n aufgebaut werden soll, so hat eine Äquivalenzziffernrechnung gewisse Nachteile. Grundsätzlich können die einzelnen Titer (Fadenstärken), die sich im wesentlichen nur durch den chemisch exakt zu bestimmenden Materialeinsatz unter') Die Fadenstärke (Titer) wird üblicherweise in,,denier" gemessen. Die denier-Zahl eines Fadens bezeichnet das Gewicht eines Fadens von 9000 m Länge. 15 den. heißt also 9000 m eines solchen Fadens wiegen 15 g.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
269
scheiden, gleichnamig gemacht werden (km-Länge). Die Verteilung der Kosten auf die Titer macht jedoch bei einer Divisionskalkulation erheblich mehr Mühe als bei der Zuschlagskalkulation. Wenn nämlich die Divisionskalkulation einen Sinn haben soll, so müssen die Stellenkosten möglichst weit untergliedert werden, so daß man praktisch eine Abschrift der Hauptkostenstellen des BAB (wegen der zahlreichen und mit hohen Kosten belasteten Nebenbetriebe unentbehrlich) erhalten würde. Die Nebenbetriebe (Hilfskostenstellen) müssen auf die Hauptkostenstellen umgelegt werden und wären pro Stufe ebenfalls (wie im BAB) gesondert auszuweisen.1) Die einzelnen Kostenarten müßten also (pro Stufe) auch auf die T i t e r verrechnet weiden. Diese erhebliche Mehrarbeit vermeidet die Zuschlagsrechnung, bei der alle Stellen- und Umlagegemeinkosten in einem Fertigungsgemeinkostenzuschlag zusammengefaßt werden. Die Übersichtlichkeit der Rechnung leidet darunter keineswegs, denn die Belastung der einzelnen Stufen mit den Gemeinkostenarten ist im BAB enthalten. Aber auch bei einem Verzicht auf die Titernachrechnung würde die Divisionskalkulation nur eine Abschrift des BAB sein. Die Zuschlagsrechnung bedeutet demgegenüber eine Konzentration der Zahlen des BAB. Zu den zu verrechnenden K o s t e n a r t e n ist folgendes zu sagen: 1. F e r t i g u n g s m a t e r i a l Die Einsatzfaktoren für die Rohstoffe sind chemisch exakt bestimmbar und weichen in der Regel nur um wenige Prozente bzw. Bruchteile von Prozenten vom Normverbrauch ab. Die Verbrauchsermittlung geschieht entweder durch Mengenmesser (Durcblaufmesser) oder durch körperliche Aufnahme verbunden mit einer Skontration, die sehr genau und schnell und zu jeder Zeit durchgeführt werden kann, obwohl durch den kontinuierlichen 24-Stunden-Betrieb gewisse organisatorische Vorkehrungen zu treffen sind. Die Kosten für das Fertigungsmaterial sind neben den Sondereinzelkosten des Betriebes als einzige 100%ig proportional. 2. F e r t i g u n g s l ö h n e Sie sind gegen die Hilfslöhne genau abgrenzbar und fallen für das unmittelbar an den Maschinen tätige Personal an. Ihre Erfassung erfolgt auf dem üblichen Wege durch Stundenzettel und Stempelkarten. Im Gesamtkostengefüge spielen sie keine große Rolle. Während die Fertigungslöhne üblicherweise zu den proportionalen Kosten gezählt werden, kann man in der Chemiefaserindustrie nicht davon sprechen. Sie tendieren im Gegenteil mehr zu den Fixkosten, weil die Maschinenbesetzung in ziemlich weiten Grenzen von dem Beschäftigungsgrad unabhängig ist. Dieses Faktum wird noch durch den 3-schichtigen 24-Stundenbetrieb, der unbedingt im chemischen Betriebsteil aufrechterhalten werden muß, verstärkt. Nebenbetriebe sind vor allem Energieversorgungsanlagen und Chemikalienvorbehandlung.
270
Kalkulation
3. G e m e i n k o s t e n Für die Chemiefaserindustrie sind lediglich zwei besonders hervorzuheben: a) E n e r g i e k o s t e n Die Erzeugung von Dampf und Strom wird von allen Chemiefaserwerken selbst betrieben. Beides wird in erheblichem Umfang für die Produktion benötigt. Die Kosten (vor allem für Kohle) werden auf den entsprechenden Kostenstellen (im BAB) gesammelt und nach dem gemessenen Verbrauch der Fertigungsstellen und Nebenbetriebe umgelegt. Auch diese Kostengruppe tendiert zu den Fixkosten. b) A b s c h r e i b u n g e n Der sehr anlagenintensive Industriezweig hat einen entsprechend hohen Abschreibungsbedarf, der noch dadurch verstärkt wird, daß sämtliche Anlagen einschließlich der Gebäude erheblicher Korrosion durch Säuredämpfe und Laugeeinwirkungen unterliegen. Die übrigen Gemeinkosten weisen gegenüber anderen Branchen keine Besonderheiten auf. Ihr Verhalten bei schwankendem Beschäftigungsgrad ist naturgemäß sehr unterschiedlich und kann hier nicht näher untersucht werden. Abschließend ist jedoch festzustellen, daß die Gesamtkosten, abgesehen von den 100%ig proportionalen, auch bei erheblich schwankendem Beschäftigungsgrad nur geringe Änderungstendenz aufweisen. Als B e i s p i e l e einer Kalkulation soll die Zellwollkalkulation gewählt werden. (Die Zahlen bei den einzelnen Posten beziehen sich auf die jeder Stufe folgenden Erläuterungen.) Reyon und Perlon werden ebenso kalkuliert, daher erübrigen sich besondere Beispiele. Monat
/Alkali-Zellulose
kg
1. Zellulose Deutschland ,, Ausland Ätznatron Sonstige Chemikalien 2. Materialeinzelkosten 1,653 DM/kg. Materialgemeinkosten 3,2% Materialkosten 1,706 DM/kg Fertigungslöhne —,0802 DM/kg Fertigungsgemeinkosten 413% Fertigungskosten —,412 DM/kg Herstellkosten 2,118 DM/kg + Anfangsbestand 2,056 DM/kg 3. ./. Endbestand 2,118 DM/kg Insgesamt zu übernehmende Kosten 2129,—DM/kg
570346,0 410315,0 731572,0 5020,0 . . . —
DM 523 721,— 401296,— 274841,— 10122,— 1209980,— 38 720,—
• —
58721,— 242 536,—
737726,0
1248 700,—
301257,—
—
731846,0 71821,0 65941,0
DM
1549 957,— 147 653,— 139 663,—
7 990,— 1557 947,—
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
271
Zu 1: Die absoluten und die Relationszahlen in allen Beispielen stimmen mit der Wirklichkeit nicht genau überein. Zu 2: Der DM-Betrag pro kg ergibt sich, wie auch in allen anderen Fällen, durch Division der Monatsbeträge der einzelnen Kostenarten durch die Monatsmengen der Endprodukte der jeweiligen Stufe, hier also Alkali-Zellulose. Zu 3: Da sowohl am Anfang wie auch am Ende des Monats Halbfabrikate im Vorreiferaum bzw. im Reifebad und in den Zerfaserern vorhanden sind, muß die Bestandsveränderung für die Kostenübernahme auf die nächste Stufe berücksichtigt werden. Die Bewertung des Anfangsbestandes erfolgt zu den Herstellkosten des Vormonats. Monat
/Viskose
kg
1. Herstellkosten Alkali-Zellulose 2,112 DM/kg
385710,0 271500 — 8631,0 6240 —
2. Zusatzmaterial-Einzelkosten — 345 DM/kg Materialgemeinkosten 3,2%
—
Zusatzmaterialkosten —,356 DM /kg . . . Fertigungslöhne —,034 DM/kg Fertigungsgemeinkosten 385% Fertigungskosten —,187 DM/kg
Insgesamt zu übernehmende Kosten 2,451 DM/kg
277 740 — 8 888,—
—
27 431,— 105616,— —
. . . .
286628,—
133047,—
805731,0 58921,6 141442,— 96256,6 236214 —
./. 94479,—
768396,0
1883143,—
627 780,0 141210,0
1538485,— 344 607,—
3. Kosten der Viskoseherstellung —,423 DM/kg Davon Zellwolle 81,7% 4. Davon Reyon 18,3%
DM 1557 947,—
737 726,0
Schwefelkohlenstoff Sonstige Chemikalien
Herstellkosten 2,451 DM/kg + Anfangsbestand 2,401 DM /kg ./. Endbestand 2,454 DM/kg
DM
1977622,—
(325196,—)
Zu 1: Die hier eingesetzte Summe ist identisch mit der letzten Zahl der Vorstufe: Alkali-Zellulose. Zu 2: Als Zusatzmaterial sind die in dieser Stufe „zusätzlich" benötigten Rohstoffe bezeichnet. Die Materialgemeinkosten dürfen nur auf das Zusatzmaterial bezogen werden. Zu 3: In einer besonderen Zeile werden die Kosten der Viskoseherstellung ausgewiesen. Sie ergeben sich aus den bisher aufgelaufenen Gesamt-Herstellkosten abzüglich der Herstellkosten für die Alkali-Zellulose. Zu 4: Von dieser Stufe ab erfolgt die Spaltung in Zellwolle und Reyon, deren Fertigungsprozeß bisher einheitlich verlief. Der weiter zu wälzende Gesamtbetrag von 1883143,— DM muß daher entsprechend dem durch Mengenmesser festgestellten Viskoseverbrauch für Zellwolle und Reyon aufgeteilt werden.
Kalkulation
272 Monat
/Zellwolle (Fertigfabrikat)
kg
Herstellkosten Viskose 2,451 DM /kg . . .
627186,0
Schwefelsäure Farbstoffe Sonstige Chemikalien
962 572,0
Zusatzmaterial-Einzelkosten —,596 DM/kg Materialgemeinkosten 3,2 %
—
Zusatzmaterialkosten—,614DM/kg. Fertigungslöhne —,066 DM/kg Fertigungsgemeinkosten 764%
. .
Fertigungskosten —,418 DM/kg Herstellkosten 3,612 DM/kg + Anfangsbestand 3,574 DM/kg 1. ./.Endbestand 3,612 DM/kg
—
DM
1538 485 — 126731,— 36 821,— 191200,— 354752 ,— 11352 — 29165,— 219631,—
—
. . . . . . . .
Herstellkosten der verkauften Erzeugnisse 3,574-— DM/kg . . . . Verwaltungsgemeinkosten 2,0% . . . . Vertriebsgemeinkosten 1,5% . . Sondereinzelkosten d.Vertrieb—,096 DM/kg
DM
366104,—
248 796,—
596243,0 2153 385,— 476829,0 1701 G e 443251,0 l e e s 682,— + 97 454,— 629821,0
2 250 839 — 43068,— 33763 — 60463,—
Zwischensumme 3,792 DM/kg 2. Abfallkostengutschrift
2 388133 — ./. 15264,—
Selbstkosten 3,768 DM/kg Erlöse 3,935 DM/kg
2 372 869 — 2478321,—
Gewinn—,167 DM/kg
105 452,—
Kosten der Zellwolle-Herstellung ohne Vorstufen 1,131 DM/kg
712 354,—
Zu 1: Ebenso wie bei den Halbfabrikaten ist auch die Bestandsveränderung der Fertigfabrikate zu berücksichtigen, da es sich ja um eine Kostenträgerzeitrechnung handelt und dem Erlös des Monats nur die Kosten der verk a u f t e n Erzeugnisse gegenübergestellt werden dürfen. Zu 2: Bei der Produktion von Chemiefasern fällt unvermeidlich Abfall, und zwar in verschiedenen Fabrikationsstufen an. Dadie Kostenermittlnnghierfür sehr schwierig ist, kann sie als unwirtschaftlich vernachlässigt werden. Einfacher und gleichzeitig ausreichend genau ist das Verfahren der Kostengutschrift zum Marktpreis. Da die Kalkulation mengenmäßig ohne Abfallquote durchgeführt, d. h. von Anfang an nur mit der einwandfreien Produktionsmenge gerechnet wird, ist die Kostengutschrift nur wertmäßig vorzunehmen. Zur Ermittlung der Halbfabrikate ist noch folgendes zu sagen: Es fallen nicht nur n a c h jeder Stufe Halbfabrikate an, sondern es befinden sich solche auch i n n e r h a l b des Systems jeder Stufe.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
273
Betrachten wir nochmals die erste Stufe der Viskose-Chemiefasern. Im System der ersten Stufe befindet sich: 1. getauchte Zellulose, 2. Zellulose in den Zerfaserern,
während die dritte „Teil-Stufe", die Vorreife, schon das „echte" Halbfabrikat, die Alkali-Zellulose, beinhaltet. Ähnlich ist es in allen anderen Stufen. Für die Behandlung der „Halbfabrikate im System" gibt es praktisch zwei Möglichkeiten: 1. Sie bleiben gänzlich außer Betracht, was für die Rechnung keine Rolle spielt, solange im kontinuierlichen Betrieb immer ungefähr gleich große Mengen im System vorhanden sind. Da das jedoch n i c h t immer vorausgesetzt werden kann, haften dieser Methode erhebliche Mängel an, obwohl andererseits die hierdurch auftretenden Rechnungsfehler, auf das kg Faser umgerechnet, häufig nur Bruchteile von Pfennigen ausmachen. 2. Die „echten" Halbfabrikate und die „Halbfabrikate im System" werden mittels chemisch begründeter Äquivalenzziffern gleichnamig gemacht und die gewonnene Zahl, wie im Kalkulationsbeispiel beschrieben, mit den Herstellkosten der echten Halbfabrikate bewertet. Die Alkali-Zellulose, die Zellulose in den Zerfaserern und die getauchten Zellulosepartien können also auf kg reine Zellulose bzw. Alkali-Zellulose zurückgeführt werden, die dann zu den Herstellkosten der Alkali-Zellulose bewertet wird (die Bestandsveränderung 1). Da die im System befindlichen Mengen gegenüber den Halbfabrikaten n a c h jeder Stufe und gegenüber der Monatsproduktion sehr gering sind, stört der auch dieser Rechnung anhaftende Fehler der Bewertung der Halbfabrikate im System zu vollen Herstellkosten, deren monatliche Schwankungen von den Äquivalenzziffern natürlich nicht berücksichtigt werden können, überhaupt nicht. Die mengenmäßige Feststellung der Halbfabrikate im System ist im übrigen ohne Schwierigkeiten meist im Wege genauer Schätzung möglich. 353. Kalkulation in der^Zementindustrle
3530. Produktion Zemente sind Stoffe in pulverförmiger Form, die lediglich mit Wasser angerührt zu werden brauchen, um, auch unter Luftabschluß und bei normaler Temperatur, selbständig zu einer festen Masse zu erhärten, im Gegensatz zu Baukalk (Luftmörtel), der für seine Erhärtung die Einwirkung von Kohlendioxyd aus der Luft benötigt (Aufstellung von Koksöfen in Neubauten) und deshalb ein unselbständig erhärtendes Bindemittel darstellt. Da die Zemente, nach der Erhärtung in Wasser, praktisch unlöslich sind, werden sie auch als hydraulische Bindemittel bezeichnet. Sie entstehen, wenn Kalk, Kieselsäure, Tonerde und Eisenoxyd (in bestimmten, die Qualität der Zemente bestimmenden Verhältnissen) gemahlen und gemischt, dann auf 1400—1500° C gebrannt und anschließend fein zermahlen werden. M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
18
274
Kalkulation
Die Zementindustrie ist der Industriezweig mit dem engsten Produktionsprogramm. Er befaßt sich ausschließlich mit der Erzeugung von Zement, der hauptsächlich in nur drei Sorten hergestellt wird: Portlandzement (PZ), Eisenportlandzement (EPZ), Hochofenzement (HOZ).
Den Portlandzement gibt es in drei, Eisenportland- und Hochofenzement in je zwei Typen. Im allgemeinen stellen die einzelnen Werke nur eine Zementsorte her. Die Produktion von Zement findet in Großanlagen statt, die ausschließlich für die Erzeugung von Zement errichtet werden. Die Tagesproduktion z. B. der Dyckerhoff Zementfabrik beträgt etwa 36001. Der S t a n d o r t der Zementfabriken ist rohstoffabhängig, da der Anteil der Transportkosten an den Gesamtkosten sehr hoch ist. Wichtig sind daher kürzeste Entfernungen zu den Steinbrüchen, den Tongruben und zur Kohle. Da die Hochofenschlacke der eisenerzeugenden Industrie ebenfalls zur Zementherstellung verwandt werden kann, bestehen enge Verbindungen zu den Hüttenwerken. Fast alle größeren Hütten haben sich eigene Zementfabriken angeschlossen, um die anfallende Schlacke zu verwerten. Die ersten deutschen Zementwerke entstanden im Jahre 1855. Im Jahre 1950 gab es in Deutschland 151 Werke, dabei waren aber meist mehrere Werke zu größeren Gesellschaften zusammengeschlossen. Die Produktion betrug 1937 in der gesamten Welt ca. 81 Millionen t, in Deutschland 12,47 Millionen t. Die Großhandelspreise betrugen 1937 384,— RM pro 101, 1957 ca 850,— DM pro 101. Es wird grundsätzlich frei Empfangsort inkl. Verpackung (mehrfache Papiersäcke) geliefert. Der Neubauwert einer Zementfabrik mit einer Kapazität von 250000 Jahrestonnen und mit eigener Kraftanlage betrug 1937 etwa 60,— RM, für ein Werk ohne eigenes Kraftwerk etwa 50,— RM pro Jahrestonne. Davon entfallen auf Arbeits-und Brennmaschinen . .26% Förderanlagen 17% Elektrische Anlagen 7% Silage 7% Fabrikgebäude 17 % Wohngebäude 2% Mahlplatten und -körper . . . . 2 % Ofenfutter 1% Fabrik-und Platzgelände . . . .11% Magazinbestände 10%.
Ursprünglich kannte man nur den Portlandzement, später kamen die Eisenportland - und Hochofenzemente auf, die allmählich dem Portlandzement gleichwertig wurden. Es ist eine Aufteilung der Verwendung insoweit eingetreten, als der Portlandzement wegen seines helleren, klaren Tones hauptsächlich für Außenflächen verwandt wird, während die dunkleren — allerdings ca. 30,—• DM pro 101 billigeren — EPZ und HOZ bei Bauten eingesetzt werden,
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
275
die härteren Bedingungen in bezug auf Beanspruchung durch Aggressivstoffe (Salzwasser, chemische Gase usw.) ausgesetzt sind. Ebenso ist die Widerstandsfähigkeit gegenüber hohen Temperaturen besser als beim Portlandzement. Alle Zementsorten und -typen sind durch DIN-Yorschriften festgelegt. Eine der charakteristischen Größen für die Zementqualität ist der hydraulische Modul (M). Er gibt das Verhältnis der in der Ausgangsrohstoffmischung vorhandenen Kalkmenge zu den Silikaten an: S i 0 2 + A1 2 O s +
Fe203
Die Norm schreibt einen Wert von M = 1,7 vor. Zur E r z e u g u n g von Zement ist mehr als ein Arbeitsgang nötig. Die Produktion vollzieht sich in mehreren Stufen. Die Bildung von in sich abgeschlossenen Stufen wird durch den Anfall von Zwischenprodukten gekennzeichnet, die auf Zwischenlagern bis zur Weiterverarbeitung im nächsten Arbeitsgang verbleiben. Es ist dabei nicht so, daß die gesamte pro Zeiteinheit und Stufe produzierte Menge von der nächsten im gleichen Zeitraum vollständig aufgebraucht wird. Die Zwischenlager dienen vielmehr als Ausgleich, falls in einer Stufe infolge irgendeines Umstandes die Produktion für eine Zeit gehemmt ist. Gleichzeitig kommt es ebenfalls vor, daß Zwischenprodukte verkauft werden (z. B. Klinker an die Hüttenzementwerke). Als A u s g a n g s s t o f f e für die Herstellung von Portlandzement dienen ausschließlich Bodenschätze, die in Deutschland in fast unbegrenzter Menge vorkommen und im Tagebau abgebaut werden können. Am günstigsten sind die, die Kalkmergel, Kieselsäure und Tonerde gleichzeitig enthalten; im allgemeinen aber werden reine Kalksteine aller geologischen Formationen verarbeitet. Um den notwendigen Silikatgehalt zu erhalten, bedarf es dann eines Zusatzes von Ton. Eine dem Ton ähnliche Zusammensetzung hat auch die Hochofenschlacke, so daß diese ebenfalls zur Zementherstellung herangezogen wird (für HOZ und PEZ). Das Mischungsverhältnis der Rohstoffe richtet sich nach den Analysenwerten der Komponenten. Wird zur Erreichung des vorgeschriebenen Moduls von 1,7 ein Kalkgehalt von 76% CaC0 3 benötigt und besteht der eingesetzte Kalk zu 90% aus CaC0 3 , während der Ton einen Gehalt von 10% CaC0 3 besitzt, so muß die Rohmischung aus 66 Teilen Kalkstein und 14 Teilen Ton bestehen. Für die spätere Qualität des Zementes ist neben der Auswahl und dem Verhältnis der Rohstoffe in besonderem Maße die sorgfältige Aufbereitung der Ausgangsstoffe sehr wichtig, insbesondere die völlig gleichmäßige Mischung aller feinst gemahlenen Komponenten einschließlich der Zuschläge (Kiesabbrände zur Regulierung des Fe 2 0 3 -Gehaltes und Flußspat als Verflüssigungsmittel). Es werden hauptsächlich zwei Verfahren angewandt: das Trockenverfahren und das Dickschlammverfahren. 18*
276
Kalkulation
Ausschlaggebend für die Wahl des Verfahrens sind die Art der Rohstoffbasis, wirtschaftliche Fragen und Qualitätsansprüche. In Deutschland wird überwiegend das Trockenverfahren angewandt. Hierbei werden die Rohstoffe getrennt fein gemahlen, im richtigen Verhältnis zur Mischung aufgegeben und in Silos für Rohmehl eingelagert. Beim Naßverfahren wird das Rohgut ebenfalls vorzerkleinert, der Ton wird getrennt geschlämmt, Rohgutmehl und Tonschlämme kommen gemeinsam in die Naßmühle und werden von hier durch Pumpen in die Schlammsilos befördert. Durch Druckluft findet in den Silos eine ständige Durchmischung statt. Wird das anschließende Brennen der Klinker im Schachtofen durchgeführt, so muß die Kohle zum Heizen des Ofens gleich mit in die Rohstoffe eingemischt werden. Desgleichen ist die Ofenbeschickung nur mit geformtem Material möglich, um ein Zusetzen des Ofens zu verhindern. Zum Zwecke der Formung wird das Brenngut in rasch umlaufenden Trommeln zu Kugeln geeigneter Größe granuliert. In dem Schachtofen kann die Dickschlamm-Mischung nicht eingesetzt werden. Die Klinkererzeugung findet in den meisten Fällen (in den USA zu 100%) in sog. Drehrohröfen statt. Dies sind feuerfest ausgemauerte Rohre aus Stahlblech mit einer Länge bis zu 150 m und einem Durchmesser bis über 4 m. Dieses Rohr dreht sich langsam um seine Achse, so daß das in der höher liegenden Seite aufgegebene Brenngut infolge der Rohrneigung langsam den Ofen durchwandert. Vom tieferen Rohrende aus wird eine Kohlenstaub-, Öl- oder Gasflamme in das Rohr eingeblasen. Wird im Naßverfahren gearbeitet, so ist vor den Drehofen noch ein Schlammtrockner geschaltet. Aus dem Ofen gelangen die Klinker in nußartiger Form (infolge der Drehung) nach der Abkühlung in die Klinker-Vorratsbehälter. Durch feinste Mahlung und Zusatz von 3 % Gips wird dann der Zement gewonnen. Anschließend erfolgt das Packen und Verladen. Hochofenzement und Eisenportlandzement werden aus einer Mischung von 30% Klinker und 70% Hochofenschlacke bzw. 70% Klinker und 30% Hochofenschlacke gewonnen. 3531. Kalkulation der Zementherstellung Die Produktion von Zement ist typisch für ein Massenerzeugnis. Daher kommt für die Kalkulation die für die chemische Industrie spezifische Divisionskalkulation zur Anwendung (der Prozeß des Brennens der Klinker ist ein rein chemischer). Obgleich bei der Zementproduktion, ebenso wie in den meisten Fällen der Chemie, eine stufenförmige Produktion vorliegt, wird in der Zementkalkulation doch eine — von der allgemein in der chemischen Industrie üblichen — abweichende Stufenkalkulation durchgeführt: die Stufenleistungen werden stets auf das Endprodukt bezogen. Zur Kontrolle der Betriebsgebarung der Stufen wird jede Stufe als Rechnungseinheit behandelt, wobei mit Normal kosten gerechnet wird. 1 ) Diese Kalkulationsart ist altbekannt. Sie ist schon 1909 in der Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung, S. 237 ff, von Heinzelmann beschrieben worden.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
277
Im Gegensatz zur Chemie werden in der Zementindustrie alle Zwischenprodukte gelagert, jedoch ausschließlich in einer bestimmten Stufenfolge eingesetzt, oft in einer Menge, die der Produktion der Vorstufe nicht entspricht. Dadurch entstehen Bestandsveränderungen auf den Zwischenlagern. Trotzdem ist jede produzierte Menge einer bestimmten Enderzeugnismenge äquivalent. Es läßt sich genau errechnen, wieviel Zement aus einer bestimmten Vorproduktmenge gewonnen werden kann. Die einzelnen Stufenerzeugnisse können also auf Zement umgerechnet werden. Die Bildung der K o s t e n s t e l l e n entspricht weitgehend dem P r o d u k t i o n s gang: 1. Stufe: Rohmaterialförderung (Steinbruch, Tongrube, Rohmaterialtransport) 2. Stufe: Rohmaterialaufbereitung a) Trockenverfahren 1. Vorbrechen 2. Trocknen, Mahlen, Mischen, Einlagern in Silo b) Naßverfahren 1. Vorbrechen, Tonschlämme 2. Naßmahlen, Einlagern in Schlämmsilo 3. Stufe: Klinkererzeugung a) 1. Kohlenaufbereitung (für Rohrheizung) 2. Brennerei, Einlagern in Silo b) Vortrocknung, Kohlenaufbereitung, Brennerei, Silolagerung 4. Stufe: Zementmahlung 5. Stufe: Packen und Verladen. Die S t u f e n e r z e u g n i s s e sind dabei: Rohmaterial Rohmehlmischung Klinker Zement gepackter Zement
1. 2. 3. 4. 5.
Stufe Stufe Stufe Stufe Stufe.
Die Hilfskostenstellen: 1. 2. 3. 4.
Kraftwerk, Stromverteilung, Reparaturwerkstätten, Allgemeiner Betrieb,
können durch Zuschläge nach geeigneten Schlüsseln auf die fünf Hauptkostenstellen umgelegt werden. In dem unten angeführten Beispiel sind lediglich die Kosten der Kostenstellen „Kraftwerk" und „Stromverteilung" nach direkt gemessener Inanspruchnahme verteilt. Die Kostensumme der fünf Hauptkostenstellen ergibt nach Umlage der Hilfskostenstellen 1 und 2 die Summe der „reinen Herstellkosten". Durch Zuschlag der Kosten der Hilfsbetriebe als „Allgemeine Werkskosten" werden die Herstellkosten ermittelt. Diese in unserem Beispiel durchgeführte Unterteilung der Herstellkosten ist nicht zwingend und findet keine generelle Anwendung in der Zementindustrie. Die Ermittlung der Produktionsmenge der einzelnen Stufenprodukte wird, da die einzigen feststehenden Gewichtsgrößen die jeweiligen Bestandsver-
278
Kalkulation
änderungen der Stufenerzeugnisläger und die Menge des verpackten und verladenen Zementes sind, entgegengesetzt der Produktionsrichtung rechnerisch ermittelt. Bekannte Größen bilden, außer den beiden genannten, die in die Produktion e i n g e s e t z t e n S t o f f e und, aus Erfahrungssätzen gebildet, der S c h w u n d v e r l u s t durch die chemische Reaktion beim Brennen der Klinker. Dieser beträgt ca. 33 1 / 3 % der eingebrachten Rohmenge, das sind 50% der Klinkerausb eute. Ist der Zementversand = Zv, so ist die Zementproduktion (Mz) = Zv ± Bestandsveränderungen an verpacktem Zement (a1). Diese Menge ist gleichzeitig die von der Stufe „Zementmahlung" an die letzte Stufe „Verpacken und Verladen" abgegebene Menge Zementmehl. Dieses Stufenprodukt lagert in den Zementsilos. Die erzeugte Menge differiert von der Abgabe wieder um die Bestandsveränderung vom Lager (a2). Auf das Endprodukt bezogen setzt sich die Produktion von Zementmehl zusammen aus: MZm = Zv i a j ^ a 2 . Die der Kostenstelle (Stufe) „Zementmahlung" von der Vorstufe „Klinkererzeugung" abgegebene Menge weicht um die Zusätze von Gips (I) von der Produktion von Zementmehl (MZm) ab. Die in der „Klinkererzeugung" produzierte Menge unterscheidet sich von der weitergegebenen ebenfalls um die Lagerbestandsveränderungen (a3). Demnach ist die erzeugte Menge Klinker MK = •(Zv ± a i ± ä 2 ) — I ± a 3 . Der Gewichtsverlust in den Brennöfen beträgt M Zm erfahrungsgemäß 50% der erbrachten Klinkermenge. Dies bedeutet, daß die in Stufe „Klinkererzeugung" aus der „Rohmaterialaufbereitung" kommende Menge Rohmehl das 1,5-fache der Klinkerausbeute ist. Aber auch in der Kostenstelle „Rohmaterialaufbereitung" muß man, um die Stufenproduktion zu erhalten, die Bestandsveränderungen (a4) berücksichtigen. Es resultiert dann als erzeugte Rohmehlmenge (MRm) = (MZm — I ± a3). 1,5 ^ a 4 . Infolge von
'
MÜ
'
Bestandsänderungen im Rohmateriallager (as) und durch Zuschläge (II) entstehen ebenfalls Unterschiede zwischen der Produktion der ersten Reaktionsstufe, der Rohmaterialförderung (Mst) und der der Rohmaterialaufbereitung. Bezogen auf sie v e r s a n d t e Menge Z e m e n t als Basis e r g i b t sich die Rohmaterialförderung M s t = (MK • 1,5 ± a 4 ) - II ± a , M Bm M st = (Zv ± a x ± a2) — I ± a 3 • 1,5 ± a 4 — II ± a5. Für die Kalkulation werden dann die Stufenproduktionen in Tonnen Zement, die aus ihnen gewonnen werden können, umgerechnet. Es ist dies mittels einfacher Äquivalenzzahlen durchführbar, die durch Berücksichtigung von Zuschlägen und Brennverlusten bei den einzelnen Stufen leicht ermittelt werden. Nachdem die Umrechnung der Stufenleistungen auf t Fertigprodukt
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
279
erfolgt ist, lassen sich die stufenweisen Einzelkosten jeweils auf 10 t Zement beziehen: Stufenleistung
10
Durch Addition der Einzelkosten jeder einzelnen J
Kostenstelle lassen sich a) die Stufenkosten für die g e s a m t e Produktion, b) die k u m u l a t i v bis zum jeweiligen Z w i s c h e n p r o d u k t angefallenen und c) die S t u f e n k o s t e n / 1 0 t Zement ermitteln. Sind für Vergleiche die Herstellkosten der einzelnen Stufenprodukte selbst von Interesse, so lassen sich diese ebenfalls aus den auf Zement bezogenen Herstellkosten leicht mittels Umrechnungsfaktoren feststellen. Die Ermittlung der Faktoren beruht in beiden Fällen auf der Berücksichtigung der Gewichtsdifferenzen zwischen den einzelnen Stufen durch Zuschläge und Brenn Verluste. Zwischenlagerbestandsdifferenzen werden bei den Herstellkosten berücksicht i g t : sie werden zu den Stufenkosten entweder zu- oder abgesetzt. Zementerzeugung, B e s t a n d und V e r ä n d e r u n g e n auf den Z w i s c h e n l a g e r n Rohmaterial Anfangsbestand Endbestand Bestandsveränderungen . . . . Abgabe an nächste Produktionsstufe Zuschläge Kiesabbrand Gips Flußspat Verflüssigungsmittel . . . . Produktion
RohmehlKlinker mischung
2 524
2 900 5250 — 2524 + 2 350
•—•
30193
28 000
27 669
gepackter Zement
3350 2 600 — 750
7 000 4000 — 3000
1500 2000 500 +
19750
24000
23 500
55 40 62 30350
Zement
1250 19000
21000
24000
Die Umrechnung der Stufenprodukte in „Mengen Fertigprodukt" Produktion von gepacktem ZeZement Aus dem Zementlager entnommene Menge Zement Produktion von gemahlenem Zement. Aus dem Klinkerlager entnommene Menge Klinker Produktion erbrannter Klinker Aus dem Rohmehllager entnommene Menge Produktion von Rohmehlmischung Aus dem Rohmateriallager entnommene Menge
24000 = 1 24 000
21000 19750
l,0632(Differenz infolge des Gips' Zusatzes)
19000 = 0,6786 (Differenz infolge Brenn28000 schwund) =
30350
, ._.„ . . . , „ = 1,0052 (Differenz infolge der Zu30193 schlage von Flußspat usw.)
Kalkulation
280
Umrechnungsfaktor für Zement = 1 =1 „ Klinker = 1 X 1,0632 = 1,0632 „ Rohmehl = 1 X 1,0632 X 0,6786 = 0,7215 ,, Rohmat. = 1 X 1,0632 X 0,6786 X 1,0052 = 0,7252 Mittels dieser Äquivalenzziffern können die effektiven Werte der Stufenproduktionen in Mengen Fertigprodukt umgerechnet werden. Es ergibt sich für die Produktionsstufen: 1. Stufe = Rohmaterialgewinnung Faktor 0,7252 2. Stufe = Rohmaterialaufbereitung Vorbrecherei ,, 0,7252 3. Stufe = Trocknerei und Rohmühle ,, 0,7215 4. Stufe = Klinkererzeugung ,, 1,0632 5. Stufe = Zementmahlung „ 1,0000 Auf t Fertigprodukt umgerechnete Mengen (vgl. S. 279) Roh- Rohmehlmaterial mischung Klinker Bestandsveränderungen Abgabe an Produkt Produktion
. . . . — 1830 + 1696 21896 20202 20066 21898
— 797 20998 20201
Zement — 3 000 24000 21000
gepackter Zement +
500 23500 24000
Zementkalkulation 1. S t u f e : Rohmaterialgewinnung Gesamtwert Betriebslöhne . . Reparaturen . . . Gehälter . . . . Stromkosten . . . Sprengstoff . . . Schmiermittel . . Treibstoffe . . . Reparaturmaterial E r z e u g u n g an Rohmaterial .
10200 h 1200 h 26500 kWh
20066 t
20400 2 400 1100 1100 3 800 300 400 1520
Stufenkosten
Anteil f. Stufenkosten lOtZem. pro 101 Zern. 10,17 1,20
31020
—,55 —,55 1,89 —,15
15,47
— 20
— 76
31020
15,47
2. S t u f e : Rohaufbereitung, Vorbrecherei Gesamtwert Betriebslöhne Gehälter Stromkosten Schmiermittel Reparaturmaterial
2400 h 29500 kWh . . .
E r z e u g u n g an R o h m a t e r i a l . . . . 20066 t Abgabe an Trocknerei und Rohmühle 21896 t Lagerbestandsveränderungen ./.l 830 t
4800 420 1184 100 781 38305 41821 3495
Stufenkosten
7 285
Anteil f. Stufenkosten 10t Zern. pro 10 t Zern 2,39 —,21 —,59 —,05 —,39 19,10
3,63
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
281
3. S t u f e : Trocknerei und Rohmühle Gesamtwert V e r b r a u c h an R o h material . . . . Betriebslöhne . . Gehälter . . . . Reparaturlöhne Stromkosten . . . Mahlkörper . . . Reparaturmaterial Schmiermittel . . Zuschläge Kiesabbrände Flußspat. . . . Verfl.-Mittel . . E r z e u g u n g an R o h mehl Abgabe an Klinkerbrennerei Differenz
21896 t 3200 h 900 h 500000 kWh 12 900 kg
41821 6400 400 1800 20075 7100 5600 350
55 t 40 t 62 t
520 1650 565
21898 t
86281
20202 t + 1696 t
79596
Stufenkosten
Anteil f. Stufenkosten 10t Zern. pro 10 t Zern. 19,10 2,92
44460
—
18
—
82
9,17 3,24 2,56
^0.30
—,16
—,24 — 75 —
26
39,40
6682
4. S t u f e : Klinkerbrennerei Gesamtwert a) Kohleaufbereitung V e r b r a u c h an R o h material Betriebslöhne . . . . Reparaturlöhne . . . Stromkosten Kohle zur Trocknung . Mahlplatten Schmiermittel . . . . Reparaturmaterial . . b) Brennerei Betriebslöhne . . . . Reparaturlöhne . . . Gehälter Stromkosten Feuerfeste Stoffe . . . Schmiermittel . . . . Reparaturmaterial . . Brennkohle E r z e u g u n g an Klinkern . . . . Abgabe an Zementmahlung Vorratsdifferenz . . .
20202 3000 220 112000 48 250
t h h kWh t kg
4500 h 2000 h
Stufenkosten
79596
39,40 2.97
6000
440 4818 2400 500 500 975
—,22
15633
2,39 1,18
— 25 — 25 —,48
5000 t
206000
4,46 1.98 — 27 6,57 5,35 —,45 2,49 101,98
20201 t
344797
170,69
20998 t — 797 t
358414 13603
331000 kWh 43900 kg
9000 4000 550 13290
Anteil f. Stufenkosten 10tZern. pro lOtZem.
10800
900 5025
249565
123,55
282
Kalkulation
5. S t u f e : Zementmahlung Gesamtwert V e r b r a u c h an Klinker Betriebslöhne Reparaturlöhne . Gehälter . . . Stromkosten . . Mahlkörper Mahlplatten . . Schmiermittel . . Reparaturmatenai . Zusätze: Gips . . E r z e u g u n g an Zement Abgabe an Packen und Verladen Vorratsdifferenz . . .
358414 3 800 . 1800 550 460000 kWh 18469 12000 kg 5 800 3400 kg 3200 . 350 . 4 000 1250 kg 9 600
Stufenkosten
20998 t 1900 h 1900 h
21000 t
406483
24000 t . —3 000 t
464568 58071
• 48 069
Anteil f. Stufenkosten lOtZem. pro 10 t Zeni. 170,69 1,81 —,86 —,26 8,79 2,76 1,52 —,17 2,14 4,57
22,88
193,57
6. S t u f e : Packen und Verladen Gesamtwert V e r b r a u c h an Zement Betriebslöhne Reparaturlöhne . . . . Gehälter Stromkosten Kohle Schmiermittel Reparaturmaterial . . .
24000 t 5 400 h 900 h 25000 kWh 4t
E r z e u g u n g an gep a c k t e m Z e m e n t . . 24000 t Versand 23500 t Vorratsdifferenz + 500 t
464568 10800 1800 1250 1003 200 150 4733 484504 474394 10110
Stufen kosten
• 19936
Anteil f. Stufenkosten 10tZern. pro lOtZem. 193,57 4,50 -75 -,52 — 42 — 08 —,06 1,97
• 8,30
201,87
354. Kalkulation in der Kleinmetallindustrie1) 3540. Besonderheiten In der Kleinmetallindustrie sind so ziemlich alle Schwierigkeiten vereinigt, die sich einer Kalkulation entgegenstellen können. Und das bei einer Produktion, bei der es sich um Pfennigartikel handelt: die große Erzeugnisbreite (hohe Anzahl von Kostenträgern), vielerlei Materialien mit stark schwankenden Preisen, hohe Anzahl von Kostenstellen; hinzu kommt die Notwendigkeit einer ') In Anlehnung an einen Vortrag von J. Lein in der Technischen Akademie (Wuppertal). Die 3 Tabellen stammen gleichfalls von Lein.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
283
besonderen Kalkulation der Werkzeugkosten und der verschiedenen Oberflächenbehandlungen; ferner Notwendigkeit ständig tagrichtiger Selbstkosten aus den Marktbedürfnissen heraus. Hieraus folgt, daß alle nur möglichen Vereinfachungs- und Erleichterungsmöglichkeiten benutzt werden müssen, die die verschiedenen Kalkulationsformen bieten. a) Hohe A n z a h l von K o s t e n t r ä g e r n Im Verhältnis z. B. zur Maschinenindustrie ist die Zahl der produzierten Artikel außerordentlich groß, etwa 3000 Grundformen in verschiedenen Größen, davon etwa die Hälfte, also 1500, in zwei verschiedenen Grundmaterialien, was schon 4500 Artikel ergibt. Sämtliche Artikel erhalten 2—3 verschiedene Oberflächenbehandlungen, was 9000—13500 verschiedene Artikel ergibt. Jeder dieser Artikel verlangt eine besondere Behandlung; jede muß in der Kalkulation festgehalten werden und die Kalkulation muß stets tagfertig sein. So wird die E r z e u g n i s b r e i t e das K e r n p r o b l e m der K a l k u l a t i o n in der K l e i n m e t a l l i n d u s t r i e . Dieses „Massen"problem ist nur durch Bildung von Artikelgruppen zu lösen. Aber schon bei 20 Gruppen verliert man leicht den Überblick. Die Bildung von Gruppen bedeutet immer ein ernstes Problem. Hier ist es besonders schwierig, weil es keinen vorherrschenden Gesichtspunkt gibt, nach dem die Bildung der Gruppen vorgenommen werden könnte. Zwei Gesichtspunkte bieten sich vor allem an: gleiche Verbrauchergruppe und gleiche Fertigungsverfahren. Die dadurch entstehenden Gruppen müssen aber ungefähr gleiches Gewicht haben und dürfen nicht zu willkürlichen Gruppierungen führen. Im allgemeinen gewinnt in der Kleinmetallindustrie der Gesichtspunkt gleicher Verbrauchergruppen das Übergewicht. Nach ihm wird daher im allgemeinen die Gruppierung der vielen Artikel vorgenommen. b) Große A n z a h l von K o s t e n s t e l l e n Sie ergibt sich aus der großen Anzahl sehr verschiedener M a s c h i n e n , von der Handpresse bis zum komplizierten Vollautomaten, die zu einem guten Teil Einzweckmaschinen sind. Kostenstellen ergeben sich gleichfalls aus den verschiedenen Arten der Oberflächenbehandlung. c) W e r k z e u g k o s t e n Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Notwendigkeit der besonderen Kalkulation von Werkzeugkosten. Die Werkzeugkosten bestimmen geradezu die Kosten des Artikels, wobei es von der Losgröße abhängt, welches Verfahren und welches Werkzeug gewählt wird, wodurch eine weitere Variabilität entsteht. Zwar sind Werkzeugkosten Gemeinkosten der Fertigung und finden im Gemeinkostenzuschlag ihre Deckung, da sie aber entscheidend sind für die Höhe der Kosten, sie zudem abhängen von der Größe des Loses, müssen sie besonders kalkuliert werden. Ihr Gewicht ist um so größer, je geringer die Fertigungskosten des Artikels und je teurer das Werkzeug bei einer gegebenen
Kalkulation
284
Losgröße ist: ein Werkzeug von mehreren Hundert Mark muß durch einen Pfennigartikel hereingebracht werden. Der Zusammenhang zwischen Werkzeugkosten und Artikelkosten ist hier klar in dem folgenden Beispiel gegeben (Abb. 12). Der Betrieb steht hier vor der Frage, ob er einen neuen Artikel aufnehmen soll. Beim Verfahren A entstehen 1000,— DM Werkzeugkosten und 4,— DM Z u s a m m e n h a n g zwischen W e r k z e u g k o s t e n und A r t i k e l k o s t e n Rationelle Fertigung Verfahren A
Unrationelle Fertigung Verfahren B
Kosten der Werkzeugeinrichtungen . . .
DM 1000,—
DM 250,—
Selbstkosten per 1 ml des Artikels „ X " . .
DM
4—
DM
Verkaufspreis per 1 ml des Artikels „ X " . .
DM
5,—
DM 10 —
Nach welcher Menge sind die Werkzeugkosten amortisiert ? Fall 1 Kundenauftrag Kunde bezahlt Werkzeug
1000:1 = 1000 ml
8,—
125 : 2 = 125 ml
Angefragte Menge in ml 50
100
500
50
100
500
. . .
1250,—
1500,—
3500,—
750,—
1250,—
5250,—
b) Preis per ml . . .
25 —
15,—
'>—
15,—
12,5
10,5
a) Gesamtpreis
Fall 2 Standardartikel Hersteller trägt die Werkzeugkosten . .
Zu erwartende Menge in Mille im Jahr 100
500
. . . .
500,—
2500 —
Werkzeugkosten . .
1000,—
Artikelkosten . . .
Umsatzertrag
Gesamtkosten + Gewinn — Verlust
. . . .
1000
100
500
1000
5000,—
1000,—
5000,—
10000,—
1000 ,—
1000,—
250,—
250 ,—
250,—
400,—
2000,—
4000,—
800,—
4000 ,—
8000,—
1400,—
3000,—
5000,—
1050,—
4250,—
8250,—
— 900,— — 500 —
± o,— — 50,— + 750 — + 1750,—
Abb. 12
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
285
Selbstkosten je 1000 Stück. Das Verfahren B ergibt 250,—DM Werkzeugkosten und 8,— DM Selbstkosten je 1000 Stück. Die Preise sollen 5,— DM bzw. 10,— DM betragen. Entscheidend ist nun, welche Mengen hergestellt werden müssen, um die Werkzeugkosten möglichst schnell zu amortisieren. Das angeführte Beispiel zeigt, daß bei der Menge von 50000 Stück beim Verfahren A der Preis 25,— DM, beim Verfahren B 15,— DM wäre. Aber bei 500000 Stück beträgt im ersten Falle der Preis 7,— DM, im zweiten Falle 10,50 DM. Im Fall 2, der gleichfalls dem Beispiel zu entnehmen ist, ist das Ergebnis ein anderes, ein Beweis dafür, wie wichtig es ist, die Werkzeugkosten besonders zu kalkulieren und die Art des Werkzeuges der zu produzierenden Menge anzupassen. d) O b e r f l ä c h e n b e h a n d l u n g In der Kleinmetallindustrie erhalten die Oberflächen der meisten Erzeugnisse eine verschiedene Behandlung, die alle verschiedene Fertigungskosten verursachen. Bezogen werden die Kosten der Oberflächenbehandlung auf einen m 2 . In der Betriebsabrechnung ist daraufhin der monatliche Durchlauf an Oberfläche festzustellen. Dazu muß die Oberfläche eines jeden Artikels auf den Abrechnungsformularen der einzelnen Kostenstellen vermerkt sein. Hieraus ergeben sich dann die monatlichen m 2 -Zahlen. Die Arbeiten für die Oberflächenbehandlung gliedern sich in Rollen, Waschen, Beizen und Trocknen. Hinzu kommen die Arbeitsgänge Vernickeln und Zaponieren. In dem Kalkulationsbeispiel (Abb. 14, S. 288) ergeben sich für Rollen 0,40 DM, für Waschen 0,25 DM, für Beizen 1,20 DM, für Trocknen 0,40 DM. Die Multiplikation mit 1,1 m 2 ergibt die Fertigungskosten für die verschiedenen Oberflächenarbeitsgänge. Um die Kalkulation einfacher zu gestalten, werden häufig die verschiedenen Arbeitsgänge bei der Oberflächenbehandlung kalkulatorisch zusammengefaßt. Nur die Reinigung muß wegen ihrer höheren Kosten stets gesondert behandelt werden. Da jede einzelne Art der Oberflächenbehandlung andere Fertigungskosten verursacht, muß oder müßte für jede Behandlung eine n e u e Kalkulation aufgemacht werden. Da dies aber zu weit führen würde, wird nur e i n e Oberflächenbehandlung kalkuliert und die übrigen im Anhängeverfahren erfaßt. Hierzu wird in einer einmaligen Rechnung festgestellt, wie hoch sich die Änderung von 1,—-DM Fertigungskosten im Richtpreis auswirkt. Diese Kalkulation, die uns bereits aus dem Anhängeverfahren 1 ) bekannt ist, ist außerdem auch in der Abb. 14 zu ersehen. In diesem Beispiel erhalten wir einen Richtpreis von 1,79 DM für 1,— DM Fertigungskosten. Dieser Faktor gilt für sämtliche Artikel, solange die angewandten Normalzuschläge bleiben. Um nun zu errechnen, wieviel das V e r n i c k e l n von einem m 2 Oberfläche im Richtpreis kostet, wird der Fertigungssatz je m 2 , hier 3,50 DM, mit dem Vgl, S. 123 ff.
Kalkulation
286
Faktor 1,79 multipliziert. Hieraus ergibt sich der Richtpreis für das Vernickeln von 6,27 DM je m 2 . Das gleiche Verfahren wird bei anderen Oberflächenbehandlungen, etwa dem Z a p o n i e r e n (Überziehen des blanken Messings mit einer durchsichtigen Lackschicht) angewandt, was Fertigungskosten von 2 , — DM je m 2 ergibt, wiederum multipliziert mit 1,79 ergibt 3,58 DM je m 2 als Richtpreis. Um die wirklichen Kosten der Oberflächenbehandlung zu ermitteln, müssen die Richtpreise mit der wirklichen m2-Zahl multipliziert werden. Da in unserem Falle die m 2 -Zahl 1,01 ist, ergeben sich (durch Multiplikation mit 1,01) die Preise: für Vernickeln mit 6,33 DM, für Zaponieren mit 3,62 DM .Werden diese Kosten den bisher aufgelaufenen Fertigungskosten für Messing blank hinzugezählt, ergibt sich für vernickelte Gurtschieber ein Selbstkostenpreis von 144,45 DM und für einen zaponierten von 141,74 DM. Dieses Verfahren ist relativ genau, und der Vorteil ist außerordentlich groß. Von drei Kalkulationen war tatsächlich nur eine zu machen. Bezogen auf sämtliche Artikel mit mehreren verschiedenen Oberflächen zeigt dies besonders deutlich die Arbeitsersparnis. 3541. Die Durchführung der Kalkulation a) F e r t i g u n g s s t a m m k a r t e a l s
Kalkulationsgrundlage:
Zur Durchführung der Kalkulation wird eine Fertigungsstammkarte (Abb. 13) benutzt. Rechts oben befindet sich eine Skizze des Artikels, hier eines Gurtschiebers (Schnalle). Der Gurtschieber wird auf einer Exzenterpresse aus endlosem Band ausgeschnitten, das Werkzeug stanzt die beiden Vierkantlöcher und die äußere Form des Schiebers, zum Abrunden der Kanten folgt ein Prägevorgang. Links auf der Stammkarte sind alle technischen Daten angegeben: Artikelbezeichnung, Artikelnummer, Werkstoff usw. Die Bezeichnung „2 Stück im Streifen" besagt, daß bei jedem Hub 2 Schieber ausgeschnitten werden (bei einem billigeren Werkzeug würde jeweils nur ein Stück ausgestanzt werden, wobei sich der Schneidelohn verdoppeln würde). Das Einsatzgewicht beträgt 33 kg je 1000 Stück, das Fertiggewicht 16 kg. Die Oberfläche beträgt 1,01 m 2 . Die übrigen Daten auf der Stammkarte geben die Art der Maschine und ihre richtige Einstellung an. In der unteren Hälfte der Abb. 13 werden die einzelnen Arbeitsgänge angeführt: 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Schneiden auf der Exzenterpresse; Rollen in Sägespänen zum Entfernen von Graten und Öl; Prägen zum Abrunden der Kanten; nochmals Rollen; Waschen; Beizen (um eine glänzende Gelbmessing-Oberfläche zu erhalten).
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen Zeichnungs-Nr. 566/25.1
Auftrags-Nr.
Fertigungsstammkarte Menge
Artikel Gurtschieber
Artikel-Nr. 566/25 mm
Werkstoff Ms 63 F 35
Abmessung 78 x 3 mm
Stück im Str. 2
Einsatzgewicht 33,— kg/ml
Fertiggewicht 16,— kg/ml
Oberfläche 1,01 m2/ml
Kostenstelle 12
Maschinentype Schwere Presse
Hubhöhe 30 mm
Druck 40 t
Hübe/Min. 50
Vorschub/Hub 33 mm
Lfd. Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Arbeitsgang schneiden . . rollen . . . . prägen . . . rollen . . . . waschen. . . beizen . . . (vernickeln) . trocknen . . (zaponieren) . farbloser Lack verpacken . .
K a l k u l a t i o n der
•430-
8
% T "
Schnitt A — B
M 1 :1
Faktor
Faktor
Werkzeug
Rüstzeit
12 31 21 31 32 33 34 31 35
566/25/1
0,50
41
566/25/3
8 *
J _
Kostenstellen
—
287
M
Stückzeit lOOOStck. 0,20
1,40
—
0,25
F
—
—
0,80
1,40
M
F
1,25 —
—,95
—
—
—
—
—
—
—
—
—
— .
—
—
—
—
— •
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
0,10
—,90
—
0,25
—,90
42,— DM 2,10 DM =
44,10 DM
Werkzeugeinrichtungen
I. M a t e r i a l k o s t e n
. . Fertigungsmaterial . . . + Mat. Gemeinkosten 5%
II. F e r t i g u n g s k o s t e n .
Fert. h. 310h x 1,70 . . 527,— + Fert.-Gem.-Kost. 50% 263,50 DM = 790,50 DM
III. HerRtellkosten
834,60 DM Abb. 13
V o n hier ab teilen sich die Arbeitsgänge je nach der gewünschten Oberflächenbehandlung, ob sie vernickelt oder zaponiert werden sollen. I m rechten Teil der K a r t e gibt die Arbeitsvorbereitung die Vorgabezeiten und die Lohnfaktoren an. b) D a s
Kalkulationsschema:
Das Kalkulationsschema ist aus A b b . 14 zu ersehen. Es handelt sich hier um eine Vorkalkulation. Die Menge beträgt 1000 Stück aus einer Partie v o n 10000 Stück. Diese A n g a b e wird benötigt, weil die Rüstzeiten j e Einheit von der Größe des Auftrages abhängig sind.
288
Kalkulation
Abmessung 78x3
Werkstoff Ms 63 F 35
Artikel: 566/25 Gurtschieber
Datum: 15. 3. 53
V o r - Kalkulation
Einsatzgewicht 33 kg/ml
Kalkulierte Menge : 1 ml von 10 ml
Fertiggewicht 16 kg/ml
Oberfläche 1,01 m 2 /ml
Fertigungsmaterial 3,90 kg + 5 % Material-Gem.Ko.
1. schneiden Gem.Ko. 2. rollen 3. prägen Gem.Ko. 4. rollen 5. waschen 6. beizen 8. trocknen 9. verpacken Gem.Ko.
+ 350% 0,40 m 2 + 150% 0,40 m 2 0,25 m 2 1,20 m 2 0,40 m 2 + 100%
II. Fertigungskosten
6,56
4% 3% 138,12
V. a) Richtpreis Messing gelb V. b) Richtpreis Messing vernick.
+6,33
144,45
V. c) Richtpreis Messing zapon.
+3,62
141,74
Abb. 14
Ivf. S K
34,21
Basis: Herstellkosten E Ms 63 I. MK 26,45 102,74 II. F K 5,36 6,56 III. HK 31,81 1 5 % V + V a H K 4,77
109,30 16,40
IV. S K
125,70
36,58
1,67 0,07 0,05 1,79
Vernickeln p. m FK = 3,50 S K = 3 , 5 0 x 1 , 7 9 = 6,27 Zaponieren p. m 2 FK = 2,— S K = 2 , 0 0 x 1 , 7 9 = 3,58 2
A n h ä n g e v e r f a h r e n für Materialpreisänderg. 1 , — DM Preiserhöhung ergibt bei 5 0 % Schrott: FM 1,— +MGK5% 0,05
Kalk.-Gewinn 1 5 % a. S . K .
31,80
1,45 0,22
B.
IV. Selbstkosten
V + V 45 % F K 2,41
IV. S K + Gewinn 1 5 %
A.
0,32 1,12 0,40 0,80 1,20 0,40 0,25 1,21 0,40 0,23 0,23
I I I . llerstellkosten Verwalt.Gem.Ko.+ 1 5 % a. F . K . Vertriebsgem.Ko. + 3 0 % a. F . K .
I I I . HK
1,— 0,15 0,30
V. R P
I. Materialkosten
Gleicher Gurtschieber aus Eisen: I. MK 26,45 II. F K 5,35
II. F K +Verw.GK. 15% +Vertr.GK. 30%
+ Umsatz-St. 4 % +Vertr.Prov. 3%
./. Schrott 1,90 kg
Umsatzsteuer Vertreterprov.
Anhängeverfahren fur diverse Oberflächen:
./'. Schrott
1,05 0,50
IV. S K +Gew. 15%
0,55 0,08
+ Ums.St. 4 % +Vertr.Prov. 3%
0,63 0,03 0,02
RP
0,68
Ms-Grundpreis steigt um 0,80 auf 4,70: 0,80x0,68 = 0,54,4 33,— X0.544 = 17,95 Alter R P + Aufschlag
138,12 17,95
Neuer R P
156,07
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
289
c) M a t e r i a l v e r r e c h n u n g s w e r t e : In der Kleinmetallindustrie werden — außer Eisen — die verschiedensten Metalle: Kupfer,Messing, Bronze,Zink, verarbeitet, und zwar in verschiedenen Qualitäten. Hinzu kommen noch die Aufschläge für die verschiedenen Dimensionen. Alle Materialien werden zu V e r r e c h n u n g s p r e i s e n bewertet; damit der Kalkulator die Verrechnungspreise jederzeit greifbar hat, werden sie in Tabellen zusammengestellt, so daß sie jederzeit schnell eingesehen werden können. Eine Minderung des Materialaufwandes ergibt sich aus dem Schrott. d) F e r t i g u n g s k o s t e n : Sie setzen sich aus Rüstzeit und Stückzeit zusammen. Die Rüstzeit beträgt in unserem Beispiel 0,5 Std.; bei einer Partie von 10000 Stück ergibt sich für 1000 Stück eine Rüstzeit von 0,5 Std. X Lohn = 0,07 DM. Die Stückzeit ergibt für 1000 Stück 0,25 DM, insgesamt mit dem Einrichterlohn 0,32 DM. Alle übrigen Arbeitsgänge werden in derselben Weise berechnet; es ergeben sich Fertigungskosten von 6,56 DM. e) K a l k u l a t i o n der O b e r f l ä c h e n b e h a n d l u n g : Die Kosten für die O b e r f l ä c h e n b e h a n d l u n g : Vernickeln oder Zaponieren ergeben sich aus der Anhängekalkulation (Abb. 14). Vernickeln würde in unserem Falle 6,33 DM, Zaponieren 3,62 DM kosten. Materialkosten 102,74 DM (s. Abb. 14) -f Fertigungskosten 6,56 DM ergeben Herstellkosten in Höhe von 109,30 DM. f) V e r w a l t u n g s - u n d V e r t r i e b s k o s t e n : Hier entsteht immer die Zweifelsfrage, ob die Zuschlagsbasis die Herstellkosten oder die Fertigungskosten sein sollen. Enthalten die Herstellkosten einen großen Anteil von Materialkosten und schwanken die Preise für Material sehr stark (beides trifft in unserem Falle zu), dann bilden die F e r t i g u n g s k o s t e n die bessere Zuschlagsgrundlage. Auch in unserem Beispiel sind die Fertigungskosten als Zuschlagsgrundlage gewählt worden, so daß sich S e l b s t k o s t e n von 129,09 DM ergeben und ein Richtpreis für Messing-Gelb von 138,12 DM. Hinzu kommen noch die Kosten für die Oberflächenbehandlung: Vernickeln 6,33 DM, Zaponieren 3,62 DM, so daß sich Richtpreise von 144,45 DM (vernickelt) und 141,74 DM (zaponiert) ergeben. Mit der Errechnung der Selbstkosten ist die Kalkulation an sich beendet, nun aber kommen die Maßnahmen der Preispolitik hinzu, durch die sich der Betrieb an den erzielbaren Marktpreis heranfühlen muß, was bei neuen Artikeln besonders schwierig ist. g) A n h ä n g e v e r f a h r e n f ü r die M a t e r i a l p r e i s ä n d e r u n g e n : Ebenso wie die verschiedene Oberflächenbehandlung, werden auch die schwankenden Metallpreise im Einkauf durch das Anhängeverfahren gelöst. Nur dieses Verfahren ermöglicht es, sehr schnell die Preisänderungen in die Kalkulation einzufügen und damit jederzeit in der Lage zu sein, Angebotspreise abgeben zu können. Im Kalkulationsbeispiel Abb. 14 ist ein solches Anhänge verfahren bei Materialpreisänderungen durchgeführt. M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
10
290
Kalkulation
Nachdem festgestellt worden ist, daß der Schrottanfall 50% beträgt, folgt wieder die einmalige Vorrechnung, mit der festgestellt werden soll, wie stark sich eine Materialpreisveränderung von 1,— DM im Richtpreis auswirkt. Da der Schrottwert bei Metallen im Normalfall die gleiche Preisänderung erfahren wird wie das Metall selbst, muß vom Einsatzgewicht zunächst der Schrottanfall abgezogen werden. Bei einer Materialpreisänderung von 1,— DM ergibt sich dann als Richtpreis 0,68 DM. Wenn z. B. der Messinggrundpreis um 0,80 DM je kg gestiegen ist, so wären bei der Schnalle statt 3,90 DM je kg nun 4,70 DM anzusetzen. Je kg Einsatz steigt der Richtpreis also um 0,80 X 0,68= —,544 DM. Jetzt braucht nur jede Messingkalkulation mit 0,544 multipliziert zu werden, um den Aufschlag für jeden Artikel zu erhalten. In diesem Falle, also bei einer Preiserhöhung um 0,80 DM je kg, ergäbe sich jetzt ein Kostenpreis von 156,07 DM, das ist der alte Preis von 138,12 DM + Materialpreisaufschlag von 17,95 DM = 156,07 DM. h) Die R e i h e n k a l k u l a t i o n : Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf die Kalkulation eines einzelnen Artikels. Für die Kleinmetallindustrie ist es aber typisch, daß ganze R e i h e n , meist von verschiedenen Größen, produziert werden, die nun alle einzeln nachzukalkulieren wären. Hier ist eine Erleichterung dadurch möglich, daß an Stelle der bisherigen einzelnen Kalkulationen diese jetzt mit ihren Gewichten und Kosten gemeinsam kalkuliert werden, was auf der Grundlage von Durchschnittswerten erfolgen kann. Wenn die Zahl der Größen noch höher ist, was z. B. bei Schrauben, Muttern, Nieten, Unterlegscheiben der Fall ist, wo die Zahl der Größen, Längen und Materialstärken bis in die Hunderte gehen, ist man gezwungen, zu weiteren Vereinfachungen zu schreiten, wofür die gegebene Form die t a b e l l a r i s c h e Kalkulation ist, die allein diesen vielen Verschiedenheiten gerecht werden kann. Auf einem Kalkulationsbogen werden im Kopf Artikel und Material vermerkt, also z. B.: rohe Sechskant-Schrauben in Eisen, dazu die verschiedenen Gewindearten und dazugehörigen Längen. In die beiden nächsten Spalten kommen Einsatzgewicht und Fertiggewicht. In der nächsten Spalte wird das Einsatzmaterial in DM umgerechnet, hinzu kommen die Materialgemeinkosten. Dann folgen die einzelnen Fertigungsgänge mit den verschiedenen Gemeinkosten. Durch Addition ergeben sich die Fertigungskosten und weiter bis zu den Selbstkosten und bis zum Richtpreis. Damit wäre eine Standardkalkulation gegeben. Wenn nun eine Materialpreisänderung geschieht, etwa von 10%, so braucht die ganze Zahlenreihe nur um 10% erhöht durchgerechnet zu werden und die Kalkulation steht wieder tagfertig da. Hierbei müssen selbstverständlich auch die Anhängeverfahren für die Oberflächenbehandlung benutzt werden. Auf diese Art und Weise ist es möglich, selbst bei einer so schwierigen Kalkulation wie in der Kleinmetallindustrie, zu sehr rationellen und doch sehr wirksamen Verfahren zu kommen.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
291
355. Kalkulation in der Papierindustrie 3550. Vorbemerkung P a p i e r h e r s t e l l u n g ist ein mechanisch-technologischer Prozeß. Faserhaltige G r u n d s t o f f e (Hadernhalbstoff,Zellstoff,Holzschliff) werden (meist im H o l l ä n d e r ) aufgelöst und nach Beigabe von Z u s a t z s t o f f e n (Füllstoffe, Leim, Farbe und Wasser) auf dem Sieb der P a p i e r m a s c h i n e zu Papier verfilzt und dann zwischen Walzen und auf Trockenzylindern entwässert und getrocknet. Der Produktionsprozeß bedingt folgende kostenrelevante Tatsachen: Überwiegen der S t o f f k o s t e n , Rohstoffkosten machen 50% und mehr aus. Die L ö h n e betragen in Großbetrieben mit Massenfertigung keine 10% der Gesamtkosten (im Gegensatz z. B. zur Maschinenindustrie), daher muß die Papierindustrie für die Zurechnung der Gemeinkosten auch andere Zuschlagsgrundlagen (z. B. Maschinenstunde) verwenden. Anders ist es in F e i n p a p i e r f a b r i k e n und gemischten Betrieben mit zahlreichen V e r e d e l u n g s a n l a g e n . Hier ist der Lohnanteil höher, als Zuschlagsgrundlage findet sich vielfach Sortierlohn. Wesentlichen Anteil haben ferner Anlagekosten (Zinsen, Abschreibungen) bedingt durch große technische Einrichtungen. P a p i e r m a s c h i n e n gehören zu den größten von der Technik hervorgebrachten Maschinen. K a l a n d e r (zum Glätten der Papiere), Q u e r s c h n e i d e r (zum Schneiden in Formate), Klebmaschinen, Imprägnieranlagen (zur Veredelung des Papiers) sind ebenfalls teure Maschinen. Ferner sind große K r a f t a n l a g e n notwendig, ferner eine besondere W a s s e r versorgung. Es gibt Papierfabriken, die sehr einfach aufgezogen sind und nur e i n e S o r t e Papier, z. B. Zeitungsdruck, oder nur e i n e n R o h s t o f f , z. B. Holzstoff, herstellen. Nach der Statistik von 1934 waren von insgesamt 767 Firmen 511 reine und nur 256, also r u n d e i n D r i t t e l , g e m i s c h t e B e t r i e b e . Jedoch ü b e r w i e g e n d i e s e i h r e r B e d e u t u n g nach. Für Unternehmen erstgenannter Art genügt D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n , evtl. in der Form der Ä q u i v a l e n z z i f f e r n r e c h n u n g (für Papiersorten, die sich nur in ihrem Grammgewicht je qm unterscheiden, aber nicht in dem Stoff: je größer das Grammgewicht, um so niedriger der kg-Preis) oder in der Form der V e r e d e l u n g s k a l k u l a t i o n für die Weiterverarbeitung. Für g e m i s c h t e B e t r i e b e j e d o c h i s t Z u s c h l a g k a l k u l a t i o n erforderlich. In gemischten Betrieben ergibt sich stets eine Verbundenheit der Produktion; sie kann beruhen: 1. auf Herstellung v e r s c h i e d e n e r S o r t e n (verschieden nicht nur im Grammgewicht, sondern auch in der Stoffzusammensetzung: Anteil von Hadern, Stroh-, Zellstoff und Holzschliff). Hierdurch ergibt sich nicht nur ein Unterschied in Stoffkosten, sondern auch in Maschinenkosten, da die Größe der Maschinen (z. B. Holländer), ferner die Maschinen19*
292
Kalkulation
geschwindigkeit (Papiermaschinen) von der Papierzusammensetzung und damit der Papierfeinheit abhängig ist. Zuschlaggrundlage ist daher auch nicht die Menge, sondern sind Arbeits- bzw. Maschinenstunden. Kostenunterschiede werden ferner durch das Format und die Auflagengröße bedingt; 2. auf V o r s c h a l t u n g v o n R o h s t o f f b e t r i e b e n (Halbzeuganlagen, Holzzellstoff-, Strohstoffabriken, Holzschleifereien) bzw. N a c h s c h a l t u n g von A u s r ü s t u n g s - und V e r e d e l u n g s b e t r i e b e n (Buntpapier, Photographisches Papier, imprägnierte Papiere: z. B. Pergament). 3551. Kalkulationsverfahren B e i s p i e l : Kalkulation von 4000 kg Postpapier, Gewicht 66 g/qm 20 kg/1000 Bogen
Format
46 X 59 cm,
a) Berechnung der H e r s t e l l u n g s m e n g e : Zu diesem Zweck sind zu berücksichtigen: A b f a l l a u f P a p i e r m a s c h i n e (Abspritzen und Beschnitt etwa 2 % + Abriß, Stoffverlust usw. etwa 5 % ) = ca. 7%, dazu A u s s c h u ß in A u s r ü s t u n g s b e t r i e b e n ca. 5%. Der M a t e r i a l v e r l u s t beträgt demnach insgesamt ca. 12%. An den Betrieb sind daher mindestens 4545 kg aufzugeben, zur größeren Sicherheit 4600 kg, um 4000 kg versandfähiges Papier zu erhalten. b) Berechnung des E i n t r a g e s in den Holländer: Fertiges Papier hat 6 % Feuchtigkeit, also 9 4 % feste Bestandteile. Diese setzen sich zusammen aus: Füllstoffen (Asche) Leimmitteln Faserstoffen
etwa 1 0 % etwa 2 % etwa 88%
F ü l l s t o f f e : Der durchschnittliche V e r l u s t auf der Papiermaschine beträgt 55%, der Einsatz für 100 kg daher mindestens 23 kg, rd. 25 kg. L e i m m i t t e l : i y 2 kg Harz und y2 kg Tonerde in 100 kg Papier Verlust Harz 30°/ o , Verlust Tonerde 9 0 % Einsatz Harz daher 2,2, besser 2,5 kg; Einsatz Tonerde 5 kg. F a s e r s t o f f e : Diese sind normalerweise 88 lufttrocken, es sind demnach im vorliegenden Fall einzubringen: 94 88 X — = 94 kg Faserstoffe. 88 Demnach E i n b r i n g u n g i n s g e s a m t 1 0 0 kg 25,0 kg Füllstoffe 2,5 kg Harz 5,0 kg Tonerde 94,0 kg Faserstoffe 126,5 kg
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
293
c) Berechnung der S e l b s t k o s t e n :
Faserstoffe Gesamteinsatz 0,94x4600 = etwa 4300 kg davon: Zellulose A Zellulose B F ü l l s t o f f e und Leimmittel Kaolin C ' Annaline B 1515 Harz 575 1 kg Tonerde Farbe ./. Gutschrift für Abfall für Fangstoff
Gesamteintrag kg lufttr.
DM je 100 kg (Einstandspr.)
Gesamtpreis
2000 2300
38 — 39 —
760,— 897,—
650 500 115 250
4,50 3,50 70,— 10,—
29,25 17,50 80,50 25138,—
5815
1947,25
320 kg 100 kg 20,— 300 kg 100 kg 10,—
64 — 30,—
1. Stoff kosten 2. Fertigung: 20 Papiermaschinenstunden bei 200 kg Stundenleistg. zu je 20 Kalanderstunden zu je 20 Querschneiderstunden zu je Sortieren einschl. Zuschlag Packen
40,— 3,— 2—
./. Gutschrift für 5% Abfall der Fertigstellung 210 kg 20 — 3. Summe Stoff- u. Fertigungskost. Es bleiben 4040 kg 40 kg f. Verl. an 2. u. 3. Wahl •/• 1% = 4000 kg versandfähige Ware Verpackungskosten 2,— für 100 kg Fracht 4,40 für 100 kg 4. Herstellkosten Umsatzsteuer 3/4 % i. H. des Verkaufspreises Provision 4 % i. H. des Verkaufspreises Vertrieb allg. 41/« % i- H. des Verkaufspreises Gewinn 5 % i. H. des Verkaufspreises Insgesamt 14% i. H. r5. Kalkulierter T, „ X Preis: T. • 76,70 • 100 = 89,20 je 100 kg
Je 100 kg verkaufsfertiges Papier DM
48,70
1853,25
46,35
800,— 60,— 40,— 80,— 20,— 2853,25
20,— 1,50 1 — 2,— 0,50 71,35
42 — 2811,25
1,05 70,30
80,— 176,—
2,— 4,40
3067,25
76,70
294
Kalkulation 356. Kalkulation in der Textilindustrie
3560. Die besonderen Probleme der Kalkulation in der Textilindustrie Für die Behandlung kalkulatorischer Fragen steht vor allem die Einteilung der Produktionsweise unter dem Gesichtspunkt der Wiederholung im Vordergrund des Interesses. Auch in der Textilindustrie kommt es auf die Wahl des der Produktion adäquaten Kalkulationsverfahrens an. Von der Produktion aus gesehen bereiten die beiden Grenztypen — reine Massenfertigung und Einzelfertigung — keine Schwierigkeiten: das eine Mal ist es die reine Divisionskalkulation uDd das andere Mal die Zuschlagskalkulation. Schwieriger sind die Zwischentypen: Sorten- und Serien-, Partie- und Chargen- und verbundene Produktion. In den Betrieben der Textilindustrie herrscht die Sorten- und Serienfertigung vor. Reine Massen- oder Einzelfertigung sind selten. Der Sortenfertigung entspricht die Kalkulation mit Äquivalenzziffern und der Serienfertigung die Zuschlagskalkulation. Wieweit es in Betrieben mit Sortenfertigung möglich ist, die einfachere Äquivalenzziffernkalkulation mit einiger Genauigkeit anwenden zu können, hängt von der Anzahl der verschiedenen Sorten und dem Grad ihrer Verwandtschaft ab. Oftmals ist die Anzahl und Verschiedenheit der Sorten so groß, daß sich die Anwendung der Zuschlagskalkulation empfiehlt. Ein Beispiel hierfür sind vor allem Kammgarnspinnereien, die sonst eine ausgesprochene Sortenfertigung haben. Die Unterschiedlichkeit der Sorten liegt entweder im Ausgangsstoff oder im Fertigungsprozeß begründet. Im letzteren Fall lassen sich die anteiligen Materialkosten durch eine Divisionskalkulation ermitteln, während die Zurechnung der anteiligen Fertigungskosten im Wege der Zuschlagskalkulation erfolgt. Diese in der Textilindustrie oft zu findende getrennte kalkulatorische Behandlung von Materialkosten und übrigen Kosten erklärt sich nicht zuletzt aus der großen Bedeutung des Materialkostenanteils. Er beträgt z. B. in Kammgarnspinnereien 65—80% der Gesamtkosten. In Webereien sind es erfahrungsgemäß 40—70%. Unter diesen Umständen ist es nur zu verständlich, wenn in der Kalkulation der Textilbetriebe die richtige Erfassung und Zurechnung des Materialverbrauchs im Vordergrund steht. Sie erfolgt mit der größtmöglichen Genauigkeit. Schwierigkeiten bereiten dabei insbesondere die Preisschwankungen —besonders bei Wolle haben sie eine große Bedeutung —, ferner die bei organischen Rohstoffen stets auftretenden Q u a l i t ä t s s c h w a n k u n g e n und die Bestimmung der Materialverluste. Die ständigen Preisschwankungen machen eine fortwährende Überwachung der Wertansätze notwendig, damit bei zu großem Abstand von den kalkulatorisch richtigen Tageswerten eine sofortige Umwertung erfolgen kann. Diese Notwendigkeit besteht bei der Verwendung gleitender Durchschnittspreise — in der Textilindustrie als Mischpreise bezeichnet — und noch mehr bei der Verwendung von festen Verrechnungspreisen.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
295
Die beste Methode für die Bewertung organischer Rohstoffe, die qualitativen Schwankungen unterliegen, ist die P a r t i e s k o n t r a t i o n , bei der jede Partie für sich bewertet und abgerechnet wird. Wegen der Kompliziertheit der Methode wird sie jedoch in der Praxis nur selten angewandt. Man rechnet vielmehr mit sog. „Blockpreisen"1), die aus einer Durchschnittsbildung von Materiallieferungen mit unterschiedlicher Qualität und verschiedenen Preisen herrühren. Die kalkulatorische Behandlung der Materialverluste und -abfalle muß auf der Grundlage n o r m a l e r Abfall- und Verlustsätze erfolgen. Schwierigkeiten bereitet oftmals der richtige Ansatz von Materialgutschriften aus Abfallerlösen. Im Gegensatz zu der sehr detaillierten Erfassung und Zurechnung der Materialkosten werden die übrigen Kosten meist nicht sorgfältig berechnet. In vielen Betrieben verwendet man recht globale Zuschläge. Eine differenzierende Stellenrechnung ist in der Praxis selten. Entsprechend der Unterschiedlichkeit der einzelnen Sparten der Textilindustrie sind auch die im einzelnen entstehenden kalkulatorischen Probleme sehr verschieden. Für die Darstellung der Kalkulation in der Textilindustrie haben wir die drei Sparten „Spinnerei", „Weberei" und „Maschenwaren industrie" herausgegriffen, wobei innerhalb dieser drei Sparten auch nur bestimmte Fabrikationszweige behandelt werden können. 3561. Die Kalkulation in Kammgarnspinnereien Kammgarnspinnereien sind ein typisches Beispiel für Sortenfertigung: Durch denselben Ausgangsstoff bzw. dieselbe Prozeßfolge weisen die Produkte einmal eine enge Verwandtschaft auf, und zum anderen sind die Sortenunterschiede — im Gegensatz zu Partie- und Chargenleistungen — bewußt herbeigeführt. Es ist deshalb zu untersuchen, wieweit eine Äquivalenzziffernkalkulation möglich ist, oder ob durch die Vielzahl der Sorten und die unterschiedlichen Bearbeitungsprozesse die Anwendung der Zuschlagskalkulation notwendig wird. Diese Frage betrifft jedoch die Verrechnung der Verarbeitungskosten des Materialeinsatzes, den es erst einmal zu ermitteln gilt. a) K a l k u l a t i o n des M a t e r i a l e i n s a t z e s Der eigentliche Spinnprozeß beginnt in der Vorspinnerei. Das Einsatzmaterial ist der „Kammzug". 2 ) Wegen der Unterschiedlichkeit des Materialein satzes hinsichtlich der verwendeten Materialarten, ihrer Mischung und Qualität, besteht die Notwendigkeit, für jedes in die Fertigung gehende Los — in Spinnereien spricht man x ) Der Unterschied zwischen Misch- und Blockpreisen besteht darin, daß beim Mischpreis Waren mit verschiedenen Preisen, aber gleicherQualität der Durchschnittsbildung zugrunde gelegt werden, während beim Blockpreis die Qualität der Waren ebenfalls verschieden sein kann. 2 ) Als Kammzug bezeichnet man die gereinigten und durch Kämmen parallel gerichteten Fasern, aus denen die Garne gesponnen werden.
296
Kalkulation
von „Partie" — die Materialkosten getrennt zu ermitteln. Das Problem liegt dabei in der Bestimmung des Materialverlustes, der auf Schwankungen im Feuchtigkeitsgehalt der verarbeiteten Fasern und den Materialabf allen während des Verarbeitungsprozesses beruht. Er kann theoretisch sehr genau durch Wiegen des Materials vor und nach dem Produktionsprozeß in den einzelnen Fertigungsstellen erfaßt werden. Praktisch begnügt man sich im allgemeinen mit dem Ansatz eines Durchschnittssatzes. Nehmen wir an, es wird mit einem durchschnittlichen Materialverlust von 5% gerechnet, dann ist für die Herstellung von 100 kg Garn ein Kammzug von 100 +
100 X 5
= 105,25 kg 95 notwendig. b) V e r r e c h n u n g der V e r a r b e i t u n g s k o s t e n Die Verrechnung der Verarbeitungskosten auf die Kostenträger — Garne und Zwirne der verschiedenen Stärken — kann entweder nach der Methode der Äquivalenzziffernrechnung oder durch eine Zuschlagskalkulation erfolgen. aa) Ä q u i v a l e n z z i f f e r n r e c h n u n g In Betrieben, die den Verarbeitungsprozeß für die verschiedenen Garnsorten gleichmäßig bis zu einer bestimmten Verarbeitungsstufe durchführen — z.B. überwiegend Garne auf Spulen herstellen —können als Äquivalenzziffern unter Umständen die Garnstärken, ausgedrückt in metrischen Garnnummern (Nm)1), benutzt werden. Dafür ein Beispiel: Die monatliche Produktion einer Spinnerei beträgt 45000 kg, die sich auf folgende Ausspinnungen verteilt. Garnsorte
Leistung in kg
Leistung in 1000 m
10 Nm 16 Nm 40 Nm
20000 10000 15000
200000 160000 600000
45000
960000
|
Die durchschnittliche Feinheit ist somit: 960000:45000 = 21,33 Nm. Die gesamten monatlichen Fertigungskosten betragen 70000,— DM. Für 1 kg der durchschnittlichen Feinheit von 21,33 Nm ergeben sich demnach 70000 DM:45000 kg = 1,56 DM Fertigungskosten/kg. Von diesen Grundfertigungskosten für die durchschnittliche Ausspinnung ausgehend kann jetzt, wie es Dörholt2) beschreibt, durch Zu- und Abschläge Die metrische Garnnummer besagt, wieviel 1000 bzw. 1 m Garn von der betreffenden Garnsorte 1 kg bzw. 1 g wiegen. Hat eine Garnsorte z. B. die Feinheit 32 Nm, so besagt das, daß 32 000 m 1 kg oder 32 m 1 g wiegen. ! ) Dörholt, E., Selbstkostenrechnung und Preispolitik im Kammgarnspinnereigewerbe, Frankfurt (Main) 1932, S. 57.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
297
eine Berichtigung entsprechend der effektiven Ausspinnung vorgenommen werden. Der „Berichtigungssatz bewegt sich zwischen 2 und 6 Pfennigen je Nummer und kg und wird meist innerhalb gewisser Ausspinnungsgrenzen in der Weise gestaffelt, daß etwa ab 20 Nm der doppelte Satz und für weitere Feinheitsgrenzen noch höhere Zuschläge aufgeschlagen werden." Diese Methode ist ziemlich grob und führt zwangsläufig zu nur annähernd richtigen Ergebnissen. Es wäre aber auch wenig sinnvoll, die Gesamtkosten lediglich im Verhältnis der metrischen Garnnummern auf die einzelnen Garnsorten zu verteilen. Das würde z. B. bedeuten, daß die Garnsorte 40 Nm viermal soviel Fertigungskosten zu tragen hätte wie die Garnsorte 10 Nm, was nicht der wirklichen Verursachung entspricht. Tatsächlich steigen zwar die Fertigungskosten mit zunehmender Feinheit, aber nicht proportional zur Feinheit. Ein entscheidender Mangel des eben geschilderten s u m m a r i s c h e n Verfahrens ist aber noch gar nicht genannt worden: Es berücksichtigt nicht die verschiedene Art und Anzahl der Produktionsgänge, die von den einzelnen Produkten durchlaufen werden, sondern belastet sämtliche Produkte kostenmäßig so, als ob sie alle demselben Produktionsprozeß unterworfen wären und die Unterschiede in den anteiligen Fertigungskosten lediglich auf der verschieden feinen Ausspinnung beruhten. Das ist aber nicht der Fall, wenn — wie es normalerweise sein wird — neben den Garnen auf Spulen auch noch gedockte1) Garne und Zwirne hergestellt werden. Während die Garne auf Spulen lediglich die Vorspinnerei und die Feinspinnerei durchlaufen, müssen die gedockten Garne auch noch durch die Weiferei2) und Dockerei gehen. Dieser Umstand wird bei der globalen Kostenverrechnung durch die summarische Äquivalenzziffernrechnung nicht beachtet, so daß die Garne auf Spulen normalerweise mit einem zu hohen und die gedockten Garne mit einem zu niedrigen Anteil der Gesamtfertigungskosten belastet werden. Dieser Mangel läßt sich durch eine d i f f e r e n z i e r e n d e Äquivalenzziffernrechnung vermeiden, bei der die Fertigungskosten nicht global auf die einzelnen Garnsorten, sondern entsprechend den durchlaufenen Fertigungsstellen differenziert verteilt werden. Das setzt eine Kostenstellenrechnung voraus. Die Kostenstellenbildung richtet sich dabei am zweckmäßigsten nach den einzelnen Bearbeitungsprozessen: Vorspinnerei, Feinspinnerei, Facherei, Zwirnerei, Weiferei, und Dockerei. In jeder Kostenstelle müssen für die gefertigten Garnsorten besondere Äquivalenzziffernreihen gebildet werden. Dabei sind die durch Zeitmessungen in den einzelnen Fertigungsstellen ermittelten Verarbeitungszeiten für die verschiedenen Garnsorten eine gute Grundlage für die Bestimmung der Äquivalenzziffern. Wie dann Im Gegensatz zu den Garnen auf Spulen kann das Garn auch in losen Garnsträhnen bündelweise zusammengelegt werden. Solche Garnsträhnen oder -lagen bezeichnet man als Docken. a ) In der Weiferei werden die gesponnenen Garne aus der Spulenform in Strähnenform gebracht.
298
Kalkulation
mit ihrer Hilfe die gesamten Stellenkosten auf die einzelnen Garnsorten verteilt werden, soll am Beispiel der Kostenstelle V o r s p i n n e r e i gezeigt werden: Vorgarn Nr. 6,0 5,6 5,0 4,5 4,2 3,6 3,2 2,6 1,8 1,6
Verarbeit. Menge in kg
Ges.-Kosten DM
Kosten je kg DM
31280 41140 61370 95370 54468 54740 38080 41106 32 300 35530
13146 17290 25794 40084 22 892 23007 16005 17276 13575 14932
0,97 0,84 0,80 0,71 0,76 0,59 0,34 0,25 0,80 0,92
485384
204000
Äquivalenz- Rechnungsziffern einheiten
13 600 20570 32 300 56100 30260 39100 47 600 68510 17 000 16150 341190
2,3 2,0 1,9 1,7 1,8 1,4 0,8 0,6 1,9 2,2 |
|
•204000 : 485384 = 0,4203 DM je Rechnungseinheit.
bb) Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n Zwischen der eben beschriebenen kostenstellenweise differenzierenden Äquivalenzziffernrechnung und einer Zuschlagskalkulation besteht kaum noch ein Unterschied, jedenfalls nicht im grundsätzlichen: Hier wie dort werden die Fertigungskosten erst über die Fertigungsstellen geleitet, um dann durch Addition der Stellenkosten für jede Garnsorte zu den anteiligen Gesamtfertigungskosten zu kommen. Die in Kammgarnspinnereien angewandte Zuschlagskalkulation unterscheidet sich von der beschriebenen differenzierenden Äquivalenzziffernkalkulation vor allem in der Art der benutzten Zuschlagsätze und dem Grad der Differenzierung. So werden im allgemeinen die Fertigungslohnkosten getrennt von den Fertigungsgemeinkosten verrechnet, obwohl das nicht unbedingt notwendig ist. Ohne die Genauigkeit wesentlich herabzumindern, könnten sie auch zusammen mit den Fertigungsgemeinkosten in die Verrechnungssätze eingehen. Bei einer isolierten Verrechnung der direkten Lohnkosten kommt man leicht in Versuchung, den Lohn als Basis für die Verrechnung der Fertigungsgemeinkosten zu verwenden. Wegen des geringen Anteils der Lohnkosten an den gesamten Fertigungskosten empfiehlt sich das jedoch grundsätzlich nicht. Die z e i t l i c h e Beanspruchung der Produktionsanlagen in Foim von Maschinenstunden stellt eine bessere Verrechnungsbasis dar. Sehr oft hat derselbe Maschinentyp eine unterschiedliche Anzahl von Arbeitsstellen, so daß die Leistungen der Maschinen bei gleicher Laufzeit ganz verschieden sind. In diesem Falle kann nicht die Maschinenstunde, sondern nur die A r b e i t s s t e l l e n s t u n d e Verrechnungsgrundlage sein. Beispiele dafür sind die Bildung von Stundensätzen in der Vorspinnerei und Feinspinnerei.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
299
In der V o r s p i n n e r e i wird die Leistung durch die letzte Nadelwalzenstrecke, Finisseur genannt, bestimmt. Jeder Finisseur weist eine Vielzahl von Ablieferungsstellen (Finisseurköpfe) auf. Als Grundlage für die Verrechnung der Fertigungskosten werden zweckmäßigerweise die Finisseurkopfstunden benutzt, die sich folgendermaßen errechnen: Gesamtfertigungskosten der Vorspinnerei Fertigungskosten je Anzahl der Finisseurköpfe X Masch.-Laufzeit Finisseurkopfstunde. In der F e i n s p i n n e r e i haben die einzelnen Spinnmaschinen im allgemeinen eine unterschiedliche Anzahl von Spindeln. Die Kostenverrechnung erfolgt deshalb nicht auf der Grundlage von Maschinenstundensätzen, sondern von Spindelstundensätzen. Ähnlich ist es in den anderen Fertigungsstellen. In dem folgenden B e i s p i e l einer Spinnereikalkulation nach dem Zuschlagsverfahren werden die Fertigungslöhne mit in den Stundenkostensätzen verrechnet. A u f t r a g Nr.: B e z e i c h n u n g : Zwirn Nr. 36/2, gedockt zu 100 g E i n s a t z - G e w i c h t : 200 kg G e w i c h t n a c h F e r t i g s t e l l u n g : 186 kg I. M a t e r i a l Kammzug Wolle AA, 140 kg je kg 20,— DM Zellwolle, 60 kg je kg 10,— DM
. . . . . . . .
2 800,— DM 600,— DM 3400,— DM
Material-GK, 200 kg je kg —,10 DM .
20,— DM 3 420,— DM
./. tatsächlicher Abfall, Wolle/Zellwolle 14 kg zu 3,— DM je kg I. Materialkosten II. V e r a r b e i t u n g s k o s t e n 1. V o r s p i n n e r e i : —,95 DM/Finisseurkopf-Std. 1,5 Fert.-Std./kg Vorgarn Kosten je kg Vorgarn = 1,43 DM 195 kg zu 1,43 DM je kg 2. F e i n s p i n n e r e i : —,022 DM/Spindel-Std. 60 Spindel-Std./kg Garn Kosten je kg Garn = 1,32 DM 190 kg zu 1,32 DM je kg 3. D u b l i e r e r e i : —.03 DM/Spul-Std. 18 Spul-Std./kg Garn Kosten je kg Garn = —,54 DM 188 kg zu —,54 DM je kg
42,— DM 3378,— DM
278,95 DM
250,80 DM
101,52 DM
Kalkulation
300
4. Z w i r n e r e i : 0,025 DM/Zwirnspindel-Std. 40 Zwirnspindel-Std./kg Zwirn Kosten je kg Zwirn = 1,— DM 186 kg zu 1,—DM je kg 5. W e i f e r e i : —,21 DM/Weif-Std. 1 Weif-Std./kg Zwirn Kosten je kg Zwirn = —,21 DM 187 kg zu —,21 DM je kg 6. D o c k e r e i : 12,— DM/Arbeits-Std. 5 Arbeits-Std./lOO kg Zwirn Kosten je 100 kg Zwirn = 60,— DM 186 kg zu 60,— DM je kg II. Fertigungskosten
186 — DM
39,27 DM
111,60 DM 968,14 DM
III. Herstellkosten + Verwaltungskosten = + Vertriebskosten =
4 346,14 DM 5% der Fertigungskosten 5% der Fertigungskosten 10% von 968,14
IV. Selbstkosten + 10% Gewinn V. Nettoverkaufspreis
96,81 DM 4442,95 DM 444,30 DM 4887,25 DM
3562. Die Kalkulation in der Weberei Grundsätzlich lassen sich zwei Typen von Webereien unterscheiden: a) Stapelwebereien und b) Nouveaute-Webereien.
Die S t a p e l w e b e r e i e n haben ein genau umrissenes, vorher festgelegtes Produktionsprogramm, das meist nur eine begrenzte Anzahl von Produkten umfaßt, die nach Art, Qualität und Breite genau bestimmt sind. Es handelt sich somit um eine ausgesprochene Sortenfertigung, für die sich als Kalkulationsverfahren die Äquivalenzziffernrechnung anbietet. N o u v e a u t e - W e b e r e i e n unterscheiden sich von den Stapelwebereien vor allem durch das Fehlen eines fest umrissenen Produktionsprogramms und die Vielgestaltigkeit ihrer Produkte, die einen weitgehend modischen Charakter haben. In Nouveaute-Webereien herrscht die Auftragsfertigung vor, bei der die Gestaltung der Gewebe hinsichtlich ihrer Qualität, Musterung, Bindungsart, Gewebedichte und -breite in großem Maße von den Wünschen der Kunden bestimmt wird. Das führt zu einer Sorten- oder Einzelfertigung, die die Anwendung des Zuschlagskalkulationsverfahrens bedingt. a) Die K a l k u l a t i o n in S t a p e l w e b e r e i e n Analog zur Anwendung der Äquivalenzziffernrechnung in Spinnereien kann auch in Stapelwebereien entweder mit einem summarischen oder differenzierenden Verfahren gearbeitet werden.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
301
Gegen die Anwendung der s u m m a r i s c h e n Ä q u i v a l e n z z i f f e r n r e c h n u n g gelten dieselben Bedenken, wie sie schon im vorigen Abschnitt bei ihrer Anwendung in Spinnereibetrieben erhoben wurden: Durch die Verwendung einer einzigen Äquivalenzziffernreihe werden die Gesamtkosten global auf die Kostenträger verteilt. Das bedeutet nichts anderes als eine völlig gleichmäßige Behandlung von Material-, Bearbeitungs-, Verwaltungs- und Vertriebskosten, ohne Rücksichtnahme auf die verschiedenen Relationen zwischen den anteiligen Material- und Fertigungskosten oder den Fertigungs- und Vertriebskosten bei den einzelnen Gewebesorten. Es empfiehlt sich deshalb zumindest, b e s o n d e r e Äquivalenzziffernreihen für die genannten Bereiche aufzustellen, um in einem d i f f e r e n z i e r e n d e n V e r f a h r e n wenigstens eine getrennte Verrechnung der Bereichskosten vornehmen zu können. Wegen des hohen Materialkostenanteils sollten die M a t e r i a l k o s t e n aus der Äquivalenzrechnung herausgenommen und direkt den einzelnen Gewebesorten zugerechnet werden. Indem dadurch 50—60% der gesamten Selbstkosten direkt verrechnet und nur die restlichen Kosten über Äquivalenzziffern verteilt werden, läßt sich schon ein recht hoher Genauigkeitsgrad in der Kalkulation erzielen. Eine weitere Verfeinerung der differenzierenden Äquivalenzziffernrechnung ist durch eine A u f t e i l u n g der Fertigungsbereiche in die wichtigsten K o s t e n s t e l l e n möglich. Entsprechend den unterschiedlichen Bearbeitungsprozessen in den einzelnen Kostenstellen des Fertigungsbereiches muß die Bildung der Äquivalenzziffern von verschiedenen Grundlagen ausgehen. In den Kostenstellen „ K e t t - u n d S c h u ß s p u l e r e i " geht man am zweckmäßigsten von den unterschiedlichen Bearbeitungszeiten aus, die für das Spulen von 1 kg Garn der verschiedenen Garnnummern erforderlich sind. Für die Bildung der Äquivalenzziffern in der Kostenstelle „ S c h ä r e r e i " 1 ) ist die Schärdauer für 1000 Fäden und 100 m Länge maßgebend. In der „ S c h l i c h t e r e i " 2 ) erfolgt die Bildung der Äquivalenzziffern auf der Grundlage der Schlichtdauer für die verschiedenen Gewebebreiten. Die Schlichtdauer erhöht sich mit zunehmender Gewebebreite. Gleichzeitig steigt auch der Verbrauch der „Schlichtflotte". Die Bildung der Äquivalenzziffern in der W e b e r e i kann entweder von der Zeit oder der Menge ausgehen: Legt man den Zeitbedarf für 1 m Gewebe zugrunde, so muß die Tourenzahl unter Beachtung des Nutzeffektes der Webstühle und die Dauer des Andrehens bzw. Einziehens der Fäden berücksichtigt werden. Wesentlich einfacher ist dagegen die Bildung von Äquivalenzziffern 1 ) „Schären ist eine Vorbereitungsarbeit für die Weberei, die dazu dient, die als Kette Verwendung findenden Fäden in der erforderlichen Zahl, Lange, Art und Farbe zu vereinigen" (Glafey, H., Hg., Textillexikon, Stuttgart-Berlin 1937, S. 680). 2 ) Unter „Schlichten" versteht man eine besondere chemische Behandlung der Kettfäden, um ihnen für den Webeprozeß eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber der starken Reibungsbeanspruchung zu geben.
302
Kalkulation
auf Grund der durchschnittlich in einer Stunde gelieferten Meterzahl einer bestimmten Breite. In der Kostenstelle „ P u t z e r e i " stützt man sich bei der Bildung von Äquivalenzziffern auf die in einer Stunde durchschnittlich geputzte Meterzahl der verschiedenen Breiten. b) Die K a l k u l a t i o n in N o u v e a u t e - W e b e r e i e n Während die nach dem Äquivalenzziffernverfahren kalkulierenden Stapelwebereien von den effektiv entstandenen Kosten der vergangenen Rechnungsperiode ausgehen — die Kalkulation somit den Charakter einer Nachkalkulation erhält —, dominiert in den Nouveaute-Webereien die V o r k a l k u l a t i o n auf N o r m a l k o s t e n b a s i s : Die normalerweise für einen bestimmten Auftrag anfallenden Materialkosten und Fertigungslöhne lassen sich auf Grund von Verbrauchsberechnungen und Zeitstudien relativ genau erfassen. Die Verrechnung der Gemeinkosten geschieht auf der Grundlage von Normalzuschlägen. aa) V e r r e c h n u n g der E i n z e l k o s t e n 1. Fertigungsmaterialverbrauch: Die Ermittlung der notwendigen Materialmenge für die Herstellung eines Gewebes von bestimmter Länge und Breite muß getrennt nach Kett- und Schußgarnbedarf erfolgen. Das notwendige K e t t m a t e r i a l läßt sich aus den Größen „Garnnummer" ,,Kettdichte" und „Kettlänge" nach folgender Formel errechnen: Kettfadenzahl X Kettlänge . , — = Garnmenge in kg. Garnnummer X 1000 B e i s p i e l : Kettfadenzahl = 1280 Kettlänge = 135 m Garnnummer = 40 Nm
r. notwendige Garnmenee = 6 8
1280
X 135
40 x 1000
oo ikg. - ,4,32 8
Bei dieser Rechnung wurde die „Einarbeitung" 1 ) der Kette noch nicht berücksichtigt. Je nach Bindungsart und verwendetem Material schwankt sie zwischen 1—10%. Das nach obiger Formel ermittelte Kettmaterial ist um einen entsprechenden Zuschlag für die Einarbeitung zu erhöhen. Die Berechnung des Schußgarnbedarfs erfolgt auf der Grundlage der Garnnummer, Warenlänge, Schußdichte und Länge der Schußbahn. Die Länge der Schußbahn richtet sich nicht nach der Warenbreite, sondern nach der Blattbreite des Webstuhles, die um den Anteil der Einarbeitung größer ist als die Warenbreite. Dadurch braucht die Einarbeitung nicht in einem besonderen prozentualen Zuschlag berücksichtigt zu werden: Unter Einarbeitung versteht man die Schrumpfung der Kettfadenlänge, die sich durch die wellenförmige Verarbeitung mit den Schußfäden ergibt.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
303
Schuß i e m X Warenlänge in m X Blattbreite in m „ , „ , , „ = Schußgarnbedarf. Garnnummer X 1000 B e i s p i e l : Schuß je m = 1100 Warenlänge = 100 m Blattbreite = 1,37 m Garnnummer = 40 Nm 7 O V D V J » = 1 1 0 0 X 1 0 0 X ! . 3— „ ,kg. Schußgarnbedarf = o3,77 40 X 1 0 0 0
Der so ermittelte Kett- und Schußgarnbedarf ist um einen durchschnittlichen Zuschlag für die Materialverluste zu erhöhen. Je nach der Art und Qualität des verarbeiteten Materials und der Anzahl gleicher Ketten, die hintereinander gewebt werden, schwankt der Materialverlust zwischen 3 und 10% des nach obigen Formeln ermittelten Grundgarnbedarfs. Die Verrechnung der F e r t i g u n g s m a t e r i a l k o s t e n geschieht an Hand der Materialentnahmescheine, die zum Empfang der für die Ausführung eines bestimmten Auftrages notwendigen Garnmenge ausgeschrieben werden. MehrMaterialverbrauch und Materialrückgaben werden auf besonders gekennzeichneten Scheinen erfaßt. Die verwertbaren Materialab fälle sind besonders zu erfassen, damit sie in der Kalkulation als Gutschriften von den Materialkosten abgesetzt werden können. 2. Fertigungslöhne: In den meisten Fertigungsstellen der Webereien wird der Leistungslohn angewandt. Nur mit besonderer Sorgfalt auszuführende Arbeiten, wie z. B. Kontrollen und Arbeiten in der Schlichterei und Putzerei, werden im Zeitlohn entgolten. Grundlage für die Leistungsentlohnung sind auf Zeitstudien beruhende genaue Zeitvorgaben für die einzelnen Arbeitsgänge. In der Weberei beziehen sich die Zeitvorgaben auf die notwendige Arbeitszeit für 1000 Schuß. Mit Hilfe der fast an allen Webstühlen angebrachten Schußzähler bereitet die Feststellung der Schuß zahl keine Schwierigkeiten. An Hand der Zeitstudien lassen sich die zur Herstellung eines bestimmten Gewebes notwendigen Fertigungszeiten ziemlich genau in den einzelnen Fertigungsstellen ermitteln. Die Bewertung der Fertigungszeiten erfolgt nach den jeweils geltenden Tarifsätzen. bb) V e r r e c h n u n g der G e m e i n k o s t e n Zur Verrechnung der Gemeinkosten begnügt man sich in der Praxis oftmals mit sehr summarischen Gemeinkostenzuschlägen. An die Stelle dieses sehr ungenauen Verfahrens sollte mehr und mehr eine nach Kostenstellen differenzierende Zuschlagsrechnung treten, deren Grundlage die im Betriebsabrechnungsbogen ermittelten Zuschlagsätze sind. In dem nachfolgenden Kalkulationsbeispiel werden die Gemeinkosten auf der Grundlage n o r m a l e r Zuschlagsätze verrechnet, die in den Fertigungsabteilungen hauptsächlich Fertigungsstundensätze sind. In der Weberei und Appretur, deren Ausbringung überwiegend von der Maschinenleistung bestimmt
Kalkulation
304
Kalkulation für 100 m Möbelstoff Art:
Gruppe:
Artikel:
523
Gobelin
432
A u f l . d. Ser.: 1
Bäumezahl: 1
Blattbr. : 137 m
Garnbedarf: Kette Bindekette Grundkette Säume
5% Verlustzuschlag
Warenlänge
Fadenzahl
Nm
Garnart
100 m
1280
40/2
B-wolle 135m
8,75
0,45
9,20 kg
100 m
7680
85/2
B-wolle 139 m
24,00
1,20
25,20 kg
100 m
56
40/3
B-wolle 130m
0,57
0,03
0,60 kg
Nm
Garnart
Blatt breite
Grundgew.
137
35,70
3,60
39,30 kg
137
15,15
1,55
16,70 kg
Schuß
Warenlänge
Schuß p. 10cm
I
100 m
110
8/2
II
100 m
110
20/2
Kammgarn B-wolle
Schär- Grundlänge gew.
Kalk. Gewicht
10% VerKalk. lustzuGewicht schlag
Garnpreis : Garnart 40/2fach 40/3fach 85/2fach 8/2fach
Baumwolle Baumwolle Baumwolle Kammgarn
Verrechnungspreis 7,— 7,— 14,— 15,—
DM DM DM DM
per per per per
kg kg kg kg
Tagespreis 7,20 7,20 14,10 15,10
DM DM DM DM
per per per per
kg kg kg kg
Garnkosten : Garnart 40/2fach 40/3fach 85/2fach 8/2fach 20/2fach
Baumwolle Baumwolle Baumwolle Kammgarn Baumwolle
Gewicht
Verr.-Pr.
9,20 25,20 0,60 39,30 16,70
7,—DM 7,— DM 14,—DM 15,— DM 6,—DM
kg kg kg kg kg
Summe
Gesamt
64,40 DM 176,40 DM 8,40 DM 589,50 DM 100,20 DM
Garnkosten
938,90 DM
M a t e r i a l g e m e i n k o s t e n (4%)
37,55 DM
Summe Materialkosten
976,45 DM Übertrag :
976,45 DM
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen Übertrag:
305
976,45 DM
Fertigungskosten Kostenstelle
Fertigungslöhne (FL) Gemeinkosten (GK)
Summe
Summe
Kettspulerei
511
FL (480 min x 2,25 Dpf.) GK (8 FS x 2,65 DM)
10,80 DM 21,20 DM
32,—
Schußspulerei
512
FL (840 min x 2,25 Dpf.) GK (14 FS x 2,25 DM)
18,90 DM 31,50 DM
50,40
Schälerei
513
FL (1020 min x 2,50 Dpf.) GK (17 FS X 2,50 DM)
25,50 DM 42,50 DM
68,—
FL (320 min x 2,30 Dpf.) GK (5,33 FS x —,85 DM)
7,36 DM 4,54 DM
11,90
Einzieherei 517 Kettschlicht.
518
Fertigungskosten (35 kg x — 20)
Weberei
523
FL (4080 min x 3,25 Dpf.) GK (63 MS X 3,65 DM)
Putzerei
531
Appretur Spritzerei
Gesamt
7>—
132,60 DM 229,95 DM
362,55
FL (210 min x 2,50 Dpf.) GK (3,5 FS X —,80 DM)
5,25 DM 2,80 DM
8,05
532
FL (720 min x 2,80 Dpf.) GK (10 MS X 4,— DM)
20,16 DM 40,— DM
60,16
533
FL (1050 min x 2,30 Dpf.) GK (17,5 FS X 2,50 DM)
24,15 DM 43,75 DM
67,90
Summe Fertigungskosten
667,96 DM
Zwischensumme (Materialkosten + Fertigungskosten)
1644,41 DM
Gruppengemeinkosten der Fertigung (1,5% der ZS) Sondereinzelkosten der Fertigung
24,67 DM 18,42 DM
Herstellkosten für 100 m Gobelin
1687,50 DM
Verwaltungskosten (4,10% von HK) Vertriebskosten (2,10% von HK) Gruppengemeinkosten des Vertriebs (2,20% von HK) Sondereinzelkosten des Vertriebs (einschließlich Umsatzsteuer) Selbstkosten für 100 m Gobelin
. .
69,19 35,44 37,12 120,75
DM DM DM DM
1950,— DM
Garnpreisdifferenz zum Tageswert
10,87 DM
Selbstkosten (berichtigt) für 100 m Gobelin
1960,87 DM
Selbstkosten für 1 m Gobelin
19,61 DM Abb. 15
M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
20
306
Kalkulation
wird und die Kostenhöhe in größerem Maße proportional zur Maschinenlaufzeit als zur Fertigungszeit ist, rechnet man mit Maschinenstundensätzen. Die Gemeinkosten der Kostenstelle „Kettschlichterei" werden auf die Menge des bearbeiteten Kettmaterials bezogen und in einem Gemeinkostensatz je kg Kettmaterial verrechnet. 3563. Die Kalkulation in der Maschenwarenindustrie Die meisten Strick- und Wirkwarenbetriebe haben ein reichhaltiges Produktionsprogramm, das ständigen Veränderungen unterliegt. Zumindest zweimal im Jahr —im Frühjahr und Herbst —wird eine neue „Kollektion" 1 ) zusammengestellt und den Kunden vorgeführt, die daraufhin ihre Aufträge erteilen. Nach Eingang der Aufträge werden sie in Serien zusammengefaßt und in die Produktion gegeben. Das einer solchen Auftrags- und Serienfertigung entsprechende Kalkulationsverfahren ist die Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n . Kalkuliert werden im allgemeinen nur die bei Kollektionsaufstellung gefertigten Musterstücke, nicht aber die danach in Auftrag gegebenen Produkte; d. h.: In bezug auf die Musterfertigung ist die Kalkulation eine N a c h k a l k u l a t i o n , in bezug auf die gefertigten Serienstücke aber ist sie eine V o r k a l k u l a t i o n . Eine Nachkalkulation der ausgeführten Fertigungsaufträge wird entweder überhaupt nicht oder nur stichprobenweise durchgeführt. Ist die Vorkalkulation mit einiger Genauigkeit aufgestellt worden, dann genügt im allgemeinen auch eine nur stichprobenweise Nachkalkulation — die nicht mehr als 5% der Fälle zu umfassen braucht —- den Kontrollansprüchen des Betriebes. Meistens wird in den Betrieben der Maschenwarenindustrie die s u m m a r i sche Zuschlagskalkulation angewandt, höchstens eine Differenzierung nach Hand- und Maschinenarbeit wird vorgenommen. Eine solche Kalkulation genügt jedoch den Ansprüchen auf ausreichende Genauigkeit nicht. Notwendig ist eine nach Kostenstellen d i f f e r e n z i e r e n d e Zuschlagskalkulation. a) E r f a s s u n g u n d V e r r e c h n u n g der E i n z e l k o s t e n Der F e r t i g u n g s m a t e r i a l v e r b r a u c h für ein Produkt kann grundsätzlich nach zwei Methoden ermittelt werden: 1. r e t r o g r a d : Das fertige Stück (Musterstück) wird gewogen und durch Hinzurechnung der Materialverluste (Feuchtigkeits-, Färb-, Spul- und Schnittverluste), für die durchschnittliche Prozentsätze bekannt sind, das Bruttogewicht errechnet; 2. p r o g r e s s i v : Die gestrickten oder gewirkten Teile werden vor dem Zuschneiden gewogen. Durch einen Vergleich der Gewichte vor und nach dem Zuschneiden lassen sich die effektiven Schnittverluste ermitteln. Die übrigen Verluste müssen, ebenso wie bei der retrograden Methode, prozentual zugeschlagen werden. Unter Kollektion versteht man eine Zusammenstellung von Musterstücken.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
307
In den Fertigungsabteilungen der Strickerei- und Wirkereibetriebe herrscht im allgemeinen der Leistungslohn vor. Die direkte Verrechnung der F e r t i g u n g s l ö h n e auf die Kostenträger stellt demzufolge kein Problem dar. An Hand von Zeitstudien können die notwendigen Fertigungszeiten je Arbeitsgang und Produkteinheit — kg oder Stück — bestimmt werden. b) V e r r e c h n u n g der G e m e i n k o s t e n Die Leistungsproportionalität der Fertigungslohnkosten und ihr relativ hoher Anteil an den Gesamtfertigungskosten — im Gegensatz zu Spinnerei und Weberei — läßt die Löhne als Grundlage für die Verrechnung der Fertigungsgemeinkosten geeignet erscheinen. Darum erfolgt auch die Ermittlung der Gemeinkostenzuschläge in der Praxis überwiegend auf der Basis der Fertigungslöhne (s. das nachfolgende Kalkulationsbeispiel). Das sollte jedoch keinesfalls unterschiedslos in allen Fertigungsstellen geschehen. Sicherlich sind in vollmechanisierten Abteilungen, wie z. B. in der Rundstuhl-, Kettenstuhl-, Raschelund Motorstrickabteilung, in denen der Lohnkostenanteil wesentlich niedriger ist als in den anderen Fertigungsabteilungen, die Laufzeit der Anlagen eine geeignetere Verrechnungsgrundlage als die direkten Lohnkosten. Ist die Leistung der Anlagen, trotz gleicher Laufzeit, sehr verschieden, dann entsteht dasselbe Problem wie in der Spinnereikalkulation: An Stelle der Maschinenstunden sind Arbeitsstellenstunden — wie z. B. die Schloßstunde1) in der Strickerei und die Mailleusenstunde2) in der Rundstuhlwirkerei — als Verrechnungsgrundlage zu verwenden. Die Verwaltungs- und Vertriebskosten werden wegen der Materialpreisschwankungen im allgemeinen nicht auf die Herstellkosten, sondern auf die Fertigungskosten zugeschlagen. Datum: 22. August 1953
Dessin: 2144
Maschinengruppe Maschinenart Maschinentyp Teilung
Strickmaschinen Rundstrickmaschinen Jaquard-Rundrändermaschinen 12 engl. Zoll
Sorte Größe Beschreibung
Herrensocke 9/10/11/12 Plattiert, ausgedeckt, Spitze und Ferse perlonverstärkt, Gummi
Materialgruppe Materialuntergruppe Materialart Farbe
Baumwolle Perlon, Ägypt. Macco, Gl. C 2, 40/1, 34/1, 28/1, grün, braun roh,
Gummi C-f 5/1 roh
Als „Schloß" bezeichnet man das Arbeitssystem der Strickmaschinen, durch das die Maschenbildung herbeigeführt wird. 2 ) Die „Mailleuse" ist das Arbeitssystem an Rundstühlen. 20*
Kalkulation
308 Materialbedarf
für 10 Paar 2% Farbverlust 3% Spulverlust 2% Zwirnverlust 3% Strickverlust
= 630 g
10% insgesamt
= •/• 63 g
Fertiggewicht
= 567 g
Materialkosten
43% 40/1 Baumwolle -48% 34/1 Baumwolle 8% 28/1 Perlon 1% Gummifaden Kosten für Veredelung und Ausrüstung: Farblohn Baumwolle Merzerisieren Baumwolle Zutaten: Nähgarn Materialgerneinkosten
Gramm
Preis je kg
270 300 50 10
8,20 6,30 32,00 55,00
2,21 1,89 1,60 —,55
6,25
570
1,80 1,20
1,03 — 68
1,71
2,50
— 01
4 6%
Ant. Mat. Kosten DM
DM MK
DM
7,96 — Ol —,48
8,45
Fertigungskosten
Art der Leistung
Materialmenge p. kg/Stck. Paar
Lohn je kg bzw. Paar
Spulen . . . . Zwirnen. . . . Wachsen . . . Stricken.... Trennen.... Ketteln . . . . Repass Formen . . . Nachsehen . . Legen
0,630 kg 0,300 kg 0,050 kg 10 P. 10 P. 10 P. 10 P. 10 P. 10 P. 10 P.
0,52 0,31 0,27 0,17 0,02 0.03 0,028 0,015 0,02 0,02
Summen . . .
Fertigungsgemeinkosten Fertigungslöhne 0,33 0,09 0,01 1,70 0,20 0,30 0,28 0,15 0,20 \ 0,20 J 3,46
in % der Fert.-Löhne
riM L J .Vi
55 30 20 250 50
0,18 0,03 0,002 4,25 0,25
5 30
0,01 0,045
20
0,08 4,85
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen Fertigungslohn Fertigungsgemeinkosten
. . .
Fertigungskosten Materialkosten Herstellkosten Gruppengemeinkosten
. . . . . •
. .
3,46 4,85
. .
8,31 8,45
. 16,76 5% (FK) . . 0,42
Yerwaltungs- u. Yertriebskosten 20% (FK) . . . .
17,18 1,66
Wagnis- und Gewinn Zuschlag . . .10% . . . . .
18,84 1,88
Vertriebssonderkosten
20,72 0,61
. . . . . . 3% . . . . .
Kalkulationspreis für 10 Paar . Einzelpreis
309
. 21,33 2,13
357. Kalkulation In der Bauindustrie In der Kalkulation, dem rechnungsmäßigen Abbild der Fertigung, muß die E i g e n a r t einer Fertigung zum Ausdruck kommen. Die Eigenart der Baufertigung wird bedingt durch die O r t s g e b u n d e n h e i t und E i n m a l i g k e i t 1 ) des Erzeugnisses, des Bauwerkes. Aus der Eigenart der Baufertigung ergibt sich nicht nur die besondere Problematik der Baukalkulation, sondern auch ihre außerordentliche Bedeutung für den Baubetrieb 2 ). Die Kalkulation dient zwei — besonders im Baubetrieb — gleichrangigen Zwecken: der S e l b s t k o s t e n e r m i t t l u n g im Hinblick auf die Preisgestaltung und der K o n t r o l l e der B e t r i e b s g e b a r u n g . Der M a r k t p r e i s ist eine Funktion von Angebot und Nachfrage, d. h. preisbestimmend sind nur die Selbstkosten des Grenzbetriebes (auf lange Sicht). Die Kalkulation der meisten anderen Betriebe dient dazu, sich an den „schwebenden Marktpreis" heranzutasten. Wo es aber keinen „schwebenden Marktpreis" gibt, und auf dem Baumarkt gibt es wegen der Einmaligkeit, d. h. in diesem Falle wegen der Unvergleichbarkeit der Erzeugnisse, keinen „schwebenden Marktpreis", g e w i n n t die Kalkulation des Einzelbetriebes sehr an B e d e u t u n g : Der P r e i s wird zu einer F u n k t i o n der S e l b s t k o s t e n des anbietenden Betriebes. Die Bedeutung der Kalkulation für die K o n t r o l l e d e r B e t r i e b s g e b a r u n g wird im Baubetrieb heute noch weit unterschätzt. Es genügt nicht, einen Auftrag zu „auskömmlichen" Preisen zu erlangen, man muß mit ihnen auch wirklich auskommen. Bei der durch die Ortsgebundenheit des Erzeugnisses beDer Siedlungsbau und andere Serienbauten sind die Ausnahme. ) Unter dem „Baubetrieb" ist hier nur der den Rohbau ausführende Betrieb zu verstehen, und zwar ein industrieller Baubetrieb. 2
310
Kalkulation
dingten räumlichen Entfernung zwischen der Betriebsleitung und den einzelnen Betriebsstätten (Baustellen) gibt es keine andere K o n t r o l l m ö g l i c h k e i t der Auftragsabwicklung als die Zahl: die Kontrolle des „Ist" am „Soll". Es ist aber zugleich eine Kontrolle des „Soll" am „Ist", d. h. eine K o n t r o l l e der E r f a h r u n g s w e r t e (die in der Kalkulation verwendet wurden) an neuen Erfahrungswerten. Mit diesen schließt sich der Kreislauf zwischen Vor-, Zwischen- und Nachkalkulation: der Vorkalkulation, die der Preisermittlung, der Zwischenkalkulation, die der Kontrolle der Auftragsabwicklung und der Nachkalkulation, die der Kontrolle der kalkulierten Werte dient. Die Vork a l k u l a t i o n wird von allen Betrieben durchgeführt — ohne Vorkalkulation kein Auftrag. Die Z w i s c h e n k a l k u l a t i o n wird von den meisten Betrieben nur in dem Umfang und nur in der Form durchgeführt, wie es für die laufende Abrechnung mit dem Bauherrn notwendig ist. Eine systematische Kontrolle der Ist- an den Sollwerten (aus der Vorkalkulation) und vor allem eine Analyse der Abweichungen unterbleibt. Daß auch eine exakte N a c h k a l k u l a t i o n in vielen Fällen nicht erfolgt, ist unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse der Bauindustrie verständlich. Wenn ein Bauwerk vollendet ist —und erst dann kann nachkalkuliert werden — läßt sich weder am Aufwand noch an dem auf Grund der Vorkalkulation vereinbarten Festpreis etwas ändern. Die Nachkalkulation dient also allein der Bereicherung der betrieblichen Erfahrungen. Selbst in Betrieben mit guter Kostenrechnung werden deshalb nur ganz bestimmte Aufträge nachkalkuliert. Aber es sollte allgemeiner Grundsatz sein, daß d a n n nachkalkuliert werden muß, wenn sich bei der Zwischenkalkulation (bei der auf große Genauigkeit verzichtet werdeD muß) größere und vor allem ungeklärte Abweichungen ergeben haben. Um die P r o b l e m a t i k der Kalkulation zu erkennen, genügt es, auf die Probleme der V o r k a l k u l a t i o n einzugehen, denn die Probleme der Zwischenund Nachkalkulation sind — abgesehen von Organisationsproblemen — die gleichen. Der Baubetrieb bietet nicht ein fertiges Erzeugnis an, sondern er veranschlagt (nach Aufforderung durch den Bauherrn) B a u l e i s t u n g e n 1 ) , die er auf Grund der Pläne des Bauherrn (bzw. des beauftragten Architekten) für erforderlich hält. Grundlage der Kalkulation ist das vom Bauherrn oder vom Bauunternehmer aufgestellte L e i s t u n g s v e r z e i c h n i s (Blankett genannt). Im Leistungsverzeichnis sind die einzelnen Teilleistungen (Positionen) unter genauer Angabe der Ausführungsart und der auszuführenden Mengen (Massen) je Teilleistung2), 1
) Obwohl der Vertrag zwischen dem Bauherrn und dem Bauunternehmer ein W e r k v e r t r a g ist. 2 ) Der Aufstellung des Leistungsverzeichnisses muß also eine Massenberechnung vorangehen.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
311
geordnet nach der A u f e i n a n d e r f o l g e bei der Ausführung oder nach der A u s f ü h r u n g s a r t (Erd-, Beton- Maurerarbeiten usw.), aufgeführt. Firma
Leis tu ngs Verzeichnis
S. 12
Bauvorhaben: Berlin SW 29, Gneisenaustraße Bauherr: Maschinenbau GmbH. Pos.
Preis in DM je Einheit | Gesamt
Gegenstand
Menge
Bau-Nr. 57/236
Übertrag: 36
37
38
210
210
210
IV. B e t o n a r b e i t e n m2 U n t e r b e t o n als Sauberkeitsschicht für die Herstellung der Stahlbetonbauteile, 5 cm stark herstellen einschl. Vorbereiten des geneigten Planums je m2
5,20
1092,—
19,80
4158,—
8,20
1722,—
2
m S t a h l b e t o n s o h l e der geneigten Fahrbahn in Ziegelsplittbeton B 225 18—20 cm stark, eben abgezogen auf dem Unterbeton der Vorposition mit 300 kg Zement und 6 kg Ceresitpulver je m3 Fertigbeton ausschließlich der Stahleinlagen herstellen . . je ma 2
m Z e m e n t s t r i c h 4 cm stark und mit Riffelwalze bearbeitet, in geneigter Fläche aus kohlefreiem Elbekies mit Ceresitzusatz und mindestens 450 kg Zementgehalt je m3 Fertigestrich auf der Sohle der Vorposition herstellen je m2
usw. Übertrag: Abb. 16 Unbedingt notwendig ist, daß das in Aussicht genommene Baugelände besichtigt wird, damit der Kalkulator über die örtlichen Gegebenheiten: Bodenverhältnisse 1 ), Verkehrslage, Möglichkeiten der Wasser- und Energieversorgung usw. unterrichtet ist. Der E i n h e i t s p r e i s (DM je Einheit) für die einzelne Position (Teilleistung) wird gebildet aus den „ E i n z e l k o s t e n der T e i l l e i s t u n g " , d. h. allenKosten, die dieser Teilleistung (z. B. 1 m 2 Unterbeton) direkt zugerechnet werden können: In den meisten Fällen müssen — wenn dies nicht schon durch den Bauherrn veranlaßt wurde — die Bodenverhältnisse durch Probebohrungen untersucht werden.
312
Kalkulation
a) die L ö h n e der unmittelbar für diese Teilleistung tätigen Arbeitskräfte (wozu auch die Bedienung der Maschinen und Geräte und der Transport der Baustoffe auf der Baustelle gerechnet werden) = E i n z e l l o h n kosten, b) die K o s t e n der S t o f f e , die unmittelbar für diese Teilleistung verwendet werden (wozu neben den Bau- und Bauhilfsstoffen auch die Betriebsstoffe für die Maschinen und Geräte gerechnet werden) einschließlich der Frachtund Fuhrkosten für diese Stoffe = E i n z e l s t o f f k o s t e n . Daß die Bauindustrie nicht die allgemein üblichen Begriffe „Fertigungslohn" und „Fertigungsmaterial" verwendet, sondern eigene Begriffe prägt, hat rein sachliche Gründe: Die Begriffe „Einzellohnkosten" und „Fertigungslohn" bzw. „Einzelstoffkosten" und „Fertigungsmaterial" decken sich nicht ganz. Auf die „Einzelkosten der Teilleistung" werden zunächst die auf der Baustelle anfallenden Gemeinkosten ( G e m e i n k o s t e n der B a u s t e l l e ) und dann alle übrigen Gemeinkosten ( a l l g e m e i n e G e s c h ä f t s k o s t e n ) als Zuschläge verrechnet. Zusammenfassend ergibt sich folgendes K a l k u l a t i o n s s c h e m a : l. E i n z e l k o s t e n der T e i l l e i s t u n g a) Einzellohnkosten b) Einzelstoffkosten G e m e i n k o s t e n der B a u s t e l l e Allgemeine Geschäftskosten Gewinn Umsatzsteuer Nachunternehmerleistungen
Herstellkosten
Selbstkosten
Angebotspreis
Auch im folgenden soll nur auf die B e s o n d e r h e i t e n der Baukalkulation eingegangen werden. Die E r m i t t l u n g der E i n z e l l o h n k o s t e n Die Einzellöhne ergeben sich aus zwei Faktoren: dem Z e i t a u f w a n d für die Teilleistung (je Einheit), der nach Erfahrungswerten bestimmt wird1) und dem L o h n s a t z . Weil im voraus nicht festgelegt werden kann, welche Arbeitskräfte für ein bestimmtes Bauvorhaben eingesetzt werden — von 100 Angeboten führen bestenfalls 10 zu einem Auftrag, und wann der Bau begonnen wird, bestimmt der Bauherr —wird in der Baukalkulation nicht mit individuellen Lohnsätzen, sondern mit einem M i t t e l l o h n gerechnet; er ergibt sich als Durchschnitt aus den Löhnen der erfahrungsgemäß für das gesamte Bauvorhaben oder für einen bestimmten Teilabschnitt, z. B. die Betonarbeiten, einzusetzenden Arbeitskräfte. Letzteres ist der größeren Genauigkeit wegen vorzuziehen. Den Mittellohn für jede Position gesondert zu errechnen, wäre zwar noch genauer, aber es wäre, weil die Kalkulation dadurch sehr erschwert würde, unökonomisch. Vgl. hierzu die Ausführungen über „Risiken in der Baukalkulation".
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
313
B e i s p i e l f ü r die E r r e c h n u n g des M i t t e l l o h n s Baustelle: Berlin SW 29, Gneisenaustraße Arbeitsabschnitt: BetODarbeiten i
2
Anzahl
Beruf
(1)
Polier Postengeselle (Vorarbeiter) Facharbeiter Bauhelfer Bauhilfsarbeiter
2
9 6 3 20
1
3
Lohnsatz DM/Std.
1
Bau-Nr. 57/236 4
Lohnsumme (1 X 3)
3 2,47
3 4,94
2,27 2,05 1,96
20,43 12,30 5,88
Gesamt Gesamt-Lohnsumme Anzahl der Arbeitskräfte x)
5
Bemerkungen
46,55 = 46,55 = 2,33DM = 20
Die B a u s t e l l e n g e m e i n k o s t e n Der Begriff der Baustellengemeinkosten läßt sich nur aus den besonderen Gegebenheiten der Baufertigung heraus erklären. Er ist bedeutend w e i t e r als der nach dem allgemein üblichen Kalkulationsschema vergleichbare Begriff der Fertigungs- und Mateiialgemeinkosten. Der Begriff der Baustellengemeinkosten wird am besten erläutert durch eine Aufzählung derjenigen Kosten, die in der Baukalkulation unter diesem Begriff zusammengefaßt werden 2 ;: 1. die G e r ä t e k o s t e n , und zwar nur die Kosten für den Auf- und Abbau, die „Vorhaltung" 3 ) und die Reparaturen der Baumaschinen und -gerate.4) Die Betriebskosten werden der Teilleistung direkt zugerechnet (s. o.); 2. die K o s t e n der B a u s t e l l e n e i n r i c h t u n g . Der Begriff der Baustelleneinrichtung umfaßt alle Anlagen, Vorrichtungen und Baulichkeiten, die auf dem Baugelände für die Durchführung des Bauvorhabens errichtet werden müssen, d. h. Bauzaun und Bauwege, Baubuden als Unterkünfte, 1
) Der Stundenlohn des Poliers (dessen Stellung mit der des Meisters in der Werkstatt vergleichbar ist) wird nicht gemittelt, sondern auf edle anderen Löhne umgelegt. 3 ) Nach Opitz, G.: Selbstkostenermittlung für Bauarbeiten, Teil I, 4. Aufl., Düsseldorf 1956, S. 14 ff. 3 ) „Vorhalten" heißt: für die Bauzeit zur Verfügung stellen, die Vorhaltekosten enthalten also die anteilige Abschreibung und Verzinsung, die sog. Gerätemiete. 4 ) Wobei zwischen laufenden Reparaturen, der Schlußreparatur (nach Beendigung des Bauvorhabens) und der in längeren Zeitabständen erfolgenden Grundreparatur zu unterscheiden ist. Die Kosten der lfd. Reparaturen und der Schlußreparatur muß die Baustelle tragen, die Kosten der Grundreparatur u. U. nur anteilig.
314
Kalkulation
Baubüros, Geräte- und Lagerschuppen, ferner Silos, Gleisanlagen, Förderbrücken, Rampen u. a. m. (Transportgeräte werden wie alle anderen Geräte nicht dazu gerechnet); 3. die B e t r i e b s k o s t e n besonderer, außergewöhnlicher Anlagen, z. B. einer eigenen Kraftstation oder einer eigenen Wasserversorgungsanlage; 4. die K o s t e n f ü r N e b e n s t o f f e (Hilfsstoffe), soweit sie sich nicht direkt einer Teilleistung zurechnen lassen1), z. B. Nägel, Rödeldraht, Schmierstoffe, Putzwolle u. a. m.; 5. die sog. „ a l l g e m e i n e n B a u k o s t e n " , das sind die auf der Baustelle entstehenden Gehälter, Hilfslöhne, Büro- und Reisekosten, Kosten für Kleingeräte und Werkzeuge u. a. m.; 6. die g e s e t z l i c h e n und t a r i f l i c h e n Sozialaufwendungen; 7. die sog. L o h n n e b e n k o s t e n , d. h. Wegegelder, Auslösungen u. a. m.; 8. die S o n d e r k o s t e n , z. B. Lizenzgebühren, Bauwesenversicherung (Versicherung besonderer bautechnischer Risiken) bzw. ein entsprechender Wagnissatz, ferner Kosten, die bei der Ausarbeitung des Entwurfs und der Ausführungsunterlagen entstanden sind (soweit sie dem Bauherrn nicht bereits gesondert in Rechnung gestellt wurden) u. a. m.; 9. die Z i n s e n für das durch dieses Bauvorhaben gebundene Betriebskapital (wobei die üblichen Abschlagzahlungen des Bauherrn zu berücksichtigen sind). (10.) Wesensmäßig gehört auch die U m s a t z s t e u e r hierher. Nur aus Zweckmäßigkeitsgründen wird die Umsatzsteuer erst am Schluß der Kalkulation zugeschlagen. Allen d i e s e n K o s t e n i s t g e m e i n s a m , daß sie dem B a u w e r k bzw. der B a u s t e l l e d i r e k t z u g e r e c h n e t w e r d e n k ö n n e n . Kosten, die dem Erzeugnis direkt zugerechnet werden können, sind nach der Kostentheorie Einzelkosten. Die B a u s t e l l e n g e m e i n k o s t e n sind also, da sie dem Erzeugnis, dem Bauwerk, direkt zugerechnet werden können, t h e o r e t i s c h E i n z e l k o s t e n , zwar nicht Einzelkosten der Teilleistung, aber Einzelkosten des Bauwerks, und das Bauwerk als Ganzes gilt im Baubetrieb auch als K o s t e n t r ä g e r . Aber im Grunde müßte man anderer Auffassung sein: daß die T e i l l e i s t u n g , d. h. der m 3 Beton oder der m 3 Mauerwerk, Kostenträger ist. Und nur in bezug auf die Teilleistung ist es auch berechtigt, die oben aufgezählten Kosten als G e m e i n k o s t e n zu bezeichnen, aber nicht als „Gemeinkosten der Baustelle", sondern konsequent als „Gemeinkosten der Teilleistung". Durch die Bezeichnung „Gemeinkosten der Baustelle" wird nämlich —bewußt oder unbewußt — der Stellenbegriff in das Kalkulationsschema hineingetragen. Die B a u s t e l l e ist aber kein Begriff der Kostenrechnung, sondern bezeichnet nur eine Bet r i e b s s t ä t t e , die im Zweifel mehrere Kostenstellen in sich vereinigt2). Was z. B. bei Zusatzstoffen für den Beton oder Putzmörtel der Fall ist. ) Von einer derartigen Kostenstellenrechnung, die gerade im Baubetrieb außerordentlich erkenntnisreich wäre, ist man aber noch weit entfernt. 2
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
315
Was theoretisch so widerspruchsvoll erscheint und tatsächlich auch ist, läßt sich in der Praxis miteinander durchaus vereinbaren, weil das Bauwerk als Ganzes die Summe aller Teilleistungen ist, d. h. das Kalkulationsschema, das auf der Teilleistung aufgebaut ist, ist letzten Endes nur eine tiefere Gliederung der Kalkulation, die auf dem Bauwerk als Kostenträger aufbaut, wobei die gesamten Herstellkosten als Einzelkosten direkt zugerechnet weiden können1). Soviel zum Begriff der „Gemeinkosten der Baustelle". Bei allen größeren Bauaufträgen müssen die Gemeinkosten der Baustelle gesondert ermittelt werden: Die Ortsgebundenheit und die Einmaligkeit des Erzeugnisses bedingen, daß die Baustelle immer wieder neu und immer wieder a n d e r s eingerichtet werden muß, andererseits aber auch den örtlichen Gegebenheiten und den auszuführenden Arbeiten entsprechend anders eingerichtet werden k a n n . In dem „Muß" liegt der Nachteil, in dem „Kann" liegt der Vorteil gegenüber der stationären Industrie. Für jeden Auftrag und für jeden Ort kann der passende Betrieb aufgebaut werden. Dieser Vorteil muß aber auch wahrgenommen werden, und zwar nicht nur durch Planung einer den jeweiligen Verhältnissen angepaßten Baustelleneinrichtung, sondern auch durch deren K a l k u l a t i o n . Da der Baubetrieb in der Gestaltung des Erzeugnisses durch die Wünsche des Bauherrn gebunden ist, konzentriert sich der Wettbewerb auf die R a t i o n a l i s i e r u n g der A r b e i t auf der B a u s t e l l e . Das Arbeiten mit „betriebsindividuellen" Erfahrungssätzen für die Abgeltung der Baustellengemeinkosten genügt hierfür aber nicht. Dies gilt insbesondere für industrielle Betriebe, die sich vom Bauhandwerk in erster Linie durch den Grad der M e c h a n i s i e r u n g und M a s c h i n i s i e r u n g , durch eine höher entwickelte V e r f a h r e n s t e c h n i k unterscheiden. Das Gewicht der Maschinen-, Geräte- und Anlagenkosten gegenüber den Kosten für Lohn und Material läßt sich nicht durch eine „angemessene" Erhöhung des Zuschlagsatzes berücksichtigen; der technischen Entwicklung, der ständigen Verschärfung des Wettbewerbs kann man durch gleichbleibende Kalkulationssätze und starre Kalkulationsschemata nicht gerecht werden. Der industrielle Baubetrieb wird nicht nur durch die allgemeine Entwicklung, sondern auch durch die außerordentlich hohen Löhne gezwungen, immer mehr und immer bessere Baugeräte einzusetzen. Die Mittel für die Erweiterung des Geräteparks müssen aber verdient werden. An einem Kalkulationssatz, der auf „jahrzehntelanger Erfahrung" beruht und als Betriebsgeheimnis sorgsam gehütet wird, muß ein Betrieb früher oder später zugrunde gehen. Ein höherer Geräteeinsatz bedeutet aber auch höhere fixe Kosten. Hohe Fixkosten verlangen eine möglichst gleichmäßige Nutzung des Produktionsapparates. Der Baubetrieb wird zwar nicht erreichen können, daß sein Gerätepark während des ganzen Jahres voll eingesetzt ist, weil sein Gerätepark auf *) Mit diesem Schema arbeiten alle anderen Teile des Rechnungswesens: die Betriebsabrechnung (soweit vorhanden), die Lohnbuchhaltung, die Statistik usw.
316
Kalkulation
eine „normale" Mischung der verschiedenartigsten Aufträge (Wohnungsbau, Tiefbau, Industriebau usw.) abgestimmt ist, die nur auf lange Sicht, aber nicht einmal in jedem Jahr erreicht wird, und weil der Baubetrieb saisonabhängig ist1). Der Baubetrieb muß aber mehr als bisher etwas dafür tun, gleichmäßig beschäftigt zu sein. Solange der Anteil der variablen Kosten den der fixen Kosten weit überwog, war der Baubetrieb sehr anpassungsfähig. Er brauchte nur Arbeitskräfte einzustellen oder zu entlassen, um seine Kapazität der jeweiligen Beschäftigungslage anzupassen. Heute wird die K a p a z i t ä t des Baubetriebes nicht durch die Zahl der Arbeitskräfte, sondern allein durch den G e r ä t e p a r k bestimmt. Die Baubetriebe konnten sich eine unelastische Kalkulation leisten, solange ihre Kapazität elastisch war. Heute ist ihre Kapazität unelastisch, und darum muß ihre Kalkulation elastisch werden. Das heißt, daß auch der Zus c h l a g s a t z , der sich jeweils aus der exakten Ermittlung der auf der Baustelle entstehenden Gemeinkosten ergibt, v a r i i e r t werden muß je nach der allgemeinen Auftragslage, je nach der Beschäftigungslage des Betriebes, nach den Möglichkeiten, bestimmte Geräte zum Einsatz zu bringen; denn nichts ist teurer als ungenutzte Kapazität I Wenn durch Verzicht auf Vollkostendeckung erreicht werden kann, daß Geräte zum Einsatz kommen, die sonst auf dem Bauhof herumstehen würden, dann muß in Zeiten mangelnder Beschäftigung, die im Baubetrieb regelmäßig auftreten, auf volle Kostendeckung verzichtet werden. Dadurch wird gleichzeitig den Auftraggebern, insbesondere der Industrie und der öffentlichen Hand, ein Anreiz gegeben, ihre Aufträge besser zu verteilen. Kalkulationsgrundsätze, die in anderen Branchen selbstverständlich sind, werden vom Baubetrieb nur zögernd angewendet. Das liegt nicht zuletzt daran, daß die Kalkulation im Baubetrieb den T e c h n i k e r n überlassen wird — die in erster Linie die technischen und nicht die kaufmännischen Probleme der Kalkulation sehen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Kalkulation und Konstruktion sind im Bauwesen untrennbar miteinander verknüpft. Die Berechnung der Massen nach den Plänen des Bauherrn, die Verfahrenswahl und die Planung der Baustelle sind rein technische Aufgaben. Zum anderen gibt es in den Baubetrieben außerordentlich wenig Kaufleute, erst recht nicht Kaufleute, die technisch interessiert und soweit vorgebildet sind, daß sie mit dem Techniker zusammen in der Kalkulation arbeiten können; indem der Techniker nur die in der Kalkulation anzusetzenden Mengen ermittelt und der Kaufmann diese Mengen bewertet, d. h. Stunden in Löhne und Materialmengen in Preise verwandelt2). Ob auf der Baustelle ein Aufzug oder ein Kran eingesetzt werden soll, ist eine Frage, die der Techniker entscheiden muß. Ob aber außer den variablen Beides muß bereits bei den Investitionen berücksichtigt werden. *) Das wäre schon deshalb wünschenswert, weil die Kalkulation hochqualifizierte Techniker in Anspruch nimmt, die, wenn im Frühjahr die Ausschreibungshochflut einsetzt, zum „Engpaß" werden.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
317
Kosten auch die anteiligen fixen Kosten v o l l gedeckt werden sollen oder ob auf die volle Deckung der fixen Kosten verzichtet werden muß, wodurch die Chance, den Auftrag zu erhalten, vergrößert wird, das ist eine rein kaufmännische Frage. Etwas muß aber noch gesagt werden: über die Abgrenzung zwischen den „Gemeinkosten der Baustelle" und den „allgemeinen Geschäftskosten". Auch der Begriff der „ a l l g e m e i n e n G e s c h ä f t s k o s t e n " deckt sich nicht mit dem vergleichbaren Begriff der „Verwaltungskosten" in anderen Wirtschaftszweigen. In den allgemeinen Geschäftskosten werden alle Kosten zusammengefaßt, die aus technischen oder nur aus wirtschaftlichen Gründen einem bestimmten Bauauftrag nicht direkt zugerechnet werden können: Das sind die Kosten des technischen und kaufmännischen Büros, die Kosten des Bauhofs (Lagerplatz und Werkstätten) 1 ), ferner freiwillige soziale Aufwendungen, Steuern und öffentliche Abgaben, Beiträge, Versicherungsprämien u. a. m. Die allgemeinen Geschäftskosten werden mit einem im allgemeinen auf den durchschnittlichen J a h r e s u m s a t z bezogenen Erfahrungssatz den Herstellkosten zugeschlagen. Tatsächlich müßte —• da z. B. der Wohnungsbau das technische Büro und den Bauhof bei gleicher Angebotssumme weit weniger in Anspruch nimmt als ein „Ingenieurbau" — auch dieser Zuschlag differenziert werden. Bevor auf die Kalkulationsverfahren selbst eingegangen wird, muß noch ein Problemkreis erörtert werden, der im Kalkulationsschema meist nicht sichtbar wird: die R i s i k e n in d e r B a u k a l k u l a t i o n 2 ) . Dabei handelt es sich nicht nur um jene besonderen, bautechnische Risiken, die z. B. in dem angewandten Verfahren begründet sind 3 ). Diese bautechnischen Risiken werden entweder fremdversichert (Bauwesenversicherung) oder durch einen entsprechenden Wagnissatz berücksichtigt, der ebenso wie etwaige Versicherungsprämien zu den „Sonderkosten", also zu den Gemeinkosten der Baustelle, gehört. Es handelt sich auch nicht um das allgemeine Unternehmerwagnis, das ja nicht neben, sondern — wenn überhaupt — nur im Gewinn Berücksichtigung finden kann. Es handelt sich vielmehr um das Risiko, das in der Schätzung, also in den Erfahrungswerten liegt. In der stationären Industrie sind die Umsätze, die die Arbeitsleistung 1 ) Hier ist die Gefahr der Doppelbelastung groß, wenn z. B. Reparaturen oder andere Innenleistungen, wie z.B. das Biegen von Stahleinlagen oder das Zuschneiden von Bau- und Schalholz, gesondert in Rechnung gestellt werden. 2 ) Bei fast allen Autoren—z. B. Naschold/Boese, Kalkulationsschulungsheft,3. Aufl., Wiesbaden 1953; G. Opitz, Selbstkostenermittlung für Bauarbeiten, Teil I, 4. Aufl. Düsseldorf 1956 — erscheint im Kalkulationsschema ein besonderer Wagniszuschlag. 3 ) Hier handelt es sich meist um Gewährleistungswagnisse, z. B. muß bei künstlichen Tiefgründungen eine langjährige Garantie (bis zu 20 Jahren) übernommen werden, daß sich das Gebäude auch nicht um wenige Millimeter oder sogar Zentimeter senkt.
318
Kalkulation
beeinflussen, im Großen und Ganzen konstant und im voraus bekannt, in der Bauindustrie ändern sie sich ständig (man denke nur an die Witterungsverhältnisse) und sind deshalb im voraus schwer oder gar nicht zu erfassen. Wie stark dieser Einfluß sein kann, zeigt das nachfolgende Beispiel: „Auf einer Baustelle wurden für eine bestimmte Arbeit 2,4 Stunden vorgegeben, tatsächlich verbraucht wurden ausweislich der Bauberichterstattung 3,6 Stunden. Auf einer anderen Baustelle wurden unter Berücksichtigung anderer Bedingungen für dieselbe Arbeit bereits 0,8 Stunden zusätzlich vorgegeben (also insgesamt 3,2 Stunden); die Bauberichterstattung meldete aber 6,1 Stunden. Als Ursachen dieser so großen Unterschiede fanden wir Einflüsse, die im Zusammenhang standen mit der jeweiligen Situation auf der Baustelle, mit den zur Ausführung gelangenden Massen und anderen Faktoren." 1 )
Ohne Zweifel muß dieses Kalkulationsrisiko in der Kalkulation besonders berücksichtigt werden, fraglich ist nur wie und wo. Wie bereits erwähnt, erscheint bei fast allen Autoren im Kalkulationsschema ein besonderer Wagniszuschlag, der vor oder zusammen mit der Gewinnspanne, also als Z u s c h l a g auf die S e l b s t k o s t e n verrechnet wird. Der Praktiker berücksichtigt das Kalkulationsrisiko in einem h ö h e r e n Stundensatz. Dieses Verfahren wird damit begründet, daß der Bauherr, der die Angemessenheit der Preise prüft, eher an „hohen" Zuschlägen als an reichlichen Stundenansätzen Anstoß nimmt. Die Bauherren werden sich daran gewöhnen müssen, daß die Zuschläge immer höher werden; denn in dem Maße, in dem die Rationalisierung fortschreitet, steigt der Anteil der Gemeinkosten sowohl a b s o l u t — durch den Einsatz neuer Geräte •— als auch r e l a t i v , weil sich die Zuschlagsbasis, nämlich der Lohn, verringert.
Obwohl das Risiko tatsächlich im Stundenansatz liegt, halten wir dieses Verfahren überhöhter Stundensätze nicht für richtig, weil der Stundensatz dadurch seinen Charakter als Richtwert, als „Soll" verliert. Es kann aber auch nicht richtig sein, das Kalkulationsrisiko als Wagniszuschlag auf die S e l b s t k o s t e n zu verrechnen, denn das Kalkulationsrisiko liegt weder in den „allgemeinen Geschäftskosten" noch in den „Gemeinkosten der Baustelle"; dann darf es auch nicht auf diese Kosten verrechnet werden. Das Kalkulationsrisiko liegt in den Stundensätzen, dementsprechend muß es auch auf diese verrechnet werden, d. h. das Kalkulationsrisiko ist B e s t a n d t e i l der den Einzelkosten der Teilleistung2) zuzuschlagenden G e m e i n k o s t e n (der Baustelle). Die K a l k u l a t i o n s v e r f a h r e n Grundsätzlich sind zwei Kalkulationsverfahren zu unterscheiden : O. Rode, Bauuntersuchungen — Zweck und Ziel, in „Die Bauwirtschaft", Wiesbaden, Jahrgang 1952, Heft 10/11, S. 197. 2 ) Wenn möglich nur den Einzellohnkosten.
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1. die „ K a l k u l a t i o n ü b e r die A n g e b o t s s u m m e " und 2. die „ K a l k u l a t i o n m i t v o r a u s b e s t i m m t e n Z u s c h l ä g e n " 1 ) , wobei wiederum zu unterscheiden ist zwischen a) der Kalkulation mit umsatzbezogenen Zuschlägen und b) der Kalkulationen mit lohnbezogenen Zuschlägen. Obwohl nach allem, was bisher ausgeführt wurde, für den industriellen Baubetrieb nur die „Kalkulation über die Angebotssumme", nämlich die Kalkulation mit baustelleneigenen Zuschlägen in Frage kommt, sollen hier alle drei Verfahren kurz beschrieben werden, weil sie heute noch in fast allen Baubetrieben Anwendung finden, je nach der Größenordnung und dem Schwierigkeitsgrad der Aufträge. Bei der K a l k u l a t i o n ü b e r die A n g e b o t s s u m m e (von der wir bisher stets ausgegangen sind) werden zunächst die Einzelkosten der Teilleistungen errechnet, und zwar getrennt nach Einzellohn-und Einzelstoff kosten. Dann werden die auf der Baustelle entstehenden Gemeinkosten ermittelt. Die allgemeinen Geschäftskosten werden mit einem Erfahrungssatz in v. H. der Herstellkosten angesetzt. Die A n g e b o t s s u m m e ergibt sich dann wie folgt: 1. Einzelkosten der Teilleistungen a) Einzellohnkosten 500000,— DM b) Einzelstoffkosten 600000,— DM 2. Baustellengemeinkosten
1100000,—DM 550000,— DM
Herstellkosten 3. Allgemeine Geschäftskosten (14 v. H. auf HK)
1650000,—DM 232 000,— DM
1882 000 — D M 38000,— DM 1920000,— DM 5. Umsatzsteuer 80000,— DM Angebotssumme 2000000,— DM Der E i n h e i t s p r e i s 2 ) für die Teilleistung (der Grundlage des Bauvertrages ist) wird wie folgt errechnet: Angebotssumme 2000000,— DM ./. Einzelkosten der Teilleistungen 1100000,— DM 4. Gewinn
Selbstkosten
Gesamtzuschlag
900000 — DM
') Die Kalkulation über die Angebotssumme wird auch als „Umlagekalkulation" und die mit vorausbestimmten Zuschlägen als „Zuschlagskalkulation" bezeichnet; tatsächlich handelt es sich in beiden Fällen um Zuschlagskalkulationen. — NascholdBoese, a. a. O., S. 17, bezeichnen das erste Verfahren als Zuschlagskalkulation mit Fertigungskostenstellenbildung, das zweite Verfahren als Zuschlagskalkulation ohne Fertigungskostenstellenbildung. Daß beim ersten Verfahren für jede Baustelle ein eigener Zuschlagssatz errechnet wird, rechtfertigt noch nicht, die Baustelle als Fertigungskostenstelle zu bezeichnen. Die Baustelle ist eine S u m m e von Fertigungskostenstellen, die jedoch in der Kostenrechnung des Baubetriebes vernachlässigt werden, z. B. könnte die Betonmischanlage als selbständige Fertigungskostenstelle angesehen werden. 3 ) Vgl. Abb. 16 auf S. 311.
Kalkulation
320
Vom Gesamtzuschlag wird nur ein kleiner Teil auf die Einzelstoff kosten veirechnet, der größere Teil auf die Einzellohnkosten. B e i s p i e l : Gesamtzuschlag ./. Zuschlag auf Einzelstoffkosten (10 v. H.) . . . . Zuschlag auf Einzellohnkosten i ^ X 500000
9 0 0 0 0 0 , — DM 6 0 0 0 0 , — DM 8 4 0 0 0 0 , — DM
100 = 168 v . H .
Wenn wir annehmen, daß für die Teilleistung (z. B. 1 m 2 Unterbeton) Einzellohnkosten in Höhe von 2,50 DM entstehen und Einzelstoffkosten in Höhe von 3 , — DM, so beträgt der E i n h e i t s p r e i s der T e i l l e i s t u n g : Einzellohnkosten + 168 v . H . Zuschlag auf Einzellohnkosten
2,50 DM 4,20 DM
Einzelstoffkosten + 10 v.H. Zuschlag auf Einzelstoffkosten
3 , — DM 0,30 DM
6,70 DM 3,30 DM 1 0 , — DM
Bei der K a l k u l a t i o n m i t v o r a u s b e s t i m m t e n Z u s c h l ä g e n werden die Gemeinkosten der Baustelle nicht gesondert ermittelt (sie werden bei kleineren Baubetrieben auch nicht gesondert erfaßt), sondern die Gemeinkosten der Baustelle und die allgemeinen Geschäftskosten werden in e i n e m Zuschlagsatz zusammengefaßt. Der gleiche Auftrag würde also wie folgt kalkuliert: 1. Einzelkosten 2. Gemeinkosten (71,09 v . H . auf Einzelkosten)
1100000,—DM 782000,—DM Selbstkosten
1882 0 0 0 , — DM usw.
Die Kalkulation mit lohnbezogenen Zuschlägen stellt eine weitere Vereinfachung dar. Die Einzel- und Gemeinkostenlöhne werden unter dem Begriff „Baustellenlöhne" zusammengefaßt und die gesamten Gemeinkosten werden (nach einem Erfahrungssatz) nur auf die Lohnsumme bezogen. Die beiden letztgenannten Verfahren mögen für einfache Verhältnisse vielleicht genügen; den Anforderungen, die der industrielle Baubetrieb an das Rechnungswesen stellen muß, genügen sie nicht. 368. Kalkulation in der Kabelindustrie
3580. Die Kabelindustrie In der Kabelindustrie werden Kabel und Leitungen hergestellt, die der Übertragung von elektrischer Energie und der Übermittlung von Nachrichten auf elektrischem Wege dienen. Vorherrschend sind die Großunternehmungen, die gekennzeichnet sind durch hohe Kapitalintensität, ungleichmäßige Ausnutzung der Produktionsanlagen, schnelles Veralten der Produktionsmittel, hohen Materialdurchfluß und umfangreiche Entwicklungsarbeiten mit großen Risiken. Hinsichtlich der Rechts-
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form handelt es sich zum überwiegenden Teil um Kapitalgesellschaften, und zwar selbständige Gesellschaften (A. G., G. m. b. H.) und unselbständige, Spezialwerke von Konzernen. Vorherrschend sind die unselbständigen Spezialwerke, die hauptsächlich horizontal in kombinierten Elektrokonzernen (z. B. Siemens, AEG), teilweise aber auch vertikal in erweiterten Metallkonzernen (z. B. Gutehoffnungshütte) gebunden sind. Hinsichtlich der Produktionsstufe sind die Kabelwerke im allgemeinen keine reinen Verarbeitungsbetriebe. Die größeren Werke schließen Vorfabrikationen ein, in denen eine — nach Art und Umfang sehr verschiedene — Verarbeitung und Veredelung der Rohstoffe erfolgt (z. B. Drahtzug, Verzinnerei, Papierschneiderei, Gummi- und Kunststoffaufbereitung). Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges war die Kartellbildung ein wesentliches Kennzeichen der Kabelindustrie. Die bekanntesten Kartelle waren: 1 ) 1. Vereinigung deutscher Starkstromkabel-Fabrikanten (VDSF), 2. Deutscher Schwachstromkabel-Verband (DSV), 3. Deutscher Leitungsdraht-Verband (DLV). Die Kartellbindung hatte wesentlichen Einfluß auf die Kalkulationen der Kabelindustrie. Sie wurden weiter entwickelt und hinsichtlich des Schemas und der Terminologie vereinheitlicht, da die Kartellpreise aus dem Durchschnitt der von den beteiligeten Betrieben kalkulierten Kosten abgeleitet wurden. Auf Grund der Zusammenarbeit zwischen den Kabelkartellen und den Hauptabnehmern (Post, Bahn, Staat) wurden außerdem die Typenbildung beeinflußt und die technische Vorkalkulation genormt (z. B. Armierungstabellen für Kabelarmierungen). Daneben wurden allgemeine Bewertungsansätze für börsenpreisabhängige Metalle festgelegt. Nach Auflösung der Kartelle durch die alliierte Gesetzgebung hat sich auf dem Kabel- und Leitungsmarkt eine scharfe Konkurrenz entwickelt. Insbesondere seit 1952 setzte auf Grund von Überkapazität und Überproduktion ein wilder Preiskampf ein, der sowohl auf dem inländischen Markt als auch im Export zum Verkauf von Erzeugnissen bis zu 3 0 % unter den Selbstkosten geführt hat. Der Preiskampf wird durch eine scharfe Terminkonkurrenz ergänzt. Diese Marktsituation wirkt sich voll auf die Kabelindustrie aus, da der Kabelund Leitungsgroßhandel seine Bedeutung nach dem Kriege vollständig verloren hat, und die Betriebe deshalb vornehmlich auf die Form des direkten Vertriebes übergehen mußten. 3 581. Die Kabelproduktion a) Die K o s t e n t r ä g e r Die Kostenträger der Kabelindustrie sind: 1. Kabel, und zwar a) Starkstromkabel, b) Schwachstromkabel, Sie waren hauptsächlich Preis- und Kontingentierungskartelle (mit Quotengarantie, teilweise mit Geldausgleich). M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
21
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Kalkulation
2. Leitungen. Beim Aufbau eines K a b e l s müssen drei Bestandteile unterschieden werden: der Leiter, die Isolationshülle und die Schutzhülle. Die L e i t e r bestehen hauptsächlich aus Elektrolytkupfer oder Aluminium. Sie sind bei starken Querschnitten zwecks Erzielung der für Kabel erforderlichen Biegsamkeit in dünne, miteinander verseilte Drähte aufgelöst. Nach der Anzahl der Leiter wird unterschieden zwischen Ein-, Zwei-, Drei- und Vierleiterkabeln. Die Leiter sind umgeben von I s o l a t i o n s h ü l l e n , um sie gegeneinander und gegen die Schutzhülle zu isolieren. Bei Kabeln mit mehreren getrennt isolierten Leitern werden sie außerdem miteinander verseilt und eventuell mit einer gemeinsamen Isolationshülle umgeben (Kabelseele). Die Isolationshüllen sind der kritische Bestandteil eines Kabels, denn von ihrem Aufbau und der Art der zu ihrer Herstellung verwandten Werkstoffe hängen die wesentlichen Eigenschaften und die Betriebssicherheit des fertigen Kabels ab. Bei Starkstromkabeln besteht die Isolierung aus getränktem Papier oder aus Gummi, bei Schwachstromkabeln aus trocknem oder getränktem Papier, Jute oder Baumwolle, Gummi oder Guttapercha. Bei Fernsprechkabeln dient im allgemeinen trocknes Papier in einer Hohlraumumspinnung als Isolation. Die Kabelseelen werden außerdem mit S c h u t z h ü l l e n versehen, da die Isolierstoffe weder chemisch noch physikalisch widerstandsfähig genug sind, um die Kabel vor den Beanspruchungen bei der Verlegung und den Gefährdungen nach der Verlegung zu schützen. Die Kabelseele wird zunächst mit einer Schutzhülle gegen Feuchtigkeit umgeben, sofern der Isolierstoff hygroskopisch ist oder sein Isolier vermögen durch Feuchtigkeitseinwirkung beeinträchtigt wird. Sie besteht aus einem nahtlosen Bleimantel, der mit hydraulischen Pressen als geschlossenes, wasserdichtes Rohr auf die Kabelseele aufgetragen wird.1) Die Stärke des Mantels ist abhängig von dem Durchmesser des Kabels und der Beschaffenheit der äußeren Schutzhülle. Eine solche ist zusätzlich erforderlich, sofern die Art der Verlegung keinen vollkommenen Schutz gegen chemische Einflüsse und mechanische Beschädigungen bietet. Gegen chemische Einflüsse — z. B. im Erdreich vorkommende Säuren und Alkalien — werden die Kabel geschützt durch Asphaltschichten, die von Papier und Jute gehalten werden. Zum Schutz gegen mechanische Beschädigungen erhalten sie außerdem eine Bewehrung (Armierung) aus Bandeisen, Rund- oder Profildraht. Der Aufbau der L e i t u n g e n unterscheidet sich von dem der Kabel dadurch, daß die Leiter aus Einzelleitern bestehen und die Schutzhüllen wesentlich schwächer sind (Gummi, Kunststoffe), insbesondere fehlen der Bleimantel und die Bewehrung. !) Auf Grund neuer technischer Entwicklungen kann die Kabelseele auch durch einen Aluminiummantel geschützt werden.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
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b) Die P r o d u k t i o n s f o r m In der Kabelindustrie werden Produktionseinheiten hergestellt, die nach Längenmaßen berechnet sind (Längenfertigung). Die Fertigung ist hinsichtlich der Arbeitsvorgänge ein mechanischer Montageprozeß. Hinsichtlich des Produktionsprogramms ist die typisierte Serienfabrikation mit weitgehender Normung vorherrschend, da das Fertigungsprogramm häufig nur nach Typen festgelegt ist, während die Einzelheiten des Aufbaues erst mit dem Auftrag bestimmt werden. Lediglich in der Leitungsherstellung ist teilweise Sortenfabrikation gegeben. Dagegen grenzt die Kabelherstellung wegen der Vielzahl der Typen, der geringen Verwendbarkeit einzelner Typen und der Notwendigkeit von Sonderanfertigungen teilweise an die Einzelfertigung. Hinsichtlich der Organisation der Fertigung handelt es sich um Gruppenfertigung. Die Produktion ist aufgebaut nach Werkstätten, z. B.:1) Kabelfertigung
Leitungsfertigung
Aderspinnerei Schwachstromverseilerei Starkstromverseilerei und -plattiererei Trocknung und Tränkung Bleipressen Armierung Verseilerei Flechterei Spulerei Gummi- und Kunststoffummantelung Vulkanisierung Imprägnierung Lackierung
3582. Besonderheiten der Kalkulation a) V i e l z a h l v o n E r z e u g n i s s e n Auf Grund der vielfältigen Verwendung von Elektrizität und der unterschiedlichen Anforderungen an die Kabel und Leitungen als Träger der Elektrizität (unterschiedliche Verwendung und Verlegung) geht die Zahl der verschiedenen Typen und Querschnitte in die Zehntausende. Die Vielzahl der Erzeugnisse ist ein Ergebnis der fast unbegrenzten Kombinationsmöglichkeiten von: 1. Zahl der Leiter, 2. Querschnitt der Leiter, 3. Leiteraufbau (massive Leiter oder verschiedenartige Formen der Verseilung aus Einzeldrähten), 4. Isolation, 5. Schutzhülle. Die Kostenstellenrechnung des Fertigungsbereiches ist weitergehend gegliedert, und zwar durch Unterteilung und Ergänzung der Hauptwerkstätten sowie durch Hinzunahme der Vorbetriebe und Prüffelder. (S. a. „Kalkulationsleitfaden für die Kabelindustrie", aufgestellt unter Leitung des RKW von der betriebswirtschaftlichen RKW-Kommission der Kabelkartelle nach dem Stande der Vereinbarungen vom August 1942.) 21*
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Kalkulation
Die Typen sind bereits durch VDE-Vorschriften über Mindestisolierungen weitgehend genormt. Daneben müssen jedoch Spezialtypen und Sonderanfertigungen hergestellt werden. Außerdem gelten für Auslandsaufträge unterschiedliche Normen. Aus diesen Gründen müssen die größeren Betriebe der Kabelindustrie imstande sein, mehr als 20000 verschiedene Typen und Abmessungen herzustellen. Erfahrungsgemäß werden davon mehrere tausend Typen ständig gefertigt, während sich der Rest auf Einzelanfertigungen verteilt. Auch kleinere Betriebe stellen — sofern es sich nicht um reine Leitungsdrahtfabriken handelt — etwa 300—400 verschiedene Typen her. Die ungeheure Zahl von Kostenträgern, die vom Einzelbetrieb aus Konkurrenzgründen nicht eingeschränkt werden kann, ist ein wesentliches Hindernis für eine umfassende und wirtschaftlich durchführbare Kalkulation. b) L ä n g e n p r o b l e m Die Produktionseinheiten der Kabelindustrie werden nach Längenmaßen berechnet. Die Längen werden gefertigt auf Grund von Fabrikationsaufträgen, die erstens mehrere Kundenaufträge umfassen, zweitens einem Kundenauftrag entsprechen oder drittens Teil eines Kundenauftrages sind. Der einzelne Fabrikationsauftrag ist durch — von der Fertigungslänge unabhängige — Verschnittmengen und Einrichtezeiten mit fixen oder zumindest intervallfixen Kosten belastet. Sie können sehr erheblich sein und bei kurzen Fertigungslängen sowie hoher Fertigungsgeschwindigkeit der Maschinen ein Vielfaches der direkten Lohnkosten betragen. Daraus ergibt sich ein zweifaches Problem: 1. Welche Längen werden kalkuliert ? 2. Wie werden die Kosten eines Fabrikationsauftrages den Kundenaufträgen zugerechnet ? Zu 1.: Die Kabelindustrie verwendet eine Kalkulationslänge von 1000 m, d. h. die Kosten der zu kalkulierenden Typen werden grundsätzlich für die Fertigung von 1000 m berechnet. Sie werden anschließend unter der Annahme völliger Proportionalität der Kosten auf die effektive Auftragslänge umgerechnet. Die dadurch bedingte proportionale Verrechnung der auftragsfixen Kosten bewirkt, daß Fertigungslängen unter 1000 m zu gering und Fertigungslängen über 1000 m zu hoch belastet werden. Die Kalkulationslänge kann deshalb keine willkürlich festgesetzte Normallänge sein. Die Durchführung von längenmäßig vereinheitlichten Kalkulationen muß wegen der auftragsfixen Kosten zu einer Verfälschung der Kalkulationsergebnisse führen. Das Problem der Kalkulationslänge ist insbesondere gegenwärtig bedeutend, da der Anteil der „Kurzlängen" an der Gesamtfertigung wesentlich gestiegen ist (Ausführung jedes Auftrages aus Konkurrenzgründen, Schwierigkeiten bei der Zusammenfassung gleichartiger Aufträge wegen kurzer
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Liefertermine, Einschränkung der Lagerfertigung wegen Kapitalmangel, Fehlen des Ausgleiches durch den Großhandel).1) Zu 2.: Die Kosten eines Kundenauftrages können nicht direkt ermittelt werden, sofern die Längen von Fabrikationsauftrag und Kundenauftrag nicht übereinstimmen. Die auftragsfixen Kosten werden von den in einem Fertigungsauftrag zusammengefaßten Kundenaufträgen gemeinsam verursacht. Die Zurechnung ist nur durch Aufschlüsselung möglich, wodurch die Kosten eines Kundenauftrages zu einem wesentlichen Teil von der Größe und Zusammensetzung der Serie beeinflußt werden und damit starken Schwankungen unterliegen. Exakte Kalkulationen der Kundenaufträge sind nur durchführbar, wenn die Serie jeweils einem Kundenauftrag entspricht. Diese Möglichkeit sollte jedoch zwecks Ausnutzung der Kostendegression eine Ausnahme sein. c) S c h w i e r i g k e i t e n der K o s t e n e r f a s s u n g u n d - Z u r e c h n u n g Auf Grund der technischen Gegebenheiten ist nicht nur die Zurechnung der Kosten eines Fabrikationsauftrages auf die Kundenaufträge, sondern außerdem die Erfassung der Kosten des Fabrikationsauftrages problematisch. Die Schwierigkeiten der auftragsweisen Abrechnung tatsächlich verursachter Kosten entstehen aus der Gleichartigkeit von Bestandteilen und Fertigungsvorgängen verschiedener Erzeugnistypen. Sie ermöglicht eine kostensparende gemeinsame Bearbeitung unterschiedlicher Fabrikationsaufträge, deren nachträgliche kalkulatorische Trennung entweder undurchführbar oder unwirtschaftlich ist. c2) Fertigungsmaterial Die Fertigungsmaterialkosten können nicht auftragsweise erfaßt werden, wenn Fabrikationsaufträge verschiedener Typen an einer Maschine und mit dem gleichen Materialeinsatz laufend, d. h. ohne Unterbrechung gefahren werden. Fabrikationsaufträge werden beispielsweise zusammengefaßt, sofern ein bestimmter Leiter für mehrere Aufträge benötigt wird, oder verschiedene Kabelseelen mit gleichem Querschnitt eine einheitliche Schutzhülle erhalten. Es wäre unwirtschaftlich, die Fertigung nach der Bearbeitung eines Fabrikationsauftrages zu unterbrechen, die Materialzuführungstrommeln auszubauen und den Materialverbrauch festzustellen. Desgleichen werden beim Tränken der Kabel häufig verschiedene Typen gemeinsam bearbeitet. Außerdem muß in dem Tränkbottich mehr Tränkmasse enthalten sein, als von der Kabelisolierung aufgenommen werden kann, damit die Kabel vollständig bedeckt sind. Die nach der Tränkung verbleibende Masse ') Die Preislisten sehen Preisaufschläge für Kurzlängen vor. Sie sind pauschal berechnet und berücksichtigen die tatsächliche Kostenentwicklung nicht. Die Betriebe besitzen deshalb keine Kontrolle hinsichtlich Preisuntergrenze und Auftragsergebnis. Auf Grund der 1000 m- Kalkulation werden Auftragsgewinne errechnet, während die Kurzlängen in Wirklichkeit häufig unter Selbstkosten verkauft werden.
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Kalkulation
wird für den nächsten Tränkvorgang benutzt. Die Erfassung des Verbrauches von Tränkmasse pro Type bzw. Fabrikationsauftrag erfordert ausschließliche Verwendung eines Bottichs für jeden Auftrag und Messung der Tränkmasse nach jedem Tränkvorgang. Das bedeutet jedoch zusätzlich benötigte Tränkmasse, Installationen und Arbeitskräfte, so daß bereits aus wirtschaftlichen Gründen eine auftragsweise Erfassung der Tränkkosten undurchführbar ist. Die Bleipresse ist ein weiteres Beispiel für die Unmöglichkeit einer genauen Zurechnung des Materialverbrauchs. Lediglich der Einsatz in dem Bleiofen kann festgestellt werden. Der Verbrauch ist nicht meßbar, da der Ofen mit flüssigem Blei laufend in Betrieb gehalten wird. Der Verbrauch kann ebenfalls nicht am umpreßten Kabel exakt gemessen werden, da der Bleimantel am Anfang des Kabels dicker ausfällt als am Ende des Kabels. Ähnliche Schwierigkeiten der Materialkostenerfassung und -Zurechnung bestehen beim Trocknen und Vulkanisieren, in der Verzinnerei und Beizerei. c2) Fertigungslöhne Die Entlohnung der Fertigungsarbeiter erfolgt vornehmlich in der Form des Leistungslohnes ( S t ü c k z e i t a k k o r d ) . Diese Fertigungslöhne können auftragsweise erfaßt und verrechnet werden. In der Kabelfertigung können jedoch nicht für sämtliche Arbeitsgänge Leistungslöhne ermittelt werden, da bei der gemeinsamen Bearbeitung unterschiedlicher Typen keine einheitliche Leistungsbasis für die Zeit- und Lohnermittlung gegeben ist. Deshalb müssen auch in der Fertigung teilweise Zeitlöhne gezahlt werden. Sie können nicht auftragsweise erfaßt werden. Das gilt z. B. wiederum für das Trocknen und Tränken isolierter Kabel. Die Lohnkosten werden nicht von den Kabellängen und Kabeltypen, die im Tränkbottich bzw. Trockenofen liegen, beeinflußt. Ingangsetzung und Überwachung der Prozesse sind gleichartig, und die hierfür entstehenden Lohnkosten können nicht den beteiligten Typen und Fabrikationsaufträgen zugerechnet werden. Ein ähnliches Problem besteht für die Löhne der Bleipresse, der Prüffelder und der Vulkanisierabteilung. Auch sie können größtenteils weder typenweise noch auftragsweise erfaßt und verrechnet werden. c3) Gemeinkosten Die kalkulatorische Verrechnung der Fertigungsgemeinkosten und der Materialgemeinkosten ist problematisch, da in verschiedenen Kostenstellen die Bezugsbasis für die Verteilung der Gemeinkosten nicht für die einzelnen Fabrikationsaufträge exakt ermittelt werden kann. Als Bezugsbasis kommen Fertigungslohn und Bearbeitungszeit (in der Praxis wird im allgemeinen der Lohnzuschlag angewendet) sowie die Materialkosten in Betracht. Die vorangehende Darstellung zeigt, daß sie für verschiedene Fertigungsvorgänge nicht auftragsweise ermittelt werden können. Die Schwierigkeiten sind deshalb nicht auf die Einzelkostenkalkulation beschränkt, sondern wirken sich außerdem auf die Gemeinkostenverrechnung aus. Die bereits bei der Lohn- und Materialkostenkalkulation entstehenden Ungenauigkeiten werden durch die prozentuale
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Belastung der Einzelkosten mit Material- und Fertigungsgemeinkosten wesentlich vergrößert. 3 583. Kalkulationsmethode Die Kabelkalkulation ist hinsichtlich ihres Aufbaues eine Stufenkalkulation, da die Fertigung im allgemeinen aus zwei geschlossenen Produktionsphasen besteht: 1. Vorfertigung (Veredelung der Einsatzmaterialien) und 2. Hauptfertigung (Kabel- und Leitungsherstellung). Die Erzeugnisse der Vorfertigung sind als Halb- und Zwischenfabrikate absetzbar bzw. vom Markt beziehbar. Deshalb werden sämtliche Kosten der Vorproduktion getrennt kalkuliert und in der Hauptfertigung als Materialeinsatzkosten verrechnet. Für die Hauptfertigung kommt auf Grund der Vielzahl der Typen, ihrer Verschiedenartigkeit im Aufbau und der Vielzahl der Arbeitsverfahren nur eine individuelle kalkulatorische Behandlung der Kostenträger in Betracht. Nur die differenzierende Zuschlagskalkulation mit einer als Abteilungsrechnung durchgeführten Stellenrechnung kann zutreffende Kalkulationsergebnisse ermöglichen. Lediglich in reinen Leitungsbetrieben werden die Kosten auf Grund von Äquivalenzrechnungen kalkuliert. Für die Kalkulation der Vorfertigung können jedoch Verfahren der Divisionskalkulation angewendet werden. Die Leistungen der einzelnen Kostenstellen sind entweder einheitlich, oder sie können durch Äquivalenzziffern gleichartig gemacht werden (z. B. Drahtzug, Gummifabrikation). In der Praxis wird jedoch häufig auch für die Abrechnung der Vorfabrikation ausschließlich das Zuschlagsverfahren angewendet, um die Einheitlichkeit des Kalkulationsverfahrens zu wahren. In dieser Hinsicht sind Vereinfachungsmöglichkeiten gegeben. Sie sind jedoch kein spezifisches Problem der Kalkulation in der Kabelindustrie. Die besonderen Probleme liegen in der Kalkulation der Hauptfertigung. Sie werden von der Wahl des Kalkulationsverfahrens für die Abrechnung der Vorfertigung nicht beeinflußt, da nur deren Ergebnisse als Einsatzwerte berücksichtigt werden. Deshalb beschränken sich die folgenden Untersuchungen der Vor- und Nachkalkulation auf die Kostenrechnung der Hauptfertigung. 3584. Vorkalkulation Die Vorkalkulation zerfällt in: (1) Technische Kalkulation (Mengenkalkulation), (2) Kaufmännische Kalkulation (Preiskalkulation).
Zu 1.: Aufgabe der Mengenkalkulation ist die Feststellung der für einen Fabrikationsauftrag bzw. Kundenauftrag (Anfrage) erforderlichen Materialmengen und Fertigungszeiten. Unterlagen der Kalkulation sind Aufbau Vorschriften und Konstruktionspläne der Arbeitsvorbereitung sowie die Ersatz verfahren der
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Kalkulation
Nachkalkulation, sofern diese eine auftragsweise Verbrauchskontrolle ermöglichen. In der Kalkulation sollte nicht von einer Normallänge, sondern von einer getrennten Feststellung der veränderlichen Werte (Materialeinsatz, Arbeitszeit, Maschinenzeit) und der festen Werte (Einrichtezeit, Verschnittmenge), ausgegangen werden. Sie können anschließend unter Berücksichtigung ihres Kostencharakters auf die jeweils zu kalkulierende Länge umgerechnet werden. Der erforderliche Einsatz von F e r t i g u n g s m a t e r i a l (Leitermaterial) wird aus dem spezifischen Gewicht des Materials, der Stärke des Leiters (Radius = r) und der zu fertigenden Länge ermittelt. Er ergibt sich aus der Formel: x = r 2 • 7i • spezifisches Gewicht • Länge. Für 2,5 km Kupferdraht mit einem Durchmesser von 1,50 mm wird beispielsweise die folgende Kupfermenge benötigt: 1 ) x = 0,075* -7i • 8,9 • 2,5 • 106 = 39299 g = 39,299 kg. Die zur Isolation und Bemäntelung erforderlichen Materialmengen (z. B. Lacke, Papier, Gummi) werden ähnlich verrechnet. Ausgangspunkt ist der Unterschied zwischen den Durchmessern des Blankdrahtes und des isolierten Drahtes bzw. der Kabelseele und des Kabels mit Bemäntelung. Aus der Wandstärke der Isolierung bzw. des Mantels wird unter Berücksichtigung der zu fertigenden Länge und des spezifischen Gewichtes der erforderliche Materialeinsatz errechnet. Beispiel Zur Isolation wird der Kupferleiter für verschiedene Fabrikate beispielsweise mit einer Lackschicht versehen. Für die Ermittlung des Lackverbrauchs müssen zunächst die Unterschiede zwischen den Durchmessern des Fertigdrahtes und des Blankdrahtes ermittelt werden, z. B.: Durchmesser des Fertigdrahtes Durchmesser des Blankdrahtes
0,042 mm 0,03 mm
Differenz
0,012 mm
Die Wandstärke des Lackmantels beträgt mithin 0,006 mm. Hieraus wird unter Berücksichtigung des spezifischen Gewichts ein Faktor zur Ermittlung des Verbrauchs von Lacktrockensubstanz ermittelt: Faktor = Wandstärke X spez. Gewicht X n =0,006 X 1,1 X 3,14 =0,0207 Der Faktor wird mit dem arithmetischen Mittel der Querschnitte des Blank drahtes und des Fertigdrahtes multipliziert, woraus sich der Einsatz von Lacktrockensubstanz in kg je 1000 m gefertigtem Kabel ergibt : Länge = 2,5 km = 2,5 . 1 0 s cm Spez. Gewicht = 8,9 g/cm 3 Radius = 0.75 mm = 0,075 cm.
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Faktor X mittlerer Durchmesser = Lacktrockensubstanz kg/km 0,0207 X 0,036 = 0,00075 kg/km. Aus dem Gewicht der Lacktrockensubstanz und des Blankdrahtes kann der Verbrauch von Lack für 100 kg Fertigdraht errechnet werden: Gewicht des Blankdrahtes Gewicht der Lacktrockensubstanz Gewicht des Fertigdrahtes
0,00629 kg/km . . 0,00075 kg/km 0,00704 kg/km.
Die Gewichtsanteile des Blankdrahtes und der Trockensubstanz an dem Fertigdraht zeigen, daß in 100 kg Fertigdraht 89,34 kg Blankdraht und 10,66 kg Lack enthalten sind. Aus diesem Verhältnis kann der für eine bestimmte Auftragsmenge erforderliche Lackverbrauch errechnet werden. Teilweise müssen Erfahrungssätze angewendet werden. Die Bitumenmenge, die zur Herstellung der Bitumenspülmasse für Bandeisenbewehrung erforderlich ist, wird beispielsweise mit 3% des Bandeisengewichtes angenommen. Desgleichen wird für die Feststellung der Farbmenge für einen Rostschutzanstrich der Eisendrahtbewehrung der Erfahrungssatz von 20% des Drahtgewichtes verwendet. ' Die F e r t i g u n g s z e i t e n können im wesentlichen auf Grund der Akkordzeiten ermittelt werden. Für Zeitlöhne muß von Erfahrungs- oder Durchschnittswerten ausgegangen werden (z. B. Lohnzeiten für die Tränkung oder Trocknung von 1 km Kabel). Die Ermittlung der f e s t e n Werte erfolgt auf der Grundlage einmaligen Einrichtens der Maschinen. Die Einrichtezeiten sind aus Akkordstudien bekannt, und die Verschnittlängen ergeben sich aus Untersuchungen über die bei einmaligem Einspannen auftretenden Verluste. Die Werte für einmaliges Einrichten werden anschließend mit der notwendigen Anzahl von Einrichtevorgängen multipliziert. Sie ergibt sich aus der Fabrikationslänge und der Maschinenkapazität für ununterbrochene Fertigung. Sofern an einer Maschine mit einmaligem Einrichten maximal 3 km gefahren werden können, werden die auftragsfixen Werte beispielsweise für Längen bis 3 000 m einmal und für Längen von 3000—6000 m zweimal verrechnet. Dadurch werden -— im Gegensatz zu der 1000 m-Kalkulation — die auftragsfixen Kosten entsprechend ihrer tatsächlichen Entstehung berücksichtigt. Zu 2.: Aufgabe der Preiskalkulation ist die Bewertung der Materialmengen und Fertigungszeiten. Die Bewertung des Materials ist abhängig von dem Zweck der Kalkulation. Sie erfolgt: (a) für betriebsinterne Kalkulationen auf der Basis von Verrechnungspreisen,
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Kalkulation (b) für Angebotskalkulationen auf der Basis von Tages- bzw. Grundpreisen1).
Die Lohnkosten werden durch Multiplizieren der Fertigungszeiten mit den entsprechenden Akkordsätzen oder Stundenlöhnen errechnet. 3585. Nachkalkulation Die Aufgaben der Nachkalkulation können nur erfüllt werden, wenn a) die Kundenaufträge als Kalkulationseinheit gewählt, b) sämtliche Kundenaufträge kalkuliert und c) sämtliche Kostenarten in die Kalkulation einbezogen werden. Eine derartig umfassende Nachkalkulation ist in der Kabelfertigung aus technischen und wirtschaftlichen Gründen n i c h t durchführbar, da (1) nicht sämtliche Fertigungskosten den Fabrikationsaufträgen zurechenbar sind, (2) die Kosten der Fabrikationsaufträge nicht auf die Kundenaufträge aufgeteilt werden können, (3) die Zahl der Aufträge und Typen zu groß ist.
Aus diesen Gründen müssen anstelle von Einzelkalkulationen größere, homogen zusammengesetzte Kostenträgergruppen kalkuliert oder Teilkostenkalkulationen durchgeführt werden. Lediglich einzelne Aufträge können gesondert nachkalkuliert werden, sofern ein besonderes Kontrollbedürfnis besteht. Durch die Unmöglichkeit einer umfassenden nachkalkulatorischen Überprüfung erhält die Vorkalkulation eine besondere Bedeutung. Sie wird aber auch besonders problematisch, da sie nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen kann und nicht durch laufende Überwachung der tatsächlichen Kostenentstehung kontrolliert und berichtigt wird. Das besondere Augenmerk muß deshalb in der Kalkulation der Kabelindustrie auf eine ständige Verbesserung und Überprüfung der Berechnungsmethoden der Vorkalkulation gerichtet sein. Ihre Zuverlässigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung zutreffender Preis-, Produktions- und Kostenpolitik. Für die fehlende Nachkalkulation müssen Ersatzmethoden angewendet werden, die eine im begrenzten Umfang wirksame Kostenkontrolle und ebenfalls eine Verbesserung der Vorkalkulation erlauben. Derartige Ersatzmöglichkeiten der Nachkalkulation sind: (a) (b) (c) (d)
Normalkalkulation, Bereichskalkulation, Kalkulation des Mehr- und Minderverbrauchs, Gewichtskalkulation.
a) N o r m a l k a l k u l a t i o n Die Normalkalkulation geht aus von normalen, d. h. kurzfristige und außergewöhnliche Schwankungen ausschaltenden Kostenwerten. Die Normalkosten !) Für die Preisstellung ist der Börsenpreis des Materials am Tage der Angebotsbestätigung maßgebend. Grundpreis ist der Basiswert für Umrechnungstabellen, aus denen die für den jeweiligen Kurswert erforderlichen Zu- und Abschläge zum Grundpreis ermittelt werden. Sofern keine Tabellen vorhanden sind, muß der jeweilige Tageswert unmittelbar berücksichtigt werden.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
331
werden ermittelt auf Grund von Erfahrungswerten, Untersuchungsergebnissen der Vergangenheit und Berechnungen des Kostenaufwandes. Die Normalkalkulation kann bei Erzeugnissen durchgeführt werden, für die eine Wiederholung der Produktion — die Voraussetzung jeder Normung ist — gegeben ist. Da die typisierte Serienfabrikation in der Kabelfertigung vorherrscht, kann sie sich auf wesentliche Teile der Kostenträger erstrecken. Außerdem liegen durch ein langjähriges Rechnungswesen sichere Erfahrungswerte vor, und der Aufbau der Erzeugnisse erlaubt eine relativ genaue Berechnung des Materialein satzes. Die Normalkalkulation geht von Grundtypen aus. Die Produktionsstufen werden einzeln kalkuliert, so daß bei der Kalkulation einzelner Aufträge nur die typenmäßig vorliegenden Kalkulationselemente zusammengestellt werden. Dieses Vorgehen wird ermöglicht durch Einrichtung einer Kalkulationskartei. Sie enthält die Einzelkalkulationen auf getrennten Karten, so daß sie leicht zur Kalkulation einer bestimmten Type kombiniert werden können. Die Differenzierung der Kalkulation wird zumindest wie folgt vorgenommen: (1) Kabel a) Leiter b) blanke Kabel (einschl. Bleimantel) c) Bewehrung über Blei (2) Leitungen a) Leiter b) Isolation.
Innerhalb der einzelnen Bereiche erfolgen wiederum Unterteilungen. Die Kalkulation einer leichten Gummischlauchleitungist beispielsweise unterteilt in: (1) (2) (3) (4)
Kalkulation Kalkulation Kalkulation Kalkulation
des Kupferleiters, der Gummimischung für die Ader, der Gummimischung für den Mantel, der Leitung.
Die Normalkalkulationen werden für die Angebotsabgabe und die Kalkulation von Fabrikationsaufträgen verwendet. Sie sind gleichzeitig Unterlagen für die Ausgabe von Materialbezugscheinen und Lohnscheinen. b) B e r e i c h s k a l k u l a t i o n In der Bereichskalkulation werden die nach Fertigungsbereichen zusammengefaßten Istkosten pro Zeiteinheit kalkuliert (im allgemeinen monatlich). Die Fertigungsbereiche entsprechen in der Kabelindustrie einer Kostenträgergruppe. Inwieweit die Kostenträgergruppen unterteilt werden können, hängt von dem Aufbau des Fertigungsprozesses und den damit verbundenen Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Kostenzurechnung ab. Im allgemeinen können die folgenden Bereiche kalkuliert werden: Starkstromkabel Fernmeldekabel H ochfrequenzkabel Sonstige Schwachstromkabel Rohrdrähte
332
Kalkulation Bleimantelleitungen Sonstige gummiisolierte Starkstromleitungen Feuchtraumleitungen Lackleitungen Sonstige Schwachstromleitungen Lackdrähte Seidendrähte Baumwolldrähte Sonstige isolierte Drähte Telefonschnüre Sonstige Schnüre.
Durch Hinzunahme der Ertragsrechnung wird die Bereichskalkulation außerdem zu einer Betriebsergebnisrechnung erweitert. Sie gibt mithin Auskunft über: (1) entstandene Kosten je Fertigungsbereich, (2) Bestandsveränderungen der Halb- und Fertigerzeugnisse je Fertigungsbereich, (3) Betriebsergebnisse je Fertigungsbereich.
Wesentliche Grundlage der bereichsweise durchgeführten Kostenträger- und Ergebnisrechnung sind zutreffende Normalkalkulationen, da die anfallenden Istkosten gemeinsam mit den Normalkosten der fertigen und der umgesetzten Leistungen verrechnet werden müssen. Unrichtige Normalkalkulationen bewirken, daß die Abweichungen in den Bestandsveränderungen verrechnet und dadurch unzutreffende Betriebsergebnisse ausgewiesen werden. c) K a l k u l a t i o n des Mehr- u n d M i n d e r v e r b r a u c h s Der Mehrverbrauch von Material und Lohn wird erfaßt durch besonders gekennzeichnete Mehrverbrauchsbelege, die von der Arbeitsvorbereitung auf Grund von Fehlermeldungen ausgegeben werden. Er wird nach Fehlerursachen und Erzeugnistypen bzw. Aufträgen kalkuliert. Erhebliche Abweichungen vom Normverbrauch machen Überprüfungen der Fertigung, der Normalkalkulation oder der Berechnung des Materialeinsatzes erforderlich. Die Kontrolle des Mehrverbrauchs ist für den Materialeinsatz nur wirksam, wenn gleichzeitig der Minderverbrauch festgestellt wird. Andernfalls können sich in den Werkstätten Materialbestände ansammeln, die zur Abdeckung von Mehrverbrauch verwendet werden, wodurch eine Kontrolle der Abweichungen undurchführbar wird. Die Erfassung des Minderverbrauches erfolgt durch Stichproben über die Materialbestände in den Fertigungsabteilungen und durch laufende Überprüfung des Rückflusses der Materialbelege. Der Minderverbrauch kann weder nach Erzeugnistypen noch nach Aufträgen kalkuliert werden, da eine auftragsweise Erfassung und Rücklieferung des nicht verbrauchten Materials aus wirtschaftlichen Gründen undurchführbar ist. Lediglich bei laufenden Überprüfungen wird es möglich sein, ein sprunghaftes Anwachsen der Bestände bestimmten Typen oder evtl. einzelnen großen Aufträgen zuzurechnen.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
333
d) G e w i c h t s k a l k u l a t i o n Durch gewichtsmäßige Untersuchungen der fertigen oder halbfertigen Erzeugnisse werden Materialbeschaffenheit, Einhaltung der vorgeschriebenen Materialstärke und tatsächlicher Materialverbrauch überprüft. Hierdurch werden insbesondere Verbrauchswerte solcher Materialien gewonnen, die den einzelnen Typen nicht direkt zugerechnet werden können. Die Gewichtskontrollen erfolgen auf Grund von sog. „Prüf-Enden", die nach bestimmten Produktionsphasen bzw. von den fertigen Kabeln und Leitungen abgetrennt werden. Die Wägungen werden auf Präzisionswaagen durchgeführt, so daß auch für kurze Prüf-Enden eine große Genauigkeit erzielt werden kann. Um die Materialgewichte der gefertigten Längen ermitteln zu können, muß angenommen werden, daß die Prüf-Enden der Struktur der gesamten Länge entsprechen. Obwohl die Kabel- und Leitungsfertigung keine Präzisionsarbeit ist, erlaubt die Fertigungsgenauigkeit dennoch eine derartige Annahme (Toleranz etwa 5%). Es ist jedoch zweckmäßig, die Prüf-Enden an verschiedenen Stellen der gesamten Länge abzunehmen, um dadurch Durchschnittswerte für die gefertigten Längen zu erhalten. Die Kalkulation der tatsächlichen Materialgewichte kann infolge der Schwierigkeit der Untersuchungen keine Nachkalkulation aller Kostenträger ermöglichen. Die Auftrennung der Prüf-Enden, die Scheidung in einzelne Bestandteile und die Wägung der Materialien sind wegen der erforderlichen Genauigkeit und der Vielzahl der Materialien sehr kostspielig. Die Mengenrechnung findet deshalb nur als stichprobenweise Nachkalkulation im Zusammenhang mit einer Bereichs- oder Normalkalkulation Anwendung. In Bereichen, in denen laufend größere Mehr- oder Minderaufwendungen festgestellt werden, können die Abweichungen durch einmalige Einzeluntersuchungen analysiert und ausgeschaltet werden. Beispiel 1000 Meter — Normalkalkulation der Fabrikatetype NLH 2 X 0,75 mm 2 (zwei verseilte Adern, gummiisoliert, Querschnitt 0,75 mm2). Die Kalkulation besteht aus zwei Teilen: 1. Arbeitsblatt zur Normalkalkulation, 2. Kostenzusammen Stellung. Zu 1.: Das Arbeitsblatt enthält die Grundkalkulation der einzelnen Fertigungsvorgänge, die aus der typenweise geordneten Kartei der Normalkalkulation entnommen und entsprechend dem Fabrikateaufbau zusammengestellt werden. Für die zu kalkulierende Erzeugnistype werden die folgenden Grundkalkulationen in dem Arbeitsblatt zusammengefaßt: 1. Kalkulation des Leiters, 2. Kalkulation der Leiterbedeckung (Gummimischung und Fertigungsvorgang), 3. Kalkulation der Aderverseilung,
334
Kalkulation Arbeitsblatt
zur
T y p e : NLH 2 x 0,75 mm 2 Materialkosten
Materialart bzw. Fertigungsvorgang
Stück- Gewicht liste Nr. kg
(1) L e i t e r : Cu-Draht 0,20 mm 0 Drall 2 % Würgen der Litze Umwickeln der Litze
1 2
7,0
Leiter (Summe) (2) L e i t e r b e d e c k u n g : Gummi-Mischung R 633/17, 0,5 mm Bedecken des Leiters Umbau Vulkanisieren Nachsehen, Ausbessern Bedeckung (Summe)
3
12,3 24,6
(3) A d e r v e r s e i l u n g Anwinkeln zum Verseilen . . . . Drall 2 % (v. Doppelader bedeckt). Verseilen der Ader
4
(5) P r ü f u n g Vorprüfung Hauptprüfung Prüfung (Summe)
5
—
300,00 300,00
20,70 —,30
Materialpreis
—
145,60
—
—
35,0
35,0
21,00 7,72
7,72
28,72 57,44
1,15
0,5 0,5
—
(4) M a n t e l Gummi-Mischung R 604/11, 0,7 mm Mantel spritzen und vulkanisieren Umbau Nachsehen, Ausbessern, Ringe wickeln Mantelung (Summe)
5,3
5,3
—
(1 + 2) Z w i s c h e n s u m m e : B e d e c k t e Ader Einzelader bedeckt (1 + 2). . . . Doppelader bedeckt 2 x (1 + 2) .
Verseilung (Summe)
6,9 0,1
DM/100 kg
Materialeinzelkosten (Gewicht X Preis) DM
—
136,00
—
1,15 47,60
47,60
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
335
Normalkalkulation K a l k u l a t i o n s e i n h e i t : 1000 m Fertigungskosten Materialgemeinkosten
% 4 4
—,83 —,oi
—,62
1753 1754
-
1,46 2,92
—,06
1766 1766 1768 1769 -
—
1744 1743 —
8
—
55 20 75
—
— 62
-
Minuten
DM
—,84 8
Arbeitsgang Nr.
35 11 20 50 116
191 382
50 120 170
Lohnfaktor
Fertigungslohn
DM
DM
%
DM
2,30 2,30
1,27 —,46
180 200
2,29 — 92
—
2,00 2,00 2,80 2,50 —
—
2,50 2,70 —
1,73
—,70 — 22 —,56 1,25 2,73
4,46 8,92
Fertigungsgemeinkosten
—
3,21
250 250 280 160
1,75 0,55 1,57 2,00
—
5,87
—
9,08 18,16
1,25 3,24
200 180
2,50 5,83
4,49
—
8,33
280 280 160
9,41 1,18 5,60
—,06 3,81
3,81
1776 1776 1779 —
1301 1302 —
120 15 140 275 45 100 145
2,80 2,80 2,50 —
2,00 3,00 —
3,36 —,42 3,50 7,28 —,90 3,00 3,90
—
16,19
250 250
2,25 7,50
—
9,75
336
Kalkulation
4. Kalkulation des Mantels (Gummimischung und FertigungsVorgang), 5. Kalkulation der Fabrikateprüfung. Die in der Kalkulationskartei enthaltenen Materialmengen und Fertigungszeiten werden in das Arbeitsblatt übernommen und mit den Materialpreisen bzw. Lohnfaktoren bewertet. Außerdem werden die Materialgemeinkosten und die Fertigungsgemeinkosten errechnet. Die Grundkalkulationen erfolgen entsprechend dem Aufbau der Normalkalkulation für eine Fertigungslfinge von 1000 m. Sie werden in dem Arbeitsblatt getrennt aufgeführt. Ihre Addition und Zusammenfassung nach Kostenarten erfolgt anschließend in dem Kostenzusammenstellungsbogen. Für das kalkulierte Fabrikat muß jedoch nach den Grundkalkulationen des Leiters und der Leiterbedeckung eine Zwischensumme gebildet werden, da das Erzeugnis zwei Adern enthält. Die Kosten für 1000 m bedeckte Adern müssen deshalb für die Fabrikationslänge von 1000 m Leitung verdoppelt werden. Die Bildung der Zwischensumme und die Verdoppelung der Kosten sind außerdem erforderlich, weil der bei der Aderverseilung entstehende Drall auf Grund eines prozentualen Verhältnisses zu den Kosten für 2000 m bedeckte Leiter verrechnet wird.
Kosten Zusammenstellung T y p e : NLH 2 X 0,75 mm 2 Aufbauplan-Nr.: 534/L Arbeitsanweisungs-Nr.: 1534/L
Kostenträgergruppe: Gummileitungen Fabrikationslänge: 1000 m
Fertigungsmaterial Materialgemeinkosten
106,19 6,79
Materialkosten
112,98
Fertigungslohn Fertigungsgemeinkosten
24,59 52,43 77,02
Fertigungskosten Zwischensumme
190,00
Mehrkostenzuschlag (Gruppengemeinkost.) 4,5% v. Zw.Summe| Herstellkosten Entwicklungskostenzuschlag Verwaltungskostenzuschlag Vertriebskostenzuschlag
198,55 2% v. Herstellkosten 6% v. Herstellkosten 11,91 5% v. Herstellkosten 9,93
Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten Selbstkosten
8,55
3,97
21,84 224,36
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
337
Zu 2.: In der Kostenzusammenstellung werden die Grundkalkulationen nach Kostenarten zusammengefaßt. Außerdem werden die kalkulatorisch verrechneten Mehrkosten, Entwicklungskosten, Verwaltungskosten und Vertriebskosten als prozentualer Kostenzuschlag berücksichtigt. Das Ergebnis der Kostenzusammenstellung sind die Selbstkosten des kalkulierten Fabrikats. 359. Kalkulation in der Spielwarenlndustrle
3590. Das Saisonproblem Charakteristisch für die Spielwarenindustrie ist die schwere Belastung mit Saisonschwankungen: der Absatz konzentriert sich in starkem Maße auf die Weihnachtszeit, die Hochsaison fällt in die Monate August bis November. Die Bemühungen der Branche um einen Saisonausgleich werden dadurch erschwert, daß 1. Spielwaren zu einem großen Teil Modegüter sind und damit einem raschen Wechsel unterliegen, 2. wegen der umfangreichen Sortimente große Vorräte in den einzelnen Artikeln nicht möglich sind, 3. die zum Saisonausgleich geeignete Produktion auf Lager hohe Kapitalbeträge erfordert, die aber in der Spielwarenindustrie in den meisten Fällen nicht beschafft werden können, da die meisten Betriebe kapitalschwache Kleinst- und Zwergbetriebe sind. Wo alle drei Punkte zusammentreffen, so z. B. im Sonneberger Kreis, können in der umsatzschwachen Zeit Kurzarbeit und Betriebsstillegungen nicht vermieden werden. Die größeren Betriebe der Branche dagegen haben — mit Erfolg — alle betriebspolitischen Mittel eingesetzt, um die negativen Auswirkungen der Absatzschwankungen auf die Beschäftigung auszuschalten. Eine solche Politik ist vor allem deshalb notwendig, weil die für die Spielwarenproduktion so notwendigen Facharbeiter während des ganzen Jahres beschäftigt werden müssen, wenn man sie nicht verlieren will. Die betriebspolitischen Mittel für den Beschäftigungsausgleich sind im wesentlichen die folgenden: 1. Zweckmäßige S o r t i m e n t s g e s t a l t u n g : a) Kombination von laufend verkäuflichen und Saison-Spielwaren. Laufend verkäuflich sind Stoffspielwaren, Zimmerspiele und Babyspielzeug; sie können das ganze Jahr über verkauft werden. Saison-Spielwaren dagegen sind alle teuren Spielzeuge, wie Puppenwagen, Roller, Kinderautos usw. Trotz ihres teilweisen Charakters als Sommerspielzeuge werden sie fast ausnahmslos vor Weihnachten verkauft; b) Kombination von Inlands- und Exportartikeln; c) Produktion auch von Erwachsenenspielzeugen und Artikeln für Sommerfeste, Karneval usw.; 2. Produktion auf L a g e r (allerdings nur von Standardspielzeug —• kurzfristige Modeschwankungen); 3. Anwendung von S t a f f e l r a b a t t e n .
Die Zweckmäßigkeit dieser betriebspolitischen Maßnahmen muß kalkulatorisch laufend überprüft werden, und zwar durch: M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
22
338 a) b) c) d)
Kalkulation Fabrikateerfolgsrechnung zur Kontrolle der Sortimentsweite; Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen zur Kontrolle der Lagerpolitik; Ermittlung der Gewinnspannen je Stück zur Festsetzung der Rabattsätze; Ermittlung der Mehrkosten der Überbeschäftigung in der Hochsaison.
Voraussetzung dieser kalkulatorischen Arbeiten ist in jedem Falle eine B e t r i e b s a b r e c h n u n g , dazu eine Vorkalkulation der einzelnen Produkte. Eine hundertprozentige Nachkalkulation ist wegen der großen Artikelzahl nicht möglich, aber auch nicht notwendig; eine stichprobenweise Nachkalkulation kann aber nicht entbehrt werden. 3591. Gliederung der Spielwaren Die Problematik der Kalkulation ist nicht in allen Spielwarenbetrieben die gleiche. Für Kalkulationszwecke empfiehlt sich eine Untergliederung nach dem Rohstoff: Metall-, Holz-, Papier- und Papiermache-, Stoff-, Kunststoff-, Gummi-, Porzellan-, Glas-, mechanische Spielwaren, Puppen.
Jede dieser Gruppen weist ein anderes, dem speziellen Rohstoff angepaßtes Produktionsverfahren auf. 3592. Vorkalkulation Bei der Vorkalkulation eines im Kunststoffspritzverfahren hergestellten Artikels (der hier als Beispiel genommen werden soll), sind folgende Überlegungen anzustellen: Für die Ausübung des Spritz Verfahrens ist ein K u n s t s t o f f s p r i t z a u t o m a t erforderlich. Die durchschnittlichen Verhältnisse in der Spielwarenindustrie haben gezeigt, daß überall dort, wo nur eine Maschine Verwendung finden kann, eine Maschine mit einer Schußleistung von 100 Gramm die besten Anwendungsmöglichkeiten bietet. Dabei beträgt die maximal bespritzbare Fläche 350 qcm und die erreichbare Schußzahl pro Minute 4. Der Richtpreis ab Werk betrage 18600,— DM. Spritzmaschinen sind auf schnelle und dauernde Massenfertigung eingestellt. Reparaturen treten höchst selten auf. Bei dauernder Inanspruchnahme kann mit einer Einsatzfähigkeit von mindestens fünf Jahren gerechnet werden. Die Handhabung der Automaten ist leicht erlernbar; es finden an den Spritzmaschinen nur angelernte Kräfte Verwendung, die im Zeitlohn arbeiten, da sich Akkordspritzen nicht bewährt hat. Die Gesamtkosten des Maschinenprozesses werden in einem M a s c h i n e n k o s t e n s t u n d e n s a t z ausgedrückt, der bei bereits in Einsatz befindlichen Maschinen von der Betriebsabrechnung angegeben, sonst aber von der Vor-
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
339
kalkulation an Hand der technischen Daten der Maschine errechnet wird. Er betrage in unserem Beispiel 4,30 DM je S t u n d e . Jeder Artikel erfordert eine besondere Spritzform. Die Spritzformen werden aus Stahl von Spezialkräften hergestellt. Der Preis richtet sich nach der Schwierigkeit der Form. Die Lebensdauer ist fast unbegrenzt. Deshalb wird die Abschreibungsquote durch die voraussichtliche Absatzmenge bestimmt. Es soll ein Artikel hergestellt werden, dessen Gewicht in Kunststoff 20 g beträgt, was einer Flächenausdehnung von 16 cm2 bei gleichmäßiger Wandstärke von 1,2 mm entspricht. Der Preis für eine vierfach fallende Form hierfür beträgt 3600,— DM. Die Absatzmenge wird auf 400000 Stück geschätzt. Wählt man als Kalkulationseinheit 1000 Stück, dann ergeben sich als Formkosten: 3600 X 1000 el00QStück J 400000 Beim Kunststoffspritzen finden in der Spielwarenindustrie die Spritzmassen Polystyrol, Trolitul, Vestyron und Cellit Anwendung, deren Preise sich zwischen 3,75 und 6,— DM je kg bewegen sollen. Abfall gibt es bei Spritzmassen nicht, denn sie sind reversibel thermoplastisch, d. h. sie werden bei neuerlicher Erhitzung wieder plastisch. Alle anfallenden Abfälle können also wieder neu verspritzt werden. Auf Grund des Artikelvolumens können die Gewichte jedes Artikels leicht errechnet werden. Da die Materialkosten den Hauptkostenposten ausmachen, bemüht man sich, das Artikelgewicht möglichst niedrig zu halten. Für die Herstellung von 1000 Stück des neuen Artikels sind nach den oben angegebenen Daten 20 kg Kunststoffmasse erforderlich; bei einem Kilopreis von 3,75 DM macht das M a t e r i a l k o s t e n in Höhe von 75,— DM. Der gespritzte Kunststoffartikel kann noch eine B e m a l u n g mittels Pinsel oder eine Farbgebung durch Aufspritzen oder Tauchen erfahren. Auch hierfür werden S t u n d e n s ä t z e errechnet. Bei einem Stundensatz für das Spritzverfahren von 3,40 DM und fünf Arbeitsstunden je 1000 Stück ergeben sich Farbgebungskosten in Höhe von 17,— DM. Danach ergibt sich folgende G e s a m t v o r k a l k u l a t i o n : M a t e r i a l k o s t e n (20 kg x 3,75 DM) 3600 x 1000
Formanteilkosten —
75 — DM
—
9,— DM
400 000
S p r i t z k o s t e n (2 Stunden zu 4,30 DM)1) F a r b g e b u n g (5 Stunden zu 3,40 DM)
Herstellkosten
8,60 DM 17,— DM 109,60 DM
Die Herstellkosten je Stück betragen demnach 10,96 Dpf. *) Die S p r i t z z e i t errechnet sich wie folgt: Da das Teil keine starken Querschnitte aufweist, die eine lange Erstarrungszeit erfordern, sind 2,5 Schuß je Minute ohne weiteres zu erreichen. Rechnet man je Stunde eine reine Fertigungszeit von 50 Min. (Erfahrungssatz), dann können mit einer v i e r f a c h fallenden Form 500 Stück des Spielzeuges in der Stunde hergestellt werden ( 2 , 5 x 5 0 x 4 ) . Die Zeit für die Herstellung von 1000 Stück beläuft sich dann auf das Doppelte. 22*
340
Kalkulation 3593. Nachkalkulation 35930. Divisionskalkulation
Die D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n kann in der Spielwarenindustrie nur bei der Herstellung von Glasmurmeln und Weihnachtsbaumkugeln angewendet werden. Auch hier ist die Erzeugung zwar nicht völlig einheitlich; es werden vielmehr Murmeln und Kugeln unterschiedlicher Größe und Farbe hergestellt. Trotzdem gibt es aber nur e i n e n Kostenträger, nämlich das gleichbleibende S o r t i m e n t , worunter man eine bestimmte Zusammenstellung verschiedener Kugeln versteht. Die Gesamtkosten können durch die Zahl der hergestellten Sortimente dividiert werden; damit sind die Einheitskosten ermittelt. In Anbetracht der Differenzen zwischen Erzeugung und Absatz muß die einstufige Divisionskalkulation angewendet werden, bei der mit zwei Bereichen — Fertigung und Vertrieb — gearbeitet wird. Die meisten Betriebe der Glas-, Papier-, Stoff-, Papiermache-, Holz-, Gummiund Puppenspielwarenindustrie sowie auch einige Betriebe der Metall- und mechanischen Spielwarenindustrie stellen S o r t e n her. Alle diese Betriebe können die Ä q u i v a l e n z k a l k u l a t i o n anwenden. Die Eigenarten des Produktionsablaufes bedingen regelmäßig die Bildung mehrerer Äquivalenzreihen; zuweilen ist es auch möglich, mit einer Reihe in der Fertigung auszukommen und die anderen Bereiche durch einfache Division zu verrechnen. So sind in der Porzellanbranche je eine Zahlenreihe für den Material-, den Fertigungs- und den Verwaltungs- und Vertriebsbereich nötig. Das gleiche gilt für die Atrappen-, Papiermache- und Papierspielwarenindustrie. In der Puppen- und Plüschwarenindustrie kann nur die F e r t i g u n g mittels Äquivalenzzahlen abgerechnet werden. Der unterschiedliche Verbrauch an Einsatzmaterial je Sorte verhindert eine Gleichwertigmachung der Kosten in diesem Kostenbereich und damit die Äquivalenzrechnung. Deshalb müssen die Materialkosten direkt je Sorte erfaßt werden. Die Verteilung der Verwaltungs- und Vertriebskosten ist dagegen durch einfache Division möglich. Die Kalkulation der Plüschwarenfabrikation wird weiter unten noch genauer dargestellt. Die s u m m a r i s c h e Z u s c h l a g k a l k u l a t i o n (ein Zuschlag auf die Summe der Einzelkosten) findet vor allem Anwendung bei den m e t a l l v e r a r b e i t e n den Spielwarenbetrieben des Nürnberger Raumes. Auch bekannte Markenfirmen verfahren in der Weise, daß sie zwar Lohn- und Materialkosten relativ genau feststellen, die Gemeinkosten jedoch mit einem brancheüblichen Zuschlagsatz von durchschnittlich 40% auf die Summe der Einzelkosten abdecken. Für die Selbstkostenermittlung von mechanischen Kleinautos, Singkreiseln und Trompeten bilden nur die L ö h n e die Basis der Gemeinkostenzurechnung. Als Beispiel sei die Kalkulation eines Kleinautos von 8 cm Länge (Volkswagennachbildung) in einem Nürnberger Werk gezeigt:
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen Entstandener Einzellohn + 200% Unkostenzuschlag + Material Lithographiertes Blech inkl. Abfall Laufwerk Achsen und Räder Verpackungsmaterial
341 0,34 DM 0,68 DM
0,26 0,36 0,18 0,06
DM DM DM DM
Selbstkosten
0,86 DM 1,88 DM
Auch die weiterentwickelte Form der e i n f a c h d i f f e r e n z i e r e n d e n Zus c h l a g k a l k u l a t i o n kann zuweilen in der Praxis beobachtet werden. Nach dieser Methode hat das oben genannte Beispiel folgendes Aussehen: Material Blechplatine Laufwerk Achsen und Räder Verpackungsmaterial
0,26 0,36 0,18 0,06
DM DM DM DM
0,86 DM
Lohn für Maschinenarbeit für Handarbeit
0,20 DM 0,14 DM
0,34 DM
Zuschläge auf Material 10% auf Maschinenarbeit 250% auf Handarbeit 65%
0,09 DM 0,50 DM 0,09 DM
0,68 DM
Selbstkosten
1,88 DM
Die Beliebtheit dieser einfachen Formen der Zuschlagkalkulation beruht darauf, daß sie die Aufstellung eines BAB nicht voraussetzen und die Zuschlagsätze zum Teil ohne jegliche Nebenrechnung als brancheüblich übernommen werden. Die Z u s c h l a g k a l k u l a t i o n in voll a u s g e b i l d e t e r F o r m mit Stellenrechnung findet nur in einigen Betrieben der Metallspielwarenindustrie Anwendung. 35931. Äquivalenzkalkulation (bei der Fabrikation von Plüschspielwaren)
Das Beispiel bezieht sich auf die Herstellung von Teddybären, die als Sortenfertigung vor sich geht. Wegen der ungleichen Verhältnisse, die im Materialverbrauch, im Fertigungs-, Verwaltungs- und Vertriebsbereich zwischen den einzelnen Sorten bestehen, muß die d i f f e r e n z i e r e n d e S o r t e n k a l k u l a t i o n angewendet werden. Abgerechnet wird die Produktion des Monats November (Saison I). Der Betrieb fertigt neun Teddysorten und hat im November folgendes Fertigungsprogramm :
342
Kalkulation Sorte
Größe
I II III lila IV V Va VI Via
25 36 42 42 45 48 48 60 60
Menge in Dtz.
cm cm cm cm cm cm cm cm cm
75 65 60 40 60 90 90 60 60
Kurzhaar Kurzhaar Kurzhaar Zottel Kurzhaar Kurzhaar Zottel Kurzhaar Zottel
abgesetzt werden: Sorte
Menge in Dtz.
I II III lila IV V Va VI Via
125 115 110 100 100 120 140 90 110
Die Sorten l i l a , Va und Via können in der Sortenrechnung in allen Bereichen mit den entsprechenden Grundsorten zusammengefaßt werden, da sie zu gleichen Kosten führen; ausgenommen ist lediglich der Plüsch verbrauch, der besonders berechnet wird; auch hier ist aber nur der W e r t , nicht die Menge unterschiedlich. Die Zurechnung der Kosten geschieht folgendermaßen: E i n s a t z m a t e r i a l : Zum Einsatzmaterial zählen Plüsch, Holzwolle, Nessel, Garniermittel, Splinte, Unterlegscheiben, Pappscheiben, Ösenaugen, Stimmen und Band. Sorte
Plüsch qm
Nessel qm
I II III IV V VI
16,30 31,25 40,75 43,50 46,20 67,90
1,0 1,5 1,8 1,9 2,0 2,65
Holzwolle kg fein mittel 4 18 24 28 33 57
Garniermittel in DM
8 14 16 18 21 38
2,00 3,00 3,50 4,50 5,00 9,00
Die Werte beziehen sich jeweils auf 10 Dutzend jeder Sorte. Außerdem werden für jeden Teddy, gleich welcher Größe, fünf gleiche Splinte verbraucht. Bei Papp- und Unterlegscheiben werden zwei Sorten verwendet, der Mengenverbrauch ist jedoch ebenfalls gleich. Ebenso werden zwei Augentypen und zwei Stimmen (Kipp- und Druckstimmen) verwendet.
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen
343
Die Unterschiedlichkeit des Einsatzmaterialverbrauchs gestattet die Anwendung eines summarischen Zurechnungsverfahrens nicht. Hier muß also Einzelzurechnung an Hand von Materialentnahmescheinen angewendet werden. K o s t e n des F e r t i g u n g s b e r e i c h e s : Da sich in diesem Bereich der Kostenanfall nach der Fertigungszeit richtet, werden die Äquivalenzzahlen auf der Basis der Verarbeitungslohnstunde gebildet. Die Grundlage für die Ermittlung der Äquivalenzzahlen bilden die Normalfertigungszeiten,: (je 10 Dutzend) Kostenstellen Zuschneiderei Näherei Stopferei Zügelei Garniererei Zusammenbau Stimmerei Fertigmacherei
Sorte I
Sorte II
Sorte III
Sorte IV
Sorte V
Sorte VI
10,30 17,15 31,15 21,15 23,30 10,15 3,30 4,30
12,00 21,15 47,30 31,15 29,45 13,00 6,30 6,15
13,00 22,30 57,30 36,45 33,30 14,45 8,00 7,00
14,00 23,30 62,30 39,15 35,45 15,45 8,45 7,30
15,00 24,45 67,45 42,15 38,45 16,30 9,15 8,45
20,00 30,30 87,00 58,30 53,00 25,00 14,00 11,00
122
167
193
207
223
299
Die Ermittlung der Äquivalenzzahlen des Fertigungsbereiches geschieht nun in der Weise, daß wir die Fertigungszeiten der sechs Sorten zueinander ins Verhältnis setzen. Die Sorte I wird mit „1" bewertet, woraus sich folgende Reihe ergibt: Sorte I II III IV V VI
=1,00 = 1,40 = 1,60 = 1,75 = 1,90 = 2,50
K o s t e n des M a t e r i a l b e r e i c h e s : Sie werden im Kostenstellenbogen erfaßt und nach dem Divisionsverfahren den Sorten zugeteilt (Kosten des Materialbereiches dividiert durch hergestellte Dutzendzahl). K o s t e n des T e c h n i s c h e n B ü r o s , das fürdie laufende Entwicklung, Neuschöpfungen, die Produktionsvorbereitung und -Überwachung tätig ist, werden ebenso wie die Kosten des Materialbereiches durch Division auf die in Dutzend gemessene Herstellung verteilt. V e r w a l t u n g s - u n d V e r t r i e b s k o s t e n : ebenfalls gleiche Division. Das Kalkulationsverfahren ist also eine M i s c h u n g von Divisionskalkulation, Äquivalenzkalkulation und direkter Zurechnung wie bei Zuschlagkalkulation.
Die Kalkulation wird in dieser Form aufgemacht, um sie so wirtschaftlich wie möglich zu gestalten.
Kalkulation
344
Gesamt
Sorte I DM
Sorte III
Sorte II
Dtz.
DM
Dtz.
DM
Dtz.
. . . .
24011
1083
75
1731
65
3800
100
2. Materialwesen-Division . . . . (1921 : 600 = 3,2 DM/Dtz.)
1921
240
75
209
65
320
100
3. Techn. Büro-Division . . . . (1469: 600 = 2,45 DM/Dtz.)
1469
183
75
159
65
245
100
. . . .
16393
1146
75 RE
1390
91 RE
2 445
160 RE
. . . . 5. Verwaltungs-Division (3390 : 600 = 5,65 DM/Dtz.)
3390
424
75
367
65
565
100
6. Vertriebs-Division 1 ) (4882 : 600 = 8137 DM/Dtz.)
4882
609
75
529
65
814
100
52066
3685
75
4385
65
8189
100
52066
3 685
75
4385
65
4913
60
1. Einsatzmaterial direkt
4. Fertigungs-Äquivalenz (15278 DM/RE)
I. Zwischensumme . . . . 7. Verteilung auf d. a-Sorten
. .
8. Zus. Einsatzmaterial
784
9. Verpackungsmaterial
216
9
75
12
65
15
60
53066
3694
75
4397
65
4928
60
II. Entstandene Kosten 10. Normalselbstkost, je 10 Dtz.
. . .
_
484,20
665,80
812,60
III. Verrechnungsergebnis . .
— 523
— 63
IV. Normalselbstkosten.
52543
3 631
75
4328
65
4876
60
35489
2421
50
3329
50
4063
50
V. N.-Selbstko. d. fakt. Leist.
88032
6052
125
7 657
115
8939
110
12. Umsatzst., Prov., Frachten . .
4459
272
125
371
115
351
110
VI. Selbstkost. inkl. Sonderk.
92 491
6324
125
8028
115
9290
110
104625
6 750
125
8 625
115
10230
110
. . . .
12134
426
IX. Verrechnungsergebnis . .
— 523
X. Betriebsergebnis . . . .
11611
. .
11. Bestandsänderung
VII. Umsatzertrag V I I I . Umsatzergebnis
— 69
597
— 52
940
Im laufenden J a h r werden die Verwaltungs- und Vertriebskosten auf den Bestandskonten aktiviert; zum Jahresende sind die Lager geräumt. Eine unzulässige Aktivierung dieser Kosten in der Bilanz tritt also nicht ein.
345
Besonderheiten der Kalkulation bei einzelnen Industriezweigen Sorte Y
Sorte IV
Sorte l i l a
Sorte V a DM
DM
Dtz.
DM
Dtz.
2 453
60
7 724
180
—
—
192
60
576
180
—
147
60
441
180
1604
105 RE
5225
342 RE
DM
Dtz.
—
—
-
—
Dtz.
Sorte VI
Sorte VI a
DM
Dtz.
DM
Dtz.
—
7 220
120
—
—
—
—
384
120
—
—
—
—
294
120
—
—
—
—
4 583
300 RE
—
—
—
—
339
60
1017
180
—
—
678
120
—
—
—
—
488
60
1465
180
—
—
977
120
—
—
—
5223
60
16448
180
—
—
14136
120
5223
60
8224
90
7 068
60
327G
40
•130
40
13
40
18
60
33
3419
40
5241
60
8257
859,30
846,50 — 33
8224
90
331
90
90
41
90
31
90
8596
90
7 099
909,10
947,90
— 75
— 85
7 068
60
323
60
60
44
60
60
7 435
60
1176 —
— 65
—
1233 — — 38
| - 4 3
3386
40
5156
60
8182
90
8531
90
7 056
60
7 397
60
5079
60
3437
40
2727
30
4740
50
3528
30
6165
50
8465
100
8593
100
10909
120
13271
140
10584
90
13562
110
456
100
485
100
553
120
639
140
649
90
683
110
8921
100
9078
100
11462
120
13910
140
11233
90
14245
110
9900
100
10500
100
13320
120
1638a
140
12 420
90
16500
110
979
1422
1858
2470
1187
2255
Kalkulation
346
Ä q u i v a l e n z r e c h n u n g des F e r t i g u n g s b e r e i c h e s Entstandene Kosten Sorten
Mengen- Äquieinvalenzheiten zahlen
I
75
II III IV V VI
65
100 60 180 120 600
1 1.4 1,6
1,75 1,9 2.5
Kostenrate Rechim Abje Rechnungsnungseinheiten rechnungszeitraum einheit in DM
1146,1390,2 445,1604,5225,4 583,-
75 91 160 105 342 300 1073
Sortenkosten
16393
15.278
16393,-
3 594. Entwicklungskosten und kalkulatorische Zinsen (als besonders wichtige Kostenarten in der Spielzeugindustrie) Die Spielzeugindustrie ist genötigt, ständig neue Produkte zu e n t w i c k e l n . Alle bekannten Metallspielwarenbetriebe wie Märklin, Fleischmann, Schuco, Trix und Distler verfügen daher über einen Stamm von Spielwarenentwicklern und -gestaltern. Märklin und Fleischmann, die sich seit Jahrzehnten prinzipiell mit elektrotechnischen Spielwaren befassen, haben in erster Linie Entwicklungskosten und Konstruktionskosten für laufende Entwicklungen. Für diese Kosten wird eine F e r t i g u n g s h i l f s s t e l l e eingerichtet und die Summe durch Schlüsselung auf die Fertigung umgelegt. Die für ganz neu entwickelte Artikel anfallenden Entwicklungskosten und die umfangreichen Aufwendungen für die Werkzeugherstellung werden als K o s t e n t r ä g e r erfaßt, aktiviert und jährlich abgeschrieben, da im Regelfall diese Artikel dann jahrelang im Fertigungsprogramm des Betriebes verbleiben. Daneben gibt es einige Herstellfirmen, die n u r von der Entwicklung leben. Für diese Unternehmen ist die Einrichtung eines Entwicklungs- und Konstruktionsb e r e i c h es unumgänglich. Entweder kann man bei solchen Verhältnissen die Entwicklungskosten als Gruppengemeinkosten verrechnen, oder man wählt die Methode, die aufgewendeten Kosten für die fündigen Entwicklungen den Artikeln direkt zu belasten und die Kosten für die Fehlentwicklungen als Wagnisverlust zu verrechnen. Neben der Entwicklung bilden die k a l k u l a t o r i s c h e n Z i n s e n eine besonders wichtige und schwierige Kostenart. In den meisten Zweigen der Spielwarenindustrie ist das betriebsnotwendige Kapital hinsichtlich Höhe und Zusammensetzung ständig Änderungen unterworfen. Durch die in etwa konstante
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
347
Produktion und den nur in wenigen Monaten vorhandenen Absatz wird die Bezahlung von Material, Löhnen, Gehältern, Steuern usw. in den Sommermonaten oft zum Kardinalproblem der Betriebe. Hierfür werden häufig Bankund Lieferantenkredite aufgenommen, die erst in der Saison abgedeckt werden können. Die Höhe des betriebsnotwendigen Kapitals schwankt also vor allem entsprechend den laufenden Änderungen in der Yorratswirtschaft. Der Errechnung des betriebsnotwendigen Kapitals und damit der kalkulatorischen Zinsen kann man daher nicht lediglich Anfangs- und Schlußbilanz zugrunde legen, sondern muß den Durchschnitt aus den zwölf Monatsbilanzen errechnen. Wie notwendig ein solches Vorgehen ist, kann aus dem folgenden Beispiel entnommen werden, das die Bestandsentwicklung des Fertiglagers einer Teddybärenfabrik zeigt: 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 31.
Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Dezember
10 300 31 000 47 500 22 200 37 300 65 700 98 500 137 000 179 000 226 000 190 500 148 000 8 700
DM DM DM DM DM DM DM DM DM DM DM DM DM
Im Durchschnitt waren somit 92500,— DM im Fertiglager gebunden. Würde man die kalkulatorischen Zinsen lediglich auf den Anfangs- und Schlußbilanzwert berechnen, so wären Zinsverluste in der Kostenrechnung unvermeidbar. 36. Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen 860. Kalkulation in Handelsbetrieben 3600. Arten der Kalkulation Nach der Zielsetzung unterscheidet man die P r e i s k a l k u l a t i o n und die B e t r i e b s ( g e b a r u n g s ) k a l k u l a t i o n . In der Preiskalkulation wird der Preis berechnet, der die für eine Leistung gemachten Aufwände abgilt. Die Betriebs(gebarungs)kalkulation führt einen systematischen Vergleich der Kalkulationszahlen durch, und zwar sowohl zwischen Ist und Ist als auch zwischen Soll und Ist. Weiterhin wird die Kalkulation für eine Reihe von Nebenzwecken verwendet, wie z. B. das Bewerten von Beständen, Kostenvergleiche zwischen Beschaffungs- und Absatzwegen usw. Nach der Spannweite der Kalkulation unterscheidet man im Handel die E i n k a u f s - , die B e z u g s - oder E i n s t a n d s - und die A b s a t z k a l k u l a t i o n . Wird vom Einkaufsrechnungspreis zum Verkaufsrechnungspreis kalkuliert, so spricht man von p r o g r e s s i v e r Kalkulation. Vielfach sind jedoch die Preise durch die Marktlage vorgegeben, so daß der Handelsbetrieb den Verkaufspreis
348
Kalkulation
als Datum betrachten und versuchen muß, einen möglichst günstigen Einkaufspreis herauszuschlagen. In diesenFällen wird vom Verkaufspreis zum Einkaufspreis r e t r o g r a d kalkuliert. Kann der Handelsbetrieb weder den Einkaufspreis noch den Verkaufspreis beeinflussen (etwa bei preisgebundenen Markenartikeln), so wird lediglich die eigene Kostenspanne kalkuliert und der gebundenen Spanne gegenübergestellt. Man spricht hier von D i f f e r e n z k a l k u l a tion. 3601. Unterschiede zwischen Industrie- und Handelskalkulation Ein Unterschied besteht zunächst in der relativen Bedeutung der einzelnen Kostenarten. Im Handel sind es vor allem B e s c h a f f u n g s - , L a g e r u n g s und Absatz(Verkaufs-)kosten, die eine Rolle spielen. — Ein noch wesentlicherer Unterschied besteht in dem Maße, in dem jeder Ware die von ihr verursachten Kosten zurechenbar sind. Wegen der engen A r b e i t s v e r b i n d u n g , namentlich in den Kleinbetrieben des Handels, wird eine genaue Zurechnung sehr erschwert. Beschaffung, Lagerung und Absatz vieler Waren werden durch dieselben Personen, in d e n s e l b e n Räumen, mit denselben zugrunde liegenden Kapitalsummen getätigt. Da aup diesen Gründen die Zurechnung der Kojten auf die Kostenträger nur begrenzt möglich ist, werden vielfach alle Aufwendungen als in Ansehung des Gesamtumsatzes gemacht betrachtet. Die Kosten werden auf die Einzelumsätze auf Grund ihrer „ B e l a s t u n g s f ä h i g k e i t " verteilt. Dies führte zur Entwicklung der sog. branchenüblichen Handelsaufschläge. Einige Artikel, die einen großen Umsatz haben und bei denen scharfe Konkurrenz besteht, werden „äußerst scharf" kalkuliert. Ihre Spannen „decken" vielfach nicht die durchschnittlichen Kosten des Handelsbetriebes. Der Ausgleich wird vom Händler bei anderen Artikeln im Wege der sog. K o m p e n s a t i o n s k a l k u l a t i o n durchgeführt, d. h. es werden andere Artikel, bei denen die Konkurrenz nicht so scharf ist und die Käufer weniger preisbewußt sind, mit reichlicheren Spannen kalkuliert (kalkulatorischer Ausgleich). In der Praxis wird deshalb mit summarischen „Gewinn"zuschlägen gearbeitet. Wir können unterscheiden: 1. den B r u t t o g e w i n n z u s c h l a g , der alle indirekten, aber auch die direkt erfaßbaren Handlungskosten (außer den Beschaffungskosten) sowie den Betriebsgewinn enthält. In seiner absoluten Höhe wird er als Handelsspanne bezeichnet. Die relative Handelsspanne wird als Prozentsatz vom Einstands- bzw. Verkaufspreis ausgedrückt. In beiden Fällen — beim sog. Kalkulationsaufschlag bzw. -abschlag — spricht man auch von der Kalkulationsquote. Das Kalkulationsschema würde etwa folgendermaßen aussehen: Einstandspreis. . . + Kalkulationsquote (Aufschlag) 50%
40,— DM
Verkaufspreis . . .
60,— DM
20,— DM
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
349
oder Verkaufspreis ./. Kalkulationsquote (Abschlag) 33,3%
60,— DM 20,— DM
Einstandspreis
40,— DM,
2. den N e t t o g e w i n n z u s c h l a g , der lediglich die indirekten Handlungskosten und die Kosten, die nicht Aufwand sind, also vor allem Unternehmerlohn und Eigenkapitalzins (im Handel wird der Zins auf das im Lager gebundene Kapital mit ,,Zinsverlust" bezeichnet), und den Betriebsgewinn enthält. Das Kalkulationsschema würde etwa folgendermaßen aussehen: Einstandspreis + (direkte) Handlungskosten + Nettogewinn Verkaufspreis.
Gegen diese beiden summarischen Arten der Spannenkalkulation sind schwere Bedenken zu erheben, da die sich daraus ergebenden Preise in nur geringem Maße kostenorientiert sind. In ihrer einfachsten Form, als summarischer Auf- bzw. Abschlag, ist die Handelsspanne gar keine echte Kalkulationsgröße, denn: 1. wird mit einem festen Prozentsatz gerechnet, der sowohl Kosten als auch Gewinn einschließt; 2. wird keine Rücksicht auf die tatsächliche Koitenbelastung der einzelnen Waren bzw. Warengruppen genommen. Artikel, deren Lagerbestände schnell umgeschlagen werden, werden genauso kalkuliert wie Artikel, die langsam umgeschlagen werden. Die unterschiedliche Verkaufsleistung wird in den meisten Fällen nicht berücksichtigt: der Preis für 4 Viertelpfunde einer Ware ist derselbe wie für 1 Pfund, obwohl im ersten Falle 4 Verkaufsgespräche geführt, 4 Beratungen durchgeführt, 4 Kassenzettel ausgeschrieben werden müssen, die Ware viermal abgefüllt, abgewogen und verpackt werden muß. In ähnlicher Weise nimmt der Handel auch keine Preisdifferenzierungen vor, wenn die Ware „frei Haus" geliefert wird, odei wenn der Kunde die Rechnung „stehen läßt", anstatt sofort bai zu zahlen (durch den 3%igen Barrabatt wird jetzt allerdings eine solche Differenzierung vorgenommen); 3. das traditionelle Denken in Spannen nimmt keine Rücksicht auf Beschäftigungsschwankungen und bezieht Preisänderungen direkt mit ein. Dies würde voraussetzen, daß die Kosten im Handel der Beschäftigung und dem Preis direkt proportional verlaufen. Für diese automatische Rechnung ein Beispiel: Einstandspreis + Aufschlag 50%
1,— DM 0,50 DM
Verkaufspreis
1,50 DM.
350
Kalkulation
Steigt der Preis der Ware auf DM 1,50, so sieht die Rechnung folgendermaßen aus: Einstandspreis + Aufschlag 50%
1,50 DM 0,75 DM
Verkaufspreis
2,25 DM.
Es ist aber kaum anzunehmen, daß auch die Handlungskosten entsprechend gestiegen sind. Derselbe Einwand kann gegen die starre Spanne bei schwankender Beschäftigung erhoben werder. Setzt ein Einzelhändler im Monat 10000 DM (zu Einstandspreisen) um, so würde er rechnen: Einstandswert + Aufschlag 50%
10000,— DM 5000,— DM
Verkaufswert
15000,— DM.
Setzt er doppelt soviel um, so rechnet er bei einem konstanten Aufschlag: Einstandswert + Aufschlag 50% Verkaufswert
20000,— DM 10000,— DM 30000,— DM.
Es ist aber kaum anzunehmen, daß seine Kosten um 100% gestiegen sind. Dies würde direkt proportionale Kosten voraussetzen — im Handel sind jedoch etwa 75% der Kosten fix. Das Prinzip „Großer Umsatz zu kleinem Nutzen" geht bei diesem summarischen Rechenverfahren vollständig verloren. Auch die gebundenen Spannen bei M a r k e n a r t i k e l n sind nicht kostenorientiert. Es werden weder die u n t e r s c h i e d l i c h e n K o s t e n der einzelnen Händler d e r s e l b e n F a c h s p a r t e berücksichtigt noch die unterschiedlichen Durchschnittskosten der v e r s c h i e d e n e n A b s a t z w e g e , über die ein Markenartikel vertrieben werden kann. Der Kundendienst, die Sortimentsbreite, der Standort usw. ist von Händler zu Händler verschieden; der Preis ist jedoch überall gleich. Die relative Rückständigkeit der Handelskalkulation verglichen mit der Kalkulation der Industrie läßt sich auf drei Gründe zurückführen: 1. Eine genaue Kalkulation im Einzelhandel ist sowohl technisch als auch wirtschaftlich schwer durchführbar. Die t e c h n i s c h e n Schwierigkeiten sind bei den Kleinbetrieben besonders deutlich zu beobachten. Die Arbeitsverbindungen sind hier so eng, daß eine genaue Zurechnung der anfallenden Kosten sehr erschwert wird. Die w i r t s c h a f t l i c h e n Schwierigkeiten bestehen darin, daß eine Einzelaufteilung der im wesentlichen als Gemeinkosten entstehenden Kosten auf das gewöhnlich sehr breite Sortiment viel zu aufwendig ist. 2. Namentlich der Einzelhandel ist viel traditionsbelasteter als die Industrie. Überlieferte Begriffe wie „standesgemäßes Einkommen" (d. h. der mittelalterliche Zunftbegriff der „Nahrung"), „übliche Handelsspannen" usw.
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
351
beherrschen immer noch das Denken und Kalkulieren im Handel. Gegen den in einer Marktwirtschaft geltenden Grundsatz, daß es ein Anrecht auf ein Einkommen per se nicht gibt, sondern daß dieses Einkommen durch Bewährung im Konkurrenzkampf verdient sein will, wird unbewußt heftiger Widerstand geleistet. 3. Die Höhe der Handelsspannen, die durch jahrzehntelange Preiskontrollen, Preisstops und Preisbindungen erstarrt sind, trägt viel zu einer ungenauen Kalkulation bei. Wegen der naturgemäßen Unvollständigkeit der Konkurrenz auf der Einzelhandelsstufe, die durch das mangelnde Preisbewußtsein der Verbraucher und das irrationale Käuferverhalten entsteht und durch die Ausschaltung der Preiskonkurrenz bei einer ganzen Reihe von Artikeln gefördert wird, ist das Bedürfnis nach einer besseren Kalkulation nicht sehr stark. Dies bedeutet aber nicht, daß die hohen Handelsspannen unangemessen hohe Gewinne ermöglichen; im Gegenteil, diese hohen Gewinne werden durch die Übersetzung des Handels und durch aufwendige „Nicht-Preis-Konkurrenz" (non-price-competition) — im Handel vor allem durch den Kundendienst — wieder herunterkonkurriert. Eine Belebung des Preiswettbewerbs auf der Einzelhandelsstufe würde die Handelsbetriebe aber nur zum Teil zu einer besseren Kalkulation, die sich am Grundsatz „Hoher Umsatz, kleiner Nutzen" orientiert, zwingen. Gerade die sog. „supramarginalen" Kleinbetriebe sind in dieser Beziehung außerordentlich elastisch, denn in ihnen arbeiten vielfach Familienmitglieder mit, für die entweder keine feste oder überhaupt keine Entlohnung einkalkuliert wird. 3602. Die Kosten im Handel Die im Handel auftretenden Kosten können wie folgt gegliedert werden: 1. Warenkosten, 2. Handlungskosten: a) direkt zurechenbar (Einzelkosten; auch spezielle Handlungsunkosten genannt), b) indirekt zurechenbar (Gemeinkosten; auch Generalunkosten genannt).
Z u l . : Die W a r e n k o s t e n knüpfen an den Einkaufsrechnungspreis an. Sie können unterteilt werden in S u b s t a n z k o s t e n und F i n a n z k o s t e n . Zu den S u b s t a n z k o s t e n rechnet man die Veränderungen des Einkaufsrechnungspreises durch unterschiedlichen Qualitätsausfall und durch Mengenschwankungen (Ausgleich durch Gutgewicht, Daraufgabe, Dareingabe, Übermaß oder Preisvergütung, Fusto, Bombage, Dekort, Manko, Zeichen, Refaktie, Bonifikation, Leckage usw.). Hierzu werden ferner Manipulierungskosten gerechnet, die vor der Lieferung entstehen, wie z. B. Reinigen, Färben, Veredeln usw. Zu den F i n a n z k o s t e n rechnet man Valuta- und Zeitkorrekturen des Einkaufsrechnungspreises (Skonti, Kontokorrentzinsen, Verzugszinsen) und Preisabzüge (Mengen-, Treue-, Sonderrabatte usw.).
352
Kalkulation
Zu 2.: Die Handlungskosten. a) Die direkt zurechenbaren Handlungskosten können eingeteilt werden in B e s c h a f f u n g s - , L a g e r u n g s - und A b s a t z k o s t e n . Sie können entweder einer einzelnen Ware, einer Warengruppe bzw. Warenpartie zugerechnet werden. Eine Zurechnung auf einzelne Waren wird wegen des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwandes im allgemeinen nicht durchgeführt. Von großer Wichtigkeit ist aber die G r u p p e n b i l d u n g in der Handelskalkulation. Die B e s c h a f f u n g s k o s t e n setzen sich zusammen aus den reinen Kaufkosten, den Beförderungs- und Umschlagkosten und den Regulierungskosten. Unter K a u f k o s t e n fallen die direkten Kosten des Kaufaktes, d. h. Gehälter, Porti, Telefon, Provisionen, Kommissionen usw. B e f ö r d e r u n g s - u n d Ums c h l a g s k o s t e n sind die direkten Kosten der Fortbewegung der Ware vom Lieferanten zum Handelsbetrieb, soweit sie vom Käufer selbst zu tragen sind. Hierunter fallen vor allem Verpackungs-, Transportkosten und öffentliche Abgaben. Unter den R e g u l i e r u n g s k o s t e n sind die direkten Kosten der Zahlung zu verstehen, z. B. Überweisungsgebühren, Akzeptprovisionen usw. Die L a g e r u n g s k o s t e n bestehen aus den Kosten für die Warenaufbewahrung und Warenpflege und entstehen zwischen dem Eingang und Ausgang der Ware. Sie setzen sich zusammen aus Lagermiete, Lagerversicherung, Lagermanipulierung (Kontrollieren, Sortieren, Stapeln, Umlagern usw.) und aus evtl. Lagerverlusten (Verderb, Schwund). Die A b s a t z k o s t e n erwachsen dem Handelsbetrieb aus dem Verkaufsakt. Analog zu den Beschaffungskosten können die Absatzkosten aufgeteilt werden in reine Verkaufskosten, Beförderungskosten und Regulierungskosten. Vielfach treten diese direkten Kosten als gemeinsame Kosten für mehrere Waren auf. Sie können entweder nach den Mengen oder nach dem Wert der Ware aufgeteilt werden (sog. Mengenspesen: z. B. Fracht, Verpackung usw.; sog. Wertspesen : z. B. Provisionen, Kommissionen, LagerverSicherung usw.). Ein Teil dieser Kosten ist auch zeitabhängig, z. B. die Lagermiete und die Lagerversicherung. In diesen Fällen muß die Zeitabhängigkeit bei der Kalkulation berücksichtigt werden. Die Lagermiete und Lagerversicherung können z. B. auf Grund eines durchschnittlichen Lagerumschlages für einzelne Warengruppen verrechnet werden. Für die Umlage gemeinsamer Kosten ein Beispiel1): Einstandskosten beim gemeinsamen Bezug mehrerer Warenpartien Warenpartie Bruttogew. Nettogew. Einkaufspreis 1 2120 1813 6400,08 DM 2 1050 921,2 1630,52 DM 3 2175 1871,8 4417,44 DM 5345 lbs Wertabhängige Kosten: Courtage, Seeversicherung, Wechselstempel, Provision Mengenabhàngige Kosten: Umschlag, Fracht, Einfuhrzoll 1
12448,04 DM .
173,66 DM 2170,96 DM
) Entn. aus Kosiol, Warenkalkulation in Handel und Industrie, Stuttgart 1953, S. 163—164.
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
353
Alle K o s t e n w e r t m ä ß i g u m g e l e g t : 2170,96 X 100 = 17,440% 12448,04 1 2 Einkaufspreis 6400,08 DM 1630,52 Beschaffungskosten (17,44%) . . 1116,17 DM 284,36 Einstandskosten 7516,25 DM 1914,88 je kg netto 8,96 DM 4,48 Alle K o s t e n m e n g e n m ä ß i g u m g e l e g t : 5345
Einkaufspreis Wertabhängige Kosten (1,395%) Mengenabhängige Kosten (0,37368 X Bruttogewicht) . Einstandskosten je kg netto
3 4417,44 DM 770,40 DM 5187,84 DM 5,99 DM
1630,52 DM
3 4417,44 DM
426,48 DM 2057,00 DM 4,83 DM
883,42 DM 5300,86 DM 6,12 DM
= 0,40617
1 3 Einkaufspreis 6400,08 DM Beschaffungskosten (0,40617 x Bruttogewicht) . . 861,08 DM Einstandskosten 7261,16 DM je kg netto 8,64 DM G e t r e n n t e U m l a g e der K o s t e n : 173,66 X 100 Wertabhängige Kosten . . . . = 12448,04 Mengenabhängige Kosten. . .
DM DM DM DM
1,395%
= 0,37368 5345 6400,08 DM 1630,52 DM 89,28 DM 22,75 DM
4417,44 DM 61,62 DM
792,20 DM
392,36 DM
812,75 DM
7281,56 DM 8,67 DM
2045,63 DM 4,78 DM
5291,81 DM 6,11 DM
b) D i e i n d i r e k t u m z u l e g e n d e n H a n d l u n g s k o s t e n ( H a n d e l s gemeinkosten) Hierunter sind alle Kosten zu verstehen, die sich kalkulatorisch nicht ohne weiteres auf die einzelnen Waren, Warengruppen oder Warenpartien zurechnen lassen. Kosiol 1 ) schlägt folgende Gliederung der Handelsgemeinkosten vor: 1) Sachkosten a) Kosten der Sachbenutzung (Miete, Pacht, Konzessionen, Lizenzen, Abschreibungen); b) Kosten der Sachausstattung (Heizung, Gas, Licht und Sachmaterialien, wie z.B. Büro-, Lager- und Transportbedarf usw.); c) Kosten der Sacherhaltung (Sacherhaltung bei Reinigung, Erneuerungen, Reparaturen) und Sachsicherung, wie z. B. Versicherung. !) a. a. O., S. 29—31. M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
354
Kalkulation
2) Arbeitskosten a) Kosten der Arbeitsnutzung (Gehälter, Löhne, Gratifikationen; kalkulatorischer Unternehmerlohn), b) Kosten der Arbeitserhaltung (Versicherung für Arbeiter und Angestellte, Haftpflichtversicherung usw.).
3) Fremdleistungskosten a) b) c) d) e)
Kosten Kosten Kosten Kosten Kosten
der der der der der
Repräsentation, Werbedienste, Beförderungsdienste, Rechtsdienste, Kollektivdienste.
4) Kapitalkosten a) Kosten der Kapitalnutzung (kalkulatorische Zinsen und Fremdzinsen), b) Kosten des Kapitalumlaufes (Zahlungsverkehr, Kreditsicherung, laufende Kapitalverluste).
Eine andere Gliederung wäre: 1) Material- oder Stoffkosten, 2) Arbeitskosten, 3) Fremdleistungskosten, 4) Kosten der Fremdrechte, 5) Abschreibungen, 6) Wagnisse, 7) Abgaben, 8) Zinsen. In der Praxis werden in den seltensten Fällen die Kosten nach einer solchen systematischen Gliederung eingeteilt. Vielmehr werden die wichtigsten Kosten einzeln aufgeführt und der Rest unter „Bürokosten" zusammengefaßt. Weitere Gliederungsprinzipien teilen die Kosten auf Kostenstellen auf. — Eine Gliederung nach Betriebsfunktionen liegt vor, wenn die Handlungskosten z. B. folgendermaßen eingeteilt sind: spezielle Einkaufs-, spezielle Lager-, spezielle Verkaufs-, allgemeine Verwaltungs„unkosten". 3603. Der Aufbau der Kalkulation Drei Kalkulationsverfahren stehen zur Verfügung: 1) die Durchschnitts(Divisions)kalkulation, 2) die Zuschlags(Stufen)kalkulation, 3) die Abteilungs(Gruppen)kalkulation. Allen drei Kalkulationsverfahren ist als erste Aufgabe die Bestimmung des tatsächlichen Einkaufspreises gemeinsam. Hierfür ergibt sich folgendes Schema:
355
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
zb + ± —
Einkaufsrechnungspreis Preis- und Mengenkorrekturen Manipulierungskosten Zeitkorrekturen Rabatte Nettoeinkaufspreis
Dasselbe Schema ergibt sich bei Ermittlung des Verkaufsrechnungspreises: ± + db —
Nettoverkaufspreis Preis- und Mengenkorrekturen Manipulierungskosten Zeitkorrekturen Rabatte Verkaufsrechnungspreis
1. Die Durchschnitts(Divisions)kalkulation Bei diesem Verfahren werden die gesamten Kosten durch den wertmäßigen Umsatz dividiert und als Prozentsatz des Umsatzes zu tatsächlichen Einkaufspreisen verrechnet. Es wird also nach dem folgenden Schema vorgegangen: Einkaufsrechnungspreis ± Warenkosten Nettoeinkaufspreis + Handlungskosten Selbstkosten In den meisten Fällen wird statt eines Handlungskostenaufschlages ein Kalkulationsaufschlag verwendet, der den Betriebsgewinn enthält. Das Schema ist dann wie folgt: Einkaufsrechnungspreis ± Warenkosten Nettoeinkaufspreis + Kalkulationsaufschlag Verkaufspreis Bei diesem Kalkulationsverfahren wird angenommen, daß die Kostenbelastung der einzelnen Waren auch wirklich proportional zu den Einkaufspreisen erfolgt. Dies trifft bei den meisten Handelsbetrieben, die ein breites Sortiment führen, nicht zu. Außerdem wird auch die zeitliche Veränderung der Handlungskosten nicht berücksichtigt. Eine Verfeinerung der Divisionskalkulation stellt das Rechnen mit Äquivalenzziffern dar, bei dem die Kostenbelastungen durch feste Verhältnisgrößen für die einzelnen Warengruppen ausgedrückt werden. Eine solche Rechnung mit Äquivalenzziffern ist angebracht, wenn das Sortiment sehr 23*
356
Kalkulation
spezialisiert ist und die Warengruppen eng miteinander verbunden sind. Hierfür ein Beispiel: Divisionskalkulation mit Äquivalenzziffern 1
2
3
4
5
6
Warengruppe
Äquivalenzziffern
Umsatz
Verteilungsschlüssel
Handlungskosten
in % vom Umsatz
1 2 3 4 5
8 6 5 3 1
100000 50000 60000 90000 80000
80 30 30 27 8
19200 7 200 7 200 6480 1920
19,20 14,40 12,00 7,20 2,40
|
280000
|
175
|
42000
|
15,00
Aufteilungsfaktor = 4 2 0 0 0 : 175 = 240 Spalte 4 = Spalte 2 X Spalte 3 : 1 0 0 0 0 Spalte 5 = Summe Spalte 5 : Summe Spalte 4 = Aufteilungsfaktor; Aufteilungsfaktor X Spalte 4 Spalte 6 = Spalte 5 : Spalte 3 X 100 2. Die Zuschlags (Stufen)kalkulation Die Zuschlagskalkulation verfolgt den Zweck, die unterschiedliche Kostenbelastung der einzelnen Waren bzw. Warengruppen zum Ausdruck zu bringen. Die unmittelbar zurechenbaren Kosten werden gesondert erfaßt und direkt auf die Warengruppen verrechnet. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die direkten Beschaffungs-, Lager- und Absatzkosten. Die Bezugskalkulation macht den Einkaufspreis verschiedener Waren unter sich vergleichbar und dient zur Beschaffungsdisposition. Hierfür ein Beispiel: Bezugskalkulation 5810,30 kg brutto — 290,50 kg Tara (%%)
Fracht u. Umschlag: 634,10DM
5519,80 kg netto
Hausgewicht 5510 kg netto 5519,80 kg zu 2,20 DM je kg — 1 % Manko Vergütung
12143,56 DM 121,44 DM
+ belastete Manipulationskosten
12022,12 DM 56,38 DM
+ 2 % Vermittlerprovision von 12022,12 DM . .
12078,50 DM 240,44 DM
— Barskonto von 12078,50 DM
12318,94 DM 362,36 DM 11956,58 DM
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen 1. Einkaufsrechnungspreis je kg 121 44 — Mankovergütung ^ ^ + Manipulationskosten + Gewichtsdifferenz
2,20 DM 0,022 DM
55'iQ
=
0,012 DM
Q OA v 9 90 '
5510
'
= 0,004 DM • '
0,016 DM :
2. Tatsächlicher Einkaufspreis Beschaffungskosten: 240 44 + Vermittlerprov. . . = 0,044 DM r 5510 + Fracht u. Umschlag. 8
357
634'10
5510
— Barskonto
362,36 5510 3. Einstandskosten je kg netto
= 0,115 DM
0,006 DM : 2,194 DM
0,159 DM 0,066 DM
0,093 DM 2,287 DM
Statt des direkten Verfahrens werden häufig die Beschaffungskosten als Prozentsatz des Einkaufspreises ausgedrückt: Einkaufspreis (einschl. Warenkosten) + Beschaffungskosten in % Einstandskosten Vielfach wird statt mit einem Beschaffungskostensatz mit einem sog. Paritätsfaktor, der das Verhältnis Einstandspreis: Einkaufspreis ausdrückt, gerechnet. Betragen beispielsweise die Einstandskosten 25368,90 DM und der Einkaufspreis 23235,90 DM, so beträgt der Paritätsfaktor 25368,90: 23235,90 = 1,091. Bei einem Angebotspreis von 1,37 DM je kg würden die Einstandskosten dann 1,37 DM X 1,091 = rund 1,50 DM je kg betragen. Außer den Beschaffungskosten werden häufig auch die Lagerungskosten direkt verrechnet. Zuschlagsgrundlage sind gewöhnlich die Einstandskosten der Ware; die Lagerkosten werden als Prozentsatz des Umsatzes zu Einstandskosten, die oft einfach durch Abzug der Durchschnittsspanne von den Verkaufspreisen ermittelt werden, ausgedrückt. Eine Verfeinerung dieses Verfahrens wird erreicht, wenn der Zuschlagsprozentsatz für die Lagerkosten auf die durchschnittliche Umschlagsgeschwindigkeit des Lagers umgerechnet wird. Hierfür ein Beispiel, in dem zum Vergleich die durchschnittliche Kostenbelastung errechnet wurde: K a l k u l a t i o n der L a g e r u n g s k o s t e n Umsatz = 1 5 0 0 0 0 , — DM zu Einstandskosten Durchschnittlicher Lagerbestand = 35 000,— DM zu Einstandskosten Umschlagsgeschwindigkeit = 4,28 Durchschnittliche Lagerdauer = 2,8 Monate Lagermiete = 1 2 0 0 , — DM Kalkulationszuschlag = 0,8% der Einstandskosten
Kalkulation
358
Tatsächliche Lagerdauer: Warengruppe 1: Umsatz 60000,— DM; Lagerdauer 2 Monate Warengruppe 2: Umsatz 60000,— DM; Lagerdauer 3 Monate Warengruppe 3: Umsatz 30000,— DM; Lagerdauer 4 Monate Mietkostenzuschlag für durchschnittlichen Lagerbestand von 35000,— DM:3,43% per annum. 3,43% bezogen auf durchschnittliche Lagerdauer von 2,8 Monaten ergeben 0,8% vom Umsatz. Kalkül ations vergleich Zeitabhängige Kostenbelastung Durchschnittliche Kostenbelastung Warengruppe
Lagerdauer (Mon.)
Umsatz zu Einstandsk.
Lagerkosten % p.a. DM
60000 60000 30000 1—3 |
2,8
|
3,43 1,43 3,43
Warengruppe
343,514,343,-
150000 | 3,43 1200,—1|
Umsatz zu Einstandsk. 60000 60000 30000
Lagerkosten % DM 0,8 0,8 0,8
480,480,240,-
1—3 | 150000 | 0,8 1200,—
Die Absatzkosten werden in der Praxis durch sog. Verkaufszuschläge berücksichtigt. Ähnlich wie bei den Beschaffungskosten können sie in mengenund wertabhängige Kosten aufgeteilt werden; sie werden aber gewöhnlich auf den Verkaufspreis bezogen. Hierfür ein Beispiel: Ab s a t z k a l k u l a t i o n Selbstkosten ab Lager . . . . 8,25 DM Fracht und Spesen 0,50 DM 8,75 DM 10 i. H. Verkaufs Zuschlag . Verkaufspreis
. 0,97 DM 9,72 DM
Nach diesen direkt verrechneten Kosten werden noch die Handlungsgemeinkosten auf die Einstandskosten bezogen und zugeschlagen. Diese Kalkulationsaufschläge enthalten gewöhnlich die Zusatzkosten, wie z. B. Unternehmerlobn, Eigenkapitalzinsen, Risikoprämien usw. und den echten Betriebsgewinn. Hierfür ein Beispiel: Einkaufslistenpreis — (25 + 16%) Rabatt (37%)
124,— DM 45,88 DM 78,12 DM 3,91 DM + 5% Mindermengenzuschlag Tatsächlicher Einkaufspreis 82,03 DM + 5% direkte Beschaffungskosten 4,10 DM Einstandskosten 86,13 DM + 55% Kalkulationsaufschlag 47,37 DM Verkaufspreis 133,50 DM Bei preisgebundenen Artikeln wird das Differenzkalkulationsverfahren angewendet :
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
359
E r m i t t l u n g der G e w i n n m a r g e bei p r e i s g e b u n d e n e n A r t i k e l n : 1. Rechnungspreis 325,— DM 97,50 DM — 30% Rabatt 2. Tatsächlicher Einkaufspreis 227,50 DM + Bezugskosten 4,30 DM 3. Einstandspreis 231,80 DM + 25% Handlungskosten 57,95 DM 4. Selbstkosten 289,75 DM erzielter Gewinn (Diff. zwischen 5 und 4) 21,45 DM 5. Nettoverkaufspreis 311,20 DM + 4% Umsatzsteuer (von 325,— DM) 13,80 DM 6. Bruttoverkaufspreis 325,—• DM In einzelnen Fällen werden die kalkulatorischen Zinsen gesondert erfaßt. Hierbei wird entweder lediglich der sog. Zinsverlust auf das Warenlager berücksichtigt, wenn das Betriebskapital hauptsächlich im Lager investiert ist, oder es werden alle Kapitalzinsen erfaßt. Die Risikoprämie ist im allgemeinen im Kalkulationsaufschlag enthalten. Gewisse einzelne Risiken werden zum Teil aber auch gesondert erfaßt. Eine etwas weiter aufgespaltene Zuschlagskalkulation zeigt folgendes Beispiel: 1. Einstandskosten je kg netto 2,287 DM Lagerkosten: 1% Miete y2% Versicherung 0,034 DM Handlungskosten 18% (einschl. Unt. Lohn) 5% Kapitalzinsen . . 0,526 DM 2. Engere Selbstkosten 2,847 DM Gewinn: 3% 0,085 DM 3. Nettoverkaufspreis Provision und Umsatzsteuer 4,5 i. H 4. Bruttoverkaufspreis Barskonto 2 i. H 5. Verkaufsrechnungspreis
2,932 DM 0,138 DM 3,070 DM 0,063 DM 3,133 DM
Für die Zuschlagskalkulation ergibt sich folgendes allgemeine Schema: Bruttoeinkaufspreis ± Warenkosten Nettoeinkaufspreis + direkte Beschaffungskosten Einstandskosten + direkte Lagerkosten + indirekte Handlungskosten engere Selbstkosten (ab Lager) + echten Betriebsgewinn tatsächlicher Verkaufspreis (ab Lager) + direkte Absatzkosten Nettoverkaufspreis + Warenkosten Bruttoverkaufspreis
360
Kalkulation
3. Abteilungs( Gruppen) kalkulation Bei diesem Kalkulationsverfahren werden Kostenstellen gebildet bzw. die Kalkulation lehnt sich an Warengruppen an, ohne dabei zu einer organisatorisch festumrissenen Kostenstellenbildung zu gelangen. Die Einzelkosten der Stellen werden im Handel „Spezialunkosten" genannt. Die restlichen „Generalunkosten" müssen nach irgendeinem Schlüssel verteilt werden. Als Hauptkostenstelle kommen die einzelnen Warenabteilungen in Frage: Nebenkostenstellen sind gewöhnlich Reparaturabteilungen, Ateliers usw., die in irgendeiner Weise an die Hauptkostenstellen angeschlossen sind. Hilfskostenstellen sind die Stellen, die selbst keine Ware anbieten, wie z. B. Kassenhaltung, die Buchhaltung usw. Als Schlüssel für die Kostenumlage kommen Zähl-, Zeit-, Raum-, Gewichtsund technische Maßgrößen sowie Umsatz-, Einstands-, Bestands-, Kosten- und Verrechnungsgrößen in Frage. Die S a c h k o s t e n können nach der tatsächlichen Sachbeanspruchung umgelegt werden (z. B. Raumkosten nach qm). Die A r b e i t s k o s t e n können entweder direkt auf die einzelnen Abteilungen verrechnet oder nach der zeitlichen Beanspruchung des Personals aufgeteilt werden. Die Grundlage für die Aufteilung der K a p i t a l k o s t e n liefert das durchschnittlich in den Abteilungen investierte Kapital. Die g e n e r e l l e n H a n d l u n g s g e m e i n k o s t e n können entweder nach dem Umsatz, nach der durchschnittlichen Lagerdauer oder nach dem durchschnittlichen Warenvorrat verteilt werden. Häufig erfolgt die Umlage nach einem kombinierten Schlüssel, der sowohl den Umsatz als auch die durchschnittliche Lagerdauer enthält. Die Verteilung der Handlungskosten auf einzelne Warengruppen sei hier an einem Beispiel dargestellt: H a n d l u n g s k o s t e n - U m l a g e (Gruppenkalkulation)1) Kostenart 1. P e r s o n a l k o s t e n Einkäufer Versandvertreter, Versandleiter, ) Expedienten und Packer J Kassiererinnen Buchhalter und Fakturistinnen Verkäufer Unternehmerlohn 2. M i e t e 3. S o n s t i g e R a u m k o s t e n Beleuchtung, Reinigung, Heizung, Reparaturen, Ab- ^ Schreibungen auf Verkaufs- >• einrichtung ) 4. E i g e n e Z i n s e n 1
Verteilungsgrundlage Zeitliche Beanspruchung Versandumsatz Barumsatz Kreditumsatz tatsächliche Beanspruchung Personalkosten bis dahin Raumbeanspruchung Gesamtmiete reine Raummiete Warenbestand
) Ohne Zahlenangaben; lediglich die Methode soll hier illustriert werden. In Anlehnung an Kosiol, a. a. O., S. 180 f.
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen 5. F r e m d e Z i n s e n 6. S t e u e r n 7. V e r s a n d k o s t e n
361
Kreditumsatz Warenbestand Versandumsatz "1 Gesamtumsatz J Versandumsatz "1 Platzumsatz J Versandumsatz "1 Platzumsatz J
8. D e l k r e d e r e 9. R e i s e k o s t e n 10. A u t o k o s t e n PKW LKW 11. B ü r o k o s t e n
tatsächliche Beanspruchung Gesamtumsatz Platzumsatz Kreditumsatz Gesamtumsatz Gesamtumsatz Warenbestand Gesamtumsatz
12. R e k l a m a t i o n e n 13. S a c h v e r s i c h e r u n g e n 14. V e r s c h i e d e n e s
Aus dieser Kostenumlage können dann die für die einzelnen Warengruppen ermittelten Zuschlagsätze entnommen werden. Der Gang der Kostenstellenkalkulation ist derselbe wie bei der Zuschlagskalkulation. Hierbei sind aber die Zuschlagsätze verfeinert und genauer ermittelt. 3604. Die Berücksichtigung des Kapital- und Lagerumschlages Die anteilige Höhe der zeitabhängigen Kosten hängt von der Schnelligkeit des Kapitalumschlages ab. Die wichtigste Komponente für den Handel ist der L a g e r u m s c h l a g , der für die Verteilung der Lagerkosten, des sogenannten Zinsverlustes und bestimmter Handlungskosten die Grundlage abgibt. Der durchschnittliche Lagerbestand kann nach drei Methoden ermittelt werden: 1. Anfangs- und Endbestand werden addiert und das daraus gewonnene arithmetische Mittel als durchschnittlicher Lagerbestand angesehen; 2. die Bestände an einer Reihe von Stichtagen werden addiert und durch die Zahl der Einzelpositionen dividiert (ungewogenes arithmetisches Mittel); 3. durch das gewogene arithmetische Mittel, das genau wie der mittlere Verfalltag beim Zinskontokorrent errechnet wird. Hierfür ein Beispiel: Stichtage 1. 5. 7. 5. 10. 5. 16. 5. 24. 5. 25. 5. 31. 5.
Bestand 8000 7 500 6000 7 000 5500 6000 6500 46500
Lagerdauer 6 3 6 8 1 6 1 31
Bestand x Dauer 48000 22500 36000 56000 5500 36000 6500 210500
362
Kalkulation
Das erste Verfahren liefert einen durchschnittlichen Lagerbestand von 7250. Nach dem zweiten Verfahren errechnet sich der durchschnittliche Lagerbestand auf 6643 (46500:7). Der tatsächliche durchschnittliche Lagerbestand ist nach dem dritten Verfahren 6790 (210500:31). Der Lagerumschlag stellt sich auf 0,515 (Umsatz bzw. Lagerausgang = 3500 dividiert durch den durchschnittlichen Lagerbestand von 6790). Die durchschnittliche Lagerdauer beträgt demnach 60 Tage. Die Verrechnung der Kapitalzinsen ist an folgendem Beispiel dargestellt: Kapitalzinsverrechnung Das durchschnittlich im Betriebe arbeitende Kapital beträgt 300000,— DM. Die Zinsen für 120000,—DM Fremdkapital betragen 12000,—DM. Der Jahresumsatz beträgt 800000,— DM zu Einstandskosten; der durchschnittliche Warenbestand 200000,— DM zu Einstandskosten. Dann ist der Kapitalumschlag 800000:300000 = 2,67; und die Kapitalumschlagdauer 365:2,67 = rd. 137 Tage. Der Lagerumschlag ist 800000:200000 = 4; die Lagerdauer 3 6 5 : 4 = rd. 91 Tage. Bei einem Zinssatz von 8% ergibt sich ein Gesamtzinsbetrag von 24000 DM oder 3% auf Einstandskosten. Dabei müssen 12000 DM Fremdkapitalzinsen als neutraler Aufwand abgesetzt werden. Bleibt der effektive Zinsaufwand in den Handlungskosten, so erreicht man die Gesamtverzinsung von 8% durch einen Zuschlag von 1,5% auf die Einstandskosten. 8% von 300000 = 24000 10% von 120000 = 12000 6,67% von 180000 = 12000 (1,5%) Verrechnet man nur das Eigenkapital mit 8%, so ergeben sich für 180000DM Zinsen in Höhe von 14400 DM. Die Zinsen für das Eigenkapital betragen also 1,8% der Einstandskosten. Die Gesamtzinsen sind dann 14400 DM + 12000DM = 26400 DM oder 8,8% des Gesamtkapitals bzw. 3,3% der Einstandskosten (8,8% von 300000 DM = 26400 DM; 26400 DM = 3,3% von 800000 DM). 861. Exportkalkulation 3610. Besonderheiten der Exportkalkulation Verglichen mit der normalen Handelskalkulation ergeben sich bei der Exportkalkulation eine Reihe von Besonderheiten, die mit der Eigentümlichkeit des Exportgeschäftes zusammenhängen. Die Unterschiede rühren voi allem daher, daß im allgemeinen die Vertragswerte je Umsatz höher sind als im binnenländischen Handel, daß die Zeitbeanspruchung für die Verbringung der Ware größer ist, daß geringere Kenntnis besteht: über die Kreditwürdigkeit des Abnehmers, die Höhe der Risiken (vor allem beim Seetransport), die einzelnen Währungen und die Rechtsgrundlage.
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
363
Aus diesem Grunde entstehen beim Export eine Reihe von Kostenarten, die im binnenländischen Handel nicht auftreten. Auch die Bedeutung der einzelnen Kostenarten ist verschieden: Eine besondere Rolle spielen die Transport-, Versicherungs- und Kreditierungskosten, während beispielsweise die Lagerkosten im Exporthandel sehr gering sind. Im allgemeinen führt der Exporteur kein Warenlager, sondern unterhält nur Musterläger. 3611. Die besonderen Kostenarten des Exportgeschäftes Im einzelnen können folgende Kostenarten unterschieden werden: 1. 2. 3. 4. 5. 6.
die die die die die die
mit dem Gütertransport verbundenen Kosten (Streckenkosten), Zölle und Kosten der Zollabfertigung, Kosten der Speditionsleistungen. Kosten der Versicherung, Kosten der Kreditierung, Kosten der Warenvermittlung.
Hierbei muß auch die s t e u e r l i c h e Behandlung des Exports berücksichtigt werden. Zu 1.: S t r e c k e n k o s t e n Die Streckenkosten können eingeteilt werden in die reinen Transportkosten und die Abfertigungskosten. a) Die K o s t e n des b i n n e n l ä n d i s c h e n T r a n s p o r t s Die Kosten des B a h n t r a n s p o r t s bestehen aus der Fracht, deren Höhe von der Art und der Schnelligkeit der Versendung, der Entfernung, dem Gewicht, der Raumbeanspruchung und der Art der Güter abhängt. Hierbei sind Ausnahmetarife und Frachtbegünstigungen zu beachten. Die Kosten des K r a f t v e r k e h r s t r a n s p o r t s richten sich nach dem Güternahund -fernverkehrstarif. Die Kosten des B i n n e n s c h i f f t r a n s p o r t s setzen sich zusammen aus der Schiffsfracht, dem Schlepplohn, den Schiffahrtsabgaben, den Wasserstands- und witterungsbedingten Frachtzuschlägen und den Ladungszuschlägen. b) Die K o s t e n des Seetransports setzen sich aus der eigentlichen Seefracht und den Zuschlägen zusammen. Hierbei ist zwischen Konferenz- und Außenseiterfrachten zu unterscheiden. Die eigentliche S e e f r a c h t besteht aus der Grundrate, die im allgemeinen eine Gewichts- oder Maßfracht ist. Nur in einigen Fällen wird eine Wertfracht berechnet bzw. werden Wertzuschläge erhoben. Davon werden Frachtminderungsbeträge abgezogen, die in Primagen ( = Treuerabatte, wenn nicht durch Außenseiter versendet wird), Konferenzrabatte (durch die die Grundrate den jeweiligen Marktbedingungen angepaßt wird) und Kampfrabatte eingeteilt werden können.
364
Kalkulation
Die Z u s c h l ä g e können sein: transportbedingt (nach der Länge, der Schwere usw. des Gutes), frachtregulierungsbedingt (Nachnahme, Währungszuschläge usw.), hafenbedingt (Surcharge, Landing Charges, Verstopfungszuschläge usw.), verkehrsbedingt (Winterzuschläge usw.), Zuschläge auf Grund vertraglicher Besonderheiten (Options-, Range-Zuschläge usw.). Weiterhin gibt es S a m m e l l a d u n g s f r a c h t e n und Charterfrachten, c) L u f t t r a n s p o r t Bei den Frachten des Lufttransports kann zwischen Linienverkehrs- und Charterfrachten unterschieden werden. Die Linienverkehrsfrachten können weiterhin danach eingeteilt werden, ob die Gesellschaften der International Air Transportation Association angeschlossen oder kartellfreie Unternehmen sind. Die Fracht wird im allgemeinen nach dem Gewicht berechnet, wobei Sonderleistungen für sperrige Güter, Wertzuschläge, Sammelladungen und Mindestfrachten gelten. Neben den reinen Transportkosten zählen auch die A b f e r t i g u n g s k o s t e n zu den Streckenkosten. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen: a) den Kosten für den Umschlag in Seehäfen, die durch die Übergabe vom Kaischuppen, Flußschiff usw. an das Scüiff, durch das Verladen vom Oberdeck ins Ladedeck und durch die Hafenlagerung entstehen. Die Übergabekosten sind gewöhnlich vom Versender zu tragen; die Kosten an Bord des Schiffes sind stets in der Frachtrate verrechnet; die Kosten der Hafenlagerung werden entweder vom Reeder oder vom Versender getragen; b) den Kosten für den Umschlag an Binnenplätzen, die aus Wiege-, Zähl-, Lager- und Platzgeldern bestehen; c) den Kosten für den Umschlag in Binnenhäfen, die aus Lager-, Ufer- und Überlagergeldern bestehen. Zu 2.: Zölle u n d K o s t e n der Z o l l a b f e r t i g u n g Sie spielen im Export eine geringere Rolle als im Import. Die Zollabfertigung wird in den meisten Fällen durch den Spediteur selbst vorgenommen. Zu 3.: K o s t e n der S p e d i t i o n s l e i s t u n g e n Für die Abwicklung des Exports kommen vor allem Seehafen-, Grenz- und Luftfrachtspediteure in Frage. Die Kosten dieser Spediteurleistungen treten in Form von Provisionen auf, die die für die einzelnen Teilleistungen zu erhebenden Gebühren decken. Zu 4.: K o s t e n der Versicherung Da die Haftung der Verkehrsträger sich nicht auf alle Risiken erstreckt, muß der Exporteur eine Transportversicherung eingehen. Die Höhe dieser Versicherung richtet sich nach dem Wert, der Art der Verpackung und der Art der Unterbringung des Gutes, nach dem Transportmittel, dem Reiseweg, der Reisezeit und der Reisedauer.
365
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
In der Kalkulation treten deshalb folgende Kalkulationsgrößen auf: die Versicherungsprämie, die nicht gedeckten Risikoverluste (kalkulatorische Wagnisse) und die Vergütungen der Versicherungen bzw. der Verkehrsträger tür eingetretene Schadensfälle. Hierzu kommen noch die Kosten der speziellen Ausfuhrgarantien und Bürgschaften. Zu 5.: Die K o s t e n der K r e d i t i e r u n g setzen sich aus den Kosten des Kreditbedarfs für das Exportgeschäft zusammen. Zu 6.: Die K o s t e n der W a r e n v e r m i t t l u n g bestehen aus den Provisionen und sonstigen Aufwendungen der Vermittler (Exportvertreter, Cif-Agent, Kommissionär, Makler). 7.: Die s t e u e r l i c h e n B e s o n d e r h e i t e n b e i m E x p o r t Hierbei ist zwischen Steuerbegünstigungen, Steuerbefreiungen und Steuerrückvergütungen zu unterscheiden. Die Wirkung der Steuerbefreiung bei der Umsatzsteuer ist, daß die Kalkulation um diese Position verkürzt wird. Ausfuhrhändlervergütungen und Ausfuhrvergütungen müssen eigentlich als Kostengutschriften behandelt werden. Die Praxis betrachtet jedoch diese Gutschriften als Kompensation für einen besonderen Gewinnzuschlag und führt weder Gutschriften noch Gewinnzuschläge in die Kalkulation ein. 3612. Arten der Exportkalkulation Die Exportkalkulation kann sowohl als progressive, retrograde als auch als Differenzkalkulation auftreten. Im einzelnen ist zu unterscheiden: 1. Die B e z u g s k a l k u l a t i o n Sie setzt sich aus folgenden Kalkulationsgrößen zusammen: Reiner Warenpreis; Preisminderungen; Verpackungskosten; Transportkosten; Bezugsnebenkosten; Vergütungen für Einkaufsvermittler; Finanzierungskosten, soweit sie mit dem Bezug der Ware zusammenhängen.
Hierfür ein Beispiel: B e z u g e i n e r Ware f r e i Ü b e r s e e h a f e n 1. Bruttopreis ./. Großhandelsrabatt 16% ./. Exporteurrabatt 3 %
200000 — D M 32000 — D M 168000,— DM 5 040,— DM
./. Mengenrabatt 2%
162 960,— DM 3259,20 DM
./.Skonto 2%
159 700,80 DM 3194,02 DM
2. Kostenwert ab Werk, unverpackt + Seemäßige Verpackung 64 Kisten 4- Bahnfracht 3,05 DM/100 kg für 16300 kg + Speditionskosten
156506,"8 3052,— 497,15 61,30
DM DM DM DM
3. Kostenwert Ankunft Überseehafen
160117,23 DM
Kalkulation
366 2. D i e
Absatzkalkulation
In der Absatzkalkulation wird, v o m Einstandswert ausgehend, der Verkaufswert ermittelt. Hierbei müssen sämtliche Kosten aus den Lieferklauseln berücksichtigt werden. Hierfür die Fortsetzung des vorigen Beispiels: B x p o r t k a l k u l a t i o n „cifi Ankunfthaien einschl. Dokumente". Konditionen: „90 Tage Nach-Sicht-Tratte, Präsentation nach Ankunft der Ware". 1. Kostenwert Ankunft Überseehafen + Übernahmekosten bis fob 0 , 6 2 D M / 1 0 0 k g + fob und Verschiffungsprovision des Spediteurs lt. SST 2,30 DM per Kollo + Zollabfertigungskosten lt. SST für im Inland nicht vorabgefertigte Sendungen 0,52 DM/1000 kg + SVS: RVS SVS: bis 2500 — D M = 0,10 DM . über 2500,— DM = 0,15 DM für je weitere 2500,— DM . . . 9,70 DM RVS: 0,08 DM je Verkehrsvertrag . . . 0,08 DM
160117,23 DM 101,06 DM
2. Kostenwert bis fob Überseehafen (73250 cbm = 2586'5 cbf) + Seefracht 138/- per 40 cbf + 15% Surcharge + 5,/- per cbf Hafengebühr + Landungsgebühren
160383,75 DM
9,78 DM
6319,43 DM 6,— DM 10,50 DM 166719,68 DM
20,— DM 53,46 DM
73,46 DM 166793,14 DM
1,00% 0,25% 0,10% 1,35%
+ Hermes Ausfuhrgarantie f ü r 6 Monate einschl. KT-Risiko
8,48 DM
£446. 4.2 £ 66.18.8 £ 16. 3.4 £ 8. 1.2
£537. 7.4 Umrechnungskurs 11,76 + Konnossementskosten, 1 Satz + Bankspesen für Überweisung des Seefrachtbetrages . . 3. Kostenwert bis c & f Ankunftshafen + Konsulatsgebühren Legalisierung der Konnossemente . . . . Legalisierung der Faktura Ys °/oo des fob-Wertes 4. Kostenwert bis cif Ankunftshafen einschl. Dokumente + Versicherungskosten 1% auf cif-Wert + 10% imaginärer Gewinn = 189594,90 DM 90 Tage Zollager l®/00 Zulage
147,20 DM
1,50% Übertrag
2 559,52 DM 3006,34 DM 172 359,—DM
367
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
Übertrag 5.
Kostenwert bis cif Ankunftshafen einschl. + Finanzierungskosten Zinssatz 8 % Zeit bis Ankunft des Schiffes . . . . 90 Tage nach Sicht Transferzeit Gesamtzeit + Porto und Spesen für Dokumenten Überweisung per Luftpost
172 359,— DM
Dokumente 2 Monate 3 Monate 1 Monat 6 Monate = 4 %
8 0 1 6 , 9 4 DM
Kostenwert bis cifi Ankunftshafen einschl. Dokumente . . + Handlungskostenzuschlag 10 i . H
180381,24 DM 20042,36 DM
7. Zielverkaufspreis cifi Ankunftshafen einschl. Dokumente . .
200423,60 DM
6.
5,30 DM
In dieser Kalkulation, verzichtet der Exporteur auf den Gewinnzuschlag; den Ausgleich hierfür erreicht er durch die Ausfuhrhändler- und die Ausfuhrvergütung. Vielfach werden die allgemeinen Handlungskosten des Exporteurs kalkulatorisch nicht berücksichtigt. Statt dessen werden die Kostengutschriften auf Grund der Ausfuhrvergütung und der Ausfuhrhändlervergütung, die ca. 7 % vom Einstandswert betragen, als Kompensation der allgemeinen Handlungskosten betrachtet. Diese Verrechnungsmethode ist nicht zu empfehlen. Statt dessen sollte der allgemeine Handlungskostenzuschlag gesondert ausgewiesen, und die Kostengutschriften sollten abgesetzt werden. Die Praxis verfährt aber anders; sie begnügt sich gewöhnlich mit einem allgemeinen Handlungskostenzuschlag und verzichtet dafür auf den Gewinnzuschlag. Den Ausgleich hierfür stellen die Kostengutschriften auf Grund der Ausfuhrbegünstigungen dar. Die Absatzkalkulation kann auch als r e t r o g r a d e Kalkulation durchgeführt werden. Hierfür ein Beispiel 1 ): Retrograde Absatzkalkulation eines Exporteurs für 1000 kg Barium-Carbonat 1. Verkaufspreis 1000 kg brutto für netto „cif Asuncion" US-» 152,78 (Umrechnungskurs 4,195 DM) 2. Verkaufspreis in DM ./. Bankspesen Vorschuß Zinsen 1 % Provision 1% 3. W e r t cif Asuncion ausschl. Bankspesen ./. Kreditversicherung Hermes KT-Risiko 0 , 7 5 % Bearbeitungsgebühr 4. W e r t cif Asuncion ausschl. Bankspesen und Kreditversicherung x
640,91 DM 6,41DM 6,41DM
12,82 DM 628,09 DM
4,81 DM 5 , — DM
) Vormbaum, H . : Außenhandelskalkulation, Wiesbaden, 1955, S. 218.
9,81 DM 618,28 DM
Kalkulation
368
./. cif-Kosten Transportversicherung 1% von 647,32 DM1) . Seefracht 162,33 DM per 1000 kg 5. Wert fob Hamburg einschl. Konsulatsgebühren ./. Verschiffungskosten und Konsulatsgebühren Kaiumschlagsgebühr (—,47 DM/100 kg) . . fob- und Verschiffungsprovision Zollabfertigung Konnossementskosten (6,— u. 3,— DM Porto) Konsulatsgebühren 6. Wert 1000 kg brutto für netto, Freihafenlagerhaus, einschl. Provision ./. Vertreterprovision (5% von 5. ./. Konsulatsgebühren) 7. Wert 1000 kg brutto für netto, Freihafenlagerhaus
Übertrag 6,47 DM 162,33 DM
618,28 DM 168,80 DM 449,48 DM
4,70 DM 16,64 DM 1,95 DM 9,— DM 50,40 DM
82,69 DM 366,79 DM 19,95 DM 346,84 DM
Bruttogewicht 1000 kg Usustara 2% 20 kg Rechnungsgewicht 980 kg ./. Einkaufsrechnungswert 10 Säcke 8. Bezugswert 980 kg Bariumkarbonat 9. Pezugswert 100 kg Bariumkarbonat ausschl. Verpackung . .
15,— DM 331,84 DM 33,86 DM
Im allgemeinen werden in der Praxis solche ausführlichen Kalkulationen nicht durchgeführt. Vielmehr begnügt man sich mit einer vereinfachten Kalkulation, die mit Durchschnittskostensätzen arbeitet. Hierfür ein Beispiel: Fob-Wert = 1500 DM cif Kosten Versicherungskosten . . . Konsulatsgebühren
. . .
110,00: 80,00 = 1,3625
Verkaufspreis = ?
100,00%
100,00%
5,50% 105,50% 2,50% 108,00% 2,00%
10,00% 6,00% 1,00% 2,25% 0,75%
110,00%
80,00%
Händlerzuschlag Vertreterprovision Bankspesen Zinsen Hermes-Versicherung
Verkaufspreis 1500 — x 1,3625 DM = 2043,75 DM 3. D i e T r a n s i t k a l k u l a t i o n Hierbei wird die Ware in einem fremden Land eingekauft und in einem anderen fremden Land verkauft; wobei die Ware entweder das Land des Händlers berührt (Transiteur) oder nicht berührt (Traditeur). Die Transitkalkulation weist nur einige geringfügige Besonderheiten auf: die Seefracht muß zweimal berechnet werden, es ergeben sich mehrfache Hafenumschlagsgebühren und die Außenhandelsfinanzierungskosten müssen zweimal berücksichtigt werden. Die Prämie ist zu berechnen von 640,91 DM + 1% Transportversicherung.
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
369
4. Die W a r e n g r u p p e n k a l k u l a t i o n Eine solche Kalkulation läßt sich beim Export durchführen, wenn der Absatz einer Gruppe von Waren an den Abnehmer zu einem Gesamtpreis erfolgt. Für den Exporteur ergibt sich die Aufgabe, vom Gesamterlös und von den belastenden Absatzkosten durch Erlös- und Kostenaufteilung denjenigen möglichen Bezugswert zu ermitteln, den die einzelne Sorte im Einkauf zu tragen in der Lage ist. Die Aufteilung der Kosten geschieht entsprechend der Verursachung dei Kosten durch die einzelnen Waren. Wertmäßig aufgeteilt werden die Seeversicherung, die Zinsen und Bankspesen; gewichtsmäßig die Transport-, Umschlags-, Löschungskosten, fob- und Verschiffungsprovisionen und die Seefracht, wenn sie nach dem Gewicht berechnet wird. Raummäßig aufgeteilt werden Verpackung und die Seefracht, wenn sie nach Raummaß berechnet wird. Auf die Gesamtlieferung bezogen werden die Kosten der Zollabfertigung und der Konnossemente. 5. Die V e r g l e i c h s k a l k u l a t i o n Die Vergleichskalkulation hat die Aufgabe, die Preise verschiedener Waren vergleichbar zu machen. Eine Bezugsvergleichskalkulation erübrigt sich, wenn die Anbieter z. B. um eine Preisstellung fob Hamburg ersucht werden. Eine Absatzvergleichskalkulation muß gesondert errechnet werden. Eine andere wichtige Vergleichskalkulation berechnet die Kosten der verschiedenen Transportwege. Dies alles weist keine Besonderheiten auf, so daß hier auf ein Beispiel verzichtet wird. 6. Die P a r i t ä t s k a l k u l a t i o n Der Exporteur bildet aus den Zahlen, die er aus seinen Unterlagen entnimmt, Umrechnungsfaktoren. Es wird hier mit Durchschnittswerten gerechnet; das allgemeine Schema ist: Gesuchter Wert = Ausgangspreis X Paritätsfaktor. Da es sowohl wert-, gewichts-, mengen-, zeitbezogene und auf die Gesamtsumme der Lieferung bezogene Kostenarten gibt, empfiehlt es sich, den allgemeinen Paritätsfaktor in eine Anzahl von Teilfaktoren aufzuspalten. Das allgemeine Schema würde dann lauten: W = axpw + rxp r + mxp m + gxp g + kxp k + e . Hierfür ein Beispiel:1) Die Kosten einer Sendung waren folgende: 1. Ausgangswert (Einstandskosten) 2. Wertabhängige Kosten (Seeversicherung, Handlungskosten, Bankspesen) 3. Raumabhängige Kosten (Seefracht) für 3,5842 cbm 4. Gewichtsabhängige Kosten (Hafenumschlag, Hafenfonds, fobund Verschiffungsprovision) für 984 kg
6474,26 DM 812,53 DM 313,69 DM 26,15 DM
Vormbaum, a. a. O., S. 284. M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
24
370
Kalkulation
5. auf eine Kombination mit der Zeit bezogene Kosten (Discont) 6. auf die Gesamtheit der Lieferung bezogene Kosten (Zollabfertigung, Konnossemente) und 7. Ziel-Verkaufswert
77,09 DM 5,45 DM 7 709,17 DM
Dann ist
der Wertfaktor p w = (6474,26 + 812,53) :6474,26 = 1,1255, der Raumfaktor p r = 313,69:3,5842 = 87,52, der Gewichtsfaktor p g = 26,15:984 = 0,0266, der kombinierte Zeitfaktor p k = 77,09:7709,17 = 0,01, der auf die Gesamtheit der Lieferung bezogene Faktor e = 5,45. Es ist W = axp w + rxpr + mxp m + gxp g + kxp k + e. Dann ist
W = 6474,26 X 1,1255 + 3,5842 X 87,52 + 984 x 0,0266 + 7709,17 x 0,01 + 545 = 7709,18. Die Paritätskalkulation findet ihre Grenzen in der Tatsache, daß nicht alle Kosten dem Ausgangswert bzw. den einzelnen Bezugsgrößen direkt proportional sind und daß die Paritätsfaktoren für jede Warenart gesondert ermittelt werden müssen. 7. D a s a l l g e m e i n e K a l k u l a t i o n s s c h e m a für d e n E x p o r t „Cifi benannter Hafen incl. Dokumente" Fakturenbetrag — Mengenrabatt — Exporteurrabatt Zieleinkaufspreis — Sconto Bareinkaufspreis + Verpackung Kostenwert ab Werk, verpackt + Kosten ab Werk bis Überseehafen Rollgeld zur Abgangsstation Bahnfracht Kostenwert Ankunft Überseehafen + Kosten bis fob Ausfuhr-Zollabfertigung Lagergeld Kai-Umschlagsgebühr Hafen-Sonderleistungen Kosten Seehafenspediteur Kostenwert bis „fob Überseehafen" + Seefracht + Seeversicherung + Ausfuhrgarantie
371
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen Kostenwert bis „cif Ankunftshafen" + Kosten für Dokumente Formularkosten Beglaubigungsgebühren Kostenwert bis „cif-Ankunftshafen incl. Dokumente" + Finanzierungskosten Bankspesen Discont Kostenwert bis „cifi Ankunftshafen incl. Dokumente" + Handlungskosten des Exporteurs Selbstkostenwert bis „cifi Ankunftshafen incl. Dokumente" -f Gewinnaufschlag des Exporteurs — Ausfuhrhändlervergütung Zielverkaufswert „cifi Ankunftshafen incl. Dokumente"
362. Kalkulation im Handwerk 3620. Eigenarten In keinem anderen Wirtschaftszweig werden die Marktwerte von Betriebsleistungen so sehr von den betrieblichen Selbstkosten beeinflußt wie im Handwerk mit seinen individuellen Leistungen. Die Ermittlung der Kosten und darauf bauend die Bestimmung des Verkaufspreises ist Aufgabe und Ziel der handwerklichen Kalkulation. Die im Handwerk üblichen Kalkulationsformen sind die s u m m a r i s c h e und differenzierte Lohnzuschlagkalkulation, a) D i e s u m m a r i s c h e L o h n z u s c h l a g k a l k u l a t i o n In der summarischen Lohnzuschlagkalkulation werden die anfallenden Gemeinkosten durch einen einzigen Zuschlagsatz auf die Fertigungslöhne verrechnet. Da für den handwerklichen Leistungsprozeß der Produktionsfaktor „Arbeit" von entscheidender Bedeutung ist, ist die Anwendung dieser Kalkulationsform — zumindest in Betrieben mit einheitlicher Leistungserstellung — gerechtfertigt. Der für eine exakte Kalkulation erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen Gemeinkosten und Zuschlagbasis ist im Handwerksbetrieb gegeben. Es ist lediglich die Frage zu klären, ob nicht infolge der Verrechnung sämtlicher Gemeinkosten mittels e i n e s Zuschlages ein offenbares Mißverhältnis zwischen Gemeinkosten und Zuschlagbasis möglich ist, etwa in der Form, daß die Gemeinkosten ein Vielfaches der Basis betragen. In diesem Falle müssen betriebs- oder marktbedingte Veränderungen in dem Verhältnis GemeinkostenLohneinzelkosten zu nicht vertretbaren Ungenauigkeiten in der Kalkulation führen, besonders dann, wenn mit Normalzuschlägen kalkuliert wird, die für einen längeren Zeitraum Gültigkeit haben. Die jeder Zuschlagkalkulation zugrunde liegende Fiktion, daß die Gemeinkosten den Bewegungen der Basis folgen, kann dann keine Geltung mehr haben, da den Gemeinkosten auch im Handwerksbetrieb eine gewisse Starrheit eigen ist. Diese Bedenken sind jedoch 24*
372
Kalkulation
im Handwerksbetrieb unberechtigt, da innerhalb der handwerklichen Leistung (Betriebsleistung./. Außenleistung) die Fertigungslöhne den größten Anteil bilden und deshalb ein proportionales Verhältnis zwischen Gemeinkosten und Zuschlagbasis angenommen werden kann. Für die größte Zahl der Handwerksbetriebe dürfte mithin folgendes Kalkulationsschema zutreffend sein: + Materialkosten + Fertigungslöhne + Gemeinkosten (Zuschlag auf Fertigungslöhne) + Sonderkosten (außer Umsatzsteuer) =
+ =
+
Selbstkosten Gewinn Nettoverkaufspreis Umsatzsteuer
= Bruttoverkaufspreis
b) Die d i f f e r e n z i e r t e L o h n z u a c h l a g k a l k u l a t i o n Die summarische Lohnzuschlagkalkulation wird dann nicht ausreichen, wenn die betrieblichen Leistungen mehrere Leistungsarten umfassen (z. B. Neuanfertigungen, Reparaturen, Dienstleistungen und Handelstätigkeit) und bestimmte Arbeits Verrichtungen nur bei bestimmten Leistungsarten anfallen oder bestimmte Kostenträger besonders hohe oder besonders niedrige Kosten verursachen. Unter diese Bedingungen wird es selbst in kleinen handwerklichen Einheiten notwendig sein, eine, aus mehreren Gemeinkostenzuschlägen bestehende, differenzierte Zuschlagkalkulation vorzunehmen. Die Bildung differenzierter Zuschlagsätze ist nur über die Kostenstellenrechnung bzw. den Betriebsabrechnungsbogen möglich, wobei im Handwerksbetrieb die Gliederung der Kostenstellen der Gliederung der Zuschlagsätze entspricht. Die Kostenstellenbildung im Handwerksbetrieb erfolgt grundsätzlich nach den auch für den Industriebetrieb geltenden vier Gesichtspunkten: den funktionellen, verrechnungstechnischen, verantwortungstechnischen und räumlichen, wobei den verantwortungstechnischen und räumlichen eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Inwieweit funktionelle und verrechnungstechnische Gesichtspunkte in Betracht kommen, hängt ab von dem Umfang des damit verbundenen Arbeitsaufwandes und dem K a l k u l a t i o n s b e d ü r f nis des Betriebes. Vielfach müssen einfachere Formen der Kostenaufteilung gefunden werden. Der einfachste Weg der Ermittlung differenzierter Zuschlagsätze ist die Gliederung der Gemeinkosten nach V e r u r s a c h u n g s b e r e i c h e n . Im Bauhaupt- und Baunebengewerbe wird man die Gemeinkosten auf die Verursachungsbereiche Material und Fertigung verteilen. In diesen Handwerkszweigen sind die Gemeinkosten entweder stark material- oder stark lohn-
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
373
intensiv, wobei die Lohnintensität nur ein anderer Ausdruck für die Fertigungsintensität ist. Zuschlagsbasis für die Materialgemeinkosten sind die Materialeinzelkosten, für die Fertigungsgemeinkosten die Fertigungslöhne. Eine Untergliederung des L e i s t u n g s b e r e i c h e s ist notwendig, wenn die verschiedenen Leistungsarten erheblich voneinander abweichen und verschieden hohe Kosten verursachen bzw. wenn Leistungen einzelne Leistungsbereiche unterschiedlich beanspruchen. Die Kosten Stellenbildung kann dann wie folgt vorgenommen werden: Neuherstellung — Reparatur Handarbeit •— Maschinenarbeit Schlosserei — Schweißerei. Eine echte Kostenstellenbildung liegt nur bei der Gliederung „Schlosserei — Schweißerei" vor. Zuschlagbasis sind auch hier die Fertigungslöhne. Bei Unterteilung des Leistungsbereiches wird zusätzlich eine Kostenstelle „Verwaltung und Vertrieb" gebildet. Die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten sind dann Stellengemeinkosten, die durch einen Zuschlag auf die Herstellkosten verrechnet werden. Für die V e r t e i l u n g der G e m e i n k o s t e n auf Kostenstellen bzw.Leistungsbereiche gilt ausnahmslos das V e r u r s a c h u n g s p r i n z i p . Die in der handwerklichen Kostenstellenrechnung anzuwendenden Verteilungsprinzipien enthalten keine Besonderheiten, so daß auf Einzelheiten verzichtet werden kann. Der Aufbau der differenzierten Zuschlagkalkulation ist: Materialeinzelkosten + Fertigungslöhne der Kostenstelle A + Gemeinkosten der Kostenstelle A + Fertigungslöhne der Kostenstelle B + Gemeinkosten der Kostenstelle B = Herstellkosten + Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten (Zuschl. auf Herstellkosten) + Sonderkosten (außer Umsatzsteuer) = Selbstkosten + Gewinn = Nettoverkaufspreis + Umsatzsteuer = Bruttoverkaufspreis Zusammenfassend ist zur Kalkulation im Handwerk zu sagen, daß für die Vielzahl der Betriebe die summarische Lohnzuschlagkalkulation die zweckmäßigste Kalkulationsform ist. Bei unterschiedlicher Leistungserstellung ist eine Aufteilung der Kosten nach Kostenstellen, Verursachungs- bzw. Leistungsbereichen notwendig. Das gilt besonders für größere Betriebe, weil hier ein einziger Zuschlagsatz viel schwerere Folgen hat als in Kleinbetrieben mit ihren verhältnismäßig geringen Gemeinkosten. Die Stellenbildung muß dem Betriebstypus und der Betriebsgröße angepaßt sein.
374
Kalkulation
Es entsteht aber die Frage, ob es nicht zweckmäßig ist, die Kostenstellenrechnung mit einer Kostenträger-Zeitrechnung und Ergebnisrechnung zu einer geschlossenen Kostenrechnung zusammenzufügen. Die geschlossene Kostenrechnung erhöht die Erkenntniskraft der Kostenstellenrechnung, weil sie die entstandenen Kosten einer Periode nach Kostenträgern gliedert und den Umsatzkosten den Umsatzertrag gegenüberstellt. Hauptziel dieser Stufe des Rechnungswesens ist die Abstimmung der Kosten- und Leistungsrechnung mit der Aufwand- und Ertragsrechnung der Buchhaltung; denn nur eine zwangsläufige Abstimmung bringt den endgültigen Nachweis über die Richtigkeit und Vollständigkeit der Kostenrechnung. Voraussetzung hierfür ist die Überbrückung der verschiedenen Bewertungsgrundsätze in der Geschäftsbuchhaltung und in der Kostenrechnung sowie die Erfassung der nicht in die Kostenrechnung eingehenden Aufwände und Erträge innerhalb der Doppik — eine Voraussetzung, die kein handwerkliches Rechnungswesen erfüllen kann. Die geschlossene Kostenrechnung entspricht ihrem Wesen und Ziel nach dem Industriebetrieb und hat hier bestimmte Funktionen zu erfüllen. Der Handwerksbetrieb dagegen ist ihr wesensfremd. Die handwerkliche Kostenrechnung dient ausschließlich der Kostenträgerstückrechnung und endet mit der Errechnung der Zuschlagsätze. 3621. Durchführung Die Problematik der handwerklichen Kalkulation liegt darin, daß für die Erfassung des erforderlichen Zahlenmaterials kein ausgebautes Rechnungswesen zur Verfügung steht. Alle Versuche, die Formen des industriellen Rechnungswesens auf das Handwerk zu übertragen, mußten scheitern, weil sie nicht mit den typischen, im Handwerksbetrieb herrschenden Verhältnissen in Einklang zu bringen sind. Der Aufbau des handwerklichen Rechnungswesens muß so gestaltet sein, daß sich die Kalkulation ohne wesentliche Mehrarbeit aus der Buchführung entwickeln läßt. Ein solches System, Kalkulation und Buchführung organisch zusammenzufügen, ist in der „Neuen Handwerksbuchführung" 1 ) gegeben. Sie unterstellt, daß für die Vielzahl der Handwerksbetriebe das amerikanische System der doppelten Buchführung die zweckmäßige Buchhaltungsorganisation ist. Die grundlegenden Neuerungen der „Neuen Handwerksbuchführung" sind die getrennte Erfassung der Einzel- und Gemeinkostenlöhne sowie eine genügend tiefe, einheitliche und vollständige Erfassung der Gemeinkosten bereits in der Buchhaltung. Das Amerikanische Journal wird ergänzt durch zwei Formulare: die L o h n l i s t e und den K o s t e n b o g e n . Die Unterteilung der Löhne in Einzelkostenlöhne und Gemeinkostenlöhne (also nach verrechnungstechnischen Gesichtspunkten) ist dem Handwerksmeister fremd; für ihn sind fertigungstechnische Gesichtspunkte maßgebend. Mellerowicz, K. und F. Volkmann, Bremen-Horn.
Kalkulation in sonstigen Wirtschaftszweigen
375
Demzufolge teilt er auch die Löhne ein in Fertigungslöhne und Hilfslöhne oder, um die handwerkliche Terminologie anzuwenden, in produktive und unproduktive Löhne. Produktive Löhne werden gezahlt für Arbeiten, die d i r e k t am W e r k s t ü c k vorgenommen werden. Wenn auch die Einzelkosten- und Gemeinkostenlöhne im allgemeinen mit den Fertigungs- und Hilfslöhnen übereinstimmen, so bedeuten doch beide Einteilungen grundsätzlich nicht dasselbe, da jeder jeweils verschiedene Gesichtspunkte zugrunde liegen. Mit Rücksicht auf die notwendige Einfachheit des handwerklichen Rechnungswesens, da im Handwerksbetrieb die Fertigungslöhne gleich sind den Einzelkostenlöhnen, sind die Zuschlagbasis für die Gemeinkosten die produktiven Löhne. Die Ermittlung der L ö h n e erfolgt durch innerbetriebliche Aufzeichnungen, aus denen ersichtlich ist, ob die geleisteten Arbeitsstunden zu einem Arbeitsfortschritt eines Auftrages beigetragen haben oder nicht. Die produktiven und unproduktiven Anteile der einzelnen Arbeitnehmer werden in der Lohnliste zusammengestellt, in der auch sämtliche Abzüge aufgeführt sind. Darüber hinaus ist sie Buchungsbeleg für die Lohnbuchung im Amerikanischen Journal. Neben der laufenden Trennung der produktiven und unproduktiven Löhne ist eine klare G l i e d e r u n g der G e m e i n k o s t e n (die die Großbetriebe schon längst im Kontenrahmen haben), die keine Restgruppe enthält, unerläßlich. Die Gliederung ist in dem Kostenbogen1) enthalten. Sie gilt allerdings nicht für Betriebe mit Handelstätigkeit und auch nicht für Betriebe mit betrieblichem Grundbesitz. Für diese Gemeinkostenarten sind die Nummern 21—30 vorgesehen. Die Gliederung der Gemeinkosten erfolgt bereits im Amerikanischen Journal in der Weise, daß dem Gemeinkostenkonto eine Nebenspalte beigegeben ist, in der die zu buchenden Gemeinkosten durch eine Nummer entsprechend der Gemeinkostengliederung näher bezeichnet werden (z. B. Nr. 15 für Miete). Nach monatlichem Abschluß werden die Gemeinkosten nach ihren Nummern geordnet und in den Kostenbogen übertragen. Der sich ergebenden Aufstellung sind die unproduktiven Löhne aus der Lohnliste hinzuzufügen, weil diese nicht gesondert im Journal enthalten sind. Im Kostenbogen sind somit am Ende des Jahres sämtliche Gemeinkosten einschließlich der Sonderkosten enthalten, die einen Zahlungsvorgang ausgelöst haben. Die k a l k u l a t o r i s c h e n Kosten hingegenwerden nur im Kostenbogen erfaßt; das sind vor allem die Abschreibungen, der Meisterlohn und die Vergütung für mithelfende Familienangehörige. Die V e r z i n s u n g des zinsberechtigten Kapitals und die kalkulatorischen Wagnisse als weitere kalkulatorische Kosten bleiben im Handwerksbetrieb unberücksichtigt. Sie sind im Pauschalgewinnaufschlag enthalten, da eine *) Vgl. Abschnitt 2 413: Der Gemeinkostenbogen des Handwerks, Band 11,1, Seite 429 ff.
376
Kalkulation
genaue Berechnungsgrundlage für sie nicht oder nur sehr schwer gefunden werden kann. Von den im Handwerksbetrieb in Ansatz zu bringenden kalkulatorischen Kosten bereitet die Ermittlung des M e i s t e r l o h n e s und der Vergütung für mithelfende Familienangehörige die größten Schwierigkeiten. Beiden werden die geleisteten Arbeitszeiten und der Stundenlohnsatz vergleichbarer Arbeitskräfte zugrunde gelegt. Außerdem sind die Vergütungen in produktive und unproduktive Anteile zu zerlegen. Es ergeben sich also drei Probleme: 1. die Ermittlung der Arbeitszeit, 2. Ermittlung des Stundenlohnsatzes vergleichbarer Arbeitskräfte, 3. Aufteilung der kalkulatorischen Löhne in produktive und unproduktive Anteile.
Bei der Errechnung der kalkulatorischen Löhne ist von den e f f e k t i v e n Zeiten auszugehen. Das erste und dritte Problem ist gelöst, wenn der Meister und die Familienangehörigen je einen Stundenzettel führen und die geleisteten Arbeitszeiten in produktive und unproduktive Anteile zerlegen. Erheblich komplizierter ist die Ermittlung des Stundenlohnsatzes. Die in den einzelnen Handwerkszweigen verwendeten Vergeichsmaßstäbe sind verschieden. In der Praxis werden vor allem vier angewandt: 1. Der h ö c h s t e b e t r i e b l i c h e G e s e l l e n l o h n . Dieser ist nicht anwendbar, da die Löhne im Handwerk sehr beweglich sind: der erste und zweite Geselle kann eingespart werden; die Höhe des Gesellenlohnes ist abhängig von der Lohnpolitik des Meisters. 2. Der h ö c h s t e o r t s ü b l i c h e G e s e l l e n l o h n , der in den meisten Handwerkszweigen angewandt wird. Er kommt den tatsächlichen Verhältnissen schon näher, da er der längeren Ausbildung und der besonderen Qualifikation des Meisters entspricht. 3. Derum einen b e s t i m m t e n P r o z e n t s a t z e r h ö h t e „höchste ortsübliche Gesellenlohn". Der Aufschlag ist dann gerechtfertigt, wenn der Meister besonders schwierige Arbeiten allein und vielleicht auch schneller ausführt als ein Geselle. Außerdem soll der Aufschlag die Leitungsarbeit des Meisters abgelten. 4. Ein M o n a t s g e h a l t , besonders zur Abgeltung der mit der Leitungsfunktion verbundenen Verantwortung des Meisters. Es wird vornehmlich in größeren Betrieben angewendet. Hier können als Grundlage aber nicht mehr die geleistete Arbeitszeit und der Stundenlohnsatz dienen. Soweit Familienangehörige nicht in einem festen Arbeitsverhältnis stehen, muß auch für diese ein kalkulatorischer Lohn berechnet werden. Die Vergütung richtet sich nach dem Entgelt gleichwertiger Arbeitskräfte, wie Gesellen, kaufmännischen Angestellten oder Lehrlingen. Die kalkulatorischen A b s c h r e i b u n g e n werden sich im Handwerksbetrieb im allgemeinen nicht von den steuerlichen Abschreibungen unterscheiden. Ein gesonderter Ansatz ist lediglich bei Sonderabschreibungen und geringwertigen Wirtschaftsgütern notwendig.
377
Grenzen der Nachkalkulation
Mit der Erfassung der Kosten, der Trennung der unproduktiven Löhne von den produktiven, sind die Grundlagen für die Ermittlung eines Gemeinkostenzuschlages auf der Basis der produktiven Löhne gegeben: . Gemeinkosten des Jahres x 100 prod. Löhne der Arbeitnehmer
—_ 31.992 x 100 22.981
„„„„„, o u/ '
/0
Der pauschale Gewinnaufschlag, durch den auch die kalkulatorischen Wagnisse und Zinsen abgegolten werden, ist je nach den in dem betreffenden Handwerkszweig herrschenden Verhältnissen verschieden. Er schwankt zwischen 10% und 30%. Nunmehr sind alle Daten für eine s u m m a r i s c h e Lohnzuschlagkalkulation bekannt, die mit einem Zuschlagsatz in folgender Weise durchgeführt werden kann: Materialeinzelkosten produktive Löhne (50 Stunden je 2,— DM) Gemeinkosten (139,2% auf d. prod. Löhne) Sonderkosten
150,— 100,— 139,20 4,50
DM DM DM DM
Nettoverkaufspreis Umsatzsteuer (4,17% des Nettoverkaufspreises) . . .
393,70 DM 16,42 DM
Bruttoverkaufspreis
410,12 DM
Die d i f f e r e n z i e r t e Lohnzuschlagkalkulation weicht nicht wesentlich von dem dargestellten Beispiel der summarischen Lohnzuschlagkalkulation ab. Der Kostenbogen ist auch hier maßgebend für die Sammlung der Gemeinkosten, die dann von einem Betriebsabrechnungsbogen übernommen werden. Grundsätzlich bleibt auch in diesem Fall die dargestellte Gliederung der Gemeinkosten erhalten. Jedoch wird man zweckmäßigerweise versuchen, durch eine tiefere Untergliederung einzelner Gemeinkostengruppen die Zahl der Stellengemeinkosten zu vermehren. Bei einer Kostenstellenbildung „Schlosserei — Schweißerei" z. B. wird man das Kleinmaterial mit der bisherigen Nummer 10 gliedern in 100 Kleinmaterial Schlosserei 101 Kleinmaterial Schweißerei.
Der Kostenbogen wäre dann um die Spalte 101 zu erweitern. Durch eine solche Gliederung wird die Zahl der unechten Schlüsselgemeinkosten vermindert. Die Verteilung der Gemeinkosten im handwerklichen Betriebsabrechnungsbogen ist ein Problem der Kostenstellenrechnung schlechthin, das wie im Industriebetrieb nur durch tiefe Kostengliederung und eingehende KostenUntersuchungen gelöst werden kann. 37. Grenzen der Nachkalkulation 370. Grundsätzliches Die Kalkulation muß wahr sein: richtig und vollständig. Es gibt keine Kostenpolitik in der Kalkulation. Kostenpolitik sind praktische Maßnahmen, um zu einem Minimum an Kosten zu kommen oder den Kostencharakter zu beein-
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Kalkulation
flussen, also fixe Kosten durch proportionale zu ersetzen. Aber die wirklich entstandenen Kosten dürfen nicht manipuliert werden. Die Politik fängt erst bei der Preisstellung an und ebenso bei der Bilanzierung: in der Bewertung und in der Aktivierung aufgewandter Kosten, wenn sie zu Beständen geführt haben. Trotz der unabdingbaren Forderung nach Wahrheit in der Kalkulation, sind dieser Forderung Grenzen gesetzt: es gibt für die Genauigkeit der Kalkulation Grenzen, die, aus ökonomischen Gründen, kein Betrieb überschreiten kann. Grenzen der Kalkulation liegen immer dann vor, wenn das Ziel der Stückrechnung, die Kosten verursachungsgemäß den Kostenträgern zuzurechnen, nicht ganz erreicht werden kann. Die Unmöglichkeit, eine völlige Genauigkeit zu erreichen, kann absolut oder relativ sein. A b s o l u t ist sie dann, wenn es technisch unmöglich ist, die Kosten — dem Verursachungsprinzip entsprechend — den betreffenden Kostenträgern aufzulasten. R e l a t i v e Grenzen sind gegeben, wenn die genaue Zurechnung entsprechend dem Verursachungsprinzip zwar theoretisch möglich, aber nur mit einem nicht zu vertretenden wirtschaftlichen Aufwand erreichbar ist. In dem letzteren Falle setzt also das ökonomische Prinzip die Grenze. Man spricht dann von der „ökonomischen Grenze der Genauigkeit". Bei konkreten Untersuchungen gehen die beiden Grenzen ineinander über. Man kann in manchen Fällen nicht genau sagen, ob die genaue Zurechnung schon technisch unmöglich oder nur unwirtschaftlich wäre. Deshalb ist es zwar wichtig, den Charakter der beiden Grenzen zu unterscheiden, aber es ist nicht zweckmäßig, diesen Gesichtspunkt der Gliederung zugrunde zu legen, weil dies zu Künsteleien führen müßte. Zweckmäßiger ist es vielmehr, nach den Urs a c h e n zu fragen, die die Grenzen der Kalkulation bedingen (und zu gliedern). Eine erste Grenze ergibt sich bereits aus praktischen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen A u f w a n d u n d K o s t e n . Theoretisch läßt sich zwar exakt bestimmen, was Aufwand und was Kosten ist. Soweit es sich um Abgrenzungen zwischen betriebsfremden Aufwänden und Kosten handelt, ist auch die praktische Unterscheidung leicht. Dies gilt auch für einige außergewöhnliche und periodenfremde Aufwände. Bei anderen außergewöhnlichen und vor allem periodenfremden Aufwänden ist die Abgrenzung jedoch schwierig. Eine weitere Grenze der Kalkulation ergibt sich daraus, daß selbst bei Anwendung der gebräuchlichen Kalkulationsformen Ungenauigkeiten nicht vermieden werden können, weil sie aus dem Wesen dieser Formen resultieren. Diese Ungenauigkeiten sind, soweit es sich um absolute Grenzen handelt, bei einigen Kalkulationsformen enger und bei anderen weiter gesteckt. Bei den gebräuchlichen Kalkulationsformen ergeben sich ferner Grenzen der Genauigkeit aus w i r t s c h a f t l i c h e n Erwägungen heraus. Eine noch engere Grenze ist aber dann gegeben, wenn es die zu kalkulierenden Kostenträger oder andere Gründe nicht zulassen, daß die richtigen Kalkulationsformen angewendet werden. Die Genauigkeitsgrenzen ergeben sich dann aus der Anwendung k o m b i n i e r t e r Kalkulationsformen, aus der Anwendung von S o n d e r f o r m e n
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der Kalkulation oder aus der Anwendung von K a l k u l a t i o n s e r s a t z m e t h o d e n . Hier ist die Grenze der Genauigkeit noch weiter hinausgeschoben als bei den gebräuchlichen Kalkulationsformen. Genauigkeitsgrenzen ergeben sich aber auch —• unabhängig von der Wahl der Kalkulationsmethode — aus der nur beschränkt möglichen praktischen Anwendungsmöglichkeit des T a g e s w e r t p r i n z i p s . Schließlich ergeben sich Genauigkeitsgrenzen aus o r g a n i s a t o r i s c h e n u n d p e r s o n e l l e n U n z u l ä n g l i c h k e i t e n . Sie sind auch dann gegeben, wenn der Betrieb in dieser Hinsicht sein Bestes getan hat. Im folgenden sollen nun die einzelnen Arten von Genauigkeitsgrenzen näher untersucht werden. Für denjenigen, der das Kalkulationsergebnis für betriebspolitische Entscheidungen verwerten will, ist es wichtig zu wissen, was die Kalkulation aussagen kann und was nicht. Deshalb muß er wissen, welche Grenzen der Kalkulation gesetzt sind. 371. Genauigkeitsgrenzen, die sich aus" Abgrenzungschwierigkeiten zwischen Aufwand und Kosten ergeben Es wurde schon ausgeführt, daß Ungenauigkeiten bei der Aufwand-Kostenabgrenzung sich im wesentlichen nur bei p e r i o d e n f r e m d e n und zum Teil auch a u ß e r g e w ö h n l i c h e n Aufwendungen einerseits und Kosten andererseits ergeben können. Dies soll an einigen typischen Beispielen erläutert werden. Sind die R e p a r a t u r k o s t e n , soweit sie nicht aktiviert werden sollen (also abgesehen von Generalüberholungen usw.), entsprechend dem m o n a t l i c h e n Anfall in die monatliche Kostenrechnung zu übernehmen oder soll nur der d u r c h s c h n i t t l i c h e Anfall nach Klasse 4 gebucht werden, während die Differenz zwischen dem laufenden Istanfall und den verrechneten Teilen (Durchschnittsanfall) in Klasse 2 als periodenfremd abgegrenzt wird ? Entscheidet man sich für eine Abgrenzung in Klasse 2, so geht man ähnlich vor wie bei der Urlaubslohnabgrenzung. Der Unterschied besteht jedoch darin, daß der Urlaubslohnanfall viel genauer im voraus geschätzt werden kann als der Reparaturanfall. Will man korrekt sein, so darf man den Reparaturanfall auch nicht für ein J a h r zugrundelegen und dann Zwölfteln; man muß vielmehr von den Reparaturen ausgehen, die bis zum Ausscheiden des betreffenden Anlagegutes voraussichtlich anfallen werden. Dies ist aber schon an sich sehr schwer und wird dadurch noch weiter erschwert, daß es nicht nur um Schätzung von Häufigkeit, Art und Zeitpunkt der Reparaturen geht, sondern auch die zukünftige Lohn- und Materialpreisentwicklung im voraus geschätzt werden müßte. Hinzu kommt noch, daß man die Verrechnung der Reparaturaufwendungen oft mit der Abschreibungsmethode (ob degressiv und linear) koppelt. Es ist nicht möglich, hier Generelles auszusagen. Es zeigt sich aber, daß eine gewisse Willkür bei der Verrechnung der Reparaturaufwendungen so oder so unver-
Kalkulation
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meidbar ist, daß also eine Ungenauigkeit in die Kostenrechnung hineingetragen wird schon bei der Entscheidung, was überhaupt als Kosten angesehen werden soll und was als neutraler Aufwand. Ein zweites Beispiel wäre die Festlegung der k a l k u l a t o r i s c h e n A b s c h r e i b u n g e n . Die Errechnung von Abschreibungen setzt ja eine Lebensdauerschätzung voraus. Schätzungen müssen aber zwangsläufig Ungenauigkeiten mit sich bringen. Es wird fast nie möglich sein, die Lebensdauer im voraus genau zu schätzen. Die Schwierigkeit wird noch dadurch vergrößert, daß es nicht angeht, einfach von der technischen Nutzungsdauer auszugehen; es muß vielmehr bei der Feststellung der Abschreibungsdauer außerdem die Möglichkeit der Überalterung berücksichtigt werden. Danach dürfte es nicht im Regelfall, sondern nur in Ausnahmefällen vorkommen, daß die Lebensdauer richtig geschätzt wird. Das bedeutet aber, daß laufend Kosten in falscher Höhe verrechnet werden. Dabei ist es von zweitrangiger Bedeutung, wie man später entdeckte Fehler in der Lebensdauerschätzung korrigiert: ob man in Zukunft den (von Anfang an) richtigen Betrag oder den Restbetrag (verteilt auf die Restlebensdauer) in die Kosten nimmt. Mindestens einige Jahre lang sind die Aufwendungen in falscher Höhe verrechnet. Ähnliches gilt für die a n d e r e n k a l k u l a t o r i s c h e n K o s t e n a r t e n . Selbst wenn m a n die Zurechnung der als Kosten verrechneten Beträge genau vornehmen könnte, wäre die Kostenrechnung ungenau, da die a b s o l u t e H ö h e der zu verteilenden Beträge schon bei einigen K o s t e n a r t e n unrichtig ist, nämlich bei allen d e n Kostenarten, die nicht an eine A u s g a b e anknüpfen und bei all den Kostenarten, die zwar an eine Ausgabe anknüpfen, aber eine L e b e n s d a u e r s c h ä t z u n g erfordern, weil die Nutzung über viele Perioden hinaus erfolgt. 372. Genauigkeitsgrenzen der gebräuchlichen Kalkulationsformen 3720. Grenzen, die sich zwangsläufig aus dem Wesen der einzelnen Formen ergeben (absolute Grenzen) 37 200. Divisionskalkulation a) e i n f a c h e
Divisionsrechnung
Geht man von der Prämisse aus, daß die gewählte Kalkulationsform der betrieblichen Eigenart gerecht wird (daß also keine falsche Form angewandt wird), so sind die Fehlerquellen, die aus dem Wesen der einfachen Divisionsrechnung resultieren, theoretisch gleich Null. A n w e n d b a r ist aber die einfache Divisionsrechnung nur, wenn es sich um Betriebe handelt, die nur e i n Produkt herstellen, bei denen keine Zwischenerzeugnisse anfallen oder der Anfall der Zwischenerzeugnisse in allen Produktionsstufen z w a n g s l ä u f i g gleich groß ist. Sind diese Voraussetzungen gegeben, so werden sämtliche Kosten erfaßt und durch die Anzahl der erzeugten Einheiten geteilt. Es treten keine Schlüsselungsprobleme auf. Eine falsche P e r i o d e n a b g r e n z u n g ist ebenfalls ausge-
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schlössen 1 ), und etwaige Fehler bei der Abgrenzung der Kostenarten untereinander sowie der Kostenstellen untereinander sind vom Standpunkt der Stückrechnung uninteressant, da man ja von vornherein auf die Gesamtkosten pro Einheit abstellt. Es ist aber offensichtlich, daß die Vorausseztungen für die Anwendung der einfachen Divisionsrechnung in der Praxis k a u m zu f i n d e n s i n d . Ist schon der Einproduktbetrieb in Deutschland ein Fall der Theorie und auch in den Vereinigten Staaten ein Ausnahmefall, so stellt die zweite Voraussetzung (daß überhaupt keine Zwischenerzeugnisse anfallen oder aber diese z w a n g s l ä u f i g in allen Produktionsstufen relativ gleich zum Ausstoß an Enderzeugnissen bleiben) eine Voraussetzung dar, die genau so selten zu finden ist. Die einfache Divisionsrechnung kann also lediglich als Maßstab dafür benutzt werden, welche Fehler aus der Kalkulationsform selbst resultieren können, d. h. man kann bei den anderen Formen der Kalkulation untersuchen, um wieviel ungenauer sie jeweils im Verhältnis zur einfachen Divisionsrechnung sind. Viel öfter dagegen kann die Divisionsrechnung in k o m b i n i e r t e n Kalkulationsformen angewandt werden, dann aber natürlich nicht für das Gesamtprodukt. Es ist nun aber praktisch so, daß die einfache Divisionsrechnung oft auch dann noch angewendet wird, wenn eigentlich nicht alle Voraussetzungen gegeben sind (z. B. unterschiedliche Bestandsveränderungen an Zwischenerzeugnissen auftreten). Man geht dann von der Überlegung aus, daß die hierdurch bedingten Fehlerquellen immer noch kleiner oder aber mindestens nicht größer sind als bei der Anwendung komplizierter Kalkulationsformen. In diesem Falle weist dann auch die einfache Divisionsrechnung Fehlerquellen auf, die jedoch erst später zu behandeln sind, wenn es um die ö k o n o m i s c h e Grenze der Genauigkeit geht, denn dann wird eine der Produktion nicht adäquate Kalkulationsform angewendet, um kompliziertere Rechnungen, die an sich der Produktionsart besser entsprechen würden, aus Vereinfachungsgründen zu vermeiden. b) Ä q u i v a l e n z r e c h n u n g Im wesentlichen gilt für die Äquivalenzrechnung das gleiche wie für die einfache Divisionsrechnung. Nur sind folgende Unterschiede gegeben: Einerseits ist der Anwendungsbereich der Äquivalenzrechnung breiter. Man kann die Äquivalenzrechnung auch dann einsetzen, wenn nicht ein Produkt, sondern m e h r e r e verwandte Produkte 2 ) (die sich rechnerisch auf einen N e n n e r bringen lassen) erzeugt werden. Andererseits aber ist dieser breitere Anwendungsbereich zugleich eine Quelle von Ungenauigkeiten, die bei der einfachen Divisionsrechnung fehlen. Es ist die Wahl der Äquivalenzziffern, die diesen Unsicherheitsfaktor mit sich bringt. Er ist selbst bei Anwendung exakter x ) weil ja entweder keine oder nur im selben Umfange Bestandsveränderungen in Zwischenerzeugnissen erfolgen, wie sich der Ausstoß an Endpunkten verändert. 2 ) Z. B. Herstellung im Prinzip gleicher Produkte in verschiedenen Größen oder Qualitäten oder Herstellung einer begrenzten Zahl von Produkten ähnlicher Struktur aus demselben Rohmaterial in etwa gleicher Produktionsweise (z.B. Garne verschiedener Nummern, Biere verschiedener Qualitäten, Ziegelsteine verschiedener Art usw.).
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Kalkulation
Methoden der Äquivalenzziffernrechnung gegeben und ist zwangsläufig noch größer, wenn — wie in der Praxis meist — die Äquivalenzziffern nach primitiveren Methoden gebildet werden. In Frage kommen für die B i l d u n g der Äquivalenzziffern Schätzungen und technische Messungen: nach der Bearbeitungszeit, dem Materialverbrauch usw. Zu bedenken ist immer, daß die ausschließlich technischen Unterlagen leicht falsche Äquivalenzziffern zustande bringen, da die technischen Größen sich nicht immer proportional zum Kostenanfall verändern. Es werden deshalb S o l l k o s t e n der einzelnen Produkte in vielen Fällen besser sein. Das gleiche gilt für vorkalkulierte Kosten (für die einzelnen Sorten). Unter Umständen kommen aber auch S o l l g e w i c h t s - u n d S o l l b e a r b e i t u n g s z e i t e n in Frage, nämlich dann, wenn die Kostenunterschiede von ihnen abhängen. Jedenfalls sind wiederholte Untersuchungen und Überprüfungen der Äquivalenzziffern für die einzelnen Sorten erforderlich. Oft bildet man in der Praxis die Äquivalenzziffern entsprechend dem Verhältnis der M a r k t p r e i s e der einzelnen Sorten zueinander. Derartige Maßgrößen sind aber — kalkulatorisch gesehen — falsch, denn es bestehen keine funktionellen Beziehungen zwischen Kosten und Preisen. Die Äquivalenzziffernrechnung verliert dann überhaupt ihre Aufgabe, nämlich festzustellen, welche der Sorten wirtschaftlich sind. Denn zwangsläufig ergibt sich bei einer Aufteilung der Kosten in der Relation der Marktpreise bei allen Sorten der gleiche prozentuale Gewinn. c) S t u f e n - D i v i s i o n s r e c h n u n g Die Stufen-Divisionsrechnung gibt eine Anwendungsmöglichkeit der Divisionskalkulation auch in den Fällen, in denen Zwischenerzeugnisse anfallen und unterschiedliche Bestandsveränderungen bei den einzelnen Stufen möglich sind (dergestalt, daß z. B. in Stufe 1 weniger Erzeugnisse hergestellt werden als die Stufe 2 benötigt, so daß also die Stufe 2 die fehlenden Zwischenerzeugnisse aus einem Zwischenlager, d. h. aus der Produktion einer früheren Periode, entnimmt). Sind im übrigen alle Voraussetzungen gegeben, die für die Anwendung der einfachen Divisionsrechnung Voraussetzung sind, so kann bei der StufenDivisionsrechnung t h e o r e t i s c h der gleiche Genauigkeitsgrad erreicht werden wie bei der einfachen Divisionsrechnung, weil man die Kalkulation gewissermaßen in eine Reihe selbständiger Teilkalkulationen zerlegt, die —getrennt — genau so ablaufen wie bei der einfachen Divisionsrechnung die Gesamtkalkulation. Es ist aber praktisch auch in diesem noch relativ einfachen Falle nicht der gleiche Genauigkeitsgrad zu erreichen wie bei der einfachen Divisionsrechnung. Dies erklärt sich aus folgendem: Die Stufen-Divisionsrechnung ist nur durchführbar, wenn man die Kostenstellenrechnung als Hilfsmittel der Kalkulation benutzt, d. h. daß mindestens soviel Stellen gebildet werden wie getrennte Divisionen erforderlich sind. Die Zurechnung der einzelnen Kostenarten auf die Kostenstellen ist aber nicht in allen Fällen direkt möglich. Nur in bezug
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auf die Stelleneinzelkosten ist der Genauigkeitsgrad der den einzelnen Stufen aufgelasteten Kosten genau so groß wie bei der einfachen Divisionsrechnung. Bei den Schlüsselkosten muß (jedenfalls, wenn eine Schlüsselung auf verschiedene Stufen notwendig wird) eine Ungenauigkeit in Kauf genommen werden. Jede Schlüsselung bringt zwangsläufig Ungenauigkeiten mit sich. Hierauf soll jedoch erst näher bei der Behandlung der ö k o n o m i s c h e n Grenze der Genauigkeit eingegangen werden, da bei fast allen Kostenarten theoretisch eine exakte Zurechnung auf die Stellen möglich, aber praktisch nicht durchführbar ist. Hierfür nur ein Beispiel: Das Gehalt des Betriebsleiters sowie die Gehälter seines Stabes können p r a k t i s c h nur im Wege der Schlüsselung auf die verschiedenen Stufen verteilt werden. Theoretisch wäre es jedoch möglich, daß der Angestellte, der zum Betriebsleiterbüro gehört, genau Buch über die Zeit führt, die er für die einzelnen Stufen aufwendet. Das gleiche gilt für Kräfte der obersten Leitung usw. Wir können also festhalten, daß sich theoretisch bei der Stufen-Divisionsrechnung der gleiche Genauigkeitsgrad erreichen läßt wie bei der einfachen Divisionsrechnung, daß das jedoch praktisch nicht möglich ist. 37 201. Zuschlagskalkulalion
a) G r e n z e n j e d e r Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n Während es — theoretisch — Grenzen bei zwei Formen der Divisionsrechnung überhaupt nicht und bei der dritten (Äquivalenzrechnung) nur in beschränktem Umfange gibt, dort also die Grenzen sich nur aus Gründen der Wirtschaftlichkeit der Rechnung ergeben, hat j e d e Zuschlagskalkulation w e s e n s m ä ß i g bedingte Grenzen. Die Zuschlagskalkulation (die man nur anwenden wird, wenn keine der Formen der Divisionskalkulation geeignet ist) beruht auf dem Prinzip der Gliederung der Kosten in zwei Gruppen: in Einzelkosten und in Gemeinkosten. In der Literatur hat man diese beiden Gruppen auch anders voneinander abgegrenzt. So stellt z. B. Kalveram darauf ab, ob man die Kosten direkt zurechnet oder nicht (also nicht auf die technische Möglichkeit, sondern auf die Zweckmäßigkeit). Jedenfalls werden die als Einzelkosten verrechneten Kostenarten dem Träger direkt zugerechnet, während die Gemeinkosten mit Hilfe einer Zuschlagsbasis den Kostenträgern zugemessen werden. Als B a s i s dienten früher fast ausschließlich die Einzelkosten, in den letzten beiden Jahrzehnten auch andere Größen (z. B. Maschinenlaufzeiten). Das Verfahren beruht also darauf, daß die nicht direkt zurechenbaren (bzw. nicht direkt zugerechneten) Kosten zu den direkt zurechenbaren Kosten (Einzelkosten) oder aber zu anderen Größen (z. B. Fertigungszeiten oder Maschinenlaufzeiten) in Beziehung gesetzt werden. Voraussetzung für die Brauchbarkeit dieser Methode der Kostenzurechnung ist naturgemäß, daß mindestens tendenziell eine Proportionalität zwischen Zuschlagbasis und Gemeinkosten vorhanden ist. Sonst würde es sich um eine willkürliche Verteilung der Gemeinkosten auf
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die im Laufe einer Periode gefertigten Kostenträger handeln. Wie an anderer Stelle1) genauer dargelegt wurde, ist eine vollkommene Proportionalität jedoch nicht zu erreichen. Das bedeutet, daß die Gemeinkosten nur ungenau den einzelnen Kostenträgern zugerechnet werden können. Hier liegt die Grenze der Genauigkeit j e d e r Zuschlagskalkulation. Wie groß die Ungenauigkeit ist, hängt (soweit es sich um die Ungenauigkeiten handelt, die aus der Kalkulationsform resultieren) einmal von der Differenzierung (d. h. von der Z a h l der gewählten Basen) und zum anderen von der Z w e c k m ä ß i g k e i t der gewählten Basen ab. Anders ausgedrückt: Je mehr die zu fordernde tendenzielle Proportionalität bei einer Basis gegeben ist (je mehr Kostenarten also die Tendenz haben, sich proportional zur Basis zu verhalten), desto geringer ist die Ungenauigkeit. Da sich jedoch die einzelnen Kostenarten und Kostenartengruppen zu u n t e r s c h i e d l i c h e n Größen tendenziell proportional verhalten (d. h. die einen mehr zu der einen Basis und die anderen mehr zu einer zweiten usw.), wird die Genauigkeit — gute Basiswahl vorausgesetzt — der Rechnung um so größer sein, je m e h r Basen gewählt werden. Das bedeutet, daß die einzelnen F o r m e n der Zuschlagskalkulation einen unterschiedlichen Genauigkeitsgrad aufweisen. Wir müssen deshalb die wichtigsten Formen der Zuschlagskalkulation getrennt auf ihren Genauigkeitsgrad untersuchen. b) S u m m a r i s c h e Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n Die summarische Zuschlagskalkulation, bei der sämtliche Gemeinkosten zu einer Basis in Beziehung gesetzt werden, die Verrechnung der Gemeinkosten auf die Kostenträger also nur mit Hilfe einer Basis erfolgt, hat zwangsläufig den geringsten Genauigkeitsgrad. Zu den Ungenauigkeiten, die die einzelnen Basen bei getrennter Anwendung aufweisen, kommen noch die hinzu, die sich aus dem Z u s a m m e n w e r f e n der K o s t e n a r t e n ergeben. Die summarische Zuschlagskalkulation weist — unter sonst gleichen Umständen — demnach den geringsten Genauigkeitsgrad von allen gebräuchlichen Kalkulationsformen auf. Im allgemeinen wird der F e r t i g u n g s l o h n die Zuschlagbasis abgeben.Verhalten sich aber die Fertigungsgemeinkosten schon nicht restlos proportional zur Fertigungszeit und tun sie dies noch weniger im Verhältnis zum Fertigungslohn (weil Lohnschwankungen nicht automatisch Schwankungen aller Fertigungsgemeinkosten hervorrufen), so ist eine Beziehung zu den Gemeinkosten, die im Materialbereich sowie im V e r w a l t u n g s - und Vertriebsbereich anfallen, kaum noch gegeben. Mit dem zunehmenden Anteil dieser Kostengruppen am Selbstkostengesamt wird die summarische Zuschlagskalkulation immer unbrauchbarer. Sie kann also allenfalls noch in Handwerksbetrieben Anwendung finden, in denen nur ein Fertigungsbereich existiert, die Materiallager gering sind und im Verwaltungs- und Vertriebsbereich nur wenig Kosten entstehen. 1 ) Im Abschnitt 213: Das Schlüsselungsproblem, und 214: Das Problem der Zuschlagsbasis.
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c) E i n f a c h d i f f e r e n z i e r e n d e Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n Ein Teil der Ungenauigkeiten, die die summarische Zuschlagskalkulation aufweist, entfällt bei der einfach differenzierenden Zuschlagskalkulation. Man pflegt hier wenigstens zwischen Zuschlägen auf Handarbeitslohn, Maschinenarbeitslohn, Material und Herstellkosten zu unterscheiden. Dadurch werden die Ungenauigkeiten vermieden, die sich daraus ergeben, daß die Gemeinkosten des Material- sowie des Verwaltungs- und Vertriebsbereiches zu ganz anderen Größen als dem Fertigungslohn tendenziell proportional verlaufen. Ferner wird innerhalb des F e r t i g u n g s b e r e i c h e s durch Differenzierung eine größere Genauigkeit erreicht, weil der Anfall an Gemeinkosten im Zusammenhang mit Handarbeit anders ist als mit Maschinenarbeit. Es verbleiben aber die Ungenauigkeiten, die daraus resultieren, daß bei verschiedenen Handarbeits-Kostenstellen unterschiedliche Kosten anfallen und ebenso bei den verschiedenen Maschinenarbeits-Kostenstellen. Schließlich bleiben auch die Ungenauigkeiten, die sich aus der n i c h t a u s r e i c h e n d e n P r o p o r t i o n a l i t ä t der beim Materialbereich üblichen Zuschlagsbasis (Fertigungsmaterialverbrauch) und bei der Basis für die Verwaltungsund Vertriebsgemeinkosten (Herstellkosten der abgesetzten Erzeugnisse) ergeben. Wir werden sehen, daß auch bei der Kostenstellenrechnung diese Ungenauigkeiten nicht völlig zu vermeiden sind daß sie jedoch eine weitere Reduzierung erfahren können. d) K o s t e n s t e l l e n r e c h n u n g Bei der Zuschlagrechnung mit Kostenstellen werden nicht nur unterschiedliche Zuschlagsätze für die Bereiche und innerhalb des Fertigungsbereiches für Hand- und Maschinenarbeit gewählt, sondern es wird für j e d e H a u p t k o s t e n stelle ein Zuschlagsatz gebildet. Die Basis bleibt zwar innerhalb der Bereiche im allgemeinen die gleiche (z. B. der Fertigungslohn), und für den Materialsowie den Verwaltungs- und Vertriebsbereich verwendet man im allgemeinen nur je e i n e n Zuschlagsatz, aber die unterschiedliche Höhe der Gemeinkosten im Verhältnis zur Basis, die für die verschiedenen Kostenstellen kennzeichnend ist, wird berücksichtigt. Diese Berücksichtigung kann soweit gehen, daß einzelne K o s t e n p l ä t z e kostenrechnerisch aus ihrer Stelle herausgenommen und gesondert abgerechnet werden (Platzkostenrechnung). Es verbleiben dann, aber immer noch die bereits erwähnten Grenzen der Genauigkeit, die sich bei jeder Zuschlagrechnung ergeben, und es verbleiben auch die Ungenauigkeiten, die bereits bei der StufenDivisionsrechnung behandelt wurden: die Notwendigkeit der Schlüsselung verschiedener Kostenarten auf die Kostenstellen. Die Ungenauigkeiten bei der Zurechnung der einzelnen Kostenarten auf die Kostenträger bei der Form der Zuschlagkalkulation mit Kostenstellenrechnung sind also folgende: Bei den Einzelkosten wird — jedenfalls theoretisch — absolute Genauigkeit erreicht, bei den Stelleneinzelkosten ergeben sich Ungenauigkeiten daraus, daß die den Stellen genau zugemessenen Kosten mit M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
2.)
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Hilfe eines Schlüssels (nämlich der Zuschlagbasis) dem K o s t e n t r ä g e r zugerechnet werden müssen. Bei den Schlüsselgemeinkosten, die also eine mindestens z w e i f a c h e Schlüsselung erfordern, ergibt sich eine mindestens zweifache Ungenauigkeit. T h e o r e t i s c h ist es jedoch, wie schon bei der Stufen-Divisionsrechnung ausgeführt, möglich, Stellengemeinkosten ganz zu vermeiden, also die Erfassung so genau vorzunehmen, daß alle Kostenarten wenigstens der Stelle direkt zugerechnet werden. Praktisch ist dies allerdings ebensowenig möglich wie bei der Stufen-Division, worauf jedoch erst im Rahmen der Ausführungen über die ökonomische Grenze der Genauigkeit einzugehen ist. 3721. Zur ökonomischen Grenze der Genauigkeit bei den einzelnen Formen (relative Grenzen) 37 210. Bei den Formen der Divisionskalkulation
Bei der e i n f a c h e n Divisionsrechnung ergibt sich keine ökonomische Grenze der Genauigkeit. Das Verfahren ist so einfach, daß dieses Problem nicht auftaucht; etwaige Ungenauigkeiten können also nur daraus resultieren, daß die einfache Divisionsrechnung in den in Frage stehenden Fällen gar nicht anwendbar ist. Ist sie anwendbar, so brauchen nur sämtliche Kosten zusammengezählt und durch die Stückzahl geteilt zu werden. Bei der Ä q u i v a l e n z r e c h n u n g ergibt sich eine ökonomische Grenze der Genauigkeit in doppelter Hinsicht. Einmal wird man oft von vornherein nicht die theoretisch möglichen — exakten — Verfahren der Äquivalenzziffernrechnung anwenden, zum anderen kann sich durch Änderungen der Produkte die Notwendigkeit einer Neuberechnung der Äquivalenzziffern ergeben, was man aber — wenn man die Abweichungen für gering hält und die Arbeit einer Neuberechnung scheut — vielfach unterläßt. Ist in einem Betriebe mit grundsätzlich anwendbarer Äquivalenzziffernrechnung eine häufige, aber geringfügige Variation der Produkte üblich, so wird man im allgemeinen laufend die Arbeit für die Neuberechnung der Äquivalenzziffern nicht aufwenden. Oft wird dies auch praktisch gar nicht möglich sein, weil eine längere Beobachtungszeit nötig ist, an deren Ende vielleicht schon eine erneute Produktvariation steht. Daraus wird deutlich, daß der Genauigkeitsgrad der Äquivalenzziffernrechnung wesentlich geringer ist als es beim ersten Anblick erscheint. Für die S t u f e n - D i v i s i o n s r e c h n u n g gilt wieder grundsätzlich das gleiche, was über die einfache Divisionsrechnung ausgesagt wurde. Hinzu kommen lediglich folgende ökonomische Grenzen der Genauigkeit: Genau wie es bei der Zuschlagkalkulation mit Kostenstellenrechnung nur theoretisch möglich, aber praktisch undurchführbar sein wird, eine Einzelerfassung s ä m t l i c h e r Gemeinkostenarten pro Stelle durchzuführen, wird es auch bei der Stufen-Divisionsrechnung sein. Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Kostenarten wird als Schlüsselgemeinkosten zugerechnet, wo schon durch die Wahl des Schlüssels
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Ungenauigkeiten in die Rechnung getragen werden, bevor überhaupt die Divisionsoperationen erfolgen. In der Praxis können sich weitere Ungenauigkeiten aber auch daraus ergeben, daß man die s t u f e n w e i s e Aufgliederung nicht so weit treibt, wie es eigentlich erforderlich wäre. Praktisch bedeutet dies, daß man alle Stellen für je eine Divisionsoperation zusammenfaßt, die meistens (aber eben nicht immer) gleich stark beschäftigt sind. Treten dann in Ausnahmefällen unterschiedliche Bestandsveränderungen bei den einzelnen Stufen ein, so müssen irgendwelche Abrechnungen vorgenommen werden, die den Genauigkeitsgrad der Kalkulation weiter beeinträchtigen. Gegenüber den w e s e n s m ä ß i g gegebenen Ungenauigkeiten der Z u s c h l a g kalkulation bleibt jedoch ein größerer Genauigkeitsgrad, weil es auch bei dieser Form der Divisionskalkulation nicht erforderlich ist, die Zurechnung der auf den Stellen aufgelaufenen Kosten auf die Träger mit Hilfe von Schlüsseln vorzunehmen. Die Erzeugnisse, die durch die Stelle laufen, sind gleich. Es ist deshalb exakt, wenn man diese Kosten durch die Zahl der Einheiten der erzeugten Produkte teilt. 37 211. Bei den Formen der Zuschlagkalkulation
Genau wie bei der einfachen Divisionsrechnung kann von einer ökonomischen Grenze der Genauigkeit bei der s u m m a r i s c h e n Zuschlagkalkulation kaum gesprochen werden. Das Wesen dieser einfachen Zuschlagkalkulation besteht eben gerade darin, daß man alle Gemeinkosten in einen Topf wirft und zu einer Basis in Beziehung setzt. Das letzte Verfahren ist also so einfach, daß sich aus Gründen der Ökonomität keine Vereinfachungsnotwendigkeiten mehr ergeben. Der — sehr hohe — Ungenauigkeitsgrad resultiert bereits aus dem Wesen dieser Kalkulationsform und wird nicht noch vergrößert durch Ungenauigkeiten, die aus einer großzügigen Handhabung resultieren.1) Bei der e i n f a c h d i f f e r e n z i e r e n d e n Zuschlagkalkulation können sich bereits zusätzliche Ungenauigkeiten aus einer Handhabung ergeben, die die Ausschaltung unökonomischer Zurechnungsarbeiten vermeidet. Dies wird dann der Fall sein, wenn es sich um Gemeinkosten handelt, die gemeinsam durch mehrere Bereiche oder aber sowohl von Handarbeits- als auch von Maschinenarbeits-Kostenstellen verursacht werden. Beispiele hierfür sind wiederum das Betriebsleitergehalt und das Gehalt seiner Mitarbeiter im Betriebsbüro. Hier ist oft eine relativ grobe Aufteilung auf Handarbeits- und Maschinenarbeitskostenstellen notwendig. Das gleiche gilt für solche Gemeinkosten, die gemeinsam durch die Fertigungs- und durch die Material-, Verwaltungs- und Vertriebsstellen verursacht werden (wie z. B. die Kosten der Geschäftsleitung). 1
) Abgesehen natürlich von ungewollten Ungenauigkeiten, wie sie später — in den Abschnitten 373/75 — dargestellt werden. 25*
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Wie groß der Genauigkeitsgrad der einfach differenzierenden Zuschlagkalkulation ist, hängt zu einem entscheidenden Teil davon ab, wieviel Kostenarten jeweils auf verschiedene Basen aufzuteilen sind und wie genau man bei der Aufteilung solcher Kosten vorgeht. Es soll aber andererseits nicht übersehen werden, daß manche Ungenauigkeiten, die bei der höheren Form der Kostenstellenrechnung zu verzeichnen sind, hier gerade fehlen. Auch hier handelt es sich um die Kosten, die für verschiedene Kostenstellen anfallen. Es leuchtet ein, daß z. B. die Aufteilung des Betriebsleitergehaltes leichter und genauer möglich ist, wenn es nur auf die Handarbeits-Kostenstellen einerseits und die Maschinenarbeits-Kostenstellen andererseits aufzugliedern ist. Auch ist es zweifellos leichter, z. B. die Kosten der Geschäftsleitung nur auf einige wenige und darum relativ große Bereiche aufzuteilen als auf eine Vielzahl von Kostenstellen. Es wird z. B. ein größerer Genauigkeitsgrad zu erreichen sein, wenn z. B. das Gehalt des technischen Direktors, der in einem Betrieb sowohl der Fertigung als auch dem Vertrieb vorsteht, nur auf diese beiden Funktionen zu verteilen ist, als wenn es auf eine Vielzahl von Fertigungsund Vertriebskostenstellen geschlüsselt werden muß. Damit soll allerdings nicht gesagt werden, daß der Genauigkeitsgrad der einfach differenzierenden Zuschlagkalkulation per Saldo genau so gut ist wie der der Kostenstellenrechnung. Aber es ist unbestreitbar, daß die Unterschiede in der Genauigkeit nicht so groß sind, wie man es bei flüchtiger Betrachtung zunächst annehmen müßte. Gerade unter dem Gesichtspunkt der ökonomischen Grenze der Genauigkeit wird es deshalb in vielen Betrieben durchaus vertretbar sein, sich mit einer einfach differenziernden Zuschlagkalkulation zu begnügen. Es kommt auch bei der Wahl der Kalkulationsform darauf an, d i e Form zu suchen, die auf die Verhältnisse des einzelnen Betriebes p a ß t und nicht etwa diejenige, die t h e o r e t i s c h die größten Genauigkeiten verspricht. Die Vorteile, die der hohe Genauigkeitsgrad bei der Kostenstellenrechnung gibt, kann in manchen Fällen so gering sein (weil der Genauigkeitsgrad nur unwesentlich größer ist), daß der durch die Wahl der höheren Kalkulationsform bedingte Mehraufwand nicht gerechtfertigt ist. Bei der Kostenstellenrechnung ergeben sich zum Teil ökonomische Grenzen der Genauigkeit derselben Art wie bei der einfach differenzierenden Zuschlagkalkulation, nämlich dann, wenn es sich um die Schlüsselung von Kosten handelt, die für verschiedene Bereiche anfallen. Hinzu kommen aber noch Schlüsselungsgenauigkeiten bei einem Kostenanfall für verschiedene Kostenstellen desselben Bereiches.1) Hierfür zwei Beispiele: Einige H i l f s a r b e i t e r arbeiten für verschiedene Kostenstellen. Wird die Arbeitszeit, die bei den einzelnen Kostenstellen abgeleistet wird, genau erfaßt, so ergeben sich Stelleneinzelkosten, und es ist in dieser Hinsicht die größtmögliche Genauigkeit erreicht. Oft wird aber dieses Verfahren unökono1
) Ein Spezialfall desselben Problems ist der Kostenanfall auf allgemeinen Kostenstellen oder Hilfskostenstellen der Bereiche, die dann im Wege der Stellenumlage — nach einem Schlüssel — auf die Hauptkostenstellen verteilt werden müssen.
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misch, nämlich dann, wenn es sich jeweils um relativ kleine Beträge handelt, wenn also z. B. drei Arbeiter laufend für 8—10 Kostenstellen arbeiten, so daß jede dieser Kostenstellen nur mit einem relativ geringfügigen Betrag belastet ist. Kommt dann noch hinzu, daß die Inanspruchnahme der Kostenstellen im Vergleich der Monatsdurchschnitte im wesentlichen gleichbleibt, so kann es zweckmäßig sein, die genaue Aufteilung nur kurze Zeit vorzunehmen und dann für längere Zeit die Kosten dieser Arbeiter zu schlüsseln, und zwar in der Relation der Erfahrungszeiten. Selbstverständlich entstehen dadurch Ungenauigkeiten in der Ausrechnung des Gemeinkostenanfalles pro Kostenstelle (wenn es sich um Gemeinkostenlöhne handelt). Ein zweites Beispiel wäre der Verbrauch von G e m e i n k o s t e n m a t e r i a l aus Handlägern, die für mehrere Kostenstellen gemeinsam eingerichtet sind. Der Zweck dieser Handläger ist es ja gerade, das Entnahmeverfahren aus dem Zentrallager zu vermeiden. 1 ) Würde nun eine genaue Registrierung des Verbrauchs pro Kostenstelle erfolgen, so wäre der Zweck der Einrichtung zum Teil verfehlt, soweit es nämlich um die Ersparung von Verwaltungsarbeit geht. Außerdem ist es fraglich, ob bei einer genauen Registrierung der Entnahmen wirklich ein großer Genauigkeitsgrad erreicht werden könnte, da die Entnahme durch die Kostenstelle nicht unbedingt jeden Tag erfolgen würde und sich somit oft ergeben wird, daß das am Letzten eines Monats entnommene Material zum überwiegenden Teil am Anfang des folgenden Monats verbraucht wird. So kann es zweckmäßig sein (nämlich dann, wenn es sich um relativ geringfügige Beträge handelt und außerdem Erfahrungswerte vorliegen, wie das Verhältnis des Verbrauchs zwischen den einzelnen beteiligten Kostenstellen ist), den Verbrauch auf die beteiligten Kostenstellen zu schlüsseln. Eine Ungenauigkeit der Zuschlagkalkulation (mit Kostenstellenrechnung) ergibt sich ferner, wenn innerbetriebliche Leistungen (Gemeinkostenleistungen einer Stelle für eine andere Stelle) nicht verursachungsgerecht zugerechnet, also die sog. „Nullmethode" oder die Einzelkostenverrechnungsmethode angewendet wird. In dieser Hinsicht genügt jedoch ein Verweis auf den Abschnitt über innerbetriebliche Leistungsverrechnung. 2 ) 373. Genauigkeitsgrenzen von kombinierten Kalkulationsformen, Sonderformen der Kalkulation und von Kalkulationsersatzmethoden 3730. Kombinierte Kalkulationsformell Sehr häufig findet man in der Praxis kombinierte Kalkulationsformen. Insbesondere wird oft bei grundsätzlicher Anwendung der Zuschlagkalkulation in vielen Sektoren nach dem Divisionsverfahren gerechnet. Hierfür ein praktisches Beispiel: In einer Polstermöbelfabrik erfolgt die Entnahme von Füll*) D.h. um die Fertigung von Produktionsbehinderungen und die Material- und Verwaltungsstellen von Verwaltungsarbeit zu befreien. ») Vgl. Band II, 1, Seite 439ff.
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Stoffen (Seegras, Afrique usw.) für die Produktion auf die Weise, daß die Füllstoffe in einem Röhrensystem durch die Produktionsräume geleitet werden und an jedem Arbeitsplatz, an dem Füllstoff verarbeitet wird, eine Entnahmemöglichkeit (aus dem Röhrensystem) besteht. Leicht festzustellen ist der Gesamtverbrauch, dagegen nicht die Entnahme für die einzelnen Kostenträger bzw. Kostenträgergruppen, da sonst automatische Wiege Vorrichtungen an den einzelnen Arbeitsplätzen erforderlich wären und selbst in diesem Falle noch Schwierigkeiten entstehen würden, wenn verschiedene Kostenträger an demselben Arbeitsplatz gefertigt werden. Man hätte dann nämlich nur den Verbrauch pro Kostenstelle, aber nicht pro Kostenträger, abgesehen davon, daß die Einrichtung von automatischen Waagen beträchtliche Investitionen erfordern würde. Man hat sich deshalb entschlossen, den Füllstoffverbrauch den Kostenträgern nach der Äquivalenzziffernmethode zuzurechnen. Dies geht wie folgt vor sich: Während die Entnahme des übrigen Materials durch die einzelnen Fertigungskostenstellen unter Angabe des Kostenträgers erfolgt, wird der Füllstoffverbrauch monatlich insgesamt ermittelt und dann nach dem Ausstoß auf die einzelnen Träger geschlüsselt. Als Schlüsselzahl (Äquivalenzziffer) wird der Sollverbrauch (vorkalkulierter Verbrauch) für die einzelnen Arten von Kostenträgern benutzt. Beispiel: Es werden die Kostenträger I, II und III hergestellt, und zwar in einem Monat je 700 Stück des Kostenträgers I, 500 Stück des Kostenträgers II und 600 Stück des Kostenträgers III. Für Kostenträger I wurde die Äquivalenzziffer 1, für Kostenträger II die Äquivalenzziffer 1,5 und für Kostenträger III die Äquivalenzziffer 2 festgelegt. Die Kosten des Gesamtfüllstoffverbrauchs sollen in dem Monat 7950,— DM betragen haben. Die Schlüsselung des Füllstoffverbrauchs geht dann wie folgt vor sich: Der Gesamtwert (7950,— DM) wird durch 26501) geteilt, man erhält dann den Wert des Füllstoffverbrauches pro R e c h n u n g s einheit. Der pro Rechnungseinheit errechnete Wert ( = 3,—• DM) wird für die Kostenträger der Sorte I mit 1, für die Kostenträger der Sorte II mit 1,5 und für die Kostenträger der Sorte III mit 2 multipliziert. Jeder Träger der Sorte I wird also mit 3,— DM, jeder der Sorte II mit 4,50 DM und jeder der Sorte III mit 6,— DM Füllstoffkosten belastet. Es liegt hier also eine Kombination von Zuschlagkalkulation (Kostenstellenrechnung) und Äquivalenzziffernrechnung vor. Der Ungenauigkeitsgrad der Gesamtkalkulation ergibt sich dann aus den Ungenauigkeiten, die beide Kalkulationsformen enthalten. Er wird also etwas größer sein als bei Anwendung der reinen Zuschlagkalkulation (Kostenstellenrechnung), da bei dieser Form der Füllstoffverbrauch g e n a u für den einzelnen Kostenträger erfaßt worden wäre. !) Die Zahl 2 650 ergibt sich wie folgt: 700 X 1 = 500 X 1,5 = 600 X 2 =
700 750 1200 2650
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Ähnliche Häufungen von Ungenauigkeiten ergeben sich bei anderen kombinierten Kalkulationsformen. Je weiter man also von dem theoretischen Schema in der Praxis abrücken muß, um so mehr häufen sich Ungenauigkeiten. Man kann dies auch so ausdrücken: die ökonomische Grenze der Genauigkeit führt dazu, daß kombinierte Kalkulationsformen angewendet werden, und diese Kombinationen bringen eine Kumulation der Ungenauigkeiten, die aus dem Wesen der verschiedenen — kombinierten — Kalkulationsformen resultieren. Um bei dem Beispiel der Polstermöbelfabrik zu bleiben: Da die nach der Äquivalenzziffernmethode den Kostenträgern aufgelasteten Kosten des Füllstoffverbrauchs als Fertigungsmaterial behandelt werden, wird nicht nur der Fertigungsmaterialverbrauch selbst ungenau erfaßt, sondern es erfolgt auch eine ungenaue Verrechnung der Materialgemeinkosten, denn Basis für deren Zurechnung ist der (Gesamt-)Fertigungsmaterialverbrauch. 3731. Sonderformen der Kalkulation Der Ungenauigkeitsgrad der Kalkulation wird noch größer, wenn man Sonderformen der Kalkulation anwenden muß. Vielfach tritt dann das Veru r s a c h u n g s p r i n z i p völlig zurück. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Kostenerfassung bei Kuppelprodukten. Bei der Kuppelproduktion liegt die Erzeugung zwangsläufig (naturgesetzlich) verbundener Güter vor, wobei die mengenmäßige Zusammensetzung der erzeugten Güter entweder völlig unbeeinflußbar oder nur in relativ geringem Maße beeinflußbar ist. Die Kosten der Spaltprodukte fehlen hier in ihrer absoluten Größe völlig. Eine Zurechnung der Kosten auf die Spaltprodukte kann nur indirekt erfolgen. Man muß von den Kosten der Gesamtproduktion ausgehen; nur diese liegen in exakter Höhe vor. Das Problem liegt dann in der Aufteilung der Kosten auf die Spaltprodukte. Von den hierfür angewandten Methoden kommen vor allem zwei in Frage: 1. die Subtraktions- oder Restwertmethode, 2. die Verteilungsmethode. Zu 1.: Hier wird zunächst eines der erzeugten Spaltprodukte zum Hauptprodukt erklärt. Dann werden die Gesamtkosten diesem Hauptprodukt zugerechnet und davon die Marktwerte der sog. Nebenprodukte abgezogen. An die Stelle des Abzugs der Marktwerte tritt (wenn solche nicht vorliegen) ein Abzug der Sonderkosten der Nebenprodukte. Es leuchtet ein, daß die für das Hauptprodukt errechneten Kosten (für die Nebenprodukte werden überhaupt keine K o s t e n errechnet) unrichtig sind, denn Marktpreise dienen als Ersatz von Kosten, obwohl kein funktionales Verhältnis zwischen Kosten und Preisen besteht. Die Methode versagt aber ganz, wenn mehrere Hauptprodukte vorliegen und es nicht möglich oder aber sinnlos ist, ein Produkt als das Hauptprodukt zu betrachten. Dann kommt nur noch die Verteilungsmethode in Frage.
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Zu 2.: Bei der Verteilungsmethode ist die Bildung der Maßstäbe der Verteilung die Hauptsache. Die beiden wichtigsten Maßstäbe sind der Marktwert und irgend ein technischer Maßstab (z. B. Kaloriengehalt). Soweit die Aufteilung nach dem Marktwert erfolgt, gelten dieselben Einwände, wie sie gegen die Subtraktionsmethode gemacht wurden. Soweit technische Maßstäbe Verwendung finden, ist gegen das Verfahren einzuwenden, daß technische Größen nicht proportional den Kosten verlaufen. Daraus resultiert, daß die Aufteilung der Kosten auf die Spaltprodukte wenig sinnvoll — wenn auch für Bewertungszwecke in der B i l a n z unvermeidlich — ist. Was die Genauigkeit der Gesamtkosten, d. h. der Kosten für die Summe der Spaltprodukte anlangt, so ist diese im allgemeinen ziemlich groß, etwa so wie bei der Divisionskalkulation. Der Genauigkeitsgrad der Kuppelkalkulation ist also unterschiedlich zu beurteilen, je nachdem, ob man die Gesamtkosten der Spaltprodukte oder die Kosten der einzelnen Spaltprodukte beurteilen will. Der Genauigkeitsgrad der Gesamtkalkulation ist sehr groß, der der Spaltprodukte praktisch gleich Null. Es erfolgt nämlich im letzteren Falle ein völliges Abgehen vom Verursachungsprinzip, das beherrschende Prinzip der Kalkulation, dessen Einhaltung zugleich der Maßstab der Genauigkeit einer Kalkulation ist. 3 732. Kalkulationsersatzmethoden In manchen Betrieben ist an sich die Anwendung der gebräuchlichen Kalkulationsschemata möglich, die praktische Durchführbarkeit jedoch nicht gegeben oder aber sie wäre unwirtschaftlich. In diesen Fällen muß man an Stelle der exakten Nachkalkulation Ersatzmethoden erwägen. Hält man die Anwendung einer an sich passenden Kalkulationsform für unwirtschaftlich und erwägt die Einführung von Ersatzmethoden, so sollte die Entscheidung darüber von folgenden beiden Überlegungen abhängen: 1. ob das herzustellende Erzeugnis in seinem Kostenaufbau leicht oder schwer im v o r a u s beurteilt werden kann, ob bzw. mit welcher Genauigkeit eine Vorkalkulation durchführbar ist, die eine s t i c h p r o b e n w e i s e oder g e l e g e n t l i c h e Nachkalkulation gestattet, 2. ob es sich um Massenerzeugnisse mit k o n t i n u i e r l i c h e r F e r t i g u n g handelt (oder auch um größere Serien, die in Abständen wiederkehrend gefertigt werden). Sollten derartige Fertigungsarten vorliegen, so ist (im Gegensatz zur Einzelfertigung direkter Kundenbestellung) eine großzügigere Nachkalkulation möglich, die sich mit gelegentlichen Durchleuchtungen begnügt. Dabei ergibt sich die eigenartige Situation, daß sich eine exakte Handhabung meist gerade dann erübrigt, wenn es sich um relativ große Objekte handelt (z. B. Großserien), während umgekehrt oft eine hundertprozentige Nachrechnung erforderlich ist, wenn es sich um relativ kleine Objekte (z. B. Einzelfertigung relativ billiger Kostenträger) handelt.
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Ergibt die Prüfung, daß die Anwendung von Kalkulationsersatzmethoden vertretbar ist, so ist zu prüfen, welche Kalkulationsersatzmethode im konkreten Falle angewendet werden soll. Die beiden wichtigsten Ersatzmethoden, die auch kombiniert auftreten, sind die folgenden: 1. die Reduzierung der Kostenträgerrechnung auf eine Kostenträgerg r u p p e n r e c h n u n g . Es werden dann nicht die einzelnen Kostenträger, sondern ganze Fabrikategruppen als Kalkulationsobjekt betrachtet; 2. die Verlagerung der Kontrolle der Kosten auf die Kostenstellenrechnung, während die Kalkulation selbst mit normalen Werten rechnet und nur dann stichprobenweise Einzelnachkalkulationen durchgeführt werden, wenn die Gebarung der Stellen eine solche Nachrechnung erforderlich macht. Kennzeichnend ist das laufende Auftreten von größeren Überoder Unterdeckungen 1 ), wobei zu prüfen ist, welche Kostenträger die betreffenden Stellen durchlaufen, um Anhaltspunkte zu gewinnen, wo die stichprobenweise Nachrechnung anzusetzen hat. Die Entscheidung der Frage, ob die Ersatzmethode zu 1. oder zu 2. zu wählen ist, entfällt, wenn bestimmte Kostenträgergruppen nur auf bestimmten Fertigungsstellen bearbeitet werden, wie dies z. B. in der chemisch-pharmazeutischen Industrie weitgehend der Fall ist. Es ergibt sich dann schon auf Grund der Stellenrechnung eine eindeutige Zurechnung der Kosten auf die Erzeugnisgruppen. Die Ist-Kosten einer Kostenstelle sind gleich den Ist-Kosten der Kostenträgergruppe. Entstehen auf den Kostenstellen Differenzen (d. h. laufend Über- oder Unterdeckungen oder laufend Abweichungen des Fertigungslohn-Solls vom Fertigungslohn-Ist bzw. des Fertigungsmaterial-Solls vom Fertigungsmaterial-Ist), so läßt sich eine Untersuchung darüber, welche Einzelaufträge nun die Abweichungen auf der betreffenden Fertigungsstelle verursacht haben, nur mit individuellen Kostenbeobachtungen durchführen. In großem Umfange wird aber der Praktiker bereits aus seiner Erfahrung die Frage beantworten können, welcher Einzelauftrag Ursache der Abweichungen gewesen ist. Wie die Ersatzmethoden — in reiner oder kombinierter Form — in der Praxis angewendet werden, soll an zwei Beispielen erläutert werden. Wir gehen zunächst aus von der L e i t u n g s f e r t i g u n g der K a b e l i n d u s t r i e . Doch ist das Beispiel mit geringen Abweichungen auch auf andere Industriezweige mit Werkstattorganisation anwendbar. Die ganze Werkstatt hat hier e i n e n Zuschlag (sei es auf Grund der Fertigungslöhne oder der Fertigungszeit). Es ist hier aber die Frage, ob wirklich die durch eine bestimmte Kostenträgergruppe (bzw. sogar durch einen bestimmten Auftrag) verursachten Gemeinkosten tatsächlich mit den auf Grund VOE|Schlüsselzahleinheiten verrechneten Beträgen übereinstimmen. Hier haben wir eine Schwierigkeit in der auftragsweisen Zurechnung der Fertigungsgemeinkosten. Die dadurch bedingten Ungenauigkeiten Oder auch des Einzelkosten-Ists von den Einzelkostenvorgaben.
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resultieren jedoch allgemein aus dem Wesen der Zuschlagsrechnung und sind nicht Folge einer bestimmten Ersatzmethode. Kontrollieren wir aber die Kostenrechnung in der Kabelindustrie weiter, so finden wir auch bezüglich der sonst in den meisten Fällen direkt zurechenbaren Kosten (Einzelkosten), also beim Fertigungsmaterial und bei den Fertigungslöhnen, eine Grenze. Da es sich um eine rohstoffintensive Industrie handelt, spielen — neben den Kapitalkosten — die Fertigungsmaterialien die größte Rolle. Der Fertigungsmaterialverbrauch interessiert uns also am meisten. Seine Erfassung soll deshalb hier allein analysiert werden. Kann er je Auftrag festgestellt werden ? Die Vorkalkulation kann den S o l l v e r b r a u c h mit Hilfe mathematischer Formeln genau ermitteln. Er kann hinsichtlich des Verbrauchs in der ersten Produktionsphase (bei der Herstellung des Kupferleiters) durch kommissionsweise ausgefüllte Materialentnahmescheine kontrolliert werden. Dagegen stößt eine k o m m i s s i o n s w e i s e Aufgliederung der aus Gründen einer optimalen Losgröße in Arbeit gegebenen Gesamtrohstoffmengen von vornherein auf Schwierigkeiten, weil sie nicht zur Herstellung gleicher Fabrikate, ja nicht einmal gleicher Fabrikatetypen (Dynamodrähte, Stark- und Schwachstromkabel, Lackdrähte usw.) führt, sondern vielmehr die verschiedenartigsten Fabrikate erzeugt werden, was sich oftmals erst im Laufe der Fertigung ergibt, je nachdem, in welchem Fertigungsstadium die einzelnen Erzeugnisse aus dem Fertigungsfluß des Vorbetriebes abgezweigt und einer Spezialbehandlung zugeführt werden. Die kommissionsweise Erfassung des Leitermaterials ist deshalb erst an den Stellen möglich, in denen über die getrennte Verwendung entschieden wird. Die E n t s c h e i d u n g hierüber fällt aber nicht nur in e i n e r Stelle, sondern in mehreren, je nach den Auftragsarten, so daß der Überblick darüber, aus welcher Gesamtgrundstoffmenge gerade eine bestimmte abgezweigte Materialmenge stammt, leicht verloren geht. Die kostenstellenmäßige Aufgliederung erfolgt immer erst in einem verhältnismäßig späten Fertigungsstadium. Noch schwieriger ist die Erfassung der Isolations- bzw. Armierungsmaterialien. Es wird mit den gleichen Spulen der Bespinnungsmaschinen hintereinander gearbeitet, d. h. es werden Kommissionen, die eine gleichartige Bespinnung verlangen, zusammengefaßt und durch die betreffende Maschine geführt, ohne daß nach Erledigung einer Auftragseinheit die Arbeit der Maschine angehalten wird, um den Verbrauch durch Nachwiegen der Spulen oder dergleichen festzustellen. Analog verhält es sich bei den anderen Isolations- bzw. Armierungsmaterialien (wie z. B. Lacke, Blei oder Bandeisen). Es bleibt also nichts anderes übrig, als diese Kosten des Fertigungsmaterialverbrauchs (die ja eigentlich Einzelkosten sind), als Gemeinkosten zu behandeln, sie also im Betriebsabrechnungsbogen zu verteilen oder aber die Einzelvorgabe je Kommission, die sich aus dem Gesamtfluß der Fabrikation nicht herauslösen läßt, rein rechnerisch zusammen mit den Gemeinkosten durch Normalkosten, d. h. durch Verrechnungspreise, zu ersetzen.
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Liegen einmal exakt errechnete innerbetriebliche Normkosten für die einzelnen Leistungen der Fertigungskostenstellen vor, so kann man die in einer Periode in den einzelnen Kostenstellen anfallenden Kosten den Kostenträgern dadurch zurechnen, daß man die verschiedenen Erzeugnisse mit ihren unterschiedlichen Dimensionen oder Ausführungen untereinander nach ihrem Normalkosten verbrauch in Ä q u i v a l e n z z i f f e r n ausdrückt. Die Kalkulationsersatzmethode ist also hier praktisch auch eine kombinierte Kalkulationsform. Die Gegegenüberstellungen von Soll und Ist je Einzelauftrag und je Kostenstelle sind für den Betrieb sehr aufschlußreich. Sofern die Voraussetzungen der untersuchten Periode gegenüber denen, die der Normalkostenerrechnung zugrunde gelegt wurden, unverändert geblieben sind, wird sofort der Kostenstellenerfolg sichtbar. Jedoch ist noch nicht klar, welche Ursachen den vorliegenden Abweichungen zugrunde liegen. Für die Kalkulation in der Kabelindustrie kommt also hauptsächlich die Ersatzmethode in Frage, die durch Verfeinerung der Stellenrechnung die fehlende Einzelkalkulation zu ersetzen versucht. In der c h e m i g r a p h i s e h e n Industrie z. B. dagegen steht die Ersatzmethode im Vordergrund, die durch Beschränkung der Nachrechnung auf größere Abrechnungseinheiten (Kostenträgergruppen) zum Ziel zu kommen versucht. Wir gehen, um dies zu erläutern, von einem Betrieb aus, der in dauernder, wechselnder Einzelfertigung nach Kundenbestellungen Klischees für die Reproduktion von Graphiken herstellt. Obwohl das Erzeugungsprogramm sehr breit ist, lassen sich dennoch drei Erzeugnisgruppen bilden, nämlich Strichätzungen, Netzätzungen und Farbätzungen. Die drei Kostenträgergruppen sind zugleich Fertigungshauptstellen. Neben diesen drei Fertigungshauptstellen, die sich also mit den Kostenträgergruppen decken, existiert noch eine v i e r t e , nämlich die Retusche als vorbereitende Fertigungsstelle. Als Fertigungshilfsstellen sind vorhanden: die Fotoabteilung, die Andruckerei und die Montage. Die Fotoabteilung ist der Hauptfertigung vorgeordnet, die beiden anderen Hilfskostenstellen sind der Hauptfertigung nachgeordnet. Der Industriezweig ist lohnintensiv, und der Betrieb benutzt die Arbeitszeit als Zuschlagbasis für die Fertigungsgemeinkosten. Sämtliche Materialkosten werden als Gemeinkostenmaterialien behandelt 1 ) und folglich in den Betriebsabrechnungsbogen übernommen. Die Löhne werden nicht verakkordiert. Es wird also ausschließlich Stundenlohn gezahlt.2) Die Fertigungshilfsstellen werden im Verhältnis der Umsätze der drei Kostenträgergruppen untereinander auf die drei den Gruppen entsprechenden Fertigungshauptstellen übergeführt. Hier entsteht bereits die erste Ungenauigkeit, weil das Abdrucken von farbigen Bildern wegen des kostspieligeren Materialverbrauchs höhere Kosten verursacht als das der gewöhnlichen Bilder. 1
) Die Materialkosten fallen im Vergleich zu den Lohnkosten kaum ins Gewicht. ) Der Lohn wird ebenfalls den Kostenstellen zugerechnet, also ausnahmslos wie Gemeinkostenlohn behandelt. 2
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Die auf den F e r t i g u n g s h a u p t stellen sich sammelnden Ist-Kosten einer Periode werden durch ihre Fertigungsstunden dividiert und somit ein Kostensatz je Fertigungsstunde oder Fertigungsminute errechnet, der alle Kosten dieser Stelle und damit auch der betreffenden Kostenträgergruppe enthält. Wollte man nun auftragsweise nachrechnen, so muß für jeden einzelnen Auftrag die Fertigungszeit aufgeschrieben werden. Dies wäre aber aus ökonomischen Gründen nicht vertretbar, weil sehr viele kleine Aufträge vorhanden sind. Außerdem wäre es technisch nur schwer durchführbar, weil im Fertigungsgang viele Aufträge nebeneinander bearbeitet werden, so daß sich die Zeiten nicht ohne weiteres auseinanderziehen lassen. Die Grenzen der auftragsweisen Nachkalkulation liegen hier also in der Erfassung der Zeiten und damit der Kosten je Auftrag. Hinzu kommt noch, daß die Praxis wenig Interesse an einer auftragsweisen Nachrechnung hat, weil die Preise festliegen, also Vorkalkulationen nicht erfolgen, so daß Erfahrungen aus der Nachkalkulation für eine Vorkalkulation überflüssig sind. In der Praxis wird daraus vielfach der Schluß gezogen, daß eine Kalkulation hier überhaupt überflüssig ist. Dies ist jedoch zweifelsfrei unrichtig, weil dann niemals festgestellt werden kann, bei welchen Kostenträgern zugesetzt und bei welchen Gewinn erzielt wird. Da andererseits aber die Ermittlung von Zeiten (und damit der Kosten) für die kleinen Einzelaufträge ohne Zweifel unökonomisch wäre, weil jeder einzelne Auftrag die Gesamtwirtschaftlichkeit des Betriebes nur wenig beeinflußt, empfiehlt es sich, die Kostenbeobachtung auf solche Aufträge zu beschränken, die entweder einmalig sind oder aber auf die, die wegen ihrer besonderen Bedeutung eine gesonderte Zeiterfassung rechtfertigen. Es wird also stichprobenweise nachgerechnet. Gelangen wir so wenigstens stichprobenweise bzw. annähernd zu Auftrags-Istkosten, indem wir von den größeren Abrechnungseinheiten (Kostenträgergruppen) und/ oder den Kostenstellen Rückschlüsse auf die Ist-Kosten der einzelnen Kommissionen ziehen können, so bleibt aber noch die Frage nach den HalbfabrikateBestandsveränderungen offen. Deren Berücksichtigung muß nach betriebsindividuellen Ersatzmethoden erfolgen.
374. Genauigkeitsgrenzen, die sich aus der nur beschränkten praktischen Anwendungsmöglichkeit des Tageswertprinzips ergeben Es kann als unbestrittener Grundsatz gelten, daß die Kalkulation mit T a g e s w e r t e n zu rechnen hat. Bei den meisten Kostenarten wird diese Anforderung an die Kalkulation automatisch erfüllt, nämlich bei allen Kostenarten, denen ein Gutsverbrauch zugrunde liegt, der nicht vom Lager entnommen wird. So werden die Löhne usw. automatisch mit den richtigen Tageswerten angesetzt, mindestens soweit es sich um die Nachkalkulation handelt. Die Durchführung des Tageswertprinzips wirft also in praxi nur beim Materialverbrauch (sowohl bei Fertigungs- als auch Gemeinkostenmaterial) besondere Bewertungs-
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probleme auf. 1 ) Streng genommen erfordert das Tageswertprinzip, daß die Bewertung des Materialverbrauchs zu den Preisen erfolgt, die am Tage des Umsatzes für eine Wiederbeschaffung zu zahlen wären. Dies ist aber praktisch nur in denjenigen Fällen möglich, in denen ein Betrieb im Laufe der Zeit relativ wenig (dafür aber sehr große und teure) Kostenträger erzeugt. Fertigt der Betrieb dagegen laufend eine große Anzahl kleiner Kostenträger, so ist die Nachkalkulation im allgemeinen nur durchführbar, wenn der Wertansatz bei der Verbucbung des Materialentnahmescheines in der Materialkartei erfolgt. Das bedeutet aber, daß nicht die Werte des Umsatztages, ja oft nicht einmal die des Verbrauchstages, sondern die des Entnahmetages zugrunde gelegt werden. Verbrauchs- und Entnahmetag können, aber müssen nicht zusammenfallen. Selbst beim Zusammenfall von Verbrauchs- und Entnahmetag wird jedenfalls ein Wertansatz gewählt, der einem Preise entspricht, der v o r dem Umsatztag zu zahlen gewesen wäre. In praxi handelt es sich sogar um einen Preis, der sogar einige Tage vor dem Bewertungstag zu zahlen gewesen wäre, da es undurchführbar sein dürfte, bei einer größeren Anzahl von Materialarten täglich vom Einkauf die neuesten Preise jeder Materialart zu erfahren. Wählt man nun den praktisch manchmal durchführbaren Weg (die zuletzt erfahrenen Preise zu verwenden), so erhält man zwar genauere Werte als bei der Verwendung von Durchschnittseinstandspreisen, weil der Tag des Verbrauchs bzw. der Entnahme dem Umsatztag näher liegt als der Tag der Anschaffung. Es werden aber in Zeiten dauernder Preisschwankungen durchaus Abweichungen bestehen und somit Ungenauigkeiten in die Kalkulation hineingetragen werden. In vielen Betrieben wird es jedoch nicht einmal möglich sein, diesen Wertansatz zugrundezulegen. Bei mehreren tausend Materialien ist es undurchführbar, dauernd die Karteipreise zu verändern. Selbst der letzte Anschaffungspreis, der aus der Lagerkartei auf Grund der Eingangsbuchungen zu ersehen ist, ist oft nicht verwendbar, weil es zu umständlich wäre. Es wird vielfach notwendig sein, Eingang und Verbrauch nur m e n g e n m ä ß i g zu erfassen und die Bewertung des Verbrauchs zu Verrechnungspreisen vorzunehmen. Verrechnungspreise sind aber Kostenpreise, spiegeln also nicht die neuesten Marktwerte wider. Die Anwendung von V e r r e c h n u n g s p r e i s e n , die aus Vereinfachungsgründen und darüber hinaus zur Kontrolle der Betriebsgebarung notwendig ist, durchkreuzt also die Anforderung an die Kalkulation, Tageswerte zu verwenden, und je länger die Verrechnungspreise konstant gehalten werden (und nur bei einem längeren Konstanthalten sind sie sinnvoll), um so größer ist die Abweichung der Verrechnung von den Tagespreisen und somit auch die Ungenauigkeit der Kalkulation. Man wird in den einzelnen Betrieben entscheiden müssen, ob dieser Faktor vernachlässigt werden kann oder nicht. Ist der prozentuale Materialanteil wertmäßig sehr gering, handelt es sich also um lohn*) Abgesehen von Gütern, die mehrmals oder sogar für einen längeren Zeitraum der Nutzung dienen und deshalb im Wege der Abschreibung als Kosten verrechnet werden (Anlagegüter). Hierauf wird weiter unten eingegangen.
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oder gemeinkostenintensive Betriebe, während andererseits die Stückzahl der Materialien, die für die Fertigung der Erzeugnisse benötigt werden, sehr groß ist, so wird man Verrechnungspreisen den Vorzug geben. Das bedeutet Inkaufnahme einer Ungenauigkeit in der Kalkulation aus Gründen der Ökonomität des Rechnungsverfahrens. Handelt es sich dagegen um einen materialintensiven Fertigungsbetrieb, so wird man wohl unter Umständen auf die Verwendung von Verrechnungspreisen verzichten müssen. Je nachdem, ob der eine oder andere Ansatz (Wert des Entnahmetages, Wert des Verbrauchstages, Wert der letzten Anschaffung) verwendet wird bzw. verwendet werden kann, ist die Ungenauigkeit der Kalkulation geringer oder größer. Das Abweichen vom Tageswert ergibt sich aber außerdem auch bei der Berechnung der k a l k u l a t o r i s c h e n A b s c h r e i b u n g e n . Auch hier steht der Betrieb vor der Entscheidung, welchen von zwei konkurrierenden Zwecksetzungen er die größere Bedeutung beimessen will. Die Notwendigkeit, in der Kostenträgerzeitrechnung Zeitvergleiche vornehmen zu müssen, steht der Anwendung des Tageswertprinzips entgegen. Nur ungern wird man deshalb in der Kostenrechnung die Abschreibung vom Tageswert vornehmen. Hinzu kommt noch die praktische Schwierigkeit der Ermittlung des Tageswertes bei vielen Anlagegütern. Oft werden diese Anlagen gar nicht mehr hergestellt, sondern sind durch neuere Modelle verdrängt. Die neuen Modelle sind vielleicht nicht teurer als die alten Anlagen, oder sie sind zwar teurer, haben aber auch eine größere Leistungsfähigkeit. Je mehr die technische Entwicklung fortschreitet, um so mehr Anlagegüter des Betriebes werden davon betroffen. Dies ist ja auch der Grund, weshalb in der bilanziellen Rechnung immer häufiger zur degressiven Abschreibung übergegangen wird, um der wirtschaftlichen Entwertung (infolge technischer Veralterung) Rechnung zu tragen. Jedenfalls wird man in den meisten Fällen in der Kostenrechnung auch die kalkulatorischen Abschreibungen vom Anschaffungswert vornehmen. Die Abschreibungen sind also dann (abgesehen von den eingangs behandelten Ungenauigkeiten infolge fehlerhafter Schätzung der Lebensdauer) insoweit ungenau, als die Anlagegüter inzwischen nur zu anderen (höheren oder niedrigeren) Marktpreisen wiederbeschafft werden könnten. 875. Genauigkeitsgrenzen, die sich ans organisatorischen oder personellen Unzulänglichkeiten ergeben
Neben den Ungenauigkeiten, die aus den verschiedenen Ursachen in Kauf genommen werden m ü s s e n oder aus Gründen der Ökonomität freiwillig in Kauf genommen werden, treten noch Ungenauigkeiten auf, die an sich kein Betrieb gern in Kauf nimmt. Es handelt sich dabei um Fehler, die sich in die Kostenrechnung infolge organisatorischer oder personeller Mängel einschleichen. Je besser die Organisation und je qualifizierter das Personal ist, um so geringer wird diese Fehlerquelle für die Kostenrechnung (in ihren beiden Erscheinungsformen: der Kostenträgerzeitrechnung und der Kostenträgerstückrechnung)
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sein. Völlig fehlen dürfte sie in keinem Betriebe. Wenn man die Fehlerquellen kennt, werden sie jedoch auf ein Minimum reduziert werden können. Deshalb sollen die wichtigsten Ursachen solcher Ungenauigkeiten der Kostenrechnung ebenfalls erwähnt werden. Sie treffen grundsätzlich — mehr oder weniger — für alle Kalkulationsformen und auch für alle Kalkulationsersatzmethoden zu. Die gefährlichste Fehlerquelle ist die unrichtige Eintragung der A u f t r a g s N u m m e r in Lohn- oder Materialbelege. Diese Gefahr ist besonders dann groß, wenn im Betrieb keine oder nur eine ungenügend ausgebaute Arbeitsvorbereitung vorhanden, ist. Mit der Schreibarbeit werden dann Menschen betraut, deren eigentliche Aufgabe eine andere ist, nämlich die Meister und Vorarbeiter. Nur wenn die Betriebsgröße es gestattet, daß besondere Werkstattschreiber eingesetzt werden, ist die Fehlerquelle zu verringern. Sie kann am besten eingeschränkt werden, wenn eine zentrale Belegvorbereitung und eine möglichst genaue Kontrolle der verwendeten Belege vorgenommen wird. Die Folge solcher Fehler ist, daß falsche Kostenträger mit den entstehenden Kosten belastet werden. Ähnliches gilt für Zeitaufschreibungen. In den zuerst genannten Fällen ist der Fehler gleich doppelter Art. Einmal wird die betreffende Einzelkostenart (z. B. Lohn) falsch verrechnet und außerdem wird der Zuschlagsatz, der ja in Form des normalen Zuschlagsatzes verrechnet wird, auf eine falsche Basis bezogen und somit noch zu falschen Gemeinkosten verrechnet.1) Ähnliches gilt für Materialverbrauchs-Belege. Diese Fehlerquelle (bei Lohn- und Materialbelegen) läßt sich jedoch weitgehend verstopfen, wenn die Vorgabe des Materialverbrauchs durch die A r b e i t s v o r b e r e i t u n g erfolgt. Es bleibt dieses Problem dann beim Gemeinkostenmaterial. Hier wird zwar nicht direkt ein Auftrag falsch belastet, aber indirekt im Wege über falsche Steilenzuschlagsätze. Diese letzteren Fehler fallen jedoch meist nicht so stark ins Gewicht, weil sie sich nur in den effektiven Gemeinkosten auswirken und in der Kalkulation ohnehin mit normalen Gemeinkosten gerechnet wird. Im Laufe der Zeit pflegen sich aber derartige Fehler gegeneinander wegzuheben, da man die normalen Gemeinkostenzuschlagsätze im allgemeinen nur bei andauernden größeren Abweichungen zu ändern pflegt. Es ist einleuchtend, daß die Wirkung derartiger Ungenauigkeiten bei den einzelnen Kalkulationsformen sehr unterschiedlich ist. Bei der einfachen Divisionsrechnung sind sie theoretisch gleich Null, während sie bei den anderen beiden Formen der Divisionskalkulation weniger ins Gewicht fallen als bei den Formen der Zuschlagrechnung. Aber nicht nur die Kosten, die durch Erfassung in der Werkstatt in die Kostenrechnung eingehen, beeinträchtigen (bei falscher Erfassung) die Genauigkeit der Kalkulation. Das gleiche gilt auch für die in der F i n a n z b u c h h a l t u n g erfaßten Gemeinkosten. Erfolgt eine falsche St eilen kontierung, so werden die Kostenarten auch den falschen Kostenstellen zugerechnet, und die Die ja oft mehrere Hundertprozent der Basis ausmachen.
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errechneten Zuschlagsätze werden dementsprechend ungenau. Auch in diesem Falle ist der Genauigkeitsgrad bei den einzelnen Kalkulationsformen unterschiedlich. Es gilt hier das gleiche wie für die Lohn- und Materialerfassung. Auf einen Umstand muß noch abschließend hingewiesen werden. Wählt man eine Kalkulationsersatzmethode, so fallen diese Fehler weniger stark ins Gewicht. Wird etwa die Nachkalkulation stichprobenweise vorgenommen, so wird es meistens möglich sein, die Belege genauestens zu prüfen, so daß etwaige Fehler zutage treten und die Erkenntniskraft der Nachrechnung nicht beeinträchtigen. Das gleiche gilt, wenn auch nur mit einer Einschränkung, wenn die einzelne Nachkalkulation durch eine Nachkalkulation der Kostenträgergruppe ersetzt wird. Insbesondere wenn Stellen oder Trägergruppen identisch sind, ist diese Gefahr wesentlich geringer. Es zeigt sich auch hier, daß übergroßes Streben nach Genauigkeit in der Wahl der Kalkulationsform zum Teil vereitelt werden kann durch Fehler, die sich infolge der Verfeinerung durch organisatorische oder personelle Mängel ergeben.
4. Kostenstatistik 40. Wesen und Verfahren Die Kostenrechnung als Betriebsabrechnung, die zugleich die Grundlage für die Selbstkostenrechnung bildet und auch zum Aufbau des betrieblichen Budgets dient, erfolgt, früher mehr als heute, in buchhalterischer Form. Dies ist historisch bedingt. Kostenrechnung und Betriebsbuchhaltung entwickelten sich aus der Finanzbuchhaltung und übernahmen von ihr mehr oder minder mechanisch die Form, womit aber nicht gesagt ist, daß das System der doppelten Buchhaltung das allein mögliche, ja auch nur das zweckmäßigste Verfahren der Kostenrechnung ist. Es hat freilich in der Entwicklung des Rechnungswesens Perioden gegeben, wo man tatsächlich glaubte, auf die a u t o m a t i s c h e n K o n t r o l l e n der doppelten Buchhaltung auch in der Kostenrechnung nicht verzichten zu können, und größte Anstrengungen machte, um Geschäfts- und Betriebsbuchhaltung aufs engste zu verknüpfen und zu einer „kalkulatorischen Buchhaltung" zu gelangen, bei der Perioden- und Stückrechnung möglichst lückenlos ineinandergreifen sollten. Praktisch erwiesen sich alle „kalkulatorischen Buchhaltungen", wenn sie bis zur letzten Konsequenz durchgeführt wurden, als äußerst k o m p l i z i e r t und wenig anpassungsfähig an wechselnde Betriebsverhältnisse. Ihre Leistungen für die Durchleuchtung der Betriebe waren, solange sie im Rahmen der Buchhaltung verblieben, relativ gering. Darum brach sich allmählich die Erkenntnis Bahn, daß es durchaus nicht unbedingt notwendig ist, in Buchhaltung und Kostenrechnung die gleichen Verfahren zur Anwendung zu bringen, ja, daß es sogar zweckmäßiger sein kann, entsprechend der verschiedenen Zielsetzung der beiden Teile des Rechnungswesens, v e r s c h i e d e n e M e t h o d e n anzuwenden.
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Wesen und Verfahren
Als zweites Rechnungsverfahren fand daher die S t a t i s t i k immer mehr Anwendung, freilich in überaus verschiedenem Grade bei den einzelnen Wirtschaftszweigen und Betriebsgrößen. Aber die Tendenz zur Statistik ist ganz offensichtlich, wenngleich sie noch nicht sehr alt und auch noch nicht stark genug ist. Die S t a t i s t i k ist eine M e t h o d e zur E r f a s s u n g , O r d n u n g u n d A u s w e r t u n g v o n M a s s e n e r s c h e i n u n g e n . Ihr Ziel ist die Erkenntnis von Z u s a m m e n h ä n g e n , in der höchsten Zielsetzung von (statistischen) G e s e t z m ä ß i g k e i t e n , auf der Grundlage des Gesetzes der g r o ß e n Zahl 1 ). Überall, wo es Massenerscheinungen gibt, die in ihrer Qualität, ihrem Verhältnis zu anderen Erscheinungen und ihrem Ablauf erkannt werden sollen, ist die Statistik die entsprechende Erkenntnismethode. Daraus ergibt sich auch ihre Verwendbarkeit im Wirtschaftsbetrieb mit seinem Massenanfall von periodisch wiederkehrenden Zahlenreihen. Auch in der Betriebsstatistik und ihrem Teil, der Kostenstatistik, sind die Ziele dieselben wie in der allgemeinen Statistik: Erkenntnis der massenhaft auftretenden Betriebserscheinungen in ihrer Quantität, Qualität und ihren Zusammenhängen bis zur Erkenntnis betrieblicher Regelmäßigkeiten und Abhängigkeiten. Sie soll, besser als die übrigen Rechnungsmethoden, eine Ü b e r s i c h t über die betrieblichen Verhältnisse, E i n s i c h t in die einzelnen Vorgänge und Erkenntnis der Z u s a m m e n h ä n g e der verschiedenen Erscheinungsreihen vermitteln. Die B e s o n d e r h e i t der Statistik als Rechnungsmethode ist ihre F r e i h e i t der Form, ihre U n b e s c h r ä n k t h e i t in den Zielen, ihre E l a s t i z i t ä t und A n p a s s u n g s f ä h i g k e i t an jeden Sonderfall, ihre große L e i s t u n g s f ä h i g k e i t in der Erfassung von M a s s e n e r s c h e i n u n g e n durch Zurückführen auf einen einfachen Zahlenausdruck und in der K a u s a l a n a l y s e . Ein N a c h t e i l ist das Fehlen der zwangsläufigen Kontrolle, die der Buchhaltung eigen ist. Sobald man aber die Statistik nicht mehr als Anhängsel der Buchhaltung betrachtet und sie s y s t e m a t i s c h a u s g e s t a l t e t , kann man eine ähnliche Zwangsläufigkeit erreichen wie bei der Buchhaltung. Die Kontrollmöglichkeiten 1 ) In der Praxis, aber auch in der Literatur, wird der Ausdruck Statistik (statistische Rechnungsweise) häufig mißbraucht: alles, was nicht Buchhaltung ist, wird als Statistik bezeichnet, z. B. Auswertung von Betriebszahlen durch Nebenrechnungen als statistische Rechnungen. Es ist aber nicht jede Rechnung und Auswertung, die nicht buchhalterisch geschieht, statistisch. Das sind einfach betriebliche Rechnungen und Nebenrechnungen, die sich allerdings zum Teil gleicher Methoden bedienen wie die Statistik, z. B. der Bildung von Gliederungs- und Verhaltniszahlen, des Vergleichs, die jedoch nicht alle Wesensmerkmale der Statistik aufweisen. Es ist also nicht einmal jede Vergleichsrechnung Statistik, wenngleich die Statistik eine Vergleichsrechnung ist. Statistik ist G r o ß z a h l f o r s c h u n g , mag sie sich häufig auch der repräsentativen Methode bedienen, und ist an bestimmte Verfahrensweisen gebunden. Sie ist von sonstigen betrieblichen Rechnungen scharf zu scheiden. Statistik ist auch von der Kostenanalyse zu trennen. Nicht jede Kostenanalyse ist Statistik, sondern nur die, die sich der besonderen s t a t i s t i s c h e n M e t h o d e n der . G r o ß z a h l f o r s c h u n g bedient.
M e l l e r o w i e z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
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Kostenstatistik
der Statistik an sich sind groß genug, um die Buchhaltung wenigstens für bestimmte Zwecke entbehrlich zu machen. Die S t a t i s t i k als M e t h o d e des Rechnungswesens ist formfreie, ziffernmäßige Erfassung und Darstellung wichtiger Wirtschaftserscheinungen in vergleichender Nebeneinanderstellung. Sie ist nicht Sammlung von Betriebsziffern schlechthin, vielmehr Sammlung unter ordnenden Gesichtspunkten. Es kommt daher auf eine vernunftsgemäße A u s w a h l der zu erfassenden Zahlen, ihre sinngemäße G l i e d e r u n g und sachverständige A u s w e r t u n g an. Nicht die Statistik ist die beste, die die meisten Zahlen sammelt, sondern die, die die w e s e n t l i c h e n herauszufinden, sie in sinnvolle Zusammenhänge zu bringen und aus dem Verlauf der Reihen die richtigen Schlüsse zu ziehen versteht. Nirgends ist die Qualität der Auswertung gegenüber der Quantität der Erfassung so wichtig wie in der Statistik. Da die betrieblichen Statistiken meist für Nichtstatistiker, die nicht ohne weiteres Statistiken zu lesen verstehen, aufgestellt werden, kommt der Form der D a r s t e l l u n g erhöhte Bedeutung zu. Die einzelne Zahl, selbst die Zahlenreihe, die Tabelle, sagt den meisten Menschen nichts oder nur wenig. Darum gilt es, sie sinnfällig zu veranschaulichen durch Kurven, Schaubilder, Strichtabellen, oder was es sonst noch für Möglichkeiten der Darstellung gibt. Die statistischen A r b e i t e n vollziehen sich in v i e r S t u f e n : Erhebung, Aufbereitung, Vergleichung (oder Auswertung) und Darstellung. 1. Die E r h e b u n g umfaßt die Bereitstellung des Materials, das durch Zählen, Messen oder Rechnen gewonnen wird. J e nachdem, ob die Erhebung sich auf Zahlen erstreckt, die lediglich für statistische Zwecke ermittelt werden, oder ob bereits im Rechnungswesen vorhandene Zahlen verarbeitet werden, spricht man von p r i m ä r e r oder s e k u n d ä r e r Statistik. Die Betriebs-, vor allem aber die Kostenstatistik ist eine s e k u n d ä r e Statistik, da fast alle Zahlen der Buchhaltung oder anderen Betriebsaufzeichnungen (Lohnlisten, Materialentnahmescheinen, Laufzetteln) entnommen werden. Bei jeder Erhebung gilt es zunächst, Erhebungseinheit (Erhebungsobjekt), Erheburgsstelle, Erhebungs m e r k mal und Erhebungsmasse festzustellen. a) Die Erhebungseinheit ist der Betriebsvorfall, der erfaßt werden soll, z. B. die Materialmenge, die Lohnsumme pro Stück, der Einzelumsatz, der Umsatz einer Periode. Nicht zu verwechseln sind Erhebungseinheit und Maßeinheit, in der die Erhebungseinheit gemessen wird. Die Statistik kann im Gegensatz zur Buchhaltung mit den v e r s c h i e d e n s t e n M a ß e i n h e i t e n arbeiten: mengen- und wertmäßigen. In diesem Punkte ist die Statistik der Buchhaltung, die nur mit Werteinheiten arbeitet, weit überlegen. Dies gilt ganz allgemein, vor allem aber für die Kostenrechnung. Die größten S c h w i e r i g k e i t e n für periodische und zwischenbetriebliche Kostenvergleiche und für die Kostenkontrolle ergeben sich aus der U n b e s t ä n d i g k e i t des W e r t m a ß s t a b e s . Die kompliziertesten Verfahren sind notwendig, um die Wertschwankungen auszuschalten: Verrechnungs-
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preise, Plankosten, Umrechnungen mit Hilfe von Preisindizes. Die Statistik kann diese Schwierigkeiten leicht umgehen, indem sie k o n s t a n t e Maßeinheiten wählt, vor allem Mengen: Menge des verarbeiteten Materials statt seines Wertes, Lohnstunden statt Lohnzahlen, Umsatz in Stück, Gewicht, m, hl statt in Preisen. Diese konstanten Mengeneinheiten lassen sich jederzeit in Werteinheiten umrechnen; dadurch werden sie untereinander vergleichbar, und zwar oft besser vergleichbar als die ursprünglichen Wertzahlen. Hierfür ein B e i s p i e l : Ein Betrieb ist daran interessiert, laufend über den Materialanteil seiner verschiedenen Produkte am Preis unterrichtet zu sein. Verarbeitet werden Materialien mit stark schwankenden Preisen und ungleicher Ausbeute. Die Schwankungen des Materialanteils können also sowohl auf Preisänderungen als auch auf ungünstige Produktionsverhältnisse zurückgehen. Aus einer reinen Wertstatistik ist dies nicht zu erkennen und vor allem auch später nicht mehr zu rekonstruieren. Der Betrieb kann aus einer Wertstatistik zwar noch sehen, wieviel Prozent der Materialanteil dann und dann ausmachte, die Bestimmungsfaktoren dagegen: Mengen- und Preisursachen, sind verloren gegangen. Aus einer Mengenstatistik lassen sie sich dagegen wieder herausrechnen.
b) E r h e b u n g s s t e l l e n sind die Orte, an denen die statistischen Aufzeichnungen erfolgen. Die Erhebung kann z e n t r a l i s i e r t oder d e z e n t r a l i s i e r t sein. Auch bei dezentralisierter E r h e b u n g erfolgt die V e r a r b e i t u n g des gesammelten Zahlenmaterials an einer oder wenigen Zentralstellen, meist selbständigen statistischen Abteilungen. Viele Betriebe schrecken davor zurück, ihre Buchhaltung durch Statistik zu ergänzen, da sie die Mehrarbeit und die damit verbundenen Kosten fürchten. Bei richtiger Organisation des Rechnungswesens können aber aufschlußreiche Statistiken ohne nennenswerte Mehrarbeit gewonnen werden, wenn das anfallende Schreib- und Zahlenmaterial nur richtig verarbeitet wird. Das S a m meln der statistischen Unterlagen ist ein so einfacher Vorgang, daß selbst untergeordnete, mit Schreibarbeiten nicht sehr vertraute Personen dabei mitwirken können: Arbeiter können Aufzeichnungen über Material- und Werkzeugverbrauch abliefern, Maschinenführer Berichte über Maschinenstunden, Defekte und Stillstandszeiten, Meister und Vorarbeiter können nach entsprechenden Anweisungen bereits weiterverarbeitete Summen-, Salden-oder gegliederte Berichte liefern. Der statistischen Abteilung bleibt dann nur die letzte Berechnung, für die R e c h e n m a s c h i n e n vielseitig verwendbar sind. c) E r h e b u n g s m e r k m a l e sind jene Eigenschaften des Erhebungsobjektes, die die Erhebungseinheit näher kenntlich machen. Die Erhebungsmerkmale können qualitative und quantitative sein (z. B. in einer Strumpffabrik die Ausbeute an Strümpfen 1., 2. und 3. W a h l oder Strümpfe verschiedener Größe). Die Wahl der richtigen Erhebungsmerkmale ist für das Gesamtergebnis der Statistik nicht minder wichtig als die Wahl der richtigen Erhebungseinheit. 26*
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d) Die E r h e b u n g s m a s s e bezeichnet den U m f a n g der Erhebungen. Sie muß z e i t l i c h , ö r t l i c h und s a c h l i c h abgegrenzt werden. Zeitlich: ob es sich um einmalige oder um laufende Erhebungen handelt, an welchen Zeitpunkten und in welchen zeitlichen Abständen die Erhebung erfolgen soll; ö r t l i c h : ob die Erhebung den ganzen Betrieb oder nur einzelne Teile und welche sie betreffen soll, wo und durch wen sie anzufertigen ist; sachlich: was und inwelchenMaßeinheiten durch sie erfaßtwerden soll. 2. Die A u f b e r e i t u n g besteht aus einer Reihe von rechnerischen Operationen und dient dazu, das zur Verfügung stehende Urmaterial zusammenzufassen und übersichtlich zu gestalten. Die Aufbereitung besteht vor allem in einer zweckentsprechenden G r u p p i e r u n g oder S u m m i e r u n g der Einzelzahlen. Das E r g e b n i s sind Tabellen, Zahlenreihen und auch Einzelzahlen, die dann miteinander in Verbindung gebracht werden müssen, um Schlußfolgerungen zu ermöglichen. 3. Das Mittel hierzu sind Vergleiche. Diese sind in der Statistik so wichtig, daß man in der ganzen Statistik eine Vergleichsrechnung sieht, denn das Schwergewicht der Statistik liegt in der Auswertung durch Vergleiche. Zur Erleichterung des Vergleichs bildet man V e r h ä l t n i s z a h l e n , M i t t e l w e r t e und Reihen. Die V e r h ä l t n i s z a h l e n sind Quotienten, die durch Division zweier Werte entstehen. Je nachdem, welche Arten von Werten dividiert werden, unterscheidet man: 1. G l i e d e r u n g s z a h l e n , bei denen der Divisor die Gesamtmasse ist. Sie veranschaulichen die Höhe des Anteils am Ganzen. 2. B e z i e h u n g s z a h l e n , die das Verhältnis zweier Massen, die verschiedenen Gruppen angehören, ausdrücken. Zwischen den beiden Massen wird ein kausaler Zusammenhang vorausgesetzt oder vermutet, der durch die Berechnungen aufgedeckt werden soll. 3. V e r ä n d e r u n g s z a h l e n (besonders in Form von Indexzahlen), die dadurch gebildet werden, daß die einzelnen Zahlen derselben Masse, die in ihrer Höhe zu verschiedenen Zeitpunkten voneinander abweichen, ins Verhältnis gesetzt werden. Auf diese Weise wird das Maß der Änderung festgestellt. Als Beispiel für die Verwendung von Verhältniszahlen diene eine Kostenartenstatistik (Erfassung von Einzelmaterial): Kostenart Einzelmaterial Eisen Kupfer Messing . . .
Gliede rungsz.
Beziehungsz.
Veränderungsz.
Jan. 1 Febr. (a.1000 DM Erlös)
Jan. 1 Febr. (Index)
Jan. DM
Febr. DM
Jan.
Febr.
1000 600 400
900 550 400
50% 30% 20%
48,9% 29,7% 21,4%
25 15 10
25,7 15,7 11,6
2000
1850
100%
100%
50
53
100 100 100 1
90 91,6 100
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Wesen und Verfahren
Um in die Mannigfaltigkeit des statistischen Zahlenmaterials Ordnung und Übersicht zu bringen, bedient man sich der M i t t e l w e r t e . An Stelle von schwer übersichtlichen Zahlenmengen tritt dadurch ein einfacher Zahlenausdruck. Nach Art ihrer Entstehung unterscheidet man: .. , , , Summe der Zahlen a + b + c 1. arithmetisches Mittel = — = ; Anzahl der Zahlen 3 2. gewogenen Durchschnitt = ein verfeinertes arithmetisches Mittel, bei dem die einzelnen Zahlen mit einem ihrer Gewichtigkeit entsprechenden Multiplikator
•
t
J
vervielfältigt werden =
2a + 36 + 4c ; 2+ 3+ 4 n
3
3. geometrisches Mittel = [/Produkt von ra Zahlen = )/a • b • c; 4. Häufigkeitsmittel oder dichtesten Wert = die Zahl, die in der Gruppe am häufigsten vorkommt, z. B.3, 4, 5, 5, 5, 6, 6, 7, 8, 9, 10 = 5; 5. Median-(Zentral-)wert = mittlere Zahl einer nach der Größe geordneten Zahlenreihe, z. B. 3, 4, S, 6, 7 = 5 ; 6. Stichzahlen = bei Zahlengruppen mit einer sehr großen Streuung, die die oberen und unteren Werte kennzeichnen.
Außer den Verhältniszahlen und Mittelwerten kommt bei dem Vergleich den statistischen R e i h e n besondere Bedeutung zu, da sie geeignet sind, betriebliche Vorgänge besonders plastisch zu veranschaulichen. Unter den nach verschiedenen Prinzipien aufzustellenden Reihen sind die z e i t l i c h e n die wichtigsten und am häufigsten vorkommenden. 4. Die letzte Stufe der statistischen Arbeit ist die D a r s t e l l u n g des Tatsachenmaterials (der statistische Bericht). Zumeist erfolgt die Darstellung g r a p h i s c h , weil graphische Darstellungen leichter erfaßt werden, besser im Gedächtnis haften und in den meisten Fällen die Zusammenhänge auch klarer zum Ausdruck bringen. Ein Statistiker, der die gewonnenen Ergebnisse klar und sinnfällig darzustellen vermag, so daß Verlauf und Zusammenhänge dem Betrachter ohne weiteres verständlich werden, selbst dann, wenn er im Lesen von Statistiken ungeübt ist, ist oft mehr wert, als ein Mathematiker, der die geheimsten Beziehungen herausrechnet, aber nicht das Talent besitzt, diese Erkenntnisse auch anderen in leichtfaßlicher Form zu vermitteln. Ungeschickte Darstellung kann den Erkenntniswert der Statistik wieder vollständig vernichten. In bezug auf die Möglichkeit s i n n f ä l l i g e r D a r s t e l l u n g ist die Statistik viel besser gestellt als die Buchhaltung, die an absolute Zahlen und an die Kontenform gebunden ist. Eine g r a p h i s c h d a r g e s t e l l t e B i l a n z z. B. ist schon keine Buchhaltung mehr; sie nähert sich bereits, vor allem beim Vergleich mehrerer Bilanzen, der Statistik. Diese Darstellung der T e c h n i k der Statistik sollte zeigen, wieviel größer die Möglichkeiten der Statistik zur Durchleuchtung des Betriebes sind als die der Buchhaltung. Wenn trotzdem die Statistik nicht die weitgehende Anwendung findet, die man erwarten sollte, so ist dies vor allem darauf zurückzuführen, daß ihr die a u t o m a t i s c h e n K o n t r o l l e n fehlen, die die doppelte Buchhaltung auszeichnen.
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41. Statistik im Verhältnis zur Buchhaltung und Kalkulation Während die Buchhaltung, eingespannt in ein System von Buchung und Gegenbuchung, an das vorhandene Kontenschema fest gebunden ist, ist die Statistik f r e i v o n j e d e m F o r m z w a n g . Das Ziel der Rechnung a l l e i n bestimmt die jeweilige Verfahrensweise. Während in der Buchhaltung lediglich a d d i e r t und s a l d i e r t werden kann, können in der Statistik alle R e c h n u n g s a r t e n zur Anwendung kommen. Man ist auch nicht gebunden, allein mit a b s o l u t e n Zahlen zu arbeiten, wie in der Buchhaltung, sondern man kann V e r h ä l t n i s - , N o r m - u n d M e ß z a h l e n v e r w e n d e n , wasgeradefür die Kostenrechnung von besonderer Bedeutung ist, da streng genommen nur d i r e k t e K o s t e n a l l e i n mit den Methoden der Buchhaltung verrechnet werden können. Alle Kostenrechnungen, die mit V e r t e i l u n g s s c h l ü s s e l n arbeiten, enthalten bereits statistische Elemente, denn Schlüsselzahlen sind zumeist Verhältniszahlen und außerhalb des Systems der doppelten Buchhaltung gewonnen. In der E r k e n n t n i s geht die Statistik weiter als Buchhaltung und Kalkulation. Beide sind nur in der Lage, T a t s a c h e n f e s t z u s t e l l e n , nicht aber ihre U r s a c h e n . Dies tut, meist auf der Grundlage buchhalterischer und kalkulatorischer Ziffern, als Fortführung dieser vorangegangenen Arbeiten, die Statistik, die die spezifische, wenn auch nicht einzige Methode der Betriebsanalyse ist. S t a t i s t i k u n d B u c h h a l t u n g nehmen zwar beide eine zahlenmäßige Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle vor: die Statistik erfaßt betriebliches Zahlenmaterial, das aus Massenbeobachtungen gewonnen und nach bestimmten Merkmalen geordnet ist; auch die Buchhaltung enthält geordnete Massenerscheinungen. Darin ähneln sie einander. Aber die Buchhaltung sucht ihre B e z i e h u n g e n zum e i n g e s e t z t e n K a p i t a l und ermittelt seine Veränderungen. Die Statistik kennt diese Einschränkung nicht und erfaßt j e d e w i c h t i g e E r s c h e i n u n g und sucht j e d e w i c h t i g e B e z i e h u n g . Im U m f a n g ist sie weiter, in der M e t h o d e ist sie grundsätzlich anders. Die Bilanz und auch jedes Konto können zwar als statistische Tabellen aufgefaßt werden. Aber auch bei dieser Auffassung würde aus der Buchhaltung keine Statistik werden. Zwischen beiden bestehen Unterschiede im Wesen. Von der B u c h h a l t u n g unterscheidet sich die Statistik folgendermaßen: Buchhaltung 1. Gebundenheit in Form (Kontenform, geschlossenes System) und Ziel (Nachweis der Bestände und Erfolge). 2. Zeitraumrechnung, dabei gebunden an bestimmte Zeiten (Jahr, Monat, Tag). 3. Zustands- und Bewegungsrechnung. 4. Erfassung lediglich von Geldwerten, und zwar nur absoluter Zahlen.
Statistik 1. Freiheit in Form, Darstellungsart und Ziel. 2. Vergleichsrechnung (Zeitraum- und Stückrechnung), dabei völlig ungebunden an Perioden. 3. Bewegungs- und Kausalrechnung. 4. Erfassung von Wert- und Mengenzahlen, in absoluten und Verhältnisziffern.
Statistik im Verhältnis zur Buchhaltung und Kalkulation 5. Zwangsläufige Kontrolle (Gleichungsund Doppelrechnungsfunktion). 6. Kontinuierliche Rechnung. 1. Vergangenheitsrechnung. 8. Nur zwei Rechenmethoden: Addition und Subtraktion (Saldieren).
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5. Keine automatische Kontrolle. 6. Nichtkontinuierliche Rechnung. 7. Vergangenheits- und Zukunftsrechnung (Konjunkturstatistik). 8. Alle, auch die kompliziertesten Rechenmethoden.
Ihre B e z i e h u n g zur Buchhaltung ist W e i t e r f ü h r u n g der Buchhaltung zu tieferen Betriebserkenntnissen: Kausalforschung und dadurch tiefere Erkenntnis und bessere Ü b e r s i c h t durch zweckentsprechende Gruppierung. So ist sie eine E r g ä n z u n g der Buchhaltung. Damit ist ihre Beziehung zur Buchhaltung aber noch nicht erschöpft: die Statistik ist imstande, sie in Teilarbeiten zu e r s e t z e n . Dann dient sie zur tieferen A u f g l i e d e r u n g und Auflockerung von einzelnen Konten. Die Buchhaltung kann sich in diesen, durch die Statistik aufgelockerten Teilen mit Gruppenkonten, ja mit einem summarischen Konto begnügen, während die Aufteilung in Einzelkonten durch die Statistik erfolgt. Hierzu ist sie hervorragend geeignet, weil sie an kein System und keine Form gebunden ist, daher die Aufgliederung beliebig weit treiben und je nach zeitlichem Bedarf auch wieder zusammenziehen kann. Die K o n t r o l l e d e r l ü c k e n l o s e n E r f a s s u n g muß d a n n f r e i l i c h in dem G r u p p e n k o n t o der B u c h h a l t u n g l i e g e n . DieseForm des t e i l w e i s e n Buchhaltungsersatzes finden wir besoders in der B e t r i e b s b u c h h a l t u n g , insbesondere in der G e m e i n k o s t e n v e r r e c h n u n g . Jeder Betrieb reicht mit seinen beiden Enden in einen Markt, den Beschaffungs- und den Absatzmarkt. Hier muß er mit Preisen rechnen, da er Preise bezahlt und Preise empfängt. Die P r o d u k t i o n dagegen, die eigentliche Betriebssphäre, hat es nur mit Mengen- u n d Z e i t e i n h e i t e n zu tun. Sie kann auf eine W e r t u n g w e i t g e h e n d v e r z i c h t e n . Was wird denn in der Betriebsbuchhaltung verrechnet ? Der Einsatz von Material- und. Hilfsmaterialmengen, menschliche und maschinelle Arbeitsstunden, Mengen an Fertig- und Halbfabrikaten, also alles Mengen mit ihren spezifischen Maßeinheiten. Ihr Geldwert interessiert in der Regel nur dann, wenn sie in den Betrieb hineingelangen bzw. ihn verlassen. Der Geldwert ist für den Betrieb etwas Gegebenes, an dem er selbst nichts ändern kann. Beeinflussen kann er dagegen die Mengen. Er kann die Ausbringung bei gegebenem Einsatz steigern, das Produkt in einer kürzeren Zeit herstellen, den Materialverbrauch pro Einheit senken. Nur > auf dem Weg über die Mengen verändern sich die Kosten des Betriebes, darum kommt auch der Mengenrechnung und Mengenkontrolle besondere Bedeutung zu. Diese ist mit den Methoden der Buchhaltung nicht durchführbar, da die Buchhaltung lediglich eine Maßeinheit kennt, den Geldwert, dieser Geldwert aber schwankt als solcher und für die bewerteten Sachgüter. Hierdurch kommt Unruhe und Unsicherheit in die Betriebsrechnung. Ihre Eignung als Kontrollorgan wird gemindert, der Periodenvergleich erschwert, ja sogar die Vorbereitung der Preisstellung negativ beeinflußt.
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Man versucht zwar mit allen Mitteln, die Geldwertschwankungen v o r der Betriebsbuchhaltung abzufangen oder sie zu neutralisieren, aber der Erfolg ist nur ein teilweiser und oft durch Komplizierung des Rechnungswesens teuer erkauft. Eine wirkliche Lösung würde es dagegen bedeuten, wenn man Geldwerte ganz oder fast ganz aus der Betriebsbuchhaltung ausschalten könnte, um sich auf die Erfassung und Verrechnung der Mengen zu beschränken. Unter der Herrschaft des T a g e s wert es k o m m t den h i s t o r i s c h e n A n s c h a f f u n g s k o s t e n s o w i e s o k a u m w e r t b i l d e n d e K r a f t zu. Warum soll man dann den Ballast der Anschaffungswerte oder auch der Verrechnungspreise durch die Betriebsbuchhaltung hindurchschleppen, wenn sie zum Schluß zur Preisbildung doch nicht dienen können und die Kontrollfunktion des Rechnungswesens nicht nur fördern, sondern mindern? Es ist die F o r m der B u c h h a l t u n g , die zur Wertung in Geld zwingt, denn nur durch das Geld werden die verschiedenen Mengen v e r r e c h e n b a r . Die Statistik erlaubt ein Rechnen in Mengen und ein nachträgliches Werten in Geld. Daher entsteht die Frage, ob nicht die S t a t i s t i k die s p e z i f i s c h e R e c h n u n g s m e t h o d e f ü r die K o s t e n r e c h n u n g und Betriebsbuchhaltung ist. Diese Frage wird häufig genug bejaht, und die künftige Entwicklung wird dann so gesehen, daß die Betriebsbuchhaltung nur noch mit summarischen Konten arbeitet, die die notwendige Verbindung mit der Geschäftsbuchhaltung aufrecht erhalten, während die eigentliche Kostenrechnung sich statistischer Methoden bedient und vor allem eine Mengenrechnung ist. Dies würde noch einen weiteren V o r t e i l haben. Heute herrscht in vielen Betrieben ein Kampf zwischen T e c h n i k e r und B e t r i e b s w i r t , vor allem in Wertungsfragen. Der Techniker ist gewöhnt, mit exakten technischen Größen zu rechnen. Er bringt für die Notwendigkeit differenzierter Wertungen, für Normal- und Grenzkostenkalkulationen, nicht immer genügend Verständnis auf. Im Grunde genommen ist die Wertung auch gar nicht seine Aufgabe, sondern die des Wirtschafters. Die Kostenrechnung in Form der Buchhaltung zwingt ihn aber zur Wertung. Führt man die Kostenrechnung aber weitgehend statistisch durch, so kann man sie vom Geldwertschleier befreien, kann die dem Ingenieur vertrauten Maßeinheiten verwenden und macht gleichzeitig dem Wirtschafter den Weg frei zu der betriebspolitisch notwendigen freien Wertung der Leistungen. Der Ingenieur erhält ein absolut exaktes, nicht veraltendes Kontrollorgan in die Hand, der Wirtschafter gewinnt durch die größere Genauigkeit der statistischen Rechnungen ebenfalls. Betriebs- und Periodenvergleich werden erleichtert. A n s ä t z e zu einer solchen Entwicklung, zur erweiterten Anwendung der Statistik, sind zweifellos vorhanden. Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß jede s c h l ü s s e l m ä ß i g e V e r t e i l u n g v o n K o s t e n , selbst wenn sie im Rahmen der Buchhaltung erfolgt, statistische Elemente enthält. Die Aufgliederung in Kostenarten und Kostenstellen erfolgt in der Statistik. Die Aufstellung der Kostenartenaufteilungs- und Kostenstellenumlegungsbogen und die Errechnung der Zuschlagsätze für die Zurechnung der Gemeinkosten
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auf die produktiven Kostenstellen und die Rostenträger geschieht ohnehin immer statistisch. Auf diese Weise können die Material-, Lohn- und Gemeinkostenkonten beliebig weit aufgelockert und zu Betriebsübersichten verarbeitet werden, die dann häufig mehr sagen können als die Konten der doch recht starren, weil an eine einmal getroffene Konten- und Kostengliederung gebundenen Buchhaltung. Auch ist man für einzelne Teile des Rechnungswesens bereits vielfach zu statistischen Methoden übergegangen. Dies gilt vor allem für die L a g e r b u c h h a l t u n g . Selbst große Betriebe haben heute nur noch ein oder eine kleine Zahl von Lagerkonten, auf denen die Zugänge gemäß den Angaben der Geschäftsbuchhaltung verbucht werden, während die Verrechnung der Abgänge und die Kontrolle der Bestände mit Hilfe der Statistik erfolgt. Dasselbe gilt für den Warenhandel. Hier ist man zum Teil zurückgekehrt zu dem alten g e m i s c h t e n W a r e n k o n t o , dessen Saldo Bestände und Gewinne enthält. Man führt aber daneben sehr genaue Statistiken über die Bestände der einzelnen Warengattungen und ihre Bewegungen, über die errechneten und erzielten Bruttogewinne ( K a l k u l a t i o n s a u f s c h l ä g e ) , über Preisherabsetzungen, Warenrücksendungen usw., ferner über Kosten- und Umsatzgestaltung, so daß sich der Betriebsleiter trotz einer relativ einfachen und summarischen Buchhaltung jederzeit Klarheit über die Lage des Betriebes verschaffen kann. Die K o s t e n v e r t e i l u n g auf Abteilungen in Warenhandelsgroßbetrieben erfolgt nur statistisch. Freilich können auch Konten der F i n a n z b u c h h a l t u n g entsprechend aufgelockert werden, obschon sich vor allem die inneren Betriebsvorgänge für diese elastische und aufschlußreiche Erfassung eignen. Nur ist daran festzuhalten, daß auch diese Verfahren, die manchmal recht weit getrieben werden, die Buchhaltung voll nicht ersetzen können. Ähnliches gilt auch für die S e l b s t k o s t e n r e c h n u n g , die von der Statistik nur unterstützt wird, ohne daß sie von ihr ersetzt werden könnte. Besonders häufig wird die Aufteilung der Kostenarten in fixe und variable statistisch vorgenommen, um besonders gute Unterlagen für die Betriebs- und Preispolitik zu erhalten. Die k u r z f r i s t i g e E r f o l g s r e c h n u n g dagegen kann in höherem Maße statistisch erfolgen. Dies geschieht dann meist auf der Grundlage der Zahlen der Buchhaltung oder auch der Kalkulation, die, entsprechend zusammengestellt, den Monatserfolg ergeben. Insbesondere der Betriebsabrechnungsbogen in der Form der geschlossenen Kostenrechnung gibt eine vorzügliche kurzfristige Erfolgsrechnung ab. Es besteht also zwischen den einzelnen Rechnungsverfahren ein Aufeinanderangewiesensein und gegenseitiges Unterstützen. Entscheidend ist, daß die verschiedene Form bzw. Methode eine ihr entsprechende Anwendung notwendig macht. Dies gilt auch für die S t a t i s t i k , die jedoch infolge ihrer Elastizität, ihres fast unbegrenzten Anwendungsgebietes, ihrer Fähigkeit, sich den übrigen
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Rechnungsformen ohne Schwierigkeit anzupassen und sich in sie einzugliedern, leicht in ihrer Eigentümlichkeit verkannt wird. So wird sie häufig zur übergeordneten Rechnungsform gemacht 1 ) oder zum vollen Ersatz für eine der Rechnungsformen, insbesondere für die Buchhaltung 2 ), während sie das alles nicht ist. Sie ist keiner der Rechnungsformen übergeordnet, und sie bildet selbst in der „statistischen" Buchhaltung keinen Ersatz dieser. Sie ist vielmehr eine spezifische Rechnungsform, ist etwas anderes als die anderen Rechnungsmethoden und ist ihre Ergänzung, niemals ihr voller Ersatz, auch nicht der Buchhaltung. Sicher ist dabei, daß die Buchhaltung wichtiger als die Statistik und von allen Rechnungsformen allein unentbehrlich ist. Bei der Statistik gilt es, meist Dinge festzustellen, die aus der Buchhaltung nicht ohne weiteres hervorgehen. 42. Anwendung der Statistik in der Kostenrechnung Das Problem der Betriebsstatistik liegt nicht in ihrer Methode, sondern in ihrer Anwendung im Betriebe. In welchem A u s m a ß statistische Methoden für Zwecke der Kostenrechnung in Anwendung kommen, hängt ab: 1. von der S t r u k t u r des Betriebes, 2. von dem Grade seines K o n t r o l l b e d ü r f n i s s e s . Die S t r u k t u r des Betriebes: sein Kapital- und Vermögensaufbau, seine Kostenstruktur, sein Produktionsprozeß, die Eigenart und Zahl der Betriebsprodukte, verlangt eine mehr oder weniger weitgehende Analyse des Zustandes und der Bewegung des Betriebes. Je kapitalintensiver, fixkostenbelasteter, produktionstechnisch komplizierter, in den Produkten variabler, marktmäßig abhängiger der Betrieb ist, desto wichtiger wird die Statistik als Ergänzung der übrigen Rechnungsmethoden zur betrieblichen Durchleuchtung. Im allgemeinen kann gesagt werden, daß E i n p r o d u k t b e t r i e b e und andere Betriebe mit D i v i s i o n s k o s t e n r e c h n u n g am ehesten mit rein buchhalterischen Methoden der Kostenrechnung auskommen können. Mit steigender Zahl der Produktarten, wachsender Bedeutung der Gemeinkosten und bei häufigem Wechsel der Produktion steigt die Bedeutung der statistischen Methoden. Die Entwicklung scheint dahin zu gehen, daß in der i n d u s t r i e l l e n Kostenrechnung die buchhalterische Form beibehalten, aber e r g ä n z t und vervollkommnet wird durch eine ausgedehnte Statistik; in W a r e n h a n d e l s - , V e r k e h r s - und B a n k b e t r i e b e n dagegen besteht die Tendenz, Teile der Buchhaltung, vor allem die Betriebsbuchhaltung, durch die Statistik in weitem Maße zu e r s e t z e n . J ) So Leitner (Kontrolle, S. 346), bei dem die Statistik der Buchhaltung übergeordnet ist. 2 ) z. B. Wolfensberger, Organisation der Maschinenfabrik, Berlin 1925, Gerland, Statistische Buchhaltung, Betriebswirtschaft!. Rundschau, 6/1926, aber bereits von Daele, Moderne Fabrikbuchhaltung, Stuttgart 1911 und Sellnik, Die Wirtschaftsstatistische Buchhaltung, Leipzig 1898, vertreten.
Anwendung der Statistik in der Kostenrechnung
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Das zweite Bestimmungsmoment für die Anwendung der Statistik ist das betriebliche K o n t r o l l b e d ü r f n i s . In Betrieben, deren Produkte einen festen Marktpreis haben oder deren Preis durch außenstehende Stellen (Staat) festgesetzt wird, ist die B e t r i e b s k o n t r o l l e H a u p t z w e c k der Kostenrechnung, und auch in allen anderen Betrieben, insbesondere solchen mit hohem G e m e i n k o s t e n a n t e i l , kommt ihr eine überragende Bedeutung zu. Ein vollgültiges Kontrollorgan muß das I n b e z i e h u n g s e t z e n u n d V e r g l e i c h e n d e r b e t r i e b l i c h e n Z a h l e n ermöglichen. Beide Aufgaben gehen aber über den Rahmen der eigentlichen Buchhaltung hinaus. Vergleichen ist spezifische Aufgabe der Statistik. Mit w a c h s e n d e m K o n t r o l l b e d ü r f n i s d e r B e t r i e b e w a c h st d a h e r die B e d e u t u n g d e r S t a t i s t i k f ü r d a s R e c h n u n g s w e s e n . Die höchst entwickelten Formen des betrieblichen Rechnungswesens: Plankostenrechnung und Budget, erfordern streng genommen aus ihrem Wesen heraus die Anwendung statistischer Methoden: Methoden des Vergleichs von Ist- und Sollzahlen. Die A u f g a b e n u n d Ziele der Kostenstatistik sind in hohem Maße davon abhängig, ob die Statistik e r s e t z e n d e oder e r g ä n z e n d e Funktionen zu erfüllen hat. Wenn die Statistik E r s a t z für Teile der Buchhaltung ist, übernimmt sie die Untergliederung der summarisch geführten Buchhaltungskonten. In der Finanzbuchhaltung kann z. B. das K a s s a k o n t o summarisch geführt werden, während die Statistik in Karteiform die verschiedenen Kasseneingänge und -ausgänge systematisch gruppiert erfaßt. In derselben Weise können die übrigen G r u p p e n k o n t e n d e r G e s c h ä f t s b u c h h a l t u n g aufgegliedert wei den. Besonders in der B e t r i e b s b u c h h a l t u n g finden wii die ersetzende Statistik in mannigfacher Anwendung. Werden in der Betriebsbuchhaltung nur Gruppenkonten geführt, z. B. ein Betriebsunkostenkonto, ein Fabrikations-, ein Fertigfabrikate- oder überhaupt nur ein Betriebskonto, so geschieht die Aufgliederung wiederum statistisch, und zwar nach K o s t e n a r t e n , K o s t e n s t e l l e n und K o s t e n t r ä g e r n , wie es sonst in der Betriebsbuchhaltung geschieht. Die Kontrolle für die R i c h t i g k e i t der statistischen Zahlen geschieht durch die Quer- und Längsadditionen und die gegenseitigen Abstimmungen, die Kontrolle der V o l l s t ä n d i g k e i t muß durch das Konto in der Betriebsbuchhaltung erfolgen. Die Zurechnung der Einzel- und besonders der Gemeinkosten auf die Kostenträger geschieht auf Kalkulationsblättern, der Kostenarten auf Kostenstellen durch den Betriebsabrechnungsbogen. Die K o s t e n a r t e n - u n d K o s t e n s t e l l e n s t a t i s t i k kann in der Aufteilung und Gruppierung viel weiter gehen als die Betriebsbuchhaltung und daher bessere Erkenntnisse erzielen. Insbesondere aber die K o s t e n t r ä g e r - (Artikel-, Typen-)statistik kann viel höhere Ziele verfolgen als es in der Betriebsbuchhaltung möglich und in der Praxis meist zu finden ist. S u m m a r i s c h e K o s t e n t r ä g e r k o n t e n sind häufig die Ursache für ein falsches Produktionsprogramm und eine falsche Preispolitik. Trotz großer Verschiedenheit der Kostenverursachung bei den
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einzelnen Typen werden häufig dieselben Gemeinkostenzuschläge vorgenommen; manchmal allerdings werden zu Preisbildungszwecken für alle Artikel gleiche Zuschläge gebildet, obschon man zur Errechnung der Selbstkosten individuelle Zuschläge errechnet hat. Artikel- oder Typenstatistiken sind bei summarischen Fabrikatekonten unerläßlich. Zur Begründung ein B e i s p i e l : Fabrik X stellt fünf Fabrikate:A, B, C, D, E her und erzielt trotz großer Umsätze sehr unbefriedigende Ergebnisse. Das summarisch geführte Fabrikationskonto zeigt im Monat Januar bei 280000 DM Kosten 278000DM Erträge. Aus diesen Zahlen ist nicht zu ersehen, woher der Verlust von 2000 DM kommt. Erst die statistische Aufgliederung auf die fünf Typen zeigt die Verlustquellen und ermöglicht eine vernünftige Betriebs- und Preispolitik. A B G D E Kosten Erträge Kosten Erträge Kosten Erträge Kosten Erträge Kosten Erträge 10000 8000 8 0000 1000000 50000 40000 100000 80000 40000 50000 Typ Typ Typ Typ Typ
A zeigt B zeigt C zeigt D zeigt E zeigt
kleinen Umsatz und einen Verlust von 2 000 DM, großen Umsatz und einen Gewinn von 20000 DM, mittleren Umsatz und einen Verlust von 10000 DM, großen Umsatz und einen Verlust von 20000 DM, mittleren Umsatz und einen Gewinn von 10000 DM.
Den Typ A zu produzieren, erscheint zwecklos. Die Erzeugung sollte daher aufgegeben werden. Typ B ist als bester Artikel im Verkauf besonders zu forcieren, desgleichen Typ E, dessen Umsatz gesteigert werden sollte. Die Typen G und D sind zu Unrecht so stark propagiert worden. Durch eine verbesserte Preiskalkulation werden die Preise dieser Typen erhöht werden müssen. Der Umsatz wird wahrscheinlich sinken, aber die Verlustquelle wird ausgeschaltet werden. Durch weitere statistische Aufteilung der einzelnen Kostenarten und Kostenstellen können noch tiefere Erkenntnisse erzielt werden, die eine weitere Verbesserung der Betriebsführung zur Folge haben werden. Als B e i s p i e l sei hier auf die K o s t e n s t a t i s t i k des VDMA 1 ) verwiesen, die bereits vergleichsweise sehr zeitig aus dem Streben nach einheitlicher Selbstkostenermittlung im Rahmen der Maschinenfabriken entstand. Die Schwierigkeit lag in der einheitlichen Erfassung und Verrechnung der Gemeinkosten bzw. in der Kontrolle der Zuschlagssätze. Der Versuch, zu diesem Zweck eine einheitliche Betriebsbuchhaltung aufzustellen, scheiterte an der strukturellen Verschiedenheit der einzelnen Werke 2 ). So mußte im Maschinenbau die elastischere Methode der Statistik gewählt werden, um zu einer einGliederung und Zusammensetzung der Selbstkosten im Maschinenbau unter besonderer Berücksichtigung einheitlicher Selbstkosten- und Preisberechnung und einheitlicher Unkostenstatistik. Drucksache S. 5, 1925. 2 ) Auch beim Erscheinen der „Einheitsbuchführung für mittlere Maschinenfabriken mit Einzelfertigung" (Krähe, RKW-Veröffentlichungen Nr. 9,1927) wurde wiederum von fachmännischer Seite die statistische Kostenrechnung gegenüber der kontenmäßigen im Maschinenbau betont.
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heitlichen Gemeinkostenerfassung zu gelangen. Die statistische E r f a s s u n g vollzieht sich n a c h folgendem S c h e m a : Die aus der B u c h h a l t u n g sich ergebenden Gemeinkosten w u r d e n i n l l G r u p p e n gegliedert: 1. Hilfsmaterial + Abfall und Materialausschuß (auch produkt. Material für Instandhaltung) , 2. Gehälter ohne Versicherung, einschl. Unternehmerlohn, 3. Hilfslöhne (ohne Sozialversicherung) + produkt. Löhne für Instandhaltung, 4. Soziale Lasten (Versicherungsbeiträge, Urlaub), 5. Sachversicherung (Feuer, Diebstahl usw.), 6. Reisekosten, 7. Werbekosten, 8. Steuern und Abgaben, 9. Abschreibung der Anlagen (berechnet vom Tagesanschaffungspreis, ohne Berücksichtigung der Buchwerte), 10a.Verzinsung des Anlagekapitals (berechnet vom Tagesanschaffungspreis), lOb.Verzinsung des umlaufenden Kapitals, II. Sonstiges. Jede dieser 11 K o s t e n a r t e n wurde wiederum auf drei H a u p t k o s t e n s t e l l e n aufgeteilt, nämlich I. Material, II. Fertigung und Betrieb, III. Vertrieb und allgemeine Verwaltung; also Z . B . A u f t e i l u n g der Gruppe 1: Hilfsmaterial in I. Abfall (Ausschuß); I I . Schmier-, P u t z m i t t e l , Treibriemen, Kohle, Energie; I I I . Büro- u n d Zeichenm a t e r i a l ; Gruppe 2 : Gehälter in I. Einkaufs- u n d Lagergehälter; I I . Betriebsgehälter; I I I . Vertriebs- u n d Verwaltungsgehälter, usw. Das Kostenaufteilungsblatt ergibt in der Queraddition die S u m m e der einzelnen Kostenarten, in der Längsaddition die K o s t e n s u m m e der einzelnen Stelle, die, entweder zum Fertigungsmaterial (Preis oder Gewicht) bei Stelle I bzw. zum Fertigungslohn (gezahlter L o h n oder Zeit) bei Stelle I I u n d I I I in Beziehung gesetzt, vergleichbare Zuschlagssätze ergibt. Diese die B e t r i e b s b u c h h a l t u n g ersetzende Kosten- u n d Leistungsstatistik wird n u n je nach Bedarf durch weitere Statistiken e r g ä n z t , ebenso wie bei v o r h a n d e n e r ausgebauter Betriebsbuchhaltung. Die A u f g a b e n d e r e r g ä n z e n d e n Statistik sind: 1. Kontrolle der B e t r i e b s g e b a r u n g : a) Analyse der Kosten u n d E r t r ä g e auf den Kostenstellen und bei den einzelnen A r t i k e l n ; b) Darstellung der Bewegung (Veränderung) im Betriebe u n d ihrer Ursachen (rückwärtsschauend); c) E r f a s s u n g der k o m m e n d e n E n t w i c k l u n g (vorwärtsschauend): R h y t h m u s des Betriebsablaufs, Regelmäßigkeiten u n d Abhängigkeiten;
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2. Lieferung von U n t e r l a g e n für a) die übrigen Teile des Rechnungswesens, aa) Kalkulation, bb) kurzfristige Erfolgsrechnung, cc) Budget; b) anderweitige Verrechnungen: mit Vertretern, Filialen, Kunden, Verbänden. Zur Erfüllung dieser Aufgaben werden K o s t e n - u n d L e i s t u n g s s t a t i s t i k e n geführt, daneben noch weitere Statistiken, die aber nicht mehr in das Gebiet der Kostenrechnung fallen, vor allem Z a h l u n g s - u n d L i e f e r u n g s s t a t i s t i k e n . Die Zahlungsstatistiken sind Finanz- und Liquiditätsstatistiken; die Lieferungsstatistiken umfassen die Einkaufs-, Lager- und die eigentliche Absatzstatistik. Die K o s t e n - u n d L e i s t u n g s s t a t i s t i k , die die Kosten und Erträge der Produktion erfaßt, ist das wichtigste Gebiet der betrieblichen Statistik überhaupt. Sie steht zunächst im Dienste der Selbstkostenrechnung und Betriebsbuchhaltung, dann aber in dem der gesamten Betriebs- und Preispolitik. Die K o s t e n s t a t i s t i k trägt wesentlich zur V e r f e i n e r u n g der Selbstkostenrechnung bei. Sie soll die einzelnen Kosten nach Arten und Quellen ordnen, um durch Vergleiche mit gleichen und anderen Zahlenreihen die Gründe für die verschiedene Kostenhöhe und die Kostenveränderungen aufzudecken. Sie steht daher in sehr engem Zusammenhang mit der Buchhaltung und der Kalkulation, so daß in der Praxis schwer zu sagen ist, wo die Statistik beginnt und wo sie aufhört. Die Kostenstatistik ist eine S t a t i s t i k der Kostenarten, Kostenstellen und Kostenträger. Die Kostenartenstatistik ist eine Statistik der Einzel- und Gemeinkosten und steht daher völlig im Dienst der Betriebsbuchhaltung bzw. der Selbstkostenrechnung. Sie ist zugleich eine Statistik der K o s t e n e n t w i c k l u n g bei den verschiedenen Beschäftigungsgraden und daher eine Statistik der Kosten unter dem Gesichtspunkt der Kapazitätsausnutzung. Sie bringt eine statistische Scheidung der Kosten in v a r i a b l e u n d fixe und die Höhe der Kosten (als Gesamt-, Einheits- [Durchschnitts-] und Grenzkosten) in den verschiedenen Zonen der Kapazitätsausnutzung. Sie steht hier völlig im Dienste der Betriebs- und Preispolitik. Die K o s t e n s t e l l e n s t a t i s t i k dient zur genauen Kenntnis der Kostenverursachung auf den einzelnen Stellen. Sie soll auch den Vergleich der Istkosten mit den vorgegebenen Sollkosten und überhaupt die Entwicklung der Kosten auf den einzelnen Stellen zeigen (Zeitvergleich der Stellenkosten). Die K o s t e n t r ä g e r s t a t i s t i k ist teils eine Kosten-, teils eine Leistungsstatistik. Als Kostenstatistik hat sie eine genaue Zurechnung der Einzel- und Gemeinkosten auf die einzelnen Artikel zu ermöglichen. Daneben werden noch f o l g e n d e für die Kostenrechnung erforderliche S t a t i s t i k e n zu führen sein:
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1. die A r b e i t s s t a t i s t i k . Die Zahl der beschäftigten Arbeiter, der geleisteten Tagewerke oder Stunden ist für arbeitsintensive Betriebe der sicherste Maßstab für den Beschäftigungsgrad. Lohnstatistiken, die den d u r c h s c h n i t t l i c h e n A r b e i t s v e r d i e n s t und seine Schwankungen ausweisen, können wertvolle Aufschlüsse geben über die Angemessenheit der angesetzten Akkordl ö h n e bzw. - z e i t e n , die E i g n u n g des einzelnen Arbeiters für die übertragenen Arbeiten, für das Verhältnis von S o z i a l l a s t e n u n d A r b e i t s v e r d i e n s t u. ä. Diese Arbeitsstatistiken dienen zum Teil als Unterlagen bei der Ansetzung neuer Akkorde, für die Berechnung der Lohnkosten bei neuen Aufträgen und als Beziehungszahl für andere, mit den Arbeitskosten in funktionellem Zusammenhang stehende Kostenelemente. 2. Die M a t e r i a l s t a t i s t i k . Sie kann zweierlei Funktionen haben. Einmal k a n n sie der V e r t e i l u n g der direkten Materialkosten dienen. Die verschiedenen Fabrikationskonten, denen in der Betriebsbuchhaltung der Materialverbrauch sonst belastet wird, kommen in Wegfall und werden durch eine Statistik ersetzt, die den Materialverbrauch auf Grund der Materialentnahmescheine auftragsweise erfaßt und die genaue Zurechnung des Materialverbrauchs vorbereitet. Andererseits kann sie aber auch eine q u a l i t a t i v e K o n t r o l l e bewirken. Bei entsprechender Anordnung kann die Materialstatistik den Einfluß der Materialwahl auf die Ausbringungsart, die Ausbringungsmengen und die Ausbringungskosten zeigen. Zweckmäßigerweise werden die Materialstatistiken ergänzt durch: 3. A u s s c h u ß - u n d A b f a l l s t a t i s t i k e n , die die Eignung des Materials für den spezifischen Betriebszweck, die Güte der einzelnen Lieferungen und die Leistungsfähigkeit der einzelnen Lieferanten erkennen lassen. Ausschuß kann natürlich auch auf andere als Mateiialfehler zurückzuführen sein: schlechte Leistungen der Arbeiter, zu schnelles Arbeitstempo, Versagen der Maschinen, ungenügende Arbeitsvorbereitung. Eine gut gegliederte Ausschußstatistik kann auch hierfür Fingerzeige geben und die verantwortlichen Stellen anregen, den Ui Sachen für ungewöhnlich hohe Ausschußziffern nachzugehen. 4. Wichtig ist ferner für die Kostenrechnung die Kenntnis der D u r c h l a u f s z e i t e n der einzelnen Werkstücke durch die verschiedenen Abteilungen. Die Kosten sind zu einem großen Teil zeitbedingt und können daher nur richtig verteilt werden, wenn die Durchlaufszeiten genau bekannt sind. Die Durchlaufszeit ist aber auch selbst Kostenfaktor, besonders dann, wenn das Werkstück selbst bereits sehr wertvoll ist oder im Betriebe hochwertige Maschinen in Anspruch nimmt. Die Überwachung der Durchlaufszeiten ist daher aus Kostenersparnisgründen oft recht wichtig. Auch die künftige Vorkalkulation bedarf dieser Zahlenunterlagen. Sie gehen aus der Buchhaltung nicht hervor und müssen daher statistisch ermittelt werden. In vielen Fällen genügen e i n m a l i g e Untersuchungen mit p e r i o d i s c h e n K o n t r o l l r e c h n u n g e n . Sollen allerdings die Durchlaufszeiten um ihrer selbst willen kontrolliert werden, so müssen diese Statistiken laufend geführt werden.
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5. Den Charakter von statistischen Aufzeichnungen haben ferner die in vielen Betrieben geführten I n v e n t a r - o d e r M a s c h i n e n k a r t e n , die alle die einzelnen Inventarteile betreffenden Vorgänge festhalten sollen. Eine Maschinenkarte enthält z. B. zunächst Angaben über Art und Modell, Hersteller, Termin der Einstellung, Anschaffungswert, voraussichtliche Lebensdauer und Abschreibungssatz. Laufend wird alles vermerkt, was für die Beurteilung dei Maschine von Bedeutung sein kann: Schäden, größere Reparaturen, Überholungen, Stillstandszeiten, Nutzungsdauer, erfolgte Abschreibungen und zuletzt Termin und Grund der Außerbetriebsetzung. Eine Maschinenkarte soll all das enthalten, was der Betrieb wissen muß, um sich über die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Maschinenaggregate ein Urteil zu bilden, vor allem dann, wenn es gilt, einen Ersatz vorzunehmen: Eignung der verschiedenen Modelle, Leistungsfähigkeit des Fabrikanten, Gründe für evtl. Versagen usw. Ähnliche Karten können auch für andere Inventarteile geführt werden: Baulichkeiten, Fahrzeuge, Buchungsmaschinen. Sie bilden eine wertvolle Ergänzung der Anlage- und Aufwandskonten der Buchhaltung, aus denen nur die Höhe, aber nicht der Zweck der Aufwendungen hervorgeht. 6. In Betrieben, in denen der W e r k z e u g v e r s c h l e i ß eine große Rolle spielt, empfiehlt es sich, auch ihn statistisch zu überwachen. Gerade der Werkzeugverbrauch ist häufig eine Quelle größter UnWirtschaftlichkeit, da es schwer ist, objektive Normen hierfür aufzustellen und sie zu überwachen. Der Werkzeugverbrauch wird durch verschiedene Faktoren, die vielfach unbeeinflußbar sind, bestimmt: 1. Qualität des Werkstoffes des Werkzeuges, 2. Qualität bzw. Beschaffenheit des bearbeiteten Werkstoffes, 3. Geschicklichkeit des Arbeiters, 4. Sorgfalt des Arbeiteis. Eine Werkzeugstatistik kann aber wenigstens Anhaltspunkte dafür liefern welche Faktoren ausschlaggebend sind und in welcher Richtung sie beeinflußt werden können. So hat z. B. die Aussetzung von Prämien für unterdurchschnittlichen Werkzeug- oder auch Hilfsstoffverbrauch in manchen Betrieben Wunder gewirkt. Aber auch hierfür, sowohl für die Berechnung der Norm als auch der Prämienhöhe, sind Unterlagen notwendig, die nur die Statistik liefern kann. 7. Außerordentlich wichtig ist ferner die statistische Überwachung der Leistungen von H i l f s - u n d N e b e n b e t r i e b e n , wie D a m p f - u n d S t r o m e r z e u g u n g s a n l a g e n , T r a n s p o r t b e t r i e b e n , eigenen W e r k z e u g m a c h e r e i e n und R e p a r a t u r w e r k s t ä t t e n . Da diese Betriebsteile keine Leistungen an den Markt abgeben, also keine E i g e n r e n t a b i l i t ä t besitzen, kann ihre Wirtschaftlichkeit und zugleich die wirtschaftliche Verwendung ihrer Leistungen nur statistisch überwacht werden. Diese Leistungsstatistiken dienen darüber hinaus zur gerechten Verteilung der Kosten dieser Abteilungen auf ihre Nutznießer. Bei einer gut organisierten Statistik brauchen diese Kosten keine Gemeinkosten mehr darzustellen, die geschlüsselt verteilt
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werden. Richtige Erfassung der Leistungen und der Stellen ihres Verbrauches ermöglicht eine d i r e k t e Z u t e i l u n g der Kosten gemäß dem Verursachungsprinzip . Die L e i s t u n g s s t a t i s t i k ist eine Produktions- und eine Arbeits- und Maschinenleistungsstatistik. Die P r o d u k t i o n s s t a t i s t i k ist eine Erfassung des Gesamtergebnisses der Produktion. Sie ist eine Statistik der Erträge und der Bestände der noch nicht abgesetzten Leistungen, meist in einer Gegenüberstellung der Kosten und der Erträge, und zwar der Gesamtkosten und der Gesamterträge und der Durchschnittskosten und Durchschnittserträge, um den Gesamtreinertrag und den Reinertrag pro Stück zu erkennen. Bei Mehrproduktbetrieben ist natürlich eine Gruppierung nach Typen vorzunehmen, weil summarische Gegenüberstellungen zu falschen Erkenntnissen führen könnten. Daneben werden noch Produktionsbeziehungen erforscht, die sich auf mengenmäßige Verhältnisse und auf Teilaufwendungen und T e i l l e i s t u n g e n beziehen: Z.B.Verhältnis von verbrauchter Kohle zum erzeugten Dampf, verbrauchter Wolle zum erzeugten Garn; Verhältnis zwischen Einsatz und Haupt- und Nebenprodukten usw. Die A r b e i t s l e i s t u n g s - (oder Dienstleistungs-)statistik bezieht sich auf menschliche, die M a s c h i n e n l e i s t u n g s s t a t i s t i k auf maschinelle Leistungen. Die Leistungen sollen gemessen werden, und zwar bei der Arbeit sowohl die ausführende als auch die dispositive Arbeit. Die M a s c h i n e n l e i s t u n g e n sind getrennt zu erfassen nach Kraft- und Arbeitsmaschinen und nach den verschiedenen Typen der Maschinen. Ihre Messung geschieht in technischen Größen, wie die Maschinenleistung überhaupt ein technisches Problem ist, weswegen hier darauf nicht einzugehen ist. Es ist hier nicht möglich, eine erschöpfende Darstellung der Organisation der Kosten- und Leistungsstatistik im Dienste der Kostenrechnung zu geben, zumal die s a c h l i c h e n Probleme dieselben wie bei den übrigen Formen der Kostenrechnung und die Bedürfnisse nach kostenstatistischer Erfassung außerordentlich verschieden sind, verschieden je nach K o s t e n s t r u k t u r , B e t r i e b s g r ö ß e , Z a h l d e r h e r g e s t e l l t e n P r o d u k t e usw. Es sollte gezeigt werden, daß die Buchhaltung nicht die einzige und in sehr vielen Fällen nicht einmal die zweckmäßigste Form der Kostenrechnung ist. Eine Ergänzung durch die Statistik empfiehlt sich fast immer. Aber in all den Fällen, in denen die Vielgestaltigkeit der Bedürfnisse droht, die Betriebsbuchhaltung zu unübersichtlich und kompliziert zu machen, sollte man nicht zögern, sie durch die freiere und beweglichere Methode der Statistik zu e r s e t z e n . Bei genügender Durchorganisation und systematischem Aufbau ist es möglich, auch mit statistischen Methoden Kontrollen zu erreichen, die an Wirksamkeit denen der Buchhaltung nicht sehr weit nachzustehen brauchen. M e l l e r o w i c z , Kosten und Kostenrechnung II, 2.
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Bewertung und Wertung in der Kostenrechnung
5. Bewertung und Wertung in der Kostenrechnung 50. Der Kalkulationswert 500. Wesen und Prinzipien
In der Kostenrechnung steht, wie im gesamten Rechnungswesen, neben dem formalen Problem ein materielles, neben der Problematik der V e r f a h rensweisen das Problem der B e w e r t u n g . Vor der Behandlung der Bewertungsfrage ist zunächst festzustellen, welche R e c h e n e l e m e n t e Gegenstand der Kostenrechnung sind, ob alle Aufwände oder nur Kostenelemente, also Gutsverbrauch im Sinne dei Kostenrechnung. Es handelt sich hier um den Unterschied von Aufwand und Kosten1). Die Kostenrechnung umfaßt nur K o s t e n , also Grund- und Zusatzkosten, keinen neutralen Aufwand, der nur Gegenstand der Buchhaltung ist. Mit dieser Stellungnahme ist der Umfang der Rechenelemente festgelegt, die Gegens t a n d der Bewertung sind. Bewertung ist Wertansatz, ist Bezifferung des Wertes eines Gutes, Kostenwertung daher Bezifferung des Wertes des betrieblichen Gutsverbrauchs. Durch die Bewertung werden all die Kostenelemente, die durch die verschiedenen Methoden der Kostenrechnung in ihrem Umfang erfaßt worden sind, mit i h r e r w i r t s c h a f t l i c h e n K e n n z i f f e r , ihrem Wert, versehen, wobei Wert zunächst nur wirtschaftliche Ziffer bedeutet, dann aber eine Geldziffer; denn erst durch die Geldwertziffer wird alles mit allem verrechenbar und vergleichbar. Ist Bewertung der W e r t a n s a t z der K o s t e n g ü t e r , die ziffernmäßige Bestimmung der Werthöhe, so ist Wertung ein Abwägen und V e r g l e i c h e n v e r s c h i e d e n e r Möglichkeiten: der Verwendungsarten und Verfahrensweisen, ihrer Kosten und Erträge. Hierdurch sollen rationale Grundlagen für treffsichere Entscheidungen im Betriebe gewonnen werden. Ohne richtige Bezifferung ist kein richtiges Vergleichen und Abwägen, ohne Vergleichen und Abwägen keine richtige Bezifferung möglich, weil diese von den einzelnen Nutzungsarten abhängt. Die Wertungsvorgänge sind Wahl- und Vergleichsvorgänge dreierlei Art: 1. Wahl zwischen P r o d u k t u n d P r o d u k t (um den wirtschaftlichsten Zweck zu erkennen, Vergleich von Nutzen und Nutzen); 2. V e r g l e i c h z w i s c h e n P r o d u k t u n d K o s t e n (um die Entscheidung zu treffen, ob die Produkte die Kosten tragen können, ob daher die Produktion aufgenommen werden kann oder nicht, Vergleich von Nutzen und Kosten); 3. Vergleich zwischen K o s t e n u n d K o s t e n (um das wirtschaftlichste Verfahren zu erkennen).
Die Bewertung in der Kostenrechnung hat den Zweck, die wirtschaftliche Größe des Gutsverbrauchs richtig auszudrücken, um aus der t e c h n i s c h e n M e n g e n r e c h n u n g eine w i r t s c h a f t l i c h e K o s t e n r e c h n u n g zu machen, die Wertung dagegen den Zweck, die beste wirtschaftliche Verwendung zu sichern, also richtig zu disponieren. x
) Vgl. Kosten und Kostenrechnung Bd. I, S. 6—14.
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Der Kalkulationswert
In ihrem Wert sind die Kosten n i c h t s S t a r r e s ; sie sind keinesfalls an Geldausgaben gebunden, sonst wäre ihr Wert ein für allemal fest und unabänderlich. Nur der sogenannte Kostenwert oder Anschaffungswert knüpft an die Geldausgabe ar. Er spielt aber in der Bewertung des Gutsverbrauchs die geiingste Rolle, wenigstens in der Theoiie; mehr schon iD dei Praxis, weil er ein sehr bequemer Wert ist: in den Aufzeichnungen des Betriebes festgehalten, ist er völlig sichei, frei von aller Willkür und leicht feststellbar. Aber eine wirtschaftliche Funktion kommt ihm nur in einer statischen Wirtschaft zu, keinesfalls in unserer hochdynamischen. Wenn trotzdem von manchen Seiten immer wieder behauptet wird, Kosten seien das, was ein Gut „gekostet" habe, und die Selbstkostenrechnung habe das festzustellen, was ein Gut dem Betrieb selbst „gekostet" habe, wenn also immer wiedei an eine vergangene Geldausgabe angeknüpft wird, so ist das eine so primitive und die wirtschaftlichen Zusammenhänge so völlig verkennende Auffassung, daß sie sich selbst verurteilt. Die Kosten können deswegen nichts Starres sein, weil die W i r t s c h a f t sich in d a u e r n d e m F l u ß befindet und dabei den Wert der Kosten verändert. Die Kosten aber haben eine sehr wichtige wirtschaftliche Funktion zu erfüllen: sie sind Faktoren der Preisbildung, die selbst etwas Veränderliches ist. Zudem gehen die Kosten selbst auf Preise zurück. Die Kosten können ferner auch deswegen nichts Stanes sein, weil der B e t r i e b ebenfalls richts Statisches, sondern etwas D y n a m i s c h e s ist und damit auch den Kosten dynamischen Charakter verleiht. Denn auch im Betriebe haben die Kosten eine wichtige Funktion zu erfüllen: sie bilden die Grundlage der L e i s t u n g , damit der Existenzmöglichkeit des Betriebes. Die Bedingungen aber, unter denen die Leistungserstellung vor sich geht, insbesondere das Ausmaß der Leistungen (Ausnutzung der Betriebskapazität), sind dauernden Veränderungen unteiwoifen. Hiervon werden die Kosten zu allererst betroffen. Im Betriebe haben die Kosten ferner auch eine o r g a n i s a t o r i s c h e Funktion: ihre Wertung soll dazu beitragen, die Bestausnutzung der betrieblichen Kapazität herbeizuführen, soll außerdem Verlustquellen offenbar machen und die Wirtschaftlichkeit verbessern. Starre Kosten könnten diese Funktion niemals erfüllen. Gerade in dem A b g e h e n vom s t a r r e n E i n s t a n d s w e r t u n d in der W e r t u n g u n t e r p r e i s - u n d b e t r i e b s p o l i t i s c h e n G e s i c h t s p u n k t e n sehen wir einen der g r ö ß t e n F o r t s c h r i t t e in der Kos t e n r e c h n u n g . Damit bekommt aber die Kostenrechnung ein anderes Gesicht: aus der Addition der starren Einstandspreise, erhöht um einen ebenso starren Unkosten- und Gewinnzuschlag, wird ein markt- und betriebspolitisches W e r t u n g s r e c h n e n . Der Betriebswirt wertet n a c h Regeln der W i r t s c h a f t l i c h k e i t . Die Hauptprinzipien sind: E r h a l t u n g der L e i s t u n g s f ä h i g k e i t des B e t r i e b e s (Prinzip der Kapitalerhaltung und der Ei zielung eines angemessenen Gewinnes); K o s t e n d e c k u n g auf l a n g e S i c h t ; Erzielung einer möglichst 27*
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Bewertung und Wertung in der Kostenrechnung
vollen und stabilen K a p a z i t ä t s a u s n u t z u n g des Betriebes (also zunächst Bescbäftigungs-, dann erst Pieisstabilität). Zwischen dem Wert des Produktes und den Kosten der Produktion muß ein Wertgefälle vorhanden sein. Nur so ist ein Aufbau des Betriebes möglich, während im umgekehrten Fall eine Auszehrung die Folge ist. Was lebendig ist, muß wachsen. Das ist das Lebensgesetz eines jeden Organismus, es beherrscht auch die Wertströme des Betriebes. Darum rechnen wir in der Kostenrechnung n i c h t m i t s t a r r e n K o s t e n , sondern mit Kalkulationswerten, das sind B e z i f f e r u n g e n des G u t s v e r b r a u c h e s e n t s p r e c h e n d den M a r k t - und B e t r i e b s l a g e n u n d zu b e s t i m m t e n Zwecken. Daher ist die Wertung der Kosten nichts Mechanisches, sondern etwas Zweckbedingtes, was eine feine Differenzierung der Kostenwertung zur Folge hat: 1. Die Unterschiede ergeben sich aus den verschiedenen M a r k t l a g e n und daher verschiedenen B e t r i e b s l a g e n (Ausnutzung der Kapazität), 2. sie sind vor allem verschieden für die verschiedenen Zwecke dei Kostenrechnung, 3. sie sind anderer Art a) für die einzelnen B e t r i e b s - und P r e i s b i l d u n g s t y p e n (Betriebe mit hohem Anlagekapital und Fixkostenstruktur); b) für Bestellungs- und Marktproduktionsindustrien; c) für kurz- und langfristige Fertigung; d) für freie und geregelte Preisbildung; f) für die einzelnen K o s t e n a r t e n und K o s t e n t e i l e . Bei der Bewertung und Wertung dei Kosten sind zwei g r o ß e G e b i e t e zu unterscheiden: 1. die B e w e r t u n g der K o s t e n e l e m e n t e (der einzelnen Arten des Gutsverbrauchs), 2. die W e r t u n g des B e t r i e b s p r o d u k t e s (und bestimmter Kostengruppen, fester und veränderlicher). Das erste Wertungsgebiet gehört zur Frage der Selbstkostenrechnung und wertet die Kostengüter, die in den Betrieb eingehen und der Produktion dienen sollen. Es umfaßt die einzelnen Teile des betrieblichen Gutsverbrauchs zu Produktionszwecken und will die r i c h t i g e n S e l b s t k o s t e n errechnen. Das zweite Wertungsgebiet umfaßt die Probleme der Wertung des f e r t i g e n P r o d u k t e s (es können dies auch Halbfabrikate und Fertigteile sein), das an andere Teilbetriebe oder an den Markt gehen soll. Das ist bereits keine Frage der Selbstkostenrechnung mehr, sondern der Kalkulation des Angebotspreises und gehört in das Gebiet der Preis- und Betriebspolitik. Hier liegt das eigentliche Anwendungsgebiet des Kalkulationswertes; er soll der Preisvorbereitung und der Betriebsgestaltung dienen. Hierher gehört auch die Frage der Teil- und Vollkostenkalkulation und die Wertung der fixen Kosten in den einzelnen Phasen der Kapazitätsausnutzung. Die Bewertung
Der Kalkulationswert
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wird hier zu einem Wertungsproblem höheren Grades und darf mit der Bewertung des Stoffverbrauchs bei der Produktion nicht gleichgesetzt werden. Die Ziele der Kostenrechnung sind eben verschieden, zwischen Selbstkostenrechnung und Preisstellung ist scharf zu scheiden. Die erstere will die t a t s ä c h l i c h e n K o s t e n möglichst genau errechnen, die letztere m a r k t r i c h t i g e A n g e b o t s p r e i s e bilden. In der Selbstkostenrechnung müssen die errechneten Kosten, im Rahmen der Möglichkeit, immer richtig und vollständig sein, ganz gleichgültig, ob sie im Preis gedeckt werden oder nicht. P r e i s e zu f o r d e r n , ist A u f g a b e der P r e i s p o l i t i k , die t a t s ä c h l i c h e n K o s t e n sind die G r u n d l a g e hierzu. Man kann sie dann zur Bildung von Angebotspreisen über- oder unterschreiten, je nachdem, wie es die Marktlage oder der Betriebszustand erfordern. Dabei sind preispolitisch die fixen und die variablen, die vermeidbaren und die unvermeidbaren Kosten verschieden zu behandeln. Auf die einen kann man im Angebotspreis ganz oder teilweise verzichten, auf die anderen nicht. Aber kennen muß man die wirklichen Kosten ganz genau. Die t a t s ä c h l i c h e n K o s t e n , die V o l l k o s t e n , sind s t e t s zu errechnen. Sie allein zeigen den wirklichen Betriebszustand, den tatsächlich erzielten Gewinn und geben die Grundlage für die betriebliche Kontiolle, die Betriebs- und Preispolitik ab. Die Bewertung des Gutsverbrauchs für Zwecke der Selbstkostenrechnung ist an dieser Stelle, die des fertigen Produktes unter preis- und betriebspolitischen Gesichtspunkten in dem Teil über Kalkulation des Angebotspreises bzw. über Preispolitik zu behandeln. Natürlich hängen beide eng miteinander zusammen, weil die Bewertung im ersten Wertungsfeld zur Grundlage der Wertung im zweiten Wertungsfeld wird. 501. Objekte der Bewertung
Die B e w e r t u n g des G u t s v e r b r a u c h s 1 ) ist Bezifferung des Verbrauchs von M a t e r i a l , A r b e i t , K a p i t a l und F r e m d l e i s t u n g e n . Das größte Gewicht kommt hierbei dem M a t e r i a l - und K a p i t a l v e r b r a u c h zu (Anlagen und deren Kosten: Abschreibungen und Zinsen). Arbeit und Fremdleistungen bereiten bei der Bewertung kaum Schwierigkeiten, da sie in ihrem Wert relativ stabil sind und zwischen Beschaffung und Verbrauch meist keine großen Zeiträume liegen. Die Bewertung beginnt erst bei der Betrachtung des fixen oder variablen Charakters dieser Kosten. Das ist aber bereits eine Behandlung unter preis- und betriebspolitischen Gesichtspunkten, die an anderer Stelle vorgenommen wird. Die Bewertung des Gutsverbrauchs verlangt eine Differenzierung nach drei Gesichtspunkten: 1. nach dem O b j e k t der Wertung, 2. nach dem Zweck der Kostenrechnung, 3. nach betrieblichen Produktions- und Kalkulationseigenarten. Vgl. Abschn. 20302 Stoffbewertung.
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Bewertung und Wertung in der Kostenrechnung
Das O b j e k t , die Art des zu bewertenden Gutes, wird zunächst dadurch bestimmt, ob es sich um Güter b e l i e b i g m ö g l i c h e r oder g e h e m m t e r B e s c h a f f u n g handelt. G ü t e r m i t b e l i e b i g m ö g l i c h e r B e s c h a f f u n g sind jederzeit beschaffbare Güter. Da von diesen Gütern laufend genügend produziert wird oder ausreichende Vorräte vorhanden sind, können auch bei weiterer Nachfrage die Preise nicht wesentlich steigen. Der Großteil aller Bewertungen gehört in diese Kategorie. In a) b) c)
der B e s c h a f f u n g g e h e m m t e G ü t e r sind solche, die überhaupt nicht mehr, n i c h t in j e d e r Menge (z. B. Kontingentierung), nur mit wesentlich e r h ö h t e n K o s t e n zu beschaffen sind.
In der Beschaffung gehemmte Güter bilden die große Ausnahme. Die beiden entscheidenden Gruppen: mit beliebiger und gehemmter Beschaffungsmöglichkeit, sind weiter nach der H e r k u n f t der G ü t e r zu unterteilen. Der H e r k u n f t nach ist der Gutsverbrauch zu scheiden: a) nach Gütern aus dem M a r k t , b) aus eigenen v o r g e l a g e r t e n B e t r i e b e n (eigene Erzeugung), die wiederum sein können: aa) einfache, bb) verbundene Güter, c) aus eigenem Besitz. Bei b e l i e b i g b e s c h a f f b a r e n G ü t e r n fällt die Untergruppe der Güter aus eigenem Besitz weg, da diese Güter, vom Betrieb aus gesehen, begrenzt sind. Der K a l k u l a t i o n s w e r t der Güter aus dem Beschaffungsmarkt, in den meisten Fällen auch der aus eigener Erzeugung und aus eigenem Besitz, ist der M a r k t z e i t w e r t (Tageswert). Es ist hierbei völlig gleichgültig, ob dieser Preis höher oder niedriger ist als der einst gezahlte Kostenpreis, da nur der „schwebende", der „geltende" Preis Aussicht hat, im Erlös vom Markt zurückvergütet zu werden. Es handelt sich hier um die Wertbildungskraft der Kostenelemente, die in der Bewertung zu beziffern ist. Vergangene Ausgaben haben keine Wertbildungskraft. Es g i l t d a r u m i m m e r der l e t z t e P r e i s f ü r die l e t z t e n o t w e n d i g zu b e s c h a f f e n d e E i n h e i t , ohne Rücksicht, ob er der höchste ist oder nicht, und zwar gilt er für den g e s a m t e n G u t s v e r b r a u c h . Der letzte Preis für die letzte notwendig zu beschaffende Einheit stellt eine Art Grenzpreis dar. Der M a r k t z e i t w e r t h a t die B e d e u t u n g , K a l k u l a t i o n s w e r t f ü r K o s t e n e l e m e n t e zu sein, weil Güter zu diesem Preise jederzeit und in jeder Menge beschafft werden können. Er gilt darum zunächst nur für beliebig b e s c h a f f b a r e Güter (Material, Arbeit und Dienstleistungen).
Der Kalkulationswert
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Auch Güter aus e i g e n e r E r z e u g u n g unterliegen zunächst diesem Bewertungsprinzip, solange sie mit denselben Kosten beliebig erzeugt werden können. Die Bewertung zum Marktpreis hat hier zugleich den Vorteil, daß der Gewinn dem Teilbetrieb zugute kommt, der ihn erzielt hat, wählend dies bei jeder anderen Bewertung eigenerzeugter Güter nicht erreicht wird: beim Selbstkostenprinzip nicht (zwischenerfolgsfreie Selbstkostenwertung bzw. „Fortrechnungsmethode"), ebensowenig bei der Bewertung zum festen Betriebspreis oder zu Grenzkosten. Darum sind auch bei Gütern aus e i g e n e r Erzeugung (hier nicht als Fertigfabrikate, sondern als H a l b f a b r i k a t e oder F e r t i g t e i l e ) die b e k a n n t e n M a r k t p r e i s e einzusetzen oder, wenn diese unbekannt sind, die P r o d u k t i o n s k o s t e n , und zwar auf der Basis der Tageswerte für die Gliedkosten. Bei den Gütern aus e i g e n e m B e s i t z sind zwei Gruppen zu unterscheiden: 1. solche, die nur im Betriebe vorhanden sind und nicht mehr beschafft werden können, 2. solche, die der Betrieb bereits besitzt, die aber auf dem Markt in beliebiger Menge beschafft werden können. Für b e g r e n z t e Güter aus eigenem Besitz ist der Kalkulationswert der Nutzen der niedrigsten Verwendung bzw. die „realen Kosten". Für Güter aus eigenem Besitz, die aus dem Markt in b e l i e b i g e r Menge beschafft werden können, bildet der Marktzeitwert den natürlichen Kalkulationswert. Freilich macht man Güter aus eigenem Besitz besonders gern zum Gegenstand der Betriebspolitik. Der M a r k t z e i t w e r t bedarf aber noch einer etwas genaueren Kennzeichnung. Welcher „Tag" ist für die Bestimmung des Tageswertes in der Kalkulation maßgebend P1) Da die Marktpreise meist schwanken, ist es nötig, genau festzulegen, welches der Stichtag sein soll. Die Auswahl ist ziemlich groß: a) der Tag der Aufstellung der Vorkalkulation bzw. der Angebotstag, b) der Verbrauchstag oder der Verbrauchszeitraum, c) der Umsatztag bzw. der Tag der Rechnungsausstellung oder der Nachkalkulation, d) der Zahlungseingangstag, e) der Wiederbeschaffungstag. Die theoretisch beste Bewertung ist die zum Wert des W i e d e r b e s c h a f f u n g s t a g e s , da dann die Kapitalerhaltung am besten gewährleistet ist. Dieser Tag ist aber meist im voraus nicht bestimmbar, am wenigsten der an diesem Tage herrschende Preis, es sei denn, daß man die Wiederbeschaffung am Kalkulationstage vornimmt, was nur sehr selten vorkommen dürfte. Der Tag des Z a h l u n g s e i n g a n g e s ist schon eher bestimmt, aber auch nicht sicher, und der Preis an diesem Tage ist gleichfalls unbekannt, wenn') Vgl. F. Schmidt, Der Wiederbeschalfungspreis am Umsatztage. Berlin 1933.
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Bewertung und Wertung in der Kostenrechnung
gleich vom Augenblick des Zahlungseingangs an die „Wiederbeschaffung" bereits möglich wäre. Für die praktische Kalkulation ist der T a g e s w e r t am U m s a t z t a g , der zugleich meist der Tag der Nachkalkulation und der Rechnungsausstellung ist, viel besser geeignet. Der kaufmännische Wechsel kann dem Betrieb dazu verhelfen, die Forderung bereits am Umsatztage zu mobilisieren und durch Eindeckung zukünftige Preisschwankungen für den Betrieb unwirksam zu machen. Für die V o r k a l k u l a t i o n kommt natürlich nur der Tag des Angebots in Betracht. Bei k u r z f r i s t i g e r Fertigung liegen Angebots- und Verbrauchstag dicht beieinander, so daß hier alle Voraussetzungen richtiger Wertung gegeben sind. Anders ist es bei l a n g f r i s t i g e r Fertigung 1 ), wo zwischen Angebot und Verbrauch sehr lange Zeiträume liegen können. Für diese ist der Angebotstag oder der Tag der Vorkalkulation meist unbrauchbar, es sei denn, daß der Betrieb die Möglichkeit hat, das Risiko der Preisschwankungen abzuwälzen: langfristige Lieferungsverträge, Vorauszahlungen der Besteller, so daß die notwendigen Materialien beschafft werden könneD, gleitende Preise oder vereinbarte Risikozuschläge entsprechend den Preisschwankungen. Für die N a c h k a l k u l a t i o n , die immer stattfinden muß, um die tatsächlichen Selbstkosten zu errechnen, ist, von Ausnahmefällen abgesehen, der Wert des Kalkulationstages der natürliche Wertansatz. Das Prinzip des Maiktzeitwertes gilt nicht nur für Verbrauchs-, sondern auch für G e b r a u c h s g ü t e r . Die Abschreibungen auf Anlagen haben daher zu M a r k t p r e i s e n des V e r b r a u c h s t a g e s zu erfolgen. Nur so ist eine Wiederbeschaffung gewährleistet. Kümhof 2 ) bezweifelt aber, ob eine Regeneration des Betriebes und die Erhaltung dei betrieblichen Leistungsfähigkeit bei der Bewertung zu Gegenwartspreisen stets gegeben ist, und führt hierfür besonders die Abschreibungen an: „Eine Maschine kostet z . B . 10000 DM. Ihre Lebensdauer sei 10 Jahre. Wir schreiben gleichbleibend 1 0 % des Gegenwartswertes ab. In den ersten 8 Jahren bleibe der Preis gleich dem Anschaffungspreis. Dann schnelle er durch irgendwelche Umstände im 9. Jahre auf 12000 und im 10. Jahre auf 15000 DM empor. Wir würden abschreiben in den ersten 8 Jahren . . . . 8000 DM im 9. Jahre 1200 DM im 10. Jahre 1500 DM Durch die Abschreibung zum Zeitwert wäre der neue Kaufpreis also nicht gedeckt."
Wenn Kümhof diese Behauptung auch nur als „theoretisch" aufstellt und, praktisch gesehen, Konzessionen macht, so soll kurz dargelegt werden, daß auch, theoretisch gesehen, der neue Kaufpreis gedeckt ist: Vgl. Abschn. 343 Kalkulation bei langfristiger Fertigung. Kümhof, Die Bewertung des Stoffverbrauchs in der industriellen Kalkulation, 1930, S. 71. s)
Der Kalkulationswert
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Das Abschreibungsbild würde nämlich bei exakter Abschreibung zum Tageswert folgendermaßen aussehen: Abschreibung in den ersten 8 Jahren Tageswert einer neuen Maschine im 9. Jahr: 12000 DM. 9/lffl davon = 10800 RM = Soll-Gesamt-Abschreibung nach dem 9. Jahr, 8000 DM = Ist-Gesamt-Abschreibung nach dem 8. Jahr, daher Abschreibung im 9. Jahr: 10800./. 8000 Gesamtabschreibung am Ende des 9. Jahres Tageswert einer neuen Maschine im 10. Jahr: 15000 DM = Soll-Gesamt-Abschreibung nach dem 10. Jahr, 10800 DM = Ist-Gesamt-Abschreibung nach dem 9. Jahr, daher Abschreibung im 10. Jahr Gesamtabschreibung am Ende des 10. Jahres Der Kaufpreis ist also gedeckt.
8000 DM
2 800 DM 10800 DM
4200 DM 15000 DM
Bei den Gebrauchsgütern, vor allem den Anlagen, wird die Bewertung zum Tageswert s c h w i e r i g , wenn die Anlagen keine Marktpreise haben oder die Bestimmung des Marktzeitwertes umständlich oder nur näherungsweise möglich ist. Hat eine Anlage keinen Marktpreis bzw. keinen mehr, so muß man sich mit besonderen Methoden behelfen: 1. Man benutzt den Maiktpreis einer künftigen E r s a t z a n l a g e als Berechnungsgrundlage, wobei eine eventuelle Differenz zwischen der Produktionsfähigkeit der künftigen und der jetzigen Anlage beachtet werden muß. Diese Methode ist zur Aufrechterhaltung der Produktionsfähigkeit des Betriebes relativ gut geeignet. 2. Verwendung von I n d e x z i f f e r n , die das Abweichen der Zeitwerte von den Anschaffungspreisen zum Ausdruck bringen. Allerdings sind meist produktions- und marktwirtschaftliche Veränderungen die Ursache dafür, daß ein Index, auch wenn er spezialisiert ist, keine ideale Lösung dieser Wertungsfrage bedeutet. Der Kalkulationswert des A n l a g e k a p i t a l v e r b r a u c h s ist der Z e i t w e r t am T a g e des V e r b r a u c h s , wenngleich die Praxis meist vom Anschaffungspreis ausgeht. Z u k ü n f t i g e P r e i s b e w e g u n g e n dagegen können nicht berücksichtigt werden. Die Mehrkosten infolge des Zeitwertansatzes gelten ferner nur für gleiche L e i s t u n g s f ä h i g k e i t der Anlage. Ist die Leistungsfähigkeit größer oder geschieht die Anschaffung zum Zweck der Modernisierung, so sind die Mehrkosten auf A n l a g e n z u w a c h s als Betriebsentwicklung zu verbuchen; sie bilden nicht Kosten des Verbrauchs. Vielmehr sind Abschreibungen (und Zinsen) jedem Jahr nur für den Jahresverbrauch zu belasten. Auch Bundesbahn und Bundespost, obschon sie die Ersatzbeschaffung als Jahreskosten verbuchen, behandeln die Betriebsentwicklung als Kapitalzugang, rieht als Kosten. Der Marktzeitwert als Bewertungsprinzip gilt auch für den Zins als Kostenelement, der der V e r s c h w e n d u n g v o n K a p i t a l vorzubeugen und die beste Kapitalorganisation herbeizuführen hat:
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Bewertung und Wertung in "der Kostenrechnung
keine Überkapazität, keine überdimensionierten, keine teuren Maschinen, wenn der Zins nicht getragen werden kann; kein zu großes Lager, keine ungenutzten flüssigen Mittel, keine Räume ohne Mietzinsbelastung, keine Schaufenster ohne entsprechende Kostenbelastung. Auch beim Zins gilt der T a g e s z i n s , also der letzte Zins. Ist das aber auch der Zins der letzten Kapitals c h i c h t , die bekanntlich die teuerste ist? Nein! Es gilt der T a g e s z i n s , aber bezogen auf die einzelnen K a p i t a l s c h i c h t e n , ihre Größe, Fristigkeit und Sicherung, da diese Schichtungen und Besonderheiten immer vorhanden sind. Verschiedene Kapitalschichten mit verschiedenen Sicherungen und Fristen bedeuten verschieden hohes Risiko und damit verschieden hohen Zins. Der „Grenzzins", der Zins für die letzte Kapitalschicht, trifft also nicht auf das gesamte Kapital zu, nur der letzte Zins für jede Kapitalschicht, jede besonders gesehen, die den wirklich entliehenen Kapitalien entspricht. D e r M a r k t z e i t w e r t i s t d a h e r u n t e r n o r m a l e n U m s t ä n d e n der K a l k u l a t i o n s w e r t . E r b e s i t z t h i e r f ü r A l l g e m e i n g ü l t i g k e i t und wird für Kostengüter auch durch den G r e n z w e r t nicht erschüttert, den vor allem Schmalenbach vertritt. S c h m a l e n b a c h geht bei der Bestimmung des Betriebswertes solcher Güter, die aus dem Markt stammen (bei ungehemmter Beschaffungsmöglichkeit) vom G r e n z w e r t g e s e t z aus, das er folgendermaßen formuliert 1 ): „Wenn für einen Vorrat von Bestellungen Material nötig ist, das zu anderem Preise als dem vorher gültigen beschafft werden muß, so ist der Preis dieses zusätzlich nötigen Materials für den Betriebswert bestimmend, nicht nur für einen Teil, sondern für die Gesamtheit der auszuführenden Bestellungen." Er erläutert die Bewertung zum Grenzwert an folgendem Beispiel: „Wenn der Betrieb Baumwolle zu 2,10 DM kaufen muß, so muß auf die Besteller des Baumwollgarns (wozu auch eine etwa vorhandene Weberei gehört) ein Druck ausgeübt werden, daß sie nicht Baumwollgarn verbrauchen zu Zwecken, die nicht einen Baumwollpreis von 2,10 DM tragen. Es wäre unwirtschaftlich, und zwar auch gemeinwirtschaftlich gesehen unwirtschaftlich, wenn man zu derselben Zeit, in der Baumwolle zu 2,10 DM angeschafft wird, z. B. Exportbestellungen annehmen würde, die sich nur bei einem Baumwollpreise von 2 , — DM lohnen. Es ist besser, daß man auf diese Exportbestellungen verzichtet und dafür um so länger mit der alten, billig gekauften Baumwolle auskommt. Damit aber nun jeder einzelne Abnehmer mit 2,10 DM und nicht mehr mit 2 , — DM rechnet, und damit derjenige, der nicht zahlen kann, als Besteller ausscheidet, muß gegenüber allen Verwendungszwecken der höhere Preis kalkuliert werden. Das gilt nicht nur für neuere Aufträge, sondern, allerdings mit Einschränkungen, auch für alte Aufträge. Denn es ist gut, an den Ergebnissen zu sehen, daß es besser gewesen wäre, die bereits hereingenommenen Aufträge nicht hereinzunehmen."
Hier kompliziert Schmalenbach einen doch recht einfachen Tatbestand. Die Bewertung zum Tageswert löst diese Wertungsfragen viel einfacher. Gerade wenn man mit Schmalenbach die gesamtwirtschaftliche Unwirtschaftlichkeit, die Gefahr des Substanzverlustes (im Schmidtschen Sinn) vermeiden will, darf kein anderer als der Marktpreis des Kalkulationstages Be*) Schmalenbach, Selbstkostenrechnung und Preispolitik, S. 13.
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Der Kalkulationswert
triebswert sein. Gegen diese Auffassung wehrt sich aber Schmalenbach, denn er sagt: „Mail hat aus dieser alten Regel neuerdings eine Theorie des „Wiederbeschaffungswertes" gemacht. Aber diese Theorie erfaßt den Gegenstand nur an einem Zipfel. Die Voraussetzung für die Einsetzung des Zeitwertes anstatt der tatsächlich gezahlten Preise ist, daß der Betrieb bei Hereinnahme von Bestellungen tatsächlich in die Lage kommt oder voraussichtlich demnächst kommen wird, teuere Baumwolle kaufen zu müssen oder billiger kaufen zu können."
Schmalenbach macht also die Verwendung des Zeitwertes von tatsächlichen oder sicher kommenden Einkäufen zu diesen Preisen abhängig. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Denn will der Betrieb seine Substanz erhalten, so muß er den Zeitwert selbst dann einsetzen, wenn keine Einkäufe zu diesem Preis getätigt sind oder werden. Die Theorie des Marktzeitwertes ist nicht nur an die von Schmalenbach erwähnten Fälle gebunden, sondern umfassend und allgemein gültig, wenn nicht Rechungszwecke eine Abänderung ergeben. Die P r a x i s bewertet freilich noch vielfach zu v e r g a n g e n e n Preisen: 1. zu t a t s ä c h l i c h e n Anschaffungspreisen (häufig Auszeichnung der Vorräte zu Anschaffungspreisen), 2. zu D u r c h s c h n i t t s p r e i s e n (Buchbestandspreis). Hierbei ist gleiche Qualität vorausgesetzt, 3. zu ZugangsdurchschnittspreiseneinerbestimmtenPeriode (letzte Periode). Wertet sie zu Z e i t w e r t e n , dann geschieht es zum Zeitwert: a) des A n g e b o t s t a g e s (bei Vorkalkulation, bei der Nachkalkulation zum Zeitwert des Tages der Nachkalkulation); b) des V e r b r a u c h s t a g e s (Eingang in die Produktion) bzw. des Verbrauchszeitraumes (Durchschnittspreis der Verbrauchsperiode); c) des U m s a t z t a g e s (Kalkulationstag zur Rechnungsausstellung). So entscheidend der Tageswert für die Bewertung beliebig beschaffbarer Güter ist, so bildet er keine brauchbare Bewertungsgrundlage für Güter, deren Beschaffung g e h e m m t ist. Dann gilt das Bewertungsprinzip des „ N u t z e n s der n i e d r i g s t e n V e r w e n d u n g " oder der „ r e a l e n K o s t e n " : der Wert der Güter in der letzten noch wirklich werdenden Verwendungsart. Der praktische Maßstab wird häufig der Wert eines Ersatzgutes sein. Bei Gütern mit praktisch einer einzigen Verwendung ist diese zugleich die niedrigste und wird damit zum Wertmaßstab. In einem Betriebe konkurrieren z. B. vier Verwendungszwecke, vorhanden sind 500 Einheiten Rohmaterial: A: B: C: D:
300 300 100 200
Einheiten Einheiten Einheiten Einheiten
50,— 40,— 35,— 30,—
DM DM DM DM
Die letzten 400 Einheiten fallen aus.
die die die die
aufwendbaren aufwendbaren aufwendbaren aufwendbaren
Kosten, Kosten, Kosten, Kosten.
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Bewertung und Wertung in der Kostenrechnung
Der Kalkulationswert ist 40,— DM, der Wert der niedrigsten Verwendung. Wären 700 Einheiten vorhanden, so wären 35,— DM der Kalkulationswert. Der Kalkulationswert muß mindestens so hoch sein wie der Nutzen der niedrigsten Verwendung, d. h. gleich dem Wert des Rohmaterials in der letzten Nutzung. S c h m a l e n b a c h wertet die in der B e s c h a f f u n g g e h e m m t e n G ü t e r folgendermaßen 1 ) (Schrottversorgung rheinisch-westfälischer Hütten unter dem Einfluß der Schrotteinkaufsgesellschaft): „Nehmen wir an, eines dieser Werke brauche täglich 1000 t Einsatz für seine Siemens-Martin-Öfen. Hierfür könne sowohl Roheisen als auch Schrott verwendet werden, weil beide Materialien in großem Umfang untereinander ersetzbar sind. Der Siemens-Martin-Ofen könne sowohl mit 20% Roheisen und 80% Schrott als auch mit 80% Roheisen und 20% Schrott arbeiten. Der Selbstkostenpreis des von einem Konzernwerk bezogenen Roheisens betrage 60,— DM, der Einkaufspreis des von der Schrotthandelsgesellschaft bezogenen Schrottes betrage 45,— DM, jedoch sei das Roheisen unbegrenzt kaufbar, dagegen sei nur ein Quantum Schrott von 450 t täglich zu beschaffen. In diesem Falle ist also die Beschaffung des Schrottes bei 450 t gehemmt. Wir könnten und würden wegen des billigen Schrottpreises noch weiteren Schrott verwenden, wenn wir ihn erhalten könnten. Unter den gegebenen Umständen wäre es falsch, den Schrott mit seinem Selbstkostenpreis von 45,— DM einzusetzen. Nehmen wir an, daß beim Schrott 10% Abbrand entsteht, während wir beim Roheisen mit Abbrand nichts zu tun haben, so würde im vorliegenden Fall der Betriebswert des Schrottes betragen: Selbstkostenpreis des Roheisens 10% Abbrand bei Schrott . Betriebswert des Schrotts . .
60,— DM 6,— DM 54,— DM.
Der Unterschied zwischen dem Betriebswert von 54,— DM und dem tatsächlichen Anschaffungspreis von 45,— DM ist neutraler Ertrag, der mit der Selbstkostenrechnung nichts zu tun hat." S c h m a l e n b a c h meint, daß es „unter den gegebenen Umständen" falsch wäre, den Schrott mit seinem Selbstkostenpreis von 45,— DM einzusetzen. Das ist gaDz sicher richtig. Es bedarf aber keiner komplizierten Überlegungen, wie sie Schmalenbach anstellt, wenn man den Schrott zum N u t z e n der n i e d r i g s t e n , hier einzigen V e r w e n d u n g bzw. den realen Kosten wertet. Das ist hier der Wert des ersatzweise verwendeten Roheisens, also der Roheisenpreis von 60,— DM, minuf» wegfallendem Abbrand von 6,— DM = 54,— RM. Der K a l k u l a t i o n s w e r t e i n z e l n e r K o s t e n e l e m e n t e i s t a l s o der T a g e s w e r t , b e i g e h e m m t e r B e s c h a f f u n g der „ N u t z e n der n i e d r i g s t e n V e r w e n d u n g " , die „ r e a l e n K o s t e n " . Diese haben die Aufgabe, die beste Verwendungsart zu erzielen und zwangsläufig eine Gutsverschwendung zu vermeiden. Der Kalkulationswert soll die Güter von selbst zur optimalen Verwendung bringen. l
) a. a. O., S. 16.
Der Kalkulationswert
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502. Zweckabhängigkeit der Bewertung
Der zweite Faktoi, der die Bewertung beeinflußt, ist der Zweck der Kostenrechnung. Der Wertansatz wird also verschieden sein, je nachdem es sich um die Bewertung für Zwecke der Preisbildung, dei Betriebskontrolle oder der Betriebsdisposition handelt. Der Zweck kann ferner ein einheitlicher oder gemischter sein, wenn nur ein Zweck verfolgt wird oder m e h r e r e zugleich. Geschieht die Bewertung zu P r e i s b i l d u n g s z w e c k e n , so gilt zweifellos das Grundgesetz der Bewertung in der Kostenrechnung: die Bezifferung zum M a r k t z e i t w e r t . In der neueren Zeit bricht sich nun ein neuer Wertansatz Bahn: die Wertung zu P l a n - bzw. S t a n d a r d k o s t e n . Das ist aber im Grunde kein Gegensatz zum Marktzeitwert, da dieser auch eine Grundlage der Standardkosten bildet. Nui die Methode der Feststellung und die mengenmäßige Unterlage der Bewertung ist eine besondere. Die ausführliche Behandlung der Plankosten geschieht wegen ihrer großen Bedeutung weiter unten in einem besonderen Abschnitt 1 ). Im allgemeinen bildet man nun Standard kosten nicht zum Zwecke der Preisbildung. In jüngster Zeit aber sieht man in ihnen immer mehr nicht nur eine mögliche, sondern die beste Grundlage der Preisbildung. Hat die Kostenrechnung voi allem die Kontrolle der B e t r i e b s g e b a r u n g zum Zwecke, so ist der Marktzeitwert wegen der Preisschwankungen als Kalkulationswert nicht geeignet. Daher geschieht in diesem Fall die Beweitung zum f e s t e n B e t r i e b s p r e i s (Verrechnungspreis), der dem Gutsverbrauch trotz der Bewertung in Geld einen Mengencharakter gibt, da die Preisschwankungen ausgeschaltet werden. Diese Beweitung geschieht insbesondere für den Materialverbrauch. Auch die Bildung der Verrechnungspreise soll in einem besonderen Abschnitt ausführlich behandelt werden 2 ). Denselben Zweck wie der feste Betriebspreis erfüllen auch die P l a n k o s t e n , und sie erfüllen ihn noch viel besser und nicht nur ihn allein, sondern zugleich die übrigen zwei Zwecke der Kostenrechnung. Der Gutsverbrauch wird also in diesen Fällen, die die Betriebskontrolle zum Zweck haben, zum festen Betriebspreis oder zu Standardkosten gewertet. Aber auch hier ist der Marktpreis bedeutsam, weil er sowohl zur Bildung des festen Betriebspreises als auch der Standardkosten die Giundlage bildet. Er ist zugleich der Wertansatz für die I s t k o s t e n , deren Feststellung auch dann unentbehilich ist, wenn Verrechnungspreise oder Standardkosten benutzt werden. Will die Kostenrechnung die Grundlagen für die B e t r i e b s d i s p o s i t i o n schaffen und eine automatische Regelung der Betriebsführung, insbesondere des Beschäftigungsgrades herbeiführen, dann werden (der Theorie gemäß) die G r e n z k o s t e n zum Kalkulationswert. Hier handelt es sich aber meist nicht mehr um eine Bewertung von Kostenelementen, sondern von fertigen Produkten (Leistungen), die an nachgelagerte Teilbetriebe oder an den Markt *) Siehe S. 447—473 ) Siehe S. 433—446
2
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Bewertung und Wertung in der Kostenrechnung
gehen, so daß deren Betrachtung nicht an dieser Stelle erfolgen soll, wenigstens soweit der l i e f e r n d e B e t r i e b in Betracht kommt. Für den e m p f a n g e n d e n Betrieb oder Teilbetrieb sind es natürlich Kostengüter, die zum Marktzeitwert, zum festen Betriebspreis oder auch zu den Grenzkosten des liefernden Betriebes übernommen werden können. Wenn nun in einem Betriebe das Rechnungswesen nicht nur ein, sondern zwei oder mehrere Zwecke verfolgt, dann müssen auch mehrere Rechnungen mit den entsprechenden Bewertungen durchgeführt werden. Nur die Standardkosten sind befähigt, mehrere Zwecke zugleich zu erfüllen. Aber sie bedürfen immer der Ergänzung durch die Istkosten, so daß auch hier zwei Bewertungen und zwei Rechnungen nötig werden. 503. Abhängigkeit von der Produktions- and Kalkulationsform Endlich ergibt sich eine Differenzierung der Wertung aus B e s o n d e r h e i t e n d e r P r o d u k t i o n s - u n d K a l k u l a t i o n s w e i s e n : je nachdem es sich um Betriebe mit Divisions- oder Zuschlagskalkulation, um material-, arbeits- oder kapitalintensive Betriebe, um kurz- oder langfristige Produktion 1 ) handelt. Oft erweist sich die Anwendung von mehreren oder der theoretisch richtigen Bewertungsgrundsätze als zu kostspielig oder rechnungstechnisch zu schwierig. Insbesondere spielt die Art der Produktion eine große Rolle. Von den Betrieben mit D i v i s i o n s k a l k u l a t i o n sind hier die m a t e r i a l i n t e n s i v e n Betriebe, und zwai wegen ihrer vom Markt bezogenen Verbrauchsgüter wichtig. Hierher gehören z. B. die Eisenhütten. Der Hauptzweck der Kalkulation bildet bei diesen Betrieben die K o n t r o l l e d e r B e t r i e b s g e b a r u n g , so daß die festen Betriebspieise vorherrschen. Aber auch die P r e i s s t e l l u n g erfordert Berücksichtigung, und sie verlangt Bewertung zu den Marktwertzeiten des Kalkulationstages. Wer beide Zwecke erreichen will, muß beide Rechnungen nebeneinander führen. Häufig sucht man einen Mittelweg: die festen Betriebspreise werden von Zeit zu Zeit den Marktpreisen angepaßt. Weniger wichtig ist die Frage der Bewertung der Verbrauchsgüter in a r b e i t s i n t e n s i v e n Betrieben, wie z. B. im Bergbau. Als Hauptzweck der Kalkulation ist auch hier wieder die Kontrolle der Betriebs gebar ung anzusehen. Es wird auch hier öfters der Kompromißweg beschritten, das Material zu Festpreisen zu bewerten, die den Marktpreisen angenähert sind, um so einerseits der Forderung nach Verrechnung mit vergleichbaren Ziffern nachzukommen und andererseits doch auch den Marktpreisen wenigstens nahezukommen. In k a p i t a l i n t e n s i v e n Betrieben ergibt sich eine ähnlich geringe Bedeutung des Verbrauchs der vom Markt bezogenen Verbrauchsgüter. Daher ist hier eine exakte Befolgung der Bewertungsregeln nicht so wesentlich, z. B. bei einem Elektrizitätswerk mit Wasserkraftantrieb, bei dem der MaterialVgl. Kümhof, a. a. O. S. 75ff.
Der Kalkulationswert
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verbrauch überaus gering ist. Durch den laufenden Materialbezug bleiben die zeitlichen Unterschiede zu den Vergangenheitspreisen gering, so daß sich wegen der Geringfügigkeit des Objektes sogar die einfachere Bewertung zu Vergangenheitspreisen durchaus vertreten läßt. Um so größere Bedeutung kommt der Bewertung des Anlagekapitals zu. Der Kalkulationswert für den Anlagekapitalverbrauch (Abschreibungen) ist der Zeitwert am Tage des Verbrauchs. Im Gegensatz zu den Betrieben mit Divisionskalkulation, in denen die Kontrolle der Betriebsgebarung meist unbestritten die erste Rolle unter den Zwecken dei Kalkulation spielt, tritt bei Betrieben mit Z u s c h l a g s k a l k u l a t i o n die Preisermittlung als konkurrierender Kalkulationszweck mehr in den Vordergrund, ja bildet manchmal den Hauptzweck. Oft sind beide Zwecke gleich wichtig, und dann müssen auch zwei Bewertungen vorgenommen werden, wie es z. B. in der Textilindustrie oft der Fall ist. Zunächst erfordert die notwendige Feststellung der noch vorhandenen Bewegungsmöglichkeit im Markt die Kalkulation zu Marktpreisen, andererseits wird angesichts des rohstoffbetonten Kostencharakters eine exakte Kontrollmöglichkeit zur Notwendigkeit. Daher führt man nebeneinander: Verrechnung zu Marktpreisen und zu festen Betriebspreisen. In der Maschinenindustrie ist bis vor nicht langer Zeit die Preisstellung Hauptzweck der Kalkulation gewesen. Die Rationalisierung verstärkte nun auch hier die Notwendigkeit der Betriebskontrolle, so daß ebenso wie anderswo die Aufgabe entsteht, einerseits die Betriebskontrolle durch Bewertung zu vergleichbaren Größen zu ermöglichen, arderei seit* die Bewertung zu Tagespreisen für Pieisstellungszwecke durchzuführen. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei Betrieben mit l a n g f r i s t i g e r F e r t i g u n g , wie Brücken,- Schiffs- oder Hochbaubetrieben. Während bei kurzfristiger Fertigung Angebots- und Herstellungstag dicht beieinander liegen, schiebt sich zwischen diese beiden Zeiten bei langfristiger Fertigung oft ein Zeitraum von vielen Monaten. In der Nachkalkulation geschieht dann die Bewertung des Stoffverbrauch« mit den Tagespreisen des Nachkalkulationstages. Der K o n t r o l l e dient in solchen Betrieben eine Nachkalkulation mit doppeltem Wertansatz: 1. Beweitung zunächst mit den Marktpreisen des V o r k a l k u l a t i o n s t a g e s , 2. Bewertung zum Tagespreis des N a c h k a l k u l a t i o n s t a g e s , um die tatsächlichen Kosten zu erfassen. Die Bewertungsgrundsätze einer in Betrieben mit langfristiger Leistungserstellung oft nötigen Z w i s c h e n k a l k u l a t i o n sind die gleichen wie die für die Nachkalkulation, also die Werte des Zwischenkalkulationstages. Bei der Bewertung i n t e r n e r B e t r i e b s l i e f e r u n g e n geht die Praxis bei einfachen Produkten meist so voi, daß sie, soweit die Betriebskontrolle im Vordergrund steht, feste Betriebspreise verwendet, für die Preisermittlung dagegen häufig einen Wertansatz zum Tageswert der Produktionskosten.
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