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German Pages 730 [758] Year 2005
Robert Rebhahn (Hrsg)
GlBG Gleichbehandlungsgesetz Kommentar
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Robert Rebhahn (Hrsg.) Kommentar zum Gleichbehandlungsgesetz GlBG und GBK-GAW-G
SpringerWienNewYork
Univ.-Prof. Dr. Robert Rebhahn Institut für Arbeits- und Sozialrecht Universität Wien, Österreich
Zitiervorschlag: Autor in Rebhahn/GlBG, § ## Rz #
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ISBN-10 3-211-23831-X SpringerWienNewYork ISBN-13 978-3-211-23831-8 SpringerWienNewYork IV
Vorwort Im Jahr 2000 hat die EG zwei neue Richtlinien zum Recht der Antidiskriminierung und der Gleichbehandlung erlassen. Damit verbietet die EG zum einen in der Arbeitswelt nicht mehr bloß Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts, sondern auch aufgrund einer Reihe anderer missbilligter Kriterien. Zum anderen wird das Diskriminierungsverbot des Gemeinschaftsrechts erstmals auf Bereiche des Privatrechtsverkehrs ausgedehnt; die RL 2000/43/EG erstreckt es aber nur auf die ethnische Herkunft; die noch umzusetzende RL 2004/113/EG erstreckt es auch auf das Geschlecht. Vor allem die beiden Richtlinien aus 2000 haben den österr Gesetzgeber veranlasst, die Normen zur Gleichbehandlung grundlegend neu zu gestalten. Die Frage, ob und inwieweit der Staat die Privatautonomie durch Verbote der unmittelbaren oder mittelbaren Benachteiligung einschränken soll, ist rechtspolitisch äußerst umstritten. Manche sehen darin ein unverzichtbares Instrument zum Schutz der Menschenwürde und zur „Erziehung“, manch andere sehen darin hingegen ein staatliches Diktat und/oder eine Überforderung des Rechts. Viele sehen die Vorschriften aber auch wenig aufgeregt als ein Teil der Fülle von Normen, über deren politische Sinnhaftigkeit man streiten kann, die aber jedenfalls nicht so segensreich sind wie die Befürworter meinen und die nicht so schädlich sind wie die harten Kritiker fürchten. Das Parlament hat die Vorschriften zur Gleichbehandlung auf zwei Gesetze aufgeteilt. Das GlBG regelt im Wesentlichen die privatrechtlichen Aspekte, das GBK/GAW-G vorwiegend verwaltungsrechtliche Aspekte wie Gleichbehandlungsanwaltschaft und -kommission. Der Anlass für die Teilung dürfte die Verfassungsbestimmung des § 10 GlBG 1979, heute § 10 GBK/GAW-G gewesen sein, die weiter benutzt werden sollte. Die Aufteilung auf zwei Gesetze ist aber auch sachlich vertretbar. Das GlBG enthält im Wesentlichen vier Teile. Drei davon betreffen die Diskriminierung in der Arbeitswelt, einer die Diskriminierung im allg Privatrechtsverkehr. Dabei trennt das Gesetz die V
Vorwort Regelung der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts von jener der Diskriminierung aus anderen missbilligten Gründen. Diese Trennung war primär politisch motiviert, weshalb die Bestimmungen auch weitestgehend übereinstimmen. Bei der Kommentierung werden daher all jene Fragen, welche für die Arbeitswelt insgesamt relevant sind, nur einmal kommentiert, und zwar bei der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Auf diese Kommentierung wird dann bei den anderen Regelungen verwiesen. Dasselbe gilt für die Kommentierung der Normen zum allgemeinen Privatrechtsverkehr. Unkommentiert bleiben jene Normen, welche nur Grundsatzbestimmungen enthalten, insbes jene für die Arbeitnehmer der Landwirtschaft. Der österr Gesetzgeber hat sich darauf beschränkt, das vom Gemeinschaftsrecht Vorgeschriebene umzusetzen. Er geht kaum darüber hinaus. Insbesondere wurden die Verbote zum allgemeinen Privatrechtsverkehr nicht über das von der Richtlinie Verlangte hinaus ausgeweitet. Und das österr Gesetz bleibt auch nur selten erkennbar hinter dem vom Gemeinschaftsrecht Vorgeschriebenen zurück (so mE bei der Beweislast). Rechtspolitische Kritik, welche die Einschränkung der Privatautonomie für zu weitgehend hält, ist daher eher an die EU als an das österr Parlament zu richten. Das vorliegende Werk strebt eine wissenschaftliche Bearbeitung des Rechtsstoffes an, die sich primär an den Wertungen orientiert, die das europäische und das österr Recht enthalten und erkennen lassen. Bei der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und den allgemeinen Fragen konnte (und musste) auf zahlreiche Judikatur vor allem des EuGH zurückgegriffen werden. Die Judikatur des EuGH zu systematisieren ist nicht leicht, weil er selbst sich nicht erkennbar um systematische Geschlossenheit und Erklärung seiner Überlegungen bemüht. Bei den neuen Diskriminierungsverboten mussten die Autorinnen hingegen in vielen Fragen neue Wege gehen. Der Dank des Herausgebers und aller Mitautorinnen und Mitautoren gilt Frau Mag. Barbara Maschler. Sie hat die Texte aufmerksam gelesen, korrigiert und eingerichtet, die Verweise auf Beiträge anderer Autorinnen und Autoren eingefügt sowie das Stichwort- und das Entscheidungsregister angefertigt. Ohne ihren Einsatz wäre der Kommentar noch lange nicht druckreif geworden. Im Juli 2005 hat das Parlament das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz beschlossen. Die darin auch enthaltenen Änderungen in GlBG und GBK/GAW-G sind im Anhang I abgedruckt und VI
Vorwort kommentiert. Ein Überblick über das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, den Univ.-Prof. Brodil freundlicherweise kurzfristig verfasst hat, wurde als Anhang II aufgenommen.
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Verzeichnis der Bearbeiterinnen und Bearbeiter Dr. Wolfgang Brodil, Ao. Univ.-Prof., Universität Wien, Institut für Arbeitsrecht und Sozialrecht; Anhang II (Diskriminierung aufgrund Behinderung) Dr. Doris Hattenberger, Ass.-Prof., Universität Klagenfurt – Institut für Rechtswissenschaften: GBK-GAW-Gesetz Dr. Andres Kletecˇ ka, Ao. Univ.-Prof., Universität Wien – Institut für Zivilrecht: GlBG §§ 12, 13 und 15; 26, 27–29; 35–36; 59–61 Dr. Katharina Posch, Univ.-Ass., Universität Wien – Institut für Arbeitsrecht und Sozialrecht: GlBG §§ 6 und 7, 30–34 Dr. Robert Rebhahn, Univ.-Prof., Universität Wien – Institut für Arbeitsrecht und Sozialrecht: Einleitung; GlBG §§ 1–5, 8–11, 14, 37–40, 63–64; Herausgeberschaft Dr. Michaela Windisch-Graetz, Ao. Univ.-Prof., Universität Wien – Institut für Arbeitsrecht und Sozialrecht: GlBG §§ 16–25
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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur . . . . . . . . . . XXXIII Einleitung (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bewertungen der Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) I. Teil Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt § 1. Geltungsbereich (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zum Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedeutung des Gemeinschaftsrechts neben dem 1. Teil des GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Geltung für Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendung bei Sachverhalten mit Auslandsberührung, insb bei Entsendung . . . . . . . . V. Geltungsbereich außerhalb eines Arbeitsverhältnisses . 1. Heimarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitnehmerähnliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zugang zu Berufsberatung und Berufsbildung . . . . 4. Berufsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit . . . . . . . . VI. Zwingender Charakter des GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX
34 37 39 39 42 45 50 50 50 57 60 60 60 64 66 67 68
Inhaltsverzeichnis § 2. Gleichstellung (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Konzepte von Gleichheit: Gleichberechtigung und Gleichstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zum Zweck des Diskriminierungsverbotes im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weitergehende Maßnahmen, insb der Gemeinschaft . . IV. Zum Ziel des 1. Teiles und zur Bedeutung des § 2 . . . .
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§ 3. Gleichbehandlungsgebot im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines und erfasste Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zum Begriff der Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erfasste Regelungen und Maßnahmen . . . . . . . . . . . a. Verhalten des ArbG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Andere Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Kollektivverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Anwendung von Gesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zu den Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. „Geschlecht“ als Unterscheidungsmerkmal . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. „Ehe- und Familienstand“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Benachteiligungsverbot und Mehrfachdiskriminierung 1. Maßregelung und Folgediskriminierung . . . . . . . . . . 2. Mehrfachdiskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Begründung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ehe- und Familienstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Geschlecht als unverzichtbare Voraussetzung . . . 3. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Entgelt und freiwillige Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90 93 93 95 100 100 105 106 108 111 114 119 119 121 123 123 124 126 127 127 129 131 131 133 133 135 138 139 147 150 151
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Inhaltsverzeichnis
VI. VII. VIII.
XI.
2. Entgelt iSd Art 141 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleiche und gleichwertige Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Gleiche Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Gleichwertige Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Reichweite des Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung, Umschulung und Aufstieg . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Weiterbildung, Ausbildung, Umschulung (§ 3 Z 4) . 2. Beruflicher Aufstieg (§ 3 Z 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich der Z 7 und Rechtsfolgen . . . . 2. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebliches System der sozialen Sicherheit, insb Altersversorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines und Direktzusagen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Korrektur insb für die Vergangenheit . . . . . . . . . . . . 3. Pensionskasse und Lebensversicherung . . . . . . . . . .
154 158 158 161 162 168 170 170 174 175 178 179 183 188 188 190 197 198 200 202 207 207 216 223
§ 4. Gleichbehandlungsgebot in der sonstigen Arbeitswelt (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 § 5. Begriffsbestimmungen (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Einzelmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen vom Tatbestand bzw Rechtfertigung . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ungeschriebene Ausnahmen? . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI
231 233 233 233 237 240 240 242 244 246 246
Inhaltsverzeichnis 2. Vermutete Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Statistische Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. „Besonderes“ Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Einzelmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Kollektivverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtswidrigkeit und Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Geeignetes Differenzierungsziel . . . . . . . . . . . . . . c. Regelung als Mittel zur Zielerreichung – Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Arbeitsplatzbezogene Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . e. Unternehmensbezogene Gründe . . . . . . . . . . . . . . f. Öffentliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Glaubhaftmachen des Diskriminierungstatbestandes (§ 12 Abs 12 S 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abwehr des Vorwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. § 12 Abs 12 Satz 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Andere Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 6. Sexuelle Belästigung – § 7. Belästigung (Posch) . . . . . . I. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . 2. Nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungszweck des Abs 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis der §§ 6 und 7 GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strafrechtliche Sonderbestimmung . . . . . . . . . . . . . . IV. Tatbestand der Belästigung (Abs 2) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fallgruppen sexueller Belästigung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fallgruppenbildung geschlechtsbezogener Belästigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Belästiger und Belästigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Abhilfe durch den ArbG und Fürsorgepflicht . . . . . . . XII
249 249 250 256 256 257 259 259 263 266 269 271 272 273 273 276 280 280 281 287 290 293 293 294 296 298 298 299 300 300 310 311 311 311 312 315
Inhaltsverzeichnis 1. Fürsorgepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Versetzung/Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Austritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Leistungsverweigerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Anweisungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Belästigung als Arbeitsunfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitsunfall gem § 175 ASVG . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dienstgeberhaftungsprivileg und Belästigung . . . . . IX. Rechtssprechungsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gerichte (ASG, OLG, OGH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analysen der Gleichbehandlungskommission . . . . .
315 315 320 320 322 322 322 322 325 326 326 327
§ 8. Positive Maßnahmen (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 8 und Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nach Art 141 Abs 4 EGV zulässige Maßnahmen . . . . .
329 330 336 338
§ 9. Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zweck und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unverzichtbare Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Geschlechtsneutrale Ausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zu den Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
345 345 348 348 351 353
§ 10. Strafbestimmungen (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 § 11. Entlohnungskriterien (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 § 12. Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Primärrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geänderte Gleichbehandlungs-RL (RL 76/207/ EWG idF 2002/73/EG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Entgelt-RL 75/117/EWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beweislast-RL 97/80/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zentrale Aussagen des EuGH zu den Rechtsfolgen einer Verletzung der Gleichbehandlungs-RL 76/ 207/EWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII
356 361 361 362 363 364 364
Inhaltsverzeichnis II. Umsetzung durch das GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurechnung von Gehilfen und Vertretern . . . . . . . . 3. Diskriminierung bei der Einstellung . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Ideelle Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Mindestersatz für den Bewerber, der die Stelle erhalten hätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Höchstbetrag wegen mangelnder Kausalität für die Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Die ungenannte dritte Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . f. Ernsthafte und geeignete Bewerber . . . . . . . . . . . . g. Verschuldensunabhängigkeit und Fehlen von Rechtfertigungsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Entgangener Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gleiches Geld für gleiche Arbeit, freiwillige Sozialleistungen, Aus- und Weiterbildung, sonstige Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Beruflicher Aufstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kündigung und Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Berufsberatung, Weiterbildung, Umschulung, Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer- bzw Arbeitgeber-Organisation . . . . 8. Selbständige Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sexuelle Belästigung, geschlechtsbezogene Belästigung und Belästigung aus den Gründen des § 17 GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Beweiserleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Nichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Konkurrenzen und Mehrfachdiskriminierung . . . . . 13. Diskriminierungsfreie Ausschreibung . . . . . . . . . . . .
365 365 365 367 367 369 371 374 376 377 378 380 382 385 386 387 387 387 388 390 391 393
§ 13. Benachteiligungsverbot (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . 394 § 14. Förderungsmaßnahmen (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . 399 § 15. Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europarechtskonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vertragsanpassung ex lege und Verjährung . . . . . . . . . . XIV
404 405 405 411
Inhaltsverzeichnis IV. Rechtsnatur der Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 V. Hemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 II. Teil Gleichbehandlung in der Arbeitswelt ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung (Antidiskriminierung) Vor § 16 (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Österreichisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
415 415 416 419
§ 16. Geltungsbereich (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . . . . . . 422 § 17. Gleichbehandlungsgebot im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zum Schutzzweck des § 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Persönlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sachlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskriminierungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmen aufgrund der Staatsangehörigkeit . . . . . III. Diskriminierung aufgrund der Religion oder Weltanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Weltanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskriminierungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Diskriminierung aufgrund des Alters . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskriminierungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Zulässigkeit der Differenzierung nach dem Familienstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XV
423 425 425 426 426 426 426 431 433 434 434 434 435 437 437 441 442 442 443 444 444 447
Inhaltsverzeichnis § 18. Gleichbehandlungsgebot in der sonstigen Arbeitswelt (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 § 19. Begriffsbestimmungen (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . I. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mittelbare Diskriminierung durch die Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Mehrfachdiskriminierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 20. Ausnahmebestimmungen (Windisch-Graetz) . . . . . . . I. Wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausnahmen für Kirchen und gleichgestellte Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kirchen und gleichgestellte Organisationen . . . . . . . 2. Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und gleichgestellten Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschränkung durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorrang der Religion gegenüber anderen Diskriminierungsverboten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausnahmen in Bezug auf das Alter . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Legitime Ziele der Sozialpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung . . . . . b. Festsetzung eines Mindestalters . . . . . . . . . . . . . . . c. Festsetzung eines Höchstalters . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmen für Betriebspensionssysteme . . . . . . . . .
450 450 452 453 460 464 467 471 472 474 476 477 479 479 480 481 481 485 486
§ 21. Belästigung (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 486 § 22. Positive Maßnahmen (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . 487 § 23. Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . . . . . . 488 § 24. Strafbestimmungen (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . . . 489 § 25. Entlohnungskriterien (Windisch-Graetz) . . . . . . . . . . . 490 XVI
Inhaltsverzeichnis § 26. Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 § 27. Benachteiligungsverbot (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . 494 § 28. Förderungsmaßnahmen (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . 494 § 29. Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 III. Teil Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen (Antirassismus) 1. Abschnitt § 30. Geltungsbereich (Posch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . 2. Nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Regelungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes – Verhältnis des GlBG zu anderen BG . . . . . . . . . . . . . . .
496 498 498 501 502 504
§ 31. Gleichbehandlungsgebot (Posch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zum Begriff der „ethnischen Zugehörigkeit“ . . . . . . . . III. Ethnische Zugehörigkeit und Staatsangehörigkeit . . . . IV. Gleichbehandlung und Privatautonomie . . . . . . . . . . . .
510 511 512 516 518
508
§ 32. Begriffsbestimmungen (Posch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519 § 33. Positive Maßnahmen (Posch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 521 § 34. Belästigung (Posch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 § 35. Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 § 36. Benachteiligungsverbot (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . 524 § 37. Förderungsmaßnahmen (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . 524 XVII
Inhaltsverzeichnis 2. Abschnitt Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen (Rebhahn) § 38. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 § 39. Gleichbehandlungsgebot, Begriffsbestimmungen, Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 § 40. Verpflichtung zur Schaffung oder Benennung einer unabhängigen Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 525 IV. Teil Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben in der Land- und Forstwirtschaft V. Teil Schlussbestimmungen § 59. Verweisungen (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 § 60. Auflegen des Gesetzes (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 § 61. Begründungspflicht des Gerichtes (Kletecˇka) . . . . . . . 529 § 62. Nebenintervention (Kletecˇka) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 § 63. In-Kraft-Treten (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 § 64. Vollziehung (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft – GBK/GAW-Gesetz (Hattenberger) Vor § 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Legistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Paralleles Rechtsschutzangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVIII
536 537 540 543
Inhaltsverzeichnis IV. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 V. „Auffälligkeiten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548 § 1. Gleichbehandlungskommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwaltungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Behörde? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vollziehung des GlBG als nicht-hoheitliche Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gliederung in Senate, Mehrfachdiskriminierung . . . . .
549 551 551 552 553 558 560
§ 2. Zusammensetzung der Senate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561 § 3. Anwaltschaft für Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorbemerkung zu den §§ 3 bis 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinschaftsrechtliche Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsnatur und „Position“ der Anwaltschaft . . . . . . . IV. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vorbehalt einer Funktion für Personen weiblichen Geschlechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Unabhängige Untersuchungen und unabhängige Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. „Sonstiges“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
566 569 571 571 573 574 576 577
§ 4. Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 § 5. Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt . . . . . . . . . . . 583 § 6. Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 § 7. Regionalbüros . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 586 § 8. Aufgaben der Senate der Gleichbehandlungskommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 XIX
Inhaltsverzeichnis § 9. Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 592 § 10. Rechtsstellung der Mitglieder (Ersatzmitglieder) der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Weisungsgebundenheit der GBK . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Auskunftspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
592 594 594 601
§ 11. Gutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorbemerkung zu den §§ 11 bis 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung des Verfahrens nach § 11 von jenem nach § 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Überschneidung der Anwendungsbereiche? . . . . c. § 12 als lex specialis gegenüber § 11? . . . . . . . . . . d. Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Antragsrecht der ArbGin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. Verfahrensführung unabhängig vom Willen Betroffener . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Vorschläge zur Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Wahl der Verfahrensart nach teleologischen Gesichtspunkten – Zweck des Verbandsrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis des Verfahrens nach § 13 zu jenen nach § 11 und § 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ziel des Verfahrens nach § 11, Verfahrensgegenstand . . III. Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gutachten, Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Arbeitsausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
626 628 630 632 633 635
§ 12. Einzelfallprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinschaftsrechtliche Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahrensgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Vorschlag, Aufforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
636 638 643 644 645 647 648 648
XX
602 603 603 605 605 607 610 611 615 616 617 619
Inhaltsverzeichnis § 13. Verpflichtung zur Berichtslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Folgen der Verletzung der Berichtspflicht . . . . . . . . . . .
652 654 655 657 658 659
§ 14. Geschäftsführung der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . 659 § 15. Ausschüsse des Senates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 664 § 16. Anwendung des AVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667 § 21. (In-Kraft-Treten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671 § 22. (Vollzugsklausel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672 § 23. Verweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673 § 24. Berichte an den Nationalrat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673 Anhang I. Änderungen des GlBG und des GBK-GAW-G durch BGBl. I Nr. 82/2005 (Rebhahn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 675 Anhang II. Diskriminierungsverbote für Menschen mit Behinderung (Brodil) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681 Richtlinienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 717
XXI
Abkürzungsverzeichnis aA aaO AB ABGB
andere Ansicht am angeführten Ort Ausschussbericht Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch RGBl 69/1916 (III TN) ABl Amtsblatt Abs Absatz ADEA Age Discrimination in Employment Act aE am Ende aF alte Fassung AG (AktG) Aktiengesellschaft AJP Aktuelle juristische Praxis allg allgemein, -e, -er aM anderer Meinung AMFG Arbeitsmarktförderungsgesetz BGBl 1969/31 Änderungs-RL Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (Text von Bedeutung für den EWR) AngG Angestelltengesetz BGBl 1921/292 Anm Anmerkung Antirassismus-RL Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft AnwBl Anwaltsblatt, „Österreichisches“ AöR (deutsches) Archiv des öffentlichen Rechts XXIII
Abkürzungsverzeichnis AP
Appl Arb (ArbSlg) ArbG ArbN ArbV ArbVG ARD ARG AR-RL
Art ASG ASGG ASoK ASVG AÜG AuR AuslBG AVRAG AZG BAG BAG BAGE BB BE Bekl
Arbeitsrechtliche Praxis, Sammlung der Entscheidungen des (deutschen) Bundesarbeitsgerichtes, der Landesgerichte und Arbeitsgerichte Application (an die Europäische Menschenrechtskommission) Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen der Gerichte und Einigungsämter Arbeitgeber Arbeitnehmer Arbeitsvertrag Arbeitsverfassungsgesetz BGBl 1974/22 ARD-Betriebsdienst Arbeitsruhegesetz BGBl 1983/144 Antirassismusrichtlinie, Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft Artikel Arbeits- und Sozialgericht Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz BGBl 1985/ 104 Arbeits- und Sozialrechtskartei Allgemeines Sozialversicherungsgesetz BGBl 1955/189 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz BGBl 1988/ 196 Arbeit und Recht (Zeitschrift für Arbeitsrechtpraxis) Ausländerbeschäftigungsgesetz BGBl 1975/218 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz BGBl 1993/459 Arbeitszeitgesetz BGBl 1969/461 Berufsausbildungsgesetz BGBl 1969/142 (deutsches) Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des (deutschen) Bundesarbeitsgerichts Der Betriebsberater (deutsch) Begründungserwägung Beklagte, -r XXIV
Abkürzungsverzeichnis Beweislast-RL BeschSchG BG BGB BGBl BGH BGHZ B-GlBG BlgNR BM BMGF BMVG BMWA BPG BSG Bsp BV BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BVG B-VG bzgl bzw CERD DB dh
Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (deutsches) Beschäftigungsschutzgesetz BGBl I S 1406 Bundesgesetz (deutsches) Bürgerliches Gesetzbuch RGBl 1896, 195 Bundesgesetzblatt (deutscher) Bundesgerichtshof Entscheidungen des (deutschen) Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundes-Gleichbehandlungsgesetz BGBl 1993/ 100 Beilage(-n) zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates Bundesminister/in/ium Bundesminister/in/ium für Gesundheit und Frauen Betriebliches Mitarbeitervorsorgegesetz BGBl I 2002/100 Bundesminister/in/ium für Wirtschaft und Arbeit Betriebspensionsgesetz BGBL 1990/282 (deutsches) Bundessozialgericht Beispiel, -e Betriebsvereinbarung (deutsches) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des (deutschen) Bundesverfassungsgerichts (deutsches) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des (deutschen) Bundesverwaltungsgerichts Bundesverfassungsgesetz Bundes-Verfassungsgesetz BGBl 1930/1 (Wv) bezüglich beziehungsweise Abkommen zur Eliminierung jeder Form der rassischen Diskriminierung Der Betrieb (Zeitschrift) das heißt XXV
Abkürzungsverzeichnis DNHG DR
Dienstnehmerhaftpflichtgesetz BGBl 1965/80 Decisions and Reports (Amtliche Sammlung der Entscheidungen der Europäischen Menschenrechtskommission seit 1975) DRdA Das Recht der Arbeit dRdA (deutsches) Recht der Arbeit DVBl Deutsches Verwaltungsblatt dZPO deutsche Zivilprozessordnung E Entscheidung EAS Oetker/Preis, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (Loseblattausgabe) EEG Eingetragene Erwerbsgesellschaft EB Erläuternde Bemerkungen EB(z)RV Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage ecolex Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht EG Europäische Gemeinschaft(en) EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften EGVG Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, BGBl 50 (Wv) ELR European law reporter ELRev European Law Review Elternurlaubs-RL Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub EMRK Europäische Menschenrechtskonvention BGBl 1958/210 Entgelt-RL Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen EP Europäisches Parlament Erl Erläuterungen Erw Erwägung, -en etc et cetera EU Europäische Union EuGEI (EUG) Europäisches Gericht erster Instanz EuGH Europäischer Gerichtshof XXVI
Abkürzungsverzeichnis EuGRZ EUV EVÜ EWG EWR f ff Fn FS G GA GAngG GAW GBK GBK/GAW-G GBK-GO gem GewO GlBG GlbRL
GlUNF GmbH GP GRCh grds GS hA hM hRsp
Europäische Grundrechte Zeitschrift Vertrag über die Europäische Union Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht BGBl III 1998/208 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum und der, die folgende und der, die folgenden Fußnote Festschrift Gesetz Generalanwalt Gutsangestelltengesetz BGBl 1923/538 Gleichbehandlungsanwaltschaft Gleichbehandlungskommission Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und Gleichbehandlungsanwaltschaft, Art 2, BGBl I 2004/66 Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung, BGBl II 2004/396 gemäß Gewerbeordnung RGBl 1859/227 Gleichbehandlungsgesetz BGBl 2004/66 GleichbehandlungsRL 76/207EWG – Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen Sammlung von zivilrechtlichen Entscheidungen des k.k. Obersten Gerichtshofes Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetzgebungsperiode Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte grundsätzlich Gesetzessammlung herrschende Ansicht herrschende Meinung herrschende Rechtsprechung XXVII
Abkürzungsverzeichnis IAO ICCPR idF idR idS idZ ieS ILJ ILO insb IPRG iS iSd iSv iVm iwS JBl JRP Jud JZ K-ADG KJ kk KollV (KV) KOM KSchG LAG LandarbG Lfg lit Lit mA Mat mE MSchG mwH
Internationale Arbeitsorganisation Internationales Paket über zivile und politische Rechte in der Fassung in der Regel in diesem Sinne in diesem Zusammenhang im engeren Sinn International law journal International Labour Organization (Internationale Arbeitsorganisation) insbesondere Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht BGBl 1978/304 im Sinn, -e im Sinne des, der im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinn Juristische Blätter Journal für Rechtspolitik Judikatur (deutsche) Juristenzeitung Kärntner Antidiskriminierungsgesetz Der Kraftfahrjurist (Mitteilungsblatt der Rechtsabteilung des ÖAMTC) kaiserlich-königlich Kollektivvertrag Dokumente der Kommission der Europäischen Gemeinschaften Konsumentenschutzgesetz BGBl 1979/140 Landesarbeitsgericht (Deutschland) Landarbeitsgesetz 1984 BGBl 287 (Wv) Lieferung litera Literatur mit Anmerkung Materialien meines Erachtens Mutterschutzgesetz 1979 BGBl 221 (Wv) mit weiteren Hinweisen XXVIII
Abkürzungsverzeichnis mwN Nachw NJW NÖ ADG Nr NZ NZA oä ÖARR ÖBA OGH ÖJT ÖJZ OLG Rahmen-RL (R-GB-RL) RIS RdW RL Rn Rs Rsp RV Rz RZ s S SAE SchauspG Slg sog
mit weiteren Nachweisen Nachweis (deutsche) Neue Juristische Wochenschrift Niederösterreichisches Antidiskriminierungsgesetz Nummer Österreichische Notariats-Zeitung Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht (deutsch) oder Ähnliche/s Österreichisches Archiv für Recht und Religion Österreichisches Bankarchiv Oberster Gerichtshof a) Österreichischer Juristentag b) Verhandlungen des österreichischen Juristentages Österreichische Juristenzeitung Oberlandesgericht Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf Rechtsinformationssystem des Bundes Österreichisches Recht der Wirtschaft Richtlinie der EU Randnummer Rechtssache (bei Europäischen Gerichten) Rechtsprechung Regierungsvorlage Randziffer Österreichische Richterzeitung siehe a) Satz b) Seite (deutsche) Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Schauspielergesetz BGBl 1922/441 a) Sammlung b) Sammlung der Rechtsprechung des EuGH und des EuGEI so genannt, -e, -er, -es XXIX
Abkürzungsverzeichnis SozR SozSi StGB StGG StGBl stRsp SZ TN ua UG UNESCO
UrlG uU UVS UWG uzw va VfGH VfSlg vgl VO VStG VwGH VwSlg wbl wobl WuG Wv
Sozialrecht, Rechtsprechung und Schrifttum, bearbeitet von den Richtern des (deutschen) Bundessozialgerichts Soziale Sicherheit , Zeitschrift für die österreichische Sozialversicherung Strafgesetzbuch BGBl 1974/60 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte und Pflichten der Staatsbürger, RGBl 1867/142 Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich ständige Rechtsprechung Entscheidungen des österreichischen Obersten Gerichtshofes in Zivil- (und Justizverwaltungs-)sachen Teilnovelle a) und andere, -s b) unter anderem Universitätsgesetz BGBl 2002/120 United Nations Educatian, Scientific and Cultural Organization (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur) Urlaubsgesetz BGBl 1976/390 unter Umständen Unabhängige Verwaltungssenate Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 BGBl 448 (Wv) und zwar vor allem Verfassungsgerichtshof Sammlung der Erkenntnisse und wichtigsten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vergleiche Verordnung Verwaltungsstrafgesetz 1991 BGBl 52 (Wv) Verwaltungsgerichtshof Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes Wirtschaftsrechtliche Blätter Wohnrechtliche Blätter Wirtschaft und Gesellschaft Wiederverlautbarung XXX
Abkürzungsverzeichnis Z ZAS zB ZESAR ZEuP ZfA zit ZPO ZRP ZVR
Ziffer Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht zum Beispiel Zeitschrift für europäisches Sozial- und Arbeitsrecht Zeitschrift für europäisches Privatrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht zitiert Zivilprozessordnung RGBl 1895/113 Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Verkehrsrecht
XXXI
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur EAS Oetker/Preis (Hrsg), Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (Loseblattausgabe), ab 1994 ErfK/Bearbeiter Dieterich/Müller-Glöge/Preis/Schaub (Hrsg), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 4. Aufl., 2004 Koziol/Welser, Bürgerliches Recht Koziol/Welser, Grundriss des Bürgerlichen Rechts, 12. Aufl., Band I, 2002, Band II, 2001 MüKo/Bearbeiter Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl., Band IV (§§ 611– 704) 2005 MünchArbR/Bearbeiter Richardi/Wlotzke (Hrsg), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., 2000 Raschauer, Verwaltungsrecht Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., 2003 Risak/Mazal, Arbeitsrecht Risak/Mazal (Hrsg), Das Arbeitsrecht (Loseblattausgabe) Smutny/Mayr, GlBG Gleichbehandlungsgesetz – Kommentar, 2001 Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG Strasser/Jabornegg/Resch (Hrsg), ArbVG-Kommentar, 2002 Tomandl/Schrammel, Diskriminierungsverbote Tomandl/Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote, 2005 XXXIII
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Walter/Mayer, Verfassungsrecht Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 9. Aufl., 2000 Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 8. Aufl., 2003
XXXIV
Einleitung Literatur: Mayer-Maly, Gleichbehandlung der Arbeitnehmer, DRdA 1980, 261 ff; Loebenstein, Die Drittwirkung der Grundrechte im Privatrecht, FS Strasser (1983) 759 ff; Eichinger, Die Frau im Arbeitsrecht (1991); Sacksofsky, Das Grundrecht auf Gleichberechtigung (D, 1991); Schlachter, Wege zur Gleichberechtigung (München 1993; va zum Recht der USA); Oetker/Preis (Hrsg), Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (EAS), Heidelberg (Loseblatt, seit 1994); Hervey/O’Keeffe (Eds), Sex Equality Law in the Europe, London 1996; Barnard, EC Employment Law2 (OUP 2000); Rebhahn, Art 141, in: Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar (2000); McColgan, Discrimination Law (Hart P., 2000); Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz (Kommentar, 2001); Wiedemann, Die Gleichbehandlungsgebote im Arbeitsrecht (D, 2001); Thüsing, Der Fortschritt des Diskriminierungsschutzes im Europäischen Arbeitsrecht, ZfA 2001, 397 ff; Fredman, Discrimination Law (Oxford 2002) 4 ff; Wank; Gleichbehandlung von Mann und Frau, in: Hanau/Steinmeyer/Wank, Handbuch des europäischen Arbeitsund Sozialrechts (2002), § 16; Kingreen, Gleichheitsrechte, in: Ehlers (Hrsg) Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten (2002) § 17; Epiney/Freiermuth Abt, Das Recht der Gleichstellung von Mann und Frau in der EG (2003); McCrudden, The New Concept of Equality: Legal approaches in the European Community (ILO, 2003); Tomei, Discrimination and equality at work: A review of the concepts, Int Labour Review 142 (2003), 401 ff; Rust in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg), EUV/EGV-Kommentar6 Band 3 (2003; zitiert: GS/Rust); Schindler, Zur Umsetzung des EU-Rechts in Österreich – Teil 2: Insb die Antidiskriminierungs-Richtlinien, DRdA 2003, 523 ff; Reichold, Sozialgerechtigkeit versus Vertragsgerechtigkeit, JZ 2004, 384 ff; Sturm, Die Gleichbehandlungspflichten im Arbeitsrecht, in: Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, (4. Lfg. 2004); Tomandl/Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote (2005); Picker, Antidiskriminierungsprogramme im freiheitlichen Privatrecht (Karlsruher Forum, 2005). Vgl auch die Angaben zu § 2. 1
Rebhahn I. Grundlagen 1 Das GlBG 2004 verbietet für den Rechtsverkehr zwischen Privaten in bestimmtem Umfang unmittelbare wie mittelbare Diskriminierungen aufgrund bestimmter Merkmale eines Menschen. Das G verbietet Diskriminierungen aber nicht generell zwischen Privaten. Zentral ist vielmehr die Unterscheidung zwischen zwei Bereichen des Privatrechtsverkehrs, die man kurz mit (1) Arbeitsleben sowie (2) Sozialschutz und öffentlich angebotene Leistungen umschreiben kann. Diskriminierungen in der Arbeitswelt sind im I. und II. Teil des G geregelt. Für das Arbeitsleben verbietet das G Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht (§ 3), ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter und sexueller Orientierung (§ 17). Verboten ist eine Diskriminierung aufgrund eines dieser sechs Merkmale (nur) im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis sowie sonst vor allem beim Zugang zur Berufsbildung und zur sonstigen Erwerbstätigkeit (§§ 3 und 16). Im Zivilrechtsverkehr außerhalb der Arbeitswelt – also insb bei öffentlich angebotenen Leistungen – ist derzeit hingegen nur die Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit gesondert im GlBG verboten (§ 30 f). Die Unterscheidung der beiden Bereiche des Diskriminierungsschutzes nach GlBG – Diskriminierungsverbot im Arbeitsleben und das ethniebezogene allgemeine Diskriminierungsverbot – ist für die Rechtsanwendung zentral, weil die Zahl der (ausdrücklich) missbilligten Merkmale im ersten Bereich viel größer ist. 2 Diese Diskriminierungsverbote stehen in starkem Gegensatz zum traditionellen Inhalt des Privatrechts. Traditionell stand es im Belieben der Bürgerinnen und Bürger, bei der Auswahl ihrer Vertragspartner und auch bei der inhaltlichen Gestaltung der von ihnen abgeschlossenen Verträge nach den persönlichen Merkmalen der potentiellen Vertragspartner zu unterscheiden. So war es insb erlaubt, beim Abschluss eines Arbeitsvertrages Männer vor Frauen und Angehörige der Mehrheitsbevölkerung vor Angehörigen einer ethnischen Minderheit zu bevorzugen. Allgemeiner betrachtet war es den Privatrechtssubjekten erlaubt, bei der Ausübung ihrer Privatautonomie die verschiedensten persönlichen Merkmale der anderen zu berücksichtigen und ihre Entscheidung auch nach einem dieser Merkmale zu treffen. Zulässige Unterscheidungsmerkmale waren vor allem: Alter, Geschlecht, ethnische oder lokale Herkunft, körperliche und geistige Fähigkeiten, Gesundheitszustand, Behinderung, sexuelle Orientierung, Verwandtschaft, der Fami2
Einleitung lienstand (Heirat, Lebensgemeinschaft oder Ledigsein) sowie das Haben oder Nichthaben von Kindern, soziale Schicht, Religion, Weltanschauung, politische Überzeugung, Gewerkschaftszugehörigkeit, Aussehen und Körperpflege, Gewicht, sowie schließlich – aber oft entscheidend – Sympathie. Manche dieser Merkmale sind leicht erkennbar, andere schwerer. Manche können von der betreffenden Person überhaupt nicht beeinflusst werden, andere etwas und wieder andere stark. Die Diskriminierungsverbote verbieten nun die Benachteiligung aufgrund bestimmter Merkmale. Für den Staat (Gesetzgebung und Vollziehung) gab es schon früh 3 und zunehmend intensiv Verbote, zwischen den Bürgern nach einem Kriterium zu differenzieren, das mit dem sachlichen Gehalt der Regelung nichts zu tun hatte (Sachlichkeitsgebot); den Anfang machte in Österreich das Gleichheitsgebot im StGG 1867, das zuerst nur den Gesetzgeber band und erst später auch die Vollziehung. Für Private blieb die Möglichkeit, nach einem der genannten Kriterien zu differenzieren, hingegen lange Zeit weitgehend unbestritten. Eine neue Entwicklung trat erst nach dem 2. Weltkrieg ein. Für den Bereich des Arbeitslebens ist insb die ILO-Konvention Nr 111 aus 1958 zu nennen. Sie untersagt jede Unterscheidung, Benachteiligung oder Bevorzugung aufgrund ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion und politischer Überzeugung sowie sozialer Herkunft. Die Unterscheidung aufgrund von Alter oder Behinderung wurde hingegen noch nicht missbilligt. 1964 wurde in den USA der Civil Rights Act erlassen, der vor allem eine Diskriminierung aufgrund Rasse, Hautfarbe und Geschlecht verbot, und 1967 um das Verbot der (unmittelbaren) Altersdiskriminierung erweitert wurde. Der EG-Vertrag enthielt seit 1956 in Art 119 das Gebot gleichen Entgelts für gleiche Arbeit unabhängig vom Geschlecht. Allerdings erging erst 20 Jahre später die erste wichtige Entscheidung des EuGH dazu, welche vor allem die unmittelbare Anwendung des Art 119 bejahte (8.4.1976, Rs 43/75-Defrenne II). In demselben Jahr wurde die GleichbehandlungsRL 76/207EWG (= GlbRL) erlassen, welche den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen auch für die anderen Arbeitsbedingungen neben dem Entgelt vorschrieb. In der Folge entwickelte sich eine reichhaltige Judikatur des EuGH, die das Verbot der mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts entfaltete, etwa zum Vorteil von Teilzeitbeschäftigten, und das Verbot der unmittelbaren Diskriminierung ausbaute, insb zum Schutz von Schwangeren (vgl zur Entwicklung zB GS/ 3
Rebhahn Rust). Überdies verbietet das Gemeinschaftsrecht – insb in den Grundfreiheiten – jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit und damit auch aufgrund der nationalen Herkunft. Über diese Diskriminierungsverbote hinaus enthielt das Gemeinschaftsrecht bis 2000 aber kein ausdrückliches Verbot der Diskriminierung aufgrund eines anderen Merkmales. In einigen Mitgliedstaaten wurden aber sukzessive Antidiskriminierungsgesetze erlassen, welche auch andere missbilligte Merkmale enthielten. Zu nennen sind insb Großbritannien mit dem Race Relations Act 1976, die Niederlande mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz aus 1994, Dänemark (1996), Schweden (1998) und Irland (Employment Equality Act, zuletzt aus 1998, der einen besonders umfassenden Katalog von missbilligten Merkmalen enthält). 4 In der EG gab es schon länger Bestrebungen, das Gemeinschaftsrecht verstärkt als Mittel gegen Diskriminierung einzusetzen, also auch Diskriminierungen aus anderen Gründen als dem Geschlecht zu verbieten. Motivierend dafür war neben dem Bemühen um Menschenrechte wohl auch der Wunsch, die EU nicht nur als Binnenmarkt zu sehen, und die Hoffnung, durch das Zurückdrängen von Diskriminierung die wirtschaftliche Effizienz zu fördern. Die Kompetenzgrundlage für neue Regulierungen wurde 1999 durch den Amsterdamer Vertrag in Art 13 EGV geschaffen. Auf dieser Grundlage wurden schon im Jahre 2000 die beiden neuen Antidiskriminierungs-RL erlassen: die RL 2000/43/EG des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder ethnischen Herkunft und die RL 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allg Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Die RL 2000/ 43 verlangt das Verbot der Diskriminierung für die Arbeitswelt, für soziale Vergünstigungen, die Bildung und den Zugang zu öffentlich zugänglichen Dienstleistungen, aber eben nur der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft oder der Rasse. Die RL 2000/78 gilt hingegen nur für die Arbeitswelt, verlangt dafür aber auch, die Diskriminierung aufgrund anderer Gründe zu verbieten: Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter und sexuelle Ausrichtung. Mit der Änderungs-RL 2002/73/EG wurde die GleichbRL novelliert und vor allem an die RL 2000/78/EG angeglichen. Die RL 2004/113/EG erweitert nun auch das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts auf den Anwendungsbereich der RL 2000/43 (öffentlich angebotene Leistungen). Spezifische Aktio4
Einleitung nen, um eine Benachteiligung aufgrund eines der missbilligten Merkmale zu verhindern oder faktisch auszugleichen, werden vom Gemeinschaftsrecht sowohl in Art 141 wie in den beiden RL in bestimmtem Rahmen zugelassen, nicht aber vorgeschrieben (vgl zu §§ 8 und 22). Manche sagen, die Neigung einiger Mitgliedstaaten den neuen RL im Jahr 2000 zuzustimmen sei durch die öffentliche Erregung über die Regierungsbildung in Österreich merklich erhöht worden. Die Diskriminierungsverbote wurden zuerst als Verbot einer Un- 5 terscheidung direkt nach einem missbilligten Kriterium verstanden. Untersagt war in den USA also die Nichtbeförderung eines ArbN weil er Afroamerikaner ist. Eine entscheidende Erweiterung trat ein, als manche Verbote auch auf Unterscheidungen ausgedehnt wurden, welche nur indirekt auf einem missbilligten Kriterium beruhen. Wegweisend war eine Entscheidung des US-Supreme Court aus 1971; sie unterstellte dem Civil Rights Act auch den Fall, dass ein ArbG Einstellungstests verlangt, die über das Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes hinausgehen, wenn und weil sie unverhältnismäßig mehr farbige als weiße Bewerber von der Einstellung ausschließen (Griggs v. Duke Power Co). Man spricht von disparate impact discrimination und mittelbarer Diskriminierung. In der EU wurde die Figur der mittelbaren Diskriminierung zuerst zu den Grundfreiheiten entwickelt (ausgehend von den Maßnahmen gleicher Wirkung bei der Warenverkehrsfreiheit) und vom EuGH erstmals 1981 bei Art 119 EG-Vertrag angewendet (§ 5 Rn 26). Heute sind die beiden Arten bzw Konzepte der Diskriminierung 6 im Gemeinschaftsrecht (zB Art 2 Abs 2 lit a und b GleichbRL) und ihm folgend auch im GlBG (§§ 5, 19) definiert. Unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person aufgrund eines missbilligten Kriteriums eine weniger günstige Behandlung als eine andere erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Erforderlich ist also eine Regelung oder Maßnahme, die direkt an ein missbilligtes Kriterium anknüpft. Die RL aus 2000 haben die Definition der unmittelbaren Diskriminierung beträchtlich erweitert. Vorher war grds eine Vergleichsperson erforderlich, heute genügt auch eine hypothetische Vergleichsperson (§ 5 Rn 3), was insb bei § 19 relevant sein kann. Eine unmittelbare Diskriminierung ist grds nur in jenen Fällen erlaubt, in denen das Recht dies ausdrücklich vorsieht. Das Gemeinschaftsrecht erlaubt erstens bei allen Merkmalen „spezifische Maß5
Rebhahn nahmen“ zur Förderung von Personen einer Gruppe, die aufgrund eines missbilligten Merkmales benachteiligt sind (Art 141 Abs 4). Das Gemeinschaftsrecht lässt solche Maßnahmen nur unter besonderen und engen Voraussetzungen zu, deren Ausführung in das GlBG in den §§ 8 und 22 nicht geglückt erscheint (vgl § 8 Rn 10 f), und es verpflichtet die Mitgliedstaaten weder dazu, solche spezifischen Maßnahmen zuzulassen, noch gar sie vorzuschreiben. Zweitens besteht eine Ausnahme vom Verbot für den Fall, dass eine bestimmte Merkmalsausprägung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung ist. Darüber hinaus gibt es Ausnahmen für bestimmte Merkmale, insb beim Geschlecht die Schwangerschaft sowie beim Alter verschiedene Tatbestände. 7 Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Regelung ein an sich neutrales Kriterium verwendet, gleichwohl aber Personen mit einer bestimmten Ausprägung des missbilligten Merkmals (zB Frauen, Alte, Afrikaner) in besonderer Weise – und damit spezifisch – benachteiligen (= mittelbare Benachteiligung), aber nicht gerechtfertigt werden kann. Auch die Umschreibung der mittelbaren Benachteiligung wurde durch die RL aus 2000 erweitert. Vorher verlangte die Judikatur grds einen statistischen Nachweis für die mittelbare Benachteiligung, der oft schwer zu erbringen war. Heute genügt hingegen, dass das verwendete Kriterium – im gegebenen Zusammenhang – manche in besonderer Weise benachteiligen kann. Schwierige Fragen wirft sodann die Frage auf, wodurch und unter welchen Vorraussetzungen eine mittelbare Benachteiligung gerechtfertigt werden kann. Der Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten – und damit die Subsidiarität – ist bei der RahmenRL eindeutig größer als bei der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – wohl auch, weil es hier schon eine längere Entwicklung und damit mehr gemeinsamen Rechtsbestand gibt. Vgl zu § 5 und § 17 Rn 14, 34, 39, 40, 47. 8 Die Diskriminierungsverbote verlangen vom Verpflichteten (zB ArbG) jedoch keine umfassend sachliche Entscheidung. Sie verbieten vielmehr „nur“, bei einer Entscheidung oder Maßnahme unmittelbar oder mittelbar aufgrund eines missbilligten Merkmales zu entscheiden. Das GlBG verlangt vom Verpflichteten – entgegen einer weit verbreiteten Auffassung – also nicht, Frauen den Männern vorzuziehen oder Ältere den Jüngeren. Das GlBG kann vielmehr allen Personen zugute kommen, einem Mann eben6
Einleitung so wie einer Frau; einer Österreicherin ebenso wie einem Zugewanderten, weil eben alle Menschen eine bestimmte Ausprägung des missbilligten Merkmales aufweisen! Die Diskriminierungsverbote schaffen daher auch keine bestimmten Gruppen, die zu schützen sind (treffend Schindler, DRdA 2004, 526). Vielmehr soll der Verpflichtete das missbilligte Merkmal ausblenden und nicht berücksichtigen; und er soll Maßnahmen, welche sich auf Personen mit unterschiedlicher Ausprägung eines missbilligten Merkmales (zB Ältere oder Jüngere) in besonderer Weise auswirken, besonders sorgfältig überlegen und ändern (oder unterlassen), falls sie nicht iSd GlBG gerechtfertigt werden können. Insoweit geht manche Kritik an den Diskriminierungsverboten an der Sache vorbei. Ein bekanntes Beispiel gegen die Diskriminierungsverbote (unter der Voraussetzung, dass bei Mietverträgen dieselben Merkmale missbilligt sind wie beim ArbV) lautet: „Ein Farbiger, ein Türke, ein Homosexueller, ein Behinderter und eine Familie mit drei Kindern bewerben sich um eine Wohnung. Wen darf der Vermieter ablehnen, ohne gegen das Antidiskriminierungsgesetz zu verstoßen? Nur die Familie mit den Kindern.“ (Braun, JZ 2002, 424). Der Vermieter darf aber auch die anderen Bewerber ablehnen, zwar nicht aufgrund von Herkunft, sexueller Orientierung oder Behinderung, sehr wohl aber aus anderen Gründen (etwa zu geringe finanzielle Sicherheit); und er darf die Familie mit Kindern gezielt bevorzugen (wie auch der ArbG mE ArbN mit Kindern gezielt bevorzugen darf; § 3 Rn 47). Man muss also genau blicken um den genauen Umfang der Verbote zu sehen. Die Diskriminierungsverbote binden daher grds auch weniger als etwa das Vergaberecht. Auf der anderen Seite gehen die Diskriminierungsverbote aber über ein bloßes Sachlichkeitsgebot hinaus, weil sie unmittelbare Diskriminierungen grds verbieten und mittelbare einer strengen Rechtfertigung unterwerfen. Ein ArbG, der eine Schwangere wegen der damit verbundenen finanziellen Belastungen nicht einstellt, handelt ökonomisch rational und (daher) an sich „sachlich“ (treffend Reichold, JZ 2004, 388), er verletzt aber das Diskriminierungsverbot. Und die Anforderungen an die Rechtfertigung sind bei der mittelbaren Diskriminierung idR strenger als bei einem bloßen Sachlichkeitsgebot, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingreift (§ 5 Rn 47). Die genaue Analyse des Inhalts der Diskriminierungsverbote darf 9 aber nicht vergessen lassen, dass jedes dieser Verbote in der Praxis 7
Rebhahn zu einer Rechtfertigungslast des Verpflichteten führt. Der ArbG oder ein anderer Verpflichteter muss damit rechnen, darlegen zu müssen, dass er eine bestimmte Entscheidung nicht aufgrund eines missbilligten Merkmales getroffen hat. Die größten Probleme treten dabei bei Auswahlentscheidungen (Einstellung, Beförderung, Versetzung, Kündigung) auf. Am leichtesten wird die genannte Darlegung sein, wenn der Verpflichtete darlegen kann, dass er die am besten geeignete Person eingestellt oder befördert und die am wenigsten geeignete Person gekündigt hat – obwohl eine Diskriminierung auch dann nicht vorliegt, wenn er die Auswahlentscheidung aus Sympathie oder wegen der besseren Teamfähigkeit (die nicht gewählte Person würde das Arbeitsklima belasten, weil „die Chemie nicht stimmt“) getroffen hat (falls diese Kriterien nichts mit einem missbilligten Merkmal zu tun haben) und er dies auch ausreichend dartun kann. In jedem Fall führt daher jedes Diskriminierungsverbot zur Last bzw Pflicht, die getroffene Entscheidung zu begründen. Diese Begründungspflicht wird den Verpflichteten wiederum veranlassen, seine Entscheidungen ausreichend zu dokumentieren, um im Fall einer Klage dartun zu können, dass er nicht diskriminiert hat (Dokumentationslast). Und das vorhin Erwähnte wird dazu führen, dass der Verpflichtete insb seine Auswahlentscheidungen an der Eignung der Personen ausrichtet, oder sonst an Überlegungen aus denen abgeleitet werden kann, dass es sich um die nach ökonomischen und sonstigen sachlichen Kriterien „beste“ Entscheidung handelt. Im Ergebnis führen Diskriminierungsverbote daher weg von Privatautonomie und Auswahlfreiheit hin zum Erfordernis „sachlich“ begründbarer Entscheidungen (auch wenn der Inhalt des Diskriminierungsverbotes vom Inhalt eines Sachlichkeitsgebotes durchaus verschieden ist; vgl Rn 8, 21). Und diese Tendenz steigt mit der Anzahl der missbilligten Merkmale. 10 Nicht zu den Diskriminierungsverboten ieS zählen mE die Verbote der Belästigung von Personen aufgrund eines missbilligten Merkmales, auch wenn das Gemeinschaftsrecht und das GlBG sie heute unter den Begriff der Diskriminierung subsumieren. Die Diskriminierungsverbote betreffen ein Verhalten, das von seinem Inhalt an sich völlig unbedenklich und rechtmäßig ist (zB Einstellung oder Entgeltabrede), wenn es aufgrund eines missbilligten Merkmales erfolgt oder sich bei bestimmten Personen in besonderer Weise auswirkt. Die Belästigungsverbote betreffen hingegen ein an sich bedenkliches Verhalten, das aber nur für den Fall explizit ver8
Einleitung boten wird, dass es mit einem missbilligten Merkmal in Zusammenhang steht. Das Gemeinschaftsrecht enthält auch Vorgaben zur Durchsetzung 11 der beiden Diskriminierungsverbote. Die Betroffenen müssen die Möglichkeit haben, die Verbote individuell durchzusetzen, die Mitgliedstaaten müssen also subjektive Rechte vorsehen. Überdies verlangt das Gemeinschaftsrecht angemessene Sanktionen bei einer Verletzung und verbietet die Benachteiligung einer Person, die sich gegen eine Diskriminierung wehrt. Die Rechtsdurchsetzung wird durch eine Beweiserleichterung gefördert (die RL verlangen aber keine Beweislastumkehr; vgl § 12 Rn 56 f). Die neuen RL verpflichten auch dazu, dass einschlägige Verbände die Rechtsverfolgung der Betroffenen unterstützen können (zB Art 6 Abs 3 GleichbRL); gem § 61 können sie sich (auch) im gerichtlichen Verfahren als Nebenintervenient beteiligen, allerdings nur auf Verlangen einer betroffenen Person. Die RL verpflichten die Mitgliedstaaten jedoch nicht, eine echte Verbandsklage vorzusehen. Auch eine Erleichterung für Gruppenklagen wird nicht verlangt. Die RL verfolgen also ein grds individualistisches Konzept (Schindler, DRdA 2004, 527; § 2 Rn 6 ff). Das GlBG geht nicht darüber hinaus. Insb räumt es den „Klageverbänden“ (so die seltsame Formulierung des § 61) nicht das Recht der Verbandsklage nach § 54 ASGG ein. Schließlich verlangen die RL auch die Einrichtung von Stellen zur Förderung der Gleichbehandlung. Dies erfolgt durch das GBK/GAW-G. Das Verbot einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung 12 aufgrund eines der missbilligten Merkmale ist der Kern des Rechts gegen Antidiskriminierung. Ergänzt wird es zum einen durch organisatorische Maßnahmen. Die Betroffenen sind häufig nicht in der Lage, sich als Einzelne gegen Diskriminierungen zu wehren, sondern bedürfen der Unterstützung durch spezialisierte Organe oder Organisationen, welche Beschwerden Einzelner aufgreifen und darüber hinaus allgemein die Lage in Bezug auf Diskriminierungen beobachten und sich um Abhilfe bemühen. Dies führte zur Errichtung von Anwaltschaften für Gleichbehandlung und zu Klagerechten dieser Organe und/oder von einschlägigen Verbänden. In Österreich ist dies heute im BG über die Gleichbehandlungskommissionen und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GAWG) geregelt, das hier im Anschluss an das GlBG kommentiert ist. Zum anderen reichen nach verbreiteter Auffassung Diskriminie9
Rebhahn rungsverbote allein oft nicht aus, um eine benachteiligte Gruppe (zB Frauen im Arbeitsleben, Behinderte, Minderheiten) faktisch – insb im Arbeitsleben – „gleichzustellen“, ihnen also zumindest die gleichen Chancen zu eröffnen, weil die Benachteiligungen auch auf strukturellen Nachteilen beruhten. Dies führte zur Forderung nach spezifischen Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung. Da diese Maßnahmen aber gerade an ein missbilligtes Merkmal anknüpfen (zB Vorrangregel zugunsten von Frauen), bedarf es einer Sonderbestimmung, welche sie vom Diskriminierungsverbot freistellt. Das GlBG sieht solche Freistellungen in den §§ 8 und 22 vor. Vorreiter waren auch hier die USA mit der Erlaubnis oder gar der gesetzlichen Pflicht zu positive actions. 13 Vom Verbot der unmittelbaren und der mittelbaren Diskriminierung zu unterscheiden ist das Verbot der Diskriminierung durch Verweigerung angemessener Vorkehrungen. Das Gemeinschaftsrecht enthält dieses Verbot nur in Bezug auf Behinderte. Art 5 der RL 2000/78 verpflichtet ArbG zu angemessenen Vorkehrungen, um die Gleichbehandlung auch zugunsten von Behinderten zu gewährleisten. In Bezug auf die anderen missbilligten Merkmale fehlt ein vergleichbares Verbot – auch im GlBG. Der ArbG ist also nicht verpflichtet Vorkehrungen zu treffen, um die Beschäftigung von Angehörigen einer ethnischen Minderheit oder von Frauen zu erleichtern – er darf diese nur nicht diskriminieren. Und solche Vorkehrungen zugunsten einer bestimmten, mit Hilfe eines an sich missbilligten Merkmales gebildeten Gruppe sind hier auch nur als spezifische Maßnahmen und damit nach Maßgabe der §§ 8 oder 22 zulässig. Hervorzuheben ist weiters, dass die RL nur in Bezug auf diese „angemessenen Vorkehrungen“ für Behinderte das Diskriminierungsverbot für den Fall entfallen lässt, dass die Vorkehrungen zu einer „unverhältnismäßigen Belastung“ des ArbG führen würden. Daraus wird abgeleitet, dass eine mittelbare Diskriminierung bei den anderen missbilligten Merkmalen nicht durch rein ökonomische Erwägungen gerechtfertigt werden kann (Schiek, NZA 2004, 875). Dies ist jedenfalls richtig, soweit es nur um das Argument zu hoher Kosten geht; im Übrigen vgl § 2 Rn 14 ff und 5 Rn 57 ff. 14 Fraglich ist, inwieweit die drei zentralen RL (Rn 3 f) nur Mindestvorschriften (iSd Art 137 Abs 4 EGV) enthalten, welche die Mitgliedstaaten nicht hindern strengere Vorschriften zu erlassen. 10
Einleitung Sicher ist, dass der nationale Gesetzgeber ein Diskriminierungsverbot auch für Bereiche erlassen darf, für welche das Gemeinschaftsrecht dies nicht vorschreibt. Er darf bei öffentlich angebotenen Leistungen also auch die Diskriminierung nach einem anderen Merkmal als der ethnischen Herkunft verbieten (das deutsche Gesetz sieht dies vor) oder ein Diskriminierungsverbot für den gesamten Zivilrechtsverkehr einführen. In Bezug auf den Tatbestand der Diskriminierungsverbote ist es jedenfalls bei den meisten missbilligten Merkmalen so, dass das nationale Recht das Verbot nicht zugunsten von bestimmten Personen abändern darf, welche durch eines dieser Merkmale bestimmt werden. Die Bevorzugung der einen Person aufgrund von Geschlecht, Religion, Herkunft oder Alter bedeutet ja notwendig eine Benachteiligung einer Person anderen Geschlechtes oder Alters bzw anderer Religion oder Herkunft. Maßnahmen zum Vorteil von Personen mit einer bestimmten Ausprägung des an sich missbilligten Merkmals sind daher nur als „spezifische Maßnahmen“ iSd §§ 8 und 22 zulässig. Nur in Bezug auf das Merkmal Behinderung dürfte es anders sein. Auch bei den im GlBG geregelten Merkmalen (Geschlecht usw) kann der nationale Gesetzgeber über die Vorgaben der RL aber insoweit hinausgehen, als es um die Rechtsfolgen einer Diskriminierung und damit um die Sanktionen geht. Österreich war ohne Zweifel kein Vorreiter bei der Gesetzgebung 15 gegen Diskriminierung. Versetzt man sich etwa in das Jahr 1975 zurück, so war die Rechtslage in Österreich in Bezug auf die jetzt im GlBG verbotenen Diskriminierungen ganz anders als heute. Es gab keine ausdrücklichen Regelungen dazu. Die ILO-Konvention Nr 111 (Rn 3) war erst 1973 von Österreich ratifiziert worden. Eine unmittelbare Benachteiligung aufgrund mancher Merkmale war an sich rechtlich missbilligt, so insb aufgrund des Geschlechts, der Religion oder der Rasse, während eine Benachteiligung aufgrund anderer Merkmale nicht missbilligt wurde (so Alter und sexuelle Orientierung). Aber auch bei den Merkmalen der ersten Gruppe war nur die unmittelbare Diskriminierung unzulässig, während das Konzept der mittelbaren Diskriminierung in Österreich noch unbekannt war. Und auch bei der unmittelbaren Diskriminierung waren die Kontrolldichte und die Rechtsfolgen im Vergleich zu heute deutlich geringer. Insb wurde gesagt, dass die Differenzierungsverbote des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes im Verhältnis zwischen Privaten nur mittelbar und damit in „verdünnter“ Form 11
Rebhahn maßgebend seien, weil jede stärkere Durchsetzung zulasten Privater die Privatautonomie zu stark einschränke (vgl zur früheren Sicht Mayer-Maly, DRdA 1980, 261 ff, 274 f; Loebenstein, FS Strasser, 1983, 759 ff). 16 Die erste bedeutende Änderung brachte das Gleichbehandlungsgesetz 1979 (BGBl 108/1979). Es wendete sich nur gegen die Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes und enthielt sowohl materiellrechtliche wie organisatorische Bestimmungen. Va die materiellrechtlichen Normen waren aber – verglichen mit den heute geltenden – noch zurückhaltend und schwach, und verboten allein die unmittelbare Diskriminierung. Geistig beeinflusst war schon dieses Gesetz durch das Gemeinschaftsrecht. In den letzten Jahren vor dem Beitritt wurde das GlBG verstärkt an den damaligen Stand des Gemeinschaftsrechts herangeführt, insb durch die 2. und 3. Novelle des GlBG 1979 (BGBl 1990/410 und 1992/833; vgl Eichinger, Frau im Arbeitsleben). In Bezug auf die anderen, heute in § 17 genannten Unterscheidungskriterien, blieb es bei der in Rn 15 erwähnten Rechtslage (vgl zB Tomandl/Schrammel, Arbeitsrecht II4, 1999, 240 f; vgl auch § 17 Rn 3, 11). Unterscheidungen nach Rasse, ethnischer Herkunft oder Religion wurden grundsätzlich rechtlich missbilligt, allerdings nur bei unmittelbarer Benachteiligung; überdies gab es Möglichkeiten für eine Rechtfertigung. Unterscheidungen nach dem Alter und der sexuellen Orientierung wurden hingegen weitgehend nicht missbilligt; dasselbe galt wohl auch in Bezug auf die Weltanschauung. 17 Die RL 2000/43 und 2000/78 erforderten in Österreich eine umfassende Neuregelung. Der Gesetzgeber hat sich entschlossen, die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts – also insb des Art 141 und der RL 76/207 sowie der RL 2000/43 und 2000/78 – nicht in einem einzigen Gesetz umzusetzen. Die Ausführung (Der übliche Begriff Umsetzung wird dem Inhalt des Gesollten nicht gerecht) erfolgt vielmehr in drei Gesetzen. Die Diskriminierung aufgrund einer Behinderung, die in der RL 2000/78 auch geregelt ist, soll in einem gesonderten Gesetz geregelt werden. Dazu gibt es eine Regierungsvorlage vom 8.3.2005 (836 BlgNR 22. GP), aber derzeit noch kein Gesetz (vgl zu den Problemen Brodil in Tomandl/ Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote, 63 ff). Das neue GlBG wurde 2004 primär zur Ausführung der beiden RL aus 2000 erlassen. Daneben wurde das alte Gleichbe12
Einleitung handlungsgesetz 1979 novelliert und als Platz der Regelung von Gleichbehandlungskommission und Gleichbehandlungsanwaltschaft genutzt; es wurde entsprechend umbenannt (GBK/GAWGesetz). Dieses Vorgehen ist wohl durch den Wunsch veranlasst worden, die Verfassungsbestimmung des § 10 GlBG 1979 weiter nutzen können. Das GlBG regelt die Diskriminierung außerhalb des Arbeitslebens 18 gesondert im III. Teil. Es regelt aber auch die Diskriminierung im Arbeitsleben in zwei getrennten Teilen. Der I. Teil betrifft nur die Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, der II. Teil die Diskriminierung aufgrund eines der anderen missbilligten Merkmale. Da die Sachprobleme in diesen beiden Teilen naturgemäß parallel laufen, sind auch die Regelungen parallel. Zu fast allen Bestimmungen des I. Teiles gibt es also Bestimmungen im II. Teil, deren Wortlaut – von den Merkmalen abgesehen – zur Gänze oder weitestgehend übereinstimmen. Ein überzeugender Grund für die Verdoppelung ist nicht zu sehen. Sie erfolgte wohl vor allem aus Gründen der politischen Optik: der Gleichbehandlungsausschuss sah das Bedürfnis „die besondere Bedeutung der Gleichstellung von Frauen und Männern hervorzuheben“ (AB 499 BlgNR 22. GP, 3). Vor allem die Opposition hatte eine gesonderte Regelung der Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes verlangt. Besonders erstaunlich ist, dass der Text an einigen (wenigen) Stellen deutlich abweicht, ohne dass das Gemeinschaftsrecht dies verlangen würde, so insb in den §§ 9 und 23. Im IV. Teil regelt das GlBG die Gleichbehandlung im Arbeits- 19 leben in der Land- und Forstwirtschaft. Die Notwendigkeit für diese Sonderregelung folgt aus der antiquierten und jedenfalls in diesem Bereich nicht mehr erklärbaren Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen durch das B-VG: Der Bund darf hier nur die Grundsätze regeln. Diese „Grundsätze“ stimmen in wesentlichen Punkten mit den unmittelbar anwendbaren Bestimmungen der Teile I. und II. überein. Und hier war es dem Gesetzgeber auch möglich, alle missbilligten Merkmale gemeinsam zu regeln (auch wenn dies nicht immer geglückt ist, wie insb in § 44 Abs 2, wo die in § 17 genannten Kriterien bei der Definition der mittelbaren Diskriminierung vergessen wurden). In Anbetracht der geringen praktischen Bedeutung des IV. Teiles wird dieser nicht kommentiert. 13
Rebhahn 20 Der österr Gesetzgeber hat sich im GlBG im Wesentlichen am Gemeinschaftsrecht orientiert. Außerhalb des Arbeitslebens hat er (daher) nur die Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft verboten, nicht aber die Diskriminierung aufgrund eines der anderen in der RL 2000/78 genannten Merkmale. Auch in den Regelungen zum Arbeitsleben geht das österr Recht nicht über die Vorgaben hinaus. So werden (anders als etwa in Irland) nur die von der GleichbRL verlangten Merkmale missbilligt. Und bei vielen Fragen zu den Tatbeständen der Diskriminierung begnügt sich das GlBG im Wesentlichen mit einer Übernahme der gemeinschaftsrechtlichen Grundregel. Dies gilt nicht nur für das Diskriminierungsverbot und die Definitionen der Diskriminierung (§§ 3 und 5 sowie 17 und 19). Es gilt auch für die Ausnahmeregelungen zur unverzichtbaren Voraussetzung (§§ 9 und 23), die Ermächtigungen für positive Maßnahmen (§§ 8 und 22) sowie die Möglichkeiten der Rechtfertigung der Diskriminierung, insb beim Alter (§ 20 Abs 3 und 4) und allgemein einer mittelbaren Benachteiligung. Damit hat der österr Gesetzgeber jedenfalls die Möglichkeiten nicht genutzt, die er zur Konkretisierung der Verbote hatte, und deren Ausnutzen vor allem die Rechtfertigung einer Benachteiligung hätte erleichtern können. Darüber hinaus führt die „Zurückhaltung“ des GlBG wohl in einigen Fällen sogar dazu, dass die Ausnahmebestimmungen gar nicht anwendbar sind, weil das Gemeinschaftsrecht die Konkretisierung nicht nur ermöglicht sondern auch verlangt. So dürfte es insb bei den positiven Maßnahmen sein (vgl § 8 Rn 11 f). Die strikte Orientierung am Gemeinschaftsrecht hat die Verbote daher wohl schärfer ausfallen lassen als das Gemeinschaftsrecht fordert. 21 Im Bereich des Arbeitsrechts treten die Diskriminierungsverbote neben die bestehenden Regelungen, insb neben den arbeitsrechtlichen allg Gleichbehandlungsgrundsatz und den Kündigungsschutz nach § 105 ArbVG. Auch für Benachteiligungen aufgrund von Merkmalen, die das GlBG nicht selbst missbilligt, gelten weiterhin die anderen Vorschriften, welche zu einem Diskriminierungsverbot führen können. Das GlBG ist nur in Bezug auf die darin geregelten Unterscheidungsmerkmale, nicht aber in Bezug auf andere Merkmale als abschließende Regelung gedacht. Für Benachteiligung aus anderen Gründen (zB Koalitionsbetätigung, politische Überzeugung, Gewissensentscheidung) gelten weiterhin die allg Bestimmungen, insb § 879 ABGB iVm den Grundrechten. Die 14
Einleitung Unterschiede der Verbote nach GlBG zum Gleichbehandlungsgrundsatz sind beträchtlich. Dieser gilt nur für die Gestaltung des Arbeitsverhältnisses, nicht aber bei dessen Begründung. Und er untersagt nach wohl überwiegender Auffassung nur die Benachteiligung einer Minderheit ohne sachlichen Grund. Auch nach strengerer Auffassung, die jede Benachteiligung bei der Aufstellung und Anwendung von Regelungen durch den ArbG für unzulässig hält, sind aber sachliche Unterscheidungen zulässig. Nach dem GlBG sind hingegen unmittelbare Unterscheidungen nach einem missbilligten Merkmal grds unzulässig, und die Anforderungen an die Rechtfertigung sind bei der mittelbaren Diskriminierung klar strenger als beim Gleichbehandlungsgrundsatz. Insb ist beim Gleichbehandlungsgrundsatz eine Rechtfertigung durch rein finanzielle Erwägungen des Unternehmens zulässig, beim Diskriminierungsverbot hingegen unzulässig. Soweit ein Diskriminierungsverbot eingreift, beschränkt es die Privatautonomie also mehr als der Gleichbehandlungsgrundsatz; dafür lässt es allerdings vor allem bei Einzelmaßnahmen auch Erwägungen zu, die vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz – wäre er darauf anwendbar – nicht zulässig wären (zB Sympathie). Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt ferner nach überwiegender Auffassung nur im Rahmen des Betriebes und nicht auch zugunsten der ArbN verschiedener Betriebe eines Unternehmens (anders nun in Deutschland). Ferner gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Auffassung des OGH nur für gleichzeitig ablaufende Sachverhalte, die Behandlung von Vorgängern ist unbeachtlich; jedenfalls bei der unmittelbaren Diskriminierung ist dies anders. Außerdem kann der allg Gleichbehandlungsgrundsatz im konkreten Einzelfall abbedungen werden, insb beim Entgelt, weil der Vorwurf der Persönlichkeitsverletzung nicht mehr besteht, wenn der Betroffene einverstanden ist. Schließlich ist die Anwendbarkeit des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf die Beendigung bestritten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz respektiert den ArbG also auch als Grundrechtsträger, während die Diskriminierungsverbote den ArbG nur als Verpflichteten sehen. Die Diskriminierungsverbote sind in ihrem Anwendungsbereich auch strenger als die Beschränkungen durch § 105 ArbVG. Was den KollV betrifft, so ist dieser nach der Rsp zwar nicht an den Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, wohl aber an den Gleichheitssatz. Dieser erlaubt „sachliche“ Differenzierungen, insb auch nach einem Stichtag. Das ist eine weniger strenge Begrenzung als jene durch ein Diskriminierungsverbot, soweit dieses eingreift, und eine strengere 15
Rebhahn dort, wo nicht (auch nicht mittelbar) nach einem missbilligten Merkmal unterschieden wird. 22 Die Rechtslage im Bereich der Antidiskriminierung in anderen Mitgliedstaaten unterscheidet sich zum Teil deutlich von jener in Österreich. In Deutschland werden außerhalb des Arbeitslebens auch andere Merkmale ausdrücklich missbilligt. Der Entwurf der Regierungsparteien wollte außerhalb des Arbeitslebens jede Diskriminierung aufgrund eines der im Gemeinschaftsrecht genannten Merkmale verbieten. Und auch für das Arbeitsleben wird das Gesetz wohl über die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts hinausgehen. Der Antrag der Regierungsparteien wurde sehr weitgehend kritisiert (zB in NZA 2004, 28 ff). Die Regierung hat daraufhin im März zahlreiche Abschwächungen angekündigt, der Gesetzesbeschluss steht noch aus. Außerhalb des Arbeitslebens wird das spezielle Diskriminierungsverbot wohl nicht mehr Religion und Weltanschauung erfassen, wahrscheinlich aber die anderen Merkmale (insb Alter). Zur Ausführung in Großbritannien und Frankreich vgl Gay und LeFriant in NZA-Sonderbeilage zu Heft 2004/ 22; sowie Husmann, ZESAR 2005, 107 ff. 23 GlBG und GBK/GAW-G dienen wie gesagt der Ausführung von Gemeinschaftsrecht. Zur Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ist letztlich der EuGH berufen. Er hat sich bisher nur zur Geschlechtsdiskriminierung äußern können. Die Judikatur des EuGH dazu ist aber sehr umfangreich; es sind bisher etwa 150 Entscheidungen ergangen. Die neuen RL nehmen die dazu entwickelte Dogmatik auf und schließen an sie an. Es ist daher zu erwarten, dass die vorhandene Judikatur zur Geschlechtsdiskriminierung auch die Maßstäbe für das rechtsdogmatische Verständnis der neuen Regelungen setzt. In diesem Kommentar werden die allg rechtsdogmatischen Fragen zu den Diskriminierungsverboten daher zum I. Teil erörtert, und bei den anderen Tatbeständen wird darauf verwiesen. 24 Da GlBG und GBK/GAW-G Gemeinschaftsrecht umsetzen, können zur Auslegung und Anwendung der beiden Gesetze grds auch Literatur und Judikatur aus anderen Mitgliedsstaaten herangezogen werden, soweit sie die gemeinsame gemeinschaftsrechtliche Grundlage betreffen. Insb kann oft deutsche Literatur und Judikatur zum bisherigen Recht der Diskriminierung aufgrund des Ge16
Einleitung schlechts (insb §§ 611a und b BGB) herangezogen werden, weil die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben eine gemeinsame Ausgangsbasis schaffen und das deutsche Recht bislang auch kaum über das vom Gemeinschaftsrecht Geforderte hinausging. Daher wird hier deutsche Literatur insb zum I. Teil häufig zitiert ohne stets ausdrücklich zu sagen, dass die Rechtslage vergleichbar ist. Das neue deutsche GlBG wird hingegen wohl in manchen Punkten über das vom Gemeinschaftsrecht Geforderte hinausgehen (Rn 22), während man dies vom GlBG nicht behaupten kann. Stellungnahmen zum neuen deutschen Recht werden daher für Österreich nicht mehr ohne weiteres relevant sein können, auch weil sich deutliche Unterscheide bei dem einen Punkt auf den Rahmen für andere Punkte und daher auch deren Verständnis auswirken können. II. Bewertungen der Regelungen Die Bereitschaft einer Person, mit einer anderen einen Vertrag ab- 25 zuschließen, bestimmte Vertragsinhalte zu vereinbaren sowie das Verhalten bei der Durchführung des Vertrages, insb in einem Dauerschuldverhältnis, sind durch verschiedene Motive der Privatrechtssubjekte bestimmt. An erster Stelle steht idR das wirtschaftliche Eigeninteresse. Daneben können auch persönliche Merkmale der anderen Person eine Rolle spielen, insb die in Rn 2 genannten Merkmale. Nicht selten wird aber auch das Berücksichtigen eines dieser Merkmale auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhen. Mit bestimmten Merkmalen sind entweder notwendige oder nach der Erfahrung wahrscheinlich bestimmte für den potentiell Handelnden nachteilige ökonomische Folgen (insb Kosten) verbunden. So steigt bei Angestellten das kollektivvertragliche Entgelt idR mit dem Alter; nur jüngere Frauen werden schwanger und verursachen die damit für den ArbG verbundenen Kosten; manche Kunden werden lieber von Einheimischen als von Angehörigen einer ethnischen Minderheit bedient; und in manchen Gegenden soll der Wert von Wohnimmobilien sinken, wenn der Anteil von zugewanderten Bewohnern steigt. In anderen Situationen beruht das Berücksichtigen eines dieser persönlichen Merkmale hingegen nicht auf wirtschaftlichen Überlegungen, und daher nach verbreiteter Auffassung nur auf einem „Vorurteil“ des Handelnden gegenüber bestimmten Merkmalsausprägungen, insb in Bezug Minderheiten. Manche werden auch umgekehrte Vorurteile haben (also zB lieber eine Zuwanderin einstellen als einen Einheimischen). Die Wahrscheinlichkeit, dass die Teilnehmer am Privatrechtsverkehr 17
Rebhahn Menschen mit einer Ausprägung eines missbiligten Merkmales, die auf eine Minderheit oder zusätzliche Kosten hinweist, gezielt bevorzugen ist aber deutlich geringer als die Wahrscheinlichkeit, dass sie deshalb gezielt oder mittelbar benachteiligen (vgl zB Schindler, DRdA 2004, 529; aA zB Adomeit, NJW 2002, 1622). Die Bestrebungen gegen Diskriminierung wenden sich nun zum einen dagegen, dass bestimmte Merkmale pauschal als Entscheidungskriterien verwendet werden, weil sie nicht auf die individuellen Umstände der (potentiellen) Vertragspartner und daher nicht auf deren Person und Persönlichkeit Bedacht nehmen (zB wenn unterstellt wird, dass Frauen stets körperlich schwächer sind als Männer, Zugewanderte die Landessprache stets schlechter beherrschen als Einheimische oder als Mieter weniger regelmäßig zahlen). Sie wenden sich aber zum anderen auch gegen das Heranziehen konkret verwirklichter Merkmale, weil das Merkmal allgemein missbilligt wird oder weil es zumindest bei der konkreten Entscheidung keine Rolle spielen soll. 26 Hinter diesen Bestrebungen gegen Diskriminierung stehen verschiedene Erwägungen. Diese Erwägungen können nach dem Anwendungsbereich des Verbotes (Arbeitsleben oder Zivilrechtsverkehr; Ausgestaltung oder Begründung des Vertragsverhältnisses) differieren; sie können bei den verschiedenen missbilligten Merkmalen unterschiedlich sein und auch nach den Rechtsfolgen differieren; und unterschiedliche Befürworter können unterschiedliche Motive der Unterstützung haben. Es gibt also wohl keine einheitliche und durchgehende „Erklärung“ der Vorschriften zur Diskriminierung. Bei allen Diskriminierungsverboten liegen aber jedenfalls auch ethische Erwägungen zugrunde, die auf die Würde der Menschen, das Postulat der Gleichheit (Rn 23 ff) und die Integration aller Bezug nehmen. Vor allem darauf beruht bei vielen die positive Einschätzung der Verbote. So sagt etwa Moreau zu Art 141 und der GleichbRL: „The struggle against inequalities in treatment is undoubtedly a jewel in the crown of the social construction of the Community.“ Manche verlangen darüber hinaus einen verstärkten Einsatz für spezifische Maßnahmen, um neben der Gleichbehandlung auch die faktische Gleichstellung im Privatrechtsverkehr zu fördern (zur Unterscheidung vgl § 2 Rn 1 f). Bei manchen missbilligten Merkmalen treten dazu ökonomische Erwägungen. So sollen insb die Verbote der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und auch des Alters die Integration von Frauen und von Älteren in 18
Einleitung den Erwerbsprozess und damit die Beschäftigungsquote erhöhen und die wirtschaftliche Entwicklung fördern. Die Diskriminierungsverbote werden somit als Mittel zur sozialen wie zur ökonomischen Integration gesehen (zB McCrudden, New concept 11). Zu den einzelnen Merkmalen werden auch spezifische Begründungen angeführt. So wird für das Verbot der Altersdiskriminierung im Arbeitsleben – überzeugend – ins Treffen geführt, dass die von der Politik und den ArbG zur Entlastung der sozialen Pensionsversicherung gewünschte Erhöhung der Erwerbsquoten Älterer von einer arbeitsrechtlichen Unterstützung dieser Erwerbsarbeit begleitet sein müsse (zB auch durch den Abbau von Senioritätsrechten jedenfalls für Neueinzustellende). Für das Verbot der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft werden die positiven Effekte von Diversität (Rn 28), aber auch die ökonomischen Vorteile einer besseren Integration von Zuwanderern angeführt. Allerdings gibt es auch die Stimmen, die in Multikulturalität und Zuwanderung keine klaren – ökonomischen – Vorteile sehen. Für das Verbot der Diskriminierung nach der Religion werden auch die leidvollen Erfahrungen Europas mit religiösen Konflikten ins Treffen geführt. Zur Kritik vgl unten Rn 31 ff. Gemeinsam ist vielen Ansätzen zur Erklärung oder Begründung 27 der Verbote, dass sie sich auf das „Prinzip der Gleichheit“ berufen, allerdings werden auch dazu sehr unterschiedliche Konzepte und Begründungen vertreten. Bei der Frage nach den geistesgeschichtlichen Grundlagen des Antidiskriminierungsrechts muss man also nach den verschiedenen Konzepten zur Gleichheit und damit auch zur Antidiskriminierung unterscheiden. Grundlegend ist wohl die Zweiteilung in einerseits das Konzept der Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit und andererseits eine mehr gruppenbezogene Sicht der Gleichheit. Bei der gruppenbezogenen Sicht können wiederum vor allem zwei Konzepte unterschieden werden, uzw Gleichheit als Ausgleich (Gleichheit im Ergebnis) sowie Gleichheit als Chancengleichheit (vgl § 2 Rn 2 ff; sowie Fredman, Discrimination Law 7 ff; McCrudden, New Concept; Tomei, Discrimination, 409 ff). Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit blickt primär auf die Einzelnen: die Menschen sollen vor allem nach ihrem „Verdienst“ (merit) behandelt werden, also insb nach ihren Fähigkeiten und Leistungen. Die gruppenbezogene Sicht will Gruppen, die sie als sozial oder wirtschaftlich benachteiligt sieht (insb Minderheiten) schützen; dementsprechend sollen 19
Rebhahn mit der Zugehörigkeit zur Gruppe eng verbundene Merkmale keine Rolle spielen dürfen. 28 Das „Prinzip der Gleichheit“ wurde in erster Linie für das Verhältnis der Bürger zum Staat entwickelt. Die Verfassungen der meisten der 15 alten Mitgliedstaaten enthalten einen Gleichheitssatz, wenn auch mit unterschiedlichen Akzenten. Der Gleichheitssatz verbietet grds jede unsachliche Differenzierung durch den Staat und gebietet, Unterschiedliches je nach den Unterschieden verschieden zu behandeln. Manche Rechtsordnungen, keineswegs aber alle, verbinden den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wonach eine Unterscheidung nur dann sachlich sei, wenn sie für ein legitimes Handlungsziel geeignet und erforderlich ist. Im Rahmen der EU ist ein Diskriminierungsverbot und damit der Gedanke der Gleichheit schon lange für den Binnenmarkt prägend: Die Grundfreiheiten verbieten die – unmittelbare oder mittelbare – Unterscheidung nach der Herkunft von ArbN, Waren oder Dienstleistungen. Der „tägliche“ Umgang mit diesen Verboten hat die Bereitschaft zu weiteren Maßnahmen gegen Diskriminierung gefördert und deren Strukturen beeinflusst. Der EuGH hat das Prinzip der Gleichheit als einen allg Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts und damit als Gemeinschaftsgrundrecht anerkannt, auch wenn seine Konturen wenig scharf sind (Kingreen § 17 Rn 10 ff). Man darf aber nicht übersehen, dass die Grundfreiheiten im Wesentlichen nur den Staat (und kollektive Mächte) binden, nicht aber Private. 29 Die anderen, neuen Vorschriften der EU gegen Diskriminierung und das GlBG betreffen aber primär nicht das Verhältnis der Bürger zum Staat, sondern das Verhältnis der Bürger untereinander und damit die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten. Die entscheidende Frage ist dann, inwieweit und warum das „Prinzip der Gleichheit“ nicht nur den Staat, sondern auch die Bürger untereinander binden und verpflichten soll. Jedenfalls in Österreich und Deutschland war und ist diese Unterscheidung nach dem Adressaten der Pflicht zur Gleichbehandlung grundlegend. In der neueren Literatur zum EURecht gegen Antidiskriminierung – etwa aus Großbritannien – fällt hingegen auf, dass diese Unterscheidung jedenfalls keine zentrale Rolle mehr spielt, sondern nur am Rande erwähnt wird. So unterscheidet etwa McCrudden (ein international viel beachteter Autor) bei seinen Überlegungen zur Begründung von Gleichbehandlungs20
Einleitung pflichten kaum nach dem Adressaten der Pflicht, und überträgt Aussagen zu Gleichheit und Diskriminierung in Bezug auf den Staat ohne weiteres auf Private. Eine Erweiterung von Grundrechten auf Rechtsbeziehungen unter Privaten – und damit auch zu Lasten des einen Privaten – ist zwar auch aus der österr Grundrechtsdiskussion bekannt, insb über die Figur von Schutzpflichten des Staates in Bezug auf Beziehungen Privater (neben dem Einfließen der grundrechtlichen Wertungen in die unbestimmten Rechtsbegriffe und Generalklauseln). Allerdings wurde und wird dies jeweils gesondert diskutiert und bei der Begründung einer Schutzpflicht wird die Tatsache, dass es sich um ein Rechtsverhältnis zwischen Privaten handelt, sehr wohl bedacht. In der neueren europäischen Diskussion zur Antidiskriminierung scheint dies anders zu sein: Für Private sollen die Gebote ebenso gelten wie für den Staat. Dies stimmt zwar für einige der hier zentralen Richtlinien (Rn 3 f), die ja nicht zwischen dem Adressaten der Pflicht unterscheiden, jedoch haben diese einen eingeschränkten Anwendungsbereich, nämlich idR nur die Beschäftigung. Klar abzulehnen ist daher die Tendenz mancher Diskussionsbeiträge (zB von McCrudden), so zu tun, als würden die Gleichbehandlungsgebote und Diskriminierungsverbote für Aktivitäten Privater stets ebenso gelten wie für den Staat und dann auch noch für alle Aktivitäten Privater. Jedenfalls der allg Gleichheitssatz des Gemeinschaftsrechts bindet derzeit nur die Staaten (und allenfalls Gleichgestellte), nicht aber Private. Aber auch die Diskriminierungsverbote gelten für Private nur soweit, als dies klar angeordnet wurde. Am deutlichsten wird dies darin, dass selbst die Grundfreiheiten private Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen nicht daran hindern, beim Einkauf nach der nationalen Herkunft der Leistung zu „diskriminieren“; das gilt selbst zugunsten großer Nachfrager (zB SPAR) und findet seine Grenze erst am Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Art 82 EGV). Man kann daher – anders als McCrudden dies tut – die Diskriminierungsverbote nicht ohne genaue Beachtung der unterschiedlichen Adressatenkreise erörtern. Darüber hinaus haben auch die Diskriminierungsverbote heute 30 noch einen deutlich anderen Inhalt als der Gleichheitssatz wie wir ihn aus der österr Verfassung kennen. Erstens begründen sie für Private kein allgemeines Gebot zu „sachlicher“ Entscheidung, sondern verbieten nur die Benachteiligung aufgrund bestimmter Merkmale bzw Kriterien (Rn 6). Auch das GlBG verbietet es den 21
Rebhahn ArbG nicht, insb nach körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Gesundheitszustand, Verwandtschaft, sozialer Schicht oder sogar Sympathie zu differenzieren, sofern damit keine mittelbare Diskriminierung nach einem missbilligten Kriterium verbunden ist. Zweitens verbietet das GlBG nur Diskriminierungen. Wird nicht diskriminiert, so verpflichtet das G – insb den ArbG – nicht, die verschiedenen Vertragspartner nur entsprechend den Unterschieden verschieden zu behandeln. Drittens haben die Diskriminierungsverbote einen spezifischen Inhalt, der zuweilen strenger ist als jener des Gleichheitssatzes. Insb sind „spezifische Maßnahmen“ welche die Angehörigen einer als benachteiligt angesehenen Gruppe begünstigen sollen (zB Vorrangregel), nur unter engen Voraussetzungen zulässig (vgl zu § 8). 31 Bei den Konzepten zur Gleichheit kann man wie gesagt zwischen Gleichheit als individueller Gerechtigkeit und einer mehr gruppenbezogenen Sicht der Gleichheit unterscheiden (Rn 27 und § 2 Rn 3 ff). Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit oder Symmetrie verlangt, dass bestimmte – missbilligte – persönliche Merkmale, die für die Arbeitsaufgabe keine Bedeutung haben sollen, außer Betracht bleiben. Die Regeln des Wettbewerbs um Verträge sollen für alle gleich sein, es soll auf persönlichen Verdienst und damit im Wirtschaftsleben weitgehend auf Effizienz ankommen. Allerdings – und dies ist das Besondere – bedeuten die Diskriminierungsverbote, dass Unterschiede im Tatsächlichen in manchen Fällen auch dann unberücksichtigt bleiben müssen, wenn sie nach den sonst geltenden Maßstäben als nachvollziehbar und rational und daher als „sachlich“ angesehen werden (zB typischerweise höhere Kosten bei der Beschäftigung junger Frauen). Dies gilt bei unmittelbarer Diskriminierung grds; eine mittelbare Benachteiligung kann hingegen unter Umständen gerechtfertigt werden, sodass dann die Frage auftritt, wann eine Benachteiligung durch ökonomische Argumente gerechtfertigt werden kann und wann nicht. Gleichheit im Ergebnis blickt hingegen mehr auf die Folgen einer Entscheidungspraxis für die durch die Merkmale konstituierten Gruppen und verlangt, dass diese Gruppen im Ergebnis gleich behandelt werden. Dieses Konzept unterscheidet sich vor allem bei den Entscheidungen über den Abschluss oder die Auflösung von Verträgen (und etwa auch bei Beförderungen) vom ersten Konzept. Gleichheit als Symmetrie verlangt hier nur, dass die Auswahl nicht aufgrund eines missbilligten Motivs erfolgt, Gleichheit als Ausgleich verlangt hingegen, dass die 22
Einleitung verschiedenen Gruppen angemessen und damit letztlich proportional berücksichtigt werden (zB dass Frauen in Spitzenpositionen so stark vertreten sind wie unter allen ArbN, und dass in den Gemeindewohnungen Angehörige einer ethnischen Minderheit ebenso stark vertreten sein können wie in der gesamten Wohnbevölkerung). Gleichheit als Ausgleich verlangt daher spezifische Maßnahmen zur Beseitigung von Benachteiligung, was bei Gleichheit als Symmetrie nicht der Fall ist. Bei den Vertragsbedingungen selbst – zB beim Entgelt – sind die Unterschiede zwischen den beiden Konzepten hingegen nicht so stark. Gleichheit als Chancengleichheit steht zwischen den beiden vorher genannten Konzepten, und verlangt, dass die Angehörigen der benachteiligten Gruppe faktisch zumindest dieselben Chancen und damit Ausgangsbedingungen haben; haben sie diese nicht, so soll sich das Recht darum aktiv bemühen. Zu den drei Konzepten näher § 2 Rn 3 ff. Wiederholt wird neben den drei in Rn 27 und 31 genannten Kon- 32 zepten ein viertes genannt, nämlich Gleichheit als Diversität oder als Anerkennung der Identität (zB McCrudden, 15). Es stellt danach Ungleichheit dar, die Bedeutung der verschiedenen (zB ethnischen) Identitäten nicht ausreichend zu achten. Die Zielrichtung dieses Ansatzes liegt aber eher auf einer anderen Ebene, nämlich dass die Betrachtung der Gleichheit nicht nur auf einige wenige Merkmale und Großgruppen beschränkt wird, sondern es zugunsten vieler verschiedener Merkmale und damit Gruppen Diskriminierungsverbote und/oder spezifische Förderungen geben soll (zB dass bei der ethnischen Herkunft nicht allein zwischen Angehörigen der Mehrheitsbevölkerung und einer ethnischen Minderheit unterschieden wird, sondern – bei beiden – auch zwischen verschiedenen Untergruppen). Die Bemühung um Gleichheit als Diversität ist eines der wesentlichen Motive für die Erweiterung der Zahl der missbilligten Merkmale. Diese Sicht kann allerdings auch dazu führen, primär die durch die Merkmale geteilten Gruppen als neue soziale Einheiten zu sehen. Das kann schon an sich bedenklich sein, und überdies dazu führen, dass nur Unterschiede zwischen den Gruppen, und nicht innerhalb der Gruppen (als relevant) gesehen werden. Dagegen hilft dann wohl auch nicht ein einheitliches Gesetz, das alle missbilligten Merkmale gemeinsam regelt. Das Antidiskriminierungsrecht der EG beruht im Wesentlichen 33 auf dem Konzept der Gleichheit als individueller Gerechtigkeit. 23
Rebhahn Dies zeigt sich im Verbot der unmittelbaren Diskriminierung und der nur eingeschränkten Zulässigkeit von spezifischen Maßnahmen, der Ausgestaltung der mittelbaren Diskriminierung in Bezug auf die Rechtfertigung durch individuelle Fähigkeiten und Verdienste, sowie die Ausgestaltung der Rechtsdurchsetzung als individuelles Recht mit der Notwendigkeit, das Recht auch als Individuum zu verfolgen. Das Gemeinschaftsrecht enthält aber auch Übergänge zur Gleichheit als Ausgleich, insb bei der Sicht der mittelbaren Diskriminierung und bei der Erlaubnis zu spezifischen Maßnahmen. Die gruppenbezogenen Elemente der mittelbaren Diskriminierung lassen sich aber noch ohne Schwierigkeiten in das Konzept der individuellen Gerechtigkeit integrieren. Das Antidiskriminierungsrecht begründet allerdings Rechte Einzelner zuweilen nicht wegen der Situation der betreffenden Person, sondern weil diese einer bestimmten Gruppe angehört (zB sind manche Kriterien wie Unterbrechungen der Berufslaufbahn unzulässig, weil sie typischerweise Frauen als Mütter benachteiligen, auch wenn die konkret Begünstigte gar keine Kinder hat); eine konkrete Benachteiligung ist daher zuweilen gar nicht erforderlich oder sicher. Manche meinen, dass das Gemeinschaftsrecht stärker auf dem Konzept „materieller“ Gleichheit – und damit jenem der Chancengleichheit oder der Gleichheit als Ausgleich – beruhe (zB Schiek, NZA 2004, 875). Dabei wird aber übersehen, dass die Grundregeln besser durch das Konzept der Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit erklärt und gedeutet werden können, und dass die Abweichungen davon jeweils gesondert zu begründen und zu rechtfertigen sind. Das österr Recht orientiert sich im Wesentlichen an den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts, ohne darüber hinauszugehen (Rn 17). 34 Das Antidiskriminierungsrecht besteht zu einem großen Teil aus unbestimmten Rechtsbegriffen („law of eminently relative adjectives“ – so Moreau, Justifications (vgl Literatur zu § 5) 1.2.2). Die Zuordnung einer Unterscheidung zur unmittelbaren oder zur mittelbaren Diskriminierung ist oft zweifelhaft; fraglich ist nicht selten, ob eine „vergleichbare Lage“ vorliegt; die statistische Differenz muss „wesentlich und aussagekräftig“ sein; die Rechtfertigung muss „objektiv“ sein, das Differenzierungsziel „legitim“; das Mittel muss geeignet, erforderlich und angemessen sein. Überdies sind auch die neuen missbilligten Merkmale oft (noch) wenig bestimmt. All dies macht die Anwendung der Vorschriften schwierig und wenig vorhersehbar. Überdies verdient es festgehalten zu werden, 24
Einleitung dass mit den Diskriminierungsverboten der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der bisher nur für den Staat Schranke war, erstmals großflächig auch in das Privatrecht Einzug hält. Gegen die Diskriminierungsverbote, und noch mehr gegen spezifi- 35 sche Maßnahmen, wird aber auch immer wieder Kritik erhoben. Sie ist in manchen Mitgliedstaaten stärker als in anderen. Sehr ausgeprägt war und ist die Kritik etwa in Deutschland, wobei aber starke Unterschiede in der Intensität bestehen (abwägend zB Reichold, JZ 2004, 387 ff; sehr intensiv Picker, Antidiskriminierungsprogramme). Anlass für Kritik sind die Sorge um die Privatautonomie, die mit deren Einschränkung möglichen ökonomischen Belastungen, die Sorge um die Grundlagen der Marktwirtschaft, sowie Vorbehalte gegen die Unbestimmtheit der Regeln (Rn 34) und die daraus folgende Rechtsunsicherheit für die Verpflichteten. Zu Befürwortung wie Kritik ist allg anzumerken, dass die Sicht der Vorschriften zur Gleichbehandlung in beträchtlichem Umfang auch zeitbedingt ist. Dies setzt sich dann beim Vorverständnis für die Auslegung des Gesetzes fort (vgl Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 39). Für die Beurteilung von Regelungen – und damit auch für Befür- 36 wortung wie Kritik – ist es erste Voraussetzung, genau zwischen den verschiedenen Anwendungsbereichen und Inhalten zu unterscheiden, uzw jedenfalls nach Verpflichteten und Schuldverhältnis (treffend Reichold, JZ 2004, 392). Es liegt nahe, primär danach zu unterscheiden, ob der Verpflichtete Unternehmer ist oder Privater. Bei Unternehmern kommen Pflichten zur Gleichbehandlung weit eher in Betracht als bei Privaten, weil die Unterwerfung unter sozialethische Anforderungen eines „Sozialprivatrechts“ weit eher zumutbar ist, wenn der Verpflichtete sich systematisch am Marktgeschehen beteiligt, als wenn er nur gelegentlich eine Leistung einem größeren Personenkreis anbietet. Dies trifft insb in Bezug auf die mittelbare Diskriminierung zu, weil diese auch eine auf Wahrscheinlichkeit aufbauende Risikoerwägung verbieten kann. Diese Verbote belasten aber den, der viele gleichartige Geschäfte (zB als Vermieter) tätigt bedeutend weniger als denjenigen, der nur selten ein solches Geschäft tätigt. Schließt jemand viele gleichartige Geschäfte ab, so werden die mit einer bestimmten Ausprägung des missbilligten Merkmals wahrscheinlich verbundenen Nachteile nur bei einem Teil der Vertragspartner und auch bei diesen nur entspre25
Rebhahn chend der Wahrscheinlichkeit eintreten; die Nachteile werden daher, gemessen am Gesamtgeschäft, nur eine geringe Belastung darstellen. Wer hingegen nur sehr wenige gleichartige Geschäfte abschließt, bei dem können sich die Nachteile entweder realisieren oder auch nicht; falls sie sich realisieren, so belasten sie den Verpflichteten sehr stark. Konkret: Wer nur eine oder zwei Eigentumswohnungen zur Absicherung im Alter vermietet, kann durch das Diskriminierungsverbot weit stärker getroffen und geschädigt werden als eine große Wohnungsgesellschaft, weil sich bei dieser die mit einem missbilligten Kriterium verbundenen negativen Verhaltenserwartungen nur auf einen kleinen Teil der Vertragspartner auswirken können. Ähnliches würde auch für das Arbeitsrecht gelten. Das Gemeinschaftsrecht berücksichtigt diese nahe liegende Erwägung auf der Tatbestandsebene jedoch im Arbeitsleben nicht, und bei der Diskriminierung im Zivilrechtsbereich ist die Berücksichtigung fraglich (§ 31 Rn 12). ME sollte diese Erwägung zumindest bei der Rechtfertigung berücksichtigt werden, sodass jedenfalls ein privater Vermieter den Vertragsabschluss davon abhängig machen kann, dass der Interessent nachweisbar in gesicherten finanziellen Verhältnissen lebt (obwohl dies wohl eine mittelbare Benachteiligung von in letzter Zeit Zugewanderten bedeutete). Überdies wird ein Verpflichteter, der nur sehr wenige einschlägige Rechtsgeschäfte macht (zB ArbG mit nur einem oder zwei ArbN), idR jeden Anhaltspunkt für eine Diskriminierung vermeiden können. 37 Ferner müssen die Diskriminierungsverbote auch für die einzelnen Schuldverhältnisse gesondert gesehen werden. Das Gemeinschaftsrecht berücksichtigt dies (derzeit) zum Teil. Zum einen gelten sie nur für das Arbeitsleben pauschal, im sonstigen Zivilrechtsbereich aber nur für manche Vertragsverhältnisse. In Deutschland gab es allerdings Bestrebungen, das Diskriminierungsverbot für alle Merkmale auf das gesamte Vertragsrecht auszudehnen (Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums aus 2001; dazu zB Säcker, ZRP 2002, 286); der nun beratene Entwurf bleibt bei dem von der RahmenRL 2000/78 vorgezeichneten Anwendungsbereich. Auch dieser Anwendungsbereich wird aber von manchen als zu weit kritisiert, insb soweit er auch Private und Kleinstunternehmer erfasst. Gegen Diskriminierungsverbote beim öffentlichen Angebot von Leistungen bestehen idR stärkere Vorbehalte als gegen jene zum Arbeitsleben. Das Spannungsverhältnis zur Privatautonomie 26
Einleitung wird offenbar bei Kauf-, Miet- und Werkverträgen sowie den meisten freien Dienstverträgen als problematischer angesehen als bei der auf einen Vertragspartner ausgerichteten Erwerbstätigkeit. Am wenigsten in Frage gestellt wird, was den Anwendungsbereich betrifft, die Geltung für die Arbeitsverhältnisse und damit die unselbständige Erwerbsarbeit. Allerdings wurde auch für diesen Bereich das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes – und dessen Ausgestaltung durch den EuGH – früher immer wieder kritisiert. Inzwischen haben sich die meisten daran gewöhnt; manche erwarten Ähnliches auch in Bezug auf die neuen Regelungen. Vorbehalte gibt es gegen Diskriminierungsverbote beim Zugang zur selbständigen Erwerbstätigkeit, obwohl der Anwendungsbereich im Vergleich zum Arbeitsvertrag eingeschränkt ist, weil hier nicht der für das ArbV als charakteristisch gesehene Schutzbedarf besteht. Zu differenzieren ist ferner nach den missbilligten Merkmalen und 38 der Intensität des Verbotes. Für den Zivilrechtsbereich verbietet das Gemeinschaftsrecht bislang allein die Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft und aufgrund des Geschlechts ausdrücklich, und damit wohl jene Merkmale, bei denen die Vorbehalte vergleichsweise am geringsten sind. Allerdings gibt es auch dazu Kritik. Für das Arbeitsleben ist hingegen die gesamte Liste der missbilligten Merkmale des Art 13 EGV verbindlich. Manche kritisieren diese Erweiterung zur Gänze oder doch partiell. Manche Merkmale (zB Alter, Religion oder sexuelle Orientierung) werden kritischer gesehen als andere. Man kann durchaus fragen, ob die EU die missbilligten Kriterien sachgerecht ausgewählt hat. Allerdings greift manche Kritik zu kurz. So erscheint es in der Tat seltsam, dass ein Vermieter zwar gezielt wegen des Habens von Kindern benachteiligen darf, nicht aber wegen der ethnischen Herkunft. Allerdings hat die Abweisung wegen Kindern offenbar bisher noch keine die Versorgung mit Wohnraum gefährdenden Ausmaße erreicht – sodass der Gesetzgeber davon absehen kann, die Privatautonomie durch ein zusätzliches Verbot weiter zu belasten. In Bezug auf die Intensität des Verbotes geht es um das Verbot auch der mittelbaren Diskriminierung und dabei dann um die Möglichkeiten der Rechtfertigung bei den verschiedenen Merkmalen. Das Verbot mittelbarer Diskriminierung bereitet nämlich bei manchen der „neuen“ Merkmale weitaus größere Schwierigkeiten als beim Merkmal Geschlecht. Zum einen wirken sich „bewährte“ Entschei27
Rebhahn dungsregeln oft zum Nachteil bestimmter Gruppen aus, zum anderen erfordert die Rechtfertigungsebene oft komplexere Überlegungen als beim Geschlecht, weil es hier nicht mehr nur um Kosten des ArbG geht, sondern oft auch um das Steuern gesellschaftlicher Entwicklungen. Man wird erst sehen, wie sich die neuen Diskriminierungsverbote bewähren. Das Gemeinschaftsrecht geht hier durchaus zuweilen über das Vorbild der USA hinaus, insb beim Alter. Man hätte auch überlegen können, bei manchen Merkmalen – vorerst – nur die unmittelbare Diskriminierung zu verbieten. Hervorzuheben ist die Bindung an die Verhältnismäßigkeit. Für manche bedeutet dies den Untergang des Privatrechts, wie man es bisher kannte; für dieses war ja die Erlaubnis charakteristisch, ohne Rechtfertigungslast nach Belieben entscheiden zu können. Andere nennen diese Möglichkeit Willkür. 39 Kritik gibt es schließlich auch an den Rechtsfolgen. Dies beginnt mit der – im Kern nachvollziehbaren – These, das neue GlBG verpflichte insb den ArbG zu viel zu umfassender Dokumentation, weil er ja insb bei Einstellung und Beförderung seine Entscheidungsgründe dokumentieren und diese Dokumentation bis zum Ende der Verjährungsfrist (nach § 15 und § 29 nur sechs Monate) aufbewahren müsse. Das sei ein unzumutbarer bürokratischer Aufwand, der die allfälligen Resultate idR nicht rechtfertige. Befürworter halten dem entgegen, dass bereits eine Beeinflussung des Bewusstseins der Entscheidungsträger das Gesetz und den Aufwand rechtfertige. Kritisch gesehen wird ferner die verschuldensunabhängige Verantwortlichkeit des ArbG oder sonstigen Verpflichteten, schon wenn es um eigenes Verhalten geht. Nach dem EuGH ist für die Verletzung des Diskriminierungsverbotes und die daraus folgende Haftung eine Sorgfaltswidrigkeit nämlich nicht erforderlich (§ 3 Rn 6). Zum Teil scharf kritisiert wird darüber hinaus die Haftung des Verpflichteten für eine Diskriminierung, die einer seiner Mitarbeiter begangen hat; auch diese Haftung hängt weder von einem Verschulden des Verpflichteten noch des Mitarbeiters ab (§ 3 Rn 13). Picker spricht von einer Gefährdungshaftung. Allerdings hängt die Haftung für Gehilfen – auch für andere als Erfüllungsgehilfen – in den meisten Mitgliedstaaten (und wohl allen alten außer Deutschland und Österreich) nicht von einem (vermuteten) Verschulden des Geschäftsherrn ab. Wenn also der Diskriminierungstatbestand verschuldensunabhängig ist, dann führt dies bei Einsatz von Gehilfen bei den Verhandlungen oder bei der Vertrags28
Einleitung durchführung eben zu einer Risikohaftung. Diskutiert wird ferner das Ausmaß der Entschädigung für Vermögensschäden. Besonders kritisiert wird von manchen auch eine Entschädigung für den immateriellen Schaden – was erstaunt, wenn man die sonstigen Bemühungen um dessen Ersatzfähigkeit sieht. Scharf abgelehnt wird schließlich ein echtes Recht auf Vertragsabschluss und damit ein Kontrahierungszwang. Das geltende Recht sieht ihn derzeit aber – auch im Arbeitsverhältnis – nicht vor (§ 3 Rn 60); eine Ausnahme gibt es nur in Sonderfällen, nämlich bei Nichtverlängerung eines befristeten ArbV (§ 3 Rn 67 ff). Der Kontrahierungszwang sollte auch in Hinkunft die ganz seltene Ausnahme bleiben. Allerdings kann die auch im GlBG vorgesehene Pflicht, den Vermögensschaden zu ersetzen, in der Sache zu einer ähnlichen Belastung führen wie die Kontrahierungspflicht, falls man die Ersatzpflicht für einen längeren Zeitraum bejaht. Zuweilen gibt es auch Fundamentalkritik am Antidiskriminie- 40 rungsrecht, so von Picker (Antidiskriminierungsprogramme – hier zitiert nach der Kurzfassung in einem Vortrag). Er spricht von einem „sozial-egalitaristischem Verhaltensprinzip“, das durch mehr Zuweisungsgleichförmigkeit mehr Verteilungsgerechtigkeit erzielen möchte; allerdings gingen die persönlichen Nachteile von Frauen oder älteren ArbN den ArbG nichts an; er dürfe also nicht gezwungen werden davon abzusehen, falls es seinem individuellen ökonomischen Kalkül entspreche sie zu berücksichtigen; überdies schlügen die Verbote willkürlich zu, weil sie nur jene treffen, die sich ertappen lassen. Picker geht zu Recht davon aus, dass Unterscheiden und Auswählen – und damit Hintansetzen anderer – für das Privatrecht und die Marktwirtschaft an sich konstitutiv sind: „Ungleichbehandlung stellt sich unter der Maxime der Selbstbestimmung des Menschen als unverzichtbar heraus.“ Allerdings unterstellt er zu schnell, dass das Unterscheiden nach einem der missbilligten Merkmale unverzichtbar ist. Gerade wenn man auf die ökonomischen Folgen für den einzelnen Verpflichteten blickt, kommt es darauf an, ob die Unterscheidung auch anderen Mitbewerbern verboten ist; trifft dies zu, dann ist die Diskriminierung jedenfalls für den Wettbewerb innerhalb der EU nicht mehr „lebenswichtig“ (selbst wenn einige sich nicht daran halten sollten; vgl § 2 Rn 15 ff). Überdies berücksichtigt Picker zu wenig, dass man vor allem bei der mittelbaren Diskriminierung über die Rechtfertigung die ökonomische Effizienz und den Markt berücksichtigen 29
Rebhahn kann und dies auch tut (§ 5 Rn 52 ff). Und dort, wo die Ausprägung des missbilligten Merkmals keine ökonomischen Auswirkungen hat, geht es – um Pickers Worte zu verwenden – „den ArbG grundsätzlich nichts an“; allerdings spricht dies dann wohl für das Verbot. Die undifferenzierte Fundamentalkritik an der Einschränkung der Privatautonomie übersieht schließlich, dass das Antidiskriminierungsrecht – um mit Reichold zu sprechen – „auch (oder gerade) in liberalen Gesellschaften wie insb den USA und Großbritannien … längst seinen besonderen Stellenwert … gefunden (hat)“, insb in Bezug auf die Merkmale Geschlecht und Rasse (JZ 2004, 392). Die Erweiterung auf andere Merkmale ändert dann nur den Umfang, nicht aber die von Picker perhorreszierte Struktur. Und in den USA und Großbritannien haben nicht nur die persönliche Freiheit, sondern auch die Marktwirtschaft und die Privatautonomie insgesamt doch eine längere und gefestigtere Tradition als in Deutschland; Wenn man dort mit Diskriminierungsverboten leben kann, dann sollte dies auch in Deutschland möglich sein. 41 Das de lege lata rechtsdogmatisch, aber zur Auslegung auch rechtspolitisch interessanteste Thema sind die Möglichkeiten zur Rechtfertigung einer mittelbaren Diskriminierung. Das zweite Thema ist in manchen Konstellationen die Abgrenzung der unmittelbaren Diskriminierung (insb mit Hilfe des Topos der vergleichbaren Lage). Bei der Rechtfertigung besteht – vor allem im Arbeitsleben – ein erhebliches Spannungsverhältnis zwischen den Interessen und Rechten der Einzelnen oder der Gruppe am Unterbleiben der Benachteiligung auf der einen Seite, und dem Interesse des Unternehmers (ArbG) an marktkonformem Verhalten und damit an Umsatz und Ertrag auf der anderen Seite. Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit eine mittelbare Benachteiligung durch die Orientierung des Unternehmers (ArbG) am Markt, insb auch an den Wünschen und Vorstellungen der anderen Vertragspartner (Kunden) gerechtfertigt werden kann – oder inwieweit die Diskriminierungsverbote gegen den Markt durchgesetzt werden sollen (zB indem Kundenwünsche nach jungen/weiblichen/inländischen/ heterosexuellen ArbN oder Mitmietern ignoriert werden); vgl § 2 Rn 14 ff und 5 Rn 57 ff. Oft wird gesagt, dass „ökonomische Gründe“ für eine Rechtfertigung nicht ausreichen sollen. Dies wird letztlich aber nur für das Argumentieren allein mit geringeren Kosten gelten. Wie die Judikatur zu Art 141 und zur GleichbRL zeigt, kann der Verpflichtete (insb ArbG) nämlich sehr wohl Argumente 30
Einleitung zur Rechtfertigung heranziehen, die letztlich auch ökonomische sind und den Ertrag betreffen, aber primär „legitime“ Erfordernisse des Unternehmens betreffen, wie Mobilität oder Flexibilität. Auch diese Erfordernisse sind aber in Geld umrechenbar (zB könnte weniger Flexibilität der einzelnen ArbN durch einen Mehraufwand an anderer Stelle ausgeglichen werden). Die Grenzziehung zwischen zulässigen und nicht (mehr) zulässigen ökonomischen Erwägungen ist daher schwierig, aber oft entscheidend. Der österr Gesetzgeber hat dazu keine Hinweise zur Konkretisierung gegeben (obwohl dies in gewissem Umfang zulässig wäre), die Grenzziehung obliegt daher den Gerichten. Ein Kennzeichen des österr Antidiskriminierungsrechts ist ohne 42 Zweifel die mangelhafte Legistik. Dies beginnt mit der fragwürdigen Trennung der beiden ersten Teile und der daraus folgenden Verdoppelung von Bestimmungen sowie der Systematik der einzelnen Bestimmungen, setzt sich fort in der oft fragwürdigen rudimentären Regelung der Rechtfertigungsgründe und den unvollständigen Regeln zu den Rechtsfolgen, und findet seinen Höhepunkt im GBG/GAW-G. Offenbar konnte man lange schon innerhalb der Mehrheitsfraktionen keine politische Einigung finden und fand dann keine Zeit mehr, das politisch nun Gewollte legistisch ordentlich umzusetzen.
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Bundesgesetz über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG) BGBl I 2004/66
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I. Teil Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt Geltungsbereich § 1. (1) Die Bestimmungen des I. Teiles gelten für den Bereich der Arbeitswelt, dazu zählen 1. Arbeitsverhältnisse aller Art, die auf privatrechtlichem Vertrag beruhen; 2. der Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung einschließlich der praktischen Berufserfahrung; 3. die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer/ innen/- oder Arbeitgeber/innen/organisation oder einer Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen; 4. Bedingungen für den Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit, sofern dies in die Regelungskompetenz des Bundes fällt. (2) Ausgenommen sind Arbeitsverhältnisse 1. der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter/innen im Sinne des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287; 2. zu einem Land, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde; 3. zum Bund. (3) Die Bestimmungen des I. Teiles gelten auch 1. für Beschäftigungsverhältnisse, auf die das Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl. Nr. 105/1961, anzuwenden ist, und 2. für Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind. 34
§1
Geltungsbereich
Für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten die Beschäftigungsverhältnisse nach Z 1 und 2 als Arbeitsverhältnisse. (4) Die Bestimmungen des I. Teiles gelten auch für die Beschäftigung von Arbeitnehmer/inne/n, die von einem/einer Arbeitgeber/in ohne Sitz in Österreich 1. im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung oder 2. zur fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, für die Dauer der Entsendung. Materialien: Zum neuen GlBG: Ministerialentwurf vom 17.7.2003 70/ME BlgNR 22. GP; Regierungsvorlage: 307 BlgNR 22. GP; Ausschussbericht: 499 BlgNR 22. GP, 61 (mit umfangreichen Änderungen gegenüber der RV); Debatte im Nationalrat am 25.6.2004 in der 61. Sitzung. Regierungsvorlagen zum alten GlBG und dessen Novellen: 664 BlgNR 16. GP; 1411 BlgNR 17. GP; 735 BlgNR 18. GP; 842 BlgNR 20. GP. Literatur: Zum österr Gleichbehandlungsrecht: Eichinger, Die Frau im Arbeitsrecht (1991); Sturm, Die Gleichbehandlungspflichten im Arbeitsrecht, in: Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, (4.Lfg. 2004); Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz (Kommentar, 2001); Mayr, Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, DRdA 2002, 66; Naderhirn, Die geplante Neuregelung des Gleichbehandlungsgesetzes. Einige (Auslegungs)Probleme des Entwurfs, RdW 2003, 635; Schindler, DRdA 2003, 523 ff; Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid, Antidiskriminierung – Rechtliche Gleichbehandlung in Österreich und in der EU (2004); Sturm, Richtlinienumsetzung im neuen GlBG, DRdA 2004, 574. Zum Recht der EG zur Gleichbehandlung nach dem Geschlecht: Allgemein Bercusson, European Labour Law (London 1996); Oetker/Preis (Hrsg), Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (EAS), Heidelberg (Loseblatt, seit 1994); Hervey/O’Keeffe (Eds), Sex Equality Law in the Europe, London 1996; Bercusson, European Labour Law (London 1996); Curall, Kommentierung des Art 119 EGV in von der Groben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EGV5 (1998, zitiert: GTE/Curall); Robin-Ollivier, Le principe d’égalité en droit communautaire (Aix-Marseille, 1999); Barnard, EC Employment Law2 (OUP 2000); Rebhahn, Art 141, in: Schwarze (Hrsg), EU-Kommentar (2000); Bieback, Kommentierung von Art 119 und der RL in Fuchs (Hrsg) Kommentar zum Europäischen 35
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Sozialrecht2 (2000); McColgan, Discrimination Law (Hart P., 2000); Vonfeldt (Hrsg), L’égalité de traitement entre hommes et femmes (2000); Sciarra (Ed), Labour Law and the Courts: National judges and the European Court of Justice (Oxford 2001); Wank; Gleichbehandlung von Mann und Frau, in: Hanau/Steinmeyer/Wank, Handbuch des europäischen Arbeits- und Sozialrechts (2002), § 16; Krebber in Calliess/Ruffert, Art 141, Kommentar zu EUV/EGV2 (2002); Steinmeyer, Kommentierung von Art 141 und der RL 96/97/EG in Fuchs (Hrsg) Kommentar zum Europäischen Sozialrecht3 (2002); Kingreen, Gleichheitsrechte, in: Ehlers (Hrsg) Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten (2002) § 17; Epiney/Freiermuth Abt, Das Recht der Gleichstellung von Mann und Frau in der EG (2003); Langenfeld, Art 141 EGV, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der EU (EL 19, 2002); Rust in: von der Groeben/Schwarze (Hrsg), EUV/EGVKommentar6 Band 3 (2003; zitiert: GS/Rust); Eichenhofer, Art 141, in: Streinz (Hrsg), EUV/EGV – Kommentar (2003). Zu Einzelfragen vgl die Literaturangaben zu den einzelnen §§, insb bei § 3, sowie: Wöhlermann, Die richtlinienkonforme Auslegung im Europäischen Arbeitsrecht – am Beispiel arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsrichtlinien (D, 1998); Mallossek, Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Gleichbehandlungsrichtlinie 76/207/EG und ihre Auswirkungen auf das deutsche Arbeitsrecht (D, 1999); Wittinger, Die Gleichheit der Geschlechter und das Verbot geschlechtsspezifischer Diskriminierung in der EMRK, EuGRZ 2001, 272; Meyer, Das Diskriminierungsverbot des Gemeinschaftsrechts als Grundsatznorm und Gleichheitsrecht (D, 2002); Sturm, Die Änderung der Gleichbehandlungsrichtlinie, DRdA 2003, 83; Schiek, Gleichbehandlungsrichtlinien der EU – Umsetzung im deutschen Arbeitsrecht, NZA 2004, 873; Riesenhuber/Franck, Verbot der Geschlechterdiskriminierung im Europäischen Vertragsrecht, JZ 2004, 529. Zum Recht der Gleichbehandlung nach dem Geschlecht in anderen Staaten: Schlachter, Wege zur Gleichberechtigung (München 1993; va zum Recht der USA); Schlachter in Erfurter Kommentar, BGB § 611a; Erman/Hanau § 611a Rn 3; Müko/Müller-Glöge § 661a Rn 5; MünchArbR/Richardi § 11 Rn 12); Dungs, Die Europäisierung des deutschen Arbeitsrechts und der geschlechtsspezifische Gleichbehandlungsgrundsatz (Stuttgart 1997); NZA-Sonderbeilage zu Heft 2004/22; Husmann, ZESAR 2005, 107 ff. Andere Themen: Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht2 59; Eilmannsberger, JBl 2004, 283 ff, 364 ff; Czernich/Heiss (Hrsg), EVÜKommentar (1999). 36
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Geltungsbereich Inhaltsübersicht I. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zum Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bedeutung des Gemeinschaftsrechts neben dem I. Teil des GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Geltung für Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendung bei Sachverhalten mit Auslandsberührung, insb bei Entsendung . . . . . . . . . V. Geltungsbereich außerhalb eines Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Heimarbeiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Arbeitnehmerähnliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zugang zu Berufsberatung und -bildung . . . . . . . . . . 4. Berufsorganisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit . . . . . . . . . VI. Zwingender Charakter des GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 4 4 10 14 19 19 20 30 34 34 35 40 43 45 47
I. Geschichte Gemäß Art 7 B-VG 1920 idF 1929 sind alle Staatsbürger vor dem 1 Gesetz gleich. Nach Art 7 Abs 1 B-VG sind ua Vorrechte des Geschlechtes ausgeschlossen. Diese Bestimmungen haben für die Gleichberechtigung der Geschlechter im Arbeitsleben kaum praktische Bedeutung erlangt, auch weil die Grundrechte zwischen Privaten nach (treffender) hA nicht unmittelbar wirken, sondern nur mittelbar über die Generalklauseln. Auf Normen der kollektiven Rechtsgestaltung ist der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz hingegen direkt anzuwenden (OGH 16.12.1992, 9 Ob A 602/92 = SZ 65/163 = DRdA 1993/45, 369; 6.9.2000, 9 Ob A 106/00d = DRdA 2001/25 = ZAS 2001/12). Auch daraus wurden aber kaum Folgen für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes abgeleitet. 1979 wurde erstmals ein Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Arbeitsleben (Gleichbehandlungsgesetz) erlassen (BGBl I 1979/108). Es sah sowohl materiellrechtliche wie organisatorische Bestimmungen vor, va die materiellrechtlichen Normen waren aber – verglichen mit den heute geltenden – noch zurückhaltend und schwach. 37
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2 Schon mit dem EWR-Abkommen (BGBl 909/1993) hat Österreich sich verpflichtet, ab 1.1.1994 die wesentlichen Vorschriften des damaligen Gemeinschaftsrechts zur Gleichbehandlung einzuhalten. Einschlägig waren va Art 119 alt des EG-Vertrags zum Entgelt, die RL 75/117/EWG (Entgeltgleichheits-RL) sowie 76/207/EWG (Gleichbehandlungs-RL betreffend die Gleichbehandlung bei anderen Arbeitsbedingungen), sowie die umfangreiche Judikatur des EuGH dazu. Die Normen des Gemeinschaftsrechts wurden seither wesentlich geändert. Art 119 alt wurde umgestaltet und zu Art 141 EGV. 1997 wurde die RL 97/80/EG zur Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes erlassen. Die RL 76/207 wurde durch die RL 2002/73/EG wesentlich geändert (aber nicht wieder verlautbart). Zum einen wurden wichtige Entwicklungen aus der Judikatur des EuGH in den Normtext übernommen, zum anderen wurde diese RL in manchen Fragen an die neuen Antidiskriminierungs-RL aus 2000 angepasst. Jetzt gibt es einen Vorschlag der EUKommission für eine konsolidierte RL zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern (Rn 9). 3 Das GlBG 1979 wurde wiederholt geändert. Hervorzuheben sind va die zweite Novelle aus 1990 (BGBl I 1990/410) und die dritte Novelle aus 1992 (BGBl I 1992/833). Die Novelle 1990 näherte das Gesetz dem Gemeinschaftsrecht an, die Novelle 1992 versuchte auch im Text den Anschluss an das Gemeinschaftsrecht, insb durch die Aufnahme der mittelbaren Diskriminierung. Bereits sie führte ferner den Tatbestand der sexuellen Belästigung ein. 2004 hat der Gesetzgeber die Ausführung der beiden neuen Antidiskriminierungs-RL zum Anlass genommen, auch die Vorschriften über die Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes neu zu fassen. Die RV sah vor, dass auf der Tatbestandsseite die Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes und jene auf Grund der anderen verbotenen Gründe getrennt, die Rechtsfolgen aber für alle Diskriminierungsverbote gemeinsam geregelt werden. Dies wurde erst vom Ausschuss geändert – der Grund dafür ist nicht wirklich einsichtig, zumal ja die meisten Bestimmungen übereinstimmen. Die Systematik des I. Teiles zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern lässt sehr zu wünschen übrig, weil zusammengehörende Fragen auseinander gerissen sind. So gehört § 11 eindeutig zu den §§ 3 bis 5; und bei diesen Paragraphen ist die Anordnung der Regelungen zwar schwierig, aber wohl besser lösbar als derzeit geschehen. 38
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II. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben 1. Überblick Im Primärrecht ist va Art 141 Abs 1 EGV zu nennen: „Jeder Mit- 4 gliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.“ Art 141 Abs 2 konkretisiert den Begriff des Entgelts. Art 141 Abs 1 und 2 entsprechen im Wesentlichen dem früheren Art 119; der vom Europäischen Rat im Juni 2004 beschlossene Verfassungsentwurf übernimmt Art 141 EGV als Art III-214. Abs 1 enthält primär ein an die Mitgliedstaaten gerichtetes Gebot. Nach ganz hM schon zu Art 119 alt ist dieses Gebot (und das entsprechende Verbot) jedoch unmittelbar anwendbar, gerade zwischen Privaten (grundlegend EuGH 8.4.1976, Rs 43/75-Defrenne II Rn 4 ff), und zwar auch wenn die Diskriminierung nicht offenkundig (bzw unmittelbar) ist (EuGH 31.3.1981, Rs 96/80-Jenkins Rn 18). Daran ändert es nichts, dass der Text des Abs 1 trotz der Umformulierung durch den Amsterdamer Vertrag noch immer nur an die Mitgliedstaaten gerichtet ist. Art 141 Abs 1 EGV ist also neben dem österr GlBG unmittelbar anwendbar. Neben Art 141 sind auch Art 2 und 3 EGV zu nennen. Art 2 nennt die „Gleichstellung von Männern und Frauen“ als eines der Ziele, welche durch den Gemeinsamen Markt und die Politiken der EG zu verfolgen sind. Art 3 Abs 2 sagt, dass die Gemeinschaft bei allen dort in Abs 1 genannten Tätigkeiten darauf hinwirkt, die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Weder aus Art 2 noch aus Art 3 folgen konkrete Rechte der Einzelnen gegen die EU oder gegen einen Mitgliedstaat (Streinz/Streinz Art 2 Rn 9 und Art 3 Rn 48; vgl auch GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 162 ff). Aus Art 3 Abs 2 folgt aber ein Handlungsauftrag an die EU-Organe, welcher die Gleichstellung von Männern und Frauen zur Querschnittsaufgabe macht. Zur Entwicklung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern vgl ausführlich GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 1-158). Das Gebot des Art 141 bzw des Art 119 alt wurde durch verschie- 5 dene RL teils konkretisiert, teils erweitert. Zur Konkretisierung wurde die RL 75/117/EWG betreffend den Grundsatz des gleichen Entgeltes (Entgelt-RL) erlassen. Der EuGH hat ex-Art 119 mit dem Inhalt dieser RL aufgefüllt. Sie hat daher gegenüber Abs 1 keine eigenständige Bedeutung mehr, weil nur Abs 1 unmittelbar anwendbar ist, und dieser nicht weniger anordnet als die RL (vgl 39
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EuGH 15.12.1994, C-399/92-Helmig/Lengerich Rn 19; 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 27 ff). Die RL 86/378/EWG betreffend betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit (geändert durch RL 96/97/EG) wurde als Erweiterung des ex-Art 119 erlassen. In der Folge hat der EuGH auch diese Systeme dem primärrechtlichen Gebot unterstellt (§ 3 Rn 168). Die RL 75/11 und 86/378 liegen also innerhalb des Anwendungsbereiches des Art 141 EGV und treten hinter Abs 1 zurück. In der Judikatur des EuGH zur Benachteiligung beim Entgelt geht und ging es meist um Fälle mittelbarer Benachteiligung. 6 Ex-Art 119 bzw nun Art 141 erfasst nur das Entgelt, nicht aber die sonstigen Arbeitsbedingungen, auch wenn sie finanzielle Auswirkungen haben (EuGH 15.6.1978, Rs 149/77-Defrenne III Rn 30 ff; § 3 Rn 94). Das Verbot einer Benachteiligung beim Entgelt könnte va durch Benachteiligungen bei anderen Arbeitsbedingungen, etwa beim Aufstieg und bei der Einstellung, umgangen werden. Aus diesem Grund wurde die RL 76/207/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung hinsichtlich des Zuganges zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (GleichbehandlungsRL, hier GleichbRL abgekürzt) erlassen. Sie geht klar über Art 141 hinaus und ist die wichtigste RL zur Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes. Sie erfasst alle Arbeitsbedingungen außer dem Entgelt und den Angelegenheiten der Sozialen Sicherheit, also: Einstellung, Ausbildung und Aufstieg, Beendigung des Arbeitsverhältnisses, und weitere/sonstige Arbeitsbedingungen. Sie wurde durch die Änderungs-RL 2002/73/EG an die Antidiskriminierungs-RL angepasst und in wesentlichen Punkten geändert (Umsetzungsfrist bis 5.10.2005). Art 2 Abs 1 der RL verbietet jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, insb unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Die Judikatur des EuGH zu dieser RL betrifft – anders als jene zu Art 141 – häufig Fälle unmittelbarer Benachteiligung, insb wegen Schwangerschaft und zu Vorrangregeln. Die Dogmatik zur RL in Bezug auf Benachteiligung und Rechtfertigung entspricht im Wesentlichen jener zu Art 141. Die Geltung für selbständige Beschäftigungen hat bislang wenig praktische Bedeutung. Die RL verlangt, dass KollV ihr entsprechen. Die RL lässt in Art 2 Abs 6 bis 8 für manche Fälle eine Differenzierung gerade nach dem Geschlecht zu. Diese Bestimmungen sind als Ausnahmen 40
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vom Individualrecht auf Gleichbehandlung eng auszulegen, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten (§ 5 Rn 13 ff; EuGH 15.5.1986, Rs 222/84-Johnston Rn 36, 38; 26.10.1999, C-273/97-Sirdar Rn 23, 26; 17.10.1995, C-450/93-Kalanke Rn 21). Art 141 Abs 1 sowie die RL 75/117 und 76/207 werden ergänzt 7 durch die RL 97/80/EG betreffend die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes (Beweislast-RL; § 5 Rn 68) und die RL 86/378/EWG (idF RL 96/97/EG) betreffend betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit. Für den Geltungsbereich des GlBG relevant ist auch noch die RL 86/613/EWG betreffend die Gleichbehandlung bei selbständiger Erwerbstätigkeit, deren Auswirkungen bisher aber wohl eher beschränkt waren. Am Rande relevant ist auch die RL 79/7/EWG betreffend die Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit (vgl § 3 Rn 170). Der Anwendungsbereich des Art 141 Abs 1 einerseits und der RL 76/207, 79/7 und 86/613 andererseits schließen einander aus. Die Abgrenzung ist auch erforderlich, weil diese RL idR nicht unmittelbar anwendbar sind, und Ausnahmen vom Grundsatz der Gleichbehandlung nur bei den RL ausdrücklich vorgesehen sind. Ende 2004 erließ der Rat eine weitere RL, nämlich die 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Sie betrifft nicht unmittelbar die Arbeitsbeziehungen, ist für diese aber jedenfalls deshalb interessant, weil sie die gemeinschaftsrechtlichen Begriffe und Vorstellungen zur Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes erneut zusammenfasst. In der Sache ergänzt sie die Antidiskriminierungs-RL und verpflichtet konkret jedenfalls dazu, in die §§ 30 ff GlBG auch die Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes einzubeziehen. Die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zur Gleichbehandlung 8 von Frauen und Männern wurden mit dem Beitritt Österreichs zur EU mit 1.1.1995 für und in Österreich als Gemeinschaftsrecht voll wirksam. Inhaltlich war das Wesentliche aber schon aufgrund des EWR-Vertrages ab 1.1.1994 verbindlich gewesen. Einschlägig war Art 69 des EWR-Abkommens und dessen Anhang 18. Vorschriften des Gemeinschaftsrechts können an sich durchaus auch auf „die gegenwärtigen und künftigen Wirkungen von Sachverhalten angewandt werden, die vor dem Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union entstanden sind.“ (EuGH 18.4.2001, C-290/ 41
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00-Duchon; vgl auch EuGH 18.11.2004, C-284/02-Sass Rn 24, wonach das Gemeinschaftsrecht auf Sachverhalte anwendbar sein kann, die sich vor seinem Wirksamwerden für diese Sachverhalte ereignet haben). Für bestimmte Fälle kann aber anderes gelten. So hat der EuGH zu Art 119 alt schon in der Entscheidung Defrenne II gesagt, dass Art 119 für die Beitrittsländer des Jahres 1973 erst ab dem Beitritt gilt (EuGH 8.4.1976, Rs 43/75 Rn 59). Besondere Bedeutung hat die Frage des Beginns des zeitlichen Bedingungsbereiches für Betriebspensionen (dazu § 3 Rn 180 ff). Für andere Probleme hat die Frage heute, 10 Jahre nach dem Beitritt, wohl kaum mehr Relevanz. 9 Die EU-Kommission hat am 21.4.2004 einen Vorschlag für eine konsolidierende RL gemacht, welche viele bestehenden RL zusammenfassen soll (KOM (2004) 279), und zwar die Entgelt-RL, die GleichbRL, die RL betreffend betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit, sowie jene zur Beweislast (RL 75/117/EWG, RL 76/ 207/EWG, RL 2002/73/EG, RL 86/378/EWG, RL 96/97/EG, RL 97/80/EG, RL 98/52/EG). Die Kommission sagt, der Entwurf fasse nur das bestehende Recht zusammen, indem in den Text der RL die Judikatur des EuGH eingearbeitet wurde. Kritiker sagen, dass der Entwurf darüber hinausgeht, weil er etwa die Beweiserleichterung und das Verbandsklagerecht auf neue Bereiche ausdehne. Nach Auffassung Anderer enthält der Entwurf hingegen nicht genug Neuerungen. 2. Zum Inhalt 10 Art 141 Abs 1 EGV, den Abs 2 (nur) ergänzt, verbietet jede „Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes“ (vgl Art 141 Abs 2) beim Entgelt, das einem ArbN oder einer ArbN bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit bezahlt wird. Die Judikatur hat, so wie vorher schon die RL 76/207, das Verbot über unmittelbare hinaus auf mittelbare Diskriminierungen (§ 5 Rn 26 ff) erweitert. Art 141 Abs 1 und 2 geben den wesentlichen Inhalt des geltenden Gebotes der Entgeltgleichheit (§ 3 Rn 4 ff) aber nur sehr unvollkommen wieder. Art 141 Abs 1, die GleichbRL und die anderen RL zur Gleichbehandlung haben denselben zentralen Regelungsgehalt. Die RL sprechen, weitgehend übereinstimmend, von einem Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter (oder Gleichbehandlungsgrundsatz). Sie verstehen darunter, „dass keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes erfolgen 42
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darf.“ (Art 2 RL 76/207, Art 5 RL 86/378, Art 4 RL 79/7, Art 2 RL 97/80). Die Konzepte/Begriffe der unmittelbaren und der mittelbaren Diskriminierung wurden zuerst durch die Beweislast-RL definiert, und werden nun in allen RL zur Gleichbehandlung umschrieben. Die Definitionen stimmen nicht immer genau überein. Für die Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes wird man heute von der jüngsten Fassung der GleichbRL durch RL 2002/73/EG ausgehen (vgl § 3 Rn 5). Annäherungsweise kann man sagen: Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes ist jede Verschiedenbehandlung aufgrund des Geschlechtes ohne ausreichende Rechtfertigung. Der Begriff „Grundsatz der Gleichbehandlung“ wird nun auch in Art 141 Abs 3 und 4 EGV verwendet. Daraus folgt wohl, dass schon das Primärrecht diesen Grundsatz nun nicht mehr nur für das Entgelt, sondern für alle Arbeitsbedingungen enthält (wohl aA Grabitz/Hilf/Langenfeld EGV Art 141 Rn 4 mwN). Allerdings ist er nur nach Maßgabe des Art 141 Abs 1 und damit für das Entgelt unmittelbar anwendbar. Der Inhalt des primärrechtlichen Grundsatzes wird so wie in den RL zu umschreiben sein; vor allem § 5 übernimmt daraus das Wesentliche. Fraglich ist, ob der Begriff „Gleichbehandlungsgebot“ im GlBG genau dasselbe bedeutet wie Gleichbehandlungsgrundsatz (dazu § 2 Rn 2). Art 141 und die RL 76/207 schützen grds nicht nur Frauen, son- 11 dern ebenso Männer vor Benachteiligung auf Grund des Geschlechtes. Das Verbot einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wirkt also rechtlich „nach beiden Seiten“, auch wenn es in der Mehrzahl der Fälle dazu dient, Benachteiligungen von Frauen entgegenzuwirken. Nicht wenige wichtige Entscheidungen ergingen auf Klagen von Männern. Aufgrund der gleichsam geschlechtsneutralen Fassung des Gleichbehandlungsgebotes kann auch der bei arbeitsrechtlichen RL anzutreffende Grundsatz, wonach Mitgliedstaaten „strengere“ Vorschriften erlassen dürfen, nicht oder nur eingeschränkt gelten, soweit es um die Position der Betroffenen zueinander geht; jede Änderung würde hier zum Nachteil der Angehörigen des anderen Geschlechtes ausschlagen (in diese Richtung die E des EuGH zu Vorrangregeln; vgl insb 17.10.1995, C-450/93-Kalanke; 11.11.1997, C-409/95-Marschall; § 8 Rn 18 ff). Daher erlaubt Art 8e Abs 1 GleichbRL unter dem Titel „Günstigkeitsprinzip“ den Mitgliedstaaten nur „Vorschriften …, die im Hinblick auf die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes günstiger“ sind als die RL. Der Grundsatz selbst darf 43
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also nicht verändert werden. Vom EG-Recht kann daher zum Vorteil des „unterrepräsentierten Geschlechtes“ – nur – nach Maßgabe jener Vorschriften des Gemeinschaftsrechtes abgegangen werden, die positive Maßnahmen (= Fördermaßnahmen) ausdrücklich erlauben. Ein Abgehen vom Grundsatz erlaubt Art 141 Abs 4 EGV. Der Entwurf für eine konsolidierte RL (Rn 9) formuliert in Art 14 auch entsprechend. Art 8b GleichbRL enthält also keine über Art 141 hinausgehende Ausnahme, sondern betrifft nur fördernde Maßnahmen, welche den Grundsatz selbst nicht verletzen (vgl zu § 8). Denkbar und zulässig sind strengere Vorschriften hingegen oft im Verhältnis zu Dritten, hier zum Nachteil va des ArbG. So könnte der Mitgliedstaat die Beweislast über die RL 97/80 hinaus auf den ArbG verschieben oder die Rechtsfolgen einer Diskriminierung zum Vorteil der Diskriminierten verschärfen. Österreich hat dies aber kaum getan – eher das Gegenteil. 12 Art 141 Abs 3 und 4 EGV unterscheiden vom Grundsatz der Gleichbehandlung deutlich sowohl das Ziel der „vollen Gleichstellung“ wie den „Grundsatz der Chancengleichheit“. Abs 4 zeigt, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung keineswegs alle Maßnahmen zur Verwirklichung von der vollen Gleichstellung mit umfasst, sondern vielmehr solchen Maßnahmen an sich entgegenstehen kann. Maßnahmen, welche Frauen oder Männer gezielt und unter Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung bevorzugen, sind nur nach Maßgabe des Art 141 Abs 4 EGV zulässig (vgl Art 2 Abs 8e GleichbRL, sowie Rn 11, § 2 Rn 1 und zu § 8). Ähnliches gilt auch zum Verhältnis von Gleichbehandlung und Chancengleichheit (§ 2 Rn 1, 18) 13 Das spezielle Gleichheitsgebot des Art 141 betrifft (nur) die Gleichbehandlung beim Entgelt für ArbN in Bezug auf das Geschlecht. Art 141 enthält kein allgemeines Gebot gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit. Art 141 Abs 1 EGV gilt, wie va Abs 2 zeigt, nur für das Entgelt eines ArbN und daher nur für Arbeitsverhältnisse. Der Begriff „Arbeitnehmer“ ist gemeinschaftsrechtlich auszulegen. Entscheidend ist das Vorliegen eines Unterordnungsverhältnisses: Selbständige Erbringer von Dienstleistungen, die gegenüber dem Empfänger nicht in einem Unterordnungsverhältnis stehen, fallen nicht unter ArbN iSd Art 141; Die Frage, ob ein solches Unterordnungsverhältnis vorliegt, ist vom nationalen Gericht zu beantworten. Auf die Einstufung im nationalen Recht kommt es 44
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aber nicht an (EuGH 13.1.2004, C-256/01-Allonby Rn 68, 71). Die Mitgliedstaaten müssen daher Art 141 auf alle ArbN iSd dieser Bestimmung anwenden, auch wenn der nationale ArbN-Begriff enger ist; der ArbN-Begriff des österr Arbeitsrechts könnte partiell enger sein als jener des Art 141 (Rn 21 ff). Die GleichbRL gilt jedenfalls für ArbN und Arbeitsverhältnisse; insoweit gilt das eben zu Art 141 Gesagte. Ihr Anwendungsbereich geht aber partiell darüber hinaus, uzw jedenfalls beim Zugang zur Beschäftigung, weil Art 3 der RL auch den Zugang zur selbständigen Erwerbstätigkeit erfasst (Rn 45). Es ist fraglich, inwieweit dieses weite Verständnis auch für die anderen Gebote dieser RL (insb Beschäftigungsbedingungen) maßgebend ist. Jedenfalls erfasst sind selbständige Vertragspartner von den RL 86/378 und RL 86/613 (Art 3). III. Bedeutung des Gemeinschaftsrechts neben dem 1. Teil des GlBG Zu unterscheiden ist zwischen unmittelbar und mittelbar anwend- 14 barem Gemeinschaftsrecht. Die österr Gerichte und Verwaltungsbehörden haben das unmittelbar anwendbare Gemeinschaftsrecht (Rn 15) anzuwenden, auch wenn nationales Recht entgegensteht. Bestehen Unklarheiten über den Inhalt des Gemeinschaftsrechts, so kann jedes Gericht die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegen, der OGH ist dazu verpflichtet. Auch das nicht unmittelbar anwendbare Gemeinschaftsrecht (Rn 16) ist von den österr Gerichten zu beachten: Sie haben die nationalen Normen gemeinschaftskonform zu interpretieren (Rn 17). Die Möglichkeit oder Pflicht zur Vorlage gilt auch hier. Sie erfasst auch Regeln, welche die Gerichte selbst entwickelt haben. Österr Gerichte haben schon öfters vorgelegt, es wurde aber nicht jede wesentliche Frage bereits vorgelegt, wie etwa Begünstigungen für Angehörige (§ 3 Rn 41 ff) oder das Dienstalter als Kriterium bei der Sozialauswahl (§ 3 Rn 166). Unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht kann auch neben 15 dem nationalen Recht direkt zur Begründung von Rechtsbegehren herangezogen werden. Unmittelbar anwendbar ist im vorliegenden Zusammenhang (nur) Art 141 Abs 1 EGV. Diese Norm begründet in der Folge ein subjektives Recht jedes(r) ArbN iSd Art 141 va gegenüber dem ArbG, bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit ohne Rücksicht auf das Geschlecht gleich entlohnt zu werden. Dieses Individualrecht zählt zu den Grundlagen des Gemeinschaftsrechts 45
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(EuGH 8.4.1976, Rs 43/5-Defrenne II Rn 12, 40). Auf dieses Recht kann sich der/die ArbN vor den nationalen Gerichten berufen. Art 141 Abs 1 EGV ist neben dem österr GlBG unmittelbar anwendbar. Konkret folgt daraus, dass Art 141 Abs 1 neben § 12 Anspruchsgrundlage ist. Art 141 EGV gilt aber nur für Fragen des Entgelts iSd Art 141, nicht auch für andere Arbeitsbedingungen. Wiederum kann dieser Entgeltbegriff aber weiter sein als jener des österr Arbeitsrechts oder auch des GlBG. Das Gebot des Art 141 Abs 1 erfasst dann alle vermutlich einschlägigen Rechtssätze und Regelungen, also insb KollV, Betriebsvereinbarungen und Allgemeine Arbeitsbedingungen. Insb dürfen gegen Art 141 Abs 1 verstoßende Regelungen (zB KollV) nicht angewendet werden (§ 11; § 3 Rn 21). Konkret kann Art 141 als Anspruchsgrundlage relevant sein, soweit die Ansprüche aus Diskriminierung beim Entgelt nach § 15 früher verjähren würden als dies nach dem Gemeinschaftsrecht zulässig ist (vgl § 3 Rn 34; § 12 Rn 2). Auf Art 141 Abs 1 EGV können sich alle ArbN iSd Art 141 EGV berufen; dazu können auch Arbeitsleistende zählen, die nicht zu den ArbN iSd österr Arbeitsvertragsrechts zählen (Rn 13). 16 Die Richtlinien zu anderen Arbeitsbedingungen als das Entgelt sind nicht unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht. Dies gilt insb für die GleichbRL 76/207 (zB OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/ 98h). Private können sich auf nicht unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht im Verhältnis zu anderen Privaten grundsätzlich nicht berufen, dh staatliche Organe haben es im Verhältnis zwischen Privaten grundsätzlich nicht anzuwenden (vgl Öhlinger/ Potacs, Gemeinschaftsrecht2 59; Eilmannsberger, JBl 2004, 283 ff, 364 ff; aA Bieback/Steinmeyer, Art 141 Rn 11). Der EuGH hat die Unterscheidung gerade an der RL 76/207 entwickelt (EuGH 26.2.1986, Rs 152/84-Marshall I Rn 30 ff), und seither an sich daran festgehalten. Im Regelungsbereich der RL, insb der GleichbRL, ist daher primär das nationale Recht maßgebend, also das GlBG. Die RL dienen zu dessen Auslegung. Die Gerichte sind zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung und Anwendung auch des GlBG verpflichtet (vgl Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht 78 ff; Canaris in FS Bydlinski, 2001, 47 ff). Die Möglichkeiten und Grenzen eines richtlinienkonformen Verständnisses richten sich dabei zuerst einmal nach den Methodenregeln des nationalen Rechts. Die Grenze einer Auslegung wird danach (erst) erreicht sein, wenn der Wortlaut des nationalen Gesetzes eindeutig eine Berücksichtigung 46
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des Gemeinschaftsrechts nicht zulässt (vgl speziell zur Gleichbehandlung zB OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/98h). Allerdings beschränkt sich das Gebot der gemeinschaftsrechtskonformen Interpretation aus österr Sicht nicht nur auf die Auslegung ieS, sondern verlangt auch eine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Rechtsfortbildung im Wege der Lückenfüllung durch Analogie und der teleologischen Reduktion. Entspricht das nationale Recht der RL auch nach gemeinschaftsrechtskonformer Anwendung nicht der RL, so kommt im Verhältnis zwischen Privaten daher allenfalls ein Anspruch auf Staatshaftung in Betracht (Öhlinger/Potacs aaO 172). Da die Formulierungen des GlBG in vielen entscheidenden Punkten vor allem zum Tatbestand offen und/oder unklar (zB §§ 3, 5, 12 Abs 12) sind, wird diese Grenze nur selten überschritten werden können. Das österr Recht ist daher für gemeinschaftsrechtkonforme Anwendung grds offen; am engsten sind die vom Wortlaut gezogenen Grenzen wohl bei den Rechtsfolgen. Allerdings ist die Lage im Gemeinschaftsrecht in manchen Fragen nicht sehr klar und eindeutig, zumal der EuGH viele wichtigen Fragen den nationalen Gerichten zur Beurteilung überlässt (zB ob Sachverhalte wirklich vergleichbar sind, § 3 Rn 8, ob die Zahlen für eine vermutete Benachteiligung sprechen, § 5 Rn 38, und ob eine Rechtfertigung möglich ist, § 5 Rn 46). Der EuGH hat nach verbreiteter Auffassung die Anforderungen an 17 die richtlinienkonforme Anwendung jüngst in der E Pfeiffer verschärft (EuGH 5.10.2004, C-397/01-Pfeiffer Rn 110 ff; vgl dazu zB Brenn, ÖJZ 2005, 41 ff mwN; Abig, ZESAR 2005/2, 93 ff; Roth, in Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, 2005). Er verlangt, dass die nationalen Behörden wirklich alle nach dem nationalen Recht gegebenen Möglichkeiten einsetzen, um RL auch zwischen Privaten zur Geltung zu bringen. Insb müssen sie die im nationalen Recht sonst bestehenden Möglichkeiten zur Rechtsfortbildung voll einsetzen und (auch dabei) davon ausgehen, dass der Gesetzgeber die RL umfassend umsetzen wollte (außer er sagt ausdrücklich anderes). Dies kann dazu führen, dass die richtlinienwidrige Bestimmung bis auf Null zu reduzieren ist. Probleme bereitet diese Anwendung der RL zwischen Privaten aber in Fällen, in denen daraus eine zusätzliche Verpflichtung Privater folgte (vgl Eilmannsberger aaO), auch weil sich die RL dann doch an Private und nicht nur an die Mitgliedstaaten wendete; den EuGH scheint dies aber nicht mehr zu stören. Bei den Diskriminierungsverboten der RL geht es durchwegs um 47
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Verpflichtungen Privater. Die nationalen Behörden sind aber weiterhin nur zur gemeinschafts- bzw richtlinienkonformen Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts verpflichtet, soweit dies nach den nationalen Regeln zur Anwendung und Auslegung möglich ist, und nicht zur unmittelbaren Anwendung der RL. 18 Die unmittelbare Anwendung der RL, insb der RL 76/207 kommt allerdings im Verhältnis zum Staat in Betracht, auch wenn dieser nicht als Hoheitsträger sondern als ArbG auftritt (EuGH 26.2.1986, Rs 152/84-Marshall I Rn 46 ff; 12.7.1990, C-188/89Foster; 2.8.1993, C-271/91-Marschall II Rn 21; 20.3.2003, C-187/ 00-Kutz-Bauer Rn 71). Grundlage dafür kann derzeit allein das Gemeinschaftsrecht sein (das nationale Recht könnte darüber hinausgehen, das österr Recht tut dies aber derzeit nicht). Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendung sind: der ArbG ist dem Staat zurechenbar, die RL ist unbedingt und hinreichend genau bestimmt, und die Ausführungsfrist ist bereits abgelaufen. Die Abgrenzung Privater – Staat ist in Grenzfällen nicht klar (vgl allg Wernicke, Die Privatwirkung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, 2001). Die RL 76/207 ist jedenfalls bei jenen Arbeitsverhältnissen unmittelbar anwendbar, die gem § 1 Abs 2 Z 2 und 3 von der Anwendung des GlBG ausgenommen sind, weil „der Einzelne, wenn er sich gegenüber dem Staat auf eine RL berufen kann, dies unabhängig davon tun kann, in welcher Eigenschaft – als ArbG oder als Hoheitsträger – der Staat handelt. In dem einen wie dem anderen Fall muss verhindert werden, dass der Staat aus seiner Nichtbeachtung des Gemeinschaftsrechts Nutzen ziehen kann.“ (EuGH 5.2. 2004, C-157/02-ASFINAG Rn 23; 26.2.1986, Rs 152/84-Marshall I Rn 49; E Foster Rn 17). Die RL kann aber auch bei Arbeitsverhältnissen unmittelbar anwendbar sein, die dem GlBG unterliegen. Die Zurechnung eines ArbG zum Staat wird nämlich im Interesse der ArbN weit gezogen und eher bejaht. Es genügt, dass es sich um eine Einrichtung handelt, „die unabhängig von ihrer Rechtsform kraft staatlichen Rechtsakts unter staatlicher Aufsicht eine Dienstleistung im öffentlichen Interesse zu erbringen hat und die hierzu mit besonderen Rechten ausgestattet ist, die über die für die Beziehungen zwischen Privatpersonen geltenden Vorschriften hinausgehen.“ (EuGH E Foster Rn 18-20; 4.12.1997, C-253/96-Kampelmann Rn 46; E ASFINAG Rn 24). Hierzu gehören Gebietskörperschaften oder Einrichtungen, denen – unabhängig von ihrer Rechtsform – durch Hoheitsakt die Erbringung einer Dienstleis48
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tung im öffentlichen Interesse unter der Aufsicht des Staates übertragen worden ist. Man wird dazu wohl auf die Abgrenzung zum Vergaberecht zurückgreifen können (dazu Potacs in: Griller/ Holoubek, Grundfragen des Bundesvergabegesetzes 2002), weil die Zielrichtungen wohl ähnlich sind: Den für den Staat geltenden Regeln sollen jene „Privaten“ unterworfen werden, welche auf einem Markt mit einem dank staatlicher Regelung nicht voll entwickeltem Wettbewerb agieren können. In der E Asfinag hat der EuGH die unmittelbare Anwendbarkeit bejaht, weil es sich um ein öffentliches Unternehmen mit staatlichem Auftrag handelt, dessen Leistungsentgelte vom Staat festgesetzt werden und das einer laufenden Kontrolle unterliegt (E Asfinag Rn 25 ff). Zu den zuzurechnenden Einrichtungen zählen etwa die Post (Briefmonopol, Universaldienst), ORF (Gebührenrecht), Agrarmarkt-Austria (Agrarbeihilfen), Universitäten (Studien als „hoheitliche“ Aufgabe), die Telekom (aufgrund des Universaldienstes) und wohl auch die öffentlichen Elektrizitätsgesellschaften. Fraglich ist ob allein die Tatsache der Betriebspflicht ausreicht, wie sie etwa bei „öffentlichen Krankensanstalten“ und Kraftfahrlinien besteht, und ob der massive Einsatz öffentlicher Mittel bei den ÖBB ausreicht. Bei den ÖBB spricht für das Einbeziehen, dass sie insb im Infrastrukturbereich nicht voll im Wettbewerb steht. In der Literatur wird vertreten, dass bereits der beherrschende Einfluss einer Gebietskörperschaft für die Zurechnung ausreiche (Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht, 109) oder eine besondere Nahebeziehung eines privaten Unternehmens zum Staat (Streinz/Streinz EGV Art 249 Rn 73). ME geht dies über die Judikatur des EuGH hinaus, und kann dann mangels anderer Grundlage im nationalen Recht von den österr Gerichten auch nicht autonom bejaht werden. Eine unmittelbare Anwendung von RL setzt überdies stets voraus, dass der Inhalt der konkreten Bestimmung unbedingt ist, das heißt dem Mitgliedstaat keinen größeren Gestaltungsspielraum einräumt, und dass er hinreichend bestimmt ist (Öhlinger/Potacs aaO 59 f). Der Grundsatz der Gleichbehandlung selbst ist nun zwar unbedingt (Gestaltungsspielräume haben die Mitgliedstaaten idR nur bei den Ausnahmen), fraglich ist aber, ob er in allen Facetten auch hinreichend bestimmt ist. Zur alten Fassung der GleichbRL hat der EuGH gesagt, dass die Bürger das in Art 5 Abs 1 enthaltene Verbot von Diskriminierungen gegenüber einem „Hoheitsträger“ geltend machen können (EuGH 26.2.1986, Rs 152/84-Marshall I Rn 49; 12.7.1990, C-188/89-Foster Rn 19, 21; 20.3.2003, C-187/00-Kutz49
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Bauer Rn 71); das wird wohl auch nach der Änderung der GleichbRL gelten (GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 232). IV. Geltung für Arbeitsverhältnisse 1. Allgemeines 19 Nach § 1 Abs 1 gelten die Bestimmungen des I. Teiles „für den Bereich der Arbeitswelt“; in der Folge werden verschiedene Tatbestände aufgezählt. Diese Aufzählung ist wohl abschließend (gemeint), schon weil das Wort „insbesondere“ fehlt. Die §§ 2 ff können dann nicht unmittelbar aufgrund der Worte „für den Bereich der Arbeitswelt“ angewendet werden, sondern nur auf einen Sachverhalt, der unter eine der Ziffern 1 bis 4 des Abs 1 fällt. Allerdings könnte das Gemeinschaftsrecht die Anwendung in einem Fall verlangen, der unter keine der Z 1 bis 4 passt. In diesem Fall wird man wohl unter „Bereich der Arbeitswelt“ subsumieren können und müssen. Nach dem letzten Halbsatz des Abs 1 begründen die Z 1 bis 4 die Anwendbarkeit nur insoweit, als „dies“ – gemeint wohl: eine der davor genannten Regelungsmaterien – in die Regelungskompetenz des Bundes fällt (womit wohl die Kompetenz zur Gesetzgebung gemeint ist). Diese Regelungstechnik wird zwar gern gewählt, sie ist aber dennoch ganz schlecht. Der Rechtsanwender muss dafür selbst klären, ob der Bund für die konkrete Rechtsfrage zuständig ist. Diese Vorgangsweise wäre schon bei klarer Kompetenzverteilung schwierig. Bei der vorhandenen chaotischen Kompetenzverteilung ist sie schlicht unzumutbar und auch gemeinschaftsrechtswidrig, und wohl auch verfassungswidrig. Die Schwierigkeiten spielen aber in der Praxis keine sehr große Rolle; näheres bei den einzelnen Tatbeständen. 2. Arbeitsverhältnisse 20 Die §§ 2 bis 15 gelten gem § 1 I 1 für „Arbeitsverhältnisse aller Art, die auf privatrechtlichem Vertrag beruhen“. Sie gelten also für alle nicht ausdrücklich ausgenommenen Arbeitsverhältnisse, auch für ArbN in Kleinbetrieben und in privaten Haushalten. Mit Arbeitsverhältnissen sind primär jene Rechtsverhältnisse gemeint, die nach österr Recht Arbeitsverhältnisse sind. Damit wird auf den Arbeitnehmer- bzw Arbeitsvertragsbegriff des österr Individualarbeitsrechts verwiesen. Die Abgrenzung ist auch für das GlBG wesentlich, weil Dienstleistungen auf anderer Grundlage – insb auf der Basis von freien Dienst-, Werk- oder Gesellschaftsverträgen oder 50
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familienhafter Mitarbeit – grds nicht oder doch nicht ohne weiteres dem 1. Teil des GlBG unterliegen. Für diese anderen Formen der Dienstleistung gilt der I. Teil vielmehr nur, wenn entweder § 1 Abs 3 eingreift oder wenn das Gemeinschaftsrecht die Anwendung erfordert. Das Gemeinschaftsrecht erfordert die Anwendung der §§ 2 bis 15 21 zumindest für alle ArbN iSd Art 141 EGV. Jüngst hat der EuGH (Plenum), soweit zu sehen, erstmals zum Begriff des ArbN in Art 141 Stellung genommen (EuGH 13.1.2004, C-256/01-Allonby Rn 63 ff). Er geht davon aus, dass der ArbN-Begriff des Art 141 dort nicht definiert wird, und dass es im Gemeinschaftsrecht keinen einheitlichen ArbN-Begriff gibt, sondern dass die Bedeutung dieses Begriffes vom jeweiligen Anwendungsbereich abhängt (EuGH 12.5.1998, C-85/96-Martínez Sala Rn 31). Der Begriff kann auch nicht durch Verweisung auf die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten definiert werden, sondern hat eine gemeinschaftsrechtliche Bedeutung; „Außerdem kann er nicht eng ausgelegt werden.“ In der Folge orientiert der EuGH den ArbN-Begriff des Art 141 aber sehr stark (wenn nicht vollständig) an der Begriffsbildung zur Freizügigkeit (obwohl die Rahmenbedingungen mE stark differieren; vgl Rebhahn in Schwarze EUV Art 136 Rz 18). Als ArbN ist dann „anzusehen, wer während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält“ (so zur Gleichbehandlung zB EuGH 3.7.1986, Rs 66/85-Laurie Blum Rn 17). Aus dem Zusammenhalt mit der Umschreibung des Entgelts in Art 141 Abs 2 leitet der EuGH dann (wenig zwingend) ab, dass der EGV „selbständige Erbringer von Dienstleistungen, die gegenüber dem Empfänger der Dienstleistungen nicht in einem Unterordnungsverhältnis stehen, nicht in den Begriff ‚Arbeitnehmer“ einbeziehen“ will (E Allonby). Die Frage, ob das geforderte Unterordnungsverhältnis vorliegt, ist in jedem Einzelfall nach Maßgabe aller Gesichtspunkte und aller Umstände zu beantworten, die die Beziehungen zwischen den Beteiligten kennzeichnen. Sofern jemand ArbN im Sinne von Art 141 Abs 1 ist, ist die – vom nationalen Recht bestimmte – Art des Rechtsverhältnisses zwischen ihm und der anderen Vertragspartei für die Anwendung dieses Artikels unerheblich. „Die formale Einstufung als Selbständiger nach innerstaatlichem Recht schließt nicht aus, dass jemand als ArbN im Sinne von Art 141 Abs 1 einzustufen ist, wenn seine Selbständigkeit nur fiktiv ist und damit ein Arbeits51
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verhältnis im Sinne dieses Artikels verschleiert.“ (E Allonby Rn 68– 71, 79). Zu prüfen sei insb, inwieweit die Freiheit bei der Wahl von Zeit, Ort und Inhalt ihrer Arbeit eingeschränkt ist. 22 Entscheidend ist also das Vorliegen eines Unterordnungsverhältnisses. Die Frage ob ein solches Unterordnungsverhältnis vorliegt, ist vom nationalen Gericht zu beantworten; auf die Einstufung im nationalen Recht kommt es aber nicht ein. Die ArbNEigenschaft ist anhand objektiver Kriterien und damit anhand der Rechte und Pflichten der Parteien zu bestimmen. Art 141 gilt nur für Leistungen, die wirtschaftlich wertvoll sind; eine „Vergütung“ und damit Entgeltlichkeit ist erforderlich. Zentral ist die Frage, ob die Arbeitsleistung fremdbestimmt erfolgt. Die Anwendung des Art 141 wird weder durch Befristung noch Teilzeit noch Arbeitnehmerüberlassung ausgeschlossen. Diese Abreden, insb jene von Teilzeit, sprechen auch nicht gegen die Fremdbestimmung (zur zeitlich geringeren Beschäftigung zB EuGH 3.7.1986, Rs 66/85Laurie Blum Rn 21). Auch ein ArbV, bei dem sich das Ausmaß und die Ausgestaltung der Arbeitszeit nach dem Arbeitsanfall richten und im Einzelfall erst einvernehmlich zwischen den Parteien festgelegt werden (Arbeit auf Abruf ohne Zusage einer Mindestverwendung), unterliegt der GleichbRL (EuGH 12.10.2004, C 313/ 02-Wippel Rn 31) und wohl auch Art 141 Abs 1. Selbst das Fehlen der Pflicht zur Arbeitsleistung schließt bei Arbeit auf Abruf die ArbN-Eigenschaft nicht aus (EuGH 13.1.2004, C-256/01-Allonby Rn 72). Dies muss dann auch für andere Formen als Arbeit auf Abruf gelten. Der EuGH löst damit den ArbN-Begriff von der Pflicht zur persönlichen Dienstleistung. Dies überzeugt jedenfalls dann, wenn der Vertragspartner gleichwohl über die Arbeitskraft wie bei einem ArbN disponieren kann. Die EU-Kommission hat im Verfahren zur Rs Wippel vertreten, dass der ArbN-Begriff des Art 141, insb aufgrund des unterschiedlichen Regelungszusammenhanges, über jenen des Art 39 EGV hinausgehen und auch „neue Arbeitnehmer“ erfassen könne, also auch Dienste Leistende, bei denen nach dem traditionellen Verständnis die Merkmale der Selbständigkeit überwiegen (in diesem Sinne bereits Schwarze/Rebhahn, EUV/EGV Art 22). Der EuGH hat dies nicht aufgegriffen, und die E Allonby spricht eher gegen diese extensive Sicht. 23 Die §§ 2 ff gelten in erster Linie für das Rechtsverhältnis zwischen einem einzelnem ArbG und dessen ArbN. Sie verpflichten damit 52
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den ArbG und erfassen alle Einzelmaßnahmen und kollektiven Maßnahmen des ArbG einschließlich der Betriebsvereinbarungen (§ 3 Rn 11 ff). Die Normen gelten, wie § 12 belegt, ebenfalls für KollV. Auch die Bewerber um einen Arbeitsplatz fallen unter den ArbN-Begriff des Gleichbehandlungsrechts, schon weil die GleichbRL auch für die Einstellung gilt. Die Bedeutung der Einschränkung des Anwendungsbereiches auf Fragen, für welche der Bund zur Regelung zuständig ist, dürfte bei Z 1 eher gering sein, weil der Bund wohl erstens für alle Arbeitsverhältnisse zur Gesetzgebung zuständig ist, die nicht in § 1 Abs 2 ausdrücklich ausgenommen sind, und zweitens bei diesen Arbeitsverhältnissen dann auch zur Regelung der im GlBG geregelten Fragen. Die Begriffe des Arbeitsvertrages und des ArbN nach österr Indi- 24 vidualarbeitsrecht müssen hier nicht im Detail dargelegt werden; es kann auf die einschlägige Literatur verwiesen werden (vgl insb Krejci in Rummel-ABGB, § 1151 Rn 1 ff; Pfeil in SchwimannABGB, § 1151 Rn 1 ff). Maßgebend ist danach die Leistung von Diensten für einen anderen und die Verpflichtung dazu. Entscheidend ist, dass die Dienste unselbständig und damit in persönlicher Abhängigkeit erbracht werden. Entgeltlichkeit ist nicht erforderlich; das GlBG geht damit über das vom Gemeinschaftsrecht Geforderte hinaus. Das Angewiesensein der Dienste leistenden Person auf die Einnahmen aus der Dienstleistung ist für die Qualifikation als ArbN weder ausreichend noch erforderlich. Das Merkmal der persönlichen Abhängigkeit ist ein Typusbegriff: es kommt auf die Ausprägung verschiedener Merkmale bei einer Gesamtbetrachtung an, wobei es ausreicht, wenn die Indizien für eine unselbständige Tätigkeit überwiegen. Relevant ist die Art, wie die Dienstleistung tatsächlich durchgeführt wird; vor deren Beginn wie sie tatsächlich durchgeführt werden soll. Die Bezeichnung des Vertrags durch die Parteien als Werkvertrag oder freier Dienstvertrag allein kann das Rechtsverhältnis nicht dem Arbeitsrecht und damit – schon wegen des Gemeinschaftsrechts – auch nicht dem GlBG entziehen; andererseits kann die Bezeichnung als ArbV jedenfalls in Zweifelsfällen wohl zur Anwendung des Arbeitsrechts und damit auch des GlBG führen. Auch das Fehlen der Pflicht zur Dienstleistung (etwa durch Vereinbarung einer allg Vertretungsbefugnis) schließt die ArbNEigenschaft nicht aus, falls der Vertragspartner dennoch über die Arbeitskraft wie bei einem ArbN verfügt bzw verfügen kann, insb weil von der Vertretungserlaubnis nicht Gebrauch gemacht wird 53
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(weil der Dienste Leistende weiß, dass er bei Weigerung nicht mehr herangezogen wird; vgl OGH 13.11.2003, 8Ob A 86/03k). Die Judikatur des EuGH könnte darüber hinausgehen (vorige Rn). Auch der OGH hat in seiner Vorlageentscheidung in der E Wippel zum österr Recht von der Pflicht zur Arbeitsleistung auch für Fälle abgesehen, in denen der Unternehmer über die Arbeitskraft wohl nicht wie bei einem ArbN disponieren wollte und konnte (8.8.2002, 8 Ob A 277/01w; dazu Mosler DRdA 2002, 461). 25 Die wichtigsten Merkmale der persönlichen Abhängigkeit sind nach hM die Bindung der Dienste leistenden Person in Bezug auf Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenes Verhalten, wobei die Bindung entweder bereits durch den Vertrag oder durch Weisung (Weisungsrecht) erfolgen kann; wesentlich ist jedenfalls das Recht des Vertragspartners, die Einhaltung der Bindungen zu kontrollieren, und bei Pflichtverletzung Sanktionen zu ergreifen. Neben diesen Bindungen ist zweitens die Einordnung der die Dienste leistenden Person in die Arbeitsorganisation des Vertragspartners wesentlich; ein ArbV kann aber auch bestehen, wenn der Vertragspartner nur eine Person beschäftigt. Neben den beiden genannten Merkmalen kann auch relevant sein, wem die Arbeitsmittel gehören und wer das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit tragen soll (allerdings werden diese Elemente mE eher nur als Argumente für die ArbNEigenschaft eingesetzt werden können). Die Anmeldung zur Sozialversicherung als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs 1 Z 1 ASVG ist (nur) ein Indiz für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses; die Anmeldung als freier Dienstnehmer nach ASVG oder die Anmeldung nach GSVG schließt das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses nicht aus. Wird eine Pflicht zu einem Arbeitserfolg vereinbart und die Entlohnung daran geknüpft, so kann dennoch ein ArbV vorliegen, falls die allg Merkmale dafür sprechen; die Pflicht zum Erfolg ist dann ungültig. Es ist mE fraglich, ob die üblicherweise als entscheidend genannten Merkmale der Bindung in bestimmten Fragen und der Kontrolle dieser Bindung wirklich geeignet sind, den Geltungsbereich zwingender arbeitsrechtlicher Vorschriften sachgerecht abzugrenzen, zumal auch bei anderen Verträgen Bindung und Kontrolle besteht. Besser wäre es vielleicht darauf abzustellen, ob die Dienste leistende Person die Dienste auch sonst am Markt anbietet; vgl zur Diskussion die Beiträge in: Pichler (Hrsg), Rechtliche Strategien zur Bewältigung der Wandlungen im Erwerbsleben, (2000); die Frage braucht hier nicht vertieft zu werden. 54
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§ 1 I 1 bezieht nur das Arbeitsverhältnis auf privatrechtlicher Grund- 26 lage ein. Nicht erfasst sind damit alle Dienstleistungen auf öffentlichrechtlicher Grundlage, wie insb bei Beamten. Die Bestimmung scheint zu verlangen, dass ein privatrechtlicher Vertrag bereits vorliegt, damit das GlBG eingreift. Dies ist aber offenkundig nicht gemeint, weil § 3 ausdrücklich auch die Begründung des ArbV nennt. Es reicht also, wenn der vermutete Vertragspartner der dienstleistenden Person ein Arbeitsverhältnis in Aussicht nimmt, auch wenn er bisher nicht als ArbG aufgetreten ist. § 1 spricht von „Arbeitsverhältnissen aller Art“. Erfasst sind also Arbeiter und Angestellte, aber auch alle gesondert durch ein Bundesgesetz geregelten ArbV (zB Schauspieler, Journalisten, Hausgehilfen). Es gibt keine Ausnahme für ArbN in Kleinbetrieben oder in privaten Haushalten. Erfasst sind auch in Teilzeit sowie befristet Beschäftigte. Heimarbeiter sind keine ArbN, der I. Teil ist aber gem § 1 Abs 3 anzuwenden. Eine Suspendierung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis ändert nichts an der Anwendbarkeit (zB in Bezug auf Vorrückung während der Suspendierung), weil das Rechtsverhältnis aufrecht bleibt. Der I. Teil gilt daher auch während des Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG und auch während eines Karenzurlaubes (§ 3 Rn 135, 140), sowie für Männer, die zum Präsenz- und Zivildienst einberufen sind, soweit es um das Rechtsverhältnis zum ArbG geht. Bei Ausbildungsverhältnissen fällt jedenfalls jenes nach BAG unter § 1 I 1, weil es nach hA ein Arbeitsverhältnis ist. Andere Ausbildungsverhältnisse fallen unter § 1 I 1, falls die Auszubildenden Dienste in persönlicher Abhängigkeit zu erbringen haben. Ist diese Voraussetzung jedoch nicht erfüllt, dann sind die Auszubildenden von § 1 nicht ausdrücklich erfasst. Das Bundes-GlBG bezieht hingegen alle Ausbildungsverhältnisse ausdrücklich in seinen Geltungsbereich ein. Im GlBG fehlt eine vergleichbare Norm. Aus § 1 I 2 GlBG folgt die umfassende Anwendbarkeit des I. Teiles auf die Auszubildenden, die keine ArbN sind, noch nicht, weil die §§ 2 ff danach nur für den Zugang zu Ausbildungsmaßnahmen gelten, nicht aber für die Ausgestaltung des Ausbildungsverhältnisses. Nach dem EuGH steht der Ausbildungszweck der ArbN-Eigenschaft nicht entgegen (EuGH 3.7.1986, Rs 66/85-Laurie Blum Rn 18). Daraus folgt aber wohl nicht, dass das Gemeinschaftsrecht das Einbeziehen von Nichtarbeitnehmern nicht nur beim Zugang zur Beschäftigung verlangt. Bei Arbeitnehmerüberlassung ist das GlBG jedenfalls auf das 27 Verhältnis zwischen Überlasser und ArbN anzuwenden. Das 55
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GlBG ist aber auch auf das Verhältnis Beschäftiger und ArbN anzuwenden, weil (auch) den Beschäftiger die wesentlichen Fürsorgepflichten treffen (§ 6 Abs 3 AÜG) und das Diskriminierungsverbot darunter subsumiert werden kann. Jeder der beiden ArbG hat sein Verhalten am GlBG auszurichten (OGH 26.8.2004, 8 Ob A 3/04f). Der Beschäftiger darf die überlassenen ArbN also auch bei der Arbeitseinteilung oder bei anderen Fragen nicht aufgrund des Geschlechtes benachteiligen. Sind die überlassenen ArbN in weit größerem Ausmaß Frauen/Männer als die Stammbelegschaft, dann könnte auch eine Benachteiligung der Überlassenen jedenfalls in jenen Fragen, in denen der Beschäftiger ArbG-Funktionen ausübt, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes sein. Soweit die Entscheidung allerdings vom Überlasser getroffen wird, hat eine zur Stammbelegschaft unterschiedliche Behandlung ihren Ursprung nicht in ein und derselben Regelungsquelle, sodass eine Diskriminierung ausscheiden dürfte (in diesem Sinne EuGH 13.1.2004, C-256/01-Allonby Rn 45 ff zum Entgelt, obwohl das Entgelt der überlassenen ArbN natürlich vom Entgelt abhängt, das der Beschäftiger dem Überlasser zahlt; vgl § 3 Rn 15, 104); anders wird nur zu entscheiden sein, wenn die beiden ArbG eng verbunden sind, also etwa in einem Konzern, jedenfalls bei einheitlicher Personalpolitik. 28 Ausgenommen vom I. Teil sind gem § 1 II va alle Arbeitsverhältnisse zum Bund, einem Land, einer Gemeinde und zu einem Gemeindeverband, kurzum also alle Arbeitsverhältnisse zu einer Gebietskörperschaft. Für die Arbeitsverhältnisse zum Bund gilt das neue Bundes-GlBG. Für die Arbeitsverhältnisse zu den Ländern und Gemeinden gelten die Gleichbehandlungsgesetze der Länder. Aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben müssen auch diese einen gewissen Mindestinhalt aufweisen, was zu einer weitgehenden Übereinstimmung zumindest im materiellen Recht führt. Dies hat zur Folge, dass die Frage welches Gesetz anzuwenden ist, praktisch oft an Bedeutung verliert. Die Ausnahme vom GlBG greift nach dem klaren Wortlaut nur ein, falls eine der genannten Gebietskörperschaften ArbG, also Vertragspartner der ArbN ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Gesetzen sind nicht die ArbN jeder juristischen Person öffentlichen Rechts ausgeschlossen, und es reicht für die Ausnahme auch nicht, dass die Organe des ArbG von einer Gebietskörperschaft bestellt oder geleitet werden. Der I. Teil des GlBG ist daher auch auf alle Arbeitsverhältnisse zu Kam56
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mern, öffentlichen Fonds und Rechtsträgern eines öffentlichen Unternehmens (zB ÖBB) anzuwenden. Nach einer Ausgliederung ist das GlBG jedenfalls auf jene ArbN anzuwenden, deren ArbV auf den neuen Rechtsträger übergegangen ist bzw zu diesem neu begründet wurde. Aber auch wenn die ArbN dem neuen Rechtsträger nur zur Dienstleistung zugewiesen wurden, wird das GlBG so wie sonst bei Arbeitskräfteüberlassung (Rn 26) auch auf das Verhältnis zum Beschäftiger anwendbar sein. Nicht anzuwenden ist das GlBG nur auf „ausgeliehene“ Beamte ieS. Die Nähe des ArbG zum Staat kann überdies dazu führen, dass neben dem GlBG die GleichbRL und andere RL unmittelbar anzuwenden sind (Rn 18). Auf Universitäten und die Arbeitsverhältnisse zu diesen ist das GlBG derzeit nicht anwendbar: Zwar fallen die Arbeitsverhältnisse zu Universitäten an sich unter das GlBG. § 44 UG 2002 und va § 41 B-GlBG ordnen jedoch ausdrücklich die Anwendung des B-GlBG an, um ein Nebeneinander von GlBG und B-GlBG (für Beamte) zu vermeiden. Damit soll auch die Nichtanwendung des GlBG angeordnet sein (obwohl dies kein absolut zwingender Schluss ist, weil strengere Vorschriften des GlBG auch neben dem B-GlBG angewendet werden könnten). Ausgenommen sind ferner Arbeitsverhältnisse, die dem Land- 29 arbeitsgesetz 1984 unterliegen, weil der Bund hier nur zur Grundsatzgesetzgebung zuständig ist. Die Grundsatzbestimmungen finden sich im IV. Teil des GlBG (§§ 41 ff). Vergleicht man diese mit den anderen Bestimmungen des GlBG, so merkt man va bei den zentralen materiellen Bestimmungen kaum einen Unterschied. Der Grund dafür liegt hier schon in den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, weil man diese kaum in Grundsatz und Ausführung aufspalten kann. 3. Anwendung bei Sachverhalten mit Auslandsberührung, insb bei Entsendung Das GlBG enthält keine Bestimmungen zur Anwendung bei Sach- 30 verhalten mit Auslandsberührung. Diese Frage ist insb relevant, wenn eine Partei – idR der ArbG – das Recht eines Staates, der nicht Mitglied der EU ist, angewendet haben will. Innerhalb der EU spielt die Frage, welches einzelstaatliche Recht anzuwenden ist, bei Fragen der Antidiskriminierung heute keine prägende Rolle mehr, weil das Gemeinschaftsrecht nicht nur gewisse Positionen verlangt und sichert, sondern auch ein Mehr an Schutz eines bestimmten 57
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Geschlechtes nicht ohne weiteres zulässt (Rn 11). Dennoch können die nationalen Rechtsordnungen auch in der EU in Bezug auf die Gleichbehandlung noch beträchtlich differieren, und tun dies auch, etwa bei den Rechtsfolgen, der Verjährung, der Rechtsdurchsetzung und der Zulässigkeit von spezifischen Maßnahmen iSd § 8. Die Entscheidung, welche Rechtsordnung auf Fragen der Gleichbehandlung anzuwenden ist, das GlBG oder ein ausländisches Recht, richtet sich nach den Normen des IPR, und damit bei Arbeitsverhältnissen nach Art 6 EVÜ (BGBl I 1998/166 und § 53 Abs 2 IPRG idF BGBl I 1999/18). Irrelevant ist danach, ebenso wie nach Art 141 und den RL zur Gleichbehandlung, die Staatsangehörigkeit von ArbN oder ArbG. Die gemeinschaftsrechtlichen Normen zur Gleichbehandlung verlangen stets ihre Anwendung auf ein Arbeitsverhältnis, falls das Recht eines Mitgliedstaates Vertragsstatut ist (Calliess/Ruffert/Krebber, EUV/EGV, Art 141 Rn 20), aber wohl auch dann, wenn der gewöhnliche Arbeitsort in der EG oder im EWR liegt (vgl GTE/Curall, EUV/EGV5, Art 119 Rn 28 ff). Die Parteien können danach das Gleichbehandlungsrecht nicht von der Anwendung ausschließen. Die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gelten auch zugunsten von Staatsangehörigen eines Nichtmitgliedstaates. 31 Nach Art 6 EVÜ wird die für die Rechtsfragen des Arbeitsvertragsstatuts maßgebende Rechtsordnung primär durch eine wirksame Rechtswahl (Art 3 EVÜ) durch die Parteien des ArbV bestimmt. Fehlt eine Rechtswahl der Parteien, so ist die objektive Anknüpfung maßgebend; entscheidend ist dann idR der gewöhnliche Arbeitsort. Das objektiv verwiesene Recht ist aber auch bei Rechtswahl relevant, weil die zwingenden Normen des objektiv verwiesenen Rechts auch dann anzuwenden sind, wenn die Parteien das Recht eines anderen Staates gewählt haben. Die Normen zur Gleichbehandlung sind aber stets auch unabhängig vom Arbeitsvertragstatut und damit auch gegen eine Rechtswahl anwendbar. Dieses Ergebnis ist unabhängig davon, ob man sie als Eingriffsnormen schon vom Anwendungsbereich des Art 6 EVÜ ausnimmt (so tendenziell Schwimann in Rummel-ABGB2 § 44 IPRG Rn 7; in der 3. Aufl. wird das Problem nicht mehr gesehen), oder aber als zwingende Normen iSd Art 6 EVÜ ansieht. Hier wird davon ausgegangen, dass Art 6 EVÜ grds auch die zwingenden Normen gegen Diskriminierung erfasst und diese (daher) nicht zu den Eingriffsnormen zählen (in diese Richtung auch Rudisch in Czernich/Heiss, 58
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EVÜ Art 6 Rn 21 ff). Das GlBG ist daher stets anwendbar, falls österr Recht aufgrund der objektiven Anknüpfung (nächste Rn) maßgebend ist, auch wenn die Parteien ein anderes Recht als Vertragsstatut gewählt haben. Für die objektive Anknüpfung ist primär maßgebend, wo der ge- 32 wöhnliche Arbeitsort des ArbN ist: Das GlBG ist anzuwenden, wenn der gewöhnliche Arbeitsort in Österreich liegt. Dabei bleibt es auch, wenn die ArbN nur in ein anderes Land entsendet wird (Art 6 Abs 2 EVÜ). Der Begriff der Entsendung ist unklar. Man wird die zum IPR übliche Interpretation auch für die Anwendung des GlBG heranziehen können, jedenfalls soweit es um eine Entsendung innerhalb der EU geht. Bei Verlegung des Arbeitsortes in einen Nichtmitgliedstaat wird man Entsendung vielleicht weiter interpretieren müssen, um sicherzustellen, dass die gemeinschaftsrechtlichen Wertungen zur Diskriminierung solange anwendbar bleiben, als das Arbeitsverhältnis einen Bezug zur Rechtsordnung der EU hat, also etwa stets, wenn die Rechtsordnung eines Mitgliedstaates grds gewählt wird, oder wenn das ArbV von einem Mitgliedstaat seinen Ausgang genommen hat. Arbeitet ein ArbN in Österreich, liegt sein gewöhnlicher Arbeits- 33 ort aber im Ausland, so führt Art 6 EVÜ nicht zur Anwendung österr Rechts, sondern es bleibt bei der Anwendung des ausländischen Rechts des gewöhnlichen Arbeitsortes. § 7b AVRAG (in Ausführung der Entsende-RL) und § 7a AVRAG sehen zwar vor, dass bei Entsendung nach Österreich bestimmte österr Vorschriften angewendet werden, nennen aber nicht das GlBG. § 1 Abs 4 GlBG erweitert diese Anordnung nun auf den I. und II. Teil des GlBG. Das GlBG ist danach aber nur anzuwenden, wenn der ArbG seinen Sitz im Ausland (EWR oder Nicht-EWR) hat und die Arbeit in Österreich zur fortgesetzten Arbeitsleistung oder im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung erfolgt. Der Begriff „fortgesetzte Arbeitsleistung“ wurde offenkundig aus dem AVRAG übernommen und ist daher wie dort zu verstehen. Problematisch ist allein die Untergrenze, weil bei sehr langer Arbeit in Österreich das GlBG ohnehin als Recht des gewöhnlichen Arbeitsortes maßgebend sein wird. Fortgesetze Arbeitsleistung wird vorliegen, wenn die Arbeitsleistung in Österreich nicht nur kurzfristig angelegt, sondern auf längere Zeit geplant ist. Zwei Monate werden ausreichen, kurzfristige Unterbrechungen schaden nicht. Liegt der ge59
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wöhnliche Arbeitsort im Ausland, hat der ArbG seinen Sitz aber in Österreich, so führen an sich weder Art 6 EVÜ noch § 1 Abs 4 GlBG zur Anwendung des GlBG. Gleichwohl wird man das GlBG jedenfalls anwenden, wenn der ArbN zur fortgesetzten Arbeitsleistung oder im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung in Österreich tätig wird. Der Gesetzgeber des § 1 Abs 4 GlBG hat die Voraussetzung „ohne Sitz in Österreich“ offenbar ohne viel Überlegung aus dem AVRAG abgeschrieben. Schon das Gemeinschaftsrecht verlangt bei Beschäftigung im Gebiet der EU die Anwendung des GlBG (GS/Rust Art 141 Rn 247), und damit auch in diesen Fällen (zum räumlichen Geltungsanspruch von RL vgl Krebber, ZVglRWiss 97 (1998) 124 ff; MünchArbR/Birk § 20 Rn 239). Darüber hinaus wird das GlBG bei Sitz des ArbG in Österreich auch bei nur kurzfristigem Einsatz des ArbN in Österreich anzuwenden sein, vorausgesetzt es ist dann sinnvoll anwendbar. Fraglich ist hingegen, inwieweit das GlBG auch auf ArbN eines ArbG mit Sitz in Österreich anzuwenden ist, die dauernd im Ausland arbeiten. Allein der Sitz des ArbG in der EU dürfte nicht ausreichen, um die Anwendbarkeit des Antidiskriminierungsrechts der EU zu begründen (vgl GS/Rust Art 141 Rn 248 ff). V. Geltungsbereich außerhalb eines Arbeitsverhältnisses 1. Heimarbeiter 34 Heimarbeiter sind nach hA keine ArbN, wenn und weil es an der persönlichen Abhängigkeit bei der Dienstleistung fehlt. § 1 III 1 bezieht sie jedoch in den Geltungsbereich der Gleichbehandlungsnormen ein. Für andere Personen, die primär von zu Hause aus Dienste für einen anderen leisten (insb mit Angestelltentätigkeit), gelten die allg Bestimmungen und Kriterien. Sie können etwa bei einer Dienstleistenden, die kontinuierlich über das IT-Netz überwacht wird, zur ArbN-Eigenschaft führen (vgl OGH 26.3.1997, 9 Ob A 88/97z). 2. Arbeitnehmerähnliche Personen 35 § 1 Abs 3 Z 2 erweitert den Geltungsbereich des I. Teiles auf Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind. Das GlBG umschreibt damit den Kreis der Arbeitnehmerähnlichen bewusst 60
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(EBRV S 9) mit denselben Worten wie § 51 Abs 3 ASGG. Man wird daher den Kreis der Erfassten primär so wie dort abgrenzen können (vgl Kuderna, ASGG-Kommentar2, 1986, § 51 Rn 9 ff). Allerdings hilft die Judikatur nur wenig weiter, weil sie sagt, dass für Grenzfälle kaum allg Kriterien genannt werden können (zB OGH 7.4. 1987, 14 Ob A 10/87 = DRdA 1990, 214 mA Jabornegg = SZ 60/ 63). Früher hat der OGH wirtschaftliche Unselbständigkeit primär als wirtschaftliche Abhängigkeit verstanden; sie liegt vor, wenn die Dienste leistende Person auf die Einnahmen von einem oder wenigen bestimmten Vertragspartner angewiesen ist (OGH 10.1.1084, 4 Ob 191/82 = ArbSlg 10.310). Die neuere Judikatur stellt demgegenüber auf eine Gesamtbetrachtung einer Mehrheit von Faktoren ab. Maßgebend ist die Ausrichtung der Tätigkeit nicht auf den Markt, sondern auf wenige Vertragspartner, für die regelmäßig gearbeitet wird; weitere Elemente sind die wirtschaftliche Abhängigkeit im vorher genannten Sinn, die starke Ein- und Unterordnung in die Arbeitsorganisation des/der anderen, welche die Dispositionsmöglichkeiten stark verringern, sowie dass der wirtschaftliche Erfolg dem Vertragspartner zukommt (OGH 28.2.1989, 9 Ob A 43/89; 9.9.1999, 8 Ob S 243/99i; 5.5.2004, 9 Ob A 53/04s). Neben dem nationalen Recht ist das Gemeinschaftsrecht zu be- 36 rücksichtigen. Die GleichbRL, die Gleichheitsrahmen-RL und die RL 2000/43 gelten für alle „Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen“ (jeweils Art 3 Abs 1 lit c); Art 141 und die Entgelt-RL sprechen von „Arbeit“, aber auch von ArbN. Allerdings erstrecken die genannten RL ihren Geltungsbereich nur beim „Zugang zu unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit“ zur Gänze auch auf Selbständige (jeweils Art 3 Abs 1 lit a). Auf der einen Seite deutet der Wortlaut von Art 3 Abs 1 lit c der genannten RL also klar darauf hin, dass nicht nur die Arbeitsbedingungen von ArbN im traditionellen Sinn, sondern auch die anderer Beschäftigungen einbezogen werden sollen. Auf der anderen Seite kann das Wort „Beschäftigungsbedingungen“ nach dem Zusammenhang mit lit a auch nicht alle Bedingungen selbständiger Erwerbstätigkeit erfassen. Bei der Abgrenzung und Entscheidung ist wertungsmäßig va zu bedenken, dass es hier – anders als im Arbeitsrecht im Allgemeinen – weniger auf die Schutzbedürftigkeit der einzelnen Person ankommt, als vielmehr auf das Zurückdrängen bestimmter missbilligter Motivationen und Verhaltensweisen im Bereich der Arbeitswelt. Dies spricht für einen im Zweifel weiteren Anwendungs61
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bereich. Ausgenommen bleiben sollen idR nur Personen, die klar selbständig erwerbstätig sind. Die genaue Grenze ist aber schwer zu bestimmen. In Deutschland sind die Meinungen in der Lehre geteilt. Es überwiegt wohl die Auffassung, dass zumindest Arbeitnehmerähnliche in den Geltungsbereich fallen (ErfK/Schlachter BGB § 611a Rn 6; Erman/Hanau § 611a Rn 3; MüKo/Müller-Glöge § 661a Rn 5; aA MünchArbR/Richardi § 11 Rn 12). Weitergehend wird vertreten, dass auch Geschäftsführer einbezogen sind (Schlachter aaO; MüKo/Müller-Glöge aaO). 37 Geht man von § 1 Abs 4 GlBG aus, so ist erste Voraussetzung das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, das nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Dies ist eindeutig zu bejahen, wenn ein freier Dienstvertrag oder ein Werkvertrag vorliegt, oder auch ein anderer synallagmatischer Vertrag über Dienstleistungen (wenn er nur kein ArbV ist). Das Gesetz verlangt weiter, dass Arbeit im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen geleistet wird. Aus dem Erfordernis „im Auftrag“ ergeben sich wohl nicht mehr Anforderungen als bereits aus „Beschäftigungsverhältnis“. Anders könnte es beim Erfordernis „auf Rechnung“ sein, weil dadurch Fälle ausgeschlossen werden, in denen die Dienste zwar in fremdem Auftrag, aber auf eigene Rechnung erbracht werden; man denke etwa an Tankstellenpächter, die zumindest im Zusatzgeschäft auf eigene Rechnung handeln (aber sonst häufig als arbeitnehmerähnlich eingestuft werden). In der Folge kann die zweite Hälfte der Z 2 (ab „im Auftrag“) wohl zur Deutung des ersten herangezogen werden. Die erste Voraussetzung wird in der Folge auch erfüllt sein, wenn zwar die Pflicht zur Dienstleistung fehlt, und nur geleistete Dienste entlohnt werden, aber dies vereinbart ist (konditionale Entgeltlichkeit). Man kann auch in diesem Fall nicht nur von einem Beschäftigungsverhältnis sprechen, sondern es wird auch Arbeit im Auftrag bestimmter Personen geleistet. 38 Die dritte Voraussetzung ist dann die „wirtschaftliche Unselbständigkeit“ bei der Leistung der Dienste bzw Arbeit. Diese Unselbständigkeit muss im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses bestehen, und damit im Verhältnis zum Vertragspartner (der durch das GlBG gebunden werden soll). Wirtschaftliche Unselbständigkeit wird – auch hier – jedenfalls fehlen, wenn die Arbeitende mit ihren Leistungen kontinuierlich am Markt auftritt, also wiederholt Geschäftskontakte zu verschiedenen Vertragspartnern sucht. Hin62
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gegen spricht es für wirtschaftliche Unselbständigkeit, wenn die Arbeitende über längere Zeit hinweg ihre Leistungen nur einem oder zwei Partnern erbringt, und dabei ohne Mitarbeiter tätig wird. Fraglich ist, ob für wirtschaftliche Unselbständigkeit zusätzlich erforderlich ist, dass der Arbeitende seinen Lebensunterhalt aus den Einnahmen aus dem (einen oder zwei) Beschäftigungsverhältnis(sen) bestreiten muss (dafür wohl die EBzRV, 9). Bejahte man dies, so würden Teilzeitarbeitende bei der Abgrenzung des Geltungsbereiches des GlBG benachteiligt. Das widerspricht zwar nicht dem Wortlaut der RL 97/81/EG zur Teilzeitarbeit, weil diese nur ArbN erfasst, wohl aber diametral dem Zweck des Gemeinschaftsrechts zur Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes und damit des GlBG, weil Teilzeitarbeitende ja überwiegend Frauen sind. Man wird daher im vorliegenden Zusammenhang wohl sagen müssen, dass wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt, falls – neben der längerfristigen Ausrichtung auf einen oder zwei Vertragspartner – die Leistende entweder auf die Einnahmen angewiesen ist oder aber weitgehend keine Dispositionsmöglichkeiten bei der vereinbarten Tätigkeit hat. Ob dies zutrifft, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Anwendungsfälle können etwa Regalbetreuer, Medienmitarbeiter oder Vorstandsmitglieder einer AG (sofern man sie nicht ohnehin als ArbN ansieht) sein. Für selbständige Tätigkeiten, die nicht mehr unter § 1 Abs 4 subsumiert werden können, kann immer noch § 1 I Z 4 oder 2 einschlägig sein. Daher fällt etwa der Zugang zur Funktion der Vorstandsmitglieder einer AG jedenfalls unter das GlBG, zumindest unter § 4 Z 3. Sollte hier schon die Satzung der AG diskriminieren, so ist die betreffende Klausel wohl nach § 879 Abs 1 ABGB unwirksam (vgl auch § 3 Rn 28 f). Unklar ist, ob § 1 Abs 3 Z 2 auch für Beschäftigungsverhältnisse zu 39 einer Gebietskörperschaft gilt. Auf der einen Seite enthält Abs 3 keine ausdrückliche Ausnahme; und die EB sagen, dass das GlBG auch für die arbeitnehmerähnlichen Verhältnisse zu Ländern und Gemeinden gelten kann, weil zu deren Regelung der Bund zuständig ist (EBRV S 8). Auf der anderen Seite gelten die in § 1 Abs 3 genannten Rechtsverhältnisse „für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes“ als Arbeitsverhältnisse, was bei spitzfindiger Interpretation doch zum Eingreifen des § 1 Abs 2 führen könnte. Der letzte Satz von Abs 3 kann aber bei der Abgrenzung des Geltungsbereiches selbst nicht anzuwenden sein, zumal sonst die arbeitnehmerähnlichen Verhältnisse zu Ländern und Gemeinden – gemein63
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schaftsrechtswidrig – nicht geregelt wären. In der Folge gilt daher für arbeitnehmerähnliche Beschäftigung zum Bund das GlBG, und nicht das Bundes-GlBG. 3. Zugang zu Berufsberatung und Berufsbildung 40 Nach § 1 I 2 gilt der I. Teil für den Zugang zu allen Formen und Ebenen von Berufsberatung, Berufsbildung, beruflicher Weiterbildung und Umschulung einschließlich praktischer Berufserfahrung. Ebenso formuliert die Vorgabe in Art 3 I b der GleichbRL. Aus dem Zusammenhang mit Art 3 I a dieser RL und § 1 I 4 GlBG folgt, dass Z 2 Beratung und Bildung sowohl für unselbständige wie selbständige Erwerbstätigkeit erfassen muss. Nach dem Wortlaut von RL und GlBG sollen diese allerdings nur für den Zugang zu Beratung und Bildung gelten, nicht auch für deren Durchführung. Nimmt man dies wörtlich, so dürfte der Ausbildende zwar nicht bei der Zulassung aufgrund des Geschlechtes oder der ethnischen Herkunft diskriminieren, wohl aber wenige Wochen später durch eine begründungslose Beendigung der Ausbildung. Ein solches Verständnis widerspricht dem Zweck der Normen. Man wird daher in den Geltungsbereich auch alle Fragen einbeziehen müssen, die sich auf den Zugang zum Erfolg der Beratung oder der Aus- oder Weiterbildung auswirken, insb also Beendigung durch den Ausbildenden, Leistungsangebot und Beurteilung der Teilnehmer. 41 Z 2 erfasst nur berufsspezifische Leistungen bzw Angebote. Nicht erfasst sind also Bildungsangebote, die nur allgemein bildend sein sollen oder die nur auf den privaten Bereich abzielen (zB Kochkurs für Hobbyköche, Mondphasen für den Hausgebrauch). Unter Berufsausbildung werden nur Ausbildungen für eine klar abgegrenzte Erwerbstätigkeit fallen; es wäre aber zu eng, darunter nur die Lehre nach dem BAG oder Kurse zur Meisterprüfung zu zählen. Erfasst sind auch der Erwerb von Praxis als Voraussetzung für eine weitere Berufsausübung, wie Turnus und Facharztausbildung im Krankenhaus, Gerichtsjahr und Tätigkeit als Konzipient. Auch in diesen Bereichen ist nun eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes oder eines anderen unzulässigen Merkmals – das als Kriterium eingesetzt wird – verboten, selbst wenn es sich nicht um die Ausbildung im Rahmen eines ArbV handeln sollte. Einschlägig können durchaus auch Kurse oder Schulen mit breiterem Angebot sein, wie etwa eine Fachhochschule oder eine HTL. Die Tatsache, dass die 64
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Ausbildung in einer öffentlichen Schule angeboten wird, schließt die Anwendung des Gleichbehandlungsrechts nicht aus! Noch weiter ist der Tatbestand der beruflichen Weiterbildung. Darunter fallen alle Kurse und Lehrgänge, welche Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln wollen, welche im Berufsleben nützlich sein sollen, auch wenn sie (wie Sprachkurse) auch aus privaten Gründen besucht werden können. Erfasst sind also viele Kurse von WIFI und BFI, aber auch Angebote rein privater Anbieter (zB einer Sprachschule). Ähnlich weit ist der Tatbestand der Umschulung. Unter den einen oder anderen Tatbestand fallen auch die vom Arbeitsmarktservice durchgeführten wie die von ihm nur geförderten Kurse für Arbeitsuchende; verpflichtet ist primär das Arbeitsmarktservice, sekundär auch der Kursbetreiber. Das GlBG ist allerdings nur anwendbar, wenn die gesetzliche Re- 42 gelung des fraglichen „Zugangs“ in die Regelungskompetenz des Bundes fällt. Die praktische Bedeutung dieser Einschränkung ist jedenfalls für die Betroffenen kaum zu überblicken. Soweit die Beratung bzw Weiterbildung von Einrichtungen angeboten wird, welche der Bund regelt (zB Arbeitsmarktservice, Fachhochschule, HTL), ist das GlBG ohne Zweifel anwendbar. Im Übrigen scheint es darauf anzukommen, inwieweit der Bund zur Regelung von beruflicher Beratung und Bildung zuständig ist. Geht man von der Vertragsbeziehung zwischen Einrichtung und Teilnehmer aus, so ist der Bund zu deren Regelung aufgrund der Zivilrechtskompetenz zuständig. Man könnte aber auch daran denken darauf abzustellen, wer zur Regelung der betreffenden Tätigkeit als selbständige Tätigkeit zuständig ist. Dann wäre va die Reichweite des Begriffes „Gewerbe und Industrie“ in Art 10 B-VG relevant; darunter fallen zB gewerbliche Lebensberater, während die Länder etwa zur Regelung von Tanz- und Skischulen zuständig sind. Würde man auf diese Kompetenz zur Regelung der selbständigen Tätigkeit abstellen, so würden Weiterbildungen für Lebensberater dem GlBG unterliegen, Kurse für Tanz- oder Skilehrer aber dem jeweiligen Landesgleichbehandlungsgesetz. Sinnvoll ist nur das Abstellen auf das Rechtsverhältnis zwischen Anbieter und Teilnehmer, und damit auf die Zivilrechtskompetenz des Bundes. Bestimmungen, die gegen Diskriminierung gerichtet sind, gehören nämlich eher zur Regelung des Rechtsverhältnisses als zum Berufsrecht, weil der Zugang zum Gewerbe nicht hoheitlich erschwert wird (wie das zulasten von Frauen früher oft der Fall war), sondern durch einen 65
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Unternehmer oder eine Ausbildungseinrichtung. Folgt man dem, dann hat die Einschränkung auf die Regelungskompetenz des Bundes auch bei § 1 I 2 kaum praktische Bedeutung (das spricht aber nicht gegen diese Auslegung, weil die Kompetenzklausel eher automatisch zur Absicherung verwendet wird). 4. Berufsorganisationen 43 Der Text von § 1 I 3 folgt der Vorgabe in Art 3 I d GleichbRL. Der Gemeinschaftsgesetzgeber will damit die Diskriminierungsverbote auch auf berufliche Organisationen ausdehnen, weil auch diese zur Arbeitswelt gehören und deren Verhaltensmuster oft prägen. Z 3 erfasst Organisationen mit freiwilliger Mitgliedschaft ebenso wie solche mit Pflichtmitgliedschaft. Die Norm erfasst zwei Arten von Organisationen. Erstens Organisationen der ArbN oder der ArbG, auch und gerade wenn sie nicht nach einem beruflichen Kriterium organisiert sind. Es genügt wohl, wenn die Organisationen der ArbG oder ArbN in dieser Eigenschaft einen wesentlichen Teil der Organisationsaufgabe darstellt. In Österreich fallen unter Z 3 daher insb ÖGB und Arbeiterkammern, Wirtschaftskammern und Industriellenvereinigung. Zweitens geht es um Organisationen, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, bei denen also nur Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe Mitglieder sind (wobei es genügen wird, wenn die ganz große Mehrzahl diese Voraussetzung erfüllt). Aufgrund dieser Tatbestandsalternative fallen etwa die Kammern für Ärzte, Rechtsanwälte oder Ziviltechniker unter Z 4, aber auch ein Verband der Psychologen oder der Hochschullehrer. Das GlBG gilt bei den Kammern nur für jene, deren Regelung Bundessache ist, also nicht für die Landwirtschaftsund Landarbeiterkammern. Bei den freiwilligen Organisationen ist der Bund aufgrund der Kompetenz zur Regelung des Vereinsrechts hingegen für alle zuständig. 44 Das GlBG kann bei gesetzlich geregelten Organisationen (zB Kammer) nur insoweit gelten, als eine Frage nicht schon durch das Organisationsgesetz geregelt ist. Das Gleichbehandlungsgebot gilt bei den Organisationen sowohl für die Frage der Mitgliedschaft wie für die Mitwirkung (zB Stimmrecht, Wahlen in Funktionen). Unzulässig wären also Organisationen nur für Angehörige eines Geschlechtes, außer sie sind nach § 8 zulässig. Das Gleichbehandlungsgebot verbietet aber nicht Organisationen, die außerhalb der von Z 3 genannten Strukturen nur Angehörige eines Geschlechtes 66
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versammeln (zB „Frau in der Wirtschaft“; Serviceclubs, auch wenn dort häufig auch berufliche Kontakte gepflogen werden). Bedenklich wären in den von Z 3 erfassten Organisationen Regelungen, welche die Wahrnehmung von Funktionen speziell für Frauen sehr erschweren. Das GlBG gilt schließlich auch für die Inanspruchnahme von Leistungen dieser Organisationen. Erfasst ist aber wohl nur die Inanspruchnahme durch Mitglieder der Organisationen, nicht jene durch Dritte. Zu denken ist etwa an die Rechtsberatung der Kammern. 5. Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit Die Geltung des Gleichbehandlungsrechts auch für die Bedin- 45 gungen für den Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit will die Diskriminierungsverbote zumindest partiell über den Bereich der unselbständigen Arbeit hinaus erweitern. Die Geltung ist von Art 3 GleichbRL vorgeschrieben. Der EuGH hatte dazu bisher nur selten und am Rande Stellung genommen (EuGH 8.11.1983, Rs-165/ 82-Komm/Großbritannien; 6.4.2000, C-226/98-Jorgensen). § 1 I 4 erfasst grds alle selbständigen Erwerbstätigkeiten. Ausgenommen sind nur jene, für welche dem Bund die Regelungskompetenz fehlt. Da es hier – anders als bei Z 2 – primär um berufsrechtliche Fragen geht, kommt es auf die Kompetenz zur Regelung des Berufszugangs an; § 1 I 4 greift daher zB nicht beim Zugang zum selbständigen Tanz- oder Skilehrer. Von Bedingungen für den Zugang zu einer selbständigen Erwerbs- 46 tätigkeit kann man immer dann sprechen, wenn die fragliche Regelung oder Maßnahme dazu dient, den Zugang zum Auftreten am Markt zu kontrollieren, uzw spezifisch in Bezug auf die Erwerbstätigkeit. Unter Z 4 fallen insb die Bedingungen für den Zugang zu einem Gewerbe iSd der GewO, aber auch für freiberufliche Tätigkeiten wie Arzt, Rechtsanwalt oder Notar, also hoheitliche oder hoheitlich geprägte Regelungen. Die Tätigkeit als Vertragsarzt der Sozialversicherung ist wohl vom Tätigkeitsbild her so deutlich vom „Wahlarzt“ zu unterscheiden, dass auch die Bedingungen für den Zugang dazu (also die Auswahlkriterien) dem GlBG unterliegen. Zu den „Bedingungen“ für den Zugang zählen primär die Anforderungen an die Person, aber auch Kriterien für die Auswahl, falls eine solche getroffen werden muss; es fallen aber wohl auch andere Regelungen darunter, welche den Zugang zur Erwerbstätigkeit behindern. 67
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47 Fraglich ist, inwieweit auch Regeln privater Marktteilnehmer, welche ihr eigenes Nachfrageverhalten steuern sollen, unter Z 4 fallen, wie Richtlinien eines großen Nachfragers über die Auswahl der Geschäftspartner. Es geht um die Abgrenzung zwischen dem Zugang zu und der Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeit. RL und GlBG regeln ausdrücklich nur den Zugang – diesen aber auch, wenn ein anderer Privater darüber entscheidet. Unter Z 4 werden Verträge fallen, welche die Grundlage für eine längere selbständige Tätigkeit schaffen, wie zB ein Franchisevertrag. Die Auswahlrichtlinien eines Franchisegebers dürfen daher auch nicht mittelbar aufgrund des Geschlechtes benachteiligen oder gar unmittelbar nach dem Geschlecht differenzieren. Dasselbe wird für die EEG gelten. Nicht unter Z 4 fallen werden hingegen die freien Dienstverträge oder Werkverträge mit Anbietern, welche ständig ihre Leistungen am Markt anbieten (zB freie Journalisten, welche wöchentlich mehrere Beiträge an verschiedene Zeitungen anbieten). Durchaus unter Z 4 subsumierbar werden hingegen freie Dienstverträge sein, welche für längere Zeit abgeschlossen werden, wie Verträge mit Organmitgliedern einer AktG. VI. Zwingender Charakter des GlBG 48 Die Vorschriften des GlBG sind zwingend. Das GlBG sagt dies zwar nicht ausdrücklich, der zwingende Charakter folgt aber aus dem Zweck und den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. Anders als die meisten arbeitsrechtlichen Regeln sind die meisten Normen des GlBG jedoch nicht einseitig zwingend, wenn und weil die Besserstellung eines ArbN zur Diskriminierung einer anderen (und umgekehrt) führt (Rn 11). Einseitig zwingend sind nach dem Zweck nur die Normen über die Rechtsfolgen sowie wohl auch jene über die Belästigung. Von diesen kann zum Vorteil der betroffenen ArbN abgewichen werden. Die anderen Normen des GlBG sind hingegen zweiseitig zwingend. Die zwingende Wirkung besteht nicht nur gegenüber Vereinbarungen mit dem ArbN, sondern auch im Verhältnis zu KollV und Betriebsvereinbarung. 49 Zwingend bedeutet auch in Bezug auf das GlBG, dass von den Normen jedenfalls nicht im Vorhinein abgewichen werden darf. Entgegenstehende Vereinbarungen sind nichtig, uzw idR teilnichtig (§ 3 Rn 28 ff). Fraglich ist, ab wann auf Rechte aus dem GlBG verzichtet werden kann. Die hM vertritt zum Arbeitsrecht im Allgemeinen, dass der ArbN auf einen bereits entstandenen (unab68
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dingbaren) Anspruch erst bei Ende des Arbeitsverhältnisses verzichten kann (Drucktheorie); die Details sind umstritten, wobei es insb darum geht, ob einem wirksamen Verzicht der auf dem ArbN lastende wirtschaftliche Druck oder aber die Unabdingbarkeit des Anspruchs entgegensteht. In letzterem Fall wäre auch ein Verzicht nach Beendigung unwirksam (vgl Schrammel, Arbeitsrecht II5, 87 ff). Das allg Geltende wird auch für Rechte aus dem GlBG gelten. Das Gemeinschaftsrecht verlangt wohl nicht mehr. Gleichstellung § 2. Ziel dieses Abschnittes ist die Gleichstellung von Frauen und Männern. Literatur: Sacksofsky, Das Grundrecht auf Gleichberechtigung (D, 1991); Hofmeister, Gleichbehandlung als Frage der Ebenbürtigkeit der Geschlechter, JBl 1994, 280; Baer, Würde oder Gleichheit (D, 1995); Deakin, Labour Law as Market Regulation, in: Davies et al (Eds), European Community Labour Law (Oxford 1996); Hervey, Sex Equality as Substantive Justice, Modern Law Review 1999, 614 ff; Schwab, Employment Discrimination, in: Bouckaert/De Geest (Ed), Encyclopedia of Law and Economics (GB, 1999), Section 5530; Schiek, Differenzierte Gerechtigkeit, Diskriminierungsschutz und Vertragsrecht (D, 2000); Wiedemann, Die Gleichbehandlungsgebote im Arbeitsrecht (D, 2001); Thüsing, Der Fortschritt des Diskriminierungsschutzes im Europäischen Arbeitsrecht, ZfA 2001, 397 ff; Waddington/Bell, More Equal than Others, Distinguishing European Union Equality Directives, CMLR 38 (2001) 587–611; BM für soziale Sicherheit und Generationen (Hrsg), Geschlechtsspezifische Disparitäten 2002; Fredman, Discrimination Law (Oxford 2002) 4 ff; Dworkin, Sovereign Virtue – The Theory and Practice of Equality (HUP 2002); Bothefeld ua (Hrsg), Gender Mainstreaming (D, 2002); McCrudden, The New Concept of Equality: Legal approaches in the European Community (ILO, 2003); Schlachter, Gleichbehandlungsgebote im Arbeitsrecht, NZA 2003, 785; Thüsing, Gedanken zur Effizienz arbeitsrechtlicher Diskriminierungsverbote, DRdA 2003, 257 ff; Collins, Employment Law (OUP 2003); Tomei, Discrimination and equality at work: A review of the concepts, Int Labour Review 142 (2003), 401 ff; Eichenhofer, Diskriminierungsschutz und Privatautonomie, Deutsches Verwaltungsblatt 17/2004, 69
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1078 ff; Krejci, Antidiskriminierung versus Arbeitnehmerschutz und Privatautonomie, DRdA 2005 (in Druck). Inhaltsübersicht I. Konzepte von Gleichheit: Gleichberechtigung und Gleichstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zum Zweck des Diskriminierungsverbots im Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weitergehende Maßnahmen insb der Gemeinschaft . . . IV. Zum Ziel des I. Teils und zur Bedeutung des § 2 . . . . .
1 19 24 27
I. Konzepte von Gleichheit: Gleichberechtigung und Gleichstellung 1 Die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts (zB Art 141 Abs 3 und 4 sowie Art 2 und 7 GleichbRL) unterscheiden deutlich schon sprachlich zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung (principle of equal treatment; principe de l’égalité de traitement) und dem der „vollen Gleichstellung“ (full equality; pleine égalité). Gleichbehandlung bedeutet dabei im Wesentlichen das Nichtvorhandensein von Diskriminierung, während Gleichstellung für ein Konzept steht, das zusätzlich auf einen Ausgleich von Benachteiligungen durch Staat und Recht zielt. Das Ziel der Gleichstellung findet sich nur in der GleichbRL, nicht aber in der RahmenRL und der AntirassismusRL, welche „nur“ Gleichbehandlung verlangen! Zum deutschen Recht (dessen Sprachgebrauch die deutsche Fassung der GleichbRL beeinflusst haben dürfte) sagt Wiedemann: „‚Gleichstellung‘ wird in der Gesetzesund Rechtssprache benutzt, um ein über die Gleichbehandlung hinausgehendes Ziel der Frauenförderung oder der Förderung anderer Personengruppen zu charakterisieren; eine solche Gleichstellung will bestehende Nachteile beseitigen, notfalls auch durch (vorübergehende) Besserstellung“ (Gleichbehandlungsgebote, 6). Daneben verwendet Art 141 Abs 3 noch den Begriff Chancengleichheit, uzw als Teil von „Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung“ (principle of equal opportunities, principe de l’égalité des chances). Der Entwurf für die neue GleichbRL (§ 1 Rn 9) verwendet diesen Begriff weit häufiger als bisher, allerdings nur in Überschriften und allg Ausführungen, aber soweit zu sehen nicht im Zusammenhang mit konkreten Bestimmungen. 70
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Das GlBG greift wohl den Unterschied auf, den Art 141 und die 2 GleichbRL zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung einerseits und der „Gleichstellung“ andererseits machen, wenn es in § 2 vom Ziel der Gleichstellung spricht, sonst aber von Gleichbehandlungsgebot. Das Gleichbehandlungsgebot des GlBG entspricht dem „Grundsatz der Gleichbehandlung“ von Art 141 und GleichbRL bzw dessen Konkretisierung durch das nationale Gesetz. Die unterschiedliche Begrifflichkeit zeigt sich auch in Art 7 B-VG. Art 7 Abs 1 spricht von Gleichheit, Abs 2 hingegen von Gleichstellung: „Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau. Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insbesondere durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten sind zulässig.“ In Art 7 spricht der Gesetzgeber zur Verdeutlichung des Gemeinten von tatsächlicher und faktischer Gleichstellung. Diese Bedeutung von Gleichstellung entspricht nämlich nicht dem üblichen Begriffsinhalt in Österreich. „Gleichstellung“ kommt in der österr Rechtssprache häufig vor. Meist bedeutet dieser Begriff, anders als in der GleichbRL, dass an einen Sachverhalt dieselben Rechtsfolgen wie an einen anderen geknüpft werden (man vgl die 140 Ergebnisse in RIS bei Suche unter Bundesrecht). Im Kontext der Antidiskriminierung hat der Begriff der Gleichstellung daher eine andere Bedeutung als sonst. Zu erwähnen ist hier ferner die Konvention zur Beseitigung jeder Diskriminierung der Frau (BGBl I 1982/443). Der Nationalrat hat beschlossen, dass dieser Staatsvertrag durch Gesetze zu erfüllen ist (Art 50 Abs 2 B-VG). Die Konvention ist daher grds nicht unmittelbar anwendbar (vgl VfGH 3.3.1995, VfSlg 14.050; OGH 30.6.1992, 10 Ob S 150/92). In der Sache enthält sie primär ein Diskriminierungsverbot mit dem Zusatz, dass Fördermaßnahmen keine Diskriminierung darstellen. Die beiden in Rn 1 genannten Begriffe und deren Gegenüberstel- 3 lung gehen auf unterschiedliche Konzepte von Gleichheit zurück, welche die politische und rechtswissenschaftliche Diskussion zum Thema der Diskriminierung seit Jahrzehnten durchziehen. Man kann va drei Konzepte unterscheiden (vgl § 1 Rn 17, 21; Fredman, Discrimination Law 7 ff), auch wenn die Bezeichnungen nicht einheitlich und gefestigt sind: – Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit; man spricht auch von consistency, was man hier mit Folgerichtigkeit oder besser als Symmetrie übersetzen kann; 71
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Gleichheit im Ergebnis oder Gleichheit als Ausgleich; Gleichheit der Chancen.
Die Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit bzw Symmetrie entspricht im Wesentlichen dem Grundsatz der Gleichbehandlung, die beiden anderen sind der „Gleichstellung“ zuzuordnen. Die hier verwendete Terminologie orientiert sich direkt am Inhalt der Konzepte. Dem steht eine Terminologie gegenüber, die primär zwischen „formaler“ und „materieller“ bzw „substantieller“ Gleichheit unterscheidet. Die meisten Verwender wollen schon mit dieser Terminologie vermitteln, dass sie die „bloß“ formale Gleichheit nicht für ausreichend halten – und daher schon begrifflich abwerten wollen. Als substantielle – und damit „echte“ – Gleichheit wird dann idR nur die Gleichheit im Ergebnis angesehen. ME ist diese Begriffsbildung nicht überzeugend, weil schon das Konzept der „formalen“ Gleichheit wesentliche Werte verwirklicht und positiv zu sehen ist, und (wissenschaftliche) Terminologie noch nicht jene Werte und Entscheidungen vorwegnehmen sollte, über die erst zu diskutieren ist. 4 Für die Tragweite der verschiedenen Konzepte ist wesentlich, worauf sie angewendet werden. Man kann hier im Rahmen der Arbeitsverhältnisse zwei große Gruppen von Angelegenheiten unterscheiden: Statusangelegenheiten wie Einstellung, Einstufung und Beförderung, sowie die weiteren Arbeitsbedingungen wie insb das Entgelt (vgl Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 18 ff, 51). Es ist heute weithin anerkannt (wenn auch nicht unbestritten), dass für beide Gruppen von Angelegenheiten die Gleichheit als Folgerichtigkeit und damit ein Diskriminierungsverbot gelten sollen. Kaum Probleme bereitet es auch, für die Arbeitsbedingungen bei gleicher Arbeit Erfolgsgleichheit zu verlangen. Strittig ist hingegen vor allem, inwieweit man bei Statusangelegenheit über das Diskriminierungsverbot hinausgehen soll und darf. 5 Bevor auf die verschiedenen Konzepte von Gleichheit eingegangen wird, seien noch einige andere Thesen zur Begründung der Antidiskriminierungsvorschriften erwähnt. Diese Verbote – und auch die Konzepte zur Gleichheit – werden (auch) vom Wert der Würde des einzelnen Menschen getragen (vgl dazu und zum Folgenden Fredman, Discrimination Law 17 ff; kritisch zur Begründung mit Würde Baer, Würde oder Gleichheit, 190 ff). Auch der private ArbG müsse die Würde der anderen achten, und eine Entscheidung 72
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aufgrund des Geschlechtes im Arbeitsleben verletze idR die Würde. Von den Konzepten zur Gleichheit werden jene der Symmetrie und der Chancengleichheit mehr als die Ergebnisgleichheit vom Konzept der Würde mitgetragen, weil dort die Person des Einzelnen mehr Beachtung findet als hier. Vor allem die Begründung mit der Würde trägt dazu bei, das Recht auf Gleichbehandlung als Grundrecht zu qualifizieren, wie dies im Gemeinschaftsrecht der Fall ist (Rn 20). Allerdings kann die Würde – soll nicht jeder Nachteil, den jemand erleidet, gleich dessen Würde verletzen – das Diskriminierungsverbot und die damit verbundene Einschränkung der Privatautonomie wohl nur in schweren Fällen tragen, insb bei unmittelbarer Diskriminierung und bei Fehlen jedes sachlichen Grundes. Ferner wird gesagt, dass ein Zurückdrängen von Diskriminierung auch dazu beitrage, dass sich alle Bürger an der Willensbildung in der Demokratie beteiligen können. Eine andere Legitimation des Antidiskriminierungsrechts wird 6 darin gesehen, dass die modernen Formen der Arbeitsorganisation – große Unternehmen mit einer Vielzahl von Mitarbeitern – es rechtfertigen, auf das Arbeitsverhältnis manche Grundsätze anzuwenden, welche für das Verhältnis Bürger – Staat gelten, und damit auch das Verbot von Entscheidungen nach Belieben: auch Unternehmen sollten gegenüber den ArbN rational und nachvollziehbar entscheiden (Collins, Employment Law 28 ff). Diese Begründung trägt aber nur in einem – geringeren – Teil der Fälle, weil der ArbG in vielen Fällen nicht aus Willkür oder Belieben diskriminiert, sondern weil das diskriminierende Verhalten den Wünschen der Kunden und/oder dem Gewinnziel des Unternehmens mehr dient (dazu Rn 14 ff). In diesen Fällen kann die Beschränkung der Privatautonomie daher nur mit dem Ziel begründet werden, Gleichheit zu fördern. Auch dort wo das genannte Argument trägt kann es nur ein Diskriminierungsverbot und nicht mehr tragen. Schließlich wird zunehmend versucht darzutun, dass zumindest manche Ziele der Gleichberechtigung, insb die Chancengleichheit, auch aus ökonomischer Sicht vorteilhaft seien, etwa weil sie die Beschäftigungsquote und employability von Frauen erhöhen (Deakin, Labour Law). Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit bzw Symmetrie oder 7 consistency ist der traditionelle Inhalt des Gleichheitssatzes: Gleiches soll gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden. Die 73
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Regeln müssen für alle ArbN dieselben, insb unabhängig vom Geschlecht, sein und diese müssen auch konsequent angewendet werden. Dies wird von manchen als „formale“ Gleichheit bezeichnet (womit auch zum Ausdruck gebracht wird, dass dies noch nicht die „richtige“ Gleichheit sei). Im vorliegenden Zusammenhang bedeutet Gleichheit als Symmetrie, dass Frauen nicht wegen des Geschlechtes schlechter behandelt werden sollen als Männer, aber auch nicht besser! Dieses Konzept schützt also sowohl Frauen wie Männer vor einer Benachteiligung. Es wendet sich zum einen gegen Benachteiligungen, die direkt an das Geschlecht anknüpfen (vgl § 5 Abs 1), aber auch gegen Benachteiligungen, welche an Stereotype bzw Vorurteile anknüpfen, die mit einem Geschlecht verbunden sind (zB: Frauen sind „typischerweise“ körperlich schwächer als Männer; vgl § 5 Abs 2). In beiden Aspekten ist das Konzept primär individualistisch ausgerichtet, nicht primär gruppenbezogen, weil die Einzelnen aufgrund ihrer – anderen – individuellen Eigenschaften behandelt und beurteilt werden sollen, und nicht aufgrund des Geschlechtes oder aufgrund von Stereotypen die mit der Gruppenzugehörigkeit verbunden sind. Allerdings hat auch das Verbot einer mittelbaren Benachteiligung einen starken Gruppenbezug, weil erst durch das Einbeziehen der Gruppe erkennbar wird, ob und dass ein bestimmtes Kriterium sich häufig zum Nachteil einer Gruppe auswirkt. In Bezug auf die Gleichheit der Geschlechter hat schon das Konzept der Gleichheit als Symmetrie wesentliche Konsequenzen für die Praxis. So sind Benachteiligungen aufgrund einer Schwangerschaft ebenso unzulässig wie unterschiedliche Lohngruppen oder mittelbar diskriminierende Kriterien bei Einstellung und Entlohnung. Wichtig – und oft verkannt – ist, dass das Diskriminierungsverbot nicht eine bestimmte Entscheidung vorgibt, sondern „nur“ verlangt, dass die Entscheidung nicht aufgrund eines missbilligten Merkmals (zB Geschlecht) getroffen wird! Das Diskriminierungsverbot verlangt im Übrigen nicht eine Entscheidung aufgrund eines „sachlichen“ Kriteriums, ja es verbietet nicht einmal eine Entscheidung aufgrund von Sympathie (§ 5 Rn 10). 8 Die Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit wird von Kritikern oft als unzureichend angesehen. Konkret wird zB kritisiert, dass es oft an einer (männlichen) Vergleichsperson (Komparator) fehlt, sodass dieses Gleichheitsverständnis gegen faktische Ungleichbehandlungen nicht helfe. So ist es in der Tat etwa bei einer geringeren Bezahlung in Berufen, in denen überwiegend Frauen arbeiten, im 74
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Vergleich zu typischen Männerberufen, weil die andere „ungleiche“ Arbeit nicht als Vergleichsobjekt genommen wird (vgl § 3 Rn 105 ff). Das Diskriminierungsverbot hilft daher nur wenig beim Bemühen, geschlechtsspezifische job segregation abzubauen. Dieses Konzept verlangt (daher) auch nicht, dass Ungleiches nur verhältnismäßig ungleich behandelt wird, also zB das Entgelt für die beiden Berufe daraufhin geprüft wird, ob der Unterschied beim Entgelt dem Unterschied in der „Wertigkeit“ der Arbeiten proportional ist. In beiden Punkten entspricht das Konzept allerdings den Grundwertungen der Marktwirtschaft. Ferner wird – zu Recht – eingewendet, dass Gleichheit als Symme- 9 trie nur ein „relatives“ Prinzip ist: Es verbietet dem ArbG nicht, Frauen und Männer gleich schlecht zu behandeln. Jedenfalls für die Zukunft kann der ArbG eine Diskriminierung auch dadurch beseitigen, dass er die Regel für beide Gruppen verschlechtert (§ 3 Rn 33). Gerade im Arbeitsrecht ist fraglich, ob die neuen Vorschriften gegen Antidiskriminierung auf Dauer neben die traditionellen (nun wirklich) materiellen Schutzbestimmungen treten können, oder ob sie diese langsam verdrängen (weil beide Schutzmechanismen nebeneinander zu teuer sind oder erfolgreich als zu teuer dargestellt werden). Dieser Aspekt wird von jenen, welche kontinuierlich für eine Ausweitung der verschiedenen Antidiskriminierungsregeln eintreten, wohl zu wenig bedacht. Ein anderes Konzept von Gleichheit will primär nicht gleiche Ver- 10 haltensregeln, sondern blickt auf die Folgen und zur Beurteilung weniger auf das Individuum als primär auf die Gruppen; angestrebt werden „gleiche Folgen“ (results). Man kann von Gleichheit der Folgen oder auch von Gleichheit als Ausgleich sprechen. Es handelt sich also um ein eher kollektivistisches Konzept. Allerdings kann man verschiedene Ausprägungen unterscheiden. Am weitesten geht die Forderung nach „Gleichheit im Ergebnis“ für die betreffenden Gruppen. Angestrebt wird eine gleiche Verteilung (Repräsentation) der betreffenden Gruppen in der Zielgesamtheit wie in der Grundgesamtheit: Dabei kann schon die Abgrenzung der Grundgesamtheit Fragen aufwerfen: Soll der Anteil der Frauen unter den leitenden Angestellten genauso groß sein wie unter der erwerbsfähigen Bevölkerung/erwerbstätigen Bevölkerung/den Angestellten/den Angestellten in der einschlägigen Altersgruppe. Die Forderung nach rechtlicher Durchsetzung von Gleichheit im Er75
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gebnis wird meist mit historischen und verdeckten Hindernissen für die unterrepräsentierte Gruppe begründet: Einzelne sollen für gegenwärtige (oder auch frühere) Nachteile ihrer Gruppe entschädigt werden, die durch (langandauernde) Vorurteile und Diskriminierung in der Vergangenheit (mit)verursacht wurden. Dieser Ansatz führt tendenziell zu einer möglichst weiten Grundgesamtheit (weil Frauen schon unter den Erwerbstätigen aufgrund geschlechtsbezogener Barrieren unterrepräsentiert seien). 11 Die Forderung nach Ergebnisgleichheit kann zu Vorrangregeln für die Angehörigen einer Gruppe führen, die entweder nur bei gleicher Eignung oder auch bei schlechterer Eignung den Vorrang bei Einstellung, Ausbildung, Beförderung oder Verschonung von Nachteilen (zB Kündigung) einräumen (vgl § 8 Rn 18 ff). Ergebnisgleichheit kann aber auch mit anderen Maßnahmen gefördert werden, wie Unterstützung und Ausbildung. Man spricht übergreifend von affirmative action, spezifischen Maßnahmen (so Art 141 Abs 4), reverse discrimination, positiven Maßnahmen (so § 8) oder gar positiver Diskriminierung; diese Begriffe haben keine unterschiedlichen Inhalte (sehr wohl aber ansteigende Eignung das Entscheidende zu verschleiern; vgl § 8 Rn 9). Als schwächere Ausprägung von Gleichheit in den Folgen kann man es ansehen, wenn man aus der gruppenspezifischen Ausprägung einer Regel die widerlegbare Vermutung ableitet, dass die Regelung selbst ungleich ist. Dies ist das Kennzeichen der mittelbaren Diskriminierung iSd § 5 Abs 2. Wie bereits zur Gleichheit als Symmetrie angedeutet, steht das Verbot der mittelbaren Diskriminierung daher zwischen dieser und der Gleichheit in den Folgen. Maßnahmen zur Durchsetzung von Ergebnisgleichheit haben häufig den Nebeneffekt, die bisher unterrepräsentierte Gruppe an die Verhaltensmuster der bisher stärker vertretenen Gruppe heranzuführen und zu assimilieren. 12 Das dritte Konzept ist die Gleichheit der Chancen. Es blickt wieder mehr auf die Individuen als auf die Gruppen, und klar mehr auf die Regeln denn auf das Ergebnis, und steht daher zwischen Gleichheit als Symmetrie (einschließlich des Verbots mittelbarer Diskriminierung) und Gleichheit im Ergebnis. Eine schwächere Ausformung verlangt (nur), dass rechtliche Hindernisse beim Zugang zum „Start“ beseitigt werden, wobei es im Laufe des Berufslebens viele solcher Starts gibt; dies deckt sich mit dem Postulat der Gleichheit als Symmetrie. Eins stärkere Fassung verlangt, dass der 76
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Zugang zum Start für bis dahin Benachteiligten durch Fördermaßnahmen (zB Schulungen) erleichtert wird. Eine noch stärkere Fassung verlangt, dass die Zugangsbedingungen zu einer Stelle selbst geprüft werden, ob sie wirklich erforderlich sind; dies deckt sich mit dem Verbot mittelbarer Diskriminierung. Ein Beispiel für die schwache Fassung bietet die E des deutschen Bundesverfassungsgerichts zu Zahlungspflichten des ArbG während der Schwangerschaft. Ausgehend von dem Satz, dass Frauen und Männer die gleichen Erwerbschancen haben müssten, wurden die Zahlungspflichten als unzulässig angesehen, weil sie die Einstellung von Frauen unverhältnismäßig belasten und damit behindern (18.11. 2003 – 1 BvR 302/96 = NZA 2004, 33). Das Konzept der Chancengleichheit wird – stärker als die anderen Konzepte – durch den Gedanken der ausgleichenden Gerechtigkeit gestützt. Den Argumenten, die für ein Diskriminierungsverbot und für 12a Maßnahmen zur Gleichstellung ins Treffen geführt werden, werden va zwei Argumente entgegengehalten, sowohl in der politischen Diskussion wie bei der Auslegung und Anwendung von Bestimmungen zur Antidiskriminierung: die Freiheit des anderen, hier des Unternehmers, sowie die wirtschaftliche Effizienz bzw die Notwendigkeit zur Kostenminimierung. So wie bei der Gleichheit können auch bei der Freiheit verschiedene Konzepte unterschieden werden. Das Antidiskriminierungsrecht steht aber ohne Zweifel in einer starken Spannung zum Prinzip der Privatautonomie. Dieses Spannungsverhältnis durchzieht die Bewertung und Auslegung des Antidiskriminierungsrechts. Nicht Wenige meinen, dass schon die Grundentscheidung falsch sei. Kritik sollte aber am wahren Inhalt des Verbotes ansetzen, das eben keine sachliche Entscheidung verlangt, sondern „nur“ das Heranziehen bestimmter missbilligter Kriterien verbietet (§ 5 Rn 10). Das Verbot von Diskriminierungen aufgrund bestimmter Kriterien ist auch mit der Möglichkeit vereinbar, Entscheidungen im Übrigen nach Sympathie oder Schönheit zu treffen, weil ArbG idR nicht allein nach Sympathie, sondern wirtschaftlich rational entscheiden (Rn 14). Auf der Beweisebene erleichtert aber das Vorliegen eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes ohne Zweifel das Abwehren des Vorwurfes, diskriminiert zu haben. Auch mit diesen Präzisierungen kann man mit guten Gründen Vorbehalte gegen das Antidiskriminierungsrecht in Bezug auf manche oder gar alle missbilligten Kriterien hegen. 77
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13 Auch wenn man das Diskriminierungsverbot „nur“ als Verbot versteht, bestimmte Erwägungen anzustellen, schränkt es die Privatautonomie massiv ein. Das Spannungsverhältnis zeigt sich dann aber bei der Auslegung und Anwendung der Diskriminierungsverbote. Jede extensive Interpretation schränkt die Privatautonomie (noch) weiter ein. Die Einschränkung wirkt bei den „Statusentscheidungen“ Einstellung und Beförderung stärker als bei anderen Fragen wie etwa Ausbildungschancen, Entgelt oder auch Beendigung (Rn 4). Einstellung und Beförderung betreffen nicht nur ein Kerngebiet der Privatautonomie (Abschlussfreiheit), das traditionell viel weniger beschränkt ist als die Freiheit bei der Ausgestaltung des Vertrages. Es betrifft im Arbeitsleben auch ein Kerngebiet der unternehmerischen Freiheit, nämlich mit welchen Personen der Unternehmer zusammenarbeiten will (MünchArbR/Buchner § 39; Hermann, ZfA 1996, 19 ff). Dementsprechend geben weder das Gemeinschaftsrecht noch das GlBG noch andere Mitgliedstaaten den Diskriminierten ein Recht auf Abschluss des ArbV (§ 3 Rn 60). Und die Einschränkung der Privatautonomie ist bei einer affirmative action idR größer als beim reinen Diskriminierungsverbot. Die Abweichung vom Normalfall des Privatrechts besteht schon darin, dass der Bürger im Bereich des Privatrechts grds „nach Belieben“ entscheiden kann. Dies ist das traditionelle Charakteristikum des Vertragsrechts jedenfalls soweit es um den Abschluss und die Auswahl des Vertragspartners geht. Das Antidiskriminierungsrecht wendet sich aber nicht nur gegen „beliebige“ Entscheidungen des ArbG. Schon das „reine“ Diskriminierungsverbot verbietet – bereits bei den Arbeitsbedingungen – dem ArbG oft jene Entscheidungen, die er bei einer aus seiner Sicht rationalen Entscheidung treffen würde, um den Unternehmenszielen (insb Gewinn) und den Wünschen der Kunden am besten zu entsprechen. Das Antidiskriminierungsrecht anerkennt eben nicht alle aus der Sicht des Unternehmers wirtschaftlich rationalen Gründe auch als Rechtfertigungsgrund für eine (vermutete) Diskriminierung, sondern verlangt vom Unternehmer ein Agieren gegen den Markt. Dies ist näher zu erläutern. 14 Betrachtet man das Verhalten der Unternehmen primär aus ökonomischer Perspektive, so kann die – unmittelbare oder mittelbare – Benachteilung von ArbN aufgrund eines missbilligten Merkmals auf zwei unterschiedlichen Ursachen beruhen: entweder auf ökonomisch rationalen Gründen oder aber auf anderen Gründen (vgl 78
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Thüsing, RdA 2003, 257 ff). Bei den anderen Gründen kann man dann zwischen Vorurteilen und paternalistischen Motiven unterscheiden. Die entscheidende Grenzlinie ist die erste: ökonomisch fundierte Gründe und andere. Man ist versucht diese Linie danach zu ziehen, ob eine (mittelbar) benachteiligende Regelung im Untersuchungsbereich zu einer Reduktion der Kosten und zu effizienterer Produktion führt als eine Regelung, welche nicht benachteiligt. Entscheidend ist dann aber oft der Untersuchungsbereich und damit die Ebene der Beurteilung: Unternehmen oder Volkswirtschaft. Bei manchen Fragen decken sich die Ergebnisse. So können Unternehmen die Tendenz, eher Männer als Frauen zu beschäftigen (überhaupt oder in besser bezahlten Positionen), jedenfalls bei langfristig angelegten Arbeitsverhältnissen (wie sie früher häufig waren) mit geringeren Kosten für gleiche Arbeitsleistung erklären: Bei Frauen seien Abwesenheiten und Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit typischerweise größer (Schwangerschaft, Kinderbetreuung) und daher auch die dadurch verursachten Kosten (Entgeltfortzahlung und/oder Dispositionskosten); werden Betriebspensionen gezahlt, so erhöht die durchschnittlich längere Bezugsdauer die Kosten. Bei anderen Fragen weicht die Beurteilung auf Unternehmensebene hingegen von jener auf gesamtwirtschaftlicher Ebene ab. Vorurteile der Geschäftspartner, der Kunden oder anderer ArbN, die deren Verhalten steuern, führen nämlich – nur – auf der Ebene des Unternehmens und damit aus der Sicht des ArbG zu einem ökonomischen Grund für Differenzierung. So erscheint die bevorzugte Einstellung bestimmter Personen (Frauen, Jüngere, Angehörige der Mehrheitsbevölkerung) aus der Sicht des ArbG ökonomisch und rational, falls die Kunden diese Personen so sehr bevorzugen, dass das Ausmaß der Nachfrage nach den Leistungen des ArbG davon beeinflusst wird. Auf der Ebene der Volkswirtschaft kann das einzelwirtschaftlich rationale Verhalten aber ganz anders zu beurteilen sein, nämlich als gesamtwirtschaftlich gleich effizient oder gar als weniger effizient als ein nicht diskriminierendes Verhalten. Bei der Suche nach den rechtlichen Maßstäben der Antidiskriminierung kann nun wohl nicht die Ebene des einzelnen Unternehmens, sondern nur die der Volkswirtschaft maßgebend sein: Verringert das Befolgen eines bestimmten Verbotes die gesamtwirtschaftliche Effizienz – oder drängt es vielmehr die diskriminierenden Präferenzen der Marktteilnehmer zurück (weil sie eben bei allen Anbietern damit rechnen müssen, dass ihnen Männer/Ältere/Angehörige einer ethnischen Minderheit als ArbN ge79
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genübertreten). Jedenfalls wenn erwartet werden kann, dass das Verbot die gesamtwirtschaftliche Effizienz nicht beeinträchtigt, gibt es keine ökonomischen Einwände gegen das Verbot. Und auch im anderen Fall bleibt abzuwägen, wie groß die ökonomischen Nachteile sein können, die man zugunsten der Antidiskriminierung in Kauf nehmen soll und nimmt. Allerdings ist eine klare Aussage zu den ökonomischen Folgen, insb Nachteilen, eines mit den Präferenzen der Marktteilnehmer konfligierenden Diskriminierungsverbotes schon auf Unternehmensebene meist schwierig (inwieweit hängt der Umsatz eines Lokales von Geschlecht und Alter des Bedienungspersonals ab?). Noch schwieriger sind Aussagen auf nationaler oder gar europäischer Ebene, wenn und weil bei größerem Untersuchungsbereich die ökonomischen Auswirkungen der Regelung andere sind als beim Unternehmen (so führt die Öffnung von Männerberufen für Frauen, insb wegen des dann größeren Angebotes oder auch aus anderen Gründen, oft zu einer Reduktion der Entgelte für beide Gruppen und nicht zur Anhebung), die kulturellen Besonderheiten zu berücksichtigen sind, und die Auswirkungen auf dieser Ebene überdies nicht klar erkennbar sind. 15 Diskriminierungsverbote und Gleichstellungsgebote im Arbeitsleben beschränken stets – wie jedes unternehmensbezogene Recht – die Privatautonomie der ArbG und die unternehmerische Freiheit. Es ist daher fraglich, wieweit sich diese Freiheit und die damit verbundenen wirtschaftlichen Erwägungen (etwa: Beförderung des Gesamtwohls durch Gewinnstreben der Einzelnen) gegenüber dem Streben nach Gleichheit durchsetzen. Im Rahmen der Ergebnisgleichheit geht es primär um politische Abwägung. Im Rahmen der Diskriminierungsverbote stellt sich die Frage, inwieweit die Gleichbehandlung gegen den Markt durchgesetzt werden soll, inwieweit also eine Diskriminierung verboten werden soll, welche jedenfalls aus der Sicht des einzelnen ArbG ökonomisch rational erscheint (Rn 14). Diese Frage stellt sich sowohl bei der unmittelbaren Diskriminierung (insb wenn Kunden bestimmte ArbN wünschen, andere es aber objektiv genau so gut könnten; § 3 Rn 73 ff) wie bei der mittelbaren Diskriminierung (insb bei der Rechtfertigung). Nach hM ist es nun zumindest bei der mittelbaren Diskriminierung – in bestimmten Fällen – zulässig, eine Benachteiligung durch wirtschaftliche Gründe des Unternehmens (oder auch der staatlichen Politik) zu rechtfertigen. Fraglich sind aber die Grenzen: Im Allgemeinen ist stets eine Abwägung der Interessen an 80
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Gleichbehandlung mit den wirtschaftlichen Interessen erforderlich (§ 5 Rn 48 ff). Es kommt dann entscheidend darauf an, wie streng der Rechtfertigungsmaßstab angesetzt wird: muss die Differenzierung für die wirtschaftlichen Ziele des Unternehmens nur nützlich sein oder muss sie unerlässlich und überdies nicht unverhältnismäßig sein. Das sind die in der Praxis entscheidenden Fragen, zu denen der EuGH bisher nur wenig Substantielles gesagt hat. Die Doktrin fragt bei der Rechtfertigung bisher nicht ausdrücklich danach, ob das Verbot die Effizienz auch gesamtwirtschaftlich beeinträchtigt (Rn 14); die Überlegungen in Rn 14 können aber Hinweise zur Lösung bieten. Ist eine benachteiligende Regelung auf nationaler Ebene nicht 16 eindeutig effizienter als die nicht diskriminierende, spricht einiges dafür, das konkrete Diskriminierungsverbot auch „gegen den Markt“, also gegen die gegenwärtigen Präferenzen einzelner Marktteilnehmer durchzusetzen, zumal diese bei konsequenter Anwendung des Verbotes kaum ausweichen können (für dieses Durchsetzen gegen den Markt zB Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 60, 66; Fredman, Discrimination Law 102; schärfer Schiek, NZA 2004, 878 f; schwächer Moreau, Justifications 2.2.). Dafür spricht auch, dass die bereits zahlreichen und massiven gesetzlichen Diskriminierungsverbote wohl nicht mehr nur die Würde schützen und „Willkür“ zurückdrängen, sondern die Solidarität und die Inklusion in der Gesellschaft – und damit die Gleichheit – real und als wirkungsmächtige Idee fördern sollen. Angestrebt werden gerade auch ein Umdenken und eine Abkehr von manchen gesellschaftlichen Vorstellungen und Trends. Dies prägt die Rahmen-RL (dort geht es deutlicher gegen zB Jugendkult und Orientierung am kurzfristigen Gewinnstreben) ebenso wie das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Beleg dafür ist jüngst Art 5 der RL 2004/113/EG zu geschlechtsspezifischen Versicherungsprämien; § 3 Rn 189). Allerdings gibt es für dieses Durchsetzen gegen den Markt auch Grenzen, wie insb ein enges Verständnis von „gleichwertiger“ Arbeit (§ 3 Rn 111) und die Möglichkeit, eine mittelbare Benachteiligung auch mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten zu rechtfertigen (§ 5 Rn 48). Belasten wird dieses Durchsetzen gegen den Markt vorerst einmal die einzelnen ArbG, die zwischen den Wünschen des Rechts und jenen der Vertragspartner stehen und nicht das tun können, was jedenfalls derzeit dem Geschäft am meisten nützt. Man sollte die gesetzestreuen 81
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ArbG dann zumindest rechtlich unterstützen, indem man ihnen gegen Mitbewerber, die das GlBG systematisch verletzen, einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG gibt (§ 10 Rn 3). 17 Die benachteiligende Regelung kann aber nicht nur auf Ebene des Unternehmens, sondern auch auf nationaler Ebene eindeutig effizienter sein als das Verbot der Benachteiligung. Dann wird die Beurteilung vor allem bei der mittelbaren Diskriminierung schwierig. Das Diskriminierungsverbot zwingt dann zu höheren Ausgaben und damit zu Quersubventionen zwischen Arbeitsplätzen; das staatliche Verbot scheint ökonomisch ineffizient (Thüsing, RdA 2003, 259). Man muss dann das rechtliche Interesse an Gleichbehandlung mit dem ebenfalls rechtlich bewerteten Interesse an Effizienz (der Volkswirtschaft) abwägen. In Anbetracht der großen Bemühungen der EU um eine ausreichende Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen spricht manches dafür, dass das Gemeinschaftsrecht keine Maßnahmen verlangt, die volkswirtschaftlich wirklich nachteilig sind (in diese Richtung – wenn auch kritisch – Moreau, Justifications). 18 Von Interesse sind auch die ökonomischen Auswirkungen von Antidiskriminierungsrecht. Man kann diese entweder im Modell untersuchen oder versuchen sie empirisch aufzudecken. Empirische Studien wurden vor allem in den USA zum Verbot der Diskriminierung aufgrund der Rasse und des Geschlechts durchgeführt. Verschiedene Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen; die positiven Wirkungen sind aber wenn überhaupt so nicht sehr stark ausgeprägt. Die Beurteilung der Auswirkungen im Rahmen eines Modells hängt wesentlich von den Annahmen über die Gründe für Diskriminierung und zur Frage ab, ob sich diskriminierendes Verhalten auf Dauer auf dem Markt halten kann und rechnet. Man vgl zu diesen Fragen insb Schwab, Employment Discrimination. II. Zum Zweck des Diskriminierungsverbotes im Gemeinschaftsrecht 19 Im Vordergrund der gemeinschaftsrechtlichen Normen zur Gleichheit der Geschlechter (aber auch zur Antidiskriminierung iSd Art 13 EGV) steht klar und eindeutig der Grundsatz der Gleichbehandlung des Art 141 Abs 1 und der GleichbRL – und nicht etwa die Möglichkeit für Maßnahmen zur Förderung der 82
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Gleichstellung. Der genannte Grundsatz ist fest etabliertes Gemeinschaftsrecht, während das Gemeinschaftsrecht für Maßnahmen zur Gleichstellung (affirmative action) nur eine Möglichkeit einräumt. Auch die Wendung vom Grundsatz der Chancengleichheit in Art 141 Abs 3 ändert daran derzeit nichts. Abzulehnen wäre es jedenfalls, unter Chancengleichheit in Abs 3 dasselbe zu verstehen wie unter „effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung“ in Art 141 Abs 4 (ebenso Calliess/Ruffert/Krebber Art 141 Rn 100). Gegen eine solche Annäherung der Begriffsinhalte sprechen der deutlich unterschiedliche Wortlaut, der Kontext und die unterschiedlichen Konzepte von Gleichheit, die sich gerade hier auswirken. Nach dem Kontext dürfte also mit Chancengleichheit derzeit nicht mehr gemeint sein als der bisherige Grundsatz der Gleichbehandlung und damit das Diskriminierungsverbot. Das Gemeinschaftsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten nur zum Grundsatz der Gleichbehandlung, nicht aber zu Maßnahmen zur „Gleichstellung“ der Geschlechter (§ 8 Rn 2). Das Entgeltgleichheitsgebot (und damit der Kern des Diskriminie- 20 rungsverbotes) wurde 1957 in Art 119 alt in den EG-Vertrag aufgenommen, um eine Verfälschung des Wettbewerbs zugunsten von Mitgliedstaaten hintanzuhalten, in denen dieses Gebot noch nicht galt. Diese wettbewerbliche Dimension trat in den Hintergrund, als der EuGH das Gebot alsbald als sozialpolitische Vorschrift verstanden hat (so schon die grundlegende E EuGH 8.4.1976, Rs 43/ 75-Defrenne II Rn 8-11). Heute kann Art 141 EGV als Konkretisierung des allg Gleichheitssatzes des Gemeinschaftsrechtes gesehen werden, weil eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes nach dem EuGH „nur darin bestehen (kann), dass unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Situationen angewandt werden oder dass dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Situationen angewandt wird“ (EuGH 17.6.1998, C-243/95-Hill/Stapleton Rn 22; vgl auch § 3 Rn 8). Der Grundsatz des Art 141 ist eine menschenrechtliche Norm. Er zählt zu den Grundlagen der Gemeinschaft (EuGH Defrenne II Rn 12; Hill/Stapleton Rn 18). Die Bedeutung von Art 141 wird durch Art 2 f EGV unterstrichen: Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist eines der (zehn) in Art 2 genannten Ziele der EG, die diese gemäß Art 3 Abs 2 bei allen Tätigkeiten zu fördern hat. Und der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen gehört heute zu den in der Rechtsordnung 83
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der Gemeinschaft geschützten Grundrechten (EuGH 15.6.1978, Rs 149/77-Defrenne III Rn 26; 30.4.1996, C-13/94-P/S und Cornwall County Council Rn 19; 10.2.2000, C-270/97-Schröder Rn 57). Diese grundrechtliche Sicht des Grundsatzes ist allerdings nicht völlig unbestritten, weil manche in Art 141 noch immer eine im Wesentlichen auch wettbewerbsrelevante Norm sehen. Die unterschiedlichen Standpunkte zeigen sich auch darin, dass die Judikatur (auch des EuGH) in verschiedenem Zusammenhängen unterschiedliche Anforderungen an die Rechtfertigung einer (vermuteten) Diskriminierung stellt. 21 Art 141 und die GleichbRL sowie die Judikatur dazu basieren auf dem Konzept der Gleichheit als Symmetrie (bzw in der Sprache der Kritiker auf jenem der „formalen Gleichheit“): Frauen und Männer müssen vom ArbG als Teilnehmer am Arbeitsmarkt gleich behandelt werden; die strukturelle Verschiedenheit der gesellschaftlichen Lebensbedingungen bleibt hingegen eher ausgeblendet (Fenwick/Hervey, CMLR 32, 443 ff). Dieses Konzept erfordert zwar Eingriffe in den Markt, nicht jedoch in die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt. Das EG-Recht zur Gleichbehandlung der Geschlechter beeinflusst langfristig weder die Verhältnisse zwischen ArbG und ArbN noch die Arbeitskosten wesentlich. Allerdings gibt es auch Stimmen, welche diese Ausrichtung der Prinzipien des EG-Diskriminierungsrechts kritisieren. Manche fordern, dass das Gemeinschaftsrecht stärker die Chancengleichheit im Arbeitsleben gewährleisten soll, insb gleiche Ausgangsbedingungen für Frauen und Männer, welche nicht mehr die traditionellen „männlichen“ Grundstrukturen des Arbeitslebens bevorzugen, wie Vollzeitbeschäftigung und Lebenszeitanstellung (Hervey, EC Law, A). Zumindest die Lebenszeitanstellung ist aber inzwischen nur mehr für eine Minderheit auch der männlichen ArbN relevant, und prägt auch kaum mehr die Strukturen von Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht. 22 Fraglich ist, inwieweit das derzeitige Gemeinschaftsrecht zur Diskriminierung neben dem Individuum auch gruppenbezogene Aspekte aufweist. Die Deutung als Grundrecht spricht stark dafür, dass es primär um den Schutz der Einzelnen – Frauen wie Männer – geht. Dementsprechend legt der EuGH Ausnahmen vom Grundsatz der Gleichbehandlung auch eng aus (§ 5 Rn 13). Gleichwohl spielt auch die Gruppensicht eine bedeutende und tragende Rolle. 84
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Dafür spricht schon das Verbot (auch) der mittelbaren Diskriminierung. Es geht hierbei ja um das Verbot eines Kriteriums, welches eine bestimmte Gruppe benachteiligt; erst der Blick auf die Gruppe führt zum Verbot. Noch mehr Bedeutung hat die Gruppe, wenn der Tatbestand der mittelbaren (oder auch der unmittelbaren) Diskriminierung durch Statistik dargelegt werden kann (§ 5 Rn 32 ff). Vorbehaltlich einer Rechtfertigung entscheiden dann die gruppenbezogenen Daten über die Rechtswidrigkeit. Dementsprechend wird diese Art des Nachweises daher auch zum Konzept der Gleichheit der Folgen gezählt (vgl Fredman, Discrimination Law 12). Noch stärker ist die Bedeutung der Gruppensicht naheliegenderweise bei den spezifischen Maßnahmen iSd § 8. Sie sind ja an sich eine Diskriminierung des einzelnen Anderen, und ethisch allenfalls zu rechtfertigen, weil Angehörige der anderen Gruppe typischerweise benachteiligt werden. Die starke Stellung der Gruppensicht bei den Grundentscheidun- 23 gen des geltenden Gemeinschaftsrechts zur Diskriminierung rechtfertigt es, den Gruppenaspekt auch in anderen Fragen zu bedenken. So stellt es mE eine starke Vermutung gegen eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung dar, wenn die Zusammensetzung der Zielgruppe in der Belegschaft „ausgewogen“ ist. Es spricht also stark gegen eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, wenn die Belegschaft schon einen der Grundgesamtheit (Rn 10) entsprechenden Frauenanteil hat, auch wenn im konkreten Fall eine Frau abgelehnt wird; noch mehr gilt dies etwa in Bezug auf die Altersdiskriminierung. Auf der anderen Seite begründet es – unabhängig von den Umständen des konkreten Falles – mE die Vermutung einer unmittelbaren Diskriminierung, wenn die Zusammensetzung der Zielgruppe offenkundig unausgewogen ist, wenn also zB in einem Betrieb keine ArbN über 50 Jahre beschäftigt werden. Die Entscheidung, ob die Zusammensetzung ausgewogen ist, hängt wie gesagt von der Grundgesamtheit ab, bei Einstellungen insb von der Gesamtheit der möglichen Bewerbungen, aber nicht allein davon ab (weil der potentielle Bewerberkreis ja auch schon diskriminierend zusammengesetzt sein kann). In Bezug auf die Diskriminierung aufgrund des Geschlecht wird man sagen können, dass die Zusammensetzung jedenfalls ausgewogen ist, wenn 40% der einschlägigen ArbN jenem Geschlecht angehören, welches nach Auffassung der Klage benachteiligt worden sein soll. 85
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III. Weitergehende Maßnahmen, insb der Gemeinschaft 24 Die Gleichstellung von Männern und Frauen stellt nach Art 2 und Art 3 Abs 2 EGV sowie nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein grundlegendes Prinzip dar. In diesen Vertragsbestimmungen wird die Gleichstellung von Männern und Frauen als Aufgabe und Ziel der Gemeinschaft bezeichnet, und es wird eine positive Verpflichtung begründet, sie bei allen Tätigkeiten der Gemeinschaft zu fördern. Die EU-Kommission sieht daher in der Frage der Gleichbehandlung der Geschlechter einen Schwerpunkt ihrer Arbeit. Im Vordergrund stehen Bemühungen, die geschlechtsspezifische Segregation des Arbeitsmarktes aufzuheben, die Frauenarbeit aufzuwerten und Familie und Beruf besser vereinbar zu machen (Weißbuch 1994, KOM[94]333). Die große Bedeutung auch des Art 141 beruht auf dem großen Änderungsbedarf in einer zentralen gesellschaftspolitischen Frage. 25 Die EG verfolgt seit 1996 einen dualen Ansatz. Neben spezifische Maßnahmen tritt das Konzept des gender mainstreaming. Dies bedeutet: Die Ziele der Geschlechtergleichstellung und Chancengleichheit sollen in alle Konzepte, Maßnahmen und Politiken der Gemeinschaft wie der Mitgliedstaaten integriert werden, die – auch indirekte – Auswirkungen auf das Leben von Frauen und Männern haben. Gender, Geschlecht soll als relevanter Faktor in allen Bereichen der Politik zur Kenntnis genommen und in die Mitte der üblichen Handlungsorientierungen befördert werden (vgl Baer, in: Bothfeld, Gender Mainstreaming, 41 ff). Dafür sollen die Unterschiede zwischen den Lebensverhältnissen, den Situationen und Bedürfnissen von Frauen und Männern systematisch auf allen Politik- und Aktionsfeldern der Gemeinschaft erfasst und berücksichtigt werden. Stets kann man fragen: Wie präsent sind Frauen und Männer? Wer erhält was? Wer hat was? Bei Konzeption und Durchführung politischer Maßnahmen sollte den Anliegen, Bedürfnissen und Wünschen der Frauen Rechnung getragen und die gleiche Bedeutung beigemessen werden, wie denen der Männer. Die etwaigen Auswirkungen auf die Situation der Frauen bzw der Männer sind dafür bereits in der Konzeptionsphase aktiv und erkennbar zu integrieren („gender perspective“). Dies setzt voraus, dass diese politischen Konzepte und Maßnahmen systematisch beleuchtet und die etwaigen Auswirkungen bei der Festlegung und Ausführung berücksichtigt werden. Das Gleichstellungsziel soll jedenfalls in die Diskussion eingebracht und angemessen berück86
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sichtigt werden; Zielkonflikte mit anderen Politikzielen sollen erkannt und angemessen aufgelöst werden. Förderung der Gleichstellung im Rahmen des gender mainstream- 26 ing ist danach nicht einfach der Versuch, statistische Parität zu erreichen. Vielmehr geht es darum, eine dauerhafte Weiterentwicklung der Elternrollen, der Familienstrukturen, der institutionellen Praxis, der Formen der Arbeitsorganisation und der Zeiteinteilung usw zu fördern. Die Chancengleichheit betrifft daher nicht allein die Frauen, die Entfaltung ihrer Persönlichkeit und ihre Selbständigkeit, sondern auch die Männer und die Gesellschaft insgesamt (vgl insb Mitteilung KOM[96]67 sowie Rahmenstrategie KOM [2000]335). Im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie denkt die Kommission dabei unter anderem an folgende Maßnahmen: Förderung des lebenslangen Lernens für Frauen und des Zugangs der Frauen zu Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik; Förderung der Beschäftigungsfähigkeit der Frauen und ihres Zugangs zu IT-Berufen, insb durch Erhöhung der Frauenpräsenz in einschlägigen Bildungs- und Ausbildungsgängen. Die EU unterstützt gender mainstreaming wohl auch deshalb, weil sie es als Mittel zur Steigerung der ökonomischen Effizienz sieht, indem die Möglichkeiten der Frauen am und für den Markt verbessert werden. Die Unterschiede beim Entgelt zwischen Frauen und Männern sind 27 nur in wenigen anderen Mitgliedstaaten größer als in Österreich. Die Kollektivvertragsparteien bemühen sich in Österreich bislang nur wenig um gender mainstreaming (vgl Adam, Landesbericht Austria für EIROnline). Bei den Gewerkschaften gibt es bisher nur in der GPA einschlägige Aktivitäten, auf Seite der Wirtschaftskammer fehlen solche weitgehend. In den Kollektivverträgen soll es noch deutliche Benachteiligungen geben, insb aufgrund von Einstufungsregelungen, welche Frauen im Ergebnis benachteiligen. Und die KollV befassen sich generell eher mit quantitativen Fragen als mit Fragen der Arbeitsqualität. Auch die Gesetze verlangen von den Kollektivvertragsparteien keine Bemühungen um gender mainstreaming. IV. Zum Ziel des 1. Teiles und zur Bedeutung des § 2 § 2 sagt, das „Ziel dieses Abschnittes“ – gemeint ist wohl der 28 „I. Teil“ – „ist die Gleichstellung von Frauen und Männern.“ Nach 87
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den EBzRV dient § 2 der Umsetzung des neuen Art 1 Abs 1a der GleichbRL. Allerdings sagt dieser etwas ganz anderes: „Die Mitgliedstaaten berücksichtigen aktiv das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern bei der Formulierung und Ausführung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Politiken und Tätigkeiten in den in Absatz 1 genannten Bereichen“. Art 1 Abs 1a GleichbRL betrifft also deutlich erkennbar gerade nicht die Ausführung dieser RL selbst, sondern das Verhalten der Mitgliedstaaten in einem anderen Zusammenhang, welches Einfluss auf Arbeitsbedingungen und den Zugang zu Berufsbildung haben kann, wie die Ausbildung in Schulen und Hochschulen. Wollte man diese Vorgabe umsetzen, dann müsste sich die Gesetzesbestimmung an die Verwaltungsorgane wenden, allenfalls auch an die Verfasser von Gesetzesvorlagen. § 2 betrifft aber nur die Adressaten des I. Teils des GlBG, also die ArbG und die Kollektivvertragsparteien. Es handelt sich also um einen absolut untauglichen Versuch der Ausführung. 29 Der Ministerialentwurf des GlBG aus 2003 sah eine Zielbestimmung nach Art des jetzigen § 2 nur im Zusammenhang mit und daher nur in Bezug auf die „positiven“ Maßnahmen des heutigen § 8 vor (vgl Sturm, DRdA 2003, 489). In diesem Zusammenhang konnte „Gleichstellung“ so verstanden werden wie im Gemeinschaftsrecht (Rn 1). Heute steht die „Zielbestimmung“ hingegen an der Spitze der Gesamtheit der Bestimmungen zur Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes (allerdings auch nur hier; beim II. Teil fehlt eine vergleichbare Norm). In dieser systematischen Position ist der Sinn der Worte des § 2 mehr als unklar. Die §§ 3 bis 15 enthalten ja – bis auf die §§ 8 und 9 – lediglich Bestimmungen, die inhaltlich dem Gleichbehandlungsgebot und damit dem Diskriminierungsverbot zuzuordnen sind. Zu sagen, dass alle diese Normen das Ziel der „Gleichstellung“ verfolgten, scheint das herrschende Begriffsverständnis des Gemeinschaftsrechts ebenso wie die gesamte Diskussion dazu zu ignorieren, die ja auf der Gegenüberstellung von Gleichbehandlung und Gleichstellung aufbauen (Rn 1 ff). Denkbar wäre allenfalls, dass § 2 eine Vorgabe zur Auslegung aller anderen Bestimmungen des I. Teils enthält: Vorzuziehen wäre stets jene Auslegungsvariante, welche besser zur „Gleichstellung“ beiträgt; oder – stärker – die Bestimmungen wären stets so auszulegen, dass dies der „Gleichstellung“ dient. Entscheidend ist dann, was unter „Gleichstellung“ zu verstehen ist. Verstünde man Gleichstellung in § 2 in jenem Sinn, in dem Art 141 Abs 4 und die GleichbRL 88
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Gleichstellung
das Wort verwenden, dann wäre dies von großer praktischer Bedeutung: Das GlBG würde dann – nur – in Bezug auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern nicht nur das Unterlassen von Diskriminierung bezwecken, sondern durchgehend auch eine darüber hinausgehende Gleichstellung. Das könnte va die Rechtfertigung einer mittelbaren Ungleichbehandlung bedeutend erschweren oder beschränken, weil viele Ungleichbehandlungen die Gleichstellung behindern, auch wenn sie gerechtfertigt werden können. Das eben skizzierte Verständnis des § 2 ist abzulehnen. Erstens 30 sprechen die Materialien dagegen; sie enthalten keinen Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber dieses Verständnis wollte. Zweitens enthält § 2 keinen klaren Hinweis darauf, dass er die Bedeutung anderer Bestimmungen erheblich verändern will. Drittens verwendet § 2 auch nicht genau jene Formulierung, welche Art 141 Abs 4 und die RL zur Gleichbehandlung verwenden, um spezifische Maßnahmen zu umschreiben, nämlich „volle Gleichstellung“. Schließlich spricht § 8 positive Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung ausdrücklich an, was nahe legt, dass die anderen konkreten Bestimmungen, insb § 5 Abs 2 zur Rechtfertigung, nicht – über die Gleichbehandlung hinaus – schon die Gleichstellung fördern sollen. § 2 enthält daher keine Modifikation der Bestimmungen des I. Teils zum Gleichbehandlungsgebot. Insb folgt aus § 2 nicht die Pflicht, bei der Auslegung dieser Bestimmungen Postulate eines gender mainstreaming zu verwirklichen, zumal deren Inhalt bisher weder im Gesetz noch in den RL zur Gleichbehandlung hinreichend deutlich konkretisiert wurde. Die Bedeutung des § 2 liegt daher wohl nur darin festzuhalten, dass auch die Bestimmungen zum Gleichbehandlungsgebot einen – wichtigen – Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern darstellen. Insofern dient der I. Teil des GlBG zugleich der Konkretisierung des Art 7 Abs 2 B-VG. Die in diesem Gesetz enthaltenen Ver- oder Gebote sind – nicht 31 zur Gänze, aber doch zu einem guten Teil – nur Ausdruck dessen, was auch das Gebot fairen Verhaltens beinhaltet, nämlich den einzelnen Menschen va im Arbeitsleben aufgrund seiner berufsrelevanten individuellen Eigenschaften zu beurteilen, und nicht aufgrund des Geschlechtes oder anderer für die Arbeit eigentlich nicht relevanter Merkmale. Allerdings ist die Neigung, Menschen primär aufgrund der Zugehörigkeit zu Organisationen zu beurteilen und 89
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zu bewerten (Partei, mehr oder weniger öffentliche Vereine) in Österreich im Vergleich zu anderen Staaten wohl überdurchschnittlich, insb im staatsnahen Bereich. Gleichbehandlungsgebot im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis § 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht 1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, 2. bei der Festsetzung des Entgelts, 3. bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen, 4. bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung und Umschulung, 5. beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen, 6. bei den sonstigen Arbeitsbedingungen, 7. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Literatur: Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz – Kommentar (1980); Gamillscheg, Die mittelbare Benachteiligung der Frau im Arbeitsleben, FS Strasser (1983), 171; Zöllner, Gleichbehandlung des Geschlechts, FS Strasser (1983), 223 ff; Pfarr/Bertelsmann, Diskriminierung im Erwerbsleben (D, 1989); Sacksofsky, Das Grundrecht auf Gleichberechtigung (D, 1991); Schlachter, Wege zur Gleichberechtigung (D, 1993); Bertelsmann/Colneric/Pfarr/Rust, Handbuch zur Frauenerwerbstätigkeit (Loseblatt, D, seit 1993); Rebhahn, Gleichbehandlung, Qualifikation und Leistung, JBl 1993, 681; Oetker/Preis (Hrsg), Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (EAS; D, Loseblatt seit 1994); Wisskirchen, Mittelbare Diskriminierungen von Frauen im Erwerbsleben (D, 1994); Baer, Susanne, Würde oder Gleichheit (D, 1995); Fenwick/Hervey, Sex Equality in the Single Market, CMLR 32 (1995), 443; Davies, The European Court of Justice, National Courts, and the Member States, in: Davies/Lyon-Caen/Sciarra/Simitis (Eds), European Community Labour Law: Principles and Perspectives, FS für Lord Wedderburn (Oxford 1996) 95; Hepple, Equality and Discrimination, in: FS Wedderburn, 237; Hervey/O’Keeffe (Eds), Sex Equality Law in the Europe (London 1996); Bieback, Die mittelbare Diskriminierung 90
Gleichbehandlungsgebot im Arbeitsverhältnis
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wegen des Geschlechtes (D, 1997); Sievers, Die mittelbare Diskriminierung im Arbeitsrecht (D, 1997); Dungs, Die Europäisierung des deutschen Arbeitsrechts und der geschlechtsspezifische Gleichbehandlungsgrundsatz (D, 1997); Curall, Kommentierung des Art 119 EGV in von der Groben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EGV5 (1998, zitiert: GTE/Curall); Schlachter, Grundsatz des gleichen Entgelts nach Art 119 EG-Vertrag und der RL 75/117/ EWG, in: Oetker/Preis, EAS B 4100 (Stand 1998); Appel ua (Hrsg), Handbuch zur Gleichstellung der Geschlechter im Arbeitsrecht (D, 1998); Wöhlermann, Die richtlinienkonforme Auslegung im Europäischen Arbeitsrecht – am Beispiel arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsrichtlinien (D, 1998); Schlachter, Richtlinie über die Beweislast bei Diskriminierung, RdA 1998, 321; Ellis, Recent Developments in European Community Sex Equality Law, CMLR 35 (1998), 379; Eichinger, Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung usw (RL 79/7/EWG), in: Oetker/Preis, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (EAS; Stand 1999), B 4200; Richardi/Annuß in Staudinger, Kommentar zum BGB13, Kommentierung der §§ 611a und 612 (1999); Mosler, Arbeitsrechtliche Probleme der Teilzeitbeschäftigung, DRdA 1999, 338 ff; Annuß, Grundfragen der Entschädigung bei unzulässiger Geschlechtsdiskriminierung, NZA 1999, 738; Roethel, Beweislast und Geschlechterdiskriminierung, NJW 1999, 611; Malossek, Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Gleichbehandlungsrichtlinie (D, 1999); Linck, Kommentierung des § 611a BGB in: Großkommentar zum Kündigungsrecht (D, 2000); Richardi (Hrsg), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht2 (2000; zitiert MünchArbR/ Bearbeiter); Birk, Arbeitsrechtliche Regelungen der EU, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 19; Richardi, Gleichberechtigung von Mann und Frau, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 11; Buchner, Rechtliche Bindung der Vertragsfreiheit des ArbG, in: Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, § 40; Schiek, Differenzierte Gerechtigkeit – Diskriminierungsschutz und Vertragsrecht (D, 2000); Biermann, Die Gleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten bei entgeltlichen Ansprüchen (D, 2000); Smutny/ Mayr, Gleichbehandlungsgesetz – Kommentar (2001); Sciarra (Ed), Labour Law and the Courts: National judges and the European Court of Justice (Oxford 2001); Huep, Die zeitliche Reichweite des geschlechtsbezogenen Entgeltgleichheitsgrundsatzes im deutschen und europäischen Arbeitsrecht, RdA 2001, 325 ff; Mayr, Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes, DRdA 2002, 66; Fredman, 91
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Rebhahn
Discrimination Law (Oxford, 2002); Rust, Kommentierung von Art 141 EGV in: von der Groeben/Schwarze, Kommentar zu EUV/ EGV6 (2003; zitiert GS/Rust); Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht5 (D, 2004; zitiert ErfK/Bearbeiterin); Schindler, Zur Umsetzung des EU-Rechts in Österreich – Teil 2: Insb die Antidiskriminierungs-Richtlinien, DRdA 2003, 523 ff; Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid, Antidiskriminierung – Rechtliche Gleichbehandlung in Österreich und in der EU (2004); Müller-Glöge, Kommentierung der §§ 611a und 612 BGB, in: Münchener Kommentar zum BGB5 (2004); Plötscher, Der Begriff der Diskriminierung im europäischen Gemeinschaftsrecht (D, 2004); Schlachter, Der Begriff der Diskriminierung im Gemeinschaftsrecht, RdA 2004, 190; Karl, Differenzierung nach persönlichen Lebensumständen, in: Tomandl/ Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote (2005), 43 ff; Kletecˇka, Durchsetzung der Differenzierungsgebote, in: Tomandl/Schrammel (Hrsg), Diskriminierungsverbote, 93 ff; Sturm, Die Gleichbehandlungspflichten im Arbeitsrecht, in: Mazal/ Risak, Das Arbeitsrecht, (4.Lfg. 2004); Mengl, Die mittelbare Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten, ecolex 2005, 143 ff. Inhaltsübersicht I. Allgemeines und erfasste Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zum Begriff der Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erfasste Maßnahmen und Regelungen . . . . . . . . . . . . a. Verhalten des Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Andere Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Kollektivverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Anwendung von Gesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zu den Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. „Geschlecht“ als Unterscheidungsmerkmal . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ehe- und Familienstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Benachteiligungsverbot und Mehrfachdiskriminierung 1. Maßregelung und Folgediskriminierung . . . . . . . . . . 2. Mehrfachdiskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Begründung des Arbeitsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
1 1 4 10 10 17 18 20 25 28 35 35 39 41 48 48 51 60 60 62
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a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ehe- und Familienstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Geschlecht als unverzichtbare Voraussetzung . . . . 3. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entgelt und freiwillige Sozialleistungen . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entgelt iSd Art 141 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gleiche und gleichwertige Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Gleiche Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Gleichwertige Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Reichweite des Vergleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bildung, Umschulung und Aufstieg . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Weiterbildung, Ausbildung, Umschulung (§ 3 Z 4) . 2. Beruflicher Aufstieg (§ 3 Z 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich der Z 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betriebliche Versorgungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines und Direktpensionen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Korrektur für die Vergangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pensionskasse und Lebensversicherung . . . . . . . . . . .
§3 62 67 72 73 85 89 89 93 100 100 105 107 115 118 118 124 126 129 129 136 143 143 143 152 152 157 161 168 168 179 186
I. Allgemeines und erfasste Maßnahmen 1. Allgemeines § 3 ist die zentrale Norm des I. Teils, weil sie das Verbot der Diskri- 1 minierung für die wichtigste Fallgruppe des § 1 normiert, nämlich die Arbeitsverhältnisse. Allerdings ist § 3 unvollständig, weil die Legaldefinition der Diskriminierung sich erst in § 5 findet; § 5 ist technisch gesehen lediglich eine Ergänzung zu § 3 (und § 4). § 3 verbietet Diskriminierungen „im Zusammenhang“ mit einem Ar93
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Rebhahn
beitsverhältnis. Diese Formulierung stammt nicht aus dem Gemeinschaftsrecht, das in den Vorgaben zur Geschlechtsdiskriminierung überhaupt nur Zugang zu Beschäftigung, Entgelt und Arbeitsbedingungen als dem Diskriminierungsverbot unterliegende Fragen konkret nennt (vgl insb Art 1 Abs 1 GleichbRL). Die Wendung „im Zusammenhang“ bedeutet jedenfalls, dass § 3 nur bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses eingreift, wobei Arbeitsverhältnis aber ebenso weit zu verstehen ist wie zu § 1 I 1 (§ 1 Rn 20 ff); überdies gelten die in § 1 Abs 3 genannten Rechtsverhältnisse als Arbeitsverhältnisse. Das Diskriminierungsverbot gilt grds unabhängig von der Betriebsgröße, also auch für Klein(st)betriebe (vgl EuGH 8.11.1983, Rs 165/82-Komm/UK Rn 12–16; 4.10.2001, C-109/00-Tele Danmark Rn 37). 2 Die Aufzählung von Rechtsfragen, in denen das Diskriminierungsverbot eingreift, in den Z 1 bis 7 des § 3 ist aufgrund des Wortes „insbesondere“ nicht abschließend, sodass das Verbot noch bei anderen Fragen „im Zusammenhang“ mit einem Arbeitsverhältnis eingreifen kann. Die in den Ziffern 1 bis 7 genannten Rechtsfragen decken aber alle Rechtsfragen ab, deren Einbeziehung das Gemeinschaftsrecht verlangt. Auch aus der Sicht des nationalen Rechts dürfte es keine Fälle geben, in denen über die Aufzählung hinausgegangen werden müsste, weil Z 6 mit „sonstige Arbeitsbedingungen“ wohl alles abdeckt. Allerdings ist in vielen und auch wichtigen Fällen die Zuordnung zu den einzelnen Ziffern des § 3 relevant, weil § 12 die Rechtsfolgen unterschiedlich ausgestaltet. Einen Anspruch der Diskriminierten auf Gleichstellung (Erfüllungsanspruch) und damit Beseitigung der Diskriminierung gibt § 12 nämlich nicht in allen Fällen, sondern nur beim Entgelt (Z 2), bei den sonstigen Arbeitsbedingungen (Z 6) sowie bei den Z 3 und 4; genauer ist bei Verletzung der Z 3, 4 und 6 ein – nicht besonders beschränkter – Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens vorgesehen; zu Z 2 vgl § 12 Rn 42 ff. Im Falle einer Diskriminierung bei Einstellung (Z 1) und Aufstieg (Z 5) gibt § 12 hingegen den Erfüllungsanspruch nicht, sondern nur einen Ersatzanspruch. Der Gesetzgeber wollte damit den ArbG davor bewahren, diskriminierte ArbN einstellen oder befördern zu müssen. Der Ersatzanspruch bei Einstellung und Beförderung ist allerdings bei jener Person, die ohne Diskriminierung eingestellt oder befördert worden wäre, betragsmäßig vom Gesetz nicht beschränkt. Versucht man dies zu generalisieren, dann kann man wohl sagen, dass Diskriminierte 94
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verlangen können, nicht schlechter als Vergleichbare behandelt zu werden, aber keinen Anspruch auf Verbesserung der individuellen Position im Unternehmen (sondern nur Geldersatz dafür) erreichen können. Problematisch ist die Abgrenzung etwa, wenn der ArbG Frauen nicht unbefristet einstellen will. Kommt es zum Abschluss eines Vertrages, dann scheint Z 6 einschlägig, was zu einem unbefristetem Vertrag führt; kommt es nicht zum Vertrag, dann ist Z 1 einschlägig (begrenzte Entschädigung); dazu Rn 149. Zur Vereinbarkeit der Beschränkung der Rechtsfolgen bei Z 1 und 5 mit den Vorgaben der GleichbRL vgl § 12 Rn 16 ff, 48. Jedenfalls in Randbereichen ist eine Korrektur erforderlich (so wenn ArbN an sich Anspruch auf Aufstieg haben; Rn 137). Der genaue Inhalt des Gleichbehandlungsgebotes hat sich im Lauf 3 der Jahre etwas geändert. Daher kann fraglich sein, welche Ausgestaltung des Gebotes für die Prüfung einer Regelung, eines Rechtsgeschäftes oder einer Maßnahme heranzuziehen ist, zB bei Nachzahlung von Entgelt oder Schadenersatz wegen Benachteiligung bei der Beförderung. Relevant kann dies va bei Fragen der betrieblichen Versorgung sein. Grundsätzlich wirken Normen nicht zurück, außer die Norm sagt selbst etwas anderes. Dies bedeutet, dass die Norm idR nicht auf Sachverhalte anzuwenden ist, die sich vor ihrem Inkrafttreten ereignet und vollendet haben. Dies gilt auch für das Gemeinschaftsrecht. In Bezug auf das Gemeinschaftsrecht hat das nationale Gericht zu beurteilen, für welchen Zeitpunkt (Inkrafttreten der Regelung, Verwirklichung des Sachverhaltes) die Vereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgebot zu prüfen ist (EuGH 9.2. 1999, C-167/97-Seymour-Smith Rn 50), und dann die maßgebliche Fassung des Gebotes zu ermitteln. Entscheidungen des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren stellen nach hA nur den Inhalt der Norm fest, den sie schon seit ihrem Inkrafttreten hatte (vgl – kritisch – F. Bydlinski, JBl 2001, 2). Sie sind daher auch auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach dem Inkrafttreten, aber vor der Entscheidung verwirklicht haben (EuGH 2.2.1988, Rs 309/85Barra Rn 11 ff; zur Ausnahme bei Betriebspensionen vgl Rn 183). 2. Zum Begriff der Diskriminierung Das Gemeinschaftsrecht und § 5 definieren sowohl die unmittelba- 4 re wie die mittelbare Diskriminierung. Diese Begriffe wurden vom EuGH entwickelt und vom Gemeinschaftsgesetzgeber erstmals in der Beweislast-RL 97/80 autoritativ umschrieben. Die neuen RL 95
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zur Gleichbehandlung folgen dem weitgehend, wenn auch nicht vollständig (vgl § 5 Rn 2, 26). § 5 hat diese Umschreibungen übernommen. Gleichwohl ist in Bezug auf die Terminologie fraglich, in welchem Stadium des Prüfungsprozesses bereits von Diskriminierung gesprochen werden soll. Soll jede Ungleichbehandlung aufgrund eines unzulässigen Unterscheidungsmerkmales Diskriminierung genannt werden, auch wenn sie gerechtfertigt werden kann, oder nur eine nicht zu rechtfertigende und daher letztlich verbotene Ungleichbehandlung. Im ersten Fall gibt es dann gerechtfertigte Diskriminierung, was schlecht zu der Missbilligung passt, welche in der deutschen Sprache mit „Diskriminierung“ üblicherweise verbunden wird: die Begriffsbedeutung schießt über den Inhalt hinaus. Im zweiten Fall muss man für die „bloße“ rechtfertigungsbedürftige Differenzierung einen eigenen Begriff verwenden. Die Begriffsbildung der Wissenschaft ist an sich frei, allerdings soll sie sich an den Begriffen der Rechtsordnung orientieren, soweit dies vertretbar ist. Und dies ist bei den neuen Umschreibungen der RL und des § 5 auch möglich. 5 Eine unmittelbare Diskriminierung liegt nach § 5 und § 19 sowie den zugrunde liegenden RL bereits vor, „wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechtes“ oder eines in § 17 genannten Grundes (Merkmales) „in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.“ Vgl § 5 Rn 2 ff. Kurz: eine Person erfährt aufgrund des Geschlechtes eine weniger günstige Behandlung. Der Tatbestand der Diskriminierung ist damit bereits erfüllt, selbst wenn die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist. Dieses Absehen von der Rechtfertigung bei der Verwendung des Wortes Diskriminierung ist hier idR sinnvoll, weil unmittelbare Ungleichbehandlungen aus der Sicht der Rechtsordnung an sich verpönt sind und überdies idR nicht gerechtfertigt werden können. Letzteres gilt insb bei Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechtes (anders ist es insb bei Differenzierungen nach dem Alter). Bei der mittelbaren Diskriminierung ist die Lage anders. Diese liegt nach den Legaldefinitionen der §§ 5 und 19 und der RL nur vor, „wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und 96
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die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“ Schon das Gesetz unterscheidet hier also deutlich zwei Schritte: erstens ist zu prüfen, ob – insb wegen des statistischen Zusammenhanges mit einem missbilligten Merkmal – eine vermutete Benachteiligung aufgrund des missbilligten Merkmals vorliegt; wird dies bejaht, so ist zweitens zu prüfen, ob diese gerechtfertigt werden kann. Das Vorliegen einer vermuteten Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes ist daher schon terminologisch noch keine Diskriminierung! Im Folgenden wird daher bei Sachverhalten, die nur den ersten Teil der Legaldefinition des § 5 Abs 2 erfüllen, von vermuteter Benachteiligung gesprochen. Der Begriff der Ungleichbehandlung wird als Oberbegriff verwendet. Der Begriff der Diskriminierung ist folgenorientiert umschrieben, 6 weil es auf die Auswirkungen ankommt. Das Vorliegen einer unmittelbaren – aber auch einer mittelbaren – Diskriminierung ist allein objektiv zu bestimmen. Relevant ist die Wirkung einer Regelung. Auf eine Benachteiligungsabsicht des ArbG oder der ihm zuzurechnenden Person (Rn 13) kommt es nicht an (EuGH 13.5. 1986, Rs 170/84-Bilka Rn 35). Nicht erforderlich ist, dass durch die Ungleichbehandlung ein darüber hinausgehender Nachteil/Schaden eingetreten ist. Ebenso wenig kommt es auf eine Fahrlässigkeit dieser Personen an: Diskriminierung kann auch vorliegen, wenn der ArbG die Diskriminierung (zB das Nichteingreifen des Rechtfertigungsgrundes) selbst bei gebotener Sorgfalt nicht hätte erkennen können. Auch ein unverschuldeter Irrtum über Tatsachen, die Rechtslage oder die Rechtsfolgen schützt nicht davor, dass man diskriminiert, und weitgehend auch nicht vor den nachteiligen Rechtsfolgen (Vgl § 12 Rn 9, 24, 38 ff, 55; EuGH 8.11.1990 C-177/ 88-Dekker Rn 22; 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 38; 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 17 f). Dies führt zu einer verschuldensunabhängigen Haftung und zu einer „Erfolgspflicht“ des ArbG. Diese wird in der Lehre heftig diskutiert, insb weil auch ein unverschuldeter Rechtsirrtum nicht entlastet. Allerdings darf nicht übersehen werden (was aber oft geschieht), dass die vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolgen funktionell häufig gar nicht Schadenersatz ieS sind. Zum Teil handelt es sich um Ansprüche auf Gleichbehandlung oder auf Unterlassung oder Beseitigung. Dies gilt insb für alle Begehren, die sich auf die Gestaltung der künftigen Lage richten, wie die Korrektur eines Kollektivvertrages oder die Gewährung gleicher Arbeitsbedingungen. Auch die Korrektur einer 97
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Benachteiligung für die Vergangenheit kann aber oft noch so gedeutet werden. Selbst die Entschädigung wegen unterbliebener Einstellung oder Beförderung muss bei der Person, welche ohne Diskriminierung genommen worden wäre, nicht als Schadenersatzanspruch gesehen werden (weil die Entschädigung hier „nur“ ein Minus gegenüber der Kontrahierungspflicht sei). In voller Schärfe besteht der Widerspruch zu den traditionellen Grundsätzen des österr (und deutschen) Schadensersatzrechts daher (nur) beim Ersatz immateriellen Schadens und den Ansprüchen jener Bewerberinnen, welche auch ohne Diskriminierung nicht genommen worden wären. Eine Ersatzpflicht ohne Verschulden in diesen beiden Fällen erscheint in der Tat bedenklich (und wird auch nicht dadurch gerechtfertigt oder über jeden Zweifel erhaben, dass sie vom EuGH stammt – auch wenn manche Apologeten des EuGH dies gerne so sähen). Die Kritik kann auch ins Treffen führen, dass die Mitgliedstaaten in manchen Fällen statt einer zivilrechtlichen auch eine öffentlichrechtliche Sanktion wählen könnten; diese wären aber – als Strafen – schon aufgrund der EMRK nur bei Verschulden zulässig. Im Übrigen gibt es in der Tat kaum andere Fälle einer verschuldensunabhängigen Haftung, welche mit dem vorliegenden Fall vergleichbar wären. In der Literatur wird daher häufig gesagt, die verschuldensunabhängige Haftung sei – jedenfalls in manchen Fällen – eine Strafe ohne Verschulden (zB Krejci, DRdA 2005). Rechtsvergleichend ist allerdings zu beachten, dass in mehreren Mitgliedstaaten Schadenersatz bei Vertragsverletzung grundsätzlich kein Verschulden voraussetzt. Auch wenn man dies bedenkt, kann aber die Schadenersatzpflicht bei unverschuldetem Rechtsirrtum fragwürdig sein, wenn und weil die Rechtslage unklar war. 7 Unmittelbare wie mittelbare Diskriminierung sind auch möglich, wenn der ArbG nicht gleichzeitig bzw tatsächlich ArbN des anderen Geschlechtes mit gleicher Arbeit beschäftigt und besser behandelt. Wie § 5 Abs 1 sagt, kann der Vergleich (innerhalb eines Unternehmens) auch mit den Arbeitsbedingungen eines ArbN des anderen Geschlechtes erfolgen, die diese/dieser früher erfahren hat oder jetzt erfahren würde (hypothetischer Vergleich). Schon die E Macarthys hat den Vergleich mit ArbN zugelassen, welche früher für diesen ArbG tätig waren (EuGH 27.3.1980, Rs 129/79-Macarthys Rn 11 f). Diskriminierung kann also auch vorliegen, wenn die Frau für die gleiche Arbeit weniger bekommt als vorher der Mann – vorausgesetzt die Situation ist im Übrigen vergleichbar. Denn es 98
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ist zu prüfen, ob der Unterschied auch mit Umständen erklärt werden kann, die nichts mit einer Diskriminierung zu tun haben (E Macarthys). Beim Vergleich mit früheren Arbeitsbedingungen kann der ArbG dartun, dass die Lage aufgrund von relevanten Änderungen der Rahmenbedingungen nicht mehr vergleichbar ist, insb wird der ArbG das Entgelt ändern dürfen, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert haben, zB das Ausmaß des übertariflichen Entgelts oder die Nachfrage nach Arbeitskräften gesunken ist. Die GleichbRL und § 5 verlangen nun den Vergleich auch dann, wenn der ArbG eine(n) ArbN des anderen Geschlechtes weder beschäftigt noch je beschäftigt hat – und damit mit einer hypothetischen Vergleichsperson des anderen Geschlechtes („erfahren würde“). Da dies wohl nur bei der unmittelbaren Diskriminierung relevant sein kann, wird es dort erörtert (§ 5 Rn 3). Nach Auffassung des EuGH ist das in der GleichbRL und in Art 141 8 aufgestellte Diskriminierungsverbot nur der spezifische Ausdruck des zu den tragenden Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts zählenden allg Gleichheitssatzes, wonach gleiche Sachverhalte nicht ungleich behandelt werden dürfen, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt (vgl EuGH 26.6. 2001, C-381/99Brunnhofer Rn 28; 17.9.2002, C-320/00-Lawrence Rn 12; 12.10. 2004, C-313/02-Wippel Rn 56; 10.3.2005, C-196/02-Nikoloudi). „Dieser Grundsatz kann daher nur auf Personen Anwendung finden, die sich in der gleichen Lage befinden“ (EuGH 31.5.2001, C-122/99-P Rn 48; E Wippel Rn 56). Die letzte Aussage ist von großer und steigender Bedeutung, weil der EuGH zunehmend eine Ungleichbehandlung mit der Begründung zulässt, dass sich die verschiedenen Personen nicht in vergleichbarer Lage befänden (vgl Rn 39, 135, 167, 177, 188, auch 61; § 5 Rn 18, 21). Natürlich kann nicht jeder Unterschied in der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses schon die Vergleichbarkeit ausschließen, schon weil sonst die Normen zur Gleichbehandlung leer laufen würden. Das Verneinen der Vergleichbarkeit und das Bejahen ungeschriebener Rechtfertigungsgründe sind an sich funktionell gleichwertig; da der EuGH ungeschriebene Rechtfertigungsgründe eher ablehnt, hat das Verneinen der Vergleichbarkeit mehr Bedeutung (als es mE haben sollte; vgl auch § 5 Rn 3 sowie GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 310). Die Abgrenzung ist sehr schwierig und gibt dem zuständigen Höchstgericht viel Beurteilungsspielraum, den der EuGH wohl zunehmend ausschöpft. So hat er etwa in der E Wippel gesagt, dass Arbeit nach 99
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Bedarf und normales Vollzeitarbeitsverhältnis nicht vergleichbar seien; allerdings hat er dies aus der Teilzeit-RL abgeleitet. Selbst wenn dies anders wäre, so könnte diese Entscheidung doch nur auf Konstellationen übertragen werden, in denen die Unterschiede in Bezug auf die Pflichten und Rechte der Parteien ähnlich groß sind; sie könnte daher nicht auf den Unterschied von befristetem und unbefristetem ArbV und auf den Unterschied von normalem Teilzeit- zu Vollzeitarbeitsverhältnis übertragen werden, weil in beiden Fällen der ArbN sehr wohl zur Arbeitsleistung verpflichtet ist. 9 Das Gesetz verbietet die Diskriminierung „aufgrund“ des Geschlechtes. Ein Teil der Literatur verwendet gleichbedeutend auch Diskriminierung „wegen“ des Geschlechtes, andere meinen hingegen, dass unter „wegen“ nur eine Diskriminierung mit Absicht bzw Vorsatz falle (zB Wiedemann, Gleichbehandlung 40). Um jeden Zweifel auszuschließen, dass es für § 3 nicht auf Vorsatz ankommt, wird hier stets nur „aufgrund“ verwendet, wenn der Gesetzesinhalt gemeint ist. 3. Erfasste Regelungen und Maßnahmen a. Verhalten des ArbG 10 Die Normen des GlBG gegen Diskriminierung gelten in erster Linie für das Rechtsverhältnis zwischen einzelnem ArbG und dessen ArbN. Der ArbG ist unzweifelhaft Adressat des und Verpflichteter aus dem GlBG. § 5 GlBG spricht, wie Art 2 GleichbRL, von „Behandlung“ und von „Vorschriften, Kriterien und Verfahren“ um den Prüfungsgegenstand zu bezeichnen. Diese Einteilung ist allerdings nicht sehr weiterführend: Behandlung sagt zu wenig; und „Vorschriften, Kriterien und Verfahren“ bezeichnet aufgrund des Satzaufbaues nicht wirklich den Prüfungsgegenstand, sondern die verhaltenssteuernden Elemente. Sinnvoller ist es, nach den verschiedenen Formen der rechtlich relevanten „Behandlung“ von ArbN im Arbeitsverhältnis zu unterscheiden. Das deutsche BGB nennt in diesem Sinn in § 611a Vereinbarungen und Maßnahmen sowie in § 612 das Entgelt. Noch besser ist es, von Rechtsgeschäften und Maßnahmen zu sprechen, und – wegen der KollV – um Regelungen zu ergänzen. Zuerst werden die inhaltliche Reichweite, und dann die Frage der Zurechnung erörtert. 11 Das GlBG und insb § 3 gelten primär einmal für alle Rechtsgeschäfte, Einzelmaßnahmen und kollektive Maßnahmen des ArbG 100
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selbst und alle jene vergleichbaren Rechtsgeschäfte und Maßnahmen, die ihm zugerechnet werden, insb also für: den Inhalt des ArbV (EuGH 12.10.2004, C-313/02-Wippel Rn 55), gleichgültig ob er im Einzelnen ausgehandelt wurde oder auf AGB oder betrieblicher Übung beruht; individuelle oder generelle Weisungen an den ArbN, und damit auch alle Arbeitsordnungen; Willenserklärungen, insb einseitige Leistungsbestimmungen und Kündigungen; und schließlich auch faktische Gestaltungen des ArbG (zB Kontrollmaßnahmen, die nur Frauen betreffen). Und das GlBG gilt für das gesamte Arbeitsverhältnis, einschließlich Vertragsanbahnung und Nachwirkungen. Ist der ArbG eine juristische Person, so gilt § 3 jedenfalls für die genannten Verhaltensweisen, die vom vertretungsbefugten Organ gesetzt werden. Ferner gelten die Bestimmungen uneingeschränkt auch für Betriebsvereinbarungen. Die Mitwirkung des Betriebsrates führt nicht zu größeren Möglichkeiten, eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. § 5 Abs 3 bestimmt: „Eine Diskriminierung liegt auch bei Anwei- 12 sung einer Person zur Diskriminierung vor“ (ebenso Art 2 IV GleichbRL). Gemeint ist damit jedenfalls, dass auch die Anweisung des ArbG (oder einer ihm zuzurechnenden Person) mit dem Inhalt, ein anderer möge diskriminieren, eine vom ArbG zu verantwortende Diskriminierung darstellt. Allerdings wäre diese Anordnung wohl nicht notwendig, weil dem ArbG das Verhalten anderer in viel weiterem Umfang zuzurechnen ist (Rn 13). Im Übrigen ist die Bedeutung dieser Norm eher dunkel. Die EB zur RV zu § 5 (S 11) meinen: Damit soll auch jene Person, die eine andere Person zur Diskriminierung angestiftet hat, in den Kreis der Verpflichteten einbezogen und somit die Geltendmachung von Ansprüchen ihr gegenüber ermöglicht werden. Dies stimmt aber nicht mit dem Text des Gesetzes (und der GleichbRL) überein. § 12 sieht nämlich in den meisten Fällen ausdrücklich vor, dass sich Ansprüche wegen Diskriminierung gegen den ArbG richten – und sieht daher Ansprüche gegen Dritte nicht vor. Nur bei Belästigung sieht das GlBG ausdrücklich die Verantwortlichkeit einer anderen Person als des ArbG vor. Man kann daraus schließen, dass nach § 12 nur der ArbG für Diskriminierung haftet. Daran ändert dann auch § 5 Abs 3 nichts, der ja nur sagt, wann noch eine Diskriminierung vorliegt (ganz abgesehen davon, dass die EB ohne Grund Anweisung und Anstiftung gleichsetzen). Abs 3 könnte aber auch meinen, dass allein in der Anweisung selbst auch eine Diskriminierung liege. 101
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Gegen diese Auslegung scheint zu sprechen, dass dafür die vom GlBG vorgesehenen Rechtsfolgen nicht passen. Jene Person, die laut Anweisung diskriminiert werden sollte, würde erst nach Ausführung der Anweisung diskriminiert, und in Bezug auf die angewiesene Person machen die in § 12 vorgesehenen Rechtsfolgen wohl keinen Sinn. Denkbar wäre allerdings, dass die RL eine zur Diskriminierung angewiesene Person davor schützen will, wegen des Nichtbefolgens dieser Anweisung benachteiligt zu werden. Das GlBG würde die RL dann nicht ausreichend umsetzen. Einen zusätzlichen Gehalt hätte § 5 Abs 3 auch, wenn man unter Anweisung mehr Aufstachelung als Weisung zu Diskriminierung versteht. Die Kommission möchte in einem einschlägigen Entwurf das Verbot jedenfalls in Hinkunft in diesem Sinn verstanden wissen (KOMM (2003) 657); und die EB zur RV weisen auch in diese Richtung. Dann würden Art 2 Abs 4 GleichbRL und § 5 Abs 3 wirklich jeweils einen zusätzlichen Tatbestand neben Abs 1 und 2 darstellen, der wohl auch von anderen Personen als dem ArbG (oder den ihm Zuzurechnenden) erfüllt werden kann; die RL würde dann aber auch gesonderte Sanktionen gegen den aufstachelnden Dritten verlangen. Das GlBG sieht solche nicht vor. Die meisten Sprachfassungen der GleichbRL sind aber so formuliert, dass nur Weisungen zu diskriminieren erfasst sind, nicht auch die Motivierung zu diskriminieren; allein die französische Fassung könnte anders verstanden werden (comportement à enjoindre); die neueste RL 2004/113 bleibt aber wieder beim Verständnis iSv Weisung. 13 § 3 gilt auch für das Verhalten von Personen, das dem ArbG zuzurechnen ist, insb also von Mitarbeitern. Nur für die sexuelle Belästigung ist die Frage der Zurechnung in § 6 Abs 1 Z 2 (und 3) besonders geregelt. Für die anderen Fälle kann jedenfalls nicht aus § 5 Abs 3 (dazu Rn 12) abgeleitet werden, dass dem ArbG ein Verhalten eines ArbN oder eines anderen, das objektiv betrachtet eine Diskriminierung im Arbeitsverhältnis bewirkt, nur dann zugerechnet wird, wenn der ArbG dazu angewiesen hat. Würde man das annehmen, dann hätten Einzelunternehmer nach dem GlBG nur eigenes Verhalten und Anweisungen als Diskriminierung zu verantworten; und einer Aktiengesellschaft wäre nur das Verhalten (einschließlich der Anweisungen) eines Vertretungsorgans zuzurechnen (und allenfalls einer gleichgestellten Person, zB eines „Machthabers“, oder der Personen, denen genuine Vorstandsaufgaben delegiert wurden). Hingegen könnte nicht zugerechnet wer102
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den, falls eine nur „vertretungsbefugte“ Person diskriminiert, etwa ein Prokurist oder ein Betriebsleiter mit Vollmacht in Personalangelegenheiten. Ein solches Ergebnis ist unvertretbar. Vielmehr wird dem ArbG auch das Verhalten von bestimmten Dritten zuzurechnen sein (vgl dazu auch § 12 Rn 13 ff; Kletecˇka begründet die Zurechnung dort über § 1313a ABGB). Primär wird zuzurechnen sein, wenn der Dritte rechtsgeschäftlich für den ArbG handeln kann und handelt, also Vertretungsmacht hat. Die Zurechnung muss aber auch bejaht werden, wenn eine faktische Maßnahme vom Vertreter des ArbG angeordnet wurde, oder wenn dieser sie nur gebilligt hat. Auf dieser Grundlage können va Weisungen zugerechnet werden, weil diese die Ausübung eines Gestaltungsrechts sind. Ferner wird dem ArbG auch das Verhalten von Verhandlungsgehilfen zuzurechnen sein, also von Personen, deren er sich zur Vorbereitung oder Verhandlung eines Arbeitsvertrages (einschließlich einer Änderung) bedient. Es reicht zB, wenn der mit den Bewerbungsgesprächen Betraute im Gespräch sagt, Frauen kämen eigentlich nicht in Betracht, auch wenn die Einstellung vom vertretungsbefugten Vorgesetzten entschieden wird. Dem ArbG kann daher auch das Verhalten Betriebsfremder zugerechnet werden, die er mit Aufgaben betraut, etwa eines Personalberatungsbüros (BAG 5.2.2004 – 8 AZR 112/03 = NZA 2004, 540 rechnet sogar die von der Bundesagentur für Arbeit veranlasste Ausschreibung dem ArbG zu). Schließlich kann dem ArbG wohl auch ein faktisches Verhalten zuzurechnen sein, das eine mit Personalaufgaben betraute Person bei der Durchführung dieser Aufgaben setzt. Der ArbG hat für das diskriminierende Verhalten der genannten Personen auch dann einzustehen, wenn ihn selbst keinerlei Vorwurf trifft (in Bezug auf Auswahl, Anleitung oder Überwachung), selbst wenn der Dritte weisungswidrig gehandelt hat (Erfolgshaftung; Rn 7). Für die Zurechung genügt es also grds, dass der ArbG den anderen eingesetzt hat; die Zurechung entfällt erst, wenn das Verhalten nicht mehr im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht. Hat der ArbG durch das diskriminierende Verhalten auch selbst einen Schaden erlitten (zB weil er der diskriminierten ArbN Ersatz leisten muss), so kann er vom unmittelbaren Schädiger Ersatz verlangen. Ist dieser ArbN, so wird idR das DNHG anwendbar sein. § 3 gilt für alle Fragen „im Zusammenhang“ mit einem Arbeitsver- 14 hältnis. Fraglich ist, ob es dann sinnvoll oder erforderlich ist, jede 103
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einzelne Rechtsfrage klar einer der Ziffern des § 3 zuzuordnen. Dies ist wohl zu bejahen, weil § 12 die Rechtsfolgen differenziert regelt (Rn 2) und daher erkennen lässt, dass nach Möglichkeit stets klar sein soll, welche Rechtsfolge eingreift. Nicht konsequent diesbezüglich Smutny/Mayr, die zum alten GlBG einerseits meint, die Ziffer betreffend „sonstige Arbeitsbedingungen“ sei eine zweite Generalklausel (GlBG-Kommentar 269), und anderseits meint, dass auch Diskriminierungsfälle auftreten können, denen das Gesetz keine bestimmte Rechtsfolge beigibt (293). 15 Bei Unternehmen mit mehreren Betrieben kann es bei der mittelbaren Diskriminierung darauf ankommen, auf welcher Ebene – Betrieb, mehrere Betriebe, Gesamtunternehmen – die Beurteilung vorzunehmen ist, ob eine vermutete Benachteiligung vorliegt. Die Verlagerung der Beurteilung auf eine höhere Ebene kann theoretisch zu einer vermuteten Benachteiligung führen wie auch diese vermeiden, mag auch in der Praxis das erste häufiger zutreffen. In einer sehr alten E hat der EuGH eher die Betriebsebene bevorzugt (EuGH 27.3.1980, Rs 129/79-Macarthys Rn 15). Eine weitgehende Klärung hat dann erst die E Lawrence gebracht: Das Diskriminierungsverbot des Art 141 gilt nicht nur für Arbeit in demselben Betrieb, sondern potentiell stets dann, wenn sich Entgeltbedingungen „auf ein und dieselbe Quelle“ zurückführen lassen (EuGH (Plenum) 17.9.2002, C-320/00-Lawrence Rn 17 und 18; bestätigt durch 13.1.2004, C-256/01-Allonby Rn 46-49). Dies ist also der weitest mögliche Vergleichsrahmen, der insb durch einen KollV bestimmt werden kann. Die äußere Grenze, die der EuGH zum Vergleich der Entgeltbedingungen gezogen hat, wird auch für die anderen Arbeitsbedingungen gelten. Maßgebend muss also sein, ob die ArbN mehrerer Betriebe in einer vergleichbaren Situation (Rn 8) sind; dies trifft jedenfalls zu, falls das Unternehmen eine einheitliche Personal- und Entgeltpolitik hat. Im Zweifel wird man wohl auf die Unternehmensebene abstellen; regionale Unterschiede können bei der Rechtfertigung berücksichtigt werden. Auch eine Beurteilung unter Einbeziehung anderer Unternehmen eines Konzerns kann nach der neuen Judikatur nicht ausgeschlossen werden (ebenso Müko/Müller-Glöge § 612 Rn 40). Die einzelnen Unternehmen sind zwar rechtlich selbständig, und nicht ein einheitlicher ArbG; allerdings kann auch eine einheitliche – diskriminierende – Personalpraxis (zB zum Entgelt) vom Konzern und damit von „einer Quelle“ her bestimmt sein. Einschlägig wird auch sein, falls die 104
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Konzernstruktur missbräuchlich (zB durch Unternehmen mit deutlich höherem Frauenanteil für vergleichbare Arbeit) eingesetzt wird, um das Gleichbehandlungsgebot zu umgehen. Die rechtliche Trennung der Unternehmen und ein Agieren auf verschiedenen Märkten sind aber dann jedenfalls bei der Rechtfertigung zu berücksichtigen. Probleme bereitet die Anwendung des § 3, wenn die Betriebsver- 16 einbarung von der Schlichtungsstelle erlassen wurde und der ArbG gegen den fraglichen Inhalt war. Die Diskriminierung ist dann nicht vom ArbG veranlasst, sondern vom Staat. Und der ArbG hat auch nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten sich dagegen zu wehren; der Spruch der Schlichtungsstelle gilt als Verordnung iSd B-VG, und der ArbG kann sich dagegen nur – eingeschränkt – beim VfGH wehren. Man könnte dies bei den Rechtsfolgen berücksichtigen, indem die Rückwirkung eingeschränkt wird. Der EuGH lässt den ArbG auch für Diskriminierungen in einem KollV in weitem Umfang haften (Rn 21 f); es ist aber fraglich ob dies auf den Spruch der Schlichtungsstelle übertragen werden kann. Vorzuziehen ist, insb bei einem dem ArbG aufgedrängten Sozialplan, eine Lösung, die von dem von der Schlichtungsstelle (implizit) festgelegten Volumen des Sozialplanes ausgeht, weil darin die eigentliche Entscheidung liegt; dieses ist dann diskriminierungsfrei zu verteilen, was dann auch zu geringeren Leistungen als im Sozialplan vorgesehen führen kann. Für die Zukunft ist die Verordnung bzw Betriebsvereinbarung, soweit sie Art 141 verletzt, auch ohne Aufhebung durch den VfGH unwirksam und nicht anwendbar; dies können auch die Arbeitsgerichte feststellen, auch auf Feststellungsklage des ArbG. b. Andere Arbeitnehmer Andere ArbN (ArbeitskollegInnen) unterliegen den Bestimmun- 17 gen des I. (und II.) Teiles nur partiell. Verbindlich sind auch für sie die Normen über die Belästigung (§ 6 I 3 und § 7 I 3; § 21 I 3). Verbindlich ist ferner § 3, falls das Verhalten des ArbN dem ArbG zuzurechnen ist (Rn 12). Im zweiten Fall sind sie jedenfalls aufgrund ihres Arbeitsvertrages dem ArbG gegenüber zur Beachtung des GlBG verpflichtet; im ersten Fall (Belästigung) sind sie überdies Adressaten der Pflichten aus dem GlBG. Darüber hinaus ist es ArbN aber grds nicht verboten, andere ArbN (Arbeitskolleginnen und -kollegen) aufgrund des Geschlechtes unterschiedlich zu be105
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handeln; die Grenze wird erst bei der geschlechtsbezogenen Belästigung iSd § 7 erreicht sein (vgl § 6, 7 Rn 10). § 7 I 3 verbietet – auch den anderen ArbN – jede geschlechtsbezogene Belästigung. Auch bei einem weitem Verständnis wird es aber auch diese Bestimmung nicht verbieten, generell nur zu Arbeitskolleginnen/Arbeitskollegen freundlicher und hilfsbereiter zu sein, oder den nicht rein dienstlichen Kontakt auf bestimmte Personen zu beschränken, falls und weil das Unterscheidungsmerkmal das Geschlecht ist (vgl §§ 6, 7 Rn 20 ff). In dem genannten Verhalten liegt wohl noch gar keine ausreichend intensive Belästigung. ArbN sind daher nicht verpflichtet, in ihrem Verhalten andere ArbN unabhängig von deren Geschlecht gleich zu behandeln; anderes folgt auch nicht aus den Worten „im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis“. c. Dritte 18 Der ArbG kann dem ArbN auch für das Verhalten eines Dritten nach GlBG verantwortlich sein, wenn er dieses Verhalten zurechenbar veranlasst hat, wie etwa eine Diskriminierung durch das von ihm eingesetzte Personalberatungsunternehmen bei der Einstellung (Rn 16). Fraglich ist ob das Personalberatungsunternehmen neben dem ArbG auch selbst dem ArbG nach §§ 3 und 12 GlBG verantwortlich ist. Der OGH hat diese Frage offen gelassen (12.1.2000, 9 Ob A 318/99a). Sturm bejaht eine „Solidarhaftung“ des Personalberaters mit dem ArbG, weil die RL sowie die §§ 1 und 16 GlBG die Normadressaten nicht auf den ArbG einschränken und andernfalls eine Umgehung der Verbote leicht möglich wäre (Gleichbehandlungspflichten Rn 106); auch der Personalberater müsste danach also Entschädigung zahlen. Allerdings spricht der derzeitige Text des GlBG eindeutig gegen eine Haftung der Dritten nach §§ 3 und 12, weil das Gesetz einer Verantwortung der Dritten nur in bestimmten Fällen normiert (§ 12 Abs 11, § 9) und daher ein Gegenschluss sehr nahe liegt (ähnlich Rauch, ecolex 2000, 441). Auch die RL verlangen eine Verantwortlichkeit des Dritten nicht zwingend. Verweigert ein Personalberatungsunternehmen, das ein diskriminierendes Inserat in Auftrag gegeben hat, den ArbG zu nennen, so würde es der RL auch genügen, wenn der Personalberater verpflichtet ist den Namen zu nennen, und bei Verweigerung aufgrund § 9 iVm § 1311 ABGB (Schutzgesetz) auf Schadenersatz aus Pflichtverletzung haftet. Diese Rechtsfolge wird man schon derzeit bejahen können (vgl auch § 12 Rn 64, wo dasselbe Ergebnis aus cic abgeleitet wird). 106
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Fraglich könnte sein, inwieweit auch das Verhalten von Kunden 19 oder von Lieferanten eine Diskriminierung iSd §§ 3 und 12 begründen kann. Es geht dabei insb um Wünsche von Kunden (zB bei Friseur) nach Bedienung durch Frau/Mann. In Deutschland sah der Entwurf der Regierungsparteien (Einl Rn 18) vor, dass dem ArbG auch das Verhalten von Kunden und Lieferanten zugerechnet wird, später wurde dies abgeschwächt. Das GlBG enthält keine ausdrückliche Vorschrift, die die Verbote des GlBG auf Kunden oder Lieferanten erstrecken würde. Gleichwohl stellt sich das Problem auch in Österreich. Entscheidend ist allerdings primär die präzise Formulierung der Probleme. Auszugehen ist davon, dass die Kunden selbst nicht nach dem GlBG verantwortlich werden können; sie sind nicht durch das GlBG verpflichtet. In Deutschland wird von manchen aber vertreten, dass der ArbG schon den Wunsch von Kunden, dessen Befolgung durch den ArbG eine Diskriminierung darstellen würde (Großkunde sagt: ich wünsche als Ansprechperson nur einen Mann), als Diskriminierung zu verantworten habe. Diese Auffassung ist unvertretbar, und es gibt auch keinen Ansatzpunkt für eine entsprechende Auslegung. In Österreich ist es daher keine Diskriminierung, wenn Kunden die Bedienung durch bestimmte ArbN wünschen und dabei nach dem Geschlecht unterscheiden, auch wenn die Kundenwünsche – wie meist – nicht zu einer unverzichtbaren Voraussetzung führen (Rn 83). Eine ganz andere Frage ist, inwieweit der ArbG seine eigenen Entscheidungen, die an sich diskriminieren, mit den Wünschen der Kunden rechtfertigen kann – oder inwieweit das Recht vom ArbG verlangt, den Wünschen der Kunden zu widerstehen, wenn und weil sie zu Diskriminierungen führen (vgl § 2 Rn 14 ff). Soweit der Wunsch des Kunden direkt zu einer Diskriminierung zB bei der Beförderung führen würde, kann der ArbG sich nicht auf den Wunsch berufen. Schwieriger ist die Lage, wenn die Diskriminierung bei vernünftiger Betrachtung nicht schon aus dem einzelnen Wunsch folgen würde, sondern erst aus einer Vielzahl gleichgerichteter Wünsche verschiedener Kunden (zB bei Friseur). Das GlBG wird den ArbG schon verpflichten darauf hinzuwirken, dass bei jenen Tätigkeiten, bei denen das Geschlecht nicht unverzichtbare Voraussetzung sein kann, aus den Einzelwünschen der vielen Kunden nicht eine eindeutige Auswahlentscheidung aller Kunden aufgrund des Geschlechtes wird, weil dann ein bestimmtes Geschlecht für manche Arbeitsplätze doch zur Voraussetzung wird, obwohl es das nach dem Gesetz nicht sein dürfte. Das Diskriminierungsverbot 107
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verlangt vom Unternehmer eben, dass er sich in gewissem Umfang nicht an den Kunden und damit am Markt orientiert. d. Kollektivverträge 20 § 3 gilt ferner für Kollektivverträge. Für den Bereich des Entgelts wird dies in § 11 gesondert gesagt (Normen der kollektiven Rechtsgestaltung), und entspricht auch der Vorgabe des Art 141 (EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz Rn 11; 21.10.1999, C-333/97-Lewen Rn 26). Es gilt aber auch für die anderen in § 3 genannten Rechtsfragen. Auch Art 3 Abs 2 GleichbRL verlangt ausdrücklich die Kontrolle der KollV am Gleichbehandlungsgebot (EuGH 2.10.1997, C-1/95-Gerster Rn 18; 18.11.2004, C-284/02-Sass Rn 25). Die Auffassung des OGH aus dem Jahre 1995, dass sich das Gleichbehandlungsgebot des § 2 des früheren GlBG nicht an die Kollektivvertragsparteien richte, ist daher überholt (OGH 11.1.1995, 9 Ob A 802/94). Auch die Auslegung eines KollV durch die Gerichte muss § 3 genügen. Eine Diskriminierung durch den KollV kommt am ehesten beim Entgelt (Gruppenbildung, Voraussetzungen für Aufstieg) und bei den sonstigen Arbeitsbedingungen vor. Für die Frage, ob eine unmittelbare Diskriminierung oder eine vermutete Benachteiligung vorliegt, gelten grds die allg Regeln (§ 5 Rn 3 ff); immerhin unterliegen ja auch Gesetze der Kontrolle anhand der RL. 21 Über Diskriminierungen in Zusammenhang mit einem KollV oder dessen Anwendung kann in verschiedenen Zusammenhängen gestritten werden. IdR wird es um einen Rechtsstreit zwischen ArbN und deren ArbG gehen, bei denen dann nicht primär der KollV, sondern die Behandlung der ArbN durch den ArbG im Zentrum steht (andere Möglichkeiten sind Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG oder vor der Gleichbehandlungskommission, in denen es allein um die Beurteilung des KollV geht; vgl § 5 Rn 43). Wendet der ArbG nur einen KollV an oder geht es um eine Diskriminierung innerhalb des Anwendungsbereiches eines bestimmten KollV, so kann der ArbG ein Verhalten, das objektiv eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung darstellt, nicht damit rechtfertigen, dass er nur einen KollV angewendet bzw befolgt hat (EuGH 27.6.1990, C-33/ 89-Kowalska Rn 19; 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 20-23; 1.7. 1986, Rs 237/85-Rummler; vielmehr ist der KollV idR nichtig, Rn 29). Anderes gilt nur, wenn die Verschiedenbehandlung nicht aus „derselben Quelle“ stammt (Rn 15). Dies trifft insb zu, wenn der ArbG zwei unterschiedliche KollV verschiedener Kollektivver108
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tragsparteien anwendet und dies zu Benachteiligungen führt (vgl auch Rn 125 zum Entgelt). Ergibt sich die Diskriminierung bereits aus dem Inhalt des vom 22 ArbG nur angewendeten KollV, so ist fraglich, inwieweit der ArbG dem ArbN dafür einzustehen hat, insb für die Vergangenheit. Auszugehen ist davon, dass auch in Verfahren zwischen ArbN und ArbG über die Vereinbarkeit eines KollV mit dem GlBG abzusprechen ist, auch wenn die Kollektivvertragsparteien an diesem Verfahren gar nicht beteiligt sind. Allerdings ist das Urteil auch nur zwischen den Verfahrensparteien rechtlich verbindlich, nicht für andere ArbG oder die Parteien des KollV. Nach der Judikatur des EuGH sind die nationalen Gerichte nun bei KollV berechtigt und verpflichtet, die Rechtslage dem unmittelbar anwendbaren Art 141 Abs 1 entsprechend zu gestalten; sie können eine Kollektivvertragsbestimmung, die Art 141 verletzt, für unwirksam erklären (EuGH 27.6.1990, C-33/89-Kowalska Rn 18). Das Gemeinschaftsrecht verlangt dieselbe Rechtsfolge wohl auch bei einem Verstoß gegen die GleichbRL (Art 3 Abs 2 GleichbRL; EuGH 20.3.2003, C-187/00Kutz-Bauer Rn 74, allerdings war die RL dort unmittelbar anwendbar). Dies gilt jedenfalls für die Zukunft. Problematisch ist die Lage, soweit es um Rechtswirkungen für die Vergangenheit und die Pflicht des ArbG zu Nachzahlungen geht. Aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts hat die Folgen einer Diskriminierung durch KollV grds der zur Zahlung sonst Verpflichtete, also idR der ArbG zu tragen, indem er zu zahlen hat (vgl EuGH 27.6.1990, C-33/89Kowalska Rn 19; 28.9.1994, C-28/93-van den Akker Rn 14; ebenso bei staatlichen Reglungen, zB EuGH 13.1.2004, C-256/01-Allonby Rn 80 ff). Der ArbG muss danach gegenüber dem ArbN grds auch für Diskriminierungen einstehen, welche nur erfolg(t)en, weil er einen KollV anwendet(e)! Dasselbe gilt sogar bei Anwendung von Gesetzen (Rn 25 ff). Der EuGH verlangt, dass die nationalen Gerichte „die Diskriminierung auf jede denkbare Weise und insb dadurch ausschließen, dass sie diese Vorschriften zugunsten der benachteiligten Gruppe anwenden, ohne die Beseitigung der Diskriminierung durch den Gesetzgeber, die Kollektivvertragsparteien oder in anderer Weise zu beantragen oder abzuwarten (EuGH 11.9. 2003, C-77/02-Steinicke Rn 72, wo es zwar auch um das Rechtsverhältnis zum Staat ging, der EuGH die Hinweise auf die unmittelbare Anwendbarkeit aber nicht wiederholte). Man wird daraus schließen müssen, dass der EuGH auch im Verhältnis zwischen 109
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Privaten die Ausnutzung aller Möglichkeiten des nationalen Rechts verlangt, um einer gemeinschaftsrechtswidrigen Diskriminierung zu begegnen. Die Verantwortung des einzelnen ArbG für „Fehler“ des KollV ist zwar problematisch, aber kaum zu ändern (vgl auch Rn 32). 23 Das GlBG regelt die Rechtsfolgen einer Diskriminierung, die schon im KollV angelegt war, nicht ausdrücklich (§ 12 regelt insb auch die Folgen einer Verletzung des § 11 nicht gesondert, was darauf hinweist, dass § 11 zu § 3 gehört). Allerdings führen die allg Vorschriften weiter: Zum Entgelt sieht § 12 Abs 2 Ansprüche gegen den ArbG vor, (nur) wenn der ArbG das Gleichbehandlungsgebot verletzt hat. Und bei den sonstigen Arbeitsbedingungen lässt § 12 Abs 6 den Verpflichteten offen, sodass Ansprüche gegen den ArbG auch bei Anwendung des KollV in Betracht kommen. Der OGH hat 1995 allerdings gesagt, dass die Rechtsfolgen des § 2a des alten GlBG nur „bei einer vom ArbG zu vertretenden Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes eintreten“ (OGH 11.1.1995, 9 Ob A 802/94). Diese Auffassung wurde zwar in einem Feststellungsverfahren nach § 54 ASGG geäußert, kann aber auch hier in Anbetracht der Auffassung des EuGH nicht überzeugen. Überdies hat der ArbG jede Anwendung des KollV „zu vertreten“. Aus der Sicht der Kollektivvertragsparteien scheint die Geltung des § 3 eine lex imperfecta zu sein, weil die Folgen einer Verletzung der einzelne ArbG zu tragen hat; Schadenersatzansprüche der ArbG gegen die Kollektivvertragsparteien kommen wohl nicht in Betracht. 24 Spezifische Probleme bereitet die Feststellung einer vermuteten Benachteiligung (§ 5 Abs 2) im Fall eines KollV. Fraglich ist nämlich, ob es für den Vergleich auf den gesamten Geltungsbereich des KollV oder nur auf die Verhältnisse beim ArbG (Unternehmen) ankommt. Die jetzt maßgebenden Definitionen der Diskriminierung führen wohl dazu, dass eine Diskriminierung bereits vorliegt, wenn die Regelung des KollV aus der Sicht des gesamten Anwendungsbereiches diskriminiert. Der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt für die KollV also gleichsam unmittelbar, ohne Bindung an einen ArbG. Vgl näher § 5 Rn 43 ff. Darüber hinaus kann aber auch das Verhalten des konkreten ArbG allein zu einer Diskriminierung führen, etwa wenn er Personen, die nicht vom KollV erfasst sind, anders behandelt und darin eine mittelbare Benachteiligung liegt. 110
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e. Anwendung von Gesetzen Fraglich ist, inwieweit auch die Anwendung von Gesetzen durch 25 den ArbG am GlBG zu messen ist. Die Normen des Gemeinschaftsrechts gegen Diskriminierung – insb Art 141 EGV und GleichbRL – gelten auch für staatliche Normen und verbieten zB Diskriminierungen bei Gesetzen zu Entgeltfortzahlung oder Kündigungsschutz. Die Maßstäbe des GlBG spielen bei dieser Prüfung naturgemäß keine Rolle. Dementsprechend wird in diesem Kommentar auch nicht darauf eingegangen, inwieweit andere österr Gesetze als das GlBG dem Gemeinschaftsrecht entsprechen; und auch Judikatur des EuGH, die zur Prüfung von Gesetzen spezifisch ist, wird nicht als solche verarbeitet. Fraglich ist, ob diskriminierte ArbN Ansprüche wegen einer Dis- 26 kriminierung, die schon im Gesetz vorgezeichnet ist, gegen ihren ArbG richten können, auch wenn dieser nur das nationale Gesetz vollzogen hat. Der Anspruch wird von der Lehre im Entgeltbereich, also bei Verletzung eines unmittelbar anwendbaren Verbotes, grds bejaht (so für Deutschland bei ähnlicher Rechtslage zB MünchArbR/Birk § 19 Rn 326). Das ist zwar konsequent, aber dennoch zum Teil problematisch. Die Pflicht des ArbG, sich am Gemeinschaftsrecht und nicht am nationalen Gesetz zu orientieren, ist jedenfalls für die Zukunft – also nach einer einschlägigen Entscheidung – auch aus der Sicht der ArbG unproblematisch. Problematisch ist es hingegen, wenn die Meinung des EuGH (oder eines nationalen Gerichts zum Gemeinschaftsrecht) auch für die Vergangenheit so maßgebend ist, dass ein Verhalten, welches sich am nationalen Gesetz orientierte, gleichwohl als rechtswidrig qualifiziert wird. Es gibt dazu kaum Rechtsprechung des EuGH zu Art 141. Brauchbar sind dazu nur Entscheidungen, bei denen der Beklagte im nationalen Rechtsstreit ein privater ArbG ist (weil ansonsten die Verantwortung des Staates als ArbG schon aus anderen Gründen nahe liegt). Nur in einer Minderheit der Fälle trifft dies aber zu (in der Mehrzahl der Entscheidungsfälle ist eine Gebietskörperschaft oder eine staatsnahe Organisation beklagt). Bei den Entscheidungen mit privatem ArbG als Beklagten geht es selten um die Vereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Gemeinschaftsrecht, und wenn es darum geht dann wurde in letzter Zeit meist die Vereinbarkeit bejaht. Wirklich einschlägig sind soweit zu sehen nur zwei Entscheidungen; in beiden hat der EuGH keine Einschränkungen zur Verantwortlichkeit des ArbG gemacht, der nur ein na111
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tionales Gesetz ausführt (EuGH 19.11.1998, C-66/96-Pedersen Rn 37 ff; 13.7.1989, Rs 171/88-Rinner-Kühn Rn 16; beide betreffen Entgeltfragen). Mit der Verantwortlichkeit des ArbG wird allerdings die Funktion des – nationalen – Rechts, Maßstab des Verhaltens zu sein, letztlich ignoriert. Der ArbG hat auf das Gesetz vertraut und seine Kalkulation daran ausgerichtet, was nachträglich nicht mehr zu korrigieren ist. Die Zurechnung einer Diskriminierung, die schon im nationalen Gesetz angelegt ist, zum einzelnen ArbG lässt sich aber noch vertreten, wenn der ArbG die Diskriminierung auch selbst hätte beseitigen können, ohne gegen das Gesetz zu verstoßen (indem er den Benachteiligten einfach mehr zahlt oder sonst leistet), falls die Diskriminierung offenkundig war oder der ArbG sie doch zumindest leicht hätte erkennen können. Für die Rechtsfolgen gilt dann § 12. Der ArbG muss also neben den anderen Regelungen stets auch das GlBG beachten, und darf sich nicht auf die andere nationale Regelung verlassen. War die Diskriminierung hingegen nicht offenkundig oder leicht erkennbar, dann kann man dem ArbG wohl nicht die Verantwortung für eine kohärente Gesetzgebung anlasten. Tut man es dennoch, so muss man ihm einen Ersatzanspruch gegen den Staat zugestehen. Verneint man hingegen die Verantwortung des ArbG, so kommt ein Ersatzanspruch der ArbN gegen den Staat in Betracht. Anders ist die Lage, wenn der ArbG sich am nationalen Gesetz orientiert hat, und dieses gegen eine nicht unmittelbar anwendbare RL verstößt. Hier gibt es keine Verantwortlichkeit des ArbG, der sich an das nationale Recht gehalten hat. Der OGH hat allerdings das Argument des ArbG, er wolle die Frau nicht einstellen, weil sie in der Nacht nicht arbeiten darf, als Rechtfertigung anscheinend nur zugelassen, solange das Nachtarbeitsverbot gerade in Österreich nicht der GleichbRL widersprach (OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/ 98h). Bedenkt man, dass die GleichbRL nicht unmittelbar anwendbar ist, müsste sich der ArbG in anderen vergleichbaren Fällen aber wohl stets mit dem nationalen Recht rechtfertigen können. Die diskriminierte Person hätte dann (nur) einen Ersatzanspruch gegen den Staat. 27 In einigen wenigen Fällen kann der ArbG die Diskriminierung nicht selbst korrigieren. So wäre es, wenn das Gesetz eine unzulässige Vorrangregel vorschreibt (§ 8 Rn 14 ff) oder wenn die gesetzlichen Auswahlkriterien zur Sozialauswahl diskriminierend sein sollten (Rn 166). Wird nur eine nicht unmittelbar anwendbare RL 112
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verletzt, so können die ArbN allenfalls Anspruch auf Schadenersatz gegen den Staat haben, jedoch keine Ansprüche gegen den ArbG. Verletzt das nationale Gesetz hingegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht, so hat dieses Vorrang: der ArbG hat diskriminiert. Fraglich ist, ob auch in diesem Fall § 12 eingreift, der ArbG danach Ersatz zu leisten hat. Der Wortlaut des § 12 erfasst diesen Fall wohl nicht, weil ein österr Gesetz nicht Sanktionen für ein Verhalten vorsehen wird, den ein anderes österr Gesetz gebietet. Die Rechtsfolgen richten sich dann unmittelbar nach dem Gemeinschaftsrecht. Dieses verlangt idR nicht nur eine Korrektur für die Zukunft, sondern auch eine für die Vergangenheit. Jene für die Zukunft muss der Gesetzgeber leisten. Die Korrektur für die Vergangenheit besteht hingegen auch nach Auffassung des EuGH – allerdings zu anderen Fällen als einem Konflikt des Gemeinschaftsrechts mit dem nationalen Gesetz – grds in einer Angleichung nach oben an die Lage der besser gestellten ArbN, und damit idR in Nachzahlungen des einzelnen ArbG an den ArbN (vgl EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz Rn 18 ff; 28.9.1994, C-28/93van den Akker Rn 18, aber zu KollV und Regelungen des ArbG). Und die Verantwortung des ArbG hat, wenn das nationale Recht sie privatrechtlich ausgestaltet, verschuldensunabhängig zu sein (EuGH 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 22 ff). Fraglich ist, ob man dann die Fehlleistung des nationalen Gesetzes dem ArbG anlasten darf. ME ist bzw wäre die Zurechnung einer Diskriminierung zum ArbG selbst dann, wenn das nationale Gesetz das gemeinschaftsrechtswidrige Verhalten selbst eindeutig verlangt und davon abweichendes Verhalten mit Sanktionen belegt, kaum zu vertreten. Der ArbG darf dann ja nicht anders handeln, selbst wenn er sich der Diskriminierung bewusst ist (ebenso ErfK/Schlachter BGB § 611a Rn 22). In Betracht kommt dann nur eine Haftung des Staates gegenüber dem ArbN. Bejahte man hingegen die Verantwortung des ArbG, dann wären wohl die Bestimmungen der §§ 12 und 26 GlBG für den Inhalt der Ansprüche relevant, insb deren Abs 2 und 6. Allerdings wird dem ArbN keine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung zustehen, weil der ArbG durch das Befolgen des Gesetzes kaum die Persönlichkeit bestimmter einzelner ArbN verletzen kann. Der ArbG kann dann versuchen, seinen Schaden – in Höhe der Nachzahlungen – vom Staat auf der Basis der Staatshaftung ersetzt zu erlangen, weil das gemeinschaftsrechtswidrige Gesetz ihn zur Diskriminierung veranlasst hat. 113
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4. Zu den Rechtsfolgen 28 Die Vorschriften des GlBG sind zwingend (§ 1 Rn 48). Für die Rechtsfolgen einer Diskriminierung durch den ArbG (vgl zu den potentiellen Rechtsfolgen Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 77 ff) ist primär § 12 maßgebend. Allerdings lässt das Gesetz hier wichtige Fragen offen. So wird insb nicht ausdrücklich angeordnet, dass diskriminierende Bestimmungen eines Rechtsgeschäfts nichtig sind. Das Gemeinschaftsrecht verlangt aber, dass eine gegen Art 141 EGV verstoßende Klausel (selbst in einer staatlichen Regelung) wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nicht angewendet werden darf (EuGH 13.1.2004, C-256/01-Allonby Rn 77; unter Hinweis auf EuGH 9.3.1978, Rs 106/77-Simmenthal Rn 24). Dies wird für alle in den Rn 11 ff genannten Rechtsgeschäfte gelten. Es muss sich dabei um jene Nichtigkeit handeln, die jederzeit und von allen ohne Beschränkung durch eine Frist geltend gemacht werden kann. Zum Entgelt diskriminierende Bestimmungen eines Rechtsgeschäfts – Arbeitsvertrag, KollV, Betriebsvereinbarung, Weisung – sind daher (absolut) nichtig. Auch in Deutschland tritt idR Nichtigkeit ein (Müko/Müller-Glöge § 612 Rn 57). IdR wird es nur zu einer Teilnichtigkeit kommen. In der Praxis steht allerdings die Nichtigkeit in vielen Fällen nicht im Vordergrund, weil es zur Anpassung des Entgelts oder der anderen Arbeitsbedingung zum Vorteil des Diskriminierten kommt; jedenfalls für die Vergangenheit (Rn 31). Es kommt also zur Korrektur des Vertrages (§ 12 Rn 58). 29 Bei Rechtsgeschäften, welche bei sonstigen Arbeitsbedingungen iSd GleichbRL diskriminieren, kann nicht der Vorrang des Gemeinschaftsrechts zur Nichtigkeit führen. Und § 12 Abs 6 gibt ausdrücklich (bloß) den Anspruch auf Gewährung der gleichen Arbeitsbedingungen oder auf Ersatz des Vermögensschadens. Bei Weisungen würde das Erste wohl ein Recht auf die Rücknahme der Weisung bedeuten (zB der Versetzung). Nach der allg Regel sind gesetzwidrige Weisungen aber stets unwirksam, weil die Gestaltungsbefugnis des ArbG nur innerhalb der Schranken des Gesetzes besteht. Dies kann und muss auch für Weisungen gelten, die § 3 verletzen; dafür spricht auch Art 3 Abs 2 lit b GleichbRL, weil die Unwirksamkeit eben die im nationalen Recht für rechtswidrige Weisungen normalerweise vorgesehene Rechtsfolge ist. Allerdings handelt die ArbN, wenn sie eine Weisung nicht befolgt, partiell auf eigenes Risiko. Hält das Gericht die Weisung später für nicht diskriminierend und wirksam, so hat die ArbN ihre Dienstpflichten 114
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verletzt; dies kann zur Kündigung oder bei Verschulden zur Entlassung führen; bei begründetem Verdacht einer Diskriminierung wird es aber am Verschulden fehlen (entschuldbarer Rechtsirrtum). Auch für Bestimmungen eines Arbeitsvertrages, welche bei den sonstigen Arbeitsbedingungen diskriminieren, enthält § 12 keine Regelung. Die besseren Argumente sprechen auch hier (wie bei Verstoß gegen Art 141; Rn 28) für Nichtigkeit gem § 879 Abs 1 ABGB; der Zweck des GlBG verlangt, dass es keine aufrechten Vertragspflichten geben kann, welche zu einer verbotenen Diskriminierung führen. Es kommt zur Teilnichtigkeit, uzw ohne geltungserhaltende Reduktion. Auch diskriminierende Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung sind nichtig. § 11 enthält zwar eine spezielle Regelung für diese Normen, die jedoch nur einen Teil der Probleme anspricht, und überdies auch für diesen Teil keine Aussage zu den Rechtsfolgen trifft. Es entspricht allg Regeln, dass Betriebsvereinbarungen – als Verträge des Privatrechts – bei Gesetzesverstoß (teil)nichtig sind, sofern der Normzweck dies verlangt (zu erzwungenen Betriebsvereinbarungen vgl Rn 16). Dasselbe wird auch für KollV gelten. Auch in Deutschland ist es ganz hM, dass Vereinbarungen und Maßnahmen, welche gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, teilnichtig sind (ErfK/Schlachter BGB § 611a Rn 31). In Bezug auf Schadenersatz wird § 12 hingegen eine abschließende Regelung enthalten; § 3 ist daher nicht Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB. Zu Kündigungen vgl Rn 154. Keine Regelung enthält das Gesetz zur Frage, inwieweit dem ArbN bei Verletzung des Diskriminierungsverbotes ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Es gelten daher die allg Regeln. Danach ist die Zurückbehaltung bei Verletzung der Entgeltpflicht (zu der auch eine Verletzung des Art 141 zählen wird) eher möglich als bei Verletzung einer Nebenpflicht; hier soll sie nur bei schwerwiegender Verletzung zulässig sein. In jedem Fall trägt der ArbN das Risiko, sich über die Voraussetzung des Zurückbehaltungsrechts zu irren (§ 13 greift hier nicht, wohl aber § 105 Abs 3 lit i ArbVG). Das GlBG enthält nur ein Verbot der Diskriminierung: Aufgrund 30 des Geschlechtes oder eines nach § 17 missbilligten Merkmals darf kein ArbN in vergleichbarer Lage (Rn 8) benachteiligt werden. Das GlBG verpflichtet jedoch nicht, bei unterschiedlichen Lagen die ArbN – nur aber auch – entsprechend der Eigenart der Unterschiede verschieden zu behandeln (keine Differenzierungspflicht). Sind zwei Tätigkeiten also weder gleich noch gleichwertig iSd Art 141 115
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Abs 1, so enthält Art 141 keine Vorgabe für die Differenz, die in der Bezahlung der beiden Tätigkeiten bestehen muss oder darf. Die Diskriminierungsverbote bleiben insoweit hinter dem möglichen Inhalt des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes zurück. 31 Bei Verletzung eines Gleichheitsgebotes, insb in Bezug auf eine Leistungspflicht (zB Entgelt), ist im Allgemeinen eine Korrektur nicht nur durch Besserstellung der Benachteiligten, sondern auch durch Beseitigung der Besserstellung, oder aber durch eine Mittellösung möglich. Gleichheitsgebote verlangen idR als solche keine bestimmte Regelung. Eine Korrektur durch Beseitigung der Besserstellung kann aber versperrt sein, wenn die bisher Begünstigten einen Anspruch auf die Begünstigung haben, entweder für die Vergangenheit oder auch für eine bestimmte Zeitspanne in der Zukunft. Im nationalen Recht ist dann allenfalls zu prüfen, ob die Einsicht, die bisherige Regelung ist gleichheitswidrig, die Geschäftsgrundlage ändert. Zum Gemeinschaftsrecht hat der EuGH hingegen besondere Regeln für die Korrektur von Diskriminierungen entwickelt, uzw va zu Betriebspensionen (Rn 183 ff). Primär ist dann zwischen den Rechtsfolgen für die Zukunft und für die Vergangenheit zu unterscheiden. Wichtig ist, dass diese Regelungen – auch bei KollV oder BV – anders als sonst, häufig bei Nichtigkeit nicht danach fragen, welche nicht diskriminierende Regelung die Vertragsparteien redlicherweise getroffen hätten, sondern jedenfalls für die Vergangenheit zu einer Lückenfüllung durch das Gericht führen! Die dafür ins Treffen geführte Rechtfertigung damit, dass die Kollektivvertragsparteien das Risiko der Diskriminierung nicht hätten eingehen dürfen (Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 86) überzeugt nicht, weil die Rechtsfolgen ja der ArbG zu tragen hat. 32 Der EuGH lässt jedenfalls für die Vergangenheit nur eine Angleichung nach oben zu, also zB bei Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten von der Betriebspension einen Anspruch der Ausgeschlossenen auf Gleichbehandlung und damit auf Begründung von Anwartschaften für die Vergangenheit. Denn bis zu einer Korrektur der Regelung ist die bestehende Regelung das einzig zulässige Bezugssystem (zB EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz Rn 18-20; 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 32 f; 28.9.1994, C-408/92-Smith 14 ff; 28.9. 1994, C-28/93-van den Akker Rn 16-18). Dies gilt offenbar sogar, wenn die Besserstellung der anderen und damit die Diskriminie116
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rung auch rückwirkend beseitigt werden könnte, und folgt insoweit nicht aus dem Inhalt eines Gleichbehandlungsgebotes. Wenn ein KollV Frauen durch eine Entgeltregelung mittelbar diskriminiert, so müssen die Gerichte die begünstigende Bestimmung daher auch auf die bisher Benachteiligten anwenden, aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts jedenfalls soweit dieses unmittelbar anwendbar ist (so zB EuGH 20.3.2003, C-187/00-Kutz-Bauer Rn 64 ff mwN). Dementsprechend muss der ArbG die Diskriminierung für die Vergangenheit auf seine Kosten beseitigen. Nach dem GlBG treten diese Zurechung und die genannten Rechtsfolgen auch bei einer Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen stets ein. Die Pflicht zur Angleichung nach oben gilt selbst dann, wenn diese den ArbG in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten bringt (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 43). Wichtig ist auch, dass das Beseitigen einer mittelbaren Diskriminierung durch Besserstellung nur der benachteiligten Frauen (zB der teilzeitbeschäftigten) zu einer unmittelbaren Benachteiligung der bis dahin in gleicher Weise benachteiligten Männer (zB teilzeitbeschäftigte Männer) bewirken würde. Dies wird idR wiederum das Diskriminierungsverbot verletzten, so dass die Benachteiligung auch für die Angehörigen des bisher nicht benachteiligten Geschlechtes beseitigt werden muss (Calliess/Ruffert/Krebber, EUV Art 141 Rn 41, 68). Der EuGH leitet das Gebot der Verschlechterung für die Vergangenheit aus dem Gebot zur Angleichung der Arbeitsbedingungen „nach oben“ in Art 119 alt (nun Art 136 EGV) ab (diese Begründung, die sich schon in der E Defrenne II findet, ist verfehlt). Die Pflicht zur Beseitigung der Diskriminierung für die Vergangenheit ist bei Diskriminierung durch Gesetz am problematischsten (dazu Rn 26), und bei jener durch KollV problematischer, als wenn der ArbG die Diskriminierung selbst veranlasst hat. Für die Zurechnung des KollV zum ArbG auch für die Vergangenheit mag in der Sache angeführt werden, dass der ArbG – in vielen Fällen – durch den KollV nicht zur Diskriminierung verpflichtet wurde; er hätte auch mehr zahlen bzw leisten können als der KollV vorsah. Bei einem Verbandskollektivvertrag kann in allen anderen Mitgliedstaaten überdies angeführt werden, dass der ArbG dem Verband freiwillig angehört hat und daher für dessen Verhalten mitverantwortlich ist. (Nur) In Österreich werden aber die KollV von Verbänden mit Zwangsmitgliedschaft abgeschlossen. Ist dem ArbG Diskriminierung nur vorzuwerfen, weil er einen KollV befolgt hat, so bestehen idR Bedenken gegen eine Entschädigung für persön117
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liche Beeinträchtigung. Sie kann wohl nur zustehen, wenn dem ArbG zumindest der Vorwurf gemacht werden kann, er selbst habe – wenn auch unverschuldet – diskriminiert. Bei der Anwendung eines KollV, dem ja die Gewerkschaft zugestimmt hat, kann man selbst dies kaum sagen. 33 Für die Zukunft kann die Diskriminierung, insb aus der Sicht des Art 141, grds sowohl durch eine Angleichung nach oben wie nach unten oder durch eine Mittellösung erfolgen (EuGH 28.9.1994, C408/92-Smith Rn 21-22; 28.9.1994, C-28/93-van den Akker Rn 19). Allerdings ist dafür eine Reform der Gesamtregelung – etwa des KollV oder dessen Anwendung durch den ArbG – erforderlich. Solange die bestehende, bisher diskriminierende Regelung das einzige Bezugssystem bleibt, also keine Anpassungsmaßnahmen getroffen werden, ist weiterhin nur die Angleichung nach oben zulässig. Auch wenn ein Abbau der Begünstigung aus rechtlichen Gründen, insb wegen eines unentziehbaren Anspruches der Begünstigten ausscheidet, kommt nur das Angleichen nach oben in Betracht. Soweit der Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot allerdings zu einer Teilnichtigkeit führt, ist insb bei kollektiven Abreden zu prüfen, ob nicht ergänzende Vertragsauslegung oder die Lehre von der Geschäftsgrundlage zu einer Änderung der Gesamtregelung (also auch der Begünstigung) pro futuro führen, wenn und weil deutlich erkennbar ist, dass der verpflichtete ArbG die Regelung bei Kenntnis der Verbotswidrigkeit (und allfälliger zusätzlicher Lasten) nicht geschlossen hätte (in diese Richtung auch Müko/ Müller-Glöge § 612 Rn 58 bei grds vergleichbarer Rechtslage zum Vertragsrecht). 34 Die subjektiven Rechte wegen einer Diskriminierung können durch nationale Vorschriften zu Verjährung oder Verfall beschränkt sein. Für die in § 12 genannten Ansprüche ist dies in § 15 geregelt; für die Ansprüche auf Nachzahlung von Entgelt und auch für jene auf Schadenersatz gelten daher grds nicht die Verjährungsfristen der § 1486 Z 5 und § 1489 ABGB. Das EG-Recht schränkt bei Ansprüchen wegen Diskriminierung die Zulässigkeit nationaler Verjährungs- und Verfallsnormen allerdings durch die Grundsätze der Gleichwertigkeit und Effektivität ein (EuGH 1.12.1998, C-326/ 96-Levez Rn 18 ff, 31). Vom Gemeinschaftsrecht vorgeschriebene Ansprüche dürfen danach nicht eher und leichter verjähren als vergleichbare rein nationale Ansprüche; § 15 dürfte dies nicht bei allen 118
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Ansprüchen beachten. Überdies muss eine effektive Durchsetzung möglich sein. Die kurze Frist des § 15 Abs 1 für eine Kündigungsanfechtung könnte dagegen ebenso verstoßen wie die Möglichkeit, die Verjährung durch KollV stark abzukürzen. Bei Schadenersatzansprüchen tritt der durch eine Diskriminierung verursachte Schaden meist sogleich ein, allerdings ist er für die diskriminierte Person erst erkennbar, wenn ausreichend Anhaltspunkte für eine Diskriminierung erkennbar sind; die Verjährungsfrist wird nach § 1486 ABGB daher erst dann zu laufen beginnen. Falls eine Diskriminierung bei einer Beförderung und dem Zugang zur betrieblichen Fortbildung sich erst später in verminderten Aufstiegschancen auswirkt, so entsteht auch der Schaden erst später. Bei Schadenersatzansprüchen erscheint eine kollektivvertragliche Abkürzung der Verjährung durch eine kurze Verfallsfrist, die sofort beginnt, gemeinschaftsrechtlich besonders bedenklich, weil dann die Ansprüche bei Diskriminierung mehr beschränkt sind als das nationale Recht Schadenersatzansprüche normalerweise begrenzt (ähnliche Bedenken in Bezug auf das deutsche Recht bei Müko/MüllerGlöge § 611a Rn 87). II. „Geschlecht“ als Unterscheidungsmerkmal 1. Allgemeines § 3 verbietet die unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung auf- 35 grund des Geschlechtes. Eine unterschiedliche Behandlung aus einem anderen Grund wird nicht verboten. § 5 definiert die beiden Arten der Diskriminierung. Die beiden Definitionen helfen aber nur zur Frage weiter, wann „auf Grund“ des Geschlechtes unzulässig unterschieden wird, also bei der erforderlichen und ausreichenden (Kausal-)Beziehung zwischen Geschlecht und Maßnahme. Sie sagen nicht näher, was hier unter „Geschlecht“ zu verstehen ist. Auszugehen ist vom biologischen Geschlecht. Da nur eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und damit zwischen Frauen und Männern verboten wird, erfasst das Verbot daher grds nicht auch Benachteiligungen im Verhältnis zu ArbN desselben Geschlechtes (EuGH 9.9.1999, C-281/97-Krüger Rn 19). Davon gibt es jedoch eine wichtige Ausnahme bei Schwangerschaft (Rn 40). Überdies liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn nur einige Angehörige eines Geschlechtes benachteiligt werden, etwa nur verheiratete Männer im Vergleich zu verheirateten Frauen (EuGH 28.9.1994, C-7/93-Beune Rn 49-54). Als 119
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verdeckte Diskriminierung wird oft eine Benachteiligung bezeichnet, welche auf ein vordergründig neutrales Merkmal abstellt, jedoch zwangsläufig geschlechtsspezifisch unterscheidet. Das wichtigste Beispiel ist die Schwangerschaft, die von der hM als unmittelbare Diskriminierung eingeordnet wird (so auch Art 2 Abs 7 GleichbRL). In anderen Fällen ist die Einordnung als unmittelbare oder mittelbare fraglich (vgl zB EuGH 7.12.2000, C-79/99-Schnorbus; § 5 Rn 3). Fraglich ist, ob eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts auch vorliegt, wenn der ArbG mit Hilfe eines zusätzlichen Merkmals nur eine Untergruppe jener Personen benachteiligt, deren Benachteiligung missbilligt ist („sex plus ground“). Soweit die Untergruppe mit Hilfe eines anderen missbilligten Merkmals (§ 17; zB Frauen aus Afrika) gebildet wird, ist auch die Unterscheidung nach diesem Merkmal nach der hier vertretenen Auffassung unzulässig (Rn 53). Wird die Untergruppe hingegen mittels eines an sich nicht missbilligten Merkmals gebildet (zB große Männer), so ist die Benachteiligung dieser Untergruppe wohl nur dann unzulässig, wenn das zusätzliche Merkmal bei jenen Personen, die schon nicht der Hauptgruppe angehören (hier: den Frauen) allg oder beim ArbG kaum verwirklicht ist. Ansonsten dürfte die Benachteiligung nur der Untergruppe zulässig sein (vgl auch Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 43). 36 Das Diskriminierungsverbot beschränkt sich nicht auf Benachteiligungen, die sich aus der Zugehörigkeit zu dem einen oder anderen biologischen Geschlecht ergeben, sondern erfasst auch Benachteiligungen auf Grund von Transsexualität oder einer Geschlechtsumwandlung (EuGH 30.4.1996, C-13/94-P Rn 17 ff, 20). Jüngst sah der EuGH in der Regelung, die eine Hinterbliebenenpension für Personen nach einer Geschlechtsumwandlung faktisch ausschloss, weil diese nach englischem Recht nicht heiraten konnten, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes (EuGH 7.1.2004, C-117/ 04-K.B.). Der EuGH bejaht die Diskriminierung, weil das Heiratshindernis der EMRK widerspricht. 37 Lange war fraglich, ob die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz unter Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes fällt. Die GleichbRL legt nun in Art 2 Abs 3 fest, dass die sexuelle wie die geschlechtsbezogene Belästigung als Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes gelten. Das GlBG regelt die Belästigung gesondert in § 7. § 3 ist daher auf Belästigung nicht anzuwenden. Offen war 120
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lange, ob Unterscheidungen aufgrund der sexuellen Orientierung unter Art 141 EGV fallen (ablehnend EuGH 17.2.1998, C-249/96Grant). Die Sonderbestimmungen in der RL 2000/78 und in § 17 sprechen heute dagegen. Eine Maßnahme des ArbG erfolgt wohl auch dann aufgrund des 38 Geschlechtes, wenn die Geschlechtlichkeit eine bedeutende Rolle dafür spielt, etwa wenn eine Frau gekündigt wird, weil sie „als Frau“ Unruhe in den Betrieb bringe (Trost, ZAS 1996, 14). Die Lage ist hier parallel zu § 17 (vgl § 17 Rn 1, 11, 12, 14, 24, 37). Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes liegt daher an sich auch vor, falls ein/e ArbN (sexuell oder geschlechtlich) belästigt wird (§§ 6 f) und wegen der Beschwerde dagegen benachteiligt wird; diese Konstellation wird von § 13 erfasst, aber wohl nicht abschließend. Fraglich ist, ob darüber hinaus auch die Benachteiligung wegen einer Aktivität, welche die Angehörigen eines Geschlechtes (oder einer von § 17 erfassten Gruppe) gezielt unterstützt, also aufgrund einer „geschlechtspolitischen Aktivität“, eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes ist. Zu denken ist an Forderungen nach mehr Gleichbehandlung oder Gleichstellung im Unternehmen oder auch in der Gesellschaft. Ein Teil der Lehre bejaht hier eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes auch bei außerbetrieblichen Aktivitäten (Trost, ZAS 1996, 14 f; Smutny/ Mayr, 297). Es ist aber zweifelhaft, ob hier eine unmittelbare Diskriminierung vorliegt, weil nicht direkt an das Geschlecht angeknüpft wird. Eine unmittelbare Diskriminierung dürfte insb zu verneinen sein, wenn der Anteil der Frauen unter den Beförderten groß ist, und nur eine Frau wegen ihrer frauenpolitischen Aktivitäten nicht befördert wird. Überdies können politische Engagements – wenn auch mit verschiedenen Inhalten – von allen ArbN gesetzt werden und es könnten daher auch alle von einer Kündigung betroffen sein; in Betracht kommen könnte allenfalls eine mittelbare Diskriminierung, wenn der ArbG gezielt nur das frauenpolitische Engagement benachteiligt. 2. Schwangerschaft Als Differenzierung aufgrund des Geschlechtes sieht der EuGH 39 auch das Anknüpfen an eine Tatsache, die nur Angehörige eines Geschlechtes erfüllen können: Schwangerschaft und Geburt (beginnend mit EuGH 8.11.1990, Rs 177/88-Dekker Rn 12; 8.11.1990, Rs 179/88-Hertz Rn 13; 5.5.1994, C-421/92-Habermann-Belter121
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mann Rn 15; 14.7.1994, C-32/93-Webb Rn 19). Heute bestimmt Art 2 Abs 7 S 3 GleichbRL: „Die ungünstigere Behandlung einer Frau im Zusammenhang mit Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub im Sinne der RL 92/85/EWG gilt als Diskriminierung im Sinne dieser RL.“ In der Lehre wurde eingewendet, dass man bei Schwangerschaft nicht sinnvoll mit der Lage der Männer vergleichen könne (Davies, European Court, 124 ff). Dies überzeugt nicht, schon weil jedenfalls eine Unterscheidung aufgrund der Geschlechtsrolle vorliegt. Allerdings wird zwischen Benachteiligung und Bevorzugung unterschieden. Begünstigungen für Schwangere und junge Mütter im Zusammenhang mit der Geburt können grds gerechtfertigt werden. Grundlage sind Art 2 Abs 7 GleichbRL und § 8 GlBG; vgl näher § 5 Rn 16 ff. 40 Eine Benachteiligung Schwangerer ist hingegen verboten. Verboten ist die Diskriminierung insb bei der Einstellung (EuGH 8.11. 1990, Rs 177/88-Dekker Rn 14), beim beruflichen Aufstieg und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl Rn 67 ff, 140, 157). Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn sich nur Frauen beworben haben und wegen der Schwangerschaft entschieden wird (E Dekker Rn 17 f). Verboten ist also auch die Benachteiligung im Verhältnis zu anderen nicht-schwangeren Frauen. Diese Auffassung ist wenig überzeugend, weil sie eher mechanisch allein auf das Motiv abstellt und nicht sieht, dass die Benachteiligung aufgrund der Schwangerschaft nicht per se verboten ist, sondern weil sie als Argument zur Benachteiligung gegenüber Männern dient; die Sichtweise des EuGH ist aber häufig so verkürzt wie in dieser Frage. Das Gemeinschaftsrecht verbietet jedoch nicht jede für die ArbN nachteilige Maßnahme des ArbG, für welche die Schwangerschaft bloß kausal ist, etwa einen Entfall des Entgeltanspruches bei Nichtarbeit während der Schwangerschaft (vgl EuGH 29.5.1997, C-400/95-Larsson Rn 20 ff) oder während einer Freistellung aus Anlass der Geburt (EuGH 13.2.1996, C-342/ 93-Gillespie Rn 30). Der EuGH nimmt diese Rechtsfolgen ohne nähere Begründung hin, obwohl die Benachteiligung offenkundig auf der Schwangerschaft beruht. Akzeptiert hat der EuGH auch, dass auf die österr Abfertigung zwar Zeiten des Präsenzdienstes (sogar der freiwilligen Verlängerung) angerechnet werden, nicht aber Zeiten des von Anfang an auf eigenem Wunsch beruhenden Karenzurlaubs (EuGH 8.6.2004, C-220/02-ÖGB); dies wird auch für ähnliche Maßnahmen des ArbG oder eines KollV gelten. Eine 122
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allg Grenzlinie ist schwer zu ziehen und noch nicht in Sicht; die Frage betrifft wohl primär den Gesetzgeber. 3. „Ehe- und Familienstand“ a. Allgemeines § 3 nennt – wie Art 2 Abs 1 GleichbRL – als Fall der Diskriminie- 41 rung auf Grund des Geschlechtes eine Ungleichbehandlung „unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand“. Diese Wendung war in Art 2 Abs 1 bereits vor der Neuformulierung 2002 enthalten, hat aber lange keine besondere praktische Bedeutung gehabt. Insb taucht sie in der Judikatur des EuGH bislang nur selten auf. In der E Teuling hat der EuGH eine Leistung (Zuschlag), die nur verheirateten ArbN gewährt wird und an die Unterhaltspflicht anknüpft, als vermutete Benachteiligung gesehen, weil wesentlich mehr Männer als Frauen berufstätig waren (EuGH 11.6.1987, Rs 30/85-Teuling Rn 14 f); allerdings war eine Rechtfertigung möglich. Und in der E Meyers wurde der EuGH nur gefragt, ob die fragliche Leistung unter die GleichbRL fällt (was er bejaht hat), nicht aber nach der Vereinbarkeit mit dieser RL (EuGH 13.7.1995, C-116/94). Relevant könnte die Wendung „Ehe- und Familienstand“ für eine Reihe von Fragen sein: darf bei betriebsbedingten Kündigungen bei der Auswahl jemand bevorzugt werden, weil ein/e Partner/in oder Kinder vorhanden sind; darf bei der Auswahl für eine Versetzung an einen anderen (vielleicht weit entfernten) Arbeitsort auf die Familiensituation Bedacht genommen werden, zB auf schulpflichtige Kinder oder die Erwerbstätigkeit von Partner/in am bisherigen Arbeitsort; darf man Nepotismus hintanhalten, indem Partner oder Kinder von leitenden Mitarbeitern von der Einstellung ausgeschlossen sind. Bislang war dies wohl zulässig, heute kann es fraglich sein. Der Entwurf einer neuen konsolidierten RL (§ 1 Rn 9) will jede Erwähnung von „Ehe- und Familienstand“ streichen – erläutert diese Streichungen jedoch nicht. Sollte er RL und Gesetz werden, dann erübrigt sich wohl das im Folgenden erörterte Problem. Heute ist primär entscheidend, ob man ein Differenzieren nach 42 dem Ehe- oder Familienstand jenem nach dem Geschlecht gleichstellt, also als unmittelbare Diskriminierung ansieht, oder ob man darin ein Kriterium sieht, das nur die Vermutung einer Benachteiligung begründet, dessen Verwendung also auf eine mittelbare Diskriminierung hin geprüft werden muss und nach Maßgabe des § 5 123
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Abs 2 gerechtfertigt werden kann. Der Unterschied ist groß, insb soweit es um die Differenzierung nach dem Vorhandensein von Kindern geht. Eine Rechtfertigung ist dann bei einer Prüfung auf eine mittelbare Diskriminierung hin idR leicht möglich, bei einer unmittelbaren Diskriminierung hingegen grds nicht möglich. In der ursprünglichen Fassung der GleichbRL konnte man die Wendung auch im zweiten Sinn deuten, weil die RL davor unmittelbare und mittelbare Diskriminierung erwähnte, diese aber in der Folge nicht definierte. Davon scheint auch der EuGH in der E Meyers ausgegangen zu sein. Dort hat er ausgesprochen, dass besondere Geldleistungen für ArbN mit Unterhaltspflichten unter „sonstige Arbeitsbedingungen“ fallen, weil sie ArbN mit Familien auch zur Arbeitsaufnahme motivieren sollen (EuGH 13.7.1995, C-116/94Meyers); er hat aber keine Bedenken gegen das Anknüpfen an den Familienstand erkennen lassen. 43 In der heutigen Fassung der RL und des GlBG müsste „Ehe- und Familienstand“ hingegen in die Definition der mittelbaren Diskriminierung eingebunden sein, damit die Zuordnung zur unmittelbaren Diskriminierung eindeutig ausgeschlossen ist. Dies wäre auch leicht möglich. Auch der österr Gesetzgeber hätte dies versuchen können, falls er gemeint hätte, ein Anknüpfen an Ehe- oder Familienstand müsse nur die Vermutung einer mittelbaren Diskriminierung begründen. Die EBzRV sagen hingegen bloß: Das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe bzw der Umstand, ob man Kinder hat, dürfen im Bereich der Arbeitswelt nicht zum Anlass für eine Benachteiligung genommen werden (S 9). Sie verstehen jedes Anknüpfen nicht nur an den Ehestand, sondern offenbar auch an das Haben von Kindern also als unmittelbare Diskriminierung. Auf die Konsequenzen und Probleme wird nicht einmal hingewiesen, und auch nicht darauf, was das Gemeinschaftsrecht wirklich verlangt. Auch Karl übergeht das Problem, wenn sie auf der einen Seite sagt, es sei unzulässig, das (Nicht-)Bestehen einer Ehe oder das (Nicht-)Haben von Kindern zum Anlass einer Benachteiligung zu nehmen, aber bald darauf meint, es sei zulässig, ArbN bei Verehelichung oder Geburt Begünstigungen einzuräumen (Karl, Differenzierung, 43 f). b. Partnerschaft 44 Bei Unterscheidungen nach der Partnerschaft kann und muss zwischen Personen in Ehe, in Lebensgemeinschaft und anderen Part124
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nerschaften unterschieden werden. In mehreren anderen Mitgliedstaaten muss bei den Lebensgemeinschaften noch zwischen eingetragenen und anderen unterschieden werden; in Österreich gibt es keine eingetragenen Partnerschaften neben der Ehe. Unter Eheund Familienstand ist jedenfalls die Ehe zu verstehen, sodass eine Unterscheidung zwischen ArbN danach, ob sie verheiratet sind oder nicht, nach dem Wortlaut des § 3 eine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes darstellt. Bedenklich scheint nicht bloß ein höheres Entgelt allein für Verheiratete, sondern auch eine Bevorzugung Verheirateter bei der Auswahl der zu Kündigenden (uzw auch, wenn der ArbG dies ohne gesetzliche Vorgabe macht). Entscheidend ist in der Folge, ob auch das Vorhandensein einer verfestigten Lebensgemeinschaft unter „Ehe- und Familienstand“ fällt. Verneint man es, dann wären Sonderleistungen an alle ArbN mit fester Lebensgemeinschaft keine Diskriminierung; zu diesen ArbN mit Lebensgemeinschaft zählten aber auch die Verheirateten. Bejaht man es hingegen, dann wäre jedes Anknüpfen an eine Form der Lebensgemeinschaft eine Diskriminierung zulasten der Personen ohne verfestigte Partnerschaft. Der Wortlaut des Gesetzes spricht eher dafür, dass ein Anknüpfen an Ehe oder Lebensgemeinschaft – als unmittelbare Diskriminierung – in der Arbeitswelt unzulässig ist. Fraglich ist, ob der ArbG/KollV/Gesetzgeber den Problemen aus- 45 weichen können, indem die Unterscheidung nicht an das Vorhandensein von Ehe (eingetragener Lebenspartnerschaft) oder von Familie/Kindern anknüpft, sondern an das Bestehen von Unterhaltspflichten. Auf den ersten Blick scheint dies möglich, weil Unterhaltspflicht ein anderes Differenzierungskriterium ist als das Vorhandensein von Ehe oder Kindern. Dies würde dazu führen, dass nur eine mittelbare Diskriminierung zu prüfen ist. Dagegen dürfte jedenfalls bei der Ehe sprechen, dass die Unterhaltspflicht kein „dem Anschein nach neutrales Kriterium“ darstellt, weil eine Ehe notwendig zu Unterhaltspflichten führt (genauso wie Kinder und diese idR für lange Zeit). Überdies werden bei einer Differenzierung aufgrund Ehe oder Partnerschaft eben jene Aspekte angesprochen, die mit dem Geschlecht zu tun haben, während dies bei dem (Nicht-)Vorhandensein von Kindern weit weniger zutrifft. Lässt man – entgegen dem hier Vertretenen – günstigere Regelun- 46 gen speziell für ArbN mit Lebensgemeinschaften zu, dann wäre 125
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fraglich, ob diese heterosexuellen Lebensgemeinschaften vorbehalten werden dürfen. Der EuGH hat keine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes gesehen, wenn Sonderleistungen nur bei andersgeschlechtlicher Partnerschaft erbracht werden (EuGH 17.2.1998, C-249/96-Grant Rn 42), weil hier nicht auf Grund des Geschlechtes des ArbN, sondern jenem des Partners differenziert wird. Heute ist dazu primär § 17 einschlägig. c. Kinder 47 Praktisch bedeutsamer als das Anknüpfen an Ehe oder Partnerschaft ist, inwieweit im Arbeitsverhältnis ArbN mit (unterhaltsberechtigten) Kindern besser behandelt werden dürfen. Nimmt man die Gleichstellung einer Differenzierung nach Ehe- oder Familienstand mit einer unmittelbaren Diskriminierung und damit den neuen Wortlaut voll ernst, dann wäre es unzulässig, bei der Versetzung danach auszuwählen, welche ArbN durch Kinder besonders an den bisherigen Arbeitsort gebunden sind, oder bei welchen eine Änderung der Arbeitszeit zu Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung führt; andere ArbN wären dann aufgrund des Geschlechtes diskriminiert! Es gibt aber Argumente gegen eine Subsumption des Habens von Kindern unter „Ehe- und Familienstand“, va den Zweck der konkreten Norm. Die Besserstellung von ArbN mit Kindern hat absolut nichts mit einer Unterscheidung nach dem Geschlecht der ArbN zu tun. Das Verbot einer Besserstellung hilft in keiner Situation den Angehörigen jenes Geschlechtes, das in einem bestimmten Teil der Arbeitswelt benachteiligt ist (meist die Frauen). Gegen eine Subsumption unter Familienstand sprechen auch sozialpolitische Zwecke, weil die Besserstellung von Eltern die Bereitschaft erhöht, Kinder zu bekommen, und es in vielen Mitgliedstaaten und wohl auch in der EU offizielle Politik ist, diese Bereitschaft zu unterstützen und zu erhöhen. Eine Unterscheidung nach dem Vorhandensein von Kindern ist daher mE keine Diskriminierung nach dem Geschlecht, sofern dabei an die Pflicht zur Sorge und/oder zum Unterhalt abgestellt wird (und nicht bloß auf das Haben der Kinder). Folgt man dem nicht, so könnte eine vermittelnde Lösung darin bestehen, dass man jedenfalls für das Vorhandensein von Kindern den Prüfungsstandard gleichsam zwischen Geschlecht und neutralem Kriterium ansiedelt: seine Verwendung begründet per se eine vermutete Benachteiligung, die Rechtfertigung ist aber nach dem Standard des § 5 Abs 2 möglich. Und der ArbG kann hier auch ein sozialpolitisches Ziel verfolgen, 126
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nämlich die Unterstützung von ArbN mit Kindern bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie iwS. Dies gilt insb auch für Zusatzleistungen des ArbG an ArbN, die für Kinder unterhaltspflichtig sind, sowie für Bevorzugung etwa bei Kündigung oder Versetzung. In allen hier genannten Auslegungsvarianten ist es aber jedenfalls unzulässig, ArbN allein deshalb zu benachteiligen, weil sie Kinder haben. Dies gilt auch bei der Einstellung. Unzulässig ist danach auch eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Habens von Kindern; dazu zählt es etwa auf die zeitliche Flexibilität abzustellen, weil dieses Kriterium sich besonders zum Nachteil von ArbN mit Betreuungspflichten auswirkt. Allerdings ist dann noch eine Rechtfertigung nach § 5 As 2 zu prüfen. III. Benachteiligungsverbot und Mehrfachdiskriminierung Literatur: Trost, ZAS 1996/1, 15; Bei, Art 6 GleichbRL – effektiver Rechtsschutz gegen Folgediskriminierung, DRdA 1999, 162; Schiek, Gleichbehandlungsrichtlinien der EU, NZA 2004, 873; Windisch-Graetz, Probleme der Mehrfachdiskriminierung, DRdA 2005/3. 1. Maßregelung und Folgediskriminierung Auf eine Beschwerde oder Klage wegen Diskriminierung reagieren 48 ArbG zuweilen mit für den ArbN negativen Maßnahmen. Die GleichbRL (Art 7) verpflichtet dazu, auch gegen solche Maßregelungen effektiven Rechtschutz zu gewähren: „Die Mitgliedstaaten treffen … die erforderlichen Maßnahmen, um die Arbeitnehmer … vor Entlassung oder anderen Benachteiligungen durch den ArbG zu schützen, die als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb des betreffenden Unternehmens oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erfolgen.“ Der österr Gesetzgeber hat zur Ausführung zwei Bestimmungen vorgesehen: § 12 Abs 7 wenn die Maßregelung in einer Kündigung oder Entlassung besteht, sowie § 13 als allg „Benachteiligungsverbot“. Das sonstige österr Arbeitsrecht enthält – anders als das BGB in § 612a – hingegen kein allg Verbot von Maßregelungen im Arbeitsverhältnis (sondern nur spezielle zu Kündigungen). Nach § 12 Abs 7 kann eine Kündigung oder Entlassung angefoch- 49 ten werden, falls der ArbG wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach dem GlBG gekündigt 127
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oder entlassen hat (zur Frage, ob dies Art 7 GleichbRL genügt, vgl § 12 Rn 49 f); Überdies kann die Kündigung nach § 105 Abs 3 Z 1 ArbVG angefochten werden. Auch für die Anfechtung nach § 12 Abs 7 gilt die Beweiserleichterung des § 12 Abs 12. Art 7 GleichbRL verlangt den Schutz aber auch in allen anderen Fragen (EuGH 22.9.1998, C-185/97-Coote zur Weigerung des ArbG, ein Zeugnis auszustellen). Der Rechtsschutz muss bereits dann gewährt werden, wenn die Maßnahme des ArbG eine „Reaktion“ auf die Beschwerde war. Es ist nicht erforderlich, dass die Beschwerde die wesentliche oder gar die einzige Ursache der Maßnahme war. Und die Pflicht zur Gewährung von Rechtsschutz entfällt nach der RL auch nicht, falls der ArbG bei Beschwerden aus anderen Gründen in gleicher Weise zu reagieren pflegt (er Beschwerden wegen Diskriminierung also nicht diskriminiert). § 13 sieht nun nur vor, dass ein ArbN „als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb des Unternehmens oder auf Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes“ (so die Formulierung in Art 7 GleichbRL, den verständlich abzuschreiben dem GlBG nicht gelungen ist) „nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden“ darf. Nach § 13 S 3 gilt „§ 12 Abs 12 sinngemäß“. § 13 sagt aber nichts zu den Rechtsfolgen des Verbotes. Anzunehmen ist wohl, dass jede Benachteiligung grds unwirksam ist (soweit es sich um ein Rechtsgeschäft handelt) und ansonsten zu beseitigen ist, sodass der ArbN – wie bei § 12 Abs 3 – Anspruch auf Gewährung jener Arbeitsbedingungen hat, die er ohne Benachteiligung hätte. 50 Fraglich ist, ob die genannte Maßregelung selbst wieder notwendig eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes darstellt. Dies wird in der Lehre insb für die Kündigung zum Teil bejaht („Folgediskriminierung“; Trost, ZAS 1996/1, 1; Bei, DRdA 1999, 165 f; unklar Smutny/Mayr, 305; vgl auch § 13 Rn 3 f: wohl ablehnend Eichinger EAS B 4200 Rn 150 ff). Auch die EB zur RV (307 BlgNR 22. GP) sagen zum Vorläufer des § 13 (§ 21 des Entwurfes), dass bei Benachteiligung im Sinne dieser Bestimmung die Rechtsfolgen des heutigen § 12 zur Anwendung kommen. Gegen diese Sicht bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Schon die GleichbRL regelt die Benachteiligung aufgrund einer Beschwerde als eigenen Tatbestand, obwohl sie auch hätte anordnen können, dass diese Fälle als Diskriminierung gelten. Und in der Sache erfüllt das fragliche Verhalten nicht oder doch nicht notwendig den Tatbestand einer Diskriminierung iSd § 3. Es handelt sich nämlich wohl nicht um eine 128
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unmittelbare Diskriminierung. Und in Bezug auf eine vermutete Benachteiligung ist fraglich, ob sie auch vorliegt, falls der ArbG häufig auch in anderen Fällen auf Klagen der ArbN mit ähnlichen Maßregelungen reagieren sollte. Nur soweit der nationale Gesetzgeber Art 7 GleichbRL nicht ordnungsgemäß umsetzen sollte, ist zu erwägen, in der Maßregelung doch eine Diskriminierung zu sehen, uzw bei den „sonstigen Arbeitsbedingungen“. 2. Mehrfachdiskriminierung Eine Person kann auch nicht nur aus einem (heute) missbilligten 51 Motiv benachteiligt werden, sondern gleich aus mehreren (etwa wegen Geschlecht und Alter, Geschlecht und ethnischer Herkunft; ethnischer Herkunft und Religion). Das GlBG nimmt darauf nicht Bedacht, wohl aber § 1 Abs 3 GBK/GAW-G. Phänomenologisch muss man dann zunächst unterscheiden, ob es sich um verschiedene Sachverhalte handelt (zB Diskriminierung bei der Beförderung wegen ethnischer Herkunft und beim Entgelt wegen des Geschlechtes) oder ob bei einem Sachverhalt (zB Beförderung) mehrere missbilligte Motive zusammenwirken. Für die erste Konstellation gelten die allg Regeln. Die zweite Konstellation erfordert einige zusätzliche Überlegungen. Man muss hier phänomenologisch unterscheiden, ob bei der Mehrfachdiskriminierung die missbilligten Merkmale notwendig oder nur wegen einer Entscheidung des ArbG miteinander verbunden sind. Im ersten Fall spricht man auch von intersektioneller Diskriminierung. Als Beispiel genannt wird die Benachteiligung auf Grund eines islamischen Kopftuchs, bei dem gleichzeitig an Religion, Geschlecht und idR auch Herkunft angeknüpft werden soll; allerdings ist diese Zuordnung zweifelhaft (§ 19 Rn 17 ff). Wird eine Person gleichzeitig wegen mehrerer im GlBG in den § 3 52 und 17 genannter Gründe (Motive) unterschiedlich von anderen behandelt, so muss die Zulässigkeit dieser Behandlung für jedes missbilligte Motiv getrennt beurteilt werden. Dies gilt sowohl für den Diskriminierungstatbestand (und dessen Verjährung) wie für die Rechtfertigung. Insb sind die Rechtfertigungsgründe jeweils eigenständig zu beurteilen. Gründe, welche die Benachteiligung aus dem einen Grund rechtfertigen können, rechtfertigen für sich allein nicht die unterschiedliche Behandlung aus einem anderen missbilligten Grund. Bei der Beweislast gelten für Mehrfachdiskriminierung einschließlich der intersektionellen jedenfalls die allg Regeln, 129
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eine zusätzliche Abweichung zugunsten der Kläger erscheint nicht erforderlich. Bei den Rechtsfolgen wird in der Literatur zum Teil eine stärkere Sanktion als bei bloßer „einfacher“ Diskriminierung gefordert (Schiek, NZA 2004, 879). Soweit der Vermögensschaden zu ersetzen ist, besteht dafür weder Möglichkeit noch Bedarf; der Schaden wird durch ein doppelt missbilligtes Motiv ja nicht notwendig größer, und wenn er größer sein sollte, dann ist er ohnehin nach der allg Regel zu ersetzen. Eine stärkere Sanktion könnte daher allenfalls bei der Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung in Betracht kommen. Aber auch hier kommt es wohl weniger darauf an, dass eine Persönlichkeit in zwei rechtlich geschützten Aspekten beeinträchtigt wird, als vielmehr auf die Intensität der Beeinträchtigung. Die Intensität kann aber bei einer Mehrfachdiskriminierung auch geringer sein als bei einer „einfachen“ Diskriminierung. Die Mindestbeträge für den Ersatz bei Belästigungen und die Höchstbeträge des Ersatzes bei Bewerbungen sind jedenfalls nicht zu vervielfachen (Windisch-Graetz, DRdA 2005/3). 53 Im Zusammenhang mit der Mehrfachdiskriminierung werden auch Fälle diskutiert, deren Zuordnung zweifelhaft ist. Es geht um Fälle, in denen erst die Kombination von zwei missbilligten Unterscheidungskriterien zu einer (statistischen) Benachteiligung führt. So könnten in einem Unternehmen Frauen und Männer gleich hohe Beförderungschancen haben, und auch alle Personen mit angeblich südländischer Herkunft keine schlechteren Beförderungschancen haben, während die Beförderungschancen der Frauen, denen eine südländische Herkunft zugeschrieben wird, auffällig schlechter sind als die der übrigen Beschäftigten. Fraglich ist dann, ob auch die Kombination von zwei missbilligten Unterscheidungskriterien zu einem neuen missbilligten Unterscheidungsmerkmal führt (allg bejahend Schiek NZA 2004, 876). Jedenfalls bei der unmittelbaren Diskriminierung ist die Frage zu bejahen, weil hier die Kumulation der missbilligten Kriterien den ArbG nicht entlasten kann. Dies gilt auch, wenn die beiden Merkmalsausprägungen nicht notwendig verbunden sind (also zB nur Frauen einer bestimmten Religion benachteiligt werden; vgl aber auch § 17 Rn 25). Fraglich ist die Antwort hingegen bei der mittelbaren Diskriminierung. Denkt man die Wertungen des Gesetzes fort, so muss man die Frage wohl bejahen, weil jene Personen, bei denen mehrere missbilligte Unterscheidungskriterien zutreffen, besonders gefährdet sind 130
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aufgrund dieser Merkmale benachteiligt zu werden. Dafür spricht auch die Lage bei der unmittelbaren Diskriminierung. Allerdings wird hier besonders darauf zu achten sein, dass das statistische Ergebnis nicht zufällig ist; die für die Annahme einer vermuteten Benachteiligung erforderliche statistische Differenz (§ 5 Rn 37) wird daher eher größer sein müssen als sonst. Die Rn 54–59 bleiben unbesetzt. IV. Begründung des Arbeitsverhältnisses Literatur: Berger, Die Benachteiligung von Arbeitnehmern beim beruflichen Aufstieg, RdW 1985, 182; Mazal, Geschlechtsneutrale Stellenausschreibung, ecolex 1992, 573; Rebhahn, Gleichbehandlung, Qualifikation und Leistung, JBl 1993, 681 ff; Hermann, Die Abschlussfreiheit, ZfA 1996, 19; Mosler, Geschlechterdiskriminierung bei der Einstellung von Arbeitnehmer/innen (Draehmpaehl), WBl 1997, 365; Eichinger, Grundsatz der Gleichbehandlung, in: Oetker/Preis (Hrsg) EAS B 4200 (Stand 1999) Rn 104 ff; Gerlach, Gleichbehandlung bei der Begründung des Dienstverhältnisses, RdW 2000, 598; Smutny, Geschlechtsbezogene Diskriminierung bei der Einstellung von ArbeitnehmerInnen, DRdA 2000, 122; Kister, Entschädigung und geschlechtsbedingte Diskriminierung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses (D, 2000); Smutny, Kommentar 201 ff; Thüsing, Zulässige Ungleichbehandlung – Zur Unverzichtbarkeit iSd § 611a BGB, RdA 2001, 319; Hopf/Smutny, Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses – Schadenersatz trotz fehlender „Bestqualifikation“, DRdA 2002, 99; Hoppe, Europäischer Schutz vor sexueller Diskriminierung beim Zugang zur Arbeit, ZEuP 2002, 78 ff. 1. Allgemeines § 3 Z 1 verbietet die unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung 60 „bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses“, was auch für die Rechtsverhältnisse nach § 1 Abs 3 gilt. Die GleichbRL spricht von „Zugang zur Beschäftigung“. Das Diskriminierungsverbot steht auch einer Benachteiligung bei der Begründung von unbefristeten Arbeitsverhältnissen (zB erhalten nur Frauen überwiegend befristete Verträge; Rn 67, 69) oder bei der Vereinbarung von Probezeiten (zB ist der Anteil bei Männern wesentlich höher) entgegen, und es gilt auch für Lehrverhältnisse und andere Ausbildungsverhältnisse, die unter § 1 fallen (§ 1 Rn 26). Das Verbot gilt nicht nur, 131
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wenn eine Stelle ausgeschrieben wird, sondern natürlich auch ohne Ausschreibung in Bezug auf Spontanbewerbungen; wenn der ArbG dann in zeitlicher Nähe zur Bewerbung eine Stelle besetzt, für welche die Bewerberin an sich geeignet ist, so greift das Diskriminierungsverbot ein (und der Diskriminierungstatbestand wird auch leicht glaubhaft zu machen sein, falls der ArbG zB ohne erkennbaren Grund nur Männer oder nur Frauen für eine bestimmte Arbeit beschäftigt und weiter einstellt). Die RL verlangt bei Diskriminierung bei der Einstellung allerdings keinen Kontrahierungszwang (EuGH 10.4.1984, Rs 14/83-Colson Rn 19), und das GlBG sieht diesen auch nicht vor; zu den Rechtsfolgen vgl § 12 Abs 1. Bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses stehen Privatautonomie und Antidiskriminierungsrecht in besonders starkem Spannungsverhältnis, weil die Entscheidungen des ArbG über die Zusammensetzung der Belegschaft objektiv und aus der Sicht der ArbG ein ganz zentrales Element der unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeit sind (§ 2 Rn 13; MünchArbR/Buchner § 39; Hermann, ZfA 1996, 19 ff). Fraglich ist, wie weit der Anspruch auf Entschädigung jener Person, welche die Stelle ohne Diskriminierung erhalten hätte, in der Sache einer Einstellung nahe kommt. Dies hängt von dem Zeitraum ab, für den das entgehende Entgelt zu zahlen ist (§ 12 Rn 26). Nicht zulässig ist es aber wohl zu sagen, der ArbG hätte mit der diskriminierten Person ja ein Probearbeitsverhältnis schließen können und dieses alsbald ohne Angabe von Gründen beenden können; selbst wenn der ArbG tatsächlich ein Probearbeitsverhältnis geschlossen hätte (was nicht vorgebracht werden kann, wenn er es mit der tatsächlich eingestellten Person nicht vereinbart hat), würde das Diskriminierungsverbot ja auch für dessen Auflösung gegolten haben; und bei Diskriminierung bei der Einstellung ist es überaus wahrscheinlich, dass der ArbG auch das Probeverhältnis aus dem missbilligten Grund gelöst hätte. 61 Eine Diskriminierung „bei“ der Einstellung kann nicht nur bei der Entscheidung, sondern auch schon vorher im Verfahren erfolgen, etwa bei der Ausschreibung oder der Einladung zu einem Hearing oder den verwendeten Testverfahren. Nach Auffassung von OGH und BAG kann bei Einstellung (und Beförderung) nur eine Person diskriminiert werden, welche objektiv die für die Stelle erforderliche Eignung besitzt, etwa schwere körperliche Arbeit verrichten kann (OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/98h; BAG 12.11.1998, 8 AZR 365/97 = NZA 1999, 371; zustimmend Sturm Rn 107; Smutny/ 132
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Mayr 205; ebenso Kletecˇka § 12 Rn 37). Das ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil bei fehlender Eignung eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes gar nicht in Betracht kommen kann; es fehlt an der Kausalität des missbilligten Merkmals und überdies an der Vergleichbarkeit der Lage (Rn 8; § 5 Rn 7). Allerdings darf man die Anforderungen an die Eignung in diesem Zusammenhang (!) nicht zu hoch ansetzen; bei Posten für Akademiker wird daher grds diese Ausbildung ausreichen, also das Erfüllen der formellen Grundvoraussetzungen (bei der Auswahl selbst darf der ArbG aber auch zusätzliche Fähigkeiten berücksichtigen). Auf der anderen Seite ist der ArbG bei der Festlegung der Anforderungen aber grds frei; er muss diese nicht ändern, nur um Frauen oder Männern höhere Bewerbungschancen zu gebe (MünchArbR/ Buchner § 40 Rn 175). Jedoch kann eine bestimmte Anforderung mittelbar diskriminieren, falls sie für die Arbeitsaufgabe gar nicht erforderlich ist. Das BAG hat eine Diskriminierung auch verneint, wenn die Bewerbung nicht ernsthaft war (BAG NZA 1999, 371; ebenso Sturm Rn 107). Dem kann man zustimmen, auch falls die fehlende Ernsthaftigkeit für den ArbG nicht erkennbar war (überzeugend Kletecˇka, § 12 Rn 36). 2. Unmittelbare Diskriminierung a. Allgemeines Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn die Einstellung 62 für eine bestimmte Arbeitsaufgabe am Geschlecht scheitert, also daran dass die Person Mann oder Frau ist. Dabei ist jede einzelne Einstellung gesondert zu betrachten. Die unmittelbare Diskriminierung entfällt nicht, falls gezielt ein Mann eingestellt werden soll, weil in der Abteilung sonst nur Frauen beschäftigt wären (zur Zulässigkeit als spezifische Maßnahme vgl § 8 Rn 24). Die unmittelbare Diskriminierung kann durch entsprechend formulierte Ausschreibung oder durch Äußerungen des ArbG oder ihm zugerechneter Personen (Rn 13) direkt (voll) bewiesen werden. Die ArbN braucht den Diskriminierungstatbestand aber nur glaubhaft zu machen. Glaubhaft machen kann man sie insb durch eine statistisch unwahrscheinliche Personalstruktur in Bezug auf das Geschlecht (§ 5 Rn 42). Eine unmittelbare Diskriminierung kann wohl nur vorliegen, falls 63 eine der entscheidenden Personen auf der Seite des ArbG vom Vorliegen eines potentiellen Diskriminierungsgrundes vor der Ent133
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scheidung Kenntnis hat (Sturm, Gleichbehandlung Rn 107), weil bei fehlender Kenntnis das missbilligte Motiv ja gar keine Rolle gespielt haben kann (bei der mittelbaren Diskriminierung stellt sich diese Frage nicht). Dies ist mit der Aussage, dass es für die Diskriminierung nicht auf eine entsprechende Absicht ankommt (Rn 7), durchaus vereinbar, weil damit ja nur verhindert werden soll, dass Diskriminierung bei sorgfältigem Bemühen des ArbG in Kenntnis des potentiellen Diskriminierungsgrundes entfällt. Aus dem Diskriminierungsverbot folgt allerdings kein Verbot an den ArbG, vor der Entscheidung auch von jenen Umständen Kenntnis zu nehmen, die nicht als Entscheidungskriterium herangezogen werden dürfen. Der ArbG muss also nicht etwa allein aufgrund schriftlicher Unterlangen, die weder Geschlecht noch Alter erkennen lassen, entscheiden. Auch unter der Herrschaft der Diskriminierungsverbote ist es zulässig, dass der ArbG bei großer Bewerberzahl eine Vorauswahl anhand von Merkmalen trifft, welche einfach und rasch zu beurteilen sind (zB Ausbildung, Noten, einschlägige Vorpraxis); er darf eben nur nicht mehr ein missbilligtes Merkmal heranziehen oder ein Merkmal, das zu einer mittelbaren Diskriminierung führen muss. 64 Eine unmittelbare Diskriminierung kann jedenfalls nicht damit gerechtfertigt werden, dass das Beschäftigen einer Frau mehr kostet als das eines Mannes, insb weil allg Regelungen (zB zur Entgeltfortzahlung) sich unterschiedlich auswirkten (zB EuGH 8.11.1990, Rs 177/88-Dekker Rn 12; Rn 15). Solche Kostenargumente sind (auch zulasten von Männern) unzulässig, insb zulasten von Schwangeren (Rn 67). Eine unmittelbare Diskriminierung kann aber nach § 9 (dazu § 3 Rn 73 ff) gerechtfertigt werden. Zweifelhaft ist die Möglichkeit einer Rechtfertigung von Maßnahmen nach § 8 (zB Programm des ArbG zur Erhöhung des Anteils des in einer sachlich abgegrenzten Einheit unterrepräsentierten Geschlechtes), uzw vor allem weil § 8 derzeit nicht von § 3 befreien kann (§ 8 Rn 11). Zu ungeschriebenen Rechtfertigungsgründen vgl § 5 Rn 21. 65 Fraglich ist, ob der ArbG den ausreichend dargetanen Vorwurf einer Diskriminierung schon durch den Nachweis entkräften kann, der Bewerber hätte die Stelle auch ohne Diskriminierung nicht erhalten (etwa weil sie zwar ausreichend geeignet, die ausgewählte Person aber geeigneter ist). Zur früheren Rechtslage hat der OGH es dahingestellt sein lassen, ob das Gemeinschaftsrecht dies ver134
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langt, weil der Text des alten GlBG – Schadenersatz nur unter der Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis „wegen einer vom ArbG zu vertretenden Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 2 Abs 1 Z 1 nicht begründet“ wurde – die Frage abschließend negativ geregelt habe (OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/98h). Auf das geltende GlBG kann diese Argumentation nicht übertragen werden, weil § 12 Abs 1 jetzt auf § 3 verweist, und es danach nur darauf ankommt, ob „auf Grund des Geschlechtes“ diskriminiert wurde. Dieser Wortlaut erfasst offenkundig aber auch den Fall, dass die ArbN wegen des Geschlechtes abgelehnt wurde, auch wenn sie auch aus einem anderen Grund hätte abgelehnt werden können. Auch die differenzierte Ersatzregelung des § 12 Abs 1 ist ein sehr starkes Indiz dafür, dass allein die Ablehnung aufgrund des Geschlechtes die Diskriminierung begründet. Vor allem aber folgt aus der Judikatur des EuGH, dass der Einwand, die Bewerbung wäre auch ohne missbilligtes Motiv erfolglos geblieben, die Diskriminierung nicht beseitigt (EuGH 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 31–33). Die Klage braucht nach § 12 Abs 12 S 1 nur glaubhaft zu machen, 66 dass die Einstellung aufgrund des Geschlechtes nicht erfolgte. Der ArbG kann dann den Entlastungsbeweis führen, den § 12 Abs 12 S 2 erleichtert (§ 5 Rn 66; § 12 Rn 56 f). Insb obliegt es dem ArbG darzutun, dass er aus einem anderen Motiv als dem missbilligten die Klägerin nicht berücksichtigt oder nicht eingestellt hat (vgl auch OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/98h). Das glaubhaft gemachte Argument, die nicht berücksichtige Person sei schlechter qualifiziert als die eingestellte Person, kann zur Entlastung vom Vorwurf der Diskriminierung führen, muss dies aber nicht tun, weil es auf die Entscheidungsmotivation des ArbG ankommt. Zur deutschen Sicht der Beweislast, welche dem ArbG uU die Last des vollen Beweises zuschiebt, vgl BAG 5.2.2004 – 8 AZR 112/03 = NZA 2004, 540. b. Schwangerschaft Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn die Einstellung 67 auf Grund der Schwangerschaft verweigert wird (EuGH 8.11.1990, Rs 177/88-Dekker Rn 12; 3.2.2000, C-207/98-Mahlburg Rn 27; vgl oben Rn 40). Das Ablehnen kann nicht mit finanziellen Belastungen für den ArbG durch die Beschäftigung einer Schwangeren gerechtfertigt werden (EuGH E Dekker Rn 12; 30.4.1998, 135
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C-136/95-Thibault Rn 26; E Mahlburg Rn 29), und auch nicht mit Störungen im Leistungsaustausch. Der ArbG darf die Einstellung nämlich auch nicht mit dem Argument ablehnen, die Schwangere dürfe und könne wegen der Schwangerschaft nicht von Anfang an wie geplant oder gar nicht beschäftigt werden, selbst wenn der ArbG sie (zB als Röntgenassistentin) gar nicht beschäftigen darf. Dies wurde zuerst für einen unbefristeten Vertrag entschieden (EuGH E Mahlburg Rn 27). In der Folge wurde es auch für einen befristeten Vertrag entschieden (EuGH 4.10.2001, C-109/00-Tele Danmark Rn 30 ff), selbst wenn die ArbN wegen der Schwangerschaft einen wesentlichen Teil des befristeten Beschäftigungszeitraumes nicht arbeiten kann. Das gilt auch, wenn ein befristeter Vertrag wegen der Schwangerschaft nicht erneuert wird (EuGH 4.10.2001, C-438/99-Jiménez Melgar); der Fall ist wohl § 3 Z 6 zuzuordnen mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag als verlängert gilt (Rn 150). In der Literatur wird die zuerst genannte Judikatur mit dem Hinweis kritisiert, dass bei einem von Anfang an undurchführbaren Arbeitsverhältnis die Austauschgerechtigkeit fehle. 68 Die Annahme einer Diskriminierung ist konsequent, falls die abgelehnte Bewerberin die für die Stelle erforderliche Eignung hat. Hat sie diese hingegen nicht, so liegt wohl auch dann keine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn der ArbG die Ablehnung mit der Schwangerschaft begründet. Dafür spricht schon, dass dies allgemein gilt (Rn 61), und hier überdies, dass die Ablehnung aufgrund der Schwangerschaft nicht unmittelbar an das Geschlecht anknüpft, sondern nur ein – wenngleich sehr starkes – Indiz für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes ist (so ErfK/Schlachter BGB § 611a Rn 12). 69 Aus dem Verbot einer Diskriminierung leitet der EuGH ab, dass die Schwangere nicht verpflichtet sein darf, ihre Schwangerschaft selbst mitzuteilen, weil der ArbG „bei der Anwendung der Arbeitsbedingungen ihre Schwangerschaft nicht berücksichtigen darf.“ (EuGH 27.2.2003, C-320/01-Busch Rn 40). Fraglich und in Deutschland wie Österreich heftig diskutiert wurde, welche Konsequenzen der ArbG ziehen darf, falls er vor der Einstellung (oder auch Beförderung) nach einer Schwangerschaft gefragt hat, und diese Frage bewusst wahrheitswidrig verneint wurde (sehr kritisch zB Löwisch, SAE 2004, 125 ff). Der OGH verneint schon länger die Möglichkeit zur Entlassung (und implizit zur Anfechtung) wegen 136
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Täuschung auch nach bewusst falscher Antwort, weil er Fragen nach der Schwangerschaft für unzulässig hält (OGH SZ 41/144 = JBl 1969, 285 mA Spielbüchler = DRdA 1970, 37 mA Kuderna = ZAS 1970/16 S 140 mA Migsch; ein Teil der Lehre wollte oder will hingegen differenzieren). Dies stimmt im Ergebnis mit den Anforderungen des EuGH überein. Der EuGH hält eine Beendigung durch den ArbG auf Grund der Schwangerschaft generell für eine Diskriminierung. Dies gilt auch für die außerordentliche Kündigung oder die Anfechtung wegen eines Willensmangels (Täuschung), weil die Schwangere die Frage nach der Schwangerschaft falsch beantwortet hat. Wenn der ArbG nämlich den Abschluss oder die Verlängerung des Arbeitsvertrages nicht wegen der Schwangerschaft verweigern darf, dann „liegt es auf der Hand“ dass er auch seine Zustimmung nicht wegen eines Willensmangels anfechten darf (EuGH E Busch Rn 49). Dies gilt nicht nur bei unbefristetem Arbeitsverhältnis (EuGH 5.5.1994, C-421/92-Habermann-Beltermann; 3.2.2000, C-207/98-Mahlburg), sondern auch bei befristetem Arbeitsvertrag und nun wohl auch, wenn die ArbN auf Grund der Schwangerschaft im befristeten Arbeitsverhältnis kaum oder gar nicht zur Arbeit kommt (EuGH E Busch Rn 42 f). Damit hat der EuGH die direkten Möglichkeiten des ArbG, eine bewusst falsche Antwort zu sanktionieren, faktisch beseitigt. Der EuGH übertreibt es aber wohl, wenn er diese Grundsätze auch auf den Fall anwendet, dass eine Frau den ArbG um Zustimmung zur vorzeitigen Beendigung des Erziehungsurlaubes bittet, dieser sie erteilt, und die Frau dann sogleich von der neuerlichen Schwangerschaft mitteilt; sie konnte in der Folge bis zur neuerlichen Schutzfrist nur eingeschränkt arbeiten; das Motiv war, so höhere Zahlungen zu erhalten; auf das Motiv kommt es aber laut EuGH nicht an (E Busch Rn 46). Bemerkenswert ist, dass der EuGH insb in der E Mahlburg – ohne jede Diskussion – in der Sache ein Recht auf (unbefristeten) Vertragsabschluss bejaht, obwohl bei erstmaliger Begründung eines ArbV dieses Recht weder vom nationalen (hier: deutschen) Recht zuerkannt noch vom Gemeinschaftsrecht verlangt wird (daher kritisch Reichold, JZ 2004, 385). Fraglich ist, ob allein schon die Frage nach der Schwangerschaft 70 eine Diskriminierung darstellt. Eichinger hat dies bejaht, weil die Begründung des EuGH in anderen Fällen, die Maßnahme komme nur gegenüber Frauen in Betracht, auch hier zutreffe (Eichinger EAS B 4200 Rn 47). Allerdings kann eine Frage nicht notwendig 137
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dem Nichteinstellen gleichgehalten werden. Die unzulässige Frage allein wird mE noch nicht die spezifischen Rechtsfolgen einer Diskriminierung auslösen. Schon die Frage nach der Schwangerschaft ist aber – bei Ablehnung der Bewerberin – ein starkes Indiz für eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes. Auch das Verlangen eines ärztlichen Tests vor der Einstellung, aus dessen Ergebnissen der ArbG (oder eine ihm zuzurechnende Person) Rückschlüsse auf die Schwangerschaft ziehen kann, ist jedenfalls ein solches Indiz, und wegen der Verlagerung der Antwort auf objektive Dritte wohl schon selbst eine Diskriminierung. 71 § 2b Abs 2 MSchG gibt dem ArbG das Recht, die schwangere ArbN auf einem anderen Arbeitsplatz zu beschäftigen, falls eine Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz nicht möglich oder zumutbar ist. Das Verbot aufgrund der Schwangerschaft zu benachteiligen und wegen Täuschung aufzulösen (insb Rn 69) schließt auch ein Recht des ArbG, eine Vertragsanpassung zu verlangen, falls die Schwangere zwar nicht die vereinbarte, wohl aber eine andere Arbeit verrichten kann, nicht notwendig aus. Man wird dieses Recht in diesen Fällen wohl bejahen, zumal es die im Vergleich zur Auflösung weniger schwere Rechtsfolge ist; auch § 2b Abs 2 MSchG wird die Anpassung des Vertrages bei Täuschung nicht ausschließen. Fraglich ist, ob der ArbG von einer ArbN, die wegen der Schwangerschaft sogleich oder alsbald nach Vertragsschluss nicht arbeiten darf, Schadenersatz verlangen kann. In Deutschland wird dies grds bejaht (Anspruch aus § 311a BGB auf das Erfüllungsinteresse; Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 47). Der EuGH hat dazu noch nicht Stellung genommen. In Österreich käme schon nach allg Regeln wohl nur Ersatz des Vertrauensschadens aus culpa in contrahendo in Betracht. Gegen die Ersatzpflicht spricht aber (auch in Deutschland), dass die wahrheitswidrige Antwort nicht rechtswidrig ist. Überdies würde auch diese Ersatzpflicht gerade aufgrund der Schwangerschaft bestehen. Denkbar wäre allenfalls eine Ersatzpflicht wegen sittenwidriger Schädigung (§ 1295 Abs 2 ABGB), aber auch diese könnte am Gemeinschaftsrecht scheitern. c. Ehe- und Familienstand 72 Als Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes gilt auch jene nach dem Ehe- oder Familienstand (Rn 41 ff). Unzulässig ist daher eine Benachteiligung bei Einstellung oder Beförderung mit dem Argu138
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ment, die/der Partner verdiene gut oder es fehle an Unterhaltslasten. Überträgt man die Auffassungen zur Schwangerschaft (Rn 69) auf diesen Aspekt, so sind auch Sanktionen unzulässig, falls die Frage nach dem Ehe- und Familienstand bewusst falsch beantwortet wurde. Darunter fallen jedenfalls Fragen nach dem persönlichen Status (verheirat, geschieden, ledig, Lebenspartnerschaft usw). Fraglich ist ob darunter auch die Frage nach unterhalts- oder sorgebedürftigen Kindern fällt. Dies wird in der Lehre wiederholt bejaht (Eichinger, EAS B 4200 Rn 39; Smutny/Mayr, 216); mE ist dies zweifelhaft. Folgte man dieser Lehre aber, dann darf der ArbG jedenfalls bei Einstellung und Beförderung nicht nach sozialen Gesichtspunkten auswählen – konsequenterweise auch die allein erziehende Mutter nicht deswegen dem Singlemann vorziehen. Der ArbG darf aber jedenfalls nach der zeitlichen Flexibilität fragen, soweit danach differenziert werden darf (Rn 85); und bei bewusst falscher Antwort auf die zulässige Frage auch dann Sanktionen ergreifen, falls die Antwort wegen der Pflicht zur Kinderbetreuung falsch war. d. Geschlecht als unverzichtbare Voraussetzung (1) Nach § 9 ist eine Beschränkung der Ausschreibung auf Ange- 73 hörige eines Geschlechtes – und damit eine unmittelbare Diskriminierung bei der Einstellung – zulässig, „wenn ein bestimmtes Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der vorgesehenen Tätigkeit“ ist. Ein Verhalten, das prima facie eine unmittelbare Diskriminierung darstellt, ist dann zulässig (wobei dies entweder als Tatbestandseinschränkung oder als Rechtfertigungsgrund konstruiert sein kann; § 5 Rn 14); dies wird von Art 2 Abs 6 GleichbRL grds zugelassen. Die Ausführung der RL ist aber wenig geglückt. Das GlBG enthält nämlich derzeit keine Bestimmung, welche von 74 der Ermächtigung des Art 2 Abs 6 GleichbRL in zulässiger Weise Gebrauch macht. Für eine Ausnahme iSd Art 2 Abs 6 ist nämlich eine entsprechende Regelung des Mitgliedstaates erforderlich. Der EuGH hat dafür ein Transparenzerfordernis aufgestellt: Die Ausnahmen dürfen nur spezifische Tätigkeiten betreffen, und die Ausnahmeregelungen müssen auch hinreichend durchschaubar sein, um es den Gerichten wie den Betroffen möglich zu machen, die Einhaltung der Ausnahmen zu überprüfen (EuGH 30.6.1988, Rs 318/86-Komm/Frankreich Rn 25; Eichinger, EAS B 42000 Rn 60). 139
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Überdies muss die nationale Regelung in nachprüfbarer Form jene Berufe und Tätigkeiten nennen, die von der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgenommen sind bzw werden sollen, und diese Liste muss der EU-Kommission übermittelt werden (EuGH 21.5.1985, Rs 248/83-Komm/Deutschland Rn 38). In der Literatur wird dieses Verlangen als unerfüllbar angesehen, weil es auf den Inhalt der jeweiligen Arbeitsverträge ankomme (Müko/ Müller-Glöge § 611a Rn 38). Sehr wohl möglich ist mE aber eine generische Umschreibung der auszunehmenden Tätigkeiten. In Deutschland hat die Regierung der EU-Kommission eine Liste übermittelt, welche einschlägige Tätigkeiten zumindest abstrakt umschreibt (Bundesarbeitsblatt 11/1987, 40 ff); sie nennt als Gründe für Unverzichtbarkeit insb die Authentizität einer Darstellung, den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Patienten oder Betreuten (vgl Eichinger EAS B 4200 Rn 67). 75 Die nach der RL laut EuGH für eine Ausnahme vom Diskriminierungsverbot erforderliche Aufzählung der Tätigkeiten (Rn 74) fehlt – soweit zu sehen – in Österreich. Aufgrund von Art 18 B-VG wäre wohl eine gesetzliche Regelung erforderlich; eine Konkretisierung durch die Gerichte reicht nicht aus. Soweit es um das Erfordernis des Geschlechtes als unverzichtbare Voraussetzung geht, darf § 9 daher derzeit nicht angewendet werden (§ 5 Rn 15). Allerdings wirken die RL – und damit auch das eben genannte Verbot der Anwendung – zwischen Privaten nicht unmittelbar. Das Gebot richtlinienkonformer Interpretation fordert nun zwar die Nichtanwendung, es ist aber fraglich ob es den Wortlaut des § 9 verdrängen kann. Aber auch wenn man § 9 gegen die RL für anwendbar hält, ist er nur eingeschränkt anwendbar. § 9 regelt nämlich nur die Lage bei Ausschreibungen und ist daher nur anwendbar, wenn eine Ausschreibung der Stelle erfolgt. Für Entscheidungen, welche ohne Ausschreibung erfolgen, gibt es in Österreich weder eine Ausnahme zu § 3 noch eine Ausführung von Art 2 Abs 6 GleichbRL. Für diese Fälle hat der österr Gesetzgeber von der Ermächtigung der GleichbRL sicher nicht Gebrauch gemacht – vielleicht weil er das Problem nicht gesehen hat, vielleicht aber auch weil er einen Anreiz für Ausschreibungen setzen wollte. Eine gezielte Auswahl aufgrund des Geschlechtes kann derzeit also nur nach Ausschreibung mit der „unverzichtbaren Voraussetzung“ begründet werden. Die RL würde mehr erlauben. Relevant ist dies zB für eine innerbetriebliche Beförderung ohne Ausschreibung; der ArbG 140
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kann das Bevorzugen wegen des Geschlechtes nicht damit rechtfertigen, dass für die Stelle ein bestimmtes Geschlecht unbedingte Voraussetzung sei. Der in § 9 enthaltene Rechtfertigungsgrund kann auch nicht analog auf Fälle übertragen werden, in denen keine Ausschreibung iSd § 9 vorliegt, weil die Obliegenheit zur Ausschreibung wie gesagt einen guten Sinn haben kann. Die Formulierung des § 9 entspricht dem Text des früheren Art 2 76 Abs 2 GleichbRL. Seit der Novelle durch die RL 2002 formuliert Art 2 Abs 6 GleichbRL anders: Ein geschlechtsbezogenes Merkmal ist beim Zugang zu einem Beruf nur zulässig, „wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.“ Das GlBG verwendet diese Formulierung auch in § 20 Abs 1, erstaunlicherweise aber nicht in § 9. Die neue Formulierung ist zum einen vielleicht weniger streng als die alte, weil nicht mehr von „unverzichtbar“ die Rede ist. Allerdings war bzw ist diese Wortwahl des § 9 wenig geglückt, weil die Zugehörigkeit zu einem Geschlecht kaum jemals wirklich „unverzichtbar“ ist (ErfK/ Schlachter BGB § 611a Rn 22), außer bei einer Amme. Auf der anderen Seite dürfte die neue Formulierung der RL insofern strenger als die alte sein, als sie eine Prüfung der „Legitimität“ der Anforderungen verlangt. Ähnlich hat allerdings der EuGH schon früher geurteilt (vgl nächste Rn), sodass § 9 in diesem Sinn zu verstehen sein wird. (2) Das Erfordernis eines bestimmten Geschlechtes darf nur eine 77 spezifische Tätigkeit betreffen, und es muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen: Die Beschränkung muss zur Verwirklichung der unabdingbaren Voraussetzung geeignet, angemessen und erforderlich sein und darf das objektiv notwendige Ausmaß nicht überschreiten (EuGH 15.5.1986, Rs 222/84-Johnston Rn 3638; 26.10.1999, C-273/97-Sirdar Rn 28). Art 2 Abs 6 GleichbRL enthält nur eine enge Ausnahme. Die RL verlangt für jeden Fall, dass es sich um eine „wesentliche und entscheidende Anforderung handelt“, und dass dafür die Verhältnismäßigkeit geprüft wird; und die Anforderungen an den Verhältnismäßigkeits-Test sind eher hoch (Hervey, EC Law B). Dieser Gehalt der RL kann und muss über richtlinienkonforme Auslegung berücksichtigt werden. 141
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78 Die Voraussetzung eines bestimmten Geschlechtes ist nur zulässig, wenn dies durch die Art der Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung gerechtfertigt werden kann (Art 2 Abs 6 GleichbRL). Unverzichtbar ist ein bestimmtes Geschlecht va, wenn im anderen Fall die vertragsgemäße Leistung nicht erbracht werden könnte, vorausgesetzt die Gründe für dieses Unvermögen genügen den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Der OGH hat für die Ausnahme früher ausreichen lassen, dass die Beschränkung auf ein Geschlecht „eine sachliche Rechtfertigung“ hat, weil andernfalls nach dem Wortlaut des früheren § 2 GlBG keine Diskriminierung vorlag (OGH 12.1.2000, 9 Ob A 318/99a-Herrenmode). Diese Auffassung hat schon zum alten GlBG den Charakter der Norm zur Stellenausschreibung als Spezialnorm und die Anforderungen der GleichbRL zu wenig berücksichtigt. Heute bedeutet „unverzichtbar“ sicher nicht (mehr) dasselbe wie „sachlich“, vielmehr sind die Anforderungen an „unverzichtbar“ bedeutend höher (ebenso zu § 611a BGB Müko/Müller-Glöge Rn 38). Die Unverzichtbarkeit kann nur aus Anforderungen der Tätigkeit folgen, und nicht aus bloßen Begleitumständen wie dem Fehlen getrennter Sanitäreinrichtungen, die nach dem ASchG erforderlich wären (Sturm, Rn 194). Jedenfalls nicht unter die Ausnahme fallen generelle Aussagen über die Angehörigen eines Geschlechtes, wie die fehlende Eignung von Frauen für schwere körperliche Arbeiten; die Eignung für einen Arbeitsplatz ist vielmehr stets individuell festzustellen (OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/98h). § 9 kann nur Unterscheidungen in Bezug auf die ArbN, nicht aber bei der Gegenleistung des ArbG rechtfertigen. Mit § 9 selbst kann nur eine unmittelbare, nicht aber eine mittelbare Diskriminierung gerechtfertigt werden (Rn 85; Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 29). Und der ArbG muss die Geschlechtszugehörigkeit bewusst und offen zur Voraussetzung erheben, falls er den Arbeitsplatz vorher ausschreibt. Es empfiehlt sich, dann in der Ausschreibung zu sagen, dass und warum die Stelle auf ein bestimmtes Geschlecht beschränkt wird. Zuweilen wird gesagt, dass Unverzichtbarkeit nur vorliegt, wenn ein Ausüben der Tätigkeit durch Angehörige des anderen Geschlechtes praktisch oder rechtlich ausgeschlossen ist (zB UVS Wien im Verfahren VwGH 30.6.1998, 96/08/0375; GBK im Gutachten vom 28.4.2000). Beide Ansätze führen nicht wirklich weiter. In den fraglichen Fällen behauptet meist der ArbG, dass die Arbeitsaufgabe ein bestimmtes Geschlecht erfordere. Wirklich ausgeschlossen (iSv faktisch unmöglich) sind Angehörige des anderen 142
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Geschlechtes aber kaum jemals (etwa bei Ammen). Besser ist es, für das Erfordernis auf inhaltliche Kategorien abzustellen (insb kulturelle Authentizität und Privatsphäre), und dann eine wertende Entscheidung vorzunehmen, welche fragt, ob die Wünsche des ArbG einem wirklich dringenden Bedürfnis des Unternehmens entsprechen. Der EuGH hat va zu den Berufssoldaten erkennen lassen, dass er einen sehr strengen Maßstab anlegt, der sich sowohl von naturalistischen Betrachtungsweisen wie von traditionellen Rollenbilder nicht beeinflussen lässt. Danach ist es nicht zulässig, Frauen vollständig von der Erwerbstätigkeit im Heer mit der Waffe auszuschließen (EuGH 11.1.2000, C-285/98-Kreil Rn 27 f; zulässig ist nur der Ausschluss von speziellen Einheiten, EuGH 26.10.1999, C-273/97-Sirdar Rn 29 ff, sowie von der Wehrpflicht, EuGH 11.3. 2003, C-186/01-Dory). Ähnlich streng wird der Maßstab auch bei privaten ArbG sein müssen. Traditionelle Berufszuschreibungen haben vor § 3 kaum Bestand. 79 Bei den meisten Tätigkeiten, die heute ganz überwiegend von Angehörigen eines Geschlechtes ausgeübt werden, kann die Ausnahme nicht eingreifen (zB Kfz-Mechaniker; Kosmetikberaterin; Busfahrer – im August 2004 war die Tatsache, dass ein Bus der Klagenfurter Stadtwerke erstmals von einer Frau gelenkt wird, dem ORF noch einen längeren Bericht wert). Der Gesetzgeber hat selbst den Beruf der Hebamme für Männer geöffnet. Ist für einen Arbeitsplatz große körperliche Kraft oder sehr große Geschicklichkeit erforderlich, so darf die Auswahl dennoch nicht von vornherein auf Angehörige eines Geschlechtes beschränkt werden, weil diese typischen Voraussetzungen nicht nur bei Männern/Frauen erfüllt sind und überdies auch nicht bei allen Männern/Frauen vorliegen (vgl OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/98h). Der ArbG darf in der Ausschreibung durchaus auf diese Anforderungen hinweisen; die Auswahl darf aber in der Folge nicht aufgrund des Geschlechtes erfolgen, vielmehr darf zB eine Frau wegen zu geringer Körperkraft nur ausgeschlossen werden, wenn dies auch individuell zutrifft. Der ArbG wird eine bestimmte Auswahl nicht selten mit den 80 Wünschen von Geschäftspartnern bzw Kunden des ArbG rechtfertigen wollen. Es geht auch hier um die Frage, inwieweit das Interesse an Gleichbehandlung gegen die Erwartungen der Kunden und damit des Marktes durchgesetzt werden soll (§ 2 Rn 14 ff). Man muss primär danach unterscheiden, ob die Arbeit innerhalb der EU 143
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erfolgt. Trifft dies zu, so berechtigen Erwartungen und Wünsche von Kunden des ArbG idR nicht zur Benachteiligung von Frauen oder Männern (oder aus einem anderen missbilligten Merkmal). Eine wichtige Überlegung zur Entscheidung ist mE, ob die Kunden bei Erbringung der Leistung durch Personen mit anderer Merkmalsausprägung als der von ihnen gewünschten typischerweise eher auf die Leistung verzichten werden oder sie doch in Anspruch nehmen. In den meisten Fällen wird die Nachfrage nicht beeinflusst werden – und zwar auch dann, wenn man von den realen Kunden mit ihren Vorurteilen ausgeht (also nicht rationales Verhalten unterstellt). Leute werden auch dann fliegen, wenn in den Kabinen Stewards und nicht Stewardessen arbeiten; sie werden auch dann im Lokal bestellen, wenn ein Kellner statt der erhofften Kellnerin bedient; sie werden auch dann Waffen oder Autos kaufen, wenn sie nicht von einem Verkäufer sondern von einer Verkäuferin beraten werden; und sie werden auch dann eine Busreise machen, wenn der Bus von einer Frau gelenkt wird (ebenso werden kleine Bauherren ihr Haus auch dann von einer Firma bauen lassen, wenn diese Zuwanderer statt der bevorzugten Einheimischen beschäftigt, und nicht deshalb das Haus selber bauen). Nur in wenigen Fällen wird die Nachfrage hingegen wirklich abnehmen oder wegbrechen. So werden Leute ein Animierlokal meiden, in dem das Personal nicht das gewünschte Geschlecht hat (während ansonsten gehegte ethnische Vorurteile dort meist ohnehin keine Rolle spielen). Bei Arbeit in der EG können die Wünsche von KundInnen und GeschäftspartnerInnen idR nicht eine Diskriminierung rechtfertigen, sondern nur ganz ausnahmsweise zur Zulässigkeit einer Diskriminierung führen (ähnlich Gerlach, RdW 2000, 600; Müko/ Müller-Glöge § 611a Rn 41, 43, 49; Thüsing, RdA 2001, 318 ff). In der Folge kann auch ein bestimmtes Unternehmenskonzept keine unverzichtbare Voraussetzung sein, weil das Gleichbehandlungsgebot gerade solche Konzepte zurückdrängen will. Ein bestimmtes Geschlecht ist hier weder von der Art der Tätigkeit noch von den Kundenwünschen gefordert. Es ist daher unzulässig, wenn ein Finanzdienstleister zur Beratung weiblicher Kunden auf einem frauenspezifischen Tätigkeitsfeld nur Frauen einstellen möchte. In manchen Fällen ist die Abgrenzung schwierig (Beispiele bei Thüsing, RdA 2001, 319 ff und Gerlach, RdW 2000, 610, auch aus dem Ausland). Größere Bedeutung können die Kundenwünsche bei ArbN haben, die in Drittstaaten beschäftigt werden, falls Arbeitsverbote bestehen oder falls kulturelle Vorgaben des Einsatzortes 144
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den Einsatz von Angehörigen eines bestimmten Geschlechtes zur Wahrung der Geschäftschancen wirklich nötig machen (Sturm Rn 195). Das Gleichbehandlungsrecht der EG kann nicht die Auffassungen der Bewohner anderer Länder reformieren – jedenfalls wenn dies die Umsätze europäischer Unternehmen gefährdet. Allerdings kann der zweitgenannte Rechtfertigungsgrund (kulturelle Vorgaben) nur in ernsten Fällen anerkannt werden, in denen das Geschäft ansonsten mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet wäre (in den USA wird diese Rechtfertigung hingegen nicht akzeptiert). Und die genannten Rechtfertigungsgründe können auch nur für ArbN gelten, deren regelmäßiger Einsatz im Drittstaat erforderlich ist (und nicht für alle, die im Drittstaat gelegentlich eingesetzt werden könnten). Die Möglichkeit einer Rechtfertigung mit dem Argument der Un- 81 verzichtbarkeit liegt va bei Tätigkeiten nahe, bei denen die kulturelle Authentizität der Aufgabenerfüllung in Frage steht (Sängerin/Sänger; Tänzerin/Tänzer, Schauspieler/Schauspielerin; Model). Bejaht werden kann die Ausnahme auch bei der Präsentation von Damen- oder Herrenmode. Fraglich ist ob dies noch gilt, wenn die Person die Mode nur oder primär verkaufen soll. Der OGH hat die Diskriminierung der Frau hier zugelassen, weil die Verkaufsperson für Herrenmode diese angeblich auch noch selbst tragen sollte (OGH 12.1.2000, 9 Ob A 318/99a). Die E verkennt wohl schon die Anforderungen an eine Rechtfertigung (Rn 78). Darüber hinaus handelt es sich eher um eine Schutzbehauptung des ArbG, weil das Tragen eines Modells für die Beurteilung der Kollektion bei bloßer Vertretertätigkeit kaum erforderlich sein kann, auch nicht im Ausland (kritisch bereits Gerlach, RdW 2000, 598). Nach dem jetzt geltenden Recht müsste die E anders ausfallen, weil ein bestimmtes Konzept des Unternehmens allein nicht rechtfertigen kann (ansonsten müsste es auch zulässig sein, wenn ein Autohändler erklärt nur junge Frauen mit blonden Haaren einzustellen, weil dies den Verkauf fördere). Anders wäre der Fall aber wohl zu beurteilen, falls es sich um die leitende Position einer exklusiven Herrenboutique in einem Nicht-Mitgliedstaat handeln sollte (so soll der Sachverhalt gelagert gewesen sein, was aber aus der E selbst nicht hervorgeht). Dann hat die Eigenschaft als Mann – anders als beim Verkauf – sachlich eine deutlich größere Bedeutung, und diese könnte jedenfalls wegen der Erwartungen in Nicht-EU-Ausland auch rechtlich relevant sein (vgl auch Rn 83). 145
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82 Ausnahmen können auch im Interesse der Intimsphäre („Sittlichkeit“) anderer begründet sein, so beim Aufsichtspersonal für Häftlinge (EuGH 30.6.1988, Rs 318/86-Komm/Frankreich Rn 11 ff). Ähnliches gilt mE auch bei Frauenberatungsstellen (insb für Notfälle) und daher auch für Frauenhäuser. Die Tätigkeit als Frauenbeauftragte oder Männerbeauftragter kann bei entsprechendem Aufgabengebiet (überwiegend persönlicher Kontakt) wohl unter § 9 fallen, weil die Gesprächspartner sich „wiederfinden“ sollen. Die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftrage(r) wird hingegen nicht unter die Ausnahme fallen (BAG 12.11.1998 – 8 AZR 365/97 = NZA 1999, 371), weil es sich dabei um ein gemeinsames Thema handelt (wohl aA Sturm Rn 195). Bei Pflegepersonal oder Psychotherapeuten wird ein bestimmtes Geschlecht idR keine unabdingbare Voraussetzung sein; anderes könnte nur zur Aufrechterhaltung eines therapeutischen oder sozialpädagogischen Konzepts gelten. Auch Orden, also geistliche Organisationen, die nur aus Angehörigen eines Geschlechtes bestehen, können das Geschlecht für Mitarbeiter mit Tätigkeiten im persönlichen Nahebereich zur Einstellungsvoraussetzung machen. 83 Erwägungen zur Sicherheit werden die Beschränkung auf ein Geschlecht kaum je tragen können. Dies gilt sowohl für die Begründung mit der Sicherheit der als ArbN tätigen Frauen wie mit jener Dritter. Der EuGH hat es 1986 (15.5.1986, Rs 222/84-Johnston) zwar für zulässig erachtet, dass Polizeiaufgaben mit Schusswaffengebrauch Männern vorbehalten werden, diese E betraf aber Nordirland und damit eine Region mit häufigen Anschlägen, und kann schon deshalb nicht verallgemeinert werden; überdies ist fraglich, ob sie heute noch Bestand hat. Inzwischen hat er sowohl gesagt, dass das Nachtarbeitsverbot für Frauen nicht mit dem Schutz der Frauen gerechtfertigt werden kann (§ 5 Rn 23), wie auch entschieden, dass Frauen nicht generell vom Erwerbsdienst mit der Waffe ausgeschlossen werden dürfen (Rn 78). Auch private Sicherheitsdienste werden daher selbst für Bewachungsaufgaben Frauen nicht generell ausschließen dürfen, sondern auf ein ausgewogenes Verhältnis achten müssen, aber auch auf Kundenwünsche Rücksicht nehmen dürfen, soweit die Bewachung einen ständigen nahen Kontakt einschließt. Es wird auch nicht zulässig sein, Frauen von der Beschäftigung in gefährlichen Auslandsgebieten mit dem Argument auszuschließen, das sei für Frauen zu gefährlich; der ArbG kann allenfalls auf Kenntnisse in der Selbstverteidigung abstellen, 146
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dies aber geschlechtsneutral. Nicht zulässig dürfte es daher auch sein, die Leitung eines Detailverkaufsgeschäftes in Moskau einem Mann vorzubehalten, weil die Arbeit für eine Frau dort zu gefährlich sei. Ein Gesetz, das die Beschäftigung der Angehörigen eines Ge- 84 schlechtes für eine bestimmte Tätigkeit verbietet oder erschwert, kann grds zu einer unverzichtbaren Voraussetzung führen (dies geht aus der Rspr des EuGH zu Schwangerschaftsfällen implizit hervor; vgl zB EuGH 3.2.2000, C-207/98-Mahlburg Rn 21 ff; Sturm Rn 195). Allerdings könnte das Gesetz (zB Verbot des Hebens schwerer Lasten für Frauen – nur – in bestimmten Berufen) selbst diskriminieren und gemeinschaftsrechtswidrig sein (Beispiele aus Deutschland bei Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 49 ff). Die Kommission hat Österreich denn auch wegen bestimmter Beschäftigungsverbote für Frauen (zB im Bergbau) geklagt und partiell Recht erhalten (EuGH 16.12.2004, C-358/03). Fraglich ist, ob dem ArbG, der sich an das Gesetz hält, Diskriminierung vorgeworfen werden kann. Mehr spricht gegen eine Verantwortung des ArbG, weil er hier auch dann nicht anders handeln darf, wenn er sich der Diskriminierung bewusst ist; vgl Rn 27. In Betracht kommen Ansprüche aus Staatshaftung, entweder der Benachteiligten oder des ArbG. 3. Mittelbare Diskriminierung Eine vermutete Benachteiligung kann bei einer Einstellung zum 85 einen aus einer generellen Regelung des ArbG (Einstellungsrichtlinie) folgen, sie kann aber auch bei einer Entscheidung vorliegen, die der ArbG ohne erkennbare Orientierung an generellen Regelungen trifft (Einzelmaßnahme; vgl § 5 Rn 28, 42). Kriterien, aus denen eine mittelbare Benachteiligung folgen kann, sind etwa: Anforderungen an Flexibilität und Mobilität, das Abstellen auf eine möglichst lange und/oder ununterbrochene Vorbeschäftigung (Erfahrung), der Wunsch nach bisheriger Vollbeschäftigung. Eine vermutete Benachteiligung liegt auch vor, wenn der ArbG darauf abstellt, ob die Bewerberin/Bewerber betreuungsbedürftige Kinder hat, weil typischerweise die Mütter diese Aufgabe übernehmen bzw organisieren. Auch das Abstellen auf möglichst kontinuierliche berufliche Weiterbildung kann eine vermutete Benachteiligung begründen. Die genannten Kriterien können eine vermutete Benachteiligung vor allem begründen, wenn und weil Männer die 147
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darin enthaltenen Anforderungen idR leichter erfüllen als Frauen; bei diesen führen Schwangerschaft und Kinderbetreuung zu Unterbrechungen und Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und zur Einschränkung von Mobilität und Flexibilität. Darüber hinaus können die genannten Kriterien heute aber oft auch unabhängig von einem statistischen Nachweis eine vermutete Benachteiligung begründen (§ 5 Rn 40). Das Erfordernis einer bestimmten Ausbildung ist heute idR kein Kriterium mehr, das Personen eines Geschlechtes in besonderer Weise benachteiligen kann, weil Frauen heute zumindest in demselben Ausmaß mittlere und höhere Bildung erreichen. Auf eine vermutete Benachteiligung kann es hindeuten, wenn der ArbG fragt, welche Leistungsverhinderungen zu erwarten sind. Nach Müller-Glöge darf er wohl nur nach Tatbeständen fragen, die von beiden Geschlechtern in etwa gleichem Ausmaß erfüllt werden können (Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 48). Eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts wird auch nahe liegen, falls die Zusammensetzung des Personals des ArbG in Bezug auf das Geschlecht deutlich „unausgewogen“ ist, und die Bewerbung von Angehörigen des unterrepräsentierten Geschlechts abgelehnt wird. Es liegt dann die Annahme nahe, dass der ArbG bei der Entscheidung über die Einstellung Kriterien anwendet, welche die Angehörigen des einen Geschlechts spezifisch benachteiligen. Entscheidend ist allerdings meist, wann von einer „unausgewogenen“ Zusammensetzung die Rede sein kann; es kommt dabei primär auf die Abgrenzung der Grundgesamtheit an, für welche die Zusammensetzung zu beurteilen ist (§ 2 Rn 10). 86 Eine vermutete Benachteiligung kann – nur – nach § 5 Abs 2 gerechtfertigt werden. Eine Rechtfertigung nach § 8 oder § 9 scheidet aus, weil positive Maßnahmen ebenso wie der Verweis auf eine unverzichtbare Voraussetzung voraussetzen, dass diese Begründungen offen gelegt werden. Soweit aber doch einmal eine vermutete Benachteiligung vorliegt, kann das Ausbildungserfordernis gerechtfertigt werden, soweit die Ausbildung für die in Aussicht genommene Tätigkeit tatsächlich erforderlich ist. Das Abstellen auf ein bestimmtes Maß an Flexibilität und Mobilität sowie auf eine bestimmte Erfahrung kann durch ein dringendes wirtschaftliches Bedürfnis des Unternehmens gerechtfertigt werden, vorausgesetzt die Anforderungen sind für die konkrete Tätigkeit wirklich erforderlich (§ 5 Rn 59). Auch das Erfordernis einer beruflichen Erfahrung von bestimmter Dauer kann im Hinblick auf § 3 (vgl auch zur 148
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Diskriminierung aufgrund des Alters – § 17 Rn 35 ff, insb 39) nur soweit gerechtfertigt sein, als eine längere Tätigkeit tatsächlich eine zusätzliche Erfahrung bringt oder Bewährung belegt, und diese Erfahrung oder Bewährung für die geplante Tätigkeit erforderlich ist. Dasselbe gilt für das Erfordernis beruflicher Weiterbildung (zB Kursbesuche). Bei beiden Anforderungen ist eine strenge Prüfung erforderlich. Noch problematischer ist es, eine Vollzeitbeschäftigung während gewisser Dauer zu fordern und damit Teilzeitbeschäftigte zu benachteiligen (Rn 126; § 5 Rn 60); dafür wird es kaum eine Rechtfertigung geben. Der EuGH hat das im Gesetz vorgesehene Vorreihen auf der Warteliste von – männlichen – Wehr- oder Ersatzdienstleistenden in den deutschen juristischen Vorbereitungsdienst zugelassen, weil sie die durch die Dienstpflicht verursachte Verzögerung der Ausbildung ausgleicht (EuGH 7.12.2000, C-79/99-Schnorbus; allerdings gab es daneben andere Gründe für ein Vorreihen, die auch Frauen zugute kommen konnten). Das könnte auch für die Einstellungspraxis privater ArbG relevant sein, falls es um eine ähnlich formalisierte und lange Ausbildung geht (zB für die Turnusausbildung der Ärzte); fraglich ist ob die Rechtfertigung eine gesetzliche Regelung voraussetzt. Auch bei standardisierten Testverfahren oder Assessment-Center 87 zur Personenbeurteilung kommt eine vermutete Benachteiligung in Betracht, falls die verwendeten Tests und Beurteilungskriterien sich typischerweise zum Nachteil der Angehörigen eines Geschlechtes auswirken. Die neue Formulierung (der RL) greift hier weiter als die alte Formel, die bloß auf den statistischen Vergleich Bezug nahm. Voraussetzung für ein Erkennen der Benachteiligung ist allerdings, dass die Kriterien den BewerberInnen zugänglich sind. Gerade Assessment-Center werden als Gelegenheit gesehen, um den Vorschriften gegen Diskriminierung auszuweichen. Auch stereotype Kriterien können gerechtfertigt sein, wenn die dadurch bevorzugten Eigenschaften für die betreffende Stelle erforderlich und angemessen sind. Eine Diskriminierung – entweder bei der Einstellung oder bei den 88 Arbeitsbedingungen – könnte auch vorliegen, wenn bei einem ArbG (in einem sachlich abgegrenzten Personalbereich) der Anteil der Personen eines Geschlechtes bei jenen mit unbefristeten Arbeitsverträgen deutlich geringer als bei jenen mit befristeten Arbeitsverhältnissen, oder bei Vollzeitbeschäftigten deutlich geringer 149
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ist als bei Teilzeitbeschäftigten, oder bei Arbeitsverträgen deutlich geringer als bei freien Dienstverträgen. Die rechtliche Behandlung solcher Fälle ist schwierig. Wenn der ArbG offen nach dem Geschlecht bei den angesprochenen Entscheidungen (befristet/unbefristet usw) unterscheidet, so liegt ohne Zweifel eine Diskriminierung vor. Allein die statistische Differenz erlaubt es zumindest bei der Befristung, einen Diskriminierungstatbestand glaubhaft zu machen, wenn einer Person des bei diesem ArbG diesbezüglich benachteiligten Geschlechtes ein unbefristetes Arbeitsverhältnis verwehrt wird. Bei Teilzeitbeschäftigung wird hingegen wohl zusätzlich glaubhaft gemacht werden müssen, dass in dieser Branche und Region viele teilzeitbeschäftigte Frauen eine Vollzeitbeschäftigung vorziehen würden, weil die Teilzeitbeschäftigung bei Frauen weit häufiger dem eigenen Wunsch entspricht als bei Männern. Bei der Teilzeitbeschäftigung könnte der ArbG schon die Glaubhaftmachung mit dem Nachweis entkräften, dass ein höherer Anteil der bei ihm beschäftigten Frauen eher Teilzeit als Vollzeit arbeiten will. Man kann die Benachteiligung in den genannten Fällen auch nicht mit jener These verneinen (leugnen), die der EuGH jüngst verwendet hat, um einen Vergleich von Arbeit auf Abruf und Vollzeitbeschäftigung zu vermeiden, nämlich dem Fehlen der Arbeitspflicht (EuGH 12.10.2004, C-313/02-Wippel). Befristetes und unbefristetes Arbeitsverhältnis sowie Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung unterscheiden sich nicht im Inhalt der Arbeitspflichten und -leistungen, sondern nur in der Dauer der Arbeitspflicht oder gar nur in der Bindung; die Unterschiede sind hier deutlich geringer als bei Arbeit auf Abruf und voller Arbeitspflicht. Bei Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechtes in Bezug auf die Befristung ist eine Rechtfertigung kaum denkbar. Dasselbe gilt in Bezug auf die Alternative ArbV oder freies Dienstverhältnis: Bietet der ArbG nur (oder deutlich mehr) Männern ein Arbeitsverhältnis und den Frauen nur freie Dienstverträge an, dann diskriminiert er beim Zugang zur unselbständigen Erwerbstätigkeit. Verweigert der Unternehmer aber Frauen wie Männern in gleicher Weise den Arbeitsvertrag und bietet nur freie Dienstverträge, so ist dies aus der Sicht des GlBG nicht zu beanstanden. V. Entgelt und freiwillige Leistungen Literatur: Saunders, Gleiches Entgelt für Teilzeitarbeit (D, 1996); Schlachter, Grundsatz des gleichen Entgelts, in: Oetker/Preis, EAS B 4100; Winter, Gleiches Entgelt für gleichwertige Leistung – Ein 150
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Prinzip ohne Praxis (D, 1998); Eichinger, Beseitigung geschlechtsbezogener Lohnunterschiede bei gleichwertiger Arbeit. Lohnangleichung nach divergierenden Gehaltsforderungen, RdW 1998, 689; Feldhoff, Der Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit (D, 1998); Albrecht, Der Begriff der gleichwertigen Arbeit im Sinne des Lohngleichheitssatzes (Basel 1998); Wissmann, Die tarifliche Bewertung unterschiedlicher Tätigkeiten und das Verbot der mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung (FS Schaub, 1998, 793); Colneric, Der Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, FS Dieterich (1999) 46 ff; Thüsing, Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, NZA 2000, 570 ff; Eichinger, Berücksichtigung individueller Leistungsunterschiede bei der Entgeltfestsetzung? (Rs Brunnhofer), RdW 2001, 626; Winter, Mittelbare Diskriminierung bei gleichwertiger Arbeit, ZTR 2001, 7 ff; WindischGraetz, Gleichbehandlungsrechtliche Aspekte des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes, ecolex 2002, 491 ff; Curall/Rust in: von der Groeben/Schwarze, EUV/EGV Art 141 Rn 373 ff (2003). 1. Allgemeines Z 2 verbietet die Diskriminierung „bei der Festsetzung des Ent- 89 gelts“ und Z 3 jene „bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen“. Jede Diskriminierung bei einer Leistung des ArbG aufgrund des Arbeitsverhältnisses fällt damit unter § 3. Die Abgrenzung der beiden Ziffern 2 und 3 voneinander ist nicht leicht, scheint aber wegen der unterschiedlichen Regelung der Rechtsfolgen in § 12 erforderlich (Rn 91). Neben dem GlBG ist zum Entgelt aber Art 141 Abs 1 EGV unmittelbar anwendbar (§ 1 Rn 15). Die für die Rechtsanwendung interessante Grenzlinie verläuft also nicht zwischen den verschiedenen Ziffern des § 3, sondern zwischen dem Entgeltbegriff des Art 141 Abs 1 EGV und den sonstigen Arbeitsbedingungen iSd GleichbRL. Daher ist es für die Kommentierung des § 3 Z 2 und 3 sinnvoll, von Art 141 EGV auszugehen, der „gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit“ vorschreibt und gewährt. Art 141 verbietet – kurz gesagt – bei gleicher und gleichwertiger 90 Arbeit nach dem Geschlecht zu unterscheiden. Art 141 verbietet nur ein aufgrund des Geschlechtes ungleiches Entgelt, schreibt aber keine bestimmte Höhe vor. Ebenso wenig verlangt Art 141 oder § 3 allgemein „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ oder gar ein gerechtes oder angemessenes Entgelt. Die Zielrichtung ist weit spezifischer, 151
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hängt allerdings entscheidend davon ab, welche Arbeiten als „gleichwertig“ anzusehen sind. Ein weites Verständnis von „gleichwertig“ würde die Bedeutung des Art 141 entscheidend erhöhen, ist aber abzulehnen (Rn 111). Näher verbietet Art 141 Abs 1 nicht nur die unmittelbare, sondern auch die mittelbare Diskriminierung, auch wenn dies im Wortlaut – noch immer – nicht zum Ausdruck kommt (ganz hM; zB EuGH 30.3.2000, C-236/98-JämO Rn 36; 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 27 f; 27.5.2004, C-285/02-Elsner). ArbG iSd des Art 141 EGV ist jeder, der auf dem Gebiet der Gemeinschaft ArbN beschäftigt; zur erforderlichen Nahebeziehung § 1 Rn 30 ff. Dem ArbG sind alle Leistungen zuzurechnen, die aufgrund des Arbeitsvertrages erbracht werden, und damit auch Leistungen von Treuhändern und von Pensionskassen (Rn 172; EuGH 28.9.1994, C-128/93-Fisscher Rn 31; 24.10.1996, C-435/93Dietz Rn 32). Die Frage der Diskriminierung ist nicht für die Gesamtheit der Leistungen, sondern gesondert für die einzelnen Entgeltbestandteile zu beurteilen (EuGH 17.5.1990, Rs 262/88-Barber Rn 34 f; E JämO Rn 43; E Brunnhofer Rn 35 f; E Elsner Rn 15). Nur so ist die Entgeltregelung durchschaubar und eine Kontrolle möglich. Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Neufassung der GleichbRL (§ 1 Rn 9) sieht als Art 4 vor: „Bei gleicher Arbeit oder bei einer Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, wird jede Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes in Bezug auf sämtliche Entgeltsbestandteile und -bedingungen, die auf ein und dieselbe Quelle zurückzuführen ist, beseitigt.“ 91 Die Umschreibung des Tatbestandes in § 3 ist wenig geglückt. Zu eng ist in Z 2 schon „bei der Festsetzung des Entgelts“. Nimmt man „Festsetzung“ ernst und verlangt eine deutliche Erklärung, so ist die Beschränkung kaum sinnvoll, weil ja wohl alles erfasst werden soll, was als Entgelt tatsächlich geleistet wird. Darüber hinaus wäre eine solche Einschränkung nicht mit Art 141 vereinbar. Man muss daher in jeder Leistung eine schlüssige Festsetzung sehen. Auch eine genaue Abgrenzung der Z 2 von der Z 3 ist nicht erforderlich, die beiden können gemeinsam behandelt werden. Die „freiwilligen Sozialleistungen“ fallen nämlich jedenfalls idR und wohl stets unter „Entgelt“ in Art 141 Abs 1 EGV. Das Diskriminierungsverbot gilt ja nicht nur für Leistungen, auf die ein Anspruch der Einzelnen bestehen kann, sondern auch für Leistungen, auf die ein individueller Anspruch üblicherweise nicht besteht (zB Kantine). Und es gilt sowohl für Leistungen, auf die noch immer kein Anspruch besteht, 152
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wie für Leistungen, zu denen der ArbG zwar nicht durch eine höherrangige Norm verpflichtet ist, zu denen er aber auf einzelvertraglicher Ebene (etwa aufgrund betrieblicher Übung) inzwischen verpflichtet ist. Für die gemeinsame Behandlung von § 3 Z 2 und Z 3 spricht auch, dass die Rechtsfolgen letztlich wohl übereinstimmen. § 12 räumt zwar nur bei Z 3 neben dem Erfüllungsanspruch den Ersatz des Vermögensschadens ein. Aber dieser Ersatz wird wohl auch bei Z 2 zustehen (schon wegen Art 141 EGV), falls der Erfüllungsanspruch ausnahmsweise einmal nicht möglich sein sollte. Zu demselben Ergebnis führt es, wenn man mit Kletecˇka (§ 12 Rn 42) bei § 12 Abs 2 den Anspruch auf „Differenz“ primär als Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens sieht. Schließlich fällt jede Leistung des ArbG, die nicht unter Z 2 oder 3 fällt, zumindest unter den Auffangtatbestand der Z 6 („sonstige Arbeitsbedingungen“), für den die Rechtsfolgen wieder mit Z 3 übereinstimmen. Was Z 3 anbelangt, so sei nur angemerkt, dass dieser Tatbestand selbst unklar ist. Diese diffizilen Fragen müssen aber nicht verfolgt werden. Aus den Statistiken folgt, dass das Durchschnittseinkommen von 92 erwerbstätigen Frauen in der Privatwirtschaft auch dann, wenn man nur die Vollbeschäftigten vergleicht, deutlich geringer ist als jenes der Männer. Diese geschlechtsbezogenen Unterschiede sind nur in wenigen anderen alten Mitgliedstaaten größer als in Österreich! Als Ursachen kommen va folgende Umstände in Betracht: (1) Frauen arbeiten überproportional in Berufen, die – auch ohne Benachteiligung von Frauen – am Arbeitsmarkt geringer bewertet und damit entlohnt werden, wobei die Ursachen dafür wieder verschieden sein können (Ausbildung, Produktivität, Tradition, Marktmacht des ArbG oder der ArbN); (2) Frauen arbeiten überproportional in Berufen, die wegen des hohen Frauenanteils geringer bewertet und entlohnt werden; (3) die ArbG nehmen an, dass die Nebenkosten bei der Beschäftigung einer Frau (insb von jüngeren Frauen) höher sind als bei Männern und ziehen diese Mehrkosten vom fiktiven Bruttoentgelt ab; (4) die Entgeltfindungsregeln benachteiligen typischerweise Frauen, weil sie zB längere Vordienstzeiten honorieren (auch dort wo sie kaum zusätzliche Qualifikation bringen); (5) Frauen verhandeln dort, wo das Entgelt verhandelt wird, schlechter als Männer; (6) Frauen sind in den deutlich besser bezahlten leitenden Positionen weit unterdurchschnittlich vertreten, insb weil es für den Aufstieg unsichtbare Hindernisse 153
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(„gläserne Decke“) gibt. Das Diskriminierungsverbot kann jedenfalls gegen einige dieser Ursachen ins Treffen geführt werden, und zwar gegen die Umstände 3, 4 und 6 sowie 5 (dazu Rn 127). Eine Kontrolle der Umstände 1 und 2 durch das Diskriminierungsverbot wäre hingegen nur möglich, wenn man den Begriff der gleichwertigen Arbeit (sehr) weit fasst, weil nur dann die traditionellen Grenzen der Lohnfindung überschritten werden können. 2. Entgelt iSd Art 141 EGV 93 Der Begriff des Entgelts wird dort in Art 141 Abs 2 umschrieben. Da dessen Text seit 1956 unverändert geblieben ist, gibt er das heute Geltende nur annähernd wieder. Zum Arbeitsentgelt zählen alle Arten der Vergütung (geldwerte Leistung), die der (Vertrags)Partner des ArbN (ArbG) dem ArbN aufgrund des Arbeitsverhältnisses unmittelbar oder mittelbar – also selbst oder durch einen anderen – zahlt (erbringt) oder zahlen wird, unabhängig davon, ob die Leistung aufgrund des ArbV, einer Rechtsvorschrift oder freiwillig erbracht wird (zB EuGH 9.2.1982, Rs 12/81-Garland Rn 10; 30.3. 2000, C-236/98-JämO Rn 39; 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 33), auch wenn sie erst nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses geleistet wird (EuGH 17.5.1990, Rs 262/88-Barber Rn 12 zu Betriebspension; vgl GS/Curall/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 380 ff). Der Vorschlag für die konsolidierte GleichbRL (§ 1 Rn 9) definiert in Art 2 Entgelt als „die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen, die der ArbG aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer mittelbar oder unmittelbar als Geld- oder Sachleistung zahlt.“ Das Entgelt kann in Geld oder in Sachleistungen bestehen. Nicht relevant ist die Rechtsgrundlage der Leistung, es kommen alle Grundlagen in Betracht, wie nationales Gesetz (EuGH 17.2.1993, Rs 173/91-Komm/Belgien Rn 13 ff zu Entlassungsentschädigung), (privatrechtlicher) Vertrag (insb zwischen ArbG und ArbN; EuGH 15.12.1994, C-399/92-Helmig/Lengerich Rn 18), KollV (EuGH 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 22) und Betriebsvereinbarung oder Sozialplan (EuGH 9.12.2004, C-19/02-Hlozek Rn 39). Der Entgeltbegriff des Art 141 kann weit über einen nationalen Entgeltbegriff hinausgehen, der etwa zum Entgelt nur im Synallagma stehende Leistungen zählt, und nicht auch andere Formen der Entgeltlichkeit. Für den Entgeltbegriff des Art 141 ist hingegen entscheidend wie ausreichend, dass die Leistung „aufgrund des Dienstverhältnisses“ erbracht wird, also auf den arbeitsvertraglichen Beziehungen 154
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beruht. Dazu zählen alle Leistungen, die das konkrete Arbeitsverhältnis voraussetzen und in der Ausgestaltung auf die Beziehung ArbG – ArbN abstellen (Grabitz/Hilf/Langenfeld, Art 141 Rn 47; GS/Rust Art 141 Rn 392 ff) und daher dem ArbG zurechenbar sind (vgl auch Rn 170). Die Kontrolle des Art 141 bzw des § 3 erfasst alle Teile der Rege- 94 lung zum Entgelt, insb auch den Zugang zum Entgelt (zB höheres Entgelt erst nach längerer Betriebszugehörigkeit). Zum Gemeinschaftsrecht ist oft fraglich, ob Bestimmungen die nicht direkt das Entgelt betreffen, sondern sich finanziell nur auswirken, unter Art 141 Abs 1 oder die GleichbRL fallen. Die Tatsache der finanziellen Auswirkung allein reicht für die Anwendbarkeit des Art 141 Abs 1 nicht aus, „der auf dem engen Zusammenhang zwischen der Art der Arbeitsleistung und der Höhe des Arbeitsentgelts beruht“ (EuGH 19.3.2002, C-476/99-Lommers Rn 28; 3.3.2000, C-236/98JämO Rn 59). Das Bereitstellen von Kindergartenplätzen an ArbN fällt daher nicht unter Entgelt (E Lommers). Allerdings versteht der EuGH den „engen Zusammenhang“ eher weit und subsumiert unter Art 141 auch das Ansteigen des Gehalts mit steigender Dienstzeit, oder bei Betriebspensionen den Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten oder das Anfallsalter (EuGH 13.5.1986, Rs 175/84Bilka Rn 27; 17.5.1990, Rs 262/88-Barber Rn 32; 2.10.1997, C-1/95Gerster Rn 23 ff). Finanzielle Folgen einer Benachteiligung bei Einstellung, Beförderung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses (zB Kriterien für Sozialauswahl) fallen hingegen nicht unter Art 141, sondern unter die GleichbRL. Aus der Sicht des GlBG sind diese Abgrenzungen nur insoweit relevant, als § 12 unterschiedliche Rechtsfolgen vorsieht. § 12 gibt den Erfüllungsanspruch nur beim Entgelt, nicht aber bei Einstellung oder Beförderung. Soweit Art 141 eingreift, besteht der Erfüllungsanspruch ohne Zweifel. „Entgelt“ iSd Art 141 EGV umfasst zumindest jede geldwerte 95 Leistung, die eine Gegenleistung für die vom ArbN erbrachte Leistung ist. Dazu zählen primär Leistungen, die im Synallagma stehen, wie insb die „Grund- und Mindestlöhne“, also der gesamte Zeitlohn (Gehalt und Lohn), aber auch jedes leistungsabhängige Entgelt (Art 141 Abs 2 EGV nennt stellvertretend den Akkordlohn) sowie Überstundenvergütungen (auch Pauschale) oder Leistungsprämien, aber auch Sonderzahlungen in größeren Abständen 155
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(Bilanzgelder, Weihnachtsgeld, EuGH 21.10.1999, C-333/97Lewen Rn 20 f), Zulagen für erschwerte Arbeit (zB für ungünstige Arbeitszeiten, EuGH 30.3.2000, C-236/98-JämO Rn 41 f; für Nacharbeit oder Hitze). Unter § 3 Z 2 fällt insb auch die Einstufung in ein – kollektivvertragliches oder betriebliches – Entlohnungssystem, uzw primär die Einstufung in eine der tätigkeitsbezogenen Verwendungsgruppen, dann aber auch die Einstufung innerhalb der Verwendungsgruppe etwa nach der Dienstzeit. § 3 erfasst daher auch das automatische Vorrücken in der Gehaltstabelle dieses Systems und dessen Voraussetzungen (EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz Rn 9). Zum Entgelt zählen aber auch andere Leistungen mit konditionaler und kausaler Verknüpfung zur Arbeitsleistung (Entgeltlichkeit) wie etwa Belohnungen, die ohne vorangehende Verpflichtung gezahlt werden. Eine genaue Abgrenzung ist nicht erforderlich. Der EuGH bejaht den Entgeltcharakter überdies nicht nur bei kausaler Entlohnung bereits erbrachter Leistung, sondern auch, wenn die freiwillige Leistung (zB eine Weihnachtsgratifikation) nur als Anreiz für künftige Betriebstreue oder künftige Dienstleistung erbracht wird. Für Art 141 ist es nämlich unerheblich, aus welchem Grund der ArbG die Leistung gewährt, sofern er diese im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis erbringt (EuGH 21.10.1999, C-333/97-Lewen, 20 f). Zum Entgelt zählen ferner auch „alle sonstigen Vergütungen“ (Art 141 Abs 2), auch wenn sie nicht speziell als Entgelt im zivilrechtsdogmatischen Sinn ausgestaltet oder angesehen sind. Entgelt sind also auch andere geldwerte Sozialleistungen iwS wie Entgeltfortzahlung bei Erholungsurlaub, Mutterschaftsurlaub (EuGH 27.10. 1998, C-411/96-Boyle Rn 38) und Bildungsurlaub, Entgeltfortzahlung bei Krankheit (EuGH 13.7.1989, Rs 171/88-Rinner-Kühn Rn 7), auch wenn die Leistung gesetzlich vorgeschrieben ist, Zulagen für Kinder(ausbildung) und vom ArbG bezahlte Versicherungen (zB für Krankheit). 96 Zum Entgelt zählen weiters Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (zB EuGH 9.2.1999, C-167/97-SeymourSmith Rn 24 ff; 9.12.2004, C-19/02-Hlozek Rn 37), wie Abfertigungen, Abfindungen und Übergangsgelder (E Hlozek zu Sozialplan), und auch die österr Kündigungsentschädigung. Leistungen nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses sind Entgelt, wenn sie aufgrund des Arbeitsverhältnisses erbracht werden, wie Betriebspensionen, Zusatzleistungen bei Arbeitslosigkeit, oder Vergünstigungen beim 156
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Angebot des ehemaligen ArbG (zB Reiseleistungen: EuGH 9.2. 1982, Rs 12/81-Garland Rn 9). Bei Pensionssystemen unterfallen betriebliche, also Betriebspensionen, dem Art 141, nicht aber staatliche (EuGH 17.5.1990, Rs 262/88-Barber); Näheres Rn 168 ff. Zum Entgelt zählen auch Sozialleistungen ieS wie Betriebsküche 97 oder -kindergarten, Personalrabatt oder vergünstigte Nutzung von Betriebseinrichtungen sowie Fahrvergünstigungen (EuGH 13.2. 1996, C-342/93-Gillespie Rn 24; 17.2.1998, C-249/96-Grant Rn 13 f), und damit auch Wohlfahrtseinrichtungen iSd ArbVG (Sturm Rn 119). Unter § 3 fallen aber auch Leistungen, welche bloß einen Aufwand ersetzen sollen, den der ArbN aufgrund des Arbeitsverhältnisses getätigt hat. Andernfalls könnte der ArbG (zwar auch nicht mehr als den Aufwand ersetzen, wohl aber) bei der Höhe des zulässigen Aufwandes aufgrund des Geschlechtes differenzieren; es macht keinen Unterschied, ob man dies unter Z 2, 3 oder 6 subsumiert. Leistungen sind also auch dann Entgelt, wenn der ArbG oder der Gesetzgeber damit besondere sozialpolitische Zwecke verfolgt. Fraglich ist, inwieweit auch geldwerte Leistungen des ArbG, die allein aus gegenleistungsfernen Motiven (zB Förderung der Gesundheit der ArbN, Verbesserung des Arbeitsklimas) erfolgen (was kaum jemals der Fall sein dürfte), Entgelt darstellen; in jedem Fall sind sie unter § 3 GlBG zu subsumieren. Art 141 verbietet nicht nur eine Diskriminierung bei den Aufwendungen des ArbG für die ArbN, er verbietet grds auch Diskriminierung bei den Abzügen vom Bruttoentgelt, auch wenn diese durch Kollektivvertrag angeordnet sind. Nicht anzuwenden ist Art 141 aber bei Abzügen, die auf Entscheidungen des Gesetzgebers zu ArbG-Beiträgen zu allg Systemen der Alterssicherung und bei Steuern beruhen (GTE/Curall, EUV/EGV, Art 119 Rn 104). Bei Leistungen, die schon von einem Gesetz vorgesehen (vorge- 98 schrieben) sind, ist entscheidend, ob das Arbeitsverhältnis bei einem bestimmten ArbG die Voraussetzung für die Gewährung der Leistung durch diesen ArbG ist (vgl EuGH 25.5.1971, Rs 80/70Defrenne I Rn 7 f; 6.10.1993, C-109/91-Ten Oever Rn 9). Die Voraussetzung ist bei arbeitsrechtlichen Ansprüchen stets erfüllt (Wichtig und schwierig wird die Abgrenzung va bei Leistungen der Altersvorsorge; vgl Rn 170). Ist die Diskriminierung schon im Gesetz enthalten, so muss dennoch der ArbG dafür einstehen und die Differenz (nach)zahlen (Rn 26 f). 157
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99 Für „Entgelt“ reicht es aus, dass die Leistung ihren Grund im Arbeitsverhältnis hat. Daher können auch Leistungen an andere Personen als den ArbN Entgelt sein, wenn sie aufgrund des Arbeitsverhältnisses erbracht werden, und daher mittelbar an den ArbN erfolgen, wie Fahrkostenzuschüsse an Verwandte (EuGH 9.2.1982, Rs 12/81-Garland Rn 9; 17.2.1998, C-249/96-Grant Rn 14) oder Betriebsrenten an Hinterbliebene (EuGH 6.10.1993, C-109/91Ten Oever Rn 13). Ebenso können auch Leistungen eines Dritten an den ArbN oder an dessen Hinterbliebene (oder an andere Personen) Entgelt sein, wenn sie ihren Grund im Arbeitsverhältnis haben (EuGH 28.9.1994, C-128/93-Fisscher Rn 31; 9.10.2001, C-379/99Pensionskasse), jedenfalls wenn der ArbG sich des Dritten nur als Verwalter bedient. Wichtig ist dies insb für Pensionskassen. Diese unterliegen dem GlBG, auch wenn sie Hinterbliebenenpensionen auszahlen (Rn 172). 3. Gleiche und gleichwertige Arbeit a. Allgemeines 100 Das Diskriminierungsverbot (bzw das Gebot gleichen Entgelts) gilt – wie aus Art 141 EGV folgt – nicht nur in Bezug auf gleiche Arbeit, sondern auch auf gleichwertige Arbeit. Das Verbot wurde erst durch den Vertrag von Amsterdam ausdrücklich auf „gleichwertige Arbeit“ ausgedehnt, die Erweiterung war aber schon vorher durch die RL 75/177 vorgesehen (EuGH 6.7.1982, Rs 61/81-Komm/ Großbritannien Rn 8). Die entscheidende Grenze scheint also nicht zwischen gleicher und gleichwertiger, sondern zwischen gleichwertiger und nicht gleichwertiger Arbeit zu liegen, weil die Rechtsfolgen bei gleichwertiger und gleicher Arbeit dieselben sind. Nähere Überlegung zeigt aber, dass auch die Abgrenzung von gleicher und gleichwertiger Arbeit wichtig ist, weil nur bei einer zutreffenden Umschreibung von „gleichwertig“ ein Übergreifen des Art 141 in den legitimen Marktprozess unterbleibt (Rn 107 ff). Auf Art 141 EGV kann sich auch berufen, wer höherwertige Arbeit leistet, um (nur) das gleiche Entgelt zu bekommen (EuGH 4.2.1988, Rs 157/ 86-Murphy Rn 9 f). Allerdings verpflichtet Art 141 nicht dazu, die höherwertige Arbeit auch deshalb entsprechend höher zu entlohnen, weil Art 141 nicht auch das Gebot enthält, Verschiedenes den Unterschieden entsprechend verschieden zu behandeln (Rn 30). 101 Im GlBG kommt die vom Gemeinschaftsrecht vorgegebene Rechtslage nur sehr unvollkommen zum Ausdruck. Das GlBG 158
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enthält in § 11 eine Sonderbestimmung zur Diskriminierung beim Entgelt, die systematisch zu §§ 3 und 5 gehört (also in § 11 falsch platziert ist), und daher hier kommentiert wird. Der Inhalt des § 11 war zwar im alten GlBG (§ 12 Abs 2) enthalten, nicht aber in der RV; dort fehlte auch jede Aussage zur gleichwertigen Arbeit. § 11 erweckt den Eindruck, dass das Gebot gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit nur für betriebliche Einstufungsregelungen und die Kollektive Rechtsgestaltung gilt. Dies wäre aber verfehlt, weil Art 141 EGV das Gebot der Entgeltgleichheit für gleiche und für gleichwertige Arbeit umfassend formuliert, es also für alle Maßnahmen und Regelungen gilt, die von Art 141 erfasst sind. Anstelle von § 11 hätte der Gesetzgeber besser in § 5 folgenden Absatz eingefügt: Das Verbot der Diskriminierung beim Entgelt gilt sowohl bei gleicher wie bei gleichwertiger Arbeit. Der EuGH hat bisher meist nur allg Aussagen zur Frage der 102 Gleichheit und Gleichwertigkeit getroffen, die das Problem in der Praxis weder angehen noch lösen. Die Feststellung von Gleichheit oder Gleichwertigkeit darf danach nicht von einer Arbeitsplatzbewertung durch den ArbG abhängen, sondern muss stets dem Gericht möglich sein (vgl EuGH 6.7.1982, Rs 61/81-Komm/UK Rn 9, 13). Die Begriffe „gleiche Arbeit“, „gleicher Arbeitsplatz“ und „gleichwertige Arbeit“ in Art 141 EGV und der Entgelt-RL haben eine rein qualitative Bedeutung, weil sie ausschließlich mit der Art der von den betroffenen ArbN verrichteten Arbeit zusammenhängt (EuGH 27.3.1980, Rs 129/79-Macarthys Rn 11; 1.7.1986, Rs 237/ 85-Rummler Rn 13 und 23). Maßgebend ist die tatsächlich geleistete Arbeit, nicht die vertragliche Vereinbarung oder die kollektivvertragliche Einstufung. Zur Feststellung von Gleichheit und Gleichwertigkeit sind objektive Faktoren wie insb Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen und Arbeitsbedingungen zu prüfen (EuGH 31.5.1995, C-400/93-Royal Copenhagen Rn 32 f; 11.5. 1999, C-309/97-Angestelltenbetriebsrat Rn 17 ff; 26.6.2001, C-381/ 99-Brunnhofer Rn 42 f), wobei die E Royal Copenhagen konkret auf Arbeit an Maschinen oder Handarbeit und die Freiheit der individuellen Arbeitsorganisation hingewiesen hat. Die subjektive Einschätzung durch die ArbN ist nicht maßgebend. Fraglich ist, inwieweit das Diskriminierungsverbot auch für ver- 103 schiedene ArbG gilt. Manche Urteile des EuGH haben den Eindruck erweckt, dass Art 141 nur gilt, wenn die Arbeit „in demsel159
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ben privaten oder öffentlichen Betrieb oder Dienst verrichtet wird“ (EuGH 27.3.1980, Rs 129/79-Macarthys Rn 15). Das Gericht hat aber schon früher gesagt, dass Art 141 auch gilt, wenn die Diskriminierung ihren Ursprung unmittelbar in Rechtsvorschriften oder in KollV hat (zB EuGH 8.4.1976, Rs 43/75-Defrenne II Rn 40; 31.3. 1981, Rs 96/80-Jenkins Rn 17). Jüngst hat der EuGH dies dahingehend verallgemeinert, „dass nichts im Wortlaut des Artikels 141 Absatz 1 EG darauf hindeutet, dass die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf Fälle beschränkt wäre, in denen Männer und Frauen ihre Arbeit für ein und denselben Arbeitgeber verrichten.“ Allerdings hat er dies sofort wieder – treffend – eingeschränkt: „Lassen sich jedoch … die bei den Entgeltbedingungen für Arbeitnehmer, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, festgestellten Unterschiede nicht auf ein und dieselbe Quelle zurückführen, so fehlt eine Einheit, die für die Ungleichbehandlung verantwortlich ist und die die Gleichbehandlung wiederherstellen könnte. Eine solche Situation fällt nicht unter Art 141 Abs 1 EG.“ (EuGH (Plenum) 17.9.2002, C-320/00-Lawrence Rn 17 f; bestätigt durch 13.1. 2004, C-256/01-Allonby Rn 46-49). Das Ergebnis überzeugt. Die Ableitung überzeugt weniger, weil schon die Idee, dass ArbG, die weder wirtschaftlich verbunden sind noch einer einheitlichen Regelung zum Entgelt unterliegen, sich bei der Entgeltbemessung abstimmen müssten, in einer Marktwirtschaft – die der EuGH sonst so hochhält – abstrus wäre. 104 Das Diskriminierungsverbot zum Entgelt gilt also erstens innerhalb desselben Betriebs. Aus der neuesten Judikatur (vorige Rn) folgt aber, dass es auch für unterschiedliche Betriebe desselben Unternehmens gilt. Verschiedene ArbG sind durch das Gebot hingegen nur gebunden, wenn die Regelung des Entgelts aus derselben überbetrieblichen Quelle stammt. Dies kann insb ein KollV sein, mE aber auch eine einheitliche Vorgabe eines Konzerns (ebenso Müko/Müller-Glöge § 612 Rn 40). Das Konzernunternehmen kann zwar, anders als beim KollV, nicht einfach überzahlen, es ist aber doch für die Diskriminierung mitverantwortlich, eben weil es sich an die Konzernvorgabe hält. Das eben Gesagte wird wohl nicht nur für Art 141, sondern auch für die GleichbRL gelten, weil keine Gründe für eine andere Abgrenzung des maßgeblichen Vergleichsrahmens erkennbar sind. Die Abgrenzung „derselben Quelle“ kann schwierig sein. In der E Allonby (13.1.2004, C-256/01) hat der EuGH sie in einem Fall verneint, in dem der frühere ArbG fast alle 160
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Teilzeitbeschäftigten zwar nicht mehr verlängert, auf deren Dienste dann aber weiter über eine Personalagentur zurückgegriffen hat, sodass das Entgelt weitgehend nur von der Vereinbarung zwischen früherem ArbG und Personalagentur abhing. Das ist eine sehr formalistische Betrachtungsweise, die dem Missbrauch Tür und Tor öffnet; der EuGH bevorzugt aber diese formalistische Sicht, die sich in anderen Fällen auch zum Vorteil der ArbN auswirken kann, insgesamt aber zu einem Qualitätsverlust des Rechts beiträgt, weil man nur mehr an der Oberfläche denkt. b. Gleiche Arbeit Vgl allg Rn 102. „Gleiche“ Arbeit liegt vor, wenn ArbN – bezogen 105 auf die Tätigkeit – sich in einer vergleichbaren Situation befinden, wobei es auf objektive Faktoren (insb Art der Arbeit, Ausbildungsanforderungen und Arbeitsbedingungen) ankommt (Rn 102). Nach einer Umschreibung der Lehre liegt gleiche Arbeit vor, wenn der Inhalt der Tätigkeit derselbe ist, oder die Tätigkeiten einander so ähnlich sind, dass die damit Beschäftigten einander ersetzen können (ErfK/Schlachter EG Art 141 Rn 7), wobei auf Art, Vorgang und Umgebung der Arbeit abzustellen ist (Smutny/Mayr, 242). Orientiert man sich an den Elementen, die zur Frage der Gleichwertigkeit (Rn 113) genannt werden, so kann es auf Folgendes ankommen: Anforderungen der Tätigkeit an Vorkenntnisse und Ausbildung; persönliche Fähigkeiten wie Berufsausbildung, Körperkraft oder Geschicklichkeit, Genauigkeit, Fähigkeit zur Arbeit an Maschinen, Kommunikation und soziale Kompetenz; die Belastungen (Anstrengungen) insb in Bezug auf Körpereinsatz, Konzentration, Stress usw; die Belastungen durch die äußeren Arbeitsbedingungen (zB Lärm, Hitze, Kälte, Licht, Schmutz, Gefährdung); das Ausmaß an Verantwortung (für Sicherheit, Folgen von Schlechtleistung); sowie das Ausmaß an eigener Disposition bei der Arbeitseinteilung. Teilzeitarbeit stellt nach Art 141 Abs 2 vom Ansatz her grds die gleiche Arbeit(sleistung) dar wie vergleichbare Vollzeitarbeit (EuGH 31.3.1981, Rs 96/80-Jenkins Rn 9 f). Die Gleichheit von Arbeit soll durch einen Gesamtvergleich zu 106 bestimmen sein. Je mehr Elemente man dabei berücksichtigt und je genauer dies erfolgt, desto geringer wird allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Tätigkeiten gleich (oder auch nur gleichwertig) sind. Gleiche Arbeit soll nach dem BAG nur vorliegen, wenn die überwiegenden Arbeitsvorgänge übereinstimmen (23.8.1995 – 161
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5 AZR 942/93 = NZA 1996, 579; partielle Übereinstimmung reicht nicht); in der Literatur wird auch gefordert, dass die ArbN sich ohne weiteres wechselseitig ersetzen können (Müko/Müller-Glöge § 612 Rn 49). Die Arbeit ist nach Auffassung des EuGH (11.5.1999, C-309/97-Angestelltenbetriebsrat Rn 20 f) auch dann nicht (notwendig) „gleich“, wenn eine prima facie gleiche Tätigkeit (Psychotherapie) von ArbN mit unterschiedlicher Ausbildung (Psychologen, Ärzte) ausgeübt wird, wobei die unterschiedliche Ausbildung hier auch zu unterschiedlicher Berufsberechtigung führt. Der EuGH deutet auch nicht an, dass gleichwertige Arbeit vorliegt (das vorlegende Gericht hat schlüssig auch danach gefragt) – was zur Folge hat, dass die Tätigkeiten unterschiedlich entlohnt werden dürfen. Diese Entscheidung hat eine wichtige Konkretisierung gebracht. Unterschiedliche Fähigkeiten der ArbN können also gegen Gleichheit und Gleichwertigkeit sprechen. Überzeugend ist dies aber nur, wenn sich die unterschiedlichen Berufsberechtigungen und Ausbildungen bei den Arbeitsaufträgen auch tatsächlich auswirken (treffend Eichinger, Die Frau im Arbeitsrecht 320, Smutny/Mayr, 245; in diese Richtung auch EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 23). Insgesamt wird man wohl sagen können, dass gleiche Arbeit – nur – vorliegt, wenn die ArbN ohne größere Schwierigkeiten austauschbar sind, wobei eben auch auf die Fähigkeiten Bedacht zu nehmen ist. Die Eingruppierung in dieselbe Entgeltgruppe im KollV allein belegt nicht, dass die ArbN gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten (EuGH 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 44); die Eingruppierung wird aber ein Indiz sein. Vergleichsmaßstab kann auch die Arbeitsleistung des ArbN sein, der dieselbe Arbeit früher ausgeführt hat (EuGH 27.3.1980, Rs 129/79-Macarthys Rn 11 f); allerdings wird der ArbG das Entgelt ändern dürfen, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geändert haben, zB das Ausmaß des überkollektivvertraglichen Entgelts oder die Nachfrage nach Arbeitskräften gesunken ist (Rn 7; EuGH E Macarthys Rn 12). c. Gleichwertige Arbeit 107 Zur Kategorie der „gleichwertigen“ Arbeit gibt es nur wenig aussagekräftige Judikatur des EuGH. Klar ist allerdings der Ausgangspunkt: „Die Durchführung der RL macht es erforderlich, dass die Prüfung der Frage, ob eine Arbeit als gleichwertig anerkannt werden muss, gegen den Willen des ArbG nötigenfalls im Rahmen eines streitigen Verfahrens stattfinden kann; dem Mitgliedstaat obliegt es, eine Behörde mit der erforderlichen Zuständigkeit dafür 162
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auszustatten.“ (EuGH 6.7.1982, Rs 61/81-Komm/UK Rn 13). Zumindest irreführend ist daher die Formulierung in § 11, der Grundsatz des gleichen Entgelts gilt für „eine Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird“. Dies erweckt den Eindruck, als käme es auf eine besondere Anerkennung an, ohne aber zu sagen durch wen diese erfolgen soll. Wie sich aus der zitierten E des EuGH ergibt, ist der Begriff der gleichwertigen Arbeit ein Rechtsbegriff, den das zuständige nationale Organ nur anzuwenden hat. In Österreich gibt es keine besondere Behörde für Ansprüche aus gleichwertiger Arbeit. Daher haben die Gerichte diesen Begriff anzuwenden, ohne dass ihnen – oder einem Dritten – dabei ein Ermessensspielraum zukommt. Die Frage, wann gleiche oder gleichwertige Arbeit vorliegt, und va 108 das Einbeziehen gleichwertiger Arbeit in das Diskriminierungsverbot könnte beträchtliche Auswirkungen haben, wenn man „gleichwertig“ weit versteht. Man frage etwa danach, ob die Tätigkeiten als Koch und als Kranführer gleichwertig sind und wenn nein warum nicht (ein englisches Gericht soll diese Tätigkeiten als gleichwertig eingestuft haben). Bejahte man die Gleichwertigkeit, so haben die Köchinnen Anspruch auf dasselbe Entgelt wie Kranführer. Bliebe in der Folge das Entgelt der Köche unverändert, so werden diese unmittelbar aufgrund des Geschlechtes diskriminiert; der ArbG müsste also auch ihr Entgelt auf das der Kranführer anheben. Ein weites Konzept von gleichwertiger Tätigkeit kann also dazu führen, dass Unterschiede im Lohngefüge eingeebnet werden – auf Dauer allerdings kaum nach oben (vielmehr würden im Beispiel die Entgelte für Kranführer und damit auch für Köchinnen absinken, vielleicht – aber nicht sicher – auf ein Niveau zwischen den beiden Ausgangsentgelten). Allerdings ist die Frage der Gleichwertigkeit für § 3 und Art 141 EGV (nur) soweit relevant, als der Anteil der Frauen/Männer bei den ArbN mit einer Tätigkeit deutlich höher ist als der Anteil der Frauen/Männer bei den ArbN mit einer deutlich besser entlohnten Tätigkeit. Lohnunterschiede zwischen Köchinnen und Kranführern wären also nicht allein relevant, weil die beiden Tätigkeiten (unterstellt) gleichwertig sind, sondern nur und allein wegen der Benachteiligung von Frauen, wenn diese bei den Köchinnen und Köchen stärker vertreten sind. Fraglich ist also, wie weit „gleichwertig“ zu verstehen ist. Die 109 Weite des Begriffs hängt entscheidend von der Abstraktionsebene 163
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des Vergleichs sowie davon ab, wie die verschiedenen Kriterien zu einer Gesamtbewertung zusammengefasst werden (können). In Bezug auf die Abstraktionsebene kommt es darauf an, ob man etwa nur auf die Höhe und Dauer der Ausbildung (zB drei Jahre Fachhochschule) und den Anteil an manueller Tätigkeit abstellt, oder konkreter auf die Anforderungen und Belastungen der beiden Tätigkeiten. Arbeiten sind umso eher gleichwertig, je abstrakter die Kriterien für den Vergleich sind (zB Dauer der erforderlichen Ausbildung statt deren Inhalt; Intensität der Belastung statt deren Art). Je mehr man hingegen auf die konkrete Tätigkeit und die dafür charakteristische Qualifikation und Spezialisierung abstellt, desto enger ist der Kreis der gleichwertigen Arbeit. Man wird allerdings Gleichwertigkeit nicht allein dann bejahen können, wenn die Arbeitskräfte ohne Schwierigkeiten austauschbar sind (Köche und Kranführer sind dies zB nicht, auch wenn Ausbildungszeit und Intensität der Belastungen vergleichbar sein sollten), weil dies schon das Kriterium der gleichen Arbeit ist. Hat man einmal die treffende Abstraktionsebene bestimmt, so ist fraglich, wie die verschiedenen Faktoren – zB manuell/nicht manuell, körperliche Belastung, Ausbildung, Verantwortung – zueinander zu gewichten sind. Gleichwertigkeit könnte in vielen Fällen erst bejaht werden, wenn man die Faktoren auf einen gemeinsamen Nenner bringen kann. 110 In anderen Mitgliedstaaten und den USA gibt es schon verstärkte Bemühungen um eine Konkretisierung von gleichwertiger Arbeit, die gesetzlichen Definitionen weichen aber durchaus voneinander ab (vgl Thüsing, NZA 2000, 573 f mwN; Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 64 f). Nach der deutschen Rechtsprechung ist ein Gesamtvergleich maßgebend. Gleichwertigkeit liege nur vor, wenn die Arbeitsleistungen nach objektiven Maßstäben denselben Arbeitswert haben, wobei es allerdings kaum objektive Maßstäbe gebe. Tendenziell wird Gleichwertigkeit umso eher abgelehnt, je höhere Anforderungen (zB in Bezug auf die Ausbildung) bei den Einzeltätigkeiten gestellt werden. Insgesamt wird Gleichwertigkeit eher eng interpretiert, weil der Tatbestand nur verhindern soll, dass unwichtige Unterschiede der Arbeitsleistung die Entgeltgleichheit verhindern (vgl BAG 23.8.1995 – 5 AZR 942/93 = NZA 1996, 579; Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 49 f). Es ist daher nicht nur erforderlich, dass die Tätigkeiten unter einen gemeinsamen Oberbegriff gebracht werden können, der sich insb an den erfor164
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derlichen Fähigkeiten orientieren wird, sondern dass darüber hinaus die Tätigkeiten nach Art und Weise sowie nach Ausbildung und Erfahrung eng verwandt sind (Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 67 ff). In Großbritannien erlaubt das Gesetz den Vergleich nicht nur von „like work“ und „work rated as equivalent“, sondern seit 1984 auch von „work of equal value“. In der Praxis hat sich die Erweiterung aber nur wenig ausgewirkt, weil sie eher restriktiv interpretiert wird; insb gilt sie nur innerhalb eines Betriebes und der ArbG kann den Vergleich mit einem Evaluationssystem abblocken (McColgan, Discrimination Law, 548 ff). Überdies geht diese Erweiterung über die Anforderungen des Art 141 wohl hinaus. Die entscheidende Frage ist, ob „gleichwertige Arbeit“ ein zweites 111 Tatbestandsmerkmal ist, das eigenständig und ebenbürtig (also gleichwertig) neben dem Merkmal „gleiche Arbeit“ im Diskriminierungstatbestand steht – oder ob es sich nur um einen Ergänzungstatbestandsmerkmal zu „gleiche Arbeit“ handelt, das dieses Merkmal bloß abrunden und ein allzu leichtes Ausweichen verhindern soll. Für die erste Variante scheint zu sprechen, dass die Gleichwertigkeit erst nachträglich (im Vertrag von Amsterdam) und damit bewusst in Art 141 aufgenommen wurde. Allerdings wurde damit nur der Wortlaut der Entgelt-RL nachvollzogen, sodass daraus keine allzu weitgehenden Schlüsse gezogen werden sollten. Vorher wie nachher hat der EuGH vielmehr dem Element der Gleichwertigkeit neben dem der Gleichheit noch keine tragende Rolle zugemessen. Und es gibt bisher auch keine Ansätze in der Judikatur des EuGH, die für eine eher abstrakte Betrachtung sprechen, und die es gebieten und erlauben würden, die unterschiedlichen Bewertungsfaktoren – manuell/nicht manuell, körperliche Belastung, Ausbildung, Verantwortung – abstrakt zu betrachten und auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen (vgl Rn 109). Gerade die Entscheidung zu den Psychotherapeuten der Gebietskrankenkasse zeigt, dass nicht einmal eine sehr ähnliche Tätigkeit als gleichwertig anzusehen ist, wenn Unterschiede in der Ausbildung und Befähigung bestehen (EuGH11.5.1999, C-309/97-Angestelltenbetriebsrat). Man kann daher wohl sagen, dass die Judikatur des EuGH zur Frage der Gleichwertigkeit – jedenfalls implizit – durchaus restriktiv ist. Dahinter steht wohl die Einsicht, dass der gesellschaftliche Wert von Arbeit (auch) in einer Marktwirtschaft kaum „objektiv“ bestimmt werden kann. Die Preise werden vom 165
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Markt und damit von Angebot und Nachfrage nach der Arbeitsleistung und der Leistungsfähigkeit des Unternehmens bestimmt; es gibt in diesem System offenbar keinen „gerechten“ Preis (in diese Richtung zB auch Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 66 f; Thüsing, NZA 2000, 574). Insgesamt ist daher ein enges Verständnis von Gleichwertigkeit vorzuziehen. Dafür lässt sich auch ins Treffen führen, dass es nicht unmittelbar einsehbar wäre, wenn Tätigkeiten mit abstrakt betrachtet ähnlichen Anforderungen an sich ganz unterschiedlich entlohnt werden dürfen, solange Männer und Frauen gleichermaßen schlecht bzw gut bezahlt werden, diese Unterschiede aber verboten sind, wenn es um eine mittelbare Diskriminierung geht. Die Bestimmungsgründe für die primäre Einkommensverteilung ist eine so fundamentale Frage für eine Gesellschaft, dass ihre rechtliche Beurteilung wohl nicht allein davon abhängen kann, ob sich die Kriterien in manchen (!) Fällen mehr zulasten eines Geschlechtes auswirken. Die Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes gegen den Markt (§ 2 Rn 14 ff) stößt hier an eine immanente Grenze. Man wird Gleichwertigkeit daher nur bejahen, wenn zwar die ArbN nicht austauschbar sind, aber die Tätigkeiten nach den vom Markt erkennbar zugrunde gelegten Bewertungskriterien als gleichwertig anzusehen wären. Dies ist jedenfalls (aber wohl auch: nur) der Fall, wenn das vom ArbG oder KollV zugrunde gelegte Bewertungssystem bei konsequenter Anwendung zur Bejahung der Gleichwertigkeit führt, die unterschiedliche Entlohnung also auf einer gleichheitswidrigen Anwendung der selbst gesetzten Regel beruht. Es kommt also auf die vom Markt selbst gesetzte Bewertungsregel – und nicht auf eine unabhängig davon „objektive“ Bewertungsregel an. 112 Das Gebot gleichen Entgelts bei (nicht gleicher, sondern nur) gleichwertiger Arbeit ist unmittelbar anwendbar (GS/Rust, EUV/ EGV Art 141 Rn 211), allerdings nur in dem eben dargelegten engen Rahmen (Calliess/Ruffert/Krebber, EUV/EGV, Art 141 Rn 6). Das Gebot, gleichwertige Arbeit gleich zu entlohnen, gilt nicht nur für den einzelnen ArbG und dessen betriebsinterne Regelungen. Es gilt auch für überbetriebliche Regelungen und daher für die KollV, die eine einheitliche Quelle darstellen (Rn 15, 104). Die Einreihung zweier Tätigkeiten in verschiedene Entlohnungsgruppen eines KollV stellt also kein durchschlagendes Argument gegen die Gleichwertigkeit der Tätigkeiten dar (EuGH 31.5.1995, C-400/93Royal Copenhagen Rn 45 f). Dasselbe gilt auch für verschiedene 166
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KollV derselben Kollektivvertragsparteien (EuGH 27.10.1993, C127/92-Enderby Rn 22); vgl Rn 21. Auch die Kollektivvertragsparteien müssen den Grundsatz der Entgeltgleichheit beachten, und die Entlohnungsgruppen dementsprechend bilden; dies fordert auch § 11. Zu überprüfen sind insb die Systeme zur Einstufung in eine Ent- 113 geltregelung (vgl Art 1 Abs 2 RL 75/117; GS/Rust, EUV/EGV, Art 141 Rn 475 f). Die EU-Kommission hat ein Klassifikationsschema entwickelt, um die Gleichwertigkeit von Arbeitsleistungen festzustellen (KOM (94) 6; sowie KOM (96) 336). Und es gibt erprobte „objektive“ Verfahren der Arbeitsbewertung, die va die Anforderungen einer Tätigkeit an Ausbildung, Körperkraft, Geschicklichkeit, Fähigkeit zur Arbeit an Maschinen, Kommunikationsfähigkeit usw, die Belastungen in Bezug auf Körpereinsatz, Konzentration, Stress usw, sowie das Ausmaß an Verantwortung für verschiedene Tätigkeiten mehr oder weniger genau bestimmen (vgl dazu auch Ranftl ua, Diskriminierungsfreie Arbeitsbewertung, bmgf, 2003). Diese Unterschiede können auch Unterschiede beim Entgelt rechtfertigen (EuGH 31.5.1995, C-400/93-Royal Copenhagen Rn 43). Allerdings fordern Art 141 EGV und § 11 jedenfalls, dass die Kriterien für die Beurteilung und Entlohnung nicht schon selbst systematisch die Angehörigen eines Geschlechtes benachteiligen. Sie dürfen daher nicht nur jene Fähigkeiten und Anforderungen höher bewerten und entlohnen, welche typischerweise dem einen Geschlecht eigen sind, und jene derselben Art von Kriterien zuzuzählenden Fähigkeiten und Anforderungen vernachlässigen, welche typischerweise dem anderen Geschlecht zugute kommen würden. Es darf also nicht nur die Körperkraft honoriert werden, während die Geschicklichkeit unberücksichtigt bleibt (EuGH 1.7. 1986, Rs 237/85-Rummler Rn 15). Bei der Feststellung, inwieweit eine Arbeit beanspruchend oder belastend oder schwer ist, darf nicht von Werten ausgegangen werden, die der durchschnittlichen Leistungsfähigkeit der ArbN nur des einen Geschlechtes entsprechen. Unzulässig ist auch ein KollV, der bei Hilfsarbeiten zwei Entlohnungsgruppen nur danach unterscheidet, ob mehr Kraft zu entfalten ist, und andere Belastungen wie Nässe oder Dampf nicht berücksichtigt, weil dies systematisch Frauen benachteiligt; es wird eine „indirekte Frauenlohngruppe“ geschaffen (OGH 14.9.1994, 9 Ob A 801/94 = ZAS 1996/11 mA Gahleitner = DRdA 1995/21 mA Kirschbaum). 167
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114 Entlohnungsgruppen sind daher nur diskriminierungsfrei, wenn folgendes erfüllt ist: Die Differenzierungskriterien müssen durchschaubar sein; sie müssen die Art der zu verrichtenden Arbeiten vollständig und richtig wiedergeben, also auf Tatsachen basieren; und sie müssen diskriminierungsfrei gewichten, also ausgewogen und verhältnismäßig sein, und überdies gleichmäßig angewendet werden (vgl auch Winter, Gleiches Entgelt; ErfK/Schlachter Art 141 Rn 10). Gibt es zwei Lohngruppen für gleichwertige Tätigkeiten, von denen in der einen überwiegend Frauen und in der anderen überwiegend Männer arbeiten, so liegt in der gesonderten Lohngruppe für einen Frauenberuf eine vermutete Benachteiligung (EuGH 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 22 f). Besonders wichtig ist, dass in einem bestimmten Gestaltungsbereich (Betrieb, KollV) die verwendeten Kriterien und Bewertungsmaßstäbe konsequent angewendet werden. 4. Unmittelbare Diskriminierung 115 Eine unmittelbare Diskriminierung beim Entgelt aufgrund des Geschlechtes kann wohl in keinem Fall gerechtfertigt werden, insb auch nicht damit, dass die Lohnnebenkosten bei den Angehörigen des einen Geschlechtes höher sind als bei den anderen (der EuGH hat Ähnliches insb zur Benachteiligung aufgrund Schwangerschaft gesagt; Rn 67; § 5 Rn 52). Unmittelbare Diskriminierung ist beim Entgelt heute eher selten. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt insb vor, falls eine Frau weniger Entgelt erhält als der Mann, dessen Stelle sie übernimmt, es sei denn die Rahmenbedingungen haben sich geändert (Rn 7). Praktisch relevant waren und sind im Wesentlichen zwei Fallgruppen: Schwangerschaft und Anfallsalter für Betriebspensionen (Rn 176); ein weites Verständnis von gleichwertiger Arbeit könnte zu neuen Fällen führen. 116 Art 11 RL 92/86/EG über den Mutterschutz sieht vor, dass Schwangere in mehreren Fällen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder auf eine angemessene Sozialleistung haben. Daneben ist auch Art 141 relevant. Die Kontrolle ist hier während der Schwangerschaft und des Mutterschaftsurlaubs iSd RL 92/86/EG strenger als danach. So ist es eine – nicht zu rechtfertigende – Benachteiligung, wenn auf Grund einer Krankheit arbeitsunfähige Schwangere bei der Fortzahlung des Entgelts schlechter gestellt sind als andere arbeitsunfähige ArbN; dasselbe gilt wenn der ArbG eine arbeitsfähige Schwangere leichter von Arbeit und Entgelt sus168
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pendieren kann als andere nicht arbeitsunfähige ArbN (EuGH 19.11.1998, C-66/96-Pedersen Rn 53). Hingegen ist der Entfall des Entgelts zulässig, falls die Schwangere ohne Arbeitsunfähigkeit aus Gründen der Schwangerschaft der Arbeit fernbleibt (EuGH E Pedersen Rn 50; vgl dazu auch Mayr, Entgeltanspruch für schwangerschaftsbedingte Fehlzeiten, ELR 1998, 581). Hängt das Mutterschaftsgeld von der Höhe des vorher bezogenen Lohnes ab, so sind Lohnerhöhungen während des Mutterschaftsurlaubes zu berücksichtigen (EuGH 30.3.2004, C-147/02-Alabaster). Die Unterbrechung der Beschäftigung durch den Mutterschaftsurlaub iSd RL 92/85/EG darf nicht zum Anlass für eine Benachteiligung genommen werden, vielmehr ist dieser Mutterschaftsurlaub wie aktive Dienstzeit zu bewerten, auch für die Anwartschaft auf eine Betriebspension (EuGH 27.10.1998, C-411/96-Boyle Rn 81 ff). Zeiten eines darüber hinausgehenden Elternurlaubes darf der ArbG hingegen auch nicht als Anwartschaftszeit anrechnen (vgl Rn 178). Wird eine Weihnachtsgratifikation nicht gewährt, weil die Mutter im (dreijährigen) Erziehungsurlaub ist, so soll es auf den Zweck der Gratifikation ankommen. Soll sie bereits geleistete Arbeit vergüten, so ist es eine vermutete Benachteiligung, wenn im Jahr der Gratifikation geleistete Arbeit nicht berücksichtigt würde (EuGH 21.10. 1999, C-333/97-Lewen Rn 39 f); eine Rechtfertigung ist kaum möglich. Soll die Sonderleistung hingegen nur davon abhängen, dass im Zeitpunkt der Leistung ein aktives Arbeitsverhältnis besteht, so soll keine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes vorliegen (E Lewen Rn 38). Zu erwähnen ist ferner § 14 Abs 5 BMVG. Danach haben die 117 ArbN Anspruch auf die Auszahlung der „Abfertigung neu“ jedenfalls nach Vollendung des Anfallsalters für die vorzeitige Alterspension. Solange diese Differenz nach ASVG besteht, liegt darin eine Diskriminierung (treffend Windisch-Graetz, ecolex 2002, 491), die mE sogar eine unmittelbare ist, weil das ASVG stets und damit notwendig differenziert (vgl § 5 Rn 3), und die auch nicht gerechtfertigt werden kann. Die Diskriminierung ist durch das Gesetz angeordnet und für den ArbG wie die Mitarbeiterversorgungskasse unvermeidbar (freiwillige höhere Beiträge des ArbG sieht das BMVG – erstaunlicherweise – nicht vor). Es bestehen aber auch keine entscheidenden Bedenken gegen eine Verantwortlichkeit der Kasse für diese Diskriminierung, weil die Kasse dann nur verpflichtet wäre, den Männern schon zum Anfallsalter der 169
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Frauen auszubezahlen, was die Kasse finanziell nicht zusätzlich belasteten würde. 5. Mittelbare Diskriminierung a. Benachteiligung 118 Vermutete Benachteiligungen und mittelbare Diskriminierungen gab und gibt es gerade beim Entgelt viele, und sie haben die Gerichte sehr häufig beschäftigt. Verwendet der ArbG für die Bemessung des überkollektivvertraglichen Entgelts Kriterien, welche im KollV nicht vorkommen, so liegt darin noch keine Diskriminierung (EuGH 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 68). An sich neutrale Kriterien, die insb bei entsprechender statistischer Differenz (§ 5 Rn 37) zu einer mittelbaren Benachteiligung führen können, sind: Mobilität und Flexibilität bei der Einteilung der Arbeitszeit, weil Frauen viel häufiger durch familiäre Pflichten örtlich und zeitlich gebunden sind (vgl EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 17 ff); Ausmaß der Arbeitszeit; Bevorzugung von kontinuierlicher Beschäftigung und längerer Betriebszugehörigkeit, weil Frauen aufgrund von Schwangerschaft und Mutterschaft viel häufiger die Arbeit unterbrechen (vgl EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz Rn 15; zur Nichtanrechnung von Zeiten des Elternurlaubes für Sozialplanabfindung oder Betriebspension vgl Rn 147); Bevorzugung von formalisierter Fortbildung, weil Frauen aufgrund von Schwangerschaft und Mutterschaft und häuslicher Arbeit dazu deutlich weniger Zeit haben, und uU auch von Berufsausbildung (E Danfoss Rn 23); ferner uU auch Benachteiligung von Heim- und Telearbeit; und manche Maßstäbe beim Leistungsentgelt, die sich geschlechtsspezifisch auswirken. 119 Für leistungsbezogene Entlohnung (zB Akkordarbeit) schreibt bereits Art 141 Abs 2 vor, dass die Maßeinheit (Berechnungsmethode) für beide Geschlechter gleich und nicht-diskriminierend sein muss. Ist dies der Fall, so liegt keine Diskriminierung vor, auch wenn die Maßeinheit aufgrund unterschiedlicher Arbeitsleistung zu unterschiedlichen Durchschnittslöhnen führt (EuGH 31.5.1995, C-400/93-Royal Copenhagen Rn 21). Ein fester Entgeltbestandteil muss auch bei Stücklohn nicht-diskriminierend sein. Ebenso muss der Geldfaktor für Frauen und Männer gleich bemessen sein. Zeitlohn muss für gleiche und für gleichwertige Arbeit gleich hoch sein. Zeitlohn darf individuellen Leistungsunterschieden (Leistungsfähigkeit, Qualität der Leistung) durchaus Rechnung tragen. 170
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Ein Unterschied in der formalen Qualifikation kann ein höheres Entgelt jedenfalls rechtfertigen, falls die zusätzliche oder unterschiedliche Qualifikation auch für die Ausübung der Tätigkeit zumindest partiell relevant ist (ein Spitalsfacharzt, der zusätzlich noch Notfallmediziner ist, kann höher entlohnt werden, auch wenn diese Fähigkeit nur selten in Anspruch genommen wird). Kriterien, welche erst nach Beginn des Arbeitsverhältnisses verlässlich beurteilt werden können, können nicht herangezogen werden, um eine schon bei Vertragsschluss vorgesehene Differenzierung zu rechtfertigen (EuGH 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 76-78). Schon bei der Einstellung darf aus Leistungsunterschieden also nur ein unterschiedliches Entgelt folgen, wenn die Unterschiede schon in diesem Zeitpunkt erkennbar sind, etwa weil sie aus Ausbildung oder bisheriger Verwendung folgen. Unterschiede, die erst später erkennbar sind, dürfen erst später honoriert werden. Das Diskriminierungsverbot gilt für die einzelnen Entgeltbestand- 120 teile, sodass eine Diskriminierung nicht entfällt, weil Nachteile bei einem Teil durch andere Bestandteile ausgeglichen werden können (Rn 90). Uneingeschränkt kann dies allerdings nur gelten, wenn die Bestandteile deutlich trennbar sind. Die Trennung muss auch bei einem Entlohnungssystem durchgeführt werden. Eine andere Frage ist die Vorgangsweise, wenn zur Bemessung eines Entgeltbestandteils mehrere Faktoren berücksichtigt und kombiniert werden. Muss dann die Gleichheit in Bezug auf jeden einzelnen Faktor oder nur in Bezug auf die Gesamtsumme erfüllt sein? Die Judikatur scheint uneinheitlich. Teils wird auf die Gesamtheit der Faktoren (EuGH 1.7.1986, Rs 237/85-Rummler Rn 15), teils auf die einzelnen Faktoren abgestellt (EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 17 f; 17.5.1990, Rs 262/88-Barber Rn 34). ME kann sich das Vorliegen einer Benachteiligung sowohl aus dem Ergebnis wie aus einzelnen Faktoren ergeben. Eine vermutete Benachteiligung durch das Bemessungssystem kann der ArbG nur rechtfertigen, indem er das gesamte System rechtfertigt, wobei die benachteiligende Wirkung eines Faktors durch andere aufgehoben werden kann. In diesem Sinn wurde entschieden: Werden zur Entgeltbemessung Kriterien verwendet, die typischerweise Männern zugute kommen (wie Muskelkraft), so müssen Kriterien, die typischerweise Frauen zugute kommen (wie Geschicklichkeit), ebenfalls angemessen berücksichtigt werden (EuGH Rummler Rn 15; OGH 14.9.1994, 9 Ob A 801/94 = ZAS 1996/11 mA Gahleitner = DRdA 1995/21 171
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mA Kirschbaum). Wird nur ein Faktor angegriffen, so kann der ArbG diesen entweder isoliert oder als Teil des Systems zu rechtfertigen versuchen. Nach Maßgabe des eben Dargelegten kann der ArbG nach unterschiedlichen Fähigkeiten differenzieren. 121 Zuweilen ist entscheidend, ob eine Benachteiligung schon darin liegen kann, dass der ArbG sich bei der Festsetzung des Entgelts für eine bestimmte Tätigkeit an Angebot und Nachfrage orientiert. Der EuGH hatte sich mit dieser Frage in der E Enderby zu befassen. Es ging um – voraussetzungsgemäß – gleichwertige Tätigkeiten, von denen die höher entlohnte überwiegend von Männern, die geringer entlohnte überwiegend von Frauen ausgeübt wurde. Der ArbG erklärte dies damit, dass die höhere Bezahlung erforderlich war, um überhaupt genügend Interessenten für diese Tätigkeit zu finden. Der EuGH hat in diesem Argument, soweit es beweisbar ist, eine ausreichende Rechtfertigung gesehen (EuGH 27.10.1993, C-127/ 92-Enderby Rn 26-28). Man kann allerdings schon and der Voraussetzung zweifeln. Ist die Attraktivität der Tätigkeiten am Arbeitsmarkt nämlich stark unterschiedlich, dann könnte dies gegen die Gleichwertigkeit sprechen, sodass sich die Frage einer Rechtfertigung nicht mehr stellt. In jedem Fall berücksichtigt der EuGH hier Auswirkungen von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt; dies entspricht der hier vertretenen Auffassung zur Bedeutung von Gleichwertigkeit (Rn 111); vgl auch Rn 127 und § 2 Rn 14 ff. 122 Eine vermutete Benachteiligung kann insb aus dem Einstufungssystem einer Entlohnungsregelung (zB Entlohnungsgruppen) folgen, wenn und weil dessen Kriterien sich besonders zum Nachteil der Angehörigen eines Geschlechtes auswirken können; vgl Rn 113 f. Die Einstufungskriterien müssen die gleiche Entlohnung für eine (gleich)wertige Tätigkeit sicherstellen, gleichgültig ob ein Mann oder eine Frau arbeitet (EuGH 1.7.1986, Rs 237/85- Rummler Rn 13 f). Führt ein Entlohnungssystem im Durchschnitt zu einer deutlich geringeren Entlohnung der mit gleichwertigen Tätigkeiten beschäftigten Gruppe, ist es aber so undurchschaubar ausgestaltet, dass das dafür verantwortliche Merkmal nicht heraus gearbeitet werden kann, so liegt schon darin eine vermutete Benachteiligung (EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 15; BAG 23.9. 1992 – 4 AZR 30/92 = NZA 1993, 3091). Ähnlich ist es, wenn feste und variable Entlohnungsbestandteile in nicht nachvollziehbarer Weise kombiniert werden (EuGH 31.5.1995, C-400/93-Royal Co172
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penhagen Rn 26). Dann muss der ArbG die maßgeblichen Kriterien aufdecken und deren Verwendung rechtfertigen. Viele Jahre lang standen Benachteiligungen von Teilzeitbeschäftig- 123 ten bei allen Formen des Entgelts im Zentrum; heute hilft hier die Teilzeit-RL und deren Ausführung (§ 19d Abs 6 AZG) wohl ebensoviel wie Art 141 EGV und § 3 GlBG. § 19d AZG und § 3 GlBG können nebeneinander angewendet werden. Das Kriterium der Teilzeitbeschäftigung ist wohl „in besonderer Weise geeignet“, Frauen zu benachteiligen (§ 5 Rn 40). Daher stellt jede Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten eine vermutete Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes dar. Aus einer statistischen Differenz kann die Benachteiligung hingegen nicht ohne weiteres abgeleitet werden. Studien zur Lage in den verschiedenen Mitgliedsstaaten zeigen zwar, dass Teilzeitbeschäftigte im Durchschnitt weniger pro Stunde verdienen als Vollzeitbeschäftigte, die Differenz lässt sich aber zu einem beträchtlichen Teil mit geringeren Anforderungen der Teilzeitstellen (die daher auch bei Vollzeit schlechter bezahlt sind als der Durchschnitt der Vollzeitbeschäftigungen), mit persönlichen Eigenschaften (zB geringere Qualifikation) erklären. Im Übrigen kommt es auf den Bezugsrahmen an; bei einer erst auf Unternehmensebene vorgesehenen Leistung kommt es darauf an, ob der Frauenanteil an den Teilzeitbeschäftigten im von der Regelung betroffenen Unternehmensbereich erheblich höher ist als unter den Vollzeitbeschäftigten (§ 5 Rn 37). Schwierig ist, ob eine Ungleichbehandlung vorliegt, falls Teilzeitbeschäftigte Anspruch auf einen Überstundenzuschlag erst ab jener Arbeitszeit haben, ab der auch Vollzeitbeschäftigte den Zuschlag erhalten, also idR erst ab Erreichen der Vollarbeitszeit. Der EuGH hat darin keine Diskriminierung gesehen, weil die Arbeit beider Gruppen dann gleich entlohnt wird (EuGH 15.12.1994, C-399/92-Helmig/Lengerich Rn 26-31), und daher schon die Ungleichbehandlung verneint. Der Zuschlag gilt dann nur die absolute Mehrbelastung ab, und nicht die Dispositionsbeschränkung; und Teilzeitbeschäftigte enthalten für Arbeit über das vertraglich Geschuldete hinaus weniger Entgelt (kritisch zB Calliess/Ruffert/Krebber, EUV/EGV, Art 141 Rn 47). Anders beurteilt der EuGH eine Regelung, die den Anspruch auf eine Mehrarbeitsvergütung erst gibt, wenn eine bestimmte Zahl von zusätzlichen Arbeitsstunden geleistet wird, und diese Zahl für Vollund Teilzeitbeschäftigte unterschiedlich festgelegt wird. Darin sieht der Gerichtshof treffend eine vermutete Benachteiligung, weil 173
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Vollzeitbeschäftigte schon bei Überschreiten eines geringeren Prozentsatzes der bezahlten Arbeitszeit die Mehrarbeitsvergütung erhalten (EuGH 27.5.2004, C-285/02-Elstner). b. Reichweite des Vergleichs 124 Art 141 Abs 1 EGV und § 3 verpflichten dem Wortlaut nach nur den jeweiligen ArbG. Der EuGH hat allerdings (erstmals 2002) gesagt, dass nichts im Wortlaut des Art 141 Abs 1 darauf hindeutet, dass die Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf Fälle beschränkt wäre, in denen Männer und Frauen ihre Arbeit für ein und denselben ArbG verrichten. Das ist nicht überzeugend, der EuGH schränkt es aber ohnehin wieder ein (vgl Rn 103; EuGH (Plenum) 17.9.2002, C-320/00-Lawrence Rn 17 f; bestätigt durch 13.1.2004, C-256/01-Allonby Rn 46-49). Das Gebot der Entgeltgleichheit gilt jedenfalls in Bezug auf ArbN, die in demselben Betrieb des ArbG tätig sind. Der ArbG muss gleiche oder gleichwertige Arbeit auch dann gleich entlohnen, wenn das unterschiedliche Entgelt in einem KollV (oder Gesetz) begründet ist: Der ArbG hat Diskriminierungen im KollV zu vertreten (Rn 22 f), und die Kollektivvertragsautonomie rechtfertigt nicht ein Abweichen von der Entgeltgleichheit (§ 5 Rn 53). Entgegen einer älteren E ist der Vergleich aber nicht nur zwischen Personen in demselben Betrieb erforderlich (EuGH 27.3. 1980, Rs 129/79-Macarthys Rn 15), das Gebot gilt vielmehr auch für verschiedene Betriebe desselben ArbG. Dies folgt nun auch aus der Judikatur des EuGH, wonach Art 141 EGV für alle Unterschiede in den Entgeltbedingungen eingreift, welche „auf ein und dieselbe Quelle“ zurückzuführen sind (E Lawrence aaO; Rn 15, 103). Unterschiede in einem Unternehmen sind aber grds demselben ArbG und damit derselben Regelungsquelle zuzurechnen. Im Konzern ist entscheidend, ob es Vorgaben der Zentrale für das Entgelt gibt, die auch befolgt werden; wenn ja dann sind diese an Art 141 zu messen (Rn 15). Allerdings sind im Unternehmen und Konzern regional unterschiedliche Entgelte gerechtfertigt, wenn der ArbG erkennbar nach Regionen mit unterschiedlichen allg Lohnniveaus unterscheidet, weil dann die Differenzierung aufgrund des Arbeitsmarktes und nicht aufgrund des Geschlechtes erfolgt (GS/Rust, EUV/EGV, Art 141 Rn 444; vgl auch den Fall von OGH 18.9.2003, 8 Ob A 37/03d, wo der OGH dieses Argument wohl billigt; gegen einen Vergleich über eine Region hinaus wohl Grabitz/Hilf/Langenfeld, EGV Art 141 Rn 67). An Art 141 zu messen sind aber Unterschiede in zwei Betrieben, für welche 174
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dieselben regionalen Rahmenbedingungen bestehen, wenn in dem einen überwiegend Frauen und in dem anderen überwiegend Männer beschäftigt sind. Fraglich ist, ob unterschiedliche Entgelte in einem Betrieb oder 125 Unternehmen mit unterschiedlichen(m) Wünschen und Druck des/der Verhandlungspartner bei kollektiven Regelungen gerechtfertigt werden können (insb KollV, aber auch Abrede mit betrieblicher ArbN-Vertretung; unklar EuGH 31.5.1995, C-400/93Royal Copenhagen Rn 46). Vereinbaren dieselben Parteien (zB eines KollV) zwei Lohngruppen für gleichwertige Tätigkeiten, darunter eine Lohngruppe für einen Frauenberuf, so kann dies nicht durch die Kollektivvertragsverhandlungen gerechtfertigt werden (vgl EuGH 27.10.1993, C-127/92–Enderby Rn 22); hier liegt auch dann „dieselbe Quelle“ der Regelung vor, wenn zwei getrennte KollV abgeschlossen wurden. Werden die unterschiedlichen Entgelte hingegen von einem ArbG aufgrund verschiedener Kollektivverträge gezahlt werden, die von verschiedenen Kollektivvertragsparteien ausgehandelt wurden, so könnte das Gebot der Entgeltgleichheit nicht eingreifen; hier agieren verschiedene Normsetzer, und Art 136 EGV gebietet in Abs 2 und 6 – auf derselben Normstufe wie Art 141 EGV – die Achtung der Kollektivvertragsautonomie. Allerdings steigen die Möglichkeiten für Differenzierungen dann allein deshalb, weil es viele kleinere Gewerkschaften gibt (Berufsverbände). Das Entgeltgleichheitsgebot gilt aber jedenfalls innerhalb eines KollV. Davon abgesehen verlangen Art 141 und § 3 jedoch keinen Vergleich über die Unternehmen oder gar die Branchen hinaus, selbst wenn die – oft sehr großen – Lohnunterschiede zwischen den Branchen oft wenig mit den Leistungen der ArbN zu tun haben. Art 141 kann daher auch wenig dazu beitragen, die Entgeltunterschiede zwischen typischen Frauen- und Männerberufen und damit eine geschlechtsspezifische Aufteilung des Arbeitsmarktes abzubauen (Rn 92), soweit und weil die unterschiedlichen Entgelte in unterschiedlichen Branchenkollektivverträgen geregelt sind (zu Deutschland vgl Schlachter, BB 2002, 2128 f). c. Rechtfertigung Viele Entscheidungen zum Entgelt haben Teilzeitbeschäftigte be- 126 troffen. Die vermutete Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten kann idR nicht gerechtfertigt werden. Untaugliche Rechtfertigungsversuche sind etwa: die Teilzeitbeschäftigten würden Fähigkeiten 175
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nur langsamer erwerben, hätten ein geringeres Erfahrungswissen oder seien mit dem Betrieb geringer verbunden (EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz Rn 14; zu einem Gesetz EuGH 13.7.1989, Rs 171/ 88-Rinner-Kühn Rn 13 f). Benachteiligt der KollV Teilzeitbeschäftigte beim Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, so ist eine Rechtfertigung zwar nicht ausgeschlossen (EuGH RinnerKühn Rn 11), aber schwer vorstellbar. Auch die Begründung einer Differenzierung mit (höherer) Berufserfahrung ist bei Teilzeitbeschäftigten nur eingeschränkt möglich. So scheint es unzulässig, Teilzeitbeschäftigte generell erst (viel) später (automatisch) vorrücken zu lassen als Vollzeitbeschäftigte, und zwar auch dann, wenn die Verlängerung der Wartezeit zur Verringerung der Arbeitszeit proportional ist (EuGH Nimz Rn 15; 2.10.1997, C-1/95-Gerster Rn 40-42). Der EuGH hat auch Bedenken, wenn bisher Halbzeitbeschäftigte nach dem Wechsel zur Vollzeitarbeit im Entgeltschema zurückfallen, und daher nicht das Doppelte des Bisherigen verdienen (EuGH 17.6.1998, C-243/95-Hill/Stapleton Rn 32 ff). Eine geringere Erfahrung von Teilzeitbeschäftigten darf nur berücksichtigt werden, wenn und soweit geringere Erfahrung tatsächlich zu einer qualitativ oder quantitativ schlechteren Erfüllung der konkreten Aufgaben führt, dies auch bei Vollzeitbeschäftigten berücksichtigt wird, und Teilzeitbeschäftigte tatsächlich deshalb eine geringere Erfahrung haben, weil es nicht nur auf die Länge, sondern auch den Umfang einer Tätigkeit ankommt, wenn also die unterschiedlichen Erfahrungen auch zur Erfüllung nach Qualität und Quantität unterschiedlicher Aufgaben führen (EuGH Hill/Stapleton Rn 32 ff; E Nimz Rn 14; auch VfGH 11.12.1998, G 57/98, VfSlg 15.368). Auch das Ziel, geringfügige Beschäftigung zu fördern, kann den Ausschluss geringfügig Beschäftigter von einer Sonderzuwendung durch den KollV nicht rechtfertigen (EuGH 9.9.1999, C-281/97Krüger Rn 25 f), während dieses Ziel die Herausnahme aus der Sozialversicherungspflicht rechtfertigen kann (EuGH 14.12.1995, Rs 317/93-Nolte Rn 31). Die Strategie eines Unternehmens, weniger Teilzeitbeschäftigte zu beschäftigen, hat der EuGH als potentiellen Rechtfertigungsgrund gesehen (EuGH 13.5.1986, Rs 170/84Bilka Rn 36 f), allerdings wird der Ausschluss von der Betriebspension mE nicht den allg Anforderungen entsprechen, also insb nicht erforderlich sein, um dieses Ziel zu erreichen. 127 Fraglich ist, ob niedrigere Gehaltsvorstellungen der Einzelnen, die hinter dem am Markt Erzielbaren zurückbleiben, bei der Ein176
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stellung eine Differenzierung rechtfertigen. Da auf das Auftreten am Markt abgestellt wird, handelt es sich um ein neutrales Kriterium, sodass nur eine mittelbare Diskriminierung zu prüfen ist. Der OGH hat diese bejaht, wenn die Person, die niedrigere Forderungen stellte, dann die gleichen „oder annähernd gleichwertigen“ Tätigkeiten verrichtet wie eine Person des anderen Geschlechtes (OGH 20.5.1998, 9 Ob A 350/97d = DRdA 1999/38 mA Eichinger). Die Literatur teilt diese Auffassung jedenfalls zum Teil, auch mit dem Hinweis, Frauen würden typischerweise nur ein geringeres Entgelt fordern (Smutny/Mayr, GlBG 244; Sturm Rn 117; Thüsing, RdA 2000, 574). Zweifel bei Eichinger). Die Auffassung des OGH ist zweifelhaft, aber wohl zutreffend. Zwar erscheint die Auffassung des OGH paternalistisch, weil sie unterstellt, dass Frauen nicht einmal in der Lage sind, marktkonforme Entgeltvorstellungen zu äußern: In der Preisforderung komme primär die Einschätzung des Wertes der Leistung durch die Person, die den Preis fordert, zum Ausdruck. Und es sei jedem Marktteilnehmer, auch den Arbeitssuchenden zumutbar, sich über die „üblichen“ Preise zu informieren. Dem kann man allerdings entgegenhalten, dass die Vorstellungen über das, was marktangemessen ist, wesentlich vom Lohnniveau wie vom früheren Entgelt abhängen, und sich hier das niedrigere Durchschnittsentgelt der Frauen auswirkt. Ferner könnte gegen die Auffassung des OGH eingewendet werden, dass sich Marktpreise grds nur aus der Entwicklung der in den einzelnen Verträgen ausgehandelten Einzelpreisen ergeben (daher wird der Irrtum über den Marktpreis auch nicht als Geschäftsirrtum angesehen); dies gilt grds auch für den Arbeitsmarkt, soweit das Entgelt nicht durch kollektive Abreden vorherbestimmt ist. Man könne daher nicht die einzelnen „Bausteine“ der Marktpreise überprüfen. Gerade der eben dargelegte Zusammenhang spricht aber wohl gegen die Möglichkeit, ein aufgrund des Geschlechts geringeres Entgelt mit den geringeren Entgeltforderungen rechtfertigen zu können. Das Verbot einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Entgelt kann bei individuell ausgehandelten Entgelten ja nur am einzelnen Vertrag ansetzen. Der ArbG zahlt oft für gleiche oder ähnliche Tätigkeiten unter- 128 schiedliches Entgelt, weil zur Entgeltbemessung noch andere Kriterien wie Dienstalter bzw Vordienstzeiten, formale Ausbildung bzw Fortbildung oder Bereitschaft zu Flexibilität honoriert werden. Viele dieser zusätzlichen Kriterien können zu einer mittel177
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baren Benachteiligung aufgrund des Geschlechts führen, wenn und weil sie sich spezifisch zum Nachteil der Angehörigen eines Geschlechts – idR der Frauen – auswirken. Aus der Sicht der Geschlechtergleichbehandlung ist es problematisch, beim Entgelt auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit (Anciennität) und die Berufserfahrung abzustellen, weil Frauen aufgrund von Kindern die Erwerbstätigkeit typischerweise viel häufiger unterbrechen als Männer. Der EuGH hielt diese Vorgangsweise aber grds für zulässig, weil eine längere Berufserfahrung typischerweise eine bessere Arbeitsleistung zur Folge habe (EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 24). Diese Auffassung ist aber heute durchaus zweifelhaft. Auch aus der Sicht des § 3 (vgl auch § 17 Rn 39) kann die Abhängigkeit des Entgelts von der Vordienstzeit nur insoweit gerechtfertigt werden, als die zusätzliche Vordienstzeit tatsächlich eine relevante und für das Unternehmen nützliche zusätzliche Erfahrung bringt. Die Berücksichtigung von Flexibilität oder Mobilität durch ein höheres Entgelt (Grundgehalt, Zuschläge) kann – nur – gerechtfertigt sein, falls es um die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Arbeitszeiten und Arbeitsorte geht, und der jeweils honorierte Umstand für die Ausführung der spezifischen Aufgaben des einzelnen ArbN wirklich von Bedeutung ist (EuGH E Danfoss Rn 18-25); das Kriterium darf aber nicht die Arbeitsqualität erfassen und honorieren. Eine bestimmte Berufsausbildung darf honoriert werden, falls sie für die Ausführung der spezifischen Aufgaben dieses ArbN von Bedeutung ist (E Danfoss Rn 23). Ein gegenüber anderen – vergleichbaren – Berufsgruppen höherer Stundenlohn im Grundgehalt kann gerechtfertigt sein, wenn bei den Begünstigten die Arbeitszeit verkürzt ist, um ungünstige Arbeitszeiten (Schichtdienst) auszugleichen (EuGH 30.3. 2000, C-236/98-JämO Rn 61 f). VI. Bildung, Umschulung und Aufstieg Literatur: Rebhahn, JBl 1993, 681 ff; Hennersdorf, Aufstiegsdiskriminierung von Frauen durch Mitarbeiterbeurteilung, DUV 1998, 80; Mosler, Arbeitsrechtliche Probleme der Teilzeitbeschäftigung, DRdA 1999, 338; Eichinger, Grundsatz der Gleichbehandlung, in: Oetker/Preis (Hrsg) EAS B 4200 (Stand 1999) Rn 119 ff; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz, 254 ff; Traupe, Mittelbare Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Betriebsratsmitglieder (2002); Sturm, Gleichbehandlungspflichten Rn 121 f. 178
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1. Weiterbildung, Ausbildung, Umschulung (§ 3 Z 4) Der berufliche Aufstieg und der Zugang zur Berufsbildung werden 129 in der GleichbRL sowohl im Titel der RL wie in Art 1 gesondert genannt; dies unterstreicht die Bedeutung für die Gleichbehandlung. Der Zugang zur Berufsbildung ist sowohl für den Aufstieg wie für das Behalten des Arbeitsplatzes relevant. § 3 enthält nur ein Diskriminierungsverbot. Die Förderung von Angehörigen eines Geschlechtes, das in einem bestimmten Bereich unterrepräsentiert ist, geht darüber hinaus. Solche Fördermaßnahmen sind, falls sie selbst unmittelbar diskriminieren, nur nach Maßgabe des § 8 zulässig. Ein Zurückdrängen von Diskriminierungen bei Aufstieg und Schulungsmaßnahmen könnte aufgrund der Auswirkungen in der Folge vielleicht das Bedürfnis nach Vorrangregeln, Quotenregeln und anderen „positiven“ Maßnahmen deutlich verringern. Die Ausbildung ist ein zentraler Faktor bei den Anforderungen an 130 die ArbN für einen Arbeitsplatz und damit auch für die Höhe des Entgelts. Seit dem letzten Jahrzehnt sind Frauen jedenfalls bei der Ausbildung in Schulen und Hochschulen nicht mehr unterrepräsentiert. Relevant sind aber auch Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung nach Eintritt in das Berufsleben. Die Teilnahme daran ist oft ein wichtiges Kriterium für das Bewältigen der Anforderungen am Arbeitsplatz, aber auch für den beruflichen Aufstieg oder die Auswahl bei Kündigung aus wirtschaftlichen Gründen. In manchen Staaten ist der ArbG daher verpflichtet, sich um die Weiterbildung zu kümmern (so etwa in Frankreich); in Österreich gibt es keine solche Pflicht. Bedeutsam ist dann zumindest die Frage, wen der ArbG für die Teilnahme an Weiter- oder Ausbildung auswählt oder zulässt: Anzustreben ist eine faire Auswahl. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz schränkt den ArbG hier kaum bis nicht ein. Die Entscheidungen des ArbG über die Auswahl zur Teilnahme an 131 Maßnahmen der Weiterbildung, Ausbildung oder Umschulung (im Folgenden: Schulungsmaßnahmen) unterliegen der Kontrolle nach § 3. Die Begriffe der Weiterbildung, Ausbildung und Umschulung sind dem Zweck der RL entsprechend weit zu verstehen. Der Tatbestand umfasst alle Maßnahmen des Unternehmens, die dazu dienen zusätzliche Kenntnisse oder Fertigkeiten zu vermitteln. Der im alten § 2 GlBG enthaltene Zusatz „auf betrieblicher Ebene“ ist ersatzlos entfallen. Entscheidend ist somit allein der 179
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nach § 3 erforderliche „Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis“. Dieser liegt jedenfalls vor, wenn der ArbG die Maßnahme organisiert, aber auch wenn er die Teilnahme an einer externen Veranstaltung (zB WIFI, VHS) ganz oder teilweise finanziert. Da der ArbG auch bei der Weiter- und Ausbildung Kosten minimieren will, wird er jene ArbN auswählen, bei denen eher wahrscheinlich ist, dass das Unternehmen die erworbenen Kenntnisse länger nutzen kann. Diese Erwägung kann jüngere Frauen benachteiligen, wenn der ArbG mit Unterbrechungen wegen Mutterschaft rechnet. Entsprechend dem Gesetzeszweck werden auch unbezahlte Freistellungen zum Zweck der Aus- oder Weiterbildung unter § 3 fallen, wenn der ArbG also nur Gelegenheit zur Schulung gibt. Bei Diskriminierung hat die benachteiligte Person insb die Leistungsklage auf Erfüllung, dh auf Teilnahme entsprechend den begünstigten ArbN gewährten Bedingungen (volle Bezahlung/nur Entgeltfortzahlung/Freistellung ohne Entgeltfortzahlung), oder auf Ersatz des Vermögensschadens (§ 12 Abs 4). Hat die Benachteiligung bei der Schulungsmaßnahme zu Einbußen beim Aufstieg geführt, so muss der ArbN es sich als (starkes) Mitverschulden anrechnen lassen, dass er nicht den Erfüllungsanspruch geltend gemacht hat. Auch dann bereitet die Begrenzung des Ersatzanspruches durch Kausalität und Schutzzweck aber noch Probleme. 132 Gibt es im Unternehmen ausformulierte Regelungen über die Zulassung (Auswahl) zu Schulungsmaßnahmen, so kann die Prüfung daran ansetzen. Eine unmittelbare Diskriminierung wird heute kaum vorkommen; sie läge vor, wenn jüngere oder ältere Frauen von bestimmten (zB teuren) Kursen ausgeschlossen wären. Weit eher kommt eine vermutete Benachteiligung in Betracht. Kommen für Schulungsmaßnahmen nur ArbN in Betracht, welche bis zur voraussichtlichen Pensionierung noch mindestens x Jahre vor sich haben, so könnte darin eine vermutete Benachteiligung liegen, weil die Schulung von Frauen damit derzeit um 5 Jahre früher aufhört. Allerdings wird eine Benachteiligung in Bezug auf § 3 jedenfalls durch das Anknüpfen an den Unterschied beim Antrittsalter der ASVG-Alterspension gerechtfertigt werden können (zur Lage in Bezug auf die Altersdiskriminierung vgl § 20 Rn 36 f). 133 Schwieriger fällt die Beurteilung, wenn es keine ausformulierten Regelungen zu Schulungsmaßnahmen gibt, sondern nur Verhaltensmuster oder Einzelmaßnahmen. Wird die Teilnahme verwehrt, so 180
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kann darin eine unmittelbare Diskriminierung liegen, allerdings nur wenn ausreichende Indizien dafür vorliegen. Ein starkes Indiz wird sein, wenn Angehörige des einen Geschlechtes bei Schulungsmaßnahmen unter vergleichbaren ArbN quantitativ wesentlich unterrepräsentiert sind (ähnlich Sturm Rn 122). Der Vergleichsrahmen wird durch ArbN mit vergleichbarer Arbeit und Schulungsmaßnahmen derselben Qualitätsstufe abgesteckt und darf nicht zu eng gezogen werden. Dem kommt die Verflachung der unternehmensinternen Hierarchien entgegen. In einer stark formalen Hierarchie gilt hingegen: Kommen für den Aufstieg zum Abteilungsleiter neben Unterabteilungsleitern auch Referenten in Betracht, so erstreckt sich der Vergleichsrahmen auch auf Referenten. Erklärt der ArbG den Unterschied bei der Zulassung mit einem neutralen Kriterium, so wäre eine mittelbare Diskriminierung in Betracht zu ziehen. Dafür gelten grds die allg Regeln, insb in Bezug auf die Kriterien Dienstalter, kontinuierliche Beschäftigung, Fortbildung und Flexibilität: Die Verwendung dieser Kriterien ist auch hier nur zulässig, falls und soweit die jeweilige Anforderung für die konkrete Tätigkeit (nach der Ausbildung) wirklich erforderlich ist (§ 5 Rn 40, 59 f). Eine Auswahl anhand der genannten personenbezogenen Anforderungen kommt daher umso eher in Betracht, je spezieller die Schulung ist. Bei allg Kursen wird eine Auswahl anhand der genannten Kriterien (zB Mobilität) daher häufig unzulässig sein. Stellt man wie hier auf die Einbeziehung in die Summe der Schulungsmaßnahmen ab, dann kann aus der Nichtzulassung zu einer bestimmten Maßnahme nicht auf eine Diskriminierung geschlossen werden. Fraglich ist, ob eine vermutete Benachteiligung bei Schulungsmaßnahmen auch vorliegt, wenn der Anteil der Angehörigen eines Geschlechtes an Schulungsmaßnahmen durchaus deren Anteil an der Gesamtheit jener ArbN entspricht, die für eine bestimmte Schulungsmaßnahme in Betracht kommen, aber schon der Anteil an dieser Grundgesamtheit deutlich geringer ist. Man wird dies verneinen müssen, weil der Ausgangspunkt die Einstellung bzw Beförderung in die Grundgesamtheit ist; eine Förderung der Angehörigen des unterrepräsentierten Geschlechtes bei den Schulungsmaßnahmen darüber hinaus stellt eine Fördermaßnahme iSd § 8 dar, die das Gemeinschaftsrecht zwar erlaubt (§ 8 Rn 23), die aber weder das Gemeinschaftsrecht noch das GlBG gebieten. Eine vermutete Benachteiligung liegt nach wohl hM vor, wenn 134 Teilzeitbeschäftigte bei Schulungsmaßnahmen benachteiligt wer181
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den, wenn und weil Teilzeitbeschäftigte überwiegend Frauen sind. Zur Frage, inwieweit für das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung auf die Umstände im konkreten Unternehmen abzustellen ist, vgl § 5 Rn 33 ff, 41, 43 ff. Besteht die Benachteiligung bei der Auswahl für die Schulungsmaßnahme, so ist eine Rechtfertigung wohl kaum möglich, außer die Maßnahme ist für eine bestimmte Stelle ausgerichtet, die – ohne Diskriminierung – nur in Vollbeschäftigung ausgeübt werden soll. Erfolgt die Schulungsmaßnahme bei Vollzeitbeschäftigten zur Gänze in der Arbeitszeit, so ist fraglich, ob der ArbG dies auch Teilzeitbeschäftigten ermöglichen muss. Der EuGH hat dies in Bezug auf die Betriebsratsmitglieder in Deutschland bejaht (EuGH 6.2.1996, C-457/93-Lewark Rn 21–28): Müssen Teilzeitbeschäftigte für eine betriebliche Schulungsmaßnahme mehr Freizeit aufwenden als Vollzeitbeschäftigte, so wäre ihr Stundenlohn geringer. Folgt man dem auch für andere ArbN, so müsste der ArbG entweder Zeitausgleich gewähren oder „Mehrarbeit“ bezahlen, falls die Schulung die vorgesehene Arbeitszeit überschreitet. Eine Alternative wäre die These, dass der ArbG den Teilzeitbeschäftigten nur jenen Prozentsatz der bezahlten Arbeitszeit als Schulungsmaßnahme finanzieren muss, den er auch Vollzeitbeschäftigten finanziert (und damit bei Halbzeitbeschäftigung c.p. nur die Hälfte der Schulungsmaßnahmen). Dies kann zwar zu einer Verminderung der Chancen der Teilzeitbeschäftigten führen, allerdings hat diese Verminderung ihre Ursache im unterschiedlichen Ausmaß der Arbeitspflichten; die Lage der Voll- und Teilzeitbeschäftigten ist insoweit ebenso wenig vergleichbar wie beim Entgelt (die E des EuGH ist daher mE unabhängig davon zweifelhaft, ob es sich um Betriebsräte handelt). Müssen ArbN, falls sie das Arbeitsverhältnis nach Schulung vor Ablauf eines bestimmten Zeitraumes beenden, die vom ArbG bezahlten Schulungskosten teilweise zurückzahlen, so dürfen die maßgeblichen Zeiträume für Teilzeitbeschäftigte wohl nicht länger sein, obwohl sich die Investition des ArbG bei Teilzeitbeschäftigten erst später amortisiert. In den unterschiedlichen Fristen liegt eine vermutete Benachteiligung, und der Wunsch des ArbG nach „gleicher Amortisation“ ist kein dringendes betriebliches Bedürfnis, schon weil das geringere Beschäftigungsausmaß ebenso oft ein Wunsch des ArbG wie der ArbN ist. 135 Eine vermutete Benachteiligung wegen der Schwangerschaft könnte in folgenden Fällen vorliegen: Für eine Weiterbildung kommen nur „aktive“ ArbN in Betracht, weil dies va Frauen in der 182
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Mutterschaftskarenz trifft und ausschließt. ArbN müssen zu Beginn ihrer Karriere an einer aufwendigen Grundausbildung teilnehmen und deren Kosten partiell zurückzahlen, wenn sie das Unternehmen bald verlassen – auch diese Rückzahlungspflicht wird bei jungen Frauen häufiger zum Tragen kommen als bei jungen Männern. In beiden Fällen kann das Unternehmen allerdings eine Ausgestaltung finden, welche wohl schon die vermutete Benachteiligung vermeidet. Im ersten Fall wäre vorzusorgen, dass die Weiterbildung am Ende der Beurlaubung (sofern die Mutter den Willen zur Weiterarbeit erklärt hat), spätestens nach Wiederbeginn der Arbeit nachgeholt werden kann. Im zweiten Fall wären die Karenzzeiten als gleichsam neutrale Zeiten bei der Frage, ob die ArbN die erforderliche Zeit weiter gearbeitet hat, auszublenden. Wählt das Unternehmen hingegen die ursprünglich genannte Ausgestaltung, so liegt wohl eine mittelbare Diskriminierung vor. 2. Beruflicher Aufstieg (§ 3 Z 5) Z 5 nennt neben dem beruflichen Aufstieg auch die Beförderung; 136 sie ist aber nur ein Unterfall des Aufstieges, eine genaue Abgrenzung ist nicht erforderlich. Hingegen ist eine genaue Abgrenzung zu anderen Tatbeständen, insb zu Z 6 („sonstige Arbeitsbedingungen“), erforderlich, weil die Rechtsfolgen differieren. Wurde der Aufstieg aufgrund des Geschlechtes und damit diskriminierend verwehrt, so gibt § 12 Abs 5 – so wie bei der Einstellung – nämlich keinen Anspruch auf die bessere Position (kein Kontrahierungszwang), sondern nur einen Ersatzanspruch. Bei Z 5 ist überdies der Ersatzanspruch betragsmäßig begrenzt (vgl Rn 2 und § 12 Rn 48), während für Z 6 ein Erfüllungsanspruch besteht und der Ersatzanspruch unbegrenzt ist; die Zuordnung zu Z 6 wäre für die ArbN also günstiger. Die Beschränkung der Rechtsfolgen ist mit der GleichbRL wohl vereinbar. Der Entschädigungsanspruch besteht auch, wenn der ArbG von der Beförderungsmaßnahme nach Aufdeckung der Diskriminierung überhaupt Abstand nimmt. Die Abgrenzung von Z 5 und Z 1 ist unproblematisch. Z 1 greift nur bei der erstmaligen Begründung des Arbeitsverhältnisses ein; jede Änderung des Vertrages im aufrechten Arbeitsverhältnis fällt unter Z 5; dies gilt wohl auch bei Veränderungen zwischen Konzernunternehmen. Das Verbot der Diskriminierung bei Aufstieg und Beförderung gilt 137 auch, wenn der ArbG keine Ausschreibung durchgeführt hat, und 183
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grds auch unabhängig von einer Bewerbung. Hat der ArbG eine Stelle ausgeschrieben, so wird das Unterlassen der Bewerbung idR eine Diskriminierung ausschließen, weil Bewerber und Nichtbewerber sich nicht mehr in der gleichen Lage befinden; allerdings kann die Diskriminierung bereits in den Rahmenbedingungen liegen, die von der Bewerbung abgehalten haben. Der Ausschluss des Erfüllungsanspruches wird nicht gelten, wenn sich aus einer anderen Grundlage (zB KollV) ein Anspruch auf Beförderung ergibt, und dieser Anspruch im Einzelfall diskriminierend nicht erfüllt oder durch eine diskriminierende Auswahlentscheidung vereitelt wurde. In diesem Fall muss die ArbN den zugrunde liegenden Anspruch durchsetzen (oder vollen Ersatz erlangen) können, weil der ArbG seine Möglichkeiten über den Aufstieg zu disponieren schon durch die generelle Regelung weitgehend aus der Hand gegeben hat (in diese Richtung auch § 611a Abs 5 BGB). Aus dem Diskriminierungsverbot selbst wird in Deutschland überdies ein Anspruch auf Beförderung abgeleitet, wenn der ArbG jemand befördern will, aber niemand anderen befördern kann ohne gleichzeitig zu diskriminieren (Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 57). 138 Zum „beruflichen Aufstieg“ zählt jede – angestrebte – Veränderung des Tätigkeits- oder Verantwortungsbereiches (Versetzung, Beförderung), die eine Verbesserung für jene Person mit sich bringt, die sie anstrebt. Verschlechternde Veränderungen fallen hingegen nicht unter Z 6 (aA Smutny/Mayr, 207 zum alten GlBG), weil man dann nicht von Aufstieg sprechen kann, und auch weil die Rechtsfolgen unpassend sind. Diskriminierungen bei verschlechternden Veränderungen fallen vielmehr unter Z 6 (mit der Folge, dass sie rückgängig zu machen sind). Bei den verbessernden Veränderungen ist insb an Verbesserungen im Arbeitsinhalt, in der Struktur oder Hierarchie, bei den Arbeitsbedingungen, aber auch beim Arbeitsort zu denken, wenn damit bessere Chancen verbunden sind. Letztlich kommt es für die Wertigkeit der einzelnen Arbeitsplätze wesentlich auf die Gebräuche im Unternehmen und in der Branche an. Fraglich ist, ob schon die (Nicht)Zuweisung von Aufgaben, die typischerweise die Karriere fördern, unter Z 5 fällt. Hier fällt die Abgrenzung von Z 6 besonders schwer. Die Abgrenzung wird wohl danach zu ziehen sein, ob es sich um eine im Unternehmen deutlich umschriebene und als gesondert angesehene Stelle handelt – dann ist Z 5 einschlägig – oder nicht (dann Z 6). Gibt es etwa in einer Abteilung mehrere Referentenstellen, die an sich gleich eingestuft 184
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sind, und werden die interessanteren und karrierefördernden Aufgaben erkennbar nach dem Geschlecht zugewiesen, so ist Z 6 anzuwenden. Die ArbN hat hier einen Erfüllungsanspruch; das GlBG will den Erfüllungsanspruch nämlich erkennbar nur dann verwehren, wenn es um die Auswahl für eine bestimmte „bessere“ Stelle geht. Die Einreihung in eine höhere Entlohnungsgruppe trotz gleicher Tätigkeit fällt dann, wenn die Einreihung von einer bestimmten Dienstzeit („Bewährung“) abhängt, nicht unter Entgelt iSd Z 2, sondern unter die GleichbRL und ist laut EuGH eine Frage des beruflichen Aufstiegs (EuGH 18.11.2004, C-284/02-Sass Rn 30 f). Auch die Einreihung in eine höhere Entlohnungsgruppe bei gleicher Tätigkeit zählt dann nicht zu den Entgeltfragen (aA Smutny/ Mayr, 206). Die Zuordnung zur Frage des Aufstiegs durch den EuGH muss aber für die Einordnung in § 3 nicht bindend sein. ME ist die Zuordnung zu Z 6 vorzuziehen; allein diese Zuordnung führt im GlBG auch zu der vom EuGH offenkundig unterstellten Rechtsfolge, nämlich der besseren Einstufung. Der EuGH hat – im Zusammenhang mit einer Vorrangregel (§ 8 139 Rn 19) – gemeint, dass Frauen und Männer bei gleicher Qualifikation in der Arbeitswelt noch nicht notwendig auch gleiche Chancen haben; „dies hängt va mit einer Reihe von Vorurteilen und stereotypen Vorstellungen über die Rolle und die Fähigkeiten der Frau im Erwerbsleben“ zusammen (EuGH 11.11.1997, C-409/95-Marschall Rn 29 f). Das Diskriminierungsverbot kann aber diese Benachteiligung zum Teil zurückdrängen, indem es manchen Ansatzpunkt der stereotypen Vorstellungen zurückdrängt. In Bezug auf viele Fragen gilt zur Diskriminierung beim Aufstieg dasselbe oder doch ganz Ähnliches wie bei der Einstellung (vgl Rn 60 ff), insb zum Geschlecht als unverzichtbare Voraussetzung, zur (nicht möglichen) Rechtfertigung einer Benachteiligung mit Wünschen der Geschäftspartner (Rn 83), zu Testverfahren, die vor Entscheidungen über einen Aufstieg eingesetzt werden, zur Benachteiligung auf Grund einer bevorstehenden oder möglichen Schwangerschaft (Rn 67). Wird eine Beförderung nach Bewerbung aus dem Mutterschaftskarenzurlaub heraus abgelehnt, weil die ArbN derzeit nicht aktiv tätig ist, so liegt wohl nur eine vermutete Benachteiligung vor (und nicht eine unmittelbare Diskriminierung). Sie kann aber gerechtfertigt werden, falls die offene Stelle vor Ende des Karenzurlaubes tatsächlich besetzt sein muss. Eine unzulässige Diskriminierung liegt auch vor, wenn der ArbG eine berufliche Beurteilung 185
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auf Grund schwangerschaftsbedingter Fehlzeiten verweigert, und diese Beurteilung Voraussetzung für den beruflichen Aufstieg ist (EuGH 30.4.1998, C-136/95- Thibault Rn 29 ff). 140 Fraglich ist, inwieweit eine Aufstiegsentscheidung nach der Dauer der Vordienstzeit getroffen werden darf. Dieses Kriterium benachteiligt oft Frauen, weil sie wegen der Schwangerschaft die Beschäftigung unterbrechen oder auch den ArbG wechseln. Man muss hier zwischen dem Mutterschaftsurlaub und anderen Unterbrechungen unterscheiden. In Bezug auf den Mutterschaftsurlaub ist der EuGH sehr streng: „Jede Arbeitnehmerin ist in ihrem Arbeitsverhältnis vor jeder Benachteiligung geschützt ist, die auf der Tatsache beruht, dass sie im Mutterschaftsurlaub ist oder war. Eine Frau, die aufgrund ihrer durch den Mutterschaftsurlaub bedingten Abwesenheit benachteiligt wird, wird nämlich wegen ihrer Schwangerschaft und wegen dieses Urlaubs diskriminiert. Ein solches Verhalten stellt aber eine unmittelbar auf dem Geschlecht beruhende Diskriminierung im Sinne der RL 76/207 dar“ (EuGH 18.11.2004, C-284/02-Sass Rn 35 f; ferner 13.2.1996, C-342/93-Gillespie Rn 22; E Thibault Rn 29, 32; 30.3.2004, C-147/02-Alabaster Rn 47; vgl auch Art 2 Abs 7 S 2 GleichbRL). Zeiten des Mutterschaftsurlaubes sind daher wie aktive Dienstzeiten zu bewerten, soweit es um Vorteile aufgrund einer längeren Vordienstzeit geht. Allerdings können und werden diese strengen Regeln nicht für jede durch die Schwangerschaft veranlasste Unterbrechung gelten. Der EuGH hat den Sachverhalt, für den die strenge Regel gilt, wie folgt und damit sehr eng umschrieben: ein „vom nationalen Recht zum Schutz der körperlichen Verfassung der Frau und der besonderen Beziehungen zu ihrem Kind in der Zeit nach der Schwangerschaft und der Entbindung vorgesehener Mutterschaftsurlaub“ (EuGH E Sass Rn 48). Die Zeit des Schutzes wegen der „besonderen Beziehungen“ kann nun wohl längere Zeit dauern, aber mE kaum über Jahre hinweg. In Österreich dürfte daher der Karenzurlaub einer Frau iSd § 15 MSchG wohl zur Gänze unter „Mutterschaftsurlaub“ fallen; Mutterschaftsurlaub ist hier also weiter zu verstehen als in anderen Fragen (vgl Rn 147). Die aufgeschobene Karenz nach § 15b MSchG (oder längere mehrjährige Fristen aufgrund eines KollV oder eine Reduktion der Arbeitszeit nach dem Abschnitt 6 des MSchG) fallen hingegen nicht unter „Mutterschaftsurlaub“ im Sinne dieser Judikatur des EuGH (im Ergebnis wohl ebenso GS/Rust, EUV/ EGV Art 141 Rn 287 f, 398 f). Auch die Elternurlaubs-RL 96/34 186
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verlangt keine Gleichstellung dieses Urlaubes mit Arbeitszeit (vgl Art 2 Abs 5 und 6). Daher besteht auch keine Pflicht, die Karenz eines Vaters mit Arbeitszeit gleichzustellen, weil der besondere Schutz an die eigene Schwangerschaft anknüpft. Im Übrigen – also soweit es nicht um den Mutterschaftsurlaub geht 141 – ist die Beurteilung der Abhängigkeit eines beruflichen Aufstiegs von Vordienstzeiten großzügiger. Darin liegt meist eine vermutete Benachteiligung von Frauen, wenn sie die Arbeit über die Karenz des § 15 MSchG hinaus zur Betreuung der Kinder unterbrochen haben. Der EuGH hat das Anknüpfen an die Vordienstzeit vor einiger Zeit großzügig beurteilt (EuGH 17.10.1989, Rs 109/88Danfoss Rn 24); Es ist aber fraglich, ob diese Beurteilung heute noch maßgeblich sein kann (Rn 128). Vor allem aber kann sie nicht einfach vom Entgelt auf Fragen des Aufstiegs übertragen werden. Der EuGH hat in der Zwischenzeit vor allem zum Aufstieg von Teilzeitbeschäftigten (Rn 142) deutlich gemacht, dass geringere Vordienstzeiten nur dann nachteilig gewertet werden dürfen, wenn darin wirklich ein Weniger an relevanter Erfahrung zum Ausdruck kommt (EuGH 2.10.1997, C-1/95-Gerster; 2.10.1997, C-100/95Kording). Eine höhere Vordienstzeit kann eine Auswahl daher nur rechtfertigen, falls sie zu einer größeren Erfahrung führt und diese größere Erfahrung für die neue Stelle auch konkret erforderlich (nicht bloß: allg nützlich) ist (Rebhahn, JBl 1993, 681; Smutny/ Mayr, 218). Häufig lassen sich aber nach einigen Jahren der Stock an Kenntnissen und Fähigkeiten nicht mehr steigern, auch weil vor Jahren erworbene Erfahrungen an Wert verlieren; und in vielen Fällen spielen geringe Unterschiede in den Vordienstzeiten (22 oder 20 Jahre) in Bezug auf den Erfahrungsstock überhaupt keine Rolle. Die Entscheidung muss bei gleichem Ausmaß an Erfahrung, die berücksichtigt werden kann, dann anhand anderer Kriterien getroffen werden. Fraglich ist auch, ob eine Unternehmensorganisation, nach der bestimmte Arbeitsplätze in Bezug auf die Aufstiegschancen „Sackgassen“ sind, diskriminiert, wenn die betreffenden Arbeitsplätze überwiegend von Frauen/Männern besetzt sind. Konkret ging es um eine Frau, die in jungen Jahren Vorstandssekretärin wurde; sie wollte von dort aus an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen, die für Sekretärinnen nicht vorgesehen waren (ob sie eine andere Laufbahn vorbereiten wollte, ist offen, das geplante Seminar war dazu jedenfalls kaum geeignet). Der OGH hat in der Verweigerung der Teilnahme keine Diskriminierung gesehen 187
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(OGH 30.6.1994, 8 Ob A 271/94 = ZAS 1996/1 mA Trost); dies ist treffend, weil der ArbG nicht verpflichtet ist, einen weiteren Aufstieg in einem anderen Bereich durch besondere Maßnahmen zu fördern. 142 Schwierige Fragen werfen Teilzeitbeschäftigte auf. Sieht der ArbG vor, dass höhere (leitende) Stellen nur Vollzeitstellen sind, während es sonst viele Teilzeitbeschäftigte gibt, so kann – bei entsprechender Verteilung auf die Geschlechter – darin eine vermutete Benachteiligung liegen. Sie kann gerechtfertigt sein, falls die höheren Stellen eine Vollzeitbeschäftigung wirklich erfordern. Kommt es für den Aufstieg auf Vordienstzeiten an, so dürfen Zeiten der Teilbeschäftigung – so wie auch in Entgeltfragen (Rn 126) – idR nicht schlechter gewertet werden als Zeiten der Vollbeschäftigung; der EuGH ist hier sehr restriktiv (EuGH 2.10.1997, C-1/95-Gerster; 2.10.1997, C-100/95-Kording). Anders ist es nur, falls Teilzeitbeschäftigte in der Regel Eignung und Fähigkeiten für ihre Tätigkeiten weniger schnell erwerben als Vollzeitbeschäftigte und der ArbG nachweist, dass das Abstellen auf das Ausmaß der Erfahrung für ein berechtigtes Unternehmensziel erforderlich ist (vgl E Gerster Rn 40 – dort zu Beamten). Der ArbG wird (daher) eine geringere Erfahrung zulasten von Teilzeitbeschäftigten berücksichtigen dürfen, wenn ein bestimmtes Ausmaß an Erfahrung tatsächlich erforderlich ist (zB eine bestimmte Anzahl an Operationen oder bearbeiteten Fällen). Kommt es hingegen, wie bei der E Kording, eher darauf an, dass über einen längeren Zeitraum hinweg kontinuierlich zumindest halbtags gearbeitet wird, muss Halbtagsarbeit gleich zählen. VII. Sonstige Arbeitsbedingungen Literatur: Smutny/Mayr, 267 ff; Binder M., Mobbing aus arbeitsrechtlicher Sicht (1999); Bei, Art 6 Gleichbehandlungsrichtlinie – effektiver Rechtsschutz wegen Folgediskriminierung, DRdA 1999, 159; Klein-Jahns, Mutterschutz und Erziehungsurlaub, in: Oetker/ Preis (Hrsg), EAS, B 5100. 1. Allgemeines 143 Z 6 ist ein Auffangtatbestand im Rahmen des § 3. Er erfasst alle Fragen, die unter § 3 fallen, aber keiner anderen Ziffer zuzuordnen sind. „Arbeitsbedingung“ ist hier jede Frage, die im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis steht. „Sonstige Arbeitsbedingungen“ in § 3 ist etwas enger als der gleichlautende Begriff in Art 1 188
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GleichbRL, weil nur § 3, nicht aber die RL die Beendigung gesondert nennt. Der EuGH versteht unter „Arbeitsbedingungen“ nicht nur vertragliche Vereinbarungen, sondern alle mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Umstände (EuGH 13.7.1995, C-116/94Meyers): Würde man den Begriff auf die Arbeitsbedingungen beschränken, die im ArbV enthalten sind oder vom ArbG im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses angewendet werden, so würden Situationen, die unmittelbar auf dem Arbeitsverhältnis beruhen, dem Anwendungsbereich der RL entzogen. Entsprechend weit ist auch Z 6 zu verstehen. Z 6 erfasst viele Probleme, die auch unter dem Aspekt der Diskriminierung wichtig sind, auch wenn die Zahl der Rechstreitigkeiten dazu bisher eher gering war. Unter Z 6 fallen insb folgende Fragen: Die sachliche Ausgestaltung des Arbeitsplatzes, also zB Ausstattung mit Geräten, Sicherheit, Licht- und Luftverhältnisse; die Rahmenbedingungen der Arbeit, wie Lärm oder Schmutz; konkrete Arbeitsaufgaben, insb wenn sie aus dem Rahmen der üblichen Tätigkeiten vergleichbarer ArbN fallen (zB Botendienste bei Sachbearbeitern); Einteilung der Arbeitszeit (zB Früh- oder Spätschicht); Einteilung des Arbeitsortes (zB Zuweisung zu einer von mehreren Filialen); Einteilung des Erholungsurlaubes sowie Gewährung von Sonderurlauben, auf die kein Anspruch besteht (zB Bildung für private Zwecke, aber auch zum kurzen Einkaufen); Intensität der Überwachung und Kontrolle sowie Tolerieren von Verletzungen der Arbeitspflichten (zB Zuspätkommen); (Folgen bei) Einhalten oder Ignorieren der in diesem Arbeitsumfeld üblichen Formen höflicher Kommunikation; Zustimmung des ArbG zum Vorhaben des Wechsels von Vollzeit- zu Teilzeitbeschäftigung oder umgekehrt; Beurteilung der Leistungen oder des Aussehens, insb von anderen ArbN; Einbindung in die interne Kommunikation (hier kann auch Z 5 relevant sein); Zuweisung von Arbeit nach Ende eines Sonderurlaubes (zB Mutterschaftskarenz). Anders formuliert geht es va um die Ausübung des Weisungsrechts, insb um Versetzungen. Zählte man Aufwandsentschädigungen nicht zum Entgelt, dann fielen sie unter Z 6. Eine unmittelbare Diskriminierung kann auch bei Einzelmaßnahmen vorliegen, etwa wenn der ArbG eine ArbN weit strenger kontrolliert. Glaubhaft wird eine unmittelbare Diskriminierung, außer bei entsprechenden Äußerungen des ArbG, nur sein, falls die Vergleichspersonen zumindest ganz überwiegend dem anderen Geschlecht angehören. Nach dem EuGH fallen unter „sonstige Arbeitsbedingungen“ auch Geldleistungen an ArbN mit Unterhalts189
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pflichten, wenn und weil sie ArbN mit Kindern zur Arbeitsaufnahme motivieren sollen (EuGH 13.7.1995, C-116/94-Meyers Rn 21 f). 144 Das Diskriminierungsverbot verpflichtet den ArbG allerdings nicht, die Arbeitsbedingungen für Frauen zu erleichtern, auch nicht für Frauen mit kleinen Kindern. § 3 verpflichtet die ArbG also weder dazu, Teilzeitbeschäftigungen anzubieten oder aufrechtzuerhalten noch flexible Arbeitszeiten zu möglichen oder eher einen Betriebskindergarten als eine Betriebssportanlage zu finanzieren. Auch § 8 verpflichtet die ArbG nicht dazu. Nur wenn der ArbG Teilzeitarbeit anbietet, darf er bei diesem Angebot nach § 3 nicht aufgrund des Geschlechts benachteiligen; allenfalls könnte er das Angebot primär an Arbeitssuchende richten, die Kinder zu betreuen haben. 145 Fraglich sind oft auch die Rechtsfolgen, insb ob eine diskriminierende Weisung sogleich nichtig ist, oder vorerst wirksam und zu befolgen ist. § 12 Abs 6 gibt dem Diskriminierten den Anspruch auf Gewährung der gleichen Arbeitsbedingungen, was hier wohl die Rücknahme der Weisung bedeutet (zB der Versetzung). Nach der allg Regel sind gesetzwidrige Weisungen aber stets unwirksam. Dies kann und muss auch für Weisungen gelten, die § 3 verletzen; vgl Rn 29. Fraglich sind die Rechtsfolgen auch, wenn die ArbN wegen Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen selbst kündigt, insb vorzeitig austritt. Jedenfalls eine unmittelbare Diskriminierung, die dem ArbG auch subjektiv vorwerfbar ist, kann bei entsprechendem Gewicht einen wichtigen Grund geben. Da dann die gleichen Arbeitsbedingungen nicht mehr hergestellt werden können, besteht (nur) Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens (§ 12 Abs 6). Allerdings ist höchst fraglich, wie dieser zu bemessen ist. Die Grenzen des § 12 Abs 1 und 5 werden hier wohl nicht (analog) herangezogen werden können, weil sie den ArbG ja nur davor schützen sollen, eine nicht vorgenommene Besserstellung finanziell voll abgelten zu müssen. 2. Anwendungsfälle 146 Unmittelbare Diskriminierung bei der Zuweisung von Arbeitsaufgaben kann vorliegen, wenn die Verteilung von unangenehmen oder wenig angesehenen Zusatzaufgaben (zB Zubereitung von Kaffee oder Aufräumarbeiten) unter sonst vergleichbaren ArbN erkennbar nach dem Geschlecht erfolgt. Der ArbG diskriminiert, wenn er die 190
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für den Aufstieg bedeutsame jährliche Beurteilung jenen Frauen verwehrt, die im Mutterschaftsurlaub waren (EuGH 30.4.1998, C-136/95-Thibault). Der wichtigste Fall der Z 6 ist wohl eine verschlechternde Veränderung der Arbeitsbedingungen: die Auswahl unter mehreren ArbN, die für eine verschlechternde Versetzung in Betracht kommen, wird aufgrund des Geschlechtes getroffen, oder jemand wird aufgrund des Geschlechtes verschlechternd versetzt. § 12 Abs 6 gibt dann den Anspruch auf Gleichbehandlung, und damit auf Rücknahme der Versetzung und uU neue diskriminierungsfreie Auswahl, oder auf Ersatz des Vermögensschadens. Die Gleichstellung des Anknüpfens an den Ehe- und Familienstand mit der Unterscheidung aufgrund des Geschlechtes führt zu Problemen (vgl Rn 41 ff). ME ist es aber (dennoch) zulässig, bei der Änderung der Arbeitsbedingungen, die sich auf die Kinder deutlich auswirken (zB Versetzung an einen weit entfernten Ort, eine für Betreuung ungünstige Arbeitszeit), bei der Auswahl zwischen mehreren ArbN an das Vorhandensein dieser Kinder anzuknüpfen. Angeknüpft wird dann nämlich nicht an den Familienstand, sondern an die Betreuungspflichten und -aufgaben der Eltern. Soweit darin eine vermutete Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes liegt (zB weil Frauen häufiger betreuen), kann diese mit zwei Erwägungen gerechtfertigt werden. Zum einen muss es dem ArbG schon aus betrieblichen Gründen erlaubt sein, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern, um gute Arbeitskräfte zu halten oder die Motivation zu verbessern. Zum anderen darf hier auch der einzelne ArbG ein sozialpolitisches Ziel verfolgen, nämlich die Unterstützung von ArbN mit Partner/in und Kindern bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie iwS. Primär wird der ArbG aber die Wünsche der ArbN ermitteln und bei sonst gleicher Lage berücksichtigen müssen. Eine vermutete Benachteiligung kann vorliegen, wenn Teilzeitbeschäftigte andere – unangenehmere oder weniger interessante – Arbeitsaufgaben zugewiesen bekommen als Vollzeitbeschäftigte, oder wenn bei ihnen Arbeit und Arbeitszeit deutlich strenger kontrolliert werden. Der ArbG darf bei der Zuteilung aber berücksichtigen, ob für eine Aufgabe eine längere Anwesenheit – etwa wegen der Zusammenhänge oder weil Kunden Wert darauf legen, nach Möglichkeit immer dieselbe Person ansprechen zu können – wirklich erforderlich ist; bloße Nützlichkeit wird nicht ausreichen. Eher kompliziert ist die Lage in Bezug auf die Behandlung einer 147 Arbeitsfreistellung aus Anlass von Schwangerschaft oder für Müt191
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ter und Väter von kleinen Kindern. Auszugehen ist von der RL zum Mutterschutz 92/85/EG. Sie sieht in Art 8 einen – kurzen – Mutterschaftsurlaub im Ausmaß von mindestens 14 Wochen vor. Von diesem Mutterschaftsurlaub nach Art 8 RL 92/85 scharf zu trennen ist eine – bezahlte oder unbezahlte – Freistellung von der Arbeit für junge Eltern. Die RL zum Elternurlaub 96/34/EG bestimmt in Art 2 den Elternurlaub als Freistellung von Müttern und Vätern, „damit sie sich … um dieses Kind kümmern können.“ Diese RL verlangt auch einen Elternurlaub im Ausmaß von zumindest drei Monaten. Zu diesem Elternurlaub zählt insb die Karenz gem § 15 MSchG. Die beiden genannten RL und die RL 86/378 zu betrieblichen Sozialsystemen enthalten dann zusätzliche Vorschriften für die Lage während und nach Ende des Mutterschafts- bzw Elternurlaubes sowie für die Behandlung der Freistellungszeiten für andere Fragen (zB Anwartschaft für Betriebspension; dazu Rn 178). Neben diesen Sonderbestimmungen (und deren allfällige Ausführung in das nationale Recht) gilt aber auch das allg Diskriminierungsverbot des § 3 in Bezug auf die Behandlung der Freistellungen (und „im Hintergrund“ Art 2 Abs 7 GleichbRL). Für den Mutterschaftsurlaub bestimmt Art 11 der RL 92/85, dass für die Zeit dieses Urlaubs (also während seiner Dauer) die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte sowie die Fortzahlung des Entgelts oder eine angemessene Sozialleistung gewährleistet sein müssen. Für den Elternurlaub fehlt eine solche Anordnung, und es ist – natürlich – keine Diskriminierung, wenn der ArbG während dieser zusätzlichen Freistellung kein Entgelt bezahlt (vgl auch EuGH 27.10.1998, C-411/96-Boyle Rn 76 ff). Für den Mutterschaftsurlaub bestimmt Art 2 Abs 7 S 2 GleichbRL: „Frauen im Mutterschaftsurlaub haben nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs Anspruch darauf, an ihren früheren Arbeitsplatz oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz unter Bedingungen, die für sie nicht weniger günstig sind, zurückzukehren, und darauf, dass ihnen auch alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten, zugute kommen.“ Wird einer ArbN nach Ende einer Mutterschaftskarenz auf Dauer eine schlechtere Arbeit zugewiesen als anderen vergleichbaren Kollegen oder Kolleginnen, so liegt darin eine unmittelbare Diskriminierung. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass (1) eine gewisse Zeit für das Wiedereinarbeiten erforderlich sein kann, und (2) die Arbeit vielleicht nicht sofort umdisponiert werden kann. Die Beurteilung, ob diskriminiert wird, kann dann erst nach Ablauf einiger Zeit erfol192
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gen (wenig differenzierend Smutny/Mayr, 271 f). Art 2 der Elternurlaubs-RL verlangt überdies, dass die Eltern gegen Entlassungen wegen des Elternurlaubes geschützt werden (Art 2 Abs 4). Die GleichbRL verlangt nun in Art 2 Abs 7 (3) S 3 auch für den Elternurlaub, dass ArbN nach dessen Ende an ihren früheren oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz zurückkehren können, uzw bei gleich günstigen Arbeitsbedingungen wir vorher; ein Verstoß gegen diese Vorgabe stellt aber mE keine unmittelbare Diskriminierung dar. Die Vorgaben von Art 2 Abs 5 und Abs 6 der RL 96/34 bleiben hingegen hinter der GleichbRL zurück: Vorgesehen ist nur die Rückkehr an einen zumindest gleichwertigen Arbeitsplatz und die Wahrung der bei Antritt des Urlaubs bereits erworbenen Rechte und Anwartschaften, nicht aber unbedingt gleich günstige Arbeitsbedingungen. Fraglich ist, wie ein – über den Mutterschaftsurlaub iSd RL hinausgehender – Elternurlaub bei dienstzeitabhängigen Ansprüchen – zB bei Einstufung in den KollV, Abfertigung alt, Anwartschaft für die Betriebspension oder für eine Sozialplanabfertigung – zu behandeln ist. Die RL 96/34 verlangt keine Anrechnung. Die Nichtanrechnung ist auch keine unmittelbare Diskriminierung. Die GleichbRL verlangt aber in Art 2 Abs 7 (3) S 3, dass ArbN auf einen zumindest gleichwertigen Arbeitsplatz unter nicht weniger günstigen Bedingungen zurückkehren können, und dass sie Anspruch auf alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen haben, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten. Daraus folgt mE aber noch nicht die Pflicht des ArbG, die Zeiten des Elternurlaubes auch bei dienstzeitabhängigen Ansprüchen zu berücksichtigen (aA Schindler, DRdA 2004, 532). Die genannte Bestimmung will nur erreichen, dass in der Zwischenzeit eingetretene Verbesserungen der Arbeitsbedingungen auf die ArbN, welche Elternurlaub hatten, angewendet werden, wie eine Erhöhung des überkollektivvertraglichen Entgelts für diese Arbeitsplätze (in den meisten anderen Mitgliedstaaten gibt es keine Gleichbehandlungspflicht); der Wortlaut verlangt aber nicht, dass die Zeit des Elternurlaubes so behandelt wird als wäre gearbeitet worden. Dies gilt insb für jene Fälle, in denen die Anrechnung selbst durch die Erhöhung des Multiplikators schon ein Entgelt darstellt, wie bei Betriebspensionen oder Abfindungen, weil die Anrechnung hier kein Vorteil ist, auf den die ArbN während der Abwesenheit Anspruch gehabt hätten. Ähnliches müsste wohl auch zur Frage gelten, ob schon die RL die Anrechung bei der Einstufung in das dienstzeitabhängige Ge193
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haltsschema verlangt (so Schindler, DRdA 2004, 536). Bei beiden Fallgruppen ist fraglich, inwieweit ein Nichtanrechnen des Elternurlaubes eine mittelbare Diskriminierung ist. Eine mittelbare Benachteiligung wird wohl zu bejahen sein. Diese kann aber bei der Betriebspension ohne Zweifel gerechtfertigt werden, weil diese ja nachbezahltes Entgelt ist, und daher auch nur für Zeiten mit Entgeltanspruch gebühren muss. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn andere vergleichbare Zeiten ohne Entgeltanspruch auf die Anwartschaft angerechnet werden. Auch beim Sozialplan kann die Nichtanrechnung wohl gerechtfertigt werden (aA Schiek, NZA 2004, 875; für Unzulässigkeit auch BAG 12.11.2002 – 1 AZR 58/02 = NZA 2003, 1287). In Bezug auf die Einstufung wird man die Tatsache, dass es sich um einen Elternurlaub – und nicht um eine andere Unterbrechung – jedenfalls bei der Frage der Rechtfertigung berücksichtigen können. 148 Fraglich ist ferner, inwieweit der ArbG durch unternehmensinterne Schutzvorschriften Angehörige eines Geschlechtes, insb Frauen, von bestimmten Arbeitsbedingungen fernhalten darf, die er oder viele als unangenehmer ansehen, etwa Nacht-, Schicht- oder Wechseldienst. Der Ausschluss der Frauen verringert dann oft deren Chancen auf Einstellung, uU auch auf Aufstieg. Der EuGH hat zum Problem in der E zum Nachtarbeitsverbot Stellung genommen und dieses als unzulässige Diskriminierung untersagt (EuGH 25.7.1991, C-345/89-Stoeckel). Benachteiligungen bei den Arbeitsbedingungen sind nämlich nur soweit zulässig, als sie zum Schutz der Frau bei Schwangerschaft und Mutterschaft notwendig sind; das Nachtarbeitsverbot dient dem nicht. Nicht relevant ist dafür, dass Frauen die Hauptlast der Kinderbetreuung tragen, weil die GleichbRL nicht die Aufgabenverteilung in der Familie zum Gegenstand hat. Die Erwägungen des EuGH sind auch für ArbG und KollV relevant. Sie zeigen, dass Schutzvorschriften zugunsten von Frauen letztlich nur zulässig sind, wenn sie Schwangere und Wöchnerinnen gegen spezifische Gefahren schützen oder aber bei jungen Müttern die besondere Verbundenheit mit dem Kind schützen (§ 5 Rn 16). Alles andere ist unzulässig. 149 Probleme bereitet die Zuordnung innerhalb des § 3, wenn der ArbG aufgrund des Geschlechtes schlechtere Arbeitsbedingungen bietet. Ein Anspruch auf Gewährung der besseren Arbeitsbedingungen besteht nach § 12 nämlich nur bei Z 6, nicht aber bei Z 1 und 194
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5 (Rn 2). Bietet der ArbG aufgrund des Geschlechtes nur ein befristetes Arbeitsverhältnis an, und kommt es nicht zu einem Vertragsabschluss, so ist wohl § 3 Z 1 einschlägig – mit der Folge, dass der Unternehmer nur den Vermögensschaden ersetzen muss. (Die Grenzen des § 12 Abs 1 S 2 greifen, jedenfalls wenn das Angebot des ArbG abgelehnt wurde.) Kommt es hingegen zum Abschluss des befristeten Vertrages, dann könnte man dies Z 6 zuordnen. Gem § 12 Abs 6 besteht dann Anspruch auf Gewährung der gleichen Arbeitsbedingungen und damit auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis: die Befristung ist unwirksam (die Alternative wäre die Zuordnung zu Z 7; vgl Rn 152). Allerdings wird dem ArbG damit für die Zeit nach Ablauf der Frist ein Vertragspartner auferlegt, den er insoweit nicht selbst ausgesucht hat. Der EuGH hat dies aber bei Nichtverlängerung aufgrund von Schwangerschaft nicht berücksichtigt (Rn 69, 150). Parallel zum zuvor Gesagten fällt auch eine diskriminierende auflösende Bedingung unter Z 6. Aus ähnlichen Gründen fällt die Vereinbarung einer Probezeit nur für Frauen unter § 3 Z 6. Eine unmittelbare Diskriminierung wird vorliegen, wenn deutlich erkennbar ist, dass der Anteil von Vereinbarungen einer Befristung und/oder einer Probezeit bei ArbN des einen Geschlechtes deutlich höher ist (§ 5 Rn 73). Bei der Vergleichbarkeit kommt es primär auf die Arbeitsaufgaben, aber auch auf die Alterskohorte an. Die unmittelbare Diskriminierung kann nicht gerechtfertigt werden. Regelungen in KollV oder AGB, welche den Kündigungsschutz 150 verstärken oder die ordentliche Kündigung ausschließen, fallen unter Z 6, weil es nicht um eine Entscheidung im Einzelfall geht. Die Verbesserung wird meist an eine bestimmte Vordienstzeit im Unternehmen geknüpft (Wartefrist). Dies kann eine vermutete Benachteiligung sein, wenn und weil erheblich mehr Angehörige des einen Geschlechtes diese Wartezeit erreichen. Die Wartefrist kann aber nicht nur beim gesetzlichen Kündigungsschutz (dazu EuGH 9.2.1999, C-167/97-Seymour-Smith Rn 70 ff), sondern wohl auch bei Regelungen durch KollV oder des ArbG an sich durch legitime sozialpolitische Ziele gerechtfertigt werden. Es kommt aber auf die Details an. Leicht zu rechtfertigen ist die Bindung der Unkündbarkeit an eine längere Frist. Der ArbG kann nämlich nicht alle ArbN unkündbar stellen, und es ist ein legitimes sozialpolitisches Ziel, nur jene ArbN unkündbar zu stellen, welche dem Unternehmen lange verbunden sind und auch deshalb größere Schwierigkeiten 195
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am Arbeitsmarkt haben könnten. Auch hier sind aber Zeiten eines Mutterschaftsurlaubes ieS (Rn 147) als Dienstzeit anzurechnen (für Zeiten des darüber hinausgehenden Elternurlaubes besteht diese Pflicht nicht). Und eine längere Wartefrist für Teilzeitbeschäftigte, die Frauen benachteiligt, kann wohl auch hier nicht gerechtfertigt werden. Werden andere, weniger weit gehende Verbesserungen des Kündigungsschutzes an eine Wartefrist geknüpft, so muss eine vermutete Benachteiligung durch ein legitimes unternehmerisches Ziel erfordert werden. Sie kann jedenfalls nicht ohne weiteres mit der Förderung der Einstellung von ArbN gerechtfertigt werden (EuGH Seymour-Smith Rn 76). Sieht der KollV geringere Rechte bei Beendigung für jene ArbN vor, die in Klein(st)unternehmen beschäftigt sind, so liegt darin eine vermutete Benachteiligung, falls der Anteil der weiblichen ArbN in diesen Unternehmen wesentlich größer ist als in den anderen Unternehmen des KollV. Auch beim KollV kann eine solche Regelung aber wohl durch objektive Faktoren gerechtfertigt werden, welche die kleinen Unternehmen entlasten sollen (so EuGH 30.11.1993, C-189/91-Kirsammer-Hack zum Gesetz). Auch die Nichterneuerung eines befristeten ArbV fällt unter Z 6. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, falls der Vertrag wegen der Schwangerschaft nicht erneuert wird (EuGH 4.10.2001, C-438/99-Jiménez Melgar). Der EuGH bejaht dann die Verlängerung; das nähert sich dem Zwang zum Vertragsabschluss, den das Gemeinschaftsrecht sonst nicht vorschreibt; allerdings hat der ArbG hier zumindest beim Einstellen selbst entscheiden können. Haben die ArbN das Recht, Teilzeitarbeit nur vor dem Erreichen der Altersgrenze für die gesetzliche Rente in Anspruch zu nehmen, und liegt diese Altersgrenze bei Männern um 5 Jahre höher als bei Frauen, so sieht der EuGH darin eine Benachteiligung der Frauen, weil diese nach Erreichen des 60. Lebensjahres kein Recht auf Teilzeitarbeit mehr haben. Er prüft nur eine mittelbare Diskriminierung, hält aber die vorgebrachten Rechtfertigungsgründe nicht für ausreichend, auch nicht, dass die Frau schon Anspruch auf volle Rente hat (EuGH 20.4.2003, C-187/00-KutzBauer Rn 53 ff). Ebenso ist es unzulässig, den Anspruch auf Altersteilzeit (die besondere Vorteile hat) davon abhängig zu machen, dass vorher mehrere Jahre Vollzeit gearbeitet wurde (EuGH 11.9. 2003, C-77/02-Steinicke). 151 Im Arbeitsleben wird seit einigen Jahren häufig von Mobbing gesprochen. Will man den Begriff nicht beliebig und inflationär für 196
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jede als unangenehm empfundene Arbeitssituation verwenden (dagegen treffend OGH 18.9.1997, 8 Ob A 285/97p), so fällt unter Mobbing nur das Ensemble von systematischen und länger andauernden Handlungen, welche die Arbeitssituation einer Person verschlechtern sollen. Als typische Handlungen des Mobbing werden genannt: Beeinträchtigungen der Möglichkeiten zur Kommunikation und des Informationsempfanges, Angriffe auf die Arbeitsaufgaben, die sozialen Beziehungen oder das Ansehen, allg das Schaffen eines Unwohlbefindens am Arbeitsplatz. Das GlBG erfasst in den §§ 6 und 7 einen beträchtlichen Teil dessen, was als Mobbing gesehen wird. Das GlBG verbietet hier nicht nur die sexuelle Belästigung, sondern auch eine Belästigung durch andere geschlechtsbezogene Verhaltensweisen ausdrücklich, und dies auch bei Belästigung durch andere ArbN. Unter § 3 können daher nur jene Mobbingfälle fallen, die nicht bereits unter § 6 oder § 7 zu subsumieren sind. Praktisch relevant werden kann § 3 wohl nur, wenn mehrere Angehörige desselben Geschlechtes in gleichförmiger Weise gemobbt werden. Dann lassen sich Verhaltensmuster erkennen, die für ein Glaubhaftmachen nach § 12 Abs 12 ausreichen könnten. Der Anspruch aus § 12 Abs 6 geht auf Unterlassen des Mobbing oder auf Maßnahmen des ArbG zum Schutz vor Mobbing seitens anderer ArbN. Fühlt sich nur eine Person gemobbt, dann wird es kaum gelingen auch nur glaubhaft zu machen, dass die Angriffe – die ja nicht geschlechtsbezogen iSd § 7 sind – gerade aufgrund des Geschlechtes erfolgen. Ist der Umgangston in einem Bereich, in dem überwiegend Männer arbeiten, für Frauen störend (oder umgekehrt), dann ist dies eine Frage des § 7 (oder § 6) aber nicht des § 3. VIII. Beendigung Literatur: Trost, Mittelbare Diskriminierung durch die Rechtsprechung zum allg Kündigungsschutz, in: Floßmann/Trost (Hrsg), Aktuelle Themen der Frauenpolitik (1994), 167; Trost, Anmerkung in ZAS 1996/1; Smutny/Mayr, 289 ff; Novak, Arbeitszeugnisse nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ELR 1998, 480; Novak, Entlassung aufgrund von Fehlzeiten während der Schwangerschaft, ELR 1998, 397; Schiek/Hortskötter, Kündigungsschutz via Diskriminierungsverbot, NZA 1998, 863; Eichinger, Grundsatz der Gleichbehandlung, in: Oetker/Preis (Hrsg), EAS B 4200 (Stand 1999), Rn 134 ff; Mayr, Vergleich zwischen teil- und vollzeitbeschäftigten ArbeitnehmerInnen bei der sozialen Auswahl, ELR 2000, 358; Frauscher, Halbe Abfertigung bei Beendigung des Ar197
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beitsverhältnisses aufgrund fehlender Kinderbetreuungseinrichtungen europarechtskonform!, RdW 2000, 326; Mayr, Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und Kündigung in Kleinbetrieben, RdW 2001, 44; Thüsing, Gleichbehandlung – Unzulässige Entlassung einer Schwangeren, DB 2001, 2451; Eichinger, Unterschiedliches Bezugsalter für Zahlungen aus einem Sozialplan – Diskriminierung von Männern?, RdW 2002, 297; Eichinger, Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens beim Kündigungsschutz: Mittelbare Frauendiskriminierung?, RdW 2002, 356; Schlachter, Schutz schwangerer Arbeitnehmerinnen, ZESAR 2003, 36; Urlesberger, ZAS 2005, 124 ff. 1. Anwendungsbereich der Z 7 und Rechtsfolgen 152 Unter § 3 Z 7 fällt, wie § 12 Abs 7 zeigt, jedenfalls die einseitige Beendigung, also jene durch Kündigung und die vorzeitige Beendigung aus wichtigem Grund. Auch die Beendigung des Probearbeitsverhältnisses fällt unter Z 7. Der ArbG kann also das Diskriminierungsverbot bei der Einstellung, falls er eine Person aufgrund eines missbilligten Merkmals nicht einstellen will, nicht dadurch aushebeln, dass er mit ebendieser Person ein Probearbeitsverhältnis schließt, dieses alsbald ohne Begründung auflöst und dann jemand anderen einstellt. Allerdings verpflichtet auch das Diskriminierungsverbot den ArbG nicht, eine einseitige Auflösung zu begründen. Fraglich ist, ob auch andere Formen der Beendigung unter Z 7 – und in der Folge unter § 12 Abs 7 – fallen, wie Ende durch Fristablauf oder Eintritt einer diskriminierenden auflösenden Bedingung. Der Wortlaut des § 3 Z 7 erfasst an sich jede Form der Beendigung. § 12 Abs 7 zeigt hingegen, dass dieser Tatbestand primär für Beendigung durch einseitige Willenserklärung des ArbG gedacht ist, bei der eine Anfechtung zur Reaktion notwendig ist; weil vor dieser Erklärung eben noch nichts vorhanden ist, was auf eine Diskriminierung hin geprüft werden könnte. Sowohl eine diskriminierende Befristung wie eine diskriminierende Bedingung kann man aber schon vor der Beendigung beurteilen. Man wird sie daher nicht unter Z 7, sondern unter Z 6 subsumieren. Lehnte man dies ab, so müsste man den Fristablauf und den Eintritt der auflösenden Bedingung in Bezug auf Abs 7 einer Kündigung gleichhalten und die Anfechtung zulassen. Hat eine Diskriminierung – etwa eine Belästigung – die ArbN zur Selbstkündigung veranlasst, so wird man auf diese Auflösungserklärung wohl § 12 Abs 7 analog anwenden, wenn und weil die Reaktion auf die Diskriminierung in engem 198
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Zusammenhang mit der Diskriminierung stand und daher noch der dieser zuzurechnen ist (§ 12 Rn 49 f). Zu Altersgrenzen vgl Rn 160. Die einvernehmliche Auflösung fällt grds nicht unter Z 6. Einzelfragen dazu können aber unter § 3 fallen, wie Unterschiede in verschiedenen Aufhebungsverträgen für ArbN in vergleichbarer Lage (zB bei Abfindungsangeboten). Regelungen, welche den Kündigungsschutz verstärken oder die ordentliche Kündigung ausschließen, fallen nicht unter Z 7, sondern Z 6 (Rn 150). Bei einer diskriminierenden Kündigung oder Entlassung ist neben 153 § 12 Abs 7 auch § 105 ArbVG anzuwenden. Dies ist schon wegen der Verständigung des Betriebsrates relevant. Die gekündigte ArbN kann also sowohl nach § 12 Abs 7 wie nach § 105 ArbVG anfechten, uzw nebeneinander; die ArbN wird dafür beide Anfechtungsgründe geltend machen müssen. Allerdings ist die Anfechtungsfrist nach ArbVG uU kürzer als nach § 15 GlBG. Die Anfechtung nach ArbVG ist praktisch bedeutsam, falls der ArbN die Diskriminierung nicht glaubhaft machen kann oder die Glaubhaftmachung widerlegt wird. § 12 Abs 7 sieht als Rechtsfolge die Anfechtung der Auflösungs- 154 erklärung vor, § 15 nennt dafür eine Frist von 14 Tagen ab Zugang der Erklärung. Das Gesetz schließt damit implizit aus, dass die diskriminierende Auflösungserklärung als nichtig gem § 879 Abs 1 ABGB anzusehen ist. Dies ist gemeinschaftsrechtlich bedenklich, weil eine Auflösung aus einem verpönten Motiv in anderen Fällen (von den Sonderfällen des § 105 ArbVG abgesehen) bisher als sittenwidrig angesehen wurde. Jedenfalls bedenklich ist aber die sehr kurze Frist, weil die schon vom Gemeinschaftsrecht missbilligten Auflösungserklärungen damit schlechter behandelt werden als – wertungsmäßig gleichstehende – sittenwidrige Erklärungen. Überdies sind die Fristen bei Auflösungen so kurz, dass sie eine Rechtsverfolgung sehr erschweren wenn nicht unmöglich machen; häufig wird nämlich nicht sofort erkennbar sein, dass eine Auflösung diskriminierte; vgl auch Rn 34. Der Ausschluss eines Anspruchs auf Entschädigung wegen persönlicher Beeinträchtigung gerade nur für die Beendigung verletzt wohl sowohl die GleichbRL (vgl Kletecˇka, Durchsetzung 107) wie Art 7 Abs 1 B-VG. Der ArbG hat daher auch bei diskriminierender Beendigung ideellen Schaden zu ersetzen (§ 12 Rn 49 f). Das Bestehen der Schadenersatzpflicht beseitigt nicht die Bedenken gegen die Kürze der Frist (anders § 12 199
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Rn 58), außer der ArbN könnte nach Ablauf der Anfechtungsfrist auch noch jenen Schaden einklagen, den er durch eine erfolgreiche Anfechtung vermieden hätte. 155 Fraglich ist, inwieweit bei Beendigung wegen deren finanzieller Auswirkungen neben dem GlBG Art 141 unmittelbar anwendbar ist. Laut EuGH fallen die Folgen einer Diskriminierung bei Beendigung nur teilweise unter die GleichbRL, weil auch Art 141 eingreifen kann. Der Schutz gegen Beendigung fällt, soweit es um ein Recht auf Fortsetzung oder Wiedereinstellung geht, unter die GleichbRL und damit nur unter § 3 Z 7 oder 6 GlBG. Soweit es (nur) um eine Entschädigung geht, fällt die Diskriminierung hingegen unter Art 141 (EuGH 9.2.1999, C-167/97-Seymour-Smith Rn 36 f). Das GlBG gibt bei diskriminierender Kündigung keinen gesetzlichen Anspruch auf Entschädigung. Und auch sonst gibt das österr Arbeitsrecht bei ungerechtfertigter Kündigung keinen gesetzlichen Anspruch auf Entschädigung, sondern nur ein Anfechtungsrecht (§ 105 ArbVG). Bei diskriminierender Kündigung ist daher nur die GleichbRL sowie aus dem GlBG § 3 Z 7 sowie § 12 Abs 7 einschlägig. Die Beschränkung auf die Anfechtung genügt der GleichbRL seit deren Änderung 2002 nicht mehr, weil die RL in Art 6 Abs 2 nun stets Ersatz des Schadens verlangt (Kletecˇka, Durchsetzung 94; § 12 Rn 49 f). 156 Auch bei diskriminierender Entlassung gibt das GlBG nur das Anfechtungsrecht. Das österr Recht gibt bei ungerechtfertigter Entlassung ansonsten aber primär ein Recht auf Entschädigung (Kündigungsentschädigung); vgl zB § 29 Abs 1 AngG. Diese Entschädigung wird daher auch bei diskriminierender Entlassung zustehen, erstens weil auch diese ohne wichtigen Grund erfolgt, und zweitens weil die Rechtsfolgen bei diskriminierender Entlassung nicht schwächer sein dürfen als bei vergleichbaren Sachverhalten nach nationalem Recht. Die ArbN haben bei diskriminierender Entlassung daher die Möglichkeit, zwischen der Kündigungsentschädigung und der Anfechtung nach § 12 Abs 7 zu wählen (Wahlrecht); vgl auch § 12 Rn 50. Die Entschädigung fällt unter § 3 Z 2 und Art 141 EGV. 2. Unmittelbare Diskriminierung 157 Bei Einzelentscheidungen kommt eine unmittelbare Diskriminierung insb bei Beendigung auf Grund der Schwangerschaft in Be200
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tracht. Eine Kündigung auf Grund der Schwangerschaft oder aus einem im Wesentlichen auf der Schwangerschaft beruhenden Grund ist nach der RL 76/207 unzulässig (EuGH 5.5.1994, C-421/92-Habermann-Beltermann Rn 13–15; 14.7.1994, C-32/93-Webb Rn 18 f; 4.10.2001, C-109/00-Tele Danmark); auch die Arbeitsschutz-RL 92/ 35/EWG verbietet dies. Das Verbot gilt auch bei Täuschung über die Schwangerschaft bei Vertragsschluss durch die ArbN, selbst wenn die ArbN dann während des befristeten Arbeitsverhältnisses nicht tätig werden darf (Rn 69). Und es gilt auch, wenn die nun schwanger gewordene ArbN zur Vertretung einer Schwangeren eingestellt worden ist (EuGH E Webb). Diese Verbote gehen aber nicht über die Verbote des MSchG hinaus. Überdies ist es unzulässig, schwangerschaftsbedingte Fehlzeiten während der Schwangerschaft oder eines Mutterschaftsurlaubes zur Begründung einer Kündigung wegen Krankheit heranzuziehen (EuGH 30.6.1998, C-394/96-Brown Rn 26; anders noch 29.5.1997, C-400/95-Larsson Rn 23). Dies kann in Bezug auf die Kündigungen nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubes auch in Österreich relevant sein. Als Mutterschaftsurlaub wird dabei nur jener nach der RL 92/85/EG zu verstehen sein, und nicht auch ein Elternurlaub (Karenz; vgl Rn 147). Es ist aber zulässig, krankheitsbedingte Fehlzeiten nach Ende des Mutterschaftsurlaubes auch dann zur Begründung der Kündigung heranzuziehen, falls die Krankheit durch Schwangerschaft oder Entbindung verursacht oder ausgelöst wurde (EuGH 8.11.1990, Rs 179/88Hertz Rn 16 f). Verboten sind nach der RL auch Diskriminierungen aufgrund des Geschlechtes, insb Schwangerer, nach der erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie beim Dienstzeugnis (EuGH 22.9.1998, C-185/97-Coote Rn 27 f). Unmittelbare Diskriminierung ist auch in anderen Fällen unzuläs- 158 sig. Schwierig kann dann – wie bei vielen Einzelentscheidungen – allerdings der Nachweis der Diskriminierung sein. Zur Auflösung auf Grund „geschlechtspolitischer“ Aktivitäten vgl Rn 38. Wird eine unverheiratete Frau wegen der Schwangerschaft gekündigt, so ist dies an sich auch dann eine Diskriminierung, wenn der ArbG eine religiös ausgerichtete Institution ist, welche ledige Schwangerschaften streng missbilligt. Fraglich ist, ob § 3 hier durch § 17 mit seinen besonderen Rechtfertigungsmöglichkeiten verdrängt wird. Dies ist abzulehnen, weil die Frau hier nicht aufgrund ihrer religiösen Überzeugung, sondern aufgrund der Schwangerschaft und damit des Geschlechtes benachteiligt wird, und es zu § 3 keinen 201
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Tendenzschutz des ArbG gibt (vgl auch § 17 Rn 19 ff, § 20 Rn 8 ff). Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes liegt wohl auch vor, wenn der ArbG wegen einer (geplanten) künstlichen Befruchtung, die er missbilligt, kündigt. 159 Der ArbG darf, wenn er mehrere ArbN kündigt, nicht nach dem Geschlecht auswählen. Das Gemeinschaftsrecht würde eine Ausnahme erlauben, wenn das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung ist, das GlBG hat von dieser Ermächtigung aber nicht Gebrauch gemacht (Rn 75; § 5 Rn 15). 160 Altersgrenzen (in KollV, Betriebsvereinbarung oder Einzelvertrag) fallen unter die GleichbRL (vgl deren Art 7). Innerhalb des § 3 sind sie wohl Z 6 zuzuordnen, weil die Rechtswidrigkeit unabhängig von einer Erklärung des ArbG erkennbar ist und allein die Rechtsfolge der Z 6 adäquat ist: eine diskriminierende Altersgrenze ist teilnichtig. Unmittelbare Diskriminierung liegt bei geschlechtsspezifischen Altersgrenzen für die Beendigung vor, falls bei deren Erreichen das Arbeitsverhältnis automatisch endet. Sie sind idR unzulässig, auch dann, wenn die Altersgrenze an das gesetzliche Renten- bzw Pensionsalter anknüpft (EuGH 26.2.1986, Rs 262/84Beets-Proper Rn 40; 26.2.1986, Rs 152/84-Marshall Rn 34 ff). Konsequenterweise ist dieselbe Altersgrenze für Frauen und Männer zulässig, auch wenn sie keine Rücksicht auf das gesetzliche Pensionsalter nimmt (EuGH 26.2.1986, Rs 151/84-Roberts Rn 25 f). Auch unterschiedliche Altersgrenzen für ein mit bestimmten Vorteilen verbundenes freiwilliges Ausscheiden sind unzulässig (EuGH 16.2.1982, Rs 19/81-Burton). Führt die Altersgrenze allerdings direkt zum Anfall einer Betriebsrente, so ist bei beiden Konstellationen Art 141 EGV einschlägig (EuGH 17.5.1990, Rs 262/88Barber Rn 13, 31). 3. Mittelbare Diskriminierung 161 Eine vermutete Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes bei der Beendigung kann in verschiedenen Formen auftreten. Zu denken ist daran, dass der ArbG bei verhaltens- oder personenbedingter Beendigung bei den Angehörigen des einen Geschlechtes einen strengeren Maßstab anlegt (zB bei der Feststellung und Ahndung von Fehlzeiten); dies wird sich schwer nachweisen lassen. Führt der vorhandene wichtige Grund nur bei einer Person – aufgrund des Geschlechtes – zur Entlassung, so wird die Entlassung nach § 12 202
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Abs 7 angefochten werden können und die Entlassung nicht nur in eine Kündigung mit Frist umzudeuten sein (dafür wohl Eichinger 344 mwN). Die Diskriminierung entzieht nämlich dem wichtigen Grund den Boden, weil der ArbG die Verfehlung bei anderen nicht so schwer wertet, sodass ein Recht auf Gleichheit im Unrecht hinzunehmen ist. Allerdings wird es schwierig sein, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes darzutun, dass das Geschlecht das überwiegende Motiv war. Auch Kriterien der Auswahl bei betriebsbedingter Kündigung 162 können benachteiligen. Es geht dabei primär um jene Fälle, in denen der ArbG ohne gesetzlichen Vorgaben (§ 105 Abs 3 ArbVG) auswählen kann, weil die Auswahlentscheidung oder die Kündigung nicht nach § 105 ArbVG anfechtbar ist. Dies ist insb der Fall, wenn kein Betriebsrat vorhanden ist, der Betriebsrat nicht ausdrücklich widersprochen hat (dann entfällt die Pflicht zur Sozialauswahl) oder wenn er zugestimmt hat. Nach allg Arbeitsrecht ist der ArbG dann zwar nicht verpflichtet, seine Auswahlentscheidung zu begründen. Das befreit aber nicht von der Unterwerfung unter das GlBG, und damit von der Kontrolle seiner Auswahlentscheidung anhand des GlBG. Unzweifelhaft ist dies, wenn der ArbG unmittelbar aufgrund des Geschlechtes entscheidet. In gleicher Weise sind aber auch anscheinend neutrale Kriterien darauf zu prüfen, ob sie zu einer mittelbaren Diskriminierung führen (vgl aus deutscher Sicht Linck, Großkommentar § 611a Rn 74 ff). Damit kann aber eine Auswahlentscheidung mit der Behauptung vor Gericht gebracht werden, der ArbG habe mittelbar diskriminierende Auswahlkriterien verwendet. Nach dem GlBG weitgehend unangreifbar ist es, wenn der ArbG allein nach der Leistung und dem Beitrag zum Betriebsergebnis auswählt, es sei denn, die geringere Leistung hat einen geschlechtsspezifischen Grund, der nach dem Gesetz nicht zum Nachteil berücksichtigt werden darf. Mutterschaftsbedingte Abwesenheiten dürfen daher nicht zum Nachteil verwertet werden (Rn 140). Im Übrigen kann der ArbG auch sozialpolitische Erwägungen anstellen, soweit diese mit dem GlBG vereinbar sind. Das Lebensalter als Kriterium ist aus der Sicht der Geschlechtsdiskriminierung unproblematisch (vgl aber § 17 Rn 35 ff). Die Dauer der Betriebszugehörigkeit bewirkt hingegen eine vermutete Benachteiligung der Frauen (Rn 141). Sie kann hier kaum gerechtfertigt werden (ähnlich Horstkötter/Schiek, NZA 1998, 865 f; aA Linck, Großkommentar § 611a BGB Rn 76). 203
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163 Problematisch könnte auch das Kriterium der Unterhaltslasten sein. Bislang wurde es primär unter dem Aspekt der mittelbaren Diskriminierung betrachtet, und daher als neutrales Kriterium geprüft (zB Smutny/Mayr, 313): Unterhaltspflichten gegenüber Kindern dürften berücksichtigt werden, soweit auch jene der Mütter berücksichtigt werden; Unterhaltsansprüche und wohl auch -pflichten gegenüber dem Ehepartner jedoch nicht, weil die Verteilung der Lasten hier der Disposition der Eheleute unterliege. Nun ist das Merkmal des Ehe- und Familienstandes allerdings dem Geschlecht selbst gleichgestellt worden, dh seine Verwendung begründet eigentlich eine unmittelbare Diskriminierung (Rn 41 ff). Diese kann nicht oder kaum jemals gerechtfertigt werden. ME ist es aber zulässig, die Unterhaltslasten gegenüber Kindern in die Auswahlentscheidung einzubeziehen (Rn 47), sofern auch die Unterhaltspflicht der Mutter (auch durch Haushaltsführung) berücksichtigt wird. Hier wird nicht direkt auf den Familienstand abgestellt, sondern auf die Unterhaltslast, und damit doch auf ein eher neutrales Merkmal. Die gegenteilige Auffassung würde überdies zu unsozialen Ergebnissen führen. Die Unterhaltslast gegenüber einem Ehepartner ist hingegen eher kein neutrales Merkmal, weil es unmittelbar mit dem Ehestand einhergeht (Rn 45). Sie darf daher mE bei der Sozialauswahl jedenfalls dann nicht berücksichtigt werden, falls der andere Teil keine Kinder zu betreuen hat. Werden Kinder betreut, und erschwert diese Betreuung eine eigene Erwerbstätigkeit des anderen Teils beträchtlich, dann könnte aber auch diese Unterhaltslast zu berücksichtigen sein. 164 Ein Unterhaltsanspruch der gekündigten ArbN gegenüber einem Ehepartner wird nicht – zum Nachteil der Gekündigten – berücksichtigt werden dürfen, weil dies typischerweise Frauen benachteiligt und kein unternehmerisches oder sozialpolitisches Erfordernis erkennbar ist, das die Berücksichtigung rechtfertigen könnte (vgl auch Eichinger, RdW 2002, 356; aA hingegen die deutsche Lehre; vgl Linck, § 611a BGB Rn 79 mwN). 165 Fraglich ist, ob voll- und teilzeitbeschäftigte ArbN bei der Auswahl grds vergleichbar sind. Der EuGH hat entschieden, dass der Gesetzgeber bei der betriebsbedingten Kündigung (nur) eines Teilzeitarbeitsplatzes die Vollzeitbeschäftigten nicht in die Sozialauswahl einbeziehen muss, weil dies die Teilzeitbeschäftigten bevorzugen würde (EuGH 26.9.2000, C-322/98-Kachelmann Rn 35; aA 204
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Mosler, DRdA 1999, 350 f). Der EuGH hat auch nicht verlangt, dass der ArbG im Rahmen der Gestaltungslast den Teilzeitbeschäftigten eine Vollzeitbeschäftigung als Alternative (mit der Folge der Kündigung einer weniger sozial schützenswerten Person) anbietet (kritisch Hervey, EC Law nach FN 215 mit dem Hinweis, dass va für Frauen eine Vollzeitbeschäftigung nicht immer wertvoller ist als eine Teilzeitbeschäftigung, und dass Gleichbehandlung daher erfordere, dass der ArbG nicht nur den Vollzeitbeschäftigten eine Teilzeitbeschäftigung, sondern auch den Teilzeitbeschäftigten eine Vollzeitbeschäftigung anbietet, ohne deshalb den Gesamtabbau an Arbeitskapazität zu reduzieren). Die E Kachelmann sagt aber nicht, ob der ArbG primär Teilzeitbeschäftigte kündigen darf oder den Wegfall des innerbetrieblichen Arbeitsbedarfes grds gleichmäßig auf Voll- und Teilzeitbeschäftigte aufteilen muss. Vor allem nimmt die E Kachelmann nur zum Fall Stellung, dass das nationale Gesetz den Vergleich von Teil- und Vollzeitbeschäftigten ausschließt. Gibt das nationale Recht dazu keine Vorgaben, dann gelten wohl nur die allg Regeln des § 3. In der österr Lehre wird oft pauschal gesagt, der ArbG dürfe die betriebsbedingte Kündigung nicht zum Abbau nur der Teilzeitbeschäftigten nutzen (Smutny/Mayr, 311 mwN). Dies ist so nicht überzeugend, falls dieser Abbau ein wichtiges Bedürfnis des Unternehmens ist, also einem erforderlichen unternehmerischen Konzept entspricht. Es geht hier primär um die Organisationsmöglichkeiten des Unternehmers (vgl auch Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 76); allerdings darf der ArbG dann in nächster Zeit keine Teilzeitbeschäftigten einstellen. In den übrigen Konstellationen wird der ArbG hingegen alle in Betracht kommenden ArbN einzubeziehen haben (ebenso Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 11) und die Reduktion des Arbeitsbedarfes auf Voll- und Teilzeitbeschäftigte soweit möglich proportional verteilen müssen. Kann die Kündigung nach § 105 ArbVG angefochten werden, so 166 sind allein die gesetzlichen bzw richterlichen Kriterien maßgebend. Der ArbG hat darauf keinen Einfluss, und er kann (anders als bei gesetzlich vorgesehenem Entgelt) eine Verletzung der GleichbRL durch die Kriterien des ArbVG auch nicht durch eigene Maßnahmen vermeiden (außer durch Nichtkündigung, was aber hier nicht relevant ist). Es ist durchaus möglich, dass die vom OGH gewählte Auslegung des Gesetzes zu einer mittelbaren Diskriminierung führt (zB Eichinger RdW 2002, 356 zur Berücksich205
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tigung eines Unterhaltsanspruches); dies ist aber hier nicht zu erörtern. Die vom ArbG aufgrund eines vom OGH vorgegebenen, aber mittelbar diskriminierenden Auswahlkriteriums ausgesprochene Kündigung ist dann zwar rechtswidrig; die von § 12 Abs 7 vorgesehene Rechtsfolge der Anfechtung wird aber nicht helfen, weil ja das Gericht dieses Kriterium fordert. Rechtschutz des einzelnen ArbN ist dann nur durch Klage auf Schadenersatz gegen den Staat möglich. Überdies kann jedes Gericht die Vereinbarkeit der (seiner) Auswahlkriterien mit der GleichbRL prüfen oder durch den EuGH prüfen lassen. Der OGH hat diese Frage noch nie aufgegriffen, obwohl schon länger Bedenken bestehen, und er daher wohl zur Vorlage an den EuGH verpflichtet gewesen ist und weiterhin ist. 167 Leistungen, die der ArbG dem ArbN bei freiwilligem Ausscheiden zu zahlen bereit ist, hat der EuGH 1982 der GleichbRL zugeordnet (EuGH 16.2.1982, Rs 19/81-Burton Rn 8), in späteren E jedoch dem Entgelt und damit nun Art 141 EGV (zB EuGH 27.6. 1990, C-33/89-Kowalska; 9.12.1999, C-167/97-Seymour-Smith; 9.12.2004, C-19/02-Hlozek Rn 39). Sie sind daher auch unter Z 2 oder 5 zu subsumieren. Dasselbe gilt für Leistungen, die der ArbG bei Kündigung (insb Massenkündigung) ohne gesetzliche Verpflichtung zahlt oder zu zahlen hat, also zB in einem Sozialplan oder KollV vorgesehene Abfertigungen (EuGH E Hlozek Rn 39 zu Sozialplan; dazu Urlesberger, ZAS 2005, 124 ff). Fraglich ist, ob Leistungen (eines Sozialplanes), die an das unterschiedliche gesetzliche Pensionsalter (55/60) anknüpfen, und daher für Frauen in jüngeren Lebensjahren in Betracht kommen als für Männer, unmittelbar diskriminieren. Der EuGH hat dies für ein Überbrückungsgeld, das bis zu fünf Jahre lang bis zum Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters gezahlt wird, verneint (E Hlozek Rn 48 f; anders die Generalanwältin), weil das Risiko der Arbeitslosigkeit jeweils in den letzten Jahren vor dem Pensionsalter besonders hoch sei, sodass 50-55jährige Frauen mit gleichaltrigen Männern sich nicht in einer vergleichbaren Lage befänden. Der Sozialplan verwende daher ein neutrales Kriterium! Dafür spreche auch, dass der Sozialplan nur eine vorübergehende Regelung treffe, und daher das unterschiedliche Pensionsantrittsalter nicht verfestige. Da der EuGH überdies spezifisch auf das Risiko der Arbeitslosigkeit abstellt, sind seine Erwägungen auf Betriebspensionen nicht übertragbar. 206
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XI. Betriebliches System der sozialen Sicherheit, insb Altersversorgung Literatur: Schrammel, Betriebspensionsgesetz – Kommentar (1992); Eichenhofer, Rechtsfragen zum Gleichbehandlungsgesetz (1993); Runggaldier, Rückwirkung neuerer Rechtsprechung, RdW 1994, 50; Weinmeier, EuGH zur geschlechtsspezifischen Berechnung von Betriebspensionen, ZAS 1994, 145; Kirschbaum, Neues zur Gleichbehandlung der Geschlechter bei Betriebspensionen. Weitere EuGH-Urteile in der so genannten „Barber-Nachfolge“, ZAS 1995, 37; Weinmeier, EU und Betriebspensionen: Eine Frage des Stichtages für die Beseitigung von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechtes, RdW 1995, 75; B. Gruber, Betriebspension und Gleichbehandlung, ecolex 1995, 273; ders, Betriebspensionen ohne geschlechtsbezogene Diskriminierung, ecolex 1995, 740; Gruber, Betriebspensionsrechtliche Auswirkungen von Karenz und Arbeitszeitreduktion, ZAS 1999, 97; Andresen (Hrsg), Arbeitsrecht der betrieblichen Altersversorgung (D, 1999); Wiederin, Pensionsalter und Altersgrenzen-BVG, SozSi 2000, 488; Runggaldier, Die Bedeutung des EU-Rechts für die Betriebspension, in: Tomandl (Hrsg), Der Einfluss des europäischen Rechts auf das Arbeitsrecht (2001) 63 ff; Wörister, Eigenständige Absicherung von Frauen. Entwicklungen in Österreich und aktuelle Reformvorschläge, SozSi 2001, 269; Steinmeyer/Bieback, Kommentierung des Art 141 und der RL 96/97/EG in Fuchs (Hrsg) Kommentar zum Europäischen Sozialrecht3 (2002); Blomeyer/Otto, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung3 (München, 2003); Runggaldier, Unisex Tarife auch für Betriebspensionen?, RdW 2004, 82; Raulf/ Gunia: Zwang zur geschlechtsneutralen Kalkulation in der betrieblichen Altersversorgung? NZA 2003, 534 ff; Spiegel, Auswirkungen des EG-Rechts auf das unterschiedliche Pensionsalter für Frauen und Männer, DRdA 2004, 3 ff, 116 ff; Körner, Unisex-Tarife und Entgeltgleichheitsgrundsatz bei der Riester-Eichel-Rente, NZA 2004, 760 ff; Hensche, Betriebliche Altersversorgung und Diskriminierungsverbot, NZA 2004, 828; Joussen, Europäische Vorgaben für Unisex-Tarif im Betriebsrentenrecht, ZESAR 2004, 315 ff; Urlesberger, Das unterschiedliche Pensionsantrittsalter als Rechtfertigungsgrund für weitere Ungleichbehandlungen?, ZAS 2005, 124 ff. 1. Allgemeines und Direktzusagen Leistungen aus einem betrieblichen System der sozialen Sicherheit 168 zählen grds zum Entgelt iSd Art 141 EGV und des § 3. Dies gilt insb 207
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für Leistungen zur Altersvorsorge (wichtig EuGH Defrenne II; 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka; 17.5.1990, Rs 262/88-Barber; OGH 23.4.2003, 9 Ob A 256/02s); Die Anwendbarkeit wird durch das Protokoll Nr 2 zum Vertrag von Maastricht bestätigt. Es gilt aber umfassend und daher auch für den Schutz gegen andere Risiken. Die RL 86/378/EG betreffend betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit, geändert durch RL 96/97/EWG, findet gem Art 4 Anwendung auf betriebliche Systeme, die Schutz gegen folgende Risiken bieten: Krankheit, Invalidität, Alter einschließlich vorzeitige Versetzung in den Ruhestand, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Arbeitslosigkeit, sowie Leistungen an Hinterbliebene von ArbN aufgrund des Arbeitsverhältnisses (vgl zur RL Steinmeyer/Bieback in: Fuchs (Hrsg), Kommentar zum Europäischen Sozialrecht3 (2002); GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 294 ff). Für Art 141 gilt nichts Anderes. Die RL 86/378/EG betraf ursprünglich nur Fragen, die innerhalb des Anwendungsbereiches des Art 141 liegen (EuGH E Barber Rn 42) und hatte daher nur eingeschränkte Bedeutung. Nach der Änderung durch die RL 96/97/EWG konkretisiert sie für ArbN das von Art 141 jedenfalls Verlangte (vgl Art 6 der RL), geht insofern aber wohl nicht über Art 141 hinaus. Zusätzlich enthält sie Regelungen für betriebliche Systeme für Selbständige. Sowohl die RL 86/378 als auch die RL 96/97 (Änderungs-RL) waren von Österreich umzusetzen. Österreich hat allerdings dazu nur Generalklauseln erlassen, jedoch keine konkreten Bestimmungen. 169 Im Vordergrund des Interesses stehen die Rechtsprobleme bei der betrieblichen Altersvorsorge einschließlich der nahe stehenden Risiken (Invalidität und Tod). Bei Krankheit, Arbeitsunfall und Berufskrankheit hat das Diskriminierungsverbot, soweit zu sehen, noch keine größeren Rechtsprobleme verursacht. Das Einbeziehen betrieblicher Altersvorsorge in Art 141 führt va zu drei schwierigen Problemen: Erstens wird die betriebliche Altersvorsorge in Staaten mit geschlechtsspezifisch unterschiedlichem Pensionsalter in der gesetzlichen Altersversorgung (so Österreich und Deutschland) daran anknüpfen wollen, was zu großen Friktionen führen kann. Zweitens wurden und werden die Beiträge zu Pensionskassen noch versicherungsmathematisch berechnet, sodass sie – auch bei gleichem Antrittsalter – wegen der deutlich höheren Lebenserwartung von Frauen für diese höher sind. Drittens geht es nach der Feststellung, dass jemand diskriminiert wurde, um die „Reparatur“ für Vergangenheit und Zukunft. Insb bei unzulässigem Ausschluss von 208
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Personen aus der betrieblichen Altersversorgung (zB Teilzeitbeschäftigte) führt die Beseitigung für die Vergangenheit zur Notwendigkeit, rückwirkend Jahre für die Betriebspension anzurechnen und zu finanzieren; bei der deutschen Post hat dies Hunderttausende betroffen und Milliarden gekostet. Auch die Notwendigkeit, das Anfallsalter der Männer und Frauen anzugleichen, bereitet beträchtliche Schwierigkeiten und Kosten. Die betriebliche Altersvorsorge ist in verschiedener Hinsicht abzu- 170 grenzen, uzw zum einen von allg Versorgungssystemen, für welche weder Art 141 noch die RL 86/378 gelten, dafür aber die RL 97/ 7/EG zur Gleichbehandlung in der sozialen Sicherheit. Diese Abgrenzung ist va wichtig, weil die RL 97/7 zwar auch die Gleichbehandlung nach dem Geschlecht verlangt, es in Art 7 Abs 1 lit a aber den Mitgliedstaaten erlaubt, „die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente oder Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen“ „von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen.“ Für die Abgrenzung (insb zur gesetzlichen Pensions- bzw Rentenversicherung) ist entscheidend, ob ein ausreichender Zusammenhang zwischen der Leistung (zB Altersrente) und einem bestimmten Beschäftigungsverhältnis zu einem bestimmten ArbG besteht (vgl Steinmeyer/Bieback, Art 141 Rn 25 ff; Grabitz/Hilf/Langenfeld EGV Art 141 Rn 48 f; GS/Curall/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 401 ff). Nach ständiger Judikatur gehört ein Versorgungssystem, „das im wesentlichen von der Beschäftigung abhängt, die der Betroffene ausübte“, zum Entgelt iSd Art 141 (zB EuGH 17.5.1990, Rs 262/88-Barber Rn 22 ff; 10.2.2000, C-50/96-Schröder Rn 27). Art 4 der RL 86/378 formuliert anschaulich: „wenn die Leistungen an ArbN gezahlt werden und infolgedessen als vom ArbG aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses an den ArbN gezahlte Vergütungen gelten.“ Der erforderliche Zusammenhang besteht insb bei Leistungen (Versorgungssystemen), die auf einem Vertrag des ArbG mit dem ArbN oder einer ArbNVertretung oder auf einseitiger Entscheidung des ArbG oder auf einem KollV beruhen. Daneben gilt Art 141 aber auch für gesetzlich geregelte Versorgungssysteme, die nur eine besondere Gruppe von ArbN, insb jene eines bestimmten ArbG erfassen, sofern die Leistung von der Dauer der erbrachten Dienste und der Höhe der bezogenen Entgelte abhängt (EuGH 28.9.1994, C-7/93-Beune Rn 16 ff, 43 ff; 29.11.2001, C-366/99-Griesmar Rn 34–37; 23.10. 2003, C-4/02-Schönheit Rn 56-63); Art 141 gilt daher auch für die 209
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gesetzlich geregelten Pensionen der französischen und der deutschen Beamten, und wohl auch der österreichischen (auch wenn Bemessungsgrundlage hier nicht das zuletzt bezogene Gehalt ist; vgl – zweifelnd – Runggaldier, Altersversorgung 70). Betriebliche Versorgungssysteme unterliegen dem Art 141 unabhängig davon, ob sie das allg System (Rentenversicherung) nur ergänzen oder aber – aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung – zur Gänze substituieren (EuGH E Barber Rn 28; 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 71; OGH 23.4.2003, 9 Ob A 256/02s), auch wenn der Staat ein System betrieblicher Altersvorsorge für obligatorisch erklärt (EuGH 6.10. 1993, C-109/91-Ten Oever Rn 10-12). Weitere Regeln zur Abgrenzung finden sich in Art 2 RL 86/378 idF RL 96/97. Der Anwendungsbereich des Art 141 wird im Zweifel weit gezogen, auch weil so die Ausnahme für das unterschiedliche Anfallsalter der RL 79/7 zurückgedrängt werden kann. In Österreich ist § 3 daher auch für gesetzlich geregelte Versorgungs- oder Zusatzversorgungssysteme für ArbN bestimmter ArbG anzuwenden (zB für Bundesbahn, Bundesforste und Bundestheater; Runggaldier, Altersversorgung 70). Art 141 wird auch für jene privatrechtlich organisierten Pensionsregelungen gelten, welche die Vorsorge nach ASVG ersetzen (vgl § 5 Abs 1 Z 3 ASVG). 171 Von privater Vorsorge ist der Anwendungsbereich des Art 141 primär dadurch abzugrenzen, ob der ArbG Vertragspartner ist. Art 2 Abs 2 RL 86/378/EG nimmt alle Versicherungsverträge aus, bei denen der ArbG nicht Vertragspartner ist. Dies lässt sich verallgemeinern. Darüber hinaus fallen auch vom ArbG organisierte Vorsorgesysteme nicht unter Art 141, sofern die Leistungen durch freiwillige Beiträge der ArbN finanziert werden (Art 2 Abs 2 RL 86/378). Art 141 gilt daher auch nicht für diese freiwilligen Beiträge der ArbN (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 90–92). Art 141 gilt für freiwillige Beiträge, die neben Beiträgen des ArbG oder obligatorischen Beiträgen der ArbN geleistet werden, auch dann nicht, falls daraus zusätzliche Leistungen finanziert werden (vgl Art 2 Abs 2 RL 86/378), aber wohl nur falls diese zusätzlichen Beiträge und Leistungen in einem gesonderten Rechnungskreis verrechnet werden (vgl E Coloroll Rn 91). 172 Handelt es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersvorsorge (Rn 170 f), so fallen alle Ausgestaltungen in den Anwendungsbereich von § 3 und Art 141 EGV: Leistungen (Pensionen), die der 210
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ArbG selbst zahlt (Direktpension bzw direkte Leistungszusage; EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 20-22), aber auch Leistungen, die er mittelbar zahlt (zB EuGH 9.10.2001, C-379/99-Menauer Rn 20 f), und damit insb eine Pensionskasse, die Leistungen aufgrund des ArbV erbringt (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 20 ff.; 24.10.1996, C-435/93-Dietz Rn 32); vgl zu den Leistungen Dritter näher Rn 186 ff. Dem Art 141 unterliegen ferner alle Leistungen eines Systems der betrieblichen Altervorsorge. Die Anwendbarkeit von Art 141 hängt nicht davon ab, dass sie schon unverfallbar sind. Zweifelhaft ist, ob Art 141 auch für Leistungen eingreift, zu denen der ArbG nicht verpflichtet ist (vgl EuGH 22.12.1993, C-152/91-Neath Rn 29 und 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 78, wo der EuGH entscheidend auf die Verpflichtung abstellt). Der OGH hat allerdings schon zum alten GlBG gesagt, dass auch jederzeit widerrufliche Leistungszusagen Entgelt iSd GlBG sind (OGH 19.3.1985, 4 Ob 31/85). Zuweilen sagt der ArbG eine Gesamtpension aus ASVG-Pension und Betriebspension in bestimmter Höhe zu (Gesamtzusage). Dies wird kaum ohne zumindest partielle Direktzusage des ArbG möglich sein, weil der Verpflichtete hier ja zumindest in bestimmten Umfang das Risiko einer Verringerung der ASVG-Pension trägt und die Pensionskasse dieses Risiko dem ArbG kaum abnehmen wird. Entsprechend der allg Regel (Rn 90) werden auch bei betrieblichen 173 Systemen der sozialen Sicherheit die Leistungen grds getrennt auf ihre Vereinbarkeit mit Art 141 zu prüfen sein, also jedenfalls getrennt nach den einzelnen, in Art 4 RL 86/378 getrennt genannten, Risiken wie Alter, Invalidität oder Hinterbliebenenleistungen. Die Leistungen bei Alter können aber wohl gemeinsam mit jenen bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand geprüft werden, weil die Risiken sehr eng verbunden sind, was auch in der Formulierung des Art 4 zum Ausdruck kommt. Ein Hauptproblem zu Betriebspensionen bei Art 141 war der Kreis 174 der Begünstigten und damit der Ausschluss mancher Gruppen. Unzulässig ist jedenfalls der Ausschluss der Teilzeitbeschäftigten vom Zugang zu einem betrieblichen Versorgungssystem, wenn darin eine mittelbare Diskriminierung liegt, weil dadurch deren Arbeitsstunde geringer entlohnt wird (EuGH 13.5.1986, Rs 170/ 84-Bilka Rn 31; 10.2.2000, C-50/96-Schröder Rn 29). Die Teilzeitbeschäftigten haben dann einen Anspruch auf „Anschluss“ an 211
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das betriebliche System, uzw grds auch für die Vergangenheit (Rn 179). Fraglich ist, inwieweit dies auch für nur geringfügig Beschäftigte iSd ASVG gilt. Der Ausschluss nur von geringfügigen Arbeitsverhältnissen war früher mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar; ob er es heute noch ist, erscheint zweifelhaft, wenn und weil auch die geringfügige Beschäftigung Versicherungszeiten nach ASVG begründet (Runggaldier, Altersversorgung 73 f). In der Praxis wird der Erwerb einer unverfallbaren Anwartschaft aber idR am Erfordernis der Wartezeit scheitern, das auch vor Art 141 Bestand hat. 175 Art 141 ist nicht nur auf Leistungen an die ehemaligen ArbN, sondern auch an deren Hinterbliebene anzuwenden (zB EuGH 9.10. 2001, C-379/99-Menauer Rn 18). Die unterschiedliche Behandlung von Frauen und Männern in Bezug auf die Witwer- und Witwenpension ist eine unmittelbare Diskriminierung und unzulässig (EuGH 25.5.2000, C-50/99-Podesta Rn 45). Der OGH hat dazu 1990 gemeint, der ArbG müsse nur in jenem langsamen Tempo anpassen, das auch der österr Gesetzgeber vorsah (OGH 19.12. 1990, 9 Ob A 219/90 unter Verweis auf Art II Abs 8 der 36.ASVGNovelle; ebenso OGH 11.8.1993, 9 Ob A 133/93). Im Anwendungsbereich des Art 141 haben Witwer zwar spätestens seit 1.1. 1994 (Rn 180) das Recht auf volle Gleichstellung, allerdings nur in Bezug auf jene Anwartschaften, die nach diesem Zeitpunkt erworben wurden (Rn 180), sodass für Witwer die Regelung des nationalen Rechts – betreffend die Angleichung – insgesamt günstiger ist. 176 Das zweite Hauptproblem waren unterschiedliche Anfallsalter für Männer und Frauen in jenen Staaten, in denen auch die staatliche Vorsorge (zB ASVG) ein höheres Anfallsalter für Männer kennt, das aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts an sich eine unmittelbare Diskriminierung der Männer darstellt. Die RL 86/378 hatte den Mitgliedstaaten ausdrücklich erlaubt, bei unterschiedlichem Anfallsalter im gesetzlichen System auch ein unterschiedliches Anfallsalter bei Betriebsrenten vorläufig zuzulassen. Die E Barber geht davon ab und hält ein unterschiedliches betriebliches Rentenalter grds für unvereinbar mit ex-Art 119 (EuGH 17.5.1990, C-262/88 Rn 32, 14), auch wenn jenes für Frauen geringer ist. Diese E stellt somit allein auf die Gleichheit beim Anfallsalter ab, und nicht auch auf Überlegungen zum Ausgleich von Benachteiligungen von Frauen im Erwerbsleben (wie dies häufig zum nationalen Recht 212
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erfolgte). Auf der anderen Seite berücksichtigt der EuGH aber auch nicht, dass die durchschnittliche Bezugsdauer einer Betriebspension bei Frauen selbst bei gleichem Anfallsalter aufgrund der höheren Lebenserwartung deutlich länger ist als bei Männern. Die E Barber betraf eine Betriebspension, die an die Stelle der staatlichen tritt (in Österreich selten; vgl aber § 5 Abs 1 Z 3 ASVG). Fraglich war dann, ob das unterschiedliche Anfallsalter zumindest dann gerechtfertigt ist, wenn die betriebliche Rente die gesetzliche nur ergänzen soll und beim Anfallsalter an das dort unterschiedliche anknüpft. Der EuGH hat ein Anknüpfen daran im Ergebnis jedoch abgelehnt (EuGH 14.12.1993, C-110/91-Moroni Rn 17 ff; ebenso OGH 23.4. 2003, 9 Ob A 256/02s). Gehen Frauen aber aufgrund der ges Regelung früher in Pension, so kann dies zu einer „ungleichen Lage“ (Rn 8) führen, was das Anknüpfen an das ges Anfallsalter rechtfertigte – insbes wenn ein gleiches Anfallsalter wiederum die Frauen benachteiligen würde (zB bei Übergang von leistungs- zu beitragsorientiertem System). Eine Bevorzugung von Frauen auch beim Anfallsalter wäre auch anhand von Art 141 Abs 4 EGV zu prüfen. In Deutschland wurde diese Lösung für eine gewisse Übergangszeit erwogen, die Subsumierbarkeit unter Art 141 Abs 4 wird aber wohl überwiegend abgelehnt (vgl Grabitz/Hilf/Langenfeld Art 141 Rn 80 f). Eine Regelung, die das Anfallsalter pauschal geringer ansetzt, fällt sicher nicht darunter, weil nicht erkennbar ist, wie diese zusätzliche Benachteiligung der Männer die Gleichstellung fördern sollte (vgl auch die Erwägungen in EuGH 29.11.2001, C-366/99Griesmar Rn 62 ff). Probleme bereiten häufig auch Regelungen, welche an das unter- 177 schiedliche Anfallsalter bei staatlichen Pensionen anknüpfen und in der Folge unmittelbar oder verdeckt nach dem Geschlecht differenzieren. Die von Art 7 Abs 1 RL 79/7 (Rn 170) den Mitgliedstaaten eröffnete Möglichkeit, Regelungen, welche auf dem unterschiedlichen Anfallsalter notwendig aufbauen, beizubehalten und erforderlichenfalls auch zu modifizieren (EuGH 23.5.2000, C-104/ 98-Buchner Rn 23 f; 4.3.2004, C-303/02-Haackert Rn 29 f), wird wohl nur selten Differenzierungen durch den ArbG oder den KollV rechtfertigen können, wenn man, wie der EuGH (Rn 176), davon ausgeht, dass das unterschiedliche Anfallsalter der gesetzlichen Pension ein unterschiedliches Anfallsalter bei den Betriebspensionen nicht rechtfertigt. Selbst bei einer Gesamtpensionszusage des ArbG wird der ArbG für seinen Leistungsteil das Pen213
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sionsalter nun gleich hoch ansetzen müssen (Runggaldier, Altersversorgung 79). Es ist daher auch unzulässig, einen Heizkostenzuschuss an das Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters von 65/60 zu knüpfen, weil die Verschiedenbehandlung (auch durch einen ArbG) nicht objektiv und notwendig an die gesetzliche Differenzierung geknüpft ist; der Bedarf bzw das Risiko, der durch den Zuschuss abgedeckt werden soll, hängt nicht notwendig mit dem gesetzlichen Anfallsalter zusammen (EuGH 16.12.1999, C-382/98Taylor Rn 28 ff). Unzulässig ist ferner ein unterschiedliches Höchstalter für anrechenbare Dienstzeiten, das sich am Anfallsalter der vorzeitigen Alterspension orientiert (bei Frauen wurden Dienstzeiten nur bis zum 55., bei Männern bis zum 60. Lebensjahr angerechnet; OGH 23.4.2003, 9 Ob A 256/02s). Keine Diskriminierung hat der EuGH hingegen gesehen, wenn der ArbG bei Frührente Männern mehr als gleichaltrigen Frauen zahlt, um so auszugleichen, dass Männer in diesem Zeitraum aufgrund eines unterschiedlichen Anfallsalters weniger oder noch keine staatliche Rente bekommen. Es fehle an einer vergleichbaren Lage (EuGH 9.11.1993, C-132/92-Birds Eye Walls Rn 17 f). Damit weicht der EuGH aber dem Problem aus; besser wäre es, eine Rechtfertigung zu prüfen und mit dem Argument zu bejahen, es handle sich um eine notwendige Maßnahme, um das notwendig gleiche Anfallsalter bei Betriebspensionen mit dem unterschiedlichen Anfallsalter bei gesetzlicher Rente zu koordinieren. Der OGH hat Abschläge für Frauen, wenn und weil sie bereits vor dem 60. Lebensjahr in Pension gehen konnten, nicht als Verstoß gegen das alte GlBG angesehen, (soweit und) weil dadurch nur der Tatsache Rechnung getragen wird, dass Frauen daher die Pension länger beziehen können (OGH 19.3.1985, 4 Ob 31/85). Diese Maßnahme ist wohl auch nach Art 141 EGV zulässig, vorausgesetzt die sonstige Berechnungsformel (vor dem Abschlag) ist für beide Gruppen gleich. 178 Neben dem Ausschluss bestimmter ArbN-Gruppen sowie dem Anfallsalter und dessen Folgen haben andere Fragen eine vergleichsweise geringe Rolle gespielt. Eine unmittelbare Diskriminierung stellt es dar, wenn Kindererziehungszeiten nur für Mütter die Anwartschaft erhöhen, und nicht auch für Väter, welche in gleicher Weise erzogen haben (EuGH 29.11.2001, C-366/99Griesmar Rn 52 f). Ebenso ist es unzulässig, eine vorzeitige Pension wegen unheilbarer Krankheit des Partners nur für weibliche ArbN und nicht auch für Männer vorzusehen (EuGH 13.12.2001, 214
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C-206/00-Mouflin Rn 31). Diese E müssen auch für Betriebspensionen gelten. Werden Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung für die Betriebspension nur in geringerem Ausmaß berücksichtigt als Zeiten der Vollbeschäftigung, so liegt darin eine vermutete Benachteiligung, falls diese Gruppe vergleichsweise erheblich mehr Frauen als Männer umfasst (EuGH 23.10.2003, C-4/02-Schönheit Rn 69 f). Die Benachteiligung ist allerdings objektiv gerechtfertigt, wenn die Pension wegen der Teilzeitbeschäftigung höchstens in jenem Ausmaß gekürzt wird, welches der geringeren Dienstleistung von Teilzeitbeschäftigten entspricht (E Schönheit Rn 90–96). Auch die Tatsache, dass Betriebsrenten für Frauen geringer sind, wenn und weil sie die Erwerbstätigkeit häufiger unterbrochen haben, kann daher keine mittelbare Diskriminierung sein (vgl EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 38 ff und 13.12.1994, C-297/94Grau-Hupka Rn 28, allerdings nicht zur Hauptfrage). Die Abhängigkeit vom Ausmaß der Beschäftigung ist hier sachlich, der ArbG ist nicht verpflichtet, die Auswirkungen persönlicher Entscheidungen auszugleichen. Fraglich ist ferner, ob Zeiten eines längeren Karenzurlaubes nach Geburt wie Arbeitszeit gewertet werden müssen. Man muss auch hier nach der Norm unterscheiden, welche zur Beurteilung herangezogen wird. In Bezug auf die RL 92/85 über den Karenzurlaub hat der EuGH gesagt, dass die Zeit eines Mutterschaftsurlaubes für eine Betriebspension auch angerechnet werden muss, wenn während dieser Zeit kein Entgelt bezogen wurde (EuGH 27.10.1998, C-411/96-Boyle Rn 85); dies gilt aber nur für den sehr kurzen Mutterschaftsurlaub dieser RL (Rn 147); dann ergeben sich daraus aber auch keine Folgen für längere Karenzen. Nach Art 6 der RL 86/378 liegt hingegen eine verbotene Diskriminierung vor, wenn durch einen gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegten Mutterschaftsurlaub oder Urlaub aus familiären Gründen das Aufrechterhalten oder der Erwerb von Anwartschaften für eine Betriebspension unterbrochen wird, falls der Urlaub vom ArbG bezahlt wird (Art 6 I g; vgl dazu EuGH 13.1.2005, C-356/05-Mayer). Es kommt also darauf an, ob der ArbG das Entgelt weiterzahlt. Da dies bei der Karenz iSd § 15 MSchG nicht der Fall ist, verlangen weder die RL 86/378 noch die 92/85, dass die Zeiten dieser Karenz auf Betriebspensionen angerechnet werden. Und auch aus Art 2 Abs 7 der GleichbRL folgt nicht, dass der ArbG für eine Betriebspension Zeiten des Elternurlaubes wie Arbeitszeiten, also als Anwartschaftszeit behandeln muss (Rn 147). 215
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2. Korrektur insb für die Vergangenheit 179 Der aus dem Diskriminierungsverbot Verpflichtete – meist der ArbG, aber auch eine Pensionskasse (Rn 172) – ist grds auch zur Gleichstellung für die Vergangenheit verpflichtet. Der EuGH lässt dabei jedenfalls für die Vergangenheit nur eine Angleichung nach oben zu, also bei unterschiedlichem Anfallsalter einen Anspruch der Männer auf Gleichbehandlung mit den Frauen. Denn bis zur Korrektur ist die bestehende Regelung das einzig zulässige Bezugssystem (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 32 f; 28.9.1994, C-408/92-Smith 14 ff; 28.9.1994, C-28/93-van den Akker Rn 16–18). Dies kann den Zahlungspflichtigen besonders bei betrieblichen Rentensystemen stark belasten. Es geht dabei weniger um Zahlungspflichten für die Vergangenheit, sondern weit stärker um die Frage, inwieweit der Verpflichtete für viele (ehemalige) ArbN nachträglich Anwartschaften begründen oder erhöhen und finanzieren muss. Aus der Sicht des allg Gemeinschaftsrechts sind dafür die Stichtage 8.4.1976 (Datum der Entscheidung Defrenne II) und 17.5. 1990 (Datum der Entscheidung Barber) relevant (Rn 183). Angleichung bedeutet etwa, dass dem diskriminierend vom betrieblichen System Ausgeschlossenen ab dem Stichtag (8.4.1976) nachträglich Dienstzeiten als Anwartschaften anzurechnen sind (zB EuGH 11.12.1997, C-246/96-Magorrian/Cunningham). Und bei unterschiedlichem Anfallsalter bedeutet Angleichung, dass (1) Männer bis zu einer anderen Regelung grds Anspruch auf Leistungen ab dem für Frauen geltenden Anfallsalter haben, oder doch (2) bei späterem Bezug ihre Pensionen so berechnet werden, als hätte auch für sie das Anfallsalter der Frauen gegolten (Rn 185). Art 2 Abs 1 der RL 96/97 (Änderungs-RL) bestimmt daher: „(1) Jede Maßnahme zur Umsetzung dieser RL in Bezug auf die unselbständig Erwerbstätigen muss alle Leistungen abdecken, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17. Mai 1990 gewährt werden, und gilt rückwirkend bis zu diesem Datum, unbeschadet der ArbN und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen, die vor diesem Zeitpunkt nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt haben. In diesem Fall müssen die Umsetzungsmaßnahmen rückwirkend bis zum 8. April 1976 angewandt werden und alle Leistungen abdecken, die für Beschäftigungszeiten nach diesem Zeitpunkt gewährt werden. …“ 180 Für Sachverhalte aus Österreich ist jedoch zu beachten, dass die Regeln, die der EuGH zu Betriebsrenten entwickelt hat, nur einge216
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schränkt gelten, weil Österreich erst 1994 beigetreten ist. Schon Art 2 Abs 3 der RL 96/97 (Änderungs-RL) hat in Bezug auf Anpassungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten (Rn 179) bestimmt: „Für Mitgliedstaaten, die nach dem 17. Mai 1990 der Gemeinschaft beigetreten sind und zum 1. Januar 1994 Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum waren, wird das Datum ‚17. Mai 1990‘ in den Absätzen 1 und 2 durch ‚1. Januar 1994‘ ersetzt.“ Der EuGH hat diesen Gedanken verallgemeinert und zu Finnland, das zeitgleich mit Österreich beigetreten ist, ausgeführt: Betrifft ein Sachverhalt Dienstzeiten, die sowohl vor als auch nach dem Beitritt zum EWR und zur EU zurückgelegt worden sind, so gilt der Grundsatz des gleichen Entgelts für diesen Mitgliedstaat gemäß Art 69 des EWR-Abkommens erst seit dem 1. Januar 1994, und damit nur für Dienstzeiten nach diesem Datum. Gemäß Art 6 dieses Abkommens ist Art 69, was seine zeitliche Anwendbarkeit auf ein Rentensystem der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art angeht, nämlich im Licht des Urteils Barber auszulegen (EuGH 12.9.2003, C-351/00-Niemi Rn 54). Daraus folgt: Das Gemeinschaftsrecht verlangt nicht, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz bei Betriebspensionen für Dienstzeiten vor dem 1.1.1994 in Anspruch genommen werden kann. Der EuGH überträgt also den tragenden Gedanken (und nicht das Datum) der Barber-Entscheidung, weil die ArbG in Finnland und Österreich vor dem Beitritt nicht davon ausgehen mussten, dass das Anfallsalter bei Betriebspensionen für Frauen und Männer gleich sein müsse. Das Gemeinschaftsrecht verbietet es allerdings nicht, dass der 181 Gleichbehandlungsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts nach nationalem Recht schon für frühere Dienstzeiten und Anwartschaften angewendet wird, die vor dem laut Gemeinschaftsrecht maßgeblichen Datum liegen, dass das nationale Recht dem Gleichbehandlungsgrundsatz also mehr an „Rückwirkung“ zumisst als das Gemeinschaftsrecht verlangt (EuGH 10.2.2000, C-50/96-Schröder Rn 46 ff; 10.2.2000, C-270/97-Sievers Rn 48 ff). In Österreich kommt es demzufolge primär darauf an, ob eine bestimmte Ungleichbehandlung, die heute unter Art 141 fällt, schon vor 1994 verboten war, und welche Rechtsfolge damals daran geknüpft war. Dies lässt sich nicht allg und pauschal beantworten, sondern nur für die einzelnen Fragen. Es gibt aber keine Anzeichen dafür, dass insb der Ausschluss von Teilzeitbeschäftigten und ein unterschiedliches 217
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Anfallsalter bereits vor dem Beitritt zum EWR unabhängig vom Gemeinschaftsrecht rechtlich bedenklich gewesen wären (OGH 23.4.2003, 9 Ob A 256/02s nimmt dazu nicht Stellung). Insb kann der Inhalt des Gemeinschaftsrechts nicht in den 1990 in Kraft getretenen § 18 BPG hineingelesen werden (aA Sturm Rn 24), weil die Zielrichtung eine ganz andere war (vgl Schrammel, BPG-Kommentar 199 f, der genau zwischen § 18 BPG und dem Gleichbehandlungsgesetz differenziert). In der Literatur wird zuweilen gesagt, dass das österr GlBG in Bezug auf den Entgeltbegriff seit der Novelle 1990 und in Bezug auf das Anfallsalter seit Anfang 1993 ganz im Sinne der EuGH-Judikatur zu verstehen gewesen sei (ausführlich Gruber, ecolex 1995, 273 ff mwN; ders, ecolex 1995, 653; Eichinger, Rechtsfragen 24 ff). Und auch der OGH hat 1994 gesagt, dass bereits mit der zweiten Novelle zum GlBG (Inkrafttreten: 14.7.1990) dem Richtlinienrecht weitgehend entsprochen werden sollte, und dass die dritte Novelle (Inkrafttreten: 1.1.1993), die erst den Wortlaut des GlBG in wesentlichen Fragen an das Gemeinschaftsrecht heranführte, nur „klarstellende“ Bedeutung haben sollte (OGH 14.9.1994, 9 Ob A 801/94). Allerdings wurde und wird das Wort „klarstellen“ zunehmend sinnfremd gerade dann verwendet, wenn der Normsetzer oder ein Gericht in der Sache eine Änderung vorhaben. Es ist wenig wahrscheinlich, dass der österr Gesetzgeber bereits 1990 den gesamten Inhalt des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu Betriebspensionen im GlBG miterfassen wollte; hätte er derartiges gewollt, dann hätte er wohl eine besondere Regelung im BPG getroffen. Jedenfalls in Bezug auf das Anfallsalter kann der Rückwirkung für Zeiten vor dem 1.1.1994 nicht gefolgt werden (ebenso Weinmeier, RdW 1995, 306 ff; vgl auch Schrammel, BPG 200). Der Verfassungsgesetzgeber hat die Auffassung des VfGH, das unterschiedliche Pensionsalter ist gleichheitswidrig, ja umgehend ausgehebelt (BGBl 1992/832). Dann kann aber die Generalklausel eines nationalen Gesetzes ein unterschiedliches Anfallsalter für Betriebspensionen nicht verbieten wollen, weil der Sachzusammenhang mit dem Anfallsalter der gesetzlichen Pension offenkundig eng ist. Nur der Zwang des Gemeinschaftsrechts (genauer die Rücksichtslosigkeit des EuGH) können sich über diesen Sachzusammenhang hinwegsetzen. Das österr Recht hat daher vor 1994 ein unterschiedliches Anfallsalter auch bei Betriebspensionen erlaubt (ebenso Runggaldier, Altersversorgung 79). In Bezug auf die anderen Fragen kann ein etwas früheres Datum maßgebend sein. Für das Einbeziehen von Teilzeitbeschäftigten stellt Wein218
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meier auf Anfang 1993 ab (RdW 1995, 306 ff; ebenso Runggaldier 72; man vgl die Einschränkungen, die Schrammel 1992 machte, BPG 199). Hervorzuheben ist, dass es seit 1994 keine Entscheidung des österr Gesetzgebers gibt, die für die Gleichbehandlung diesbezüglich mehr an Rückwirkung verlangt, als das Gemeinschaftsrecht selbst gebietet (nächste Rn). Fordert das Gemeinschaftsrecht die nachträgliche Begründung von 182 Anwartschaften (etwa für Zeiten der Teilzeitbeschäftigung) oder eine vorteilhaftere Berechnung der Pension für bestimmte Anwartschaftszeiten (zB unter Zugrundelegung eines niedrigeren Anfallsalters) so stellt sich die Frage, wann die Verjährung des Rechts auf rückwirkende Anerkennung beginnt: erst mit der Möglichkeit einer Leistungsklage oder schon mit der Möglichkeit einer Feststellungsklage (also ab 1994). Das Gemeinschaftsrecht verlangt diesbezüglich va, dass die Vorschriften für Rechte aus dem Gemeinschaftsrecht „nicht ungünstiger sind als für gleichartige Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen, sofern sie die Ausübung des Gemeinschaftsrechts nicht praktisch unmöglich machen“ (vgl Rn 34 sowie Art 2 Abs 2 RL 96/97). Auf Ansprüche nach dem GlBG ist nach § 15 (früher § 10b) GlBG § 1486 ABGB anzuwenden, sodass die Verjährungsfrist drei Jahre beträgt. Hat der ArbG Beiträge an eine Pensionskasse zu zahlen, so könnte die Leistungsklage daran ansetzen (allerdings nur, wenn ein Recht auf höhere Beiträge des ArbG und nicht bloß ein Recht auf höhere Leistung besteht), und das Recht auf Gleichbehandlung schon während der Anwartschaft kontinuierlich verjähren (dafür Gruber, ecolex 1995, 740). Bei einer Direktpension ist die Lage hingegen schwieriger, weil hier während der Anwartschaftszeit nur eine Klage auf Feststellung in Betracht zu kommen scheint. Allerdings ist in beiden Fallgruppen zu erwägen, dass die Verjährung der auf das GlBG gestützten Ansprüche bereits mit dem (deutlich erkennbaren) Vorliegen der Diskriminierung beginnt, also bei einer Pensionskasse mit der diskriminierenden Beitragsleistung und bei Direktpensionen mit dem Bestehen der diskriminierenden Pensionsregelung. Zu beachten sind aber auch die Anforderungen des Gemeinschaftsrechts. Was das allgemeine Gemeinschaftsrecht betrifft, so gilt eine vom 183 EuGH für richtig erkannte Rechtslage grds auch für die Vergangenheit, uzw ab dem Inkrafttreten der relevanten Norm (hier des Art 119 219
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alt, der erst Anfang 1965 voll wirksam wurde). Der EuGH meint nämlich, er beschränke sich bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts darauf, „die Bedeutung und Tragweite dieser Vorschrift, so wie sie seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden gewesen wäre, zu erläutern und zu verdeutlichen.“ Nur ausnahmsweise könne der Grundsatz der Rechtssicherheit den EuGH dazu veranlassen, diese Wirkung zulasten Privater einzuschränken (EuGH 20.11. 2001, C-184/99-Grzelczyk Rn 50 ff; vgl auch Rn 31 f). Gerade bei Betriebspensionen liegt es nahe, das früher für richtig gehaltene Verständnis der Norm nicht „rückwirkend“ maßgebend werden zu lassen. Der EuGH berücksichtigt das frühere Vertrauen der Zahlungspflichtigen in eine bestimmte Rechtsauffassung aber auch bei Betriebspensionen nur teilweise. Schon die E Defrenne II hat die Rückwirkung dieses Urteils beschränkt: Die unmittelbare Wirkung von ex-Art 119 kann nicht für Zeiten vor dem 8.4.1976 geltend gemacht werden (EuGH 8.4.1976, Rs 43/75-Defrenne II Rn 74 f). Die E Bilka aus 1986 betreffend den Anschluss Teilzeitbeschäftigter hat die zeitliche Wirkung dieses Urteils hingegen nicht beschränkt. Die E Barber (EuGH 17.5.1990, C-262/88 Rn 40 ff) hat ihre Wirkungen – va unter Hinweis auf die RL 86/378 – zeitlich wieder beschränkt, wenn dies auch vorerst nur für Systeme ausgesprochen wurde, welche das gesetzliche Vorsorgesystem ersetzen. Die möglichen Folgen der E Barber für den Fall, dass man sie rückwirkend anwendet, haben den Rat der EG im Februar 1992 in Maastricht veranlasst, ein Protokoll zu ex-Art 119 zu beschließen: „Im Sinne des Artikels 119 gelten Leistungen aufgrund eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit nicht als Entgelt, sofern und soweit sie auf Beschäftigungszeiten vor dem 17.5.1990 zurückgeführt werden können, …“. Aus diesem Wortlaut scheint zu folgen, dass aus Dienstzeiten vor dem Stichtag überhaupt keine Ansprüche auf Gleichbehandlung nach ex-Art 119 und Art 141 abgeleitet werden können. 184 Der EuGH drängt die Bedeutung dieses Protokolls aber etwas zurück und wendet den Ausschluss der Rückwirkung nicht immer an. Eine Beschränkung der Rückwirkung komme nur für Fragen in Betracht, zu denen ArbG und Rentensysteme aufgrund von vorübergehenden Ausnahmevorschriften des Gemeinschaftsrechts für Betriebsrenten (insb in der RL 86/378) vernünftigerweise eine Ungleichbehandlung als zulässig ansehen konnten, auch weil ansonsten die Gefahr schwerwiegender Störungen (hier) des betrieblichen Systems bestehe; nur insoweit sei der gute Glauben der Betroffenen zu 220
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schützen. In Bezug auf den Anschluss an ein betriebliches System hätten sich die Betroffenen aber seit der E Defrenne II nicht über den Inhalt des Art 119 irren können, zumal auch die E Bilka ihre (Rück)Wirkung nicht beschränkt hat. Eine Beschränkung der Rückwirkung auf Zeiten vor der E Barber komme daher zwar beim Anfallsalter, nicht aber beim Anschluss von Teilzeitbeschäftigten in Betracht. (EuGH 28.9.1994, C-57/93-Vroege Rn 19 ff; 28.9.1994, C-262/88-Fisscher Rn 17-24; 28.9.1994, C-7/93-Beune Rn 55 ff; 10.2.2000, C-50/96-Schröder Rn 35 ff). Der EuGH übersieht nur leider, dass die Rechtslage in Bezug auf Teilzeitbeschäftigte vor Bilka keineswegs so klar war, wie er nachher meinte. Er war aber nicht bereit, nachträglich eine Rückwirkung der E Bilka auszuschließen. Von der betrieblichen Altersvorsorge diskriminierend Ausgeschlossene (insb Teilzeitbeschäftigte) können ihren Anspruch auf Gleichstellung aufgrund EG-Rechts und daraus folgend auf Zugang zum Betriebsrentensystem und Zahlungen also an sich schon für Dienstzeiten ab 8.4.1976 rückwirkend geltend machen (EuGH 24.10.1996, C-435/93-Dietz Rn 18 ff; 11.12.1997, C-246/ 96-Magorrian/Cunningham Rn 20-35). Teilzeitbeschäftigte können dementsprechend verlangen, dass Dienstzeiten ab dem 8.4.1976 für die Berechnung der Leistungen berücksichtigt werden. Das Gemeinschaftsrecht verbietet auch Regelungen, welche die Geltendmachung dieses Rechts übermäßig erschweren, etwa dass Ansprüche nur aus Dienstzeiten abgeleitet werden können die noch nicht länger als zwei Jahre zurückliegen (EuGH 16.5.2000, C-78/ 98-Preston Rn 31 ff, 68 f). Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 1.1.1994 in Österreich ihren Schwerpunkt hatten (gewöhnlicher Arbeitsort), ist hingegen aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts das Datum 1.1.1994 (Rn 180; oder ein nach nationalem Recht früheres Datum; Rn 181) maßgebend: Die Teilzeitbeschäftigten können nur verlangen, dass Dienstzeiten erst ab diesem Datum für die Berechnung der Leistungen berücksichtigt werden (unklar Mengl, ecolex 2005, 144). Die praktische Bedeutung des Rechts auf Anschluss wird aber zum einen dadurch beschränkt, dass die (ehemaligen) ArbN dann auch ArbN-Beiträge zum Versorgungssystem nachzahlen müssen, falls solche vorgesehen waren (EuGH 28.9.1994, C-262/88-Fisscher 34 ff). Überdies kann das Recht auf Anschluss durch Verjährung beschränkt sein (Rn 182). Die Begrenzung der zeitlichen Rückwirkung der E Barber greift 185 aber in mehrere andere Fragen ein. Insb gibt es eine zeitliche 221
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Schranke, wenn es um die Gleichbehandlung in Bezug auf das Anfallsalter geht. Das Rentenanfallsalter für Renten für Frauen und Männer muss (erst) ab 17.5.1990 gleich sein (EuGH 28.9.1994, C-28/93-van den Akker Rn 18 f); in Österreich erst ab 1.1.1994 (Rn 180 f), soweit eine vergleichbare Lage vorliegt. Daher kann auch eine Gleichbehandlung beim Anfallsalter nur für Leistungen verlangt werden, die für Beschäftigungszeiten nach dem 17.5.1990 (Österreich 1.1.1994) geschuldet werden, und damit nur für Anwartschaftszeiten nach diesem Zeitpunkt (EuGH 6.10.1993, C-109/91-Ten Oever Rn 19). Bei der Berechnung der Renten darf für die Dienstzeiten vor dem 17.5.1990 (Österreich: 1.1.1994) vom unterschiedlichen Anfallsalter ausgegangen werden (EuGH 28.9. 1994, C-7/93-Beune Rn 66–68). Der Ausschluss der Rückwirkung erstreckt sich aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts auch auf Nachzahlung von Renten für die Zeit vor dem 17.5.1990 (EuGH 17.4. 1997, C-147/95-Evrenopoulos Rn 30 ff), bzw in Österreich vor dem 1.1.1994 oder ein nach nationalem Recht früheres Datum (Rn 180 f). All dies gilt auch für Hinterbliebenenrenten (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 51–55), bei deren Berechnung ja oft vom Anfallsalter auszugehen ist. Soweit der Rentenanspruch jedoch auf Anwartschaftszeiten nach dem 17.5.1990 (zu Österreich Rn 180 f) gestützt wird, ist hingegen von einem gleichen Anfallsalter auszugehen! Der Ausschluss der Rückwirkung kann auch für andere Fragen als das Anfallsalter eingreifen, so wenn die Berechnungsregeln für Frauen und Männer unterschiedlich sind (EuGH 28.9.1994, C-7/93-Beune Rn 63 ff), und bei unterschiedlichen Regeln für Witwen und Witwer (E Ten Oever Rn 3, 19). Für Österreich tritt an die Stelle des Stichtages 17.5.1990 aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts stets der Stichtag 1.1.1994 (vgl aber Rn 181). Auch in Österreich kann ein unterschiedliches Anfallsalter seit diesem Stichtag nicht mehr mit dem unterschiedlichen Anfallsalter bei den ASVG-Pensionen gerechtfertigt werden, weil der EuGH dies abgelehnt hat. Das war schon seit 1994 bekannt. 186 Sieht die betriebliche Pensionsregelung nach wie vor ein unterschiedliches Pensionsalter vor und wird dies auch praktiziert, dann haben Männer grds Anspruch auf Gleichstellung mit Frauen beim Anfallsalter (vgl zur Sanierung Gruber, ecolex 1995, 740 ff). Fraglich ist allerdings, was dies praktisch bedeutet, falls die gesetzliche Pension der Männer erst bei einem späteren Anfallsalter bezogen werden kann. Insb ist fraglich, ob sie Zahlung der Betriebspension 222
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auch neben dem Erwerbseinkommen verlangen können, wenn für Frauen die Aufgabe der Erwerbstätigkeit Voraussetzung für den Leistungsbezug ist. Grds kann auch ein Bezug neben dem Erwerbseinkommen sinnvoll sein (so wie bei privater Vorsorge). Das Recht auf Gleichstellung mit den Frauen befreit aber wohl nicht von der Voraussetzung der Aufgabe der Erwerbstätigkeit. Die Männer müssen daher vorerst zwischen Erwerbstätigkeit und Betriebspension wählen. Das müsste wohl auch bei einer Gesamtpensionszusage gelten (die Alternative wäre, dass der ArbG den Männern ab dem Anfallsalter für Frauen eine Teilpension zahlt; dafür Runggaldier, Altersversorgung 79; allerdings wird dann idR die Voraussetzung der Aufgabe der Erwerbstätigkeit ignoriert). Sobald die Männer aber alle Voraussetzungen der Betriebspension erfüllen, ist fraglich, ob die Pension nun so zu berechnen ist, als hätte der Bezug bereits mit dem geringeren Anfallsalter für Frauen begonnen. Wenn überhaupt, so kommt eine solche fiktive Berechnung nur zum Vorteil der Leistungsberechtigten in Betracht, aber auch dies ist zweifelhaft. Für den Fall, dass der ArbG den Männern nachträglich aufgrund des Gemeinschaftsrechts schon zum Anfallsfalter für Frauen (und damit früher als unabhängig vom Gemeinschaftsrecht geboten) den Zugang zur Betriebspension eröffnet, ist fraglich, ob er dann einen Abschlag speziell nur für Männer vorsehen darf. Der EuGH hat einen solchen Abschlag bei der gesetzlichen Pension als notwendige Begleitmaßnahme (Rn 170) zugelassen (EuGH 30.4. 2004, C-172/02-Bourgard Rn 47). 3. Pensionskasse und Lebensversicherung Handelt es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersvorsorge 187 (Rn 170 f), so fallen alle deren Ausgestaltungen in den Anwendungsbereich von § 3 und Art 141 EGV: Leistungen (Pensionen), die der ArbG selbst zahlt (Direktpension bzw direkte Leistungszusage; EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 20-22) sowie Leistungen, die er mittelbar zahlt (zB EuGH 9.10.2001, C-379/99-Menauer Rn 20 f), und damit auch eine Pensionskasse, die Leistungen aufgrund des ArbV erbringt (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 20 ff.; 24.10.1996, C-435/93-Dietz Rn 32) und für Lebensversicherungen, falls der ArbG Prämien zahlt (vgl auch E Menauer Rn 25). Die dritten Leistungsträger sind auch dann an Art 141 gebunden, wenn den Leistungsberechtigten daneben noch ein Anspruch gegen den ArbG zusteht, der diskriminierungsfrei ausgestaltet und überdies insolvenzgeschützt ist (EuGH 9.10.2001, 223
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C-379/99-Menauer Rn 28 ff). Damit gilt § 3 für alle Leistungszusagen, die in § 2 BPG genannt sind, auch für Pensionskasse und Lebensversicherer. 188 Bei Pensionskassen unterscheidet man leistungs- und beitragsorientierte Systeme. Bei den beitragsorientierten ergibt sich die Höhe der Pension aus der Summe der Beiträge des ArbG (und des ArbN) sowie dem Erfolg der Veranlagung dieser Beiträge. Die Pflicht des ArbG beschränkt sich idR auf die Zahlung der Beiträge. Das Risiko der Veranlagung (zB in Aktien) trägt grds der Leistungsberechtigte. Bei einem leistungsorientierten System wird – so wie meist bei Direktpensionen – eine Betriebspension in monatlich bestimmter Höhe zugesagt. Die Pensionskasse erhält Beiträge von ArbG und allenfalls von den ArbN, die versicherungsmathematisch berechnet werden; wird eine bereits bestehende Anwartschaft auf eine Direktpension übertragen und abgelöst, dann zahlt der ArbG einen versicherungsmathematisch berechneten Deckungsbetrag als Ersatz für die Beiträge, die bisher angefallen wären. Das Risiko der Veranlagung des Kapitals trägt grds die Pensionskasse, jedoch kann eine Nachschusspflicht des ArbG vereinbart sein. Lebensversicherungen sind idR leistungsorientiert ausgestaltet, jedoch können sie auch beitragsorientiert sein. 189 Bei einer leistungsorientierten Zusage bereiten die Beiträge des ArbG Probleme aus der Sicht des Art 141. Bei versicherungsmathematischer Berechung müsste die Pensionskasse für Frauen für eine gleichhohe Leistung weitaus höhere Beiträge verlangen als für Männer, weil Frauen die Pension aufgrund der höheren Lebenserwartung typischerweise länger beziehen. Und private Pensionskassen und Versicherer verlangen meist auch höhere Beiträge für weibliche Leistungsberechtigte (während die Beiträge zur Sozialversicherung gleich sind). In den höheren Leistungen des ArbG für Frauen könnte aber eine unmittelbare Diskriminierung liegen. Der EuGH ist dem zu Art 141 bislang eher ausgewichen. Er hat – etwas gewalthaft und um Frauen zu schützen – schon die Einordnung der (unterschiedlichen) Beiträge des ArbG zu einem Rentenfonds, der eine Monatsrente bestimmter Höhe zusagt, als Entgelt verneint, weil es dabei „nur“ um die Finanzierung gehe; insb sei es daher mit Art 141 vereinbar, je nach dem Geschlecht unterschiedliche versicherungsmathematische Faktoren (Lebenserwartung) zu verwenden, und die Beiträge (laufende Beiträge und Kapitalzahlungen) der 224
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ArbG sowie Transferzahlungen von einer Kasse an eine andere (insb nach Wechsel des ArbG) dementsprechend unterschiedlich zu bemessen. (EuGH 22.12.1993, C-152/91-Neath Rn 30–33; 28.9. 1994, C-200/91-Coloroll Rn 71, 79). An Art 141 sei nur die Pensionszahlung zu messen, und deren Berechnung sei nicht geschlechtsspezifisch. Dasselbe gelte auch bei Umwandlung der Rente in einen Kapitalbetrag (so dass der Kapitalbetrag bei Frauen höher ist). Diese Auffassung hat auch Eingang in Art 6 Abs 1 lit h S 2 der RL 86/378 idF 1996 gefunden (vgl auch Grabitz/Hilf/Langenfeld EGV Art 141 Rn 53). Die Begründung überzeugt so nicht, weil ja nur der Monatsbezug, nicht aber der durchschnittliche Gesamtbezug an Rente unabhängig vom Geschlecht ist. Unterschiedliche Beiträge lassen sich aber vielleicht damit rechtfertigen, dass die Zugehörigkeit zu einer Gruppe die individuelle Chance eines langen oder kurzen Leistungsbezuges zwar statistisch, aber nicht für das Individuum völlig bestimmt. Einzelne Frauen und Männer haben also die gleiche Chance – und dafür sind derzeit eben unterschiedliche Beiträge erforderlich. Dasselbe muss dann für Lebensversicherungen gelten. Für die Beurteilung von Unterschieden ist nun wohl auch die RL 190 2004/113/EG über die Gleichbehandlung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen relevant, die va wegen der unterschiedlichen Versicherungsprämien für Frauen und Männer erlassen wurde (und deshalb umstritten war). Art 5 dieser RL handelt von versicherungsmathematischen Faktoren. Abs 1 verpflichtet die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass spätestens bei den nach dem 21.12.2007 „abgeschlossenen Verträgen die Berücksichtigung des Faktors Geschlecht bei der Berechnung von Prämien und Leistungen im Bereich des Versicherungswesens und verwandter Finanzdienstleistungen nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen führt.“ Abs 2 erlaubt den Mitgliedstaaten aber „proportionale Unterschiede bei den Prämien und Leistungen dann zuzulassen, wenn die Berücksichtigung des Geschlechtes bei einer auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhenden Risikobewertung ein bestimmender Faktor ist.“ Das was Abs 2 als Ausnahme ausdrücklich zulässt, wird schon jetzt für bereits bestehende Betriebspensionssysteme zulässig sein. Abs 5 ist vor der Tatsache zu sehen, dass jede gesetzliche Pflicht, bei der Altersversorgung bei Beiträgen oder Leistungen die unterschiedliche Lebenserwartung außer Acht zu lassen, bei Gruppenbetrach225
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tung zu einer deutlichen Umverteilung zugunsten der berufstätigen Frauen (zulasten insb der Männer) führt. Dies zeigt sich insb in der sozialen Pensionsversicherung. Solange bei den Prämien privater Altersvorsorge nach dem Geschlecht differenziert werden darf, wird die soziale Pensionsversicherung kaum durch private oder betriebliche Vorsorge ersetzt werden können. 191 Bei beitragsorientierten Systemen ist zu beachten, dass – auch bei gleichem Anfallsalter – gleiche Beiträge für Männer und Frauen bei Anwendung der üblichen versicherungsmathematischen Methoden zu unterschiedlich hohen Monatsleistungen führen, weil die Lebenserwartung für die beiden Gruppen deutlich unterschiedlich ist. Will man vom Geschlecht unabhängige Leistungen, dann muss die Pensionskasse entweder unterschiedlich hohe Beiträge verlangen oder aber bei der Berechnung der Pension aus dem angesammelten Kapital vom Geschlecht abstrahieren, Männer und Frauen also in dieselbe Risikogruppe einordnen. Der EuGH hat sich, soweit zu sehen, noch nicht klar geäußert, ob Art 141 bei einem beitragsorientierten System für die Beiträge gilt und/oder für die Leistungen (vgl auch GS/Curall/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 408 ff; auch die E Birds Eye Walls ist hier nicht einschlägig, weil es dort um die Anpassung an unterschiedliche gesetzliche Renten ging). Art 5 der RL 86/378 verbietet eine Diskriminierung grundsätzlich sowohl bei den Beiträgen wie bei den Leistungen. In Österreich ist es wohl so, dass in der Regel bei den Beiträgen nicht nach dem Geschlecht differenziert wird, und auch bei der Pensionsberechnung vom Geschlecht abstrahiert wird. Dies ist mit Art 141 mE jedenfalls vereinbar, weil das Geschlecht keine Rolle spielt und Art 141 eine gruppenbezogene Betrachtung sicher nicht verlangt. Fraglich ist, ob nach Art 141 auch gleiche Beiträge in Verbindung mit geschlechtsspezifischer Pensionsberechnung zulässig sind, die dann ja – bei sonst gleichen Umständen (Anfallsalter, Anwartschaftszeit, Bemessungsgrundlage) – zu unterschiedlichen Pensionen führen. Der EuGH hat sich dazu – soweit zu sehen – noch nicht geäußert. Nach Art 6 Abs 1 lit i S 1 der RL 86/378 idF 1996 ist dies – nur – zulässig, sofern beabsichtigt wird, die Höhe der Leistungen für Männer und Frauen anzugleichen. Für die Zulässigkeit spricht, dass der EuGH bei leistungsbezogenen Systemen die Leistung des ArbG (und nicht die Pension) als Entgelt iSd Art 141 angesehen hat, und die Finanzierungsmodalitäten aus Art 141 ausgeklammert hat; konsequenterweise muss es dann bei beitrags226
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orientierten Systemen für Art 141 auf die Beiträge ankommen. In beiden Fällen ergeben sich die Unterschiede in gleicher Weise aus der Verwendung „nach dem Geschlecht unterschiedlicher versicherungsmathematischer Faktoren“. Auch Gruber (ecolex 1995, 740) und die hL in Deutschland halten unterschiedliche Leistungen hier für zulässig (Blomeyer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Einl Rn 207, 1079; Raulf/Gunia NZA 2003, 540; Müko/Müller-Glöge § 612 Rn 56; dagegen Körner, NZA 2004, 762); die in der RL 86/378 enthaltene Einschränkung bevorzugt demgegenüber wohl Frauen als Gruppe. Nun wird auch hier Art 5 RL 2004/113 für die Zulässigkeit der Unterscheidung sprechen, allerdings nur in dem dort genannten Ausmaß. Fraglich ist, ob zusätzlich die Einschränkung der RL 86/378 zu beachten ist, oder ob diese durch die neue RL überholt ist. Besonderes gilt bei Übergang zu einem beitragsorientierten System. Auch bei Dritten als Leistungsverpflichteten gelten die allg Regeln 192 zur zeitlichen Wirkung des Art 141. Das Urteil Barber mit dem Erfordernis des gleichen Anfallsalters ist daher nur – aber immerhin – für Leistungen anwendbar, die für Dienstzeiten nach dem 17.5.1990 (in Österreich: 1.1.1994) geleistet werden; dies gilt auch für Kapitalzahlungen an die Kasse und für Transferzahlungen einer Kasse an eine andere (EuGH 22.12.1993, C-152/91-Neath Rn 17 f). Dasselbe Datum – 1.1.1994 – gilt in Österreich auch für das Erfordernis, Teilzeitbeschäftigte nicht auszuschließen oder Witwer nicht schlechter zu behandeln als Witwen. Auch aus dieser eingeschränkten zeitlichen Wirkung können aber, wenn der Leistungsplan den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts nicht entspricht, unvorhergesehene Zahlungspflichten resultieren. Die Pflichten des Dritten (Pensionskasse, Lebensversicherer) zur Anwendung des Art 141 hängen nach dem EuGH grds nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Dritten ab. Der dritte Leistungserbringer ist, wenn die Mittel (etwa des Rechnungskreises für Leistungen an ArbN des betreffenden ArbG) nicht ausreichen, um die Pflichten aus Art 141 zu erfüllen (etwa um nachträglich Anwartschaften zu begründen oder zu erhöhen), verpflichtet „grundsätzlich alles (zu) tun, um die Gleichheit wiederherzustellen“, also Klagen auf Umgestaltung der Pensionsregelungen zu erheben, und dass er „gegebenenfalls … die erforderlichen Beträge nach nationalem Recht von dem System einfordert, das nicht genügend Mittel übertragen hat“ (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 28, 43, 227
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97; 9.10.2001, C-379/99-Menauer Rn 25 f). Das Risiko der zusätzlichen Zahlungspflichten bei einer diskriminierenden Pensionsregelung trägt also nicht nur der ArbG, sondern kann auch Pensionskasse und Versicherungsgesellschaft treffen, falls nach nationalem Recht keine Nachschusspflicht des ArbG besteht. Ist die Nachschusspflicht nicht ausdrücklich vereinbart, so ist zuerst zu prüfen, ob sie durch Vertragsauslegung oder Anpassung wegen Änderung der Geschäftsgrundlage begründet werden kann. Die Pflicht von Pensionskasse oder Versicherer, die Diskriminierung entsprechend den Vorgaben des EuGH zu beheben, wird der EuGH wohl auch nicht entfallen lassen, wenn vom ehemaligen ArbG kein Nachschuss erlangt werden kann (auch nicht bei Insolvenz). Darüber hinaus folgt aus dem Gemeinschaftsrecht aber wohl auch dann eine Pflicht des ArbG gegenüber den Leistungsberechtigten, die Verletzung des Art 119 durch Zuzahlungen zu beseitigen, falls den ArbG nach nationalem Recht keine Verpflichtung mehr gegenüber Leistungsberechtigten oder Pensionskasse trifft (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 39). Allerdings wird sich diese Zahlungspflicht auf jene Beträge beschränken, die spezifisch aus der Verletzung des Gemeinschaftsrechts geschuldet werden. 193 Das BPG erlaubt auch freiwillige Beiträge der ArbN zur Pensionskasse. Für freiwillige Beiträge der ArbN gilt Art 141 nicht; vgl auch Rn 171. Die Kasse wird daher bei der Beitragshöhe nach dem Geschlecht differenzieren, weil dies den Grundsätzen der Versicherungsmathematik entspricht und gleiche Beiträge bei gleicher Leistung die Männer benachteiligen. Allerdings gilt die RL 2004/113/ EG auch für die freiwilligen Beiträge. Obligatorische Beiträge der ArbN fallen stets unter Art 141 (EuGH 22.12.1993, C-152/91Neath Rn 31 f), weil es sich wirtschaftlich um Entgelt handelt. Diese Beiträge dürfen also nicht für Frauen und Männer unterschiedlich hoch sein. Entgelt sollen auch Beiträge sein, die der ArbG anstelle des ArbN zahlt (EuGH 18.9.1984, Rs 23/83-Liefting Rn 12), falls die Pflicht des ArbG nur diese und nicht erst die Rente erfasst (vgl E Neath Rn 29). Nicht klar ist, wie dies bei leistungsorientierter Zusage mit der Aussage zusammen passt, die Beiträge des ArbG selbst seien kein Entgelt.
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§4
Sonstige Arbeitswelt Gleichbehandlungsgebot in der sonstigen Arbeitswelt
§ 4. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, darf niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden 1. beim Zugang zur Berufsberatung, Berufausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses, 2. bei der Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer/innen/- oder Arbeitgeber/innen/organisation oder einer Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen, 3. bei den Bedingungen für den Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit. § 4 enthält ein Diskriminierungsverbot für jene vom § 1 erfassten 1 Sachverhalte, die nicht im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis stehen und daher nicht schon unter § 3 fallen. Die Erweiterung des Diskriminierungsverbotes auf diese Sachverhalte ist durch Art 3 geboten. In Bezug auf die Reichweite der Z 1 bis 3 des § 4 gilt das zu § 1 Ausgeführte (dort Rn 40 ff). In der Literatur wird teilweise vertreten, dass die GleichbRL grds auch für selbständige Erwerbstätigkeit gelte, also nicht nur für den Zugang dazu (zB Eichinger EAS B 4200 Rn 21). Sollte dies zutreffen, so wäre die GleichbRL in Österreich insoweit nicht umgesetzt. Allerdings überzeugt diese Auffassung nicht, weil der zentrale Begriff zum Geltungsbereich in Art 1 GleichbRL, die „Arbeitsbedingungen“, aufgrund des Zusammenhanges wohl nur Arbeitsverhältnisse meint. Für dieses Verständnis spricht wohl auch, dass die Novelle zur GleichbRL auf Art 141 Abs 3 gestützt wurde, wo von „Arbeitsund Beschäftigungsfragen“ die Rede ist. Schließlich ist die RL 86/613/EWG zu erwähnen. Sie betrifft ge- 2 rade selbständig Erwerbstätige und deren mitarbeitende Ehegatten und normiert für diese ein Verbot der unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes. Selbst der Vorschlag der Kommission für eine konsolidierte GleichbRL (§ 1 Rn 9) will diese RL nicht aufheben. Die RL 86/813 hat zu den Selbständigen praktisch bisher nicht allzu viel Bedeutung, weil die Vertragspartner von Selbständigen kaum nach dem Geschlecht differenzieren. Der EuGH wurde mit ihr bislang kaum befasst; soweit zu 229
§4
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sehen ist nur die E Jorgensen einschlägig (6.4.2000, C-226/98). Auch der österr Gesetzgeber hat sie bisher wohl nicht umgesetzt. 3 Die Verbote unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung des § 4 werden so wie bei § 3 durch § 5 konkretisiert. Für die weitere Konkretisierung und Auslegung gelten im Wesentlichen dieselben Erwägungen wie zum Verbot der Diskriminierung im Arbeitsverhältnis. Die grundlegenden Weichenstellungen zu diesem Diskriminierungsverbot hängen nach herrschendem Verständnis – anders als das traditionelle Arbeitsrecht – nämlich nicht von der Prämisse ab, dass die einzelnen ArbN typischerweise, insb in Bezug auf die Verhandlungsmacht, unterlegen sind. In Bezug auf die Elemente der unmittelbaren und der mittelbaren Diskriminierung kann daher auf die Ausführungen zu § 5 verwiesen werden. 4 Ein Verstoß gegen Z 1 könnte vorliegen, wenn das Arbeitsmarktservice die Ausbildung oder Umschulung von Angehörigen eines Geschlechtes mit dem Argument ablehnt, der Markt frage nur die Angehörigen des anderen nach. Das Argument ist an sich unzulässig, weil die Nachfrage auch nur die traditionellen Rollenbilder widerspiegeln kann. Man wird vom AMS aber nicht erwarten können, viele Personen ohne große Chance auf Einstellung zu schulen. Ein bestimmter Prozentsatz der Plätze, der aber ein Viertel nicht übersteigen muss, wird daher für Angehörige des benachteiligten Geschlechtes offen stehen müssen. 5 § 4 erstreckt das Diskriminierungsverbot auch auf den Bereich der Organisationen der ArbN und ArbG, und damit auf den Bereich des Koalitionsrechts; das ArbVG spricht von freien Berufsvereinigungen. § 4 erfasst sowohl den Beitritt zur wie die Betätigung in der Koalition. Auch hier sind mittelbare Diskriminierungen unzulässig, also etwa Warteregelungen für Sozialleistungen der Koalitionen oder Regeln zur Wahl der Funktionäre, welche zwar ein anscheinend neutrales Kriterium verwenden, das sich aber spezifisch zum Nachteil der Frauen oder der Männer auswirkt. Dasselbe gilt auch für andere Organisationen, welche sich nur aus Angehörigen eines Berufes zusammensetzen. 6 Der EuGH hatte sich bisher kaum mit dem Zugang zur selbständigen Erwerbstätigkeit zu befassen. Soweit zu sehen ging es nur um gesetzliche Beschränkungen für den Hebammenberuf (EuGH 8.11. 230
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Begriffsbestimmungen
1983, Rs 165/82-Komm/Großbritannien). Soweit der Zugang zur selbständigen Erwerbstätigkeit eine längere Vordienstzeit unselbständiger Tätigkeit erfordert, fällt auch die Ausgestaltung dieser Praxiszeit unter die Zugangsbedingungen; und ist etwa daraufhin zu überprüfen, ob sie den Zugang für Frauen so erschwert, dass darin eine Diskriminierung liegt. Dies hat allerdings neben dem Verbot der Diskriminierung bei Arbeitsverhältnissen kaum praktische Auswirkungen (deutlich wird dies etwa in EuGH 2.10.1997, C-100/95-Kording). Begriffsbestimmungen § 5. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. (2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich. (3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor. Literatur: Vgl Angaben zu § 1 und § 3 sowie insb Blomeyer, Das Verbot der mittelbaren Diskriminierung (1994); Bieback, Die mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechtes (D, 1997); Hammerschlag, Die mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsbürgerschaft und des Geschlechtes – ein Vergleich der EuGH Judikatur, DRdA 1997, 150; Eichinger, Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung usw (RL 79/7/ EWG), in: Oetker/Preis, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht (EAS; Stand 1999), B 4200; Malossek, Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Gleichbehandlungsrichtlinie (D, 1999); Mosler, Arbeitsrechtliche Probleme der Teilzeitbeschäftigung, DRdA 1999, 338; Steinmeyer/Bieback, Kommentierung von Art 141 in Fuchs (Hrsg) Kommentar zum Europäischen Sozialrecht3 (2000); Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz – Kommentar (2001); Sciarra 231
§5
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(Ed), Labour Law and the Courts: National judges and the European Court of Justice (Oxford 2001); Hervey, EC Law on Justifications for Sex Discrimination in Working Life (vgl zu § 3); Moreau, Justifications of Discrimination, in: Reports – VII European Labour Law Congress 2002; Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid, Antidiskriminierung-Rechtliche Gleichbehandlung in Österreich und in der EU (2004); Plötscher, Der Begriff der Diskriminierung im Gemeinschaftsrecht (D, 2004); Schlachter, Der Begriff der Diskriminierung im Gemeinschaftsrecht, RdA 2004, 190. Inhaltsübersicht I. Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Einzelmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen vom Tatbestand bzw Rechtfertigung . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Schwangerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ungeschriebene Ausnahmen? . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vermutete Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Statistische Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. „Besonderes“ Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Einzelmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Kollektivverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtswidrigkeit und Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Geeignetes Differenzierungsziel . . . . . . . . . . . . . . . c. Regelung als Mittel zur Zielerreichung – Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Arbeitsplatzbezogene Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Unternehmensbezogene Gründe . . . . . . . . . . . . . . . f. Öffentliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Glaubhaftmachen des Diskriminierungstatbestandes (§ 12 Abs 12 S 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abwehr des Vorwurfes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232
2 2 2 7 13 13 16 21 24 24 30 30 32 40 42 43 46 46 50 54 59 62 63 64 64 69 74 74
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Begriffsbestimmungen b. § 12 Abs 12 S 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Andere Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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§ 5 definiert in Abs 1 und 2 die beiden Grundformen der Diskrimi- 1 nierung, die unmittelbare und die mittelbare. Diese beiden Bestimmungen enthalten keine eigenständige Normen iSv Verhaltensanordnungen, sondern nur Ergänzungsnormen zu § 3 und dem dort normierten Diskriminierungsverbot. Zu § 5 Abs 3 vgl § 3 Rn 12. I. Unmittelbare Diskriminierung 1. Tatbestand a. Allgemeines Nach der Legaldefinition des § 5 Abs 1, liegt eine unmittelbare Dis- 2 kriminierung vor, „wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechtes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.“ Dies stimmt mit Art 2 Abs 2 GleichbRL überein (bis auf zwei Änderungen der Rechtschreibung). Einfacher gesagt: eine Regelung oder Maßnahme verwendet das Geschlecht als Unterscheidungsmerkmal. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn die Regelung oder Maßnahme ausdrücklich oder ihrem Inhalt nach an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpft; die benachteiligte und die nicht benachteiligte Gruppe sind dann jeweils nur aus Angehörigen eines Geschlechtes zusammengesetzt. Markante Beispiele sind Stellenausschreibungen nur für Angehörige eines Geschlechtes, eigene Lohngruppen für Frauen (früher verbreitet) oder unterschiedliche Altersgrenzen für Beendigung oder Betriebspension, aber auch Benachteiligung von Schwangeren (§ 3 Rn 39). Die Schwierigkeiten der unmittelbaren Diskriminierung liegen bei folgenden Punkten: Wann ist das Geschlecht Unterscheidungsmerkmal (§ 3 Rn 35)? Wann ist die Benachteiligung unmittelbar (Rn 3)? Wann liegt eine vergleichbare Situation vor? Gibt es (ausnahmsweise) eine Möglichkeit zur Rechtfertigung? Welche Bedeutung hat das Verbot für Einzelmaßnahmen des ArbG (zB Kündigung)? Fehlt eine generelle Regelung, so ist der Beweis einer unmittelbaren Diskriminierung oft sehr schwierig, insb bei Einzelmaßnahmen des ArbG (wie Beförderung, Einstellung). Die Abgrenzung der beiden Fallgruppen der potentiell unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung ist in der Praxis oft schwierig (zB EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 31 ff), aber entschei233
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dend, weil nur bei der mittelbaren stets die Möglichkeit besteht, nach einer Rechtfertigung zu suchen. Bei der unmittelbaren sind schon die potentiellen Fälle einer Rechtfertigung sehr beschränkt (Rn 13). Überdies könnten auch Unterschiede beim Beweis bestehen (Rn 72 f). Früher war überdies auch das Feststellen einer vermuteten Benachteiligung oft schwierig, weil es statistische Daten voraussetzte; heute kann die Benachteiligung uU schon aus dem Kriterium selbst folgen (Rn 30). 3 Die unmittelbare Diskriminierung wurde auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts erstmals durch die Antidiskriminierungs-RL aus 2000 definiert. Diese Definition ging über die bis dahin maßgebliche Umschreibung hinaus (die neue Definition wurde durch die Dogmatik der Grundfreiheiten beeinflusst, vgl Bell, 29 ILJ (2000), 79 ff). Früher wie heute baut die Definition auf dem Konzept einer Vergleichsperson auf. Allerdings wurde vor der Neufassung verlangt, dass der ArbG eine Vergleichsperson – also einen Mann oder eine Frau – tatsächlich beschäftigt oder zumindest früher beschäftigt hat (§ 3 Rn 7). Heute verlangen die GleichbRL und § 5 den Vergleich hingegen auch, wenn der ArbG eine(n) ArbN des anderen Geschlechtes weder beschäftigt noch je beschäftigt hat – und damit mit einer hypothetischen Vergleichsperson des anderen Geschlechtes („erfahren würde“). Der EuGH hatte dies früher verneint (EuGH 27.3.1980, Rs 129/79-Macarthys Rn 15; 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 100 ff). Jedenfalls gegen Art 141 verstößt heute die These, dass ein Sozialplan, der nur für Frauen gilt, schon deshalb nicht gegen Art 141 verstoßen könne (so aber BAG 12.11.2002 – 1 AZR 58/02 = NZA 2003, 1287). Eine Diskriminierung ohne dass der eigene ArbG Frauen/Männer unterschiedlich behandelt kann auch vorliegen, wenn die Ungleichbehandlung ihren Ursprung in einer generellen überbetrieblichen Regelung (Gesetz, KollV) hat, und der ArbG dafür einstehen muss (Rn 20 ff; EuGH 13.1.2004, C-256/01Allonby Rn 82 ff). Die Relevanz der hypothetischen Vergleichsperson ändert aber nichts daran, dass unmittelbare Diskriminierung eine Ungleichbehandlung in einer „vergleichbaren Situation“ verlangt (vgl § 3 Rn 8). Dies geht auf die grundlegende Judikatur des EuGH zurück, wonach Diskriminierung vorliegt, wenn unterschiedliche Vorschriften auf gleiche Sachverhalte angewandt werden oder wenn dieselbe Vorschrift auf ungleiche Sachverhalte angewandt wird (zB EuGH 9.11.1993, C-132/92-Birds Eye Walls Rn 17 f; 13.2.1996, C-342/93-Gillespie Rn 12; 27.10.1998, C-411/96234
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Begriffsbestimmungen
Boyle Rn 39; 30.6.1998, C-394/96-Brown Rn 30; 31.5.2001, C-122/ 99-P Rn 48). Zu vergleichen ist daher nur mit ArbN, welche sich in vergleichbarer Lage befinden. Dies eröffnet (auch) die Möglichkeit, durch die Aussage, die Sachverhalte seien verschieden, die Annahme einer Diskriminierung zu vermeiden (§ 3 Rn 8; Ellis, CMR 35, 394 f). Der EuGH hat zu Recht in der E Wippel (EuGH 12.10.2004, C-313/02) ArbN, die nur Arbeit auf Abruf verrichteten und nur gelegentlich beschäftigt waren, nicht mit vollzeitbeschäftigten ArbN verglichen, weil es bei diesen keine Arbeit auf Abruf gegeben hat. Diskriminierung kann sich auch aus dem Vergleich mit einem früheren ArbN oder den ArbN eines anderen ArbG ergeben (§ 3 Rn 7). Ebenso hat der EuGH gesagt, dass ein Sozialplan, welcher Abfindungen für gekündigte Frauen schon ab dem 50., für gekündigte Männer aber erst ab dem 55. Lebensjahr vorsieht, ein neutrales Kriterium verwende und nicht diskriminiere, weil die Gefahr der Altersarbeitslosigkeit damals – auch aufgrund des unterschiedlichen Anfallsalters der Frühpension – bei Frauen schon einige Jahre früher besteht (EuGH 9.12.2004, C-19/02-Hlozek). Beide E zeigen, welche Möglichkeiten, die Diskriminierung abzulehnen, eine aufmerksame Betrachtung des Sachverhaltes eröffnet. Das Vorliegen einer unmittelbaren – aber auch einer mittelbaren – 4 Diskriminierung ist allein objektiv zu bestimmen. Relevant ist die Wirkung einer Regelung, auf eine Benachteiligungsabsicht des Verpflichteten – ArbG oder Kollektivvertragsparteien – kommt es nicht an (EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 35). Die Diskriminierung entfällt daher auch nicht, wenn die Benachteiligung (angeblich) nur vor Überbelastung oder anderen Gefahren (zB an der Gesundheit) schützen will. Darüber hinaus kommt es auch nicht auf eine Fahrlässigkeit des Verpflichteten an: Diskriminierung kann auch vorliegen, wenn der Verpflichtete die Diskriminierung (zB das Nichteingreifen des Rechtfertigungsgrundes) selbst bei gebotener Sorgfalt nicht hätte erkennen können. Auch ein unverschuldeter Irrtum über Tatsachen oder Rechtsfolgen schützt nicht vor der Diskriminierung, und weitgehend auch nicht vor den nachteiligen Rechtsfolgen (Vgl § 12 Rn 43; EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 38; 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 17 f). Dies führt zu einer verschuldensunabhängigen Haftung und zu einer „Erfolgspflicht“ des ArbG. Nicht erforderlich ist ferner, dass durch die Ungleichbehandlung ein darüber hinausgehender Nachteil/Schaden eingetreten ist. 235
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5 Eine Benachteiligung unmittelbar aufgrund des Geschlechtes (vgl § 5 Abs 1) liegt vor, wenn die Maßnahme ausdrücklich oder ihrem Inhalt nach an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpft. Zur Abgrenzung von der mittelbaren Diskriminierung kann auch die Frage beitragen, ob das verwendete Kriterium wirklich ein „neutrales“ ist. Unmittelbare Diskriminierung liegt – aufgrund beider Erwägungen – auch vor, wenn die Unterscheidung an Tatsachen anknüpft, welche nur von Angehörigen eines Geschlechtes – faktisch – erfüllt werden können (insb Schwangerschaft, es können aber auch andere Tatsachen sein). Man spricht von verdeckter Diskriminierung. Auch die Entscheidung aufgrund einer bloßen Vermutung über die Folgen, die mit einer bestimmten Ausprägung des missbilligten Merkmales verbunden sind, begründet wohl eine unmittelbare Diskriminierung, weil sie nicht ein neutrales Kriterium verwendet. Einschlägig dazu ist zB die Auswahlentscheidung gegen eine Frau, „weil Frauen typischerweise höhere Fehlzeiten aufweisen und damit höhere Kosten verursachen“. Fraglich und zuweilen entscheidend ist, ob es auch ausreicht, wenn die Unterscheidung an Tatsachen anknüpft, welche gerade bei diesem ArbG mit der Zugehörigkeit zu einem Geschlecht mehr oder weniger notwendig verbunden sind. Man wird dies wohl ablehnen müssen. Die Möglichkeit des ArbG, den Streit in diesen Fällen auf die mittelbare Diskriminierung zu verschieben, könnte allerdings dazu führen, dass das Verbot der unmittelbaren Diskriminierung bei Einzelmaßnahmen praktisch zurückgedrängt wird. Allerdings ist der – uU statistisch belegte – Vorwurf einer unmittelbaren Diskriminierung erst widerlegt, wenn der ArbG ein anderes Handlungsmotiv ausreichend glaubhaft dartut. Passen von einer einheitlichen Regelung bloß einzelne Tatbestandsalternativen nur auf Männer, so liegt darin nur eine mittelbare Benachteiligung (EuGH 17.2.1998, C-249/ 96-Grant Rn 28; 7.12.2000, C-79/99-Schnorbus Rn 33), allerdings ist fraglich wann eine einheitliche oder eine getrennte Regelung vorliegt. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt auch vor, wenn nur sehr wenige oder gar nur ein ArbN des anderen Geschlechtes aufgrund des Geschlechtes besser behandelt wird! Das Diskriminierungsverbot ist also bedeutend strenger als der allg arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. 6 In der Praxis war eine Differenzierung zwischen Frauen und Männern früher sogar beim laufenden Entgelt für gleiche Arbeit häufig. Heute kommt dies so kaum mehr vor (vgl aber EuGH 28.10.1999, 236
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C-187/98-Komm/Hellenische Republik Rn 40 ff). Lange und viel praktiziert wurde eine unmittelbare Diskriminierung bei Betriebsrenten, und zwar insb durch ein höheres Antrittsalter für Männer und die Schlechterstellung von Witwern im Vergleich zu Witwen; beides ist eine unmittelbare Diskriminierung (das eine Mal der Männer, das andere Mal der Frauen) und nun unzulässig (§ 3 Rn 175 f). In den letzten Jahren ging es zur unmittelbaren Diskriminierung va um die Benachteiligung Schwangerer (§ 3 Rn 39 ff, 67 ff, 147, 157). In Zukunft könnte die Frage bedeutsam werden, wann auf Grund des „Ehe- und Familienstandes“ unterschieden wird, außer die konsolidierte RL streicht diesen Zusatz (§ 3 Rn 41). b. Einzelmaßnahmen Besondere Probleme stellen sich bei Einzelmaßnahmen, wie Ein- 7 stellung, Beförderung und Kündigung. Tatbestand, Rechtfertigung und Beweisfragen sind hier besonders eng miteinander verwoben, man muss aber versuchen zumindest gedanklich abzuschichten. Unmittelbare Diskriminierung liegt jedenfalls vor, wenn das missbilligte Merkmal kausal war (in England: „but-for-test“). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der GleichbRL und des § 5 Abs 1. Eine Diskriminierung scheidet daher grds (vgl aber die nächste Rn) aus, wenn der ArbG darlegen kann, dass er die Entscheidung aus einem anderen Grund als wegen des missbilligten Merkmals getroffen hat. So ist es etwa, wenn der ArbN die erforderliche Eignung fehlt (§ 3 Rn 61). Unmittelbare Diskriminierung kraft Kausalität liegt in der Folge nicht nur vor, wenn das missbilligte Merkmal das einzige Entscheidungsmotiv war; für eine Handlung können bekanntlich auch mehrere Ereignisse oder auch Motive nebeneinander kausal sein kann. In weiterer Folge ist fraglich, ob eine auch Diskriminierung vorliegt, wenn der ArbG seine Entscheidung aufgrund des Geschlechtes trifft, auch wenn er aufgrund anderer, zulässiger Überlegungen zu derselben Entscheidung gelangt wäre – ob es also ausreicht, wenn das missbilligte Motiv zwar motivierend, aber nicht kausal war (insb weil die benachteiligte Person nicht die bestqualifizierte war). Dies ist zu bejahen (vgl auch Hopf/Smutny, DRdA 2002, 99 ff). Dafür sprechen insb jene Regelungen zum Schadenersatz (§ 12 Abs 1 Z 2 und Abs 5 2), die für jene Bewerber einen geringeren Ersatz vorsehen, die auch wegen anderer Gründe nicht zum Zuge gekommen wären und wohl auch die Ansprüche auf immateriellen Schadenersatz, die den durch die bloße Diskriminierung entstandenen Gefühlsschaden abgelten sollen. Auch der 237
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EuGH sieht dies wohl so (EuGH 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 33; aA Schlachter ErfK BGB § 611a Rn 28). In weiterer Folge ist fraglich, ob eine Diskriminierung auch vorliegt, falls der ArbG seine Entscheidung aufgrund zweier oder mehrerer Motive/ Gründe trifft, von denen eines das Geschlecht ist. Auch dies ist wohl zu bejahen (ebenso die deutsche Doktrin zu vergleichbarer Rechtslage: BVerfG 16.11.1993 = NZA 1994, 745; BAG 5.2.2004 – 8 AZR 112/03 = NZA 2004, 540; Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 8; kritisch Wiedemann, Gleichbehandlung 62). In beiden Fällen spricht dafür, dass das missbilligte Motiv selbst dann nicht handlungsanleitend sein soll, wenn die Entscheidung auch anders hätte begründet bzw motiviert sein können. Das eben Gesagte gilt aber nur, falls die Entscheidung „tatsächlich“ aufgrund des Geschlechtes getroffen wurde; ist dies strittig, so kommt es auf die Beweisregeln an, insb ob die Geschlechtsbedingtheit nur glaubhaft gemacht werden muss, und wie der ArbG das glaubhaft gemachte Motiv entkräften kann (Rn 64 ff). 8 Diskriminierung liegt also vor, wenn der verpönte Unterscheidungsgrund, das missbilligte Motiv „ausschlaggebend“ war (wofür Kausalität ausreicht, aber nicht einmal erforderlich ist). Nur dies ist dann von der Klägerin im Prozess ausreichend darzulegen (diese Formulierung wird verwendet, um die Frage des Beweismaßes vorerst auszuschalten; vgl Rn 67 ff). Der ArbG kann eine unmittelbare Diskriminierung ausschließen, wenn er ausreichend darlegt, dass ein anderes Entscheidungskriterium „ausschlaggebend“ war und nicht das missbilligte. Allerdings ist fraglich, welche anderen Kriterien er ins Treffen führen kann. Jedenfalls kann er Gründe ins Treffen führen, welche nicht selbst missbilligt sind und welche überdies im konkreten Fall nicht den Vorwurf der mittelbaren Benachteiligung begründen. 9 Als solche sachlichen Gründe kommen insb in Betracht: die gesundheitliche Eignung, körperliche Fähigkeiten, Qualifikation, Erfahrung, Vertrauenswürdigkeit, uU auch Entwicklungspotential (vgl die in Rn 51 ff genannten Gründe; sowie zB GS/Rust, EUV/ EGV Art 141 Rn 477, 471). Jedoch wird das Anführen eines Grundes, der abstrakt sachlich sein kann, allein nicht ausreichen. Erforderlich ist vielmehr, dass das andere, sachliche Motiv auch im konkreten Fall, also konkret sachlich ist. Dafür werden ähnliche Erwägungen anzustellen sein wie zur Rechtfertigung der mittel238
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baren Diskriminierung (vgl Rn 46 ff), dh die jeweilige Anforderung muss für die konkrete Entscheidung (insb die Arbeitsaufgabe) erforderlich sein. Der OGH hat dies in der E Herrenmode wohl anders gesehen (vgl OGH 12.1.2000, 9 Ob A 318/99a – dazu § 3 Rn 77; Sturm, Gleichbehandlung Rn 96; aus OGH 19.3.1985, 4 Ob 31/85 folgt hingegen – entgegen Sturm – nicht, dass der OGH auf eine Zweckmäßigkeitskontrolle verzichtet, sondern eher das Gegenteil, weil er die Notwendigkeit der Differenzierung sehr eingehend prüft). Es spricht nicht gegen das Abstellen auf die Erforderlichkeit, dass der ArbG seine Auswahlentscheidung auch mit Sympathie begründen kann – dann muss er eben dies glaubhaft dartun (was nicht immer so leicht ist, insb in Großbetrieben). Fraglich ist, ob der ArbG seine Entscheidung mit Motiven begrün- 10 den kann, welche nicht generalisierbar und eher persönlich sind, also insb mit Ehe, nahe Verwandtschaft, Bekanntschaft oder mit Sympathie. Die Vorschriften gegen Diskriminierung verlangen nicht allgemein eine sachliche Entscheidung, sondern verbieten nur, Entscheidungen aufgrund eines missbilligten Grundes zu treffen; sie verbieten nicht einmal unsinnige Kriterien, sofern sie nur nicht (mittelbar) diskriminieren (zB Sternzeichen). Grundsätzlich ist es daher auch zulässig, eine Auswahlentscheidung nach Sympathie zu treffen (ebenso Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 23 f), und umso mehr einen Verwandten zu bevorzugen (jedenfalls in einem Familienbetrieb; ähnlich Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 91). Allerdings muss diese Begründung auch glaubhaft sein; Die Begründbarkeit einer Entscheidung mit Sympathie darf jedenfalls nicht Vorurteile legitimieren, die mit einem missbilligten Merkmal korreliert sind. Insb in größeren Unternehmen wird es für die Glaubwürdigkeit daher auch wesentlich auf die sonstigen Personalentscheidungen (Personalstruktur) ankommen. Fraglich ist, ob zur Widerlegung des Vorwurfs der unmittelbaren 11 Diskriminierung auch ein Motiv (= Kriterium) ausreicht, das bei Generalisierung die Maßnahme vor dem Vorwurf der mittelbaren Diskriminierung nicht rechtfertigen könnte. Die Doktrin lässt dies wohl zu, wenn und weil eben nicht unmittelbar das missbilligte Merkmal (Geschlecht) für die schlechtere Behandlung kausal war (Rn 7; vgl zum insoweit vergleichbaren deutschen Recht Müko/ Müller-Glöge § 611a Rn 2). Dies erleichtert es dem ArbG, den Streit auf die mittelbare Diskriminierung zu verschieben (vgl Rn 83). 239
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Allerdings beeinträchtigt dies die Wirksamkeit des Diskriminierungsverbotes wohl kaum. Fordert der ArbG von der einzustellenden Person zeitliche Flexibilität, so ist dies an sich ein neutrales Kriterium, das idR Frauen (insb Mütter) mittelbar benachteiligt, dessen Verwendung aber sachlich gerechtfertigt sein kann (§ 5 Rn 59). Zieht der ArbG allerdings Frauen von vorneherein nicht in Betracht, weil diese „typischerweise“ zeitlich weniger flexibel seien, so diskriminiert er (jedenfalls) jene Frauen, welche ausreichend flexibel sind, unmittelbar! Überdies ist der – uU statistisch belegte – Vorwurf einer unmittelbaren Diskriminierung erst widerlegt, wenn der ArbG ausreichend glaubhaft dartut, dass ein anderes Handlungsmotiv kausal war und, dass das missbilligte Merkmal auch sonst nicht ausschlaggebend war (Rn 7 f). Durchgreifende Bedenken bestehen jedenfalls gegen die Möglichkeit, den ausreichend dargelegten Vorwurf einer Diskriminierung mit dem Nachweis zu widerlegen, man habe aus einem anderen, aber ausdrücklich missbilligten Grund benachteiligt: „Die Einstellung wurde nicht verweigert, weil sie Frau sind, sondern weil sie Schwarzafrikanerin sind“. 12 Das Verbot der Diskriminierung begründet keine Vorrangregel. Der ArbG muss also nicht wegen § 3 eine Frau einem Mann vorziehen, auch nicht bei gleicher Qualifikation. Das wird häufig missverstanden. Die Tatsache, dass aus dem Diskriminierungsverbot keine Vorrangregel folgt, ist auch in den von manchen gern zitierten Fällen der Auswahl zwischen Personen relevant, die jeweils eine Ausprägung eines missbilligten Merkmals haben, die nicht der Mehrheitsausprägung entspricht: „Wen hat der ArbG einzustellen, wenn sich eine muslimische Inländerin und ein schwuler Pakistani bewerben?“ Diese Frage stellt sich allerdings gar nicht so. Der ArbG hat vielmehr von den in den §§ 3 und 17 genannten „missbilligten“ Merkmalen, genauer von deren konkreter Ausprägung, abzusehen, diese also schlicht nicht zu berücksichtigen (treffend zB Schindler, DRdA 2003, 526). Daraus folgt aber nicht, dass der ArbG bei keinem der missbilligten Merkmale mehr von der individuellen Ausprägung Kenntnis nehmen darf. Die Kenntnisnahme von Geschlecht und Alter ist mE idR unbedenklich. 2. Ausnahmen vom Tatbestand bzw Rechtfertigung a. Allgemeines 13 Ein Verhalten, das prima facie eine unmittelbare Diskriminierung darstellt, kann nur in sehr engen Grenzen zulässig sein. In der Sache 240
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kommt eine Zulässigkeit jedenfalls in Betracht, wenn das Recht dies ausdrücklich vorsieht. Im Gemeinschaftsrecht ist dies in Art 141 Abs 4 (insb für den Bereich des Entgelts) und in Art 2 Abs 6 bis 8 GleichbRL der Fall. Art 2 Abs 6 betrifft das Geschlecht als unverzichtbare Voraussetzung (dazu näher § 3 Rn 63 ff), Abs 7 die Schwangerschaft (Rn 16 ff), und Abs 8 übernimmt Art 141 Abs 4 ausdrücklich für die sonstigen Arbeitsbedingungen. Diese Ausnahmen vom Grundsatz der Gleichbehandlung sind grds eng auszulegen, weil sie in das individuelle Recht auf Gleichbehandlung eingreifen (zB EuGH 15.5.1986, Rs 222/84-Johnston Rn 36, 38; 26.10.1999, C-273/97-Sirdar Rn 23, 26; 17.10.1995, C-450/93-Kalanke Rn 21; 11.11.1997, C-409/95-Marschall Rn 32). Sie sind nur nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit zulässig (EuGH 15.5.1986, Rs 222/94-Johnston Rn 38 ua); insb hat der EuGH dies auch für „spezifische Maßnahmen“ iSd § 8 gesagt (§ 8 Rn 3). Fraglich ist, ob es außer den ausdrücklich genannten Fällen einer Zulässigkeit auch noch ungeschriebene Fälle einer Rechtfertigung gibt (Rn 21). In der internationalen Diskussion ist es umstritten, ob es sich bei 14 den genannten Ausnahmen um eine Einschränkung des Tatbestandes oder um Rechtfertigungsgründe handelt. Das GlBG spricht in § 12 Abs 12 von Rechtfertigungsgrund. Rechtlich ist die Einordnung, wenn überhaupt, nur für die Beweislast relevant, weil bei einem Rechtfertigungsgrund der Kläger sicher nicht dessen Fehlen beweisen muss. Aber auch, wenn man es als Tatbestandseinschränkung einordnet, wird es ausreichen, den Grundtatbestand glaubhaft zu machen, und nicht auch noch zusätzlich das Fehlen der Ausnahme. Daneben spielt die Einordnung psychologisch eine Rolle. Manche sagen, dass aus der Sicht der Betroffenen mehr für die Einordnung als Rechtfertigungsgrund spreche, weil dann klar sei, dass man „eigentlich“ diskriminiert wird. Diese einseitige Sicht ist fragwürdig, weil psychologisch genauso die Sicht der Handelnden relevant ist, denen der Vorwurf der Diskriminierung gemacht wird. Die erstgenannte Auffassung ist aber auch deshalb erstaunlich, weil sie oft von Autorinnen vertreten wird, welche für einen starken Schutz der Frauen plädieren – und die übersehen, dass die Einordnung als Rechtfertigungsgrund die Bevorzugung wegen der Schwangerschaft „an sich“ als Diskriminierung der Männer ausweist. ME wird man die Fälle der unverzichtbaren Voraussetzung und der Schwangerschaft als Einschränkung des Tatbestandes und allfällige ungeschriebene Fälle als Rechtfertigungsgrund einordnen können. 241
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15 Art 2 Abs 6 RL 76/207 betrifft den Fall, dass das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung ist. Das GlBG berücksichtigt dies in § 9 nur bei der Stellenausschreibung und damit nur bei Einstellung und Beförderung; vgl zu § 9 sowie zum Inhalt der Ausnahme § 3 Rn 73 ff. Die Frage kann sich aber auch bei Einstellungen und Beförderungen ohne Ausschreibung sowie bei Kündigung stellen. Art 2 Abs 6 RL verlangt nun eine Entscheidung des Mitgliedstaates, ob und dass das Erfordernis zulässig sein soll (§ 3 Rn 74). Versteht man dies – wie geboten – strikt, so ist in Österreich die Begründung einer Entscheidung mit dem Hinweis, das Geschlecht sei „unverzichtbare Voraussetzung“, in anderen Fällen als der Einstellung nach Ausschreibung unzulässig, weil das GlBG die erforderliche Entscheidung des Mitgliedstaates nicht bietet. Man wird dies wohl so sehen müssen, auch weil das GlBG eine Ausnahme von § 3 eben nur für Ausschreibungen vorsieht! Es handelt sich um ein schweres Versäumnis des schnellen österr Gesetzgebers. b. Schwangerschaft 16 Art 2 Abs 7 Satz 1 (früher Abs 3) RL 76/207 stellt Maßnahmen „zum Schutz der Frauen, insb bei Schwangerschaft und Mutterschaft“ in Bezug auf die sonstigen Arbeitsbedingungen ausdrücklich vom Diskriminierungsverbot frei. Diese Ausnahme enthält keine umfassende Rechtfertigung für eine Bevorzugung von Frauen, schon weil sonst die Bestimmungen über spezifische Maßnahmen iSd § 8 (und deren Grenzziehung) obsolet würden. Die vorliegende Ausnahme soll vielmehr (nur) die körperliche Verfassung der Frau sowie die besondere Beziehung zwischen Mutter und Kind schützen. Sie kann nicht Maßnahmen rechtfertigen, die Frauen vor anderen Gefahren schützen (zB EuGH 15.5.1986, Rs 222/84-Johnston Rn 44; 11.1.2000, C-285/98-Kreil, Rn 30 f). Die Ausnahme legitimiert aber nur zur Bevorzugung wegen der besonderen Beziehung, nicht zu einer Benachteiligung! 17 Das GlBG hat diese Rechtfertigungsmöglichkeit nicht ausdrücklich übernommen (was das Gemeinschaftsrecht auch nicht verlangt). Art 2 Abs 7 GleichbRL enthält aber keinen so starken Regelungsvorbehalt wie Art 2 Abs 6 GleichbRL (Rn 15) oder Art 141 Abs 4 (§ 8 Rn 4, 11). Maßnahmen, die nach Art 2 Abs 7 S 1 GleichbRL zulässig sein können, sind dies daher auch ohne besonders konkrete Anordnung des nationalen Gesetzes. In Österreich kann jedenfalls § 8 unmittelbar als Grundlage für Begünstigungen (nur) 242
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von Schwangeren durch KollV und ArbG herangezogen werden, weil Maßnahmen zugunsten von Schwangeren stets auch zur Erleichterung der Berufstätigkeit von Schwangeren beitragen werden. Die genannten Maßnahmen werden daher in Österreich grds unter § 8 subsumierbar sein – und auch dann zulässig sein, wenn sie nur in einem KollV vorgesehen sind oder vom einzelnen ArbG gesetzt werden. Zulässig ist zB ein Nachtarbeitsverbot für Schwangere (EuGH 5.5. 18 1994, C-421/92-Habermann-Beltermann Rn 24). Zulässig ist auch eine Zahlung nur an junge Mütter bei Mutterschaftsurlaub, weil sie berufliche Nachteile auf Grund der Schwangerschaft ausgleichen soll, so dass sich diese Frauen in einer anderen Lage als Männer (und andere Frauen) befinden (EuGH 16.9.1999, C-218/98-Abdoulaye Rn 20). Art 2 Abs 7 RL legitimiert aber wohl nicht zu Maßnahmen, die nur Müttern offen stehen, wenn die Maßnahme auch für Väter objektiv in Betracht kommt, was bei allen Maßnahmen nahe liegt, welche die Elternschaft betreffen und nicht die Geburt oder das Stillen. So könnte zB der Vorbehalt eines Betreuungsurlaubes nur für Frauen (Mutterschaftsurlaub anstelle Elternurlaub über die RL 96/34 hinaus) nicht mit Abs 7 gerechtfertigt werden, auch weil dies die Chance nimmt, dass der Vater und nicht die Mutter die Erwerbstätigkeit unterbricht. Der EuGH hat allerdings noch nicht ausdrücklich in diese Richtung entschieden. Jedenfalls im österr Recht wird aber eine Bevorzugung von Müttern aufgrund eines Tatbestandes der Elternschaft nicht vor § 3 Bestand haben können, weil das nationale Recht in verschiedenen Punkten (Vaterschaftskarenz, Teilzeitanspruch) erkennen lässt, dass Mütter und Väter hier gleichbehandelt werden sollen. Gleiche Chancen können Mütter im Arbeitsleben jedenfalls nur haben, wenn der ArbG damit rechnen muss, dass alle jene Rechtspositionen, welche für jeden Elternteil objektiv in Betracht kommen, vielleicht auch vom Vater in Anspruch genommen werden (zB Hervey, EC Law nach FN 114). Fraglich ist, ob Art 7 auch eine unmittelbare Diskriminierung beim Entgelt rechtfertigen kann. Zulässig sind jedenfalls die Fortzahlung des vollen Entgelts und die Abdeckung besonderer Aufwendungen während der Schwangerschaft und im unmittelbaren Anschluss daran. Noch offen ist, wie lange nach der Geburt eine Rechtfertigung 19 nach Art 2 Abs 7 S 1 GleichbRL möglich ist. Soweit eine Begünsti243
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gung die körperliche Verfassung der Frau nach der Geburt schützen soll, wird der Zeitraum idR kurz sein. Schützt die Begünstigung hingegen die besondere Verbundenheit mit dem Kind, so kann der Zeitraum länger sein. Allerdings erfasst die Ausnahme nicht mehr Sachverhalte, in denen die Bedachtnahme auf familiäre Pflichten im Vordergrund steht, wenn also die Maßnahme objektiv auch für Väter in Betracht kommt (Rn 18; Eichinger EAS B 4200 Rn 69). Dementsprechend hielt der EuGH einen KollV, der Vergünstigungen generell für Frauen mit Kinderbetreuungspflichten vorsah, für unzulässig (EuGH 25.10.1988, Rs 312/86-Kommission/ Frankreich Rn 14 f). Auch eine Bevorzugung von Frauen oder jungen Müttern beim laufenden Entgelt ist unzulässig. 20 Relevant ist auch die gegenläufige Frage, wie lange nach der Geburt es sich um eine nach § 3 verbotene Benachteiligung aufgrund der Schwangerschaft handelt, wenn der ArbG an einen Sachverhalt anknüpft, der auch eine Folge der Schwangerschaft ist (zB eine Krankheit; dazu § 3 Rn 40, 116, 147). Auch hier wird der Zeitraum dieses Verbots nicht allzu lang sein (zB Gebot, schwangerschaftsbedingte Arbeitsunterbrechungen nicht für eine Kündigung heranzuziehen, oder sie wie Arbeit und damit Vordienstzeit zu behandeln; vgl § 3 Rn 157, 140; ebenso Hervey, EC Law bei FN 79). c. Ungeschriebene Ausnahmen? 21 Fraglich ist, ob eine unmittelbare Diskriminierung über die genannten beiden Fälle hinaus gerechtfertigt werden kann, inwieweit es also ungeschriebene Ausnahmen gibt. Relevant ist dies insb, wenn man „Ehe- und Familienstand“ sowie „vergleichbare Arbeit“ weit versteht, und so die Zahl der potentiellen Fälle von unmittelbarer Diskriminierung stark erhöhte. Der EuGH hat die Möglichkeit einer Rechtfertigung lange Zeit nur bejaht, wenn eine RL ausdrücklich eine Ausnahme normiert, und sie ansonsten nicht erörtert und daher eher abgelehnt (vgl Generalanwalt Van Gerven zu C-132/92-Birds Eye Walls; GS/Rust, EUV/EGV Art 141 EG Rn 449). So kann zB ein unterschiedliches Anfallsalter bei Betriebsrenten nicht durch Anknüpfen an eine parallele Regelung in der gesetzlichen Altersversorgung gerechtfertigt werden (EuGH 17.5. 1990, Rs 262/88-Barber Rn 32). Die Haltung des EuGH schien jedoch zu restriktiv (GTE/Curall, EUV/EGV5 Art 119 Rn 50; Rebhahn in Schwarze, EUV/EGV Art 141 Rn 24; aA die überwiegende 244
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Lehre). Und der EuGH hat ja in Fällen, in denen eine unmittelbare Benachteiligung offenkundig vorliegt, aber nicht beanstandet werden soll, diese Ausnahmen jedenfalls bei Fragen zum Entgelt auch indirekt zugelassen, indem er dem Problem ausgewichen ist, insb durch Verneinen des Entgeltcharakters oder einer vergleichbaren Lage (zB EuGH 22.12.1993, C-152/91-Neath Rn 30-32; E Birds Eye Walls Rn 17 f; § 3 Rn 8, 188). 2001 hat der EuGH die Möglichkeit einer Rechtfertigung aber wohl auch hier anerkannt (EuGH 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 62 ff; bestätigt in 12.10.2004, C-313/02-Wippel Rn 56): Der ArbG könne die Zahlung einer höheren monatlichen Zulage an den Mann rechtfertigen, indem er beweist, dass die Zahlung auf objektiven Faktoren beruht, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes zu tun haben. Der EuGH präsentiert die Erwägung auch hier wohl noch als Ausschluss des Tatbestandes „gleiche Arbeit“, in der Sache liegt aber ein Rechtfertigungsgrund näher. Und die systematische Einordnung als Rechtfertigungsgrund könnte wohl dazu beitragen, die Argumentation leichter zu überprüfen. Allerdings wird es nur in sehr wenigen Fällen möglich sein, eine 22 unmittelbare Diskriminierung zu rechtfertigen. Die Anforderungen daran werden jedenfalls deutlich höher sein als bei der mittelbaren Benachteiligung, schon weil die Benachteiligung bei der unmittelbaren nicht nur statistisch begründet ist. Bei den „sonstigen Arbeitsbedingungen“ iSd GleichbRL ist überdies schon fraglich, inwieweit man über die ausdrücklich genannten, und eben erst vom Gemeinschaftsgesetzgeber neu formulierten Ausnahmetatbestände der RL (Abs 6 und 7) hinausgehen kann und soll (daher ablehnend GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 310). Schon früher hat der EuGH ja gesagt, dass Ausnahmen eng auszulegen sind (Rn 13). Und in Bezug auf das Entgelt bringt es kaum weiter, die in der GleichbRL genannten Ausnahmen übernehmen zu wollen; Art 2 Abs 6 passt beim Entgelt von vorneherein nicht, und ein Übertragen von Abs 7 ist nur partiell möglich (vgl Rn 16, 19). Soweit eine Rechtfertigung aber an sich möglich sein sollte, wird sich auch der einzelne ArbG – ohne Zutun des nationalen Gesetzes – auf sie berufen können. Der ArbG wird eine Diskriminierung nicht damit rechtfertigen können, dass er durch sein Verhalten ein Gebot seiner Religion befolge. Das Gemeinschaftsrecht kennt keinen entsprechenden Vorbehalt, und das Verhalten des ArbG erfolgt nicht im privaten Bereich. 245
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23 Sonderbestimmungen für alle Frauen im Arbeitsschutz bevorzugen prima facie die Frauen, können allerdings bewirken, dass bestimmte Berufe für Frauen schwerer zugänglich sind. Der EuGH hat in einem generellen Nachtarbeitsverbot für Frauen eine verbotene, auch nicht durch Art 2 GleichbRL zu rechtfertigende Diskriminierung gesehen, weil Nachtarbeit für Frauen nicht gefährlicher sei als für Männer (EuGH 25.7.1991, C-345/89-Stoeckel Rn 15; 13.3.1997, C-197/96-Komm/Frankreich Rn 4; Eichinger EAS B 4200 Rn 72 ff). Auch Art 141 Abs 4 EGV und § 8 werden Sonderbestimmungen zum Arbeitsschutz für alle Frauen nicht rechtfertigen, weil sie weder die Berufstätigkeit erleichtern noch Benachteiligungen bei der Laufbahn ausgleichen. II. Mittelbare Diskriminierung 1. Allgemeines 24 Eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes liegt nach der Legaldefinition des § 5 Abs 2 vor, wenn „dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können, es sei denn die betreffenden Vorschriften, Verfahren oder Kriterien sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich“. Dieser Text entspricht voll dem Art 2 II GleichbRL. Terminologisch wird in diesem Kommentar von vermuteter Benachteiligung gesprochen, wenn – nur – der erste Teil dieses Tatbestandes erfüllt ist (bis „benachteiligen können“), und von Diskriminierung erst bzw nur gesprochen, wenn die vermutete Benachteiligung nicht gerechtfertigt werden kann (§ 3 Rn 6). Anders formuliert geht es hier um Regelungen und Maßnahmen, die prima facie ein anderes Unterscheidungskriterium als das Geschlecht verwenden, das in den Auswirkungen zu einer nicht zu rechtfertigenden vermuteten Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes führt. Rechtswidrig ist erst die nicht zu rechtfertigende Benachteiligung. Eine mittelbare Diskriminierung liegt auch vor, wenn nur sehr wenige oder gar nur ein ArbN des anderen Geschlechtes mittelbar aufgrund des Geschlechtes besser behandelt wird. 25 Beispiele für dem Anschein nach neutrale Kriterien sind: persönliche Eigenschaften bzw Merkmalsausprägungen wie Größe oder Körperkraft, förmliche Ausbildung oder Weiterbildung, Bereit246
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schaft zu Mobilität (Ortswechsel), Flexibilität (in Bezug auf Einteilung der Arbeitszeit) oder zu häufiger Weiterbildung, nicht kontinuierliche Beschäftigung, Ausmaß der Arbeitszeit (Teilzeitbeschäftigung, geringfügige Beschäftigung), Wahrscheinlichkeit von Fehlzeiten, Höhe der Nebenkosten des ArbG, Dauer der Beschäftigung im Betrieb, in der Branche oder als ArbN, Heimarbeit, Beschäftigung in einem Klein(st)betrieb. Viele Bahn brechende Judikate des EuGH zu Art 119 alt haben die Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten betroffen. Statt „dem Anschein nach neutrale Kriterien“ kann verkürzend auch „anscheinend neutrale Kriterien“ verwendet werden. Fraglich ist, ob jene Kriterien, die ganz typischerweise mit dem missbilligten Merkmal hoch korreliert sind (zB Unterhaltspflicht mit Ehe), noch als anscheinend neutrale Kriterien eingeordnet werden können, oder nicht eher bloß scheinbar neutrale Kriterien sind – mit der Folge, dass schon eine unmittelbare Diskriminierung bejaht werden müsste. Die hM fasst die unmittelbare Diskriminierung aber wohl eher eng; vgl Rn 3. Die mittelbare Diskriminierung wurde bereits in der RL 76/207 26 ausdrücklich verboten, allerdings noch nicht definiert. Der EuGH hat sie in der E Jenkins als vom Verbot des Art 119 alt erfasst angesehen (EuGH 31.3.1981, Rs 96/80-J.P.Jenkins/Kingsgate Rn 15); die nächste wichtige E war Bilka/Weber (EuGH 13.5.1986, Rs 170/ 84 Rn 29-31). Im Vordergrund standen lange Zeit hindurch Fragen zum Entgelt (insb für Teilzeitbeschäftigte und Betriebspensionen); über eine mittelbare Diskriminierung bei sonstigen Arbeitsbedingungen hatte der EuGH erstmals 1993 (E Kirsammer) zu entscheiden. Ausgehend von der Judikatur wurde sie dann vom Gemeinschaftsgesetzgeber in Art 2 Beweislast-RL 97/80 umschrieben. Die Definition in den neuen Antidiskriminierungs-RL und in der GleichbRL idF RL 2002/73 sowie in § 5 Abs 2 weicht davon in einem wichtigen Punkt ab. Die Beweislast-RL sagt: „wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften … einen wesentlich höheren Anteil der Angehörigen eines Geschlechtes benachteiligen, …“. Die neuen Texte sagen: „wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften Personen, … in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen können.“ Die alte Formulierung stellt somit wesentlich auf einen statistischen Vergleich ab: die vermutete Benachteiligung liegt vor, wenn die Vorschrift mehr Frauen als Männer benachteiligt (oder umgekehrt). Nach der neuen Formulierung kommt es hingegen allein auf die Eignung der 247
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Vorschrift bzw des verwendeten Kriteriums an, im konkreten Zusammenhang zu benachteiligen. Dies stammt wohl aus der Judikatur zu den Grundfreiheiten (zB zu Art 39). Die zweite Änderung liegt darin, dass nach der Beweislast-RL die Rechtfertigung durch „nicht auf das Geschlecht bezogene sachliche Gründe“ erfolgt. während die neuen RL verlangen, dass die Vorschrift usw „durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist“. Dies ist sprachlich anders, man wird aber davon ausgehen können, dass rechtmäßig im vorliegenden Zusammenhang (!) nur solche Ziele sein können, welche nicht auf das Geschlecht bezogen sind. 27 Die neue Formulierung sollte die Reichweite der mittelbaren Diskriminierung im Vergleich zur alten Formulierung wohl nicht einschränken, sondern, wenn ändern, dann eher erweitern. Die von den Beweislast-RL genannte Konstellation des „größeren Anteils“ wird daher auch weiterhin eine vermutete Benachteiligung begründen (Erwägungsgrund Nr 15 der Rahmen-RL 2000/78 sagt zwar, das nationale Recht könne vorsehen, dass mittelbare Diskriminierung mit allen Mitteln, einschließlich statistischer Beweise, festzustellen ist; daraus darf man aber wohl nicht schließen, dass nach der RL das statistische Kriterium heute nur mehr nach Maßgabe des nationalen Rechts maßgebend wäre). Daneben reicht aber nun auch die genannte Eignung des Kriteriums. Der Unterschied zeigt sich in folgendem Fall: Lehnt der ArbG die Einstellung oder Beförderung einer Frau aufgrund eines Kriteriums ab, welches Frauen an sich benachteiligen kann, so lag nach der alten Formel keine vermutete Benachteiligung vor, falls der ArbG in der angestrebten ArbNGruppe bereits mehr Frauen als Männer beschäftigt. Nach der neuen Formel kommt hingegen wohl auch in diesem Fall eine vermutete Benachteiligung in Betracht. 28 Mittelbare Diskriminierung kommt nicht nur bei vom ArbG angewendeten Regelungen in Betracht, sondern mE auch bei Einzelmaßnahmen, wie zB bei einer Einstellung (zB Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 33; aA zB Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 29). Die Tatsache, dass eine mittelbare Diskriminierung lange nur mit Hilfe einer Statistik festgestellt werden konnte, schließt ja nicht aus, dass aus einer Statistik zur Lage beim ArbG Schlüsse auf einen bestimmten Einzelfall – zB eine Beförderung – gezogen werden. In den USA betrifft die Judikatur zur mittelbaren Diskriminierung sogar überwiegend Einzelmaßnahmen wie Einstellung oder Beför248
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derung, die dann aber idR in kollektivem Bezug gesehen werden. Aufgrund der heutigen Definition der mittelbaren Diskriminierung in § 5 kommt eine mittelbare Diskriminierung sogar bei einem ArbG in Betracht, der nur eine(n) ArbN beschäftigt, weil es nur auf die Eignung des Kriteriums zur spezifischen Benachteiligung ankommt. Bei einer Einzelmaßnahme muss man fragen, ob – bekannte oder vermutete – Entscheidungsgründe des ArbG zulässig wären, wenn der ArbG sie allg anwendete. Das Einbeziehen von Einzelmaßnahmen ist mit dem Wortlaut von § 5 Abs 2 jedenfalls vereinbar, wenn nicht sogar geboten, weil auch bei Einzelmaßnahmen Kriterien bzw Verfahren angewendet werden. Und der Zweck des Gesetzes erfordert die Anwendung, weil es keinen Unterschied machen kann, ob der ArbG eine mittelbar diskriminierende Regel ausdrücklich aufstellt oder nur bei mehreren Einzelmaßnahmen erkennbar befolgt. Zwingend wird das Einbeziehen, wenn man eine unmittelbare Diskriminierung schon entfallen lässt, falls der ArbG ein Motiv nennt, das konkret mittelbar diskriminierend wäre (Rn 11). Prüfungsgegenstand sind jeweils einzelne konkrete Regelungen 29 oder Maßnahmen. Beim Entgelt ist jeder Entgeltbestandteil gesondert auf eine mittelbare Diskriminierung hin zu beurteilen (EuGH 17.5.1990, Rs 262/88-Barber Rn 33 ff; § 3 Rn 90). Damit soll verhindert werden, dass Benachteiligungen durch eine Gesamtbetrachtung „ausgeglichen“ und verdeckt werden. Daher ist auch bei anderen Arbeitsbedingungen jeweils die einzelne Arbeitsbedingung zu prüfen. 2. Vermutete Benachteiligung a. Allgemeines Für die Darstellung empfiehlt es sich, zwischen generellen Rege- 30 lungen und Einzelmaßnahmen des ArbG zu unterscheiden, weil die Einzelmaßnahmen spezifische Fragen aufwerfen. Bei den generellen Regelungen ist es sinnvoll zwischen Gesetzen, KollV, sowie generellen Regelungen und Maßnahmen des ArbG zu unterscheiden. Im Folgenden wird zuerst auf generelle Regelungen und Maßnahmen des ArbG eingegangen; vieles davon gilt auch für KollV. Bei generellen Regelungen liegt eine vermutete Benachteiligung vor, wenn das anscheinend neutrale Unterscheidungskriterium (Verfahren, Vorschrift) die Angehörigen eines Geschlechtes „in besonderer Weise benachteiligen kann“. Man kann dazu heute zwei Fallgruppen unterscheiden. Die wichtigere ist die statistische 249
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Benachteiligung, zu der es schon reiche Judikatur gibt (Rn 30 ff). Die zweite Gruppe bilden Fälle, in denen das verwendete Unterscheidungskriterium auf sonstige Weise besonders geeignet ist zu benachteiligen. In beiden Fallkonstellationen kommt es allein auf die objektiven Auswirkungen der Regelung an; Absicht oder Fahrlässigkeit des Regelnden ist nicht erforderlich (Rn 40). 31 Ist die vermutete Benachteiligung, insb mithilfe der Statistik, ausreichend dargetan, so hat der ArbG mehrere Möglichkeiten darzutun, dass dennoch nicht diskriminiert wurde. Erstens kann der ArbG die Vermutung der mittelbaren Benachteiligung widerlegen, falls die statistische Differenz zufällig ist (zur Beweislast Rn 38). Zweitens kann der ArbG dartun, dass die vermutete Benachteiligung auf Grund des Geschlechtes objektiv durch Umstände gerechtfertigt werden kann, die nichts mit dem Geschlecht zu tun haben (Rn 46 ff). b. Statistische Benachteiligung 32 Eine statistische Benachteiligung liegt vor, wenn eine an sich geschlechtsneutral formulierte Regelung tatsächlich wesentlich mehr Frauen als Männer benachteiligt, sie sich also statistisch überwiegend zum Nachteil der Frauen auswirkt (vgl Art 2 Abs 2 Beweislast-RL; zB EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 29; 30.3.2000, C-236/98-JämO Rn 50; sowie zu Gesetzen ausführlich EuGH 9.2. 1999, C-167/97-Seymour-Smith Rn 53–65; 6.2.1996, C-457/93-Lewark Rn 28; 2.10.1997, C-1/95-Gerster Rn 30; 23.10. 2003, C-4/02Schönheit Rn 69 ff). Grds dasselbe gilt auch, wenn eine Regelung tatsächlich wesentlich mehr Männer als Frauen benachteiligt. Maßgebend sind allein die Auswirkungen der Regelung. Das Einsetzen des statistischen Vergleichs wurde va in der deutschen Literatur kritisiert, weil damit der Bestand von Individualrechten zu sehr von der Statistik abhängig gemacht werde (zB Zöllner/Loritz, Arbeitsrecht5 (1998), 131: „kein individueller Gerechtigkeitsgehalt“; Kingreen, Gleichheitsrechte Rn 58). Das Heranziehen des statistischen Vergleichs will jedoch nicht eine schematische Gleichbehandlung durchsetzen, weil daraus ja nur die widerlegbare Vermutung der Benachteiligung folgen kann. Die Vermutung kann noch entkräftet werden, uzw durch die Erklärung durch andere – rechtfertigende – Gründe. Der statistische Vergleich soll also „nur“ die Beweisanforderungen für die Abhängigkeit einer Benachteiligung vom missbilligten Unterscheidungsmerkmal herabsetzen (Schlachter, NZA 250
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1995, 393 ff): Wenn sich ein an sich neutrales Unterscheidungskriterium typischerweise zum Nachteil einer Gruppe auswirkt, so ist die Benachteiligung mit erhöhter oder hoher Wahrscheinlichkeit auf die Gruppenzugehörigkeit zurückzuführen. Der entscheidende Punkt beim statistischen Vergleich ist die Ab- 33 grenzung der Vergleichsgruppen bzw des Vergleichsrahmens: Für welchen Bereich (Abteilung, Betrieb(e), Unternehmen, Geltungsbereich eines KollV) sind die Auswirkungen einer Regelung auf Frauen und Männer zu prüfen. Auch hier ist zuerst zu prüfen, ob Männer und Frauen sich überhaupt in einer vergleichbaren Situation befinden (Rn 5; § 3 Rn 8). Daran fehlt es etwa, wenn der ArbG jungen Müttern ein besonderes Recht (hier auf unbezahlten Urlaub) einräumt, und dann diese Vergünstigung – so wie in vergleichbaren Fällen – nicht zur Grundlage für weitere Ansprüche (hier: Entstehen von Anspruch auf bezahlten Urlaub) nimmt. Der EuGH hat dazu treffend festgestellt, dass darin keine Benachteiligung der jungen Mütter gesehen werden kann (EuGH 27.10.1998, C-411/96-Boyle Rn 77–79). In der Folge ist von der Grundregel auszugehen, wie sie insb die Beweislast-RL formulierte (Rn 26): Eine vermutete Benachteiligung liegt vor, wenn der Anteil der Angehörigen eines Geschlechtes unter den Benachteiligten wesentlich höher ist als bei den Begünstigten. Geht es um das Entgelt, so ist für die Abgrenzung der Ver- 34 gleichsgruppen primär maßgebend, ob die ArbN gleiche oder doch vergleichbare Arbeit leisten. Laut EuGH gilt das Diskriminierungsverbot potentiell nicht nur für Arbeit in demselben Betrieb, sondern stets dann, wenn sich Entgeltbedingungen „auf ein und dieselbe Quelle“ zurückführen lassen (§ 3 Rn 103; EuGH (Plenum) 17.9.2002, C-320/00-Lawrence Rn 17 und 18; bestätigt durch 13.1. 2004, C-256/01-Allonby Rn 46-49). Dies ist also der weitest mögliche Vergleichsrahmen, der insb durch den Handlungsbereich von zwei Kollektivvertragsparteien bestimmt werden kann, mE aber auch durch die einheitlichen Vorgaben eines Konzerns für die Personalangelegenheiten. Die äußere Grenze, die der EuGH zum Vergleich der Entgeltbedingungen gezogen hat, wird auch für andere Arbeitsbedingungen gelten. Innerhalb dieser äußeren Grenze darf der Vergleichsrahmen jeden- 35 falls nicht willkürlich gezogen werden. Die statistischen Angaben 251
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müssen aussagekräftig sein. Sie müssen sich daher auf eine ausreichende, relativ große Zahl von Personen beziehen, um auszuschließen, dass Unterschiede bloß zufällige oder nur konjunkturelle Erscheinungen widerspiegeln oder nur Unterschiede der einzelnen ArbN wiedergeben. Die Vergleichsgruppen müssen auch sämtliche ArbN umfassen, die in einer vergleichbaren Situation sein können; grds sind daher alle ArbN einzubeziehen, auf die sich das untersuchte Unterscheidungskriterium auswirken kann (vgl zu den Vorgaben EuGH 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 17; 31.5.1995, C-400/93-Royal Copenhagen Rn 33 ff). Die Abgrenzung der Vergleichsgruppe kann schwierig sein; letztlich kommt es auf den Sinngehalt der Gesamtregelung an, in welche die untersuchte Bestimmung eingebettet ist (gut gelöst zB von EuGH 14.9.1999, C-249/ 97-Gruber Rn 31–33). Bei Maßnahmen des ArbG kann es für den statistischen Vergleich nur auf die Verhältnisse im Betrieb oder Unternehmen ankommen. 36 Geht es um das Entgelt, so ist für die Abgrenzung der Vergleichsgruppen primär maßgebend, ob die ArbN gleiche oder doch gleichwertige Arbeit leisten (§ 3 Rn 100 ff). Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigte sind in demselben Vergleichsrahmen, weil die Arbeit nicht wegen des unterschiedlichen Umfanges verschieden ist. Schon bei gleicher Arbeit kann der Vergleichsrahmen auf andere Betriebe auszudehnen sein; und verstünde man Vergleichbarkeit weit, so könnte dies zu einem Übergreifen des Vergleiches auf andere Berufe führen (§ 3 Rn 108 ff). Geht es nicht um die Festlegung des laufenden Entgelts, sondern um Nebenregeln (zB Entgeltfortzahlung) oder nicht direkt mit der Arbeit verbundene Nebenleistungen (zB Betriebspension, Zulage für Schwerarbeiter), so kommt es auch beim Entgelt nicht darauf an, dass die Arbeit gleich oder vergleichbar ieS ist. Vielmehr wird die Abgrenzung hier so erfolgen wie bei den anderen Arbeitsbedingungen. Grds sind alle Personen einzubeziehen, für welche die untersuchte Regelung gilt oder auf welche sie sich auswirken kann. So betrifft eine betriebliche Richtlinie zur Auswahl bei Einstellung oder Beförderung grds alle Bewerber. Bei einem Einstellungstest sind die Anteile der Frauen/Männer an den Erfolgreichen zu ermitteln und zu vergleichen. Der Vergleichsrahmen kann aber – mitunter erheblich – einzuschränken sein, falls und weil die Arbeitsbedingungen der mehr und der weniger begünstigten ArbN doch nicht vergleichbar sind (deutlich etwa in EuGH 12.10.2004, C-313/02252
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Wippel Rn 59 f: teilzeitbeschäftigte ArbN mit Arbeit auf Abruf sind mit Vollzeitbeschäftigten wegen der unterschiedlichen Pflichtenlage nicht vergleichbar, sodass die Frage, ob die Arbeit auf Abruf der GleichbRL widerspricht, gar nicht mehr zu stellen sei). In der Praxis wird man bei Maßnahmen des ArbG als Ausgangspunkt alle ArbN des Betriebes in den Vergleich einbeziehen, vielleicht aber auch des Unternehmens, und dann prüfen, ob der Vergleichsrahmen aufgrund des Inhalts der Regelung oder aufgrund von Unterschieden in den faktischen Arbeitsbedingungen zu verringern ist. Bei einem KollV ist hingegen von allen Arbeitsverhältnissen, welche in dessen Geltungsbereich fallen, auszugehen (vgl § 3 Rn 20 f). Ist der Rahmen des Vergleichs ermittelt, so sind die von der Re- 37 gelung begünstigten und benachteiligten ArbN, und bei diesen Gruppen jeweils der prozentuale Anteil der Frauen und Männer zu ermitteln (EuGH 17.6.1998, C-243/95-Hill/Stapleton Rn 24; 9.2. 1999, C-167/97-Seymour-Smith Rn 59; vgl zB Steinmeyer/Bieback Art 141 Rn 63 ff), allenfalls zu schätzen. Es genügt nicht, allein auf die Benachteiligten abzustellen oder allein auf die absolute Zahl der Betroffenen zu blicken (treffend OGH 31.1.1996, 9 Ob A 172/95 zur Anwendung eines KollV durch den ArbG). Eine vermutete Benachteiligung liegt nach der Grundregel vielmehr vor, wenn der Anteil der Angehörigen eines Geschlechtes unter den Benachteiligten wesentlich höher (oder: erheblich geringer) ist als bei den Begünstigten (EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 31; 13.7.1989, Rs 171/88-Rinner-Kühn Rn 11, 14; 6.2.1996, C-457/93-Lewark Rn 29 f). Bei Maßnahmen des ArbG kommt es allein auf die Verhältnisse im Betrieb oder Unternehmen an: Die Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftigten durch eine Maßnahme des einzelnen ArbG ist daher keine vermutete Benachteiligung, wenn der Anteil der Frauen bei Teil- und Vollzeitbeschäftigten im Regelungsbereich in diesem Unternehmen in etwa gleich groß ist, auch wenn Teilzeitbeschäftigte in der Gesamtwirtschaft überwiegend Frauen sind (vgl aber Rn 41). Beispiel (zur Grundregel): Ein Unternehmen hat 50 Teilzeit- und 50 Vollzeitbeschäftigte; Teilzeitbeschäftigte sind von einer Leistung ausgeschlossen, der Anteil der Frauen an den Teilzeitbeschäftigten beträgt 90%, jener bei den Vollzeitbeschäftigten 55%; es liegt wohl eine vermutete Benachteiligung vor. Die Benachteiligung kann aufgrund einer Modifikation der Grundregel auch vermutet werden, wenn der Anteil der Benachteiligten 253
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des einen Geschlechtes wesentlich geringer ist als der Anteil der Benachteiligten des anderen Geschlechtes (zB beträgt der Anteil der Frauen an den Teilzeitbeschäftigten 45%, jener an den Vollzeitbeschäftigten 15%). Betragen bei einem Einstellungstest die Anteile der Frauen/Männer an den Erfolgreichen über einen längeren Zeitraum 40/60, so liegt mE eine vermutete Benachteiligung vor. Anders als eben dargelegt wird zuweilen auch darauf abgestellt, ob der Anteil unter den Benachteiligten wesentlich höher ist als im Vergleichsrahmen (BAG 23.2.1994 – 4 AZR 219/93 = AP EWG Art 119 Nr 51; ErfK/Schlachter EG Art 141 Rn 17). Das kann zu einem anderen Ergebnis führen, insb wenn der Anteil der benachteiligten Gruppe an der Gesamtgruppe hoch ist. Im vorigen Beispiel liegt der Anteil der Frauen bei den benachteiligten Teilzeitbeschäftigten bei 90%, unter allen ArbN hingegen bei 70%; hier ist fraglich, ob die Benachteiligung vermutet werden kann. Nach Schlachter soll die Benachteiligung vermutet werden, wenn der Anteil der einen Gruppe unter den Benachteiligten wesentlich höher ist als unter den Nichtbenachteiligten oder als in der Gesamtgruppe (ErfK/Schlachter BGB § 611a Rn 15). 38 Das Erfordernis, dass der Anteil der Benachteiligten wesentlich höher ist, wurde bisher vom EuGH nicht näher präzisiert; die Ausdrucksweise des EuGH schwankt auch, ohne dass damit aber erkennbar Unterschiede in der Sache verbunden wären (GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 459). Es ging meist um Teilzeitbeschäftigte, bei denen der Frauenanteil stets viel höher war. Überdies ist es primär Aufgabe des nationalen Gerichts festzustellen, ob der Anteil wesentlich höher ist (zB EuGH 30.3.2000, C-236/98-JämO Rn 51 mwN). Als nicht wesentlich werden geringfügige Unterschiede der Anteile erachtet (in der E EuGH 9.2.1999, C-167/97Seymour-Smith betrug der Unterschied nur 5%; kritisch Grabitz/ Hilf/Langenfeld EGV Art 141 Rn 32). Ein geringerer Unterschied kann aber für die Annahme einer vermuteten Benachteiligung ausreichen, falls er über längere Zeit konstant besteht (E SeymourSmith Rn 61). In der deutschen Lehre wird gesagt, dass eine vermutete Benachteiligung „jedenfalls“ vorliege, falls der Anteil des einen Geschlechtes an den Nichtbenachteiligten um ein Viertel geringer ist als bei den Benachteiligten (Schlachter spricht von einem Relationsunterschied von 75%), und überdies die prozentuale Abweichung aussagekräftig ist (ErfK/Schlachter BGB § 611a Rn 16). Ist fraglich, ob der statistische Unterschied deutlich genug ist, so 254
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wird man eine Gesamtbetrachtung anzustellen haben, welche auch die Bedeutung der Ungleichbehandlung und das Ausmaß der Betroffenheit einbezieht. Erforderlich ist ein signifikante und klare Aussage der Daten (vgl auch Steinmeyer/Bieback Art 141 Rn 74; Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 76 ff). In weiterer Folge ist stets auch zu bedenken, ob die vorhandene Auffälligkeit der Zahlen etwa auf Zufall beruht, weil sie leicht mit anderen Gründen als dem Geschlecht erklärt werden kann. Dafür wird aber der Beklagte beweispflichtig sein. Es ist Sache des nationalen Gerichts zu beurteilen, ob die statistischen Daten aussagekräftig sind oder zufällige Erscheinungen widerspiegeln (EuGH 27.10.1993, C-127/ 92-Enderby Rn 17). Sind die Daten aussagekräftig, dann ist nicht weiter zu prüfen, ob die statistischen Unterschiede materiell auf geschlechtsspezifischen Gründen beruhen (das war früher in Deutschland strittig; vgl Handbuch/Wank § 16 Rn 159; Schlachter EAS B 4100 Rn 45). Das Vorliegen der Benachteiligung ist vom Kläger zu behaupten 39 (Rn 66); gem § 12 Abs 12 genügt es, wenn er sie (nur) glaubhaft macht. Dies gilt auch für die statistische Auswirkung der Regelung. Zuweilen genügt für das Glaubhaftmachen die Alltagserfahrung: Eine Benachteiligung von Teilzeitkräften benachteiligt – nur – in der Regel Frauen. In anderen Fällen kann selbst das Glaubhaftmachen schwer fallen, wenn der ArbN dafür (statistische) Daten benötigt, die nur der ArbG zur Verfügung hat. Das GlBG sieht einen Anspruch gegen den ArbG auf Zugang zu oder Herausgabe von Informationen jedenfalls nicht ausdrücklich vor, und auch der EuGH hat diesen bisher nicht bejaht (de lege ferenda für diesen Anspruch zu Recht Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 93). Nur die Gleichbehandlungskommission hat Anspruch auf die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte durch die ArbG (§ 10 Abs 2 GBK/GAW-G). Bei den Anforderungen an die Glaubhaftmachung und deren Widerlegung (dazu ausführlich Rn 69 ff) ist insb beim Entgelt zu berücksichtigen, dass der EuGH die Beweislast der ArbN für verschiedene Konstellationen stark herabgesetzt hat, va bei einem undurchsichtigen Entlohnungssystem (EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 13; 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 14; 31.5.1995, C-400/93-Royal Copenhagen Rn 24-26). Diese Regeln sind als Auslegung des Primärrechts auch dann noch relevant, wenn die RL die Beweislast der ArbN weniger stark verringern sollten. 255
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c. „Besonderes“ Kriterium 40 Nach dem Wortlaut des § 5 Abs 1 und der Neufassung der GleichbRL kann eine vermutete Benachteiligung auch ohne statistische Benachteiligung vorliegen, wenn das Unterscheidungskriterium (die Vorschrift, das Verfahren) „Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechtes benachteiligen“ kann (HvV). Die Frage der „besonderen“ Eignung wird häufig ohne Beweisaufnahme beantwortet werden können. Das Tatbestandselement „besondere Eignung“ ist zwar vom Wortlaut der Beweislast-RL nicht erfasst, weil es die einschlägigen RL damals noch nicht vorsahen. Soweit aber einmal ein Beweis dafür erforderlich ist, wird man auch die Beweislast-RL und § 12 Abs 12 darauf anwenden müssen (zweifelnd Epiney/ Freiermuth Abt, Gleichstellung 164 f). Zur Beweislast gilt also grds dasselbe wie zur statistisch begründeten Vermutung. 41 Erforderlich ist wohl, dass das verwendete Kriterium in ganz hohem Ausmaß mit den Angehörigen eines Geschlechtes korreliert ist. Ein Beispiel wäre die Körperkraft. Auch das Kriterium der Teilzeitbeschäftigung ist wohl „in besonderer Weise geeignet“, Frauen zu benachteiligen, wenn und weil der Anteil der Frauen an den Teilzeitbeschäftigten in Österreich typischerweise höher ist als unter allen ArbN. Folgt man dem, so liegt eine vermutete Benachteiligung bereits vor, wenn Teilzeitbeschäftigte schlechter gestellt werden als Vollzeitbeschäftigte, unabhängig von den Verhältnissen beim konkreten ArbG. Denkbar wäre auch, das Kriterium einer (möglichst) ununterbrochenen Vorbeschäftigung als ein Kriterium anzusehen, das spezifisch die Frauen benachteiligt. Fraglich ist, inwieweit auch Kriterien wie Flexibilität und Mobilität sowie die Bereitschaft dazu schon vom Inhalt her Frauen in besonderer Weise benachteiligen. Dafür spricht, dass die meisten Frauen mit Kindern deshalb in ihrer Flexibilität – mehr als die Väter – eingeschränkt sind. Allerdings gibt es auch viele Männer, deren Bereitschaft zu Flexibilität eher gering ist. d. Einzelmaßnahmen 42 Auch eine Einzelmaßnahme des ArbG kann mittelbar diskriminieren (Rn 28). Abzustellen ist auf die bekannten oder die vermuteten Kriterien des ArbG und deren Verallgemeinerung. Man kann das Vorliegen einer Benachteiligung vermuten, wenn der ArbG ein entsprechendes Motiv geäußert hat oder anklingen ließ oder wenn 256
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eine Regelmäßigkeit im Verhalten bzw in der Personalstruktur des ArbG darauf hindeutet (zB stellt der ArbG in der Regel nur Männer oder Frauen ein). Auch in Bezug auf eine Einzelmaßnahme kann die Vermutung der Benachteiligung daher mit Hilfe der Statistik dargetan werden (Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 33). Dafür spricht schon, dass diese Möglichkeit nach § 5 Abs 2 allgemein besteht und das Gesetz sie für Einzelmaßnahmen nicht ausschließt. Wollte man die genannte Möglichkeit ausschließen, so würde dies das Verbot der mittelbaren Diskriminierung bei Einzelmaßnahmen leer laufen lassen. Verstärkt wird dies dadurch, dass der ArbG den Vorwurf der unmittelbaren Diskriminierung bei Einzelmaßnahmen eher leicht abwehren kann, und die einzige Hürde hier die nachfolgende Kontrolle unter dem Aspekt der mittelbaren Diskriminierung darstellt (Rn 11). Bei Einzelmaßnahmen ist der Nachweis einer geschlechtsbedingten Benachteiligung oft sehr schwierig, so dass der Beweislastverschiebung (Rn 69 ff) große Bedeutung zukommt. Fraglich ist, ob man die Diskriminierung bereits dann vermuten kann, wenn der ArbG ein unfaires Verfahren durchführt (in diese Richtung BVerfG 16.11.1993 AP BGB § 611a Nr 9). e. Kollektivverträge Für Kollektivverträge gilt grds das zu generellen Regelungen des 43 ArbG Dargelegte (Rn 32 ff). Die Folgen einer Diskriminierung durch KollV soll, jedenfalls aus der Sicht des Art 141, der zur Zahlung sonst Verpflichtete, also idR der ArbG tragen, indem er zu zahlen hat (vgl § 3 Rn 22, 32; EuGH E Kowalska Rn 19; 28.9.1994, C-28/93-van den Akker Rn 14). Ähnliches wird auch für die anderen Arbeitsbedingungen gelten. Wesentlich ist primär die Abgrenzung des Vergleichsrahmens, insb inwieweit hier nur ArbN des beklagten Unternehmens einzubeziehen sind, oder alle ArbN im (uU vermuteten) Geltungsbereich des KollV. Bei unmittelbarer Diskriminierung spielt diese Frage keine Rolle, bei mittelbarer kann sie entscheidend sein. Jedenfalls in Verfahren der Gleichbehandlungskommission nach § 11 GBK/GAW-G und in Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG zu einem KollV ist der gesamte Geltungsbereich des KollV in den Vergleich einzubeziehen. Dies entspricht der Judikatur des EuGH, demzufolge die nationalen Gerichte berechtigt und verpflichtet sind, eine Kollektivvertragsbestimmung, die Art 141 verletzt, für unwirksam erklären (EuGH 27.6.1990, C-33/ 89-Kowalska Rn 18; § 3 Rn 22). Die Anwältin für Gleichbehand257
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lung hat im Verfahren nach § 11 GBG/GAW-G aber wohl nicht das Recht, den Feststellungsantrag nach ASGG einbringen (§ 12 Abs 4 GBK/GAW-G gilt wohl nur für Verfahren nach § 12). 44 In Verfahren, die nur einen ArbG betreffen (Klagen eines ArbN, Anträge nach § 12 GBK/GAW-G oder nach § 54 Abs 1 ASGG) ist die Abgrenzung des Vergleichsrahmens weit schwieriger. Der Meinungsstand ist eher unklar. Soweit die vermutete Benachteiligung durch statistischen Vergleich begründet wird, ist fraglich, ob es für den Vergleich auf den gesamten Geltungsbereich des KollV oder nur auf die Verhältnisse beim ArbG (Unternehmen) ankommt. An sich hat der einzelne ArbG nur soweit selbst diskriminiert, als auch in seinem Unternehmen eine vermutete Benachteiligung vorgelegen hat. Früher hat der EuGH dies zuweilen berücksichtigt, indem der Vergleich grds auf die ArbN eines ArbG beschränkt wurde: Eine von einem KollV diskriminierte ArbNin konnte sich nicht auf das Diskriminierungsverbot berufen, wenn gerade ihr ArbG keine ArbN beschäftigt, die durch die fragliche Regelung begünstigt werden (EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll Rn 100 ff). Allerdings hat der EuGH in manchen E auch nicht speziell auf die Verhältnisse beim ArbG abgestellt, nicht einmal wenn die Ursache der Diskriminierung im Gesetz lag (§ 3 Rn 21, 26; ferner zB EuGH 30.11.1993, C-189/91-Kirsammer Rn 30), wenngleich fraglich ist, ob der EuGH ein Abstellen auf die Verhältnisse beim ArbG zulassen würde, falls der ArbG ein Abweichen behauptet (vgl zB die Bemerkung in EuGH 6.2.1996, C-457/93-Lewark Rn 29 f). Die für Verfahren nach § 12 GBK/GAW-G vorgesehene Möglichkeit eines Verbandsantrages deutet auf ein Einbeziehen des gesamten Geltungsbereiches des KollV hin (§ 12 Abs 4 und 5 gibt diese Möglichkeit den Interessenvertretungen und der Anwältin für Gleichbehandlung). 45 Die jetzt maßgebenden Umschreibungen von Diskriminierung in der GleichbRL und in § 5 weisen deutlich darauf hin, dass sich das Vorliegen einer Diskriminierung nicht nur aus den Umständen beim beklagten ArbG ergeben kann, sondern auch aus den Umständen im gesamten Anwendungsbereich des vom beklagten ArbG angewendeten KollV. Die neue Fassung der GleichbRL und § 5 Abs 2 lassen es bei der unmittelbaren Diskriminierung ja ausreichen, dass eine andere Person eine günstigere Behandlung „erfahren würde“ als im KollV für die Klägerin vorgesehen ist. Und bei der mittelbaren Diskriminierung reicht es jetzt aus, dass die Rege258
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lung benachteiligen „kann“; dies muss wohl unabhängig von den Verhältnissen beim ArbG beurteilt werden. Der Grundsatz der Gleichbehandlung gilt für die KollV also gleichsam unmittelbar, ohne Bindung an einen ArbG. Dies ist jedenfalls für die Zukunft (Beseitigung der Diskriminierung) relevant; hier kann man ohne Probleme auf den gesamten KollV abstellen. Dies wird auch vom EuGH verlangt (EuGH 27.6.1990, C-33/89-Kowalska). Nach der neuen Rechtslage muss der ArbG aber eine Diskriminierung (bloß) durch Anwendung des KollV auch für die Vergangenheit verantworten (und nachzahlen). Dies gilt selbst dann, wenn er selbst keine Angehörigen des anderen Geschlechtes schlechter behandelt hat. Daher kann ein ArbG, der einen KollV anwendet, der die ArbN von Kleinunternehmen schlechter stellt, vermutet benachteiligen, falls der Anteil der weiblichen ArbN im Anwendungsbereich dieses KollV in Kleinunternehmen deutlich höher ist als in den anderen Unternehmen – auch wenn der beklagte Kleinunternehmer selbst innerhalb seiner ArbN gar nicht differenziert hat. Allerdings bleiben Zweifel an der Verantwortung des einzelnen ArbG für Benachteiligungen, die sich nur aus den Verhältnissen bei anderen ArbG ergeben. Sie bestehen insb, falls die vermutete Benachteiligung allein statistisch begründet wird; wird sie hingegen mit der besonderen Eignung (Rn 40) begründet, dann ist ein Absehen von den Umständen beim beklagten ArbG weit eher berechtigt. Besonderes bedenklich ist die Zurechnung von Benachteiligungen, die allein durch eine Statistik über die Verhältnisse bei anderen ArbG begründet wird, falls die Benachteiligung für den beklagten ArbG kaum erkennbar war (vgl auch § 3 Rn 22 ff). 3. Rechtswidrigkeit und Rechtfertigung a. Allgemeines Eine vermutete Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes ist nur 46 verboten, wenn sie nicht gerechtfertigt werden kann. Der EuGH formuliert(e) meist, dass eine aufgrund der Statistik zu vermutenden Benachteiligung nicht verboten ist, „sofern sich diese Ungleichbehandlungen mit objektiv gerechtfertigten Faktoren erklären lassen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes zu tun haben“ (zB EuGH 15.12.1994, C-399/92Helmig/Lengerich 20; 9.2.1999, C-167/97-Seymour-Smith Rn 52). Diese Formulierung kehrt in der Umschreibung der mittelbaren Diskriminierung in der GleichbRL nicht wieder – zu Recht, weil 259
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der EuGH damit im Kern nichts anderes umschreibt als die Möglichkeit einer Rechtfertigung (ferner drücken die zitierten Worte den Auftrag aus, zu prüfen, ob die statistisch dargetane Benachteiligung nicht rein zufällig ist; Rn 35, 38; vgl auch Grabitz/Hilf/ Langenfeld EGV Art 141 Rn 33 f). Leitlinie für Maßnahmen des ArbG ist, dass der „für die Ungleichbehandlung angeführte Grund einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entsprechen und für die Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sein“ muss (grundlegend EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 36; 26.6. 2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 67). Die Frage der Rechtfertigung ist grds vom nationalen Gericht zu prüfen. Der EuGH hat dazu zwar schon deutliche „Hinweise“ zu wichtigen Fragen gegeben (zB EuGH E Seymour-Smith Rn 67 f; 20-3-2003, C-187/00-KurtzBauer; 23.10.2003, C-4/02-Schönheit Rn 84 ff), manch andere hingegen kaum konkretisiert (insb die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit). Die Gerichte der Mitgliedstaaten haben damit einen ziemlich weiten Gestaltungsspielraum bei den entscheidenden Abwägungen. Die oft weitgehende Verweisung der Frage einer Rechtfertigung an die nationalen Gerichte führt zu einer unklaren und uU national beträchtlich unterschiedlichen Rechtslage (kritisch zB Moreau, Discrimination 2.2). Eine Benachteiligung beim Entgelt ist vergleichsweise schwerer zu rechtfertigen als eine bei sonstigen Arbeitsbedingungen. Das Festlegen der Regelung in einem KollV, und damit die Kollektivvertragsautonomie, allein ist noch kein Rechtfertigungsgrund (EuGH 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 23), vielmehr sind auch KollV zu prüfen (Rn 43). 47 Über die Rechtfertigung ist in einem Abwägungsprozess zu entscheiden, bei dem das Ziel der Gleichberechtigung gegen das mit der Maßnahme verfolgten Ziel entsprechend dem Prüfungsprogramm abzuwägen ist. Der neue Text der GleichbRL hat das Prüfungsprogramm zur Rechtfertigung in Art 2 Abs 2 klarer ausgestaltet; man kann dies auch für Art 141 und das Entgelt übernehmen (wofür auch Art 3 Abs 1 lit c GleichbRL spricht); § 5 differenziert denn auch nicht. – Erstens ist festzustellen, welchem Ziel die Regelung dient (Rn 50 f). – Zweitens ist zu prüfen, ob das Regelungsziel tauglich und rechtmäßig ist (Rn 52 f). – Drittens ist zu prüfen, ob das Regelungsziel die Verwendung des neutralen Kriteriums sachlich rechtfertigt (Rn 54). 260
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Viertens ist zu prüfen, ob „die Mittel“ zur Erreichung des Regelungszieles „angemessen und erforderlich“ sind (Rn 56 ff).
Generell kann man durch Vergleich der GleichbRL mit der RL 2000/78 sagen, dass diese RL in Art 6 – nur – zur Altersdiskriminierung eine sehr weitgehende Ermächtigung für Rechtfertigungen durch den nationalen Gesetzgeber enthält. Man kann daraus – auch für die GleichbRL – ableiten, dass die Möglichkeiten der Rechtfertigung bei den anderen Merkmalen deutlich beschränkter sind. Das Prüfprogramm indiziert dann auch die hier einschlägige Kontrolldichte, legt sie allerdings noch nicht eindeutig fest, weil die einzelnen Elemente des Prüfprogrammes unterschiedlich streng gehandhabt werden könnten. So sagt man, dass der EuGH bei Maßnahmen des ArbG und der KollV eine strengere Prüfung vorgebe als bei staatlichem Arbeitsrecht (Rn 56). Die Formulierungen von Art 2 GleichbRL und § 5 Abs 2 machen deutlich, dass für die Rechtfertigung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit maßgeblich ist (Rn 54 f). Dies ist tendenziell ein strenger Prüfungsmaßstab. Er geht über eine bloße Prüfung der Sachlichkeit hinaus. Dies wird zwar für das Verfassungsrecht zum Teil anders gesehen (vgl Pöschl, JBl 1997, 413 ff; allerdings spricht gegen diese Sichtweise, soweit sie auf eine gleich intensive Kontrolldichte hinausläuft, dass damit das Besondere der grundrechtlichen Eingriffsverbote verloren geht – diese erscheinen überflüssig), kann aber für den Bereich des Arbeitsrechts kaum bestritten werden: Es besteht wohl kein Zweifel, dass an die Rechtfertigung im Rahmen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes deutlich geringere Anforderungen zu stellen sind als an jene einer mittelbaren Benachteiligung. Insb werden beim Gleichbehandlungsgrundssatz Erforderlichkeit und Angemessenheit nicht (ernsthaft) geprüft (zB bei Stichtagsregelungen). Für eine starke Kontrolldichte spricht es insb, wenn an – an sich neutrale – Merkmale bzw Eigenschaften der ArbN angeknüpft wird, welche diese nicht oder kaum oder nur unter großen Opfern ändern können (zB Begabung, die sich in Sprachkenntnissen niederschlägt; Gesundheit, die sich etwa in Sehschärfe oder Reaktionsschnelligkeit zeigt; Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit; vgl Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 53 f). Das geltende Recht verlangt nicht allgemein, dass der ArbG diese Merkmale bzw Eigenschaften nur dann als Entscheidungskriterium heranzieht, falls die Eigenschaft für die Arbeitsaufgabe erforderlich ist. Wenn aber die als Kriterium verwendete Eigenschaft sich besonders zum Nachteil einer Gruppe auswirkt, die mit Hilfe eines (oder mehre261
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rer) vom GlBG missbilligten Merkmale gebildet wird, dann soll das nur zulässig sein, falls die Anforderung verhältnismäßig ist (also erforderlich und angemessen) ist – und nicht bereits wenn sie bloß sachlich ist. Das alte GlBG verlangte in § 2 Abs 1 hingegen nur eine „sachliche Rechtfertigung“ für die Differenzierung. Dies entsprach schon früher nicht voll den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts; das geltende Gesetz hat dies richtigerweise in § 5 so nicht übernommen. Daher können frühere Entscheidungen des OGH, welche nur die sachliche Rechtfertigung prüften und sich damit begnügten, zum neuen Recht nicht ohne weiteres übernommen werden! Dies gilt zB für die E OGH 12.1.2000, 9 Ob A 318/99a (Herrenmode; § 3 Rn 77). Die Bezeichnung der Rechtfertigung mit „sachlicher Grund“ erscheint wenig sachgerecht, weil darunter normalerweise nicht das strenge Prüfungsprogramm iSd Verhältnismäßigkeit verstanden wird (allerdings wird diese Terminologie auch in Deutschland verwendet; vgl Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 26). 48 Die Grundfrage zur Rechtfertigung ist häufig, inwieweit eine durch Marktkräfte veranlasste unterschiedliche Behandlung auch durch die Berufung auf diese Markkräfte gerechtfertigt werden kann (Fenwick/Hervey, CMLR 32, 448; Moreau, Discrimination; zur Durchsetzung der Gleichbehandlung gegen den Markt vgl § 2 Rn 14 ff). Kann etwa ein geringeres Entgelt für ArbN, die zeitlich und örtlich wenig flexibel sind (dazu zählen insb Mütter jüngerer Kinder), mit der „Nachfrage am Arbeitsmarkt“ nach Flexibilität am Markt gerechtfertigt werden; oder die Bevorzugung der Angehörigen einer Gruppe mit den – tatsächlichen – Präferenzen der Kunden. Die Alternative ist, das Antidiskriminierungsrecht einzusetzen, um eine Nachfrage zurückzudrängen, welche typischerweise die Angehörigen eines Geschlechtes benachteiligt. Beide Lösungsalternativen haben Einfluss auf die Effizienz der Gesamtgesellschaft, die eine direkt, die andere indirekt. Der EuGH hat wiederholt gesagt, dass rein finanzielle Erwägungen eine Diskriminierung nicht rechtfertigen können (Rn 51). Bei der mittelbaren Diskriminierung akzeptiert er aber durchaus Erwägungen (Ziele) als möglichen Rechtfertigungsgrund, welche primär wirtschaftliche Ziele sind. Zu nennen sind vor allem arbeitsplatzbezogene Anforderungen wie Flexibilität oder Mobilität (Rn 59), die letztlich auch wirtschaftliche Ziele (zur Sicherung von Umsatz und Gewinn) sind, aber auch die Arbeitsmarktsituation (E Enderby; Rn 62). Man kann sagen, dass ökonomische Gründe vom EuGH eher systematisch 262
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akzeptiert werden, wenn und weil sie der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen dienen (vgl Moreau, Discrimination 1.1.2). Diese weite Akzeptanz von ökonomischen Gründen wird von einem Teil der Lehre kritisiert. Sie stimmt aber auch mit der herrschenden Abgrenzung von „gleichwertiger“ Arbeit überein, bei der sich ebenfalls die Frage stellt, inwieweit es auf den Markt ankommen dürfen soll (§ 3 Rn 111). Die Abgrenzung zwischen diesen rein finanziellen Erwägungen 49 und jenen wirtschaftlichen Zielen, welche rechtfertigen können, ist durchaus schwierig, weil letztlich alles in Geld umrechenbar ist: Reine Kostenersparnis rechtfertigt nicht, wohl aber das Erfordernis nach Mobilität und Flexibilität, obwohl ein Weniger an Flexibilität des einzelnen ArbN durch einen Mehraufwand an anderer Stelle ausgeglichen werden kann. Letztlich ist die Abgrenzung weitgehend rechtspolitisch bestimmt; inwieweit sollen das Streben gegen Diskriminierung oder der Wunsch nach Effizienz und Gewinn den Vorrang haben. Das entscheidende Organ wird dabei stets auch die Wettbewerbsfähigkeit im Auge haben. Soweit nationale Gerichte die letzte Entscheidung haben (Rn 46), wird die Abwägung daher eher für den Markt ausgehen, als wenn der EuGH alles entschiede, weil die nationalen Gerichte die Wettbewerbsfähigkeit auch innerhalb der EU bedenken müssen, der EuGH hingegen primär jene nach außen. Die Grenze wird mE wohl bei der Frage liegen, ob eine bestimmte differenzierende Maßnahme nur dem Einsparen von Kosten dient, oder nach üblichem Verständnis effizienzsteigernd wirkt; auch in diesem Fall kann die Rechtfertigung aber noch an Erforderlichkeit oder Angemessenheit scheitern. Das Antidiskriminierungsrecht kann daher vom ArbG in gewissem Umfang ein Verhalten erfordern, das er erst gegen den Mark durchsetzen muss – und es soll sich auch gegen den Markt durchsetzen (zB Wiedemann, Gleichbehandlungsgebote 60, 66, 74). b. Geeignetes Differenzierungsziel Bei der Rechtfertigung einer vermuteten Benachteiligung ist von 50 dem mit der Differenzierung verfolgten Ziel auszugehen. Vermutete Benachteiligungen auf Betriebs- und Unternehmensebene können nur durch objektive Faktoren gerechtfertigt werden, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes zu tun haben (EuGH 17.6.1998, C-243/95-Hill/Stapleton Rn 34). Das vom ArbG verfolgte Ziel der Unterscheidung muss ein wirkliches 263
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unternehmerisches Bedürfnis sein (EuGH 13.5.1986, Rs 170/84Bilka Rn 36; 13.7.1989, Rs 171/88-Rinner-Kühn Rn 14; vgl auch GS/Rust, EUV/EGV Rn 471 ff). Zur Rechtfertigung kann nur eine objektive Erwägung herangezogen werden, also eine Erwägung, welche auf nachprüfbaren Umständen beruht. Bloße Verallgemeinerungen oder Vorurteile über bestimmte Kategorien von ArbN reichen nicht aus. So kann die These, dass Teilzeitbeschäftigte geringer motiviert oder weniger mit dem Betrieb verbunden seien, nichts rechtfertigen (EuGH 13.7.1989, Rs 171/88-Rinner-Kühn Rn 13 f; vgl auch 17.6.1998, C-243/95-Hill-Stapleton Rn 38). Zur Rechtfertigung kann nur eine Erwägung herangezogen werden, die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Insb darf es nicht dem Ziel der Gleichberechtigung und Chancengleichheit der Geschlechter widersprechen. Die Qualifikation als wirkliches Bedürfnis des Unternehmens hängt (natürlich) nicht davon ab, dass ohne die Maßnahme der Erhalt des Unternehmens gefährdet ist (aA Pfarr/Bertelsmann, Diskriminierung 125); die Judikatur des EuGH enthält keinen Hinweis auf eine so enge Sicht. 51 Oft gibt es vor einem Streit keine expliziten Aussagen zu den Zielen, die mit einer Differenzierung verfolgt werden. Der ArbG kann eine Ungleichbehandlung nicht nur mit Gründen rechtfertigen, die er bei Setzen der Maßnahmen bekannt gemacht hat; es besteht also keine Obliegenheit zur Begründung von Maßnahmen, die (vielleicht) benachteiligen. Der ArbG kann vielmehr eine Ungleichbehandlung sogar mit anderen Gründen rechtfertigen als jenen, die beim Erlass der Maßnahme ins Treffen geführt wurden (EuGH 23.10.2003, C-4/02-Schönheit Rn 86). Bei generellen Regelungen und Maßnahmen muss man oft von der Ausgestaltung auf das Regelungsziel zurück schließen. Zur Rechtfertigung kann nur ein Ziel dienen, das mit dem objektiven Gehalt der Regelung zusammenpasst. Bei einer Einzelmaßnahme ist zu fragen, welchem Ziel der Entscheidungsgrund für den Fall dienen würde, dass der ArbG ihn zur allg Regelung erheben würde. Grds kann der ArbG auch mehrere Regelungsziele nebeneinander zur Rechtfertigung ins Treffen führen – allerdings nur soweit sie miteinander vereinbar sind. Die Rechtfertigung ist dann für jedes einzelne Ziel zu prüfen. Allerdings wird bei einer größeren Zahl von Regelungszielen zunehmend zweifelhaft, dass die Regelung für jedes einzelne Ziel wirklich erforderlich ist. Eine Rechtfertigung ist aber nur möglich, wenn der ArbG die benachteiligende Maßnahme überhaupt erklären kann. 264
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Ist sie (zB ein Entlohnungssystem) hingegen weitgehend undurchsichtig, so ist das Ziel entweder nicht erkennbar oder diskriminierend (vgl Moreau, Discrimination 1.1.2., sowie die in Rn 39 zitierten E des EuGH Danfoss, Enderby und Royal Copenhagen). Der Kreis der möglichen objektiven Ziele ist eher groß, weil die 52 wirkliche Kontrolle erst bei den nächsten Prüfungsschritten erfolgt. Als Ziele auf Unternehmensebene kommen insb arbeitsplatzund unternehmensbezogene in Betracht. In der Literatur werden va drei Kategorien von möglichen Rechtfertigungsgründen genannt (Hervey, EC Law nach FN 175): Arbeitsplatzbezogene Gründe (zB physische Fähigkeiten der ArbN, Ausbildung, Erfahrung, Seniorität, Flexibilität in Bezug auf Zeit oder Ort); unternehmensbezogene Gründe (wirtschaftliche Effizienz, Umstrukturierung); und öffentliche Interessen (Förderung von Beschäftigung, von kleinen Unternehmen, von atypischer Arbeit, Respekt für KollV). An diese drei Kategorien wird unten angeknüpft (Rn 59 ff). Ergänzend sind zu nennen: Erwägungen zur Personalpolitik, zur Steuerung der Produktion und zur Förderung des Absatzes (Kundenkontakte, Außenwirkung des Unternehmens), und wohl auch eine sozialpolitische Erwägung des ArbG (vgl auch GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 471, 477). Ziele, mit denen Differenzierungen in Gesetzen gerechtfertigt werden können (vgl dazu Steinmeyer/Bieback Art 141 Rn 83 ff), können nicht ohne weiteres auf den ArbG übertragen werden. Wichtig ist, dass eine Benachteiligung bzw Diskriminierung durch den ArbG oder den KollV nie durch rein finanzielle Erwägungen („geringere Kosten“) gerechtfertigt werden kann (während dies beim arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz durchaus möglich ist, wenn das Argument nur „sachlich“ ist). Dies gilt für Ausgaben Privater (zB EuGH 17.6. 1998, C-243/95-Hill-Stapleton Rn 40; der EuGH hat dies insb zur Schwangerschaft gesagt; vgl § 3 Rn 67) ebenso wie für öffentliche Ausgaben (EuGH 23.10.2003, C-4/02-Schönheit Rn 85). Allerdings ist die Abgrenzung zwischen diesen rein finanziellen Erwägungen und jenen wirtschaftlichen Zielen, welche rechtfertigen können, durchaus schwierig (Rn 49). Die Grenze wird mE wohl bei der Frage liegen, ob eine bestimmte differenzierende Maßnahme nur dem Einsparen von Kosten dient, oder nach üblichem Verständnis effizienzsteigernd wirkt; auch in diesem Fall kann die Rechtfertigung aber noch an Erforderlichkeit oder Angemessenheit scheitern. 265
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53 Differenzierungen in (Gesetzen und) Kollektiverträgen können durch (notwendige) sozialpolitische Ziele gerechtfertigt sein, falls sie zu deren Erreichung geeignet und erforderlich sind (EuGH 13.7.1989, Rs 171/88-Rinner-Kühn 14; 24.2.1994, C-343/92-Roks Rn 28 f; 7.3.1996, C-278/93-Freers Rn 28-31; 20.4.2003, C-187/00Kutz-Bauer 51 ff zum KollV; GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 471 ff). Die Anforderungen an die Rechtfertigung sind bei KollV wohl ähnlich hoch wie bei Gesetzen. Erforderlich ist also ein objektives sozialpolitisches Konzept (zu dessen Verwirklichung das benachteiligende Merkmal geeignet ist). Allerdings wird, insb bei KollV, nicht jedes sozialpolitische Ziel zur Rechtfertigung taugen; man wird vielmehr schon hier fragen müssen, ob es mit dem Ziel der Gleichbehandlung potentiell vereinbar ist. Die Tatsache, dass die Kollektivvertragsparteien eine Regelung beschlossen haben, kann ein Indiz dafür sein, dass objektive und daher nicht diskriminierende Gründe für die Regelung vorliegen (EuGH 31.5.1995, C-400/ 93-Royal Copenhagen Rn 46). Generell ist fraglich, ob die Anforderungen an eine Rechtfertigung bei einem KollV geringer sind als bei einem Gesetz (weil Privat- und Kollektivvertragsautonomie mehr Spielraum rechtfertigen), oder ob sie höher sind als bei einem Gesetz (weil nur der demokratisch legitimierte Gesetzgeber eine Ungleichbehandlung mit bestimmten sozialpolitischen Ziele rechtfertigen kann), oder ob die Anforderungen ähnlich sind wie bei einem Gesetz (weil es sich um generelle Regelungen handelt und die vorhin genannten Argumente für unterschiedliche Anforderungen nicht überzeugen). Der Judikatur des EuGH lassen sich bisher wohl keine Abweichungen speziell für KollV entnehmen. c. Regelung als Mittel zur Zielerreichung – Allgemeines 54 Drittens ist zu prüfen, ob das Regelungsziel die Verwendung des anscheinend neutralen Kriteriums sachlich rechtfertigt. Dieser Schritt ist vom vierten schwer zu trennen, nämlich ob „die Mittel“ zur Erreichung des Regelungszieles und damit die getroffenen Differenzierungen „angemessen und erforderlich“ sind. GleichbRL und GlBG sehen aber die Trennung vor und verlangen sie daher an sich – auch wenn die bisherige Judikatur des EuGH nicht stets scharf unterscheidet. Die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts zu diesen Punkten wird allg als Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (principle of proportionality) verstanden (Epiney/ Freiermuth Abt, Gleichstellung 99 ff; Steinmeyer/Bieback Art 141 Rn 99 ff, Barnard, EC Employment Law 213 ff). Die deutsche Fas266
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sung der GleichbRL und § 5 bringen dies treffend durch die Worte „angemessen und erforderlich“ zum Ausdruck. An diesen Vorgaben ändert es nichts, dass andere Sprachfassungen der GleichbRL bei wörtlicher Übersetzung wohl nur verlangen, dass das Mittel „geeignet und angemessen“ sein; die Erforderlichkeit könnte in den anderen Sprachfassungen in „angemessen“ mitenthalten sein. Für die Prüfung der Angemessenheit und Erforderlichkeit ist – ent- 55 sprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – an sich in drei Stufen vorzugehen: erstens ist zu fragen, ob die Differenzierung zur Erreichung des Regelungszieles geeignet ist (dies ist in der Erforderlichkeit eingeschlossen); zweitens ist die Erforderlichkeit, und drittens die Angemessenheit zu prüfen. Man wird vielfach das Erfordernis der Sachlichkeit der Unterscheidung in § 5 Abs 2 mit dem Erfordernis der Geeignetheit gleichsetzen können. Bei der Prüfung ist spätestens hier zu bedenken, dass die Begründung einer vermuteten Benachteiligung oft mithilfe einer Statistik erfolgt; es ist daher zu prüfen, ob die mit der Statistik begründete Benachteiligung leicht mit anderen Gründen als dem Geschlecht erklärt werden kann, um so zufällige statistische Ergebnisse zu korrigieren. In den vorliegenden Zusammenhang gehört auch das Erfordernis, dass das Unterscheidungskriterium den potentiell betroffenen ArbN gegenüber fair und gleichmäßig angewendet wird (EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 42), weil sonst schon an der Eignung zu zweifeln ist. Entscheidend ist meist, welche Anforderungen im Hinblick auf die 56 Erforderlichkeit des Mittels zur Erreichung des Ziels zu stellen sind. Man kann abstrakt in etwa folgende Stufen unterscheiden: Benachteiligung notwendig und kein anderes bzw milderes Mittel möglich; Benachteiligung erforderlich, aber anderes Mittel wäre geeignet und ausreichend; Differenzierung nützlich. In der Literatur wird gesagt, dass der EuGH dazu verschiedene Standards verwende (Hervey, EC Law bei FN 161): am wenigsten streng bei staatlichen Systemen der sozialen Sicherung (dazu Steinmeyer/Bieback, Art 141 Rn 103 ff), einen mittleren bei staatlichem Arbeitsrecht und einen strengeren bei Maßnahmen des ArbG. Die Unterschiede lassen sich mit der zunehmenden Kompetenz der EG zur Regelung erklären. Entscheidungen des EuGH zu Maßnahmen des Gesetzgebers können daher nicht ohne weiteres auf Maßnahmen des ArbG übertragen werden. Für die Rechtfertigung einer Maßnahme des ArbG 267
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genügt es nicht, dass die Unterscheidung für ein zB betriebliches Ziel nützlich und förderlich ist. Eine vermutete Benachteiligung kann vielmehr nur gerechtfertigt werden, wenn die Maßnahme „einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens entspricht und für die Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist“, wenn also das „wirkliche Bedürfnis des Unternehmens“ ohne die benachteiligende Maßnahme nicht oder nur in viel schlechterer Weise erreicht werden könnte (vgl EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 35; 1.7.1986, Rs 237/85-Rummler Rn 24; 26.6.2001, C-381/99Brunnhofer Rn 67). Das Ziel muss also für das Unternehmen wesentlich und daher notwendig sein (vgl Art 2 der RL 97/80), und nicht bloß sachlich oder nützlich sein. Eine vollkommen klare Linie hat der EuGH aber noch nicht gefunden. Gleichwohl kann die Prüfung von Eignung und Erforderlichkeit in relativ rationaler, meist vorhersehbarer Weise erfolgen. Wird etwa auf die Bereitschaft zur Flexibilität oder auf die Flexibilität selbst abgestellt, so muss sie für die vereinbarte Arbeitsleistung erforderlich sein. 57 Das Merkmal der Erforderlichkeit beinhaltet grds auch, dass es keine andere Maßnahme gibt, welche das zu verwirklichende Ziel mit einer geringeren Beeinträchtigung zu erreichen vermag, hier also mit weniger Benachteiligung aufgrund des Geschlechts (mildestes Mittel). Grds wird dies auch für § 5 Abs 2 gelten. Fraglich ist allerdings, inwieweit damit vom ArbG verlangt wird, eine Maßnahme zu wählen, welche zwar weniger benachteiligt, dafür aber für den ArbG andere Nachteile hat, etwa Mehrkosten verursacht. Unabhängig davon, wie diese Frage zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beantworten ist, wird sie jedenfalls für die GleichbRL und § 5 zu verneinen sein. Die RL 2000/78 verlangt nämlich nur zugunsten von Behinderten angemessene Vorkehrungen und Maßnahmen, um Behinderten das Arbeitsleben zu erleichtern (Art 2 Abs 2 und Art 5). Daraus folgt schlüssig, dass der ArbG in Bezug auf andere missbilligte Merkmale keine Pflicht oder Obliegenheit zu solchen Anstrengungen hat, um eine Benachteiligung zu vermeiden. Die Erforderlichkeit (und auch nicht die Angemessenheit) des Mittels verlangen also nicht, dass der ArbG die Arbeitsplätze anders organisieren oder von anderen Zusatzbelastungen verlangen muss, um die fragliche Unterscheidung zu vermeiden. 58 Die Rechtfertigung ist aber nur möglich, wenn das Mittel überdies angemessen zur Erreichung des Zieles ist. Ein Mittel ist angemes268
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sen, wenn seine Verwendung für dieses Ziel bei einer Gesamtbetrachtung nicht unverhältnismäßig erscheint. Die Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn) ist durch Abwägung mit dem Ziel der Gleichberechtigung zu beurteilen. Es ist klar, dass diese Wertung intersubjektiv nur schwer vorhersehbar oder nachprüfbar ist, und daher dem (nationalen) Gericht einen weiten Spielraum eröffnet. Der EuGH hat sich zu dieser Frage noch kaum geäußert. Die EB zur RV (307 BlgNR 22. GP, 11) verlangen, dass das Ziel der Vorschrift „schützenswert sein und wichtig genug sein (muss), um Vorrang vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu haben“. Dies deutet auf einen strengen Maßstab hin. d. Arbeitsplatzbezogene Gründe Eine Regelung, welche auf die körperliche Kraft abstellt (zB in 59 einem Jobklassifikationsschema), enthält eine vermutete Benachteiligung. Sie kann nur gerechtfertigt werden, wenn die körperlichen Anforderungen einem „wirklichen Bedürfnis“ des Unternehmens entsprechen (und das Schema insgesamt nicht diskriminiert; vgl § 3 Rn 118 ff zum Entgelt; EuGH 1.7.1986, Rs 237/85-Rummler Rn 24). Auch Differenzierungen nach der Ausbildung und den Kenntnissen sind zulässig, jedoch nur, wenn diese Faktoren gerade für den konkreten Arbeitsplatz sachlich erforderlich sind (EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 18 f; vgl § 3 Rn 85 f). Pauschale Schlüsse vom geringeren Ausmaß der Arbeitszeit auf geringere Befähigung (und Erfahrung) reichen für eine Rechtfertigung nicht aus, rechtfertigen könnte nur der Nachweis eines konkreten Zusammenhanges (EuGH 2.10.1997, C-1/95-Gerster Rn 36 ff). Anforderungen an und die Bereitschaft zu Flexibilität und Mobilität können eine Benachteiligung nur rechtfertigen, wenn der betreffende Arbeitsplatz dies wirklich erfordert (vgl E Danfoss Rn 22). Der generelle Wunsch nach flexiblen ArbN reicht nicht. Arbeit zu unangenehmen bzw von den ArbN wenig gewünschten Zeiten (zB Nachtarbeit) kann ein höheres Entgelt rechtfertigen (EuGH 30.3. 2000, C-236/98-JämO Rn 61). Unterschiede in der Arbeit, die erst nach erfolgter Arbeitsleistung verlässlich beurteilt werden können, können dafür nur eine entsprechende Regelung rechtfertigen, nicht aber das Festsetzen eines unterschiedlichen Entgelts (vgl § 3 Rn 119). Unterscheidungen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit oder 60 von Vordienstzeiten (Seniorität) führen häufig zu einer vermute269
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ten Benachteiligung von Frauen, wenn sie die Arbeit wegen der Schwangerschaft und zur Betreuung der Kinder unterbrochen haben. Die Frage ist, trotz des neuen Verbotes der Diskriminierung nach dem Alter, weiter auch zu § 3 relevant, weil § 3 einen spezifischen Zweck hat, die Tatbestandsvoraussetzungen hier andere sind, und die Möglichkeiten zur Rechtfertigung geringer sind. Der EuGH hat Differenzierungen nach der Seniorität zuerst recht großzügig behandelt, insb in Bezug auf das Entgelt (EuGH 17.10. 1989, Rs 109/88-Danfoss Rn 23 f), weil er sie als Ausdruck steigender Erfahrung sah, und größere Erfahrung die Arbeitsleistung steigert (vgl § 3 Rn 86, 141). Diese Beurteilung ist aber zu pauschal, weil die Qualität der Arbeit bei unterschiedlichen Tätigkeiten sehr unterschiedlich durch längere Betriebszugehörigkeit beeinflusst wird. Häufig lassen sich nach einigen Jahren der Stock an Kenntnissen und Fähigkeiten nicht mehr steigern, auch weil vor Jahren erworbene Erfahrungen an Wert verlieren; und in vielen Fällen spielen geringe Unterschiede in den Vordienstzeiten (22 oder 20 Jahre) in Bezug auf den Erfahrungsstock überhaupt keine Rolle. Der EuGH war in der Folge auch restriktiver (EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz Rn 14): Relevant ist auch die Beziehung zwischen der Art der ausgeübten Tätigkeit und der Erfahrung, welche deren Ausübung verschafft. Seither hat der EuGH vor allem zu Teilzeitbeschäftigten deutlich gemacht, dass geringere Vordienstzeiten nur dann nachteilig gewertet werden dürfen, wenn darin wirklich ein Weniger an relevanter Erfahrung zum Ausdruck kommt (EuGH 2.10.1997, C-1/95-Gerster; 2.10.1997, C-100/95-Kording; 10.3. 2005, C-196/02-Nikoloudi). Das muss aber allgemein gelten. Das Heranziehen der Seniorität ist beim Entgelt wohl noch eher zu rechtfertigen als bei Auswahlentscheidungen (zB Beförderung). Eine höhere Vordienstzeit kann eine Auswahl daher nur rechtfertigen, falls sie zu einer größeren Erfahrung führt und diese größere Erfahrung für die neue Stelle auch konkret erforderlich (nicht bloß: allg nützlich) ist (Rebhahn, JBl 1993, 681; Smutny/Mayr, 218). Die Entscheidung muss bei gleichem Ausmaß an Erfahrung, die berücksichtigt werden kann, dann anhand anderer Kriterien getroffen werden. 61 Viele Entscheidungen des EuGH betrafen Teilzeitbeschäftigte. Diese sind heute dank dieser Judikatur viel weniger benachteiligt als früher; zusätzlich gibt es die Teilzeit-RL 97/81/EG. Die Judikatur zu Teilzeitbeschäftigten ist aber noch immer wegen der darin 270
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enthaltenen allg Aussagen relevant (vgl auch GS/Curall/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 478 ff; Grabitz/Hilf/Langenfeld EGV Art 141 Rn 36, 40). Eine vermutete Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten (zB durch einen geringeren Stundenlohn) und die damit meist verbundene vermutete Benachteiligung von Frauen kann grds nicht mit einer geringeren Arbeitsleistung, Motivation oder Betriebsverbundenheit gerechtfertigt werden. Die Arbeitsleistung von Teilzeitbeschäftigten je Zeiteinheit ist grds genauso zu bewerten und zu entlohnen wie jene von Vollbeschäftigten (pro-ratatemporis-Prinzip). Das folgt schon aus Art 141 Abs 2 EGV. Daran ist, trotz mancher Unklarheiten in der Judikatur, festzuhalten (treffend GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 478 ff). Die meisten Benachteiligungen von Teilzeitarbeit, etwa bei der Entgeltfortzahlung, sind auch nach der neueren Judikatur gemäß Art 141 unzulässig. Insb ist es auch abzulehnen, eine Benachteiligung von Nebenbeschäftigungen zu erlauben. Die Teilzeit-RL erfasst wohl keine Fragen zum Entgelt (Calliess/Ruffert/Krebber, EUV/EGV, Art 141 Rn 14); andernfalls könnte deren Art 2 Abs 4 uU weniger an Gleichbehandlung verlangen als Art 141, weil nach der RL der Zugang zu manchen Leistungen des ArbG vom Umfang der Arbeitszeit abhängen darf; Art 141 geht als Primärrecht jedoch vor. Im Einzelnen kann eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten (zB Ausschluss von der betrieblichen Altersversorgung; vgl EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 37) idR nicht mit dem Ziel einer Vermeidung von Teilzeitarbeit gerechtfertigt werden, weil dieses Ziel kaum jemals betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, und seit der Teilzeit-RL unzulässig sein dürfte. Unzulässig ist auch eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten bei der Möglichkeit, befristete Arbeitsverhältnisse zu verlängern (vgl VfGH 1.10.1993, G 134/92 zu einem Gesetz). e. Unternehmensbezogene Gründe Hier geht es um die Möglichkeit, Benachteiligungen mit allg Zielen 62 des Unternehmens bzw Betriebs zu rechtfertigen. Wichtig ist, dass Benachteiligungen grds nicht allein mit der Einsparung von Kosten gerechtfertigt werden können (vgl Rn 51). Der ArbG kann Benachteiligungen auch nicht damit rechtfertigen, er könne nur auf diese Weise Wettbewerbsnachteile zu Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten ausgleichen (vgl EuGH 10.2.2000, C-50/96-Schröder Rn 51 ff). Dasselbe muss in Bezug auf den Vergleich mit anderen Unternehmen gelten, welche eine andere Zusammensetzung der 271
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Arbeitnehmerschaft haben. Gibt es auf dem Arbeitsmarkt einen Nachfrageüberhang nach Personen mit einer bestimmten Qualifikation bzw einen bestimmten Beruf, so kann dies ein höheres Entgelt rechtfertigen, auch wenn dies zu Unterschieden nach dem Geschlecht führt (EuGH 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 26; kritisch Hervey EC-Law bei FN 200). Allerdings wird der ArbG die unterschiedliche Nachfrage nachweisen müssen. Fraglich ist, ob es einen geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied rechtfertigt, wenn der Nachfrageüberhang der Unternehmen für einen bestimmten Beruf bei den Angehörigen eines bestimmten Geschlechtes deutlich höher ist als das beim anderen Geschlecht. Man muss wohl differenzieren (wobei man davon ausgehen kann, dass das bestimmte Geschlecht nicht unverzichtbare Voraussetzung ist, weil sich sonst das Problem nicht stellt). Wenn die größere Nachfrage nur auf Wünsche von Kunden zurückzuführen ist, die zB erwarten dass die ins Haus kommenden Handwerker Männer (oder Angehörige der Mehrheitsbevölkerung) sind, so kann ein Entgeltunterschied damit nicht gerechtfertigt werden (vgl Rn 48 f und näher § 2 Rn 16). Ist die größere Nachfrage hingegen auf spezifische Eigenschaften bestimmter Personen zurückzuführen, die für das Ausüben der Tätigkeit (zwar nicht unbedingt erforderlich, aber doch) wirklich förderlich sind, die also eine höhere Produktivität ermöglichen, dann schadet es nicht, wenn die Suche nach diesen spezifischen Eigenschaften zu einer erhöhten Nachfrage und zu einem höheren Entgelt bei den Angehörigen eines Geschlechts führt, weil die Eigenschaft bei den Angehörigen dieses Geschlechts statistisch häufiger anzutreffen ist. Bei Kollektivkündigung aus wirtschaftlichen Gründen kann es va bei der Auswahl der zu Kündigenden zur Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes kommen; vgl § 3 Rn 161 ff. f. Öffentliche Interessen 63 Nach der Judikatur können jedenfalls die Mitgliedstaaten eine vermutete Benachteiligung mit Erwägungen im öffentlichen Interesse rechtfertigen. Fraglich ist, inwieweit auch Kollektivvertragsparteien oder gar einzelne ArbG ihre Maßnahmen so rechtfertigen können. Die Judikatur enthält Hinweise, dass dies nicht möglich ist (EuGH 9.9.1999, C-281/97-Krüger Rn 29; aA Hervey EC Law bei FN 219). Auch wenn man anders entscheidet, wird erforderlich sein, dass es sich um ein im betreffenden Mitgliedstaat an sich verfolgtes öffentliches Interesse handelt, und die Anforderungen an 272
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die Rechtfertigung werden wohl höher sein als bei Maßnahmen des Mitgliedstaates selbst. Maßnahmen zur Förderung zusätzlicher Beschäftigung sind aber schon bei einem Mitgliedstaat nur zulässig, falls die Maßnahme nachweislich die Beschäftigung erhöht (EuGH 9.2.1999, C-167/97-Seymour-Smith Rn 73 ff). Fraglich ist, ob ein KollV Klein(st)unternehmen begünstigen darf, falls in der betreffenden Branche der Anteil der weiblichen Beschäftigten in Kleinstunternehmen höher ist als in allen Betrieben der Branche. Grds gilt das Gleichbehandlungsgebot auch für diese Unternehmen, Erleichterungen sind in den Normen zur Gleichbehandlung nicht vorgesehen. Der EuGH hat aber eine – gesetzlich vorgesehene – Entlastung von Kleinstbetrieben, auch wegen Art 137 Abs 2 S 2 EGV, bei sonstigen Arbeitsbedingungen (Kündigungsschutz) zugelassen (EuGH 30.11.1993, C-189/91-Kirsammer Rn 32-34; kritisch GS/Rust, EUV/EGV Art 141 Rn 471 f). Ein geringeres Entgelt in Kleinstbetrieben wäre aber kaum zu rechtfertigen. In jedem Fall sind Erforderlichkeit und Angemessenheit streng zu prüfen. Geringfügig Beschäftigte dürfen aber auch durch ArbG und KollV grds nicht schlechter behandelt werden (vgl E Krüger). III. Beweislast Literatur: Tinhofer, Neues zur Beweislast bei Geschlechterdiskriminierung, RdW 1997, 459; Schlachter, Richtlinie über die Beweislast bei Diskriminierungen, RdA 1998, 321 ff; Röthel, Beweislast und Geschlechterdiskriminierung, NJW 1999, 611 ff; Kletecˇka, Durchsetzung der Differenzierungsgebote, in: Tomandl/Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote (2005), 93 ff. 1. Allgemeines Die in § 12 genannten Ansprüche können nur zugesprochen wer- 64 den, wenn die Anspruchsvoraussetzungen (Rn 65) dem Gericht ausreichend dargetan sind. Dies ist vor allem bei der mittelbaren Diskriminierung oft schwierig, wenn und weil die vermutete Benachteiligung durch die Statistik dargetan werden soll. Aber auch eine unmittelbare Diskriminierung ist nur bei generellen Regelungen und Maßnahmen (KollV, Betriebsvereinbarung oder Allgemeine Arbeitsbedingung) unschwer zu erkennen. Ganz anders ist die Lage bei Einzelmaßnahmen des ArbG, va bei Einstellung, Beförderung und Kündigung. Das Vorliegen einer Diskriminierung – jemand wird aufgrund des Geschlechtes nicht eingestellt – lässt sich hier oft nur schwer von den Fragen zur Beweislast (die auch zum 273
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materiellen Recht zählen) trennen. Auch aus diesem Grund wird hier auf § 12 Abs 12 eingegangen (vgl dazu bereits Kletecˇka, Durchsetzung, 109). Prozessual ist zu bedenken: Behauptet die Klägerin, aufgrund des Geschlechtes nicht eingestellt worden zu sein, dann ist primär eine unmittelbare Diskriminierung zu prüfen; nennt der ArbG dann einen anderen Entscheidungsgrund, dann ist – bei entsprechendem Vorbringen der Klageseite – auch eine mittelbare Diskriminierung zu prüfen; die unmittelbare ist aber weiter zu prüfen! 65 Die Anspruchsvoraussetzungen sind bei der unmittelbaren Diskriminierung: –
– –
die „vergleichbare Situation“ der Arbeitnehmer (beim Entgelt also „gleiche oder vergleichbare Arbeit“, bei den sonstigen Arbeitsbedingungen iSd RL insb die Rahmenbedingungen, etwa bei der Beförderung ähnliche Ausgangsbedingungen); die weniger günstige Behandlung im Vergleich zu (einem/einer) Angehörigen des anderen Geschlechts; und dass diese weniger günstige Behandlung „aufgrund des Geschlechtes“ erfolgt.
Bei der mittelbaren Diskriminierung sind die Anspruchsvoraussetzungen: – – –
die „vergleichbare Situation“ der Arbeitnehmer; die Benachteiligung im Vergleich zu (einem/einer) Angehörigen des anderen Geschlechts; „in besonderer Weise“ durch ein nur dem Anschein nach neutrales Kriterium.
66 Nach den allg Regeln liegt die Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen bei der Klägerin. Dies gilt auch im Gemeinschaftsrecht, auch speziell zu Art 141: „Grundsätzlich hat derjenige, der sich zur Stützung eines Anspruchs auf Tatsachen beruft, diese zu beweisen. Die Beweislast für das Vorliegen einer Diskriminierung beim Entgelt aufgrund des Geschlechtes trifft daher grundsätzlich den ArbN, der sich diskriminiert glaubt, und deshalb gegen seinen ArbG Klage auf Beseitigung dieser Diskriminierung erhebt (EuGH 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 13; 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 52, dort speziell auch zur Vergleichbarkeit der Tätigkeiten). Ausnahmen vom Tatbestand sowie die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes sind hingegen nach den allg Regeln stets vom Beklagten (ArbG) zu beweisen. 274
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Allerdings gibt es in den verschiedenen Mitgliedstaaten unter- 67 schiedliche Anforderungen an einen Beweis insb in Bezug auf das Beweismaß. Im österr Zivilprozess bedeutet Beweisen nach der nun wohl herrschenden Auffassung: Das Gericht ist davon überzeugt, dass es hoch wahrscheinlich ist (bzw eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht), dass die behauptete Tatsache wahr war oder ist (OGH 17.11.2004, 7 Ob 260/04t; eine sehr hohe oder gar eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit wurde früher – zumindest verbal – gefordert; vgl Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht Rn 580 ff). Damit sind die Anforderungen aber noch immer deutlich höher als im angloamerikanischen Rechtskreises, wo selbst für den Beweis üblicherweise eine bloß überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreicht. Das Gemeinschaftsrecht erleichtert aber die Beweislast jener, die 68 sich auf eine Diskriminierung berufen. Einschlägig ist va Art 4 Abs 1 Beweislast-RL 97/80/EG (dessen Inhalt auch in den neuen RL gegen Diskriminierung enthalten ist): Wenn Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert halten und bei einem Gericht Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, so obliegt es dem Beklagten zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat. Zur Beweislast-RL vgl Schlachter, RdA 1998, 321; § 12 Rn 7 f. Die RL differenziert also klar zwischen Glaubhaftmachen und Beweisen (auch in den anderen Sprachfassungen) und lässt klar erkennen, dass an das Glaubhaftmachen geringere Anforderungen in Bezug auf das Beweismaß zu stellen sind als an das Beweisen (Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 164). Der österr Gesetzgeber hat versucht, diese Vorgabe in § 12 Abs 12 umzusetzen, allerdings mit teilweise zweifelhaftem Erfolg. Das Gemeinschaftsrecht fordert keine Umkehr der Beweislast im technischen Sinn, sondern eine angemessene Beweislastverlagerung (OGH 7.7.2004, 9 Ob A 46/04m; Smutny/Mayr, Kommentar 189). Der Grund für die Notwendigkeit der Verschiebung liegt zum einen in der mangelnden Nähe der ArbN zum Beweis, insb bei Bewerbungen; häufig fehlen ihnen die notwendigen Informationen über die Auswahl- und Beurteilungskriterien des ArbG. Zum anderen ist es zumeist unmöglich, Motive lückenlos zu beweisen (treffend OGH 7.7.2004, 9 Ob A 46/04m). Die Regeln zur Erleichterung der Beweislast kommen aber nur dann zur Anwendung, wenn ein Beweis für strittige, ent275
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scheidungswesentliche Tatsachen nicht erbracht werden kann, wenn also das Beweisverfahren ohne subsumptionsfähiges Sachverhaltsergebnis geblieben ist. Sie bieten allerdings keine Richtlinien dafür, zu wessen Gunsten das Gericht Beweise zu würdigen hat, oder ob ein Beweis als erbracht anzusehen ist (OGH 7.7.2004, 9 Ob A 46/04m; RIS-Justiz RS0039875; Smutny/Mayr, Kommentar 188). 2. Glaubhaftmachen des Diskriminierungstatbestandes (§ 12 Abs 12 S 1) 69 Nach § 12 Abs 12 S 1 hat, wer sich auf eine Diskriminierung nach § 3 beruft, den Diskriminierungstatbestand – bloß – glaubhaft zu machen. Die Erleichterung der Beweislast gegenüber dem ArbG nach § 12 Abs 12 S 1 greift jedenfalls ein, wenn der Vergleichsrahmen das Unternehmen nicht übersteigt, aber wohl auch, wenn es um einen KollV geht. Die Beweiserleichterung in Abs 12 erstreckt sich auf alle Elemente des Diskriminierungstatbestandes, und damit auf alle in Rn 65 genannten Anspruchsvoraussetzungen, also bei der unmittelbaren Diskriminierung: vergleichbare Lage, ungünstigere Behandlung, und Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes! Dieser umfassende Anwendungsbereich der Erleichterung ist wohl vom Gemeinschaftsrecht gefordert, weil auch die Beweislast-RL die Erleichterung nicht bloß auf das dritte Element („aufgrund des Geschlechtes“) einschränkt (Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 163; wohl auch ErfK/Schlachter EG Art 141 Rn 21). In Deutschland reicht das Glaubhaftmachen allerdings (nur) für die Geschlechtsbedingtheit der Benachteiligung aus, während die Klägerin für die anderen beiden Elemente (Benachteiligung und vergleichbare Situation) voll beweispflichtig ist (ErfK/Schlachter BGB § 611a Rn 27 f). Für die Feststellung einer Benachteiligung ist insb bei der unmittelbaren Diskriminierung auch das der Maßnahme des ArbG vorgeschaltete Verfahren relevant (BVerfG 16.11.1993 = NZA 1994, 745 bei ähnlichem Problem). Die Beweislast-RL und das GlBG geben der klagenden ArbN allerdings keinen Anspruch auf Auskunft über die Entscheidungspraxis des ArbG (gleichsinnig Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 83); dies gilt auch bei Abweisung eines entsprechend qualifizierten Kandidaten. De lege ferenda fordert Wiedemann zu Recht einen solchen Anspruch (Wiedemann, Gleichbehandlungspflichten 93). 70 Glaubhaftmachen verlangt weniger als Beweisen. Jedenfalls in der Theorie ist das Beweismaß niedriger als beim Vollbeweis: Es genügt 276
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dem Gericht die Überzeugung zu verschaffen, dass die Behauptung wahrscheinlich zutrifft, also zB die behauptete Tatsache wahrscheinlich existiert (hat). Zur ZPO wird vertreten, dass es für das Glaubhaftmachen ausreicht aber auch erforderlich ist, darzutun, dass die behauptete Tatsache „überwiegend wahrscheinlich“ ist bzw war; Überdies kommen nur Beweismittel in Betracht, welche „sofort“ zur Verfügung stehen (Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht Rn 582; in Deutschland wird das Glaubhaftmachen mehr prozessual primär im Sinne präsenter Beweismittel verstanden; § 294 dZPO). Für das Glaubhaftmachen nach § 12 Abs 12 kommen nun mE sicher auch Beweismittel in Betracht, deren Ausführung nicht sofort möglich ist, sondern die etwas mehr Zeit benötigen. Die Beschränkung auf präsente Beweismittel beruht bei den üblichen Fällen der Glaubhaftmachung darauf, dass dort rasch gehandelt werden soll, während es hier nicht darum geht, sondern um eine Erleichterung zugunsten der Kläger in der Sache. Die genannte Beschränkung würde also dem Gesetzeszweck und der Beweislast-RL widersprechen. Bedeutend schwieriger ist es, die erforderliche Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Folgt man der hA zur ZPO, so würde es nicht ausreichen darzutun, dass die behauptete Tatsache etwa eine Wahrscheinlichkeit von 40% hat, dass es also gute Gründe dafür gibt, dass es so gewesen sein könnte, wie behauptet wird (so zum BGB zB Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 81). Es gibt aber auch einige Gründe die dafür sprechen, dass schon eine beträchtliche, wenn auch noch nicht überwiegende Wahrscheinlichkeit im vorliegenden Zusammenhang ausreicht. Dafür spricht zum einen § 12 Abs 12, der vorsieht, dass es darauf ankommt, was „wahrscheinlich(er)“ ist, wenn sich zwei kontradiktorische Behauptungen zum ausschlaggebenden Motiv gegenüberstehen, und damit welche der beiden Behauptungen wahrscheinlicher und damit überwiegend wahrscheinlich ist; dann aber kann schwerlich schon für das Glaubhaftmachen eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich sein. Zum zweiten spricht dafür § 105 Abs 5 ArbVG, von dem die Überlegungen zu § 12 Abs 12 wohl ausgegangen sind; dort ergibt sich aus der Formulierung ziemlich klar, dass nicht schon für das Glaubhaftmachen die „höhere Wahrscheinlichkeit“ erforderlich sein kann (vgl OGH 14.11.1996, 8 Ob A 2308/96m). Zum dritten spricht dafür wohl die Beweislast-RL selbst. Sie verlangt, dass auf der Seite des Klägers das Glaubhaftmachen ausreicht und dass der beklagte ArbG dann die Nichtverletzung beweisen kann. Schon für das Beweisen reicht aber in mehreren Mitglied277
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staaten (etwa Großbritannien und Irland) eine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Für das Glaubhaftmachen iSd RL wird daher mE ein geringeres Beweismaß ausreichend sein (müssen); daran ändert auch Erwägungsgrund 13 dieser RL nichts (nach Wank verlangt die RL allerdings dieses geringere Beweismaß nicht, in: Handbuch § 16 Rn 277). 71 Die Klage wird insb bei der unmittelbaren Diskriminierung den Diskriminierungstatbestand auch dadurch glaubhaft machen können, dass sie bestimmte Hilfstatsachen beweist, die eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes vermuten lassen. Als solche „Vermutungstatsachen“ kommen etwa in Betracht: eine unzulässige geschlechtsspezifische Ausschreibung; diskriminierende Äußerungen des ArbG oder eines Repräsentanten; andere Verfahrenshandlungen, die eine Diskriminierung nahe legen, wie etwa das „Nachschieben“ eines Kriteriums, das bisher keine Rolle gespielt hat (vgl auch Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 82, 85). Es genügen Indizien, die aus einem gegenüber einem Geschlecht typischen Verhalten auf eine ebenso motivierte Entscheidung schließen lassen (Schlachter, Gleichberechtigung, 406). In manchen Fällen wird daher auch bei Diskriminierung ein Anscheinsbeweis möglich sein. 72 Bei der mittelbaren Diskriminierung ist es unbestritten, dass die spezifische Benachteiligung aufgrund des Geschlechts mit Hilfe der Statistik – durch eine statistische Auffälligkeit – dargetan werden kann. Fraglich ist allerdings das Verhältnis von Glaubhaftmachen und Statistik. Grds wird es nicht ausreichen, wenn die Klage bloß die statistische Differenz glaubhaft macht, vielmehr muss sie mit Hilfe und durch die Statistik die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts glaubhaft machen! Die statistische Differenz wird daher idR bewiesen iSd ZPO werden müssen. Allerdings ist zu bedenken, dass der EuGH die Verschiebung der Beweislast und damit die Verringerung der Anforderungen an das Klagevorbringen entscheidend mit den Beweisschwierigkeiten der Kläger begründet hat: Wenn der erste Anschein für eine Diskriminierung spricht, hat der ArbG nachzuweisen, dass es sachliche Gründe für den festgestellten Unterschied beim Entgelt gibt, wenn und weil die ArbN sonst kein wirksames Mittel hätten, um die Einhaltung des Grundsatzes des gleichen Entgelts durchzusetzen. (EuGH 13.5.1986, Rs 170/84Bilka Rn 31; 27.6.1990, C-33/89-Kowalska Rn 16; 7.2.1991, C-184/ 89-Nimz Rn 15; 27.10.1993, C-127/92-Enderby Rn 14 ff). Die An278
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forderungen an das Dartun der statistischen Differenz werden daher auch davon abhängen, wie durchschaubar die Lage überhaupt ist: je undurchschaubarer die potentiell diskriminierende Lage beim ArbG, desto geringer werden die Anforderungen an das Dartun der statistischen Differenz sein. In diesem Sinn hat der EuGH entschieden, dass bei einem Entlohnungssystem, dem jede Durchschaubarkeit fehlt, die Klage nur dartun muss, dass auf der Grundlage einer relativ großen Zahl von ArbN das durchschnittliche Entgelt der weiblichen ArbN niedriger ist als das der männlichen ArbN, ohne dass in die Details gegangen werden muss; der ArbG trägt bereits dann die Last der Rechtfertigung (EuGH 17.10.1989, Rs 109/88Danfoss Rn 16). Die Erleichterung der Beweislast nach § 12 Abs 12 S 1 wird auch eingreifen, falls der Vergleichsrahmen den gesamten Anwendungsbereich des KollV umfasst. Die RL sagt dazu nichts Besonderes. Der EuGH scheint aber sogar bei angeblicher Diskriminierung durch ein Gesetz den ArbG einstehen lassen zu wollen, wenn die Diskriminierung nur glaubhaft gemacht und nicht widerlegt wurde (EuGH 30.11.1993, C-189/91-Kirsammer Rn 30). Fraglich ist, ob auch bei der unmittelbaren Diskriminierung der 73 Tatbestand durch die Statistik glaubhaft gemacht werden kann, insb auch bei Einzelmaßnahmen. Bedeutung hätte dies zB, wenn deutlich mehr Männer zu Schulungen entsendet oder befördert werden als in der Grundgesamtheit Männer vorhanden sind, oder wenn in einem Betrieb für ähnliche Arbeiten nur ArbN einen Geschlechtes arbeiten, obwohl sich auch Angehörige des anderen Geschlechtes bewerben. ME kann auch die unmittelbare Diskriminierung durch eine Statistik glaubhaft gemacht werden. Die Vorschriften, welche die Glaubhaftmachung ausreichen lassen, enthalten keine diesbezügliche Einschränkung; der Zweck des Diskriminierungsverbotes verlangt es, weil sonst diskriminierende Einzelmaßnahmen kaum erfasst werden könnten; und es entspricht der auch gruppenbezogenen Sicht des Diskriminierungsverbotes (§ 2 Rn 7 ff). Lehnt zum Beispiel ein großes Drogeriehandelsunternehmen die Bewerbung eines Mannes für eine Stelle im Verkauf mit verschiedenen Argumenten ab, beschäftigt es aber in diesem Bereich ausschließlich Frauen, so macht schon allein dies eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes glaubhaft; das zur Verteidigung gedachte Argument, es gebe keine getrennten Sanitäranklagen, trägt zur Glaubhaftmachung nur zusätzlich bei, weil es zeigt, dass der ArbG nur an die Beschäftigung von Frauen denkt. 279
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3. Abwehr des Vorwurfs a. Allgemeines 74 Wurde der Diskriminierungstatbestand glaubhaft gemacht, so kann nach § 12 Abs 12 S 2 der Beklagte – idR der ArbG – „beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich (seit BGBl I 82/ 2005: wahrscheinlicher) ist, dass ein anderes vom Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs 2 vorliegt.“ Dieser Satz ist nicht nur reichlich kompliziert formuliert, er ist auch undurchsichtig. Das Gesetz verwendet zwar das Wort beweisen, aber in einem ganz anderen Sinn als sonst. Ansonsten genügt für den Beweis ja keineswegs, dass etwas bloß wahrscheinlich ist, vielmehr ist eine hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich (und war bis vor kurzem eine sehr hohe erforderlich; Rn 67). Hier soll hingegen für einen „Beweis“ genügen, dass ein anderes vom Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv wahrscheinlich ist. Das Gesetz versucht damit wohl, den Vorgaben der Beweislast-RL verbal genüge zu tun – allerdings kommt es für die Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht auf den Inhalt der Regelung an. 75 § 12 Abs 2 S 2 ist nicht für das gesamte Tatsachenvorbringen der Klage, sondern nur für einen Teil der Tatsachenfragen relevant und auch für diesen nicht immer. Schon nach dem Wortlaut bezieht sich Satz 2 nur auf das Element „Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes“. Die anderen beiden Elemente des Diskriminierungstatbestandes (Rn 65) – vergleichbare Situation und weniger günstige Behandlung – sind von Satz 2 nicht erfasst (dazu Rn 88). Weiters ist Satz 2 auch in Bezug auf „Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes“ nicht anwendbar, soweit die Klage den Diskriminierungstatbestand nicht bloß glaubhaft gemacht hat, sondern voll bewiesen hat; dies folgt aus einer teleologischen Reduktion (Rn 89). Schließlich ist Satz 2 – entgegen dem Wortlaut – auch auf die Fragen, ob ein bestimmtes Geschlecht „unverzichtbare Voraussetzung“ (§ 9) ist und ob eine Rechtfertigung nach § 5 Abs 2 vorliegt, nicht oder nur partiell anwendbar (Rn 90, 86). 76 Fraglich ist, inwieweit der ArbG zur Abwehr der Klage auch persönliche Daten der klagenden Person oder von anderen BewerberInnen mitteilen darf um darzutun, dass er nicht aufgrund des 280
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Geschlechtes entschieden hat. Daten der Klägerin wird der ArbG ohne weiteres zur Abwehr einsetzen können. Problematisch ist hingegen die Verwendung von Daten Dritter einschließlich der bei der Einstellung oder Beförderung vorgezogenen Person. Die Bewerbung um eine Stelle beinhaltet nicht notwendig die Zustimmung zur Weitergabe von Daten, für deren Weitergabe die Zustimmung erforderlich ist (zB Vorstrafen, wenn der ArbG resozialisieren will; oder persönliche Beziehungen zum ArbG). Auf der anderen Seite erwartet das GlBG vom ArbG, dass er die Bewerbungen dokumentiert und später in der Lage ist nachzuweisen, dass er nicht diskriminiert hat. Man wird dies dem Geheimhaltungsinteresse bis zu einem gewissen Grad entgegenhalten können, fraglich ist aber wieweit. Weder das GlBG noch die ZPO enthalten – soweit zu sehen – brauchbaren Regelungen, um die Geheimhaltungsinteressen Dritter zu schützen. Im Konfliktfall wird daher der ArbG mit Hilfe des Gerichts die betroffenen Interessen abzuwägen haben. b. § 12 Abs 12 Satz 2 § 12 Abs 12 S 2 hat nur einen eingeschränkten Anwendungsbe- 77 reich (Rn 75). Bei der unmittelbaren Diskriminierung kann sich S 2 nur auf ein anderes Motiv und damit direkt auf die Behauptung beziehen, die Benachteilung erfolgte aufgrund des Geschlechtes. Zur mittelbaren Diskriminierung vgl Rn 84 f. Nach Satz 2 hat der ArbG zwar „zu beweisen“, allerdings nur, dass 78 etwas „wahrscheinlich“ ist. Entscheidend ist also das Wort „wahrscheinlich“ (nun: „wahrscheinlicher“). § 12 sprach ursprünglich – anders als früher § 2a Abs 9 GlBG (!) und als § 105 Abs 5 ArbVG zur Motivkündigung – nicht von höherer Wahrscheinlichkeit, sondern nur davon, dass die Entlastungsargumente des ArbG wahrscheinlich sind. Nimmt man das wörtlich, dann wären die Anforderungen an die Entlastung des ArbG noch geringer als in § 105 ArbG: wahrscheinlich ist ein Ereignis auch bei einer Wahrscheinlichkeit von bloß 1%. Dies war aber (hoffentlich) nicht gemeint. Gemeint hätte sein können – wie in § 105 ArbVG – eine höhere Wahrscheinlichkeit als sie die Behauptungen des ArbN haben: Der ArbG hat die fragliche Entscheidung eher/wahrscheinlicher aus dem von ihm genannten anderen Motiv als aus dem missbilligten Motiv getroffen. Dafür konnte der Hinweis auf die Abwägung aller Umstände sprechen, dagegen sprach, dass man dann den Wortlaut des § 105 281
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ArbVG hätte abschreiben können. Eine andere Lesart wäre gewesen, dass mit „wahrscheinlich“ „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ gemeint ist, also eine Wahrscheinlichkeit von über 50%: Es spricht etwa gleichviel für wie gegen die Behauptung des ArbG, aber doch ein bisschen mehr dafür als dagegen. Die RV für das BehindertenGlBG hat eine Änderung auch des GlBG vorgeschlagen: in § 12 Abs 12 und den parallelen Bestimmungen (§§ 26 Abs 12, 35 Abs 3, 51 Abs 9) soll „wahrscheinlich“ durch „wahrscheinlicher“ ersetzt werden; dies wurde mit BGBl I 82/2005 Gesetz. Die RV erklärt die Wahl des Wortes „wahrscheinlich“ mit einem Redaktionsversehen (obwohl es sich um eine intensiv diskutierte und umstrittene Bestimmung handelte). Die RV fährt fort: „Nur durch die Verwendung des Begriffes „wahrscheinlicher“ kann sichergestellt werden, dass – für den Fall, dass die klagende Partei das Vorliegen eines Diskriminierungstatbestandes glaubhaft macht – eine Klage nur dann vom Gericht abzuweisen ist, wenn bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass das von der beklagten Partei ihrerseits vorgebrachte Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war bzw. die von der beklagten Partei vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.“ Schon vor der Änderung im Sinne dieser RV spricht aber mehr für das Verständnis iSv „wahrscheinlicher“. Dass ein anderes Motiv ausschlaggebend war, ist – nur und schon – dann „wahrscheinlich“, wenn das andere Motiv als Beweggrund wahrscheinlicher war als das vom ArbN genannte, auch wenn die Behauptung des ArbG nicht einmal überwiegend wahrscheinlich ist. 79 Fraglich ist, ob § 12 Abs 2 S 2 den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entspricht, falls der Kl den Diskriminierungstatbestand (nur) glaubhaft gemacht hat. Art 3 Beweislast-RL (Rn 68) lässt klar erkennen, dass an das Beweisen seitens des ArbG höhere Anforderungen in Bezug auf das Beweismaß zu stellen sind als an das Glaubhaftmachen der ArbN. Allerdings werden an einen Beweis nicht in allen Mitgliedstaaten so strenge Anforderungen gestellt wie in Österreich und Deutschland; so genügt in Großbritannien für den Beweis stets eine überwiegende Wahrscheinlichkeit. Der Ausdruck „Beweisen“ in Art 3 Beweislast-RL verlangt daher nicht notwendig, dass der ArbG das Vorbringen des ArbN mit einem Beweis iSd österr ZPO entkräftet. Sehr wohl aber verlangt diese RL, dass an das Beweismaß und damit an die Glaubwürdigkeit des Tatsachenvorbringens des ArbG höhere Anforderungen gestellt wer282
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den als an das Vorbringen der ArbN. Der ArbG muss für seine Behauptungen mehr an Wahrscheinlichkeit bieten als der klagende ArbN (ebenso zB Kletecˇka, Durchsetzung 109; Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 164; wohl auch Schlachter, RdA 1998, 324 f: ist das Vorliegen einer Benachteiligung wahrscheinlicher gemacht worden als das Nichtvorliegen, dann obliegt es der Beklagten dies positiv zu widerlegen). Auch in Deutschland braucht der Kl nur glaubhaft zu machen, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes erfolgt; zur Widerlegung der Vermutung ist hingegen der volle Beweis des Gegenteils erforderlich (ErfK/Schlachter BGB § 611a Rn 28). Und zu § 611a BGB wird gesagt, es würde dem Zweck des Gesetzes geradezu widersprechen, wenn der ArbG die Vermutung einer Diskriminierung schon mit einer „Gegenglaubhaftmachung“ erschüttern könnte (Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 80 mwN). Das GlBG ebnet den von der RL verlangten Unterschied ein und 80 verstößt daher gegen die Beweislast-RL. § 12 Abs 12 S 2 verlangt zwar auf den ersten Blick einen Beweis des ArbG, in der Sache genügt aber eindeutig weniger, nämlich dass die Behauptung des ArbG (zumindest) wahrscheinlicher ist als die der anderen Partei oder, dass sie überwiegend wahrscheinlich ist (Rn 78). Schon dieser Versuch des Gesetzes, den Inhalt der Norm zu verschleiern, indem man von „Beweis der Wahrscheinlichkeit“ spricht, ist gemeinschaftsrechtlich bedenklich, weil dies vom sonstigen Sprachgebrauch des österr Gesetzgebers abweicht. Aber es bestehen auch inhaltliche Bedenken. Den Vorgaben der RL wird jedenfalls eine Regelung nicht gerecht, welche die Diskriminierung schon verneint, falls das Tatsachenvorbringen des ArbG bloß etwas wahrscheinlicher ist. Die österr Regelung scheint von dem Bemühen geprägt, dem ArbG die Abwehr des Diskriminierungsvorwurfes zu erleichtern und die Bedeutung des Diskriminierungsverbotes in der Praxis zu reduzieren; die Beweislage der ArbN soll möglichst wenig erleichtert werden. Man vgl damit die deutsche Regelung in § 611a Abs 1 S 3 BGB: „Wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung auf Grund des Geschlechtes vermuten lassen, trägt der ArbG die Beweislast dafür, dass nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist.“ 283
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81 Der OGH hat schon zum alten § 2a Abs 9 GlBG erkannt, dass die dort vom ArbG verlangte Glaubhaftmachung „wie sich aus der Natur der Sache ergibt, zwangsläufig über jene Intensität hinausgehen muss, die bei der zunächst vom ArbN geforderten Glaubhaftmachung erforderlich ist. Jedenfalls bei richtlinienkonformer Interpretation ist daher auch § 2a Abs 9 GlBG dahin zu verstehen, dass es – sofern dem Kläger die Glaubhaftmachung eines Diskriminierungstatbestandes gelingt – am ArbG liegt, zu beweisen, dass er tatsächlich nicht diskriminiert hat.“ (OGH 7.7.2004, 9 Ob A 46/ 04m). Dies wird auch zum neuen § 12 gelten (vgl zur Beweislast auch § 12 Rn 56 f mwN; Sturm, DRdA 2003, 83; Schindler, DRdA 2003, 523, 527; Smutny, DRdA 2004, 579). Auf der Ebene der Tatsachen bedeutet dies wohl, dass der oder die vom ArbG vorgebrachten anderen Gründe eindeutig überwiegen müssen (so die Formulierung von Wiedemann zu § 611a BGB, die wegen der gemeinsamen gemeinschaftsrechtlichen Grundlage zum GlBG übernommen werden kann; Gleichbehandlungsgebote 62). 82 Der derzeitige Text des § 12 Abs 12 ist aufgrund der Wortkombination von „beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist“ nicht nur dunkel, sondern auch unbestimmt und damit für eine Auslegung sehr offen. Es ist daher möglich die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts bereits im Rahmen des bestehenden Gesetzestextes des § 12 Abs 12 zu berücksichtigen (gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation). Dies gilt – in allerdings verringerter Intensität – auch nach der Änderung (Rn 78) von „wahrscheinlich“ in „wahrscheinlicher“, weil die verbale Kombination von Beweisen und „wahrscheinlicher“ zwei Begriffe zusammenspannt, deren Inhalt traditionell deutlich verschieden ist; für Beweisen genügt in Österreich eben nicht, dass die eine Behauptung bloß wahrscheinlicher ist als die andere. Der glaubhaft gemachte Diskriminierungstatbestand wird daher nur dann widerlegt sein, wenn es bei Abwägung aller Umstände deutlich überwiegend wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom Beklagten vorgebrachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Nur dann kann gesagt werden, dass die anderen Gründe des ArbG „eindeutig überwiegen“. 83 Bei Einzelmaßnahmen liegt eine unmittelbare Diskriminierung nur vor, wenn wirklich aufgrund des Geschlechtes benachteiligt wurde – und nicht aufgrund eines anderen Motivs. Fraglich ist aller284
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dings schon, welche anderen Motive der ArbG als Alternativen nennen darf (Rn 8 ff). Andere missbilligte Motive (§ 17) müssen ausscheiden. Der ArbG darf sich aber wohl auf Gründe berufen, welche nicht vor dem Vorwurf der mittelbaren Diskriminierung rechtfertigen könnten (Rn 11). Lässt man dies zu, so kommt es für die unmittelbare Diskriminierung nur mehr auf die Darlegungs- und Beweislast an. Macht die Klägerin eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes glaubhaft, so wäre dieser Vorwurf nach § 12 schon entkräftet, falls der ArbG als „wahrscheinlich“ dartut, dass er wegen der höheren Fehlzeiten und Kosten nicht eingestellt hat. Es ist dann eine Frage der Einschätzung durch das Gericht, welches Motiv wahrscheinlicher ist. Handelt es sich bei dem angeblich neutralen Kriterium um eines, das häufig in stereotyper Weise mit einem Geschlecht verbunden wird (so bei höheren Fehlzeiten), so sollte das Gericht nicht einmal ein scheinbar neutrales Kriterium glauben, sondern direkt das Geschlecht als Motiv annehmen. In den anderen Fällen könnte der ArbN versuchen, wegen mittelbarer Diskriminierung zu klagen. Der ArbG muss sich dann an jenem Motiv festhalten lassen, das er gegen den Vorwurf der unmittelbaren Diskriminierung zur Entlastung vorgebracht hat. § 12 Abs 12 S 2 gilt auch bei der mittelbaren Diskriminierung. 84 Allerdings erfasst Satz 2 hier in Bezug auf die Elemente des Diskriminierungstatbestandes (Rn 65) nur das Vorbringen, die Kläger wären aufgrund eines anscheinend neutralen Kriteriums „in besonderer Weise benachteiligt“, nicht aber die Vergleichbarkeit der Lage und die tatsächliche Benachteiligung (dazu Rn 88). Und auch dabei kann § 12 Abs 12 S 2 nur für beweisfähige Tatsachen relevant sein, nicht hingegen für Fragen der rechtlichen Beurteilung. Fraglich ist, wie der ArbG die Glaubhaftmachung mit Hilfe einer Statistik widerlegen kann, insb wenn er dartun will, die statistische Differenz sei zufällig. Reicht es dafür, dass seine Behauptung bloß etwas wahrscheinlicher ist als die gegenteilige These. Nach dem Wortlaut von Satz 2 ist dies eher zu verneinen, weil die Behauptung, die statistische Differenz sei zufällig, nicht auf ein bestimmtes anderes Motiv Bezug nimmt. Überdies wäre die Anwendung von Satz 2 auf diese Konstellation nicht mit der Beweislast-RL vereinbar, weil für die Widerlegung des Glaubhaftgemachten danach mehr erforderlich ist als das Glaubhaftmachen des Gegenteils (Rn 79). Will der ArbG also die statistische Benachteiligung angreifen, so muss er dem Gericht die volle Überzeugung davon verschaffen. 285
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85 Fraglich ist, inwieweit dies auch gilt, wenn dem ArbG eine mittelbare Diskriminierung durch Anwendung eines KollV vorgeworfen wird und der Vergleichsrahmen den Anwendungsbereich des KollV erfasst (Rn 44 f). Der EuGH scheint dem ArbG sogar bei Diskriminierung durch ein Gesetz zuzumuten, statistische Daten zur Lage im gesamten Mitgliedstaat vorzulegen (EuGH 30.11.1993, C-189/91-Kirsammer Rn 30). Das geht jedenfalls zu weit (der EuGH hat das seither nicht wiederholt, es gab aber wohl auch kaum Gelegenheit dazu). Bei Verbandskollektivverträgen mag anderes gelten, weil der ArbG dem Verband aus freien Stücken angehört und der ArbG-Verband dem ArbG beim Beweis helfen kann. Bei den KollV der österr Wirtschaftskammer trifft nur und immerhin die zweite Begründung zu. 86 Nach dem Gesetzeswortlaut obliegt dem ArbG auch, „zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass … ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt.“ Bei der Rechtfertigung nach § 5 Abs 2 geht es allerdings meist um Rechtsfragen, beweisfähige Tatsachen spielen nur eine untergeordnete Rolle. Die Rechtfertigungslast trägt auch bei KollV grds der beklagte ArbG (vgl § 3 Rn 21). Soweit für die Rechtfertigung Tatsachen erforderlich sind, wäre § 12 Abs 2 S 2 nach dem Wortlaut wohl anwendbar (weil die letzten Worte von Satz 2 noch zu dem „dass“-Satz nach „wahrscheinlich“ gehören) – mit der Folge, dass die Vermutung schon beseitigt ist, falls die vom ArbG genannte andere Begründung nur etwas wahrscheinlicher ist (Rn 78). Allerdings passt dies nicht, weil die Tatsachen zur Rechtfertigung ganz andere Fragen betreffen werden als jene, welche die Klägerin zum Diskriminierungstatbestand glaubhaft gemacht hat. Die Frage, was „wahrscheinlicher“ ist, geht dann ins Leere. Satz 2 würde dann anordnen, dass eine Rechtfertigung bereits anzunehmen ist, wenn sie „nach Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist.“ Legt man die Betonung auf „wahrscheinlich“, dann wäre das Beweismaß bei der Rechtfertigung einer Diskriminierung geringer als sonst im österr Recht bei vergleichbaren Fällen. Schon dies wäre gemeinschaftsrechtswidrig, weil die vom Gemeinschaftsrecht begründeten Rechte schlechter behandelt würden als vergleichbare Rechte, die allein das österr Recht einräumt. Darüber hinaus wäre ein Herabsenken des Beweismaßes auf bloße Wahrscheinlichkeit auch inhaltlich bedenklich. Soweit es um Tatsachen geht, trifft nach der Judikatur des EuGH die Beweislast für zur Rechtfertigung herangezogene Tatsachen nämlich den 286
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ArbG (EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 30; 30.3.2000, C-236/ 98-JämO Rn 53, 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer Rn 68, 51 ff). Dies gilt auch für die Rechtfertigung der mittelbaren Diskriminierung. Schließlich widerspräche es der Beweislast-RL, eine Rechtfertigung zu bejahen, wenn sie bloß wahrscheinlich(er) ist. Der Gesetztext wurde und wird wohl auch hier den Problemen 87 nicht gerecht. Er wäre gemeinschaftsrechtswidrig, falls man ihn eng interpretierte. Der Text des § 12 Abs 12 ist aufgrund der Wortkombination von „beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist“ dunkel und damit für eine Auslegung sehr offen; dies gilt – abgeschwächt – auch zu „wahrscheinlicher“. Es ist möglich, die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts bereits im Rahmen des bestehenden Gesetzestextes des § 12 Abs 12 zu berücksichtigen (gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation). „Bei Abwägung aller Umstände“ wird ein Rechtfertigungsgrund daher nur dann vorliegen können, wenn es dem ArbG gelingt, darzutun, dass die tatsächlichen Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes deutlich überwiegend wahrscheinlich sind. c. Andere Konstellationen Schon nach dem Wortlaut bezieht sich Satz 2 nur auf das Element 88 Benachteiligung „aufgrund des Geschlechtes“, also nur auf das Motiv und nicht auch auf die Benachteiligung. Die anderen beiden Elemente des Diskriminierungstatbestandes (Rn 65) – vergleichbare Situation und weniger günstige Behandlung – sind von Satz 2 nicht erfasst. Fraglich ist, wie der ArbG deren Glaubhaftmachung widerlegen kann. Das GlBG enthält dazu keine Aussage. Bei § 105 ArbVG ist die Glaubhaftmachung seitens des ArbN erst erschüttert, wenn die Behauptung des ArbG wahrscheinlicher ist; bei gleicher Wahrscheinlichkeit gibt der OGH der Anfechtungsklage des ArbN statt (OGH 14.9.1988, 9 Ob A 238/88 = SZ 61/198; 13.2.1991, 9 Ob A 1/91 = ZAS 1992/3 mA Andexlinger). § 12 Abs 12 übernimmt aber nicht die Formulierung des § 105 ArbVG (Rn 78). Nach den allg Regeln der ZPO wäre die Glaubhaftmachung wohl bereits entkräftet, wenn der Gegner sie erschüttert, also eine andere – mit der behaupteten unvereinbare – Tatsache als zumindest gleich wahrscheinlich dartut. Die Anwendung dieser Regel auf einen glaubhaft gemachten Diskriminierungstatbestand widerspricht aber klar der Beweislast-RL. Diese verlangt jedenfalls, dass die Anforderungen beim Beweismaß an das Widerlegen der 287
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Glaubhaftmachung durch den ArbG höher sind als die Anforderungen an das Glaubhaftmachen selbst (Rn 68, 70). Da das österr Recht keine präzisen Vorschriften für das Beweismaß im allg und schon gar nicht in Bezug auf das Glaubhaftmachen aufweist, wird man die Vorgaben unschwer im Rahmen der bestehenden Gesetze verwirklichen können und müssen (richtlinienkonforme Interpretation). Hat die Klage die vergleichbare Situation und die weniger günstige Behandlung glaubhaft gemacht, so wird dies erst widerlegt sein, wenn der ArbG iSd Beweislast-RL „beweist“, dass das eine oder andere Element nicht verwirklicht ist. Dies gelingt jedenfalls, wenn er darlegt, dass die Nichtverwirklichung hoch wahrscheinlich ist. Es genügt der RL aber wohl auch, wenn der Beklagte dartut, dass das Nichtverwirklichen klar eine höhere Wahrscheinlichkeit hat als die Behauptung der Klage. 89 Nach dem Wortlaut wäre § 12 Abs 2 S 2 in Bezug auf die Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes auch anwendbar, wenn und soweit die Klage den Diskriminierungstatbestand nicht bloß glaubhaft gemacht hat, sondern voll bewiesen hat. Dies wäre ein unsinniges Ergebnis. Es kann für die Entlastung des ArbG nicht ausreichen, dass seine Einwände „wahrscheinlich sind“, falls der Gegner den Diskriminierungstatbestand nach dem allg Standard „bewiesen“ hat, also zB die Aussage des ArbG bewiesen hat, diesen Posten bekommt nur ein Mann/eine Frau. Es entspricht schon nicht den Grundsätzen des Beweisrechts, einen vollen Beweis durch nur glaubhaft gemachte Tatsachen entkräften zu können. Vor allem aber geht aus der Beweislast-RL hervor, dass an das Beweisvorbringen des ArbG höhere und nicht geringere Anforderungen zu stellen sind als an jenes der ArbN. § 12 Abs 12 Satz 2 kommt daher nur soweit zur Anwendung, als die ArbN die Diskriminierung bloß glaubhaft gemacht hat. 90 Nach dem Wortlaut bezieht sich § 12 Abs 12 S 2 auch auf die zwei wichtigen rechtfertigende Argumente des ArbG, das Geschlecht als „unverzichtbare Voraussetzung“ (§ 9) sowie die Rechtfertigung bei der mittelbaren Diskriminierung (§ 5 Abs 2; dazu Rn 86). Wendete man S 2 aber auf die unverzichtbare Voraussetzung an, dann bräuchte der ArbG auch nur wahrscheinlich zu machen, dass das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung ist. Diese Bestimmung kann sich aber schon nach allg Regeln nur auf jene Teile des Vorbringens des ArbG beziehen, welche beweisfähig und beweisbe288
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dürftig sind, nicht aber auf die Rechtsfragen. Bei der Unverzichtbarkeit geht es aber überwiegend um Rechtsfragen. Auch bei den verbleibenden Tatsachenfragen widerspricht aber die von Satz 2 wohl ins Auge gefasste Reduktion des Beweismaßes zugunsten des ArbG der allg Regel, wonach Rechtfertigungsgründe vom Beklagten zu beweisen sind; auch der EuGH hat dies gesagt (zB EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka Rn 30). Überdies würde die Anordnung, dass bereits eine bloß „wahrscheinlich unverzichtbare“ Voraussetzung die Ungleichbehandlung rechtfertigt, auch Art 2 Abs 7 GleichbRL widersprechen, weil diese Bestimmung für die Rechtfertigung verlangt, dass es sich wirklich um eine unverzichtbare Voraussetzung handelt. Man wird daher die Worte „wahrscheinlich ist, dass … das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung … ist“ gemeinschaftsrechtkonform wie folgt auszulegen haben: Die Voraussetzung ist nur unverzichtbar, wenn die dafür vorgelegten Nachweise die Unverzichtbarkeit hoch wahrscheinlich machen. Bei der von Satz 2 geforderten „Abwägung aller Umstände“ ist nämlich zu bedenken, dass eine Tatsache nicht schon bei geringer Wahrscheinlichkeit „unverzichtbar“ sein kann, und dass bei dieser Abwägung auch die Anforderungen des Gemeinschaftsrechts mitzuwägen sind. Der unklare Wortlaut des Gesetzes bietet also die Möglichkeit, das Gemeinschaftsrecht ausreichend zu befolgen, auch wenn der österr Gesetzgeber dies vielleicht zu vermeiden suchte. Sexuelle Belästigung § 6. (1) Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts liegt auch vor, wenn eine Person 1. vom/von der Arbeitgeber/in selbst sexuell belästigt wird, 2. durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte (Z 3) eine aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen, 3. durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder 4. durch Dritte außerhalb eines Arbeitsverhältnisses (§ 4) belästigt wird. (2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer 289
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Person beeinträchtigt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und 1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder 2. der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder von Vorgesetzten oder Kolleg/inn/en zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Berufsausbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung in der Arbeitswelt gemacht wird. (3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung zur sexuellen Belästigung einer Person vor. Belästigung § 7. (1) Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts liegt auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen 1. vom/von der Arbeitgeber/in selbst belästigt wird, 2. durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer Belästigung durch Dritte (Z 3) eine aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen, 3. durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder 4. durch Dritte außerhalb eines Arbeitsverhältnisses (§ 4) belästigt wird. (2) Geschlechtsbezogene Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und 1. eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder 2. der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder von Vorgesetzten oder Kolleg/inn/en zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang die290
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ser Person zur Berufsausbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung in der Arbeitswelt gemacht wird. (3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung zur Belästigung einer Person vor. Materialien: Zum GlBG 2004: RV zur Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes, 307 BlgNR 22. GP; Bericht des Gleichbehandlungsausschusses über die RV (307 Blg), 499 BlgNR 22. GP; RV zur Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes, 842 BlgNR 20. GP, ARD 4866/ 29/97; Bericht des Gleichbehandlungsausschusses, 1047 BlgNR 20. GP; Zum GlBG 1992: RV 735 BlgNR 18. GP; 1411 BlgNR 17. GP; Arbeitsrechtliches Begleitgesetz – ArbBG, ARD 4412/31/92; Zum GlBG 1979: RV 664 BlgNR 16. GP; Gleichbehandlungsrichtlinie 76/ 207/EWG (= GlbRL); Vorschlag der Kommission (KOM [96] 93 endg – 96/00 95 [CNS]) für eine Änderung der RL 76/207/EWG, ABl Nr C 179 vom 22.6.1996; Empfehlung der Kommission 92/131/ EWG zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz vom 27. November 1991 – „Empfehlung und Verhaltenskodex gegen sexuelle Belästigung“, ABl Nr L 49 vom 24.2.1992; Erklärung des Rates 92/C 27/01 zur Durchführung der Empfehlung der Kommission zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz, einschließlich des Verhaltenskodex gegen sexuelle Belästigung vom 19. Dezember 1991, ABl Nr C 27 vom 4. Februar 1992; Entschließung des Rates 90/C 157/02 zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz vom 29.5.1990, ABl Nr C 157 vom 27. Juni 1990; Entschließung 95/C 296/06 des Rates zur Darstellung der Frau und des Mannes in Werbung und Medien vom 5. Oktober 1995 – „Darstellung von Frau und Mann in Medien“, ABl Nr C 296 vom 10. November 1995; Entschließung 82/C 186/03 des Rates zur Förderung der Chancengleichheit der Frauen vom 12. Juli 1982 – „1. Chancengleichheitsentschließung“, ABl Nr C 186 vom 21. Juli 1982; Zweite Entschließung 86/C 203/03 des Rates zur Förderung der Chancengleichheit der Frauen vom 24. Juli 1982 – „2. Chancengleichheitsentschließung“, ABl Nr C 203 vom 12. August 1986; Empfehlung des Rates 84/635/EWG zur Förderung positiver Maßnahmen für Frauen vom 13. Dezember 1984, ABl Nr L 331 vom 19.12.1984; Entschließung des Rates 90/C 157/02 zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz vom 29. Mai 1990, ABl Nr C 157 vom 27.6.1990; RL 2002/73/EG zur Änderung der Gleichbehandlungs-RL 76/207/EWG. 291
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Literatur: Eichinger, Das Gleichbehandlungspaket, RdW 1992, 405; Kremslehner, Zum Entwurf einer Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz, AnwBl 1992, 373; Schlachter (Hrsg), Wege zur Gleichberechtigung (München 1993); Meschkutat ua, Strategien gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (1993) 116; Wilhelm, Gleichbehandlung der Geschlechter, ecolex 1993, 77; Tinhofer, Sexuelle Belästigung durch den Geschäftsführer einer GmbH, RdW 1994, 248; Baer, Würde und Gleichheit (Habilschrift, Baden-Baden 1995); Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten2 (1996); Vögeli (Hrsg), Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (Zürich 1996); Herzog (Hrsg), Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (Heidelberg 1997); Rosenkranz (Hrsg), Das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz (1997); 133; Windisch-Graetz, Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, in Floßmann (Hrsg), Recht, Geschlecht und Gerechtigkeit (1997); Blum, Änderungen des GlBG, RdW 1998, 410; Gerlach, Attraktivität und sexuelle Diskriminierung, ecolex 2000, 135; Schindler, Attraktivität und sexuelle Diskriminierung – eine Erwiderung, DRdA 2000, 382; Deakin/Morris (Hrsg), Labour Law3 (London 2001); Smutny, Sexuelle Belästigung als Entlassungsgrund, DRdA 2001, 174; Mayr, Diskriminierung(en) aufgrund des Geschlechts – Der praktische Fall, DRdA 2002, 66; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz – Kommentar (2002); Hopf/Smutny, Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses – Schadenersatz trotz fehlender „Bestqualifikation“, DRdA 2002, 99; Czellary, Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (unveröffentlichte Diss, Wien 2002); Rauch, Mobbing aus arbeitsrechtlicher Sicht, ASoK 2002, 332; Mohr (Hrsg), Schutz vor Diskriminierungen im Europäischen Arbeitsrecht (Berlin 2003); Naderhirn, Die geplante Neuregelung des GlBG, RdW 2003, 710; Schindler, Zur Umsetzung des EU-Rechts in Österreich – Teil 1 und 2, DRdA 2003, 402 und 523; Sturm, Die Änderung der Gleichbehandlungsrichtlinie, DRdA 2003, 481; Smutny/Hopf, Mobbing – auf dem Weg zum Rechtsbegriff?, DRdA 2003, 110; Kuras/Neumayer/Spenling (Hrsg), FS Bauer/Mayer/Petrag (2004); Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid (Hrsg), Anti-Diskriminierung – Rechtliche Gleichbehandlung in Österreich und in der EU (2004); Hopf, Belästigungsschutz neu, RdW 2004, 548; Sturm, Richtlinienumsetzung im neuen Gleichbehandlungsgesetz, DRdA 2004, 574; Sturm in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, Kap. VIII (4. Lfg. 2004); Tomandl (Hrsg), System des österreichischen Sozialversicherungsrechts (16. Lfg 2004); Wagner, Zivilrechtliche Haf292
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tung für sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in GS Heinze, 969 (München 2005). Inhaltsübersicht I. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungszweck des Abs 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis der §§ 6 und 7 GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Strafrechtliche Sonderbestimmungen . . . . . . . . . . . . . IV. Tatbestand der Belästigung (Abs 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fallgruppenbildung sexueller Belästigung . . . . . . . . . 3. Fallgruppenbildung geschlechtsbezogener Belästigung V. Belästiger und Belästigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Abhilfe durch den ArbG und Fürsorgepflicht . . . . . . . 1. Fürsorgepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Versetzung/Abmahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Austritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Leistungsverweigerungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Anweisungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Belästigung als Arbeitsunfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arbeitsunfall gem § 175 ASVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dienstgeberhaftungsprivileg und Belästigung . . . . . . IX. Rechtsprechungsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gerichte (ASG, OLG, OGH) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Analysen der Gleichbehandlungskommission . . . . .
1 1 4 8 12 12 15 18 18 36 39 43 43 46 53 53 54 61 63 65 66 67 67 73 76 76 77
I. Geschichte 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Die Grundlage für ein Erfassen von sexueller Belästigung stellte 1 die GlbRL 76/207/EWG dar. Die ursprüngliche Fassung enthielt allerdings noch keinen gesonderten Tatbestand zur sexuellen Diskriminierung. Ein solcher Tatbestand wurde explizit erst durch die Änderungs-RL 2002/73/EG in Art 1a aufgenommen. Schon zur Fassung aus 1976 wurde allerdings von vielen vertreten, dass der 293
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allg Diskriminierungstatbestand der RL auch die sexuelle Belästigung erfasse und zu verbieten vorschreibe. Die GlbRL 1976 selbst enthielt auch noch keine detaillierten Vorgaben für Sanktionen bei Diskriminierung, der EuGH verlangte aber allg, dass die Mitgliedstaaten wirksame Sanktionen vorsehen (§ 12 Rn 4). 2 Unter der Geltung der GlbRL 76/207 ergingen von der EG verschiedene Akte des „soft law“ im Hinblick auf die sexuelle Belästigung (vgl die Angaben zu den Materialien). Sie unterstrichen die Bedeutung des Themas und unterstützten die Auffassung, dass schon die genannte RL auch die sexuelle Belästigung erfasste. Zu nennen sind vor allem die Entschließung 90/C 157/02 des Rates und die Empfehlung 92/131/EWG der Kommission, beide zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz, sowie die Entschließung des europäischen Parlaments aus 1986 über Gewalt gegen Frauen. Auch die – bislang unverbindliche – Charta der Grundrechte der EU sieht vor, dass die Würde des Menschen als unantastbar zu achten und zu schützen ist (Art 1), und sieht ferner das Recht jedes ArbN auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen vor (Art 31 Abs 1). 3 Die Änderungs-RL 2002/73 zur Änderung der GlbRL, welche die Grundlage für den geltenden § 6 GlBG bildet, definiert sexuelle Belästigung als „jede Form von unerwünschtem Verhalten sexueller Natur, das sich in unerwünschter verbaler, nicht-verbaler oder physischer Form äußert und das bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird“. Die Änderungs-RL 2002/73 zur GlbRL erweitert den Bereich der missbilligten Belästigung über die sexuelle Belästigung hinaus auf die geschlechtsbezogene Belästigung. Sie definiert den Begriff Belästigung im Zusammenhang mit dem Belästigungsgrund „als unerwünschte Verhaltensweise, die bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird“. 2. Nationale Umsetzung 4 Das GlBG selbst kennt den Begriff der sexuellen Belästigung seit 1. Jänner 1993 (BGBl 1992/833 – dritte GlBG-Novelle; RV 735 294
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BlgNR 18. GP, 30, 32). Erst das GlBG 2004 hat aber die sexuelle Belästigung als eigenen Tatbestand in § 6 ausgestaltet. Die Bestimmung des geltenden § 6 entspricht großteils dem früheren § 2 Abs 1a und 1b GlBG 1979. Die Z 2 und 3 des § 6 Abs 1 wurden aus systematischen Gründen gegenüber der bisherigen Regelung umgestellt, um jene Tatbestände, die das Arbeitsverhältnis betreffen, zusammenzufassen. Während Abs 1 Z 3 jene sexuellen Belästigungen durch Dritte erfasst, die in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen, soll Abs 1 Z 4 anordnen, dass der Tatbestand der Belästigung durch Dritte auch andere Belästigungen in der Arbeitswelt umfasst. In Abs 2 Z 2 entfiel der Ausdruck „nachteiligen“, weil es unerheblich ist, ob die Zurückweisung oder Duldung einer sexuellen Belästigung zu nachteiligen Auswirkungen auf das Beschäftigungsverhältnis führt. Gerade im Fall der „Duldung“ ist durchaus das Gegenteil denkbar. Der hinzugefügte Abs 3 sieht entsprechend Art 2 Abs 4 der geänderten GlbRL vor, dass auch die Anweisung zur Diskriminierung als Diskriminierung gilt. Darüber hinaus wurde eine der RL entsprechende Definition sexueller Belästigung in das GlBG aufgenommen. Der Tatbestand der geschlechtsbezogenen Belästigung fand erst 5 aufgrund der Änderungs-RL 2002/73/EG Eingang in das GlBG. Die Formulierungen des § 7, die inhaltlich der „Gleichbehandlungsrichtlinie“ entsprechen, wurden in sprachlicher Hinsicht der in der Praxis (Gerichte, Gleichbehandlungskommission) bekannten und bewährten Terminologie des § 6 nachgebildet. In Abs 2 mussten im Hinblick darauf, dass bei der geschlechtsbezogenen Belästigung nicht auf die sexuelle Sphäre Bezug genommen wird, geringfügige Änderungen vorgenommen werden (EBRV 307 BlgNR 22. GP, 12). Bezüglich der Rechtsfolgen der Belästigungstatbestände ist festzu- 6 halten: Gemäß § 2a Abs 7 GlBG 1979 (BGBl 1979/108 idF BGBl 1992/833) hatte ein „infolge sexueller Belästigung im Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis diskriminierter Arbeitnehmer gegenüber dem Belästiger“ und „im Falle der schuldhaften Unterlassung des Arbeitgebers angemessene Abhilfe zu schaffen auch gegenüber dem Arbeitgeber“ „Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens.“ Soweit der Nachteil nicht in einer Vermögenseinbuße bestand, hatten die ArbN zum Ausgleich des durch die Verletzung der Würde entstandenen Nachteils Anspruch auf angemessenen, mindestens jedoch auf 5 000 S Schadenersatz. Das geltende GlBG 295
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sieht für den Schadenersatzanspruch nun einen Mindestbetrag von 720 Euro bei sexueller und von 400 Euro bei geschlechtsbezogener Belästigung vor. Eine Obergrenze hat der EuGH in seiner Rechtsprechung zur Gleichbehandlung ausdrücklich mit dem Argument abgelehnt, die Mitgliedstaaten wären angehalten, einen angemessenen Schadenersatzanspruch zu gewährleisten (EuGH 22.4. 1997, C-180/95-Draehmpaehl). Dies muss auch für die Tatbestände der Belästigung gelten. II. Regelungszweck des Abs 1 8 Nach der Dortmunder Studie, einer repräsentativen deutschen Studie, die 1991 im Auftrag des BM für Frauen und Jugend durchgeführt wurde – reichen Erfahrungen über Belästigungen am Arbeitsplatz „von einem sexistischen Arbeitsklima, das durch täglich erlebte anzügliche Bemerkungen, Gesten, Blicke oder auch pornographische Bilder gekennzeichnet ist, bis zu aufgezwungenen Umarmungen, Küssen, Grapschereien, sowie … sexuellen Nötigungen und versuchten Vergewaltigungen“ (Holzbecher ua, Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Schriftenreihe des BM Band 260). Die Schwere der erfahrenen Belästigungen differiert nach Branchen, sodass in so genannten „Männerberufen“ verbale „Entgleisungen“ eher als Normalität wahrgenommen werden, während im öffentlichen Bereich das dort offen Gesagte nur hinter vorgehaltener Hand gesagt werden kann. Die Dortmunder Studie zeigt weiters, dass 70% der befragten Frauen und Männer zumindest „verbale“ Belästigung kennen. Vor diesem Hintergrund ist der Regelungszweck des Tatbestands der sexuellen Belästigung offenkundig. 9 Ziel der Bestimmung des § 6 GlBG ist es, die sexuelle Belästigung im Rahmen des Geltungsbereiches gem §§ 1, 3 und 4 GlBG (Vgl § 1 Rn 34–47, §§ 3 Rn 1 ff und 4 Rn 1) zu verbieten und zu sanktionieren. Anlass der Novellierung des seit 1993 bestehenden Tatbestandes der sexuellen Belästigung ist die Anpassung des GlBG an die ÄnderungsRL 2002/73/EG. Die Belästigung einer Person aufgrund ihres Geschlechts und die sexuelle Belästigung stellen gem dieser RL ausdrücklich einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen dar. Daher sollten die Begriffe auch bestimmt werden. 10 Ziel der Bestimmung des § 7 GlBG ist es, einen Aspekt von „Mobbing“ zu verbieten. Gleichzeitig kann in dieser Bestimmung ein 296
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Auffangtatbestand für die sexuelle Belästigung gesehen werden. Die geschlechtsbezogene Belästigung wird in den Materialien (EBRV 307, 499 BlgNR 22. GP) als eine Erscheinungsform von „Mobbing“ qualifiziert. Von § 7 ist aber nur jener Teil des Mobbing erfasst, der aufgrund des Geschlechts erfolgt. Entsprechende Verhaltensweisen können verschiedene Formen annehmen, wie sprachliche Äußerungen, Bilder oder sonstiges Material. Dabei ist festzuhalten, dass es sich bei „Mobbing“ um ein sog Kunstwort handelt, das aus dem Englischen herrührt („to mob“ = „umringen“ oder „attackieren“, das sich wiederum aus dem lateinischen „mobile vulgus“ = „aufgewiegelte Volksmenge“ ableitet [vgl Smutny/ Hopf, DRdA 2003, 110 ff]). Die Wissenschaft versteht unter „Mobbing“ „eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet“ (Hopf in FS Bauer/Maier/Petrag 147 mwN). Mobbing verlangt idR eine andauernde Handlung (Smutny/Hopf, DRdA 2003, 110 ff), geschlechtsbezogene Belästigungen hingegen können bereits durch eine einmalige schwerwiegende Verhaltensweise begangen werden. Zum Verhältnis von Diskriminierung und Belästigung be- 11 stimmt die RL 2002/73/EG ausdrücklich in Art 2 Abs 3 (und daher nun die GlbRL selbst), dass Belästigung und sexuelle Belästigung im Sinne der RL als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gelten und daher verboten sind. Da die RL auch beide Begriffe ausdrücklich definiert und die Handlungsweisen absteckt, muss nicht jede Form sexueller Belästigung auch dem Diskriminierungserfordernis genügen. Im Gegenteil wird durch die Diktion „Diskriminierung liegt auch vor…, wenn eine Person sexuell belästigt wird“, die Diskriminierung um die Belästigung erweitert. Die Diskussion um das Verhältnis der Begriffe Diskriminierung und Belästigung ist daher heute hinfällig. Sie kann auch aus praktischen Überlegungen abgekürzt werden, da den Analysen der Gleichbehandlungskommission (Rn 77) zu entnehmen ist, dass Belästigung fast immer mit Diskriminierung bezüglich der Arbeitsbedingungen einhergeht.
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III. Abgrenzung 1. Verhältnis der §§ 6 und 7 GlBG 12 Im Verhältnis zur geschlechtsbezogenen Belästigung gem § 7 GlBG stellt die sexuelle Belästigung einen Spezialfall dar (EBRV 307 BlgNR 22. GP, 12). Wesentliches Unterscheidungskriterium ist das der „sexuellen Sphäre zugehörige Verhalten“, das bei der geschlechtsbezogenen Diskriminierung nicht vorliegt. Während unter sexuellem Verhalten jene Verhaltensweisen zu verstehen sind, die auf den körperlich sexuellen Bereich abzielen, sind unter geschlechtsbezogenes Verhalten jene Verhaltensweisen zu subsumieren, welche die Betroffenen objektiv (Rn 19) aufgrund ihres Geschlechts belästigen/ diskriminieren, die aber nichts mit sexuellem Verhalten zu tun haben. Bei § 6 ist die sexuelle Tätigkeit und alles, was damit verbunden sein kann, Kern der Belästigung, bei § 7 das Abzielen auf das bloße Geschlecht (dh Mann/Frau). In einigen Fällen wird sich die Abgrenzung der beiden Tatbestände unkompliziert darstellen, in anderen hingegen schwierig. So kommt es zB bei einem anzüglichen Witz oder einer Bemerkung in Hinblick auf das Geschlecht auf die Intention der Aussage an. Belästigt der Witz oder die Bemerkung aufgrund der Tatsache des sexuellen Hintergrundes, so ist von einer sexuellen Belästigung auszugehen. Ist jedoch der sexuelle Hintergrund nicht belästigend bzw diskriminierend und tritt die Differenzierung oder Herabwürdigung eines Geschlechts in den Vordergrund, so handelt es sich um den Tatbestand der geschlechtsbezogenen Belästigung. Bei vorliegender Abgrenzung darf nicht übersehen werden, dass der Tatbestand der geschlechtsbezogenen Belästigung als Sonderform des „Mobbing“ Eingang in das GlBG gefunden hat (Rn 10). Vermieden werden sollten demnach „Mobbingformen“, denen eine verpönte Geschlechterherabwürdigung innewohnt. 13 Die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen der sexuellen sowie der geschlechtsbezogenen Belästigung sind identisch. In beiden Fällen wird auf das objektive Kriterium der Würde des Menschen, die subjektiv zu beurteilende Tatsache der Unerwünschtheit, sowie alternativ auf das Schaffen einer feindlichen Arbeitsumwelt bzw auf die „Karrierebehinderung“ iwS abgestellt (Rn 23 ff). Gemeinsam ist den Tatbeständen auch, dass sich ihr Geltungsbereich prinzipiell auf den Bereich der „Arbeitswelt“ bezieht, wovon im Kernbereich Arbeitsverhältnisse „aller Art“ erfasst sind, die auf privatrechtlichem Vertrag beruhen. Aufgrund des Geltungsbereiches des § 1 298
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kann es sowohl zu einer tatbestandsmäßigen Handlungsweise im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis aber auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses (iVm § 4 GlBG) kommen. Gemeinsam ist den Bestimmungen ihre übergeordnete Definition 14 als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Smutny/Mayr, GlBG 318 ff; Mayr, DRdA 2002,66). Dies ist durch die ÄnderungsRL 2002/73/EG mit der Begriffsdefinition der Belästigung als Diskriminierungstatbestand („…als Belästigung gilt“) festgelegt. Damit gilt auch für diese Belästigungen die Beweiserleichterung nach Art 4 Abs 1 Beweislast-RL 97/80/EG (vgl § 5 Rn 68 und § 12 Rn 8). Die Rsp des EuG (EuG 5.12.2000, T-136/98-Campogrande/Kommission Rn 70), des EuGH (23.4.2002, C-62/01-Campogrande/ Kommission) sowie des OGH (OGH 27.3.1996, 9 Ob A 2056/96 = Arb 11.490 = DRdA 1997, 13 mA Gahleitner = RdW 1997, 358), die bisher davon ausgegangen waren, die (sexuelle) Belästigung wäre der Beweiserleichterung nicht zugänglich, ist damit überholt. 2. Strafrechtliche Sonderbestimmung Das Strafrecht regelt in § 218 StGB den Tatbestand „Sexuelle Be- 15 lästigung und öffentliche geschlechtliche Handlungen“. Allerdings erfüllt keineswegs jede sexuelle Belästigung diesen Tatbestand. Im Gegenteil ergibt sich aus den Materialen (EBRV 294 BlgNR 22. GP, 27 ff) eine bewusste Abgrenzung zum Tatbestand der sexuellen Belästigung im GlBG: Tatbestandsmäßig iS des § 218 StGB ist die Belästigung durch eine geschlechtliche Handlung im engeren Sinn; gemeint sind alle, nicht bloß flüchtigen, Berührungen der zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen Körperpartien. Es kann sich dabei einerseits um eine sexual sinnbezogene Manipulation des Täters am eigenen Körper (Onanie), andererseits aber auch um eine geschlechtliche Handlung am Opfer handeln. Eine „Belästigung“ iSd § 218 StGB ist dann gegeben, wenn die belästigte Person die Handlung des Täters (auch in ihrer sexuellen Tendenz) erkennt und diese bei ihr zu einer negativen Gefühlsempfindung von einigem Gewicht, etwa Schrecken, Ekel oder Ärger führt. Dabei ist eine Ähnlichkeit mit den Kriterien der „Würde“ und der „subjektiven Empfindung“ der Person nach dem GlBG zu erkennen. Dem strafrechtlichen sowie dem gleichbehandlungsrechtlichen Belästigungsbegriff ist nach dem Verständnis des Gesetzes immanent, dass die geschlechtliche Handlung für das Opfer unerwünscht ist. 299
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16 Bloß verbale Äußerungen, wie sie dem im GlBG verwendeten Begriff des „der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhaltens“ inhärent sind, sind von § 218 StGB hingegen nicht erfasst. Damit ist eine Abgrenzung zum GlBG geschaffen worden, die damit gerechtfertigt wird, dass die Regelungen des GlBG betreffend sexuelle Belästigung spezifisch auf ArbV zugeschnitten seien. Dieses für ArbV geschaffene Instrumentarium sei nicht ohne weiteres auf das gerichtliche Strafrecht übertragbar. Das im ArbV verbotene Verhalten erreicht eben nicht notwendig jenen Unwertgehalt, der eine gerichtliche Strafe rechtfertigt. 17 Soweit sexuelle Belästigungen des GlBG tatbildmäßig iS des § 218 StGB sind, sind diese – auch – gerichtlich strafbar; daneben greifen die im GlBG vorgesehen Sanktionen ein, insb der Ersatzanspruch. Soweit es sich um Sachverhalte handelt, die zwar innerhalb der gleichbehandlungsrechtlichen, jedoch außerhalb der strafrechtlichen Definition liegen, bleibt als Sanktion der Ersatz des erlittenen Schadens nach § 12 (§ 12 Rn 53 ff). Dieses Splitting der Sanktionen steht nach den Materialien im Einklang mit der GlbRL, nach welcher die Sanktionen bei Diskriminierungen zwar wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen, aber auch (lediglich) Schadersatzleistungen an die Opfer umfassen können. IV. Tatbestand der Belästigung (Abs 2) 1. Begriffsdefinition 18 Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder eine demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft (§ 6 Abs 2 Z 1). Der Tatbestand gliedert sich in vier Elemente: (1) Sexuelles Verhalten (Rn 19, 22), das zu einer (2) Beeinträchtigung der Würde führt (Rn 23, 24), (3) für die betroffene Person unerwünscht etc ist (Rn 25) und überdies die (4a) Schaffung eines negativen Arbeitsumfelds oder (4b) eine Karrierebehinderung iwS bewirkt (Rn 32–35). 19 Der Belästiger muss ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten setzen. Dabei ist es irrelevant, ob eine Person des anderen oder desselben Geschlechts belästigt wird. Eine andere Auslegung ergäbe eine Diskriminierung in sich, da ein Belästiger desselben Ge300
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schlechts „besser“ – weil im Rahmen des GlBG sanktionslos – als ein Belästiger anderen Geschlechts behandelt würde. Ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten ist sowohl in Bezug auf die körperliche Integrität, die geschlechtliche Selbstbestimmung, aber auch die psychische Verletzbarkeit im körperlich sexuellen Bereich zu prüfen (Mayr, DRdA 2002, 66; Wilhelm, ecolex 1993, 77). Ob es sich um ein solches Verhalten handelt, oder, ob das in Frage stehende Verhalten nicht der sexuellen Sphäre zuzuordnen ist, ist objektiv zu beurteilen (ASG Wien, 11 Cga 127/98t, ecolex 2000, 135 mA Gerlach). Geschlechtsbezogene Belästigung liegt vor, wenn ein geschlechts- 20 bezogenes Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft (§ 6 Abs 2 Z 1). Der Tatbestand gliedert sich in vier Elemente: (1) Geschlechtsbezogenes Verhalten (Rn 21, 22), das zu einer (2) Beeinträchtigung der Würde führt (Rn 23, 24), (3) für die betroffene Person unerwünscht etc ist (Rn 25), und überdies zur (4a) Schaffung eines negativen Arbeitsumfelds oder zu einer (4b) Karrierebehinderung iwS führt (Rn 32–35). Unter geschlechtsbezogenem Verhalten sind jene Verhaltenswei- 21 sen zu verstehen, welche die Betroffenen objektiv (zur Abgrenzung Rn 12) aufgrund ihres Geschlechts belästigen bzw diskriminieren. Dabei ist es irrelevant, ob eine Person des anderen oder desselben Geschlechts belästigt wird bzw belästigt (Rn 19). Geschlechtsbezogenes Verhalten hat nichts mit sexuellem Verhalten zu tun. Vorstellbar sind ständige Bevorzugungen des anderen Geschlechts mit dem Argument, dem anderen Geschlecht sei die Arbeit nicht zumutbar („Sie können das nicht, weil Sie Frau/Mann sind“) oder schlicht abwertende Äußerungen in Bezug auf das Geschlecht („Frauen und die Technik“, mangelnde Diplomatie oder Fingerspitzengefühl bei Männern etc). „Verhalten“ ist hier weit zu interpretieren, der Begriff umfasst jede 22 bewusste Lebensäußerung, sowohl körperliche Handlungen als auch verbale und non-verbale Verhaltensweisen (Gesten, Blicke, Zeigen etc; GBK 28.4.2000, 142.920/14-SG III/2a/00), PinupFotos, E-Mails (GBK 17.10.2000, 142.920/35-SG III/2a/00) und Videoüberwachung (OLG Linz; vgl auch „Praktische Verhaltens301
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regeln und Maßnahmen zur Bekämpfung sexueller Belästigung“ im Anhang der Empfehlung der EG-Kommission 92/131/EWG vom 27.11.1991 zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz, ABl 1992 L 49/3 sowie Rosenkranz, Bundesgleichbehandlungsgesetz (1997), 195 mwN. Irgendein störendes Verhalten reicht nicht aus, es muss sich um ein Verhalten handeln, das die sexuelle bzw geschlechtsbezogene Selbstbestimmung des Opfers in einer Weise beeinträchtigt, die als unerwünscht, unangebracht oder anstößig angesehen werden kann. Dabei ist von einem Verhalten auszugehen, das über das übliche Maß zwischenmenschlicher Kommunikation (zB Freundschaftskuss, Umarmung oder Blondinenwitz; vgl Rosenkranz, Bundesgleichbehandlungsgesetz, 195) – angereichert durch eine weitere sexuelle/geschlechtsbezogene Komponente – hinausgeht. Das ist objektiv zu beurteilen (Definitionsversuch der EEOC-Richtlinie der US Equal Employment Opportunity Commission, Guidelines on Discrimination Because of Sex, zit nach Schlachter, Wege zur Gleichberechtigung 308). Vor allem sind das im Hinblick auf sexuelle Belästigung unwillkommene sexuelle Annäherungen, Forderungen sexueller Gefälligkeit und anderes wörtliches oder tätliches Verhalten sexueller Art, aber unter Umständen auch unerwünschte Komplimente. 23 Ferner muss das zu beurteilende Verhalten geeignet sein, die Würde einer Person zu beeinträchtigen. Auch das ist objektiv zu beurteilen (vgl dazu § 2 BeschSchG, das dieselbe objektive Wertung vornimmt; den Würdebegriff vertiefend Baer, Würde oder Gleichheit, 190 ff). Nicht schon jedes, dem sexuellen/geschlechtsbezogenen Bereich zugehörige Verhalten einem anderen gegenüber, erfüllt den Tatbestand. Das in Frage stehende Verhalten muss eine gewisse Intensität erreichen, eben zumindest gerade soviel, dass es geeignet ist, die Würde einer Person im Allgemeinen zu verletzen; auf die Stellung von Belästiger und Belästigtem zueinander kommt es bei der Beurteilung nur aus objektiver Sicht an (arg. einer Person). Mit dem Hinweis auf die Würde ist zum Schutz von Leben und Gesundheit der Schutz psychischer Integrität bzw der Ehre iwS hinzu getreten. Abzustellen ist daher einerseits auf die Persönlichkeitsrechte (iSd § 16 ABGB) des Belästigten und deren Recht zur Selbstbestimmung, Identität und Integrität (Hofmann, Die versprochene Menschenwürde, AöR 1993, 363 zit nach Baer, Würde und Gleichheit, 197) und andererseits auf die objektive Möglichkeit zur Einflussnahme des Belästigers auf die Interessen des Belästigten. 302
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Ganz besonders in Fällen, in denen das belästigende Verhalten auf 24 eine Machtdemonstration, den (psychisch oder physisch) gewaltsamen Versuch, das Opfer zu Handlungen oder Unterlassungen zu drängen, oder auf eine Herabwürdigung der Sexualität/ des Geschlechts des Belästigten hinausläuft, ist ein Eingriff in die persönliche Würde anzunehmen. Dies ist unter Berücksichtigung der objektiven Umstände zu prüfen; auf das subjektive Empfinden der Beteiligten kommt es nicht an (so auch Schindler, DRdA 2003 402 ff und 523 ff, 531; aM Wilhelm, ecolex 1993, 77). Empfindlichkeiten Einzelner über das als normal geltende Maß hinaus sind somit nicht tatbestandsmäßig. Werden aber wiederholt Belästigungshandlungen gesetzt, die jede für sich genommen die geforderte Intensität nicht erfüllen würden, insgesamt aber hinreichen, so ist auch in diesem Fall von einer Beeinträchtigung der persönlichen Würde auszugehen. Einzeln betrachtet oder in Zusammenschau muss jedenfalls eine gewisse Intensität erreicht sein (EBRV zu § 2 Abs 1b GlBG, 735 BlgNR 18. GP, 33). Schließlich ist aber in einem dritten Schritt auf das Empfinden der 25 Belästigten abzustellen – subjektives Element der Beurteilung: Nur solch entwürdigendes sexuelles bzw geschlechtsbezogenes Verhalten des Belästigers erfüllt den Tatbestand, das dem Opfer auch tatsächlich unerwünscht ist oder von diesem als unangebracht oder anstößig empfunden wird. Daraus ergibt sich vor allem die Möglichkeit zur Pardonierung der (objektiven) Belästigung durch das Opfer, aber auch die Berücksichtigung der psychischen Konstitution des Belästigten; der durch die ersten beiden Elemente aufgestellte normative Maßstab wird also um ein subjektives Element ergänzt. Die Tatbestandmäßigkeit kann dadurch trotz des Vorliegens eines entwürdigenden sexuellen/geschlechtsbezogenen Verhaltens verhindert werden, umgekehrt aber nicht. Aus der Bestimmung selbst ergibt sich keine allgemeine Ableh- 26 nungspflicht des Belästigten. Bei besonders gravierenden Eingriffen ist eine solche Ablehnung auch sicherlich nicht einzufordern (Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten2, 133). Bei Handlungen die nicht eindeutig als Belästigung zu qualifizieren sind, ist dem Opfer die Anzeige der Ablehnung in irgendeiner Form aber jedenfalls zumutbar, wobei keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Auch die Materialien (EBRV 307 22. GP, 19 unter Hinweis auf die Empfehlung der Kommission) 303
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verlangen für das Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit darüber hinaus, dass die betroffene Person „deutlich gemacht hat, dass sie oder er sie [Anm: die Verhaltensweise] als beleidigend empfindet.“ Daraus kann abgeleitet werden, dass den Belästigten eine Ablehnungsobliegenheit im Hinblick auf das belästigende Verhalten treffen kann (So auch ASG Wien 19.3.2004, 27 Cga 160/03a = ZAS 2005, 22). Je weniger eindeutig das Verhalten des Belästigers als tatbestandsmäßig anzusehen ist, desto eher ist der Belästigten zuzumuten und daher von ihr zu erwarten, dass sie das Verhalten ablehnt (Rosenkranz 195). Die Ablehnung des anstößigen Verhaltens muss entsprechend kundgetan werden (so auch Rosenkranz, 198). Dieses Element ist bei einer subjektiven Beurteilung auch sinnvoll und beugt übermäßigen Ausformungen in beiden Richtungen (zB Hypersensibilität einzelner Personen) vor. Dem Belästiger selbst ist oftmals die wirkliche Belästigung in dem vom Gesetz geforderten verpönten Maß nicht klar, andererseits kann es auch „Belästigte“ geben, die sich überhaupt nicht belästigt fühlen. Des Weiteren kann es zu Änderungen der persönlichen Beziehungen innerhalb eines ArbV kommen. Eine Verhaltensweise, die aufgrund verschiedenster Umstände zuerst hingenommen, vielleicht als gar nicht störend empfunden wurde, wird auf einmal zu einem ernstzunehmenden Störfaktor. Eine Frau, die Single, frisch getrennt oder geschieden ist, empfindet Bemerkungen bzw Komplimente ihr Aussehen oder ihre Kleidung betreffend anfangs nicht störend. Sie geht wieder eine Beziehung ein und ihre Einstellung dazu ändert sich. Eine andere ist dem Thema Sexualität über sehr aufgeschlossen, dh es stört sie nicht, darüber zu sprechen. Ihre Kollegen ziehen daraus falsche Schlüsse und machen ihr Avancen. Diese Beispiele ließen sich noch fortsetzen. Als Wesentlich gilt es lediglich aufzuzeigen, dass auch in einem ArbV das „Menschsein“ der beteiligten Personen nicht vergessen werden darf und es daher zu denselben Missverständnissen wie außerhalb des ArbV kommen kann. Gleichbehandlungsanliegen haben mE nicht zum Ziel, die Menschlichkeit auszuschalten, sondern ein diskriminierungs(belästigungs)freies Zusammenleben in und außerhalb der Arbeitswelt (§ 4) zu garantieren. 27 Eine Ablehnungsobliegenheit bei missverständlichen Situationen zu bejahen, ist mE nur konsequent. Auch die Gefahr, dass eine Verhaltensweise, die zuerst vielleicht durchaus toleriert war, auf einmal zu einer Tatbestandsmäßigkeit führt, ist damit gebannt. Der 304
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viel zitierten Angst, Belästigte würden auf einmal, sozusagen aus „heiterem Himmel“, mit der „Belästigungs-Keule“ schwingen, kann so entgegen gewirkt werden. Belästigte andererseits können sicher gehen, eine Sensibilisierung erreicht zu haben und bei fortschreitender Intensität eine Sanktionierung des Belästigers zu erreichen. Ist nämlich eine ursprünglich missverständliche Handlung beanstandet worden, so ist diese umgehend einzustellen. Es empfiehlt sich auch die Ablehnungsobliegenheit eng auszulegen. Die Vorteile einer Ablehnungsobliegenheit des Belästigten sind evident: Es können damit Aussprachen provoziert werden, die zur Klärung der Verhältnisse beitragen, und Handlungen unterbunden werden, die uU von Seiten des Belästigers nicht als Machtdemonstration oä gemeint waren. Auch die deutsche Rechtsprechung hält den Belästigten dazu an, Ablehnung in Bezug auf belästigendes Verhalten kundzutun. (BAG 25.3.004 – 2 AZR 341/03 = NZA 21/ 2004, 1214). Aus dieser Obliegenheit zur Ablehnung ergeben sich zwangsläufig 28 vertiefende Fragen zur Ausformung bzw Intensität der Ablehnung. Bedenkt man in diesem Zusammenhang etwa bestehende Weisungszusammenhänge, so ist das Argument, es könnte von jedem ohne weiteres eine Reaktion auf störendes Verhalten erwartetet werden, nicht mehr in jedem Fall durchschlagskräftig; unterscheidet man ja bereits im privaten „täglichen“ Leben zwischen eher passiven bzw aktiven Personen und deren Reaktion. Konsequenterweise müssen daher für das ArbV Verhaltensrichtlinien, die entsprechende Weisungszusammenhänge einerseits und mögliche Reaktionsmöglichkeiten andererseits berücksichtigen, gefunden werden. Einen derartigen Verhaltenskodex hatte bereits 1988 der beratende Ausschuss für Chancengleichheit von Frauen und Männern verlangt. Grundsätzlich sind – tatsächliche wie zumutbare – Reaktionen auf 29 Belästigungen abhängig von der Persönlichkeit des Betroffenen. Bei der Statuierung einer Ablehnungsobliegenheit müssen Extreme in die eine oder andere Richtung unberücksichtigt bleiben. Verhaltensweisen von Personen, die sich durch besondere Sensibilität auszeichnen und zudem vorgeben, niemals Abwehreaktionen zu zeigen, werden genauso ausgeklammert, wie andererseits Verhaltensweisen, die bereits ein derartiges Maß an Eingriff in die sexuelle Intimsphäre eines anderen erreicht haben (zB Nötigung), dass von 305
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der Notwendigkeit einer Ablehnungsobliegenheit nicht mehr auszugehen ist. Aus dieser Wertung – bzw aus den aus der Wertung genommenen Verhaltensweisen – ergibt sich aber bereits eine brauchbare Grundlage, die in allgemeinen Zivilrechtsgrundsätzen des Vertrauensschutzes zu finden ist. Es ist daher im Hinblick auf die Reaktion auf sexuelle Verhaltensweisen zu fragen, ob der Belästiger – nach objektiven Kriterien – darauf vertrauen durfte, die Verhaltensweise würde per se oder zumindest durch das Ausbleiben einer negativen Reaktion gebilligt. Diese Überlegungen werden durch die Empfehlung der Kommission 92/131/EWG bestätigt, die Verhaltensrichtlinien für Unternehmen beinhaltet, die sich damit befassen, wie sexuelle Belästigung in einem Betrieb hintan gehalten werden kann. Punkt 7 statuiert Arbeitnehmerpflichten, darunter auch die Pflicht des ArbN zur Ablehnung soweit es ihm möglich ist. Grundsätzlich ganz anders verfährt in diesem Zusammenhang das deutsche BeschäftigtenschutzG, das gem § 2 Abs 2 Z 2 – mit Ausnahme strafgesetzlich relevanter Handlungen – ausschließlich jene Verhaltensweisen tatbestandsmäßig erfasst, die zuvor vom Betroffenen erkennbar abgelehnt wurden. Trotzdem geht auch die deutsche Rsp davon aus, dass eine ausdrücklich formulierte Ablehnung „nicht, schon gar nicht immer“ verlangt werden könne (BAG 25.3.2004 – 2 AZR 341/03 = NZA 21/2004, 1214). Gleiches hat daher auch für die Ablehnungsobliegenheit gem § 6 GlBG zu gelten, sieht doch diese Bestimmung nicht einmal eine Ablehnungspflicht vor. Die Ablehnungsobliegenheit ist daher eng auszulegen. 30 Auf dieser Grundlage kann Folgendes gesagt werden: Die Abwehrhaltung der jeweils belästigten ArbN steht in einem direkten Verhältnis zur Intensität der Belästigung. Je intensiver die belästigende Handlung ist, desto weniger wird daher wohl an Abwehrreaktionen gefordert sein. Die Unerwünschtheit des fraglichen sexuellen Verhaltens muss nur nach außen in Erscheinung treten. In Einzelfällen kann deshalb eine aus den Umständen erkennbare Ablehnung genügen (so für Deutschland Schlachter, ErfK § 2 BeschSchG Rn 3, 7; BVerwG 8.11.2000 – 1 D 35/99). Eine solche Ablehnung ist dann erkennbar, wenn aus dem Verhalten der oder des Betroffenen für einen objektiven Beobachter die Ablehnung hinreichend deutlich geworden ist (BAG 25.3.2004-AZ = NZA 21/2004 1214 unter Verweis auf Marzodko/Rinne, ZTR 2000, 306; Schlachter, ErfK § 2 BeschSchG Rn 3, 8; Worzalla, NZA 306
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1994, 1018). Unter Umständen kann daher auch rein passives Verhalten in der Form eines zögernden, zurückhaltenden Geschehenlassens gegenüber einem drängenden, durchsetzungsfähigen Belästiger, insb einem Vorgesetzten, zur Erkennbarkeit einer ablehnenden Haltung hinreichen (BVerwG 18.11.2000 – 1 D 35/99). Für die Bejahung eines Schadenersatzes kann gesagt werden, dass es sich bei der Ablehnungsobliegenheit um eine Tatbestandsvoraussetzung handelt. Kommt daher der Belästigte seiner Ablehnungsobliegenheit nicht nach, so ist ihm mangels Tatbestandsmäßigkeit der Schadenersatzanspruch nach § 12 Abs 11 verwehrt (§ 12 Rn 53 ff). Der Sinn der Ablehnungsobliegenheit soll abschließend (zu- 31 mindest für § 6) durch folgendes belegt werden: Studien zufolge besteht eine vergleichsweise hohe Übereinstimmung zwischen Männern und Frauen darüber, was abstrakt als sexuelle Belästigung verstanden wird (BVerwG, NJW 1996, 536 ff; BVerwGE, NJW 1997, 958 f). Folglich wird ein Belästiger, der sein Opfer beinahe zu einer sexuellen Handlung nötigt, oder sich körperlich ganz eindeutig sexuell nähert oder ausdrückt, das immer im Bewusstsein tun, die Annäherung sei zumindest unsittlich, wenn nicht gar unerwünscht. Eine größere Divergenz zeigt sich allerdings in der konkreten Beurteilung einzelner Situationen von Belästigungen „minderen Grades“. So ergeben sich Wahrnehmungsunterschiede vor allem in der Einschätzung des Ausmaßes der sexuellen Belästigung. Besonders deutlich zeigte dies eine U.S.-amerikanische Untersuchung (Robinson v. Jacksonville Shipyards Inc., 761 F. Supp. S 1468, 1502, 1505 f zitiert nach Baer, Würde und Gleichheit 35) zur Reaktion von Frauen und Männern auf sexuelle „Anmache“: Zwei Drittel der Männer meinten, sie würde ihnen schmeicheln, 15% würden sich beleidigt fühlen. Für die Frauen ergab sich die umgekehrte Situation; für diese ist die „Anmache“ überwiegend unerwünscht. Ein Belästiger, der sexuelle Handlungen „minderen Grades“ beinahe als Freundschaftsakt sieht, weil er selbst entweder aufgeschlossener oder in sexueller Hinsicht schlicht unsensibel „fremden“ Personen gegenüber auftritt, wird sich also der Auswirkungen seiner Handlungen oft gar nicht bewusst sein. In diesen Fällen handelt es sich euphemistisch gesprochen um „geschlechtsspezifische Situationsverkennungen“ (Schorsch zit. nach Baer, Würde und Gleichheit 35). ME können diese Studien analog für den Tatbestand der geschlechtsbezogenen Belästigung fruchtbar gemacht werden. 307
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Zu relativieren ist auch, dass eine Ablehnung bei aggressiverem Verhalten schwieriger ist als bei „schlicht“ störendem. Zudem ist es für den Belästigten bei geringerem Ausmaß von Aufdringlichkeiten einfacher, nach einer schlichten Ablehnung ihm unangenehme Verhaltensweisen abzustellen, wenngleich erwähnt werden muss, dass männliche Belästiger häufig damit reagieren, den Vorfall zu leugnen oder zu verharmlosen, die Frau zu verleumden oder verantwortlich zu machen oder sich in Schutzbehauptungen ergehen, die Frauen Hysterie unterstellen. Diese Reaktionen verdeutlichen einmal mehr, dass sexuelle Verhaltensweisen häufig ohne Unrechtsbewusstsein ausgeübt werden (Meschkutat ua, Strategien gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, 116). Dies wird wohl auch für geschlechtsbezogene Belästigung gelten. Jedenfalls werden in aller Regel Personen, die eine gewisse „natürliche“ Grenze zum anderen/selben Geschlecht nicht wahrnehmen wollen, weniger einsichtig sein, als jene, die sich vielleicht einmal im Ton vergriffen haben. Eine Ablehnung ersteren gegenüber ist daher immer mit der Gefahr verbunden, forthin gemobbt oder von der Gruppe ausgeschlossen zu werden. Diese Einsicht wird in Analysen der Gleichbehandlungskommission bestätigt und ist bei der Forderung nach einer Ablehnung mit zu berücksichtigen. (vgl Rn 77). 32 Als letzte und vierte Voraussetzung der Tatbestandsmäßigkeit der sexuellen und geschlechtsbezogenen Belästigung muss die Belästigung entweder eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitswelt für die betroffene Person schaffen oder die ausdrückliche oder stillschweigende Grundlage dafür sein, dass, falls die belästigte Person eine geschlechtsbezogene Verhaltensweise des Belästigers zurückweist oder duldet, eine Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Berufsausbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung und Entlohnung oder einer anderen Entscheidung in der Arbeitswelt getroffen wird. Von einer einschüchternden, feindseligen oder demütigenden Arbeitsumwelt ist nach objektiven Kriterien dann auszugehen, wenn ArbN in ihrem „kollegialen“ Umfeld oder im Umgang mit Vorgesetzten derart negativ beeinträchtigt sind, dass sie ihre Arbeitskraft nicht mehr entfalten können. 33 Je intensiver die störende Verhaltensweise gesetzt wird, desto eher ist von der Schaffung einer solchen Arbeitsumwelt auszugehen. Dabei ist es nicht notwendig, dass eine Verhaltensweise fortgesetzt 308
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ausgeübt wird. Auch hier kommt es auf die Intensität an. Eine sexuelle Nötigung etwa erfüllt automatisch das Erfordernis der einschüchternden, feindseligen oder demütigenden Arbeitsumwelt. Sexuell anzügliche oder geschlechtlich diskriminierende Witze bewirken dies wohl erst nach einer gewissen Dauer und Intensität. Die jeweils zweiten Teile der Z 2 der §§ 6 und 7 GlBG stellen das 34 Verbot auf, (sexuelle) Willigkeit bzw ihr Gegenteil zur Grundlage einer Entscheidung in der Arbeitswelt zu machen. Dabei ist es unerheblich, ob die Zurückweisung oder Duldung einer Belästigung zu nachteiligen Auswirkungen auf das Beschäftigungsverhältnis führt (EBRV 307 22. GP, 12). Gerade im Fall der Duldung ist durchaus das Gegenteil denkbar. Dieser Fall wird vor allem von Bedeutung sein, wenn die Belästigte unmittelbar nach der Belästigung, aber noch vor Erlangen der Beförderung die Belästigung geltend macht. Selten hingegen wird die „eigene“ Beförderung dadurch relativiert, den Arbeitsplatz nur wegen sexueller Duldungen erhalten zu haben. Trotzdem besteht auch in diesen Fällen trotz erfolgter Beförderung ein Schadenersatzanspruch gegen den Belästiger bzw ArbG. Hat die Belästigung oder das Verweigern sexueller Gefügigkeit zu 35 einer nachteiligen Entscheidung in der Arbeitswelt iwS geführt, so ist zu überlegen, welche Konsequenzen dies nach dem Bekannt werden nach sich zieht. ME kommt es zur Anwendung der Rechtfolgen des § 12 (Vgl § 12 Rn 48), ist doch der Belästigungstatbestand ein Diskriminierungstatbestand. Wurde ein ArbN mangels sexueller Gefügigkeit nicht befördert oder nicht mit einer Prämie bedacht, so sind diese gem § 12 nachzuholen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage „wer“ den Diskriminierungstatbestand erfüllt hat: Hat der ArbG direkt eine ArbN belästigt, indem er die Beförderung von einem sexuellem Entgegenkommen abhängig gemacht hat, dem nicht entsprochen wurde, und kommt es in der Folge zu keiner Beförderung, so ist das Recht auf einen Nachteilsausgleich gem § 12 zu bejahen (§ 3 Rn 10 ff; § 12 Rn 48, 53 ff). Nachteilsausgleich gebührt auch dann, wenn der ArbG angemessene Abhilfe gegen die Belästigung schuldhaft unterlassen hat. Wann von einem schuldhaften Unterlassen des ArbG auszugehen ist, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Indizien dafür können etwa sein, wenn der ArbG an der Beförderung eines anderen ArbN zumindest berechtigte Zweifel hätte hegen können. In allen anderen Fällen steht dem ArbN weder ein Nachteilsausgleich noch ein Schadenersatzan309
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spruch gegen den ArbG zu (vgl dazu auch zur Reichweite der Haftung des ArbG für Dritte Rn 45, 47 ff und § 3 Rn 18 f). 2. Fallgruppen sexueller Belästigung 36 Hintergrund sexueller Belästigung ist in den meisten Fällen nicht das Streben nach sexueller Befriedigung, sondern sexuell gefärbte Machtausübung (so auch OGH 17.3.2004, 9 Ob A 143/03). Es werden daher nicht nur die körperliche Integrität, sondern auch die psychische Verletzbarkeit, uzw nach dem Maßstab des Persönlichkeitsrechts, geschützt (OGH 5.4.2000, 9 Ob A 292/99b; 17.3. 2004, 9 Ob A 143/03z). Anhand der bisherigen Rsp des OGH und der Gutachten der Gleichbehandlungskommission sowie der einschlägigen Literatur können nachstehende Abgrenzungskriterien der Tatbestandsmäßigkeit ermittelt werden (dazu insb Hopf in FS Bauer/Mayer/Petrag, 169 ff). 37 Als tatbestandsmäßig werden insbesondere folgende Handlungsweisen beschrieben: unter „sexuelle Handlungsweisen“ fallen jedenfalls körperliche Kontakte gegen den Willen der Betroffenen, wobei „bereits“ „Begrapschen“ die Toleranzgrenze überschreitet (OGH 5.4.2000, 9 Ob A 292/99b; OGH 26.5.2004, 9 Ob A 64/ 04h), sowie jene Handlungen (wie zB sexuell gefärbte Äußerungen), die geeignet sind, die soziale Wertschätzung der Betroffenen durch Verletzung ihrer Intimsphäre und deren sexuelle Integrität im Betrieb herabzusetzen und deren Ehrgefühl grob zu verletzen (OGH 10.1.2001, 9 Ob A 319/00b = DRdA 2001/16 mA Smutny). Als sexuell gefärbte Äußerungen werden ordinäre eindeutige Worte, unsittliche Anträge und sexuelle Verspottung angesehen, die dann als tatbestandsmäßig gelten, wenn dieses Verhalten trotz Aufforderung davon abzusehen, fortgesetzt wird (OGH 10.1.2001, 9 Ob A 319/00b; Zusammenstellung bei Rauch, Ehrverletzungen aus arbeitsrechtlicher Sicht, ARD 5444/11/2003). Einschlägig sind auch installierte Überwachungskameras, die geeignet sind, die Intimsphäre der Betroffenen zu verletzen (OLG Linz). 38 Als nicht tatbestandsmäßig gelten insbesondere folgende Handlungsweisen: Sexuelle Handlungsweisen, die nicht als Ausdruck der Unterdrückung der Betroffenen gemeint sind, sondern als freundschaftliche Geste wie „Bussis“, Umarmungen, Berührungen am Knie oder der Taille anlässlich von Geburtstags- oder Weihnachtsfeiern (VwGH 19.5.2003, = ARD 4507/17/93; ASG Wien 18.6.1995 = ARD 310
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4803/3/96); Komplimente, die keinen abschätzigen Charakter erkennen lassen (ASG Wien 18.6.1995 = ARD 4803/3/96); personenbezogene Scherze sexueller Natur, an denen sich die Betroffene immer selbst beteiligte (LG Klagenfurt 6.9.1994, 33 Cga 264/93); das fallweise Erzählen sexuell gefärbter Witze, die niemals beanstandet wurden (ASG Wien 15.10.1996 = ARD 4811/22/97); Beleidigungen, wie zB „Tussi“, die zwar geschlechtsbezogen, aber nicht sexuell sind (ASG Wien 15.10.1996 = ARD 4811/22/97; vgl auch Rn 41). 3. Fallgruppenbildung geschlechtsbezogener Belästigung Mangels Rechtsprechung können nur an die Wertungen zur sexuel- 39 len Belästigung angelehnte Schlussfolgerungen gezogen werden (Rn 36–38). Hintergrund geschlechtsbezogener Belästigung ist – analog zur sexuellen Belästigung – nicht (nur) persönliche Bosheit, sondern Machtausübung; es wird die psychische Verletzbarkeit am Maßstab des Persönlichkeitsrechts geschützt. Unter „geschlechtsbezogene Handlungsweisen“ fallen jene Handlungen (wie zB geschlechtsbezogene Äußerungen), die geeignet sind, die soziale Wertschätzung der Betroffenen durch Verletzung ihrer Intimsphäre und persönlicher Integrität im Betrieb herabzusetzen und deren Ehrgefühl grob zu verletzen. Als tatbestandsmäßig iSd geschlechtsbezogenen Belästigung kön- 41 nen insb folgende Handlungsweisen beschrieben werden: Äußerungen wie herabwürdigende geschlechtsbezogene Worte, geschlechtliche Verspottungen, die dann als tatbestandsmäßig gelten, wenn dieses Verhalten trotz Aufforderung davon abzusehen, fortgesetzt wird; Beleidigungen wie zB „Tussi“ die zwar geschlechtsbezogen, aber nicht sexuell sind (ASG Wien 15.10.1996, ARD 4811/ 22/97; vgl Rn 37). Als nicht tatbestandsmäßig gelten insbesondere folgende Hand- 42 lungsweisen: Handlungsweisen, die nicht als Ausdruck der Unterdrückung der Betroffenen, sondern als freundschaftlicher Zank gemeint sind, wie geschlechtsbezogene Scherze (Blondinenwitze etc), an denen sich die Betroffene immer selbst beteiligte. V. Belästiger und Belästigte 1. Anwendungsbereich Adressat des Verbotes der Diskriminierung der §§ 6 und 7 ist 43 grundsätzlich der Belästiger selbst (§ 12 Abs 11). Der Belästigte hat 311
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Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens (§ 12 Abs 11). In den Fällen der §§ 6 Abs 1 Z 2 sowie § 7 Abs 1 Z 2 hat der Belästigte auch einen Schadenersatzanspruch gegen den ArbG. Nach dem Gesetz kommen daher prinzipiell zwei Formen des Diskriminierungstatbestandes in Betracht; er umfasst zwei „Täterkreise“, jenen des ArbG und jenen des „Dritten“, wobei sich diese beiden Kreise auch überschneiden können. 44 Die erste Form ist die Belästigung durch den ArbG selbst (§ 6 und 7, jeweils Abs 1 Z 1) oder das schuldhafte Unterlassen angemessener Abhilfe seitens des ArbG. Dies trifft auch bei Belästigung der ArbN durch dritte Personen zu, allerdings nur, wenn der ArbG gem § 6 und 7 Abs 1 Z 2 aufgrund ges Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages zur Abhilfe verpflichtet war (Rn 33). 45 Die zweite Form ist die Belästigung durch Dritte, und zwar innerhalb sowie außerhalb (vgl § 4 des GlBG) des Arbeitsverhältnisses. Überschneidungen der „Täterkreise“ ergeben sich daher dort, wo eine Belästigung durch Dritte im Rahmen des Arbeitsverhältnisses stattfindet und der ArbG verpflichtet gewesen wäre, Abhilfe zu schaffen (siehe dazu Rn 35, 50 ff). 2. Rechtsfolgen 46 Der Belästiger (iSd Gesetzes der Adressat des Diskriminierungsverbotes) hat, soweit eine Belästigung stattgefunden hat, dem Belästigten gem § 12 Abs 11 GlBG Ersatz des erlittenen Schadens zu leisten (§ 12 Abs 11). Als Haftungsgrundlage kommt je nach der Person des Belästigers Haftung aus Delikt oder Haftung aus Vertrag in Frage. In Fällen, in denen der ArbG selbst der Belästiger ist, ist eine Haftung aus Vertrag sowie aus Delikt zu bejahen; in Fällen, in denen ein Arbeitskollege einen anderen Arbeitskollegen belästigt, ist mangels vertraglicher Verbindung der beiden lediglich eine Haftung aus Delikt möglich. 47 In jenen Fällen, in denen nicht nur der Belästiger selbst ein inkriminiertes Verhalten setzt, indem er belästigt, sondern auch der ArbG, indem er verabsäumt, angemessene Abhilfe zu schaffen, stehen dem Belästigten Schadenersatzansprüche gegen den Belästiger und den ArbG zu. Die Haftungsgrundlage des ArbG für das Verhalten „Dritter“ (ArbN sowie Dritte iSd Gesetzes) ist grds differenziert 312
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zu sehen. Bei Dritten, die nicht auch ArbN des beklagten ArbG sind, wird wohl lediglich eine Haftung aus Delikt in Frage kommen, weil die Zurechnung kraft § 1313a ABGB mangels jedweder vertraglicher Verpflichtung in diesem Zusammenhang scheitert (§ 12 Rn 15). Strittig ist hier insbesondere die Haftung juristischer Personen für ihre Repräsentanten (§ 12 Rn 13; Tinhofer, RdW, 1994, 248). Soweit hingegen der Belästiger bei demselben ArbG beschäftigt ist wie der Belästigte, könnte auch § 1313a ABGB eingreifen, falls man annimmt, dass die Arbeitskollegen Erfüllungsgehilfen bei der Erfüllung der Fürsorgepflicht sind; dies ist allerdings umstritten. Es ist aber überhaupt fraglich, ob man neben dem GlBG noch eine andere Anspruchsgrundlage benötigt. Soweit der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße (Ver- 48 dienstentgang, Arztkosten) besteht, hat die betroffene Person, zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung, Anspruch auf angemessenen Schadenersatz, im Falle der geschlechtsbezogenen Belästigung mindestens 400 €, im Falle einer sexuellen Belästigung mindestens 720 € (§ 12 Rn 53). Dabei ist zu beachten, dass der Grundsatz der wirksamen Umsetzung von Richtlinien (EuGH 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl) fordert, die Sanktion so auszugestalten, dass sie für den Diskriminierten eine angemessene Wiedergutmachung und für den ArbG ein angemessenes Druckmittel darstellt, um die Gleichbehandlung zu garantieren. Und die E (EuGH 2.8.1993, C-271/91-Marshall II, Slg 1993, I04367) Marshall II definiert jene Entschädigung als angemessen, die hoch genug ist, um eine Sanktion zweckdienlicher, verhältnismäßiger und abschreckender Natur darzustellen. Ob dafür 400 Euro bzw 720 Euro ausreichen, ist fraglich. Für die Frage, ob die Sanktion zweckdienlich, verhältnismäßig und abschreckend iSd Rsp des EuGH ist, muss wohl auch auf die Person des Belästigers, dh ihr Einkommen, ihre Stellung im Betrieb sowie ferner auf die Intensität des Übergriffs abgestellt werden. Der Schadersatzanspruch könnte sonst Gefahr laufen lediglich als buchhalterische Größe vermerkt zu werden, die den Sanktionscharakter klar verfehlt. Zudem stehen dem/der Belästigten je nach Intensität des Eingriffs 49 eine schlichte Beschwerdemöglichkeit (§ 13 Rn 4), das Leistungsverweigerungsrecht (Rn 65) sowie ein Austrittsrecht zu (Rn 63– 64). 313
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50 Gleichzeitig hat der ArbG kraft seiner Fürsorgepflicht und der ausdrücklichen ges Regelung (§ 6 Abs 1 Z 2) angemessene Abhilfe zu schaffen. Der ArbG kann nur dann zur Abhilfe verpflichtet sein, wenn er von der sexuellen Belästigung wusste oder hätte wissen müssen. In diesem Zusammenhang ist die Annahme, der ArbG hätte „wissen müssen“, mE restriktiv zu interpretieren, da zumindest sexuelle Belästigung typischerweise nicht coram publico geschieht und den ArbG grundsätzlich keine Nachforschungspflicht betreffend die Wahrung der (sexuellen) Intimsphäre seiner ArbN trifft. Anders könnte der Fall liegen, wenn der ArbG Belästigungen in seinem Betrieb wesentlich begünstigt hat. Zu denken wäre an besondere Kleidervorschriften in einem Betrieb, die darauf abzielen, Sexualität auszustrahlen (zB kurze enge Röcke). Weist der ArbG zB seine Mitarbeiterinnen an, kurze Röcke zu tragen, so wird er sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, die Belästigung begünstigt zu haben. In weiterer Folge kann davon ausgegangen werden, der ArbG hätte von der Belästigung „wissen müssen“. 51 Als angemessen kann die Abhilfe nur dann gesehen werden, wenn sie noch andauernde Belästigungen unterbricht und dafür Sorge trägt, dass es in Zukunft zu keinen Belästigungen mehr kommt. Kurz: Die Belästigte muss vor weiteren Belästigungen geschützt werden (Hopf, FS Bauer/Mayer/Petrag 163). Dabei ist der ArbG angehalten, entsprechend seiner betrieblichen Organisationsgewalt jene Mittel einzusetzen, die ihm dafür zur Verfügung stehen. Je nach Verhältnismäßigkeit wird dem ArbG die Pflicht übertragen, den Belästiger entweder bloß „abzumahnen“, ihn zu verwarnen oder gar Versetzungen oder Entlassungen auszusprechen. Die Verhältnismäßigkeit des Mittels wird sich nach der Intensität des Eingriffs sowie den Aussichten des Erfolgs der Abhilfe richten müssen. Dabei ist von einer ex-ante-Beurteilung auszugehen (Rn 50). 52 Flankierend kommen dem Betriebsrat Kompetenzen im Zusammenhang mit sexueller Belästigung zu (§ 69 Abs 2 iVm §§ 89 ff ArbVG). Hierbei kommen ihm insb sowohl Interventionsrechte gem § 90 ArbVG als auch Beratungs- und Informationsrechte gem §§ 91, 92 ArbVG zu. Der Betriebsinhaber ist demnach verpflichtet, dem Betriebsrat Auskunft über einschlägige Vorkommnisse zu geben, mit ihm darüber zu beraten und Anträge von Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen entgegen zu nehmen. Allerdings verpflichten weder das ArbVG noch das GlBG den ArbG 314
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dazu, die vom BR beantragten Maßnahmen allein deshalb umzusetzen, weil der BR sie beantragt hat. VI. Abhilfe durch den ArbG und Fürsorgepflicht 1. Fürsorgepflicht Der ArbG ist aufgrund der Fürsorgepflicht (§§ 1157 Abs 1 ABGB, 53 18 AngG) grundsätzlich verpflichtet, die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass das Leben und die Gesundheit der ArbN möglichst geschützt werden. Darüber hinaus verpflichtet die Fürsorgepflicht betreffend immaterieller Interessen den ArbG auch, das Persönlichkeitsrecht (§ 16 ABGB) der ArbN zu schützen (Hopf in FS Bauer/Mayer/Petrag 157 mwN). Kern des Persönlichkeitsrechts ist der Schutz der menschlichen Würde (Aicher in Rummel-ABGB3 § 16 Rz 3 mwN) und die Anerkennung der Persönlichkeit als Grundwert. Über diese Bestimmung fließen die allgemeinen Wertvorstellungen der verfassungsmäßig geschützten Grundrechte in die Privatrechtsordnung ein (Aicher in Rummel-ABGB3 § 16 Rz 35a mwN; Posch in Schwimann-ABGB2 I § 16 Rz 4 mwN; OGH 18.10.1994, 4 Ob 99/94; OGH 9.5.2001, 9 Ob 95/01p). Eine iSd §§ 6 oder 7 tatbestandsmäßige Belästigung ist mit den allgemeinen Wertvorstellungen nicht vereinbar. Der Schutz der Fürsorgepflicht umfasst die Persönlichkeit der ArbN; dabei geht es nicht nur punktuell um die Rechtsgüter Leben, Gesundheit, Sittlichkeit und Eigentum, sondern um die Persönlichkeitsrechte in ihren diversen Ausstrahlungen schlechthin (OGH 17.3.2004, 9 Ob A 143/03z; OGH 26.5.2004, 9 Ob A 64/04h). Der ArbG hat auch dafür zu sorgen, dass die geschlechtliche Selbstbestimmung, die sexuelle Integrität und Intimsphäre der ArbN nicht gefährdet werden (vgl auch § 7 Abs 1 Z 3 B-GlBG; OGH 5.4.2000, 9 Ob A 292/99b). 2. Entlassung Das ArbV kann, wenn es für unbestimmte Zeit eingegangen wurde, 54 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Teil aus wichtigem Grund gelöst werden (§§ 27 AngG, 1162 ABGB, 82a GewO 1859). Ein wichtiger Grund, der den ArbG zur Auflösung berechtigt, liegt nach hM insb vor, wenn der ArbN sich einer besonders schweren Verletzung seiner Dienstpflichten oder einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des ArbG unwürdig erscheinen lässt, insb auch, wenn er sich Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte 315
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oder Mitbedienstete zu Schulden kommen lässt (§§ 27 Z 1, 6 AngG und 82 lit g GewO 1859). Die sexuelle Belästigung stellt nach hRsp grundsätzlich einen solchen wichtigen Grund dar, der den ArbG zur vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses berechtigt (OGH 16.10.1996, 9 Ob A 2217/96m; OGH 5.4.2000, 9 Ob A 292/99b). Sie ist also den §§ 27 Z 1, 6 AngG und 82 lit g GewO 1859 subsumierbar; dasselbe wird wohl für die geschlechtsbezogene Belästigung gelten. Nach der Rsp liegt ein wichtiger Grund zur Auflösung jedenfalls bei tatbestandsmäßigen Belästigungen vor. Ein wichtiger Grund, der den ArbG zur Entlassung berechtigt, kann allerdings nach neuester Rsp auch gegeben sein, wenn keine tatbestandsmäßige Belästigung vorliegt (ASG Wien 19.3.2004, 27 Cga 160/03a = ZAS 2005, 22). Für die Tatbestandsmäßigkeit der erwähnten Entlassungsgründe ist daher die Tatbestandsmäßigkeit der sexuellen Belästigung keine Voraussetzung, im Gegenteil: In Fällen, in denen die sexuelle Belästigung zwar nicht verwirklicht ist, können trotzdem immer noch die §§ 27 Z 1, 6 AngG bzw § 82g GewO 1859, die erwähnten Ehrverletzungen erfassen, und damit einschlägig sein. 55 Bei der Beurteilung der Entlassung ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Es ist daher nicht entscheidend, ob die sexuell belästigte Arbeitnehmerin die Entlassung des Belästigers wollte (OGH 14.3.2001, 9 Ob A 15/01y). Entscheidend ist allein die Tatsache des Vorliegens eines Entlassungsgrundes. Dieser Beurteilung legt die Rechtsprechung (ausnahmsweise) einen großzügigen Maßstab zugunsten des ArbG zugrunde. Dieser kann die Entlassung schon allein deswegen aussprechen, um sich nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, nicht für geeignete Abhilfe gesorgt zu haben (OGH 26.5.2004, 9 Ob A 64/04h mwN). 56 Grundsätzlich hat eine Entlassung unmittelbar nach Setzen des Entlassungsgrundes zu erfolgen; andernfalls gilt das verpönte Verhalten als verziehen. Bei sexuellen Übergriffen entspricht die Rsp allerdings nicht gänzlich diesem Prinzip. Die Rsp nimmt hier nämlich an, dass auch jene Übergriffe, die bereits längere Zeit zurückliegen, eine Entlassung rechtfertigen (OGH 26.5.2004, 9 Ob A 64/04h unter Verweis auf OGH 5.4.2000, 9 Ob A 292/99b). Hierbei wird sogar ein Zeitraum von einem halben Jahr noch als unbedenklich angesehen. Dem ist mE in dieser Absolutheit nicht zuzustimmen. Es bedarf einer differenzierten Betrachtungsweise. 316
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Es ist zu fragen, ob das vertragswidrige Verhalten des Belästigers 57 nicht iS einer gerechtfertigten Entlassung „verfristet“ (Vgl dazu die Verjährungsfrist für SE-Ansprüche von einem Jahr gem § 12 GlBG). Dafür sprechen nicht nur Argumente des Beweises, sondern auch die „generelle“ hRsp zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung. Die komplizierte Beweislage nach langer Zeit (zu Sonderfällen vgl Rn 58) ist evident. In diesem Zusammenhang soll nur die Frage aufgeworfen werden, ob der Beweis des Gegenteils – immerhin ist grds von einer Beweiserleichterung auch bei sexueller Belästigung auszugehen – überhaupt noch gelingen kann. Wie beweist man bei einer – gesetzt den Fall – vorgetäuschten sexuellen Belästigung, dass sie nicht stattgefunden hat? Die allgemeine Rechtsprechung des OGH zur Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung in Zusammenhang mit Entlassung geht zudem davon aus, dass eine vorzeitige Auflösung des Arbeitsvertrages grundsätzlich unverzüglich, dh ohne schuldhafte Verzögerung, vorgenommen werden muss (Schrammel, Arbeitsrecht II5 232, 233 mwN). Fallen „Setzen“ und „Kenntnis“ des Entlassungsgrundes auseinander, so ist die Unverzüglichkeit nach der Kenntnis des ArbG zu beurteilen. In Sonderfällen kann das Recht zur Auflösung durch bloßen Zeitablauf untergehen, auch wenn der Vertragspartner vom Vorliegen des Auflösungsgrundes nichts weiß: Der Grund wird darin gesehen, dass während des Zeitraums der Unkenntnis des ArbG der Entlassungsgrund an Bedeutung verloren hat, weshalb nunmehr die weitere Vertragsfortsetzung für den ArbG zumutbar scheint. Die Bedeutung einer vorzeitigen Auflösung eines Arbeitsvertrages rekurriert zwar immer auf ein Ereignis in der Vergangenheit, dessen Bedeutung wird aber ausschließlich daran gemessen, wie es sich in der zukünftigen Vertragsgestaltung auswirkt (Schrammel, Arbeitsrecht II5, 232, 233 mwN). Der OGH (OGH 16.3.1982, 4 Ob 6/82, DRdA 1982, 323) hat im Zusammenhang mit Ehrverletzungen folgendes ausgesprochen: „Wenn nach Abwägung aller Umstände nichts dafür spricht, dass sich ein ähnliches Fehlverhalten wiederholen könnte und dem Unternehmen aus dem Fehlverhalten kein weiterer Schaden erwächst, so scheidet die Entlassungsmöglichkeit aus. Zudem ist der ArbN aufgrund seiner von der Rechtsprechung (OGH 13.7.1982, 4 Ob 68/82, DRdA 1985/13; Arb 10671) aus der Treuepflicht abgeleiteten Aufklärungspflicht über eine Gesundheitsbeeinträchtigung verpflichtet, diese zumindest dann zu melden, wenn sie ihn zur Erfüllung ver317
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traglich geschuldeter Leistungen unfähig macht“ (OGH 18.1.1996, 8 Ob A 291/95, zu Sonderfällen Rn 58). Je massiver die Belästigung und je kürzer die Phase des „Wohlverhaltens“ des ArbN ist, desto eher ist mE davon auszugehen, dass ab Kenntnis des ArbG von der Belästigung, die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eintritt und die Entlassung gerechtfertigt ausgesprochen werden kann. 58 Für Sonderfälle kann die Verfristung der Geltendmachung sexueller Übergriffe nicht vertreten werden. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass (ehemals) ganz massive Eingriffe in die Intimsphäre eines Opfers, die strafrechtlich einschlägig sind, wie etwa sexuelle Belästigung iS des § 228 StGB oder sexuelle Nötigung, nicht durch längere Zeiten des Wohlverhaltens „verfristen“ können. Dies folgt zum einen bereits aus den Wertungen des Strafrechts, zum anderen aus einer grundsätzlichen Unverzeihbarkeit des Verhaltens. Bei ganz massiven körperlichen Übergriffen kann der Belästiger niemals davon ausgehen, das Verhalten wäre verziehen. Im Gegenteil wird so ein Verhalten zumindest immer den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit begründen. Auch eine längere Wohlverhaltensphase kann dies nicht wettmachen. Sind allerdings die Vorfälle nicht derart erheblich, dh wäre die Motivation des ArbG für die Entlassung „lediglich“, dass er sonst Gefahr liefe, die Fürsorgepflicht zu verletzen, so kann mE – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des OGH, der die Entlassung schon dadurch rechtfertigt, dass der ArbG ansonsten Gefahr liefe, die angemessene Abhilfe unterlassen zu haben (OGH 26.5.2004, 9 Ob A 64/04h) – nicht von einer gerechtfertigten Entlassung ausgegangen werden. ME folgt das bereits aus der Begründung des OGH selbst: Liegen die Übergriffe nämlich einige Zeit zurück und sind daraufhin nicht mehr vorgekommen, so ist zum einen die Abhilfe – zwar nicht vorwerfbar aber doch – bereits unterlassen worden. Zum anderen scheint die Abhilfe jetzt nicht mehr notwendig, da es ja zu keinen Übergriffen mehr gekommen ist. Wenn es eben zu keinen Übergriffen gekommen ist, ist auch die Gefahr weiterer Übergriffe unwahrscheinlich und folglich auch eine Abhilfe obsolet. Kurz: Wo keine Übergriffe mehr vorkommen, bedarf es keiner Abhilfe. Als Abhilfe iS einer Prävention könnte eine Verwarnung oder Versetzung angedacht werden, eine Entlassung ist aber jedenfalls überschießend. 59 Im Zusammenhang mit der Verfristung sollte mE auch ein Blick auf den Grund der Verschweigung geworfen werden: Warum „mel318
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det“ eine Belästigte die Belästigung erst nach einem halben Jahr? Es ist menschlich völlig verständlich, dass eine derartige Meldung peinlich und unangenehm, bei massiven Eingriffen wie sexueller Nötigung auch entwürdigend sein kann. Gemäß dem Ausschussbericht (499 BlgNR 22. GP) ist auch davon auszugehen, dass in der Regel Personen, die von einer sexuellen oder geschlechtsbezogenen Belästigung betroffen sind, erst nach längerer Zeit in der Lage sind, sich zu artikulieren. Dazu ist festzuhalten, dass Reaktionen auf Belästigungen nicht nur von der Persönlichkeit des Betroffenen abhängig sind, sondern auch von der Art des Vorfalls und der Erwartung, ob die Situation im Unternehmen selbst einer Lösung zugeführt werden kann. Zu bedenken sind überdies die in vielen Fällen großen Schwierigkeiten, eine Belästigung zu beweisen; sie sprechen gegen die Annahme einer Verschweigung, korreliert doch das Beschwerdeverhalten mit der Wahrscheinlichkeit der Glaubhaftmachung (Dortmunder Studie, Holzbecher ua 83). Vor der Anwendbarkeit der BeweislastRL auf die Belästigung waren diese Schwierigkeiten noch größer als heute (§ 12 Rn 7 f). Belästigte sahen entsprechend oft von Beschwerden ab, weil die Angst vorherrschte, eine Belästigung anzuzeigen, die letztendlich nicht bewiesen werden konnte, während die Anzeige aber jedenfalls dazu führte, dass die Anzeigenden als „Aufrührer“ oder „Verleumder“ gebrandmarkt wurden. Die Schwierigkeiten bei der Beweisführung sind nun geringer, seitdem die BeweislastRL und die damit verbundenen Beweiserleichterungen auch auf Fälle der Belästigung volle Anwendung finden. Trotzdem kann mE doch davon ausgegangen werden, dass nicht jede Belästigung – abgesehen von jenen, die eine sehr hohe Intensität erreicht haben (Rn 58) – „ewig“ geltend gemacht werden kann bzw zu einer gerechtfertigten Entlassung führt. ME trägt zu einem gewissen Grad auch der Belästigte, Verantwortung für die Wahrnehmung seiner Rechte. Dies entspricht auch der Wertung des OGH, nach der den ArbN eine aus seiner Treuepflicht abgeleitete Aufklärungspflicht trifft (OGH 18.1.1996, 8 Ob A 291/95). Zusammenfassend ist daher zwischen „verfristbaren“ und „nicht- 60 verfristbaren“ Belästigungshandlungen zu unterscheiden. Die Unterscheidung richtet sich nach der Erheblichkeit des Eingriffs. Eingriffe geringer Erheblichkeit sind in Anlehnung an die generelle Rsp des OGH zu Entlassungen (insb Ehrbeleidigungen und geringe tätliche Übergriffe, OGH 4.12.2002, 9 Ob A 230/02t) verfrist319
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bar; entscheidend für die Verfristung ist das Motiv der Tätlichkeit, das Motiv der Verschweigung sowie das Verhalten der Beteiligten davor und danach. Erhebliche Eingriffe sind nicht „verfristbar“. Den ArbN trifft grds eine aus der Treuepflicht abgeleitete Aufklärungspflicht. Der ArbG hat, nach den allgemeinen Grundsätzen des Entlassungsrechts unverzüglich nach Kenntnis des Entlassungsgrundes die Entlassung auszusprechen, widrigenfalls wird er schadenersatzpflichtig. 3. Versetzung/Abmahnung 61 In Fällen, in denen der Eingriff noch nicht jene Intensität erreicht hat, welche die Weiterbeschäftigung unzumutbar macht, entspricht der ArbG seiner Fürsorgepflicht dadurch, dass er den Belästiger abmahnt. Dadurch wird – entsprechend den Grundsätzen des Entlassungsrechts – der Belästiger in die Situation versetzt, bei Wiederholung der verpönten Verhaltensweise, den Konsequenzen einer Entlassung ins Auge sehen zu müssen. 62 Ein weiteres probates Mittel, um „angemessene“ Abhilfe im Sinne des § 6 Abs 1 Z 2 GlBG für Eingriffe geringerer Intensität zu schaffen, stellt die Versetzung des Belästigers an einen anderen Arbeitsplatz dar. Dabei sind sowohl die individualrechtlichen Grenzen (Arbeitsvertrag) als auch jene des kollektiven Versetzungsschutzes gem § 101 ArbVG zu beachten. 4. Austritt 63 Auf der Seite der Belästigten steht den ArbN – wie dem ArbG – das Recht zur vorzeitigen Auflösung des ArbV zu. Gem §§ 26 Z 4 AngG (Tätlichkeiten, Verletzungen der Sittlichkeit oder erhebliche Ehrverletzungen des ArbG gegen den Angestellten oder Weigerung des ArbG, den Angestellten gegen solche Handlungen eines Mitbediensteten oder eines Angehörigen des ArbG zu schützen) und § 82a lit b GewO 1859 (tätliche Misshandlung oder grobe Ehrenbeleidigung durch den Gewerbeinhaber) ist der ArbN berechtigt, vorzeitig auszutreten (vgl zB OGH 5.2.1952, 4 Ob 15/52 = Arb 5.364; OGH 19.12.2001, 9 Ob A 297/01v = RdW 2002, 490). Von einem gerechtfertigten Austritt kann immer dann ausgegangen werden, wenn sich die Arbeitsbedingungen durch Missachtung der zwischen den Arbeitsvertragsparteien einzuhaltenden Grundsätze der gegenseitigen Achtung und anständigen Begegnung derart be320
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lastend darstellen, dass eine Weiterbeschäftigung für den ArbN unzumutbar geworden ist (OGH 10.5.1989, 9 Ob A 71/89). Dass einzelne beleidigende Angriffe des ArbG oder eines Dritten für sich allein gesehen den Tatbestand des § 26 Abs 1 Z 4 AngG nicht erfüllt hätten, steht der Annahme des Austrittsgrundes nach § 26 Abs 1 Z 1 AngG nicht entgegen, wenn durch die Summe von Vorfällen dieser Art, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, letztlich eine psychische Beeinträchtigung in einem Maß eintritt, das die Fortsetzung der Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich macht (OGH 10.5.1989, 9 Ob A 71/89). Dabei kommt dem ArbN nach der Rsp (OGH 18.6.1996, 8 Ob A 291/95 = DRdA 1996, 247) die aus der Treuepflicht abgeleitete Aufklärungspflicht zu, den ArbG über jene Beeinträchtigungen zu unterrichten, die den ArbN zur Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung unfähig machen. Eine Verpflichtung, die Beeinträchtigung zu diesem Zeitpunkt nachzuweisen, besteht nicht. Ab Zugang der Meldung muss der ArbG dann damit rechnen, dass der ArbN sein Arbeitsverhältnis vorzeitig beenden könnte. Der ArbG kann dann nicht mehr gegen die Berechtigung des Austrittes vorbringen, dieser sei überraschend erfolgt. Es liegt in der Folge ausschließlich am ArbG, den Austritt durch Zuweisen oder Anbieten einer anderen Beschäftigung (innerhalb der individualrechtlichen Grenzen des Arbeitsvertrages und der kollektivrechtlichen des Versetzungsschutzes) zu vermeiden. Einer weiteren Initiative des ArbN vor dem tatsächlichen Austritt bedarf es nicht (DRdA 1985/13; OGH 13.7.1982, 4 Ob 68/82; OGH 18.6.1996, 8 Ob A 291/95). Zur Zeitdauer des Zurückliegens einer einmaligen Belästigung gilt sinngemäß das zur Entlassung Ausgeführte (Rn 56 ff). Im Hinblick auf das Anbot eines Ersatzarbeitsplatzes durch den 64 ArbG stellt sich die Frage der Zumutbarkeit des anderen Arbeitsplatzes für den ArbN. ME ist die Obliegenheit des ArbN, einen anderen Arbeitsplatz anzunehmen (und daher auf den Austritt zu verzichten) jedenfalls dann, wenn das Arbeitsklima insgesamt die grundlegende Bedeutung für die Belastung ist, nur äußerst eingeschränkt zu bejahen. Es wird wohl auf die Größe des Betriebes, auf die ursprüngliche Art der Belästigung und die Wahrscheinlichkeit abzustellen sein, dass die Belästigungen andauern. Wären daher bei einer ex-ante-Beurteilung die besonders belasteten Rahmenbedingungen dieselben geblieben, stellt sich jede weitere Tätigkeit als unzumutbar dar. 321
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5. Leistungsverweigerungsrecht 65 Die Leistung des ArbN kann berechtigterweise verweigert werden, wenn die Weiterarbeit für den ArbN unzumutbar wird und eine Interessenabwägung zu Lasten des ArbG ausfällt: nach objektiver Beurteilung muss es dem ArbG eher zumutbar sein, auf die Leistung des ArbN zu verzichten als dem ArbN zumutbar sei, weiter seine Leistung zu erbringen. Hat die Belästigung demnach für den ArbN das Maß der Unzumutbarkeit erreicht, so hat er dies dem ArbG aufgrund seiner Treuepflicht zu melden und er kann in Folge – bis zur Behebung der unerträglichen Situation – die Arbeit berechtigterweise unterlassen. Wann das Maß der Unzumutbarkeit für den einzelnen ArbN erreicht ist, ist nach objektiver Beurteilung zu ermitteln. Da der ArbG schon aufgrund des GlBG verpflichtet ist, angemessene Abhilfe zu schaffen, kann auf diese Wertungen verwiesen werden (Rn 50, 51). VII. Anweisungstatbestand 66 Gemäß den §§ 6 und 7 Abs 3 GlBG liegt eine Diskriminierung auch bei Anweisung zur Belästigung einer Person vor. Davon erfasst sind jene Handlungsweisen, durch die ein anderer dazu aufgefordert (nicht bloß ermutigt) wird, eine Belästigung zu begehen. Begrifflich ist davon auszugehen, dass es sich um eine Aufforderung handeln muss, deren Nichtbefolgung zu negativen Konsequenzen für den Aufgeforderten führen kann. Vorstellbar in diesem Zusammenhang sind Hierarchien in einem Betrieb, denen ein Subordinationsverhältnis zugrunde liegt. Ziel der Bestimmung ist offenbar, dem Belästigten allen Beteiligten gegenüber Schadenersatzansprüche zu gewähren, daher auch jenen gegenüber, die weder unmittelbarer Belästiger iS eines Handelnden sind, noch Arbeitgeberfunktionen innehaben. Weist demnach ein „Vorgesetzter“ seinen „Untergebenen“ an, einen seiner Arbeitskollegen zB „gefügig“ zu machen, so wird auch der Vorgesetzte, obgleich es ihm an einer Arbeitgeberfunktion mangelt, im Falle der Belästigung schadenersatzpflichtig. VIII. Belästigung als Arbeitsunfall 1. Arbeitsunfall gem § 175 ASVG 67 Gem § 175 Abs 1 ASVG sind Arbeitsunfälle jene Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Unfall iSd UV wird als ein zeitlich begrenztes, von außen einwirkendes Ereig322
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nis definiert. Leistungen aus der Unfallversicherung gebühren gem § 173 ASVG im Falle einer körperlichen Schädigung oder in Folge des Todes des verunfallten ArbN. Im Zusammenhang mit der Frage, ob bzw unter welchen Umständen Belästigung als Arbeitsunfall gesehen werden kann, interessieren vor allem die Kriterien der zeitlichen Begrenzung, der körperlichen Schädigung, sowie des inneren Zusammenhanges. Es liegt auf der Hand, dass nicht jede Belästigung auch zu einer 68 körperlichen Schädigung führt. Viele tatbestandsmäßige Belästigungen führen schon daher nicht zu einem Arbeitsunfall iSd ASVG. Bei besonders schweren einmaligen Übergriffen wie sexueller Nötigung oder Vergewaltigung kann eine körperliche (auch rein psychische) Schädigung allerdings nicht ausgeschlossen werden, die zu einer Leistungsverpflichtung der UV führen kann. Eine psychische Beeinträchtigung ist auch bei einmaliger massiver geschlechtsbezogener Belästigung durchaus vorstellbar (iS eines Traumas), wenngleich wohl selten. Fraglich bleiben jene Fälle, in denen fortgesetzte Belästigungen zu 69 einer psychischen Störung geführt haben; sie sind durchaus häufig. In diesen Fällen liegt die Problematik nicht im Kriterium der körperlichen Schädigung, sondern in der zeitlichen Begrenzung. Mit dem OGH (OGH 23.6.1998, 10 Ob S 224/98 = ZAS 2000, 184, Wachter) ist davon auszugehen, dass bei Arbeitsunfällen die Gesundheitsschädigung zwar durch ein plötzliches Einwirken (von außen) entsteht, dass dieses Einwirken aber nicht notwendigerweise einmalig sein müsse, sondern auch als mehrfaches plötzliches Einwirken auftreten könne, um als Arbeitsunfall qualifiziert zu werden. Auch in Deutschland wird das Kriterium der zeitlichen Begrenzung bejaht (MüKo-BGB, Wagner § 823 Rn 72). Gänzlich unerheblich ist auch, ob die gesundheitlichen Auswirkungen in engem zeitlichem Konnex mit dem Unfall oder erst später auftreten (Tomandl in System 2.3.2.2); erforderlich ist nur, dass sie auf die Belästigung zurückzuführen sind. Daraus ist mE der Schluss zulässig, dass auch bei einer über einen gewissen Zeitraum fortgesetzten Belästigung, die zu einer psychischen Störung führt, grundsätzlich von einem Arbeitsunfall gem § 175 ASVG ausgegangen werden kann. Entscheidendes Zurechnungskriterium auf Verursachungsebene ist 70 allerdings der Kausalzusammenhang zwischen Gesundheitsschädi323
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gung und Erwerbstätigkeit (vgl zum „Raum-Zeit-Zusammenhang“ Dusak, ZAS 1990, 54). Vom Schutz der Unfallversicherung erfasst sind ja nur jene Ereignisse, die im inneren Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit stehen. Erfasst sind jene Gefahren, die sich bei der Ausübung der versicherten Erwerbstätigkeit für den Versicherten ergeben. Fraglich ist, ob eine Belästigung eine solche Gefahr ist, die generell in unmittelbarem Zusammenhang mit der jeweiligen Erwerbstätigkeit steht. Die Schwierigkeit, die sich hierbei ergibt ist, dass im Fall der Belästigung eine klare Zuordnung zur versicherten Tätigkeit oder zur „Privatsphäre“ unmöglich scheint. Zu prüfen ist daher, ob es sich notwendigerweise um eine „Entweder-oder-Entscheidung“ handeln muss. Dies ist wohl zu verneinen. Tatsächlich gilt es zu überlegen, ob die jeweilige Erwerbstätigkeit oder die Art des Betriebes eine Belästigung wesentlich begünstigt oder diese überhaupt erst ermöglicht haben (So auch BSG 26.6.2001, B 2 U 25/00 R = NJW 2002, 388). So sind ohne Zweifel ArbN eines „Hostessen-Service“ eher gefährdet, Opfer einer Belästigung zu werden, als Verkäufer im Lebensmittelhandel. Bereits ein Kellner oder eine Bedienung in einem Nachtlokal zählen wohl zu den gefährdeten Berufsgruppen, wiewohl die Belästiger hier eher „Dritte“ iS des GlBG sein werden. 71 Belästigung iSd GlBG findet aber nicht nur in Abendlokalen statt, deren Hauptumsatz durch die Ausschank von alkoholischen Getränken erwirtschaftet wird. Belästigung findet ebenso in Büroräumlichkeiten statt. Bei der Beurteilung, ob die Erwerbstätigkeit Ursache für die Belästigung darstellt, darf mE der Gedanke der Machtausübung, der in den allermeisten Fällen Motivation für die Belästigung darstellt, nicht unterbewertet werden. Es ist daher mE zu fragen, ob die ArbN jedenfalls belästigt worden wäre oder ob die Idee hinter der Belästigung eine mit dem ArbV verbundene Machtdemonstration ist. ME irrelevant ist demgegenüber, ob der Belästigte dadurch in seinem Fortkommen gehemmt oder behindert werden sollte. Diese Überlegung steht im Einklang mit der stRsp des BSG zu Angriffen generell (BSG 23.4.1975, 2 RU 211/74 – USK 7533; BSGE 78, 65, 67 = SozR 3 – 2200, § 548 Nr 28 mwN). Der erforderliche innere Zusammenhang liegt danach nur vor, falls die Beweggründe des Angreifers in Umständen begründet sind, die in Verbindung mit der versicherten Tätigkeit des Verletzten stehen. Unter innerem Zusammenhang ist demnach zu verstehen, dass die Erwerbstätigkeit „Auslöser“ für die Belästigung ist. Es soll damit 324
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eine Abgrenzung zwischen „privat“ und „betrieblich“ geschaffen werden. Hätte es im privaten Bereich genauso zu sexuellen Übergriffen kommen können wie im betrieblichen Umfeld, so ist der innere Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit nicht gegeben und die Belästigung nicht als Arbeitsunfall zu qualifizieren. Als Leistungen aus der Sozialversicherung kommen neben der 72 Unfallversicherung jedenfalls Leistungen aus der Kranken- und Pensionsversicherung in Frage. Es können Krankenbehandlung aus dem Titel Krankheit oder Krankengeld aufgrund einer infolge sexueller Belästigung aufgetretenen Arbeitsunfähigkeit oder die Zuerkennung einer Invaliditätspension bei dauernder Arbeitsunfähigkeit gebühren. 2. Dienstgeberhaftungsprivileg und Belästigung Gem § 333 ASVG sind Dienstgeber und die ihnen gleichgestellten 73 Aufseher im Betrieb grds von Schadenersatzansprüchen befreit. Dies gilt nicht bei Vorsatz. Im Zusammenhang mit der Qualifikation einer Belästigung als Arbeitsunfall stellt sich daher die Frage, ob das Dienstgeberhaftungsprivileg auch in diesen Fällen durchschlägt. Dabei sind zwei Konstellationen zu unterscheiden, weil als Schadenersatzpflichtiger nicht nur der Belästiger selbst in Betracht kommen kann, sondern auch der ArbG (Rn 44), der ArbG allerdings nur, wenn er es schuldhaft unterlassen hat, angemessene Abhilfe gegen die Belästigung zu schaffen. Den Belästiger betreffend ist davon auszugehen, dass eine Belästi- 74 gung, die zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung führt, die überdies als Arbeitsunfall anzusehen ist, häufig vorsätzlich begangen wird. Dies schließt den Belästiger gleichzeitig vom Haftungsprivileg des § 333 ASVG aus, gleichgültig, ob er der ArbG oder ein Aufseher im Betrieb iSd ASVG ist. Der Belästiger ist dann voll schadenersatzpflichtig. Allerdings kann es auch Belästigungen geben, in denen es am Vorsatz iSd ASVG fehlt, insb weil dafür wohl erforderlich ist, dass nicht nur die Belästigung, sondern auch die Gesundheitsbeeinträchtigung vom Vorsatz erfasst ist, wobei bedingter Vorsatz ausreicht. Überdies kann es am Vorsatz fehlen, falls der Belästiger die Unerwünschtheit des Verhaltens subjektiv nicht erkannt hat, aber hätte erkennen müssen. Differenzierter ist die Schadenersatzpflicht des ArbG zu sehen. 75 Schuldhaftes Unterlassen der Abhilfe iS des GlBG ist nicht gleich 325
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bedeutend mit vorsätzlichem. In jenen Fällen, in denen der ArbG es vorsätzlich unterlässt, die gebotenen Abwehrmaßnahmen zu treffen (Rn 50 ff), ist die Schadenersatzpflicht des ArbG zu bejahen. Bei bloß grob fahrlässiger Unterlassung würde nach § 333 ASVG das Dienstgeberhaftungsprivileg an sich eingreifen und von der Schadenersatzpflicht befreien. Bejahte man dieses Ergebnis, so käme man zu der absurden Situation, dass in Konstellationen massiver sexueller Übergriffe – nur in jenen ist von einer Gesundheitsschädigung iSd Unfallversicherung auszugehen – der ArbG von seiner Schadenersatzpflicht befreit wäre. Nur in Fällen geringerer Intensität der Übergriffe würde der ArbG schadenersatzpflichtig. Dieses Ergebnis kann weder im Sinne der GlbRL noch des GlBG sein. Zu überlegen ist daher, ob die Schadenersatzpflicht des § 12 Abs 11 GlBG als lex specialis den allg Ausschlussgrund des § 333 ASVG durchbricht. Ein anderes Verständnis wäre richtlinienwidrig, weil diese ausdrücklich auch einen eigenen Schadenersatzanspruch der Belästigten gegen den ArbG vorsieht. IX. Rechtssprechungsübersicht 1. Gerichte (ASG, OLG, OGH) 76 In der bisherigen Rsp wurden etwa folgende Handlungen als sexuelle Belästigungen angesehen: Bemerkungen des Kollegen gegenüber einer Kollegin, „ich hätte gerne einmal eine Rothaarige“, während er ihr auf das Knie griff (OLG Wien 26.1.1994, 31 Ra 162/93 = ARD 4601/10/94); unsittliche Redensarten eines Geschäftsführers einer GmbH wie etwa die Aussage, dass die ArbN von ihm Sex haben könne, und trotz geäußerter Ablehnung der ArbN wiederholte körperliche Übergriffe wie zB über die Schenkel streichen, auf die Brust greifen oder Massieren des Genicks (ASG Wien 25.2.1994, 25 Cga 461/93h = ARD 4553/18/94, erste publizierte E nach dem neu ins GlBG aufgenommenen Tatbestand); die Aussage eines ArbN er hätte heute Lust seine Frau zu betrügen, wobei er sich gleichzeitig an den Schreibtisch einer Arbeitskollegin setzte und sie anschaute (ASG Wien 7.10.1994, 4 Cga 77/94k = ARD 4633/36/95); das wiederholte unerwünschte und absichtliche Berühren des Oberschenkels einer ArbN durch den Geschäftsführer (ASG Wien 26.6. 1996, 19 Cga 182/94 = ARD 4803/1/96); Die häufig geäußerte Bemerkung gegenüber einer Schwesternschülerin, „wenn sie sich beim Schnackseln auch so anstellt, na dann …“ (OGH 16.10.1996, 9 Ob A 2217/96 = RdW 1997, 297); das mehrfache Umarmen der Hüfte 326
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durch den ArbG, das Greifen auf die Brust, der Versuch die ArbN zu küssen und das Drängen zur Aufnahme einer intimen Beziehung unter Ausnutzung seiner Stellung, weiters das fortgesetzte Nachfragen ohne die eindeutige Zurückweisung der ArbN zu akzeptieren (ASG Wien 6.5.1998, 24 Cga 230/97m = ARD 4970/5/ 98); das Streicheln von Schultern, Gesicht, Brust und Gesäß sowie die Aufforderung, trotz Gegenwehr, zu einem Zungenkuss während eines Dienstgespräches nach Arbeitsschluss und Fortsetzung der Belästigung durch den ArbG auch telefonisch, begleitet von der Äußerung, dass die ArbN bei Erwiderungen Chancen hat, nicht gekündigt zu werden (OGH 21.1.1999, 8 Ob A 188/98z = JBl 1999, 538); die Aufforderung des Abteilungsleiters während er die ArbN nach Hause fährt: „If you give me a fucking, I can help you!“ oder die ArbN (thailändischer Herkunft) möge die Hand auf sein Geschlechtsteil legen, mit ihm geschlechtlich verkehren und in weiterer Folge Oralverkehr haben, ferner die Frage, ob sie sich mit „Bodymassage“ auskenne und um wie viel sie ihr Mann gekauft habe (OGH 23.10.2000, 8 Ob A 132/00w); das mehrmalige unerwünschte Berühren einer 15jährigen Arbeitskollegin (Lehrling) von hinten an der Kleidung und am Gesäß, begleitet von der Aussage, dass sie dies so brauche und auch so wolle (OGH 5.4.2000, 9 Ob A 292/99b = DRdA 2000, 422); der Versuch eines Zungenkusses und das Herunterlassen der Hose mit dem Aufruf: „Jetzt pack ich dich!“ (OLG Innsbruck 19.9.2000, 15 Ra 87/00g); der mehrmalige Gebrauch ordinärer Worte, verbunden mit unsittlichen Anträgen, die für die Belästigte nicht nur unerwünscht waren, sondern auch abgelehnt wurden, verbunden mit dem Hantieren eines Taschenmessers vor der Belästigten und der Aussage des Belästigers, er werde der Frau den Hals aufschlitzen (OGH 10.1.2001, Ob A 319/00b = DRdA 2001/16); das mehrmalige Umarmen und das sich von hinten an die Belästigte Drücken, sowie die Bezeichnung „Schatzi“, obwohl die belästigte Reinigungskraft solche Zudringlichkeiten strikt ablehnte und das dem Belästiger auch unmissverständlich klar machte (OGH 11.7.2001, 9 Ob A 163/01p). 2. Analysen der Gleichbehandlungskommission An die Gleichbehandlungskommission wurden bisher folgende 77 Sachverhalte herangetragen und als sexuelle Belästigung gewertet: Verbale Anzüglichkeiten und Annäherungsversuche wie der Versuch den Rücken zu massieren, den Nacken zu küssen und auf die Brust zu greifen (SBel 1 [1993]); beiläufiges Streifen des Oberschen327
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kels und der Brust (SBel 2 [1994]); Zwang des Dabeiseins beim Urinieren und Onanieren (SBel 3 [1994]); sexuelle Willfährigkeit als Voraussetzung für den beruflichen Aufstieg zu fordern (SBel 4 [1994]); Annäherungen eines Vorgesetzten in alkoholisiertem Zustand und abfällige Bemerkungen über das Sexualleben der Belästigten (SBel 5 [1995]); Einladungen zum Nacktbaden sowie beleidigende und abfällige Bemerkungen über das Sexualleben der Belästigten im Beisein ihres minderjährigen Sohnes (SBel 6 [1994]); Aufforderung zum Handtuchreichen in die Dusche und Einladung zum Anschauen von Pornofilmen im Betrieb (SBel 7 [1994]); unmotiviertes Fuchteln, Spucken, Trampeln, Schaukeln, Kichern und Onanieren im selben Büro zweier Arbeitskollegen (SBel 8 [1995]); Öffnen des BHs ohne böse Absicht (SBel 9 [1995]); Einführung in „Entspannungstechniken“ wie etwa Öffnen des Gürtels, Berühren der Außen- und Innenseiten der Oberschenkel sowie der Gegend um den Nabel (SBel 10 [1993]); abfällige Bemerkungen eines Vorgesetzten wie „Gehen Sie weg mit Ihren großen Brüsten“ oder „Sie sind vielleicht in der Horizontalen gut, aber nicht in diesem Job“, die in einem Nervenzusammenbruch der Belästigten mündeten (SBel 11 [1996]); Aufforderungen zum Oralverkehr seitens des ArbG an einen Lehrling (SBel 13 [1996]); zweideutige Witze, anzügliche und frauenfeindliche Bemerkungen im Operationssaal einer Krankenanstalt, sowie körperliche Annäherungen eines Arztes und anschließende Ausgrenzung der Krankenschwester (SBel 15 [1996]); abfällige Bemerkungen zweier Arbeitskollegen gegenüber einer Kollegin wie „Sie solle am Wochenende nicht wieder so viel schnackseln“, sowie die Aussage nach dem Anschauen eines Pornofilms im Büro „es habe ihnen die Hauptdarstellerin gefehlt“ (SBel 16 [1996]); obszöne Anrufe eines Oberarztes bei einer diplomierten Krankenschwester, in denen er etwa Scheidengeräusche testen oder einen sog Orgasmustest unter Anleitung zur Selbstbefriedigung durchführen wollte (SBel 17 [1996]); Anbieten von Vibratoren am Telefon oder anzügliche Bemerkungen, immer wenn die Kollegin das Zimmer passierte (SBel 18 [1997]); distanzloses Verhalten des ArbG, das sich sowohl in körperlichen wie verbalen Belästigungen äußert unter ständiger Beteuerung des schlichten guten Verhältnisses zu seinen Mitarbeitern (SBel 22 [1997]); die Bitte des ArbG an eine weibliche ArbN, in Hinkunft Kleider statt Hosen zu tragen, Versuche die ArbN zum Abbeißen von Süßigkeiten zu zwingen, joviales Duzen sowie die Aufforderung sich gemeinsam Computerprogramme mit dem Inhalt nackter Frauen 328
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anzuschauen (SBel 27 [1998]); sexuelle Nötigung eines weiblichen Lehrlings durch einen Arbeitskollegen nach Dienstschluss (SBel 28 [1998]); Griff des ArbG an die Genitalien eines männlichen Angestellten bei einer Betriebsfeier im Zuge eines Tanzes (SBel 29 [1998]); verbale Übergriffe betreffend die Figur und Kleidung einer ArbN wie die anschließende Bemerkung, er habe sie wegen ihrer Figur und ihrer schönen langen Haare eingestellt, die schließlich in mehreren Versuchen enden, die ArbN zu küssen (SBel 33 [2000]). Positive Maßnahmen § 8. Die in Gesetzen, in Verordnungen, in Instrumenten der kollektiven Rechtsgestaltung oder in generellen mehrere Arbeitnehmer/innen umfassende Verfügungen des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin getroffenen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern, insb durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten im Sinne des Art. 7 Abs. 2 B-VG, gelten nicht als Diskriminierungen im Sinne dieses Gesetzes. Der Bund kann für besondere Aufwendungen, die Arbeitgeber/inne/n bei der Durchführung solcher Maßnahmen entstehen, Förderungen gewähren. Literatur: Pfarr, Die Frauenquote, NZA 1995, 809; Weinmeier, Setzt der EuGH der positiven Diskriminierung ein Ende?, WBl 1996, 6; Pirstner, Die Quote im Gemeinschaftsrecht, DRdA 1997, 461; Kucsco-Stadlmayer, Rechtliche Aspekte der Frauenförderung, JRP 1997, 35; Barnard/Hervey, European Union Employment and Social Policy Survey 1996 and 1997, 17 YEL (1997) 436 ff; Arioli (Hrsg), Frauenförderung durch Quoten (CH, 1997); Urlesberger, Auch nach dem Fall Kalanke sind Frauen noch gleicher. Überlegungen zum Fall Marschall, ZAS 1998, 689; Eichinger, Grundsatz der Gleichbehandlung, in: Oetker/Preis (Hrsg), EAS, B 4200 (Stand 1999); Runggaldier, Der neue Beschäftigungstitel des EGVertrages und die Übernahme des „Sozialabkommens“ in den EGVertrag, in: Hummer (Hrsg), Die Europäische Union nach dem Vertrag von Amsterdam (Wien 1998); Berka, Die Grundrechte (1999) Rn 955 ff; Kucsko-Stadlmayer, Europarechtliche Rahmenbedingungen der Frauenförderung, RZ 1999, 106; Pirstner, Schwedische Vorschriften zur Frauenförderung – Vorrang von Frauen mit geringerer Qualifikation gemeinschaftsrechtskonform?, RdA 2000, 549; Kokott/Egli, Rechtsfragen zu positiven Maßnahmen in 329
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Rebhahn
Staat und Unternehmen, AJP 2000, 1049 ff; Barnard/Hervey, European Union Employment and Social Policy Survey 1999-2000, 20 YEL (2001); Fredman, Discrimination Law, 125 ff; Thüsing, Gleichbehandlung männlicher und weiblicher ArbN: Ausnahmen bei Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit, DB 2002, 1452; Krebber, Kommentierung der Art 136 ff in: Calliess/Ruffert, EUV/EGV-Kommentar2 (2002); Sturm, Positive Diskriminierung in der Arbeitswelt, DRdA 2003, 481; Epiney/Freiermuth Abt, Das Recht der Gleichstellung von Mann und Frau in der EU (2003). Inhaltsübersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 8 und Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nach Art 141 Abs 4 EGV zulässige Maßnahmen . . . . .
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I. Allgemeines 1 Nach Ansicht vieler kann die Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben nicht allein durch das Verbot unmittelbarer oder mittelbarer Diskriminierung beseitigt werden. Erforderlich seien vielmehr Maßnahmen, die Frauen gezielt bevorzugen. Man spricht von spezifischen Maßnahmen, affirmative action, positiven Maßnahmen oder gar „positiver Diskriminierung“. Fördermaßnahmen können sehr unterschiedliche Intensität aufweisen, je nachdem wie intensiv die Maßnahme gleichzeitig auch Männer benachteiligt. Häufig unterscheidet man drei Gruppen von Maßnahmen: Förderung der Qualifikation, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Verwirklichung der Chancengleichheit (GA Maduro zu C-319/ 03-Briheche Rn 30 ff). Mit zunehmender Intensität werden auch die Anforderungen an die – zuerst einmal politische – Rechtfertigung höher werden. Maßnahmen, welche nur die Rahmenbedingungen für Frauen verbessern, wie eine Förderung der Weiterbildung speziell für Frauen (zB spezielle Stipendien), wirken idR weniger intensiv als ein unterschiedliches Anfallsalter für Betriebsrenten und dieses aus der Sicht der Einzelnen wohl weniger intensiv als eine starke Vorrangregel. Besonders intensiv sind Maßnahmen, die einzelne Angehörige des anderen Geschlechtes anders stellen als sie ohne diese Maßnahme stünden (insb Vorrangregeln). 2 Der Gleichheitssatz im Allgemeinen, und grds ebenso der Grundsatz der Gleichbehandlung des Art 141 und der RL 76/207, schützen allerdings Frauen wie Männer. Daher ist eine gezielte Be330
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vorzugung von Frauen vor Männern in vergleichbarer Lage an sich eine unmittelbare Diskriminierung (treffend EuGH 6.7.2000, C-407/98-Abrahamsson Rn 40-43; 19.3.2002, C-476/99-Lommers Rn 30; Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 199). Jede dieser Maßnahmen ist nur zulässig, falls das Diskriminierungsverbot entsprechend eingeschränkt bzw aufgehoben ist; sie bedarf daher der Begründung und Rechtfertigung. Anders könnte es nur sein, falls die spezifische Maßnahme (zB Vorrangregel) nur dazu dient, um eine bei diesem ArbG konkret bestehende Diskriminierung zu beseitigen (zB Vorrangregel, um bisherige Diskriminierung der Frauen bei Einstellungen im Betrieb auszugleichen). Weder Art 141 noch das GlBG sehen aber derartige spezifischen Reaktionsmaßnahmen ausdrücklich als besondere Kategorie vor (in den USA haben die Gerichte hingegen die Möglichkeiten solche Maßnahmen anzuordnen; vgl Wiedemann, Gleichstellungsgebote 81). Art 141 Abs 4 EGV erlaubt nun für alle (insb also die anderen) spezifischen Maßnahmen eine Durchbrechung des Diskriminierungsverbotes: „Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben hindert der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechtes oder zur Verhinderung bzw zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen.“ Spezifische Maßnahmen kommen aber vorwiegend, wenn nicht ausschließlich nur bei den „sonstigen Arbeitsbedingungen“ und damit im Anwendungsbereich der GleichbRL in Betracht, nicht aber beim Entgelt. Art 2 Abs 8 GleichbRL enthält daher eine besondere Ausnahmebestimmung: „Die Mitgliedstaaten können im Hinblick auf die Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen Maßnahmen im Sinne von Artikel 141 Absatz 4 des Vertrags beibehalten oder beschließen.“ Der Inhalt der Ausnahme bei den sonstigen Arbeitsbedingungen ergibt sich damit aus Art 141 Abs 4 (sodass dahinstehen kann, ob Art 141 Abs 4 auch für sonstige Arbeitsbedingungen anwendbar ist). Art 141 Abs 4 stellt Maßnahmen der Mitgliedstaaten vom Grundsatz der Gleichbehandlung frei. Da es um Durchbrechungen des Diskriminierungsverbotes geht, spricht man treffend von Öffnungsklausel. Mit Art 141 Abs 4 sind aber auch die gemeinschaftsrechtlichen Grenzen für solche „positiven“ Maßnahmen gezogen; mehr ist nicht zulässig. Art 141 enthält keine Verpflichtung, spezifische Vergünstigungen vorzusehen (ebenso 331
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Rebhahn
Sturm, DRdA 2003, 490; zur RL Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 18). Eine solche Pflicht kann sich allenfalls aus anderen Bestimmungen ergeben (wie Art 3 Abs 2 EGV). 3 Art 141 Abs 4 wurde durch den Vertrag von Amsterdam geschaffen. Er lehnt sich im ersten Teil eng an den früheren Art 2 Abs 4 RL 76/207 an und stammt in seinem zweiten Teil aus Art 6 Sozialprotokoll. Art 2 Abs 4 GleichbRL bestimmte: Diese RL „steht nicht den Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen, insb durch Beseitigung der tatsächlich bestehenden Ungleichheiten, die die Chancen der Frauen“ bei den sonstigen Arbeitsbedingungen „beeinträchtigen, entgegen“. Im Vergleich dazu ist die Formulierung in Art 141 etwas schärfer, indem nun von der „effektiven Gewährleistung der Gleichstellung im Arbeitsleben“ die Rede ist. Mit der RL 2002/73 zur Änderung der GleichbRL wurde der frühere Art 2 Abs 4 aufgehoben; an seine Stelle trat Abs 8 (Rn 2). Art 141 Abs 4 anerkennt ein öffentliches Interesse an Maßnahmen zur Gleichstellung. Fraglich ist allerdings, ob Art 141 Abs 4 eher als (auch) materielle Ausnahme vom Grundsatz der Gleichberechtigung des Art 141 (§ 2 Rn 1, 21 ff) zu verstehen ist (so Calliess/Ruffert/Krebber, EUV Art 141 Rn 82; Art 2 Abs 4 RL 76/ 207 war ohne Zweifel eine Ausnahmebestimmung) oder aber als gleichrangige Anordnung (dafür Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 200). ME spricht mehr für einen Vorrang des Grundsatzes, weil Abs 4 – von der Regelungsstruktur her gesehen – nur vorübergehende Maßnahmen in besonderen Situationen erlaubt. Die bisher ergangenen E des EuGH (Rn 18 ff) betrafen fast ausschließlich exArt 2 Abs 4 GleichbRL. Der EuGH hat aber schon bisher Art 141 Abs 4 erkennbar bei der Auslegung der genannten Bestimmung der RL herangezogen; vgl Rn 21. Erwähnt sei hier auch Art 4 Abs 1 der Konvention gegen die Diskriminierung der Frau (§ 2 Rn 2): „1. Vorübergehende Sondermaßnahmen der Vertragsstaaten zur beschleunigten Herbeiführung der De-facto-Gleichberechtigung von Mann und Frau gelten nicht als Diskriminierung im Sinne dieser Konvention, dürfen aber keinesfalls die Beibehaltung ungleicher oder gesonderter Maßstäbe zur Folge haben; diese Maßnahmen sind aufzuheben, sobald die Ziele der Chancengleichheit und Gleichbehandlung erreicht sind.“ 4 Art 141 Abs 4 ist nicht nur für den Bereich des öffentlichen Dienstes, sondern grundsätzlich auch für andere ArbG (insb Privatwirt332
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schaft) anwendbar. Allerdings erlaubt Art 141 Abs 4 auch außerhalb des öffentlichen Dienstes eine Durchbrechung des Diskriminierungsverbotes durch spezifische Maßnahmen nur, falls der Mitgliedstaat dies „beschließt“. Abs 4 erlaubt die spezifischen Maßnahmen also nicht schon selbst, ist also nicht unmittelbar zugunsten von Kollektivvertragsparteien und ArbG anwendbar (näher Rn 11; wie hier Calliess/Ruffert/Krebber Art 141 Rn 85; Epiney/ Freiermuth Abt, Gleichstellung 207). Und auch Art 2 Abs 8 GleichbRL enthält keine für Private unmittelbar anwendbare Ausnahme vom Diskriminierungsverbot, sondern bestärkt das Erfordernis einer Anordnung des Mitgliedstaates. Will ein Mitgliedstaat spezifische Maßnahmen der ArbG zulassen, so muss er diese gesondert anordnen, also „spezifische Vergünstigungen beschließen“. § 8 erfüllt diese Voraussetzungen nicht (Rn 11)! Die Freistellung vom Diskriminierungsverbot durch Art 141 Abs 4 5 betrifft primär das Gemeinschaftsrecht und rechtfertigt hier auch Gesetze der Mitgliedstaaten, die private ArbG zur Bevorzugung von Frauen verpflichten. Abs 4 verdrängt jedoch nicht nationales Verfassungsrecht. In Österreich ist dazu Art 7 Abs 2 B-VG einschlägig: „Bund, Länder und Gemeinden bekennen sich zur tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau. Maßnahmen zur Förderung der faktischen Gleichstellung von Frauen und Männern insb durch Beseitigung tatsächlich bestehender Ungleichheiten sind zulässig.“ Fraglich ist, ob alles von Art 141 Abs 4 Zugelassene auch nach österr Verfassungsrecht erlaubt ist. Dies betrifft zum einen die Frage, ob Art 7 Abs 2 auch für Maßnahmen außerhalb des öffentlichen Dienstes gilt, weil Art 7 Abs 2 S 1 B-VG nur die Gebietskörperschaften nennt; würde man dies verneinen, dann wäre nur Art 7 Abs 1 B-VG maßgebend. Auch wenn man Art 7 Abs 2 B-VG auf die Privatwirtschaft anwendet, bleibt fraglich, ob auch alle von Art 141 Abs 4 zugelassenen Maßnahmen nach Art 7 B-VG zulässig sind; dies scheint bislang kaum untersucht. Die Diskussion zu den spezifischen Fördermaßnahmen ist kontro- 6 vers. Zum Verständnis nützlich sind gerade bei den positiven Maßnahmen die drei unterschiedlichen Konzepte der Gleichheit: Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Gleichheit als Ausgleich von Benachteiligung (vgl § 2 Rn 7 ff; sowie zum Folgenden Fredman, Discrimination Law, 125 ff). Sie führen in Bezug auf spezifische Maßnahmen zu sehr unterschiedlichen 333
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Vorschlägen bzw Bewertungen. Das Konzept der Gleichheit als individuelle Gerechtigkeit blickt primär auf die einzelnen Individuen und deren Verhältnisse und ist durch die Forderung nach symmetrischer Ausgestaltung sowie Neutralität des Staates gekennzeichnet. Dieses Konzept lehnt daher alle Maßnahmen, welche Angehörige des einen Geschlechtes bewusst schlechter behandeln als jene des anderen, als asymmetrisch ab. Abgelehnt wird insb auch die Rechtfertigung von bevorzugter Behandlung mit dem Argument, die Frauen (oder eine andere Gruppe) seien als Gruppe in der Vergangenheit und heute strukturell benachteiligt (gewesen). Jede Person sei vielmehr nach ihren individuellen Eigenschaften (merit) zu beurteilen. Unzulässig ist danach jede Verschiedenbehandlung, die aufgrund des Geschlechtes erfolgt. Dieses Konzept ist etwa im nationalen Recht Großbritanniens verwirklicht. Im Gemeinschaftsrecht und im GlBG findet es sich insoweit wieder, als es um die Diskriminierungsverbote geht (Art 141 Abs 1; Art 2 Abs 1 GleichbRL; § 3 GlBG). 7 Das Konzept der Gleichheit durch Ausgleich rechnet den Einzelnen hingegen die Vor- und Nachteile zu, welche die Gruppe hat(te), der sie angehören, beurteilt Unterscheidungen (nach dem Geschlecht) nicht symmetrisch, sondern bewertet Benachteiligung von Angehörigen einer benachteiligten Gruppe anders als Bevorzugungen dieser, und sieht eine aktive Rolle des Staates positiv. Danach sind also auch Regeln zulässig, welche den Angehörigen einer benachteiligten Gruppe allein deshalb den Vorrang (zB bei Einstellung, Beförderung oder Auswahl vor Kündigung) einräumen, weil sie dieser Gruppe angehören, auch wenn sie als Person schlechter geeignet sind als Angehörige des anderen Geschlechtes. Angestrebt wird also Ergebnisgleichheit (zB werden Frauen so lange bevorzugt befördert, bis der Frauenanteil bei den ArbN einer bestimmten Kategorie zumindest 40% beträgt). Der Staat darf und soll seine Möglichkeiten (einschließlich der Vergabe öffentlicher Aufträge) einsetzen, um die Benachteiligung von Gruppen durch aktive Maßnahmen, insb auch Vorrangregeln, auszugleichen. Für solche Maßnahmen wird ins Treffen geführt, dass das Diskriminierungsverbot nur formale Gleichheit bringe, nicht aber substantielle bzw materielle Gleichheit (Hervey, EC Law bei FN 117; auch der EuGH verwendet zuweilen diese Terminologie; EuGH 28.3.2000, C-158/97-Badeck Rn 32). Nur spezifische Maßnahmen können und würden historische, soziale und strukturelle Differenzen und 334
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Nachteile zwischen den Erfahrungen, Rollen und Chancen von Frauen und Männern insb am Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigen (zB Fredman, Discrimination Law, 126 ff). Manche schließen daraus auch, dass spezifische Maßnahmen in Wahrheit keine Diskriminierung seien (zB Pfarr, Diskriminierung im Erwerbsleben, 1989, 96 ff; dagegen treffend Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 199). Kritiker der Maßnahmen weisen unter anderem darauf hin, dass die Maßnahmen häufig einzelne Männer gezielt benachteiligen, diesen daher die Vorteile zugerechnet werden, welche (vorausgesetzt) andere Männer hatten und haben, aber nicht notwendig der Benachteiligte. Individuelle Beurteilung und Gerechtigkeit werde also durch Gruppengerechtigkeit ersetzt (zB Sachs, NJW 1989, 533 ff; MünchArbR/Buchner § 40 Rn 185 ff). Und die im Geltungsbereich der Vorrangregel zum Zuge gekommen Frauen müssten es hinnehmen, dass man annehme, sie seien nur aufgrund der Vorrangregel zum Zuge gekommen. Das Konzept der Gleichheit als Ausgleich hat lange Zeit das Antidiskriminierungsrecht der USA (insb auch in Bezug auf ethnische Gruppen) geprägt; in den letzten Jahren ist der Streit darum härter geworden, man nähert sich wieder etwas dem Konzept der Gleichheit als individueller Gerechtigkeit (vgl Fredman aaO 144 ff). Die Maßnahmen in Europa blieben bislang meist hinter den in manchen Staaten der USA vorgesehenen Maßnahmen zurück (Schlachter, Gleichbehandlung, 345 ff). Und auch das Gemeinschaftsrecht folgt weder in Art 141 Abs 4 noch in der Judikatur des EuGH diesem Konzept des Ausgleichs (Rn 8). Das Konzept der Chancengleichheit blickt eher auf die Individuen 8 und möchte Gleichheit der Ausgangsbedingungen und damit der Chancen fördern, lehnt aber eine rein gruppenbezogene Sicht und damit Ergebnisgleichheit ab. Es steht damit zwar zwischen den beiden anderen Konzepten, aber nicht genau in deren Mitte. Vielmehr geht es weit eher von einer individualistischen denn von einer gruppenbezogenen Sicht aus, und steht daher dem Konzept der Gleichheit als individueller Gerechtigkeit näher als dem Konzept des Ausgleichs. Im Gemeinschaftsrecht lassen sich Art 141 Abs 4, der frühere Art 2 Abs 4 GleichbRL sowie va die Judikatur des EuGH zu Vorrangregeln (Rn 18 f) mit diesem Konzept deuten (so auch Fredman, Discrimination Law, 136 ff). Der EuGH hat selbst eine Vorrangregel, welche bei gleicher Qualifikation die Angehörigen der benachteiligen Gruppe bevorzugt (nach Fredman S 137 die 335
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„mildeste Form der Vorrangregel“), nur in engen Grenzen zugelassen (E Marschall und Badeck) und eine Bevorzugung bei geringerer Qualifikation abgelehnt (E Abrahamsson). Die Förderung von „substantieller“ Gleichheit durch Ausgleich habe Nachrang vor dem Primat des Individuums, und Ungleichbehandlung dürfte nur zur Förderung der Chancengleichheit eingesetzt werden, nicht aber als Mittel zur Ergebnisgleichheit. 9 Die Begriffsbildung des § 8 erscheint zweifelhaft. § 8 nennt Durchbrechungen des Diskriminierungsverbotes „positive Maßnahmen“, während Art 141 von spezifischen Maßnahmen spricht. Mit der Bezeichnung in § 8 soll wohl der Eindruck der umfassenden Positivität und Zustimmungsfähigkeit erweckt werden; verdrängt wird damit, dass diese „positiven“ Maßnahmen bestimmte Personen konkret und individuell jedenfalls benachteiligen und nach dem sonstigen Sprachgebrauch des GlBG auch diskriminieren. Außerdem erweckt die Bezeichnung den Eindruck, als wären die anderen Maßnahmen des Gesetzes, also das Diskriminierungsverbot, neutrale oder gar negative Maßnahmen, und keine positiven. Die Rede von positiven Maßnahmen oder gar positiver Diskriminierung hat wohl primär politisch-propagandistischen Gehalt. Der englische Ausdruck affirmative action ist weit passender; besser als positive Diskriminierung ist auch noch umgekehrte Diskriminierung, wenngleich auch dies mehr verschleiert als aussagt. II. § 8 und Gemeinschaftsrecht 10 § 8 will für spezifische Maßnahmen eine Durchbrechung des Diskriminierungsverbotes bewirken. § 8 enthält nun eine Generalklausel, die besagt dass bestimmte, dort umschriebene Maßnahmen nicht als Diskriminierung gelten, also zulässig sein sollen. Soweit es sich um andere Gesetze handelt, ist diese Aussage überflüssig, weil diese unmittelbar an Art 141 zu messen sind. Soweit § 8 jedoch auf Maßnahmen in KollV, Verordnungen oder allg Arbeitsbedingungen des ArbG Bezug nimmt, ist die Vereinbarkeit mit Art 141 sehr zweifelhaft. Art 141 erlaubt nämlich Maßnahmen nur „zur Erleichterung der Berufstätigkeit“ oder „zur Verhinderung bzw zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn“. Von dieser Einschränkung findet sich in § 8 nichts, § 8 spricht vielmehr undifferenziert und pauschal von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung. § 8 geht also über die gemeinschaftsrechtliche Ermächtigung hinaus. Der Gesetzgeber hat offenbar die gemein336
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schaftsrechtliche Lage nicht sehen wollen. Man könnte versuchen, die gemeinschaftsrechtlichen Grenzen in § 8 hinein zu lesen. Tut man dies nicht, so ist § 8 im Anwendungsbereich des Art 141 Abs 1 EGV (Entgelt) schon aus dem dargelegten Grund zu ignorieren, und im Übrigen im Widerspruch zur GleichbRL. Auch die gemeinschaftskonforme Interpretation rettet § 8 aber aus einem anderen Grund wohl nicht. Art 141 Abs 4 EGV erlaubt den Mitgliedstaaten, „spezifische Ver- 11 günstigungen beizubehalten oder zu beschließen“. Daraus folgt jedenfalls, dass die Öffnungsklausel nicht ohne Anordnung des Mitgliedstaates anwendbar ist (Calliess/Ruffert/Krebber Art 141 Rn 85). Aus der Wendung, dass der Mitgliedstaat spezifische Maßnahmen beschließen kann, folgt aber wohl auch, dass er spezifische Vergünstigungen benennen muss, wenn er sie denn zulassen will (Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 207). Die Wiederholung des Textes des Art 141 Abs 4 EGV im nationalen Recht reicht dann nicht aus, erforderlich wäre vielmehr eine genauere Umschreibung der zugelassenen Maßnahmen (zB eine Vorrangregel unter diesen oder jenen Voraussetzungen in Bezug auf Abgrenzung der relevanten Gruppen, Verteilung von Frauen und Männern in dieser, sonstige Voraussetzung für Eingreifen, Gleichheit/Unterschiede in der Qualifikation, Funktionieren der Vorrangregel und Rücksichtnahme auf Besonderheiten des Einzelfalls oder Absehen davon). Das Wesentliche dazu lässt sich durchaus abstrakt formulieren. Für diese Interpretation des Art 141 spricht entscheidend schon dessen Wortlaut, ebenso aber auch der Zweck der Norm. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter ist nach allem, was bisher dazu gesagt wurde, ein so fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, dass es kaum denkbar scheint, ihn – im Rahmen der Öffnungsklausel – in das Belieben der einzelnen ArbG zu stellen. Der hohe Rang des Grundsatzes verlangt eine Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers. Eine Generalermächtigung nach Art des § 8 zielt hingegen auf eine geringe Bedeutung des Diskriminierungsverbotes, weil sie, wäre sie wirksam, die Bedeutung des Diskriminierungsverbotes oft entscheidend beschneiden würde. Folgt man dem, dann ist § 8 im Entgeltbereich zu ignorieren, und 12 auch im Bereich der anderen Arbeitsbedingungen gemeinschaftsrechtswidrig! Da § 8 kein bestimmtes Verhalten verlangt, 337
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sondern nur eine unklare Ausnahme von Rechtssätzen enthält, die durch die Judikatur in vielen Punkten geklärt sind, wäre dies von den Gerichten mit der Folge zu bedenken, dass die derzeitige Fassung des § 8 auch bei den anderen Arbeitsbedingungen nicht angewendet wird. Im Folgenden soll aber zumindest erörtert werden, was der Gesetzgeber nach Art 141 Abs 4 zulassen könnte. Erstaunlicherweise setzen weder das EG-Recht noch das GlBG die spezifischen Maßnahmen dort gezielt ein, wo sie am ehesten zu überzeugen vermögen, nämlich als Reaktion auf eine bestehende Diskriminierung bei einem bestimmten ArbG und damit als Unrechtsfolge (Rn 2). Der Gesetzgeber hätte – statt oder neben der untauglichen Generalklausel des § 8 – den einzelnen ArbG zumindest ermächtigen können, als Rechtsfolge einer festgestellten und andauernden Diskriminierung, welche sich auf eine Mehrzahl von ArbN auswirkt, eine geeignete spezifische Maßnahme vorzusehen. III. Nach Art 141 Abs 4 EGV zulässige Maßnahmen 13 Der neue Art 141 Abs 4 erklärt, dass bestimmte „spezifische Vergünstigungen“ mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 2 Rn 19 ff) vereinbar sind. Art 141 Abs 4 gilt für alle vom Gebot der Gleichbehandlung des Art 141 erfassten Fragen, nicht nur für das Entgelt. Abs 4 ist nicht explizit auf die Förderung von Frauen beschränkt. Die Vergünstigten sollen jedoch, wie die Protokollerklärung Nr 28 des Amsterdamer Rates sagt, „in erster Linie“ Frauen fördern. Und in manchen Berufen ist, insb in höheren Positionen, der Frauenanteil nach wie vor deutlich geringer. Denkbar wäre aber grundsätzlich auch eine Förderung von Männern, falls die Voraussetzungen vorliegen. 14 Abs 4 nennt verschiedene inhaltliche Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der Vergünstigung. Erste Voraussetzung ist: Die Vergünstigung muss einem der drei in Art 141 Abs 4 genannten Ziele dienen: entweder „die Berufstätigkeit zu erleichtern“ oder „Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn auszugleichen“ oder solche Benachteiligungen „zu verhindern“. Im Übrigen ist der Kreis der zulässigen Maßnahmen weit. Erleichtert wird die Berufstätigkeit etwa durch Zusatzleistungen für die Ausbildung (Bildungsurlaub nur für Mütter von Kleinkindern). Die Benachteiligung kann zB durch Vorrangregeln oder die Gleichstellung von Kindererziehungszeiten mit Erwerbszeiten ausgeglichen werden. Der EuGH hat die möglichen Ziele bisher kaum konkretisiert und 338
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damit die zulässigen Zwecke der spezifischen Maßnahmen eher im Unklaren gelassen (Fredman Discrimination Law 150). In Betracht kommen va drei potentielle Zwecke (Fredman aaO 150 ff): die Beseitigung von Hindernissen und der Ausgleich für frühere Benachteiligungen der Gruppe, weil es viele verborgene Hindernisse gibt; die Etablierung eines „Brückenkopfes“ für die benachteiligte Gruppe, insb in höheren Positionen, um Vorurteile („die können das ohnehin nicht“) abzubauen und anderen Angehörigen der benachteiligten Gruppe einen Anreiz zur Folge zu geben (Vorbildfunktion); sowie schließlich die Hoffnung, dass Angehörige der benachteiligten Gruppe nach der Förderung in die Entscheidungsprozesse andere Perspektiven einbringen. Es bleibt zu diskutieren, inwieweit diese Zwecke jeweils die weiteren Voraussetzungen des Art 141 Abs 4 erfüllen. Abs 4 deckt nur Maßnahmen, die zur Erreichung eines der zulässi- 15 gen Ziele spezifisch sind, also dafür geeignet und erforderlich sind (Calliess/Ruffert/Krebber Art 141 Rn 88). Daraus folgt primär, dass das begünstigte Geschlecht „unterrepräsentiert“ sein muss. Dabei ist auf jenen Bereich abzustellen, für den die Vergünstigung gelten soll. Eine Unterrepräsentation wird jedenfalls vorliegen, falls der Anteil deutlich unter 50% liegt. Abs 4 deckt aber nicht Maßnahmen, die nur mit der allg Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben begründet werden könnten. Insb muss die Maßnahme auch geeignet sein, die bestehende faktische Ungleichheit tatsächlich zu beseitigen oder zu verringern; erforderlich ist ein konkreter Bezug zwischen einer Ungleichheit und der Bevorzugung (so wohl bereits EuGH 25.10.1988, Rs 312/86-Komm/Frankreich Rn 15); ansonsten fehlt es an der Geeignetheit der Maßnahme. Nicht hinreichend spezifisch sind ein höheres Entgelt für gleiche Arbeit oder ein generelles Nachtarbeitsverbot für Frauen (vgl EuGH 25.7.1991, C-345/89-Stoeckel Rn 15; auch das deutsche BVerfG wollte das Verbot nicht durch das Gleichstellungsgebot des Art 3 Abs 2 GG rechtfertigen, weil es keine geeignete Maßnahme zur Gleichstellung sei, sondern die traditionelle Rollenverteilung eher verfestigen kann – BVerfGE 85, 191). Nicht vereinbar scheinen Begünstigungen, die erst nach Ende der 16 Erwerbstätigkeit eingreifen sollen oder keine Auswirkungen mehr auf die Berufslaufbahn haben können (vgl EuGH 29.11.2001, C-366/99-Griesmar Rn 64-66; Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstel339
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lung 204). Zweifelhaft ist die Zulässigkeit von Maßnahmen, welche zwar die Erwerbsarbeit für Frauen erleichtern, aber das traditionelle Rollenbild unterstützen, wie Kinderbetreuungseinrichtungen nur für die Kinder weiblicher ArbN. Der EuGH hatte in einem konkreten Fall keine Bedenken gegen die Geeignetheit, sondern erst gegen die Angemessenheit (19.3.2002, C-476/99-Lommers). Ambivalent erscheinen Vorrangregeln, welche das Rollenmodell verändern wollen. In manchen Berufen sind überwiegend Frauen tätig, zB bei Volksschullehrerinnen. Die Begründung einer Vorrangregel mit dem Argument, die derzeitige Zusammensetzung der an Volksschulen Lehrenden sei aus gesellschaftlichen Gründen – den Kindern fehlen männliche Bezugspersonen in der Schule – ungünstig, wäre aber wohl kaum mit Art 141 vereinbar, weil diese Erwägungen kein nach Art 141 Abs 4 legitimes Ziel betreffen. Eine Benachteiligung von Männern beim Zugang zum Beruf der Volksschullehrer ist nicht erkennbar – sie wählen ihn einfach kaum. Fraglich ist aber, ob man eine Vorrangregel mit dem Argument rechtfertigen kann, man möchte den Beruf für Männer attraktiver machen. 17 Dritte Voraussetzung ist die Angemessenheit der Maßnahme (EuGH 6.7.2000, C-407/98-Abrahamsson Rn 56; 19.3.2002, C476/99-Lommers Rn 39 ff; Calliess/Ruffert/Krebber, EUV/EGV, Art 141 Rn 83). Abzuwägen ist hier zwischen dem (öffentlichen) Interesse an der Gleichstellung und den individuellen Interessen der Benachteiligten (Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 204 2111 ff). Nicht verhältnismäßig ist es, wenn der ArbG subventionierte Kinderbetreuungsplätze nur Müttern unter den ArbN zur Verfügung stellt; die Vorrangregel wäre jedoch verhältnismäßig, falls auch allein erziehende Väter Zugang zu den Plätzen haben (EuGH E Lommers 46 f). Die damit verbundene Benachteiligung der Frauen von anderen Vätern spielt für den EuGH keine Rolle, weil es beim Diskriminierungsverbot nur auf das Verhältnis der ArbN zu ihrem ArbG ankommt. Nicht verhältnismäßig war auch eine Vorrangregel bei ungleicher Qualifikation, welche die zulässige Differenz offen ließ (E Abrahamsson). Von diesen wenigen Hinweisen abgesehen hat es der EuGH bisher verabsäumt, die Strenge des Verhältnismäßigkeitstests genauer zu umreißen. 18 Besonders kontrovers wurden (schon zu Art 2 Abs 4 RL 76/207) Vorrangregeln bei Beförderung und Einstellung diskutiert. Darum ging es in bislang vier E: EuGH 17.10.1995, C-450/93-Kalanke; 340
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11.11.1997, C-409/95-Marschall; 28.3.2000, C-158/97-Badeck; 6.7.2000, C-407/98-Abrahamsson. Die E Kalanke, Marschall und Badeck betreffen Regeln für die Beförderung im deutschen öffentlichen Dienst, die bei Unterrepräsentation der Frauen in einer bestimmten Verwendung einen Vorrang einer Bewerberin normierten, allerdings nur bei gleicher Qualifikation. Die Regelung der E Kalanke sah den Vorrang ohne Ausnahme und damit automatisch vor, während jene der E Marschall eine Öffnungsklausel und damit eine Einzelfallprüfung vorsah, um besondere Gründe, die für den männlichen Bewerber sprechen, berücksichtigen zu können. Kritiker sagen, dass auch Vorrangregeln mit Öffnungsklausel nicht nur Chancengleichheit, sondern Ergebnisgleichheit anstreben. Befürworter sagen, die Öffnungsklausel enthalte gar keine gezielte Bevorzugung von Frauen, weil sie nur die ansonsten eintretende Benachteiligung ausschalte (Ellis, CMLR 35, 406). Der EuGH sah im automatischen Vorrang der Frau eine Verletzung des Art 2 GleichbRL. Der Grundsatz der Gleichbehandlung begründe ein individuelles Recht, auch des Mannes, und nicht nur die Garantie einer Gruppengleichheit. Abs 2 Abs 4 RL erlaube nur eine Förderung der Chancengleichheit, während die (absolute) Vorrangregel bereits das Ergebnis vorherbestimmt (EuGH E Kalanke Rn 15). Dieses Ergebnis rief bei vielen Entrüstung hervor (zB Colneric, BB 1996, 265 ff; Moore, 21 ELRev (1996) 156; vgl Eichinger, EAS B 4200 Rn 92 ff mwN). Kommission und Rat planten eine Änderung der RL, wenngleich auch nach Auffassung der Kommission eine Reihe von Fördermaßnahmen vom Urteil Kalanke nicht beeinträchtigt waren (KOM (96) 88). In der E Marschall hielt der EuGH dann die Vorrangregel für 19 zulässig, wenn und weil sie nicht zu einem automatischen und absoluten Vorrang der Bewerberin führt, sondern eine individuelle Prüfung gewährleistet, bei der alle die Personen der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden, und der Vorrang entfällt, wenn Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen (EuGH E Marschall Rn 31-33). Davon abgesehen wird eine Vorrangregel nun grds gebilligt, weil die Tatsache, dass zwei Personen gleich qualifiziert sind, nicht bedeutet, dass sie gleiche Chancen haben. Vielmehr bestehe eine Tendenz zur Bevorzugung männlicher Bewerber, und dem dürfe die Vorrangregel entgegenwirken. Der EuGH hat hier und in den weiteren Entscheidungen die Gegenüberstellung von Chancen- und Ergebnisgleichheit (der E Ka341
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lanke) nicht mehr ausdrücklich aufgegriffen und damit nach Ansicht vieler in den Hintergrund treten lassen (zB Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 205 mwN). Die E Marschall billigt es jedenfalls, wenn das weibliche Geschlecht bei gleicher Qualifikation das traditionelle Kriterium des Dienstalters verdrängt. Auch die E Badeck lässt eine Vorrangregel bei gleicher Qualifikation zu, sofern gewährleistet ist, dass die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der die besondere persönliche Lage aller Bewerberinnen und Bewerber berücksichtigt wird (E Rn 38). Die E betreffen die Konstellation der gleichen Eignung und betonen dafür (damit) letztlich den Vorrang der Beurteilung der Individuen vor einer stark gruppenbezogenen Betrachtung. Zu einer zulässigen Vorrangregel vgl BAG 21.1.2003 – 9 AZR 307/02 = NZA 2003, 1036. 20 Die E Abrahamsson betraf eine schwedische Vorrangregel im Hochschulbereich auch bei ungleicher Qualifikation: Waren Frauen unterrepräsentiert, dann war eine weibliche Bewerberin vorzuziehen, außer der Unterschied in den Qualifikationen war so groß, dass sich daraus ein Verstoß gegen das Erfordernis der Sachgerechtigkeit ergeben würde. Der EuGH sah darin keine wirkliche Einschränkung der Auswahl allein nach dem Geschlecht; es fehlte daher eine objektive Beurteilung der Bewerbungen, sodass die Regel der GleichbRL widerspricht. Der EuGH prüft dann noch gesondert eine Rechtfertigung durch Art 141 Abs 4, lehnt dies aber mit einem Halbsatz ab, weil der Auswahlmodus (also unabhängig von der Qualifikation) jedenfalls unverhältnismäßig sei. Die Vorrangregel war daher unzulässig (E Abrahamsson Rn 53–56). 21 Die bisherigen Entscheidungen ergingen primär zur RL 76/207, wenn auch Art 141 Abs 4 schon länger in Sicht war. Allein die E Abrahamsson nimmt auf Art 141 Bezug. Es ist fraglich, ob Art 141 Abs 4 Vorrang- und Quotenregeln in weiterem Umfang zulässt als diese nach der E Marschall zulässig sind. Zum Teil wird vertreten, dass dies der Fall sein könnte (so wohl Calliess/Ruffert/Krebber, EUV/EGV, Art 141 Rn 82; Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 198 mwN: Art 141 Abs 4 habe die Möglichkeiten für positive Maßnahmen erweitert; Fredman, Discrimination Law 143: „somewhat wider provisions“). ME ist dies jedoch nicht der Fall, wenn man von der Judikatur ausgeht. Der EuGH hat nämlich schon in den E seit Marschall den Text des Art 141 aus dem Amsterdamer Vertrag 342
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vor Augen gehabt und auch berücksichtigt (ebenso Grabitz/Hilf/ Langenfeld EGV Art 141 Rn 107). Durch den Wechsel des normativen Bezugspunktes wird sich daher wohl nicht viel ändern. Noch kaum geklärt ist die für die Praxis zentrale Frage, wann glei- 22 che Qualifikation vorliegt und welche Kriterien hier heranzuziehen sind. Lässt der ArbG bestimmte Kriterien bei der Beurteilung der Eignung außer Betracht, um Frauen zu bevorzugen, so ist dies zulässig, wenn es sich um ein Kriterium handelt, das Frauen typischerweise (also mittelbar) benachteiligt, wie etwa Dienstzeit und Dauer der Erfahrung, Beschäftigungsausmaß oder Flexibilität, jedenfalls wenn auch jene Umstände, die typischerweise zur Benachteiligung führen (insb Kinder), auch bei der konkret begünstigten Frau vorliegen. Fraglich ist mE hingegen, ob die Kriterien auch dann zur gezielten Begünstigung vernachlässigt werden dürfen, wenn die Ursachen für die typischen Nachteile bei der konkreten Frau nicht vorliegen. Es geht dann wieder um die Grundfrage der mehr individualistischen oder mehr gruppenbezogenen Sicht (Rn 6 f). Nach Wiedemann ist die Bevorzugung aus den genannten Gründen ohne Einschränkung zulässig, wenn und weil es sich um Merkmale handelt, die nicht direkt leistungsbezogen sind (Gleichbehandlungsgebote 44). Ebenfalls kaum geklärt ist, welche Kriterien der ArbG bei der erforderlichen Entscheidung zwischen – vorausgesetzt – gleich Qualifizierten heranziehen darf (Fredman, Discrimination Law 143; vgl auch Eichinger EAS B 4200 Rn 110). Zum Teil wird vertreten, dass alle Kriterien unzulässig sind, welche zu einer mittelbaren Diskriminierung führen könnten. Was andere Maßnahmen betrifft, so hat der EuGH eine Bevor- 23 zugung der Frauen bei Kindergartenplätzen des ArbG gebilligt, allerdings nicht ohne weiteres (Rn 15; EuGH 19.3.2002, C-476/99Lommers; dazu Thüsing, DB 2002, 1452). Es spricht laut EuGH auch nicht gegen die Zulässigkeit der Maßnahme, wenn sie das traditionelle Rollenbild der Frau als erziehender Elternteil verfestigt (E Lommers Rn 41-43). Diese Begründung ist allerdings zweifelhaft, gerade wenn man den Zweck des Gleichbehandlungsrechts auch darin sieht, solche gesellschaftlich verfestigten Rollenbilder aufzulösen (kritisch daher auch Hervey, EC Law bei FN 153). Die strenge Prüfung der Zulässigkeit in der E Lommers deutet darauf hin, dass auch bloße Fördermaßnahmen im Vorfeld von Einstellung und Beförderung nicht notwendig zulässig und unproble343
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matisch sind, nur weil sie weniger intensiv wirken. Auch solche Maßnahmen, wie zB zusätzlicher Bildungsurlaub, müssen daher den genannten Kriterien des Art 141 Abs 4 genügen. Insb ist erforderlich, dass die Angehörigen des zu fördernden Geschlechtes in der Belegschaft deutlich unterrepräsentiert sind. Das Gesagte gilt auch für die Bevorzugung von Müttern bei der Verteilung von Kindergartenplätzen oder bei der Einteilung der Arbeitszeit, für Maßnahmen in Frauenförderplänen oder für staatliche Beihilfen zur Einstellung von Frauen. 24 Auch der Wunsch des oder der ArbG nach einer in Bezug auf das Geschlecht ausgeglichenen Personalstruktur allein kann spezifische Maßnahmen zugunsten des unterrepräsentierten Geschlechtes kaum rechtfertigen. Denn solche Maßnahmen sind ja nur zulässig, um die Berufstätigkeit zu erleichtern oder Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn auszugleichen. Die Personalstruktur selbst hat damit keinen Zusammenhang. Nur wenn die Angehörigen des unterrepräsentierten Geschlechtes geschlechtsspezifische Schwierigkeiten haben, einen (bestimmten) Beruf auszuüben oder bei diesem ArbG zu arbeiten, könnten Maßnahmen zulässig sein. Zu erwägen ist aber eine Subsumtion unter Art 141 Abs 4, falls schon der geringe Frauenanteil in einem bestimmten Beruf (Betrieb) andere Frauen von der Bewerbung abhält. Fraglich ist, ob ein niedrigeres Pensionsalter unter Abs 4 fällt. Dis ist eher abzulehnen, weil diese Maßnahme erst nach der Erwerbstätigkeit einsetzt und daher kaum geeignet ist, einem der drei zulässigen Ziele (Rn 14) zu dienen (treffend Epiney/Freiermuth Abt, Gleichstellung 204). Entscheidet man anders, dann dürften solche Maßnahmen auch nur zulässig sein, wenn das Herabsetzen aus besonderen Gründen (zB lange Doppelbelastung mit Familie und Arbeit) erfolgt, und nicht allein wegen des weiblichen Geschlechts. Unzulässig ist die Ausnahme von einer Altersgrenze für Einstellungen nur für Witwen, die auf Erwerbsarbeit angewiesen sind, und nicht für Witwer in gleicher Lage (EuGH 30.9.2004, C-319/03-Briheche). 25 Der einzelne ArbG darf daher schon aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht ein Frauenförderungsprogramm nur durchführen, wenn es den eben genannten Anforderungen genügt. Geht man überdies davon aus, dass § 8 derzeit nicht ausreicht, um § 3 zu überwinden (Rn 12), dann darf der ArbG derzeit kein Frauenförderungsprogramm durchführen, welches die Grenzen des § 3 übersteigt (ähn344
Geschlechtsneutrale Stellenausschreibung
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lich zum deutschen Recht Müko/Müller-Glöge § 611a Rn 22). Eine andere Beurteilung könnte sich nur ergeben, wenn bei dem betreffenden ArbG eine bestimmte Diskriminierung noch vorliegt und die spezifische Maßnahme eine geeignete Maßnahme ist, diese Diskriminierung (rasch) zu beseitigen. In diesem Fall kann man sagen, die Maßnahme falle nicht unter § 8, sondern sei eine Maßnahme um § 3 zu entsprechen; vgl aber Rn 2. Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung § 9. Der/die Arbeitgeber/in oder private/r Arbeitsvermittler/ in gemäß den §§ 4 ff des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. 1969/31, oder eine mit der Arbeitsvermittlung betraute juristische Person öffentlichen Rechts darf einen Arbeitsplatz weder öffentlich noch innerhalb des Betriebes (Unternehmens) nur für Männer oder nur für Frauen ausschreiben oder durch Dritte ausschreiben lassen, es sei denn, ein bestimmtes Geschlecht ist unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung der vorgesehenen Tätigkeit. Die Ausschreibung darf auch keine zusätzlichen Anmerkungen enthalten, die auf ein bestimmtes Geschlecht schließen lassen. Literatur: Mazal, Geschlechtsneutrale Stellenausschreibung, ecolex 1992, 573; Rauch, ecolex 2000, 441; Smutny/Mayr, GlBG, zu § 2c; Sturm, Gleichbehandlungspflichten, in: Mazal/Risak, Arbeitsrecht (2004). I. II. III. IV. V.
Inhaltsübersicht Zweck und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unverzichtbare Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschlechtsneutrale Ausschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 5 6 12 15
I. Zweck und Anwendungsbereich § 9 begründet keine Pflicht zur Ausschreibung. Auch das Gemein- 1 schaftsrecht enthält bisher keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine Ausschreibung von Arbeitsplätzen oder Stellen aus Gründen der Antidiskriminierung vorzusehen (EuGH 21.5.1985, Rs 248/83Komm/Deutschland Rn 43). Auch der Vorschlag der EU-Kommis345
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sion für eine neue RL (§ 1 Rn 9) sieht derartiges nicht vor. § 9 greift also nur ein, wenn der ArbG selbst beschließt eine Ausschreibung durchzuführen. Das Erfordernis, dass eine Ausschreibung geschlechtsneutral sein müsse, folgt aber – auch ohne § 9 – bereits aus § 3 und der GleichbRL (Rn 2). § 9 regelt darüber hinaus, wann das Geschlecht Auswahlkriterium sein darf – eine Frage, die inhaltlich zu § 3 gehört und daher zu § 3 behandelt wird (vgl § 3 Rn 73 ff). 2 Der Inhalt einer Mitteilung, dass ein/e ArbN gesucht wird, bestimmt in starkem Maße, wer sich dafür interessiert. Schränkt schon die Mitteilung den Kreis der in Betracht kommenden Personen – ausdrücklich, schlüssig oder nur unterschwellig – auf Angehörige eines Geschlechtes ein, so werden Angehörige des anderen Geschlechtes sich in deutlich geringerem Ausmaß für den Arbeitsplatz interessieren. Die Gestaltung der Ausschreibung hat starken Einfluss auf den Kreis der Personen, die sich bewerben. Und der ArbG wird es auch bei nicht ausdrücklicher Beschränkung leichter haben, diese durchzuhalten und durchzusetzen. Der europäische Gesetzgeber hat kein ausdrückliches Gebot geschlechtsneutraler Stellenausschreibung erlassen, auch nicht in der GleichbRL. Allerdings verbietet Art 1 dieser RL jede Diskriminierung auch beim „Zugang zur Beschäftigung“, und dazu zählen jedenfalls jene Vorbereitungshandlungen des ArbG, die nach außen wirken, insb solche die sich an potentiell interessierte Personen richten. Das Erfordernis, dass eine Ausschreibung geschlechtsneutral sein müsse, folgt daher – auch ohne § 9 – bereits aus § 3 und der GleichbRL, weil eine geschlechtsbezogene Ausschreibung idR eine Diskriminierung bei der Einstellung darstellt bzw vorbereitet und einen Teil der potentiell in Frage kommenden Bewerber von vornherein abschreckt (in diese Richtung schon EuGH 21.5.1985, Rs 248/ 83-Komm/Deutschland; wohl unzutreffend MüKo/Müller-Glöge § 611b Rn 2). Der österr Gesetzgeber hat das Gebot erstmals 1985 in das GlBG aufgenommen. Er hielt es sowohl im Hinblick auf eine ausgewogene Personalstruktur wie auf die faire Behandlung der Arbeitsuchenden für notwendig, schon die Mitteilungen über einen freien Arbeitsplatz dem Diskriminierungsverbot zu unterstellen, soweit die Mitteilung eine „Ausschreibung“ ist. Während die Betonung, dass eine Bezeichnung beide Geschlechter erfasst, im Gesetzestext (zB in § 9) unbeholfen und in Zeitschriften lächerlich wirkt, ist sie bei Ausschreibungen wesentlich und sinnvoll, weil es hier um die Vorbereitung von Personalentscheidungen geht. 346
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§ 9 gilt primär für den ArbG und die ihm zuzurechnenden Perso- 3 nen. Aus der Sicht des § 3 sind dem ArbG auch Personalberater oder Headhunter zuzurechnen, die im Auftrag des Unternehmens Personal suchen (§ 3 Rn 18; vgl auch BAG 5.2.2004 – 8 AZR 112/03 = NZA 2004, 540). Die Tatsache einer nicht geschlechtsneutralen Ausschreibung durch einen Arbeitsvermittler kann dem ArbG daher in Bezug auf die §§ 3 und 12 unabhängig von der Nennung der Arbeitsvermittler in § 9 zugerechnet werden. § 9 bezieht neben dem ArbG auch Arbeitsvermittler in den Gel- 4 tungsbereich ein. Diese Dritten sind vom Verbot des § 3 selbst nicht erfasst, der Gesetzgeber will sie aber zu neutraler Ausschreibung verpflichten, auch um dem ArbG ein Umgehen des ihn treffenden Verbots zu erschweren. Die Arbeitsvermittler waren in § 2c des alten GlBG noch nicht erwähnt, wohl aber durch die Strafbestimmung des § 10d GlBG dem Verbot des § 2c inhaltlich unterstellt. § 9 erfasst zum einen mit der Arbeitsvermittlung betraute juristische Personen öffentlichen Rechts. Darunter fällt jedenfalls das Arbeitsmarktservice (vgl § 1 Abs 1 AMSG). § 9 soll zum anderen private Arbeitsvermittler erfassen (anders das deutsche Recht). Der Verweis auf die §§ 4 ff AMFG bezieht sich auf die Neufassung des AMFG durch die Novelle BGBl I 2002/68. Die §§ 4 ff AMFG regeln allerdings nur, wer Arbeitsvermittlung betreiben darf und wie dies zu geschehen hat. Die allg Umschreibung von Arbeitsvermittlung findet sich in § 2 AMFG. Daher ist fraglich, ob § 9 auch für jene gilt, die Arbeitsvermittlung iSd § 2 AMFG zwar betreiben, aber unerlaubt (insb gewerblich, aber ohne Gewerbeschein). Dieselbe Frage stellte sich schon zum alten GlBG, und war in der Judikatur der UVS umstritten. § 10d des alten GlBG hat nur auf die §§ 17 ff alt AMFG verwiesen, während sich die allg Umschreibung schon in § 9 alt AMFG befand. ME sprach und spricht viel dafür, dass sich der Verweis schon nach dem Wortlaut (die Frage einer Analogie stellte sich überhaupt nicht) auf die Tätigkeit und nicht auf die Ausübungsbefugnis dazu bezog und bezieht. Sonst käme man ja zu dem unsinnigen Ergebnis, dass der schon bei der Grundtätigkeit rechtswidrig Handelnde dafür bei rechtswidrigen Ausschreibungen noch belohnt würde. Auch die Diskriminierungswirkung ist in beiden Fällen gleich hoch und gerade sie soll ja hintangehalten werden; aus der Sicht des potentiellen Bewerbers macht es keinen Unterschied, ob der Arbeitsvermittler eine Ausübungsbefugnis besitzt. Und für den Betroffenen ist die Bestrafung nach dem 347
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GlBG auch nicht weniger vorhersehbar als jene nach dem AMFG. Auch die EBzRV enthalten keinen Hinweis, dass das Gebot für unbefugte Vermittler nicht gelten sollte. Unter § 9 und § 10 Abs 1 fallen daher alle natürlichen oder juristischen Personen, welche die in § 2 AMFG umschriebene Tätigkeit tatsächlich ausüben. II. Unverzichtbare Voraussetzung 5 § 9 erlaubt die Beschränkung der Ausschreibung auf Angehörige eines bestimmten Geschlechtes, wenn dieses Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die betreffende Tätigkeit ist. Es handelt sich dabei um eine Ausnahme vom Verbot der (unmittelbaren) Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes. Die Erörterung erfolgt daher bei § 3 (dort Rn 73 ff). § 9 macht von der Ermächtigung des Art 2 Abs 6 GleichbRL Gebrauch, allerdings nur partiell. Nach dem Wortlaut des § 9 darf der ArbG sich nämlich nur dann darauf berufen, dass ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung ist, falls er eine Ausschreibung vornimmt, nicht aber bei Besetzungen ohne Ausschreibung und etwa bei Kündigungen (§ 5 Rn 15). Darüber hinaus darf § 9 auch im Fall von Ausschreibungen derzeit nicht angewendet werden, weil das GlBG die Anforderungen der GleichbRL nicht erfüllt (§ 3 Rn 74). III. Ausschreibung 6 § 9 gilt für die Ausschreibung eines Arbeitsplatzes. Arbeitsplatz erfasst in bestimmter Weise organisierte Tätigkeiten, allerdings nicht nur von ArbN, sondern auch von Personen, die aufgrund eines der in § 1 Abs 2 genannten Verträge tätig sind. Die Auslegung von „Arbeitsplatz“ wird sich nicht an jener zu § 101 ArbVG orientieren können, weil Rahmenbedingungen und Zwecke zu unterschiedlich sind. Geht man davon aus, dass der ArbG bei keiner Auswahlentscheidung, welche den Zugang zum Beruf oder den Aufstieg betrifft, diskriminieren darf (vgl Rn 2 sowie § 3 Rn 60, 136 ff), dann wird jede Ausschreibung einer Stelle, einer Position oder eines Arbeitsplatzes unter § 9 fallen. Jedenfalls ist unter Arbeitsplatz aber jedes neu zu begründende Arbeitsverhältnis zu verstehen. Darüber hinaus wird man aber auch verfestigte Positionen im Unternehmen, die mit bestimmten Aufgaben oder Karrierechancen verbunden sind, darunter subsumieren. § 9 will ja auch unternehmensinterne Auswahlentscheidungen erfassen. Auch bloß vorübergehende Betrauungen mit anderen Aufgaben können unter § 9 fallen, falls es sich um deutlich abgegrenzte Aufgaben handelt. 348
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Eine Ausschreibung enthält primär die Information, dass ein be- 7 stimmter Arbeitsplatz zu besetzen ist, uU auch noch nähere Informationen über den Arbeitsplatz und die gewünschten Eigenschaften, sowie ferner die Einladung, sich für den Arbeitsplatz zu bewerben (zu eng Smutny/Mayr, 367 und Sturm Rn 192, die von Aufforderung zum Stellen einer Offerte sprechen, weil darunter eigentlich nur ein verbindliches Angebot zu verstehen wäre; treffend Mazal, ecolex 1992, 574). Mittelbar enthält die Ausschreibung häufig die Ankündigung, einen Arbeitsvertrag (oder einen der in § 1 Abs 2 genannten Verträge) abzuschließen. Erfasst ist allerdings nicht nur der Abschluss eines Arbeitsvertrags (so Smutny/Mayr, 367), sondern auch dessen Änderung für den Fall, dass bereits ein Arbeitsvertrag besteht. Ausschreibung meint jedenfalls eine schriftliche Mitteilung, die an 8 einen nicht von vornherein bestimmten Kreis von Personen gerichtet ist. § 9 bezieht ausdrücklich neben externen auch interne Ausschreibungen ein, also jene, die nur an Personen gerichtet sind, welche bereits im Unternehmen arbeiten (zum Begriff der Ausschreibung vgl auch das Gutachten der GBK vom 28.4.2000). Nach Mazal erfasste die – insoweit parallele – Vorgängerbestimmung nur Bekanntmachungen, welche an einen größeren Personenkreis gerichtet und überdies „manifest“ waren, wobei die zweite Voraussetzung dann erfüllt sein soll, wenn Interessenten sich auf die Bekanntmachung berufen können, was bei Gesprächen nicht der Fall sei (Mazal, ecolex 1992, 573). ME schöpft dies den Inhalt des jetzigen § 9 nicht aus. „Schriftlich“ ist weit zu verstehen. § 9 gilt jedenfalls für jede ein- 9 schlägige Mitteilung, welche durch nicht-mündliche Kommunikationsmittel verbreitet werden, wie Inserate in Zeitungen oder Teletext, im Internet (insb auf der Homepage) oder Intranet, durch Tafeln neben der Straße, auf Anschlagtafeln im Betrieb, sowie – nach Maßgabe des Folgenden – auch Briefe, E-Mails und Telefaxe. Nach dem Gesetzeszweck müssen aber auch nicht-schriftliche Mitteilungen erfasst sein, welche durch das Radio oder mit Lautsprecher (zB im Einkaufspark) verlautbart werden, schon weil sie an einen unbestimmten Adressatenkreis gerichtet sind (für ein Einbeziehen aller, auch mündlicher Bekanntmachungen an einen größeren Personenkreis Sturm Rn 192). Fraglich ist, wo die Grenze zu ziehen ist, wenn der ArbG gezielt nur gewisse Personen ansprechen 349
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will und/oder nur persönliche Kontakte (Einzelbriefe, mündliche Gespräche) zur Suche einsetzt. Das Diskriminierungsverbot und § 9 wollen den ArbG nicht verpflichten, jeden Arbeitsplatz „auszuschreiben“, sondern nur eine Diskriminierung im Fall einer Ausschreibung verbieten. Der ArbG kann also auch weiterhin gezielt nicht nur eine, sondern auch mehrere (aA Smutny/Mayr, 369) individuell bestimmte Personen ansprechen, um sie zu informieren und zu interessieren. 10 Das Abgrenzungskriterium wird bei der externen Suche der Informationsstand des Suchenden sein: Kennt er die angesprochenen Personen schon gut, spricht er sie also als bekannte Individuen an, dann liegt keine Ausschreibung vor. Sendet er hingegen Briefe an Personen, die er nicht gut kennt (deren Namen er etwa aus einem Verzeichnis herausgesucht oder von einem Datenvermittler bekommen hat), dann liegt eine Ausschreibung vor, auch wenn die Briefe „persönlich“ formuliert sind (ebenso Mazal, ecolex 1992, 573). Das entscheidende Kriterium muss bei der externen Ausschreibung also sein, ob sich die Mitteilung an Personen wendet, die für den ArbG (oder dessen verantwortlichen Mitarbeiter) noch nicht als Individuen erkennbar sind; er hat noch keine umfassende Vorstellungen, ob sie für den Arbeitsplatz ernsthaft in Frage kommen. In diesem Sinn kann man sagen, Ausschreibung liegt nur vor, wenn die Mitteilung „Publizität“ erlangt (Mazal, ecolex 1992, 573; Smutny/Mayr 367). Nach diesem Kriterium scheiden bei externer Suche mündliche Mitteilungen (außer durch Radio und Lautsprecher) weitgehend aus dem Anwendungsbereich des § 9 aus. Anders könnte es aber sein, wenn mehrere Personen, die noch nicht individuell bekannt sind, mündlich (insb durch Telefonanruf) angesprochen werden oder durch eine gezielte mündliche Informationskette informiert werden sollen. Die geplante Aktion tritt hier an die Stelle eines Einheitsbriefes. Auch dies sollte unter § 9 fallen (aA Mazal aaO). 11 Auch bei einer internen Besetzung ist der ArbG nicht verpflichtet, einen freien Arbeitsplatz auszuschreiben. Er kann ihn vielmehr ohne Ausschreibung mit einer Person seiner Wahl besetzen, ohne gegen § 9 zu verstoßen; auch für diese Besetzung gilt aber § 3, insb Z 5. Allerdings wird bei der internen Ausschreibung die Grenze für das Eingreifen des § 9 wohl niedriger anzusetzen sein, weil der ArbG die potentiellen Adressaten der Mitteilung ja schon weit bes350
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ser kennt (oder kennen kann) als bei einer externen Ausschreibung. Eine Ausschreibung wird hier schon vorliegen, wenn der ArbG mehr als eine Person, die für den freien Arbeitsplatz in Betracht kommen kann, vom freien Arbeitsplatz mit der Aufforderung informiert (oder informieren lässt), sich dafür zu interessieren. Bei der internen Suche werden auch mündliche Informationen ausreichen, weil sonst – va bei höheren Stellen – das Gebot, eine faire Chance zu gewähren, unterlaufen werden kann. Die im Vergleich zur externen Ausschreibung größere Bindung des ArbG kann damit gerechtfertigt werden, dass der ArbG seinen ArbN ja auch aus dem Arbeitsvertrag zur Interessenwahrung verpflichtet ist, und dies – allerdings nur hier – den Inhalt des Diskriminierungsverbotes im Vergleich zu externen Ausschreibungen verstärken kann. IV. Geschlechtsneutrale Ausschreibung § 9 verbietet jedenfalls eine Ausschreibung, die sich ausdrücklich 12 nur an Frauen oder nur an Männer wendet – außer die Beschränkung ist gerechtfertigt (dazu § 3 Rn 73 ff). Es kommt dabei sowohl auf den Blickpunkt der Ausschreibung (Headline) wie auf den sonstigen Inhalt an. Die Berufsbezeichnung muss daher sowohl in weiblicher wie in männlicher Form angeführt sein (in anderem Zusammenhang wirkt das Nebeneinander oft bemüht und manchmal lächerlich, bei Ausschreibungen aber ist es sinnvoll). Es genügt nicht, dass das Anforderungsprofil geschlechtsneutral abgefasst ist, wenn die auf die Person bezogenen Bezeichnungen nur auf ein Geschlecht zugeschnitten sind (VwGH 30.6.1998, 96/08/0375). Es muss also lauten: Sachbearbeiter oder Sachbearbeiterin, Koch oder Köchin; als zulässig wird auch die Abkürzung mit Schrägstrich angesehen, also Sachbearbeiter/in. Das Voranstellen von „ein/eine“ vor eine geschlechtsbezogene Bezeichnung ist nicht neutral, weil schon der flüchtige Beobachter die Absicht merkt. Die Verwendung einer englischen Bezeichnung reicht nicht, wenn sie nach dem hiesigen Sprachverständnis nur auf ein Geschlecht hindeutet (zB Salesmanager; vgl VwGH 30.6.1998, 96/08/0375), auch wenn im englischen Sprachgebiet diese Textfassung als geschlechtsneutral verstanden wird; es kommt auf den Horizont der angesprochenen Personen an. Die Verwendung einer geschlechtsbezogenen Bezeichnung wird nicht dadurch neutralisiert und zulässig, dass mit der Bezeichnung immer beide Geschlechter gemeint sind (aA VwGH 30.6.1998, 96/08/0375; wie hier Smutny/Mayr, und die GBK in ihrem Gutachten), weil dies bei einer Ausschreibung den 351
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Gesamteindruck nicht ändert. Eine Ausschreibung hat offenkundig einen anderen kommunikativen Zweck als ein Gesetz, daher gelten für sie auch andere Kommunikationsregeln. Neben dem Blickfang der Ausschreibung (Überschrift oder sonst Hervorgehobenes) hat auch der übrige Text geschlechtsneutral formuliert zu sein, darf also zB nicht durchgehend von „Mitarbeiter“ sprechen. Eine abwechselnde Verwendung der männlichen oder weiblichen Form scheint hingegen zulässig (um die „n/in“-Formulierung zu vermeiden). Der gesamte Text der Ausschreibung muss also zur – geschlechtsneutral formulierten – zentralen Aussage passen. Werden mehrere Ausschreibungen in einer Anzeige zusammengefasst, so gelten die Anforderungen für jede Einzelne. 13 Nach § 9 letzter Satz darf die Ausschreibung auch keine zusätzlichen Anmerkungen enthalten, die auf ein bestimmtes Geschlecht schließen lassen. Dies bestärkt das eben Gesagte. Unzulässig sind danach Hinweise, welche die Adressierung der Ausschreibung an Frauen wie Männer in schlüssiger oder subtiler Weise wieder zurücknehmen. Unzulässig ist danach etwa: „Erforderlich ist der abgeleistete Präsenzdienst“, außer das Erfordernis wird ausdrücklich auf Männer eingeschränkt. Zulässig sind hingegen – wahrheitsgemäße – Hinweise auf Anforderungen des Arbeitsplatzes, wie etwa Mobilität oder zeitliche Flexibilität, auch wenn der Anteil der Frauen, welche diese Anforderungen erfüllen können, meist geringer ist als jener der Männer. Das Aufstellen der Anforderung selbst kann allerdings eine Diskriminierung nach § 3 darstellen, insb wenn sie nicht erforderlich ist (§ 3 Rn 85 f). Unzulässig sind auch Hinweise auf einen erwünschten Ehe- oder Familienstand („wir freuen uns besonders über Bewerbungen von Personen mit harmonischem Familienleben“), weil eine Unterscheidung nach dem Ehe- oder Familienstand nach § 3 als Unterscheidung aufgrund des Geschlechtes gilt (§ 3 Rn 72, 41 ff). Zulässig sind aber Hinweise auf Leistungen des ArbG für Kinder (zB Betriebskindergarten). Fraglich sind Hinweise auf die gewünschte Erscheinung. Die GBK hält den Wunsch nach „adrettem Äußeren“ für unzulässig, äußerte sich aber nicht zu zB „gepflegtem Äußeren“. ME sind Zusätze, die sich auf das Äußere beziehen, zulässig, wenn sie von jeder Person, die sich bewirbt, potentiell erfüllt werden können; sie benachteiligen daher nach keinem der im GlBG missbilligten Merkmalen spezifisch. Es wird daher auch nicht auf die Art der Tätigkeit ankommen. 352
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Das Gebot zur geschlechtsneutralen Ausschreibung gilt nicht, falls 14 ein bestimmtes Geschlecht „unverzichtbare Voraussetzung“ für die Ausübung der Tätigkeit ist. Die Ausschreibung sollte darauf ausdrücklich hinweisen! Da es um die Rechtfertigung einer Diskriminierung geht, wird die Frage zu § 3 kommentiert (Rn 73 ff). Die Formulierung der Rechtfertigung in § 9 weicht erstaunlicherweise sowohl von der neu gefassten GleichbRL wie von § 20 Abs 1 ab. V. Zu den Rechtsfolgen Primäre Rechtsfolge einer Verletzung des § 9 ist die Möglichkeit, 15 bei schuldhafter Verletzung eine Verwaltungsstrafe nach § 10 Abs 1 oder 2 zu verhängen. Darüber hinaus ist die Verletzung auch privatrechtlich relevant, uzw im Rahmen der §§ 3 und 12. Eine Verletzung des § 9 allein begründet aber noch keine Diskriminierung nach § 3 bei der Einstellung oder Beförderung (OGH 12.1.2000, 9 Ob A 318/99a). Sie stellt idR (wenn nicht stets) ein Indiz für die Diskriminierung durch den ArbG dar, und kann häufig schon für sich allein den Diskriminierungstatbestand glaubhaft machen (MüKo/Müller-Glöge § 611b Rn 7; BVerfG NZA 1994, 745; vgl auch OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/98h). Und eine Verletzung des § 9 erschwert dem ArbG die Entkräftung, selbst wenn man § 12 Abs 12 wörtlich nimmt, weil eine nicht neutrale Ausschreibung annehmen lässt, dass der ArbG Angehörige eines Geschlechtes bevorzugen wollte. Hat er trotz der Ausschreibung auch Angehörige des anderen Geschlechtes zur Vorstellung eingeladen, die sich unerschrocken dennoch beworben haben, so reicht dies nicht aus, um den Anschein der Diskriminierung zu entkräften, weil die nicht neutrale Ausschreibung die besser Geeigneten des anderen Geschlechtes schon von der Bewerbung abgehalten haben kann. Eine Verletzung des § 9 allein begründet keine Ersatzansprüche 16 gegen den ArbG nach § 12. In § 12 ist § 9 bewusst nicht genannt. Schon aufgrund dieses erkennbaren Willens des Gesetzgebers kann die Verletzung allein auch keine Ersatzansprüche aus culpa in contrahendo begründen. Gegen Ersatzansprüche, etwa wegen entgangenen Verdienstes, spricht überdies entscheidend, dass die nicht neutrale Ausschreibung niemanden hindert, sich trotzdem zu bewerben. Der Schutzzweck der Norm verlangt hier nicht die Sanktionierung durch Schadenersatz. Smutny/Mayr (Kommentar 374) und Sturm (Gleichbehandlung Rn 199) wollen den Ersatzanspruch hingegen wohl bejahen, wenn wegen der Ausschreibung eine Be353
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werbung unterblieben ist; aus der E OGH 12.1.2000, 9 Ob A 318/ 99a folgt dies mE – entgegen Smutny/Mayr und Sturm – aber wohl nicht. Der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens (die Angehörigen des nicht erwähnten Geschlechtes hätten den Posten auch bei korrekter Ausschreibung nicht erhalten) würde hingegen nicht durchdringen, wenn man der hM zum Schadenersatzrecht folgt, welche diesen Einwand bei Verfahrensvorschriften nicht zum Zuge kommen lassen will. 17 Der dritte Arbeitsvermittler haftet dem ArbN idR nicht auf Schadenersatz wegen Diskriminierung, weil das Gesetz ihn in § 12 nicht als Verpflichteten nennt (aA Sturm Rn 106). Er wird aber den Interessenten bei Diskriminierung – etwa im Inserat oder beim Gespräch – wohl zur Nennung des Auftraggebers und wenn er dies nicht tut, zum Schadenersatz wegen Verletzung eines Schutzgesetzes verpflichtet sein; vgl auch § 3 Rn 16. Strafbestimmungen § 10. (1) Wer als Arbeitsvermittler/in entgegen den Bestimmungen des § 9 einen Arbeitsplatz nur für Männer oder Frauen ausschreibt, ist auf Antrag eines/einer Stellenwerbers/Stellenwerberin, der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder einer Regionalanwältin von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 360 Euro zu bestrafen. (2) Wer als Arbeitgeber/in entgegen den Bestimmungen des § 9 einen Arbeitsplatz nur für Männer oder nur für Frauen ausschreibt, ist auf Antrag eines/einer Stellenwerbers/Stellenwerberin, der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder einer Regionalanwältin beim ersten Verstoß von der Bezirksverwaltungsbehörde zu verwarnen und bei weiteren Verstößen mit Geldstrafe bis 360 Euro zu bestrafen. (3) In einem auf Antrag der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder einer Regionalanwältin eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens wegen Verletzung des § 9 sind die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder die Regionalanwältin Partei. Der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder der Re354
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Strafbestimmungen
gionalanwältin steht das Recht auf Berufung gegen Bescheide und Einspruch gegen Strafverfügungen zu. § 10 ist eine Ergänzung zu § 9, und soll die Einhaltung der Vorschrift 1 absichern, weil eine Verletzung des § 9 für sich allein noch keine Diskriminierung begründet. Zum persönlichen Geltungsbereich der Strafbestimmung, insb im Hinblick auf Arbeitsvermittler, vgl § 9 Rn 4. Beim Arbeitsvermittler werden alle Verletzungen des § 9 mit einer Verwaltungsstrafe bedroht. Ein ArbG ist hingegen beim ersten Mal bloß zu verwarnen. Das widerspricht der GleichbRL, die zwar nicht die Ausschreibung, sehr wohl aber eine wirksame Sanktion gegen eine diskriminierende Ausschreibung verlangt (treffend Sturm Rn 198). Die EB zur RV sagen, die Beschränkung auf eine Verwarnung sei erfolgt, um Härtefälle vor allem bei Kleinunternehmen zu vermeiden; allerdings gilt die Regelung auch für Großunternehmen, und sie stellt nicht darauf ab, ob eine Härte vorliegt. Verwarnung und Strafe dürfen allerdings nur auf Antrag einer der in Abs 1 oder 2 genannten Personen/Organe verhängt werden (Antragsdelikt). Voraussetzung der Strafbarkeit ist nach § 5 Abs 1 VStG Verschul- 2 den. Das Tatbild der beiden Tatbestände des § 10 besteht jedoch in einem bloßen Zuwiderhandeln gegen ein Verbot und damit in einem „Ungehorsamsdelikt“; bei diesen wird gem § 5 Abs 1 VStG (nur) das Verschulden widerleglich vermutet. Die Behörde hat aber auch hier die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nachzuweisen, was jedenfalls bei schriftlichen Ausschreibungen nicht schwierig sein dürfte. Liegen Anhaltspunkte vor, die am Verschulden des Beschuldigten Zweifel lassen, so hat die Behörde auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären (vgl auch Walter/ Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht Rz 745 f). Bemerkenswert ist die Parteistellung eines Organs nach Abs 3; die 3 Anwältinnen haben diese Parteistellung aber nur, wenn sie einen Strafantrag gestellt haben – aber wohl auch, wenn daneben auch eine Stellenbewerberin den Antrag gestellt hat. Die Organparteien können insb auch rechtlich vorgehen und Berufung erheben, falls die Bezirksverwaltungsbehörde eine zu geringe oder keine Strafe verhängt (so auch die EB zur RV, S 12). Sie haben aber nicht das Recht einer Amtsbeschwerde an den VwGH. Das effektivste Mittel, nämlich den Antrag von gesetzestreuen anderen Unternehmern (Mitbewerbern des ArbG), sieht das Gesetz nicht ausdrücklich vor. Allerdings wäre zu erwägen, bei konsequenter Verletzung ar355
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beitsrechtlicher Vorschriften diesen Mitbewerbern die Klage nach § 1 UWG zu eröffnen. Die Möglichkeit dieser Klage bei Rechtsbruch durch Verletzung arbeitsrechtlicher Normen, die für den Kläger wie für den Beklagten gelten, ist soweit zu sehen bisher vom OGH noch nicht klar entschieden worden. Sie sollte aber grds bejaht werden, wenn und weil ein Unternehmer durch häufige Diskriminierung einen Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern erlangen möchte (vgl allg Koppensteiner, Wettbewerbsrecht3 § 33 Rn 90 ff). Problematisch ist dann aber noch immer die Beweislage des Mitbewerbers. Entlohnungskriterien § 11. Betriebliche Einstufungsregelungen und Normen der kollektiven Rechtsgestaltung haben bei der Regelung der Entlohnungskriterien den Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit oder eine Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, zu beachten und dürfen weder Kriterien für die Beurteilung der Arbeit der Frauen einerseits und der Arbeit der Männer andererseits vorschreiben, die zu einer Diskriminierung führen. 1 Der Gesetzesinhalt gehört systematisch eindeutig zur Verbotsnorm des § 3 und dessen Ergänzung in § 5. Anstelle von § 11 hätte der Gesetzgeber besser in § 3 (oder 5) folgenden Absatz eingefügt: Das Verbot der Diskriminierung beim Entgelt gilt sowohl bei gleicher wie bei gleichwertiger Arbeit. Zur Verdeutlichung hätte er noch anfügen können: Dies gilt insbesondere für Normen der kollektiven Rechtsgestaltung und betriebliche Einstufungsregelungen, und hierbei auch für die Kriterien der Entlohnung und der Arbeitsbeurteilung. Die Kommentierung erfolgt daher im Rahmen des § 3, insb bei den Rn 100 ff. Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes § 12. (1) Ist das Arbeitsverhältnis wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 3 Z 1 nicht begründet worden, so ist der/die Arbeitgeber/in gegenüber dem/der Stellenwerber/ in zum Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. Der Ersatzanspruch beträgt 1. mindestens ein Monatsentgelt, wenn der/die Stellenwerber/in bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte, oder 356
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2. bis 500 Euro, wenn der/die Arbeitgeber/in nachweisen kann, dass der einem/einer Stellenwerber/in durch die Diskriminierung entstandene Schaden nur darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner/ihrer Bewerbung verweigert wird. (2) Erhält ein/e Arbeitnehmer/in wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 3 Z 2 durch den/die Arbeitgeber/in für gleiche Arbeit oder für eine Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, ein geringeres Entgelt als ein/e Arbeitnehmer/ in des anderen Geschlechtes, so hat er/sie gegenüber dem/der Arbeitgeber/in Anspruch auf Bezahlung der Differenz und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (3) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 3 Z 3 hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Gewährung der betreffenden Sozialleistung oder Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (4) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 3 Z 4 hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Einbeziehung in die entsprechenden betrieblichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (5) Ist ein/e Arbeitnehmer/in wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 3 Z 5 nicht beruflich aufgestiegen, so ist der/die Arbeitgeber/in gegenüber dem/der Arbeitnehmer/in zum Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. Der Ersatzanspruch beträgt 1. die Entgeltdifferenz für mindestens drei Monate, wenn der/ die Arbeitnehmer/in bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre, oder 2. bis 500 Euro, wenn der/die Arbeitgeber/in nachweisen kann, dass der einem/einer Arbeitnehmer/in durch die Diskriminierung entstandene Schaden nur darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner/ihrer Bewerbung verweigert wird. (6) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 3 Z 6 hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Gewährung der gleichen Arbeitsbedingungen wie ein/e Arbeitnehmer/in des anderen Geschlechtes oder auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (7) Ist das Arbeitsverhältnis vom/von der Arbeitgeber/Arbeitgeberin wegen des Geschlechtes des/der Arbeitnehmers/Ar357
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Kletecˇka
beitnehmerin oder wegen der nicht offenbar unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Gesetz gekündigt oder vorzeitig beendigt worden (§ 3 Z 7), so kann die Kündigung oder Entlassung beim Gericht angefochten werden. (8) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 4 Z 1 hat die betroffene Person Anspruch auf Einbeziehung in die entsprechenden Berufsberatungs-, Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen oder auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (9) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 4 Z 2 hat die betroffene Person Anspruch auf Mitgliedschaft und Mitwirkung in der betroffenen Organisation sowie auf Inanspruchnahme der Leistungen der betreffenden Organisation oder Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (10) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 4 Z 3 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (11) Bei einer sexuellen Belästigung nach § 6 oder einer geschlechtsbezogenen Belästigung nach § 7 hat die betroffene Person gegenüber dem/der Belästiger/in und im Fall des § 6 Abs. 1 Z 2 oder § 7 Abs. 1 Z 2 auch gegenüber dem/der Arbeitgeber/in Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Soweit der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße besteht, hat die betroffene Person zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung Anspruch auf angemessenen, mindestens jedoch auf 400 Euro Schadenersatz, im Falle einer sexuellen Belästigung mindestens auf 720 Euro. (12) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3, 4, 6 oder 7 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt. Bei Berufung auf §§ 6 oder 7 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller 358
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Umstände wahrscheinlich ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Literatur: Prütting, Gegenwartsprobleme der Beweislast (1983); F. Graf, Komm zu OGH 2 Ob 609/87, NZ 1989, 212; Wilhelm, Diskriminierung und Beweislast, ecolex 1993, 217; Kletecˇka, Der Anscheinserfüllungsgehilfe, JBl 1996, 84; F. Bydlinski, Thesen zur lexlata-Grenze der Rechtsfindung, JBl 1997, 617; Koziol, Haftpflichtrecht Band I (1997); Mader in Schwimann Praxiskommentar zum ABGB VII (1997); Raab in Soergel, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (1997) zu § 611a; Gahleitner, Komm zu OGH 9 Ob A 2056/96, DRdA 1997/13; Wilhelm, Komm zu OGH 10 Ob 528/94, ecolex 1997, 151; Treber, Arbeitsrechtliche Neuerungen durch das „Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Arbeitsgerichtsgesetzes“ NZA 1998, 856; Annuß, Grundfragen der Entschädigung bei unzulässiger Geschlechtsdiskriminierung, NZA 1999, 738; Richardi/Annuß in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (1999) zu § 611a; Brodil, Komm zu OGH 8 Ob A 188/ 98z, ZAS 2000/1; Gamillscheg, EzA (Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht) § 611a BGB Nr 15 (2001); Sturm in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht (2002) Kapitel VIII; Hopf/Smutny, Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses – Schadenersatz trotz fehlender „Bestqualifikation“? DRdA 2002, 99; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht Band I (2002); Karner/Koziol, Der Ersatz ideellen Schadens im österreichischen Recht und seine Reform, 15. ÖJT II/1 (2003); Rechberger/Simotta, Grundriss des österreichischen Zivilprozessrechts (2003); Sturm, Richtlinienumsetzung im neuen Gleichbehandlungsgesetz und Gleichbehandlungskommissions-/Gleichbehandlungsanwaltschaftsgesetz, DRdA 2004, 574; Schiek, Gleichbehandlungsrichtlinien der EU – Umsetzung im deutschen Arbeitsrecht, NZA 2004, 873; Kletecˇka in Tomandl/Schrammel, Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote (2005) 93; MüllerGlöge in Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2005) zu § 611a; Weidenkaff in Palandt, Kurzkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2005) zu § 611a; Windisch-Graetz, Probleme der Mehrfachdiskriminierung in der Arbeitswelt, DRdA 2005, 238 ff. Inhaltsübersicht I. Europarechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Primärrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geänderte Gleichbehandlungs-RL . . . . . . . . . . . . . . . 359
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3. Entgelt-RL 75/117/EWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beweislast-RL 97/80/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zentrale Aussagen des EuGH zu den Rechtsfolgen einer Verletzung der Gleichbehandlungs-RL (GleichbRL; 76/207/EWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umsetzung durch das GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurechnung von Gehilfen und Vertretern . . . . . . . . . 3. Diskriminierung bei der Einstellung . . . . . . . . . . . . . a. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Ideelle Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Mindestersatz für den Bewerber, der die Stelle erhalten hätte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Höchstbetrag wegen mangelnder Kausalität für die Ablehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Die ungenannte dritte Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . f. Ernsthafte und geeignete Bewerber . . . . . . . . . . . . g. Verschuldensunabhängigkeit und Fehlen von Rechtfertigungsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Entgangener Gewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gleiches Geld für gleiche Arbeit, freiwillige Sozialleistungen, Aus- und Weiterbildung, sonstige Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Beruflicher Aufstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kündigung und Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Berufsberatung, Weiterbildung, Umschulung, Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer- bzw Arbeitgeber-Organisation . . . . 8. Selbständige Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Sexuelle Belästigung, geschlechtsbezogene Belästigung und Belästigung aus den Gründen des § 17 GlBG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Beweiserleichterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Nichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Konkurrenzen und Mehrfachdiskriminierung . . . . . . 13. Diskriminierungsfreie Ausschreibung . . . . . . . . . . . . .
6 7 9 11 11 13 16 16 20 24 28 34 36 38 41 42 48 49 51 52 53 56 58 59 63
Ansprüche können dann, wenn sie auch auf den Diskriminierungsgrund der Behinderung gestützt werden, gem § 15 Abs 4 idF BGBl I 2005/82 erst nach einem Schlichtungsverfahren geltend gemacht werden; vgl Anhang I. 360
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I. Europarechtliche Vorgaben 1. Primärrechtliche Vorschriften Von den zahlreichen primärrechtlichen Bestimmungen, die von der 1 Gleichbehandlung der Geschlechter handeln (Art 2, 3 Abs 2, 13, 137 und 141 EGV), kommt dem Art 141 Abs 1 EGV (ex Art 119, Art III-214 des Verfassungsentwurfs), der den Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche oder gleichwertige Arbeit aufstellt, besondere Bedeutung zu. Dies deshalb, weil er horizontale Drittwirkung gegenüber privaten Arbeitgebern entfaltet (EuGH 8.4.1976, Rs 43/ 75-Defrenne II Rn 39; 28.9.1994, C-28/93-Van den Akker Rn 21), und zwar auch bei mittelbarer Diskriminierung (EuGH 31.3.1981, Rs 96/80-Jenkins Rn 13 und 18). Es stellt sich daher die Frage, ob ein Arbeitnehmer, der hinsichtlich 2 des Entgelts diskriminiert wird, gestützt auf Art 141 Abs 1 EGV über § 12 Abs 2 GlBG hinausgehende Rechte geltend machen kann. Dies ist im Grundsatz jedenfalls zu bejahen (§ 1 Rn 15). Die praktische Bedeutung dieser Anspruchsnormenkonkurrenz ist allerdings gering, weil § 12 Abs 2 GlBG ohnehin einen Anspruch auf die Differenz und sogar einen Ersatz für den immateriellen Schaden vorsieht. Sie könnte aber zB bei der Frage der Verjährung Auswirkungen zeigen, und zwar dann, wenn der Anspruch nach Art 141 Abs 1 EGV später als jener nach § 12 Abs 2 GlBG verjährt. Dabei ist zu beachten, dass die Gleichbehandlungs-RL, wie zu zeigen sein wird (unten Rn 42 ff), einen Schadenersatzanspruch auch bei Ungleichbehandlung bzgl des Entgelts verlangt und § 12 Abs 2 GlBG einen solchen auch vorsieht. Dieser Anspruch verjährt aber gemäß § 15 Abs 1 GlBG in der Frist des § 1486 ABGB und nicht in jener des § 1489 ABGB. Nach beiden Bestimmungen beträgt die Verjährungsfrist zwar drei Jahre, nach § 1486 ABGB beginnt sie allerdings grundsätzlich mit der Fälligkeit und nicht, wie dies § 1489 ABGB vorsieht, erst mit Kenntnis von Schaden und Schädiger. Eines Rückgriffs auf Art 141 Abs 1 EGV bedarf es allerdings nicht, wenn man der Ansicht ist, dass in Analogie zu § 1489 ABGB auch der Schadenersatzanspruch nach § 12 Abs 2 GlBG iVm § 1486 ABGB erst mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu verjähren beginnt. Diese Analogie erscheint nicht nur auf Grund richtlinienkonformer Rechtsfortbildung (vgl EuGH 1.12.1998, C-326/96-Levez; oben § 3 Rn 34), sondern schon nach nationalem Recht geboten. So wird sie zB bei der Risikohaftung des Arbeitgebers nach § 1014 ABGB analog zu Recht bejaht, weil dieser Anspruch hinsichtlich der Verjäh361
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rung tatsächlich einem Schadenersatzanspruch ähnlich ist (OGH SZ 62/150; Mader in Schwimann2 § 1486 Rz 16). Umso mehr muss § 1489 ABGB aber dann sinngemäß herangezogen werden, wenn es sich tatsächlich um eine Schadenersatzforderung handelt. 3 Art 141 Abs 1 EGV böte auch dann über § 12 Abs 2 GlBG hinausgehende Rechte, wenn man letztere Bestimmung so verstünde, dass sie neben dem Ersatz ideeller Schäden nur einen Schadenersatzanspruch auf die Entgeltdifferenz für die Vergangenheit vorschreibt. Der EuGH leitet nämlich aus Art 141 Abs 1 EGV einen Anspruch des diskriminierten Arbeitnehmers darauf ab, dass für ihn die gleiche Regelung anzuwenden ist, die für die übrigen Arbeitnehmer gilt (EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz Rn 18 ff; 28.9.1994, C-28/93Van den Akker Rn 16 f; § 3 Rn 27). ME ist aber § 12 Abs 2 GlBG ohnehin gemeinschaftsrechtskonform so zu interpretieren, dass die Differenz auch für die Zukunft verlangt werden kann. Konstruktiv ist der Anspruch auf das höhere Entgelt mit einer durch § 12 Abs 2 GlBG bewirkten Anpassung des Dienstvertrages zu erklären (siehe unten Rn 58). 2. Geänderte Gleichbehandlungs-RL (RL 76/207/EWG idF 2002/73/EG) 4 Nach Art 6 der Gleichbehandlungs-RL, welche die Gleichbehandlung der Geschlechter regelt, haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus der RL auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sowie, wenn die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, in Schlichtungsverfahren geltend machen können (Abs 1). Die Mitgliedstaaten haben im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnungen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass der einer Person durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des Art 3 Gleichbehandlungs-RL entstandene Schaden – je nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten – tatsächlich und wirksam ausgeglichen oder ersetzt wird, wobei dies auf eine abschreckende und dem erlittenen Schaden angemessene Art und Weise geschehen muss. Eine Höchstgrenze darf nur für jene Fälle vorgesehen werden, in denen der Arbeitgeber nachweisen kann, dass der einem Bewerber durch die Diskriminierung entstandene Schaden allein darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner Bewerbung verweigert wird (Art 6 Abs 2 Gleichbehandlungs-RL). 362
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Gemäß Art 8 d der Gleichbehandlungs-RL müssen die von den Mitgliedstaaten für Verstöße gegen die innerstaatlichen Umsetzungsvorschriften vorgesehenen Sanktionen, die auch Schadenersatzleistungen an die Opfer umfassen können, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. In Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen ergibt sich, dass 5 eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots des Art 3 Gleichbehandlungs-RL einen Schadenersatzanspruch nach sich ziehen muss (dies übersehend Müller-Glöge in MünchKomm4 § 611a, Rn 60). Hinsichtlich von Verstößen gegen sonstige Umsetzungsbestimmungen sind hingegen die Mitgliedstaaten in der Auswahl der Sanktionen frei. Diese können, müssen aber nicht den Ersatz des Schadens vorsehen. In Bezug auf Verstöße gegen Art 3 Gleichbehandlungs-RL ist hier eine wichtige Änderung eingetreten. Bisher hat nämlich der EuGH judiziert, dass die Mitgliedstaaten bei der Wahl ihrer Mittel frei seien und der Ersatz des Schadens nur eine Möglichkeit der Sanktion darstelle (EuGH 8.11.1990, Rs 177/88-Dekker Rn 15 und 18 – von Colson und Kamann; 10.4.1984, Rs 79/83-Harz Rn 15; 2.8.1993, C-271/91-Marshall II Rn 17, 23; 22.4.1997, C-180/95Draehmpaehl Rn 24). Wenn daher die RL im Erwägungsgrund 18 ausspricht, dass der EuGH bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verlange, dass „eine dem erlittenen Schaden angemessene Entschädigung zuerkannt werde“, ist dies nicht ganz richtig. Der EuGH leitet nämlich seine Ausführungen mit den Worten ein: „Wenn sich die Mitgliedstaaten dafür entscheiden, den Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot mit der Sanktion einer Entschädigung zu belegen …“. Nunmehr sind aber die Mitgliedstaaten tatsächlich verpflichtet – allenfalls neben weiteren Maßnahmen – einen Anspruch auf einen angemessenen Schadenersatz vorzusehen. 3. Entgelt-RL 75/117/EWG Die inhaltlich von Art 141 Abs 1 EGV „absorbierte“ Entgelt-RL 6 75/117/EWG (siehe § 1 Rn 5) hat zumindest formal durch Art 3 Gleichbehandlungs-RL eine Renaissance erlebt. Art 3 Abs 1 lit c Gleichbehandlungs-RL verbietet nämlich eine Diskriminierung hinsichtlich des Arbeitsentgelts „nach Maßgabe“ der Entgelt-RL. Materiell kommt dieser Verweisung auf Grund der „Aufladung“ des Art 141 Abs 1 EGV mit den Inhalten der Entgelt-RL und we363
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gen der horizontalen Drittwirkung des Art 141 Abs 1 EGV aber nach wie vor keine selbständige Bedeutung zu. 4. Beweislast-RL 97/80/EG 7 Die Beweislast-RL 97/80/EG, welche die Gleichbehandlungs-RL ergänzt, schreibt vor, dass die nationale Umsetzung eine Beweiserleichterung für den Kläger vorsehen muss (vgl Art 10 R-GB-RL und Art 8 AR-RL, die selbst entsprechende Regelungen enthalten, was die Heranziehung der Beweislast-RL überflüssig macht). Danach muss der Beklagte beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorliegt, wenn es dem Kläger gelungen ist, Tatsachen glaubhaft zu machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen. 8 Bisher war strittig, ob der Umstand, dass die Beweiserleichterung des § 2a Abs 9 GlBG aF den Tatbestand der sexuellen Belästigung nicht erfasst hat, als Redaktionsversehen anzusehen war (so Wilhelm, ecolex 1993, 217; Gahleitner, DRdA 1997/13; aA Sturm in Mazal/Risak, Arbeitsrecht VIII, Rz 43). Seit der Gleichbehandlungs-RL, welche die sexuelle Belästigung als Diskriminierungsform ausdrücklich nennt (Art 2 Abs 2 und 3), kann aber kein Zweifel mehr bestehen, dass die in der Beweislast-RL (97/80/EG) angeordnete Beweiserleichterung auch die sexuelle Belästigung erfasst (Sturm in Mazal/Risak, Arbeitsrecht VIII, Rz 43). 5. Zentrale Aussagen des EuGH zu den Rechtsfolgen einer Verletzung der Gleichbehandlungs-RL 76/207/EWG 9 Mit den Entscheidungen Dekker (8.11.1990, Rs 177/88 Rn 22) und Draehmpaehl (22.4.1997, C-180/95 Rn 17) sprach der EuGH aus, dass es, wenn ein Mitgliedstaat sich dafür entscheide, eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der zivilrechtlichen Haftungsregelung mit einer Sanktion zu belegen, mit der GleichbRL (76/207/ EWG) unvereinbar wäre, den Schadenersatz an ein Verschulden zu knüpfen. Die Haftung hänge auch nicht vom Fehlen eines Rechtfertigungsgrundes ab. 10 Soweit es um Ersatzansprüche eines Bewerbers geht, der bei der Einstellung auf Grund des Geschlechts diskriminiert worden ist, darf die Haftung nicht durch einen Höchstbetrag beschränkt werden, wenn der Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die zu 364
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besetzende Position erhalten hätte. Für den Schadenersatz von Bewerbern, hinsichtlich derer der Arbeitgeber beweisen kann, dass der Bewerber die zu besetzende Stelle wegen der besseren Qualifikation (dazu unten Rn 29 ff) des eingestellten Bewerbers auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht erhalten hätte, kann eine Haftungsobergrenze festgesetzt werden (22.4.1997, C-180/95Draehmpaehl Rn 24). II. Umsetzung durch das GlBG 1. Allgemeines Im Unterschied zur RV (307 BlgNR 22. GP) enthält das GlBG in 11 der beschlossenen Fassung keinen Abschnitt über die gemeinsamen Bestimmungen für alle die Arbeitswelt betreffenden Diskriminierungsverbote. Vielmehr werden die Rechtsfolgen der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts einerseits und auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit usw andererseits in zwei inhaltlich nahezu identischen Paragraphen (§ 12 und § 26) geregelt. Der Gleichbehandlungsausschuss sah sich zu dieser legistischen Merkwürdigkeit durch das Bedürfnis veranlasst, „die besondere Bedeutung der Gleichstellung von Frauen und Männern hervorzuheben“ (AB 499 BlgNR 22. GP, 3). Hinsichtlich der Grundsatzgesetzgebung für die Land- und Forstwirtschaft werden hingegen die Rechtsfolgen für beide Bereiche in einem einzigen Paragraphen (§ 51 GlBG) festgeschrieben. §§ 12 und 26 GlBG sehen je nach der Art der Verletzung des 12 Gleichbehandlungsgebotes unterschiedliche Rechtsfolgen vor, es macht daher einen Unterschied, ob die Diskriminierung bei Begründung des Arbeitsverhältnisses, bei Festsetzung des Entgelts, bei Gewährung von freiwilligen Sozialleistungen usw erfolgt ist. Hingegen kommt es trotz der Aufspaltung in zwei Paragraphen nicht darauf an, ob die Diskriminierung auf Grund des Geschlechts oder auf Grund der im 2. Abschnitt genannten Gründe stattgefunden hat. 2. Zurechnung von Gehilfen und Vertretern Obwohl § 5 Abs 3 GlBG die Vermutung nahe legt, dass der ArbG 13 nur dann für das Verhalten dritter Personen einzustehen hat, wenn er eine Person zur Diskriminierung angewiesen hat, ergibt eine nähere Betrachtung, dass die Zurechnung in weitaus größerem Umfang zu erfolgen hat. Wäre der ArbG nämlich tatsächlich nur 365
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für eigenes Verhalten verantwortlich zu machen, müsste bei juristischen Personen die Diskriminierung von ihren Organen oder zumindest von sog Machthabern (zu diesen Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I, 68 f) ausgehen (§ 3 Rn 13). Könnte also eine entsprechende Weisung der Organe oder Machthaber nicht nachgewiesen werden, wäre jede Diskriminierung durch den Personalverantwortlichen sanktionslos. Denn auch der diskriminierende Angestellte selbst könnte nicht in Anspruch genommen werden, weil sich die in § 12 GlBG angeordneten Rechtsfolgen ausschließlich auf den ArbG beziehen. Lediglich die Belästigungstatbestände und die Strafbestimmung des § 10 GlBG bei Verletzung der Pflicht zur geschlechtsneutralen Ausschreibung beziehen auch vom ArbG verschiedene Personen mit ein (siehe § 3 Rn 17). Damit würde letztlich § 12 GlBG zahnlos, womit der gemeinschaftsrechtlichen Pflicht zur Schaffung eines angemessenen und abschreckenden Schadenersatzes (Art 6 Gleichbehandlungs-RL) bzw einer verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktion (Art 8 d Gleichbehandlungs-RL) nicht entsprochen würde. 14 Dieses Problem wird auch dann nicht aus der Welt geschafft, wenn man Überwachungspflichten des ArbG mitberücksichtigt (vgl BAG NJW 2004/20 = NZA 2004, 540). Für alle Fälle nach Begründung des Arbeitsvertrages ergibt sich eine Gehilfenhaftung schon aus der Überlegung, dass ein Verstoß gegen die in § 3 GlBG genannten Diskriminierungsverbote auch eine Vertragsverletzung darstellt. Obwohl die Ersatzpflicht nicht von einem Verschulden abhängt, ist deshalb § 1313a ABGB sinngemäß anzuwenden. Vor Abschluss des Vertrages wird zu Recht ein vorvertragliches Schuldverhältnis angenommen (Weidenkaff in Palandt64 § 611a, Rn 5; vgl auch BAG NJW 2004/20 = NZA 2004, 540), aus dem sich die analoge Heranziehung des § 1313a ABGB ergibt. Der ArbG hat daher für alle Personen einzustehen, die er zur Wahrnehmung der entsprechenden Pflichten gegenüber den Bewerbern bzw ArbN eingesetzt hat (im Ergebnis ebenso § 3 Rn 13). Auch ein zurechenbarer Anschein bewirkt die Gehilfeneigenschaft (Kletecˇka, JBl 1996, 84; OGH ecolex 1997, 151 [Wilhelm]; ÖBA 1998, 556). Wird der ArbG auf Grund des Gehilfenverhaltens in Anspruch genommen, kann er beim diskriminierenden Gehilfen Regress nehmen (§ 1313 ABGB analog, § 4 DHG). Soweit es um rechtsgeschäftliche Erklärungen geht (zB Weisungen), kommen die Regeln des Stellvertretungsrechts zur Anwendung (§ 3 Rn 13). 366
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Einen Sonderfall stellen die Belästigungen dar. Bei diesen kommt 15 keine Zurechnung von Gehilfen und Vertretern in Betracht, weil dort der Belästiger selbst haftet und das Gesetz ausdrücklich bestimmt, dass der ArbG nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn er es schuldhaft unterlassen hat, eine angemessene Abhilfe zu schaffen (§ 12 Abs 11 iVm § 6 Abs 1 Z 2 bzw § 7 Abs 1 Z 2; vgl auch § 26 Abs 11 iVm § 21 Abs 1 Z 2). Das diskriminierende Verhalten von Kunden oder Lieferanten belastet den ArbG nicht (§ 3 Rn 19). Zum Arbeitsvermittler siehe unten Rn 64. 3. Diskriminierung bei der Einstellung a. Allgemeines Die § 12 Abs 1 und § 26 Abs 1 GlBG behandeln die Diskriminie- 16 rung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses. Ist das Dienstverhältnis wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht begründet worden, so hat der Arbeitgeber dem Stellenbewerber den Ersatz des Vermögensschadens und der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung zu leisten. Obwohl nur die Gleichbehandlungs-RL, nicht aber die AR-RL und die R-GB-RL einen Schadenersatzanspruch verpflichtend vorsehen, wählt das GlBG vernünftigerweise für alle Bereiche dieselbe Rechtsfolge. Hinsichtlich der Höhe des Ersatzes unterscheidet das GlBG zwi- 17 schen Bewerbern, die bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätten, und jenen, bei denen der Arbeitgeber nachweisen kann, dass der dem Stellenbewerber entstandene Schaden nur darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner Bewerbung verweigert wird. Für den Bewerber, der ohne Diskriminierung angestellt worden wäre, wird ein Mindestersatz in Höhe eines Monatsentgelts vorgesehen, für diejenigen, die auch ohne Diskriminierung nicht zum Zug gekommen wären, wird ein Höchstbetrag von € 500,– normiert. Die Anwendung der Höchstbetragsregelung setzt den vom ArbG zu erbringenden Nachweis voraus, dass der ArbN die Stelle nicht erhalten hätte. Das bedeutet, dass der ArbG die Behauptungs- und Beweislast dafür trägt. Gelingt dem ArbG diese Beweisführung nicht, stellt sich die Frage, ob der ArbN damit bereits unter die Mindestersatzregelung der Z 1 fällt. Dies hätte zur Konsequenz, dass unter Umständen eine große Anzahl von Personen zu367
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mindest ein Monatsentgelt beanspruchen könnte. Die genauere Betrachtung ergibt aber, dass das Misslingen des Beweises noch nicht den Mindestersatz nach sich zieht. Hätte der Gesetzgeber dies anordnen wollen, hätte er wohl den Mindest- und den Höchstbetrag in einer Bestimmung zusammengefasst und für den Fall, dass der ArbG den Beweis nicht erbringt, einfach den Mindestersatz vorgeschrieben. Nach § 12 Abs 1 steht der Mindestersatz aber nicht all jenen zu, bei denen nicht gesagt werden kann, ob ihre Bewerbung Erfolg gehabt hätte, vielmehr kommen nur jene in den Genuss dieser Regelung, die „bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätten“. Da es sich dabei um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt und das Gesetz dafür keine Abweichung von den allgemeinen Beweisregeln enthält, ist dafür der klagende ArbN beweispflichtig. Dies ist auch gemeinschaftsrechtskonform. Die RL schränkt ja nur die Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung ein (Art 6 Abs 2 GleichbRL), ohne aber eine Verpflichtung zur Normierung eines Mindestersatz aufzustellen. Zur sich daraus ergebenden „dritten Bewerbergruppe“ siehe unten Rn 34 ff. 18 Trotz dieser Regelungstechnik ist es aber keineswegs ausgeschlossen, dass mehr als nur ein Bewerber unter die Mindestbetragsregelung subsumiert wird. Dazu kann es deshalb kommen, weil in unterschiedlichen Gerichtsverfahren verschiedene Personen als an erster Stelle zu reihende Bewerber festgestellt werden können. Die Urteile entfalten ja keine Bindungswirkung für andere Verfahren. 19 Es besteht kein Anspruch auf Einstellung. ME ist ein solcher auch nicht mit der Naturalrestitution zu begründen (ebenso für Deutschland: Weidenkaff in Palandt64 § 611a Rn 18, 20). Dies steht auch mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang, weil auch der EuGH nicht die Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes verlangt (10.4.1984, Rs 14/83-von Colson und Kamann Rn 18; zweifelnd hingegen § 3 Rn 2). Richtig ist aber, dass dadurch Merkwürdigkeiten entstehen können: Stellt ein ArbG diskriminierende Arbeitsbedingungen für Frauen auf, macht es einen Unterschied, ob es zum Abschluss des Dienstvertrages kommt oder nicht. Im ersten Fall hat die diskriminierte Frau nach Abs 6 einen Anspruch auf Gleichstellung, im zweiten nur einen Schadenersatzanspruch nach Abs 1 (§ 3 Rn 2, 149). Deshalb ist es für solche ArbN besser, den Vertragsabschluss nicht wegen der schlechteren Bedingungen zu verweigern, sondern die diskriminierenden Bedingungen zu ak368
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zeptieren und später auf Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes zu klagen. b. Ideelle Schäden Durch diese Bestimmung wird jedenfalls eindeutig auch der Ersatz 20 ideeller Schäden vorgeschrieben. ME hat dazu keine europarechtliche Verpflichtung bestanden. Die Gleichbehandlungs-RL schreibt den Ersatz der Schäden vor, ohne diese aber näher zu definieren. ME hätte man mit der Entscheidung Kommission/Griechenland (21.9.1989, Rs 68/88 Rn 24; ebenso 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 29) sagen müssen, dass nach dem österreichischen Recht auch bei nach Art und Schwere gleichartigen Verstößen kein Ersatz für immaterielle Schäden gebührt. Auch die hinsichtlich des Schadenersatzes anspruchsvollste Gleichbehandlungs-RL verlangt nur, dass der „entstandene Schaden – je nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten – (…) ersetzt wird“ (Art 6 Abs 2 Gleichbehandlungs-RL). Daraus ergibt sich ein im Hinblick auf den Gleichheitssatz nicht 21 unbedenkliches Spannungsverhältnis zu anderen Schadenersatznormen. In diesem Zusammenhang sei zunächst auf § 1330 ABGB verwiesen, der bei Ehrenbeleidigungen nur den Ersatz des Vermögensschadens vorsieht. Aber auch neuere Bestimmungen knüpfen den Ersatz ideeller Schäden an besondere Bedingungen. So setzt zB § 1328a ABGB (eingeführt durch BGBl I 2003/91) für den Ersatz des Gefühlsschadens nicht nur Verschulden voraus, sondern verlangt außerdem eine „erhebliche Verletzung der Privatsphäre“ (zu rechtsvergleichenden Aspekten und zur dogmatischen Rechtfertigung dieser Einschränkung siehe Karner/Koziol, Ideeller Schaden, 15. ÖJT II/1, 36 ff). Dabei spielt auch die Schwere des Verschuldens eine Rolle (EB zu § 1328a ABGB 173 BlgNR 22. GP, 19). Damit hat der Gesetzgeber § 1328a ABGB an die §§ 1323 f ABGB herangeführt, die den Ersatz immaterieller Schäden erst ab grobem Verschulden anordnen. Im Zusammenhang mit dem Ersatz immaterieller Schäden ist auch 22 zu fragen, in welches Rechtsgut hier eigentlich eingegriffen wird. Unser Gesetz kennt ja seiner Konzeption nach keinen Ersatz „reiner Gefühlsschäden“: Das Schmerzensgeld setzt einen Eingriff in die Gesundheit voraus; andere Ersatzansprüche für ideelle Schäden knüpfen an den Entzug der Freiheit (Art 5 EMRK, Art 1 BVG zum 369
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Schutz der persönlichen Freiheit; siehe auch zu § 1329 ABGB: OGH SZ 52/28; SZ 58/80) oder einen Eingriff in das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung an (§ 1328 ABGB idF BGBl 1996/752). Der Ersatz der besonderen Vorliebe (§ 1331 ABGB) setzt wiederum eine Eigentumsverletzung voraus. Der Ersatz ideeller Nachteile kommt also nur in Frage, wenn ein geschütztes Rechtsgut verletzt wurde. In unserem Zusammenhang könnte der Ersatz wohl nur auf den Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht gestützt werden. Stellt nun die Diskriminierung eine Beeinträchtigung eines Persönlichkeitsrechts dar? In Deutschland wird in diesem Zusammenhang der Schadenersatz mit der dort überwiegend vertretenen These eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründet (BAGE 61, 219; 61, 226). Nach der in Österreich herrschenden Meinung bestehen aber lediglich einzelne Persönlichkeitsrechte. Es stellt sich damit die Frage, ob die Diskriminierungsverbote als Statuierung neuer Persönlichkeitsrechte angesehen werden können. ME ist dies zwar grundsätzlich zu bejahen, die spannendste Frage in diesem Zusammenhang ist aber, wie weitgehend der Schutz gegen Eingriffe in diese Persönlichkeitsrechte ist. Vor allem, ob jeder Eingriff bereits die Pflicht zum Ersatz ideeller Schäden auslöst. 23 Aus einer auch durch die Rechtsvergleichung gestützten Untersuchung anderer Persönlichkeitsrechtsverletzungen folgt, dass Letzteres zu verneinen ist (vgl Karner/Koziol, Ideeller Schaden, 15. ÖJT II/1, 36 ff). Wollte man den Ersatz ideeller Schäden unabhängig von der Schwere des Eingriffs befürworten, könnte dies nicht mehr auf einen Eingriff in ein Persönlichkeitsrecht gestützt werden. Die mit Persönlichkeitsrechten verbundenen immateriellen Interessen sind nämlich gegen vom Verschulden unabhängige und als nicht erheblich einzustufende Eingriffe nicht geschützt. Bei unverschuldetem oder unerheblichem Eingriff kann daher der Ersatz nicht aus der Verletzung eines Persönlichkeitsrechts abgeleitet werden, weshalb in der Tat ein „reiner Gefühlsschaden“ vorläge. Nun ist zwar bereits mit der Rsp, die den Trauerschaden für ersatzfähig erklärt hat, die Ablehnung der Ersatzfähigkeit „reiner Gefühlsschäden“ aufgeweicht worden (OGH JBl 2001, 660; ZVR 2004/86; dazu Karner/ Koziol, Ideeller Schaden, 15. ÖJT II/1, 23 f und 81 f). Immerhin verlangt der OGH dort aber grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Hält man sich vor Augen, dass die Trauer über den Verlust eines nahen Angehörigen zweifellos einen schwerwiegenderen Gefühls370
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schaden darstellt als das Erlebnis einer Diskriminierung, wird das Ausmaß der Wertungswidersprüchlichkeit deutlich, die hier ohne Not ins österr Recht hereingetragen wird. Um den Systembruch nicht total werden zu lassen, ist hier – wie bei § 1328a ABGB – Verschulden und die Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle erforderlich (s auch BAG NJW 1990, 65 und NJW 1990, 67: „schwerwiegende Verletzung“). Dies folgt nicht nur aus einer systematischen, sondern auch aus einer verfassungskonformen Interpretation, weil der sonst bestehenden Differenzierung die sachliche Rechtfertigung fehlt. Dass die RL dem nicht entgegenstehen, wurde oben bereits dargelegt (Rn 4 f). c. Mindestersatz für den Bewerber, der die Stelle erhalten hätte Ein Mindestersatz, wie er für jenen Bewerber vorgesehen ist, der 24 die Stelle erhalten hätte, ist dem österreichischen Recht fremd. Aus diesem Grund und weil damit der Gesetzgeber den Anschein mangelnden Vertrauens in die Justiz erwecke, wurde ein Mindestersatz von Karner/Koziol (Ideeller Schaden, 15. ÖJT II/1, 97, 104) abgelehnt. Aus systematischen Gründen ist diese Kritik zu teilen. Gerechtfertigt könnte diese Vorgangsweise wohl überhaupt nur damit werden, dass die RL eine abschreckende Wirkung des Schadenersatzes verlangt. Nimmt man zu diesem Zweck in Kauf, dass der Ersatz unter Umständen auch über den tatsächlich eingetretenen Schaden hinausgeht, scheint man damit in die Nähe von „Punitive Damages“ zu kommen, die wiederum unserer Rechtsordnung fremd sind (s dazu auch Richardi/Annuß in Staudinger § 611a, Rz 19 ff mwN). Anders als bei den Caroline von Monaco-Entscheidungen des deutschen BGH (BGHZ 128, 1; NJW 1996, 984; NJW 1996, 985; BGHZ 131, 332) sehe ich diese Gefahr hier aber nicht. Zum einen schreibt bereits die Gleichbehandlungs-RL in Art 6 Abs 2 vor, dass der Ersatz auf eine dem erlittenen Schaden angemessene Art und Weise geschehen muss. Eine Entkoppelung des Ersatzes von der Schadenshöhe wird daher auch von der RL nicht angestrebt. Zum anderen hat unser Schadenersatzrecht nicht nur eine Ausgleichsfunktion, vielmehr wird es auch vom Präventionszweck und dem Sanktionsgedanken getragen (Koziol, Haftpflichtrecht3 I 1/15 f). Letzterer kann aber nur in der Verschuldenshaftung eingreifen. Die Haftung nach dem GlBG soll hingegen auf Grund der Vorgaben des EuGH in den Fällen Dekker und Draehmpaehl verschuldens371
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unabhängig sein (s unten Rn 38). Letztlich sind aber kaum Fälle vorstellbar, in denen das Verschulden fehlt. Aus systematischen Gründen wäre es deshalb wünschenswert gewesen, schon im Gesetzestext klarzustellen, dass der Mindestersatz ein Verschulden voraussetzt. Obwohl nach dem Gemeinschaftsrecht der Ersatzanspruch vom Verschulden unabhängig sein muss (s oben Rn 9), wäre eine solche Vorgangsweise richtlinienkonform gewesen. Keine der RL verlangt nämlich einen Mindestersatz. Auch die von den RL geforderte abschreckende Wirkung ist nur dann sinnvoll, wenn der potentiell Ersatzpflichtige in der Lage ist, sein Verhalten zu steuern. Dies versteht sich hinsichtlich der Spezialprävention von selbst. Die schadenersatzrechtliche Verurteilung von Deliktsunfähigen wird aber auch kaum eine generalpräventive Wirkung entfalten. Vielmehr wird sie als willkürlich und unverhältnismäßig empfunden werden. 25 Bei Vorliegen eines Verschuldens ist die – den wahren Schaden vielleicht übersteigende – Untergrenze in Höhe eines Monatslohns auch aus systematischer Sicht zu billigen: Einerseits kann auch die objektiv-abstrakte Schadensberechnung, die auf dem Präventionsund dem Rechtsfortwirkungsgedanken aufbaut, dazu führen, dass Schadenersatz gebührt, obwohl ein Vermögensvergleich kein „Minus“ ergibt. Andererseits verfolgt der Gesetzgeber damit keine anderen Ziele als Vertragsparteien, die eine Konventionalstrafe nach § 1336 ABGB vereinbaren. Auch der dieser Abmachung innewohnende Pauschalierungszweck wird dem Gesetz nicht abgesprochen werden können. Immerhin sieht es ja nur einen Monatslohn vor und das für jenen Bewerber, der ohne Diskriminierung die Stelle bekommen hätte. Ein verschuldensunabhängiger Mindestersatz muss hingegen aus systematischen und damit auch aus Gründen der Gleichheitsgerechtigkeit abgelehnt werden. 26 Der materielle Schaden liegt im Wesentlichen im Entgang des Gehalts. Sieht man vom Mindestbetrag ab, ist dieses bis zum nächsten regulären Kündigungstermin zu ersetzen (Raab in Soergel 12 § 611a, Rn 53a, 54; Richardi/Annuß in Staudinger § 611a, Rz 87; Annuß, NZA 1999, 743; aA Treber, NZA 1998, 858). Dies folgt daraus, dass bei rechtmäßigem Alternativverhalten (diskriminierungsfreie Kündigung) der ArbN den darüber hinausgehenden Gehaltsverlust ebenfalls erlitten hätte (siehe § 1162b ABGB und allgemein zu Dauerschuldverhältnissen: BGHZ 82, 121; 95, 39). Es ist zwar zuzuge372
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ben, dass gegen diese Argumentation eingewendet werden könnte, dass das Gesetz bei der Begründung selbst das rechtmäßige Alternativverhalten außer Acht lässt. Wäre dem nicht so, könnte ja der ArbG in allen Fällen einwenden, dass er den diskriminierten Erstzureihenden auch aus rechtmäßigen Motiven ausscheiden hätte können. Der Beweis, dass er tatsächlich aufgenommen worden wäre, würde dem ArbN dann nichts nützen, weil der Schaden auch durch ein hypothetisches rechtmäßiges Verhalten verursacht hätte werden können. Daraus darf aber mE nicht abgeleitet werden, dass die Möglichkeit einer rechtmäßigen Kündigung zu vernachlässigen ist. Das gegen diese Ansicht vorgebrachte Argument, es sei zweifelhaft, ob der ArbG eine nicht diskriminierende Kündigung ausgesprochen hätte (vgl Treber, NZA 1998, 858; Schlachter, Anm zu BAG, AP Nr 13 zu § 611a BGB), ist nicht überzeugend. Das rechtmäßige Alternativverhalten ist nämlich immer ein gedachtes und nicht ein tatsächliches Ereignis (Koziol, Haftpflichtrecht3 I Rn 8/62 und 3/58 Fn 174). Den entscheidenden Ausschlag für die hier vertretene Ansicht gibt neben dem Rekurs auf allgemeine Lehren das Fehlen einer gangbaren Alternative. Treber (NZA 1998, 858) meint, die entsprechenden Maßstäbe seien von der Rechtsprechung zu entwickeln, ohne aber zu sagen, wie dabei zu verfahren ist (dagegen zu Recht kritisch auch Annuß, NZA 1999, 743). Auch Schlachter (Anm. zu BAG, AP Nr 13 zu § 611a BGB), die der hA kritisch begegnet, räumt ein, dass dieser gegenüber einer „ewigen Rente“ der Vorzug zu geben ist. Die Möglichkeit des Arbeitgebers, im Probemonat jederzeit grund- 27 los zu kündigen, dürfte der Einführung des Mindestersatzes Pate gestanden haben und scheint auch die eben angesprochene Pauschalierung zu rechtfertigen. Rechtspolitisch stellt sich die Frage, ob nicht die Einführung eines Verwaltungsstraftatbestandes sinnvoller gewesen wäre. Dies hätte nämlich die Entkoppelung des Schadenersatzes vom verursachten Schaden entbehrlich gemacht. Sollten über den Gehaltsentgang hinausgehende Vermögensschäden eingetreten sein, erfasst die Ersatzpflicht auch diese. Wurde keine Probezeit vereinbart oder handelt es sich um befristete Verhältnisse wird der Ersatzbetrag den Mindestersatz erheblich übersteigen. Der ArbN muss sich allerdings das Ersparte, das anderweitig Erworbene und das absichtlich zu erwerben Unterlassene anrechnen lassen, wobei allerdings in Analogie zu § 1162b ABGB aE die ersten drei Monate abzugsfrei zu bleiben haben. 373
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Für die Höhe des Monatsentgelts wird idR auf die Bezüge des tatsächlich eingestellten Bewerbers abzustellen sein. Es sind alle Entgeltsbestandteile, nicht aber Aufwandsentschädigungen zu berücksichtigen. Hinzuweisen ist noch darauf, dass es nicht völlig korrekt ist, vom Mindestersatz für den „Bestqualifizierten“ zu sprechen. Wie unten (Rn 30) zu zeigen ist, kommt es für den Mindestersatz nicht auf die Qualifikation, sondern darauf an, dass der Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl aufgenommen worden wäre. d. Höchstbetrag wegen mangelnder Kausalität für die Ablehnung 28 Personen, hinsichtlich derer der Arbeitgeber nachweisen kann, dass ihr Schaden nur darin liegt, dass die Berücksichtigung der Bewerbung verweigert wurde, können einen Ersatz von höchstens € 500,– fordern. Es geht hier also um Personen, die auch ohne Diskriminierung die Stelle nicht bekommen hätten. Obwohl an dieser Stelle das GlBG die Gleichbehandlungs-RL fast wörtlich übernimmt, erscheint jedenfalls das weitestmögliche Verständnis dieser Bestimmung nicht völlig unproblematisch. Es stellt sich nämlich die Frage, ob ein Bewerber auch dann in diese Kategorie einzuordnen ist, wenn er zwar im Vergleich zu den Mitbewerbern die beste Qualifikation aufweist, der Dienstgeber aber beweisen kann, dass der Bewerber aus anderen unsachlichen, aber eben nicht aus den durch die Diskriminierungsverbote verpönten Gründen nicht aufgenommen wurde. Diese Frage ist noch relativ einfach zu lösen. Wurde nämlich der am besten geeignete Bewerber aus Motiven ausgeschieden, die von der RL nicht erfasst werden, liegt gar keine Diskriminierung vor. 29 Wie ist aber zu entscheiden, wenn der bestqualifizierte Kandidat zwar tatsächlich auf Grund des Geschlechts (bzw bei § 26 GlBG aus den von diesem erfassten Gründen) nachgereiht wird, es dem ArbG aber gelingt, nachzuweisen, dass er ihn auch aus nicht missbilligten Gründen nicht eingestellt hätte. Nach dem Gesetzeswortlaut ist auch auf diese Personen die Haftungshöchstgrenze des Abs 1 Z 2 anzuwenden. Im Hinblick auf die – allerdings noch zur alten GleichbRL (76/207/EWG) ergangenen – Entscheidung Draehmpaehl (EuGH 22.4.1997, C-180/95 Rn 37) erscheint dies allerdings zweifelhaft. Dort könnte nämlich der EuGH so verstanden werden, dass der Arbeitgeber zu beweisen habe, dass der Dis374
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kriminierte wegen der besseren Qualifikation des eingestellten Bewerbers den Job nicht erhalten hätte. Danach würde es nicht einmal genügen, wenn der Dienstgeber nachweist, dass zwar nicht die aufgenommene Person, aber ein anderer Mitbewerber besser qualifiziert ist als der Kläger. Weder die Gleichbehandlungs-RL noch das GlBG bezwecken die 30 Durchsetzung eines „Bestbieterprinzips“ (vgl auch Müller-Glöge in MünchKomm4 § 611a Rz 23). Vielmehr sollen Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft usw verhindert werden. Die zitierte Stelle der Entscheidung Draehmpaehl ist daher nicht so zu verstehen, dass die Anordnung eines Höchstersatzes tatsächlich nur für den Fall des Nachweises der besseren Qualifikation des eingestellten Bewerbers zulässig sein soll. Die Formulierung dürfte ihren Grund nur in der Übernahme der Fragestellung durch das AG Hamburg haben (EuGH 22.4.1997, C-180/95 – Draehmpaehl Rn 15). Deshalb greift die Haftungshöchstgrenze für alle Bewerber ein, die – unabhängig von ihrer Qualifikation – selbst bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle nicht bekommen hätten. Anders als nach Abs 1 Z 1 können nach Abs 1 Z 2 schon aus mate- 31 riellrechtlichen Gründen mehrere Personen nebeneinander Ansprüche geltend machen (zu prozessualen Gesichtspunkten siehe Rn 56 f), und zwar grundsätzlich alle diskriminierten Bewerber (zu den Ausnahmen siehe unten Rn 34, 36 f). Kann ein nach dem Geschlecht diskriminierender ArbG beweisen, dass er zB nicht alle Bewerberinnen, sondern nur jene im gebärfähigen Alter ausgeschieden hat, können auch nur diese Ersatz verlangen. Die Haftungshöchstgrenze für diese Gruppe der diskriminierten 32 Bewerber wurde von Hopf/Smutny (DRdA 2002, 99 ff bei FN 111) vehement kritisiert. Der Hauptkritikpunkt dieser Autoren besteht darin, dass sowohl der Anspruch der diskriminierten Bestqualifizierten als auch jener der diskriminierten Minderqualifizierten einen Anteil eines materiellen und eines immateriellen Schadens enthält. Die Beeinträchtigung von Würde und Selbstwertgefühl auf Grund der Diskriminierung träfe best- und minderqualifizierte Bewerber in gleicher Weise. Da bei den Bestqualifizierten nach Draehmpaehl auch der immaterielle Anteil keiner Beschränkung unterliegen dürfe, würde bei Begrenzung dieses Anteils bei den Minderqualifizierten ein gleicher Sachverhalt ungleich behandelt. 375
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Schon die Prämisse dieser These, dass die Diskriminierung, was Würde und Selbstwertgefühl betrifft, Best- und Minderqualifizierte in gleicher Weise treffe, erscheint mir zweifelhaft. Im Regelfall wird doch der Gefühlsschaden höher sein, wenn man nicht nur diskriminiert wurde, sondern auch noch auf Grund des Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot eine Stelle nicht erhalten hat, für die man der Bestqualifzierte gewesen wäre. Dennoch wäre eine Obergrenze entbehrlich gewesen, weil den Gerichten auch ohne diese Limitierung zugetraut werden darf, die Höhe des Ersatzes für diesen mE idR rein immateriellen Schaden richtig auszumitteln. 33 Hinsichtlich der Minderqualifizierten ist fraglich, ob auch materielle Schäden in Betracht kommen. ME ist der Schaden jener Bewerber, die auch ohne Diskriminierung nicht zum Zug gekommen wären, idR rein ideeller Natur. Demgegenüber wurde die Meinung vertreten, dass der materielle Schaden der diskriminierten Minderqualifizierten in den „frustrierten Bewerbungskosten“ läge (Hopf/ Smutny, DRdA 2002, 99 ff nach Fn 97; für Deutschland kritisch, dann aber auf Grund des nachweisbaren Willens des deutschen Gesetzgebers ebenso: Richardi/Annuß in Staudinger § 611a, Rz 87). Dies ist abzulehnen. Weder die Bewerbungskosten selbst noch ihre Frustration wurden ja durch die Diskriminierung verursacht. Lediglich dann, wenn der Arbeitgeber bereits von vornherein die Absicht hatte zu diskriminieren, könnte man uU auf Grund des vorvertraglichen Schuldverhältnisses eine diesbezügliche Aufklärungspflicht annehmen, deren Verletzung dann für den Bewerbungsaufwand kausal geworden wäre. e. Die ungenannte dritte Gruppe 34 Neben diesen beiden im Gesetz unmittelbar genannten Gruppen von Geschädigten gibt es in Wahrheit noch eine dritte. Diese Gruppe wird von jenen Personen gebildet, denen es nicht gelingt zu beweisen, dass sie ohne Diskriminierung die Stelle erhalten hätten, hinsichtlich derer aber auch der Arbeitgeber nicht nachzuweisen vermag, dass sie die Stelle nicht erhalten hätten. Das wäre zB dann der Fall, wenn ein ArbG, der die Auswahl nach der Qualifikation der Bewerber vornimmt, bei gleicher Qualifikation automatisch Personen eines Geschlechts bevorzugt. Diese eher im Anwendungsbereich des BGlBG auftretenden Regelungen sind mangels Öffnungsklausel, welche die Berücksichtigung der persönlichen Lage aller Bewerber ermöglicht, europarechtswidrig (EuGH 17.10. 376
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1995, C-450/93-Kalanke; 28.3.2000, C-158/97-Badeck; 6.7.2000, C-407/98-Abrahamsson; § 8 Rn 18 ff). Sind nun tatsächlich der aufgenommene und der diskriminierte Bewerber gleich befähigt oder lassen sich jedenfalls Unterschiede in der Qualifikation nicht nachweisen, so kann nicht gesagt werden, wer bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte. Da diese Geschädigten weder von § 12 Abs 1 Z 1 GlBG, noch von § 12 Abs 1 Z 2 GlBG erfasst werden, gilt für sie weder die Ober- noch die Untergrenze. Hier haben daher die Gerichte die Höhe des Ersatzes nach allgemeinen Regeln zu bemessen. Auch bei unterschiedlicher Befähigung gilt dasselbe in jenen Fällen, 35 in denen weder der ArbG beweisen kann, dass der Diskriminierte die Stelle auch bei rechtmäßiger Auswahl nicht erhalten hätte, noch es dem Stellenbewerber gelingt nachzuweisen, dass er aufgenommen worden wäre. Wie gesagt (oben Rn 28), ist der ArbG nicht verpflichtet, die Auswahl nach sachlichen Kriterien vorzunehmen. Deshalb kann es zur beschriebenen Situation auch bei eindeutigen Befähigungsunterschieden kommen, wenn der ArbG seiner Auswahl nach sachfremden Gesichtspunkten vornimmt. Gerade dann wird eine Pattsituation auf der Beweisebene besonders häufig sein. Je subjektiver die Auswahlgründe sind, die bei diskriminierungsfreier Auswahl zum Tragen gekommen wären (zB Sympathie), desto eher wird der Fall in dem Zwischenbereich der beiden Ziffern zu liegen kommen. f. Ernsthafte und geeignete Bewerber Obwohl § 12 Abs 1 Z 2 GlBG klar zum Ausdruck bringt, dass auch 36 jene Bewerber erfasst werden, die bei rechtmäßiger Auswahl die Stelle dennoch nicht erhalten hätten, kann aber trotzdem nicht jede Formalbewerbung bei Verstoß gegen das GlBG zum Ersatz des Schadens führen. Ansprüche kann vielmehr nur derjenige stellen, der sich ernstlich um eine Stelle beworben hat. So genannte „professionelle Diskriminierungskläger“ haben daher keinen Anspruch. Strittig ist hier nur, ob es bei diesen bereits an der Tatbestandsmäßigkeit fehlt oder ob der Anspruch wegen Rechtsmissbrauchs zu verneinen ist (BAG NZA 1999, 371; Richardi/Annuß in Staudinger § 611a, Rz 79; Sturm, Rn 107). ME endet die Prüfung spätestens auf der Kausalitätsebene, wenn es nicht ohnedies bereits am Schaden mangelt. Da diese Personen die Stelle nicht angenommen hätten, fehlt es hinsichtlich des Entgeltentgangs an der Ver377
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ursachung. Ein Gefühlsschaden wird solchen professionellen Diskriminierungsklägern ebenfalls nicht entstanden sein (vgl auch Hopf/Smutny, DRdA 2002, 99 ff bei FN 47). Diese erhoffen sich die Diskriminierung ja sogar, weil nur diese ihnen den angestrebten Schadenersatz verschafft. Von einer erheblichen Verletzung eines Persönlichkeitsrechts kann hier also sicher keine Rede sein. Da es sich bei der Kausalität und beim Schaden um objektiv zu prüfende Kriterien handelt, kann es auch keine Rolle spielen, ob dem ArbG die mangelnde Ernsthaftigkeit erkennbar war (zweifelnd § 3 Rn 61). 37 Eine andere Frage ist es, ob auch von vornherein ungeeignete Bewerber zum geschützten Personenkreis zählen (vgl dazu auch § 3 Rn 61). Ob also zB jemand, der das für die Stelle erforderliche Studium nicht absolviert hat, Schadenersatz nach dem GlBG verlangen kann. ME kann zwar schon der Gleichbehandlungs-RL und noch deutlicher dem GlBG entnommen werden, dass nicht nur der Schutz des Bestqualifizierten bezweckt wird. Wenn ein Bewerber aber schon abstrakt für die zu besetzende Stelle zB aufgrund des Fehlens eines notwendigen Ausbildungsschritts nicht in Betracht kommt, erscheint er nicht schutzwürdig (OGH 21. 10 1998, 9 Ob A 264/98h; BAG NZA 1999, 371; Richardi/Annuß in Staudinger § 611a, Rz 25; Sturm, Rn 107; vgl auch EuGH 8.11.1990, Rs 177/88Dekker). Die Abgrenzung zwischen minderqualifizierten und ungeeigneten Kandidaten ist mitunter schwer zu ziehen. ME ist dabei zu fragen, ob der Bewerber zumindest formal alle Anstellungsvoraussetzungen erfüllt (zB entsprechende Ausbildungsschritte). Welche Voraussetzungen bestehen, ergibt sich aus der Ausschreibung oder aus der Natur der Stelle (zB entsprechende Facharztausbildung für die Stelle eines Chirurgen). g. Verschuldensunabhängigkeit und Fehlen von Rechtfertigungsgründen 38 Wie bereits erwähnt, ist der im GlBG normierte Schadenersatz von einem Verschulden unabhängig. Dies kann dem Gesetz lediglich dadurch entnommen werden, dass von einem Verschulden nicht die Rede ist. Immerhin stellen aber die Mat klar, dass ein schuldhaftes Handeln der Diskriminierenden nicht notwendig ist. Die RL verlangt zwar die Verschuldensunabhängigkeit nicht explizit, der EuGH hat allerdings bereits zur alten GleichbRL (76/207/EWG) ausgesprochen, dass ein Verschuldenserfordernis nicht richtlinien378
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konform wäre (8.11.1990, Rs 177/88-Dekker; 22.4.1997, C-180/95Draehmpaehl). Aus Gründen der Systematik und im Hinblick auf die Gleichheitsgerechtigkeit ist dies zu bedauern, weil nach österreichischem Recht der Verzicht auf das Verschulden – wie die Fälle der Gefährdungs- und Eingriffshaftung zeigen – besonderer Begründung bedarf. Von manchen wird dieser Systembruch dadurch zu kitten versucht, dass sie kurzerhand die Einstellung von Arbeitskräften als gefährliche Tätigkeit und damit die verschuldensunabhängige Einstandspflicht als Gefährdungshaftung qualifizieren (Gamillscheg, EzA § 611a BGB Nr 15, Anm zu EuGH 3.2.2000, C-207/98-Mahlburg; Müller-Glöge in MünchKomm4 § 611a, Rn 62). Damit ist allerdings nichts gewonnen, weil dadurch von der für die Gefährdungshaftung essentiellen Gefährdung abstrahiert wird (vgl auch Raab in Soergel12 § 611a, Rn 49). Im praktischen Rechtsleben wird die Systemwidrigkeit des Verzichts auf das Verschuldenserfordernis allerdings kaum einmal zutage treten. Eine unverschuldete Diskriminierung wird nämlich – jedenfalls bei unmittelbarer Diskriminierung – äußerst selten vorkommen. Immerhin ist aber an Fälle zu denken, in denen es dem Arbeitgeber 39 aufgrund einer psychischen Erkrankung (zB einer sich auf das Geschlecht beziehende Paranoia; vgl dazu die Sachverhalte zu OGH GlUNF 4013 und NZ 1989, 212 [F. Graf]) oder einer geistigen Behinderung nicht möglich ist, die Verwerflichkeit seines Tuns einzusehen. Dass offenbar auch in diesem Fall eine Haftpflicht bestehen soll, stellt zwar in gewisser Weise auch eine Gleichbehandlung dar, nämlich von Personen, die ihr Verhalten steuern können, und Personen, auf die dies nicht zutrifft. Allerdings fehlt dieser Gleichbehandlung jede sachliche Rechtfertigung. ME ist hier auf Grund verfassungskonformer Interpretation die Zurechnungsfähigkeit – trotz grundsätzlicher Verschuldensunabhängigkeit – eine Haftungsvoraussetzung. Noch schwieriger ist die Frage zu beantworten, welche Auswir- 40 kungen es hat, dass der EuGH in den Entscheidungen Dekker (8.11.1990, Rs 177/88 Rn 22) und Draehmpaehl (22.4.1997, C-180/ 95 Rn 17) ausgesprochen hat, dass die schadenersatzrechtliche Haftung nicht vom Fehlen von Rechtfertigungsgründen abhängig gemacht werden dürfe. Zum Teil wird dies als Verzicht auf die Rechtswidrigkeit bezeichnet (Richardi/Annuß in Staudinger § 611a, 379
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Rn 18; vgl aber auch Rn 34 f, 80). Dieses Verständnis der EuGHJudikatur erscheint jedenfalls als zu weitgehend, weil die Gleichbehandlungs-RL selbst in Art 2 Abs 6 eine Bestimmung enthält, die nach österreichischem Verständnis als Rechtfertigungsgrund verstanden wird (so ausdrücklich § 12 Abs 12 GlBG). Dagegen könnte man allerdings einzuwenden versuchen, dass damit nicht die Rechtswidrigkeit, sondern die Tatbestandsmäßigkeit berührt werde. Dies zeigt, dass dies letztlich in eine unfruchtbare Diskussion über die Abgrenzung von Tatbestands- und Rechtswidrigkeitsebene führt. Dass diese Trennung in den europäischen Zivilrechtsordnungen keineswegs einheitlich vorgenommen wird, relativiert die Aussage des EuGH (vgl Richardi/Annuß in Staudinger § 611a, Rn 34 f, 80). Im Kern bedeutet die Entscheidung Dekker aber immerhin, dass dem nationalen Recht keine über die Grenzen der RL hinausgehenden Rechtfertigungsgründe entnommen werden dürfen. Auch diese Rsp ist nicht unproblematisch, wie sich mit dem einfachen Beispiel der Pflichtenkollision belegen lässt: Werden dem ArbG vom nationalen Gesetzgeber Pflichten auferlegt, die mit der RL unvereinbar sind, stellt dies zwar eine ungenügende Umsetzung der RL dar, berechtigt aber im Normalfall den Einzelnen nicht dazu, sich gegenüber Privaten auf die RL zu berufen (keine horizontale Drittwirkung). Dennoch stellt mE der Ausschluss von einzelstaatlichen Rechtfertigungsgründen im Hinblick auf die horizontale Drittwirkung idR kein Problem dar. Wollte ein Mitgliedstaat die RL vollständig umsetzen, ist das nationale Recht richtlinienkonform so zu interpretieren oder erforderlichenfalls so zu reduzieren, dass die allgemeinen Rechtfertigungsgründe nicht zum Tragen kommen können. Allenfalls könnte darin eine intransparente RL-Umsetzung erblickt werden. Die mangelnde horizontale Drittwirkung schlägt hingegen dann durch, wenn der nationale Gesetzgeber bewusst oder irrtümlich über die RL hinausgehende Rechtfertigungsgründe schafft. Hier könnte sich der ArbG mit Erfolg auf diese Rechtfertigungsgründe stützen. Der Umsetzungsmangel könnte nur mit einem Vertragsverletzungsverfahren und unter Umständen mit der Staatshaftung geahndet werden. h. Entgangener Gewinn 41 Nach den EB umfasst der Ersatz wegen Diskriminierung bei der Einstellung auch den entgangenen Gewinn (EB 307 BlgNR 22. GP, 18). Im Gesetzestext hat diese Intention keinen Niederschlag gefunden. Nach allgemeinen Regeln ist der entgangene Gewinn nur 380
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bei grobem Verschulden oder Vorsatz zu ersetzen (§§ 1323 f ABGB). Lediglich wenn die Schädigung in Zusammenhang mit einem Handelsgeschäft steht, ist der entgangene Gewinn bereits bei leichter Fahrlässigkeit von der Haftpflicht umfasst (Art 8 Nr 2 der 4. EVHGB). Da die Gefährdungshaftung regelmäßig dem leichten Verschulden gleichgesetzt wird, lehnt die hA bei dieser den Ersatz des entgangenen Gewinns ab (aA Koziol, Haftpflichtrecht3 I Rz 10/ 9 f mwN zur gegenteiligen hA). Anderes gilt nur für die Eingriffshaftung. Dass diese nicht auf die eigentliche Schadloshaltung beschränkt ist, ist in der Stärke dieses Haftungsgrundes begründet (Koziol, Haftpflichtrecht3 I Rz 10/12), sodass daraus für unsere Fragen nichts gewonnen werden kann. Mit dem Ersatz des entgangenen Gewinns bei unverschuldetem Verhalten würde daher eine weitere Systemwidrigkeit ins Schadenersatzrecht hineingetragen. Auch dieses Problem ist hausgemacht und wird nicht vom Europarecht erzwungen. Die europarechtliche Pflicht zu vollem Schadenersatz schreibt ja, wie gesagt, nicht vor, dass wertungswidrig an einen Verstoß Rechtsfolgen geknüpft werden, welche die bisherige innerstaatliche Rechtsordnung bei vergleichbaren Eingriffen nicht vorsieht (EuGH 21.9. 1989, Rs 68/88-Kommission/Griechenland Rn 24; 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 29). Auch die eigentliche Schadloshaltung, also die Vergütung bloß des positiven Schadens, ist in diesem Sinn ein vollständiger Ersatz. Die Ablehnung des Ersatzes des entgangenen Gewinns stößt auch nicht an methodische Grenzen. Die unüberwindliche „lexlata-Grenze“ (F. Bydlinski, JBl 1997, 617) wird ja erst dann überschritten, wenn der klare Gesetzeswortlaut und der eindeutige Wille des Gesetzgebers den Ersatz des entgangenen Gewinns verlangen. Da im Gesetzeswortlaut dies nicht einmal angedeutet ist, kann davon keine Rede sein. Es bedarf daher keiner teleologischen Reduktion. Vielmehr sind die systemwidrigen Ausführungen der EB bereits mit den Mitteln der Interpretation zu überwinden, so dass entgegen der EB nur der Ersatz des damnum emergens gebührt. Lediglich bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ist auch der entgangene Gewinn zu ersetzen. Vielleicht rührt der Hinweis der EB auf den entgangenen Gewinn ohnehin nur daher, dass man lediglich an eine vorsätzliche Diskriminierung gedacht hat. Dies liegt deshalb nahe, weil in den meisten Fällen – zumindest bei unmittelbarer Diskriminierung – tatsächlich zumindest dolus eventualis vorliegen wird. 381
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4. Gleiches Geld für gleiche Arbeit, freiwillige Sozialleistungen, Aus- und Weiterbildung, sonstige Arbeitsbedingungen 42 Die Abs 2 bis 4 und 6 des § 12 und des § 26 GlBG regeln die Rechtsfolgen der Diskriminierung bei Festsetzung des Entgelts (zur Konkurrenz zu Art 141 Abs 1 EGV siehe oben Rn 2), hinsichtlich der freiwilligen Sozialleistungen, der Aus- und Weiterbildung und der sonstigen Arbeitsbedingungen. Anders als bei der Ungleichbehandlung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses besteht in allen diesen Fällen ein Anspruch auf Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes. In Abs 2 ist dies zwar in Bezug auf das Entgelt nicht so deutlich ausgesprochen wie in den Abs 3, 4 und 6, welche die freiwilligen Sozialleistungen, die Aus- und Weiterbildung und die sonstigen Arbeitsbedingungen betreffen. Es wird nämlich nicht explizit gesagt, dass der ArbN einen Anspruch auf Gewährung desselben Entgelts hat. Vielmehr wird nur von der „Bezahlung der Differenz“ gesprochen, was prima vista auch bloß auf die Vergangenheit bezogen werden könnte, weil ja bezogen auf die Zukunft nicht nur ein Differenzanspruch, sondern eine Forderung auf das Gesamtentgelt besteht. Eine solche Regelung wäre allerdings nicht sinnvoll, weil auch in der Zukunft immer wieder ein Anspruch auf Nachgewährung der Differenz entstünde. Im Ergebnis bestünde daher – mit Ausnahme einer zeitlichen Differenz im Ausmaß einer logischen Sekunde – gar kein Unterschied. Schon deshalb, aber auch wegen der Judikatur des EuGH zu Art 141 Abs 1 EGV, nach welcher der diskriminierte Arbeitnehmer einen Anspruch darauf hat, dass für ihn die gleiche Regelung anzuwenden ist, wie sie für die übrigen Arbeitnehmer gilt (EuGH 7.2. 1991, C-184/89-Nimz Rn 18 ff; 28.9.1994, C-28/93-Van den Akker Rn 16 f) ergibt sich, dass Abs 2 trotz der sprachlichen Differenzen zu den Abs 3, 4 und 6 genau wie diese ein Recht auf Herstellung des diskriminierungsfreien Zustands gewährt (ebenso EB 307 BlgNR 22. GP, 18; siehe auch oben Rn 3). Zivilrechtlich ist dies am leichtesten mit einem Anspruch auf Vertragsanpassung zu erklären (wohl umgekehrte Argumentation bei § 3 Rn 91). 43 Ob es sich beim Recht auf Herstellung des rechtmäßigen Zustands um einen Anspruch auf Erfüllung der gesetzlichen Pflicht oder auf Naturalrestitution handelt, ist weder dem Gesetz noch den Mat zu entnehmen. Die Unterscheidung ist aber ohnehin mehr von akademischem Interesse, weil hier ausnahmsweise beide Ansprüche 382
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verschuldensunabhängig sind. Obwohl nämlich nur in den EB zu Abs 1 (307 BlgNR 22. GP, 18 [noch zu § 20 Abs 1]) die Verschuldensunabhängigkeit angesprochen wird, ergibt schon die gleichförmige Formulierung, dass auch hinsichtlich dieser Tatbestände eine persönliche Vorwerfbarkeit entbehrlich ist. Da die Entscheidungen des EuGH (8.11.1990, Rs 177/88-Dekker; 22.4.1997, C180/95-Draehmpaehl) den Verzicht auf das Verschuldenserfordernis nicht auf die Begründungsphase beschränken, führt auch die richtlinienkonforme Interpretation zu diesem Resultat. Ob sich auch die Ausführungen der Mat zur Ersatzfähigkeit des 44 entgangenen Gewinns zu Abs 1 auf die anderen Absätze beziehen sollen, ist ihnen nicht zu entnehmen. Da diesbezüglich aber ohnehin keine Anhaltspunkte im Gesetz enthalten sind und der Interessenersatz bereits in den Fällen des Abs 1 als teilweise systemwidrig erkannt wurde, ist eine solche Ersatzfähigkeit auch hier nur bei grobem Verschulden zu bejahen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass es nach dem Wort- 45 laut zweifelhaft sei, ob der Ersatz des immateriellen Schadens auch neben der Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes verlangt werden kann. Im Gesetz heißt es zB: „auf Gewährung der betreffenden Sozialleistung oder Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung“ (§ 12 Abs 3, § 26 Abs 3 GlBG). Schon durch die Wiederholung des Wortes „auf“ wird aber klar, dass der Ersatz immaterieller Schäden kumulativ zur Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes verlangt werden kann. Dieses Ergebnis wird auch durch die Formulierung des § 12 Abs 2 und des § 26 Abs 2 GlBG („Bezahlung der Differenz und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung“) und die EB bestätigt (307 BlgNR 22. GP, 18). Hingegen spricht die Verknüpfung mit „oder“ dafür, dass der Ersatz von Vermögensschäden, die zB über die nachträgliche Einbeziehung in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen hinausgehen, nur alternativ zum Anspruch auf Gleichstellung zustehen soll. Solche weitergehenden Vermögensschäden sind keineswegs ausgeschlossen. Zum Teil werden sie allerdings durch andere Bestimmungen des § 12 GlBG erfasst: Wäre zB der Arbeitnehmer bei früherer Einbeziehung in ein Weiterbildungsprogramm schneller aufgestiegen, so kann der Schadenersatzanspruch auf Abs 5 gestützt 383
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werden. ME liegt nämlich ein Verstoß gegen § 3 Z 5 GlBG nicht nur dann vor, wenn die Ungleichbehandlung unmittelbar auf die Beförderung abzielt, sondern auch dann, wenn sich die Diskriminierung schon auf die Aufstiegsvoraussetzung (zB Weiterbildungsschritte) bezieht (vgl auch § 3 Rn 131; zu eng noch Kletecˇka in Tomandl/Schrammel, Diskriminierungsverbote 106). Soweit der trotz Gleichstellung entstehende Vermögensschaden nicht durch andere Absätze für ersatzfähig erklärt wird, erscheint § 12 GlBG im Hinblick auf die europarechtliche Verpflichtung zu einer verhältnismäßigen und an den sonstigen einzelstaatlichen Rechtsfolgen bei vergleichbaren Verstößen orientierten Reaktion problematisch (EuGH 21.9.1989, Rs 68/88- Kommission/Griechenland Rn 24; 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 29). Deshalb sind auch über die Gleichstellung hinausgehende Vermögensschäden zu ersetzen. Hinsichtlich des Entgelts legt dies die Formulierung des Abs 2 ohnehin nahe, weil dieser von einem Anspruch auf die Entgeltsdifferenz spricht, der – wie gesagt (oben Rn 3) – sogar primär auf den in der Vergangenheit entstandenen Schaden abzuzielen scheint. Bei der Ungleichbehandlung im Hinblick auf die freiwilligen Sozialleistungen kann ein Vermögensschaden zB dadurch entstanden sein, dass sich der ArbN bis zur Gleichstellung entsprechende Leistungen aus eigenen Mitteln verschafft hat. Aber auch hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung sind Vermögensschäden denkbar, die mit der Beseitigung der diskriminierenden Situation nicht liquidiert werden (zB Verlust der Möglichkeit zum Jobwechsel wegen verspäteter Weiterbildung). Auf diesen Vermögensschaden sind die Beschränkungen der Abs 1 und 5 nicht analog anzuwenden (§ 3 Rn 145). 46 Das dem ArbN nach dem Gesetzeswortlaut eingeräumte Wahlrecht zwischen Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes und Ersatz des Vermögensschadens ist hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung nicht unproblematisch. Diese ist für den ArbN mit einem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden, den er sich dadurch ersparen könnte, dass er nicht die Gleichstellung, sondern den Ersatz des Vermögensschadens wählt. Aus diesem Grund muss dem ArbG jedenfalls die Möglichkeit offen stehen, den ArbN durch Ermöglichung der Aus- oder Weiterbildung klaglos zu stellen. 47 Für den Ersatz des bereits eingetretenen Vermögensschadens kann die Unterlassung, den Anspruch auf Aus- und Weiterbildung gel384
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tend zu machen, ein Mitverschulden des ArbN begründen (§ 3 Rn 131). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass gerade diskriminierte ArbN mitunter einem enormen psychischen Druck ausgesetzt sind, der es ihnen unzumutbar machen kann, auf die Herstellung des diskriminierungsfreien Zustands zu dringen. Sind zB Befürchtungen des ArbN, bei Durchsetzung seines Anspruchs den Job zu verlieren, nicht völlig aus der Luft gegriffen, wird es ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden können, dass er nicht auf Naturalherstellung geklagt hat. Zumutbare Bemühungen, zB in das Fortbildungsprogramm des Unternehmens aufgenommen zu werden, sind aber vom ArbN sehr wohl zu verlangen. Verlangt ein ArbN nicht die Gleichbehandlung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, sondern tritt er wegen der Diskriminierung berechtigterweise vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis aus, kann darin kein Mitverschulden liegen. Eine davon unabhängige Frage ist, ob er in einem solchen Fall nur noch Schadenersatz verlangen kann (§ 3 Rn 145). Zu überlegen wäre nämlich, ob der ArbN in Analogie zu Abs 7 einen Anspruch auf Wiedereinstellung hat, wenn die Situation für ihn so unerträglich war, dass es ihm bei objektiver Betrachtung unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, er es sich aber nachträglich anders überlegt und die benachteiligenden Arbeitsbedingungen bekämpfen will. Für diese Analogie spricht, dass sonst die Rechtsfolge des Abs 7 leicht umgangen werden könnte, wenn man den ArbN nicht kündigt, sondern ihn geradezu zum vorzeitigen Austritt treibt. Dasselbe gilt auch dann, wenn der ArbN in einer solchen Lage kündigt oder einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses zustimmt. Um den Schwebezustand möglichst kurz zu halten, ist allerdings auch in diesem Fall die 14-tägige Frist des § 15 GlBG einzuhalten, die dann ab Zugang der ArbN-Kündigung bzw der Austrittserklärung zu rechnen ist. Die Anwendungsfälle dieser Analogie werden daher nicht sehr zahlreich sein. Immerhin können damit aber provozierte „Kurzschlussreaktionen“ rückgängig gemacht werden. Zur Abgrenzung vom Mobbing siehe § 3 Rn 151. 5. Beruflicher Aufstieg Wird ein Arbeitnehmer beim beruflichen Aufstieg diskriminiert, 48 besteht hingegen kein Anspruch auf Herstellung des diskriminierungsfreien Zustands. Vielmehr sieht das GlBG hier ganz ähnliche schadenersatzrechtliche Folgen vor wie für die Ungleichbehandlung in der Begründungsphase. Hier aber beträgt der Min385
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destersatz die Entgeltdifferenz für drei Monate für denjenigen, der aufgestiegen wäre (in der RV war als Mindestersatz wie für die Begründungsphase noch die Entgeltdifferenz für ein Monat vorgesehen); der Höchstbetrag von € 500,– für denjenigen, dessen Schaden nur darin liegt, dass die Berücksichtigung seiner Bewerbung verweigert wurde, deckt sich wieder mit der Regelung für die Begründungsphase. Näher zu den aus den Höchst- und Mindestgrenzen folgenden Konsequenzen und zur Schadenshöhe siehe oben Rn 24 ff. Die Formulierung „Berücksichtigung seiner/ihrer Bewerbung“ scheint zum Ausdruck zu bringen, dass Schadenersatz nur dann gebühren soll, wenn der Dienstnehmer sich selbst um eine Beförderung beworben hat. Da dies der RL nicht entnommen werden kann (Art 3 Gleichbehandlungs-RL, vgl auch Art 3 AR-RL, Art 3 R-GBRL), führt die richtlinienkonforme Interpretation zum Ergebnis, dass es keiner Bewerbung bedarf. Vielmehr gebührt auch dann Ersatz, wenn der Dienstgeber von sich aus in diskriminierender Weise Beförderungen vornimmt. 6. Kündigung und Entlassung 49 Eine diskriminierende Kündigung oder Entlassung kann nach § 12 Abs 7 und § 26 Abs 7 GlBG angefochten werden. In auffallendem Gegensatz zu den übrigen Fällen der Diskriminierung ist hier allerdings kein Ersatz ideeller Schäden angeordnet. Trotz der aufgezeigten Bedenken gegen den Ersatz immaterieller Nachteile muss dies als Inkonsequenz abgelehnt werden. Wieso soll – bei grundsätzlicher Anerkennung der Ersatzfähigkeit der durch die Ungleichbehandlung verursachten immateriellen Schäden – gerade bei diskriminierender Kündigung oder Entlassung etwas anderes gelten? Dies stünde auch mit dem bereits mehrfach angesprochenen europarechtlichen Grundsatz in Widerspruch, dass für gleichwertige Verstöße die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auch im Wesentlichen gleichwertige Sanktionen vorzusehen haben (EuGH 21.9.1989, Rs 68/88–Kommission/Griechenland Rn 24; 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl Rn 29). Offenbar meinte der Gesetzgeber mit den schon nach den sonstigen arbeitsrechtlichen Vorschriften gebührenden Ersatzansprüchen auszukommen (zB § 29 AngG). Diese umfassen aber keinen Ersatz ideeller Schäden. Für den Fall einer diskriminierenden Kündigung enthält das Arbeitsrecht überhaupt keine Schadenersatzbestimmungen. Deshalb müssen auch hier die ideellen Schäden ersetzt werden, wenn eine verschuldete 386
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und erhebliche Verletzung der aus den Diskriminierungsverboten abzuleitenden Persönlichkeitsrechte vorliegt (Kletecˇka in Tomandl/ Schrammel, Diskriminierungsverbote 107; Sturm, DRdA 2004, 574 ff; § 3 Rn 155 f oben Rn 20 ff). Ist dem ArbN die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zu- 50 mutbar, stellt sich die Frage, ob nicht alternativ zur Anfechtung der Beendigung auch ein Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens besteht. ME ist dies zu bejahen. Wie nach Abs 1 ist der Entgeltentgang bis zur Möglichkeit einer rechtmäßigen Kündigung zu ersetzen (Rn 16). Auch hier ist ein Vorteilsausgleich (Erspartes und anderweitig Erworbenes) und die Anrechnung des absichtlich nicht Erworbenen vorzunehmen, wie sich aus § 1162b ABGB ergibt, wobei der Vorteilsausgleich und die Anrechnung für die ersten drei Monate unterbleibt (§ 1162b ABGB aE). 7. Berufsberatung, Weiterbildung, Umschulung, Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer- bzw Arbeitgeber-Organisation Bei einer Ungleichbehandlung hinsichtlich der Berufsberatung, 51 Weiterbildung, Umschulung und der Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer- bzw Arbeitgeber-Organisation bestehen die – nach dem Gesetzeswortlaut – alternativen Ansprüche auf Herstellung des diskriminierungsfreien Zustands oder auf Ersatz des Vermögensschadens. Kumulativ zu einem dieser beiden Ansprüche gebührt der Ersatz der ideellen Schäden (§ 12 Abs 8 und 9; vgl auch § 26 Abs 8 und 9 GlBG). Auch hier wird man allerdings Vermögensschäden, die mit der Beseitigung der Ungleichbehandlung nicht aus der Welt geschafft werden können, als ersatzfähig anzusehen haben (s oben Rn 45). 8. Selbständige Beschäftigung Findet die Ungleichbehandlung beim Zugang zur selbständigen Be- 52 schäftigung statt, gebührt wieder der Ersatz des Vermögensschadens und der immateriellen Schäden (§ 20 Abs 10 GlBG). Siehe auch Anm zu § 4. 9. Sexuelle Belästigung, geschlechtsbezogene Belästigung und Belästigung aus den Gründen des § 17 GlBG Bei sexueller Belästigung und geschlechtsbezogener Belästigung 53 (§ 7 GlBG; zur Belästigung, die mit der ethnischen Zugehörigkeit, 387
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der Religion usw im Zusammenhang steht [§ 21 GlBG iVm § 17 GlBG] siehe § 26 Abs 11 GlBG) hat die betroffene Person gegenüber dem Belästiger und unter Umständen auch gegen den Arbeitgeber Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Soweit der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße besteht, ist auch ein Ausgleich für den immateriellen Schaden vorgesehen. Letzterer beträgt mindestens € 400,– (§ 12 Abs 11 GlBG), bei sexueller Belästigung mindestens € 720,– (§ 12 Abs 11 GlBG). 54 Zunächst fällt an dieser Bestimmung auf, dass – nimmt man sie wörtlich – ein Anspruch auf Ersatz ideeller Schäden vom Vorliegen eines Vermögensschadens abzuhängen scheint. Dieser soll ja nur dann eingreifen, wenn „der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße“ besteht. Dies ist aber lediglich eine sprachliche Ungenauigkeit, die sich aus dem alten GlBG (§ 2a Abs 7) herübergerettet hat. Immaterielle Schäden sind daher auch hier unabhängig von Vermögensnachteilen ersatzfähig. Zu den Mindestersätzen ist auf das vorhin Gesagte zu verweisen (oben Rn 24 ff). Zu rechtfertigen sind diese hier ebenfalls nur dann, wenn man dafür wenigstens ein Verschulden verlangt. Wie erwähnt, steht das Europarecht dem nicht entgegen, weil dieses keine Haftungsuntergrenzen verlangt. Handelt der Belästiger ausnahmsweise unverschuldet, kann ein Mindestersatz nicht gerechtfertigt werden. 55 Interessanterweise hat sich hier in einem Teilbereich das Haftungselement des Verschuldens in das Gesetz hineingestohlen. Der Arbeitgeber haftet nämlich für die Belästigung durch Dritte nur dann, wenn er es schuldhaft unterlassen hat, angemessene Abhilfe zu schaffen (§ 6 Abs 1 Z 2, § 7 Abs 1 Z 2 GlBG). Dies ist durchaus sachgerecht und steht auch mit den RL im Einklang, weil diese nur für den Belästiger selbst und für denjenigen, der zur Belästigung „angewiesen“ hat, eine verschuldensunabhängige Haftung vorschreiben (Art 2 Abs 4 Gleichbehandlungs-RL, vgl auch Art 2 Abs 4 AR-RL, Art 2 Abs 4 R-GB-RL). 10. Beweiserleichterung 56 Wie vorhin aufgezeigt, verlangt das Europarecht für die Diskriminierungsfälle Beweiserleichterungen. Umgesetzt wurden diese in § 12 Abs 12 (ebenso § 26 Abs 12 GlBG); vgl dazu ausführlich auch § 5 Rn 64 ff. Die Erleichterungen bestehen darin, dass der Kläger den von ihm behaupteten Diskriminierungssachverhalt lediglich 388
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glaubhaft zu machen hat. Dem Beklagten obliegt es dann, zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich (jetzt: wahrscheinlicher, BGBl I 2005/82, vgl Anhang I) ist, dass ein anderes vom ihm glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für die Tätigkeit war oder der in § 5 Abs 2 GlBG genannte Rechtfertigungsgrund vorliegt. Auf Grund der erwähnten europarechtlichen Vorgaben hat das GlBG auch die Belästigungstatbestände in die Beweislastregelung einbezogen (§ 12 Abs 12 aE; ebenso § 26 Abs 12 aE GlBG). Die bisherige Rsp des OGH, nach der es sich dabei um Tatsachen handle, für die eine Abschwächung der Beweislast nicht erforderlich sei (OGH DRdA 1997/ 13), kann demnach nicht mehr aufrecht erhalten werden (Sturm, DRdA 2004, 574). Ob mit Abs 12 den Richtlinienvorgaben entsprochen wird, er- 57 scheint allerdings zweifelhaft (§ 3 Rn 49). Die Beweislast-RL (97/ 80/EG) (Art 4 Abs 1) (vgl auch Art 8 Abs 1 AR-RL und Art 10 Abs 1 R-GB-RL) verlangt nämlich, dass der Beklagte nach Bescheinigung der Diskriminierung durch den Kläger den Beweis dafür zu erbringen hat, dass keine Ungleichbehandlung vorgelegen hat. § 12 Abs 12 (ebenso § 26 Abs 12) spricht zwar ebenfalls davon, dass nach Glaubhaftmachung durch den Kläger dem Beklagten der Beweis obliegt. Sieht man genauer hin, erkennt man aber, dass dieser „Beweis“ nichts mit dem zu tun hat, was man nach allgemeinen Regeln darunter versteht. Der Beklagte hat nämlich nur „zu beweisen“, dass es „wahrscheinlich ist“, dass ein anderes „vom Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv“ ausschlaggebend war. Für die Belästigungsfälle wird Sinngemäßes angeordnet. Diese Regelung ist äußerst verworren. Hier ist nämlich die zu beweisende Tatsache eine „Wahrscheinlichkeit“, womit Beweisgegenstand und Beweismaß miteinander vermengt werden. Diese nachzuweisende Wahrscheinlichkeit bezieht sich wiederum auf ein lediglich glaubhaft zu machendes Motiv bzw eine glaubhaft zu machende Tatsache. In Wahrheit läuft dies ohnehin nur auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit hinaus (s jetzt auch: BGBl I 2005/82, vgl Anhang I). In der Glaubhaftmachung ist nämlich nichts anderes zu erblicken, als eine Abmilderung des notwendigen Beweismaßes (Prütting, Gegenwartsprobleme der Beweislast, 336), also eine Senkung des sonst erforderlichen Überzeugungsgrades (nach neuerer Rsp [OGH 7 Ob 260/04t]: „hohe Wahrscheinlichkeit“) auf eine überwiegende Wahrscheinlichkeit 389
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(zu den Beweisabstufungen „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, „hohe Wahrscheinlichkeit“ und „überwiegende Wahrscheinlichkeit“: Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht6 Rn 581). Wie sich bei den Belästigungsfällen am deutlichsten zeigt, ist daher die „zu beweisende“ Wahrscheinlichkeit und die Glaubhaftmachung ein und dasselbe. Damit besteht aber in Wirklichkeit – trotz der Einfügung der Worte „zu beweisen“ – kein Unterschied zur RV, die eine dem § 105 Abs 5 ArbVG entsprechende Regelung vorsah. Von einer Beweislastumkehr, wie die Mat meinen (EB 307 BlgNR 22. GP, 19; AB 499 BlgNR 22. GP, 3), kann daher hinsichtlich der Gesetz gewordenen Fassung genauso wenig die Rede sein wie in Bezug auf jene in der RV. Dem Gesetzgeber ist es daher nicht gelungen, Zweifel an der vollständigen Umsetzung zu zerstreuen (aA AB 499 BlgNR 22. GP, 3). Die RL verlangen nämlich vom Beklagten mehr als vom Kläger. Nach der vorliegenden Regelung werden sie hingegen gleichbehandelt (s auch § 5 Rn 64 ff). 11. Nichtigkeit 58 Das GlBG trifft keine eindeutige Aussage darüber, ob diskriminierende Vereinbarungen in Dienstverträgen nichtig sind. In jenen Fällen, in denen der ArbN ein Recht auf Gleichstellung hat, stellt sich das Problem der Nichtigkeit häufig nicht, weil § 12 GlBG hier auf den Vertrag einwirkt und diesen zB hinsichtlich der Entgeltshöhe, freiwilliger Sozialleistungen oder sonstiger Arbeitsbedingungen anpasst. Der Mechanismus ist jenem des § 917a ABGB vergleichbar, der sich bei Unterschreiten eines gesetzlichen Entgelts nicht mit der Nichtigkeit der Entgeltsvereinbarung begnügt, sondern eine gesetzliche Vertragskorrektur vorsieht. Die Anpassung des Vertrages bedarf daher nicht der Geltendmachung. Lediglich die aus dieser Vertragsänderung resultierenden Ansprüche verjähren in der Frist des § 1486 ABGB, wenn nicht rechtzeitig geklagt wird (siehe unten § 15 Rn 13). Diskriminierende Weisungen sind nichtig und dürfen daher auch nicht befolgt werden (§ 3 Rn 30, 145). Eine diskriminierende Beendigung des Dienstverhältnisses ist, wie sich aus der Notwendigkeit, sie binnen 14 Tagen anzufechten (§ 15 GlBG) ergibt, nicht nichtig (§ 3 Rn 154). Wegen der richtlinienkonformen Auslegung, die zur Ersatzfähigkeit des Vermögensschadens und der ideellen Schäden geführt hat, erscheinen die mangelnde Nichtigkeitssanktion und die kurze Anfechtungsfrist gemeinschaftsrechtlich unbedenklich (vgl aber § 3 Rn 154). 390
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12. Konkurrenzen und Mehrfachdiskriminierung Hinsichtlich der sexuellen Belästigung kann es zu Überschneidun- 59 gen mit § 1328 ABGB kommen. Insbesondere die Ausnützung eines Abhängigkeits- oder Autoritätsverhältnisses liegt in arbeitsrechtlichen Zusammenhängen besonders nahe. Wie Brodil (Anm zu ZAS 2000/1) überzeugend dargelegt hat, kommt es hier zu einer alternativen Anspruchskonkurrenz, womit eine Doppelliquidation des Schadens vermieden wird. Freilich fördert auch diese Anspruchskonkurrenz eine Wertungswidersprüchlichkeit zutage: § 12 Abs 11 GlBG enthält einen Mindestersatz, der erst bei massiveren Fällen eingreifende § 1328 ABGB sieht hingegen keine Haftungsuntergrenze vor. Auch mit § 1328a Abs 1 ABGB, der Schadenersatz für Eingriffe in 60 die Privatsphäre normiert, wären Überschneidungen denkbar. Da darunter zB auch Telefonterror zu subsumieren ist (EB zu § 1328a ABGB 173 BlgNR 22. GP, 18), scheint es nicht undenkbar, dass auch zB eine Belästigung darunter fallen könnte. Nach § 1328a Abs 2 ABGB ist allerdings dessen Abs 1 dann nicht anzuwenden, wenn eine Verletzung der Privatsphäre nach besonderen Bestimmungen zu beurteilen ist. Das bedeutet im Ergebnis, dass das GlBG den § 1328a ABGB verdrängt. Auch innerhalb des GlBG kann es zu Konkurrenzen kommen. 61 Nimmt zB ein ArbG muslimische Frauen nicht auf, so wird gleichzeitig aus den Gründen des § 3 Z 1 (Geschlecht) und aus jenen des 17 Abs 1 Z 1 (Religion) diskriminiert. Üblicherweise wird zwischen Mehrfachdiskriminierung und intersektioneller Diskriminierung unterschieden. Unter einer Mehrfachdiskriminierung versteht man eine Diskriminierung, die sich aus mehreren Gründen in einem längeren betrieblichen Konflikt nacheinander summiert. Von einer intersektionellen Diskriminierung wird hingegen dann gesprochen, wenn sie eine Gruppe von Personen trifft, die mehrere „verpönte Merkmale“ aufweisen, ohne dass die einzelnen Diskriminierungsgründe voneinander getrennt werden können (zB Kopftuch einer Muslima) (Schiek, NZA 2004, 876; WindischGraetz, im Druck). Die Trennschärfe dieser Unterscheidung ist zu bezweifeln. Diskriminiert zB ein ArbG ältere ArbN und Homosexuelle hinsichtlich des beruflichen Aufstiegs und handelt es sich bei der diskriminierten Person um eine ältere homosexuelle Person, so liegt nach dieser Definition weder eine Mehrfachdiskriminie391
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rung (Gleichzeitigkeit) noch eine intersektionelle Diskriminierung (Trennbarkeit der Gründe) vor. Der Nutzen dieser Einteilung ist auch deshalb zu bezweifeln, weil nicht recht klar wird, welche Funktion die einzelnen Begriffselemente haben sollen und welche Unterschiede hinsichtlich der Rechtsfolgen bestehen sollen. 62 Die im Zusammenhang mit allen Formen der Mehrfachdiskriminierungen zu klärende Frage ist, ob ein einheitlicher Akt oder mehrere Akte der Diskriminierung vorliegen. Dies ist zB im Hinblick auf haftungsrechtliche Ober- und Untergrenzen und unterschiedliche Verjährungsfristen von Bedeutung (Windisch-Graetz, im Druck). ME wird man zur Beantwortung dieser Frage auf die Einheitlichkeit der Diskriminierungshandlung einerseits und auf die Identität des Persönlichkeitsrechts, in das eingegriffen wird, andererseits abzustellen ist. Im Grundsatz ist bei unterschiedlichen Rechtsgütern (zB Geschlechtsehre und Recht auf Gleichbehandlung hinsichtlich der Religion) eher von getrennten Sachverhalten auszugehen als bei identischem Rechtsgut. Finden zB über einen längeren Zeitraum verteilt sexuelle Belästigungen statt, so wird man dennoch nur einmal die Mindestgrenze von € 720 zu beachten haben. Vielmehr ist der Gesamtsachverhalt zu berücksichtigen und eine Globalbemessung vorzunehmen (OGH ZAS 2000/1 [Brodil]; Windisch-Graetz, im Druck). Bei dieser ist natürlich zu berücksichtigen, dass idR ein wiederholter Angriff auch zu höheren ideellen Schäden führen wird (§ 3 Rn 52). Dasselbe sollte auch dann gelten, wenn manche der Belästigungen „nur“ als geschlechtliche Belästigungen anzusehen sind. Auch dann sind die Mindestersätze nicht zu kombinieren (Windisch-Graetz, im Druck). Wird mit einem einheitlichen Akt eine Person aus unterschiedlichen Gründen diskriminiert (homosexuelle weibliche Person wird nicht befördert), sind ebenfalls die Höchst- und Mindestbeträge der §§ 12 Abs 5 und 26 Abs 5 nur einmal zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn beide Eigenschaften Einfluss auf das Ausmaß der Benachteiligung hatten (zB in der Abteilung A kommen Homosexuelle und in der Abteilung B Frauen nicht in Führungspositionen; die homosexuelle ArbN kann weder in der einen noch in der anderen Abteilung aufsteigen). Auch hier ist aber bei der Globalbemessung der mehrfachen Diskriminierung Rechnung zu tragen. Handelt es sich aber um mehrere Angriffe auf unterschiedliche Rechtsgüter, die in keinem Zusammenhang miteinander stehen, ist mE sowohl in Bezug auf die Ober- und Untergrenzen als 392
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auch hinsichtlich der unterschiedlichen Verjährungsfristen eine Trennung vorzunehmen. Ein solcher Fall liegt zB dann vor, wenn der ArbG eine ArbN einmal sexuell belästigt, dieses Verhalten in weiterer Folge zwar einstellt, aber einige Monate später dieselbe ArbN mit rassistischen Äußerungen verletzt. 13. Diskriminierungsfreie Ausschreibung Verstößt ein Arbeitgeber oder ein Arbeitsvermittler gegen das Ge- 63 bot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung (§ 9; vgl auch § 23 GlBG), zieht das nicht Schadenersatz, sondern eine Verwaltungsstrafe bis € 360,– nach sich (§ 10 vgl auch § 24 GlBG). Der Arbeitgeber hat diesbezüglich aber sozusagen einen „Freibiss“, weil er beim ersten Verstoß lediglich zu verwarnen ist. Der Arbeitsvermittler ist hingegen bereits beim ersten Mal zu bestrafen. Da die RL bereits die Phase der Stellenausschreibung erfassen, muss die Sanktion für diskriminierende Ausschreibungen abschreckend sein. Ob dafür die Verwarnung ausreicht, ist mE sehr zweifelhaft. ME kann selbst die Verwaltungsstrafe unzureichend sein. Tritt bereits auf Grund einer nicht geschlechtsneutralen Ausschreibung ein Schaden ein, weil sich zB der Bestqualifizierte wegen der geschlechtsspezifischen Ausschreibung nicht bewirbt, muss darüber hinaus in richtlinienkonformer Interpretation auch eine Schadenersatzpflicht angenommen werden. Wie gesagt, verpflichtet die Gleichbehandlungs-RL – anders als die AR-RL und die R-GB-RL – die Mitgliedstaaten dazu, für Verstöße gegen Art 3 Gleichbehandlungs-RL eine Ersatzpflicht vorzusehen (Art 6 GleichbehandlungsRL). Art 3 Abs 1 lit a Gleichbehandlungs-RL erwähnt die „Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen“ ausdrücklich, sodass mE kein Zweifel daran bestehen kann, dass Art 3 Gleichbehandlungs-RL bereits die Ausschreibungsphase erfasst. Eine Strafbestimmung und noch weniger eine bloße Verwarnung genügen daher den Anforderungen der RL in diesem Punkt nicht. Anderes könnte für § 26 GlBG gelten, der die Rechtsfolgen für die anderen Diskriminierungsverbote regelt. Auf Grund der schadenersatzrechtlichen Gleichbehandlung des Genderbereichs und der anderen Diskriminierungsverbote im innerstaatlichen Recht muss mE auf Grund des daraus ableitbaren telos des GlBG eine Ersatzpflicht für alle Fälle von diskriminierender Ausschreibung bestehen. Die Schadenersatzpflicht des ArbG, der auch für den Personalver- 64 mittler haftet (oben Rn 15), genügt der europarechtlichen Ver393
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pflichtung. Mit Ausnahme der Belästigungstatbestände ziehen Diskriminierungen immer nur Ersatzansprüche gegen den ArbG nach sich. Da neben diesen Schadenersatzanspruch auch noch die den Arbeitsvermittler treffende Verwaltungsstrafe tritt, wird den Erfordernissen des Art 6 Gleichbehandlungs-RL auch ohne einer schadenersatzrechtlichen Verantwortlichkeit des Vermittlers entsprochen. Für den Arbeitsvermittler beschränkt sich daher grundsätzlich die Rechtsfolge einer geschlechtsdiskriminierenden Ausschreibung auf die Verwaltungsstrafe (§ 3 Rn 18; zum alten GlBG offen lassend: OGH 9 Ob A 318/99a). Die gegenteilige Ansicht von Sturm (DRdA 2004, 574 ff vor Fn 25), nach welcher ArbG und Personalvermittler solidarisch haften sollen, wird mit der Umgehungsmöglichkeit begründet, wenn sich der Vermittler weigert, seinen Auftraggeber zu nennen. Dies berührt allerdings eine auch sonst nicht zu vermeidende Problematik, die sich daraus ergibt, dass der ArbG nicht verpflichtet ist, eine zu besetzende Stelle überhaupt auszuschreiben. Spricht er für die freie Stelle zB über einen Headhunter nur Personen eines bestimmten Geschlechts an, werden andere Interessenten vom Einstellungsvorgang keine Kenntnis erlangen. Es ist aber auch gar nicht notwendig, den Arbeitsvermittler als Adressat des § 12 GlBG anzusehen. Verweigert er die Auskunft über die Person des ArbG, verletzt er damit eine vorvertragliche Pflicht, so dass er aus diesem Grund jenen Ersatz zu leisten hat, den der ArbN bei Kenntnis der Person des ArbG von diesem erhalten hätte (§ 3 Rn 18: § 9 iVm § 1311 ABGB [Schutzgesetz]). Der Unterschied zu der von Sturm vertretenen Meinung besteht darin, dass der Arbeitsvermittler nur haftet, wenn der seiner Auskunftspflicht nicht nachkommt, also keine Solidarhaftung besteht. Benachteiligungsverbot § 13. Als Reaktion auf eine Beschwerde darf ein/e Arbeitnehmer/in durch den/die Arbeitgeber/in innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. Auch ein/e andere/r Arbeitnehmer/in, der/die als Zeuge/Zeugin oder Auskunftsperson in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde eines/einer anderen Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin unterstützt, darf als Reaktion auf eine solche Beschwerde oder auf die Einleitung eines solchen Verfahrens zur Durchsetzung 394
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des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. § 12 Abs. 12 gilt sinngemäß. Literatur: Eypeltauer, Gedanken zum Kündigungsanfechtungsgrund des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG, DRdA 1988, 435; Smutny, Gleichbehandlungsgesetz (2001); Trost, Komm zu OGH 8 Ob A 271/94, ZAS 1996/1; Bei, Art 6 Gleichb-Richtlinie – effektiver Rechtsschutz gegen Folgediskriminierung, Komm zu EUGH C185/97, DRdA 1999, 159. § 13 enthält das an den ArbG gerichtete Verbot, einen ArbN in 1 Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zu entlassen, zu kündigen oder sonst zu benachteiligen (Benachteiligungsverbot). In der ursprünglichen Fassung des Art 7 der GleichbRL idF vor der RL 2002/73/EG war dieses Verbot noch nicht als allgemeines Benachteiligungsverbot, sondern lediglich als Entlassungsschutz formuliert. Schon zu dieser Bestimmung stellte allerdings der EuGH (22.9.1998, C-185/97-Coote Rn 27) klar, dass sich der Schutz gegen Vergeltungsmaßnahmen nicht auf die Entlassung beschränkt. Selbst Benachteiligungen nach Beendigung des Dienstverhältnisses (Verweigerung eines Arbeitszeugnisses) seien von Art 7 GleichbRL aF erfasst gewesen. Mit der GleichbRL idF der RL 2002/73/EG trug der Richtliniengeber dieser Judikatur Rechnung und ergänzte Art 7 um das Verbot „anderer Benachteiligungen“. Außerdem wurden auch die Arbeitnehmervertreter in den Schutzbereich einbezogen. Im Erwägungsgrund 17 der RL 2002/73/EG wurde unter Hinweis auf die Rechtsprechung (EuGH 22.9.1998, C-185/97-Coote Rn 27) ausgesprochen, dass die ArbN auch noch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Schutz genießen müssen. Es wird auch klargestellt, dass das Benachteiligungsverbot nicht nur den sich wehrenden diskriminierten ArbN, sondern auch andere ArbN erfasst, welche den Diskriminierten verteidigen oder für ihn als Zeuge aussagen (Erwägungsgrund 17). Unter dem Titel „Viktimisierung“ enthalten Art 11 RahmengleichbehandlungsRL (2000/78/EG) und Art 9 AntirassismusRL (2000/43/EG) parallellaufende Bestimmungen. Zutreffend hat bereits der EuGH (22.9.1998, C-185/97-Coote 2 Rn 24) darauf hingewiesen, dass ein Benachteiligungsverbot für einen effektiven Rechtsschutz erforderlich ist. In der Tat be395
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stünde sonst die Gefahr, dass die Diskriminierungsverbote von den diskriminierten ArbN aus Angst vor Repressalien nicht durchgesetzt würden. § 13 übernimmt im Wesentlichen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben, wobei allerdings dem Gesetzgeber die Syntax durcheinander gekommen sein dürfte (siehe schon § 3 Rn 49). Richtig muss der Anfang des ersten Satzes lauten: „Als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes darf ein/e Arbeitnehmer/in durch den/die Arbeitgeber/in nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden.“ 3 Ob die Benachteiligung als Reaktion auf den Widerstand gegen eine Diskriminierung selbst ebenfalls eine Diskriminierung darstellt, ist fraglich (§ 3 Rn 50). Dies wird von Trost (Anm zu OGH ZAS 1996/1) und Bei (Anm zu EuGH DRdA 1999, 159-Coote) bejaht, weshalb auch von Folgediskriminierung gesprochen wird. Diese Ansicht erscheint allerdings zweifelhaft, weil bereits die GleichbRL – ebenso wie die AntirassismusRL und die RahmengleichbehandlungsRL – die Benachteiligung als eigenen Tatbestand nennt (§ 3 Rn 50). Es würde auch etwas seltsam anmuten, wenn man einen Mann, der in einem Unternehmen, in welchem Männer bevorzugt werden, gegen diese Ungleichbehandlung eintritt, als auf Grund des Geschlechts diskriminiert anzusehen wäre. Letztlich kann diese Frage aber auf sich beruhen, weil kein Unterschied in den Rechtsfolgen besteht. Auch wenn man die Qualifikation als Folgediskriminierung ablehnt, zieht das die entsprechenden Konsequenzen nach sich. Der Gesetzgeber hat nämlich darauf verzichtet, für den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbotes eigene Rechtsfolgen anzuordnen. Schon das legt nahe, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Reaktion auf eine Beschwerde oder eine Verfahrenseinleitung § 12 Abs 7 zur Anwendung kommt. Die EB (307 BlgNR 22. GP, 20) bestätigen diese Auffassung, in dem sie auf die Rechtsfolgen des § 20 (jetzt §§ 12 und 26) verweisen. Je nach Art der Benachteiligung ist auf die jeweiligen Bestimmungen des § 12 zurückzugreifen. Wird also zB ein ArbN wegen einer Zeugenaussage hinsichtlich des beruflichen Aufstieges benachteiligt, kommt § 12 Abs 5 zum Tragen. 4 Hinsichtlich der Rechtsfolgen von Belästigungen dürfte der Verweis keine Bedeutung haben. Wird ein ArbN wegen einer Be396
§ 13
Benachteiligungsverbot
schwerde belästigt, so zieht dies keine anderen Konsequenzen nach sich wie eine Belästigung, die in keinem Zusammenhang mit einer Beschwerde steht. Lediglich bei striktem Vertreten der These, dass jede Benachteiligung selbst eine Diskriminierung darstellt, könnte man auf die Idee kommen, ein Mobbing als geschlechtliche Belästigung zu qualifizieren, wenn die Beschwerde eine Ungleichbehandlung auf Grund des Geschlechts gerügt hat. ME ist dies allerdings abzulehnen. Konsequenterweise müsste ja sonst eine sexuelle Belästigung auf die Folgediskriminierung durchschlagen und diese ebenfalls zur sexuellen Belästigung machen. Im Unterschied zur RL werden die Arbeitnehmervertreter in § 13 5 nicht erwähnt, weil diese insbesondere nach dem ArbVG bereits einen entsprechenden Schutz genießen (EB 307 BlgNR 22. GP, 20). In Entsprechung des Erwägungsgrundes 17 der Gleichbehandlungs-RL werden auch Arbeitskollegen geschützt, die als Zeugen auftreten oder eine Beschwerde eines anderen ArbN unterstützen. Letztere Formulierung könnte auf den ersten Blick als etwas zu eng angesehen werden, weil sie nur den Fall erfasst, dass bereits jemand anderes eine Beschwerde erhoben hat. Da allerdings § 13 Satz 1 nicht voraussetzt, dass sich der ArbN in eigenen Angelegenheiten beschwert, ist auch die Benachteiligung in Reaktion auf eine Beschwerde gegen die Ungleichbehandlung eines Arbeitskollegen erfasst, wenn sich weder dieser selbst noch ein anderer ArbN dagegen Beschwerde erhoben hat. Dieses Verständnis steht auch mit Erwägungsgrund 17 der Gleichbehandlungs-RL im Einklang („eine Person … verteidigt“). Mit den EB (307 BlgNR 22. GP, 20) ist für den Schutz nach § 13 eine „qualifizierte Unterstützung“ von Kollegen gegenüber dem ArbG oder einem Vorgesetzten zu verlangen. Dieses Kriterium tritt neben das Kausalitätserfordernis (unten Rn 5), so dass zB die „Vergeltungs-Kündigungen“ von beliebigen ArbN als Reaktion auf eine Beschwerde nicht unter § 13 fallen. Nach den Mat (307 BlgNR 22. GP, 20) muss ein sachlicher und 6 zeitlicher Zusammenhang zwischen der Diskriminierung bzw der Beschwerde und der qualifizierten Unterstützung einerseits und der Reaktion des ArbG andererseits bestehen. Diese Aussage erscheint etwas diffus. Richtigerweise ist wie auch bisher (Smutny, 307) ein Kausalzusammenhang zwischen der Beschwerde bzw der Unterstützung und der Benachteiligung zu verlangen (zu den sich aus dem Erfordernis der „qualifizierten Beschwerde“ ergebenden Folgen 397
§ 13
Kletecˇka
siehe oben Rn 4). Diesbezügliche Beweisschwierigkeiten werden durch die Verweisung auf § 12 Abs 12 überbrückt (zur gemeinschaftsrechtlichen Problematik dieser Bestimmung siehe § 3 Rn 49 und § 12 Rn 57). Der von den Mat auch zur Diskriminierung geforderte Zusammenhang ist nicht unproblematisch, weil daraus geschlossen werden könnte, dass § 13 nur eingreift, wenn tatsächlich eine Diskriminierung stattgefunden hat. Damit bliebe allerdings die neue Bestimmung hinter jener des § 2a Abs 8 GlBG aF zurück, die trotz verunglückter Textierung („offenbar nicht unberechtigte Geltendmachung“, statt richtig: „nicht offenbar unberechtigte Geltendmachung“) so zu verstehen war, dass der Benachteiligungsschutz auch dann besteht, wenn die geltend gemachten Ansprüche nicht bestanden haben, dies aber ex ante nicht offenkundig war (Smutny, 309 f mwN). Da mit dem neuen GlBG sicher keine Einschränkung des Viktimierungsschutzes bezweckt war, kann dieser auch dann eingreifen, wenn sich später herausstellt, dass in Wahrheit gar keine Ungleichbehandlung vorlag (siehe auch Rn 7). 7 § 13 enthält anders als § 2a GlBG aF keinen Ausschluss des Schutzes für den Fall, dass zB die Kündigung in Reaktion auf eine offenbar unberechtigte Geltendmachung von Ansprüchen erfolgt ist (siehe oben Rn 6). Dennoch muss dieses Regulativ auch nach geltendem Recht eingreifen. Sonst könnte zB ein ArbG einen ArbN nicht einmal dann entlassen, wenn dieser ihn wissentlich zu Unrecht wegen einer sexuellen Belästigung verklagt. Auf Grund der Beweiserleichterung des Abs 12 könnte es sich sogar für einen kündigungsbedrohten ArbN als sinnvolle Strategie erweisen, ständig völlig unberechtigte Anschuldigungen gegen den ArbG zu erheben. Dem ArbG wird es in einem solchen Fall nur sehr selten gelingen, es auch nur als überwiegend wahrscheinlich darzutun (vgl § 12 Rn 56), dass die Kündigung mit den unberechtigten Beschwerden nichts zu tun hat. Für den ArbG könnte es sich daher als einfacher erweisen, einen anderen ArbN zu kündigen. Deshalb greift der Benachteiligungsschutz nur dann ein, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen oder die Beschwerde nicht offenbar unberechtigt ist. Dies steht auch mit der RL im Einklang, die einen effektiven Rechtsschutz gegen Diskriminierungen anstrebt (EuGH 22.9.1998, C-185/97-Coote Rn 24; vgl auch Erwägungsgrund 17). Zur Erreichung dieses Ziels ist es weder notwendig noch sinnvoll, einen Schutz auch dann vorzusehen, wenn offensichtlich keine Diskriminierung stattgefunden hat. 398
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Förderungsmaßnahmen
Nach dem Text des § 13 muss die Benachteiligung als Reaktion auf 8 eine Beschwerde innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes erfolgen. Bei wörtlichem Verständnis wären Stellungnahmen außerhalb des Unternehmens nicht erfasst, die nicht in der Einleitung eines Verfahrens bestehen. Schon nach alter Rechtslage war es allerdings hA, dass jedes Verhalten des ArbN darunter fällt, das in irgendeiner Form der Realisierung des Anspruchs dient (Eypeltauer, DRdA 1988, 446; Smutny, 309). Obwohl § 2a Abs 8 GlBG alt weiter gefasst war („Geltendmachung von Ansprüchen“), ist nicht anzunehmen, dass durch § 13 die Rechte der ArbN eingeschränkt werden sollten. Deshalb werden nicht nur Klagen und Anträge nach § 12 Abs 1 GkGaG, sondern nach wie vor alle Handlungen darunter zu subsumieren sein, welche auf Beseitigung des diskriminierenden Zustandes oder auf Durchsetzung anderer Ansprüche nach dem GlBG gerichtet sind. Deshalb fallen auch Gespräche mit dem Gleichbehandlungsanwalt, mit Interessenvertretungen, ja unter Umständen auch Stellungnahmen gegenüber Medien darunter. Aus diesem Grund kommt auch dem Klammerausdruck „Betriebes“ keine Bedeutung zu. Selbst wenn die Beschwerde außerhalb des betreffenden Betriebes oder Unternehmens (zB Konzernmutter) angebracht wird, ist sie erfasst, weil sie als Akt zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes anzusehen ist. Die Beweiserleichterung des § 12 Abs 12 gilt auch für das Benach- 9 teiligungsverbot (§ 13 letzter Satz). Dazu siehe oben § 3 Rn 49; § 12 Rn 56 f. Das Benachteiligungsverbot greift auch noch nach Beendigung des 10 Arbeitsverhältnisses (EuGH 22.9.1998, C-185/97-Coote Rn 24; vgl auch Erwägungsgrund 17). Es sind allerdings nur wenige Konstellationen vorstellbar, in denen diese Nachwirkung des § 13 zum Tragen kommen kann. Förderungsmaßnahmen § 14. Die Richtlinien über die Vergabe von Förderungen des Bundes an Unternehmen haben Förderungen nur für Unternehmen vorzusehen, die die Bestimmungen des I. Teiles beachten. 399
§ 14
Rebhahn
Literatur: Mayer, Gleichbehandlungsgesetz und Rechtsschutzstaat, ZAS 1992, 37 ff; Rebhahn; Beihilfen- und Subventionsrecht, in: Raschauer, Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 801 ff. 1 § 14 wendet sich primär an die Organe des Bundes, welche Richtlinien für Förderungen (Subventionen, Beihilfen) erlassen. Der BMF hat aufgrund § 20 Abs 5 BHG durch Verordnung Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln (ARR 2004) erlassen (BGBl II 2004/51). Deren § 21 Abs 2 bestimmt: „Die Gewährung einer Förderung ist … vom anweisenden Organ davon abhängig zu machen, dass der Förderungswerber insbesondere … 15. das Gleichbehandlungsgesetz, BGBl. Nr 108/1979, beachtet, sofern es sich um die Förderung eines Unternehmens handelt.“ Die Förderrichtlinien anderer Organe des Bundes sind an die ARR 2004 anzupassen. Der Verweis auf das GlBG 1979 ist sinnvollerweise auf das GlBG aus 2004 zu beziehen (auch wenn das GlBG dies nicht ausdrücklich anordnet). § 21 ARR verpflichtet einzig und allein die Organe des Bundes. 2 Förderungen werden in Österreich idR in den Rechtsformen des Privatrechts und damit aufgrund eines Subventionsvertrages vergeben (Rebhahn Rz 845). Eine Verpflichtung des Förderungsempfängers zur Beachtung des GlBG auch (!) im Verhältnis zum Förderungsgeber entsteht erst durch den Vertrag über die Förderung (vgl Rebhahn Rz 849), aber nicht bereits durch das GlBG oder dessen § 14 oder die ARR 2004 oder eine gleichsinnige Förderungsrichtlinie. Fraglich ist, ob die genannte Pflicht auch dann besteht, wenn sie nicht ausdrücklich im Förderungsvertrag vereinbart wurde. Der OGH hat dies für andere Förderrichtlinien grds bejaht, und man kann dies wohl auch für die ARR bejahen, weil sie von allg Bedeutung und leicht zugänglich sind. Die Pflicht des Empfängers zur Beachtung des GlBG aus dem Subventionsvertrag erfasst nur die Durchführung des Subventionsvertrages, nicht aber andere Aktivitäten des Empfängers. Für den Subventionsgeber rechtlich relevant können also nur jene Verletzungen des GlBG sein, die bei der Verwendung der Fördermittel auftreten. Wird allerdings der gesamte Betrieb einer Einrichtung (zB der Salzburger Festspiele) und nicht nur ein Projekt (zB ein Buch) gefördert, dann erfasst auch die Pflicht zur Beachtung des GlBG aus dem Vertrag die gesamte Tätigkeit des Empfängers.
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Förderungsmaßnahmen
Fraglich ist, was aus der Pflicht zur „Beachtung“ des GlBG kon- 3 kret folgt, wann der Empfänger sie verletzt und welche Rechtsfolgen an die Verletzung geknüpft werden können. Der Empfänger einer Förderung ist primär zur Verwirklichung des Zuwendungszwecks verpflichtet (zB zur Organisation einer Veranstaltung). Die Pflicht zur Beachtung des GlBG gehört demgemäß nicht zur Hauptleistungspflicht und ist daher nur eine Nebenpflicht aus dem Subventionsvertrag. Gleichwohl kann der Förderungsgeber vom Empfänger die Einhaltung des GlBG und damit dessen Erfüllung verlangen; es handelt sich nämlich um eine ausreichend selbständige Nebenpflicht, an deren Erfüllung der Subventionsgeber ausweislich des § 14 ein eigenständiges Interesse hat. Der Geber ist also nicht auf Sekundäransprüche beschränkt, kann also zB verlangen, dass Mitarbeiterinnen des Empfängers für gleiche Arbeit auch gleiches Entgelt bezahlt wird. „Beachtung“ des GlBG bedeutet wohl, dass der Empfänger alle Pflichten, die ihn als ArbG aus dem GlBG treffen, auch einhält, insb also das Verbot nach § 3 sowie die Pflichten (einschließlich der Schutzpflichten) nach den §§ 6 und 7. Die Pflicht zur Beachtung verpflichtet den Empfänger aber nicht, selbst „positive“ Maßnahmen iSd § 8 zu ergreifen. Nach § 8 GBK/GAW-G haben die Senate der Gleichbehandlungs- 4 kommission auch die Aufgabe, sich „mit Verstößen gegen die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes regelnde Förderungsrichtlinien zu befassen.“ Gemeint sind Verstöße gegen Förderungsrichtlinien, welche die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes verlangen (auch wenn dies nicht in grammatikalisch richtiger Weise zum Ausdruck gebracht werden konnte). Die Kommission kann allerdings nur Stellungnahmen abgeben, nicht aber in der Sache verbindliche Anordnungen treffen. Insb kann sie weder das Unternehmen von weiteren Förderungen ausschließen (Rn 6) noch die Förderung zurückverlangen. Beide Möglichkeiten hat nur das über die Förderung entscheidende Organ. Hat der Empfänger bei der Verwendung der Förderung (Rn 3) das 5 GlBG und damit seine Pflicht aus dem Subventionsvertrag verletzt, so gelten dafür grds die allg Regeln des Vertragsrechts. Zur Entscheidung über Sanktionen zuständig ist allein der Förderungsgeber (unter der nachprüfenden Kontrolle des ordentlichen Gerichts). Bei der Anwendung des Vertragsrechts ist zu bedenken, dass es sich bei der Beachtung des GlBG nicht um eine Hauptpflicht, sondern um 401
§ 14
Rebhahn
eine Nebenpflicht handelt, und dass eine Verletzung des GlBG kein Verschulden des ArbG voraussetzt und dieses Verschulden häufig auch nicht vorhanden ist. Auf eine Schlechtleistung des Empfängers ist grds das Gewährleistungsrecht – zumindest analog – anzuwenden, jedenfalls soweit der Empfänger einen bestimmten Erfolg schuldet (vgl Rebhahn Rz 867). Der Geber kann daher – wie gesagt – primär Erfüllung der Pflicht und damit des GlBG verlangen („Verbesserung“). Ist dies nicht mehr möglich, so stellt sich die Frage nach einer Rückforderung. Geht man vom allg Vertragsrecht aus, so wird der Geber den Vertrag wegen der Nichtbeachtung des GlBG nicht auflösen und daher die Subvention nicht zurückfordern können, weil die Verletzung des GlBG idR – im Verhältnis zur Hauptpflicht – nur einen „geringfügigen“ Mangel der Vertragsleistung darstellen wird. Nur ausnahmsweise wird eine Auflösung in Betracht kommen, wenn die Missachtung des GlBG nach Ausmaß und Intention so schwerwiegend ist, dass dem Empfänger die Zuhaltung des Vertrages nicht zumutbar ist. Ein Schadenersatzanspruch des Gebers wird wohl nicht in Betracht kommen, weil der Geber idR keinen Vermögensschaden haben wird; überdies wird häufig ein Verschulden fehlen (dieses ist für den auf § 1295 Abs 1 ABGB gestützten Ersatzanspruch wegen Verletzung des Förderungsvertrages – anders als für die Ersatzpflichten nach § 12 GlBG – durchaus erforderlich). Zu parallelen Ergebnissen gelangt man, wenn man die Pflicht zur Beachtung des GlBG nur als Sorgfaltspflicht einordnet; dann kommen Auflösung und Rückforderung nur in Betracht, falls in der Verletzung des GlBG ein wichtiger Grund zur Auflösung des Subventionsvertrages liegt. 6 Fraglich ist, ob der Geber ein Subventionsansuchen (allein) mit der Begründung ablehnen kann, dass der Bewerber in der Vergangenheit das GlBG nicht (ausreichend) beachtet habe. In das alte GlBG wurde durch die Novelle 1985 ein § 2b eingefügt, der vorsah: „Die Richtlinien für die Vergabe von Förderungen … haben Förderungen nur für Unternehmen vorzusehen, die das Gleichbehandlungsgesetz beachten und den Aufträgen der Gleichbehandlungskommission nachkommen“ (HvV). Der VfGH hat dies 1994 aufgehoben (3.3.1994, G 116/93 = VfSlg 13.699), weil der Ausschluss von Förderungen einem förmlichen Bescheid vorbehalten ist und nicht von einem bloßen – unverbindlichen – Gutachten der Gleichbehandlungskommission ausgehen darf, das in einem nicht auf Bescheiderlassung ausgerichteten Verfahren ergeht. Eine solche Ausgestaltung 402
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widerspricht nämlich dem Rechtsstaatsprinzip: Verwaltungsakte, die erhebliche Rechtswirkungen haben, dürfen nicht als unbekämpfbare Verwaltungsakte konstruiert werden, weil das verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechtsschutzsystem sonst leer laufen würde (Mayer, ZAS 1993, 37 ff). Damit ist aber nicht notwendig ausgeschlossen, dass der Subventionsgeber bei der Entscheidung über die Vergabe selbst – unter der nachprüfenden Kontrolle der Gerichte (vgl Rebhahn, Subventionsrecht Rn 870 ff) – prüft, ob der Werber das GlBG eingehalten hat und einhalten wird. Fraglich ist jedoch, ob er dies tun darf. § 14 legitimiert wohl dazu, bei der Entscheidung auch zu bedenken, ob der Werber voraussichtlich bei der Durchführung des Subventionszwecks das GlBG beachten wird. Erforderlich ist also eine Prognose über die voraussichtliche „Beachtung“. Allerdings wird nicht die Befürchtung irgendeiner Verletzung den Ausschluss von der Subvention rechtfertigen, sondern wohl nur die konkrete Befürchtung gravierender Verstöße, weil der Inhalt des Diskriminierungsverbotes in vielen Fällen aufgrund seines weiten Tatbestandes und seiner „Erfolgspflicht“ (§ 5 Rn 4) kaum verlässlich bestimmt werden kann. Bei dieser Prognose können schon erfolgte Verletzungen des GlBG eine Rolle spielen. Fraglich ist, ob auch Mitbewerber des Förderungswerbers oder des 7 Förderungsempfängers auf Unterlassung der Förderung klagen können, wenn und weil der Werber bzw Empfänger das Diskriminierungsverbot zu verletzen droht bzw verletzt. Dafür gelten grds die allg Regeln. Jedenfalls bei Förderungen an Unternehmer kommen solche Ansprüche uU in Betracht. Nur hinzuweisen ist hier darauf, dass die Beachtung des GlBG 8 auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge eine Rolle spielen könnte. Das Bundesvergabegesetz 2002 bestimmt dazu in § 71 Abs 2: „Der Auftraggeber hat in der Ausschreibung vorzusehen, dass die Erstellung des Angebots für in Österreich durchzuführende Arbeiten unter Berücksichtigung der in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften zu erfolgen hat und, dass sich der Bieter verpflichtet, bei der Durchführung des Auftrages in Österreich diese Vorschriften einzuhalten.“ Zu den einschlägigen Vorschriften zählt auch das GlBG. Zu den Fragen, inwieweit ein Bieter wegen Verletzungen arbeitsrechtlicher Vorschriften vom Verfahren ausgeschlossen werden darf, und welche Folgen die Verletzung bei der Erfüllung des Auftrages hat, muss auf das Schrifttum zum Vergaberecht verwiesen werden. 403
§ 15
Kletecˇka Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen
§ 15. (1) Ansprüche nach § 12 Abs. 1 und 5 sind binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen. Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche nach § 12 Abs. 1 und 5 beginnt mit der Ablehnung der Bewerbung oder Beförderung. Ansprüche nach § 12 Abs. 11 sind binnen eines Jahres gerichtlich geltend zu machen. Eine Kündigung oder Entlassung gemäß § 12 Abs. 7 oder § 13 ist binnen 14 Tagen ab ihrem Zugang beim Gericht anzufechten. Für Ansprüche nach § 12 Abs. 2, 3, 4, 6, 8, 9 und 10 gilt die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1486 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, soweit für diese Ansprüche durch Kollektivverträge, die nach dem 1. Juli 2004 abgeschlossen werden, nicht anderes bestimmt wird. (2) Die Einbringung des Antrages oder das Einlangen eines Verlangens eines Organs der Gleichbehandlungsanwaltschaft auf Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes oder ein amtswegiges Tätigwerden der Kommission zur Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bewirken die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung. (3) Wird dem/der Arbeitnehmer/in nachweislich 1. ein Prüfungsergebnis der Kommission im Einzelfall oder 2. ein Schreiben der Geschäftsführung der Kommission, aus dem hervorgeht, dass die Voraussetzungen für die Prüfung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes im Einzelfall nicht bzw. nicht mehr vorliegen, zugestellt, beendet die Zustellung die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung. Nach der Zustellung steht dem/ der Arbeitnehmer/in zur Erhebung der Klage zumindest noch eine Frist von drei Monaten offen. War die ursprüngliche Frist kürzer, so steht dem/der Arbeitnehmer/in nur diese offen. Das BGStG hat einen Absatz 4 eingefügt, vgl dazu Anhang I. Literatur: Eichinger Anm zu OGH RdW 1999, 671; Krejci in Rummel, Kommentar zum ABGB3 I (2000); K. Mayr, Beurteilung nationaler Klagefristen und Gemeinschaftsrecht, ELR 2000, 229; Sulzbacher Anm zu OGH DRdA 2000/24; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz (Kommentar 2001, zitiert: Smutny, Seite); Kletecˇka, Gewährleistung neu, Kommentar zum GewRÄG (2001).
404
Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen
I. II. III. IV. V.
Inhaltsübersicht Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europarechtskonformität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertragsanpassung ex lege und Verjährung . . . . . . . . . . Rechtsnatur der Fristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 15 1 2 13 14 15
I. Überblick Geordnet nach der Länge der Fristen stellt sich die Regelung des 1 § 15 wie folgt dar: In 14 Tagen ab Zugang verfristet die Möglichkeit, eine Kündigung oder Entlassung nach § 12 Abs 7 und § 13 anzufechten. In sechs Monaten ab Ablehnung der Bewerbung oder Beförderung verfristen die Ansprüche aus der Diskriminierung bei der Begründung und beim Aufstieg (§ 12 Abs 1 und 5). In einem Jahr verfristen Ansprüche aus geschlechtlicher oder sexueller Belästigung (§ 12 Abs 11). Alle anderen Ansprüche nach § 12 verjähren in der dreijährigen Frist des § 1486 ABGB, soweit in nach dem Inkrafttreten des GlBG (1.7.2004) abgeschlossenen Kollektivverträgen nicht anderes bestimmt wird. II. Europarechtskonformität § 15 stellt im Wesentlichen eine Übernahme des § 10b GlBG alt dar. 2 Schon zu diesem wurden Bedenken hinsichtlich der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit einiger Fristen angemeldet (K. Mayr, Beurteilung nationaler Klagefristen und Gemeinschaftsrecht, ELR 2000, 229; Sulzbacher Anm zu OGH DRdA 2000/24; vgl auch Smutny, 513 ff). In der Tat bestehen auch zum neuen Recht in dieser Hinsicht berechtigte Zweifel (§ 3 Rn 34, Rn 152, Rn 182). Die europarechtlichen Grenzen ergeben sich aus zwei Grundsätzen: Zum einen aus dem Prinzip der Effektivität, wonach die Fristen nicht so ausgestaltet werden dürfen, dass die Berufung auf Gemeinschaftsrecht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (EuGH 1.12.1998, C-326/96 Rn 18 ff – Levez; 16.5.2000, C-78/98 Rn 31 – Preston). Zum anderen setzt auch der Grundsatz der Gleichwertigkeit dem nationalen Gesetzgeber Schranken. Dieser besagt, dass mangels gemeinschaftsrechtlicher Regelung das Verfahrensrecht zwar Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung ist (vgl Art 6 Abs 4 Gleichbehandlungs-RL), diese Verfahren aber 405
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Kletecˇka
nicht ungünstiger ausgestaltet sein dürfen als bei entsprechenden Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen (EuGH 1.12.1998, C-326/96 Rn 18 ff – Levez; 16.5.2000, C-78/98 Rn 31 – Preston). 3 Nicht einmal durch die kürzeste Frist (14-tägige Frist für die Bekämpfung der Kündigung oder Entlassung) scheint auf den ersten Blick der Effektivitätsgrundsatz verletzt zu werden. Da die Frist mit dem Zugang der Kündigung zu laufen beginnt, sollte sichergestellt sein, dass der ArbN die Möglichkeit zur Anfechtung hat. Berücksichtigt man, dass der ArbG möglichst rasch Klarheit über das weitere Schicksal des Dienstvertrages haben soll, scheint in dieser Frist auch kein übermäßiges Erschwernis zu liegen. Bei näherem Hinsehen erkennt man hingegen, dass die Problematik im Beginn des Fristenlaufes liegt. Für diesen kommt es nämlich nicht darauf an, ob der ArbN überhaupt die Möglichkeit hatte, die Diskriminierung zu erkennen. Dabei ist zu bedenken, dass der ArbG alles daran setzen wird, die Ungleichbehandlung nicht offenbar werden zu lassen. In Kombination mit der Kürze der Frist, die in diesen Fällen häufig erfolgversprechende Nachforschungen ausschließen wird, bestehen daher hinsichtlich des objektiven Fristenlaufes auch im Hinblick auf den Effektivitätsgrundsatz erhebliche Bedenken (§ 3 Rn 154). Je länger die Fristen sind, desto unproblematischer erscheinen sie im Hinblick auf den Effektivitätsgrundsatz. 4 Unter dem Blickwinkel des Grundsatzes der Gleichwertigkeit sind die Fristen nicht unproblematisch. Soweit Schadenersatz als Folge der Diskriminierung vorgesehen ist, wäre eine schlichte Verweisung auf § 1489 ABGB nahe gelegen. Nach dieser Bestimmung verjähren Schadenersatzansprüche innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger. Mit dem § 15 hat der Gesetzgeber aber nicht diesen Weg eingeschlagen, sondern im Wesentlichen den § 10b GlBG alt übernommen. Der Schadenersatzanspruch wegen Diskriminierung bei der Einstellung und beim Aufstieg verjährt daher nach wie vor in sechs Monaten ab Ablehnung der Bewerbung oder Beförderung. Lediglich hinsichtlich der sexuellen und der geschlechtlichen Belästigung wurde die in der RV noch in Übereinstimmung mit § 10b GlBG ebenfalls mit 6 Monaten vorgesehen gewesene Frist auf ein Jahr verlängert (zum Belästigungstatbestand des § 21 vgl hingegen § 29 Abs 1). Für die Schadenersatzansprüche nach den anderen Abs des § 12 wird ebenso wie für 406
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die Ansprüche auf Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes auf die dreijährige Frist des § 1486 ABGB verwiesen. Die Sechsmonats- und die Einjahresfrist erscheinen bereits hin- 5 sichtlich ihrer Länge im Hinblick auf die Gleichwertigkeit problematisch. Da es sich, wie gesagt, im Wesentlichen um eine Fortschreibung der bisherigen Regelung handelt, verzichtete der Gesetzgeber in den Mat auf eine Rechtfertigung seiner Vorgangsweise. Es muss daher auf die EB zur Novellierung des alten GlBG im Jahr 1992 (BGBl 833/1992) zurückgegriffen werden, welche die kurzen Fristen mit dem Interesse einer raschen Klärung des Sachverhaltes zu rechtfertigen versuchten (EB 735 BlgNR 23. GP, 35). Eine Begründung dafür, warum der Anspruch auf Bezahlung der Entgeltsdifferenz wegen diskriminierender Nichtbeförderung in sechs Monaten, ein Ersatzanspruch wegen Ungleichbehandlung beim Entgelt oder hinsichtlich der Arbeitsbedingungen aber erst in drei Jahren verjähren soll, kann das angebliche Bedürfnis nach rascher Klärung des Sachverhalts aber nicht bieten (vgl zum alten Recht Smutny, 519). Besonders augenfällig wird die fragwürdige Unterschiedlichkeit der Fristen dadurch, dass nach neuem Recht mit den Ansprüchen auf Herstellung des diskriminierungsfreien Zustandes Schadenersatzansprüche konkurrieren. Zum Teil wird versucht, die Gleichwertigkeit mit einem Hinweis 6 auf andere Bestimmungen des österr Arbeitsrechts zu belegen, die Ersatzansprüche ebenfalls einer die Frist des § 1489 ABGB unterschreitenden Verjährung unterwerfen. Hier werden § 1162d ABGB, § 34 AngG, § 34 GAngG, § 38 LandarbG und § 44 SchauspG genannt. Alle diese Bestimmungen sehen für Ersatzansprüche wegen vorzeitigen Austritts, vorzeitiger Entlassung oder Rücktritts vom Vertrag Präklusivfristen von sechs Monaten vor. Da in den Fällen der Diskriminierung bei der Einstellung noch gar kein Arbeitsvertrag bestehe und der nationale Gesetzgeber sogar bei vorzeitiger Auflösung eines bereits geschlossenen Dienstvertrages dieselbe Frist vorsehe, sei die Regelung des alten GlBG gemeinschaftsrechtskonform (Smutny, 519; hinsichtlich der Aufstiegsdiskriminierung, allerdings zweifelnd dieselbe, 519 f). Finden sich im nationalen Recht Sonderbestimmungen, die von den 7 allgemeinen Grundsätzen der einzelstaatlichen Rechtsordnung abweichen, stellt dies die Gleichwertigkeitsprüfung vor eine schwie407
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rige Aufgabe. Jedenfalls kann die Gleichwertigkeit nicht schon alleine mit dem Vorhandensein dieser Sondertatbestände gerechtfertigt werden. Vielmehr muss nach den Wertungen gefragt werden, welche die Ausnahmeregelungen tragen. Nur wenn diese Wertungen auch auf die Fristverkürzung durch die Umsetzungsbestimmungen passen, können die Sonderbestimmungen in den Gleichwertigkeitstest einbezogen werden. Als Grund für die in § 1162d ABGB vorgesehene kurze Frist wird das Interesse an einer möglichst raschen Bereinigung der nach Auflösung des Dienstverhältnisses noch offenen Ansprüche genannt (Krejci in Rummel 3 § 1162d, Rn 3). Nun könnte man ohne Weiteres auch ein Interesse an der möglichst raschen Klärung von Ersatzansprüchen wegen Diskriminierung bei der Einstellung oder beim beruflichen Aufstieg annehmen. Es ist aber zu beachten, dass bei vorzeitigem Austritt, Entlassung oder Rücktritt für den ArbN die Außergewöhnlichkeit der Situation evident ist. Beim Austritt kennt er auch den Grund für die vorzeitige Beendigung. Bei der Entlassung wird es dem ArbN ebenfalls möglich sein zu beurteilen, ob er einen Entlassungsgrund gesetzt hat, sodass er auch in diesem Fall die Informationen haben wird, die er für die Einschätzung seiner Chancen in einem allfälligen Schadenersatzverfahren braucht. Für den Rücktritt aus wichtigem Grund gilt Ähnliches. 8 Die Situation hinsichtlich der Diskriminierung bei der Einstellung und beim Aufstieg ist hingegen damit nicht vergleichbar. Oft wird dem ArbN die Ablehnung seiner Bewerbung oder seine Nichtbeförderung als völlig unverdächtiger Vorgang erscheinen und er wird vielleicht erst nach geraumer Zeit erkennen, dass eine Ungleichbehandlung vorgelegen hat. Deshalb ist die Verkürzung der Frist durch § 15 mit dem Vorhandensein dieser Ausnahmevorschriften nicht zu rechtfertigen, sodass § 1489 ABGB als Vergleichsmaßstab für die Gleichwertigkeitsprüfung heranzuziehen ist. Dies und die nicht zu begründende Abweichung von den nunmehr ebenfalls Schadenersatzansprüche normierenden anderen Tatbeständen des § 12, für welche die Dreijahresfrist des § 1486 ABGB gilt, führt zu dem Ergebnis, dass der Grundsatz der Gleichwertigkeit durch die Sechsmonatsfrist für Ansprüche aus Ungleichbehandlung bei Begründung und beruflichem Aufstieg verletzt wird. Auch für die einjährige Frist zur Geltendmachung der Ansprüche wegen einer Belästigung lässt sich keine Rechtfertigung für die Abweichung von allgemeinen Regeln finden. Dies zeigt sich 408
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am deutlichsten in einem Vergleich mit den Normen, die den Belästigungstatbeständen am nächsten kommen. Dies sind § 1328 ABGB (Verletzung des geschlechtlichen Selbstbestimmungsrechts) und § 1328a ABGB (Eingriff in die Privatsphäre). Für beide Bestimmungen gilt die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB. Trotz des Verstoßes gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grund- 9 satz der Gleichwertigkeit sind die kurzen Fristen mangels horizontaler Drittwirkung mE weiterhin anzuwenden. Für den ArbN entstehen zwar bei Verlängerung der Frist nicht unmittelbar neue Pflichten, in einem Prozess würde aber sein Vertrauen auf eine klare Verjährungsfrist enttäuscht. Wegen Überschreitens des nationalen „Auslegungsrahmens“ kommt auch eine richtlinienkonforme Interpretation oder Reduktion nicht in Betracht. Für Letztere müsste nämlich eine planwidrige Überreglementierung feststellbar sein. Da der Gesetzgeber aber ganz bewusst von der Frist des § 1489 ABGB abgegangen ist, fehlt es an der Voraussetzung der Reduktion. Auch hinsichtlich des objektiven Fristenlaufs sind dem Rechtsanwender wegen der eindeutigen Regelung des § 15 Satz 2 in Bezug auf die Diskriminierung bei der Einstellung und bei der Beförderung die Hände gebunden. Daran kann auch der Hinweis in den Mat, dass die Schadenersatzansprüche ab Kenntnis des Schadens zu laufen beginnen sollen, nichts ändern, weil sich die EB für diese Ansprüche im klaren Widerspruch zum Gesetzeswortlaut befinden. Lediglich hinsichtlich der Belästigung kann – wie allgemein – auf die Kenntnis von Schaden und Schädiger abgestellt werden, weil hier das Gesetz den Beginn des Fristenlaufes offen lässt (schon zum alten Recht Smutny, 523 f). An diesem Befund ändert auch die E des EuGH im Fall Unilever Italia (26.9.2000, C-443/98 Rn 50) nichts. Die dort ausgesprochene Unanwendbarkeit von nationalen Vorschriften, die richtlinienwidrig erlassen werden, wurde nämlich bewusst auf „wesentliche Verfahrensfehler“ bei Erlassung einer „technischen Vorschrift“ beschränkt und im Übrigen die Verneinung der horizontalen Drittwirkung unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Faccini Dori (14.7.1994, C-91/92 Rn 20) bekräftigt. Die Verweisung auf § 1486 ABGB ist zwar nicht in Bezug auf 10 die Dauer, aber wegen des von allgemeinen Regeln abweichenden Beginns zu kritisieren. Auch diesbezüglich dürfte eine zu wenig reflektierte Übernahme der Bestimmung des § 10b GlBG alt statt409
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gefunden haben. Da nach neuem Recht auch Schadenersatz angeordnet ist, ist die Gleichwertigkeit nur gegeben, wenn der Ersatzanspruch erst mit Kenntnis von Schaden und Schädiger zu verjähren beginnt. Dieses Ergebnis folgt nicht nur aus der richtlichtlinienkonformen, sondern auch aus der historischen Interpretation. In den EB (307 BlgNR 23. GP, 51) wird nämlich ausgesprochen, dass sich der Fristenlauf nach den Grundsätzen des allgemeinen Schadenersatzrechts richte. Der angeführte Klammerausdruck „ab Kenntnis des Schadens“ ist wegen des Hinweises auf allgemeine Regeln um „und des Schädigers“ zu ergänzen. Nicht immer ist nämlich der ArbG der Schädiger (siehe zB § 12 Abs 10 und 11), sodass durchaus auch hinsichtlich der Person des Schädigers Zweifel bestehen können. 11 Wird die Frist durch Kollektivvertrag iSd § 15 Abs 1 aE verkürzt, bestehen hinsichtlich von Schadenersatzansprüchen dagegen die oben (Rn 5 ff) dargelegten Bedenken. Aber auch bezüglich anderer Ansprüche, die nach allgemeinen Regeln in drei Jahren verjähren (Entgelt: § 1486 Z 5 ABGB), würde dadurch gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit verstoßen. Gegen eine kollektivvertragliche Fristverlängerung bestünden hingegen keine Bedenken. Der Ansicht, dass eine Verlängerung der Verjährungsfrist wegen § 1502 ABGB unzulässig sei (Smutny, 512), ist nicht zu folgen, weil das Gesetz eben nicht nur die Verkürzung erwähnt, sondern offensichtlich eine Abweichung in jede Richtung zulassen wollte („nicht anderes bestimmt“; vgl auch 933 Abs 1 aE ABGB). 12 Für Ansprüche, die nicht auf Schadenersatz gerichtet sind (zB Gleichstellung hinsichtlich des Entgelts oder der Arbeitsbedingungen), bestehen die dargelegten Bedenken gegen die Verweisung auf § 1486 ABGB nicht. Diesbezüglich wird die Frist daher objektiv zu laufen beginnen. Das mögliche Gegenargument, der Gesetzgeber wolle offenbar alle Ansprüche, die ein und derselbe Absatz einräumt, derselben Frist unterwerfen, ist mE nicht überzeugend. Zum einen hat sich das Gesetz eben nicht für die Frist des § 1489 ABGB, sondern für jene des § 1486 ABGB entschieden, woran aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht eben nur hinsichtlich der Ersatzansprüche Kritik zu üben ist. Zum anderen verweisen auch die Mat nur für das Haftungsrecht auf den subjektiven Beginn des Fristenlaufes (307 BlgNR 23. GP, 51).
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III. Vertragsanpassung ex lege und Verjährung Prima vista könnten die Fristen des § 15 zur Widerlegung der Mei- 13 nung herangezogen werden, dass (§ 12 Rn 3, 42, 58) ein gegen § 12 verstoßender Vertrag von Gesetzes wegen angepasst wird. Bedarf es keiner Geltendmachung, ist ja die Festsetzung einer diesbezüglichen Frist evident sinnlos. Dieser scheinbare Widerspruch löst sich aber auf, wenn man zwischen der sich von selbst vollziehenden Vertragsveränderung einerseits und den sich aus dieser ergebenden Ansprüchen und Schadenersatzansprüchen andererseits unterscheidet. Nur Letztere verjähren in den Fristen des § 15. Die Richtigkeit dieser Differenzierung leuchtet unmittelbar ein, wenn man sich vor Augen hält, dass sonst ein zB im Hinblick auf das Entgelt oder die Arbeitsbedingungen diskriminierter ArbN nach Fristablauf auch für die Zukunft kein höheres Entgelt oder gleiche Arbeitsbedingungen verlangen könnte. Die Heilung der Diskriminierung für alle Zukunft durch Zeitablauf wäre nicht nur klar sachwidrig, sondern verstieße im Hinblick auf das Entgelt auch gegen den unmittelbar anwendbaren Art 141 Abs 1 EGV (§ 12 Rn 3). IV. Rechtsnatur der Fristen Bei der Drei-Jahres-Frist spricht § 15 ausdrücklich von einer Ver- 14 jährungsfrist, sodass an ihrer Rechtsnatur kein Zweifel bestehen kann. Auf Grund der Verweisung auf § 1486, der unstrittig zum Verjährungsrecht zählt, wäre aber auch ohne diese Klarstellung die Zuordnung nicht fraglich gewesen. Auch die sechsmonatige Frist wurde – noch zu § 10b GlBG alt – der Verjährung zugezählt (Smutny, 509; vgl auch OGH 10.6.1998, 9 Ob A 158/98w = Arb 11.738). Der denkbare Einwand, dass es sich bei den zum Teil für die Rechtfertigung der Gleichwertigkeit herangezogenen Bestimmungen des § 1162d ABGB, 34 AngG etc (siehe oben Rn 6) um sechsmonatige Präklusivfristen handelt, kann schon wegen der unterschiedlichen Textierung („bei sonstigem Ausschlusse“) nicht überzeugen. Denn gerade aus dieser Formulierung wurde dort die Zuordnung zu den Fallfristen geschlossen (Krejci in Rummel 3 § 1162d, Rn 3). Der neueren Tendenz des Gesetzgebers folgend, der zuletzt auch die Sechs-Monatsfrist des § 933 ABGB eindeutig als Verjährungsfrist ausgestaltet hat (dazu Kletecˇka, Gewährleistung 59 ff), spricht nichts gegen die bereits zur alten Rechtslage vertretenen Ansicht, dass die sechsmonatige Frist dem Verjährungsrecht zuzurechnen 411
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ist. Dasselbe muss jetzt auch für die auf ein Jahr verlängerte Frist für die Belästigung gelten. Hingegen ist die 14tägige Frist zur Anfechtung der Kündigung oder Entlassung wegen ihrer Nähe zur Frist des § 105 Abs 4 ArbVG (Kündigungsanfechtung) im Einklang mit der dort stRsp (RIS-Justiz RS0052033) als prozessuale Frist anzusehen (Smutny, 511). In die Anfechtungsfrist ist daher der Postlauf nicht einzurechnen und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig. V. Hemmung 15 Nach § 15 Abs 2 bewirkt die Einbringung eines Antrags auf Prüfung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes die Hemmung der Fristen. Die Streitfrage zum alten Recht, ob auch das Verlangen der Gleichbehandlungsanwältin (jetzt: Organ der Gleichbehandlungsanwaltschaft) die Hemmung bewirkt (verneinend OGH 2.6. 1999, 9 Ob A 30/99y = RdW 1999, 671 [krit Eichinger]) wurde vom Gesetzgeber zugunsten der Hemmung entschieden. Dasselbe gilt auch für ein amtswegiges Tätigwerden der Gleichbehandlungskommission. 16 Ob es sich um eine Ablaufs- oder eine Fortlaufshemmung handelt, sagt das Gesetz nicht (zum alten Recht für eine Fortlaufshemmung: Smutny, 526). Der Sinn der Vorschrift, dem ArbN die Einbringung der Klage nach Beendigung der Hemmung zu ermöglichen, wird auch durch die Hemmung des Ablaufs der Frist erreicht, weshalb die teleologische Auslegung für die Annahme einer Ablaufshemmung spricht. Auch der Umstand, dass das Gesetz nach Beendigung der Hemmung noch eine Mindestfrist von drei Monaten vorsieht (§ 15 Abs 3 Satz 2), deutet auf eine Ablaufshemmung hin. Bei einer Fortlaufshemmung würde sich die Frist durch das Verfahren bei der Kommission ohnedies nicht verkürzen, so dass der ArbG nach Beendigung der Hemmung nicht schlechter stünde als bei Unterbleiben der Antragstellung. Unter der Annahme einer Fortlaufshemmung erschiene eine Mindestfrist nach Wegfall des Hemmungsgrundes entbehrlich. 17 Die Hemmung endet, wenn dem ArbN nachweislich ein Prüfungsergebnis der Kommission im Einzelfall oder ein Schreiben zugestellt wird, mit welchem die Kommission mitteilt, dass die Voraussetzungen einer Prüfung im Einzelfall nicht oder nicht mehr vorliegen. Wie gesagt, hat der ArbG nach Wegfall des Hemmungs412
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grundes noch mindestens drei Monate Zeit, eine Klage einzubringen. Lediglich hinsichtlich der Anfechtung der Kündigung oder Entlassung beträgt die Restfrist 14 Tage, weil nach § 15 Abs 3 aE die Restfrist nicht länger sein darf als die ursprüngliche Frist.
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II. Teil Gleichbehandlung in der Arbeitswelt ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung (Antidiskriminierung) Literatur: Skidmore, EC Framework Directive or Equal Protection in Employment: Towards a Comprehensive Community Anti-Discrimination Policy, ILJ 2001, 126; Thüsing, Der Fortschritt des Diskriminierungsschutzes im Europäischen Arbeitsrecht, ZfA 2001, 397; Thüsing, Handlungsbedarf im Diskriminierungsrecht, NZA 2001, 1061; Urlesberger, Von Gleichen und Gleicheren, ZAS 2001, 72; Bell, Antidiscrimination Law and the European Union (2002); Birk, Neuere Entwicklungen des europäischen Arbeitsrechts, dRdA 2002, 455; Epiney, Art 13 EGV in Calliess/ Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag2 (2002); Högenauer, Die europäischen Richtlinien gegen Diskriminierung im Arbeitsrecht (2002); Kingreen, Art 6 EUV in Calliess/ Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag2 (2002); Meyer, Das Diskriminierungsverbot des Gemeinschaftsrechts als Grundsatznorm und Gleichheitsrecht (2002); Stalder, Spannungsfelder und Perspektiven der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien, JRP 2002, 227; Eichenhofer, Diskriminierung wegen der Rasse, ethnischen Herkunft, des Alters und der Behinderung, in Rust ua (Hrsg), Die Gleichbehandlungsrichtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland (2003) 73; Egger, Die neuen Antidiskriminierungsrichtlinien der EU, DRdA 2003, 302; Rust ua (Hrsg), Die Gleichbehandlungsrichtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland (2003); Schindler, Zur Umsetzung des EU-Rechts in Österreich, Teil II; Überblick über Richtlinien, deren Umsetzung bevorsteht, insb die Antidiskriminierungs-Richtlinien, DRdA 2003, 523; Sturm, Der europarechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und dessen Umsetzung im österreichischen Arbeitsrecht 414
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(Diss 2003); Baer, Europäische Richtlinien gegen Diskriminierung, ZESAR 2004, 204; Gerlach, Gleichbehandlung und Umverteilung, DRdA 2004, 221; Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid, Antidiskriminierung. Rechtliche Gleichbehandlung in Österreich und in der EU (2004); Mohr, Schutz vor Diskriminierungen im Europäischen Arbeitsrecht (2004); Runggaldier, Das neue „Antidiskriminierungsrecht“ der EU – Bestandsaufnahme und Kritik, in Kalss ua (Hrsg), FS Peter Doralt (2004) 511; Schiek, Gleichbehandlungsrichtlinien der EU – Umsetzung im deutschen Arbeitsrecht, NZA 2004, 873; Sturm, Richtlinienumsetzung im neuen Gleichbehandlungsgesetz und Gleichbehandlungskommissions-/Gleichbehandlungsanwaltschaftsgesetz, DRdA 2004, 574; Thüsing, das Arbeitsrecht der Zukunft, Sonderheft zu NZA 2004/22, 3; G. Winkler, Die neuen europäischen Gleichbehandlungsregeln, ZAS 2004, 52; Sporrer in Mayer (Hrsg), EU- und EG-Vertrag, Art 13 (2005). Vor § 16 Inhaltsübersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Europarechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Österreichisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines Der II. Teil des GlBG normiert Differenzierungsverbote, die in der 1 Überschrift zusammengefasst mit dem Begriff „Antidiskriminierung“ bezeichnet werden. Dieser mit der Novelle BGBl I 2004/66 in das GlBG eingefügte Teil regelt die Gleichbehandlung in der Arbeitswelt ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung. Der österreichische Gesetzgeber war aufgrund gemeinschaftsrecht- 2 licher Vorgaben verpflichtet, die neuen Antidiskriminierungsbestimmungen auf nationaler Ebene zu regeln. Die RL 2000/43/EG des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und die RL 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf waren bis zum 19.7.2003 bzw 2.12.2003 umzuset415
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zen, was mit der am 1.7.2004 in Kraft getretenen Novelle zum GlBG verspätet geschehen ist. II. Europarechtliche Grundlagen 3 Mit dem Vertrag von Amsterdam wurde in den EG-Vertag Art 13 neu eingeführt. Art 13 ermächtigt den Rat geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. Art 13 ist eine Kompetenzgrundlage und nicht unmittelbar anwendbar (Epiney, Rz 1; aA Sporrer, Rz 3). Der Rat hat seine Rechtsakte einstimmig, unbeschadet der sonstigen Bestimmungen des EG-Vertrages und im Rahmen der durch den Vertrag auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten zu setzen. Daraus ergibt sich, dass Art 13 bloß subsidiärer Natur ist und Antidiskriminierungsmaßnahmen nur in jenen Bereichen getroffen werden können, in denen der Gemeinschaft auch sonst eine Rechtszuständigkeit zukommt. 4 Der Rat der Europäischen Gemeinschaft hat auf der Kompetenzgrundlage des Art 13 EG am 29.6.2000 die RL 2000/43/EG (ABl EG 2000 Nr L 180, 22) zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft angenommen. Am 27.9.2000 hat er auf derselben Kompetenzgrundlage die RL 2000/78/EG (ABl EG 2000 Nr L 303, 16) zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf erlassen. Der Geltungsbereich der beiden RL ist unterschiedlich weit gefasst. Während die „Rahmen-RL“ Diskriminierungen in den Bereichen Beschäftigung und Beruf verbietet, ist der Geltungsbereich der „Antirassismus-RL“ weiter: er erstreckt sich auch auf Bereiche wie Sozialschutz, Gesundheitsdienste und den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen. 5 Der Rat hält in den Begründungserwägungen der RL 2000/78/EG fest, dass die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und der Schutz vor Diskriminierung ein allgemeines Menschenrecht sei. Beschäftigung und Beruf seien Bereiche, die für die Gewährleistung gleicher Chancen für alle und für eine volle Teilhabe der Bürger am wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Leben sowie für die individuelle Entfaltung von entscheidender Bedeutung sind (9. BE). Die 416
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Antidiskriminierungsregelungen sollen dem Ziel dienen, die im EGV festgelegten Ziele zu erreichen, insbesondere die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines hohen Maßes an sozialem Schutz, die Hebung des Lebensstandards und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die Solidarität sowie die Freizügigkeit (11. BE). Die RL 2000/43 EG dient außerdem dem Ziel, die Entwicklung demokratischer und toleranter Gesellschaften zu gewährleisten, sowie Bedingungen für einen Arbeitsmarkt zu schaffen, der soziale Integration fördert (8. und 12. BE). Der Rat beruft sich in der 4. Begründungserwägung zur RL 2000/78/EG auf verschiedene völkerrechtliche Verträge, die die Mitgliedstaaten zum Schutz vor Diskriminierung als allgemeines Menschenrecht verpflichten. Es sind dies die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, das UN-Übereinkommen zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen, der Internationale Pakt der VN über bürgerliche und politische Rechte, der internationale Pakt der VN über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Die RL 2000/43/EG nennt zusätzlich das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung. Weiters stützt sich der Rat in der 4. BE zur RL 2000/78/EG auf das Übereinkommen 111 der Internationalen Arbeitsorganisation, das Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf untersagt. Wegen der Bezugnahme des Rates auf diese völkerrechtlichen 6 Übereinkommen sind sie für die Auslegung der Antidiskriminierungsbestimmungen von wesentlicher Bedeutung. Viele unbestimmte Gesetzesbegriffe, die in den Richtlinientexten enthalten sind, allen voran die Antidiskriminierungsgründe selbst, können unter anderem unter Bezugnahme auf diese Übereinkommen interpretiert werden. Dies trifft insb auf die EMRK zu. Auf innerstaatlicher Ebene steht sie aufgrund des BGBl 1964/59 in Verfassungsrang, auf europarechtlicher Ebene verleiht ihr Art 6 Abs 2 EUV eine herausragende Bedeutung: Danach achtet die Europäische Union die Grundrechte, wie sie ua in der EMRK gewährleistet sind. Der EuGH hat in seiner Judikatur die Bedeutung der EMRK als Grundrechtskatalog für die EG hervorgehoben (EuGH 14.5. 1974, Rs 4/73-Nold, Slg 1974, 491; 17.10.1989, Rs 97-99/87-Dow Chemical Iberica, Slg 1989, 3165), während andere internationale Verträge, etwa der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale 417
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und kulturelle Rechte in der Rsp nur ganz vereinzelt im Rahmen pauschaler Verweise genannt werden (EuGH 18.10. 1989, Rs 374/ 87-Orkem, Slg 1989, 3283). Mit Blick auf die EMRK betont der EuGH, dass „die leitenden Grundsätze dieser Konvention im Rahmen des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen“ sind und „in der Gemeinschaft keine Maßnahmen als rechtens angesehen werden können, die mit der Bedeutung der so anerkannten und gewährleisteten Menschenrechte unvereinbar sind“ (EuGH 15.5.1986, Rs 222/84-Johnston, Slg 1986, 1651; 13.7.1989, Rs 5/88-Wachauf, Slg 1989, 2609; 18.6.1991, C-260/89-ERT, Slg 1991, I-2925; 29.5.1997, C-299/95-Kremzow, Slg 1997, I-2629; 18.12.1997, C-309/96-Annibaldi, Slg 1997, I-7493). 7 Von herausragender Bedeutung ist im Zusammenhang mit den in § 16 GlBG genannten Diskriminierungsverboten Art 14 EMRK. Danach ist der Genuss der in der Konvention festgelegten Rechte und Freiheiten ohne Benachteiligung zu gewährleisten, die insb im Geschlecht, in der Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, in den politischen oder sonstigen Anschauungen, in nationaler oder sozialer Herkunft, in der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, im Vermögen, in der Geburt oder im sonstigen Status begründet ist. Die EMRK enthält somit ein Diskriminierungsverbot, dem die Diskriminierungsverbote der RL 2000/78/EG und 2000/43/EG – wenn auch nicht vollständig – nachgebildet sind. Es gibt also auf europäischer Ebene bereits Erfahrungen mit dem rechtlichen Umgang solcher Diskriminierungsverbote. Der EuGH hat in anderem Zusammenhang hervorgehoben, dass auch der Judikatur des EGMR für die Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Normen Bedeutung zukommt (EuGH 12.12.1996, C-74/95-X, Slg 1996, I6609; 26.6.2997, C-368/95-Familiapress, Slg 1997, I-3689; 30.4. 1996, C-13/94-P./S., Slg 1996, I-2143). Die Judikatur des EGMR wird daher gerade für die Auslegung der Diskriminierungsverbote der RL 2000/78/EG und 2000/43/EG wichtige Anhaltspunkte liefern können. Die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte (ABl C 364 v 18.12.2000) wird in der 6. BE der RL 2000/78/EG im Hinblick auf die Nichtdiskriminierung älterer Menschen und Menschen mit Behinderung erwähnt. Diese ist derzeit noch nicht verbindlich, wird aber von den Generalanwälten bereits zur Argumentation herangezogen, was in Rückkoppelung auf die allgemeinen Verfassungsgrundsätze der Mitgliedstaaten zulässig ist. 418
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Art 10 EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, alle zur Umsetzung 8 einer RL geeigneten Maßnahmen zu treffen. Dazu gehört auch, dass sich die Auslegung von innerstaatlichem Recht soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der RL ausrichten muss, um das mit den RL verfolgte Ziel zu erreichen (zB EuGH 14.7.1994, C-91/ 92-Faccini Dori, Slg 1994, I-3325). Im Zuge der gemeinschaftsrechtskonformen Interpretation haben die österreichischen Behörden daher auch die von den RL 2000/43/EG und 2000/78/EG erwähnten völkerrechtlichen Übereinkommen, allen voran die EMRK, zu berücksichtigen. III. Österreichisches Recht Obwohl die österr Rechtsordnung bereits vor der Einführung der 9 neuen Antidiskriminierungsbestimmungen durch die GlBG-Novelle 2004 verschiedene Diskriminierungsverbote bzw Gleichbehandlungsgebote enthalten hat, bringt die Neuregelung dennoch bedeutende Änderungen der Rechtslage. Verfassungsrechtlich verankerte Diskriminierungsverbote, die im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung sind, finden sich etwa in Art 7 Abs 1 B-VG, nach dem ua Vorrechte des Bekenntnisses ausgeschlossen sind und niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, und Art 14 StGG, nach dem jedermann ein Recht auf volle Glaubens- und Gewissensfreiheit hat. Art 14 EMRK sichert den Genuss der in der Konvention festgelegten Rechte durch ein umfassendes Diskriminierungsverbot. Der in Art 7 B-VG und Art 2 StGG verankerte verfassungsrechtliche Gleichheitssatz gewährleistet die Gleichbehandlung österreichischer Staatsbürger und erstreckt sich somit nicht auf Ausländer (VfSlg 12.704; Runggaldier, aaO 178). Gem dem zur Durchführung der Rassendiskriminierungskonvention ergangene BVG über die Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung rassischer Diskriminierung, BGBl 1973/390, haben Gesetzgebung und Vollziehung jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft zu unterlassen. Die verfassungsrechtlich verankerten Grundrechte binden unmittelbar Gesetzgebung und Vollziehung, darüber hinaus aber auch die Parteien der Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen, nicht aber Arbeitsvertragsparteien (OGH 9 Ob A 602/92, RdW 1993, 82 Runggaldier = ZAS 1995, 1 Schrammel = DRdA 1993, 45 Resch). Die wesentliche Bedeutung der Gleichbehandlungsrichtlinien ma419
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nifestiert sich daher weniger gegenüber dem Staat und den Gestaltern des kollektiven Arbeitsrechts, sondern liegt im Bereich der Rechtsausübung und -gestaltung durch Private, dh im Bereich der Privatautonomie (Winkler, ZAS 2004 55). 10 Private waren bisher verwaltungsrechtlich zur Nichtdiskriminierung verpflichtet: gem Art IX EGVG setzt einen Verwaltungsstraftatbestand, wer Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung ungerechtfertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind. Bei Verstoß gegen diese Bestimmungen kann dem Gewerbeinhaber gem § 87 Abs 1 Z 3 GewO die Gewerbeberechtigung entzogen werden. Die wesentlichen Neuerungen des GlBG liegen aber in der Normierung zivilrechtlicher Rechtsfolgen bei diskriminierendem Verhalten. 11 Im Arbeitsvertragsrecht kam den Grundrechten bisher nur im Wege der mittelbaren Drittwirkung, indem sie über die Auslegung von Generalklauseln konkretisiert worden sind, Bedeutung zu. Diskriminierende Vereinbarungen können insb gem § 879 ABGB als sittenwidrig und daher nichtig qualifiziert werden. Der von der Jud entwickelte arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz diente schon bisher dazu, die Privatautonomie des ArbG insofern einzuschränken, als er einzelne ArbN oder eine Minderheit von ArbN nicht willkürlich oder aus sachfremden Gründen schlechter als andere ArbN behandeln darf (zuletzt OGH 9 Ob A 182/00f, ASoK 2001, 131). Handlungs- und Unterlassungspflichten des ArbG konnten aber auch auf die Fürsorgepflicht gestützt werden, deren Schutzgut die gesamte Persönlichkeit des ArbN iSd § 16 ABGB ist. Daneben finden sich Diskriminierungsverbote in verschiedenen Gesetzen: so etwa in § 8 Abs 1 AuslBG und § 14c Z 3 AuslBG, wonach ausländische ArbN nicht zu schlechteren Lohn- und Arbeitsbedingungen beschäftigt werden dürfen, als sie für die Mehrzahl der bezüglich der Leistung und Qualifikation vergleichbaren inländischen ArbN gelten, oder in den §§ 7 ff AVRAG bezüglich der ArbN ausländischer ArbG. 12 Auch wenn der österreichische Rechtsbestand vor dem Inkrafttreten der GlBG-Novelle 2004 nicht ohne jede Durchsetzungs420
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möglichkeit von Diskriminierungsverboten war, bringt die Novelle eine wesentliche Besserstellung in Bezug auf den Diskriminierungsschutz. Verbesserungen des Diskriminierungsschutzes ergeben sich zunächst im vorvertraglichen Bereich, beginnend beim Gebot zur diskriminierungsfreien Stellenausschreibung. War es weiters einem ArbG unbenommen, Personen eines bestimmten religiösen Bekenntnisses zu bevorzugen oder Personen einer bestimmten sexuellen Orientierung nicht einzustellen, ist dies aufgrund der neuen Rechtslage nicht mehr möglich. Waren bisher nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nur Schlechterstellungen einzelner ArbN oder einer Minderheit von ArbN verboten, kommt es in Hinkunft auf solche Relationen nicht mehr an. Dem ArbG werden auch bisher zulässige Bevorzugungen einzelner ArbN, wenn eines der in § 17 genannten Merkmale hierfür eine Rolle spielt, verboten (Winkler, ZAS 2004, 57). Ein gegenüber dem bisherigen nationalen Recht erweiterter Schutz ergibt sich durch den in den §§ 24 ff GlBG normierten Sanktionenkatalog. Hervorzuheben ist insb die Normierung eines ideellen Schadenersatzes für die durch die Diskriminierung erlittene persönliche Beeinträchtigung. Neu ist auch die Verankerung des Tatbestandes der Belästigung, der bei Mobbinghandlungen aus den in § 17 genannten Gründen ebenfalls zu Schadenersatzansprüchen führt. Von besonderer Bedeutung ist weiters das Verbot mittelbarer Diskriminierungen, weil es den ArbG sowie die Gestalter des kollektiven Arbeitsrechts dazu auffordert, strukturelle Ungleichbehandlungen zu unterlassen. Zu erwähnen ist der neu zu schaffende institutionellen Rahmen, 13 um Diskriminierungen vorzubeugen und Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen. Die Gleichbehandlungskommission besteht nunmehr aus drei Senaten, die jeweils einem der 3 Teile des GlBG zugeordnet sind. Neu sind auch die Gleichbehandlungsanwältinnen für die Vollziehung des II. und III. Teil des GlBG (§ 10). Von Diskriminierung betroffene Personen haben auf diese Art die Möglichkeit, ein relativ informelles Schlichtungsverfahren anstelle oder vor Anrufung der ordentlichen Gerichte in Anspruch zu nehmen. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang das Recht von ArbN, sich vor der Gleichbehandlungskommission durch eine/n Vertreter/in einer Interessenvertretung oder einer Nichtregierungsorganisation vertreten zu lassen (§ 9 Abs 3). Weiters wird in § 62 GlBG sichergestellt, dass ein Klageverband in Form eines Zusammen421
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schlusses von spezialisierten Institutionen, die sich mit mannigfaltigen Formen von Diskriminierungen befassen, einem Rechtstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen nach dem GlBG als Nebenintervenient beitreten kann. Hinter dieser Regelung steht ein umfassendes Rechtsschutzkonzept, das nicht nur auf die Durchsetzung individueller Rechte sondern auch auf die Verwirklichung kollektiver Interessen ausgerichtet ist (Stalder, JRP 2002, 227 ff). Damit wurde allerdings keine echte Verbandsklage ermöglicht (GBK/GAW-G § 11 Rn 16 ff, § 12 Rn 5 f, 14 ff; GlBG § 62). Geltungsbereich § 16. (1) Die Bestimmungen des II. Teiles gelten für den Bereich der Arbeitswelt, dazu zählen 1. Arbeitsverhältnisse aller Art, die auf privatrechtlichem Vertrag beruhen; 2. der Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung einschließlich der praktischen Berufserfahrung; 3. die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer/ innen/- oder Arbeitgeber/innen/organisation oder einer Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen; 4. Bedingungen für den Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit, sofern dies in die Regelungskompetenz des Bundes fällt. (2) Ausgenommen sind Arbeitsverhältnisse 1. der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter/innen im Sinne des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287; 2. zu einem Land, einem Gemeindeverband oder einer Gemeinde; 3. zum Bund. (3) Die Bestimmungen des II. Teiles gelten auch 1. für Beschäftigungsverhältnisse, auf die das Heimarbeitsgesetz 1960, BGBl. Nr. 105/1961, anzuwenden ist, und 2. für Beschäftigungsverhältnisse von Personen, die, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, im Auftrag und für Rechnung bestimmter Personen Arbeit leisten und wegen wirtschaftlicher Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnlich anzusehen sind. 422
Gleichbehandlungsgebot im Arbeitsverhältnis
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Für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten die Beschäftigungsverhältnisse nach Z 1 und 2 als Arbeitsverhältnisse. (4) Die Bestimmungen des II. Teiles gelten auch für die Beschäftigung von Arbeitnehmer/inne/n, die von einem/einer Arbeitgeber/in ohne Sitz in Österreich 1. im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung oder 2. zur fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, für die Dauer der Entsendung. Der Geltungsbereich des § 16 ist gleich lautend zu § 1 formuliert. 1 Vgl daher den Komm zu § 1. Gleichbehandlungsgebot im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis § 17. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht 1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses, 2. bei der Festsetzung des Entgelts, 3. bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen, 4. bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung und Umschulung, 5. beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen, 6. bei den sonstigen Arbeitsbedingungen, 7. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. (2) Abs. 1 gilt nicht für unterschiedliche Behandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie eine Behandlung, die sich aus der Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenloser Personen ergibt. Literatur: Vgl grundsätzlich die Lit zu § 16; außerdem: Skidmore, Lesbische und schwule ArbeitnehmerInnen: ein Thema für die Rechtswissenschaften? KJ 1999, 45; Hanau/Thüsing, Europarecht und kirchliches Arbeitsrecht (2001); Schmidt/Senne, Das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und seine Bedeutung für das deutsche Arbeitsrecht, RdA 2002, 30; Wiedemann/ 423
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Thüsing, Der Schutz älterer Arbeitnehmer und die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG, NZA 2002, 1234; Däubler, Das kirchliche Arbeitsrecht und die Grundrechte der Arbeitnehmer, dRdA 2003, 204; Mayr K., Diskriminierungen aufgrund des Alters im österreichischen Arbeitsrecht, ASoK 2003, 289; Schiek, Diskriminierung wegen „Rasse“ oder „ethnischer Herkunft“ – Probleme der Umsetzung der RL 2000/43/EG im Arbeitsrecht, AuR 2003, 44; Schinkele, Die Kirchen als Arbeitgeber, Österreichisches Archiv für Recht und Religion 2003, 56; Thüsing, Grundrechtsschutz und kirchliches Arbeitsrecht, dRdA 2003, 210; Mayr K., Feiertage und Diskriminierung aufgrund der Religion im österreichischen Arbeitsrecht, ecolex 2004, 428; Pfeil, Arbeitsrechtlicher Schutz für ältere Arbeitnehmer/innen in Resch (Hrsg), Pensionsreform und Schutz älterer Arbeitnehmer (2004) 71; Rebhahn, Altersdiskriminierung, in Alternsgerechte Arbeitswelt (2004) 42; Schinkele, Der „Streit“ um das islamische Kopftuch, RdW 2004/25; Thüsing/Wege, Das Kopftuch der Muslima vor deutschen und vor britischen Gerichten: Rechtsinstitute zur Sicherung der Religionsfreiheit des Arbeitnehmers im Vergleich, ZEuP 399; Windisch-Graetz, Das Diskriminierungsverbot aufgrund der sexuellen Orientierung, ZAS 2004, 58; Karl, Differenzierung nach persönlichen Lebensumständen, in Tomandl/ Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote (2005) 43; Marhold, Differenzierung nach dem Alter, in Tomandl/ Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote (2005) 83; Thüsing, Diskriminierung wegen politischer Überzeugung, Religion und Weltanschauung, in Tomandl/Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote (2005) 1. Inhaltsübersicht I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zum Schutzzweck des § 17 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Persönlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sachlicher Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskriminierungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmen aufgrund der Staatsangehörigkeit . . . . . III. Diskriminierung aufgrund der Religion oder Weltanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424
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Gleichbehandlungsgebot im Arbeitsverhältnis a. Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Weltanschauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskriminierungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Diskriminierung aufgrund des Alters . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskriminierungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung 1. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zur Zulässigkeit der Differenzierung nach dem Familienstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Allgemeines 1. Zum Schutzzweck des § 17 Der Gesetzgeber verbietet Diskriminierungen auf Grund der 1 ethnischen Zugehörigkeit, der Religion und Weltanschauung, der Alters und der sexuellen Orientierung. Er knüpft damit an persönliche Merkmale und innere Überzeugungen von Menschen an, die in der einen oder anderen Form jeden Menschen prägen und die auch grundsätzlich nicht (bzw im Fall von Religion oder Weltanschauung kaum) veränderbar sind. Jeder Mensch gehört einer bestimmten ethnischen Gruppe an, glaubt oder glaubt nicht, hat ein bestimmtes Alter und eine bestimmte sexuelle Orientierung. § 17 verbietet es grundsätzlich, diese persönlichen Merkmale bzw inneren Überzeugungen als Differenzierungskriterien im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen zu verwenden. Diese Grundkonzeption vermeidet es – wenn auch zum Zwecke ihres Schutzes –, gesellschaftliche „Randgruppen“ festzulegen: Geschützt ist jedwedes Alter, jede, auch die inländische „ethnische Herkunft“, Religion usw, denn der Schutz besteht gerade darin, dass die fraglichen Kriterien im gesamten Bereich der Arbeitswelt (bei der AntirassismusRL auch darüber hinaus) keine Rolle spielen dürfen. Das GlBG ordnet schlicht an, dass diese Merkmale zu ignorieren sind. Damit erfolgt keinerlei Definition von „Normalität“ und (geschützter) „Abweichung“ – eine Unterscheidung ist gerade unzulässig und gar nicht notwendig, weil auch „Normalität“ nicht benachteiligt werden darf (Schindler, DRdA 2003, 526). Die dahinter stehende gesetzgeberische Forderung ist die, Arbeitsverhältnisse und den Zugang dazu frei von Vorurteilen zu gestalten. Verboten sind unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen (vgl dazu den Komm zu §§ 5 und 19). 425
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2. Persönlicher Geltungsbereich 2 In Bezug auf den persönlichen Geltungsbereich stellt sich die Frage, ob sich der Antidiskriminierungsschutz nur auf Unions- bzw EWR-Bürger bezieht, oder ob auch Drittstaatsangehörige in den Schutz einbezogen werden sollen. Dies wäre zu verneinen, falls die Richtlinien die Grundfreiheiten auszugestalten hätten (Skidmore, ILJ 2001, 128). Da der Zweck der RL aber darin liegt, arbeitsrechtliche Verhaltensstandards iSd Art 137 EG zu setzen, und sich die Kompetenz der EG gem Art 137 ff EG auch auf Drittstaatsangehörige bezieht, fallen Drittstaatsangehörige in den persönlichen Geltungsbereich der RL 2000/43/EG und 2000/78/EG (Bell 83). In der 13. Begründungserwägung zur RL 2000/43/EG wird das Ziel formuliert, dass die Diskriminierungsverbote auch hinsichtlich Drittstaatsangehöriger angewendet werden soll. Die Mat zum österr GlBG halten daher zu Recht fest, dass das Diskriminierungsverbot des österr GlBG auch für Drittstaatsangehörige gilt (RV 307 BlgNR 22. GP, 15). 3. Sachlicher Geltungsbereich: 3 Das Diskriminierungsverbot bezüglich der neuen Diskriminierungsgründe bezieht sich wie das Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechts insb auf die Begründung des Arbeitsverhältnisses, die Festsetzung des Entgelts, die Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen, Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung und Umschulung, den beruflichen Aufstieg, insb Beförderungen, sonstige Arbeitsbedingungen, und auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Vgl daher den Komm zu § 3. II. Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit 1. Begriffsbestimmung 4 Die RL 2000/43/EG verwendet die Begriffe „Rasse“ und „ethnische Herkunft“. Zum Begriff Rasse hält der Gemeinschaftsgesetzgeber in der 6. Begründungserwägung fest, dass die EU Theorien, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen, zurückweist. Die Verwendung des Begriffs „Rasse“ in der RL impliziere nicht die Akzeptanz solcher Theorien (vgl dazu auch Stellungnahme der UNESCO zur Rassenfrage 1995). In diesem Sinn hält auch die RV zum österr GlBG fest, dass 426
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die Begriffe Rasse und ethnische Herkunft – völkerrechtskonform ausgelegt – nicht so verstanden werden dürften, dass es auf biologische Verwandtschaftsverhältnisse ankommt, die zu einer bestimmten Volksgruppe bestehen (RV 307 BlgNR 22. GP, 14). Versucht man, die von der RL verwendeten Begriffe „Rasse“ und 5 „ethnische Herkunft“ zu präzisieren, liegt es nahe, die in den Begründungserwägungen genannten Rechtsakte zur Auslegung heranzuziehen: Hier werden die Diskriminierungsgründe etwas detaillierter doch ebenfalls nicht wesentlich aussagekräftiger gefasst: Nach Art 1 Abs 1 CERD ist die Ungleichbehandlung aufgrund der Hautfarbe, der Abstammung, des nationalen Ursprungs oder des Volkstums verboten. Art 26 ICCPR verpflichtet die Staaten, Schutz vor Diskriminierungen ua wegen der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion und der nationalen Herkunft zu gewähren. In der vom Rat am 15.7.1996 angenommenen Gemeinsamen Maßnahme 96/443/JI zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit werden als Diskriminierungsgründe Hautfarbe, Rasse, Religion sowie die nationale oder ethnische Herkunft genannt. Die Begriffe sind also auch in anderen Rechtsakten nicht im Einzelnen definiert und daher unscharf gehalten. Der österr Gesetzgeber hat die von der RL verwendeten Begriffe 6 „Rasse“ und „ethnische Herkunft“ nicht verwendet. Gegenüber der ursprünglich in der RV vorgeschlagenen Fassung, die die Begriffe der RL übernommen hätte, wurden die Begriffe „Rasse“ und „ethnische Herkunft“ im Gleichbehandlungsausschuss durch den Begriff „ethnische Zugehörigkeit“ ersetzt. Damit sei keine Einschränkung des Anwendungsbereiches gegenüber der RL verbunden, sondern es solle ausschließlich der im deutschen Sprachgebrauch verpönte Begriff der „Rasse“ vermieden werden (AB 499 BlgNR 22. GP, 3). Auch der österr Gesetzgeber stützt sich wie die RL 2000/43/EG zunächst auf völkerrechtliche Übereinkommen, um den Begriff von Rasse bzw ethnischer Herkunft oder Zugehörigkeit zu präzisieren. Die Mat betonen, dass der Begriff der ethnischen Zugehörigkeit weit auszulegen sei. Weiters wird festgestellt, dass „es sich um eine Definition ethnischer Diskriminierung handle, die sich stärker kulturell orientiert. Personen werden diskriminiert, weil sie als fremd wahrgenommen werden, weil sie auf Grund bestimmter Unterschiede von der regionalen Mehrheit als nicht zugehörig angesehen werden. Sie knüpft überwiegend an 427
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Unterschiede an, die auf Grund von Abstammungs- oder Zugehörigkeitsmythen als natürlich gesehen werden und die die betroffenen Personen nicht ändern können. Häufige Erscheinungsformen sind Diskriminierung wegen der Hautfarbe und anderer äußerer Merkmale sowie wegen einer als fremd angesehenen Muttersprache. Auch bei Ethnien handelt es sich um imaginierte Gemeinschaften, die durch Bekenntnis oder Fremdzuschreibung entstehen können und sich nicht allein auf biologische oder sonstige tatsächliche Unterscheidungen stützen können. Sie bezieht sich auf Gemeinsamkeiten von Menschen, die sich auf Grund ihrer Hautfarbe, Herkunft, Religion, Sprache, Kultur oder Sitten ergibt.“ (RV 307 BlgNR 22. GP, 14). 7 Die Materialien knüpfen damit offenkundig an einen (post)modernen Ethnos-Begriff an, wie er sich in der Ethnologie als jener Wissenschaft, zu deren Kerngebieten die Auseinandersetzung mit Ethnien bzw Ethnizität gehört, im Lauf der Zeit herausgebildet hat. Ethnien sind demnach imaginierte Gemeinschaften, die durch Selbst- und Fremdzuschreibung entstehen und ihre Identität in erster Linie auf kulturellen Merkmalen und Weltbildern aufbauen. Dieser Definition liegt ein konstruktivistischer Ansatz zugrunde, der Ethnizität als Zuschreibung versteht, die dazu dient, Personen sowie soziale Gruppen, die sich durch gegenseitige Abgrenzung aufrecht erhalten, zu klassifizieren (grundlegend Barth F., Ethnic Groups and Bounderies: the Social Organization of Cultural Difference, 1970). Davon unterscheiden sich objektivistische Theorieansätze, die davon ausgehen, dass es eine reale Grundlage, sei es eine biologisch-genetische oder eine tatsächlich kulturell-historische, für ethnische Zugehörigkeit gibt. Der konstruktivistische Ansatz wird der Tatsache gerecht, dass Ethnizität je nach den Umständen variieren kann. So mag ein Burgenländer in Österreich nicht in die Situation kommen, seine Ethnizität zu thematisieren, in der kleinen (deutschsprachigen) Gruppe der „Chicagoer Burgenlanders“ dagegen schon (Gingrich in Wernhart, Ethnohistorie 107 f). In diesem Zusammenhang sind funktionalistische Ansätze zu erwähnen, die die Funktion der Ausbildung ethnischen Bewusstseins betonen, dass dieses etwa von kulturellen Eliten propagiert werde um politische Identität zu ausbilden. Die Entscheidung des Gesetzgebers für einen bestimmten theoretischen Ansatz ist deswegen von Bedeutung, weil sie für das Verständnis des Begriffes „Ethnie“ und damit der Auslegung des Tat428
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bestandes der ethnischen Diskriminierung richtungsweisend ist. Die Bezugnahme auf die ethnische Zugehörigkeit von Personen bzw die ethnische Identität von sozialen Gruppen dient der Bildung kollektiver Identitäten und der Abgrenzung voneinander. Behauptet eine Gruppe im Interaktionsprozess mit anderen ihre Identität, schließt dies immer Symbole für Zugehörigkeit und Ausschluss ein. Dabei sind für die Grenzziehung nicht das „objektive“ Ausmaß und die Qualität der Unterschiede relevant, sondern die Bedeutung, die die Gruppe bestimmten Unterschieden gibt (Poulter, Ethnicity, Law and Human Rights, 1999, 7). Damit lässt sich dem Problem näher kommen, ob sich auch eine 8 „Burgenländerin“ oder ein „Ottakringer“ erfolgreich auf den Tatbestand der ethnischen Diskriminierung berufen könnten, wenn diese Personen zB wegen der geographischen Lage ihres Geburtsoder Wohnortes belästigt würden (man denke nur an das Erzählen von Burgenländer-Witzen). Angesichts der von den Mat angedeuteten Definition von Ethnien wird deutlich, dass das Vorhandensein von sozialen Gruppen notwendig ist, die sich voneinander gegenseitig unter Ausbildung kollektiver Identitäten durch Bezugnahme auf Elemente, wie gemeinsame geschichtliche Erfahrungen, Sprache, Kultur und Abstammungsmythen, abgrenzen. Eine solche Ausbildung kollektiver Identität gegenüber anderen Teilgesellschaften ist zur Zeit in Österreich bei Burgenländern oder Ottakringern nicht auszumachen. Dies wäre zur Erfüllung des Tatbestandes der ethnischen Diskriminierung aber Voraussetzung, um die ethnische Diskriminierung von einer rein individuellen Benachteiligung aus anderen willkürlichen Gründen, nach denen der ArbG im Rahmen der Privatautonomie unterscheiden darf (zB Unterscheidung nach Wiener Wohnbezirk), abgrenzen zu können. Damit könnte sich die Burgenländerin, die ua durch das Erzählen von Burgenländer-Witzen belästigt wird, ebenso wenig auf den Tatbestand des § 21 berufen wie jemand, der wegen Körpergröße, Körperumfanges, Haarfarbe etc belästigt wird. Diese Abgrenzung ist solange notwendig, als der Gesetzgeber Mobbing nicht für alle gleichermaßen regelt, sondern an die speziell geregelten Diskriminierungsgründe des I. und II. Teiles des GlBG eigene Rechtsfolgen knüpft. Der konstruktivistische Ansatz erlaubt es aber, das Vorhandensein von Ethnien situationsbedingt flexibel zu handhaben. So wäre es denkbar, dass sich im historischen Ablauf ein kollektives, ethnisch konnotiertes Bewusstsein auch innerhalb der 429
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österr Mehrheitsgesellschaft, die derzeit im kollektiven Bewusstsein einer einheitlichen Nation lebt, bildet. Indem die Mat die Konstruktion ethnischer Zugehörigkeit in den Vordergrund rücken, ersparen sie den österr Gerichten, Abstammungsstudien zu machen, wie dies beispielsweise britische Gerichte tun mussten, die etwa im Fall der Rastafari zu dem Schluss gekommen sind, es gebe keine ausreichende gemeinsame Abstammung (Nachw bei Schiek, AuR 2003, 46). Festzustellen ist lediglich das Selbstverständnis einer sozialen Gruppe als einer Gemeinschaft mit einer eigenen kulturellen Identität und eine dementsprechende Fremdzuschreibung einer anderen sozialen Gruppe – meist der Mehrheitsgesellschaft in den europäischen Staaten, die die anderen als „fremd“ wahrnimmt –, wobei diese Fremdwahrnehmung idR mit Abwertung verbunden ist. 9 Fraglich ist, ob auch die Mehrheitsbevölkerung vom Diskriminierungsverbot erfasst und geschützt sein kann. Die Mat erwähnen, dass Personen diskriminiert werden, weil sie von der regionalen Mehrheit als fremd wahrgenommen werden (RV 307 BlgNR 22. GP, 14). Es ist allerdings völlig unklar, ob die Mat mit dieser Bemerkung im Rahmen der Definition von ethnischer Zugehörigkeit den Geltungsbereich des Diskriminierungsverbots einschränken wollten. Die ebenfalls in den Mat getätigte Bemerkung, dass der Begriff der ethnischen Zugehörigkeit weit auszulegen sei, scheint auf das Gegenteil hinzudeuten. In der Lit scheint Schiek (AuR 2003, 46) davon auszugehen, dass Adressaten des Diskriminierungsverbots nur Personen seien, die als fremd wahrgenommen werden, weil sie von der regionalen Mehrheit nicht als zugehörig betrachtet werden. Dabei übersieht sie mE jedoch den neutral gefassten Text des Diskriminierungsverbots: Dieses verbietet es, die ethnische Zugehörigkeit als Differenzierungskriterium für Entscheidungen zu verwenden. Es hat nicht das Ziel, bestimmten sozialen Einheiten einen bestimmten rechtlichen Status zuzuschreiben (wie etwa das VolksgruppenG, BGBl 396/1976), sondern will ein bestimmtes Differenzierungskriterium verbieten. ME kann daher auch ein Angehöriger der jeweiligen Mehrheitsgesellschaft (zB weißer, katholischer, männlicher, deutschsprachiger Österreicher) aufgrund seiner ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert werden, etwa wenn er in einem Betrieb, in dem hauptsächlich MigrantInnen beschäftigt sind, keinen Arbeitsplatz bekommt, etwa weil von ihm aufgrund seiner Sprachkundigkeit, seines Wissens um Normen 430
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oder Zugang zu Institutionen mehr Widerstand gegen die Arbeitsbedingungen erwartet wird. Diese Auslegung entspricht auch der bisherigen Jud zur Geschlechterdiskriminierung, wonach Männer genauso wie Frauen von der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts erfasst sein können (für viele EuGH 17.10.1995, C-450/ 93-Kalanke, Slg 1995, I-03051). ME ist zu erwarten, dass der EuGH auch die neuen Diskriminierungsverbote in der gleichen Art auslegen wird. Aus der in den Mat vorgenommenen Definition ethnischer Zuge- 10 hörigkeit wird ersichtlich, dass die Antidiskriminierungsgründe ethnische Zugehörigkeit und Religion einander überschneiden können. Die Abgrenzung ist für den Geltungsbereich des III. Teils des GlBG von Bedeutung. Weiters, wenn es um den Ausnahmetatbestand des § 20 Abs 2 geht. Für Kirchen und gem § 20 Abs 2 GlBG gleichgestellte Organisationen ist eine Ungleichbehandlung bezüglich der Religion oder Weltanschauung in bestimmten Fällen zulässig (vgl § 20, Rn 7 ff). Entscheidend wird sein, ob im Wesentlichen aufgrund einer inneren Überzeugung diskriminiert wird oder ob im Wesentlichen auf äußere Merkmale und Verhaltensweisen abgestellt wird. 2. Diskriminierungstatbestände § 17 verbietet unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen 11 aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit. Mit der Novelle 2004 zum GlBG wurde erstmals eine Definition von unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung aufgenommen. Diese Definition findet sich bezüglich der Geschlechtergleichbehandlung in § 5 und wird bezüglich der Diskriminierungstatbestände des § 17 in § 19 wiederholt (vgl dazu den Kommentar zu den §§ 5 und 19). Eine Person wird unmittelbar diskriminiert, wenn sie wegen ihrer 12 ethnischen Zugehörigkeit bzw – präziser formuliert – wegen eines Merkmals, das mit der ethnischen Zugehörigkeit in Zusammenhang steht (vgl § 20) eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere (wenn auch nur hypothetische) Person in einer vergleichbaren Situation. Selbstverständlich liegen Fälle unmittelbarer Diskriminierung vor, wenn eine Person benachteiligt wird, weil sie einer bestimmten ethnisch definierten Gruppe zugehört. So haben etwa britische Gerichte zB den Sikhs, Juden, Iren, Sinti und Roma Diskriminierungsschutz aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit 431
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zuerkannt; die travellers mit nomadischer Lebensweise wurden nach irischem Recht geschützt (Nachw bei Schiek, AuR 2003, 46). Weiters wird unmittelbar diskriminiert, wenn in einer Stellenausschreibung „nur Inländer“ gesucht werden bzw sich der Zusatz „keine Ausländer“ findet, oder wenn Personen wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Haartracht, traditionellen Stammestätowierungen oder Gesichtsnarben benachteiligt werden (Sturm 162). Auch die Benachteiligung von Bewerbern mit ausländischem Akzent kann nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass ein derartiges Merkmal die „corporate identity“ des Unternehmens beeinträchtigen könne. Die Nichtberücksichtigung der Bewerbung einer Niederländerin mit surinamesischem Akzent als Empfangsdame wurde von der zuständigen niederländischen Kommission als verbotene Diskriminierung aus Gründen der Rasse angesehen (Nachw bei Stalder, JRP 2002, 227). 13 § 20 GlBG regelt allerdings Ausnahmefälle, in denen Ungleichbehandlungen aufgrund von Merkmalen, die mit der ethnischen Zugehörigkeit zusammenhängen, zu keiner Diskriminierung führen, wenn das geforderte Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt (vgl § 20, Rn 1 ff). Gerade im Zusammenhang mit dem vorher (Rn 12) erwähnten Beispiel des ausländischen Akzents, an den nicht differenzierend angeknüpft werden darf, ist jedoch festzuhalten, dass das Beherrschen der Landessprache eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung sein kann (EuGH 6.6.2000, C-281/98-Angonese, Slg 2000, I-4139; 28.11.1989, Rs 379/87-Groener, Slg 1989, 3967). Die Sprachkenntnisse, die zulässigerweise verlangt werden dürfen, sind von den Erfordernissen des jeweiligen Arbeitsplatzes abhängig (EuGH 28.11.1989, Rs 379/87-Groener, Slg 1989, 3967, Rn 21). 14 Problematischer als die unmittelbare kann die mittelbare Diskriminierung sein. Eine allgemein anwendbare Regelung ist – sofern sie nicht gerechtfertigt werden kann – diskriminierend, wenn sie sich ihrem Wesen nach eher auf ArbN einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit als auf andere auswirken kann und folglich die Gefahr besteht, dass sie ArbN einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit besonders benachteiligt (C-237/94, O’Flynn, Slg 1996, I-02617). In diesem Zusammenhang stellt sich insb die Frage, inwieweit die in Österreich herrschenden Arbeitsbedingungen, die 432
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üblicherweise von der Kultur der Mehrheitsgesellschaft geprägt sind, mittelbar Personen anderer ethnischer Zugehörigkeit diskriminieren. Vgl § 19, Rn 7 ff. 3. Ausnahmen aufgrund der Staatsangehörigkeit Das Diskriminierungsverbot des GlBG gilt grundsätzlich auch 15 für Drittstaatsangehörige. § 17 Abs 2 GlBG erlaubt jedoch unterschiedliche Behandlungen, die in der Staatsangehörigkeit begründet sind bzw die sich aus der Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenloser Personen ergeben. Dieser Ausnahmetatbestand entspricht der Regelung des Art 3 Abs 2 RL 2000/43/EG. Die Mat halten dazu fest, dass eine auf der Staatsangehörigkeit be- 16 ruhende unterschiedliche Behandlung nicht untersagt ist, sofern eine solche aus sachlichen Gründen erfolgt und nicht, um zB eine rassistische Vorgangsweise zu verfolgen (RV 307 BlgNR 22. GP, 15). Nimmt daher eine zur Gleichbehandlung verpflichtete Person auf das Kriterium der Staatsangehörigkeit Bezug, muss dies eine sachliche Begründung haben, die außerdem dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gerecht wird. Dieser Ansicht des Gesetzgebers ist zuzustimmen, denn sie entspricht der Jud des EuGH zur Auslegung anderer europarechtlich geregelter Ausnahmetatbestände. Die Mitgliedstaaten haben zwar einen Beurteilungsspielraum, der allerdings nicht einseitig ohne Nachprüfung durch die Organe der Gemeinschaft bestimmt werden darf (zB EuGH 4.12.1974, Rs 41/ 74-von Duyn, Slg 1974, 1337). Die Tragweite einer Ausnahmebestimmung muss auf das Maß dessen beschränkt werden, was zur Wahrung der Interessen unbedingt notwendig ist, die die Mitgliedstaaten schützen sollen (EuGH 16.9.2004, C-465/01-Kommission/ Österreich, Slg 2004, I-00000, Rn 35) Daher bleiben insbesondere die Vorschriften über die Einreise und 17 den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen oder staatenloser Personen und deren Zugang zu Beschäftigung und Beruf unberührt (RV 307 BlgNR 22. GP, 15; Art 3 Abs 2 RL 2000/43/EG). Österreich ist aufgrund des Art 3 Abs 2 der RL 2000/43/EG nicht verpflichtet, seine fremdenrechtlichen Regelungen sowie die Bestimmungen über die Ausländerbeschäftigung zu ändern. Dahinter steht der Gedanke, dass Drittstaatsangehörige grundsätzlich von 433
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den Rechten, die sich aus der Unionsbürgerschaft ergeben, und vom Recht auf Freizügigkeit ausgeschlossen sind. 18 Fraglich ist mE allerdings die Zulässigkeit einer Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsbürgerschaft bei den Beschäftigungsbedingungen. So sind Drittstaatsangehörige gem § 53 Abs 1 ArbVG bei Betriebsratswahlen und gem § 21 AKG bei den Arbeiterkammerwahlen vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen. Der OGH verneint die Gleichheitswidrigkeit dieser Regelung: Die unterschiedliche Behandlung von österr Staatsbürgern und Ausländern sei nicht zu beanstanden, wenn die Differenzierung unter Beachtung der spezifischen Staatsbürgerpflichten und des spezifischen Treueverhältnisses des Staates und seiner Angehörigen zueinander sachlich gerechtfertigt ist (OGH 21.12.1995, 8 Ob A 253/95, DRdA 1996, 43, Feik). Der EuGH hat demgegenüber eine unzulässige Diskriminierung türkischer Staatsangehöriger aufgrund des Beschlusses 1/80 des Assoziationsrates angenommen (EuGH 8.5. 2003, C-171/01-Wählergruppe Gemeinsam, Slg 2003, I-04301; 16.9.2004, C-465/01-Kommission/Österreich, Slg 2004, I-00000). Dabei betont der EuGH, dass, selbst wenn das Recht auf Freizügigkeit nicht gegeben ist, nach dem Beschluss 1/80 des Assoziationsrates bezüglich des Entgelts und der Arbeitsbedingungen nicht diskriminiert werden darf. In Anlehnung an dieses Urteil wird mE eine differenzierende Auslegung des § 17 Abs 3 GlBG möglich: Knüpfen staatsbürgerschaftsbezogene Regelungen der Mitgliedstaaten an der mangelnden Freizügigkeit von Drittstaatsangehörigen an, können dadurch gegebene Benachteiligungen am Arbeitsmarkt gerechtfertigt sein. Wird diesen Personen jedoch ein Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt, lassen sich unterschiedliche Behandlungen in Bezug auf Entgelt und Arbeitsbedingungen grundsätzlich nicht rechtfertigen. III. Diskriminierung aufgrund der Religion oder Weltanschauung 1. Begriffsbestimmung a. Religion 19 Der Begriff „Religion“ wird von der RL 2000/78/EG nicht definiert. In den Mat zum GlBG wird der Versuch einer Annäherung vorgenommen. Zunächst hält der Gesetzgeber fest, dass „Religion“ nicht auf Kirchen und anerkannte Religionsgemeinschaften be434
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schränkt sei. Es sei jedoch davon auszugehen, dass für eine Religion zumindest ein Bekenntnis, Vorgaben für die Lebensweise und ein Kult vorhanden sein müssen. Religion umfasse jedes religiöse, konfessionelle Bekenntnis, die Zugehörigkeit zu einer Kirche oder Glaubensgemeinschaft. Es handle sich um ein (Glaubens-)System, das in Lehre, Praxis und Gemeinschaftsformen die letzten (Sinn-) Fragen menschlicher Gesellschaft und Individuen aufgreift und zu beantworten sucht. Entsprechend den jeweiligen Heilsvorstellungen, die ihr zugrunde liegen und in Relation zur jeweiligen „Unheils“-Erfahrung, hat jede Religion ein „Heilsziel“ und zeigt einen „Heilsweg“. Dieses steht in enger Beziehung zur jeweiligen „Unverfügbarkeit“, die als personale (Gott, Götter) oder nichtpersonale (Weltgesetz, Erkenntnis, Wissen) Transzendenz vorgestellt wird (RV 307 BlgNR 22. GP, 15). b. Weltanschauung Nach den Mat zum GlBG (RV 307 BlgNR 22. GP, 15) ist der 20 Begriff „Weltanschauung“ eng mit dem Begriff „Religion“ verbunden. Er dient als Sammelbezeichnung für alle religiösen, ideologischen, politischen uä Leitauffassungen vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen sowie zur Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standortes für das individuelle Lebensverständnis. Im hier verwendeten Zusammenhang sind mit „Weltanschauung“ areligiöse Weltanschauungen gemeint, da religiöse Weltanschauungen mit dem Begriff „Religion“ abgedeckt werden. Weltanschauungen sind keine wissenschaftliche Systeme, sondern Deutungsauffassungen in der Form persönlicher Überzeugungen von der Grundstruktur, Modalität und Funktion des Weltganzen. Sofern Weltanschauungen Vollständigkeit anstreben, gehören dazu Menschen- und Weltbilder, Wert-, Lebens- und Moralanschauungen (vgl Brockhaus – die Enzyklopädie, 20., überarbeitete und aktualisierte Auflage). Es darf für den Abschluss eines Arbeitsvertrages zB keine Rolle spielen, welche Gesinnung (zB Atheismus) ein/e Arbeitnehmer/in hat, sofern nicht ein gesetzlicher Rechtfertigungsgrund gegeben ist. Umstritten ist, ob bzw inwieweit der Begriff „Weltanschauung“ 21 auch politische Überzeugungen beinhaltet. Die neuen Anti-Diskriminierungsrichtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG enthalten auf den ersten Blick keinen besonderen Schutz vor Diskriminierungen auf Grund von politischer Überzeugung. Im Unterschied zu 435
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Art 14 EMRK wird in die Aufzählung der Diskriminierungsgründe die politische Anschauung zumindest nicht wörtlich einbezogen. Thüsing ist der Auffassung, dass Weltanschauung in einem ähnlich umfassenden Sinn wie Religion zu verstehen sei, sie dürfe nicht nur für Teilaspekte des Lebens Relevanz besitzen. Er konzediert jedoch, dass diese enge Interpretation an Überzeugungskraft verliert, sobald man sich den Richtlinientext in den andern Sprachen ansieht. Begriffe wie „convinzioni personali (ital.), von „conviction (franz.)“ oder overtuiging (niederl.) scheinen nicht nur große ideologische Entwürfe sondern auch Vorstellungen und Überzeugungen minderen Ranges zu enthalten (Thüsing, Das Arbeitsrecht der Zukunft 11). 22 Die Begriffe Religion und Weltanschauung finden sich bereits in Art 9 EMRK, der den Schutz der Gedanken, Gewissens- und Religionsfreiheit garantiert. Grabenwarter (Europäische Menschenrechtskonvention 260) hält diesbezüglich fest, dass nicht jede persönliche Überzeugung vom Schutzbereich des Art 9 umfasst ist: Unter einer Weltanschauung sei eine zusammenhängende Sichtweise grundsätzlicher Lebensfragen, eine Sicht der Welt „als Ganze“ zu verstehen. Die EKMR versteht unter Weltanschauung („belief“) „some coherent view on fundamental problems“ (X., Appl Nr 8741/79, DR 24, 137), Pazifismus als Philosophie könne als Weltanschauung betrachtet werden (Arrowsmith Appl Nr 7050/ 75, DR 19, 5). Punktuelle Überzeugungen, die nur Teilbereiche des Lebens betreffen, sind hier also offenkundig nicht erfasst (idS auch Thüsing, Das Arbeitsrecht der Zukunft 11). Den darüber hinausgehenden Schutz der Gedanken- und Gewissensfreiheit in Art 9 EMRK hat der Rat in der RL 2000/78/EG nicht übernommen, ebenso wenig wie die Textierungen der Art 14 EMRK und 21 GRCh, welche Diskriminierungen ausdrücklich wegen „politischer und sonstige Anschauungen“ verbieten. 23 Der österreichische Gesetzgeber hält in den Mat zunächst fest, dass Weltanschauung „eng mit Religion zusammenhängt“, erachtet daran anschließend aber auch politische und ideologische Lebensentwürfe als vom Geltungsbereich mitumfasst. IdS müsste sich das Verständnis des Gesetzgebers mit jenem der EKMR bzgl des Pazifismus decken. Dies müsste konsequenterweise aber auch für andere umfassende politisch-ideologische Konzepte wie zB den Marxismus etc gelten. Problematisch ist dann allerdings und mit 436
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Gleichheitsargumenten mE nicht zu rechtfertigen, dass nur der, der ein umfassendes ideologisch-politisches Weltbild für sich gewonnen hat, vor Diskriminierungen geschützt sein soll, nicht jedoch der, der bloß punktuell politische Meinungen zum Ausdruck bringt. Insofern schlägt Runggaldier (FS Doralt 525) vor, dass man den Begriff der Weltanschauung weit interpretieren und darunter auch politische Überzeugungen subsumieren könnte (ebenso Högenauer 107; Egger, DRdA 2003, 4.1.; aA Meyer 69). Auch wenn die RL unter Weltanschauung nicht auch politische Überzeugungen versteht, bleibt es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen, einen weitergehenden Diskriminierungsschutz vorzusehen. ME geben die Mat einen (nicht ganz eindeutigen) Hinweis darauf, dass der österr Gesetzgeber auch ein Diskriminierungsverbot aufgrund politischer Anschauungen normieren wollte. Letztendlich wird hier erst die Jud Klärung bringen. 2. Diskriminierungstatbestände a. Allgemeines Eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund von Religion oder 24 Weltanschauung liegt vor, wenn der ArbG eine Person gerade wegen ihres Bekenntnisses zu einer bestimmten Religion oder Weltanschauung benachteiligt. Das Diskriminierungsverbot aufgrund der Religion schließt auch den Fall ein, dass eine Person ungünstiger behandelt wird, weil sie sich ausdrücklich zu keiner Religion bekennt. Die RL will nämlich keine Religion im Sinn einer Grundrechtsgarantie schützen, sondern verbietet es, Religion als Differenzierungskriterium zu gebrauchen, sei es, dass eine solche ausdrücklich verlangt wird, sei es, dass sie ausdrücklich abgelehnt wird. Bei einem solchen Verständnis des Diskriminierungstatbestandes 25 ist auch die Frage der Diskriminierung von Teilgruppen kein Problem. Ausschlaggebend ist, dass die Motivation des ArbG zu differenzieren an ein Merkmal anknüpft, das mit Religion oder Weltanschauung notwendig verbunden ist. Verweigert der ArbG die Einstellung einer Muslima, die das islamische Kopftuch trägt, liegt eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Religion vor, da das islamische Kopftuch Zeichen einer bestimmten religiösen Einstellung ist. Um diesen Personen Diskriminierungsschutz zukommen zu lassen, ist es nicht notwendig, eine bestimmte Richtung innerhalb einer größeren religiösen Gemeinschaft als „Religion“ 437
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iSd GlBG zu konstruieren. IdS wurde vor den US-amerikanischen Gerichten die Entscheidung eines Colleges, nur Jesuiten in bestimmte Positionen zu berufen, zu Recht als unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Religion gewertet (Pime v Loyola University of Chicago, 803 F2d 351). Da die RL 2000/78/EG und dementsprechend auch das GlBG keinen Schutz bestimmter religiöser Gemeinschaften schaffen wollen, ist es nicht notwendig, einzelne Gruppen abzugrenzen und zu definieren. Daher ist auch die Frage, wie der Mitgliedstaat zu einer bestimmten religiösen Gemeinschaft steht, unerheblich. Es ist irrelevant, ob der Gemeinschaft ein besonderer, im jeweiligen nationalen Recht verankerter Status (zB gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft) zugeschrieben wird oder nicht. 26 Das wohl am häufigsten genannte und auch die Gerichte verschiedener europäischer Staaten beschäftigende Beispiel für unmittelbare Diskriminierungen aufgrund der Religion ist die Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen aufgrund des Tragens des islamischen Kopftuchs. Nach den Mat fällt das Tragen von religiösen Symbolen und Kleidungsstücken (zB Turbane der Sikhs) in den Schutzbereich des § 17 GlBG, da aus den Kleidungsstücken eine bestimmte Religionszugehörigkeit der Träger/innen abgeleitet bzw diese als Ausdruck einer bestimmten Religion aufgefasst werden (RV 307 BlgNR 22. GP, 15). Der Formulierung der Mat ist zu entnehmen, dass der Schutzbereich weit verstanden werden soll: das Diskriminierungsverbot muss dann auch bezüglich islamischer Vorschriften für Frauenkleidung gelten (weite Hose, längere Röcke, Mäntel). 27 Eine unmittelbare Diskriminierung liegt weiters vor, wenn in einer vergleichbaren Situation die Wünsche einer spezifischen Gruppe berücksichtigt werden, die Wünsche der anderen Gruppe jedoch nicht (so zu Recht RV 307 BlgNR 22. GP, 15). Denkbar wäre die Berücksichtigung von bestimmten religiös motivierten Feiertagen zugunsten einer Konfession, nicht jedoch zugunsten anderer: IdS verstoßen Kollektivverträge, die den Reformationstag (31.10.) als zusätzliche Feiertage für Angehörige der evangelischen Kirchen, oder den Versöhnungstag für ArbN mosaischen Glaubensbekenntnisses festsetzen, wenn für Angehörige anderer Konfessionen keine gleichwertigen Feiertage festgesetzt werden, gegen § 17 GlBG (ausführlich Mayr, ecolex 2004, 428 ff). 438
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Aus diesem Blickwinkel ist auch die Richtlinienkonformität des § 7 28 Abs 3 ARG, der den Karfreitag nur für Angehörige der evangelischen Kirchen AB und HB, der Altkatholischen Kirche und der Methodistenkirche zum Feiertag erklärt, in Zweifel zu ziehen. Die finanziellen Auswirkungen dieser Ungleichbehandlung liegen nicht nur darin, dass dem ArbN Entgeltfortzahlung gebührt, ohne dass er eine Arbeitsleistung zu erbringen hat, sondern auch darin, dass er, sollte er an diesen Tagen arbeiten, Zuschläge für Feiertagsarbeit erhält. Ob sich die Regelung des § 7 Abs 3 ARG als positive Maßnahme iSd RL 2000/78/EG deuten lässt, ist zweifelhaft (Mayr, ecolex 2004, 428 ff). Problematisch ist mE, dass – selbst wenn man diese zusätzlichen Feiertage als Ausgleich struktureller Benachteiligungen religiöser Minderheiten deuten will – dadurch wiederum eine Diskriminierung anderer religiöser Minderheiten wie etwa der Juden oder Moslems gegeben ist. Ist ein Merkmal, das mit der Religion oder Weltanschauung zusam- 29 menhängt, aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung, liegt keine Diskriminierung vor, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt (vgl § 20). Beispiele können der US-amerikanischen Rsp entnommen werden: Eine Fluggesellschaft kann verlangen, dass ihre Piloten für einen Flug nach Mekka Muslime sind, weil das saudi-arabische Recht nur Muslimen den Zutritt zur Heiligen Stadt erlaubt; eine Schlachterei, die koscheres Fleisch zubereitet, kann vom Schlachter verlangen, dass er Jude ist, weil andernfalls eine Anerkennung des Fleisches als koscher fraglich wäre (Nachw bei Thüsing, ZfA 2001, 407). Obwohl der Gesetzgeber diesen Ausnahmetatbestand positiv for- 30 muliert hat, wird iS einer teleologischen Interpretation auch der umgekehrte Fall des Fehlens eines bestimmten Merkmals vom Tatbestand erfasst sein: Wenn gerade das Fehlen eines bestimmten Merkmals, das mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung ist, darf der ArbG differenzierende Anordnungen treffen. So kann die Anordnung, das islamische Kopftuch abzulegen, um einen Schutzhelm oder besondere, sterile Kopfbedeckungen tragen zu können, gerechtfertigt sein (vgl auch Thüsing/Wege, ZEuP 2004, 417). Demgegenüber hindert das Tragen des islamischen Kopftuchs 439
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eine Verkäuferin nicht an der Ausübung ihrer Tätigkeit (BAG 10.10.2002, 2 AZR 472/01, NZA 2003, 483). 31 Heftig diskutiert wird auch die Weisung, im erzieherischen (schulischen) Bereich ohne islamisches Kopftuch zu arbeiten. Das in einer demokratischen Gesellschaft angestrebte Ziel, Schüler frei von religiösen Beeinflussungen zu halten, rechtfertigt nach Ansicht des EGMR das Verbot für eine Lehrerin, das islamische Kopftuch im Unterricht zu tragen. Das durch Art 9 EMRK gewährleistete Recht freier Religionsausübung sei in diesem Fall nicht verletzt, weil die Ausnahmebestimmung zugunsten des Schutzes von Freiheiten und Rechten anderer sowie der öffentlichen Ordnung und Sicherheit greift (Appl 42393/98 Dahlab). Auch nach Ansicht des dt BVerwG ist zu berücksichtigen, dass im schulisch-erzieherischen Bereich die besondere Art der Tätigkeit eine ausschlaggebende Rolle spielt (BVerwG 4.7.2002, 2 C 21/01, NJW 2002, 3344). Das BVerfG (24.9.2003, 2 BvR 1436/02, NJW 2003, 3111) hat zwar in einem konkreten Fall mangels ausreichender gesetzlicher Grundlage für ein Kopftuchverbot anders entschieden, hält aber fest, dass der mit zunehmender religiöser Pluralität verbundene gesellschaftliche Wandel Anlass zu einer Neubestimmung des zulässigen Ausmaßes religiöser Bezüge in der Schule sein könne. Der Gesetzgeber könne für Lehrkräfte Konkretisierungen ihrer allgemeinen beamtenrechtlichen Pflichten auch in Bezug auf ihr äußeres Auftreten geben, soweit dieses Auftreten ihre Verbundenheit mit bestimmten Glaubensüberzeugungen oder Weltanschauungen deutlich werden lässt. Insoweit seien unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben auch gesetzliche Einschränkungen der Glaubensfreiheit denkbar. Aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht wird der EuGH zu beurteilen haben, ob das Interesse der Schüler an einer Ausbildung frei von religiöser Beeinflussung ein Kopftuchverbot von Lehrer/ innen und Erzieher/innen rechtfertigen kann. 32 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Art 2 Abs 5 RL 2000/78/EG im einzelstaatlichen Recht vorgesehene Maßnahmen unberührt lässt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Diese Bestimmung ist den Schrankenregelungen der Art 8 bis 11 EMRK nachgebildet. Die Judikatur des EGMR zu 440
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diesen die Grundrechte einschränkenden Bestimmungen kann daher durchaus zur Auslegung des Art 2 Abs 5 RL 2000/78/EG herangezogen werden. Es ist den Mitgliedstaaten daher unbenommen, bestimmte religiöse und weltanschauliche Gruppierungen im Interesse der genannten Schutzgüter beschränkenden Regelungen zu unterwerfen. Werden daher etwa religiöse Gruppierungen wie Scientology oder politische Betätigungen – sofern man politische Anschauungen überhaupt unter die RL subsumieren kann – wie die Wiederbetätigung durch das VerbotsG (StGBl 13/1945) gesetzlichen Beschränkungen unterworfen, ist dies europarechtskonform. Im Anschluss daran ist auch der ArbG berechtigt, an die staatlich differenzierende Regelung im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis anzuknüpfen. So war schon bisher nach dt Jud die Zugehörigkeit zu einer derartigen Organisation als ein wichtiger Grund zur sofortigen Vertragsbeendigung angesehen worden (Landesarbeitsgericht Berlin 11.6.1997, 13 Sa 19/97, NZA-RR 1997, 422). Der EuGH hat die Berufung eines Mitgliedstaates auf die Gefährdung der öffentlichen Ordnung akzeptiert, wenn eine Person der ScientologyChurch an der Einreise gehindert wird, um eine Stelle als Sekretärin bei der Scientology Church of England einzunehmen (EuGH 4.12. 1974, Rs 41/74 van Duyn, Slg 1974, 1337). Eine besondere Ausnahme vom Diskriminierungsverbot auf- 33 grund der Religion und Weltanschauung lässt § 20 Abs 2 für berufliche Tätigkeiten innerhalb von Kirchen oder anderen öffentlichen oder privaten Institutionen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, zu (vgl im Detail den Kommentar zu § 20 Rn 7 ff). b. Mittelbare Diskriminierung In der Regel werden die Rahmenbedingungen für die Erbringung 34 der Arbeitsleistung von der Kultur der Mehrheitsgesellschaft, zusammenfassend könnte man sie in Österreich christlich-mitteleuropäisch nennen, geprägt sein. Angehörige anderer Konfessionen können insofern im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen benachteiligt sein. Die religiös gebotenen Ruhe- und Feiertage können andere sein als der Sonntag und die in § 7 ARG genannten christlichen Feiertage. Unabhängig von einer Religionszugehörigkeit erklärt § 7 Abs 2 ARG den 1.1. (Neujahr), 6.1. (Heilige Drei Könige), Ostermontag, 1.5. (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, 441
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Pfingstmontag, Fronleichnam, 15.8. (Mariä Himmelfahrt), 26.10. (Nationalfeiertag), 1.11. (Allerheiligen), 8.12. (Mariä Empfängnis), 25.12. (Christtag), 26.12. (Stephanstag) zu Feiertagen. Arbeit am Samstag oder am Freitag benachteiligt Juden oder Moslems. Die Lage der Arbeitszeit und Arbeitspausen kann gläubige Moslems daran hindern, ihre vorgeschriebenen Gebetszeiten einzuhalten. Der Speiseplan der Kantine ist möglicherweise ebenfalls von einem christlichen Weltbild geprägt, sofern es etwa am Freitag statt Fleischspeisen bloß Fisch und Süßspeisen gibt, ansonsten aber jeden Tag Schweinefleisch, was den gläubigen Moslem beeinträchtigen kann, ganz davon abgesehen, dass der gläubige Jude in der Kantine kein koscheres Essen finden kann. Auch Kleidungsvorschriften könnten im Hinblick auf die mittelbare Diskriminierung problematisch sein. Die Anordnung, eine branchenübliche mitteleuropäische Kleidung zu tragen, kann etwa mit Kleidungsvorschriften für muslimische Frauen kollidieren. Aus der Jud des EuGH, aber auch des EGMR lassen sich Lösungsschemata erarbeiten, um diese Formen mittelbarer Diskriminierung angemessen lösen zu können (vgl eingehend § 19 Rn 7 ff). Aus der Rs Prais ergibt sich, dass der ArbG verpflichtet ist, alle sachgerechten Maßnahmen zu treffen, um religiöse Konflikte seiner Mitarbeiter zu vermeiden (EuGH 27.10.1976, Rs 130/75, Slg 1976, 1589). Der EuGH verlangt im Ergebnis eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Unternehmers an einer funktionierenden Organisation seiner Betriebe und religiösen Interessen seiner ArbN. Der vom OGH (27.3.1996, 9 Ob A 18/96, DRdA 1997/6 Mosler) entschiedene Fall, dass Gebetsrituale von Moslems während der Arbeitszeit zu einer Kollision mit den betrieblichen Interessen führen, müsste im Anschluss an das Urteil Prais wohl differenzierter begründet werden. Siehe dazu § 19 Rn 15. IV. Diskriminierung aufgrund des Alters 1. Begriffsbestimmung 35 Der Begriff des Alters wird in § 17 nicht weiter definiert. Eine systematische Auslegung des GlBG ergibt – so erachtet etwa § 20 Abs 3 Z 2 Mindestanforderungen für das Alter in bestimmten Fällen für zulässig –, dass das Anknüpfen an jedes Lebensalter des Menschen grundsätzlich diskriminierend sein kann, wenn nicht besondere Rechtfertigungsgründe dafür vorliegen. IdS halten die Mat zum GlBG fest, dass alle ArbeitnehmerInnen unabhängig von 442
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einem Mindest- oder Höchstalter geschützt sein sollen. Der Diskriminierungstatbestand umfasst auch Diskriminierungen aufgrund des jugendlichen Alters (RV 307 BlgNR 22. GP, 15). Der österr Gesetzgeber folgt damit dem durch die RL 2000/78 36 vorgegebenen Verständnis von Altersdiskriminierung. Auch die RL 2000/78/EG geht von diesem Verständnis aus, wie Art 6 Abs 1 lit b, der ebenfalls ausnahmsweise Mindestanforderungen an das Alter oder die Berufserfahrung für zulässig erklärt, deutlich macht. Der europarechtliche Antidiskriminierungsschutz aufgrund des Alters ist daher wesentlich umfassender als jener des US-amerikanischen ADEA (Age Discrimination in Employment Act), der bloß ältere Arbeitnehmer, nämlich ab dem 40. Lebensjahr schützt (vgl Wiedemann/Thüsing, NZA 2002, 1234). Die RL versteht den Begriff des „Alters“ eines Beschäftigten in einem neutralen Sinn (Mohr 207). Es ist daher auch in der bereits vorliegenden Lit unbestritten, dass das Diskriminierungsverbot – so wie auch die anderen Diskriminierungsverbote – in beide Richtungen wirkt (Marhold 85; Kuras, dRdA 2003, Sonderbeilage Heft 5, 12; Rebhahn 43). 2. Diskriminierungstatbestände Aufgrund des Alters darf weder unmittelbar noch mittelbar diskri- 37 miniert werden. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn ein ArbN aufgrund seines Alters in einer vergleichbaren Situation gegenüber einer anderen Person benachteiligt wird. Grundsätzlich setzen sich daher Regelungen, die unmittelbar an das Lebensalter der ArbN anknüpfen, dem Verdacht einer unmittelbaren Diskriminierung aus. IdS halten die Mat fest, dass Vorschriften unzulässig sein sollen, die insb den Einstieg in eine bestimmte Laufbahn nur bis zu einem bestimmten Lebensalter gestatten (307 BlgNR, 22. GP, 15). Als Maßnahmen, die potenziell diskriminieren, kommen in Betracht: Ein ArbG will nur jüngere (oder ältere) Personen einstellen und erlässt dementsprechende Stellanangebote („suche Sekretärin ab 40“ = Mehrfachdiskriminierung); er kündigt regelmäßig ArbN, die ein bestimmtes Alter erreicht haben; er differenziert bei den Leistungen nach dem Lebensalter (Geburtstagsprämie). Auch die Frage des ArbG nach dem Lebensalter ist im Rahmen des Einstellungsverfahrens unzulässig, solange kein Rechtfertigungsgrund für eine Differenzierung nach dem Alter gegeben ist (Weber, AuR 2002, 404). Ist der Arbeits443
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vertrag bereits abgeschlossen, muss der ArbG die Geburtsdaten seiner ArbN schon durch die Sozialversicherungsnummer des ArbN erfahren. 38 Zu berechtigten Differenzierungen nach dem Alter der ArbN vgl § 20. 39 Werden dagegen dem Anschein nach neutrale Kriterien angewendet, die Angehörige einer bestimmten Altersgruppe besonders benachteiligen, liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, es sei denn, die betreffenden Kriterien sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich. Als solche zunächst neutralen Regelungen sind va Regelungen anzusehen, die an das Dienstalter, die Branchenzugehörigkeit, Vordienstzeiten etc anknüpfen und somit idR eher älteren ArbN zugute kommen werden. Denkbar sind aber auch Auswahlverfahren mittels Tests, die ältere ArbN regelmäßig benachteiligen können. 40 Mittelbare Diskriminierungen aufgrund des Alters können ebenso wie mittelbare Diskriminierungen aus anderen Gründen sachlich gerechtfertigt werden, sofern ein legitimes Ziel und Verhältnismäßigkeit gegeben ist. Bei der Ermittlung des legitimen Ziels, das Ungleichbehandlungen rechtfertigen kann, ist auf das Gemeinschaftsrecht Bedacht zu nehmen. Die RL 2000/78/EG nennt in der 8. BE als wesentliches Ziel des Diskriminierungsverbots aufgrund des Alters die Erhöhung des Anteils älterer ArbN an der Erwerbsbevölkerung. In der 25. BE werden ausdrücklich rechtmäßige Ziele, die Differenzierungen aufgrund des Alters rechtfertigen können, aufgezählt, so insbesondere Ziele im Bereich der Beschäftigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung. In Art 6 der RL 2000/78/EG werden gerechtfertigte Ungleichbehandlungen wegen des Alters genauer geregelt. Der österr Gesetzgeber hat zulässige Differenzierungsgründe in § 20 ausführlich geregelt (siehe dazu § 20, Rn 24 ff). V. Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung 1. Begriffsbestimmung 41 Im Gegensatz zu Art 13 EG und der RL 2000/78/EG verwendet das GlBG statt des Begriffs der sexuellen Ausrichtung den in der 444
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einschlägigen Lit gebräuchlicheren der „sexuellen Orientierung“. Die Begriffe sind synonym zu verstehen. Sexuelle Orientierung bezeichnet die Präferenz bei der sexuellen „Objektwahl“ (Holzleithner, Recht Macht Geschlecht, Legal Gender Studies [2002] 128). Der Begriff ist nach den Mat zum GlBG weit auszulegen und wird allgemein als „heterosexuell, homosexuell und bisexuell“ definiert und verstanden. Durch den 2. Abschnitt des I. Teiles des GlBG soll vor allem ein Diskriminierungsschutz für schwule und lesbische Arbeitnehmer/innen geschaffen werden (307 BlgNR 22. GP, 15). Auch wenn mangels großer Praxisrelevanz das Anliegen des Ministerialentwurfes, einen Diskriminierungsschutz auch für Bisexuelle und Heterosexuelle in einer homosexuell geprägten Arbeitswelt zu schaffen, in der RV nicht mehr erwähnt wird, soll der Vollständigkeit wegen darauf hingewiesen werden, dass das Diskriminierungsverbot des GlBG auch solche Fälle erfasst (WindischGraetz, ZAS 2004, 59). Strittig ist, ob sich der Diskriminierungsschutz nur auf die sexuelle 42 Orientierung als „Status“ oder ob er sich auf ein diesbezügliches „Verhalten“ bezieht (so etwa Hanau/Thüsing 35; offenbar zurückgenommen Thüsing, Das Arbeitsrecht der Zukunft, NZA Sonderheft zu 2004/22, 5). Diese zB im U.S.-amerikanischen Militär gepflogene Unterscheidung differenziert zwischen „sexueller Orientierung“ als einer abstrakten Präferenz für Personen eines bestimmten Geschlechts, im Unterschied zu einer Neigung oder Intention, sexuelle Akte auszuführen, und „homosexuellem Verhalten“ als einem homosexuellen Akt oder einer Äußerung eines oder einer Angehörigen des Militärs, die eine Neigung oder Intention zeigt, homosexuelle Akte auszuführen (Nachw bei Holzleithner, Verletzende Worte, Juridikum 3/98, 48). Die RL 2000/78/EG nimmt eine Differenzierung zwischen Status und Verhalten nicht vor. Da die RL weit auszulegen ist, ist davon auszugehen, dass sich das Gebot der Nichtdiskriminierung sowohl auf den Status als auch auf das Verhalten bezieht. Müsste eine homosexuelle Person im Gegensatz zu einer heterosexuellen Person mit rechtlich normierten Konsequenzen rechnen, sobald sie ihre Homosexualität nach außen trägt, wäre der Grundsatz der Gleichbehandlung in diesem Bereich so gut wie gar nicht verwirklicht. Es kann der RL nicht unterstellt werden, dass sie in diesem Bereich einen unterschiedlichen Diskriminierungsschutz schaffen wollte. Sofern der Vorschlag der Kommission diesbezüglich einen anderen Wortlaut hatte, ist er 445
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unbeachtlich. Den Kommissionsentwürfen kommt nicht jene Bedeutung für die Auslegung von Rechtsakten der EG zu wie dies im innerstaatlichen Recht der Fall ist. Hätte der Rat der Kommission in diesem Punkt folgen und eine Einschränkung des Diskriminierungsschutzes bzgl der sexuellen Orientierung vornehmen wollen, wäre ein eindeutiger Hinweis in der RL, etwa in den Begründungserwägungen, zu erwarten gewesen. In der Entstehungsgeschichte ähnlich hat zunächst auch der österr Ministerialentwurf (70/ME 22. GP) eine Differenzierung zwischen homosexuellem „Status“ und „Verhalten“ enthalten. Diese Differenzierung wurde in der RV fallen gelassen und das GlBG kennt diese Unterscheidung nicht. Der Tatbestand der sexuellen Orientierung des § 17 GlBG ist daher so auszulegen, dass er nicht nur den sexuellen „Status“ sondern auch das sexuelle „Verhalten“ umfasst. 43 Vom Begriff der sexuellen Ausrichtung/Orientierung ist der Begriff der Geschlechtsidentität zu unterscheiden. Diese bezeichnet das Gefühl, männlich, weiblich oder hermaphroditisch zu sein. Fällt die Geschlechtsidentität nicht mit dem anatomischen Geschlecht zusammen, spricht man von Transsexualität (Holzleithner, Recht Macht Geschlecht, Legal Gender Studies (2002) 128). Diskriminierungen aufgrund von Transsexualität bzw vollzogenen Geschlechtsumwandlungen werden vom EuGH als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gesehen (EuGH 30.4.1996, C-13/94P./S., Slg 1996, I-02143). Generalanwalt Tesauro hält in seinen Schlussanträgen fest, dass die Ansicht überholt sei, dass das Recht eine Frau schützt, die gegenüber einem Mann diskriminiert wird, und umgekehrt, diesen Schutz aber demjenigen versagt, der, wieder aufgrund des Geschlechts, ebenfalls diskriminiert wird, und zwar nur deshalb, weil er außerhalb der traditionellen Einteilung Mann/ Frau steht (Schlussanträge C-13/94-P./S., Slg 1996, I-02143, Rz 17). Insofern musste bereits nach der alten Rechtslage zB die Kündigung eines/r Transsexuellen, die ihren Grund in eben dieser Transsexualität fand, als eine dem GlBG zuwider laufende Diskriminierung aufgrund des Geschlechts qualifiziert werden. 44 Vom Tatbestand der sexuellen Orientierung ist der Tatbestand der sexuellen Belästigung zu unterscheiden, egal welche sexuelle Orientierung der Belästiger oder der Belästigte hat (Windisch-Graetz, ZAS 2004, 59). Sexuelle Belästigung erfüllt in jedem Fall einen Diskriminierungstatbestand aufgrund des Geschlechts (vgl daher den 446
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Kommentar zu § 6). Sie fiel schon vor der Novelle 2004 in den Geltungsbereich des GlBG (RV 735 BlgNR 18. GP, 33; Smutny/ Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 318, Fn 5). Belästigt daher ein männlicher Lehrberechtigter einen männlichen Lehrling, ist der Tatbestand des § 3 GlBG alte Fassung erfüllt (Anträge an die Gleichbehandlungskommission. Verfahren, Entscheidungen, Gutachten, SBel 13). 2. Zur Zulässigkeit der Differenzierung nach dem Familienstand Wird die sexuelle Orientierung einer Person direkt zum Differen- 45 zierungskriterium gemacht, liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, sofern die Situation der zu vergleichenden Personen auch vergleichbar iSd Gesetzes ist. In diesem Zusammenhang ist zu klären, inwieweit das GlBG eine Vergleichbarkeit mit der Ehe vorsieht. In den Mat zum GlBG wird die Auffassung vertreten, dass im Hinblick auf die Lebensform die Benachteiligung homosexueller Lebensgemeinschaften gegenüber unverheirateten heterosexuellen Paaren unzulässig sei. Betriebliche Sozialleistungen zB dürften entweder nur allen eheähnlichen Gemeinschaften zustehen oder nur an Ehepaare geleistet werden (RV 307 BlgNR 22. GP, 15). Nach der neuen Rechtslage muss in einer differenzierten Behandlung hetero- und homosexueller Lebensgemeinschaften durch einen AG, wie im Sachverhalt Grant geschehen (EuGH 17.2.1998, C-249/96), eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gesehen werden (Egger, DRdA 2003, 302; Karl 52; Rebhahn, § 3 Rn 44–46; Winkler, ZAS 2004, 56; Windisch-Graetz, ZAS 2004, 60). Eine Privilegierung der Ehe sei nach den Mat jedoch weiterhin 46 zulässig (RV 307 BlgNR 22. GP, 15). Diese Ansicht wird auf die 22. BE der RL 2000/78/EG, wonach die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über den Familienstand unberührt bleiben, gestützt. Die Ausnahme der Regelung des Familienstandes in der 22. BE entspricht der fehlenden Kompetenz des Gemeinschaftsgesetzgebers, Regelungen im Bereich des Ehe- und Familienrechts zu treffen. Das EG-Recht überlässt es den Mitgliedstaaten, ihr Familien- und Personenstandsrecht nach den nationalen Gepflogenheiten auszugestalten (Karl 58). Die Möglichkeiten, hetero- bzw homosexuelle Partnerschaften neben der Ehe registrieren zu lassen, sind in den einzelnen Mitgliedstaaten von einer großen Vielfalt ge447
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kennzeichnet (vgl EuGH 31.5.2001, C-122/99 P, C-125/99 P-D und Schweden gegen Rat, Slg 2001, I-04319, Rz 50). Der EuGH stellte diesbezüglich in den Rs Grant und D./Schweden fest, dass die Ehe in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich anders gestellt sei als hetero- oder homosexuelle Lebensgemeinschaften. In den meisten Mitgliedstaaten werde die Lebensgemeinschaft zwischen zwei Personen des gleichen Geschlechts den festen nichtehelichen heterosexuellen Beziehungen nur für eine begrenzte Zahl von Ansprüchen gleichgestellt oder sei überhaupt nicht Gegenstand einer ausdrücklichen Anerkennung (EuGH 17.2.1998, C-249/96-Grant, Slg 1998, I-00621, Rz 35; 31.5. 2001, C-125/99 P-D und Schweden gegen Rat, Slg 2001, I-04319, Rz 36). 47 Selbst wenn Angelegenheiten in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, ist der vom EuGH ausgearbeitete Grundsatz zu beachten, dass die Mitgliedstaaten bei Ausübung dieser ihrer Befugnisse dennoch das Gemeinschaftsrecht beachten müssen. IdS lässt zwar das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit unberührt; gleichwohl müssen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung dieser Befugnis das Gemeinschaftsrecht beachten (EuGH 28.4.1998, C-158/96-Kohll, Slg 1998, I-01931). Ebenso fällt die Einhebung der direkten Steuern in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten; dennoch haben diese ihre Kompetenzen unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts auszuüben und müssen deshalb jede offensichtliche oder versteckte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit unterlassen (EuGH 14.2.1995, C-279/93-Schumacker, Slg 1995, I-00225, Rz 21). Daher ist auch im Hinblick auf die Regelungskompetenz bezüglich des Familienstandsrechts der Mitgliedstaaten zu überlegen, inwieweit das Gemeinschaftsrecht dennoch zu beachten ist. 48 In jedem Fall hat der einzelne Mitgliedstaat selbst das Recht, an die Ehe oder andere registrierte Formen von Lebensgemeinschaften Leistungsansprüche zu knüpfen. Fraglich ist aber, ob auch der ArbG undifferenziert an das Vorliegen einer Ehe anknüpfen darf. Dem Antidiskriminierungsgedanken kommt im EG-Vertrag eine derart herausragende Bedeutung zu, dass auch das Anknüpfen an einen nationalstaatlich geregelten Familienstand durch den ArbG im Hinblick auf eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung überprüft werden muss. Es ist daher zu prüfen, ob das 448
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Sonstige Arbeitswelt
Anknüpfen an die Ehe oder einen anderen staatlich registrierten Personenstand zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung führen würde (Windisch-Graetz, ZAS 2004, 60). Privilegiert ein ArbG eheliche Verbindungen gegenüber unehe- 49 lichen Lebensgemeinschaften, liegt darin keine unmittelbare Diskriminierung homosexueller ArbN, da auch heterosexuelle, nicht verheiratete Lebensgemeinschaften ausgeschlossen werden. Es liegt darin idR aber auch keine mittelbare Diskriminierung von homosexuellen Lebensgemeinschaften, da man nicht davon ausgehen kann, dass Lebensgemeinschaften in der Mehrzahl homosexuell wären. Allerdings sind Einzelfälle mittelbarer Diskriminierung von homosexuellen Lebensgemeinschaften denkbar, wenn nämlich im konkreten Betrieb die Mehrzahl der unverheirateten ArbN homosexuell wäre. Im Anknüpfen an die Ehe für die Gewährung bestimmter Leistungen läge dann eine mittelbare Diskriminierung, wenn sich dieses dem Anschein nach neutrale Kriterium im Ergebnis als besondere Benachteiligung von Personen mit einer bestimmten sexuellen Ausrichtung darstellen würde. Allerdings könnte ein solches Anknüpfen durch den ArbG sachlich gerechtfertigt werden, wenn zB an die Unterhaltsverpflichtung, Beistandspflicht etc aus der Ehe angeknüpft werden soll (Windisch-Graetz, ZAS 2004, 60). Gleichbehandlungsgebot in der sonstigen Arbeitswelt § 18. Aus den im § 17 genannten Gründen darf niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden 1. beim Zugang zur Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Arbeitsverhältnisses, 2. bei der Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmer/innen/- oder Arbeitgeber/innen/organisation oder einer Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen, 3. bei den Bedingungen für den Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit. Vgl dazu den Kommentar zu § 4 GlBG. 449
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§ 19
Windisch-Graetz Begriffsbestimmungen
§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in § 17 genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. (2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich. (3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor. Literatur: Vgl die Literaturangaben zu §§ 16 und 17.
I. II. III. IV.
Inhaltsübersicht Unmittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelbare Diskriminierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mittelbare Diskriminierung durch die Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrfachdiskriminierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vgl dazu grundsätzlich den Kommentar zu § 5, aber auch die Erläuterungen bei den einzelnen Diskriminierungsgründen im Rahmen der Kommentierung von § 17. I. Unmittelbare Diskriminierung 1 Gem § 19 liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn an den genannten Diskriminierungsgrund angeknüpft wird, um Menschen in vergleichbaren Situationen ungleich zu behandeln. ZB stellt man Menschen bestimmter Herkunft, Religionszugehörigkeit, Alter oder sexueller Orientierung gerade weil sie diese persönlichen Merkmale oder Überzeugungen haben nicht ein, kündigt sie, hindert sie am beruflichen Aufstieg, zahlt ihnen weniger Ent450
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Begriffsbestimmungen
gelt oder hält ihnen Sozialleistungen vor etc. Die Formulierung des § 20, der Ausnahmebestimmungen vom Diskriminierungsverbot enthält, ermöglicht eine Verfeinerung des Diskriminierungsverbotes: Eine Diskriminierung liegt konkret dann vor, wenn wegen eines Merkmals, das im Zusammenhang mit einem in § 17 genannten Diskriminierungsgrund steht, differenziert wird. Damit wird deutlich, dass nicht nur ein grobes Abstellen auf ethnische Zugehörigkeit, Religion und Weltanschauung, sexuelle Orientierung oder Alter diskriminierend ist, sondern auch ein differenzierendes Abstellen auf bestimmte Merkmale, die mit diesen Diskriminierungsgründen verbunden sind: zB Hautfarbe, Haartracht, Bärte, das Tragen islamischer Kopftücher, Turbane. Unmittelbare Diskriminierungen können nach hA nicht gerecht- 2 fertigt werden (§ 5, Rn 2). Der Diskriminierungstatbestand ist allerdings nicht erfüllt, wenn sich die Personen, die wegen eines in § 17 genannten Grundes ungleich behandelt werden, in keiner vergleichbaren Situation befinden (vgl dazu die Judikatur des EuGH 9.12.2004, C-19/02-Hlozek, Slg 2004, I-00000; 12.10.2004, C-313/ 02-Wippel, Slg 2004, I-00000). Gem § 20 sind Ausnahmen zulässig, wenn ein Merkmal, das mit einem der Diskriminierungsgründe in Zusammenhang steht, aufgrund der Art der beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt (§ 20, Rn 1 ff). Weiters ist zu berücksichtigen, dass Art 2 Abs 5 der RL 2000/78/ 3 EG einzelstaatliche Maßnahmen nicht berührt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Diese den Schrankenregelungen der EMRK entsprechend formulierte Bestimmung ermöglicht es den Mitgliedstaaten, rechtmäßig Maßnahmen zu setzen, die an die einzelnen in § 17 angeführten Gründen anknüpfen. Fraglich ist allerdings, inwieweit der private ArbG die Möglichkeit hat, diese Bestimmung der RL für Rechtfertigungen eventueller Differenzierungen zu benützen. Das sich die RL ausschließlich an die Mitgliedstaaten richtet und Art 2 Abs 5 ausdrücklich formuliert, dass einzelstaatliche Maßnahmen zugunsten der genannten Rechts451
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güter nicht berührt werden sollen, kann sich der einzelne ArbG nicht auf die Bestimmung des Art 2 Abs 5 stützen. Die Regelung kann mE aber zur Auslegung der Ausnahmebestimmungen des § 20 herangezogen werden. Ob ein Merkmal in Verfolgung eines rechtmäßigen Zwecks eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt, kann unter Heranziehung der in Art 2 Abs 5 genannten Rechtsgüter ermittelt werden. II. Mittelbare Diskriminierung 4 Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die eines der in § 17 genannten Merkmale in sich tragen, gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn es gibt eine sachliche Rechtfertigung für das Unterscheidungskriterium und es genügt den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit. Diese neue Definition der mittelbaren Diskriminierung stellt nicht mehr auf Vergleichsgruppen ab und verlangt daher nicht mehr zwingend statistische Beweise für das Vorliegen einer mittelbaren Diskriminierung. Damit wurden die Anforderungen an den Beweis der diskriminierenden Wirkung gesenkt. Die EUKommission begründet dies in ihrem Memorandum zur RL 2000/ 43/EG mit Problemen, die es in manchen Mitgliedstaaten mit der Erhebung von Rassenstatistiken gibt. Die neue Definition lehnt sich an das Verständnis des EuGH von mittelbarer Diskriminierung in Zusammenhang mit den Grundfreiheiten an: Der EuGH entschied in der Rs O’Flynn (EuGH 23.5.1996, C-237/94, Slg 1996, I-2617), dass eine mittelbare Diskriminierung vorliegt, wenn allgemein anwendbare Regelungen aufgestellt werden, die sich ihrem Wesen nach eher auf Wanderarbeitnehmer auswirken und folglich die Gefahr besteht, diese Personen besonders zu benachteiligen. Es brauche nicht festgestellt zu werden, dass die in Rede stehende Vorschrift in der Praxis einen wesentlich größeren Anteil der Wanderarbeitnehmer betrifft. Es genüge die Feststellung, dass die betreffende Vorschrift geeignet ist, eine solche Wirkung hervorzurufen. Statt des streng statistischen Beweises kann nun auch auf andere Art plausibel gemacht werden, dass eine bestimmte Personengruppe nachteilig betroffen ist. Dafür kann Alltagserfahrung genügen. 5 Verlangt das Gesetz, dass die anscheinend neutralen Kriterien bestimmte Personengruppen in besonderer Weise benachteiligen 452
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können, stellt sich die Frage nach der Intensität dieser Betroffenheit. Rebhahn (§ 5 Rn 41) ist zuzustimmen, wenn er eine enge Korrelation des verwendeten Entscheidungskriteriums mit einem in § 17 geschützten Merkmal verlangt. Die Betroffenheit von Personen einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexuellen Orientierung durch ein anscheinend neutrales Kriterium muss demnach typischerweise höher sein als bei anderen Personen. Im Wesentlichen gelten die gleichen Grundsätze wie bei der mittel- 6 baren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (vgl daher den Komm zu § 5). Eine Abweichung des Gesetzestextes findet sich jedoch in Bezug auf die Vergleichsperson. § 19 Abs 2 stellt nicht wie bei der Geschlechterdiskriminierung darauf ab, dass Personen eines Geschlechts gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligt werden, sondern darauf, dass Personen, die einer bestimmten ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen – unspezifiziert – diskriminiert werden. Trotz dieser sprachlichen Unterscheidung muss mE dasselbe gemeint sein: Die Vergleichspersonen, gegenüber denen eine bestimmte Person oder Personengruppe benachteiligt wird, dürfen das betreffende Diskriminierungsmerkmal gem § 17 nicht aufweisen. Andernfalls würde das dem Anschein nach neutrale Unterscheidungskriterium eben nicht in besonderer Weise Personen, die eines der in § 17 genannten Merkmale in sich tragen, treffen. Es wäre dann tatsächlich und nicht bloß dem Anschein nach ein neutrales Kriterium. Die diskriminierte Person muss also gegenüber einer Person einer anderen ethnischen Zugehörigkeit, einer anderen Religion oder Weltanschauung, eines anderen Alters oder sexueller Orientierung benachteiligt werden. III. Mittelbare Diskriminierung durch die Arbeitsbedingungen Eine besondere Problematik mittelbarer Diskriminierungen stellt 7 sich im Zusammenhang mit der Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Sowohl der Gesetzgeber als auch der ArbG stellen Regelungen über die Arbeitsbedingungen auf, die auf alle ArbN anwendbar sind: In Frage kommen Vorschriften über die Arbeitsund Ruhezeiten, Bekleidungsvorschriften etc. In der Regel werden 453
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sich diese Regelungen an Vorstellungen und Geschmack der Mehrheitsgesellschaft orientieren und von dieser sozial anerkannt sein. Dies gilt zB für den Stil der Arbeitskleidung, die Lage der Arbeitszeiten, den Speiseplan der Kantine. Dies führt dazu, dass Angehörige von Minderheiten, insb ethnisch oder religiös definierter, durch diese allgemeinen Regelungen benachteiligt sein können, wenn die Regelungen ihren sozialen Vorstellungen und Verhaltensweisen nicht entsprechen. Als Beispiele seien knapp geschnittene Uniformen und Schminkvorschriften genannt, die für Frauen der österreichischen Mehrheitsgesellschaft weitgehend unproblematisch sein mögen, für Frauen bestimmter Religionszugehörigkeit allerdings gegen religiöse Kleidungsvorschriften verstoßen und damit uU sogar den Zugang zum Arbeitsmarkt beschränken. Ebenso mag es sich mit der Lage der Arbeitszeiten und Pausenregelungen verhalten: Diese werden idR nicht auf die Bedürfnisse muslimischer ArbN, die vorgeschriebene Gebetszeiten einhalten wollen, zugeschnitten sein. 8 Allgemein anwendbare Regelungen, die einzelne Gruppen besonders treffen können, sind einer sachlichen Rechtfertigung zugänglich, wenn sie einem legitimen Ziel dienen und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles verhältnismäßig, dh angemessen und erforderlich sind (§ 19 Abs 2; § 5). Der EuGH hält diesbezüglich fest, dass das legitime Ziel an den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts zu messen ist (EuGH 11.6.1987, Rs 30/85-Teuling, Slg 1987, 2497, Rn 18; 13.7.1989, Rs 171/88-Rinner-Kühn, Slg 1989, 2743, Rn 15). Allgemein anwendbare Maßnahmen müssen durch objektive Faktoren gerechtfertigt sein, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – bzw nunmehr aufgrund der neuen Diskriminierungsgründe – zu tun haben (EuGH 9.2.1999, C-167/97Seymour-Smith, Slg 1999, I-00623; 24.2.1994, C-343/92-Roks, Slg 1994, I-571). Im Zusammenhang mit den Diskriminierungstatbeständen des § 17 ist die Aussage des EuGH in der Rs Bilka (EuGH 13.5.1986, Rs 170/84, Slg 1986, 1607) von besonderer Relevanz, da es dabei nicht um diskriminierende Regelungen von Mitgliedstaaten, sondern um jene von Unternehmern geht: Eine Ungleichbehandlung könne durchaus gerechtfertigt sein, wenn es dafür objektive wirtschaftliche Gründe gibt, die einem wirklichen Bedürfnis des Unternehmens dienen. Dieses „wirkliche“ Bedürfnis des Unternehmens ist wiederum von rein wirtschaftlichen Gründen zu unterscheiden (§ 5 Rn 46): Diesbezüglich hat der EuGH sowohl in 454
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seiner Judikatur zu den Grundfreiheiten als auch zur Geschlechterdiskriminierung festgehalten, dass rein wirtschaftliche Gründe (EuGH 28.4.1998, C-120/95-Decker, Slg 1998, I-1831, Rz 39) oder bloße Haushaltserwägungen des Staates Ungleichbehandlungen nicht rechtfertigen können (EuGH 24.2.1994, C-343/92-Roks, Slg 1994, I-571). Der EuGH hatte sich in der Rs Prais (EuGH 27.10.1976, Rs 130/ 9 75, Slg 1976, 1589) mit der Rechtfertigung von Differenzierungen durch unternehmerische Interessen auseinanderzusetzen: Gem § 27 Beamtenstatut der EG sind Beamte ohne Rücksicht auf Rasse, Glauben oder Geschlecht auszuwählen. Eine Bewerberin jüdischen Glaubens klagte, weil sie am Samstag, für den das Auswahlverfahren angesetzt war, aufgrund religiöser Vorschriften nicht arbeiten durfte. Die Bekl wandte ein, es sei undurchführbar, organisatorische Maßnahmen zu setzen, um allen möglicherweise in Europa vertretenen Konfessionen und Gebräuchen gerecht zu werden. Ein Prüfungstermin für alle Kandidaten zum gleichen Zeitpunkt mit den gleichen Prüfungsfragen sei jedoch aus Gleichheitserwägungen notwendig. Der EuGH nimmt eine Interessenabwägung vor: Der ArbG hat grundsätzlich religiösen Hindernissen Rechnung zu tragen, sofern er rechtzeitig von der Bewerberin darauf aufmerksam gemacht wird. Setzt die Stellenwerberin den ArbG davon nicht rechtzeitig in Kenntnis, muss der ArbG die religiösen Hindernisse der Stellenwerberin nicht mehr berücksichtigen, insbesondere, wenn bereits andere Stellenwerber für diesen Termin eingeladen worden sind. Die Verpflichtung des ArbG, religiöse Verpflichtungen der ArbN zu berücksichtigen ist nach Ansicht des EuGH begrenzt: Dem Gleichbehandlungsgebot aufgrund der Religion stehen organisatorische Verpflichtungen des ArbG entgegen. Der ArbG ist aber bei Kenntnis der religiösen Verpflichtungen seiner Mitarbeiter (oder Stellenwerber) verpflichtet, alle sachgerechten Maßnahmen zu treffen, um religiöse Konflikte seiner Mitarbeiter zu vermeiden. Die EKMR hatte im Verfahren Konttinen (EKMR 3.12.1996, Appl 10 Nr 24949/94) zu entscheiden, ob eine Diskriminierung aufgrund der Religion vorliegt, wenn ein Unternehmer einen Angehörigen der 7-Tage-Adventisten, welche am Freitag ab Sonnenuntergang nicht mehr arbeiten dürfen, zu Schichten einteilt, die erst am Freitag nach Sonnenuntergang enden. Der Kläger brachte vor, er sei 455
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durch die Gesetzgebung Finnlands diskriminiert, da diese den Sonntag als arbeitsfreien Tag festlege und somit die Angehörigen der Mehrheitsreligion bevorzuge. Die Kommission vertrat die Ansicht, dass der ArbN verpflichtet sei, organisatorische Anweisungen seines ArbG zu befolgen, so auch die Anordnung der Arbeitszeiten. Das Recht auf Religionsfreiheit beinhalte nicht das Recht, sich solchen Anordnungen zu widersetzen, umso weniger als der Betroffene nicht daran gehindert worden sei, seine religiösen Ansichten auszudrücken. Die gesetzliche Regelung über einen grundsätzlich arbeitsfreien Sonntag garantiere kein absolutes Recht von Anhängern einer bestimmten Religion, einen bestimmten Tag als ihren Feiertag zuerkannt zu erhalten. Die Kommission kam daher zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht anders behandelt werde als Anhänger anderer religiöser Gemeinschaften. 11 In beiden Entscheidungen zeigt sich, dass bei allgemein anwendbaren Maßnahmen, die Angehörige bestimmter Ethnien oder Religionen benachteiligen können, den Unternehmerinteressen an der Gestaltung der Arbeitsorganisation ein hoher Stellenwert zukommt. Das Zusammenleben und Wirtschaften einer Gesellschaft kann nur unter bestimmten Rahmenbedingungen funktionieren. Auch eine multikulturelle Gesellschaft braucht Regelungen – im vorliegenden Zusammenhang bezogen auf den Arbeitsprozess –, die ein möglichst effizientes Erwirtschaften von Arbeitsergebnissen möglich machen. Dazu gehört ua die Koordinierung der Arbeitskräfte in zeitlicher und örtlicher Hinsicht. Der Gesetzgeber regelt einen Teil dieser Rahmenbedingungen, ua durch das AZG und das ARG, indem er gesetzliche Feiertage festlegt. Die konkretere Koordination der Arbeitsprozesse wird den Arbeitsvertragsparteien sowie dem ArbG überlassen, der dies aufgrund seines Weisungsrechts tun darf. 12 Das Vorliegen persönlicher Weisungen ist ja gerade ein ausschlaggebendes Kriterium für die ArbN-Eigenschaft, die neben Anordnungen über Arbeitsort, Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten auch Vorschriften über das persönliche Erscheinungsbild des ArbN enthalten können. Ein Spannungsverhältnis zwischen den Persönlichkeitsrechten der ArbN und der Privatautonomie des Unternehmers, seinen Betrieb entsprechend seinen Vorstellungen zu organisieren, hat schon vor der neuen Rechtslage bestanden. In der Lit wurde dazu schon bisher die Ansicht ver456
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treten, dass die Hochrangigkeit des Persönlichkeitsschutzes besonders intensive Rechtfertigungen für ein auf Treuepflicht und betriebliche Koordinierung gestütztes Weisungsrecht erfordere (Firlei, DRdA 2000/13; Peschek, RdW 1992, 343; Tinhofer, RdW 1994, 16). Dieser Befund muss umso mehr für jene Grundrechtspositionen gelten, die im Wege der neuen Diskriminierungsbestimmungen in Bezug auf Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen sind. Das Spannungsverhältnis zwischen den unternehmerisch-organisa- 13 torischen Bedürfnissen des ArbG und den Interessen des ArbN auf eine diskriminierungsfreie Arbeitsumwelt ist also im Anschluss an die Judikatur des EuGH, aber auch iSd Auslegung des § 14 EMRK durch die EKMR durch eine Interessenabwägung zu lösen. Die unternehmerisch-organisatorischen Interessen an einem möglichst reibungslosen Arbeitsablauf können iSd Rs Prais in einem ersten Schritt als legitimes Ziel, das mittelbare Diskriminierungen rechtfertigen kann, angesehen werden. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Maßnahmen, die diesem Ziel dienen sollen, auch verhältnismäßig sind. Auf dieser Ebene fließt die Interessenabwägung ein. Bei der Interessenabwägung wird je nach Betroffenheit der beteiligten Personen zu entscheiden sein, wobei die Intensität der Betroffenheit zu gewichten ist. ArbN werden von allgemein anwendbaren Maßnahmen, die das 14 Nach-Außen-Tragen von Religion und Weltanschauung, ethnischer Zugehörigkeit, Alter oder sexueller Orientierung beschränken, umso intensiver betroffen, je zentraler die Äußerung an die Persönlichkeit oder die Glaubenslehre geknüpft ist. Dazu zählen mE religiöse Symbole wie Kreuze, religiöse Kopfbedeckungen, das Äußern religiöser oder politischer Meinungen. Gebietet daher die Religion das Tragen bestimmter Symbole wie Kopftücher oder Turbane, wird deren Verbot im Rahmen einer allgemeinen Kleidungsvorschrift nicht gerechtfertigt werden können. Bei der Gewichtung der Intensität der Betroffenheit ist auch zu berücksichtigen, ob dem ArbN durch die allgemein anwendbare Vorschrift der Zugang zum Arbeitsmarkt bzw zur Berufsausübung versperrt wird. Gebietet eine Religion das Tragen bestimmter Kleidungsstücke, wird für die betreffenden Personen durch allgemeine Kleidungsvorschriften, die den religiösen Vorschriften zuwiderlaufen, der Zugang zum Arbeitsmarkt beschränkt. 457
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15 Auf der Seite des ArbG ist zu berücksichtigen, welche – ökonomisch tragbaren – Gestaltungsmöglichkeiten der ArbG im Bezug auf die Arbeitsbedingungen hat. Sind wie in der Rs Prais bereits alle Bewerber zu einem Prüfungstermin geladen, ohne dass eine der Bewerberinnen den Unternehmer auf ihre religiös bedingten Schwierigkeiten, an diesem Tag zu erscheinen, hingewiesen hat, ist dem Unternehmer eine Bedachtnahme auf religiöse Verpflichtungen der Bewerberin – etwa durch eine nachträgliche Verschiebung des Termins – nicht mehr zumutbar. Wäre der Unternehmer rechtzeitig informiert worden, wäre es ihm wohl ohne weiters zumutbar gewesen, den Prüfungstermin auf einen anderen Wochentag zu legen. IdS kann man dem ArbG bei der Gestaltung des Speiseplans der Betriebsküche zumuten, auch Speisegebote von Muslimen zu berücksichtigen, indem nicht jeden Tag ausschließlich Schweinefleisch oder auch vegetarische Speisen gekocht werden. Sind die an den ArbG herangetragenen ArbN-Wünsche allerdings zu vielfältig, was im Extremfall denkbar ist, wenn ArbN verschiedenster religiöser Bekenntnisse und ethnischer Zugehörigkeiten in einem Unternehmen beschäftigt sind, kann die Verpflichtung des ArbG an organisatorische Grenzen stoßen, was wiederum eine einheitliche Regelung für alle rechtfertigen würde. Der ArbG ist auch grundsätzlich nicht verpflichtet, zusätzliche Arbeitspausen für Angehörige einer Religion zu gewähren, damit diese vorgeschriebene Gebetszeiten einhalten können, es sei denn, der ArbG gewährt anderen ArbN zB Rauchpausen oder andere Pausen zur Verrichtung privater Bedürfnisse. In einem solchen Fall müsste er alle ArbN insofern gleich behandeln, als er ihnen das gleiche Ausmaß an Pausenzeit zur Verfügung stellt, egal wozu die ArbN diese Pausen konkret nützen. Aber auch die Erhaltung des Betriebsfriedens kann allgemeine Anordnungen rechtfertigen: Werden Symbole dazu genutzt, andere zu provozieren oder haben Äußerungen den Sinn, andere zu belästigen – etwa gegen deren Willen zu missionieren – ist eine allgemeine Weisung, religiöse oder politische Äußerungen zu unterlassen, gerechtfertigt (idS schon zur alten Rechtslage Aicher in Rummel, § 16 Rn 26). Das in der Entscheidung des OGH (27.3.1996, 9 Ob A 18/96, DRdA 1997/6 Mosler) herangezogene Argument, ein betender Moslem errege Anstoß bei der Belegschaft, kann nach der geltenden Rechtslage aber keine Benachteiligungen rechtfertigen. Denn in dem behaupteten Unmut der Belegschaft kommen genau jene Vorurteile zum Ausdruck, die das Antidiskriminierungsrecht bekämpfen will. 458
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Die Berücksichtigung von ArbN-Interessen, die sich aus ihrer 16 Religionszugehörigkeit, ihrer sexuellen Orientierung, ihrem Alter oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit ergeben, wird daher in einem gewissen, aber nicht unbeschränkten Ausmaß vom ArbG verlangt. IdS wurde bereits zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der neuen Diskriminierungsverbote festgehalten, dass der ArbN auch im dienstlichen Bereich eine Privatsphäre hat, die es ihm grundsätzlich gestattet, seine Kleidung zu wählen (Aicher in Rummel, § 16 Rn 26). Seine Tätigkeit im Unternehmen, aber auch die Art des Unternehmens selbst, können allerdings Einschränkungen rechtfertigen. Ein auf jeden Fall hinreichender Grund für Bekleidungsvorschriften ist der gesetzlich vorgeschriebene Arbeitnehmerschutz, wonach der ArbG etwa lange Röcke bei der Arbeit an Maschinen verbieten darf, wenn die Gefahr des Verfangens in beweglichen Teilen besteht (Peschek, Sind Miniröcke und kurze Hosen ein arbeitsrechtliches Problem? RdW 1992, 343). Allgemeine Kleidungsvorschriften können auch im Hinblick darauf gerechtfertigt sein, dass Kunden – etwa in Kaufhäusern oder Restaurants – die ArbN schnell erkennen können bzw auch um ein gewisses Bild des Unternehmens iS einer Marketing-Maßnahme nach außen zu transportieren. Nach der Jud hat der ArbG das Recht, eine branchenübliche Kleidung zu verlangen: Das Verbot, eine Goldkette anstelle einer Krawatte zu tragen, ist insoweit gerechtfertigt, als dies massiv dem Verständnis der Bevölkerung vom Erscheinungsbild eines männlichen Bankbeamten widerspricht (OGH 8 Ob A 195/ 98d, DRdA 2000/13 Firlei). Aufgrund der neuen Diskriminierungsverbote ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Kriterien der Branchenüblichkeit, der Vereinbarkeit mit dem Verständnis der Bevölkerung oder der Marketing-Interessen des Unternehmers nicht ihrerseits diskriminierend sind. Eine Kleidungsvorschrift, die keine weit geschnittene Kleidung für islamische Frauen zulässt, weil diese in den Augen der Kunden einen „traditionellen“, der westlichen Modernität widersprechenden Eindruck hervorrufen könnte, kann zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Religion oder ethnischen Zugehörigkeit führen. Versteht man „Branchenüblichkeit“ dagegen iSv Eleganz oä, wird dieses Kriterium zulässig sein, da es durchwegs elegante Versionen ethnisch oder religiös bedingter Kleidung gibt. Dass sich das Verständnis von Eleganz möglicherweise an westlichen Vorstellungen orientiert, kann als Kompromiss im Sinn eines Interessenausgleiches verstanden werden. 459
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IV. Mehrfachdiskriminierungen 17 Eigene Überlegungen müssen im Hinblick auf sog Mehrfachdiskriminierungen oder intersektionelle Diskriminierungen angestellt werden. Während die Richtlinien und das GlBG diese Begriffe nicht verwenden, nehmen die Mat darauf Bezug (RV 307 BlgNR 22. GP, 23). Unter Mehrfachdiskriminierung versteht man Diskriminierungen, die sich aus mehreren Gründen in einem längeren betrieblichen Konflikt nacheinander summieren. Von intersektioneller Diskriminierung spricht man hingegen, wenn Diskriminierung eine Gruppe von Personen, die mehrere „verpönte Merkmale“ aufweisen, trifft, ohne dass die einzelnen Diskriminierungsgründe voneinander getrennt werden können. Als Beispiel für intersektionelle Diskriminierungen kann die Stigmatisierung aufgrund des Tragens religiöser Symbole wie des Kopftuchs einer Muslima, des Turbans eines Sikh oder der Kippa eines Juden genannt werden. So sei etwa die Stigmatisierung aufgrund des Tragens des islamischen Kopftuchs Anknüpfungspunkt für religiöse, ethnische und Geschlechterdiskriminierung zugleich (Schiek, NZA 2004, 875). Nach diesem Begriffsverständnis liegen Fälle der Mehrfachdiskriminierung nur vor, wenn verschiedene Tatbestände getrennt erfüllt werden, sodass auch die Rechtsfolgen getrennt zu beurteilen sind. Denkbar ist eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Entgeltfestsetzung zu Beginn des Arbeitsverhältnisses. Wird dieselbe ArbN während des aufrechten Arbeitsverhältnisses etwa wegen ihres Alters iSd § 21 GlBG belästigt, wird ein weiterer Diskriminierungstatbestand erfüllt, der zu separat festzusetzenden Rechtsfolgen führt (vgl Komm zu § 2). Diese Trennbarkeit der Tatbestände wird in der Praxis allerdings weniger relevant sein. Häufiger werden mehrere Diskriminierungsgründe untrennbar in einem Diskriminierungstatbestand zusammenfallen. Im Folgenden werden Sonderprobleme der in der Lit so genannten intersektionellen Diskriminierung behandelt. Da die österreichischen Mat begrifflich zwischen diesen Fällen nicht trennen und nur den Begriff der Mehrfachdiskriminierung verwenden, soll auch hier nur dieser Begriff verwendet werden. 18 Fälle von Mehrfachdiskriminierung sind einfach festzustellen, wenn der ArbG ausdrücklich an mehrere Diskriminierungsgründe anknüpft. Macht ein Unternehmer in der Stellenausschreibung deutlich, dass er weder Frauen noch AusländerInnen einzustellen gedenkt, ist die Mehrfachdiskriminierung offenkundig. Stellenaus460
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schreibungen wie „Suche Sekretärin über 40“ oder Inserate, in denen etwa „männliche, inländische Arbeitskräfte“ gesucht werden, diskriminieren unmittelbar mehrfach, etwa aufgrund des Geschlechts und des Alters bzw der ethnischen Zugehörigkeit. Ebenso liegt eine unmittelbare mehrfache Diskriminierung vor, wenn eine Person unter Bezugnahme auf mehrere in § 17 genannte Diskriminierungsgründe belästigt wird. In der britischen und US-amerikanischen Lit werden Fälle disku- 19 tiert, in denen in einem Unternehmen weiße Frauen und Männer gleich hohe Beförderungschancen haben – Männer, denen eine südländische Herkunft zugeschrieben wird, inbegriffen – jedoch die Beförderungschancen von Frauen, denen eine südländische Herkunft zugeschrieben wird, auffällig schlechter sind als die der anderen Beschäftigten. Schiek (NZA 2004, 876) stellt nun die Frage, ob die betroffenen Frauen südländischer Herkunft eine „spezifisch geschützte Gruppe“ darstellen. Schindler (DRdA 2003, 526) hat nachgewiesen, dass das neue Antidiskriminierungsrecht keine spezifischen Gruppen definieren und schützen will, sondern verbietet, bestimmte Merkmale als Differenzierungskriterien zu verwenden. Zweifelsohne liegt eine unzulässige Mehrfachdiskriminierung vor, wenn das Vorliegen mehrerer unzulässiger Differenzierungskriterien Motiv für die Benachteiligung war. Wird eine Person deswegen schlechter behandelt, weil sie eine Frau einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit ist, sind beide Merkmale in ihrer Kombination kausal für die Benachteiligung. Die betroffene Person wird aus mehreren in § 17 genannten Gründen schlechter behandelt als eine andere Person, bei der eines dieser Merkmale nicht vorliegt und erfüllt somit den in § 19 Abs 1 genannten Tatbestand der unmittelbaren, oder wenn sich die Diskriminierung erst nach einer statistischen Auswertung ergibt, der mittelbaren Diskriminierung. Eine solche Auslegung trägt dem Faktum Rechnung, dass gerade Personengruppen, bei denen mehrere Diskriminierungsgründe zusammentreffen, idR am unteren Rand sozialer Hierarchien anzutreffen sind (Windisch-Graetz, Probleme der Mehrfachdiskriminierung in der Arbeitswelt, DRdA 2005/3). Ebenfalls komplex ist die Rechtslage in Fällen, bei denen ausdrück- 20 lich bloß an einem Kriterium angeknüpft wird, mittelbar jedoch auch andere Diskriminierungstatbestände verwirklicht sein können. Das Verbot des islamischen Kopftuchs ist nach Thüsing (ZfA 461
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2001, 397; ders in Tomandl/Schrammel (Hrsg) Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote 20) als unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Religion zu qualifizieren. Liegen darin aber auch Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und des Geschlechts? Zweifellos wird das Verbot, das islamische Kopftuch zu tragen, auch eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit bedeuten, da es zwar durchaus Muslimas der österreichischen Mehrheitsgesellschaft gibt, die das islamische Kopftuch tragen, dieses jedoch in weitaus überwiegender Zahl bei der österreichischen Immigrantenbevölkerung anderer ethnischer Zugehörigkeit zu finden ist. Das Kopftuchverbot kann sich daher im Sinn der Jud des EuGH zur mittelbaren Diskriminierung ihrem Wesen nach eher auf Personen anderer ethnischer Zugehörigkeit auswirken, wodurch die Gefahr besteht, dass sie diese Personen besonders benachteiligt (EuGH 23.5.1996, C-237/94-O’Flynn, Slg 1996, I-02617). 21 Problematischer ist die Frage nach einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Mit der Weisung, das islamische Kopftuch abzulegen, werden ausschließlich Frauen getroffen, da Männer kein islamisches Kopftuch tragen. Fraglich ist daher, ob nicht in Analogie zum Fall der Schwangerschaft im Kopftuchverbot sogar eine unmittelbare Frauendiskriminierung zu sehen ist, weil durch dieses Verbot nur Frauen getroffen werden können. ME spricht die spezifische Problematik der Ungleichbehandlung aufgrund von Schwangerschaft gegen eine solche Auffassung: Der Weg zur dogmatischen Einordnung von Ungleichbehandlung wegen Schwangerschaft als unmittelbare Diskriminierung von Frauen war kein geradewegs vorgegebener. US-amerikanische Gerichte entschieden anders, bis die Anti-Diskriminierungsnorm des Title VII Civil Rights Act um einen ausdrücklichen Hinweis zur Schwangerschaftsdiskriminierung als Geschlechterdiskriminierung ergänzt wurde (eingefügt durch den Pregnancy Discrimination Act: Sec. 701 [k] „The terms ‚because of sex‘ or ‚on the basis of sex‘ include, but are not limited to, because of or on the basis of pregnancy, childbirth, or related medical conditions“). Auch im Europarecht bestand offenbar Klärungsbedarf, obwohl der EuGH die Ungleichbehandlung aufgrund von Schwangerschaft bereits als unmittelbare Diskriminierung qualifiziert hatte (EuGH 8.11.1990, Rs 177/88Dekker, Slg 1990, I-3941: Unzulässigkeit der Benachteiligung einer schwangeren Frau gegenüber einer anderen Frau). Die RL 2002/73/ 462
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EG regelt diese Frage nun ausdrücklich und ergänzt die RL 76/207/ EWG um einen entsprechenden Hinweis (siehe zu dieser Entwicklung Thüsing, in Tomandl/Schrammel 20). Aus der Behandlung der Schwangerschaft als Differenzierungsmerkmal auf eine allgemeine Regel zu schließen, wäre mE verfehlt, weil gerade in der Möglichkeit von Schwangerschaft bzw Mutterschaft eine grundlegende Ursache von Frauendiskriminierung liegt, die im Wesentlichen jede Frau im Zuge ihrer Erwerbskarriere treffen kann. Die dogmatische Einordnung von Ungleichbehandlung von Schwangerschaft als unmittelbare Diskriminierung will daher mE Frauendiskriminierung an der Wurzel bekämpfen und ist nicht verallgemeinerungsfähig. Entscheidet man sich gegen eine Qualifikation des Kopftuchver- 22 bots als unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bleibt zu klären, ob das Kopftuchverbot zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts führt. Es ist also zu klären, ob das Kopftuchverbot die Frauen, die es tragen, gegenüber Männern besonders benachteiligt. Hier wird je nach Fall zu unterscheiden sein: Erlässt der ArbG für Frauen und Männer Kleidungsvorschriften, die das Tragen religiöser Symbole untersagen und sind von der Anordnung im Betrieb Frauen wie Männer gleichermaßen betroffen, liegt keine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor. Sind davon jedoch überwiegend Frauen betroffen – wie dies in der betrieblichen Realität oft der Fall sein wird, da religiöse Kleidungsvorschriften von den verschiedenen Religionen oft für Frauen vorgesehen sind – wird auch eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegen (Schiek, NZA 2004, 873 [879]). Der Fall der sexuellen Belästigung einer Person, die eines der in 23 § 17 genannten Merkmale aufweist, erfüllt zweifelsfrei zunächst den Diskriminierungstatbestand aufgrund des Geschlechts gem § 6 GlBG. Welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass die betroffene Person eine bestimmte ethnische Zugehörigkeit, Religion, Alter oder sexuelle Orientierung aufweist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Eine Mehrfachdiskriminierung liegt vor, wenn gerade in der ethnischen und/oder religiösen Zugehörigkeit oder im besonderen Alter des Opfers ein zusätzliches Motiv für die die Auswahl des Belästigungsopfers liegt. Kann der Täter aufgrund der besonderen Merkmale des Belästigungsopfers etwa damit rechnen, dass 463
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die belästigte Person über die Belästigung nicht reden wird, weil sie sonst von ihrem Umfeld gezwungen würde, den Arbeitsplatz aufzugeben (was in der Praxis zB bei islamischen Frauen vorkommt), liegt in dieser Annahme ein zusätzliches Motiv, das zur Qualifikation einer solchen sexuellen Belästigung als Mehrfachdiskriminierung führt (Windisch-Graetz, Probleme der Mehrfachdiskriminierung in der Arbeitswelt, DRdA 2005/3). 24 Die Frage, ob eine Mehrfachdiskriminierung vorliegt, ist ua für die Zuständigkeit innerhalb der Gleichbehandlungskommission von Bedeutung. Liegt neben einer Diskriminierung aufgrund eines in § 17 genannten Kriteriums auch eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vor, ist gem § 1 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz der Senat I der Gleichbehandlungskommission zuständig. Sie ist aber auch für die Bemessung des Schadenersatzes von Bedeutung (vgl § 26). 25 Zur Diskriminierung durch Anweisung siehe Komm zu § 3 Rn 12, 13, § 5 Abs 3, § 9 Rn 3, 4: So soll es nicht möglich sein, dass sich ein ArbG an eine Jobagentur wendet und dieser die Vorgabe macht, beispielsweise keine Bewerber einer ethnischen Minderheit anzuwerben (Stalder, Spannungsfelder und Perspektiven der Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien, JRP 2002, 227). Ausnahmebestimmungen § 20. (1) Bei Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das im Zusammenhang mit einem der in § 17 genannten Diskriminierungsgründe steht, liegt keine Diskriminierung vor, wenn das betreffende Merkmal auf Grund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt und sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. (2) Eine Diskriminierung auf Grund der Religion oder Weltanschauung liegt in Bezug auf berufliche Tätigkeiten innerhalb von Kirchen oder anderen öffentlichen oder privaten Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, nicht vor, wenn die Religion oder die Weltanschauung dieser Person nach der Art dieser Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, recht464
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mäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. (3) Eine Diskriminierung auf Grund des Alters liegt nicht vor, wenn die Ungleichbehandlung 1. objektiv und angemessen ist, 2. durch ein legitimes Ziel, insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung, gerechtfertigt ist und 3. die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind. (4) Ungleichbehandlungen nach Abs. 3 können insbesondere einschließen 1. die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmer/inne/n und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen, 2. die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder des Dienstalters für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundenen Vorteile, 3. die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand. (5) Eine Diskriminierung auf Grund des Alters liegt auch nicht vor bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit durch Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen oder Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen, sofern dies nicht zu Diskriminierungen auf Grund des Geschlechtes führt. Literatur: Schinkele, Das Arbeitsrecht in der Kirche. Der verfassungsrechtliche und staatskirchenrechtliche Rahmen unter beson465
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derer Berücksichtigung der katholischen Kirche. In: Runggaldier/ Schinkele (Hrsg), Arbeitsrecht und Kirche (1996); Hanau/Thüsing, Europarecht und kirchliches Arbeitsrecht (2001); Reichold, Europa und das deutsche krichliche Arbeitsrecht, NZA 2001, 1054; Schmidt/Senne, Das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und seine Bedeutung für das deutsche Arbeitsrecht, RdA 2002, 30; Wiedemann/Thüsing, Der Schutz älterer Arbeitnehmer und die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG, NZA 2002, 1234; Däubler, Das kirchliche Arbeitsrecht und die Grundrechte der Arbeitnehmer, dRdA 2003, 204; Mayr K., Diskriminierung aufgrund des Alters im österreichischen Arbeitsrecht, ASoK 2003, 289; Runggaldier/Kreil, Richtlinienwidrigkeit des Senioritätsprinzips?, RdW 2003, 331; Schinkele, Die Kirchen als Arbeitgeber, ÖARR 2003, 56; Belling, Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinie im Hinblick auf das kirchliche Arbeitsrecht, NZA 2004, 885; Pfeil, Arbeitsrechtlicher Schutz für ältere Arbeitnehmer/innen in Resch (Hrsg), Pensionsreform und Schutz älterer Arbeitnehmer (2004) 71; Rebhahn, Altersdiskriminierung, in Alternsgerechte Arbeitswelt (2004) 42; Thüsing, Religion und Kirche in einem neuen Anti-Diskriminierungsrecht, JZ 2004, 172; vgl außerdem Literaturangaben zu § 16. Inhaltsübersicht I. Wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausnahmen für Kirchen und gleichgestellte Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kirchen und gleichgestellten Organisationen . . . . . . 2. Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und gleichgestellten Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beschränkung durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorrang der Religion gegenüber anderen Diskriminierungsverboten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausnahmen in Bezug auf das Alter . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Legitime Ziele der Sozialpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung . . . . . b. Festsetzung eines Mindestalters . . . . . . . . . . . . . . . c. Festsetzung eines Höchstalters . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausnahmen für Betriebspensionssysteme . . . . . . . . . 466
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I. Wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung 1 Vgl dazu §§ 3 Rn 73 ff und 9. Das Vorliegen eines bestimmten Kriteriums, das grundsätzlich eine Diskriminierung begründen würde, kann eine gerechtfertigte Entscheidungsgrundlage sein, wenn es sich bei diesem Kriterium 1. um eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung handelt, 2. dabei ein legitimer Zweck angestrebt wird, sowie 3. das Verhältnismäßigkeitsprinzip beachtet wird. Das Vorliegen des Kriteriums muss zur Zielerreichung erforderlich und darf nicht überschießend sein. Die Begründungserwägungen zur RL 2000/43/EG halten fest, dass die Bezugnahme auf ein solches Kriterium nur unter sehr begrenzten Bedingungen gerechtfertigt sein kann. Auch die Mat zum GlBG halten fest, dass eine Ungleichbehandlung nur unter ganz besonderen, außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt sein kann, da die Gleichbehandlung ein grundlegendes Prinzip darstellt (RV 307 BlgNR 22. GP, 16). Dem entspricht die Jud des EuGH, wenn er regelmäßig festhält, dass Ausnahmen eng auszulegen sind (zB EuGH 15.5.1986, Rs 222/84-Johnston, Slg 1986, 1651, Rn 36). Muss das Merkmal eine wesentliche und entscheidende Vorausset- 2 zung für eine bestimmte Berufstätigkeit sein, so präzisieren die Mat, dass damit spezifische berufliche Anforderungen gemeint sind, die unbedingt notwendig für die Ausführung der betreffenden Tätigkeit sind. Als Beispiel wird der Fall eines/r Schauspielers/ in genannt, der/die aus Gründen der Authentizität einer bestimmten ethnischen Gruppe angehören soll (RV 307 BlgNR 22. GP, 16). In der Lit wird dieser Fall für den Diskriminierungsgrund des Alters adaptiert: Bei der Besetzung einer Theaterrolle als jugendlicher Liebhaber darf ein junger Schauspieler engagiert werden (Schmidt/ Senne, dRdA 2002, 80,83). Der Ausnahmetatbestand des § 20 Abs 1 wurde gleich lautend wie 3 jener der Gleichbehandlungs-RL 76/207/EWG idF RL 2002/73/ EG formuliert. In der 11. BE zur RL 2002/73/EG wird auf die Judikatur des EuGH in den Rs 222/84-Johnston, 15.5.1986, Slg 1986, 1651, C-273/97-Sirdar, 26.10.1999, Slg 1999, I-7403 und C-285/98467
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Kreil, 11.1.2000, Slg 2000, I-69 verwiesen. In diesen Urteilen hat der EuGH gezeigt, wo er den Anwendungsbereich für diese Ausnahmebestimmung sieht: Im Interesse der öffentlichen Sicherheit darf das Tragen von Schusswaffen Männern vorbehalten werden, wenn die Gefahr besteht, dass bewaffnete Frauen öfter Ziele von Angriffen würden und dadurch die Waffen in die Hände der Angreifer fallen(!) könnten (Rs 222/84 Johnston). Der Arbeitsplatz eines Koches in einer Eliteeinheit der Armee darf Männern vorbehalten werden, wenn wegen der zur Gewährleistung der Kampfkraft aufgestellten Regel der sog „allseitigen Verwendbarkeit“ Frauen von diesem Truppenteil vollständig ausgeschlossen sind. Auch in diesem Verfahren standen Erwägungen der äußeren und inneren Sicherheit der Mitgliedstaaten im Hintergrund (Sirdar). Der Dienst mit der Waffe darf für Frauen aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden (Kreil). Der Verweis auf diese Urteile zeigt, dass nach der RL sowohl die legitimen Ziele, zu deren Gunsten Ausnahmen getroffen werden können, als auch die entscheidende Anforderung äußerst eng gesehen werden sollen. Die Urteile beziehen sich ausschließlich auf den Bereich der äußeren und inneren Sicherheit eines Staates und die angenommene körperliche Unterlegenheit von Frauen. Ob diese Urteile sinnvoll auf die Verhältnisse in der Privatwirtschaft übertragen werden können, ist fraglich. Im Urteil Johnston wird außerdem auf das Urteil 318/86-Kommission/Frankreich, 30.6.1988, Slg 1988, 3559, Bezug genommen. Danach rechtfertigen es die besondere Eigenart der Aufseherposten in Haftanstalten und die Bedingungen, unter denen die Beteiligten ihre Tätigkeit ausüben, diese Posten in Männergefängnissen hauptsächlich Männern und in Frauengefängnissen hauptsächlich Frauen vorzubehalten. Der Grund für diese unmittelbare Bezugnahme auf das Geschlecht, der aus dem Urteil nicht ausdrücklich hervorgeht, wird va im Schutz der Privatsphäre der Häftlinge zu suchen sein. 4 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit im Dienstleistungsbereich auf Personen mit einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit zurückgegriffen werden kann, etwa mit der Begründung, Angehörige einer bestimmten ethnischen Gruppe könnten gewisse Tätigkeiten am effektivsten für Angehörige derselben ethnischen Gruppe leisten. Im US-amerikanischen Recht und in Großbritannien wird die Bezugnahme auf eine bestimmte ethnische Zugehörigkeit für die Tätigkeit in Restaurants, die die 468
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Küche bestimmter Regionen vertreten, für zulässig erachtet. Liegt in diesen Fällen tatsächlich ein gemeinschaftsrechtlich zulässiges Auswahlkriterium vor, das für die Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende Anforderung darstellt, die einen legitimen Zweck erfüllt und verhältnismäßig ist? In den genannten Fällen steht hinter der bewussten Auswahl von Mitarbeitern einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit ein unternehmerisches Konzept. Dieses orientiert sich im Wesentlichen an Kundenerwartungen, wodurch die unternehmerische Tätigkeit möglichst erfolgreich sein soll. IdS hat der OGH im Bereich der Geschlechterdiskriminierung das Verkaufskonzept eines Unternehmers, nach dem die Verkäufer von Herrenmode diese auch tragen sollen, und daher nur Männer beschäftigt werden können, als sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung betrachtet (12.1.2000, 9 Ob A 318/99a, RdW 2000, 598 Gerlach). Mit solchen Argumentationen könnte jedoch fast jede Einstellungsdiskriminierung gerechtfertigt werden. Die Kernfrage liegt daher im Verständnis des Kriteriums eines „le- 5 gitimen Zwecks“. Auf das Kriterium der ethnischen Zugehörigkeit darf bewusst Bezug genommen werden, um einen Zweck zu erfüllen, der gemeinschaftsrechtlich als legitim angesehen wird. Die Judikatur des EuGH bietet Anhaltspunkte, die hier dienlich sein können. In seiner Judikatur zu den Grundfreiheiten hält der EuGH regelmäßig fest, dass wirtschaftliche Zwecke allein, Einschränkungen solcher grundlegender Rechte nicht rechtfertigen können. Legitime Zwecke, die Einschränkungen des Diskriminierungsverbots rechtfertigen können, lassen sich aber schon aus der RL 2000/ 43/EG selbst herausarbeiten: Sinn und Zweck der RL ist ua, günstige Bedingungen für die Entstehung eines Arbeitsmarktes zu schaffen, der soziale Integration fördert; Diskriminierungen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, wie ethnischen Minderheiten, sollen hintangehalten werden (9. BE der RL 2000/43/EG). Dazu kommen weitere vom EuGH akzeptierte Rechtfertigungsgründe etwa bezüglich der Beschränkung von Grundfreiheiten: zB der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, der Arbeitnehmerschutz etc. Daraus lassen sich Rechtfertigungen der Bevorzugung von Ange- 6 hörigen einer bestimmten ethnischen Zugehörigkeit für Dienstleistungen für Angehörige derselben ethnischen Gruppe ableiten: Schafft die gleiche ethnische Zugehörigkeit von Dienstleistungserbringer und Dienstleistungsempfänger etwa ein Vertrauensver469
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hältnis, das für den Gesundheitszustand (psychischer Zustand) der betroffenen DienstleistungsempfängerInnen förderlich ist – zB in der Arbeit mit Folteropfern – dient dies dem Schutz der Gesundheit und der persönlichen Integrität der Betroffenen und damit einem vom EuGH stets akzeptierten Rechtfertigungsgrund. In besonderen Fällen kann auch die Nicht-Mitgliedschaft zu missionierenden Sekten Bedingung für das Arbeitsverhältnis sein: Nach der dt Jud kann schon die Gefahr der einseitigen Beeinflussung mit den Ideen von „Scientology“ einen wichtigen Grund darstellen, um ein Dienstverhältnis zu beenden, wenn die Arbeitsaufgabe in der individuellen psychologischen Beratung von Personen in akuten Krisensituationen besteht, dh in Situationen, die das Entstehen besonderer Abhängigkeitsverhältnisse und Beeinflussbarkeit fördern (LAG Berlin 11.6.1997, 13 Sa 19/97, NZA-RR 1997, 422). IdS hält auch Karl (49) fest, dass pädophilen ArbN zu Recht ein Arbeitsplatz in der Kinderbetreuung verweigert werden kann, weil für die Tätigkeit mit Kindern eine nicht-pädophile Veranlagung eine wesentliche und entscheidende sowie angemessene berufliche Anforderung darstellt, um dem Schutz der Kinder und damit einem rechtmäßigen Zweck gerecht zu werden. 7 Werden in Restaurantbetrieben bevorzugt Köche und Kellner aus bestimmten Regionen eingestellt, ist zu unterscheiden. Ist dabei die fachliche Qualifikation das entscheidende Auswahlkriterium – etwa wenn der indische Koch indische Speisen am besten zubereiten kann – liegt keine Diskriminierung vor. Ist das Auswahlkriterium jedoch ein rein äußerliches, das am Aussehen der Person anknüpft, um ein Marketingkonzept zu verwirklichen, in das die ethnische Zugehörigkeit des AN integriert wird, liegt eine diskriminierende Auswahl von Personen vor, die mE nicht gerechtfertigt werden kann, da sie in erster Linie Klischeevorstellungen der Kunden bedient. In diesem Zusammenhang ist die Auffassung des EGMR von Bedeutung, wenn er „die überkommenen Traditionen der Bevölkerung“ (EGMR 22.2.1994 Burghartz; EGMR 28.10. 1987 Inze) nicht als legitimen Zweck für Einschränkungen des Diskriminierungsverbots betrachtet. Fraglich ist, ob in diesem Fall mit dem Argument der Förderung der Integration ethnischer Minderheiten in den Arbeitsmarkt eine sachliche Rechtfertigung einer Bevorzugung Angehöriger ethnischer Minderheiten bei der Einstellung gesehen werden könnte. Dazu ist Folgendes festzuhalten: Die RL verfolgt die Entstehung eines Arbeitsmarktes, der 470
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die soziale Integration fördert. Das Anknüpfen an eine soziale Integration bedeutet mE, dass eine übergreifende Integration von Angehörigen jeder ethnischen Zugehörigkeit (auch der europäisch-österreichischen) in jeden Bereich des Arbeitsmarktes erfolgen soll. Eine Bevorzugung ethnischer Minderheiten in dem Sinn, dass sie bevorzugt Angehörige der eigenen ethnischen Gruppe beschäftigen dürfen, würde in Konsequenz zu einem Recht auf Bildung kulturell definierter Nischen führen, ein Recht, das den RL und dem GlBG nicht entnommen werden kann. Auch der EuGH-Judikatur kann ein solches Recht iS eines Rechtfertigungsgrundes nicht entnommen werden. Gerade im Gegenteil zeigen die Anstrengungen der EU und der Mitgliedstaaten im Bereich der Geschlechtergleichbehandlung, dass das Aufbrechen von abgegrenzten Sektoren und eine gegenseitige Durchlässigkeit von großer Bedeutung für einen diskriminierungsfreien Arbeitsmarkt und Gesellschaft sind. Positive Maßnahmen gem § 22 zur Förderung der sozialen Integration von Angehörigen bestimmter ethnischer Minderheiten in den Arbeitsmarkt sind jedoch zulässig (vgl dazu §§ 8, 22). II. Ausnahmen für Kirchen und gleichgestellte Organisationen § 20 Abs 2 GlBG sieht eine Ausnahme vom Diskriminierungsver- 8 bot für berufliche Tätigkeiten in Kirchen oder anderen öffentlichen oder privaten Organisationen vor, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht: Ungleichbehandlungen sind zulässig, sofern – – –
nach der Religion oder Weltanschauung differenziert wird, und diese nach der Art der Tätigkeiten oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt.
Das GlBG macht mit der Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 2 von der Ermächtigung des Art 4 Abs 2 RL 2000/78/EG Gebrauch, der die Regelung einer solchen Ausnahme durch die Mitgliedstaaten ermöglicht. Angesichts dieser Ausnahmebestimmung zeigen sich verschiedene Auslegungsprobleme. Dabei ist festzuhalten, dass Art 4 Abs 2 RL 2000/78/EG die Mitgliedstaaten ermächtigt, die Ausnahmebestimmungen zugunsten von Kirchen und gleich471
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gestellten Organisationen entsprechend den zum Zeitpunkt der Annahme der RL bestehenden einzelstaatlichen Gepflogenheiten zu gestalten. 1. Kirchen und gleichgestellte Organisationen 9 § 20 Abs 2 übernimmt den Wortlaut des Art 4 Abs 2 der RL 2000/ 78/EG, ohne weiters zu definieren, zugunsten welcher Organisationen die Ausnahmebestimmung des § 30 Abs 2 gelten soll. Der Begriff des Art 4 Abs 2 RL 2000/78/EG ist ein gemeinschaftsrechtlicher, daher ist auch § 20 Abs 2 im Hinblick auf dieses Begriffsverständnis auszulegen. In der 24. BE der RL 2000/78/EG wird festgehalten, dass die EU den Status von Kirchen, religiösen Vereinigungen oder Gemeinschaften und weltanschaulichen Gemeinschaften achtet. Bereits durch diesen unscharf formulierten Wortlaut wird deutlich, dass der Begriff von Kirchen und den gleichgestellten Organisationen sehr weit zu verstehen ist. Auch die Entwicklung des Art 4 Abs 2 RL 2000/78/EG zeigt, dass der Geltungsbereich für die Ausnahmebestimmung sehr weit gezogen ist (vgl Thüsing, JZ 2004, 176). In Anlehnung an diese Tendenzschutzklausel der RL über den Europäischen Betriebsrat, die Ausnahmen nur für Unternehmen vorsieht, die in Berichterstattung und Meinungsäußerung unmittelbar und überwiegend eine bestimmte weltanschauliche Tendenz verfolgen, war der Entwurf des Art 4 Abs 2 RL 2000/78/ EG zunächst eingeschränkt formuliert, dass die Mitgliedstaaten in Bezug auf öffentliche oder private Organisationen, die in den Bereichen der Religion oder des Glaubens im Hinblick auf Erziehung, Berichterstattung und Meinungsäußerung unmittelbar und überwiegend eine bestimmte weltanschauliche Tendenz verfolgen, Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot aufgrund von Religion und Weltanschauung vorsehen können. Der nunmehr in Geltung stehende Art 4 Abs 2 RL 2000/78/EG enthält hingegen keine Einschränkung des Diskriminierungsverbots auf Organisationen, die in bestimmten Bereichen tätig sind. 10 Auch die Rechtsform der Organisation ist unerheblich. Die Mat zu § 20 Abs 2 halten fest, dass auch die Nutzung von eigenständigen Unternehmensformen in Ausführung der berechtigten Zwecke die oben genannten Kirchen und Organisationen nicht von der Anwendung der Ausnahmebestimmung ausschließen, wenn das Ethos untrennbar mit dem Unternehmenszweck verbunden ist (RV 307 BlgNR 22. GP). 472
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Unter Ethos versteht man die von sittlichen und moralischen Nor- 11 men geprägte verantwortungsbewusste Grundhaltung eines Einzelnen oder einer Gruppe (Brockhaus. Die Enzyklopädie, 20. Aufl, 1996, 630). Aufbauend auf dieser allgemeinen Definition kann man jene Organisationen als vom Geltungsbereich erfasst sehen, deren Leitbilder und Unternehmensziele auf religiösen oder weltanschaulichen Grundsätzen fußen. Daher müssen Organisationen und Unternehmen, die von derart geistig-ideellen Zielsetzungen geprägt sind, von rein wirtschaftlichen Unternehmen abgegrenzt werden können. Fraglos werden die Religionsgemeinschaften und Organisationen, die in einem Zusammenschluss von Gleichgesinnten bestehen, die es sich zum Ziel setzen, nach diesen Idealen zu leben und diese zu verkünden, von der Ausnahmebestimmung erfasst sein. Es können aber auch Unternehmungen erfasst sein, die mit der Religionsgemeinschaft oder der gleichgestellten Organisation in einem ausreichend engen Zusammenhang stehen, und in denen sich ebenfalls das besondere Ethos verwirklicht. Die Unternehmung muss sich zumindest partiell als „Wesens- und Lebensäußerung“ der Kirche oder gleichgestellten Organisation darstellen, was nicht nur für karitative und erzieherische Einrichtungen zu bejahen ist, sondern auch für missionarische Werke, einschlägige Presseagenturen und Wissenschaftseinrichtungen (Reichold, NZA 2001, 1059). Daher fallen etwa Schulen kirchlicher Rechtsträger, Krankenanstalten, Alters- oder Pflegeheime etc, deren Rechtsträger eine Kirche oder ein Orden ist, in den Geltungsbereich der Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 2. In diesen Bereichen kommt die besondere Werthaltung der religiösen oder weltanschaulichen Vereinigung zum Ausdruck. Ausgeschlossen sind dagegen rein gewerbliche Betätigungen, was 12 zB im konfessionellen Krankenhaus dazu führen kann, dass ausgegliederte „Service-GmbHs“ ohne diakonischen Auftrag, also etwa zur Kantinenbewirtschaftung, Reinigung oder Grundstücksverwaltung, eine kirchliche Grundfunktion nicht mehr erfüllen (Reichold, NZA 2001, 1059). Der Unternehmensinhaber ist für die Beurteilung, ob das konkrete Unternehmen einen religiösen oder weltanschaulich fundierten Zweck verfolgt, nicht maßgeblich. Eine Bierbrauerei in der Rechtsform einer GmbH kann zu keiner Ausnahme nach § 20 Abs 2 führen, nur weil ein Orden Gesellschafter ist. Es genügt auch nicht, dass das in Frage stehende Unternehmen selbst nur die Aufgabe hat, die wirtschaftlichen Voraussetzungen 473
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für die Verwirklichung religiöser oder weltanschaulicher Zwecke einer Kirche oder gleichgestellten Organisation zu schaffen, also indirekt einer ideellen Zielsetzung dient (vgl Neumayr in Strasser/ Jabornegg/Resch [Hrsg], ArbVG, § 132 Rn 17). 13 Ob eine Organisation auf einem religiösen oder weltanschaulichen Ethos gegründet ist, muss aufgrund einer zweifachen Zuordnung geprüft werden. Zunächst wird das Selbstverständnis der Organisation von maßgebender Bedeutung dafür sein. Die betreffende Organisation muss sich aber auch nach dem objektiven Verständnis der Rechtsgemeinschaft aufgrund nach außen tretender Kriterien wie Inhalt und äußerem Erscheinungsbild als religiöse oder weltanschaulich geprägte Organisation darstellen (vgl dazu zum konfessionellen Tendenzschutz gem § 132 ArbVG Neumayr in Strasser/Jabornegg/Resch [Hrsg], ArbVG, § 132, Rn 17, 33). Entscheidend ist die Zwecksetzung des Unternehmens bzw der Organisation, genauer die vom Unternehmensinhaber mit dem Unternehmen nach der nach außen in Erscheinung tretenden und damit objektiv erkennbaren Zweckwidmung verfolgten Ziele. Die subjektive Zweckwidmung des Unternehmers allein kann keine Ausnahme vom Diskriminierungsverbot begründen (vgl auch VwGH 22.4.1966, 2087/65, ZAS 1967 Mayer-Maly). 14 Subsumiert man unter den Begriff Weltanschauung auch politische Ansichten – was die Mat andeuten (vgl § 17 Rn 23) – kommt die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 2 auch bei Organisationen wie politischen Parteien zur Anwendung. 2. Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und gleichgestellten Organisationen 15 § 20 Abs 2 ermöglicht Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot, sofern die Kirche oder gleichgestellte Organisation Religion oder Weltanschauung einer Person als Entscheidungskriterium verwendet. In der Praxis wird sich diese Frage in erster Linie bei der Einstellung von Personen stellen, aber auch bei der Beendigung, etwa wenn die betreffende Person ihre Religionszugehörigkeit beendet oder wechselt. Nach der Religion oder Weltanschauung eines ArbN wird aber auch dann differenziert, wenn auf Ansichten und Verhaltensweisen, die religiös oder weltanschaulich relevant sind, Bezug genommen wird. Daher darf eine Kirche oder gleichgestellte Organisation ArbN auch nach der nunmehr geltenden Rechtslage 474
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kündigen, wenn deren Ansichten und Verhaltensweisen mit dem Verständnis der jeweiligen Religion oder Weltanschauung nicht vereinbar sind. Der Wortlaut des § 20 Abs 2 lässt diese weite Interpretation zu. Die RL 2000/78/EG deckt diese Interpretation, da sie in Art 4 Abs 2 Kirchen und gleichgestellte Organisationen ermächtigt, im Einklang mit den einzelstaatlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen und Rechtsvorschriften von den für sie arbeitenden Personen verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig iSd Ethos der Organisation verhalten. In Österreich gewährleistet Art 15 StGG jeder gesetzlich aner- 16 kannten Kirche und Religionsgesellschaft nicht nur das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung, sondern auch die selbständige Ordnung und Verwaltung ihrer inneren Angelegenheiten. Zu diesen inneren Angelegenheiten zählt insb die Möglichkeit, zu bestimmen, was die Glaubwürdigkeit der Kirche und ihre Verkündigung erfordert, was die Glaubens- und Sittenlehre verlangt (SZ 47/135; SZ 60/138 mwH), zu beurteilen, ob eine Äußerung gegen die Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre verstößt und welches Gewicht diesem Verstoß beizumessen ist (OGH 12.4.1995, 9 Ob A 31/95, Arb 11.381). Besondere Loyalitätspflichten seitens der ArbN sind ein typisches Merkmal kirchlicher Arbeitsverhältnisse, welches sich aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen ergibt (ZB OLG Wien 20.9.2000, 7 Ra 221/00x, ARD 5181/38/2001; OGH 12.4.1995, 9 Ob A 31/95, Arb 11.381; OGH 31.8.1994, 8 Ob A 285/94, ARD 4620/8/95). Diese werden nicht nur nach nationalen Rechtsordnungen anerkannt sondern auch durch den EGMR. Der EGMR hat in der Rechtssache Rommelfanger das Interesse der Kirchen an einer spezifischen Werthaltung ihrer ArbN – im der Sache ging es um die Haltung eines Arztes zu Schwangerschaftsabbrüchen – akzeptiert (Schinkele, ÖARR 2003, 56; Schinkele, Das Arbeitsrecht in der Kirche 155). Allerdings dürfen die Loyalitätsobliegenheiten nicht unverhält- 17 nismäßig sein (EKMR 6.9.1989, Appl 12242/86). Auch die österr Gerichte überprüfen die Entscheidungen der Kirchen dahingehend, ob sie nicht willkürlich bzw sachfremd sind (OGH 12.4.1995, 9 Ob A 31/95, Arb 11.381). Sie messen die kirchlichen Entscheidungen am allgemeinen Willkürverbot, den guten Sitten und dem ordre public (OLG Wien 20.9.2000, 7 Ra 221/00x, ARD 5181/38/2001). Diese Einschränkungen der Loyalitätsverpflichtungen werden sich 475
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nunmehr auch an gemeinschaftsrechtlichen Schranken messen lassen müssen. 3. Beschränkung durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip 18 § 20 Abs 2 enthält weit reichende Beschränkungen der Ausnahme vom Diskriminierungsverbot. Eine Differenzierung nach Religion oder Weltanschauung ist nur zulässig, wenn die Religion oder Weltanschauung nach der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation darstellt. Diese Anforderungen lassen sich als Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips zusammenfassen (Reichold, NZA 2001, 1059). Anders als in § 20 Abs 1 muss die Religion oder Weltanschauung keine entscheidende berufliche Anforderung darstellen. Es genügt, wenn die Religion oder Weltanschauung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung widerspiegelt. Abs 2 ist daher als lex specialis zu Abs 1 zu verstehen (Reichold, NZA 2001, 1059, Fn 60) 19 Die Ausnahme vom Diskriminierungsverbot ist tätigkeitsbezogen. Daher muss auch innerhalb einer Kirche oder gleichgestellten Organisation je nach Art der konkreten Tätigkeit und den Umständen ihrer Ausübung entschieden werden, ob das Vorliegen einer bestimmten Religion oder Weltanschauung tatsächlich erforderlich ist. Es wird sich dabei vor allem um Tätigkeiten handeln, die ua darin bestehen, dass Glaubensinhalte vermittelt werden, wie zB ReligionslehrerInnen, KatechetInnen, PastoralassistentInnen, BeraterInnen, journalistische MitarbeiterInnen, EntwicklungshelferInnen, KünstlerInnen etc. Aber auch wenn das Verkünden von Glaubensinhalten nicht im Vordergrund steht, die Tätigkeit aber von persönlichem Kontakt zu Dritten geprägt ist (zB SekretärInnen, KindergartenpädagogInnen, ÄrztInnen, Krankenpflegepersonal) in dem Werthaltungen vermittelt werden können, darf mE an das Kriterium der Religion oder Weltanschauung angeknüpft werden. Dies trifft mE insb auch für LehrerInnen, die nicht Religion oder Ethik unterrichten, zu. In jedem Unterrichtsfach können religiöse oder weltanschauliche Grundhaltungen der Lehrperson einfließen. Ist die Tätigkeit dagegen in keiner Weise darauf gerichtet, persönliche Werte und Anschauungen zu kommunizieren, ist ein Anknüpfen an Religion oder Weltanschauung nicht gerechtfertigt (Reinigungspersonal, ElektrikerInnen etc). 476
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Ausnahmebestimmungen
Die Entscheidung, ob für eine bestimmte Tätigkeit nach Religion 20 oder Weltanschauung differenziert werden darf, treffen die staatlichen Gerichte. Es muss nach objektiven Kriterien entschieden werden, ob eine bestimmte Tätigkeit in einem solchen Zusammenhang zur religiösen bzw weltanschaulichen Zweckbestimmung der Kirche bzw gleichgestellten Organisation steht, dass für ihre Ausübung die Religion oder Weltanschauung wesentlich ist. Fraglich ist, ob die staatlichen Gerichte auch darüber entscheiden, ob die Religion oder Weltanschauung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Anforderung angesichts des Ethos der Kirche oder Organisation darstellt. Die Formulierung in Bezug auf das „jeweilige Ethos“ mag diesen Eindruck erwecken. ME ist aber auch hier ein zweistufiges Prüfungsschema zugrunde zu legen. Das nationale Gericht, das bei Verstößen gegen das GlBG entscheidungsbefugt ist, muss sich in einem ersten Schritt Kenntnis darüber verschaffen, welche Verhaltensanforderungen nach dem jeweiligen Ethos verlangt sind. In einem zweiten Schritt hat das Gericht zu entscheiden, ob diese Anforderungen nach dem allgemeinen Verständnis der Rechtsgemeinschaft in einem angemessenen Verhältnis zum Eingriff in das Diskriminierungsverbot stehen (idS Schliemann, NZA 2003, 411). Religion oder Weltanschauung sind wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Anforderungen, wenn das Verlangen des ArbG, eine bestimmte innere Werthaltung in Bezug auf die Tätigkeit zu haben, im Hinblick auf die Zielsetzung der Organisation auch nach objektiven Maßstäben erforderlich und angemessen erscheint. 4. Vorrang der Religion gegenüber anderen Diskriminierungsverboten? Aus gegebenen Anlassfällen ist zu prüfen, ob insb die Kirchen von 21 ihren Mitarbeitern Loyalität in dem Sinn verlangen dürfen, dass diese ihre Homosexualität nicht ausleben, ob es den Kirchen also erlaubt ist, nach homosexuellem Status bzw Verhalten zu differenzieren. Ob Homosexualität der kirchlichen Sittenlehre entspricht, konnte bisher nach nationalem Recht die einzelne Kirche selbst entscheiden. So entschied das BAG, dass auch die im außerdienstlichen Bereich ausgeübte homosexuelle Praxis eines kirchlichen ArbN eine Vertragspflichtverletzung darstellen kann (30.6.1983, NJW 1984, 1417). Die besondere Problematik liegt im vorliegenden Fall darin, dass ArbG, die arbeitsvertragsrechtliche Konsequenzen wegen praktizierter Homosexualität setzen, eine bestimmte, der 477
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Windisch-Graetz
Religion entsprechende Verhaltensweise einfordern, dh Loyalität mit der religiösen Lehre einfordern, dabei aber unmittelbar an der sexuellen Orientierung anknüpfen. 22 Art 4 Abs 2 RL 2000/78/EG hält fest, dass eine Ungleichbehandlung nach Religion und Weltanschauung keine Diskriminierung aus einem anderen Grund rechtfertigt. Innerhalb des Gemeinschaftsrechts kommt dem Antidiskriminierungsrecht ein zentraler Stellenwert zu. Nach Art 6 EUV achtet die Union die Grundrechte, wie sie vor allem auch in der EMRK gewährleistet sind. Die Grundrechte sind integrierter Bestandteil des primären Gemeinschaftsrechts. Das Diskriminierungsverbot, wie es in der RL 2000/78/EG festgelegt ist, muss daher weit verstanden werden. Ausnahmen sind nach der Jud des EuGH eng auszulegen (ZB EuGH 16.6. 1966, Rs 52, 55/65-Deutschland/Kommission, Slg 1966, 220; 18.10. 2001, C-441/99-Riksskatteverket, Slg 2001, I-07687; 24.1.2002, C-500/ 99-Conserve Italia, Slg 2002, I-00867). Die in Art 4 Abs 2 der RL enthaltende Ausnahmebestimmung bezieht sich nur auf eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder Weltanschauung. Der dritte Satz dieser Bestimmung ermöglicht die Einforderung einer besonderen Loyalität der ArbN durch die Kirchen nur im Rahmen der übrigen Bestimmungen der RL. Um diese Einschränkung nicht inhaltsleer zu machen, kann man sie nur so verstehen, dass die übrigen Diskriminierungstatbestände nicht berührt werden sollen. Es kann daher bloß eine Loyalität auf einer niedrigeren Stufe verlangt werden, die keine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung beinhaltet, ebenso nicht aufgrund der Rasse oder ethnischen Herkunft iSd RL 2000/43/EG (Windisch-Graetz, ZAS 2004, 62). ME ist es daher höchst zweifelhaft, ob der EuGH Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung bei kirchlichen Mitarbeitern akzeptieren würde (ebenso Däubler, dRdA 2003, 208; Belling, NZA 2004, 887; aA Thüsing, JZ 2004, 179, der zwischen homosexuellem Status und Verhalten unterscheidet). 23 Anders könnte dies bei Trägern geistlicher Ämter sein, da man diesbezüglich die Auffassung vertreten kann, dass sie nicht in den Geltungsbereich der RL 2000/78/EG fallen. Eine durch Weihe verliehene Funktion bzw Würde mag eine andere Rechtsqualität als ein Arbeitsverhältnis haben. Wer in ein besonderes Rechtsverhältnis zur Kirche tritt, um in der Nachfolge Christi zu leben, ist 478
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Ausnahmebestimmungen
nach innerstaatlichem Recht nicht ArbN der Kirche (Schrammel 89). III. Ausnahmen in Bezug auf das Alter 1. Wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung Das Alter kann nach § 20 Abs 1 zulässiges Differenzierungsmerk- 24 mal sein, wenn es aufgrund einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingung ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt, und sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt (vgl § 20 Rz 1 ff). In einem solchen Fall können unmittelbare Diskriminierungen gerechtfertigt werden. Als Bsp dafür kann ein Schauspieler herangezogen werden, der aus Gründen der Authentizität einen jugendlichen Liebhaber spielen soll; die künstlerische Freiheit kann hier als legitimer Zweck dienen. Praktischere Bedeutung wird allerdings Altersbegrenzungen zukommen, wie sie etwa für Piloten, Fluglotsen, Bus- und LKW-Fahrer, Feuerwehrleute uä Berufe geregelt sind (Wiedemann/Thüsing, NZA 2002, 1234, 1237). Es handelt sich dabei um jene Fälle, in denen altersbedingt die für die Berufsausübung erforderlichen physischen und psychischen Fähigkeiten noch nicht oder nicht mehr gegeben sind (Heidinger 167). Der rechtmäßige Zweck der Altersbeschränkung liegt bei diesen Berufen in einem öffentlichen Schutzbedürfnis von Passagieren, Passanten und den betreffenden ArbN selbst. Zweifelhaft ist, ob generell anwendbare Altersgrenzen festgesetzt werden dürfen, ab denen im Allgemeinen die Leistungskraft derart abnimmt, dass mit einer entsprechenden Berufsausübung nicht mehr gerechnet werden darf. Marhold vertritt, dass außerhalb von Polizei und Militärdienst nicht eine feste Altersgrenze, sondern die individuelle körperliche Eignung ausschlaggebend sein muss (88). Grundsätzlich kein legitimer Zweck kann dagegen in einem unter- 25 nehmerischen Konzept gesehen werden, das auf jugendliche Dynamik setzt (Pfeil 86, Marhold 89). Allerdings wird man auch hier unterscheiden müssen: Soll Mode für Jugendliche am Laufsteg präsentiert werden, wird man dafür als authentische Schauspieler junge ArbN einsetzen dürfen. Soll ein Produkt ausschließlich junge Leute ansprechen, lässt sich die Präsentation gegenüber den Kunden durch junge ArbN nach Rebhahn (19) rechtfertigen (anders wohl 479
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Marhold 89), keinesfalls aber die Beschäftigung ausschließlich junger ArbN im Backoffice. ME kann auch die Beschäftigung junger ArbN im Verkauf von Produkten, die Jugendliche ansprechen sollen, nur gerechtfertigt werden, wenn der ArbG auch eine gewisse Beratungstätigkeit erwartet, die nur junge ArbN erbringen können (zB welche Mode in welchen Szene-Lokalen angesagt ist). Im Übrigen kann die Bevorzugung jüngerer ArbN mit dem „jungen Image“ des Unternehmens oder des Produktes nicht gerechtfertigt werden. Das Image des Unternehmens ist nicht relevant, denn gerade gegen solche Verfestigungen der kollektiven Wahrnehmung wendet sich das Verbot der Altersdiskriminierung (Rebhahn 19). 26 Eine Differenzierung nach dem Alter kann auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass der ältere ArbN teurer sei als der junge. Zur Diskriminierung wegen des Geschlechts ist es hA (§ 5 Rn 62), dass reine Kostenargumente iS rein wirtschaftlicher Gründe eine Differenzierung nicht rechtfertigen können. Dies muss auch für die Diskriminierung aufgrund des Alters gelten. Befürchtete höhere Krankenstände können hier genauso wenig ins Treffen geführt werden wie nach Alter differenzierende kollektive Regelungen, die für ältere ArbN höhere Ansprüche vorsehen. 2. Legitime Ziele der Sozialpolitik 27 § 20 Abs 3 und 4 enthalten weit reichende Ausnahmebestimmungen vom Verbot der Differenzierung aufgrund des Alters. Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen des § 20 Abs 3 und 4 den Wortlaut der RL unverändert übernommen. Der sonst für das Antidiskriminierungsrecht geltende Grundsatz, dass unmittelbare Diskriminierungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt werden können, wird durch Art 6 RL 2000/78/EG bzw § 20 GlBG weitgehend durchbrochen (Schmidt/Senne 85). § 20 Abs 3 und 4 findet darüber hinaus auch auf mittelbare Diskriminierungen Anwendung. Dies ergibt sich bereits aus den in den genannten Gesetzesstellen aufgezählten Möglichkeiten einer Rechtfertigung, die sowohl unmittelbarer (Mindestanforderungen an das Alter, Höchstalter) als auch mittelbarer Natur (berufliche Bildung, Dienstalter, Berufserfahrung) sind. Hervorzuheben ist, dass für die Rechtfertigung einer ansonsten vorliegenden mittelbaren Diskriminierung ein generalisierendes Prinzip zugrunde liegen muss, das im Fall von Einzelfallentscheidungen uU schwer zu beweisen ist (§ 5 Rn 42). Bei Verwendung von Vertragsschablonen oder bei sog freien Betriebsvereinba480
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rungen wird das generalisierende Prinzip dagegen leichter feststellbar sein (vgl Pfeil 99, Fn 85). Gem § 20 Abs 3 liegt keine Diskriminierung vor, wenn eine Un- 28 gleichbehandlung aufgrund des Alters durch ein legitimes Ziel, insb aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung gerechtfertigt ist. Zusätzlich muss die Ungleichbehandlung objektiv und angemessen sein, weiters müssen die Mittel zur Zielerreichung angemessen und erforderlich sein. § 20 Abs 4 enthält in einer nicht abschließenden Aufzählung Möglichkeiten differenzierender Regelungen, die unter den eben genannten Voraussetzungen zu keiner Diskriminierung führen sollen. a. Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung § 20 Abs 4 ermöglicht besondere Regelungen, um die berufliche 29 Eingliederung von Jugendlichen, von älteren ArbN oder Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern. Nach Alter differenzierende Maßnahmen können gerechtfertigt sein, wenn sie geeignet sind, Jugendliche in das Arbeitsleben einzugliedern oder ältere ArbN dort zu halten. Problematisch ist die Bezugnahme auf Personen mit Fürsorgepflichten. Unter Fürsorgepflichten sind vermutlich Unterhaltsverpflichtungen, möglicherweise aber auch aus der Personensorge folgende Pflichten zu verstehen. Wie die berufliche Eingliederung bzw der Schutz von Personen mit Fürsorgepflichten durch Regelungen, die unmittelbar oder mittelbar am Alter anknüpfen, gewährleistet werden kann, ist nicht ersichtlich. Schmidt/ Senne kommen daher überzeugend zu dem Ergebnis, dass Regelungen, die bestimmte Altersgruppen unmittelbar oder mittelbar bevorzugen, überwiegend wohl nicht geeignet sein werden, die Beschäftigung von Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern (RdA 2002, 85, Fn 56). b. Festsetzung eines Mindestalters Im Rahmen der sonstigen Voraussetzungen des § 20 Abs 3 sind 30 Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile zulässig. Die Mat halten dazu fest, dass Berufserfahrung, die für den ArbG durch die Arbeitsleistung des ArbN von Bedeutung ist, als auch Betriebstreue, die eine Bindung an den Betrieb bedeutet und die 481
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den ArbG davor schützt, ständig neue ArbN einstellen und einschulen zu müssen, zulässige Unterscheidungskriterien sind (307 BlgNR 22. GP, 16). Die Betriebstreue findet sich zwar nicht ausdrücklich als legitimes Ziel in der RL genannt, da die Ziele jedoch nicht abschließend angeführt werden, ist das Abstellen auf die Betriebstreue durchaus möglich (der EuGH hat die Betriebstreue in C-15/96-Schöning-Kougebetopoulou, 15.1.1998, Slg 1998, I-47 als legitimes sozialpolitisches Ziel anerkannt). 31 In Österreich haben Entgeltregelungen, insb in den Angestelltenkollektivverträgen, die an das Dienstalter anknüpfen, lange Tradition. Im Bereich der AngestelltenKV wird insb durch die sog Biennalvorrückungen bewirkt, dass Angestellte im Alter zwischen 50 und 54 Jahren etwa doppelt so viel verdienen wie jene im Alter zwischen 20 und 24 Jahren (Nachw bei Kuras, dRdA 2003, Sonderbeilage Heft 5, 19). Die Mat heben zutreffend hervor, dass ausschließlich an das (Lebens)Alter anknüpfende Lohn- oder Gehaltstafeln als unzulässige Diskriminierung zu werten sind. Gelingt es dem ArbG oder den Kollektivvertragsparteien darzulegen, dass sich die Lohn- und Gehaltstafeln an den Kriterien der Berufserfahrung oder Betriebstreue orientieren, so wäre dies eine zulässige Differenzierung, auch wenn diese im Ergebnis ältere Arbeitnehmer/innen gegenüber jüngeren bevorzugt (307 BlgNR 22. GP, 16). 32 Im Hinblick auf die notwendige Rechtfertigung ist zu berücksichtigen, welche Zeiten angerechnet werden: Werden ausschließlich Zeiten, die im aktuellen Arbeitsverhältnis zurückgelegt worden sind, für die Entgeltsteigerungen angerechnet, stehen offenbar Ziele wie die Abgeltung von Berufserfahrung und Betriebstreue im Vordergrund. Werden alle branchenspezifischen Arbeitszeiten berücksichtigt, steht offenbar die Abgeltung der einschlägigen Berufserfahrung im Vordergrund. Werden dagegen Zeiten jeglicher Berufstätigkeit oder auch noch Schul- und andere Ausbildungszeiten etc berücksichtigt, steht offenbar die Honorierung von Lebenserfahrung bzw eines bestimmten Lebensalters im Vordergrund, was im Ergebnis zu einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Alters führt. Die Honorierung von „Lebenserfahrung“ ist kein zulässiges Regelungsziel (Schmidt/Senne 88). Hingegen muss die Honorierung beruflicher Erfahrung als legitimes Ziel erachtet werden. Rebhahn (14) hebt allerdings zu Recht hervor, dass unter be482
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ruflicher Erfahrung nicht schon jede frühere Tätigkeit an sich verstanden werden kann, sondern nur eine Tätigkeit, die zusätzliche Qualifikation mit sich bringt, also eine Erfahrung, die für die gerade zu entlohnende Tätigkeit immer noch relevant ist. Daraus wird idR folgen, dass die Arbeitsleistung eines ArbN mit vielen Jahren beruflicher Erfahrung nicht dieselbe ist wie jene eines ArbN mit geringer einschlägiger Erfahrung, auch wenn sie prima facie dieselbe Tätigkeit verrichten. Werden in einer Einstufungsregelung allerdings Zeiten herangezogen, die keine zusätzliche Qualifikation bringen können, können sie nicht mit dem Ziel, Berufserfahrung zu honorieren, abgegolten werden (Rebhahn 14). IdS anerkennt auch der EuGH (EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz, Slg 1991, I-297, Rz 14; 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss, Slg 1989, I-3199, Rz 24) dass das Dienstalter Hand in Hand mit der dienstlichen Erfahrung geht, die den ArbN grundsätzlich zu einer besseren Erfüllung seiner Aufgaben befähigt. Während der EuGH in der Rs Danfoss noch ganz allgemein die Ansicht vertreten hat, dass die Anciennität mit der Berufserfahrung einhergeht und diese den ArbN im allgemeinen befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, und es daher dem ArbG freisteht, die Anciennität bei der Entlohnung zu berücksichtigen, ohne dass er ihre Bedeutung für die Ausführung der dem Arbeitnehmer übertragenen spezifischen Aufgaben darlegen muss, differenziert er in der Rs Nimz: Es sei darauf zu achten, welche Beziehung zwischen der Art der ausgeübten Tätigkeit und der Erfahrung besteht, die die Ausübung dieser Tätigkeit nach einer bestimmten Zeit verschafft (EuGH 7.2.1991, C-184/89, Slg 1991, I-297, Rz 14). Wendet man diese Jud auf die Altersdiskriminierung an, stellt eine Differenzierung der Vergütung nach der Betriebszugehörigkeit bei einfachen mechanischen Tätigkeiten eher eine unzulässige mittelbare Altersdiskriminierung dar als bei qualifizierten Tätigkeiten (Linsenmaier, dRdA 2003, 29). Dann bleibt allerdings noch das legitime Ziel, die Betriebstreue 33 und damit stabile Arbeitsverhältnisse zu fördern, zu berücksichtigen. Beschäftigte mit zunehmender Seniorität können – unabhängig von ihrem wachsenden Fachwissen – zB wegen ihres wachsenden Einblicks in Betriebsinterna sowie als Stabilitätsfaktoren im Betriebsgefüge und gegenüber Kunden, die den Wechsel ihres Ansprechpartners oftmals wenig schätzen, zunehmend wertvoll werden (Runggaldier/Kreil, RdW 2003, 331 ff). Diesem Ziel kann allerdings nur eine Regelung dienen, die bloß Dienstzeiten im Un483
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ternehmen anrechnet (so auch EuGH 15.1.1998, C-15/96-Schoening-Kougebetopoulou, Slg 1998, I-47). Fraglich ist, ob auch die Förderung der Branchentreue ein legitimes Ziel sein kann, das etwa durch Anrechnung von Zeiten in der gesamten Branche erreicht werden soll. Neben der Honorierung von Berufserfahrung (Rebhahn 15) könnte etwa in sterbenden Branchen auch das Interesse der KV-Parteien, ArbN vom Abwandern in attraktivere Bereiche abzuhalten, ein legitimes Ziel darstellen. 34 In Anbetracht der grundsätzlich zulässigerweise nach Anciennität ansteigenden Gehaltsschemata stellt sich die weitere Frage, inwieweit eine wiederholte Erhöhung des Entgelts mit dem Ansteigen des Dienstalters objektiv, angemessen und erforderlich ist, inwieweit sie also dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspricht. Rebhahn (16) hält die in der Praxis vorkommenden 50%igen Einkommensunterschiede aufgrund des Dienstalters als für zu hoch, sie seien etwa mit einem Drittel zu begrenzen. Mayr differenziert bezüglich verschiedener Phasen des Dienstalters: Während zu Beginn der Dienstzeit ein Anwachsen von Berufserfahrung und die Betriebstreue zu entlohnen seien, müssten jene Biennalsprünge, die über den letztmöglichen Zeitpunkt, der durch steigende Berufserfahrung rechtfertigbar ist, gekürzt werden (Mayr, Diskriminierungen aufgrund des Alters im österreichischen Arbeitsrecht – Der Inhalt des neuen Diskriminierungsverbotes ASoK 2003, 289). ME ist letzterer Ansicht zu folgen. Der beruflichen Qualifikation wird bei der Bemessung des Entgelts das größte Gewicht zukommen, während andere Kriterien wie Betriebstreue, der Erwerb sozialer Kompetenzen, oder die intendierte Abgeltung von mit dem Alter typischerweise steigenden Belastungen von zweitrangiger Bedeutung sind. 35 Im Anschluss an verschiedenste arbeitsrechtliche Gesetze knüpfen va Kollektivvertragsparteien an das Zurücklegen einer bestimmten Dienstzeit an, so bezüglich des Urlaubs, der Entgeltfortzahlung bei Krankheit, der Abfertigung alt oder der Kündigungsfristen. Auch hier ist zunächst danach zu fragen, welche Zeiten berücksichtigt werden und ob damit zu Recht ein legitimer Zweck verfolgt wird. Erhöht sich der Anspruch auf Erholungsurlaub nach 25 Dienstjahren (iSd § 2 UrlG), wobei ein wesentlicher Teil der im Inland zurückgelegten Dienst- und Ausbildungszeiten angerechnet wird, kann als Rechtfertigungsgrund ein typischerweise erhöhtes 484
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Erholungsbedürfnis nach 25 Jahren Erwerbstätigkeit angenommen werden (so auch Pfeil 98). Regelt der KV über das gesetzliche Ausmaß hinaus Erholungsansprüche, für die nur in der jeweiligen Branche zurückgelegte Dienstzeiten angerechnet werden, kann dies mE gerechtfertigt sein (aA Rebhahn, der darin eine sinnlose Branchentreue sieht 16), wenn etwa eine Branche von Schwerstarbeit geprägt ist und das dadurch erhöhte Erholungsbedürfnis oder gesundheitliche Abnutzungen berücksichtigt werden. Längere Kündigungsfristen bei älteren ArbN können mit dem Ziel der beruflichen Eingliederung älterer ArbN bzw deren Schutz gerechtfertigt werden (Pfeil 99, Marhold 89), gerade im Hinblick auf ihre erschwerte Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt. Auch die Erhöhung der Abfertigung alt entsprechend der zurückgelegten Dienstzeit kann gerechtfertigt werden: Egal welcher Theorie zur Abfertigung alt man anhängt, die Erhöhung kann durch die dadurch abgegoltene Betriebstreue oder die ihr zukommende Überbrückungsfunktion gerechtfertigt werden (Marhold 90). c. Festsetzung eines Höchstalters Die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund 36 von spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt des Ruhestandes, ist ebenfalls eine Maßnahme, die nicht zu einer Altersdiskriminierung führt. Die Mat halten diesbezüglich allerdings fest, dass die lange Ausbildung allein oder das Durchlaufen einer vorgesehenen gesamten Laufbahn nicht als Rechtfertigung für ein Höchstalter angesehen werden können. Zulässig sei jedoch zB die Festsetzung einer Höchstdauer für die Geltung von Verträgen für selbständige und unselbständige Arbeit mit dem regulären gesetzlichen Pensionsalter, wenn und soweit diese dem notwendigen und sachlich begründeten Interesse von Patienten (Höchstalter für Vertragsärzte) oder sonst schutzwürdigen Personen dient (307 BlgNR 22. GP, 16). Bewirbt sich jemand für einen Posten mit langer Ausbildungszeit 37 (Berufspilot) können ebenfalls Höchstaltersgrenzen festgesetzt werden (Heidinger 167). Der ArbG darf mE Altersgrenzen für Ausbildungs- oder Weiterbildungsmaßnahmen derart vorsehen, dass er von der gewährten Bildungsmaßnahme durch die daran anschließende Tätigkeit des ArbN noch profitieren kann. Dabei wird man dem ArbG jenen Zeitraum zugestehen müssen, für den er 485
§ 21
Windisch-Graetz
zulässigerweise Ausbildungskostenrückersatz verlangen darf, wofür von Lehre und Jud zwischen drei und fünf Jahren angenommen werden (Schrammel, Arbeitsrecht5 2, 92). 3. Ausnahmen für Betriebspensionssysteme 38 § 20 Abs 5 dient der Umsetzung des Art 6 Abs 2 RL 2000/78/EG und sieht bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Möglichkeit der Festsetzung von Altersgrenzen vor, solange dies nicht zu Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts führt (vgl § 3 Rn 168 ff). Unter betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit fallen Betriebspensionssysteme, aber auch betriebliche Krankenversicherungen, Berufsunfähigkeitspensionen uä (§ 3 Rn 168, 172; Heidinger 168). Unterschiedliche Altersgrenzen dürfen vorgesehen werden – – – –
für die Mitgliedschaft bei Betriebspensionssystemen für den Bezug von Altersrenten und Leistungen bei Invalidität unterschiedliche Altersgrenzen für Kategorien von Beschäftigten für versicherungsmathematische Berechnungen Belästigung
§ 21. (1) Eine Diskriminierung nach § 17 liegt auch vor, wenn eine Person 1. vom/von der Arbeitgeber/in selbst belästigt wird, 2. durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen, 3. durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder 4. durch Dritte außerhalb eines Arbeitsverhältnisses (§ 18) belästigt wird. (2) Belästigung liegt vor, wenn eine unerwünschte Verhaltensweise, die mit einem der Gründe nach § 17 im Zusammenhang steht, gesetzt wird, 1. die die Würde der betroffenen Person verletzt, 2. die für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und 486
§ 22
Positive Maßnahmen
3. die ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person schafft. (3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung zur Belästigung einer Person vor. Die Regelung über Belästigungen im Zusammenhang mit der ethni- 1 schen Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexueller Orientierung ist weitgehend dem § 7 nachgebildet. Der Wortlaut des Art 21 lehnt sich teilweise auch am Wortlaut des Art 2 Abs 3 der RL 2000/43/EG und 2000/78/EG an. Die Mat (RV 307 BlgNR 22. GP, 17) betonen, dass § 21 inhaltlich § 7 entsprechen soll. Vgl daher grundsätzlich § 7. Belästigungen im Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexueller Orientierung finden in vielfältiger Form statt. Das denkbare Spektrum reicht von sprachlichen Äußerungen (zB Witzen, Bezeichnungen) über Gesten bis zum Verbreiten von schriftlichen Äußerungen, Bildern oder sonstigem Material. Sind die Belästigungen so schwerwiegend, dass sie eine feindselige, demütigende Arbeitsumwelt schaffen und so die Würde der Person verletzten, sieht § 26 Abs 11 Schadenersatzansprüche vor (§ 12 Rn 53 ff). Positive Maßnahmen § 22. Die in Gesetzen, in Verordnungen, in Instrumenten der kollektiven Rechtsgestaltung oder in generellen mehrere Arbeitnehmerinnen umfassende Verfügungen des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin getroffenen spezifischen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung im Berufsleben, mit denen Benachteiligungen wegen eines Diskriminierungsgrundes nach § 17 verhindert oder ausgeglichen werden, gelten nicht als Diskriminierung im Sinne dieses Gesetzes. Diese Regelung über die Zulässigkeit positiver Maßnahmen dient 1 der Umsetzung der Art 5 bzw 7 der RL 2000/43/EG und 2000/78/ EG und entspricht inhaltlich § 8. Da Art 7 Abs 2 B-VG die in § 11 aufgezählten Diskriminierungsgründe nicht umfasst, ist ein entsprechender Verweis und damit eine einheitliche textliche Gestaltung nicht möglich. Es wurde daher die Formulierung der beiden Antidiskriminierungsrichtlinien herangezogen (RV 307 BlgNR 22. GP, 17). 487
§ 23
Windisch-Graetz
Hinsichtlich der inhaltlichen Determinanten wird auf die Kommentierung zu § 8 verwiesen. Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung § 23. Der/die Arbeitgeber/in oder private/r Arbeitsvermittler/ in gemäß den §§ 4 ff des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, oder eine mit der Arbeitsvermittlung betraute juristische Person öffentlichen Rechts darf einen Arbeitsplatz weder öffentlich noch innerhalb des Betriebes (Unternehmens) in diskriminierender Weise ausschreiben oder durch Dritte ausschreiben lassen, es sei denn, das betreffende Merkmal stellt auf Grund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dar, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. 1 Das Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung ist in den RL 2000/43/EG und 2000/78/EG zwar nicht ausdrücklich angeführt, dennoch hat der österr Gesetzgeber diesen Diskriminierungstatbestand parallel zur Regelung über die geschlechtsneutrale Stellenausschreibung auch für die in § 17 genannten Diskriminierungsgründe geregelt. Gerade durch diskriminierende Stellenausschreibungen kann der Zugang zu Beruf und Beschäftigung auf Grund des Einflusses der Wortwahl auf das Bewerbungsverhalten potenzieller Bewerber/innen und die damit verbundene allfällige Abstandnahme von einer Bewerbung wesentlich behindert werden. Dies widerspricht den Intentionen der beiden Antidiskriminierungsrichtlinien (RV 307 BlgNR 22. GP, 17). Durch die Bestimmung des § 23 soll daher ein Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung eingeführt werden, das analog der Bestimmung des § 9 gestaltet ist. Art 4 bzw Art 4 Abs 1 der beiden Antidiskriminierungsrichtlinien eröffnen den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, von einer Ungleichbehandlung auf Grund eines der Merkmale der beiden Antidiskriminierungsrichtlinien dann abzusehen, wenn das betreffende Merkmal auf Grund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. Vgl § 9. 488
§ 24
Strafbestimmungen Strafbestimmungen
§ 24. (1) Wer als Arbeitsvermittler/in entgegen den Bestimmungen des § 23 einen Arbeitsplatz in diskriminierender Weise ausschreibt, ist auf Antrag eines/einer Stellenwerbers/Stellenwerberin, des/der Anwalts/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt oder eines/einer Regionalvertreters/ Regionalvertreterin von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 360 Euro zu bestrafen. (2) Wer als Arbeitgeber/in entgegen den Bestimmungen des § 23 einen Arbeitsplatz in diskriminierender Weise ausschreibt, ist auf Antrag eines/einer Stellenwerbers/Stellenwerberin, des/ der Anwalts/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt oder eines/einer Regionalvertreters/Regionalvertreterin beim ersten Verstoß von der Bezirksverwaltungsbehörde zu verwarnen und bei weiteren Verstößen mit Geldstrafe bis 360 Euro zu bestrafen. (3) In einem auf Antrag des/der Anwalts/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt oder eines/einer Regionalvertreters/Regionalvertreterin eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens sind der/die Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung oder der/die Regionalvertreter/in Partei. Dem/der Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung oder dem/ der Regionalvertreter/in steht das Recht auf Berufung gegen Bescheide und Einspruch gegen Strafverfügungen zu. § 24 regelt die § 10 nachgebildeten Strafsanktionen sowie die Partei- 1 stellung des/der Anwalts/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt oder eines/einer Regionalvertreters/Regionalvertreterin in dem auf seinen/ihren Antrag eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren sowie das Recht auf sowie Einspruch gegen Strafverfügungen (RV 307 BlgNR 22. GP, 17).
489
§ 25
Windisch-Graetz Entlohnungskriterien
§ 25. Betriebliche Einstufungsregelungen und Normen der kollektiven Rechtsgestaltung haben bei der Regelung der Entlohnungskriterien den Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit oder eine Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, zu beachten und dürfen keine Kriterien vorschreiben, die zu einer Diskriminierung wegen eines in § 17 genannten Grundes führen. 1 Diese Bestimmung entspricht § 11. Vgl den Komm zu § 11. Es handelt sich dabei um einen Sonderfall der mittelbaren Diskriminierung, der in keinem direkten Verhältnis zum Arbeitsvertrag steht. Mit dieser Bestimmung soll eine Verdeutlichung des Diskriminierungsverbotes bei der Entgeltfestsetzung durch Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung herbeigeführt werden (RV 307 BlgNR 22. GP, 17). Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes § 26. (1) Ist das Arbeitsverhältnis wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 17 Abs. 1 Z 1 nicht begründet worden, so ist der/die Arbeitgeber/in gegenüber dem/der Stellenwerber/in zum Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. Der Ersatzanspruch beträgt 1. mindestens ein Monatsentgelt, wenn der/die Stellenwerber/in bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte, oder 2. bis 500 Euro, wenn der/die Arbeitgeber/in nachweisen kann, dass der einem/einer Stellenwerber/in durch die Diskriminierung entstandene Schaden nur darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner/ihrer Bewerbung verweigert wird. (2) Erhält ein/e Arbeitnehmer/in wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 17 Abs. 1 Z 2 durch den/die Arbeitgeber/in für gleiche Arbeit oder für eine Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, ein geringeres Entgelt als ein/e Arbeitnehmer/in, bei dem/der eine Diskriminierung wegen eines in § 17 genannten Grundes nicht erfolgt, so hat er/sie gegenüber dem/der Arbeitgeber/in Anspruch auf Bezahlung der Differenz und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. 490
Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes
§ 26
(3) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 17 Abs. 1 Z 3 hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Gewährung der betreffenden Sozialleistung oder Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (4) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 17 Abs. 1 Z 4 hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Einbeziehung in die entsprechenden betrieblichen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen oder auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (5) Ist ein/e Arbeitnehmer/in wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 17 Abs. 1 Z 5 nicht beruflich aufgestiegen, so ist der/die Arbeitgeber/in gegenüber dem/der Arbeitnehmer/in zum Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. Der Ersatzanspruch beträgt, 1. die Entgeltdifferenz für mindestens drei Monate, wenn der/ die Arbeitnehmer/in bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre, oder 2. bis 500 Euro, wenn der/die Arbeitgeber/in nachweisen kann, dass der einem/einer Arbeitnehmer/in durch die Diskriminierung entstandene Schaden nur darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner/ihrer Bewerbung verweigert wird. (6) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 17 Abs. 1 Z 6 hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Gewährung der gleichen Arbeitsbedingungen wie ein/e Arbeitnehmer/ in, bei dem/der eine Diskriminierung wegen eines in § 17 genannten Grundes nicht erfolgt, oder auf Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (7) Ist das Arbeitsverhältnis vom/von der Arbeitgeber/Arbeitgeberin wegen eines in § 17 genannten Grundes oder wegen der nicht offenbar unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Gesetz gekündigt oder vorzeitig beendigt worden (§ 17 Abs. 1 Z 7), so kann die Kündigung oder Entlassung beim Gericht angefochten werden. (8) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 18 Z 1 hat die betroffene Person Anspruch auf Einbeziehung in die entsprechenden Berufsberatungs-, Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen oder auf Ersatz des Vermögensschadens 491
§ 26
Kletecˇka
und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (9) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 18 Z 2 hat die betroffene Person Anspruch auf Mitgliedschaft und Mitwirkung in der betroffenen Organisation sowie auf Inanspruchnahme der Leistungen der betreffenden Organisation oder Ersatz des Vermögensschadens und auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (10) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 18 Z 3 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (11) Bei einer Belästigung nach § 21 hat die betroffene Person gegenüber dem/der Belästiger/in und im Fall des § 21 Abs. 1 Z 2 auch gegenüber dem/der Arbeitgeber/in Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Soweit der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße besteht, hat die betroffene Person zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung Anspruch auf angemessenen, mindestens jedoch auf 400 Euro Schadenersatz. (12) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 17, 18, oder 21 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 17 oder 18 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der §§ 19 Abs. 2 oder 20 vorliegt. Bei Berufung auf § 21 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. 1 Die gemeinschaftsrechtliche Grundlage für § 26 bilden die Antirassismus-RL (2000/43/EG) und die Rahmen-GleichbehandlungsRL (2000/78/EG). Die Antirassismus-RL betrifft die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft. Die Rahmen-RL bezweckt die Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung (diese wird mit dem GlBG nicht umgesetzt; vgl Einl Rn 17), des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf. Der 492
Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes
§ 26
über die Arbeitswelt hinausgehende Bereich der Antirassismus-RL wird mit dem III. Teil des GlBG umgesetzt (zu den Rechtsfolgen siehe § 35). Beide RL sind – was den Schadenersatz anbetrifft – auf der älteren Entwicklungsstufe stehen geblieben. Sie schreiben ähnlich wie die alte Gleichbehandlungsrichtlinie (76/207/EWG) lediglich vor, dass Vorkehrungen für eine Geltendmachung der Ansprüche aus der RL in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zu treffen sind (Art 7 Antirassismus-RL, Art 9 Rahmen-RL). In Übereinstimmung mit der Rsp des Gerichtshofs zur Gleichbehandlungsrichtlinie aF wird weiters normiert, dass die Sanktionen, die auch Schadenersatzleistungen an die Opfer umfassen können, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen (Art 15 Antirassismus-RL, Art 17 Rahmen-RL). Anders als bei der Gleichbehandlung der Geschlechter besteht da- 2 her hier keine Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass den Diskriminierten der ihnen zugefügte Schaden ersetzt wird. Der österr Gesetzgeber hat aber begrüßenswerterweise hinsichtlich des Schadenersatzes diese Differenzierung der RLen nicht übernommen und den Schadenersatz in § 26 und § 12 gleich ausgestaltet. Aus legistischen Gesichtspunkten hätte man daher besser überhaupt an der Technik der RV (307 BlgNR 22. GP) festgehalten und beide Bereiche in einem Paragraphen geregelt (siehe § 12 Rn 11). Trotz der hinsichtlich des Schadenersatzes differenzierenden RL sind auf Grund des Motives des nationalen Gesetzgebers, beide Bereiche gleich zu behandeln, auch dort keine Unterschiede zu machen, wo die Anordnung eines Ersatzes nach dem Gesetzeswortlaut zweifelhaft ist (zB bei diskriminierungsfreier Ausschreibung, §§ 23 f, siehe § 12 Rn 63). Wegen der Verpflichtung, eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion vorzusehen (Art 15 Antirassismus-RL, Art 17 Rahmen-RL), folgt dies für die erstmalige diskriminierende Stellenausschreibung durch den ArbG, für welche § 24 Abs 2 nur eine Verwarnung vorsieht, auch aus einer richtlinienkonformen Interpretation. Für die Kommentierung zu § 26 kann weitestgehend auf jene zu 3 § 12 verwiesen werden. Da der Tatbestand der sexuellen Belästigung wegfällt, entfällt auch der diesbezügliche Mindestersatz in Höhe von € 720.
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§ 27
Kletecˇka Benachteiligungsverbot
§ 27. Als Reaktion auf eine Beschwerde darf ein/e Arbeitnehmer/in durch den/die Arbeitgeber/in innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. Auch ein/e andere/r Arbeitnehmer/in, der/die als Zeuge/Zeugin oder Auskunftsperson in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde eines/einer anderen Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin unterstützt, darf als Reaktion auf eine solche Beschwerde oder auf die Einleitung eines solchen Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. § 26 Abs. 12 gilt sinngemäß. 1 Siehe die Kommentierung zu § 13. Förderungsmaßnahmen § 28. Die Richtlinien über die Vergabe von Förderungen des Bundes an Unternehmen haben Förderungen nur für Unternehmen vorzusehen, die die Bestimmungen des II. Teils beachten. 1 Vgl die Kommentierung zu § 14. Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen § 29. (1) Ansprüche nach § 26 Abs. 1 und 5 sind binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen. Die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche nach § 26 Abs. 1 und 5 beginnt mit der Ablehnung der Bewerbung oder Beförderung. Ansprüche nach § 26 Abs. 11 sind binnen sechs Monaten gerichtlich geltend zu machen. Eine Kündigung oder Entlassung gemäß § 26 Abs. 7 oder § 27 ist binnen 14 Tagen ab ihrem Zugang beim Gericht anzufechten. Für Ansprüche nach § 26 Abs. 2, 3, 4, 6, 8, 9 und 10 gilt die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1486 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, soweit für diese Ansprüche durch Kollektivverträge, die nach dem 1. Juli 2004 abgeschlossen werden, nicht anderes bestimmt wird. (2) Die Einbringung des Antrages oder das Einlangen eines Verlangens eines Organs der Gleichbehandlungsanwaltschaft 494
Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes
§ 29
auf Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes oder ein amtswegiges Tätigwerden der Kommission zur Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bewirken die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung. (3) Wird dem/der Arbeitnehmer/in nachweislich 1. ein Prüfungsergebnis der Kommission im Einzelfall oder 2. ein Schreiben der Geschäftsführung der Kommission, aus dem hervorgeht, dass die Voraussetzungen für die Prüfung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes im Einzelfall nicht bzw. nicht mehr vorliegen, zugestellt, beendet die Zustellung die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung. Nach der Zustellung steht dem/der Arbeitnehmer/in zur Erhebung der Klage zumindest noch eine Frist von drei Monaten offen. War die ursprüngliche Frist kürzer, so steht dem/der Arbeitnehmer/in nur diese offen. Das BGStG hat einen Absatz 4 angefügt; vgl Anhang I. Siehe die Kommentierung zu § 5. Anders als in § 5 verjähren die 1 Ansprüche aus einer Belästigung hier in sechs Monaten.
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III. Teil Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen (Antirassismus) 1. Abschnitt Geltungsbereich § 30. Die Bestimmungen dieses Abschnittes gelten für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses 1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste 2. bei sozialen Vergünstigungen 3. bei der Bildung 4. beim Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum, sofern dies in die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes fällt. Materialien: Zum GlBG 2004: 307 BlgNR 22. GP, 1–6; Entschließungen des EP v 27.10.1994, ABl 1994/C 323/194 ff; v 27.4.1995, ABl 1995/C 126/75 ff; v 26.10.1995, ABl 1995/C 308/140 ff sowie die konkrete Aufforderung des EP an die Kommission, eine AntidiskriminierungRL vorzulegen = Entschließung des EP zur Mitteilung der Kommission über „Zuwanderungs- und Asylpolitik“ v 21.9.1995, ABl 1995/C 269/156 ff; Gemeinsame Maßnahme 96/ 443/JI zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, ABl L 185 v 24.7.1996, 5; Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, KOM/99/0566/ endg; Mitteilung der Kommission über die soziale Eingliederung als Fazit der Auswertung der Nationalen Aktionspläne für soziale 496
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Geltungsbereich
Eingliederung, KOM/2003/0773/endg; Mitteilung der Kommission über Einwanderung, Integration und Beschäftigung, KOM/ 2003/0336/endg; RL 2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft; Grünbuch – Gleichstellung sowie Bekämpfung von Diskriminierungen in einer erweiterten Europäischen Union, ABl Nr L 180 v 19.7.2000, 22–26. Literatur: Buchner, Der Einfluss des EuGH auf das nationale Arbeitsrecht – dargestellt an der Entwicklung des deutschen Arbeitsrechts, DRdA 1995, 365; Stahlberg, Europäisches Sozialrecht (Bonn 1997); Liebenbacher, Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Zugang zu Wohnmöglichkeiten, wobl 1998, 321; Bauer, Europäische Antidiskriminierungsrichtlinie und ihr Einfluss auf das deutsche Arbeitsrecht, NJW 2001, 2672; Baer, Recht gegen Fremdenfeindlichkeit und andere Ausgrenzungen – Notwendigkeit und Grenzen eines Gesetzes gegen Diskriminierungen, ZRP 2001, 11; Thüsing, Handlungsbedarf im Diskriminierungsrecht – Die Umsetzungserfordernisse auf Grund der Richtlinien 2000/78/EG und 2000/43/EG, NZA 2001, 1061; Nickel, Handlungsaufträge zur Bekämpfung von ethnischen Diskriminierungen in der neuen Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/43/EG, NJW 2001, 2668; Baer, „Ende der Privatautonomie“ oder grundrechtlich fundierte Rechtssetzung? – Die deutsche Debatte um das Antidiskriminierungsrecht, ZRP 2002, 290; Globig (zu Baer), „Ende der Privatautonomie“ oder grundrechtlich fundierte Rechtssetzung?, ZRP 2002, 529; Stalder, Spannungsfelder und Perspektiven der Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien, JRP 2002, 227; V. Winkler, Diskriminierungsschutz durch Recht, Anmerkungen zu einer ajuristischen Debatte, juridikum 2003, 188; Schiek, Diskriminierung wegen „Rasse“ oder „ethnischen Herkunft“ – Probleme der Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG im Arbeitsrecht, AuR 2003, 44; dies, Gleichbehandlungsrichtlinien der EU – Umsetzung im deutschen Arbeitsrecht, NZA 2004, 873; Frey, Antidiskriminierung: Arbeitsmarktpolitische Institutionen und Maßnahmen auf dem Prüfstand, WuG 2004, 575; Gerlach, Gleichbehandlung und Umverteilung, DRdA 2004, 221; Heidinger/Frank-Thomasser/ Schmid (Hrsg), Antidiskriminierung (2004); Thomasberger, Neues Gleichbehandlungsgesetz, DRdA 2004, 285; Winkler, Die neuen europäischen Gleichbehandlungsregeln, ZAS 2004/10; SteinauSteinrück/Schneider/Wagner, Der Entwurf eines Antidiskriminie497
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rungsgesetzes: Ein Beitrag zur Kultur der Antidiskriminierung, NZA 2005, 28. Inhaltsübersicht I. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nationale Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Regelungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Unmittelbare Kompetenz des Bundes – Verhältnis GlBG zu anderen BG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 8 12 16 25
I. Geschichte 1. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben 1 Den ersten Ansatz für Verbote rassischer Diskriminierung stellten Rechtsakte auf internationaler Ebene dar. Hier gibt es bereits eine Vielzahl an Rechtstexten, die dem Thema Rassismus gewidmet sind. Sie reichen von einer allgemeinen Bekräftigung der Menschenrechte (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, EMRK) bis hin zu spezifischen Dokumenten, die ausschließlich dem Problem Rassismus und Fremdenfeindlichkeit gewidmet sind (Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, IAO-Übereinkommen 111, neuer Vorschlag für ein Protokoll zur EMRK). In diesen Übereinkünften wurden überwiegend allg Grundsätze für die Bekämpfung von Diskriminierung verankert, doch sind in keinem Fall direkte Rechte des Einzelnen vorgesehen, wenn die Unterzeichnerstaaten nicht zuvor zusätzliche Umsetzungsmaßnahmen ergriffen haben. 2 Auch die europäischen Institutionen erklärten bereits bei zahlreichen Gelegenheiten (beginnend im Jahre 1977, Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission zu den Grundrechten, 5. April 1977, ABl C 103 vom 27.4. 1977, S 1), dass sie für den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten eintreten und Intoleranz, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus verurteilen. In Anknüpfung an diese Anstrengung zur Bekämpfung des Rassismus folgten zahlreiche Mitteilungen und Entschließungen der Kommission (vgl ua ABl C 150 vom 31.5.1993, S 127; ABl C 237 vom 15.8.1996, S 1; ABl C 56 vom 23.2.1998). Schließlich wurden durch die Inkorpo498
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rierung des Art 13 EG (eingeführt durch den Vertrag von Amsterdam) der Gemeinschaft spezifische Zuständigkeiten übertragen, die es ermöglichen, geeignete Vorkehrungen zur Bekämpfung von Diskriminierungen zu treffen. Art 13 EG fungiert als Rechtsgrundlage für die Erlassung der „Antirassismusrichtlinie“ 2000/43/EG. Die Zuständigkeiten der Gemeinschaft basieren auf den Grund- 3 sätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Nach dem dem Vertrag von Amsterdam beigefügten Protokoll über die Anwendung dieser Grundsätze sind Maßnahmen der Gemeinschaft gerechtfertigt, wenn „Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene … wegen ihres Umfanges oder ihrer Wirkungen im Vergleich zu Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten deutliche Vorteile mit sich bringen“. Dies ist bei der Richtlinie 2000/43/EG definitiv der Fall, da die Mitgliedstaaten zwar vereinzelte Rechtsvorschriften zur Rassismusbekämpfung erlassen haben, es jedoch erhebliche Unterschiede gab, was den Geltungsbereich, die inhaltliche Ausgestaltung und die Durchsetzbarkeit der Vorschriften anbelangt. Die Richtlinie 2000/43/EG vereinheitlicht (in Form von Mindestanforderungen der Rechtsvorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten) nicht nur den Rechtsschutz der Menschen in den Mitgliedstaaten, sondern stellt auch ein eindeutiges Bekenntnis der öffentlichen Politik zur Bekämpfung von Diskriminierungen dar. Sie wird auf diese Weise auch zur Stärkung der Grundwerte, auf denen die Union beruht – Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit –, und zur Weiterentwicklung der Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beitragen (Vorschlag der Kommission für eine RL des Rates zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, KOM/99/0566 endg). Dabei ermöglicht sie, kulturellen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, indem sie lediglich einen Mindeststandard normiert. Damit wird darauf Rücksicht genommen, dass die Verfassungs- und/oder Rechtsordnungen der einzelnen Mitgliedstaaten bereits Vorschriften des Diskriminierungsschutzes aus Motiven der ethnischen Zugehörigkeit enthalten, die jedoch erhebliche Unterschiede im Geltungsbereich und der Durchsetzung beinhalten. Diese bleiben grds unberührt, müssen aber, falls sie den Mindeststandard nicht erfüllen, auf ein höheres Schutzniveau gebracht werden. 499
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4 Neben der AntirassismusRL wurde eine weitere AntidiskriminierungsRL, die RL 2000/78/EG als RahmengleichbehandlungsRL (vgl § 16 Rn 4) erlassen. Diese beiden RL sollten Antidiskriminierung so umfassend als möglich normieren. Konzeptionell gleichen die RL einander, unterscheiden sich aber in ihren persönlichen sowie sachlichen Anwendungsbereichen. Die AntirassismusRL umfasst neben den Bereichen Beruf und Beschäftigung auch die Bereiche Sozialschutz, soziale Vergünstigungen, Bildung und den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen; die RahmengleichbehandlungsRL umfasst hingegen nur den Bereich Beschäftigung und Beruf. Beide gelten gleichermaßen sowohl für den privaten wie öffentlichen Sektor. 5 Grundlage für die Bestimmungen betreffend den Antirassismus im III. Teil des GlBG ist (allein) die RL 2000/43/EG (AntirassismusRL). Sie beinhaltet das Verbot ethnischer Diskriminierung beim Zugang zu unselbständiger sowie selbständiger Erwerbstätigkeit sowie bei deren Ausübung. Ihr Geltungsbereich erstreckt sich darüber hinaus auf die Mitwirkung und Mitgliedschaft in Arbeitnehmer- und/oder Arbeitgeberorganisationen und die Inanspruchnahme von Leistungen dieser Organisationen bis zu Sozialschutz, sozialen Vergünstigungen und dem Bereich der Bildung. Die RL verbietet zudem Diskriminierungen beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Damit hat die Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit einen Anwendungsbereich auch außerhalb der Arbeitswelt. Die Europäische Union verspricht sich von dieser weitergehenden Regelung, der Rassendiskriminierung Einhalt zu gebieten, sowie mehr wirtschaftliche und soziale Teilhabe („ethnischer Randgruppen“) die wiederum sozialer Ausgrenzung entgegen wirken soll (KOM/99/0566 endg; Vorschlag der Kommission für die RL). Dies soll auch dem Wirtschaftswachstum zugute kommen, uzw durch eine Reduzierung der öffentlichen Ausgaben für soziale Sicherung und soziale Unterstützung, durch eine Erhöhung der Kaufkraft der einzelnen Haushalte und durch eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die alle auf dem Arbeitsmarkt verfügbaren Ressourcen optimal nützen können. 6 Die RL 2000/43/EG enthält eine Definition der Begriffe der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung (Art 2), welche mit den Definitionen der RL 2000/78/EG und RL 2002/73/EG identisch 500
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ist. Das von der RL festgelegte Diskriminierungsverbot gilt auch gegenüber Drittstaatsangehörigen (Erw 13 der RL 2000/43/EG). Das Diskriminierungsverbot umfasst jedoch nicht die unterschiedliche Behandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit und berührt ausdrücklich nicht die Vorschriften und Bedingungen für die Einreise, den Aufenthalt und der Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Staaten oder Staatenloser. Die RL 2000/43/EG ermöglicht überdies die Setzung positiver 7 Maßnahmen (Art 5; ebenso die RL 2000/78/EG und RL 2002/73/ EG). Gleichzeitig verpflichtet sie die Mitgliedstaaten zu einem Dialog mit Nichtregierungsorganisationen, die sich dem Bereich der ethnischen Diskriminierung angenommen haben (Art 12) und zur Einrichtung von Stellen, die in unabhängiger Weise die Antidiskriminierung durch ua Unterstützung der Opfer, Untersuchungen und Berichtsverfassungen vorantreiben (Kapitel III Art 13). 2. Nationale Umsetzung Das GlBG regelt in Umsetzung der RL 2000/43/EG seit 1. Juli 8 2004 erstmals rassische Diskriminierung. Die Richtlinie setzt sich zum Ziel einen Mindeststandard für die Bekämpfung des Rassismus zu setzen, wobei die Hauptverantwortung bei den Mitgliedstaaten bleibt. Diesem Ziel musste auch das GlBG nachkommen. Mit Hilfe der Umsetzung der AntirassismusRL (basierend auf Art 13 EG) soll ein Grundrecht auf Nichtdiskriminierung (im Bereich der Rasse bzw ethnischen Zugehörigkeit) geschaffen werden. Hervorzuheben ist dabei, dass der Schutz gegen Diskriminierungen in den bestehenden Regelungen der Mitgliedstaaten mit der Umsetzung der Richtlinie lediglich angehoben werden durfte. In anderen Worten müssen diese Regelungen beibehalten werden, es sei denn, sie werden im Sinne eines höheren Schutzniveaus verändert. Im Zuge der Gesetzwerdung waren vor allem zwei Punkte strittig: 9 Zum einen die Normierung der Diskriminierungstatbestände im GlBG, hatte dieses zuvor doch lediglich „Gender-Angelegenheiten“ beinhaltet. Es wurde befürchtet, eine „Aushöhlung“ der Geschlechterproblematik durch die Integration der anderen Diskriminierungstatbestände zu riskieren. Zudem gab es die Befürchtung, die neu in das GlBG aufgenommenen Diskriminierungstatbestände könnten nicht die ihnen gebührende „Wichtigkeit“ erlangen. Nichtsdestotrotz hat sich der österr Gesetzgeber doch gegen ein 501
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besonderes Diskriminierungsgesetz und für die Eingliederung aller Diskriminierungstatbestände in das GlBG entschieden. Ein zweites Problem im Zusammenhang mit der Normierung „rassischer“ Diskriminierung stellte der Begriff selbst dar. Vor allem aufgrund des für Österreich geschichtsträchtigen Begriffes der Rasse und der mit ihm in Verbindung gebrachten Rassentheorien während des zweiten Weltkrieges hat der Gesetzgeber eben diesen durch den Begriff der ethnischen Zugehörigkeit ersetzt. Er brachte damit zum Ausdruck jedwede Rassentheorie abzulehnen. Das GlBG titelt daher die §§ 30–40 GlBG mit „Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen“. Diese Begrifflichkeit steht in vollem Einklang mit dem Inhalt und dem Ziel der „Antirassismusrichtlinie“. 10 Die §§ 20–40 GlBG verbieten jede Diskriminierung sowohl innerhalb als auch außerhalb eines Rechtsverhältnisses. Der österreichische Gesetzgeber hat die beiden AntidiskriminierungsRL in der Umsetzung insofern miteinander verbunden. Das GlBG regelt in den §§ 20–29 (II. Abschnitt) unter dem Titel Antidiskriminierung die Gleichbehandlung in der Arbeitswelt. Es erfasst damit alle Diskriminierungsgründe der beiden RL (Ethnie, Religion, Alter und sexuelle Orientierung). In den §§ 30–37 GlBG (III. Abschnitt) wird unter dem Titel Antirassismus die Gleichbehandlung außerhalb der Arbeitswelt für bestimmte Bereiche (Sozialschutz, Bildung, Versorgung von und mit Gütern oder Dienstleistungen) festgelegt. Davon erfasst ist lediglich die ethnische Zugehörigkeit, da die RL nur für diesen Diskriminierungsgrund auch einen Geltungsbereich außerhalb der Arbeitswelt vorsieht (Rn 2, 4). 11 Die Gleichbehandlung außerhalb der Arbeitswelt im III. Abschnitt entspricht in manchen einzelnen Paragraphen dem Regelungsbereich der Gleichbehandlung innerhalb der Arbeitswelt des II. Abschnitts. Insofern kommt es im Gesetz selbst zu Wiederholungen. So haben die §§ 19 und 32, §§ 21 und 34, §§ 26 und 35, §§ 27 und 36 sowie §§ 28 und 37 dieselbe Textierung. Daher wird hier häufig auf die Kommentierungen des II. Abschnittes verwiesen. II. Regelungszweck 12 Der Kampf gegen Rassismus ist eines der wichtigsten Anliegen der internationalen Gemeinschaft und steht seit Jahrzehnten im Mit502
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telpunkt der internationalen Gemeinschaft. Die Erfahrungen, die Europa im 20. Jahrhundert mit Kriegen und Konflikten gemacht hat, haben die Gefahren des Rassismus und die aus dem Rassismus erwachsenden schwerwiegenden Angriffe auf die Menschenwürde erneut deutlich vor Augen geführt. Auch gegen Ende des 20. Jahrhunderts ist das Phänomen der Rassendiskriminierung immer noch nicht aus dem täglichen Leben in Europa verschwunden. Es besteht daher ein allg Konsens, dass gesetzlichen Maßnahmen im Kampf gegen Rassismus und Intoleranz eine außerordentlich große Bedeutung zukommt. Ziel der RL 2000/43/EG ist es daher, in der Europäischen Union den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Menschen – ungeachtet ihrer Rasse und ihrer ethnischen Herkunft – zu verwirklichen. Die RL sieht die Festlegung eines Rahmens von Mindestvorschriften vor, mit denen Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft untersagt werden. Die Europäische Union verspricht sich davon, dass sich die Gesellschaft dem Rassismus entgegen stellt und dass die staatlichen Instanzen entschlossen sind, gegen Diskriminierungen vorzugehen. Man hofft und glaubt, durch Antirassismusgesetze können die Einstellungen der Menschen nachhaltig (positiv) beeinflusst werden. In Umsetzung der RL verfolgen die §§ 30–40 GlBG dieses Ziel. Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Her- 13 kunft kann – insbesondere dann, wenn sie kumuliert auftritt – einen ganzen Kreislauf von Benachteiligungen nach sich ziehen, der sich häufig in der nächsten Generation fortsetzt. Sind zum Beispiel Bildungsmöglichkeiten, Wohnverhältnisse, Gesundheitsversorgung, Umweltbedingungen und Beschäftigungsmöglichkeiten für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe schlecht, wird die heranwachsende Generation weniger gut gerüstet sein, um mit den Schwierigkeiten, mit denen sie konfrontiert wird, zurechtzukommen. Sie wird ebenfalls nur Aussicht auf schlechte Arbeitsplätze, schlechte Wohnungen und eine schlechte gesundheitliche Versorgung haben. Im dritten Teil des GlBG werden nur jene Bereiche der Antirassis- 14 musrichtlinie erfasst, die über die „Arbeitswelt“ des I. und II. Abschnittes (zur Umschreibung § 1 Rn 19 ff) hinausgehen. Der nationale Gesetzgeber hat damit nicht nur den Umsetzungserfordernissen, die ihm die RL auferlegt, entsprochen, sondern auch die Wichtigkeit des Diskriminierungsverbotes für den Bereich der eth503
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nischen Diskriminierung heraus gestrichen. Das GlBG zeigt damit, dass das Problem der Diskriminierung aus diesen Motiven ein weit über das Arbeitsverhältnis hinausgehendes ist, dem es Einhalt zu gebieten gilt. 15 Die Normierung des Diskriminierungsverbotes der ethnischen Zugehörigkeit soll bereits bestehende Regelungen, die vor Diskriminierung schützen, ergänzen. Die Materialen weisen aber ausdrücklich daraufhin, dass die bestehenden Regelungen selbst durch die Bestimmungen des GlBG nicht berührt werden (307 BlgNR 22. GP, 4). Die in Österreich bestehenden Regelungen enthalten sowohl verfassungsrechtliche wie einfachgesetzliche Diskriminierungsverbote. Auf Verfassungsebene ist neben dem Gleichheitssatz des Art 7 B-VG das BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierungen (BGBl 1973/390) zu nennen. Einfachgesetzliche Regelungen, welche dieselbe Zielrichtung wie die AntirassismusRL verfolgen, sind zB Art IX Abs 1 Z 3 EGVG und § 87 Abs 1 Z 3 GewO 1994 (vgl 307 BlgNR 22. GP, 4). Im Unterschied zu den bereits bestehenden Regelungen, die vor allem verfassungs- bzw verwaltungsrechtlicher Natur sind, handelt es sich bei den Bestimmungen des GlBG um überwiegend zivilrechtliche, insb arbeitsrechtliche Normen. Sie stellen somit eine Präzisierung des zivilrechtlichen Verbots der Sittenwidrigkeit dar (307 BlgNR 22. GP, S 4). III. Regelungsbereiche 16 Die Bestimmungen des III. Teiles (Antirassismus) 1. Abschnitt umfassen grds nur jene Regelungen bzw Bereiche, die in die unmittelbare Bundeskompetenz fallen (§ 1 Rn 19). Nur insoweit können sie andere Bundesgesetze ergänzen (vgl Rn 16). Unter den Geltungsbereich fallen der Sozialschutz, einschließlich der Sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen, die Bildung, sowie der Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum. 17 Unter Sozialschutz sind alle bundesgesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit zu verstehen. Dabei haben sowohl der Zugang zu Unfall-, Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung „diskriminierungsfrei“ zu verlaufen, wie auch alle Leistungen aus die504
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sen Systemen. Davon erfasst sind Leistungen wie das Arbeitslosengeld, die Notstandshilfe, Versehrtenrenten, Invaliditätspensionen, Wochengeld, Krankengeld usw. Mangels Bundeskompetenz nicht davon erfasst sind Leistungen aus der Sozialhilfe. Nach der VO 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer 18 innerhalb der Gemeinschaft sind die Mitgliedstaaten bereits verpflichtet, soziale Vergünstigungen für Wanderarbeitnehmer ungeachtet der Staatsangehörigkeit zu gewähren. In diesem Zusammenhang sind soziale Vergünstigungen vom EuGH als Vorteile wirtschaftlicher oder kultureller Art, die entweder von öffentlichen Stellen oder von privaten Einrichtungen in den Mitgliedstaaten gewährt werden, definiert worden (KOM/99/0566 endg). Das gleiche Konzept sieht die AntirassismusRL vor. (Zur Abgrenzung der VO 1612/68 und GlBG § 31 Rn 11). „Soziale Vergünstigung“ ist weit auszulegen. Diese umfasst grds alle auf soziale Lebensbedingungen zugeschnittenen Hilfen des Staates (Stahlberg 152). Zu den sozialen Vergünstigungen der Z 2 zählen bspw kostenlose oder verbilligte Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln (EuGH 30.9.1975, Rs 32/75-Cristini), Preisnachlässe auf Eintrittskarten für kulturelle oder andere Veranstaltungen oder verbilligte Mahlzeiten in der Schule für Kinder aus einkommensschwachen Familien, Geburtsdarlehen (EuGH 14.1.1982, Rs 65/81-Reina), Wohnbauförderungen (vgl Liebenbacher, wobl 1998, 321), Anrechnung der Wehrdienstzeit (EuGH 15.10.1969, Rs 15/69-Ugliola), Kündigungsentschädigungen (EuGH 12.2.1974, Rs 152/73-Sotgiu), Ersatz von Begräbniskosten (EuGH 23.5.1996, C-237/94-O’Flynn) oder der Gebrauch einer bestimmten Verfahrenssprache vor Gericht (EuGH 11.7.1985, Rs 137/84-Mutsch). Das Gleichbehandlungsgebot hinsichtlich Bildung (Z 3) bezieht 19 sich jedenfalls auf die Gewährung von Ausbildungsbeihilfen und Stipendien, aber wohl auch auf die Bildungsleistungen selbst (Zugang zu Schulen und Lehrveranstaltungen). Die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie die Vielfalt der Kulturen und Sprachen bleiben dabei voll gewahrt. Unter Z 4 ist vorgesehen, dass Diskriminierung beim Zugang zu 20 Waren und Dienstleistungen verboten ist. Z 4 basiert auf Art 3 Abs 1 lit h der RL 2000/43/EG, der wiederum Art 1 Abs 2 der RL 505
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2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen entspricht. Die Kommission hat das Anliegen des freien Zugangs von Waren und Dienstleistungen bei der Geschlechterdiskriminierung und der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit als so dringlich angesehen, dass sie für jeden Bereich eine ausdrückliche Regelung vorgeschlagen hat. Umgesetzt in den §§ 30–40 GlBG ist derzeit erst die RL 2000/43/EG. Dogmatisch ist festzuhalten, dass der Regelungszweck der beiden Richtlinien identisch ist und die Erwägungsgründe der RL 2004/113/EG in die Auslegung der entsprechenden Bestimmungen der RL 2000/43/EG zum freien Zugang von Waren und Dienstleistungen einfließen können. Es kann daher bei der Erörterung des Anwendungsbereiches auch auf die Erwägungsgründe der RL 2004/113/EG zurückgegriffen werden. Dies ist deshalb von Vorteil, da diese – weil erst vier Jahre später erlassen und bereits einige Probleme lösend bzw immerhin erkennend – ausführlicher sind, als bei der RL 2000/43/EG. 21 Das Verbot von Diskriminierungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit in Bezug auf „den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen“, gilt für jedermann (vgl auch Riesenhuber/Franck, JZ 2004, 529). Es ist daher irrelevant ob die Güter und Leistungen von der öffentlichen Hand oder von Privaten angeboten werden. 22 Erst die Beschränkung auf Güter „die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen“, soll in gewissem Maße den „die Privatsphäre betreffenden“ rechtsgeschäftlichen Bereich ausklammern (so auch Riesenhuber/Franck, JZ 2004, 529). Dies kann mE ganz allgemein damit gerechtfertigt werden, dass der Rat ausdrücklich in Erwägungsgrund [4] der RL 2000/43/EG auf diesen Bereich Bezug nimmt. Der Rat hebt hervor, dass im Zusammenhang mit dem Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen der Schutz der Privatsphäre und des Familienlebens sowie der in diesem Kontext getätigten Geschäfte gewahrt bleibt. Daraus kann geschlossen werden, dass Rechtsgeschäfte, die lediglich den Familienkreis betreffen, vom allgemeinen Diskriminierungsverbot nicht erfasst werden. Die Vermietung der Ferienwohnung im Familienkreis oä ist demnach ausgenommen (so auch der Vorschlag der Kommission zur RL 2004/113, KOM [2003] 657 endg, S 15). Auch 506
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Rechtsgeschäfte, die einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre bedeuteten, indem sie bspw das sittliche Empfinden berühren, sind vom Diskriminierungsverbot ausgenommen. So wäre eine Diskriminierung im Bereich der Vermietung von Wohnraum durch den Eigentümer in der Wohnstätte, in der er selbst wohnt, zulässig (Erwägungsgrund [16] der RL 2004/113/EG, aA Heidinger/FrankThomasser/Schmid, Antidiskriminierung, 180). Alle Rechtsgeschäfte hingegen, die weder die Privatsphäre noch das Familienleben berühren, sind dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu unterstellen. Der Ausnahmebereich der Güter, die „der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen“ ist eng auszulegen. Nach der Begründung ist davon auszugehen, dass Güter und Dienstleistungen bereits dann der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, wenn sie einem unbestimmten Adressatenkreis angeboten werden (307 BlgNR 22. GP; so auch Riesenhuber/Franck, JZ 2004, 529; Graf von Westphalen, ZGS 2002, 283, 285; Wiedemann/ Thüsing, DB 2002, 463, 465). Es kommt auch nicht darauf an, ob der Einzelne auf die jeweiligen Güter oder Dienstleistungen angewiesen ist. Vom Diskriminierungsverbot erfasst sind schlicht alle Güter, vom Kaugummi bis zum Mercedes und alle Dienstleistungen, vom Frisör bis zum Kredit. Unter ausdrücklicher Erwähnung der RL 2000/43/EG und damit 23 des GlBG ist auch der Wohnraum vom Gleichbehandlungsgebot erfasst. In der Tat war dieser Bereich in den Verhandlungen zur AntirassismusRL besonders umstritten. Unstrittig ist dennoch, dass es um das Angebot von Wohnraum unabhängig von der Rechtsform geht (Eigentum, Miete, Untermiete). Unstrittig ist auch, dass sich der Passus „Güter, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen“ auch auf den Wohnraum bezieht. Es kommen daher grundsätzlich die folgenden Grundsätze zum Tragen (vgl Rn 19): 1. Das Diskriminierungsverbot gilt für jedermann, für den Privaten wie für den öffentlichen Anbieter. 2. Als ausschlaggebend für das eng auszulegende Kriterium, wann Güter der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, gilt das Angebot an einen unbestimmten Personenkreis. 3. Das Diskriminierungsverbot gilt dort nicht, wo es um Rechtgeschäfte geht, die einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre darstellen oder im Familienkreis stattfinden. Im Zuge der Verhandlungen zur RL 2000/43/EG und den Beratun- 24 gen über die Umsetzung der Richtlinie wurden folgende Beispiele 507
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diskutiert (Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid Antidiskriminierung, 180): Jemand bietet seine Eigentumswohnung zur Vermietung im Freundeskreis an. Das Angebot beinhaltet jedoch den Zusatz „Keine Ausländer bzw sonstige fremd wirkende Personen“. Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid (Antidiskriminierung, 180) gehen davon aus, dieser Fall könnte nicht dem Diskriminierungsverbot des § 31 Z 4 GlBG subsumiert werden, weil das Kriterium „der Öffentlichkeit zur Verfügung stehend“ nicht erfüllt sei. Zu einem anderen Ergebnis würde man im Fall einer Annoncierung der Vermietung der Wohnung in einer Zeitung gelangen. ME kann diesem Ergebnis so nicht beigepflichtet werden. Es ist nämlich nur dann richtig, wenn der Freundeskreis bestimmt und die Wohnung auch dem Freundeskreis „selbst“ angeboten wird. In diesem Fall gehe ich allerdings nicht von einem „ausländerfeindlichen“ Zusatz aus. Dieser wäre sinnlos, da man den Freundeskreis ja kennt und weiß, keine Ausländer oder sonst fremd wirkende Menschen unter ihnen zu haben; hat man jedoch solche Menschen auch im Freundeskreis, bezweifle ich wiederum solche Zusätze stark. Falls der Freundeskreis aber sozusagen Sprachrohr für das zu machende Angebot ist, richtet sich dieses wieder an einen unbestimmten Personenkreis. Angebote an einen unbestimmten Personenkreis erfüllen allerdings das Kriterium „der Öffentlichkeit zur Verfügung stehend“ und unterliegen daher dem Gleichbehandlungsgebot des § 31 Z 4 GlBG. Dasselbe gilt für die Annoncierung in einer Zeitung. Eine Einschränkung im Zusammenhang des Diskriminierungsverbotes mit dem Wohnraum kann mE nur dort gerechtfertigt sein, wo die Privatsphäre ganz erheblich eingeschränkt wird (so auch Stalder, JRP 2002, 227; vgl auch Erwägungsgrund [16] der RL 2004/113/EG). Als Beispiel ist die Untervermietung eines Zimmers in der eigenen Wohnung zu nennen. Diese Differenzierung auch darüber hinaus zu ermöglichen – zB wenn zwar der Vermieter nicht selbst betroffen ist, aber die übrigen Mieter eines kleinen Mietshauses, gleich gelagerte Einwände erheben – ist mit Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid (Antidiskriminierung, 180) jedenfalls zu bezweifeln, mE sogar eindeutig abzulehnen. IV. Unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes – Verhältnis des GlBG zu anderen BG 25 Der dritte Teil des GlBG umfasst nur jene Materien, die in die unmittelbare Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen. Ungeklärt bleibt das Verhältnis zwischen Regelungen der Bundesgesetz508
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gebung und dem GlBG selbst. Sollen die Bestimmungen des III. Teiles des GlBG Sinn machen, so wäre eigentlich jedes Bundesgesetz das ein Thema behandelt, das vom Schutz der ethnischen Zugehörigkeit erfasst ist, an dessen Richtigkeit zu messen. Dies ist allerdings lediglich nach den Derogationsregeln möglich, da andere Gesetze primär nur an der RL zu messen sind. Das GlBG selbst könnte nur nach den Derogationsregeln der lex-specialis bzw lexposterior „durchschlagen“. Dies ist aber wieder mit dem Stufenbau der Rechtsordnung nur zum Teil vereinbar. Voraussetzung für eine mögliche Derogation können nämlich lediglich Gesetze sein, die auf derselben Ebene stehen: Das GlBG kann daher nur einfachen Gesetzen derogieren. Gänzlich ungeklärt in diesem Zusammenhang blieb die Frage welches Gesetz iS der lex-specialis-Regel vorgeht. Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid (Antidiskriminierung, 178) vertreten dazu, das GlBG wäre nicht als das speziellere Gesetz anzusehen. ME kann dem uneingeschränkt nicht zugestimmt werden. ME ist ein Rechtunterworfener nämlich angehalten, sich entspre- 26 chend den Regelungen des GlBG zu verhalten. Andernfalls liefen die Bemühungen um Antidiskriminierung ins Leere: Hierbei müssen mE folgende Konstellationen unterschieden werden. 1. Ein einfaches Gesetz steht dem GlBG entgegen, 2. ein einfaches Gesetz enthält keine Regelung, die dem GlBG entgegenstünde, betrifft allerdings den Regelungsbereich des GlBG. Beide Konstellationen sind nach der lex-specialis Regel zu lösen: Das GlBG ist ein einfaches Gesetz, das aufgrund des Stufenbaus der Rechtsordnung ganz grundsätzlich anderen einfachen Gesetzen nach der „lex-posteriorRegel“ bzw der „lex-specialis-Regel“ derogieren kann. Für den Fall, in dem die Anordnung eines anderen einfachen Geset- 27 zes in Widerspruch zum GlBG steht, ist fraglich, ob angenommen werden kann, das GlBG wäre lex specialis. Schon aufgrund der Rechtssicherheit ist diese Annahme problematisch. Der Rechtsanwender muss sich auf Gesetze verlassen können. Es kann ihm mE nicht zugemutet werden, alle Bestimmungen, die gegen das GlBG verstoßen – und das wird wohl erst nach einschlägiger Rechtsprechung beurteilt werden können – unangewandt zu lassen. Sieht also bspw eine Regelung einen „normierten Verstoß“ gegen das GlBG vor, indem sie eine Ungleichbehandlung aufgrund ethnischer Herkunft zulässt, so liegt kein Verstoß des Rechtsanwenders gegen das GlBG vor, wenn er sich nach dieser Regel verhält (vgl vertiefend § 3 509
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Rn 26 f). Dies entspricht auch den EB (307 BlgNR 22. GP), die betonen, dass bestehende Gesetze durch das GlBG nicht berührt werden sollen. In Frage käme lediglich ein Staatshaftungsanspruch wegen unzureichend umgesetzter RL. Ausnahmsweise könnte für den Fall, die beiden Normen haben den identischen Geltungsbereich, von einer Derogation iS der lexposterior-Regel auszugehen sein. 28 Anders ist mE der Fall zu beurteilen, in der eine Regelung dem GlBG zwar nicht entgegensteht, den Anwendungsbereich allerdings berührt. So wäre mE das Diskriminierungsverbot eine lexspecialis zu Normen der „Vertragsfreiheit“ (vgl auch Heidinger/ Frank-Thomasser/Schmid, Antidiskriminierung, 178). Ähnlich wie das KSchG für Verbrauchergeschäfte bestimmte Einschränkungen der Vertragsfreiheit enthält, ist auch das GlBG – so es Sinn machen soll – dem Vertragsabschluss zu Grunde zu legen. Einen zivilrechtlichen Vertrag betreffend, bedeutet das mE das Verbot der Diskriminierung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit. Fortan kann demnach das Nichtzustandekommen eines Vertrages nicht mehr mit zB Antipathien gegen eine gewisse „Ethnie“ begründet werden. Angebote bzw Abschlüsse sind in diesem Sinne zu objektivieren (vgl zum Spannungsverhältnis Privatautonomie und Antidiskriminierung § 1 Rn 33 ff). Dem steht auch nicht entgegen, dass die RL bestehende Gesetze unberührt lässt (§ 30 Rn 15). Diese Ansicht wird durch die EB bestätigt, die besagen, dass das GlBG die Sittenwidrigkeit in Hinblick auf Diskriminierungsverbote konkretisiert. 29 Eine Diskriminierung ist nur innerhalb der Grenzen bestehender Bestimmungen des GlBG denkbar. Eine unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie kommt nach europarechtlichen Grundsätzen nur dem Staat gegenüber in Betracht (§ 1 Rn 14 ff). In jenen Bereichen also, in denen die Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt wurde, kann diese dem Staat gegenüber unmittelbare Wirkung entfalten. Dem Privaten gegenüber dagegen nicht. Gleichbehandlungsgebot § 31. (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit darf niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden 1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, 510
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2. bei sozialen Vergünstigungen, 3. bei der Bildung 4. beim Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zu Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum. (2) Abs 1 gilt nicht für unterschiedliche Behandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie eine Behandlung, die sich aus der Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenloser Personen ergibt. Materialien: Vgl zu § 30. Literatur: Vgl zu § 30; insb Liebenbacher, Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Zugang zu Wohnmöglichkeiten, wobl 1998, 321; Baer, Recht gegen Fremdenfeindlichkeit und andere Ausgrenzungen – Notwendigkeit und Grenzen eines Gesetzes gegen Diskriminierungen, ZRP 2001, 11; Baer, „Ende der Privatautonomie“ oder grundrechtlich fundierte Rechtssetzung? – Die deutsche Debatte um das Antidiskriminierungsrecht, ZRP 2002, 290; Globig (zu Baer), „Ende der Privatautonomie“ oder grundrechtlich fundierte Rechtssetzung?, ZRP 2002, 529; Stalder, Spannungsfelder und Perspektiven der Umsetzung der europäischen Antidiskriminierungsrichtlinien, JRP 2002, 227; V. Winkler, Diskriminierungsschutz durch Recht, Anmerkungen zu einer ajuristischen Debatte, juridikum 2003, 188; Schiek, Diskriminierung wegen „Rasse“ oder „ethnischen Herkunft“ – Probleme der Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG im Arbeitsrecht, AuR 2003, 44; dies, Gleichbehandlungsrichtlinien der EU-Umsetzung im deutschen Arbeitsrecht, NZA 2004, 873; Frey, WuG 2004, 575; Gerlach, Gleichbehandlung und Umverteilung, DRdA 2004, 221; Heidinger/Frank-Thomasser/Schmid (Hrsg), Antidiskriminierung (2004). I. II. III. IV.
Inhaltsübersicht Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zum Begriff der ethnischen Zugehörigkeit . . . . . . . . . . Ethnische Zugehörigkeit und Staatsangehörigkeit . . . . Gleichbehandlung und Privatautonomie . . . . . . . . . . . .
1 2 10 12
I. Regelungszweck Mit dieser Bestimmung soll jedwede Form der Diskriminierung 1 aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit außerhalb der Arbeitswelt 511
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verboten werden (vgl dazu den Geltungsbereiches des II. Teiles des GlBG für Diskriminierungen in der Arbeitswelt, § 1 Rn 19 ff). Zur Definition der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung vgl § 5 und die Ergänzungen zu § 19 Rn 1 ff, 4 ff). II. Zum Begriff der „ethnischen Zugehörigkeit“ 2 Die RL 2000/43/EG regelt die „Diskriminierung wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft“, ohne diese Begriffe selbst zu definieren. Auch das GlBG enthält dazu keine Definition. Als Auslegungshilfen kommen verschiedenste – meist völkerrechtliche Normen – in Betracht (Rn 3). Um ein Verbot der Diskriminierung rechtlich handhabbar zu machen, bedarf es aber notwendig einer Definition (zB Schiek, AuR 2003, 45). Ein undefiniertes Verhalten zu verbieten und zu sanktionieren ist nicht möglich. In den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten zur AntirassismusRL wurde von einigen Mitgliedstaaten verlangt, die Bezugnahme auf die „Rasse“ zu streichen, auch wenn der Begriff (in internationalen Rechtstexten sowie) in Art 13 EG vorkommt, der die Grundlage der Richtlinie darstellt. In Umsetzung der Richtlinie hat sich der österr Gesetzgeber gegen die Verwendung des Begriffes der Rasse und für die Worte „ethnische Zugehörigkeit“ in nationalen Bestimmungen entschieden (RV 307 BlgNR 22. GP, 14). Dadurch sollen ausdrücklich Theorien zurückgewiesen werden, mit denen versucht wird, die Existenz verschiedener menschlicher Rassen zu belegen. Aber auch die Verwendung des Begriffs „Rasse“ impliziert nicht die Akzeptanz solcher Theorien. Dass der Begriff der „Rasse“ durch den Begriff der „ethnischen Zugehörigkeit“ ersetzt wurde, bedeutet allerdings keinesfalls, dass rassistisch motivierte Diskriminierungen nicht vom GlBG erfasst sind (499 BlgNR 22. GP). 3 Laut den EBzRV (307 BlgNR 22. GP, 14) kommen als Auslegungsmaßstab der insoweit offenen und weit auszulegenden RL völkerrechtliche Normen in Betracht, insb das Abkommen zur Eliminierung jeder Form der rassischen Diskriminierung (CERD); ergänzend kann Art 26 des Internationalen Pakets über zivile und politische Rechte (ICCPR) herangezogen werden. Das CERD erfasst jede „Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, des nationalen Ursprungs und des Volkstums“; Art 26 ICCPR verpflichtet die ratifizierenden Staaten, Schutz vor Diskriminierungen unter anderem wegen der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion und der nationalen Herkunft zu gewäh512
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ren. Als Auslegungshilfe wird weiters auf das ILO Übereinkommen (Nr 111) über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf sowie auf Art 14 EMRK und die dazu entwickelten Grundsätze hingewiesen. Auch Art IX Abs 1 Z 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 (EGVG) stellt die Benachteiligung einer Person aufgrund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung unter Verwaltungsstrafsanktion und kann daher für die Auslegung des Begriffes „Rasse“ herangezogen werden. Die Verwendung des Begriffes „Rasse“ in den oben genannten Tex- 4 ten (Rn 3) zeigt, dass dieser Ausdruck in der Rechtsprache durchaus gebräuchlich ist, wobei die Begriffe „Rasse oder ethnische Herkunft“ – völkerrechtskonform ausgelegt – nicht im Sinne einer Abstammungslehre so verstanden werden dürfen, dass es auf biologische Verwandtschaftsverhältnisse ankommt, die zu einer bestimmten Volksgruppe bestünden. Die Rechtsquellen können vielmehr als Unterstützung für eine Definition ethnischer Diskriminierung herangezogen werde, die sich stärker kulturell orientiert. Dem entspricht auch die etymologische Deutung. Ethnie wird etymologisch vom griechischen Wort ethnos abge- 5 leitet, das nichtgriechisches, also kulturfremdes, („barbarisches“) Volk bedeutet. Unter Ethnie (auch Ethos) verstehen Ethnologen eine Gruppe von Personen, die derselben Kultur angehören und sich dessen auch bewusst sind. Kultur (lat. cultura, Pflege [des Körpers und Geistes], Landbau, aus colere, bebauen, [be]wohnen, pflegen, ehren) wiederum ist die Gesamtheit des vom Menschen Geschaffenen. Dies schließt einerseits physische Dinge wie Werkzeuge ein, aber auch die durch den Menschen hervorgerufene Veränderung der Natur, die geistigen Hervorbringungen der Menschheit wie Schrift und Kunst sowie die sozialen Organisationsformen, in denen die Menschen zusammenleben. Im engeren Sinne versteht man unter Kultur eines Volkes auch folgende Bereiche: Sprache, Literatur, Geschichte, Religion und Ethik, Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft, Rechtsprechung (vgl www.wikipedia.org). Als Ethnie kann daher eine Gruppe von Menschen bezeichnet werden, die Konsens in Bezug auf die Bereiche Sprache, Geschichte, Ethik, Kunst und Wirtschaft gefunden hat und in diesem Konsens lebt. 513
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6 Rassen sind demgegenüber in der biologischen Systematik Populationen einer Art, bei denen der Genaustausch mit anderen Populationen vermindert ist. Dadurch kann es zu einer verstärkten Herausbildung von gemeinsamen phänotypischen Merkmalen kommen, welche die Individuen der Rasse von anderen Populationen der gleichen Art unterscheiden (Merkmalsdivergenz). Im laxeren Sprachgebrauch des 19. und 20. Jahrhunderts (vgl das englische race) war „Rasse“ eher ein kultureller, an Sprachgruppen angelehnter Terminus. Nachdem der Begriff „Rasse“ in Bezug auf den Menschen allzu leicht einen ideologischen Charakter annimmt („To most people, a race is any group of people whom they choose to describe as a race“ – Zitat aus dem UNESCO-Bericht The race concept. Results of an inquiry, 1952 [http://unesdoc.unesco.org/ images/007/000733/073351eo.pdf], S 99), hat die UNESCO ebenda empfohlen, den Begriff „Rasse“ (race) durch den rein deskriptiven Begriff ethnische Gruppe (ethnic group) zu ersetzen. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass sowohl aufgrund der bereits ähnlichen Gebräuchlichkeit der Begriffe „Rasse“ bzw „ethnischer Gruppe“ als auch wegen der Bestrebungen Rassendefinitionen zu vermeiden, von derselben Bedeutung dieser beiden Begriffe ausgegangen werden kann, die sich im wesentlichen durch die Kultur bestimmt. Damit ist mE die Tatsache einem gewissen Kulturkreis anzugehören das ausschlaggebende Kriterium um die ethnische Zugehörigkeit zu bestimmen. Dabei ist es mE irrelevant, ob sich die „kulturelle Zugehörigkeit“ einer Gruppe stärker durch ein einzelnes Kriterium (zB Religion, Sitte, Weltanschauung) bestimmt oder durch ein Konglomerat mehrerer Kriterien (zB „amerikanische Kultur“). Diese Betrachtungsweise wird auch durch die Erwägungen (insb Erwägungsgrund 6) zur Richtlinie bestärkt. 7 Die (versuchte) Definition knüpft daher überwiegend an Unterschiede an, die aufgrund von Abstammungs- oder Zugehörigkeitsmythen als natürlich angesehen werden und welche die betroffenen Personen nicht ändern können. Häufige Erscheinungsformen sind Diskriminierung wegen der Hautfarbe und anderer äußerer Merkmale sowie wegen einer als fremd angesehenen Muttersprache. Bei Ethnien handelt es sich um „imaginierte Gemeinschaften“, die durch Bekenntnis oder Fremdzuschreibung entstehen können und sich nicht allein auf biologische oder sonstige tatsächliche Unterscheidungen stützen können. Sie beziehen sich auf Gemeinsamkei514
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ten von Menschen, die sich aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft, Religion, Sprache, Kultur oder Sitten ergibt. Adressaten der Diskriminierungsverbote sind demnach „Personen, die als fremd wahrgenommen werden, weil sie aufgrund bestimmter Unterschiede ([meistens] von der regionalen Mehrheit) als nicht zugehörig angesehen werden“ (RV 307 BlgNR 22. GP, 14). Dabei kommt es mE auf die Verkehrsauffassung an und ist daher objektiv zu beurteilen. Jede subjektive Beurteilung ist abzulehnen. Damit könnte nämlich dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet werden: Niemand kann eine Diskriminierung mit dem Argument rechtfertigen, er (persönlich) hätte bspw Slowenen in Kärnten nicht als Ethnie betrachtet (vgl zu Ausnahmen Rn 8). Offen bleibt allerdings die Frage, ob eine Diskriminierung auch ausnahmsweise dann angenommen werden kann, wenn zwar nach der Definition keine Ethnie vorliegt, allerdings ein nach dem GlBG verpöntes Verhalten gesetzt wird. Dies kann zB der Fall sein, wenn ein Burgenländer in Wien ausdrücklich gerade deswegen keine Wohnung erhält, weil er Burgenländer ist. Grds müsste hier gesagt werden, ethnische Diskriminierungen kann es lediglich dort geben, wo das Tatbestandsmerkmal der Ethnie erfüllt ist. Nach dem Schutzzweck der RL allerdings, der darin besteht, Diskriminierungen aufgrund besonderer Merkmale zu verbieten, könnte dieses Verhalten jedoch wieder einschlägig sein, zumal die RL selbst ausdrücklich keine Definition der Ethnie vorgibt. Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang auch, wer Ethnien sind. 8 Angehörige anderer Nationen und anerkannte Minderheiten in einem anderen Gebiet (zB Kärntner Slowenen, Türken in Wien) können unschwer als Ethnie beurteilt werden und kommen daher auch in den Schutz des GlBG. Dies gilt mE mit der Einschränkung, dass sie von anderen auch als Ethnie, dh als fremd erkannt werden: Wird daher zB ein Türke (objektiv) nicht mehr als solcher identifiziert, da er bereits kurz nach seiner Geburt nach Österreich gekommen ist, perfekt deutsch spricht und auch sein Namen nicht mehr auf eine (ehemalige) andere Ethnie hindeutet, so kann er sich mE auch nicht auf ethnische Diskriminierung stützen. Ist aber bspw sein Name – wenn auch als einziges Merkmal – eindeutig (objektiv) einer anderen Ethnie zuordenbar und wird er deshalb diskriminiert, kommt ihm der Schutz wieder zu. Fraglich ist auch, ob auch innerhalb eines Staates verschiedene Ethnien bestehen oder gebildet werden können. ME ist dies grds zu 515
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bejahen. Letztendlich wird es aber wieder auf das Maß der objektiven „Unterscheidbarkeit“ oder „Fremdheit“ aufgrund besonderer Merkmale ankommen. Liegen keine besonderen Merkmale vor, ist auch nicht von einer Ethnie auszugehen. Das entscheidende Argument stellt letzten Endes der Schutzgedanke des Gesetzes selbst dar. Geschützt sollen Angehörige einer Ethnie werden, die von anderen (objektiv) als fremd beurteilt werden (Zur Definition vgl Rn 7). Ist dies augenscheinlich nicht der Fall, so soll mE auch der Schutz nicht greifen. Wird daher ein Oberösterreicher von einem Wiener (objektiv) nicht als fremd erkannt, so kommt ihm kein Schutz nach dem GlBG zu. 9 Letztendlich ist aber davon auszugehen, dass die Begriffsdefinition – so schwierig diese auch immer sein mag – zumindest insoweit irrelevant ist, als die RL und in deren Umsetzung das GlBG jede unmittelbare sowie mittelbare Diskriminierung aufgrund „rassischer“ Merkmale verbietet (so auch Schindler, DRdA 2003, 523). Sie statuiert damit, dass besondere Merkmale ignoriert werden müssen. Diese Ansicht ist in Bezug auf das eindeutige Vorliegen besonderer Merkmale unproblematisch: Wird ein Afrikaner diskriminiert, weil er eine andere Hautfarbe hat, so ist dieses Verhalten tatbestandsmäßig iS des GlBG und daher verboten. Relevant kann eine Definition der „Rasse“ bzw der „ethnischen Zugehörigkeit“ aber iZ mit weniger eindeutigen Merkmalen sein. Es muss dann eben schon festgestellt werden, ob eine Ethnie vorliegt, um beurteilen zu können, ob es sich um eine ethnische Diskriminierung handelt (vgl zu Ausnahmefällen Rn 7). III. Ethnische Zugehörigkeit und Staatsangehörigkeit 10 Das Diskriminierungsverbot gilt (nach Abs 2) nicht für unterschiedliche Behandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit sowie eine Behandlung, die sich aus der Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenloser Personen ergibt (vgl § 17 Rn 15 ff). Diese Bestimmung soll festlegen, dass Unterschiede aufgrund der Staatsangehörigkeit erlaubt sind, solange sie sachlich gerechtfertigt sind und keine zB rassistische Vorgehensweise verfolgen. Sie stellt keinen Rechtfertigungsgrund für Verstöße gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot dar (EBzRV 307 BlgNR 22. GP). Daraus ergibt sich, dass Unterschiede, die am Kriterium der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes anknüpfen, grds kein Thema des GlBG darstellen. Jedenfalls solange nicht, als sie sach516
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lich gerechtfertigt sind. (Vgl zur Abgrenzung Rn 11). Resultieren (gesetzliche) Unterscheidungen aus diesen Kriterien, so sind sie wohl eher am Maßstab der Bestimmungen der Grundfreiheiten (insb. Art 28, 39 EGV und VO 1612/68), sowie an der verfassungsrechtlichen Bestimmung des Art 14 EMRK zu messen. IdZ können sie für rechtswidrig erachtet werden. Die Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen oder staatenlosen Personen bleiben jedenfalls unberührt (RV 307 BlgNR 22. GP, 15; Art 3 Abs 2 RL 2000/ 43/EG). Damit bleiben insb alle fremdenrechtlichen Regelungen sowie die Bestimmungen über die Ausländerbeschäftigung unverändert. Dies wurde deshalb festgehalten, da Drittstaatsangehörige den Unionsbürgern nicht in ihren Rechten (insb der Freizügigkeit) gleichgestellt sind (vgl § 17 Rn 17). Für die Abgrenzung von Diskriminierungen aufgrund ethnischer 11 Zugehörigkeit und Verstößen gegen die Grundfreiheiten des EGV (insb 39 EGV und VO 1612/68), ist der Schutzzweck der jeweiligen Bestimmungen bedeutend. Die Bestimmungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit sollen Wanderarbeitnehmern Mobilität garantieren. Sie verbieten jede unterschiedliche Behandlung der ArbN der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen (Art 39 Abs 2 EGV). Dazu gehören insbesondere das Recht auf Bewerbung, Bewegungsfreiheit, Aufenthalt und Verbleiben (Art 39 Abs 3). Flankierend genießen ausländische ArbN am Beschäftigungsort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie inländische ArbN (Art 7 Abs 2 VO 1612/68). Um in den Genuss dieser Vergünstigungen zu kommen, lässt der EuGH auch ein simples Wohnsitzerfordernis im jeweiligen Mitgliedstaat genügen (EuGH 14.1.1982, Rs 65/81-Reina). Diskriminierungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit haben demgegenüber in den meisten Fällen nichts mit der Staatsangehörigkeit zu tun. Es sind Verhaltensweisen, die danach differenzieren, ob das Gegenüber als fremd gilt. Den Diskriminierenden ist es regelmäßig egal, ob das als fremd wahrgenommene Gegenüber einen inländischen Pass besitzt oder nicht, im Gegenteil wird auch für „eigene“ Staatsbürger gerne der Begriff „Ausländer“ verwendet. Entscheidend ist lediglich die Zuschreibung als „fremd“ aufgrund besonderer Merkmale (Hautfarbe, Aussehen, Verhalten, Kleidung, usw) (Schiek, AuR 2003, 45). 517
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Um abzugrenzen ist demnach ausschlaggebend weswegen diskriminiert wird. Es ist zu fragen, ob es sich um eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit handelt oder um eine Diskriminierung wegen ethnischer Zugehörigkeit. Wird daher zB eine soziale Vergünstigung an ein mehrjähriges Wohnsitzerfordernis im Mitgliedsstaat gekoppelt, so handelt es sich um keine Frage rassistischer Motivation. Es ist vielmehr zu beurteilen, ob die Voraussetzung nach der VO 1612/68 europarechtskonform ist. Gibt es allerdings bei der Höhe einer sozialen Vergünstigung Ermessensspielräume und wird erhoben, dass eine Person spanischer Herkunft schlechter behandelt wird, als ein Österreicher, so handelt es sich um eine Diskriminierung nach dem GlBG. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass unterschiedliche Behandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit automatisch Verstöße gegen die RL und somit das GlBG darstellten. Damit würde aber bei jedem Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit auch Schadenersatz nach dem GlBG (§ 12) gebühren. Das kann nicht im Sinne der RL sein. ME kann auch nichts anderes für Drittstaatsangehörige gelten, die lediglich den Schutz der AntirassismusRL und nur beschränkt jenen der Freizügigkeit genießen. IV. Gleichbehandlung und Privatautonomie 12 Das Zivilrecht baut unstrittig auf der Privatautonomie auf, die von einer Vertragsabschlussfreiheit ausgeht. Dieses Ziel ist aber nur dann zu erreichen, wenn bereits der Schutz der Persönlichkeitsrechte und die Chancengleichheit der Rechtsunterworfenen verwirklicht ist (vgl § 16 ABGB). Aufgabe des Zivilrechts ist es daher auch, gegenläufige Interessen auszugleichen und Äquivalenz zwischen den Vertragsparteien herzustellen. Dabei wird grundsätzlich von einem Gleichgewicht der Vertragsparteien ausgegangen. Selbst im zivilrechtlichen Kernbestand ist die Privatautonomie aber nicht immer vollends verwirklicht, so etwa im Erbrecht. Aufgabe zivilrechtlicher Spezialgesetze ist es idZ regelmäßig, dann einen Ausgleich zu bieten, wenn dieses Gleichgewicht von vorneherein nicht besteht. Diese Ausgleichsfunktion ist für das Arbeitsrecht, das KSchG oder das Mietrecht völlig anerkannt. Eine Einschränkung der Privatautonomie ergibt sich hier schon insofern nicht, weil privatautonomes Handeln lediglich bedeutet, die eigenen Rechte möglichst frei, aber keinesfalls zum Nachteil anderer ausnützen zu können (So auch Frey, WuG 2004, 575; vgl auch Stalder, JRP 2002, 227; Baer, ZRP 2002, 290). Nur 518
§ 32
Begriffsbestimmungen
insofern kommt der Privatautonomie auch verfassungsrechtlicher Schutz zu. Dem Gleichbehandlungsgesetz wurde – zumindest von einem Teil der deutschen Literatur – ein Eingriff in die Privatautonomie unterstellt (vgl Thüsing, NZA 2001, 1061; Globig, ZRP 2002, 529; Baer, ZRP 2002, 290 mwN). Dies ist nach gegebener Definition zu verneinen. Das GlBG hat, wie das Arbeitsrecht, das KSchG und das Mietrecht die Aufgabe, zu allererst die Vertragspartner einander gleichberechtigt gegenüber zu stellen, sodass privatautonome Grundsätze überhaupt erst gewahrt werden können. In der Diskussion um Einschränkungen der Privatautonomie durch das GlBG darf überdies eines nicht vergessen werden: Zwar führt das GlBG zu einer Gleichstellung bei Vertragsabschluss, es ändert aber die Rechtslage in contrahendo grds nicht. Tatsächlich bedeutet das, dass zwar eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung im vorvertraglichen Stadium oder beim Vertragsabschluss nicht (mehr) möglich ist. Im bestehenden Rechtsverhältnis bleiben allerdings sämtliche zivilrechtliche Instrumentarien und Sanktionsmechanismen aufrecht. So kann etwa der vielzitierte Vermieter, der seine Wohnung an jemanden vermietet hat, der zB geruchsintensivere Speisen zubereitet, bei Beeinträchtigung des Mietgegenstandes Schadenersatz verlangen. Ebenso können die Nachbarn nach § 364c ABGB auf Unterlassung einer das ortsübliche Maß übersteigenden Geruchsbelästigung klagen. Ein Bankkredit, der an eine Person vergeben wurde, die einer ethnischen Minderheit angehört, bleibt gleichermaßen rückforderbar Es können weiterhin Anzahlungen auf Konsumgüter verlangt werden, genauso wie Banken weiterhin Vertragspartner nach Bonität auswählen können. Begriffsbestimmungen § 32. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. (2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges 519
§ 32
Posch
Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung, dieses Zieles angemessen und erforderlich. (3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor. 1 Auch bei der Diskriminierung außerhalb der Arbeitswelt stellen sich in Bezug auf die Begriffe und Kriterien der Diskriminierung bei der unmittelbaren wie der mittelbaren grds dieselben Probleme wie bei der Diskriminierung in der Arbeitswelt. Diese werden hier zu § 5 erläutert. Auch in Bezug auf die Besonderheiten der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Diskriminierung stellen sich bei § 32 grds ähnliche Probleme wie bei der Diskriminierung in der Arbeitswelt. Diese werden hier zu den §§ 17 ff erläutert. Es wird daher auf die Kommentierungen zu den §§ 5 und 17 verwiesen. 2 In Bezug auf Besonderheiten des § 32 kann festgehalten werden: § 32 verbietet ganz grds unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit (vgl zur Begriffsdefinition insb § 17 Rn 12). Probleme stellen sich in diesem Bereich besonders im Bereich der möglichen Rechtfertigung einer mittelbar diskriminierenden Regelung. Ganz allgemein kann angenommen werden, dass sich die Rechtfertigungsmöglichkeiten auch im Bereich außerhalb der Arbeitwelt an jene des Bereiches innerhalb der Arbeitswelt anlehnen werden (vgl §§ 5, 17 Rn 15 ff). Es wird daher auch in diesem Bereich der Grundsatz zu gelten haben, dass rechtfertigende Maßnahmen verhältnismäßig sein müssen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist immer von einer Interessenabwägung der Betroffenen auszugehen. In einem ArbV ist dabei das vorhandene Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen ArbG und ArbN zu berücksichtigen. Für den Bereich außerhalb eines ArbV gibt es allerdings kein Über- und Unterordnungsverhältnis. Da sich die Parteien in einem rein privatrechtlichen Verhältnis befinden, wäre primär von einer Gleichstellung auszugehen. Die Anwendung der Rechtfertigungsmöglichkeiten aus dem Bereich des Arbeitsverhältnis könnte daher problematisch sein. ME kann sie aber doch mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass die GleichbehandlungsRL ja eben von einer solchen Gleichstellung gerade nicht ausgehen. Im Gegenteil bezwecken diese erst die Gleichstellung der Parteien, dh es könnte wieder von einer Art Über- und Unterordnungsverhältnis gesprochen werden. Insofern wäre die Übertragbarkeit der Rechtfertigungsmöglichkeiten zum 520
§ 33
Positive Maßnahmen
Bereich innerhalb der Arbeitswelt für den Bereich außerhalb der Arbeitswelt schlüssig. Ist daher ein Vermieter der Wohnung, ein Verkäufer eines KFZ, ein 3 Pächter eines Restaurants dazu angehalten wirtschaftliche Überlegungen hinter gleichbehandlungsrechtlichen hintanzustellen? Oder kann ein Vermieter einer Wohnung die Vermietung an das an sich neutrale Kriterium des Besitzes eines österreichischen Kontos seines Mieters knüpfen? Das Kriterium des Kontos könnte eine mittelbare Diskriminierung darstellen: Ein zwar neutrales Kriterium, das aber in Wirklichkeit eher Personen ethnischer Minderheiten betreffen könnte, weil diese uU mangels Wohnsitz – der soll ja erst begründet werden – kein solches eröffnen können (wie zB in Frankreich) (vgl zur Abgrenzung Arbeitnehmerfreizügigkeit und Diskriminierung bzgl des Wohnsitzes § 31 Rn 10 f). Andererseits mag der Vermieter ein wirtschaftliches Interesse am Bestehen eines Kontos in seinem Inland haben. ME sind aufgrund der angestellten Überlegungen zum Zweck des Gleichbehandlungsrechts dieselben Erwägungen wie ganz allgemein zu Verhältnismäßigkeitsüberlegungen im GlBR innerhalb der Arbeitswelt anzustellen. Dabei bleiben allerdings wirtschaftliche Überlegungen ganz grds einmal unberücksichtigt. Es ist daher mE zweifelhaft, ob zB das Abstellen auf ein inländisches Konto eine mittelbare Diskriminierung rechtfertigen könnte. Positive Maßnahmen § 33. Die in Gesetzen, in Verordnungen oder auf andere Weise getroffenen Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung, mit denen Benachteiligungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit verhindert oder ausgeglichen werden, gelten nicht als Diskriminierung im Sinne des Gesetzes. § 33 enthält eine Parallelbestimmung zu den §§ 8 und 22. Es stellen 1 sich dieselben Probleme wie dort. Die RL verlangt wohl, dass die „Positiven Maßnahmen“ schon vom Gesetz selbst hinreichend genau umschrieben werden. Dies ist im GlBG nicht erfolgt. Daher ist die Bestimmung bei richtlinienkonformer Auslegung nicht anwendbar. Hält man sie gleichwohl für anwendbar, dann stellen sich wiederum ähnliche Fragen wie zu § 8; vgl dort Rn 10 ff. Als positive Maßnahme können nach der Rsp des EuGH nur jene Maßnahmen in Frage kommen, die zwar eine ethnische Gruppe 521
§ 34
Posch
bevorzugen, nicht aber alle anderen Ethnien von vorneherein ausschließen. Fraglich könnten hier insb Wohnbeihilfen, die ausschließlich für Angehörige eines bestimmten Bundeslandes konzipiert sind, Studentenwohnheime (zB Oberösterreicherheim) etc sein. Belästigung § 34. (1) Unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit einer Person stehen und bezwecken oder bewirken, 1. dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird und 2. ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird, gelten als Diskriminierung. (2) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung zur Belästigung einer Person nach Abs. 1 vor. 1 Der Belästigungstatbestand des § 34 ist grds jenen der §§ 6 und 7 nachgebildet (vgl dazu EBzRV 307 BlgNR 22. GP, 21), insofern ist zur Begriffsdefinition auf diese zu verweisen (vgl §§ 6,7 Rn 18 ff), (zu Unterschieden vgl § 34 Rn 2). 2 § 34 gliedert sich ebenso in vier Elemente: (1) Es muss ein Verhalten gesetzt werden, das (2) unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist, (3) geeignet ist, die Würde der betroffenen Person zu beeinträchtigen und überdies (4) geeignet ist ein negatives Umfeld für die betroffene Person zu schaffen. Im Gegensatz zu den §§ 6 und 7 muss das Verhalten die Würdebeeinträchtigung und die Schaffung des negativen Umfelds lediglich bezwecken. Dafür ist entgegen der §§ 6 und 7 die Würde der betreffenden Person angesprochen, dh dieses Tatbestandsmerkmal ist idZ nicht objektiv, sondern subjektiv zu beurteilen. Damit ist dieser Belästigungstatbestand auch dann erfüllt, wenn es zwar zu keiner Beeinträchtigung der Würde der betroffenen Person gekommen ist oder kein negatives Umfeld geschaffen wurde, dies aber bezweckt wurde. 3 Als besonderes Problem in diesem Bereich erweist sich mE die Definition des Umfelds. Dazu ergibt sich eine Abgrenzung aus dem Geltungsbereich des III. Teils des GlBG: Ein negatives Umfeld 522
Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes
§ 35
kann entsprechend des § 30 GlBG daher nur im Rahmen von Rechtsverhältnissen einschließlich deren Anbahnung und Begründung sowie bei der Innspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen (§ 30 Z 1–4, vgl auch Ausführungen zu § 30, Rn 16 ff) bestehen. Nicht vom GlBG erfasst, sind daher Beleidigungen die außerhalb dieses Geltungsbereiches stattfinden, wie etwa in Lokalen, auf der Straße oä. Eine Belästigung iS des § 34 liegt aber dann vor, wenn zB ein Türsteher einen Angehörigen einer ethnischen Gruppe beleidigend des Lokals verweist oder ihm den Zutritt verwehrt. Hier handelt es sich nämlich um die Anbahnung eines Rechtsverhältnisses. Entsprechend § 34 Abs 2 kann auch der Lokalbesitzer diesen Tatbestand erfüllen, wenn er den Türsteher zur Belästigung angewiesen hat. Problematisch könnte auch sein, dass die Belästigung lediglich eine 4 Würdebeeinträchtigung und die Schaffung eines negativen Umfelds bezwecken muss. Dieses Tatbestandsmerkmal wird wohl eng auszulegen sein. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass jene Fälle, in denen festgestellt wird, dass zwar nicht die Würde beeinträchtigt wurde und/oder kein negatives Umfeld geschaffen, dafür derartiges bezweckt war, mE kaum Anwendungsbereiche haben. Für alle Fälle hingegen, in denen zwar ein negatives Umfeld geschaffen wurde und die Würde beeinträchtigt wurde, dies aber nicht bezweckt war, ergibt sich als einschränkendes Merkmal, dass auch die Verhaltensweise mE objektiv als unerwünscht, anstößig oder beleidigend gesehen werden muss. Ist allerdings auch dies der Fall, dh war die Verhaltensweise objektiv beleidigend und wurde ein negatives Umfeld geschaffen und wird eine Würdebeeinträchtigung „behauptet“, so ist wiederum höchst unwahrscheinlich, dass eine Belästigung nicht bezweckt war. Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes § 35. (1) Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des § 31 hat die betroffene Person Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens und eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung. (2) Bei einer Belästigung nach § 34 hat die betroffene Person gegenüber dem/der Belästiger/in Anspruch auf Ersatz des erlittenen Schadens. Soweit der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße besteht, hat die betroffene Person zum Ausgleich 523
§ 36
Kletecˇka
der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung Anspruch auf angemessenen, mindestens jedoch auf 400 Euro Schadenersatz. (3) Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 31 oder 34 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 31 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 32 Abs. 2 vorliegt. Bei Berufung auf § 34 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlich ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Das BGStG hat einen Absatz 4 angefügt; vgl Anhang I. 1 Siehe die Kommentierungen zu §§ 12 und 26, insb § 12 Rn 1 – 15 und 53 ff, sowie zur Beweislast § 5 Rn 64 ff. Da § 35 Diskriminierungen nur außerhalb der Arbeitswelt erfasst, erübrigen sich natürlich die auf die einzelnen Phasen des Dienstverhältnisses abstellenden Differenzierungen der §§ 12 und 26. Anders als die Teile I. und II. (§§ 15, 29) enthält der III. Teil keine Bestimmung über die Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen. Da § 35 ausschließlich Schadenersatzansprüche gewährt, greift stets die allgemeine Verjährungsbestimmung des § 1489 ABGB ein, sodass die Ansprüche in drei Jahren ab Kenntnis von Schaden und Schädiger verjähren. Benachteiligungsverbot § 36. Als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes darf der/die Einzelne nicht benachteiligt werden. § 35 Abs. 3 gilt sinngemäß. 1 Siehe die Kommentierung zu § 13. Da § 35 Diskriminierungen außerhalb der Arbeitswelt erfasst, erübrigt sich hier eine Regelung für Entlassungen und Kündigungen. Vgl auch Art IX Abs 1 Z 3 EGVG und § 87 GewO. Förderungsmaßnahmen § 37. Die Richtlinien über die Vergabe von Förderungen des Bundes an natürliche oder juristische Personen haben Förde524
§§ 38–40
Grundsätze
rungen nur für natürliche oder juristische Personen vorzusehen, die die Bestimmungen des III. Teils beachten. Vgl die Kommentierung zu § 14. 2. Abschnitt Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen Für die Regelung der Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen, soweit dies in die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes fällt, werden die folgenden Grundsätze aufgestellt: Geltungsbereich § 38. Die Bestimmungen dieses Abschnittes gelten für Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung und für die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses 1. beim Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste, 2. bei sozialen Vergünstigungen, 3. bei der Bildung, 4. beim Zugang zu und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum, sofern dies in die Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes fällt. Gleichbehandlungsgebot, Begriffsbestimmungen, Rechtsfolgen § 39.
§§ 31 bis 36 sind anzuwenden. Verpflichtung zur Schaffung oder Benennung einer unabhängigen Stelle
§ 40. Zur Förderung der Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit ist durch Landesgesetzge525
1
§§ 38–40
Rebhahn
bung eine Stelle zu schaffen oder zu benennen, die den Anforderungen des Artikels 13 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl. Nr. L 180 vom 19. Juli 2000 S 22, entspricht. 1 Bundessache ist in manchen Angelegenheiten aufgrund des Art 12 Abs 1 B-VG nur die Gesetzgebung, während die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung Landessache ist. Die wichtigste Aufzählung solcher Angelegengheiten findet sich in Art 12 Abs 1 B-VG: „1. Armenwesen; Bevölkerungspolitik, soweit sie nicht unter Art. 10 fällt; Volkspflegestätten, Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge; Heil- und Pflegeanstalten; vom gesundheitlichen Standpunkt aus an Kurorte sowie Kuranstalten und Kureinrichtungen zu stellende Anforderungen; natürliche Heilvorkommen; 2. öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten; 3. Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung; 4. Schutz der Pflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge; 5. Elektrizitätswesen, soweit es nicht unter Art. 10 fällt; 6. Arbeiterrecht sowie Arbeiterund Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte handelt.“ Dasselbe Kompetenzmodell sieht Art 20 Abs 4 für die Pflicht zur Auskunftserteilung sowie Art 14 Abs 3 für Fragen der Schuldbehörden vor. 2 In den genannten Angelegenheiten kann der Bundesgesetzgeber auch Diskriminierungsverbote erlassen, weil diese nicht Inhalt eines gesonderten Kompetenztatbestandes sind, sondern zum Inhalt der jeweiligen Regelungsmaterie zählen. Der Bundesgesetzgeber ist aufgrund der Antidiskriminierungs-RL 2000/43/EG daher auch verpflichtet, entsprechende Grundssatzbestimmungen zu erlassen. Am ehesten könnte ein Verbot ethnischer Diskriminierung bei Armenwesen (Sozialhilfe), Heil- und Pflegestätten sowie Auskunftsanspruch relevant werden. Diese Bereiche sind auch von § 38 grds abgedeckt. § 38 gilt nicht nur für privatrechtliche, sondern auch für öffentlichrechtliche Rechtsverhältnisse. Dies folgt schon aus dem Wortlaut, der nicht differenziert, und aus der Vorgabe der RL; die Verwirklichung des Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedstaaten darf durch die Unterscheidung von privatem und öffentlichem Recht grds nicht beeinträchtigt werden. Die Regelung für das Arbeitsrecht in der Land- und Forstwirtschaft erfolgt durch die §§ 41 ff. 526
§§ 38–40
Grundsätze
§ 39 verweist für den Inhalt des Diskriminierungsverbotes auf die 3 §§ 31 bis 36. Allerdings sind die §§ 31 bis 36 in dem von § 38 genanten Bereichen nach dem Kompetenzmodell der Verfassung gerade nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedürfen der Ausführung durch das Landesgesetz. Das GlBG verwendet also dieselben Normane einmal als unmittelbar anwendbares Bundesrecht und das andere Mal als bloße Grundsatzbestimmungen. Das führt zur Frage, ob die in § 39 enthaltene Grundsatzgesetzgebung zu konkret ist – oder ob die §§ 31 bis 36 zu wenig konkret für eine unmittelbare Anwendung sind. Im ersten Fall könnten § 39 verfassungswidrig sein, im zweiten Fall könnten es die §§ 31 ff sein. In Anbetracht der Vorgaben durch das Gemeinschaftsrecht sind aber wohl beide Regelungen mit dem B-VG vereinbar, weil der Bund durch die RL zu der in § 39 enthaltenen Regelungsdichte verpflichtet war. Die §§ 31 bis 36 sind im Geltungsbereich des § 38 nicht unmittelbar 4 anwendbar. Unmittelbar anwendbar ist nur das einschlägige Landesgesetz. Bei der Auslegung und Anwendung des Landesgesetzes sind jeweils das Gemeinschaftsrecht und die Grundsatzbestimmungen des Bundes zu berücksichtigen. Als Landesgesetze sind beispielsweise zu nennen: – – – –
Kärntner Antidiskriminierungsgesetz (K-ADG, LGBl 63/ 2004); Oö Antidiskriminierungsgesetz (LGBl 50/2005); NÖ Antidiskriminierungsgesetz (NÖ ADG; 9290-0 Stammgesetz 45/05 2005-04-29); Gesetz zur Bekämpfung von Diskriminierung – Wiener Antidiskriminierungsgesetz (LGBl 35/2004).
In manchen Bundesländern scheint es derzeit (Mai 2005) noch kein Ausführungsgesetz zu geben (zB Steiermark, Salzburg). Dementsprechend wurde Österreich vom EuGH wegen Nichtumsetzung verurteilt (EuGH 4.5.2005, C-335/04-Komm./Österreich).
527
IV. Teil Grundsätze für die Regelung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben in der Land- und Forstwirtschaft Für die Regelung der Gleichbehandlung im Arbeitsleben in der Land- und Forstwirtschaft werden gemäß Art. 12 Abs. 1 Z 6 des Bundesverfassungsgesetzes die folgenden Grundsätze aufgestellt: [Die Bestimmungen der Grundsatzgesetzgebung werden nicht abgedruckt.] 1 Für die Regelung des Arbeitsrechts in der Land- und Fortwirtschaft ist der Bund nur zur Regelung der Grundsätze zuständig, während die Länder zur Ausführungsgesetzgebung zuständig sind. Es handelt sich dabei um eine völlig anachronistische Kompetenznorm. Der IV. Teil des GlBG – und damit die §§ 41 bis 58 – enthalten die für die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts erforderlichen Grundsatznormen. Eine gesonderte Regelung neben den §§ 38 bis 40 war notwendig, weil außerhalb des Arbeitslebens nur die Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit verboten wird. Die §§ 41 ff sind nach dem Kompetenzmodell der Verfassung nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedürfen der Ausführung durch das Landesgesetz. Inhaltlich sind sie aber oft nicht weniger konkret als das unmittelbar anwendbare Bundesrecht der §§ 1 bis 37. Bei der Auslegung und Anwendung des Landesgesetzes sind jeweils das Gemeinschaftsrecht und die Grundsatzbestimmungen des Bundes zu berücksichtigen.
528
V. Teil Schlussbestimmungen Verweisungen § 59. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Auflegen des Gesetzes § 60. Jede/r Arbeitgeber/in hat einen Abdruck dieses Bundesgesetzes im Betrieb an geeigneter, für die Arbeitnehmer/innen leicht zugänglicher Stelle aufzulegen oder den Arbeitnehmer/inne/n mittels eines sonstigen Datenträgers samt Ablesevorrichtung, durch geeignete elektronische Datenverarbeitung oder durch geeignete Telekommunikationsmittel zugänglich zu machen. Literatur: Knöfler, Mutterschutzgesetz/Elternkarenzurlaubsgesetz13 (2000) 383. Der Betriebsrat hat nach § 89 Z 2 ArbVG auf die Einhaltung dieser 1 Verpflichtung zu achten. Bei mehreren Betrieben eines Unternehmens ist das GlBG in jedem Betrieb aufzulegen (Smutny, 531). Das Gesetz ist so aufzulegen, dass die ArbN während der Zeit ihrer Anwesenheit im Betrieb jederzeit Einsicht nehmen können (vgl Knöfler, Mutterschutzgesetz13, 383). Das GlBG enthält keine Strafbestimmung. Der Betriebsrat kann aber nach § 90 Abs 1 ArbVG auf die Einhaltung des § 60 drängen (Smutny, 532). Sollte einem ArbN wegen der Verletzung der Pflicht zum Auflegen des Gesetzes zB durch Fristversäumnis ein Schaden entstehen, so kommen mE Schadenersatzansprüche gegen den ArbG in Betracht. Begründungspflicht des Gerichtes § 61. In einem gerichtlichen Verfahren wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat sich das Gericht mit einem Gut529
§ 62
Kletecˇka
achten oder einem Prüfungsergebnis der Gleichbehandlungskommission im Einzelfall zu befassen und ein davon abweichendes Urteil zu begründen. 1 Auf Grund der allgemeinen Begründungspflicht der Gerichte dürfte der Sinn dieser erst durch den Gleichbehandlungsausschuss aufgenommenen Bestimmung (vgl 499 BlgNR 22. GP) vor allem darin liegen sicherzustellen, dass sich die Gerichte mit Gutachten und Prüfungsergebnissen der Gleichbehandlungskommission befassen. Die Nichtbeachtung des § 61 stellt einen Verfahrensmangel dar, der einen Berufungsgrund bilden kann. Nebenintervention § 62. Der Klageverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern kann, wenn es ein/e Betroffene/r verlangt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz als Nebenintervenient (§§ 17 bis 19 ZPO) beitreten. 1 Siehe dazu zum GBK/GAW-Gesetz Einl Rn 15 und § 12 Rn 6. In-Kraft-Treten § 63. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 2004 in Kraft. (2) Die Ausführungsgesetze der Bundesländer zu den im III. Teil, 2. Abschnitt und im IV. Teil geregelten Grundsätzen sind binnen sechs Monaten ab dem der Kundmachung folgenden Tag zu erlassen. Literatur: Vonkilch, Das intertemporale Privatrecht (1999); F. Bydlinski, Kommentierung von § 5 ABGB in Rummel-ABGB3. 1 Das neue GlBG ist mit 1.7.2004 in Kraft getreten. Diese Norm betrifft den zeitlichen Bedingungsbereich, also die Frage nach welchen Normen ein Sachverhalt zu beurteilen ist. Nach § 5 ABGB wirken Gesetze nicht zurück – außer das Gesetz ordnet anderes an (vgl zB OGH 24.4.2003, 8 ObA 190/02b). Das GlBG ist daher erst auf Sachverhalte anzuwenden, die sich ab dem 1.7.2004 ereignet haben. Auf Sachverhalte, die bereits am 30.6.2004 abgeschlossen waren, ist nicht das GlBG 2004 anzuwenden, sondern das alte 530
§ 63
In-Kraft-Treten
GlBG. Bei Sachverhalten, die sich vor wie nach dem 1.7.2004 ereignet haben, ist primär vom Sachverhalt nach dem 1.7.2004 auszugehen. Ereignisse vor diesem Datum dürfen für eine Beurteilung nach dem neuen GlBG nur insoweit herangezogen werden, als die Rechtslage vor dem 1.7.2004 in Bezug auf Verbotsnorm und Rechtsfolge nicht weniger streng war als heute. Mit dem Inkrafttreten des neuen GlBG wurde den Vorschriften des 2 alten GlBG – das nun offiziell in GBK/GAW-G umgetauft wurde – materiell derogiert. Sachverhalte, die sich vor dem 1.7.2004 ereignet haben, sind aber nach wie vor nach dem alten Recht zu beurteilen. Der zeitliche Rechtsfolgenbereich der alten Vorschriften wurde durch das Inkrafttreten des neuen GlBG nicht beendet, sodass Klagen für die „Altsachverhalte“ weiter nur nach dem alten GlBG zu beurteilen sind. Fraglich ist die Beurteilung von Altfällen dann, wenn die alte Rechtslage – in Bezug auf die Rechtsfolgen – den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts, hier also von RL, nicht genügte. Grds werden dafür weiter die allg Regeln zur richtlinienkonformen Interpretation gelten, sodass man nicht einfach das neue Recht heranziehen kann. Nach diesen allg Regeln sind RL zwischen Privaten zwar nicht zu Lasten eines Privaten unmittelbar anzuwenden. Jedoch hat das österr Gericht alle zur Verfügung stehenden Mittel des nationalen Rechts einzusetzen, um die RL zur Geltung zu bringen. Insb hat das Gericht bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die RL umsetzen wollte und diesen Willen für eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung zu nutzen (vgl § 1 Rn 16 f). Soweit man aber eine hinreichend konkrete RL zwischen Privaten unmittelbar anwendet, wird man auch in den späteren innerstaatlichen Bestimmungen eine Konkretisierung der RL – hier durch das nationale Recht – sehen können, die dann auch für die Altsachverhalte herangezogen werden kann. Sonderprobleme treten bei Betriebspensionen auf, soweit eine Be- 3 nachteiligung aufgrund eines der missbilligten Kriterien bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes nicht verboten war. Probleme können insb in Bezug auf eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Alters auftreten (etwa wenn eine Betriebspension nur für Personen in Betracht kommt, die bei Vollendung des 45. Lebensjahres bereits 5 Dienstjahre haben). Die Grundfragen zum zeitlichen Geltungsbereich wurden an sich schon bei der Diskriminie531
§ 64
Rebhahn
rung aufgrund des Geschlechtes erörtert (§ 3 Rn 179 ff). Ein neues Diskriminierungsverbot gilt danach nicht für alle Leistungen, die nach seinem Inkrafttreten zu erbringen sind, sondern idR (nur) für die Anwartschaftszeiten nach dem Inkrafttreten und die darauf entfallenden Leistungen (vgl zB EuGH 6.10.1993 C-109/91-Ten Över Rn 17 ff). Nur diese Auffassung berücksichtigt angemessen, dass Ansprüche auf Betriebspensionen im Laufe des Arbeitslebens nach und nach entstehen, also nur die Zahlung – nicht aber das Entstehen des Anspruches – hinausgeschoben ist. Sollte eine bestehende Betriebspensionsregelung aufgrund des Alters diskriminieren, so können die ArbN eine diskriminierungsfreie Behandlung daher nur in Bezug auf Dienstzeiten nach dem 1.7.2004 verlangen. Insoweit ist eine diskriminierungsfrei berechnete Teilpension zu berechnen; für die Zeiten davor gelten die alten (diskriminierenden) Regeln (was entweder zu einer Teilpension oder zum Fehlen eines Anspruches führen kann). 4 § 63 Abs 2 bezieht sich nur auf die Grundsatzbestimmungen, die hier nicht kommentiert werden. Vollziehung § 64. (1) Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind betraut 1. hinsichtlich der §§ 14, 28 und 37 der/die jeweils für die Förderungen zuständige Bundesminister/in, 2. hinsichtlich der §§ 61 und 62 der/die Bundesminister/in für Justiz, 3. im Übrigen der/die Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit. (2) Mit der Wahrnehmung der dem Bund nach Art. 15 Abs. 8 B-VG hinsichtlich des III. Teiles, 2. Abschnitt, zustehenden Rechte ist der/die Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit betraut. Mit der Wahrnehmung der dem Bund nach Art. 15 Abs. 8 B-VG hinsichtlich des IV. Teiles zustehenden Rechte ist hinsichtlich des § 54 Abs. 3 der/die Bundesminister/in für Justiz, im Übrigen der/die Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit betraut. 1 § 64 Abs 1 enthält die übliche Vollzugsklausel. Eine Vollzugsklausel legt im allg fest, welcher Bundesminister für die Vollziehung 532
§ 64
Vollziehung
bestimmter Normen zuständig ist; es geht um die Befugnis zu Weisungen, zum Erlass von hoheitlichen Verwaltungsakten und die Zuständigkeit als Rechtsmittelbehörde. Allerdings hängen die konkreten Befugnisse zum großen Teil von der näheren Ausgestaltung des Gesetzes ab. Im Fall des GlBG werden die meisten Bestimmungen dieses G – nämlich alle außer den §§ 10 und 14 sowie deren Parallelbestimmungen (§§ 24, 28 und 37) – von den ordentlichen Gerichten vollzogen. Diesbezüglich kommen keinem Bundesminister die oben genannten Befugnisse zu, auch nicht jenem der Justiz. Soweit die ordentlichen Gerichte zur Vollziehung im Einzelfall zuständig sind, greift auch die Ermächtigung des Art 18 Abs 2 B-VG zum Erlass von Durchführungsverordnungen nicht ein. Die Betrauung eines/r Bundesministers/in mit der Vollziehung „im Übrigen“ in Z 3 ist daher letztlich nur in Bezug auf die §§ 10 und 24 praktisch relevant. Wenig verständlich ist die Anordnung in Z 2, weil auch die §§ 61 und 62 von den Gerichten zu vollziehen sind. Und die Anordnung der Z 1 betrifft keine Vollziehung ieS, weil die Förderungen idR in Privatrechtsform vergeben werden. Die für die Förderungen zuständigen Bundesminister haben die §§ 14, 28 und 37 also nicht zu vollziehen, sondern eher zu befolgen. § 64 Abs 2 bezieht sich nur auf die Grundsatzbestimmungen, die hier nicht kommentiert werden.
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Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft – GBK/GAW-Gesetz BGBl 1979/108 idF BGBl 1985/290, 1990/410, 1992/833, 1994/370, I 1998/44, I 2001/98, I 2001/129, I 2004/66
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Vor § 1 §§-Angaben ohne nähere Bezeichnung beziehen sich auf das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GAW-G), BGBl 1979/108 idF BGBl I 2004/66. Die nachstehend angeführten Literaturhinweise gelten für sämtliche §§ des GBK/GAW-G. Zusätzliche Spezialliteratur wird vor den einzelnen §§ angeführt. Geschlechtergerechter Sprachgebrauch: Die Kommentierung ist paragraphenweise wechselnd einmal in der ausschließlich weiblichen Form und das andere Mal in der ausschließlich männlichen Form abgefasst. Diesem Konzept folgend sind die Einleitung sowie die §§ 2, 4, 6, 9, 11, 13, 15, 24 in der weiblichen Form, die §§ 1, 3, 5, 7, 10, 12, 13, 16 in der männlichen Form kommentiert. Nicht genannte §§ enthalten entweder keine personenbezogenen Bezeichnungen oder sind nicht kommentiert. Bezeichnungen, bei denen es auf ein bestimmtes Geschlecht ankommt – das betrifft die Anwältin für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen, und die Regionalanwältinnen als die Regionalvertreterinnen für den Bereich der Gleichbehandlung von Frauen und Männern – sind durch Fettdruck kenntlich gemacht. Werden diese Anwälte und Anwältinnen oder noch allgemeiner die Vertreter und Vertreterinnen der GAW nach den §§ 4 bis 6 im Plural bezeichnet, so wird an den Geschlechtsvorbehalt betreffend die Anwältin und Regionalanwältin für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen durch den Gebrauch des Binnen-I in Fettdruck „hingewiesen“. Literatur: Martinek, Gleichbehandlungsgebot und Gleichbehandlungskommission, in: Gedächtnisschrift für Sir Otto Kahn-Freund (1980); Mayer-Maly, Die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer, DRdA 1980, 261; ders, Gleichbehandlungsgesetz (1981); Berger, Die Gleichbehandlung von Mann und Frau im österreichischen Recht, in: Frauendorf (Hrsg), Die Stellung der Frau im sozialen Rechtsstaat (1982) 100; Eichinger, Die Frau im Arbeitsrecht (1991); Mayer, Gleichbehandlungsgesetz und Rechtsschutzstaat, ZAS 1992, 37; Bei, VfGH: § 2b GleichbG teilweise rechtsstaatswidrig, DRdA 1994, 532; Hainz, Gleichbehandlungskommission und För536
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derungsausschluss, ecolex 1994, 558; Stolzlechner, Anm zu VfGH 3.3.1994, G 116/93-6, DRdA 1995/16; Bei/Novak, Das Gleichbehandlungsgesetz, in: Aichhorn (Hrsg), Frauen und Recht (1997); Bei, Art 6 Gleichbehandlungs-Richtlinie – effektiver Rechtsschutz bei Folgediskriminierung, DRdA 1999, 159; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz (2001); Naderhirn, Die geplante Neuregelung des Gleichbehandlungsgesetzes, RdW 2003, 635; dies, Die Neuregelung der Gleichbehandlung, RFG 2004/4, 186; Sturm, Richtlinienumsetzung im neuen Gleichbehandlungsgesetz und Gleichbehandlungskommissions-/Gleichbehandlungsanwaltschaftsgesetz, DRdA 2004, 574; Winkler, Die neuen europäischen Gleichbehandlungsregeln, ZAS 2004, 10; BMSG (Hrsg), Lose-Blatt-Sammlung „Anträge an die Gleichbehandlungskommission“, abrufbar auf der Homepage des BMGF unter www.bmgf.gv.at/cms/site/attachments/0/9/7/CH0271/CMS1084442110267/loseblatt.pdf. I. II. III. IV. V.
Inhaltsübersicht Legistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Paralleles Rechtsschutzangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . „Auffälligkeiten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Legistik Das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die 1 Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GAW-G) ist – legistisch betrachtet – die novellierte und umbenannte Fassung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben aus 1979. Diese Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes aus 1979 besteht – grob gesprochen – zum einen darin, dass die materiell-rechtlichen Bestimmungen herausgelöst und in das einen wesentlich erweiterten Anwendungsbereich umfassende GlBG, BGBl I 2004/66, integriert wurden. Neu ist zum anderen, dass eben dieser Erweiterung des Anwendungsbereiches auch hinsichtlich der Organisation des Rechtsschutzes Rechnung getragen wurde. Die GBK ist fortan zuständig, neben Fragen der Geschlechterdiskriminierung weitere Diskriminierungsgründe wie etwa die ethnische Zugehörigkeit, die Religion, die Weltanschauung, das Alter oder die sexuelle Orientierung in der Arbeitswelt aufzugreifen. Sie ist zudem berufen, sich mit allen die Diskriminierung berührenden Fragen aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit in 537
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näher bezeichneten „sonstigen Bereichen“ (Teil III, 1. Abschnitt GlBG) zu befassen. Gleichermaßen wurde die sachliche Zuständigkeit der GAW ausgeweitet. 2 Der gewählten legistischen Methode der Novellierung gebührt mE aus mehreren Gründen gesonderte Erwähnung. Formell betrachtet bleibt vom ehemaligen Gleichbehandlungsgesetz aus 1979 nur der leicht abgeänderte und in den Absätzen 1a und 1b Verfassungsbestimmungen enthaltende § 10 sowie die um einen achten Absatz erweiterte In-Kraft-Tretens-Bestimmung des § 21 (durch BGBl I 2005/82 wurde ein neunter Absatz eingefügt) übrig; alle anderen Bestimmungen wurden neu formuliert. So besehen wurde das Gleichbehandlungsgesetz aus 1979 als Hülle für ein neues Gesetz verwendet. Dieses „neue“ Gesetz startet nun aber gleich schon mit „Alters-„ oder besser: „Novellierungserscheinungen“, es finden sich darin Absatzbezeichnungen wie 1a und 1b (im soeben erwähnten § 10), die §§ 17 bis 20 fehlen überhaupt (gemäß Art 2 Z 7 BGBl I 2004/66 entfällt der bisherige II. Teil betreffend Grundsätze gemäß Art 12 Abs 1 Z 6 B-VG für die Regelung der Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben in der Land- und Forstwirtschaft), und auch die Gesetzessystematik leidet. Da dieses Gesetz um den „fest stehenden“ § 10 „herumgebaut“ wurde, mussten Aufgabenbestimmungen auseinander gerissen werden. So enthält § 8 die generalklauselartige Umschreibung der Aufgaben der GBK, Spezialbefugnisse finden sich dann erst in den §§ 11 bis 13. Des Weiteren wurde die Bestimmung betreffend die Geschäftsordnung in § 9 von den inhaltlich nahe liegenden Regelungen über die Geschäftsführung der Kommission (§ 14), die Ausschüsse des Senates (§ 15) und die Anwendung des AVG (§ 16) getrennt. Die Rechtsstellung der Mitglieder der GBK ist in § 10, also fernab der Regelungen über die Organisation der Kommission in § 2, geregelt, jene der Mitglieder der GAW in der jeweiligen Organisationsbestimmung (§§ 4, 5, 6 jeweils Abs 1). Der mutmaßliche Grund für die gewählte Gesetzgebungstechnik dürfte darin liegen, dass die Abs 1a und 1b des § 10 Verfassungsbestimmungen sind und die für ihre Beschlussfassung im Rahmen eines neuen Gesetzes notwendige Verfassungsmehrheit nicht gesichert schien, zumal die Regierungsparteien im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht über die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament verfügten. Der vorgefundene Verfassungskonsens zu § 10 Abs 1a und 1b des GlBG 1979 wurde daher als Ausgangs- und Fixpunkt des „neuen“ GBK/GAW-G genommen, 538
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um nicht das Gesetzgebungsvorhaben insgesamt mangels Verfassungsmehrheit in zwei Einzelpunkten in Frage zu stellen. Abgesehen davon leidet das Gesetz an einigen Stellen an überschie- 3 ßender Kasuistik. Allzu detaillierte Bestimmungen zwingen zu Umkehrschlüssen, die ihrerseits mit den erkennbaren Zwecksetzungen des Gesetzes nicht vereinbar sind. So garantiert zB § 3 Abs 10 den Mitgliedern der GAW das Recht der Teilnahme an den Sitzungen der Senate der GBK und deren „Arbeitsausschüssen“. Der Begriff des „Arbeitsausschusses“ ist nun mit einem bestimmten, in § 11 Abs 2 näher geregelten Ausschusstyp besetzt, dem nur vorbereitende Funktion einerseits zukommt und für den andererseits hinsichtlich seiner Besetzung Besonderes gilt. Da das Gesetz aber auch noch die (entscheidungsbevollmächtigten) Ausschüsse des § 15 kennt, müsste man e contrario schließen, dass die Mitglieder der GAW an diesen Ausschüssen eben nicht teilzunehmen berechtigt sind. Eine solcherart vorgenommene Differenzierung erachte ich für nicht rechtfertigbar. Als Beispiel einer „Übernormierung“ ist mE auch noch die überaus detaillierte und nicht immer nachvollziehbare Regelung der Antrags- und Mitteilungsrechte nach den §§ 11, 12 und 13 zu sehen (dazu eingehender § 11 Rn 1 ff). Davon abgesehen zeigt das Gesetz große Unterschiede in der Dichte der Determinierung. Während die Verfahren nach den §§ 11 bis 13 relativ eng und mE oftmals zu kasuistisch vorgegeben sind, muss einiges, was schon immer als ganz selbstverständliche und vornehmliche Aufgabe der Kommission angesehen wurde, aus der Generalklausel des § 8 abgeleitet werden. Ich meine damit in erster Linie die Aufgabe der Schlichtung und die Öffentlichkeitsarbeit (Dieser Umstand wurde in der Literatur auch zuweilen beklagt. Bei/Novak, Gleichbehandlungsgesetz 149). Von einem überhasteten Gesetzgebungsprozess zeugen gehäufte redaktionelle Versehen wie etwa Wortwiederholungen (zB in der Überschrift zu § 4 und in § 11 Abs 1) oder der Verweis auf nicht existierende Bestimmungen in § 16 (die §§ 20 Abs 12 und 30 Abs 3 GlBG gibt es nicht) sowie eine inkonsequente Erweiterung der organisatorischen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen auf die „neuen“ Diskriminierungsbereiche (zB fehlt in § 12 Abs 1 die Bezugnahme auf die „sonstige Arbeitswelt“; § 13 Abs 3 ermächtigt zu Gutachten über die Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes im „Betrieb“; vergessen wurde dabei offenkundig auf die sonstige Arbeitswelt und die Diskriminierung aus Gründen der ethnischen 539
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Zugehörigkeit in den sonstigen Bereichen). Zum Teil wurden diese redaktionellen Versehen durch BGBl I 2005/82 richtig gestellt. 4 Wünschenswert wäre auch eine Bereinigung der In-Kraft-TretensRegelung in § 21 gewesen. Klammert man die Bestimmung des § 10 von der Betrachtung aus, so beziehen sich sieben der insgesamt acht Absätze auf Bestimmungen, die mit der nunmehr erfolgten Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes aus 1979 nicht mehr in Kraft sind. Aufgrund der Novellierung des GBK/GAW-G durch BGBl I 2005/82 hat § 21 nunmehr neun Absätze. Abgesehen davon sind diese In-Kraft-Tretens-Bestimmungen unvollständig. Das In-KraftTreten der Verfassungsbestimmungen des § 10 in den Abs 1a und 1b ergibt sich aus BGBl I 2001/129 (mangels einer ausdrücklichen Regelung ist das der der Kundmachung folgende Tag; das ist der 28.11.2001). Nur am Rande sei erwähnt, dass die Überschrift und der Einleitungssatz zur Novelle des GlBG aus 1979 auf ein Gesetz Bezug nehmen, das es in dieser Textierung gar nicht gibt. Dort ist vom Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Arbeitsleben die Rede, das Gleichbehandlungsgesetz aus 1979 verwendet die Geschlechter allerdings im Singular (BG über die Gleichbehandlung von Frau und Mann im Arbeitsleben). 5 Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass die angekündigte Trennung (RV 307 BlgNR 22. GP 4) der materiellrechtlichen von den verfahrensrechtlichen Bestimmungen keine konsequente ist. So finden sich etwa im (die materiellrechtlichen Bestimmungen umfassenden) GlBG, BGBl I 2004/66, auch die Grundsätze für die Regelung der Organisation des Rechtsschutzes im Bereich Land- und Forstwirtschaft (§§ 53 ff); Vorschriften also, die dem Verfahrensund nicht dem materiellen Recht zuzuordnen sind. 6 Sieht man einmal von der doch bedeutsamen Ausdehnung des Zuständigkeitsbereiches der GBK und der GAW auf weitere Diskriminierungsgründe sowie die Diskriminierung in „sonstigen Bereichen“ ab, so bleibt der Änderungsumfang bei inhaltlicher Betrachtung weit hinter dem formellen zurück, oder mit anderen Worten: zahlreiche Bestimmungen der Novelle zum GlBG aus 2004, BGBl I 2004/66, entsprechen wörtlich den „Vorläuferregelungen“. II. Paralleles Rechtsschutzangebot 7 Mit der Einrichtung der GBK und der GAW wird neben der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Verletzung des Gleichbe540
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handlungsgebotes vor den Arbeits- und Zivilgerichten ein zweiter Rechtsschutzweg eröffnet. Dieser Rechtsschutz besteht in der Gewährung von Beratungs- und Unterstützungsleistungen für mutmaßliche Diskriminierungsopfer, der Vermittlung und Schlichtung zwischen den Streitparteien sowie in der Bildung eines öffentlichen Bewusstseins durch die Veröffentlichung von anonymisierten Gutachten und Einzelfallentscheidungen zu Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes. Wenngleich auch die Befugnisse und die von der GBK und der GAW erzeugbaren Wirkungen vergleichsweise begrenzt sind, so sollte ihre Bedeutung nicht zu gering geschätzt werden, weist sie doch gegenüber einem Gerichtsprozess auch achtenswerte Vorteile auf: So erfolgt die Inanspruchnahme der GBK und der GAW relativ formfrei und unbürokratisch, was die Schwierigkeiten der Rechtsdurchsetzung in einem aufrechten Dienstverhältnis doch mildern könnte. Durch das Streben nach einer vermittelnden Lösung kann eine, das aufrechte Arbeitsverhältnis uU stark belastende Zuspitzung der Standpunkte hintan gehalten werden (vgl Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 59 und 63; ders, DRdA 1980, 263 f). Auch das Kostenrisiko entfällt und nicht zuletzt dürfte nach Ansicht mancher der informelle und vertrauliche Rahmen eines Verfahrens vor der GBK aus der Sicht der Antragstellerinnen bei „schwerer wiegenden“ Diskriminierungsfällen (wie etwa dem Vorwurf der sexuellen Belästigung) der Sensibilität der Angelegenheit eher gerecht werden als ein Gerichtsverfahren (vgl dazu Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 385 mit Hinweis auf den Gemeinsamen Bericht über die Vollziehung des GlBG nach § 10a GlBG (1999), Band I, 71). Letzteres Argument vermag nicht vorbehaltlos zu überzeugen. Es ist doch zumindest fraglich, ob ein zwölfköpfiges Gremium in jenen Angelegenheiten, die den höchstpersönlichen Lebensbereich einer Person betreffen, den Rahmen bietet, der der Intimität der Sache und der Verletzlichkeit Betroffener angemessen ist. Es entspricht mE eher der Lebenserfahrung, dass mit zunehmender Größe des Gremiums die Bereitschaft, Höchstpersönliches vorzubringen und offen zu legen, abnimmt. Die verschiedenen Wege der Rechtsdurchsetzung – einerseits der 8 Rechtsschutz vor den Arbeits- und Zivilgerichten im Wege der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Verletzung der Gleichbehandlungsgebote, andererseits jener vor der GBK, der gemäß § 12 auch kombiniert sein kann mit einer Feststellungsklage vor 541
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Gericht – sind miteinander lose – wenn auch im Vergleich zur Vorgängerregelung nunmehr etwas intensiver – verbunden. Diese Verbindung besteht zum einen darin, dass gemäß § 15 und § 29 jeweils Abs 2 GlBG die – wie auch immer geartete – Einleitung eines Verfahrens vor der GBK auf Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung bewirkt. Es handelt sich dabei um eine Fortlaufshemmung, die den Weiterlauf der Frist hindert, wobei nach Beendigung des Verfahrens vor der Kommission der verbliebene Anteil der Frist ablaufen muss (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 526). Diese Verbindung besteht des Weiteren darin, dass die im jeweiligen Senat der GBK vertretenen Interessenvertretungen gemäß § 12 Abs 4 sowie unter weiteren Voraussetzungen auch VertreterInnen der GAW (§ 12 Abs 5) beim zuständigen Gericht die Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes beantragen können. Voraussetzung eines solchen Antrages ist es, dass zuvor einem Auftrag der GBK nicht entsprochen wurde. Ein solcher Antrag hemmt den Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist sowie kollektivvertraglicher Verfallfristen bis zum Ende des Monats nach Eintritt der Rechtskraft solcher Urteile. Diese Verbindung besteht nunmehr auch darin, dass das Gericht gemäß § 61 GlBG verpflichtet ist, sich mit einem Gutachten oder dem Ergebnis eines Feststellungsverfahrens zu befassen und ein abweichendes Urteil zu begründen. Aus diesem Grund ermächtigt § 14 der Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung (GBKGO), BGBl II 2004/396, die Kommission dazu, auf Anforderung des Gerichts hin die verfahrenseinschlägigen Prüfungsergebnisse oder das Gutachten zu übermitteln. Von den genannten „Berührungspunkten“ abgesehen stehen die beiden Rechtswege beziehungslos nebeneinander. Das bedeutet, dass Verfahren parallel geführt werden können, dass also sowohl das Gericht als auch die Kommission sich zeitgleich oder auch zeitlich versetzt mit derselben Frage beschäftigen können. Weder ist das gerichtliche Verfahren bis zu einer Kommissionsentscheidung zu unterbrechen, noch muss die Kommission mit ihrer Entscheidung bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zuwarten. Das bedeutet des Weiteren, dass ein und dieselbe Frage von den unterschiedlichen Institutionen auch unterschiedlich bewertet werden kann (vgl dazu Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 58; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 386 f mwN zur Judikatur).
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III. Historische Entwicklung Die nunmehr schon 25-jährige Geschichte eines „Sonderrechts- 9 schutzes“ nach dem GlBG lässt folgende Tendenzen erkennen. Die sachliche Zuständigkeit der GBK und der GAW hat eine beachtliche Ausweitung erfahren. Diese Zuständigkeit war bis zum GlBG 2004 und dem GBK/GAW-G auf Fragen der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts begrenzt. Beginnend mit der Berufung zur Behandlung von Fragen der Geschlechterdiskriminierung in Bezug auf die Entgeltfestsetzung (§ 4 GlBG, BGBl 1979/108) wurden zunehmend weitere Aspekte des Arbeitsverhältnisses wie die Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen sowie Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung auf betrieblicher Ebene (BGBl 1985/290), die Begründung des Arbeitsverhältnisses, der berufliche Aufstieg, die sonstigen Arbeitsbedingungen und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (BGBl 1990/410) einbezogen. Mit dem Gleichbehandlungsgesetz 2004 wird der Aufgabenkreis um die Diskriminierungsgründe ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung „in der Arbeitswelt“ ausgeweitet. Und diese „Arbeitswelt“ umfasst nicht nur die Gleichbehandlungsgebote im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis, sondern auch die sog „sonstige Arbeitswelt“ (GlBG § 1 Rn 34 ff). Darüber hinaus sind Kommission und Anwaltschaft nunmehr auch zuständig, die Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit betreffende Fragen in bestimmt bezeichneten „sonstigen Bereichen“ aufzugreifen. Die Entwicklung des Sonderrechtsschutzes nach dem Gleichbe- 10 handlungsgesetz zeigt auch eine fortschreitende Institutionalisierung. Der 1979 eingerichteten GBK wurde mit der Novelle 1990 (BGBl 1990/410) eine Gleichbehandlungsanwältin „voran“ und „zur Seite“ gestellt. Die Schaffung einer Gleichbehandlungsanwältin war durch das Bedürfnis nach einer Personifizierung des Rechtsschutzes in Fragen der Geschlechterdiskriminierung motiviert. Der Grund für die bis dahin relativ geringe Inanspruchnahme der GBK wurde darin gesehen, dass das Herantreten an eine doch relativ anonyme Kommission insb mit sensiblen Fragestellungen zuweilen eine unüberwindbare psychologische Barriere darstellen dürfte (AB 1411 BlgNR 17. GP 4). Die mit Beratungs- und Unterstützungsaufgaben betraute Gleichbehandlungsanwältin sollte nun einerseits die Funktion einer „Mittlerin“ zwischen Betroffenen und Kommission übernehmen. Ihr wurde aber auch die Aufgabe der 543
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Vermittlung im Vorfeld eines Kommissionsverfahrens übertragen. So kann die Anwältin Arbeitgeberinnen zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme auffordern. Davon abgesehen ist sie am Verfahren der GBK durch Teilnahme- (Sitz in der Kommission), Rede- und Antragsrechte beteiligt. 11 Der spezifische Rechtsschutz nach dem Gleichbehandlungsgesetz erfährt gegen Ende der 90er Jahre sodann noch eine Regionalisierung. Es erwies sich alsbald, dass die Beratungs- und Unterstützungsleistungen der Gleichbehandlungsanwältin nicht bundesweit im geforderten und angemessenen Ausmaß erbracht werden können. Um diesem Bedarf nach einer flächendeckenden „Versorgung“ nachzukommen wurde die Bundeskanzlerin mit der Novelle aus 1998, BGBl I 1998/44, ermächtigt, durch Verordnung Regionalbüros einzurichten und deren örtlichen Wirkungsbereich festzusetzen. Bislang wurden drei Regionalbüros eingerichtet: das Regionalbüro der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Vorarlberg, Tirol und Salzburg (BGBl II 1998/356), das Regionalbüro der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Kärnten und Steiermark (BGBl II 2000/341) und das Regionalbüro der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Oberösterreich (BGBl II 2002/442). Regionalbüros sind derzeit nur für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt eingerichtet. 12 Während die Entwicklung des Rechtsschutzes nach dem Gleichbehandlungsgesetz über die Jahre hinweg einen deutlichen Zugewinn an Aufgaben und Institutionen erkennen lässt, wurden die Rechtswirkungen, die Entscheidungen der GBK erzeugen können, mE doch spürbar reduziert. So wurde zunächst durch die 1. Novelle zum GlBG 1985 (BGBl 1985/290) § 2b eingefügt, welcher bestimmte, dass Förderungsrichtlinien des Bundes den Ausschluss von Unternehmen vorzusehen hätten, die den Aufträgen der GBK nicht nachkommen. Weigerte sich demnach ein Unternehmen, dem Vorschlag der GBK über die Beendigung der Diskriminierung zu folgen, war es von richtlinienförmig erfassten Förderungen des Bundes ausgeschlossen. Diese Bestimmung, die mE durchaus geeignet ist, die Befolgungsbereitschaft der Unternehmen gegenüber Vorschlägen der GBK zu erhöhen, wurde 1994 durch ein Erkenntnis des VfGH aufgehoben (VfGH 3.3.1994, G 116/93-6, kundgemacht mit BGBl 1994/371 = DRdA 1994, 423 = DRdA 1995/16 mit Anm Stolzlechner; weiters dazu Bei, DRdA 1994, 532; Hainz, ecolex 1994, 544
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558). In dieser Entscheidung stellte der VfGH zunächst fest, dass den genannten Vorschlägen der Kommission keine Bescheidqualität zukomme. Es sei aber mit Rücksicht auf das verfassungsgesetzlich vorgesehene Rechtsschutzsystem unzulässig, Verwaltungsakte mit erheblichen Rechtswirkungen als unbekämpfbare Akte zu konstruieren, weil damit das verfassungsgesetzlich vorgesehene Rechtsschutzsystem leer laufen würde (vgl dazu Mayer, ZAS 1992, 39). Heute sind zur Förderung die §§ 14 und 28 GlBG einschlägig. Eine Minderung der Rechtswirkungen der Beschlüsse der GBK ergibt sich dann mE auch noch daraus, dass Gutachten über Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes gemäß § 11 und rechtskräftige Gerichtsurteile, mit denen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes im Einzelfall festgestellt wird, gemäß § 12 Abs 6 seit In-Kraft-Treten des GlBG und des GBK/GAW-G 2004 „nur noch“ in anonymisierter Form publiziert werden dürfen. Diese Verpflichtung zur Anonymisierung ist mit Rücksicht darauf, dass gegen „Entscheidungen“ der GBK kein den Grundsätzen des Rechtsstaates entsprechender Rechtsschutz vorgesehen ist, verfassungsrechtlich geboten, zumal durch eine namentliche Veröffentlichung der Ruf eines Unternehmens doch erheblich beeinträchtigt werden kann (Mayer, ZAS 1992, 39 f; Hainz, ecolex 1994, 559). Durch die Anonymisierung entfällt nun aber der mit der Veröffentlichung unzweifelhaft verbundene, auch spezialpräventive Sanktionscharakter, wodurch die Bedeutung der Arbeit der GBK auf die Schlichtung und die Bildung eines öffentlichen Bewusstseins vermindert wurde (in den Materialien zum GlBG 1979 wurde stets nur die Bewusstseinsbildungsfunktion der Tätigkeit der GBK betont; IA 138A vom 24.1.1979, II-4651 BlgNR 14. GP, abgedruckt in Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 1309 und 1310). IV. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Anlass für die Novellierung des GlBG war es, der gemeinschafts- 13 rechtlichen Verpflichtung zur Umsetzung mehrerer RL nachzukommen. Es sind dies die RL 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl L 180 vom 19.7.2000 S 22 (im Folgenden kurz: AntirassismusRL), die RL 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl L 303 vom 2.12.2000 S 16 (im Folgenden kurz: RahmenRL) sowie die RL 2002/73/EG 545
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des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der RL 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl L 269 vom 5.10.2002 S 15 (im Folgenden kurz: ÄnderungsRL). Die genannten RL enthalten über weite Strecken einheitliche, den Rechtsschutz betreffende Vorgaben, die im Folgenden kursorisch vorgestellt werden sollen: 14 So sind die Mitgliedstaaten regelmäßig verpflichtet, die Geltendmachung der Ansprüche aus den RL auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sicher zu stellen (Art 7 Abs 1 AntirassismusRL, Art 9 Abs 1 RahmenRL und Art 6 Abs 1 ÄnderungsRL). Ebenso regelmäßig ist es in die Entscheidungskompetenz der Mitgliedstaaten gestellt, darüber hinaus die Einrichtung eines Schlichtungsverfahrens vorzusehen (Art 7 Abs 1 AntirassismusRL, Art 9 Abs 1 RahmenRL und Art 6 Abs 1 ÄnderungsRL: „… wenn die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten …“). Sicher zu stellen haben die Mitgliedstaaten des Weiteren, dass Verbände, Organisationen oder andere juristische Personen, die gemäß den in ihrem einzelstaatlichen Recht festgelegten Kriterien ein rechtmäßiges Interesse daran haben, für die Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinien zu sorgen, sich entweder im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung mit deren Einwilligung an den zur Durchsetzung der Ansprüche vorgesehenen Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren beteiligen können (Art 7 Abs 2 AntirassismusRL, Art 9 Abs 2 RahmenRL und Art 6 Abs 3 ÄnderungsRL). Alle Richtlinien verlangen gleichermaßen das Ergreifen von geeigneten Maßnahmen, um den Dialog zwischen den Sozialpartnern („sozialer Dialog“, Art 11 AntirassismusRL, Art 13 RahmenRL und Art 8b ÄnderungsRL) und den Dialog mit geeigneten Nichtregierungsorganisationen (Art 12 AntirassismusRL, Art 14 RahmenRL und Art 8c ÄnderungsRL) mit dem Ziel der Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu fördern. Art 13 der AntirassismusRL sowie Art 8a der ÄnderungsRL verlangen dann noch die Bezeichnung einer oder mehrerer Stellen, deren Aufgabe es ist, die Verwirklichung der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung auf Grund des Geschlechts oder aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft zu fördern, zu analysieren, zu beobachten und zu unterstützen. Der Aufgabenbereich dieser Stellen muss 546
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a) die unabhängige Unterstützung der Diskriminierungsopfer bei der Beschwerdeführung wegen einer Diskriminierung, b) die Durchführung von unabhängigen Untersuchungen zum Thema Diskriminierung sowie c) die Veröffentlichung von unabhängigen Berichten und die Vorlage von Empfehlungen zu allen Aspekten, die mit diesen Diskriminierungen im Zusammenhang stehen, umfassen. Auf die Umsetzung dieser Vorgaben des Richtlinienrechts im 15 GBK/GAW-G wird im Detail bei den einzelnen Bestimmungen einzugehen sein. In diesem Zusammenhang möchte ich zunächst einen groben Überblick über die Art der Umsetzung geben: Die gebotene Beteiligung von Verbänden, Organisationen oder anderen juristischen Personen am Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren wird durch § 62 GlBG derart umgesetzt, dass der „Klageverband“ einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen als Nebenintervenient beitreten kann. Voraussetzung ist, dass es die Betroffene verlangt. Im Dunkeln bleibt, was unter diesem sog „Klageverband“ zu verstehen ist. In den Erl zur RV (307 BlgNR 22. GP) „schweigt“ man dazu und aus der Diskussion im Parlament (61/ NRSitz 22. GP) wird nur ersichtlich, dass diesem Klageverband im Diskussionszeitpunkt drei Vereine angehörten. Das in § 12 Abs 2 den potentiellen Diskriminierungsopfern eingeräumte Recht, sich im Verfahren vor der GBK durch eine Person ihres Vertrauens, insb durch eine Vertreterin einer Interessenvertretung oder Nichtregierungsorganisation vertreten zu lassen, ist demgegenüber nicht als Umsetzung dieser „Beteiligungspflicht“ in einem „Verwaltungsverfahren“ zu verstehen, da in einem Verfahren vor der GBK zum einen mE keine „Ansprüche“ durchgesetzt werden und zum anderen das Verfahren vor der Kommission wohl insgesamt nicht als ein Verwaltungsverfahren iSd der Richtlinie zu verstehen sein dürfte. Die geforderte Institutionalisierung des sozialen Dialogs und des Dialoges mit den Nichtregierungsorganisationen zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ist – wenn ich richtig sehe – noch ausständig. Die Aufgabe der Durchführung von unabhängigen Untersuchungen zu Diskriminierungsthemen, der Veröffentlichung von unabhängigen Berichten zu allen Diskriminierungsaspekten sowie der unabhängigen Unterstützung möglicher Diskriminierungsopfer ist gemäß § 3 Abs 4 und Abs 5 der GAW übertragen. Ob die Rechtsstellung der Mitglieder der GAW so beschaffen ist, dass den Erfordernissen einer unabhängigen Beratungs-, Untersuchungs- und Berichts547
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tätigkeit entsprochen ist, ist noch näher auszuführen. Dazu bedarf es weitergehender Überlegungen zur „Rechtsnatur“ der GAW sowie insb der Frage der Weisungsbindung (§ 3 Rn 4 und § 10 Rn 2 ff). V. „Auffälligkeiten“ 16 Das GBK/GAW-G weist den mit den Fragen der Gleichbehandlung der Geschlechter befassten Institutionen eine Vorrangstellung zu. Zunächst fällt die organisationsrechtliche Dominanz der BMGF auf. Diese „beginnt“ schon mit der Einrichtung der GBK beim BMGF. Die Betrauung mit der Vorsitzführung ist für alle drei Senate Sache der BMGF ebenso wie die Enthebung von Senatsmitgliedern oder die Ersatzbestellung von Mitgliedern für den Fall, dass eine entsendungsberechtigte Institution ihr Recht zur Entsendung von Mitgliedern nicht ausübt. Auch die GAW ist beim BMGF einzurichten. Die GleichbehandlungsanwältInnen werden von der BMGF bestellt und von dieser auch unter bestimmten Voraussetzungen ihres Amtes enthoben. Und nicht zuletzt ist auch die mit Verordnung vorzunehmende Einrichtung von Regionalbüros sowie die Bestellung von Regionalanwältinnen und Regionalvertreterinnen Sache der BMGF. Diese Dominanz ist insofern bemerkenswert, als die Zuständigkeit der Kommission ja nunmehr über die Gleichbehandlung der Geschlechter hinaus auch auf andere Diskriminierungsgründe in einer „erweiterten Arbeitswelt“ (diese erfasst nicht mehr „bloß“ das Dienstverhältnis, sondern auch die sog „sonstige“ Arbeitswelt, § 1 Abs 1 Z 2–4 iVm § 4 GlBG; § 16 Abs 1 Z 2–4 iVm § 18 GlBG) sowie auf sonstige Bereiche (III. Teil, 1. Abschnitt GlBG) erstreckt wurde. Senat II ist für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters, der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt, Senat III für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen zuständig. Diese Zuordnung zum BMGF ist nun auch insofern hervorhebenswert, als der aktuelle Wirkungsbereich des BMGF gemäß Punkt E.8. Teil 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes, BGBl 1986/76 (WV) idF BGBl I 2004/118 umschrieben wird mit „Angelegenheiten der Gleichstellung der Frauen auf dem Arbeitsmarkt; Angelegenheiten der GBK und der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen …“. Mit Rücksicht auf das In-Kraft-Tretens Datum der einschlägigen Bestimmungen des Bundesministeriengesetzes (das ist der 26. April 2003 – der Ministerialentwurf für ein GlBG ist mit 14.7.2003 datiert und wurde vom BMWA einge548
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bracht) sowie Wortlaut und Systematik ist davon auszugehen, dass unter den genannten Institutionen „Gleichbehandlungskommission“ und „Anwältin für Gleichbehandlungsfragen“ jene zu verstehen sind, die für Fragen der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zuständig sind (das ist in Bezug auf die Gleichbehandlungsanwältin schon mit Rücksicht auf den Wortlaut erklärbar, bei der GBK mit Rücksicht auf die historische Absicht anzunehmen, und ganz allgemein scheint Punkt E.8. auf die Gleichstellung von Frauen beschränkt zu sein). Mit Rücksicht auf die Zuständigkeit der BMWA (Pkt L.34 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes) in den Angelegenheiten des Arbeitsrechts wäre in Bezug auf die Agenden des Senates II durchaus eine andere Zuordnung sachlich gewesen. In Bezug auf die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen hätte auch die „Auffangkompetenz“ des Bundeskanzleramtes in Punkt A.1. der Anlage zu § 2 Bundesministeriengesetz erwogen werden können. Die Vorrangstellung der mit Fragen der Gleichbehandlung von 17 Frauen und Männern befassten Institutionen zeigt sich beispielsweise auch darin, dass in Fällen der Mehrfachdiskriminierung (§ 1 Abs 3) der für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt zuständige Senat I mit der Verfahrensführung betraut ist. Und es ist die Vorsitzende eben dieses Senates I, welche die Tätigkeit der GBK zu koordinieren hat (§ 1 Abs 4). Dieselbe Funktion kommt der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt hinsichtlich der Tätigkeit der GAW zu (§ 3 Abs 3). Es lässt sich mE mit guten Gründen die Frage stellen, ob durch diese Vorrangstellung das Ziel der Gleichbehandlung der Geschlechter nicht in unsachlicher Weise bevorzugt wird. Gleichbehandlungskommission § 1. (1) Beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen ist eine Gleichbehandlungskommission (GBK) einzurichten. (2) Die Gleichbehandlungskommission besteht aus drei Senaten. Die Senate sind für folgende Bereiche zuständig: 1. Senat I für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt (Teil I des Gleichbehandlungsgesetzes – GlBG, BGBl. I Nr. 66/2004); 2. Senat II für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, 549
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des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt (Teil II GlBG); 3. Senat III für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen (Teil III, 1. Abschnitt GlBG). (3) Betrifft ein von der Gleichbehandlungskommission zu behandelnder Fall sowohl die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt als auch die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt, so ist Senat I zuständig. Er hat dabei auch die Bestimmungen über die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt (Teil II GlBG) anzuwenden. (4) Der/die Vorsitzende des Senates I hat die Tätigkeit der Gleichbehandlungskommission zu koordinieren. Abs 5 eingefügt durch BGBl I 2005/82; vgl Anhang I. Literatur: Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht (1927); Winkler, Der Bescheid. Ein Beitrag zur Lehre vom Verwaltungsakt (1956); Mayer, Lebensmittelüberwachung und mittelbare Bundesverwaltung, ÖZW 1977, 97; Raschauer, Die obersten Organe der Landesverwaltung, in: FS Antoniolli (1979) 375; Rill, Zum Verwaltungsbegriff, in: FS Antoniolli (1979) 35; Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1987); Schäffer, Weinsaufsicht und mittelbare Bundesverwaltung, ZfV 1988, 361; Potacs, Devisenbewirtschaftung (1991); Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung (1993); Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996); Rebhahn, Staatshaftung wegen mangelnder Gefahrenabwehr (1997); Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2 (1999); Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 (2000); Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht2 (2003); Schragel, Kommentar zum Amtshaftungsgesetz3 (2003). Inhaltsübersicht I. Rechtliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verwaltungsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Behörde? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550
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4. Vollziehung des GlBG als nicht-hoheitliche Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gliederung in Senate, Mehrfachdiskriminierung . . . . . .
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I. Rechtliche Qualifikation 1. Einleitung Die Rechtsnatur der GBK wurde in der Vergangenheit zT rheto- 1 risch variantenreich umschrieben. Sie sei materiell betrachtet ein „Stück verrechtlichter Sozialpartnerschaft“, formell gesehen ein Verwaltungsorgan des Bundes, hingegen keine Verwaltungsbehörde (Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 59; Eichinger, Frau 325). Martinek (Gleichbehandlungsgebot 553) umschrieb die GBK funktional, nämlich als „staatliche Vermittlungs- und Schlichtungsstelle ohne Befugnis zur Zwangsschlichtung, die im Vorfeld der Gerichtsbarkeit die vielschichtigen Phänomene sachfremder Ungleichbehandlung aufdecken und durch Vorschläge und Gutachten zur Verwirklichung der Gleichbehandlung beitragen soll“. Sie könne keinen Verwaltungszwang ausüben und keine Verwaltungsstrafen verhängen. Auch der Typus der gesetzlichen Einrichtung sui generis wurde „bemüht“ (Bei/Novak, Gleichbehandlungsgesetz 154). Alle diese Charakterisierungen bringen richtige (materielle oder formelle), aber eben unterschiedliche Aspekte zum Ausdruck. Zur hartnäckig zitierten und von Mayer-Maly kreierten Charakterisierung als „verrechtlichte Sozialpartnerschaft“ (das sei nach MayerMaly insofern bemerkenswert, als die Sozialpartnerschaft eine Verrechtlichung stets zu vermeiden bemüht war) sei angemerkt, dass die Verrechtlichung der Sozialpartnerschaft zum einen keine singuläre Erscheinung ist – es existieren zahlreiche Einrichtungen, deren Mitglieder zum Teil auch von den Sozialpartnern beschickt werden. Nur beispielhaft erwähnt seien die Kommission zur langfristigen Pensionssicherung nach § 108e ASVG, die Gentechnikkommission nach § 81 Gentechnikgesetz, die Wettbewerbskommission nach § 16 Wettbewerbsgesetz oder die Preiskommission nach § 9 Preisgesetz. Zum anderen sollte der Anteil der Verwaltungsorgane des Bundes in der Zusammensetzung nicht übersehen werden. Zwar stellen die Sozialpartner in den Senaten I und II mit acht Vertretern eine deutliche Mehrheit, angesichts der von diesen Institutionen vertretenen, typischerweise gegenläufigen Interessen bleibt jedoch zu bedenken, dass mit Rücksicht auf die für die Beschlussfassung ausreichende einfache Mehrheit (§ 14 Abs 3) die Verwaltungsorgane des Bundes 551
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gemeinsam mit „einer Seite“ der Interessenvertretungen Entscheidungen treffen können, die für die Sozialpartnerschaft typische Einigung somit gar nicht gegeben sein muss. Für die juristische Qualifikation der GBK sind mE zwei Aspekte von Bedeutung: zum einen die Zuordnung der GBK zur Staatsfunktion Verwaltung, zum anderen die – mit Rücksicht auf die geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen – klärungsbedürftige Frage, ob die GBK eine Behörde ist. 2. Verwaltungsorgan 2 Die Zuordnung der Tätigkeit staatlicher Organe zu einer der drei Staatsfunktionen Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit ist primär durch organisatorische Elemente bestimmt. Inhalt, Zweck und Form staatlichen Handelns kommen nur nachgeordnete Bedeutung zu. Zu den Verwaltungsorganen zählen all jene, die weder Organe der Gesetzgebung noch der Gerichtsbarkeit sind (Rill, Verwaltungsbegriff 45; Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3, 21; Raschauer, Verwaltungsrecht2 Rn 31 ff). Die GBK ist beim BMGF eingerichtet. Aus dieser organisatorischen Eingliederung in den Geschäftsapparat eines obersten Organs der Bundesverwaltung ergibt sich ihre Zuordnung zur Staatsfunktion Verwaltung (in VfGH 12.12.1996, B 2903/95, B 2934/95, B 3662/95 qualifizierte der VfGH die GBK als beim BKA eingerichtete Dienststelle, die in organisationsrechtlicher Hinsicht jedenfalls Teil einer Verwaltungsbehörde sei). Und es ist gefestigte Auffassung, dass das Handeln eines Organs der (Bundes-)Verwaltung im organisatorischen Sinn stets zur Verwaltung gehört, ungeachtet dessen, ob es normativer oder nicht-normativer, öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist (Rill, Verwaltungsbegriff 47; Raschauer, Verwaltungsrecht2 Rn 33). Diese Qualifikation wird mE auch dadurch nicht in Frage gestellt, dass die „Dienststelle Gleichbehandlungskommission“ nicht den BM bei der Wahrnehmung seiner Kompetenzen unterstützt, sondern eigene Zuständigkeiten wahrnimmt. Die Zuordnung der GBK zur Staatsfunktion Verwaltung ist nun insb insofern von Relevanz, als der Verwaltung durch Art 20 Abs 1 B-VG der Grundsatz der Bindung an Weisungen vorgegeben ist; (zur Weisungsbindung eingehend § 10 Rn 2 ff). Darüber hinaus interessiert die Maßgeblichkeit sonstiger für die Verwaltung geltender Funktionsgrundsätze wie zB die Amtsverschwiegenheit nach Art 20 Abs 3 B-VG (§ 3 Rn 11) und die Anwendbarkeit des Amtshaftungsgesetzes (dazu unten Rn 10). 552
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3. Behörde? Für die Qualifikation eines Organs als Behörde kommt es zunächst 3 darauf an, dass dieses Organ von der Rechtsordnung mit Hoheitsgewalt, dh mit der Befugnis zu heteronomer Rechtsetzung ausgestattet wurde. Eine Einrichtung ist daher nur dann Verwaltungsbehörde, wenn ihr von der Rechtsordnung die Befugnis zur Erlassung von Verordnungen, Bescheiden oder Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt eingeräumt wurde (Merkl, Verwaltungsrecht 306; Raschauer, Verwaltungsrecht2 Rn 132 und 764 f; Winkler, Bescheid 38, 70, 74; Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9 Rn 549 uvm). Es gilt daher, die der GBK übertragenen Befugnisse auf die Einräumung von hoheitlichen Befugnissen hin zu untersuchen. Die Tätigkeit der GBK mündet in Gutachten (§ 11), Vorschläge zur Verwirklichung der Gleichbehandlung oder Aufforderungen, die Diskriminierung zu beenden (§ 12 Abs 3) oder Verlangen zur Berichterstattung (§ 13 Abs 1). Eine ausdrückliche Ermächtigung zur Setzung von Hoheitsakten wie Verordnung oder Bescheid sehen die genannten Ermächtigungsnormen nicht vor. Diese Feststellung ist allein freilich für die Beurteilung der Behördenqualität noch nicht ausreichend, zumal es für die Einräumung von Hoheitsgewalt ganz unbestritten nicht auf die Bezeichnung, sondern auf die mit einem Verwaltungshandeln verbundenen Wirkungen ankommt. So hat der VfGH in einem Erkenntnis zu Aufträgen der GBK (VfGH 3.3.1994, G 116/ 93-6 = DRdA 1995/16 mit Anm Stolzlechner) ausgesprochen, dass es dem Gesetzgeber verwehrt sei, Verwaltungsakte, die erhebliche Rechtswirkungen haben, als unbekämpfbare Verwaltungsakte zu konstruieren, weil dadurch das verfassungsrechtliche Rechtsschutzsystem leer laufen würde. Dem Gebot zu verfassungskonformer Interpretation entsprechend müsse ein solcher, seiner Qualität nach zweifelhafter Verwaltungsakt als bekämpfbarer Bescheid ausgelegt werden (Mayer, ZAS 1992, 39; diese Konsequenz hat der VfGH in dem genannten Erkenntnis allerdings nicht gezogen, vgl Hainz, ecolex 1994, 559). Selbst unter Beachtung dieser Argumente kommt der GBK (zunächst) keine Behördenkompetenz zu, zumal die genannten Akte keine erheblichen Rechtswirkungen entfalten. Die Folge einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes ist bei Gutachten ihre Veröffentlichung in anonymisierter Form auf der Homepage des BMGF (§ 11 Abs 3). Wird einem Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung oder der Aufforderung zur Beendigung der Diskriminierung im 553
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Einzelfall nicht Folge geleistet, so ermächtigt das die im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen oder unter näheren Voraussetzungen auch bestimmte Mitglieder der GAW, eine Klage auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes einzubringen. Stellt das Gericht rechtskräftig eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes fest, so ist dieses Urteil – wiederum in anonymisierter Form – auf der Homepage des BMGF zu veröffentlichen (§ 12 Abs 6). Und wird dem Verlangen auf Berichterstattung iSd § 13 nicht entsprochen, so „droht“ Gleichartiges. Der Umstand der Nichtbefolgung der Verpflichtung zur Berichtslegung ist zu veröffentlichen; die Verpflichtung zur Anonymisierung ist hier allerdings nicht vorgesehen. Was nun die Entscheidungen der Kommission nach den §§ 11 und 12 anbelangt, ist wohl unzweifelhaft, dass diese keine als erheblich zu qualifizierenden Rechtswirkungen entfalten (Dass die Vorschläge und Aufforderungen nach § 12 Abs 3 nicht in Bescheidform zu erlassen sind, hat der VfGH schon in der Entscheidung vom 12.12.1996, B 2903/95 klar gestellt). Bei einer Veröffentlichung nach § 13 ist das nicht von vornherein klar. Man könnte in der Veröffentlichung der Tatsache, dass eine für die vermutete Diskriminierung verantwortliche Person der Aufforderung zur Berichtslegung nicht nachkommt, eine Beeinträchtigung ihres guten Rufes erblicken (in diese Richtung allerdings noch zu einer anderen Rechtslage, Mayer, ZAS 1992, 39 f; Hainz, ecolex 1994, 559). Als erheblich würde ich diese Rechtswirkung allerdings nicht einstufen, zumal der Vorwurf dahin geht, eine Person oder ein Unternehmen sei nicht bereit, mit der GBK zu kooperieren, nicht aber dahin, sie habe gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen. Insgesamt meine ich daher, dass diese Entscheidungen der GBK mangels erheblicher Wirkungen nicht als Bescheide zu deuten sind (vgl auch VfGH 3.3.1994, B 969/92 und VfGH 12.12.1996, B 2903/95, B 2934/95, B 3662/95). 4 Damit ist die Frage der Behördenqualität allerdings noch nicht beantwortet. Zu beachten ist nämlich, dass mit der Neuerlassung des GBK/GAW-G die GBK gemäß § 16 auch zur Anwendung des § 19 AVG verpflichtet wird. Die dort enthaltene Ermächtigung zur Ladung von Personen ist, wenn gleichzeitig von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, im Falle ihrer Nichtbefolgung Zwangsstrafen oder die Vorführung anzudrohen, ein verfahrensrechtlicher Bescheid (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, § 19 E 51 und E 52). Da nun für die Qualifikation eines Verwal554
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tungsorgans als Behörde die Betrauung auch nur mit einer Kompetenz zur Erlassung von Hoheitsakten ausreicht, muss man davon ausgehen, dass die GBK das „erste“ Kriterium der Qualifikation als Verwaltungsbehörde – wenn auch nur beschränkt auf diesen Bereich – erfüllt. Dass es sich „nur“ um die Erlassung eines verfahrensrechtlichen Bescheides handelt, dürfte dabei keine Rolle spielen. In der Entscheidung vom 1.7.1987, G 78/87 hat der VfGH ausge- 5 sprochen, dass sich aus der Übertragung von Befehls- oder Zwangsbefugnissen allein die Qualifikation als selbständige Behörde (noch) nicht ableiten lässt. Vielmehr müsse zur funktionellen Seite der Übertragung von hoheitlichen Aufgaben auch eine gewisse organisatorische Selbständigkeit hinzutreten. Die geforderte organisatorische Selbständigkeit hat der VfGH im genannten Erkenntnis bereits daraus abgeleitet, dass ein Organ neben dem BM Adressat von bestimmten Anträgen und Zeugnissen ist. Und in diesem Sinne ist die organisatorische Selbständigkeit für die GBK wohl unbestreitbar gegeben. Anträge auf Gutachtenserstellung oder Einzelfallprüfung sind an die GBK zu richten. Die Verfahren werden von ihr „gegenüber“ dem BMGF „autonom“ geführt und auch sonst fehlt es – wenn ich richtig sehe – an Bestimmungen, die auf eine Zurechnung des Handelns der GBK zum BMGF schließen lassen. Insgesamt ist also festzuhalten, dass die GBK partiell eine Verwal- 6 tungsbehörde ist. Die Zuschreibung dieses Attributes „Behörde“ ist für den Rechtsschutz – etwa für die Frage, wer belangte Behörde ist – und im Hinblick auf den in Art 102 Abs 1 B-VG verankerten Grundsatz der Ausübung der Vollziehung des Bundes in mittelbarer Bundesverwaltung von Bedeutung. Fraglich könnte nun sein, ob durch die Schaffung der Verwaltungsbehörde „Gleichbehandlungskommission“ nicht gegen Art 102 Abs 1 und Abs 4 B-VG verstoßen wurde. Art 102 Abs 1 B-VG sieht für die „Vollziehung des Bundes“ im „Bereich der Länder“ den Grundsatz der mittelbaren Bundesverwaltung vor und benennt in seinem Abs 2 abschließend jene Materien, die als Ausnahme davon in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden können. Art 102 Abs 1 B-VG bestimmt überdies, dass soweit in Angelegenheiten, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt werden, Bundesbehörden, insbesondere Bundespolizeidirektionen, mit der Vollziehung betraut sind, diese in den betreffenden Angelegenheiten dem Landeshauptmann unterstehen und an seine Weisungen gebunden sind. 555
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Eine solche Betrauung von Bundesbehörden mit der Vollziehung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung ist durch ein Bundesgesetz vorzusehen, das nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden darf. Art 102 Abs 4 B-VG bestimmt dann noch, dass die Errichtung von eigenen Bundesbehörden für andere Angelegenheiten als jene, die aufgrund der Aufzählung in Art 102 Abs 2 B-VG unmittelbar von Bundesbehörden vollzogen werden können, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen kann. Zusammenfassen lassen sich diese, im gegebenen Zusammenhang relevanten Aussagen des Art 102 B-VG wie folgt: Im Bereich der Länder bedarf sowohl die Errichtung von eigenen Bundesbehörden als auch die Übertragung von Aufgaben der Vollziehung auf Bundesbehörden der Zustimmung der Länder. Diese Bundesbehörden unterstehen den Weisungen des Landeshauptmannes (Potacs, Devisenbewirtschaftung 117 ff). Es ist nun also der Frage nachzugehen, ob durch die Einrichtung der Bundesbehörde „Gleichbehandlungskommission“ gegen den Grundsatz der mittelbaren Bundesverwaltung, dh die Vollziehung im Bereich der Länder durch den Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden, verstoßen wurde. Das ist mE aus mehreren Gründen zu verneinen. Dem „Konzept“ des Art 102 B-VG entsprechend ist zunächst zu prüfen, ob die „Materie Gleichbehandlung“ iSd GlBG nicht von der Ausnahmebestimmung des Art 102 Abs 2 B-VG erfasst ist. Das dürfte nach meiner Einschätzung für sehr viele (nicht aber alle) Bestimmungen des GlBG zutreffen. Gemäß Art 102 Abs 2 B-VG dürfen nämlich die Angelegenheiten „Arbeitsrecht“, „Bevölkerungspolitik, soweit sie die Gewährung von Kinderbeihilfen und die Schaffung eines Lastenausgleiches im Interesse der Familie zum Gegenstand hat“ und „Schulwesen sowie Erziehungswesen in den Angelegenheiten der Schüler- und Studentenheime, ausgenommen das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen und das land- und forstwirtschaftliche Erziehungswesen in den Angelegenheiten der Schülerheime“ durch Bundesbehörden vollzogen werden. Damit sind wohl die Gleichbehandlungsgebote, die im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis verfügt sind (§§ 3 und 17 GlBG), sowie einzelne Bereiche des Diskriminierungsschutzes nach dem III. Teil, 1. Abschnitt des GlBG wie etwa Teile des Sozialschutzes, der sozialen Vergünstigungen sowie der Bildung (§ 30 GlBG) erfasst. Nicht oder nur teilweise erfasst sein dürften aber die Gleichbehandlungsgebote für die „sonstige Arbeitswelt“ (§§ 4 und 18 GlBG) und weitere Bereiche 556
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des Diskriminierungsschutzes in den sonstigen Bereichen (§ 30 GlBG). Da eine Zustimmung der Länder nicht vorliegt ist für diese, durch die Ausnahmetatbestände des Art 102 Abs 2 B-VG nicht erfassten Bestimmungen die Frage einer allfälligen Verletzung des Gebotes zur Vollziehung in mittelbarer Bundesverwaltung zu untersuchen. Wie schon angedeutet, glaube ich aus mehreren Gründen, dass dies nicht der Fall ist. Zum einen ist zu beachten, dass Art 102 Abs 1 B-VG von der Vollziehung „im Bereich der Länder“ spricht. Dazu ist nun zum einen zu sagen, dass nach herrschender Lehre (Mayer, ÖZW 1977, 98; Raschauer, Oberste Organe 385; Schäffer, ZfV 1988, 372; Potacs, Devisenbewirtschaftung 120) und Judikatur (VfGH 6.6.1980, B 286/77) die Betrauung eines Bundesministeriums als erste und letzte Instanz auch in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung ohne die Zustimmung der Länder zulässig ist. Sie soll nur mit Rücksicht auf den dem Art 102 B-VG innewohnenden föderalistischen Zweck, nämlich den Ländern im Bereich der Vollziehung von Bundesaufgaben einen bedeutenden Einfluss einzuräumen, bloß ausnahmsweise erfolgen. Dass diese Vollziehung im Fall des GlBG nicht durch ein BM, sondern eine andere (aber eben auch) zentrale Instanz erfolgt, ändert an der zuvor geäußerten grundsätzlichen Zulässigkeit der Betrauung einer Zentralinstanz mit der Vollziehung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung unter Ausschaltung des LH und der ihm unterstellten Landesbehörden nichts (Potacs, Devisenbewirtschaftung 122; im Erkenntnis „Bundeskellereiinspektoren“, VfGH 1.7.1987, G 78/87, bestand die Verfassungswidrigkeit der Bundeskellereiinspektoren ua darin, dass dadurch eine „dekonzentrierte“ Besorgung von Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung eingerichtet war; e contrario kann geschlossen werden, dass eine zentralisierte Besorgung verfassungsrechtlich zulässig sein dürfte). Mit Rücksicht auf den Zweck des Art 102 B-VG, nämlich der Sicherung der Mitwirkung der Länder an der Vollziehung des Bundes, macht es keinen Unterschied, ob eine Angelegenheit allein von einer Ministerial- oder anderen Zentralinstanz vollzogen wird. Zum anderen ist zu sagen, dass der Begriff der Vollziehung „im Bereich der Länder“ als eine Form der dezentralisierten, in den Ländern lokalisierten Vollziehung (dh Bundesbehörden mit Sitz in den Bundesländern) zu verstehen ist. Oder anders formuliert: Eine Vollziehung von anderen als den in Art 102 Abs 2 B-VG genannten Angelegenheiten durch zentralisierte Bundesbehörden ist nicht als Vollziehung „im Bereich der Länder“ zu deuten (Potacs, 557
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Devisenbewirtschaftung 124 ff). Und dieses Verständnis gilt sowohl für die Betrauung von Bundesbehörden iSd Abs 1 des Art 102 B-VG als auch die Schaffung von Bundesbehörden iSd Abs 4 des Art 102 B-VG (Potacs, Devisenbewirtschaftung 123). Die GBK ist eine Zentralbehörde mit Sitz in Wien und im Hinblick darauf, dass Art 102 B-VG nur die Vollziehung in den Ländern erfasst, verfassungsrechtlich unbedenklich. 7 Ein Verstoß gegen Art 102 B-VG liegt aber auch und schon deshalb nicht vor, weil nach meinem Dafürhalten der Begriff der „Vollziehung des Bundes“ im Sinne der (hoheitlichen) Vollziehung der materiellrechtlichen Bestimmungen einer bestimmten Bundesmaterie zu verstehen ist. Es ist gerade Zweck des Art 102, den Grundsatz der mittelbaren und die Ausnahme der unmittelbaren Bundesverwaltung für bestimmte Materien festzulegen, die dem Bund zur hoheitlichen Vollziehung zugewiesen sind (gemäß Art 104 Abs 1 B-VG gilt Art 102 B-VG nur für die Hoheitsverwaltung). Demnach müsste die Ermächtigung zu hoheitlichem Handeln durch das Materiengesetz selbst begründet sein. Da die GBK in der „Bundesquerschnittsmaterie“ Gleichbehandlung nur in Form von unverbindlichen Gutachten und Vorschlägen befinden kann, handelt es sich nicht um „Vollziehung des Bundes“ iSd Art 102 B-VG. Oder anders formuliert: Ergibt sich die Behördenqualität allein daraus, in Verfahrensfragen hoheitlich abzusprechen, so greift Art 102 B-VG erst gar nicht. 8 Die mittlerweile als eher schwach einzuschätzenden Möglichkeiten der GBK, auf das Verhalten der für eine Diskriminierung verantwortlichen Personen einzuwirken, hat immer wieder die Forderung nach einer Stärkung ihrer Position durch die Übertragung von Bescheidbefugnissen laut werden lassen. So wurde etwa die Einrichtung als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag nach Art 133 Z 4 B-VG vorgeschlagen, der dann auch die Entscheidung über die Rechtsfolgen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes übertragen werden könnte. Des Weiteren erwogen wurde die Einrichtung von Sukzessivzuständigkeiten (vgl dazu Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 388 mwN). 4. Vollziehung des GlBG als nicht-hoheitliche Verwaltung 9 Es fasst die vorgehenden Ausführungen zusammen, wenn noch einmal festgestellt wird, dass die Tätigkeit der GBK mit Ausnahme 558
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der Ermächtigung zur Erlassung eines (verfahrensrechtlichen) Ladungsbescheides gemäß § 19 AVG eine nicht-hoheitliche ist. Davon abgesehen liegt mir an der Bezeichnung „nicht-hoheitlich“, die mE gegenüber der gebräuchlichen Charakterisierung als „Privatwirtschaftsverwaltung“ vorzuziehen ist. Dies aus folgendem Grund: Die Unterscheidung zwischen der Hoheits- und der Privatwirtschaftsverwaltung ist eine formenorientierte (beginnend mit VfSlg 3262/1957). Bedient sich der Staat der hoheitlichen Handlungsformen Bescheid, Verordnung oder Befehls- und Zwangsakte, so liegt Hoheitsverwaltung vor. Unter Privatwirtschaftsverwaltung wird ein Verwaltungshandeln in den Formen des Privatrechts verstanden und regelmäßig der Vertrag als Beispiel genannt (statt vieler Raschauer, Verwaltungsrecht2 Rn 720 ff; Korinek/Holoubek, Privatwirtschaftsverwaltung 9 ff mwN). Nun wird damit aber mE suggeriert, dass sich auch die sog Privatwirtschaftsverwaltung „positiv“ bestimmen ließe. Das ist mE angesichts der Vielfalt des Handelns nicht möglich. „Privatwirtschaftsverwaltung“ ist wohl jedes Verwaltungshandeln, das nach Abzug der hoheitlichen und schlicht-hoheitlichen Verwaltung – also einem Verwaltungshandeln in Zusammenhang mit Hoheitsakten (Raschauer, Verwaltungsrecht2 Rn 729 ff) – „übrig bleibt“ und insofern nur negativ bestimmbar. Abgesehen davon ist mE die Tätigkeit der GBK gerade eine, die für Private zwar wohl möglich, aber jedenfalls nicht typisch ist (Gutachten zu Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften erstatten, Schlichtungstätigkeit). Der Vergleich, dass der Staat wie ein Privater handle, passt für die klassischen Bereiche der Privatwirtschaftsverwaltung wie zB die fiskalischen Hilfsgeschäfte, nicht aber für die Tätigkeit der GBK. Und diese Tätigkeit ist wohl auch keine, die man als ein „Wirtschaften“ des Staates ansehen würde. Der Begriff der nicht-hoheitlichen Verwaltung trifft daher mE besser. Die Qualifikation der Tätigkeit der GBK als eine nicht-hoheitliche 10 ist für die Frage der Anwendbarkeit des Amtshaftungsgesetzes von Bedeutung. Das AHG gilt unbestritten nur für hoheitliches Tun oder Unterlassen sowie für Akte, die in einem Zusammenhang mit einer hoheitlichen Tätigkeit stehen (schlichte Hoheitsverwaltung, hoheitliche Realakte; vgl Raschauer, Verwaltungsrecht2 Rn 735 ff; Adamovich/Funk, Verwaltungsrecht3, 439 f; Antoniolli/ Koja, Verwaltungsrecht3, 766; Rebhahn, Staatshaftung 88; Schragel, Amtshaftungsgesetz 103 ff). Abgesehen von der Bescheiderlassung 559
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auf der Grundlage des § 19 AVG wird daher für das Handeln der GBK nicht nach den Regeln des AHG gehaftet. II. Gliederung in Senate, Mehrfachdiskriminierung 11 Die organisationsrechtliche Struktur der GBK folgt der Dreiteilung des Diskriminierungsschutzes des GlBG. Senat I ist für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt (Teil I des GlBG) zuständig, Senat II für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt (Teil II des GlBG) und Senat III für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in den sonstigen Bereichen (Teil III des GlBG). Die Argumente, die gegen diese Teilung des Diskriminierungsschutzes sprechen – wie die Frage, ob es nicht aus Gründen der Sachlichkeit geboten wäre, die Verwirklichung der Gleichbehandlung in der Arbeitswelt in einem zu regeln, oder anders formuliert: der Ungleichbehandlung auf Grund des Geschlechts durch die Aufspaltung des Schutzes vor Diskriminierung in der Arbeitswelt keinen besonderen Rang zuzuweisen –, wirken demnach auf organisationsrechtlicher Ebene fort. Die Vorteile einer Trennung der Senate sieht der Gesetzgeber darin, dass auf die Besonderheiten der Materien eingegangen und entsprechendes Fachwissen gesammelt werden kann (RV 307 BlgNR 22. GP 23). 12 Für den Fall der Mehrfachdiskriminierung, dh eine ungünstigere Behandlung in einer vergleichbaren Situation stützt sich auf mehr als einen Diskriminierungsgrund (zB Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit; vgl GlBG § 3 Rn 51), ordnet das Gesetz die Zuständigkeit des Senates I an, der dann auch die für den Senat II geltenden Bestimmungen anzuwenden hat. Auch durch diese Bestimmung wird die schon erwähnte Vorrangstellung der für die Geschlechtergleichbehandlung zuständigen Institutionen deutlich. Diese wird in den Materialien mit der Begründung gerechtfertigt, dass dadurch die „Erfahrung und Expertise der bereits bestehenden GBK in Gleichbehandlungsangelegenheiten genutzt werden“ könne (307 BlgNR 22. GP 23). Durch die Einrichtung einer gemeinsamen Anlaufstelle werde dem Problem der Mehrfachdiskriminierung „kund/inn/enfreundlich“ begegnet. Schließlich könnten die Mehrkosten in Grenzen gehalten werden, zumal die Nutzung bereits bestehender Einrichtungen Synergieeffekte erwarten ließe. 560
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Zusammensetzung der Senate
Die dem Vorsitzenden des Senates I zugewiesene Aufgabe der Koordinierung der Tätigkeit der GBK betrifft – wie sich aus den Materialien erhellt – „vor allem die Postzuteilung“. Die RV zur Erlassung eines Bundes-Behindertengleichstellungsge- 13 setzes und ua auch der Novellierung des GBK/GAW-G (RV 836 BlgNR 22. GP) sieht auch eine Erweiterung des § 1 vor. In einem neuen Abs 5 soll die Abgrenzung der Zuständigkeit der GBK von jener des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vorgenommen werden. Nach dem Entwurf ist die Zuständigkeit dieses Bundesamtes immer dann gegeben, wenn der Diskriminierungsgrund der Behinderung geltend gemacht wird. Die GBK hat einen an sie gerichteten Antrag oder ein Verlangen auf Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes, in dem auch oder ausschließlich eine Diskriminierung auf Grund einer Behinderung geltend gemacht wird, mangels Zuständigkeit abzulehnen und auf die Zuständigkeit des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen hinzuweisen. § 1 (5) GBK/GAW-G tritt mit 1.1.2006 in Kraft (Art 6 Z 6 BGBl I 2005/82). Zusammensetzung der Senate § 2. (1) Jeder Senat hat aus dem/der Vorsitzenden und weiteren Mitgliedern zu bestehen. (2) Dem Senat I haben als weitere Mitglieder anzugehören: 1. zwei Mitglieder, die von der Wirtschaftskammer Österreich entsendet werden; 2. zwei Mitglieder, die von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte entsendet werden; 3. zwei Mitglieder, die von der Vereinigung der Österreichischen Industrie entsendet werden; 4. zwei Mitglieder, die vom Österreichischen Gewerkschaftsbund entsendet werden; 5. ein Mitglied, das vom/von der Bundeskanzler/in bestellt wird; 6. ein Mitglied, das vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen bestellt wird; 7. ein Mitglied, das vom/von der Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit bestellt wird. (3) Dem Senat II haben als weitere Mitglieder anzugehören: 1. zwei Mitglieder, die von der Wirtschaftskammer Österreich entsendet werden; 561
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2. zwei Mitglieder, die von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte entsendet werden; 3. zwei Mitglieder, die von der Vereinigung der Österreichischen Industrie entsendet werden; 4. zwei Mitglieder, die vom Österreichischen Gewerkschaftsbund entsendet werden; 5. ein Mitglied, das vom/von der Bundeskanzler/in bestellt wird; 6. ein Mitglied, das vom/von der Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit bestellt wird. (4) Dem Senat III haben als weitere Mitglieder anzugehören: 1. zwei Mitglieder, die von der Wirtschaftskammer Österreich entsendet werden; 2. zwei Mitglieder, die von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte entsendet werden; 3. ein Mitglied, das vom/von der Bundesminister/in für Bildung, Wissenschaft und Kultur bestellt wird; 4. ein Mitglied, das vom/von der Bundeskanzler/in bestellt wird; 5. ein Mitglied, das vom/von der Bundesminister/in für Inneres bestellt wird; 6. ein Mitglied, das vom/von der Bundesminister/in für Justiz bestellt wird; 7. ein Mitglied, das vom/von der Bundesminister/in für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz bestellt wird; 8. ein Mitglied, das vom/von der Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit bestellt wird. (5) Bilden Förderungsrichtlinien oder Förderungsmaßnahmen eines Bundesministeriums den Gegenstand der Beratungen eines Senates, so hat diesem als zusätzliches weiteres Mitglied auch ein/e Vertreter/in des betreffenden Bundesministeriums anzugehören. (6) Den Vorsitz hat jeweils ein/e vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen betraute/r Bedienstete/r des Bundes zu führen. Ein/e weitere/r Bedienstete/r des Bundes ist erforderlichenfalls auf dieselbe Weise jeweils mit der Stellvertretung für den/der mit dem Vorsitz betrauten/betrauter Bediensteten des Bundes zu betrauen. Vor der Betrauung der Vorsitzenden der Senate sind die jeweils entsendungsberechtigten Interessenvertretungen zu hören. (7) Für jedes weitere Senatsmitglied ist mindestens ein Ersatzmitglied zu entsenden bzw. zu bestellen. Die Funktionsdauer der Mitglieder und deren Ersatzmitglieder beträgt vier 562
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Jahre. Wiederentsendung bzw. Wiederbestellung sind zulässig. Bei Verzicht, Widerruf der Entsendung oder Bestellung, grober Verletzung oder dauernder Vernachlässigung der Pflichten sind die Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen vor Ablauf der Funktionsdauer von ihrer Funktion zu entheben. Im Bedarfsfall ist ein Senat durch Neuentsendungen bzw. Neubestellungen für den Rest der Funktionsdauer zu ergänzen. Wird das Entsendungsrecht bzw. das Bestellungsrecht nicht binnen zwei Monaten nach Aufforderung ausgeübt, so hat der/die Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen die betreffenden Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder zu bestellen. (8) Die von einer Interessenvertretung entsendeten Mitglieder und deren Ersatzmitglieder haben vor Antritt ihrer Funktion dem/der Vorsitzenden die gewissenhafte und unparteiische Ausübung ihrer Tätigkeit zu geloben. (9) Jede der Stellen, die zwei Mitglieder entsenden oder bestellen, soll zumindest eine Frau als Mitglied entsenden oder bestellen. Bei der Entsendung oder Bestellung von deren Ersatzmitgliedern sollen mindestens 50 % Frauen berücksichtigt werden. Jedes der Bundesministerien, die ein Mitglied bestellen, soll zumindest eine Frau als Mitglied oder Ersatzmitglied bestellen. Gemeinsam ist der Zusammensetzung der drei Senate, dass sie re- 1 gelmäßig, wenn auch in unterschiedlichen Kräfteverhältnissen, „dreigliedrig“ vorgesehen ist. Vertreten sind die Verbände der ArbNinnen und ArbGinnen sowie die staatliche Verwaltung. Die Regelung der Zusammensetzung der Senate wurde nicht zum Anlass genommen, um die von den RL geforderten Maßnahmen zur Förderung des Dialogs mit den Nichtregierungsorganisationen (Art 12 AntirassismusRL, Art 14 RahmenRL und Art 8c ÄnderungsRL) zu institutionalisieren. Ihnen kommt hinsichtlich der Besetzung der Senate weder ein Entsendungs- noch ein Vorschlagsoder Anhörungsrecht zu. Die Zusammensetzung der Senate weist bemerkenswerte Unter- 2 schiede auf. So besteht etwa der für Fragen der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zuständige Senat I aus insgesamt (inklusive der Vorsitzenden) 12, Senat II, der ebenfalls für Gleichbehandlungsfragen „in der Arbeitswelt“ zuständig ist, hingegen nur aus elf 563
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Mitgliedern. Elf Mitglieder sind es auch, die für Senat III bestimmt sind. In den Senaten I und II sind jeweils acht Vertreter der Sozialpartner vorgesehen. ArbNinnen- und ArbGinnen-Seite sowie gesetzliche und freiwillige Interessenvertretungen sind gleichermaßen vertreten. Gegenüber Senat I „fehlt“ in Senat II eine Vertreterin des BMGF. In Senat III ist der Einfluss der Sozialpartner deutlich geringer. Nur die gesetzlichen ArbNinnen- und ArbGinnen-Verbände entsenden jeweils zwei Vertreterinnen, die übrigen sieben Mitglieder werden von einer mE geradezu beliebigen Liste von Bundesministerien bestellt (nach den Erl RV 307 BlgNR, 22. GP 24 sind es die „dafür zuständigen Ministerien“). Gründe für diese, unter dem Gesichtspunkt des Gebotes zu sachlichen Regelungen zumindest fraglichen Unterschiede in der Zusammensetzung sind mE nicht erkennbar. Die relativ starke Vertretung der Verbände in den Senaten I und II wurde anlässlich der Erlassung des GlBG 1979 damit begründet, dass die von der Kommission zu behandelnden Angelegenheiten in allen Fällen die Interessen der ArbGinnen und ArbNinnen berührten. Aus diesem Grund sei eine möglichst der Sozialpartnerschaft angeglichene Zusammensetzung geboten (IA 138 A vom 24.1.79, II-4651 BlgNR 14. GP). Und nach Smutny/ Mayr (Gleichbehandlungsgesetz 384) sollten mit der sozialpartnerschaftlichen Zusammensetzung wohl Bedenken betreffend eines Eingriffs in die Kollektivvertragsautonomie zerstreut werden. Dies trifft allerdings nur für einen Teilbereich des Prüfumfanges der GBK zu, nämlich der Prüfung von KV-Bestimmungen. Besondere fachliche Voraussetzungen – wie etwa Erfahrung in der Vollziehung des GlBG – sind nicht verlangt. Dies erscheint mir insofern bemerkenswert, als die Senate der GBK mit der Beantwortung von Rechtsfragen betraut sind. Sie erstatten Gutachten oder prüfen im Einzelfall, ob eine Verletzung der Gleichbehandlungsgebote iSd des GlBG vorliegt. 3 Die Mitgliederzahl in den Senaten erhöht sich bei der Behandlung von Förderungsrichtlinien oder Förderungsmaßnahmen eines BM möglicherweise noch um eins, weil in diesem Fall eine Vertreterin des betreffenden BM beizuziehen ist (Abs 5). Die Regelung dürfte wohl dann nicht greifen, wenn das betreffende BM im Senat bereits vertreten ist. 4 Mit der Vorsitzführung ist jeweils eine Bedienstete des Bundes zu betrauen. Die Betrauung steht für alle Senate der BMGF zu, die 564
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allerdings zuvor die jeweils entsendungsberechtigten Interessenvertretungen zu hören hat. Die dominierende Rolle der BMGF zeigt sich insb auch darin, als 5 das Entsendungs- oder Bestellungsrecht auf sie übergeht, wenn es von der entsendeberechtigten Institution nicht innerhalb von zwei Monaten nach Aufforderung ausgeübt wird. Abs 7 nennt mehrere Gründe, bei deren Vorliegen Mitglieder von ihrer Funktion zu entheben sind. Auch die Enthebung ist Sache der BMGF. Diesbezüglich fällt auf, dass eine Enthebung auch dann stattfinden muss, wenn die Entsendung oder Bestellung unbegründet widerrufen wird. Dadurch zeigt sich doch eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit der Einflussnahme auf die Mitglieder der Senate. Fraglich ist, ob die Enthebung bescheidförmig zu erfolgen hat oder ob es sich um einen Akt nicht-hoheitlicher Verwaltung handelt. Zwar ist die Bescheidform nicht ausdrücklich vorgesehen, doch spricht mE die Verwendung des Wortes „entheben“ für eine Ermächtigung zu „einseitig-befehlendem“ Handeln (Raschauer, Verwaltungsrecht2 Rn 727). Und dazu ist noch anzumerken, dass in der Rechtsordnung häufig die Ermächtigung zur Bescheiderlassung nicht ausdrücklich, sondern durch den Gebrauch derartiger Begriffe („bestimmen“, „entscheiden“, „verfügen“) eingeräumt wird. Die Deutung als Bescheid hat aus der Sicht der Abberufenen den Vorteil, dass die Anrufung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dagegen offen stünde. Gegen eine Bescheidqualifikation könnte allenfalls eingewendet werden, dass die Ermächtigung zu hoheitlichem Handeln stets mit hinreichender Deutlichkeit vorgenommen werden muss, dass dies hier nicht der Fall sei und im Zweifel Privatwirtschaftsverwaltung anzunehmen sei (VfSlg 3262/ 1957; VfSlg 5355/1966; VfSlg 7717/1975; VfGH 26.2.1985, G 77/84; VfGH 13.6.1989, A 14/88; OGH 24.11.1988, 6 Ob 694/88 = JBl 1990, 169; OGH 29.1.1992, 1 Ob 47/91; OGH 21.9.1993, 1 Ob 18/93; OGH 30.7.1996, 7 Ob 556/95; OGH 24.11.1988, 6 Ob 694/ 88; OGH 13.7.1993, 4 Ob 82/93; Raschauer, Verwaltungsrecht2 Rn 725 ff; vgl auch die Nachweise bei Koja, Verwaltungsrecht3, 34). Wenn man diesen Grundsatz auch für die Aktdeutung anerkennt (VfGH 26.2.1985, G 77/84) – und dafür spricht, dass auch ein individueller Verwaltungsakt iSd zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen zu deuten ist –, dann wäre die Enthebung als nicht-hoheitliches Handeln zu werten. Dieser Auslegungsgrundsatz ist allerdings für Betroffene nachteilig, weil sie damit des öffentlich-rechtlichen 565
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Rechtsschutzes verlustig gehen. Und dieser öffentlich-rechtliche Rechtsschutz bietet Vorteile wie etwa geringere Kosten oder den Amtswegigkeitsgrundsatz. Wie schon angedeutet meine ich, dass hier die Ermächtigung zu hoheitlichem Handeln durch den Begriff „entheben“ hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. Die Enthebung erfolgt daher mE mit Bescheid. Es heißt dann noch weiter im Gesetzestext, dass „im Bedarfsfall“ ein Senat durch Neuentsendungen bzw Neubestellungen zu ergänzen ist. Der verschiedenste Deutungen zulassende Terminus „Bedarfsfall“ darf mE nicht als Ermächtigung zu beliebigem Handeln gedeutet werden, sondern ist einschränkend dahingehend zu interpretieren, dass jedes Ausscheiden eines Mitgliedes einen solchen Bedarfsfall darstellt, der zur Ergänzung der Senate verpflichtet. 6 Die in Abs 9 verbürgte Aufforderung zu geschlechterparitätischer Beschickung der Senate hat bloß Appellcharakter (arg „soll“); ihre Nichtbeachtung bleibt ohne Sanktion. Anwaltschaft für Gleichbehandlung § 3. (1) Beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen ist eine Anwaltschaft für Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsanwaltschaft – GAW) einzurichten. (2) Die Anwaltschaft für Gleichbehandlung besteht aus: 1. der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt (Teil I GlBG); 2. dem/der Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt (Teil II GlBG); 3. dem/der Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen (Teil III, 1. Abschnitt GlBG); 4. den Regionalanwältinnen und Regionalvertreter/inne/n; 5. den erforderlichen Stellvertreter/innen der in Z 1 bis 4 genannten Personen; 6. der erforderlichen Zahl von Mitarbeiter/inne/n. (3) Die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt hat die Tätigkeit der Anwaltschaft für Gleichbehandlung zu koordinieren. 566
Anwaltschaft für Gleichbehandlung
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(4) Die Anwaltschaft für Gleichbehandlung ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne des GlBG diskriminiert fühlen. Sie kann zu diesem Zweck Sprechstunden und Sprechtage im gesamten Bundesgebiet abhalten. (5) Die Anwaltschaft für Gleichbehandlung kann unabhängige Untersuchungen zum Thema der Diskriminierung durchführen sowie unabhängige Berichte veröffentlichen und Empfehlungen zu allen die Diskriminierung berührenden Fragen abgeben. (6) Die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, der/die Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt sowie der/die Anwalt/ Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen sowie deren Stellvertreter/innen sind nach Anhörung der jeweils entsendungsberechtigten Interessenvertretungen vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen zu bestellen. Der/die Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen hat Bedienstete des Bundes mit diesen Funktionen zu betrauen. (7) Die Funktionen nach Abs. 2 Z 1 bis 5 ruhen 1. ab der Einleitung eines Disziplinarverfahren bis zu dessen rechtskräftigen Abschluss und 2. während der Zeit a) der Suspendierung, b) der Außerdienststellung, c) einer Karenzierung oder eines Urlaubs von mehr als drei Monaten und d) der Leistung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes. (8) Die Funktionen nach Abs. 2 Z 1 bis 5 enden 1. mit der rechtskräftigen Verhängung einer Disziplinarstrafe, 2. mit der Versetzung ins Ausland, 3. mit dem Ausscheiden aus dem Bundesdienst, 4. durch Verzicht. (9) Der/die Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen hat die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, den/die Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörig567
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keit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt, den/die Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen sowie deren Stellvertreter/innen und die Regionalanwältinnen und Regionalvertreter/innen von ihrer Funktion zu entheben, wenn diese 1. aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt nicht mehr ausüben können oder 2. die ihnen obliegenden Amtspflichten grob verletzt oder dauernd vernachlässigt haben. (10) Die in Abs. 2 Z 1 bis 5 genannten Mitglieder der Anwaltschaft für Gleichbehandlung sind in den ihren Wirkungsbereich betreffenden Angelegenheiten berechtigt, an den Sitzungen der Senate der Gleichbehandlungskommission und ihrer Arbeitsausschüsse teilzunehmen. Ihnen ist auf Verlangen das Wort zu erteilen. (11) Den Stellvertreter/inne/n nach Abs. 2 Z 5 kommen dieselben Rechte und Pflichten zu wie den Mitgliedern der Gleichbehandlungsanwaltschaft, mit deren Vertretung sie betraut sind. Literatur: Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung (1970); Koja, Die rechtliche Stellung der Codexkommission, ZfV 1979, 94; Korinek, Beiräte in der Verwaltung, in: FS Antiniolli (1979) 463; Rill, Zum Verwaltungsbegriff, in: FS Antoniolli (1979) 35; Mayer, Zur Frage der Weisungsgebundenheit von Amtssachverständigen, ÖZW 1983, 97; Pesendorfer, Zur Weisungsgebundenheit des sachverständigen und wissenschaftlichen Dienstes einer Gebietskörperschaft, ZfV 1983, 230; Rill, Grenzen der Ausgliederung behördlicher Aufgaben aus der unmittelbaren Staatsverwaltung, ÖBA 1996, 748; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht – Kommentar (3. Lieferung 2000), Art 20/1. Inhaltsübersicht Vorbemerkung zu den §§ 3 bis 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gemeinschaftsrechtliche Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsnatur und „Position“ der Anwaltschaft . . . . . . . Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbehalt einer Funktion für Frauen . . . . . . . . . . . . . . . Unabhängige Untersuchungen und unabhängige Berichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. „Sonstiges“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. II. III. IV. V. VI.
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Anwaltschaft für Gleichbehandlung
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I. Vorbemerkung zu den §§ 3 bis 7 § 3 richtet die Anwaltschaft für Gleichbehandlung ein. Er bestimmt 1 ihre Mitglieder, deren Bestellung, das Enden und Ruhen ihrer Funktionen. § 3 bestimmt sodann noch in den Abs 4 und 5 die der Anwaltschaft zukommenden Aufgaben. Die §§ 4 bis 7 regeln die Aufgaben und Befugnisse einzelner Mitglieder der Anwaltschaft sowie deren Rechtsstellung. Eine zusammenschauende Betrachtung der §§ 3 bis 7 des Gesetzes ergibt folgendes Bild: Die Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen ist ein Organ mit eigenen Befugnissen, jenen nämlich, die in den Abs 4 und 5 des § 3 explizit der Anwaltschaft zugewiesen werden. Die GAW besteht aber gleichzeitig noch aus weiteren („Unter-“)organen wie der Anwältin und den Anwälten, den Regionalanwältinnen und den Regionalvertretern; („Unter-“)organen deshalb, weil diesen eigene Kompetenzen zugeordnet sind. Bei näherer, inhaltlicher Betrachtung der Aufgabenzuweisungen erweist sich diese Trennung der Kompetenzbereiche als fragwürdig. So ist zunächst festzustellen, dass die Anwaltschaft für Gleichbehandlung gemäß Abs 4 des § 3 zuständig ist, Personen zu beraten und zu unterstützen, die sich im Sinne des GlBG diskriminiert fühlen. Eine gleichlautende Beratungs- und Unterstützungsaufgabe ist sodann aber auch den für die „verschiedenen Diskriminierungsbereiche“ zuständigen AnwältInnen übertragen, eingeschränkt eben nur auf ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich (§§ 4, 5, 6 jeweils Abs 1). Oder anders formuliert: die „Summe“ der Beratungs- und Unterstützungsaufgaben aller drei AnwältInnen deckt sich mit der Zuständigkeit der Anwaltschaft. Nun lässt sich aber eine von der Anwaltschaft wahrzunehmende „Gesamtberatung“ von der für die einzelnen Teilbereiche vorgesehenen Beratung nicht sinnvoll trennen. Die Zuständigkeitsbestimmung des § 3 Abs 4 ist mE daher nur als eine „Ankündigung“ einer Zuständigkeit zu verstehen, die in den folgenden §§ 4 bis 6 dann organisiert wird. Gleichzeitig ist zu betonen, dass dies für die zweite, ausdrücklich benannte Aufgabe der Anwaltschaft in § 3 Abs 5 nicht gilt. Die Ermächtigung zur Durchführung unabhängiger Untersuchungen, der Veröffentlichung unabhängiger Berichte sowie zur Abgabe von Empfehlungen ist ausdrücklich nur der GAW übertragen. Auch für diese Zuordnung zum „Gesamtorgan“ scheint mir eine sachliche Begründung nicht auffindbar. Untersuchungen und Berichte werden doch sinnvoller Weise wiederum von den für die einzelnen Diskriminierungsbereiche zuständigen AnwältenInnen durchzuführen sein, weil diese jeweils auf ihrem Gebiet Fachwissen 569
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ansammeln konnten, das es in Untersuchungen und Berichten zu verwerten gilt. Eine Koordinierung zwischen den Teilorganen hätte nur im Fall von Mehrfachdiskriminierungen zu erfolgen, die man im Interesse der Einheitlichkeit und Klarheit in Anlehnung an die Zuständigkeitsverteilung bei Mehrfachdiskriminierung bei der GBK hätte vorsehen können. Davon abgesehen ist zu beachten, dass den AnwältInnen in den §§ 4 bis 7 noch weitere, über die bloße Beratungs- und Unterstützungstätigkeit hinausgehende Befugnisse zugeordnet sind. Insgesamt erscheint mir daher die Aufteilung der Kompetenzen auf Gesamtorgan und Teilorgane weder konsequent noch sinnvoll. Und mit Rücksicht auf dieses Argument ist dann zu fragen, ob es des „Konstruktes“ Anwaltschaft überhaupt bedarf, welcher „Mehrwert“ gegenüber der Summe der für die verschiedenen Diskriminierungsbereiche zuständigen AnwältInnen damit erreicht wird. 2 Eine Anwaltschaft als Organ mit eigenen Befugnissen war in den Vorläuferregelungen nicht vorgesehen (wenngleich sich die Bezeichnung in der Praxis – allerdings für die bloß „eingliedrige“ Organisation [der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern] – schon längst etabliert hat, vgl beispielsweise Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz, Kommentar zu § 3, wo dieser Begriff ganz selbstverständlich und durchgehend verwendet wird). Das auf Fragen der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts begrenzte GlBG 1979 richtete aufgrund einer Novelle aus 1990 (BGBl 1990/410) eine Anwältin für Gleichbehandlungsfragen ein. Mit BGBl I 1998/44 wurde sodann der damals für Fragen der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zuständige Bundeskanzler ermächtigt, durch Verordnung Regionalbüros der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen einzurichten. Motivation für die Einrichtung der Anwältin und später der Regionalbüros war die als ungenügend empfundene Inanspruchnahme der GBK. Diese sollte gleichsam durch Anwältinnen personifiziert werden. Durch eine direkte Ansprechstelle sollte die allenfalls gegenüber einer „anonymen“ GBK bestehende psychologische Barriere leichter überwindbar, und damit ein Beitrag zur Effektuierung des Rechtsschutzes geleistet werden (IA 427, II-11433 BlgNR 17. GP, abgedruckt bei Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 1334 ff und AB 1411 BlgNR 17. GP, ebendort, 1346 ff [1352]). Diese für Fragen der Gleichbehandlung der Geschlechter zuständigen Einrichtungen bestehen auch nach dem GBK/GAW-G weiter. Zur Anwaltschaft 570
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gehören aber – wiederum der Dreiteilung des Diskriminierungsschutzes Rechnung tragend – überdies auch Anwälte und Regionalvertreter, die Aufgaben des Diskriminierungsschutzes aus anderen Diskriminierungsgründen in der Arbeitswelt (Teil II GlBG) sowie in sonstigen Bereichen (Teil III GlBG) übernehmen. II. Gemeinschaftsrechtliche Bezüge Art 13 der AntirassismusRL sowie Art 8a der ÄnderungsRL ver- 3 pflichten die Mitgliedstaaten Stellen zu bezeichnen, deren Aufgabe es ist, die Verwirklichung der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung auf Grund des Geschlechts oder aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft zu fördern, zu analysieren, zu beobachten und zu unterstützen. Der Aufgabenkreis dieser Stellen muss a) die unabhängige Unterstützung der Diskriminierungsopfer bei der Beschwerdeführung wegen einer Diskriminierung, b) die Durchführung von unabhängigen Untersuchungen zum Thema Diskriminierung sowie c) die Veröffentlichung von unabhängigen Berichten und die Vorlage von Empfehlungen zu allen Aspekten, die mit diesen Diskriminierungen im Zusammenhang stehen, umfassen. Die unter Punkt b) und c) genannten Aufgaben werden durch Abs 5 des § 3 der GAW übertragen. Ob damit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprochen wurde, ist noch zu untersuchen, insb im Hinblick auf die geforderte „Unabhängigkeit“ der Untersuchungstätigkeit und Berichterstattung (unten Rn 4 und Rn 10). III. Rechtsnatur und „Position“ der Anwaltschaft Hinsichtlich der Frage der rechtlichen Qualifikation der GAW 4 gilt das zur GBK Gesagte (§ 1 Rn 1 ff). Die (ebenfalls) beim BMGF eingerichtete GAW ist ein Organ der Verwaltung, sie ist aber mangels Kompetenz zur Setzung hoheitlicher Akte – die Gleichbehandlungsanwaltschaft ist zuständig zu beraten, und zu unterstützen (§ 3 Abs 4) sowie unabhängige Untersuchungen zum Thema Diskriminierung durchzuführen, unabhängige Berichte zu veröffentlichen sowie Empfehlungen zu allen die Diskriminierung berührenden Fragen abzugeben (§ 3 Abs 5) – keine Behörde. Das gilt (selbstredend) auch für die drei AnwältInnen als deren Teilorgane. Die Zuordnung der GAW zur Staatsfunktion Verwaltung hat zur Folge, dass auch die durch die Verfassung vorgegebenen Bindungen der Verwaltung zu beachten sind. In diesem Zusammenhang interessiert insb die in Art 20 Abs 1 B-VG vorgesehene Weisungs571
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bindung. Der zitierten Vorschrift gemäß „führen unter der Leitung der obersten Organe … die Verwaltung. Sie sind dabei an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe gebunden.“ Nun ist der Begriff der Verwaltung in Art 20 Abs 1 B-VG zwar funktional bestimmt („führen die Verwaltung …“), es wurde aber bereits unter § 1 Rn 2 ausgeführt, dass darunter jedenfalls jegliches Handeln der Verwaltungsorgane im organisatorischen Sinn fällt. Mit Rücksicht auf diese Zuordnung ist zunächst vom Grundsatz der Gebundenheit an Weisungen auszugehen. Da die Weisungsbindung des Art 20 Abs 1 B-VG unter dem Vorbehalt einer abweichenden verfassungsrechtlichen Regelung verbürgt ist, bedürfte die Freistellung von Weisungen eines Verfassungsgesetzes. Eine verfassungsförmige Weisungsfreistellung ist nun aber wiederum im GBK/GAW-G nicht vorgesehen (§§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 1 zweiter Satz verbürgen die Selbständigkeit und Unabhängigkeit nur im einfachgesetzlichen Rang, siehe § 4 Rn 1). In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die mE gleich gelagerte Frage der Weisungsbindung der sonstigen Mitglieder der GBK zuweilen mit unterschiedlichen Argumenten verneint wurde (Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 60, allerdings zu einer anderen Rechtslage; Bei/Novak, Gleichbehandlungsgesetz 147; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 479 ff). Ihre Stellung wurde einerseits mit jener von Beiräten und andererseits mit jener von Sachverständigen verglichen. Und für beide – Beiräte und Sachverständige – wird von manchen angenommen, dass sie schon kraft der ihnen zukommenden Aufgabe der Beratung und der Aussage über Tatsachen, also gewissermaßen aufgrund der „Natur“ der ihnen zugewiesenen Aufgaben, keiner Weisungsbindung unterliegen (Korinek, Beiräte 463; Pesendorfer, ZfV 1983, 234 ff). Zuweilen wird die Weisungsfreiheit aus dem verpflichtenden Gelöbnis zu unparteiischer Aufgabenwahrnehmung abgeleitet (Bei/Novak, Gleichbehandlungsgesetz 147). Alle diese Argumente sind aber mE widerlegbar, sodass von der Geltung des Art 20 Abs 1 B-VG gegenüber den Mitgliedern der GAW auszugehen ist (zur Frage der Weisungsbindung ausführlich § 10 Rn 2 ff). 5 Mit Rücksicht auf die der Anwaltschaft für Gleichbehandlung zugewiesenen Aufgaben, lässt sich das Verhältnis der GAW zur GBK wie folgt beschreiben: Abs 4 des § 3 ordnet ihr die Aufgabe der „Beratung und Unterstützung von Personen“ zu, „die sich im Sinne des GlBG diskriminiert fühlen“ (Zur Abgrenzung der Beratungs- und Unterstützungskompetenz der Anwaltschaft von jener 572
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der AnwältInnen und RegionalvertreterInnen vgl Kommentierung zu §§ 4 bis 7). Diese Beratungs- und Unterstützungsleistung wird wohl primär, aber nicht notwendig, im Vorfeld eines Verfahrens vor der GBK stattfinden. Die Anwaltschaft ist ferner durch Abs 5 ermächtigt, unabhängige Untersuchungen zum Thema Diskriminierung durchzuführen, weiters unabhängige Berichte zu veröffentlichen sowie Empfehlungen zu allen die Diskriminierung berührenden Fragen abzugeben. Diese Aufgabe ist wohl eine von der Tätigkeit der GBK unabhängige (zum Verhältnis der AnwältInnen zur GBK siehe den Kommentar zu § 4 Rn 3 und Rn 5; zur Frage der Unabhängigkeit der Berichterstattung siehe Rn 10). IV. Organisation Die GAW besteht zunächst aus drei AnwältInnen. Diese sind die 6 Anwältin für Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt (Teil I GlBG), der Anwalt für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion, der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt (Teil II GlBG) und der Anwalt für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in den sonstigen Bereichen (Teil III GlBG). Zur GAW gehören dann noch die Regionalanwältinnen und die Regionalvertreter, deren StellvertreterInnen sowie die weiteren Mitarbeiter. Die Koordinationsaufgabe ist – der im Gesetz durchgängig vorgesehenen Sonderstellung der mit Fragen der Gleichbehandlung von Frauen und Männern befassten Institutionen entsprechend – der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern übertragen. Die AnwältInnen sowie deren StellvertreterInnen sind vom 7 BMGF zu bestellen (Abs 6). Den Interessenvertretungen ist eine Mitwirkung in Form eines Anhörungsrechtes zugestanden. Wenn es im Gesetz heißt, dass die Bestellung „nach Anhörung der jeweils entsendungsberechtigten Interessenvertretungen“ vorzunehmen ist, so ist der Begriff der „jeweils entsendungsberechtigten Interessenvertretungen“ auslegungsbedürftig, zumal Entsendungsrechte der Interessenvertretungen im Zusammenhang mit den Mitgliedern der GAW gar nicht vorgesehen sind. Die Bedeutung dieser Wortfolge dürfte aber insofern erschließbar sein, als die Vorgängerbestimmung (§ 3a Abs 1 GlBG aus 1979 idF BGBl 1990/410 und 1998/44) ein gleichlautendes Anhörungsrecht der Interessenvertretungen vorsah, dort aber klar gestellt ist, dass es sich um die in der 573
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GBK vertretenen Interessenvertretungen handelt. Wenn nun den „jeweils entsendungsberechtigten Interessenvertretungen“ ein Anhörungsrecht zukommt, so wird damit auf die Zusammensetzung der verschiedenen Senate verwiesen. In Bezug auf die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt sind das die im Senat I vertretenen Interessenvertretungen (vgl § 2 Abs 2). Für den Anwalt für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in den sonstigen Bereichen sind das die im Senat III vertretenen Interessenvertretungen, also „nur“ Wirtschaftskammer Österreich und Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte. 8 Abs 7, 8 und 9 sehen Gründe für eine zeitweilige oder auch endgültige Beendigung der Funktion der AnwältInnen, der Regionalanwältin und Regionalvertreter sowie deren StellvertreterInnen vor, wobei die Ruhensgründe in Abs 7 und die Endigungsgründe schon kraft Gesetzes eintreten. Abs 9 nennt Gründe, bei deren Vorliegen der BM zur Enthebung verpflichtet ist. Ob dieser Akt der Enthebung einer hoheitlicher ist, ist fraglich, mE aber mit Rücksicht auf den Wortlaut (arg „entheben“) zu bejahen (eingehender § 2 Rn 5 mwN). Die Qualifikation als Hoheitsakt eröffnet die Wege des öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzes. V. Vorbehalt einer Funktion für Personen weiblichen Geschlechts 9 Gemäß § 3 Abs 2 Z 1 gehört der Anwaltschaft für Gleichbehandlung auch die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt an. Das Gesetz behält demnach diese Funktion ausdrücklich einer Person weiblichen Geschlechts vor (das Gleiche gilt dann in weiterer Folge für die Regionalanwältinnen als Leiterinnen der Regionalbüros der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern [§ 7 Abs 1]). Diese unterschiedliche Behandlung der Geschlechter wird in den Materialien (RV 307 BlgNR 22. GP 24 f) ausführlich begründet. Darin ist zu lesen, dass die Bezugnahme auf das weibliche Geschlecht „im Lichte der Judikatur des VfGH als gleichheitskonform anzusehen“ sei: „Eine rechtliche Differenzierung nach dem Geschlecht ist dann zulässig, wenn objektive Gründe vorliegen, die eine unterschiedliche Behandlung der Geschlechter sachlich rechtfertigen. In Bezug auf die Beratung von Arbeitnehmern durch eine weibliche Ombudsperson liegt diese sachliche Rechtfertigung darin, dass historisch und aktu574
Anwaltschaft für Gleichbehandlung
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ell das Problem geschlechterspezifischer Diskriminierung am Arbeitsmarkt fast ausschließlich Frauen trifft. Eine Beratung und Betrauung wegen sexueller Belästigung erfordert einen noch intensiveren zeitlichen und persönlichen Einsatz als andere Beteiligungen, weil die psychischen Belastungen sehr massiv sein können. In dieser Situation kommt es auf das besondere Einfühlungsvermögen der Beratenden an. Nach den bisherigen Erfahrungen können sexuell belästigte Frauen ihre Konfliktsituation am ehesten im Rahmen einer Beratung mit einer Expertin aufarbeiten.“ Dieser Auffassung lässt sich Folgendes entgegen halten: Es sind zwei Aussagen, die mE aus dieser Begründung „hervorleuchten“. Zum einen das „Mengenargument“; es seien nämlich historisch und aktuell fast ausschließlich Frauen Opfer geschlechterspezifischer Diskriminierung. Dieses Quantitätsargument erinnert an die „Durchschnittsbetrachtungs-“ bzw „Härtefalljudikatur“ des VfGH (VfSlg 14.268/1995), wonach es dem Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes gestattet ist, auf eine Durchschnittsbetrachtung abzustellen. Sollten vereinzelt Härtefälle auftreten, so mache dies eine Regelung noch nicht unsachlich. Zum zweiten wird die „Sensibilität“ geschlechterdiskriminierender Fragestellungen betont, insb zählen dazu die Fälle sexueller Belästigung, die besonderes Einfühlungsvermögen erforderten und nur gemeinsam mit einer Expertin aufgearbeitet werden könnten. Es ist dem Gesetzgeber nun vorbehaltlos zuzustimmen, dass die Beratung insb bei sexueller Belästigung nur von Personen des eigenen Geschlechts gut angenommen werden würde. Gleichzeitig meine ich aber auch, dass hier eine Situation vorliegt, bei der eine Durchschnittsbetrachtung eben nicht angestellt werden darf, weil hier mE das Geschlecht eine unverzichtbare Voraussetzung für die Ausübung einer Funktion ist (in diesem Sinne auch das Gutachten der GBK G 7 (2000) der LoseBlatt-Sammlung „Anträge an die Gleichbehandlungskommission“). Dies gilt nun selbstredend für beide Geschlechter. Die Gleichbehandlungsanwältin ist auch zuständig, männliche Opfer sexueller Belästigung zu unterstützen und zu beraten. Und ich glaube, dass ein so organisiertes Beratungs- und Unterstützungsangebot für männliche Opfer einer geschlechterspezifischen Diskriminierung nicht adäquat ist. Auch hier gilt, dass man bei Personen des eigenen Geschlechts mehr Verständnis wird vermuten dürfen und vorfinden wird. Und zumindest die Möglichkeit einer gleichgeschlechtlichen Beratung ist wohl für die Inanspruchnahme und Effektivität dieser Rechtschutzeinrichtung ganz entscheidend. Nach 575
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meinem Dafürhalten ist daher nicht ein bestimmtes Geschlecht, sondern es sind beide Geschlechter unverzichtbare Voraussetzungen einer sachgerechten Organisation. Oder anders formuliert: Ich erachte die Bedingung des weiblichen Geschlechts für die Funktion der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt verfassungsrechtlich bedenklich, weil sie mE nicht sachlich ist. Sachgerecht wäre eine geschlechterparitätische Besetzung einer dann als „Anwaltschaft für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen“ zu bezeichnenden Einrichtung; ein Vorschlag der im Übrigen schon vor geraumer Zeit gemacht wurde (vgl Eichinger, Frau 333; in diese Richtung auch Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 407; der VfGH [30.9.1996, B 1724/95] ist der Frage der Verfassungskonformität der Beschränkung der Funktion der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen auf Personen weiblichen Geschlechts nach der alten Rechtslage im Übrigen ausgewichen mit dem Argument, dass gemäß § 1 Abs 4 des GlBG 1979 bei personenbezogenen Bezeichnungen … die gewählte Form für beide Geschlechter gilt“, und daher das als „Anwältin für Gleichbehandlungsfragen“ bezeichnete Organ einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich ist. Da das GBK/GAW-G durchgehend geschlechtergerecht iSe Nennung jeweils beider Geschlechter formuliert ist, wäre ihm dieses Argument heute verwehrt). VI. Unabhängige Untersuchungen und unabhängige Berichte 10 § 3 Abs 5 weist der Gleichbehandlungsanwaltschaft die kraft Gemeinschaftsrecht geforderte Aufgabe zu, unabhängige Untersuchungen durchzuführen und unabhängige Berichte zu veröffentlichen sowie Empfehlungen zu allen Aspekten, die mit diesen Diskriminierungen im Zusammenhang stehen, vorzulegen (Art 13 der AntirassismusRL; Art 8a der ÄnderungsRL). Da die Mitglieder der GAW weisungsgebunden sind, ist mE das Kriterium der Unabhängigkeit nicht erfüllt (zur Frage der Weisungsbindung oben Rn 4 und § 10 Rn 2 ff). Fraglich könnte dann noch sein, ob die geforderte Unabhängigkeit nicht unmittelbar kraft Gemeinschaftsrecht gilt, das ja aufgrund des ihm zukommenden Anwendungsvorranges widersprechendes nationales Recht verdrängt. Diese Frage wird mit Rücksicht darauf zu verneinen sein, dass es sich um RLen handelt und die Organisation der (indirekten) Vollziehung des Gemeinschaftsrechts auf nationaler Ebene Sache der Mitgliedstaaten ist. Und zu dieser „Organisation“ des Vollzugs dürfte auch die 576
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Zuerkennung der Unabhängigkeit zählen (vgl Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Art 20/1 Rn 103). Mit Rücksicht auf diese der GAW übertragenen und Unabhängigkeit einfordernden Aufgaben erachte ich die Organisation der GAW mangels einer in Form eines Verfassungsgesetzes gebotenen Garantie der Unabhängigkeit als gemeinschaftsrechtswidrig. VII. „Sonstiges“ Mitglieder der GAW sind mit Aufgaben der Verwaltung betraut, 11 denn sie nehmen ihnen durch Gesetz übertragene staatliche Funktionen wahr, die weder Gesetzgebung noch Gerichtsbarkeit sind (vgl zum Begriff Verwaltung Rill, Verwaltungsbegriff 38 ff). Sie sind daher auch gemäß Art 20 Abs 3 B-VG zur Verschwiegenheit über alle, ihnen aus ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet. Dabei ist es nicht von Relevanz, dass die Mitglieder der GAW nicht zur Setzung von verbindlichen Verwaltungsakten berufen sind. Art 20 Abs 3 B-VG ist weit zu interpretieren und erfasst alle Organe, die Verwaltungsaufgaben besorgen (in Bezug auf Beiräte Korinek, Beiräte 476 ff). Davon abgesehen sind Sitzungen der GBK und der Arbeitsausschüsse, an denen die AnwältInnen, die Regionalanwältinnen und die Regionalvertreter sowie deren StellvertreterInnen teilzunehmen berechtigt sind, gemäß § 14 Abs 3 vertraulich. Dieses Teilnahmerecht erstreckt sich im Übrigen auch auf die „Arbeitsausschüsse“. Und diesbezüglich ist zu bemerken, dass das GlBG zwei Typen von Ausschüssen kennt – zum einen den Arbeitsausschuss, der gemäß § 11 Abs 2 vom Senat zur Vorbereitung der Beschlussfassung eingesetzt werden kann, wenn ein Gutachten Diskriminierungen in Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung betrifft. Zum anderen kennt es die Ausschüsse nach § 15, denen der Senat die Behandlung (und somit „Entscheidung“) von Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes im Einzelfall übertragen kann. Stellt man nun allein auf den Wortlaut des Abs 10 ab, so hieße das, dass das Teilnahmerecht der bezeichneten Mitglieder der GAW auf die vorbereitenden Arbeitsausschüsse nach § 11 Abs 2 beschränkt bliebe. Dieses Ergebnis entspräche allerdings wohl kaum den Anforderungen der Zweckmäßigkeit oder anders formuliert: weder finden sich sachliche Gründe für eine Beschränkung auf einen bestimmten Ausschusstyp, noch lässt sich begründen, dass zwar die Teilnahme an Sitzungen des Senats, nicht aber an jenen der dieselben Angelegenheiten entscheidenden Ausschüsse gestattet sein soll. Mit Rücksicht auf 577
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diese Argumente dürfte der Begriff „Arbeitsausschuss“ in Abs 10 wohl auch die Ausschüsse gemäß § 15 mit umfassen (siehe auch § 15 Rn 2). Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt § 4. (1) Die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne von Teil I GlBG diskriminiert fühlen. Sie ist in Ausübung dieser Tätigkeit selbständig und unabhängig. (2) Die Anwältin kann, falls erforderlich, auf Grund einer behaupteten Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes den/die Arbeitgeber/in zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme auffordern. Sie kann auch weitere Auskünfte vom/von der Arbeitgeber/in, vom Betriebsrat oder von den Beschäftigten des betroffenen Betriebes einholen. Diese sind verpflichtet, der Anwältin die für die Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen. (3) Wenn die Anwältin die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes vermutet und dem Senat die behaupteten Umstände glaubhaft macht, hat der Senat von Amts wegen ein Verfahren gemäß § 11 oder § 12 einzuleiten. Der Senat hat sich mit einem von der Anwältin vorgelegten Fall in seiner nächsten Sitzung, jedoch bis spätestens innerhalb eines Monats, zu befassen. (4) Der Senat kann die Anwältin mit der Durchführung der Ermittlungstätigkeit beauftragen. Die Anwältin kann im Auftrag des Senates die betrieblichen Räume betreten und in die Unterlagen der Betriebe Einsicht nehmen. Auf Verlangen sind ihr Abschriften oder Ablichtungen dieser Unterlagen oder Auszüge davon zur Verfügung zu stellen. Die Anwältin hat bei ihrer Ermittlungstätigkeit den Betriebsrat zur Mitwirkung heranzuziehen. Vor Besichtigung eines Betriebes ist der/die Arbeitgeber/in so rechtzeitig zu verständigen, dass diese/r oder eine von ihm/ihr namhaft gemachte Person an der Besichtigung teilnehmen kann. (5) Wenn sich die Entscheidung des Senates in einem von der Anwältin oder Regionalanwältin vorgelegten Fall nicht mit deren Auffassung deckt, so findet § 12 Abs. 5 Anwendung. 578
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Der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen wird in Abs 1 in Aus- 1 übung ihrer Tätigkeit Selbständigkeit und Unabhängigkeit garantiert. Die Bedeutung dieser Bestimmung ist mE fraglich. Wie zu § 3 iVm § 1 näher ausgeführt, sind die Mitglieder der GAW Verwaltungsorgane, die in Ausübung ihrer Tätigkeit an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe gebunden sind (Art 20 Abs 1 B-VG; zur Weisungsbindung siehe § 3 Rn 3 sowie insb § 10 Rn 2 ff). Eine Durchbrechung dieses Prinzips ist nur mit Verfassungsgesetz möglich. Mit der hier vorgenommenen einfachgesetzlichen Verbürgung der Selbständigkeit und Unabhängigkeit ist daher keine „Aufhebung“ der Weisungsbindung verbunden. Sie kann nur dahingehend verstanden werden, dass jede andere Form der Einflussnahme oder Druckausübung untersagt sein soll. Zur Bezugnahme auf das weibliche Geschlecht § 3 Rn 8.
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Bei gesamthafter Betrachtung der der Anwältin für die Gleichbe- 3 handlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt zugewiesenen Befugnisse kann ihre Position als eine dreifache angesehen werden. Sie ist zum einen „Anwältin“ potentieller Diskriminierungsopfer, die sie zu beraten und zu unterstützen hat; sie ist zum zweiten „Anwältin“ des Gebotes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern, weil ihr „Verfolgungsrechte“ auch unabhängig vom Willen Diskriminierungsbetroffener eingeräumt sind; und sie ist zum dritten „verlängerter Arm“ der GBK, in deren Auftrag sie Ermittlungen zu führen hat (§ 4 Abs 4). Sie übt ihre Funktionen zu einem guten Teil „außerhalb“ eines Kommissionsverfahrens aus, wie etwa die Beratungs-, Unterstützungs- und Schlichtungstätigkeit oder die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Verletzung des Gebotes zu geschlechtsneutraler Stellenausschreibung. Sie ist aber auch am Verfahren vor der GBK auf unterschiedlichste Weise beteiligt. Zu diesen Befugnissen nun im Einzelnen: Ganz im Sinne der ihr zukommenden Position als Ansprechperson 4 und Mittlerin zwischen Diskriminierungsopfer und Kommission ist es Aufgabe der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern Personen, die sich diskriminiert fühlen, zu beraten und zu unterstützen. Das (geradezu selbstverständliche) Recht zur Abhaltung von Sprechstunden und Sprechtagen ist zwar in § 4 nicht mehr ausdrücklich erwähnt, ergibt sich aber aus § 3 Abs 4. Im Vorfeld eines möglichen Kommissionsverfahrens bewegt sich auch das Einholen von schriftlichen Stellungnahmen von ArbGinnen 579
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sowie von weiteren Auskünften von ArbGinnen, vom Betriebsrat oder von den Beschäftigten des betroffenen Betriebes, wenn eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes behauptet wird. Die in Abs 2 normierte Auskunftspflicht der genannten Personen und Institutionen ist im Fall ihrer Nichtbeachtung allerdings sanktionslos. Ein Vergleich der auskunftspflichtigen Personen und Institutionen nach § 4 Abs 2 mit jenen nach § 5 Abs 2 sowie die Tatsache, dass der Diskriminierungsschutz nach dem GlBG 2004 nunmehr auch die „sonstige Arbeitswelt“ wie etwa den Zugang zur Berufsberatung und Berufsausbildung oder die Mitgliedschaft in ArbNinnen-Organisationen“ (§ 4 GlBG) erfasst, erweist, dass dieses Recht wohl zu eng gefasst wurde. Es müsste auch die in der „sonstigen Arbeitswelt“ tätigen Organisationen einschließen. Ein sachlicher Grund für eine Verschiedenbehandlung der Diskriminierungsgründe – einerseits „Geschlecht“ und andererseits „ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter oder sexuelle Orientierung“ – ist nämlich mE nicht zu sehen. 5 Das Gesetz räumt der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern eine Reihe von Beteiligungsrechten am Verfahren vor dem Senat ein. So hat sie zunächst das Recht, ein Verfahren vor dem Senat zu initiieren. Vermutet nämlich die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt eine Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes und macht sie die behaupteten Umstände dem Senat glaubhaft, so hat dieser von Amts wegen ein Verfahren nach § 11 oder § 12 einzuleiten (zur Abgrenzung des Verfahrens nach § 11 von jenem nach § 12 siehe § 11 Rn 1 ff). Wird ein Verfahren vor der GBK solcherart durch die Anwältin initiiert, hat sich der Senat damit in seiner nächsten Sitzung, spätestens aber innerhalb eines Monats zu beschäftigen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang das Verhältnis der Befugnis des Abs 3 zu § 11 Abs 1 und § 12 Abs 1. Die zuletzt genannten Bestimmungen sehen nämlich ohne nähere Bezugnahme auf das Recht der Verfahrensinitiierung nach § 4 Abs 3 die Verpflichtung zur Verfahrenseinleitung durch den Senat auf „Verlangen“ der Anwältin vor. Die Lehre geht nun davon aus, dass mit diesem „Verlangen“ nach § 11 und § 12 die von der Anwältin verlangte Glaubhaftmachung der Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes nach § 4 Abs 3 zu verstehen ist, die dann den Senat zur amtswegigen Verfahrenseinleitung nach § 11 oder 12 verpflichtet (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 401 und 419 f). 580
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Nach meinem Dafürhalten ist diese Gleichsetzung begründbar, allerdings nicht zwingend (§ 11 Rn 25 ff). Neben diesen „selbständigen“ Kompetenzen der Anwältin kann sie auch vom Senat beauftragt werden, Ermittlungstätigkeiten durchzuführen. Damit im Zusammenhang sind ihr eine Reihe von Befugnissen übertragen, ua auch die Betriebsbesichtigung, die allerdings vorher anzukündigen ist. Auf den Umstand, dass durch diese vorherige Ankündigung zumeist ausreichend Zeit gewährt wird, um Handlungen vorzunehmen, die auch das Ermittlungsergebnis beeinträchtigen können, sei hingewiesen. Die Befugnisse der Anwältin sind in § 4 nicht abschließend auf- 6 gezählt. Erfasst ist überdies das schon erwähnte Recht, ein Gutachtensverfahren (§ 11 Abs 1) oder ein Einzelfallprüfungsverfahren (§ 12 Abs 1) unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 3 zu initiieren. Sofern eine Einzelfallprüfung vor der GBK auf Verlangen der Anwältin eingeleitet wurde, ist die Anwältin auch ermächtigt, Klage auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bei Gericht einzubringen. Diese Befugnis ist unter den weiteren einschränkenden Bedingungen eingeräumt, dass zum einen einem Auftrag der GBK von der ArbGin nicht entsprochen wurde und zum anderen, dass die betroffene Person der Klagseinbringung zugestimmt hat (§ 12 Abs 5). Ausdrücklich festgehalten sei an dieser Stelle, dass die den Interessenvertretungen erteilte Ermächtigung zur Klagseinbringung dieser Zustimmung der betroffenen Person nicht bedarf (§ 12 Abs 4). Aus den Materialien lässt sich eine Begründung dieser Verschiedenbehandlung der Interessenvertretungen einerseits und der Anwältin andererseits nicht herauslesen. Sie könnte zunächst allenfalls darin gesehen werden, dass es Aufgabe der Anwältin ist, ein Diskriminierungsopfer in seiner Suche nach Rechtsschutz im Diskriminierungsfall zu unterstützen; sie soll daher ihre Schritte stets mit der sich diskriminiert fühlenden Person abstimmen. Das entspräche der ihr von Gesetzes wegen zugedachten Funktion, potentiellen Diskriminierungsopfern Beratung und Unterstützung zu geben. Und so gesehen käme den Interessenvertretungen (auch) die von den Interessen der betroffenen Personen unabhängige Wahrung objektiven Rechts zu, der Anwältin hingegen die Aufgabe der „Vertretung“ eines potentiellen Diskriminierungsopfers. Bei isolierter Betrachtung erachte ich diese gesetzliche Differenzierung für begründbar. Im Kontext der übrigen Bestimmungen des Gesetzes erweist sich ihre Sachlichkeit mangels einer konsequenten Veranke581
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rung aber doch als fraglich. So ist es der Anwältin gestattet, ein Verfahren vor der Kommission auch gegen den Willen der betroffenen Person einzuleiten und somit gleich den Interessenvertretungen als „Hüterin“ des Gleichbehandlungsgebotes zu agieren. Es ist nun aber mE doch bemerkenswert, dass sie bei der Verfahrenseinleitung unabhängig von den Interessen der betroffenen Person, bei der Einbringung der Feststellungsklage hingegen nur als „Vertreterin“ der mutmaßlich diskriminierten Person agieren darf (zur Verfahrensinitiierung unabhängig vom Willen Betroffener § 11 Rn 10). 7 In einem engen Zusammenhang mit der zuletzt genannten Regelung der Einbringung einer Klage auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes steht dann noch die in § 4 Abs 5 vorgesehene Befugnis der Anwältin. § 12 Abs 5 soll nämlich sinngemäß Anwendung finden, „wenn sich die Entscheidung des Senates in einem von der Anwältin vorgelegten Fall nicht mit deren Auffassung deckt“. Durch die Verwendung des Terminus „vorgelegt“ einerseits sowie aus dem systematischen Kontext ergibt sich, dass es sich um Verfahren handeln muss, die dadurch initiiert wurden, dass die Anwältin die behaupteten Umstände dem Senat gegenüber glaubhaft gemacht hat (§ 4 Abs 3). Wenn es nun heißt, dass eine sinngemäße Anwendung des § 12 Abs 5 dann stattfinden soll, wenn sich die Auffassung von Senat und Anwältin nicht decken, so kann das nur dahingehend zu verstehen sein, dass die GBK eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes verneint, während die Anwältin eine solche doch für gegeben hält. Und das ist nun aber doch bemerkenswert. Das Verfahren nach § 12 ist auf einen Dialog mit der für die Diskriminierung mutmaßlich verantwortlichen Person ausgerichtet. Kommt nämlich der jeweilige Senat zur Auffassung, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, so hat er der Diskriminierungsverantwortlichen einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung zu übermitteln und sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden (§ 12 Abs 3). Dieser Dialog würde in der Konstellation des § 4 Abs 5 entfallen, weil eben der Senat die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes verneint. Dann kann nämlich die Anwältin sofort auf Feststellung vor dem zuständigen Gericht klagen. Und das Verfahren nach § 12 wird dann um seinen charakteristischen Teil – die Schlichtung – „gebracht“. Das erscheint mir nun doch eigenartig und auch mit Rücksicht auf Sachlichkeitserwägungen bedenklich. Deckt sich die Auffassung nur hinsichtlich der Begründung nicht, so greift bereits § 12 582
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Abs 5, sodass eine „sinngemäße“ Anwendung ausscheidet. Da § 12 Abs 5 sinngemäß anzuwenden ist, setzt die Einbringung einer Klage auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes (wiederum) die Zustimmung der verletzten Person voraus. Eine weitere Aufgabennorm bildet § 10 GlBG. Danach kann die 8 Anwältin die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens gegen Arbeitsvermittlerinnen (§ 10 Abs 1) oder ArbGinnen (§ 10 Abs 2) wegen Verstoßes gegen das Gebot zu geschlechtsneutraler Stellenausschreibung (§ 9) beantragen. In einem solcherart eingeleiteten Verfahren kommt der Anwältin Parteistellung zu (§ 10 Abs 3). Überdies steht ihr das Recht auf Berufung gegen Bescheide und auf Einspruch gegen Strafverfügungen zu. Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt § 5. (1) Der/die Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne von Teil I, 2. Abschnitt GlBG diskriminiert fühlen. Er/sie ist in Ausübung dieser Tätigkeit selbständig und unabhängig. § 5 Abs 1 wurde durch BGBl I 2005/82 rückwirkend mit 1. Juli 2004 korrigiert. (2) Der/die Anwalt/Anwältin kann, falls erforderlich, auf Grund einer behaupteten Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes den/die Arbeitgeber/in oder die betroffene Organisation zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme auffordern. Er/ sie kann auch weitere Auskünfte vom/von der Arbeitgeber/in oder der Organisation, vom Betriebsrat oder von den Beschäftigten des betroffenen Betriebes einholen. Diese sind verpflichtet, dem/der Anwalt/Anwältin die für die Durchführung seiner/ ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen. (3) Wenn der/die Anwalt/Anwältin die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes vermutet und dem Senat die behaupteten Umstände glaubhaft macht, hat der Senat von Amts wegen ein Verfahren gemäß § 11 oder § 12 einzuleiten. Der Senat hat sich mit einem vom/von der Anwalt/Anwältin vorgelegten 583
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Fall in seiner nächsten Sitzung, jedoch bis spätestens innerhalb eines Monats, zu befassen. (4) Der Senat kann den/die Anwalt/Anwältin/n mit der Durchführung der Ermittlungstätigkeit beauftragen. Der/die Anwalt/Anwältin kann im Auftrag des Senates die betrieblichen Räume betreten und in die Unterlagen der Betriebe Einsicht nehmen. Auf Verlangen sind ihm/ihr Abschriften oder Ablichtungen dieser Unterlagen oder Auszüge davon zur Verfügung zu stellen. Der/die Anwalt/Anwältin hat bei seiner/ihrer Ermittlungstätigkeit den Betriebsrat zur Mitwirkung heranzuziehen. Vor Besichtigung eines Betriebes ist der/die Arbeitgeber/in so rechtzeitig zu verständigen, dass diese/r oder eine von ihm/ihr namhaft genannte Person an der Besichtigung teilnehmen kann. (5) Wenn sich die Entscheidung des Senates in einem vom/ von der Anwalt/Anwältin oder Regionalvertreter/in vorgelegten Fall nicht mit deren Auffassung deckt, so findet § 12 Abs. 5 Anwendung. 1 Die Bestimmung des § 5 über die Aufgaben des Anwaltes für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt ist von wenigen, geringfügigen Abweichungen abgesehen mit jener des § 4 identisch. Es darf daher zunächst auf die Kommentierung des § 4 verwiesen werden. Folgende Abweichungen bestehen: – –
Die Voraussetzung „weibliches Geschlecht“ besteht für die Betrauung mit dieser Funktion nicht. Die Aufforderung zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme gemäß Abs 2 kann auch an die betreffende Organisation gerichtet werden. Damit sind offenkundig ArbN- oder ArbGOrganisationen bzw Organisationen gemeint, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören. Die Mitgliedschaft und Mitwirkung in solchen Organisationen sowie die Inanspruchnahme von Leistungen dieser Organisationen sind dem „Bereich der Arbeitswelt“ zuzuzählen, der wiederum den Geltungsbereich sowohl des Teiles II (Antirassismusschutz), aber auch jenen des Teiles I (Gleichbehandlung der Geschlechter) des GlBG erfasst. Insoweit erweisen sich die der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in § 4 Abs 2 zugestandenen Befugnisse (wohl versehentlich) als zu eng gefasst (vgl dazu bereits § 4 Rn 4). 584
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Sonstige Bereiche
Die Wortverdoppelung in der Überschrift („ohne Unterschied der 2 der ethnischen Zugehörigkeit“) ist als redaktionelles Versehen zu werten. Der unrichtige Verweis in § 5 Abs 1 auf den Teil I, 2. Abschnitt GlBG soll durch den Entwurf zur Erlassung eines BundesBehindertengleichstellungsgesetzes, der auch eine Novellierung des GBK/GAW-G vorsieht (RV 836 BlgNR 22. GP), richtig gestellt werden (Teil II GlBG). Die genannte Bestimmung wurde mit BGBl I 2005/82, Art 6 Z 6, rückwirkend mit 1.7.2004 in Kraft gesetzt. Die Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der eth- 3 nischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt hat mit 1. März 2005 ihre Arbeit aufgenommen. Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen § 6. (1) Der/die Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne von Teil II, 1. Abschnitt GlBG diskriminiert fühlen. Er/sie ist in Ausübung dieser Tätigkeit selbständig und unabhängig. § 6 Abs 1 wurde mit BGBl I 2005/82 rückwirkend mit 1. Juli 2004 korrigiert. (2) Der/die Anwalt/Anwältin kann, falls erforderlich, auf Grund einer behaupteten Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes Auskünfte einholen. Die Auskunftspersonen sind verpflichtet, dem/der Anwalt/Anwältin die für die Durchführung seiner/ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen. (3) Wenn der/die Anwalt/Anwältin die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes vermutet und dem Senat die behaupteten Umstände glaubhaft macht, hat der Senat von Amts wegen ein Verfahren gemäß § 11 oder 12 einzuleiten. Der Senat hat sich mit einem vom/von der Anwalt/Anwältin vorgelegten Fall in seiner nächsten Sitzung, jedoch bis spätestens innerhalb eines Monats, zu befassen. (4) Der Senat kann den/die Anwalt/Anwältin mit der Durchführung der Ermittlungstätigkeit beauftragen. (5) Wenn sich die Entscheidung des Senates in einem vom/ von der Anwalt/Anwältin oder Regionalvertreter/in vorgelegten Fall nicht mit deren Auffassung deckt, so findet § 12 Abs. 5 Anwendung. 585
§7
Hattenberger
1 Die Bestimmung des § 6 über die Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen weicht von den in § 4 umschriebenen Befugnissen nur insoweit ab, als damit Diskriminierungsfälle außerhalb der Arbeitswelt erfasst sind. Es darf daher auf die Kommentierung zu § 4 verwiesen werden. Der unrichtige Verweis in § 6 Abs 1 auf den Teil II, 1. Abschnitt GlBG soll durch den Entwurf zur Erlassung eines Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes, der auch eine Novellierung des GBK/GAW-G vorsieht (RV 836 BlgNR 22. GP), richtig gestellt werden (Teil III GlBG). Diese Bestimmung wurde mit BGBl I 2005/82, Art 6 Z 6, rückwirkend mit 1.7.2004 in Kraft gesetzt. Die Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen hat mit 1. März 2005 ihre Tätigkeit aufgenommen.
Regionalbüros § 7. (1) Wenn es zur Verbesserung der Beratung und Unterstützung von Personen in Fragen der Gleichbehandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes erforderlich ist, kann der/die Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen in den Ländern Regionalbüros der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt sowie weitere Regionalbüros der Anwaltschaft für Gleichbehandlung durch Verordnung einrichten und Regionalvertreter/innen (allenfalls Stellvertreter/ innen) als Leiter/innen der Regionalbüros bestellen. Die Regionalvertreterinnen für den Bereich der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt führen die Bezeichnung Regionalanwältinnen. In der Verordnung ist der jeweilige örtliche Wirkungsbereich der Regionalbüros festzulegen. Im Rahmen dieses Wirkungsbereiches kann der/die Regionalvertreter/in zum Zweck der Erfüllung der Aufgaben Sprechstunden und Sprechtage abhalten. (2) Die Regionalbüros haben folgende Aufgaben: 1. die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich im Sinne des GlBG diskriminiert fühlen; 2. die Einholung von schriftlichen Stellungnahmen und Auskünften gemäß §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 2 und 6 Abs. 2 im Auftrag des zuständigen Mitglieds der Anwaltschaft für Gleichbehandlung. 586
GBK/GAW-G § 7
Regionalbüros
In diesen Fällen besteht die Auskunftspflicht auch gegenüber dem/der Regionalvertreter/in; 3. die Durchführung von Ermittlungstätigkeiten gemäß §§ 4 Abs. 4, 5 Abs. 4 und § 6 Abs. 4 im Auftrag des zuständigen Senates der Gleichbehandlungskommission; 4. die Antragstellung an die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß §§ 9 und 23 GlBG; 5. das Verlangen an die Gleichbehandlungskommission gemäß §§ 4 Abs. 3, 5 Abs. 3 und 6 Abs. 3 auf Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen. Die Institution des Regionalbüros wurde mit der Novelle 1998 1 (BGBl I 1998/44) in das GlBG 1979 eingefügt, weil sich erwies, dass die Beratungs- und Unterstützungstätigkeit der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen (eine Einrichtung, die durch die Novelle 1990, BGBl 1990/410 geschaffen wurde und deren Zuständigkeit auf den Diskriminierungsgrund des Geschlechts beschränkt war) nicht bundesweit gleichmäßig und im als erforderlich empfundenen Ausmaß erbracht werden konnte. Diese Institution wird nun im GBK/GAW-G weiter geführt. Regionalanwältinnen und Regionalvertreter sind Verwaltungs- 2 organe, denen keinerlei behördliche Befugnisse zukommen (siehe dazu die näheren Ausführungen zu § 1 Rn 2 und 3 und § 3 Rn 4). Sie sind gemäß Art 20 Abs 1 B-VG in Ausübung ihrer Tätigkeit an die Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe gebunden. (Zur Frage der Weisungsbindung eingehend § 10 Rn 2 ff). Die Einrichtung von Regionalbüros erfolgt im Verordnungswege 3 und liegt im Ermessen des BMGF (arg „kann“). Der Ermessensübung sind mit der Bedingung, dass die Errichtung von Regionalbüros „zur Verbesserung der Beratung und Unterstützung … erforderlich sein“ muss, kaum Grenzen gesetzt, zumal diese Bedingung ja geradezu regelmäßig erfüllt sein wird und insofern ihre begrenzende Wirkung verliert. Jedes (weitere) Regionalbüro wird die Beratung und Unterstützung von Personen in Gleichbehandlungsfragen verbessern. In der Verordnung ist regelmäßig der örtliche Wirkungsbereich der Regionalbüros festzulegen. Bislang wurden drei Regionalbüros eingerichtet: das Regionalbüro der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Vorarlberg, Tirol und Salzburg (BGBl II 1998/356), das Regionalbüro der Anwältin für Gleichbehand587
§7
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lungsfragen für Kärnten und Steiermark (BGBl II 2000/341) und das Regionalbüro der Anwältin für Gleichbehandlungsfragen für Oberösterreich (BGBl II 2002/442). Der Wirkungsbereich dieser Regionalbüros ist auf Fragen der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beschränkt. Regionalbüros für die „neuen“ Diskriminierungsgründe sind derzeit noch nicht eingerichtet. 4 Abs 1 sieht zwei Typen von Regionalbüros vor: zum einen Regionalbüros der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, deren Leiterinnen weiblich sein müssen und die Bezeichnung Regionalanwältin führen. Zum anderen weitere Regionalbüros der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen, die von Regionalvertretern geleitet werden. Es fällt zunächst auf, dass die Regionalbüros, die für die Geschlechtergleichbehandlung zuständig sind, bei der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern eingerichtet sind, während weitere, für die anderen Bereiche des im GlBG geregelten Diskriminierungsschutzes zuständige Regionalbüros der Anwaltschaft für Gleichbehandlung zugehören. Mit Rücksicht auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (RV 307 BlgNR 22. GP 25) sind diese subtilen Differenzierungen „bloß“ dahingehend zu verstehen, dass die Regionalbüros für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern nicht mit Aufgaben nach Teil II und III des GlBG betraut werden sollen. Daraus ist dann e contrario zu folgern, dass weitere für den Diskriminierungsschutz nach Teil II und III des GlBG zuständige Regionalbüros auch mit beiden Bereichen des Diskriminierungsschutzes betraut werden können. Was die Zuordnung der Regionalbüros anbelangt, so ist darauf hinzuweisen, dass diese gemäß § 3 Abs 2 Z 4 Teil der Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen sind. 5 Zu Regionalanwältinnen als Leiterinnen der Regionalbüros für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern können – wie schon erwähnt – nur Personen weiblichen Geschlechts bestellt werden. Zur Frage der Sachlichkeit dieser Differenzierung nach dem Geschlecht siehe die Ausführungen zu § 3 Rn 8. 6 Der sachliche Wirkungsbereich der Regionalbüros ist durch das Gesetz festgelegt (Abs 2). Diese Aufgaben sind – von zwei Ausnahmen abgesehen – mit jenen der AnwältInnen nach den §§ 4, 5 und 6 identisch. Die eine Abweichung besteht darin, dass eine Aufforderung, zum Diskriminierungsvorwurf schriftlich Stellung zu 588
GBK/GAW-G § 7
Regionalbüros
nehmen, gemäß den §§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 2 nur im Auftrag des zuständigen Mitgliedes der GAW ergehen darf. Es fällt auf, dass diese Einschränkung – Einholung eines Auftrages – in der Vorgängerbestimmung des § 3a Abs 3a Z 2 GlBG aus 1979 nicht vorgesehen war. Und diese Beschränkung lässt sich mE auch nicht begründen. Eine Begründung sucht man auch in den Materialien vergeblich. Die zweite Abweichung besteht darin, dass die Regionalanwältinnen und Regionalvertreter zwar nunmehr befugt sind, durch die Glaubhaftmachung von Umständen, die eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vermuten lassen, ein Verfahren vor der GBK zu initiieren, mangels eines Verweises auf die §§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 5, kann die Regionalanwältin oder der Regionalvertreter aber keine Klage auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes einbringen, wenn die Kommission eine solche nicht feststellt (siehe dazu § 4 Rn 7). Sehr wohl sind die Regionalanwältinnen und Regionalvertreter aber nach § 12 Abs 5 befugt, eine Feststellungsklage zu erheben. Diese setzt einerseits voraus, dass den Aufträgen der GBK nicht entsprochen wurde, zum anderen, dass die betroffene Person zustimmt. Die Befugnis der Regionalanwältinnen und Regionalvertreter auf Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer Verletzung des Gebotes zu geschlechtsneutraler bzw diskriminierungsfreier Stellenausschreibung wird in Abs 2 Z 4 wohl versehentlich als Antragstellung nach den §§ 9 und 24 bezeichnet. Es müsste „gemäß §§ 10 und 24“ lauten. Der Aufgabenkatalog des § 7 Abs 2 ist kein abschließender. Die 7 Regionalanwältinnen und Regionalvertreter sind zudem ermächtigt, gemäß § 11 Abs 1 die Erstattung eines Gutachtens oder nach § 12 Abs 1 die Vornahme einer Einzelfallprüfung durch die GBK über Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes zu verlangen. Wurde eine Einzelfallprüfung aufgrund eines Antrages einer Regionalanwältin oder eines Regionalvertreters eingeleitet, und kommt der ArbG einem Kommissionsauftrag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung und Beendigung der Diskriminierung nicht nach, so haben die Regionalanwältinnen und Regionalvertreter das Recht, eine Feststellungsklage beim Arbeits- oder Zivilgericht einzubringen. Dieses Recht darf allerdings nur mit Zustimmung der betroffenen Person ausgeübt werden. Gemäß § 3 Abs 10 haben Regionalanwältinnen und Regionalvertreter Sitz in der GBK und in den Arbeitsausschüssen (siehe dazu § 3 Rn 11). 589
§8
Hattenberger
Aufgaben der Senate der Gleichbehandlungskommission § 8. Die Senate der Gleichbehandlungskommission haben sich in ihrem Zuständigkeitsbereich (§ 1) mit allen die Diskriminierung berührenden Fragen und mit Verstößen gegen die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes regelnde Förderungsrichtlinien zu befassen. 1 Die Aufgaben der Senate der GBK sind in den §§ 8, 11, 12, und 13 bestimmt. Der Aufgabenkreis wird zunächst durch § 8 generalklauselartig umschrieben (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 410 f; Bei/Novak, Gleichbehandlungsgesetz 149), spezielle Verfahren sind dann in den §§ 11 bis 13 geregelt. § 8 enthält zwei Zuständigkeitszuweisungen: Zunächst sind die Senate verpflichtet, sich in ihrem Zuständigkeitsbereich mit allen die Diskriminierung berührenden Fragen zu befassen. Diese Ermächtigung ist – so die einhellige Auffassung in der Literatur – weit zu verstehen, weil es genügt, dass durch eine Frage die Diskriminierung auch nur „berührt“ wird. Eine Einschränkung ergibt sich nur aus dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich – so ist die Zuständigkeit des Senates I auf Fragen der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts in der näher bestimmten Arbeitswelt (§ 1 GlBG) beschränkt, jene des Senates II auf die Diskriminierungsgründe ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung (wiederum) in der Arbeitswelt (§ 16 GlBG). Die Zuständigkeit des Senates III erfasst die Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit berührende Fragen in den näher bezeichneten „sonstigen Bereichen“ (§ 30 GlBG). Während es für die Zuständigkeitsbegründung nach § 8 regelmäßig ausreicht, dass eine Diskriminierungsfrage „berührt“ ist, geht es in den „Spezialverfahren“ nach den §§ 11 bis 13 regelmäßig um die „Verletzung“ des „Gleichbehandlungsgebotes“. Nun stellt sich mE die Frage, ob diese Textdifferenz – einmal genügt das Berührt-Sein, das zweite Mal ist die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes verlangt – nicht überschätzt wird. Es ist für mich nämlich zweifelhaft, ob es Fragen geben kann, die die Diskriminierung berühren und die nicht gleichzeitig auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes sein können (das muss im Verfahren ja erst geprüft werden). § 8 stellte dann in dieser Hinsicht keinen Mehrwert gegenüber den Spezialtatbeständen dar. Dieser ist auch mit Rücksicht auf die Materialien (IA 138 A, vom 24.1.1979. II590
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Aufgaben der Senate
4651 BlgNR 14. GP, zu § 4) nicht zu sehen. Eine Erweiterung gegenüber den Spezialtatbeständen kann allerdings darin erblickt werden, dass die Senate der GBK nicht nur auf die in den §§ 11 bis 13 vorgesehenen Verfahrenstypen beschränkt sind. § 8 bildet sohin die Grundlage für die Durchführung von branchenweisen Untersuchungen oder der Festlegung von Kriterien gleichwertiger Arbeit, aber auch für Öffentlichkeitsarbeit (Bei/Novak, Gleichbehandlungsgesetz 149). § 8 ermächtigt die Kommission zum zweiten, sich „mit Verstößen 2 gegen die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes regelnde Förderungsrichtlinien zu befassen“. Die Bedeutung dieser Aufgabenzuweisung wird mE dann deutlicher, wenn man den Satz etwas „umbaut“. Es geht um Verstöße gegen Förderungsrichtlinien, die die Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes regeln. Diese Regelung ist in unmittelbarem Zusammenhang mit § 14 GlBG (gleichlautend die §§ 28 und 37 GlBG für den Diskriminierungsschutz nach den Teilen II und III) zu sehen, der bestimmt, dass Richtlinien über die Vergabe von Förderungen des Bundes an Unternehmen Förderungen nur für Unternehmen vorsehen dürfen, die das Gleichbehandlungsgebot beachten. Gegen solche Förderungsrichtlinien verstößt der Förderungsgeber, wenn er Förderungen an Unternehmen gewährt, die – trotz des Ausschlusses in den Richtlinien – das Gleichbehandlungsgebot nicht beachten. In welcher Art diese Befassung mit solchen Verstößen erfolgen soll, also die Frage der Prüfung der Voraussetzung für die Förderungsvergabe, lässt das Gesetz offen. Die Zuständigkeit der GBK, sich mit allen die Diskriminierung 3 berührenden Fragen zu beschäftigen ist keine exklusive. Sie besteht parallel zur Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte bzw der Zivilgerichte (siehe auch vor § 1 Rn 7 f). Ein Verfahren wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes kann (auch) zeitgleich bei beiden Institutionen geführt werden, Entscheidungen sind weitgehend (siehe dazu gleich unten) ohne Rücksicht auf das Ergebnis des Parallelverfahrens zu treffen; divergierende Entscheidungen der unterschiedlichen Institutionen in ein und derselben Diskriminierungssache sind daher durch das Gesetz „geradezu angelegt“. Verfahren vor der GBK und den Gerichten stehen aber nicht völlig beziehungslos nebeneinander. Es gibt vielmehr einige Verbindungspunkte, die insb durch die Bestimmung des § 61 GlBG noch 591
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einmal deutlich verstärkt wurden. Eine Verbindung zwischen den beiden „Rechtsschutzangeboten“ besteht zum einen darin, dass die Einleitung eines Verfahrens vor der GBK auf Prüfung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes die Fristenhemmung für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen bewirkt (§ 15 und 29 jeweils Abs 2 GlBG). Des Weiteren sieht § 12 Abs 4 vor, dass die im jeweiligen Senat der GBK vertretene Interessenvertretung unter bestimmten Voraussetzungen beim zuständigen Gericht die Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes beantragen kann. Ein solcher Antrag hemmt den Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist sowie kollektivvertraglicher Verfallfristen bis zum Ende des Monats nach Eintritt der Rechtskraft solcher Urteile. Eine Verbindung besteht auch insofern, als der zuständige Senat der GBK solcherart rechtskräftige Urteile, die eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes feststellen, im vollen Wortlaut, in anonymisierter Form auf der Homepage des BMGF zu veröffentlichen hat. In einem gerichtlichen Verfahren wegen Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes hat sich das Gericht mit einem Gutachten oder einem Prüfungsergebnis im Einzelfall zu befassen und ein davon abweichendes Urteil zu begründen (§ 61 GlBG). In diesem Zusammenhang ist auch die Bestimmung des § 14 der GBK-GO zu sehen, BGBl II 2004/396, die die Kommission ermächtigt, auf Anforderung des Gerichts hin die verfahrenseinschlägigen Prüfungsergebnisse oder das Gutachten zu übermitteln. Geschäftsordnung § 9. Die Geschäftsordnung der Senate und ihrer Ausschüsse ist durch Verordnung des/der Bundesministers/Bundesministerin für Gesundheit und Frauen näher zu regeln. 1 Die BMGF hat von dieser Ermächtigung durch die Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung, BGBl II 2004/396, Gebrauch gemacht. Rechtsstellung der Mitglieder (Ersatzmitglieder) der Kommission § 10. (1) Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) der Kommission „mit Ausnahme der/des mit dem Vorsitz betrauten Bediensteten des Bundes und seiner/seines Stellvertreterin/Stellvertreters“ 592
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haben ihre Tätigkeit ehrenamtlich auszuüben. Sie haben Anspruch auf Ersatz der notwendigen Reise- und Aufenthaltskosten; gleiches gilt für die Vertreter/innen der Kollektivvertragsparteien und für die sonstigen Fachleute (§§ 11 Abs. 2 und 14 Abs. 4) mit Ausnahme jener Fachleute, die schriftliche Fachgutachten im Auftrag der Kommission erstellen. Durch BGBl I 2005/82 wurde ein Satz angefügt. (1a) (Verfassungsbestimmung) Die/der Vorsitzende und seine/sein Stellvertreter/in sind in Ausübung ihrer Tätigkeit selbstständig und unabhängig. Der/dem Vorsitzenden und deren/dessen Stellvertreter/in stehen unter Fortzahlung ihrer/seiner Dienstbezüge die zur Erfüllung ihrer/seiner Aufgaben notwendige freie Zeit zu; die Inanspruchnahme ist der/dem Dienstvorgesetzten mitzuteilen. (1b) (Verfassungsbestimmung) Die Leiter/innen der Dienststellen dürfen der/den Vorsitzenden und ihre/seinen Stellvertreter/in in der Ausübung ihrer/seiner Tätigkeit nicht beschränken und sie/ihn aus diesem Grund auch nicht benachteiligen. Aus dieser Tätigkeit darf ihnen bei der Leistungsfeststellung und in der dienstlichen Laufbahn kein Nachteil erwachsen. Soweit es die dienstlichen Erfordernisse gestatten, hat die Dienststellenleitung der/dem Vorsitzenden und ihrer/seinem Stellvertreter/in die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen auf den Gebieten des Gleichbehandlungsrechts zu ermöglichen. (2) Die Arbeitgeber/innen und alle Beschäftigten der betroffenen Betriebe sind verpflichtet, der Kommission und den Ausschüssen (§ 15) die für die Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen. (3) Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) der Kommission sind verpflichtet, über alle ihnen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit bekanntgewordenene Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Verschwiegenheit zu bewahren; dies gilt sinngemäß auch für die Vertreter/innen der Kollektivvertragsparteien und für die sonstigen Fachleute. Literatur: Siehe Literaturangaben zu § 3. Inhaltsübersicht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Weisungsgebundenheit der Mitglieder der GBK . . . . . III. Auskunftspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593
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I. Einleitung 1 § 10 ist eine von zwei Bestimmungen, die von der mit BGBl I 2004/ 66 vorgenommenen Erlassung eines GlBG und der Novellierung des umbenannten ehemaligen GlBG aus 1979 (heute GBK/GAWG) „verschont“ geblieben ist. Entgegen der Ankündigung in der Überschrift mit „Rechtsstellung der Mitglieder der Kommission“ regelt § 10 auch die Rechtsstellung anderer Personen und – an dieser Stelle wohl etwas überraschend – eine Auskunftspflicht der ArbG und aller Beschäftigten des betroffenen Betriebes. Überraschend nicht nur deshalb, weil sie sich nicht in den von der Überschrift vorgegebenen inhaltlichen Rahmen fügt, sondern weil solche Auskunftspflichten beispielsweise gegenüber den AnwältInnen bereits in der jeweiligen Aufgabennorm vorgesehen sind (zB §§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 2 letzter Satz). II. Weisungsgebundenheit der GBK 2 Eine im Zusammenhang mit der Rechtsstellung der GBK immer wieder diskutierte Frage ist jene, ob die Mitglieder der Kommission weisungsgebunden sind. Diese Frage könnte man als mit einem gesetzgeberischen Akt aus 2001 (BGBl I 2001/129) beantwortet sehen. Mit dieser Novelle wurden dem Vorsitzenden und dem Stellvertreter in Ausübung ihrer Tätigkeit Selbständigkeit und Unabhängigkeit garantiert. E contrario sind die übrigen Kommissionsmitglieder weisungsgebunden. Auffallend ist, dass in den Materialien zu dieser Novelle (RV 745 BlgNR 21. GP) auf die Tatsache der Freistellung von Weisungen gar nicht Bezug genommen wird. Die Notwendigkeit einer verfassungsförmigen Garantie der Selbständigkeit und Unabhängigkeit wird insb mit der steigenden zeitlichen Belastung begründet, die eine Freistellung von den dienstlichen Pflichten bei vollen Bezügen unerlässlich mache. Auch aus diesem Grund, insb aber deshalb, weil gegen eine Weisungsbindung der GBK schon lange vor einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz immer wieder angeschrieben wurde (zB Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 60, allerdings zu einer damals noch anderen Rechtslage; Bei/Novak, Gleichbehandlungsgesetz 147; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 479 ff), erscheint es mir geboten, zur Frage der Weisungsbindung der GBK noch ausführlicher Stellung zu nehmen. Die genannten Autorinnen und Autoren begründen die Weisungsfreiheit der Kommission unterschiedlich (dazu gleich unten). Und man könnte die These der Wei594
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sungsfreiheit durch die Materialien zur Novelle BGBl I 2001/129 durchaus als bestätigt ansehen und vertreten, dass der Verfassungsgesetzgeber die Novelle aus 2001 von ihrer Zielrichtung auf die Absicherung der für die Tätigkeit der Vorsitzenden nötigen zeitlichen Ressourcen begrenzt verstanden wissen wollte. Vorsitzende und Stellvertreter sollen aufgrund ihrer Tätigkeit keine dienstlichen Nachteile hinnehmen müssen. Die Weisungsfreiheit hätte – so könnte man argumentieren – keiner gesonderten Erwähnung bedurft, zumal sie als selbstverständlich vorausgesetzt wurde (in diese Richtung argumentieren Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 482 f). Zu diesen Thesen gilt es nun ausführlicher Stellung zu nehmen. Freilich ist die Frage der Weisungsbindung nur für die „übrigen“ Mitglieder der GBK von Relevanz. Für Vorsitzende und Stellvertreter ist sie durch die Verfassungsbestimmung des § 10 Abs 1a außer Streit gestellt. Die Weisungsfreiheit der GBK wurde zum einen mit Hinweis auf 3 die Stellung von Beiräten und Kommissionen begründet, die auf der Grundlage des § 8 Abs 1 BMG oder anderen spezialgesetzlichen Bestimmungen eingerichtet sind und die bloß entscheidungsvorbereitende Funktionen wahrnehmen (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 481). Ihre Aufgabe ist es, den entscheidungsbefugten Organen, das für die Entscheidungsfindung notwendige Fachwissen zu liefern (vgl dazu eingehender Korinek, Beiräte 463). Mitglieder solcher Beiräte agieren nach – allerdings nicht unbestrittener Auffassung (dagegen Koja, ZfV 1979, 100 ff; Raschauer, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Art 20/1 Rn 68) – weisungsfrei. Dies deshalb, weil Beiräte nicht dazu da sind, Verwaltungsaufgaben selbst zu besorgen, sondern die Verwaltungsorgane durch ihren Sachverstand bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Im Sinne der Terminologie des Art 20 Abs 1 B-VG „führen sie nicht Verwaltung“ (Korinek, Beiräte 472). Sie sind Hilfseinrichtungen der staatlichen Organe und ihr Wirken ist bloß nach innen (an die Verwaltungsorgane) gerichtet. Smutny/Mayr (Gleichbehandlungsgesetz 480 ff) weisen der GBK die Rolle eines Sachverständigen zu, und Sachverständigentätigkeit sei notwendiger Weise eine freie Tätigkeit. Sachverständige unterlägen einer auch strafrechtlich besicherten (§§ 288, 289 StGB) Wahrheitspflicht, gegen die das Weisungsrecht nicht durchzudringen vermag. Wenn schon Beiräte weisungsfrei agieren können, so müsse das „umso mehr“ für die GBK gelten, weil ihren Mitgliedern bei der Erstellung von Gutach595
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ten die Stellung von Sachverständigen zukomme (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 483). Weisungen seien nur insofern zulässig, als sie auf betrieblich-technische Belange beschränkt bleiben. Es gäbe zudem gute Gründe, die dafür sprechen, dass der Gesetzgeber aus 1979 die Weisungsfreiheit als selbstverständlich vorausgesetzt hätte (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 482 f, begründen dies, mE nach anzweifelbar [siehe Rn 6], damit, dass die Weisungsfreiheit durch eine Verfassungsbestimmung in dem vierzehn Jahre später erlassenen B-GBG klargestellt worden sei. Zwischen dieser und jener GBK seien mehrfach Parallelen gezogen worden und die Weisungsungebundenheit sei als so selbstverständlich angesehen worden, dass sie in den Gesetzesmaterialien zum B-GBG nicht einmal erwähnt wurde). Zuweilen wird auch aus dem Gelöbnis zur unparteiischen Tätigkeit (§ 2 Abs 8) Weisungsfreiheit in Bezug auf den Inhalt der Tätigkeit abgeleitet (Bei/ Novak, Gleichbehandlungsgesetz 147). Diese Argumente sollen nun im Folgenden etwas eingehender betrachtet werden. Sie sind mE allesamt widerlegbar. 4 Zur Frage der Weisungsbindung der GBK darf zunächst auf die Ausführungen zu § 1 verwiesen werden, durch die eine Zuordnung zur Staatsfunktion Verwaltung festgestellt wird. Des Weiteren wurde ebendort festgehalten, dass der in Art 20 Abs 1 B-VG verwendete Begriff der Verwaltung vorwiegend durch organisatorische Merkmale bestimmt ist. Grob gesprochen, ist jedes Handeln eines Verwaltungsorgans des Bundes im organisatorischen Sinn unter den Begriff der „Verwaltung“ in Art 20 Abs 1 B-VG zu subsumieren (Raschauer, in Korinek/Holoubek [Hrsg], Art 20/1 Rn 57, geht demgegenüber unter Hinweis auf das „Führen von Verwaltung“ von einem funktionellen Begriff der Verwaltung in Art 20 B-VG aus, der eben auf eine bestimmte Summe von Aufgaben und Tätigkeiten abstellt. Dem ist insofern zuzustimmen, als dieser Verwaltungsbegriff jedenfalls die Hoheitsverwaltung umfasst. Da die Befugnis zu heteronomer Normsetzung durch Gesetz, und zwar hinreichend deutlich, eingeräumt sein muss, sind diese Aufgaben auch als Summe erfassbar und eingrenzbar. Insoweit trifft mE der funktionelle Ansatz zu. Zur Verwaltung iSd Art 20 B-VG zählt aber unbestritten auch die nicht-hoheitliche Verwaltung der Gebietskörperschaften (so auch Raschauer, in: Korinek/ Holoubek [Hrsg], Art 20/1 Rn 62). Da für diese aber nunmehr weitgehend anerkannt das Legalitätsprinzip nicht gilt, lässt sich die596
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ser ebenfalls weisungsunterworfene Bereich nur als Summe der Tätigkeiten erfassen, die diese Organe wahrnehmen. Die nicht-hoheitliche Verwaltung ist quantitativ nicht fassbar und daher nur nach organisatorischen Kriterien bestimmbar). Die Tätigkeit der GBK ist daher jedenfalls „Verwaltung“ iSd Art 20 Abs 1 B-VG. Mit Rücksicht auf diese Argumente ist Weisungsbindung vorerst anzunehmen. Dann ist in einem weiteren Schritt festzuhalten, dass von der Bindung an Weisungen der vorgesetzten Organe nur durch eine Bestimmung frei gestellt werden kann, die den erhöhten Anforderungen eines Verfassungsgesetzes entspricht. Das ist durch § 10 Abs 1a allerdings nur für den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter geschehen. Zu beachten ist dann noch, dass zur Frage der „Reichweite“ des Art 20 Abs 1 B-VG unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. So hat der VfGH in einer vielbeachteten Entscheidung (VfSlg 8136/1977) vertreten, dass die Regelung des Art 20 Abs 1 B-VG auf „typische Teilbereiche“ beschränkt sei. Dieser Auffassung ist die Lehre mE zu Recht mit deutlicher Ablehnung entgegen getreten (Rill, ÖBA 1996, 752 ff; Raschauer, in: Korinek/ Holoubek [Hrsg], Art 20/1 Rn 85). Zu folgen ist mE der Ansicht Raschauers (in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Art 20/1 Rn 57), der unter Hinweis auf historische und teleologische Argumente in Art 20 Abs 1 B-VG ein zentrales Element des demokratischen Verantwortungszusammenhanges sieht. Diese Bedeutung dürfe durch ein einschränkendes Verständnis des Begriffes „Verwaltung“ nicht vermindert werden. Vielmehr sei von einem weiten funktionellen Verständnis des Begriffes „Verwaltung“ in Art 20 Abs 1 B-VG auszugehen, der jegliche Wahrnehmung von staatlichen Angelegenheiten außerhalb der Gesetzgebung und Rechtsprechung erfasse. Wenn nun die Tätigkeit der GBK mit jener von Beiräten verglichen wird, und die Weisungsfreiheit damit zu begründen versucht wird, dass diese nicht „Verwaltung führen“ sondern nur beraten, und aus diesem Grund vom Anwendungsbereich des Art 20 Abs 1 B-VG gar nicht erfasst sind, so kann dem mit mehreren Argumenten entgegen getreten werden: Zum einen ist die Weisungsfreiheit von Beiräten mE aus guten Gründen nicht unbestritten (für die Weisungsfreiheit, Korinek, Beiräte 463; Rill, Verwaltungsbegriff 45; die Weisungsfreiheit der Beiräte ablehnend Koja, ZfV 1979, 100 ff; Raschauer in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Art 20/1 Rn 68). Ihre „Herausnahme“ aus dem Anwendungsbereich des Art 20 Abs 1 B-VG würde dem zuvor aufgezeigten Gebot, den Anwendungsbereich des Art 20 Abs 1 B-VG weit zu verstehen, widerstreiten. 597
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Davon abgesehen meine ich, dass die Bedeutung des Begriffes „Führen“ rhetorisch überschätzt wird. Art 20 Abs 1 B-VG zielt auf die Festlegung des Leitungs- und Verantwortungszusammenhanges ab und nicht darauf, diesen auf einen bestimmten Ausschnitt der Verwaltung zu begrenzen; jenen nämlich, in dem Organe Entscheidungen treffen. Auch die uneinheitliche Terminologie des B-VG für Tätigkeiten der Verwaltung im Zusammenhang mit Weisungsgebundenheit (zB „besorgen“) spricht dafür, das „Führen“ von Verwaltung in einem weiten, auch vorbereitende Tätigkeiten umfassenden Sinn zu verstehen (vgl dazu Mayer, ÖZW 1983, 100; Raschauer, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Art 20/1 Rn 67). Und in Bezug auf beratende Organe wird mE zutreffend vertreten, dass zwar nicht jedes einer Aussprache dienende Zusammenkommen von Personen in einer Verwaltungseinrichtung bereits ein „Führen der Verwaltung“ ist. Das ist es allerdings sehr wohl, wenn eine Einrichtung derart institutionalisiert ist, dass ihr ein bestimmter Aufgabenbereich zugeordnet werden kann, auch wenn dieser nur in der Erstellung von Vorschlägen und Stellungnahmen besteht (Raschauer, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Art 20/1 Rn 68 mwH). 5 Selbst wenn man der Auffassung beitritt, dass Beiräte weisungsfrei agieren, so ist dann im gegebenen Zusammenhang doch zu beachten, dass sich die Stellung der GBK deutlich von jener der Beiräte in der Verwaltung unterscheidet. Die GBK ist nicht dazu eingerichtet, um andere staatliche Organe bei der Entscheidungsfindung mit Fachwissen zu unterstützen und deren Entscheidungen vorzubereiten, sondern sie „entscheidet“ selbst. Ihr Handeln ist vergleichsweise auch nach außen gerichtet. Der Größenschluss, dass die Weisungsfreiheit der Beiräte „umso mehr“ für die GBK gelten müsse ist mE nicht zulässig (so aber Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 483). Im Gegenteil: Das für die Weisungsfreiheit der Beiräte ins Treffen geführte Argument, dass diese selbst nicht entscheiden, sondern nur die für die Entscheidung zuständigen Organe beraten und unterstützen, trifft auf die GBK nicht zu. Sie ist nicht Hilfsorgan, sondern Organ, das selbst „entscheidet“. 6 Angreifbar ist auch das Argument, dass der Gesetzgeber von 1979 die Weisungsfreiheit als selbstverständlich voraussetzte. Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 482 f, begründen diese These damit, dass die Weisungsfreiheit durch eine Verfassungsbestimmung in dem vierzehn Jahre später erlassenen B-GBG für die dort 598
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eingerichtete Bundes-GBK klargestellt worden sei. Zwischen dieser und jener GBK seien mehrfach Parallelen gezogen worden und die Weisungsungebundenheit sei als so selbstverständlich angesehen worden, dass sie in den Gesetzesmaterialien zum B-GBG nicht einmal erwähnt wurde. Nun ist diese Argumentation mE eher geeignet, das Gegenteil, nämlich die Weisungsbindung zu begründen. Es ist schon methodisch bemerkenswert, die Bedeutung einer gesetzlichen Bestimmung aus einem vierzehn Jahre später erlassenen Gesetz herauszulesen. Oder anders formuliert: die Bedeutung einer Gesetzesbestimmung daraus zu erschließen, was ein einige Jahre „späterer Gesetzgeber“ in einer vergleichbaren Situation gedacht hat, und hier müsste man sogar sagen: nicht gedacht hat, weil die Tatsache der Weisungsfreistellung in den Materialien ja keine Erwähnung findet. Die Weisungsbindung des Art 20 Abs 1 B-VG steht unter dem Vorbehalt einer ausdrücklichen verfassungsgesetzlich vorgesehenen Ausnahmeregelung, die nicht aus dem mutmaßlichen Willen eines noch dazu „späteren“ Verfassungsgesetzgebers abgeleitet werden kann. Davon abgesehen kann man einwenden, dass gerade die Tatsache einer Verfassungsbestimmung für die grundsätzliche Weisungsbindung spricht. Hätte man die Weisungsfreiheit als selbstverständlich angesehen, so hätte es doch auch dieser Verfassungsbestimmung in § 24 Abs 5 B-GBG nicht bedurft. Auch der Vergleich der Tätigkeit der GBK mit jener eines Amts- 7 sachverständigen ist mE nicht treffend. Zum einen ist auch hier anzumerken, dass die Weisungsfreiheit der Amtssachverständigen keinesfalls unbestritten ist (für die Weisungsfreiheit Pesendorfer, ZfV 1983, 234 ff; dagegen Mayer, ÖZW 1983, 97; Raschauer, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Art 20/1 Rn 102). Zum zweiten kann mE auch die Tätigkeit des Sachverständigen nicht mit jener der GBK verglichen werden. Der Sachverständige gibt Auskunft über die für eine Entscheidung erheblichen Tatsachen (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 [1999] § 52 Anm 1; Pesendorfer, ZfV 1983, 234 f unter Berufung auf Hellbling, FN 35), während dessen die GBK Rechtsfragen zu lösen hat, nämlich die Frage, ob gegen die Gleichbehandlungsgebote des GlBG verstoßen wurde. Und auch der Verweis auf die strafrechtlich „abgesicherte“ „Wahrheitspflicht“, die einem Weisungsrecht geradezu entgegenstehe, trifft mE nicht, weil gerade Weisungen, deren Befolgung gegen strafgesetzliche Bestimmungen verstoßen würden, gemäß Art 20 599
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Abs 1 letzter Satz B-VG abgelehnt werden können. Abgesehen davon ist die Wahrheitspflicht keine Pflicht, die Sachverständige von anderen Amtswaltern unterscheiden würde. 8 Die Ableitung der Weisungsfreiheit aus dem Gelöbnis zu unparteiischer Tätigkeit ist nicht nachvollziehbar, weil Unparteilichkeit und Weisungsbindung nicht unvereinbare Gegensätze sind (so verpflichtet § 43 BDG Beamte, ihre Aufgaben unparteiisch zu besorgen). 9 Und im Sinne der „Einheit der Rechtsordnung“ lässt sich auch noch argumentieren, dass in der österreichischen Rechtsordnung eine Reihe von anderen Institutionen existiert, die der GBK vergleichbare nicht-hoheitliche Tätigkeiten wahrnehmen und für die die Unabhängigkeit per Verfassungsgesetz vorgesehen wurde. Als Beispiel sei hier die Bundes-Vergabekontrollkommission genannt (§ 139 Abs 1 BVergG 2002). 10 Aus all diesen Argumenten ergibt sich die Feststellung, dass die „übrigen Mitglieder“ der GBK weisungsgebunden sind. Ist damit die Frage der Weisungsgebundenheit beantwortet, so bedarf es dann noch einer Anmerkung zur „Ausübung des Weisungsrechts“ durch vorgesetzte Organe. Korinek (Selbstverwaltung 183) hat es als „logisch bedenklich und sinnlos“ bezeichnet, würde man die Bindung eines Beirates an die Weisungen jenes Organes bejahen, das beraten wird. Diesem Argument ist mE einiges abzugewinnen. Das Ziel der sachkundigen Beratung wird verfehlt, wenn der Beratene befugt sein soll, den Inhalt der Beratung vorzugeben. Ebenso wenig macht es Sinn, einen Sachverständigen beizuziehen, und ihm den Inhalt seines Befundes oder seiner Auskünfte zu Tatsachen per Weisung vorzuschreiben. Und ähnlich lässt sich wohl auch in Bezug auf die GBK argumentieren. Welchen Sinn macht es, ein besonderes Kollegialorgan zu kreieren, in dessen Entscheidungen das Fachwissen der Interessenvertretungen einfließen soll, wenn es einem übergeordneten Verwaltungsorgan gestattet sein soll, den Inhalt dieser Entscheidungen per Weisung zu bestimmen. Diese Überlegungen stellen nun nicht die Weisungsgebundenheit an sich in Frage, sie legen aber eine vernünftige und zweckmäßige Auslegung nahe (so der VfGH in VfSlg 3134/1956 zu den Kollegialbehörden). Und damit relativiert sich die Meinungsverschiedenheit zwischen den Gegnern und Befürwortern einer Weisungs600
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bindung doch ganz erheblich. Einschränkend sei dazu noch angemerkt, dass diese Überlegungen auf Beiräte und Sachverständige, deren Sachverstand es zu mobilisieren gilt, viel mehr zutreffen als auf die GBK. Dies deshalb, weil – daran sei noch einmal erinnert – die GBK eine rechtliche, und nicht bloß eine fachliche Beurteilung vorzunehmen hat. Rechtspolitisch betrachtet wäre eine Freistellung von der Bindung 11 an Weisungen durchaus erwägenswert. Die verfassungsrechtliche Garantie der Unabhängigkeit der gesamten Kommission könnte ihre Position als unabhängiges Spezialorgan für Gleichbehandlungsfragen, und damit auch ihre Autorität doch erheblich stärken. III. Auskunftspflicht Abs 2 des § 10 sieht die Verpflichtung vor, der Kommission und 12 den Ausschüssen, die für die Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Zur Auskunftsleistung verpflichtet sind wörtlich (nur) „der/die Arbeitgeber/innen“ und die „Beschäftigten der betroffenen Betriebe“. (Eine solche auf Arbeitgeber und alle sonstigen Beschäftigten des betroffenen Betriebes beschränkte Verpflichtung zur Auskunftsleistung sieht auch § 11 Abs 6 der GBK-GO, BGBl II 2004/396, vor.) Offenkundig vergessen wurde, die durch das GlBG, BGBl I 2004/66, erfolgte Ausweitung des Diskriminierungsschutzes über das Arbeitsverhältnis hinaus auf die „sonstige Arbeitswelt“ (§§ 4 und 18 GlBG) und die „sonstigen Bereiche“ (§§ 30 ff GlBG) auch in der Regelung betreffend die Auskunftspflicht nachzuvollziehen. Eine Auskunftspflicht der „sonstigen“ für die Diskriminierung in diesen Bereichen verantwortlichen Personen gegenüber den Senaten der Kommission und ihren Ausschüssen ist mit Rücksicht auf den Wortlaut des Gesetzes nicht vorgesehen. Da es sich aber wohl unzweifelhaft um eine, an der Intention des Gesetzes gemessene, planwidrige Unvollständigkeit handelt, ist diese Lücke im Wege einer auf der Grundlage des § 10 Abs 2 gewonnenen Gesetzesanalogie zu schließen. Auch die für eine Diskriminierung in der sonstigen Arbeitswelt oder in den sonstigen Bereichen verantwortliche Person ist gegenüber den Senaten und ihren Ausschüssen zur Auskunftsleistung verpflichtet. Darüber hinaus müssten wohl – in Analogie zu den Beschäftigten des betroffenen Betriebes – alle jene Personen auskunftspflichtig sein, die aufgrund ihres Naheverhältnisses zum Diskriminierungsfall Auskünfte geben können. 601
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13 Abs 3 verpflichtet die Kommissionsmitglieder zur Verschwiegenheit über die ihnen bei der Ausübung der Tätigkeit bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Diese Verpflichtung zur Verschwiegenheit wird durch § 14 Abs 4 noch ausgeweitet. Gemäß der zitierten Bestimmung sind die Sitzungen des Senates vertraulich. Und die GBK-GO führt dazu noch näher aus, dass die Teilnahme einer Auskunftsperson oder deren Vertreter an der Befragung einer anderen Auskunftsperson unzulässig ist (§ 5 GBK-GO). Diese Anordnung wird in § 12 Abs 3 GBK-GO für das Einzelfallprüfungsverfahren wiederholt. Für die Mitglieder der GBK gilt auch, dass sie gemäß Art 20 Abs 3 B-VG zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet sind, weil sie gemäß dem funktionalen Verständnis von Verwaltung des Art 20 Abs 3 B-VG auch mit Aufgaben der Verwaltung betraut sind (§ 3 Rn 11). Gutachten § 11. (1) Auf Antrag einer der der im jeweiligen Senat der Kommission vertretenen Interessenvertretungen, auf Verlangen der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, einer Regionalanwältin, des/der Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung nach § 5 oder § 6, eines/einer Regionalvertreters/Regionalvertreterin oder von Amts wegen hat der damit befasste Senat insbesondere Gutachten über Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes zu erstatten. (2) Betrifft ein gemäß Abs. 1 zu erstellendes Gutachten Diskriminierungen in Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung, so kann der befasste Senat zur Vorbereitung der Beschlussfassung einen Arbeitsausschuss bilden, dem neben dem/ der Vorsitzenden je ein Mitglied der im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen anzugehören hat. Den Beratungen sind Vertreter/innen der jeweiligen Kollektivvertragsparteien beizuziehen. § 14 Abs. 2 bis 5 gilt sinngemäß. (3) Gutachten des Senates sind von der Gleichbehandlungskommission in vollem Wortlaut, jedoch in anonymisierter Form auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Literatur: Schoibl, Die Verbandsklage als Instrument zur Wahrung „öffentlicher“ oder „überindividueller“ Interessen im österreichi602
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schen Zivilverfahrensrecht, ZfRV 1990, 3; Rechberger (Hrsg), Zivilprozessordnung – Kommentar, vor 266 Rn 14 ff. Inhaltsübersicht I. Vorbemerkung zu den §§ 11 bis 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung des Verfahrens nach § 11 von jenem nach § 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Überschneidung der Anwendungsbereiche? . . . . . c. § 12 als lex specialis gegenüber § 11? . . . . . . . . . . . d. „Einzelfall“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Antragsrecht der ArbGin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. Verfahrensführung unabhängig vom Willen Betroffener . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Vorschläge zur Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Wahl der Verfahrensart nach teleologischen Gesichtspunkten – Zweck des Verbandsrechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis des Verfahrens nach § 13 zu jenen nach § 11 und § 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ziel des Verfahrens nach § 11, Verfahrensgegenstand . III. Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gutachten, Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Arbeitsausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 2 2 4 6 7 11 12 13 16 20 23 25 31 32 35
I. Vorbemerkung zu den §§ 11 bis 13 1. Allgemeines Die §§ 11 bis 13 regeln drei Typen von Kommissionsverfahren, 1 die überschrieben sind mit „Gutachten“ (§ 11), „Einzelfallprüfung“ (§ 12) und „Verpflichtung zur Berichtslegung“ (§ 13). Diese jeweils eigenständigen Verfahren sind zT auch ausdrücklich miteinander verbunden. So kann ein Bericht nach § 13 den Anstoß für die Erstellung eines Gutachtens nach § 11 geben (§ 13 Abs 3). Die Verfahrenstypen sollen nun vorweg kurz charakterisiert werden, um sodann auf die Frage ihrer Abgrenzung voneinander und ihre Verbindung untereinander einzugehen. Gerade die Abgrenzung der Verfahrenstypen ist nicht schon auf den ersten Blick klar, sondern muss erst „gefunden“ werden. 603
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Das Verfahren nach § 11 mündet in ein Gutachten zu Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes und dient der Bewusstseinsbildung. Gutachten sind in anonymisierter Form auf der Homepage des BMGF zu veröffentlichen. Ein Gutachten wird entweder von Amts wegen oder auf Antrag bestimmter Institutionen hin erstellt, namentlich kann ein solches von den in den jeweiligen Senaten vertretenen Interessenvertretungen beantragt sowie den AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6, den Regionalanwältinnen und den Regionalvertreterinnen verlangt werden. Der Verfahrensgegenstand wird in § 11 nicht näher eingegrenzt, ausdrücklich erwähnt sind die „Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung“ (§ 11 Abs 2). Der Wortlaut des § 11 Abs 2 lässt aber auch erkennen, dass der Verfahrensgegenstand des § 11 darüber hinaus geht (arg „Betrifft ein gemäß Abs 1 zu erstellendes Gutachten Diskriminierungen in Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung, …“). Ein Einzelfallprüfungsverfahren nach § 12 ist zunächst auf Vermittlung und Schlichtung angelegt. Es mündet im Fall einer festgestellten Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes in die Erstellung eines Vorschlages zur Verwirklichung der Gleichbehandlung und die Aufforderung, die Diskriminierung zu beenden. Folgt die für die vermutete Diskriminierung verantwortliche Person diesem Vorschlag bzw dieser Aufforderung nicht, so können bestimmte Institutionen – die in den jeweiligen Senaten vertretenen Interessenvertretungen sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch VertreterInnen der GAW – beim zuständigen Gericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen. Rechtskräftige Gerichtsurteile, die eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes feststellen, sind (wiederum) im vollen Wortlaut und in anonymisierter Form auf der Homepage des BMGF zu veröffentlichen. Das Verfahren findet im nicht näher spezifizierten „Einzelfall“ statt. Die Einleitung eines solchen Verfahrens kommt denselben, schon zum § 11-Verfahren genannten Institutionen zu, wobei zu erwähnen ist, dass eine Zustimmung der betroffenen Person keine Voraussetzung ist. Darüber hinaus kann ein Einzelfallprüfungsverfahren auch von ArbNinnen bzw von den von einer Diskriminierung nach dem 1. Abschnitt des III. Teiles GlBG betroffenen Personen, von ArbGinnen und vom Betriebsrat eingeleitet werden. In einem Einzelfallprüfungsverfahren hat die von der Diskriminierung betroffene Person das Recht, sich durch eine Person ihres Vertrauens vertreten zu lassen. Ebenso kann sie die Beiziehung einer 604
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Vertreterin einer Interessenvertretung oder einer Nichtregierungsorganisation verlangen (§ 12 Abs 2). Das Verfahren nach § 13 zielt auf einen Bericht der für die vermutete Diskriminierung verantwortlichen Person. In einem solchen Bericht ist durch eine zahlenmäßige Aufgliederung ein Vergleich in Bezug auf das vermutete diskriminierende Merkmal zu ermöglichen (zB Beschäftigungsbedingungen, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten). Wird ein solcher Bericht wegen einer Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Zugehörigkeit iSd III. Teiles, 1. Abschnitt des GlBG verlangt, so hat die verantwortliche Person „alle Umstände des Falles aus ihrer Sicht umfassend und detailliert darzulegen“. Aufgrund eines Berichtes „kann“ die Kommission sodann Gutachten über die Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes im Betrieb erstellen. Und sofern der Verpflichtung zur Berichtslegung nicht entsprochen wird, ist dieser Umstand von der Kommission auf der Homepage des BMGF zu veröffentlichen. Die Verpflichtung zur Berichtslegung erfordert zunächst eine Mitteilung an die Kommission, in der die Vermutung der Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes glaubhaft gemacht wird. Sie setzt sodann noch ein Verlangen der Kommission voraus. Verpflichtete ist die für die vermutete Diskriminierung verantwortliche Person bzw die ArbGin. Die zur Verfahrenseinleitung ermächtigten Personen und Institutionen sind mit jenen des § 12 identisch; ausgenommen sind – mE aus nicht nachvollziehbaren Gründen – lediglich die Regionalanwältinnen und Regionalvertreterinnen. Auch eine amtswegige Berichtsanforderung ohne vorherige Mitteilung durch die Kommission ist nicht vorgesehen. 2. Abgrenzung des Verfahrens nach § 11 von jenem nach § 12 a. Einleitung Nach dieser Darstellung der „Grundintentionen“ der Verfahren 2 einerseits und grundlegender verfahrensrechtlicher Bedingungen andererseits soll nunmehr auf die Frage des Verhältnisses der dargestellten Verfahrenstypen zueinander eingegangen werden. Dabei interessiert primär die Abgrenzung eines Verfahrens nach § 11 von jenem nach § 12. Die Frage der Abgrenzung stellt sich deshalb, weil der Verfahrensgegenstand nach § 11 nicht eingegrenzt ist. Es ist dem jeweiligen Senat aufgegeben, „Gutachten über Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes“ zu erstatten. § 12 benennt demgegenüber den „Einzelfall“ als Gegenstand der Prüfung. Dar605
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aus könnte nun zweierlei gefolgert werden: Einerseits, dass mit Rücksicht auf die „Weite“ der Formulierung des § 11 alles zum Gegenstand eines Gutachtens gemacht werden kann, auch der Einzelfall. So verstanden würden sich die Anwendungsbereiche des § 11 und des § 12 überschneiden und es wäre dann zu fragen, ob diese Konkurrenz iSe alternativen oder kumulativen Anwendbarkeit aufzulösen ist. Alternative Anwendbarkeit bedeutete, dass ein- und derselbe Einzelfall dann entweder im Verfahren nach § 12 geprüft werden kann oder aber im Hinblick auf die darin aufgeworfene Diskriminierungsfrage Gegenstand eines Gutachtens nach § 11 sein kann. Die Wahl des einen Verfahrenstyps würde diesfalls die Wahl des anderen ausschließen. Kumulative Anwendbarkeit würde bedeuten, dass ein Einzelfall sowohl Gegenstand eines Gutachtens als auch eines Einzelfallprüfungsverfahrens sein kann. Es könnte andererseits aber auch geschlossen werden, dass § 12 gegenüber § 11 die speziellere Norm ist und daher als Gegenstand eines Gutachtens nur in Frage kommt, was nicht Einzelfall ist, weil eben dieser im Verfahren nach § 12 zu prüfen ist. So verstanden handelte es sich um jeweils exklusive Anwendungsbereiche. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass „über weite Strecken“ Identität der Initiierungsberechtigten gegeben ist und sich gerade auch aus diesem Grund die Abgrenzungsfrage stellt. Die in den jeweiligen Senaten vertretenen Interessenvertretungen, die AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6, die Regionalanwältinnen und Regionalvertreterinnen sowie der jeweilige Senat von Amts wegen sind sowohl zur Einleitung eines Gutachtensverfahrens als auch eines Einzelfallprüfungsverfahrens ermächtigt. Und es sei betont, dass diese Verfahrenseinleitung jeweils ohne die Zustimmung einer allenfalls betroffenen Person möglich ist. Alternative Normenkonkurrenz hätte zur Folge, dass die vorhin genannten Institutionen frei wählen können, ob sie im Einzelfall ein Verfahren nach § 12 oder aber die Erstattung eines Gutachtens nach § 11 beantragen. Nimmt man kumulative Anwendbarkeit an, so wäre es in die Disposition dieser Institutionen gestellt, auch beide Verfahrenstypen zu wählen. 3 In der Literatur finden sich zur Frage des Verhältnisses von § 11 zu § 12 keine eindeutigen Aussagen. Smutny/Mayr (Gleichbehandlungsgesetz 417 f und 432) bemühen sich um eine Unterscheidung der beiden Verfahren, was dahingehend gedeutet werden kann, dass man von unterschiedlichen Anwendungsbereichen ausgeht. Mayer (ZAS 37) sieht in den §§ 5 und 6 (nunmehr §§ 11 und 12) grundsätz606
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lich eine Differenzierung zwischen Verfahren betreffend kollektive Regelungen und Verfahren betreffend einen Einzelfall. Mit Einführung der Berichtspflicht nach § 6a (nunmehr § 13) sei es möglich geworden, dass auch im Einzelfall ein Gutachten erstellt wird (Mayer, ZAS 38). Unklar ist mE die Auffassung von Mayer-Maly (Gleichbehandlungsgesetz), der zunächst (71) beklagt, dass dem Gesetzgeber eine völlig klare Abgrenzung der Verfahrenstypen nicht gelungen sei, der dann ausspricht (72), dass das GlBG für eine Subsidiarität des Gutachtensverfahrens gegenüber dem Einzelfallprüfungsverfahren keinen zureichenden Anhaltspunkt biete, und wenige Zeilen danach meint, dass Gutachtensverfahren allen eine Diskriminierung betreffenden Fragen gelten, soweit es sich nicht um die Prüfung handelt, ob das Gleichbehandlungsgebot im Einzelfall verletzt wurde. b. Überschneidung der Anwendungsbereiche? Die Auflösung der Frage einer möglichen Konkurrenz zwischen 4 § 11 und § 12 muss mE danach erfolgen, ob die Zielsetzungen und Ergebnisse dieser beiden Verfahren zum einen unterschiedliche sind und bejahendenfalls, ob diese sinnvoller Weise nebeneinander bestehen können. Es sind daher zunächst die Ziele der beiden Verfahrenstypen „nebeneinander“ zu stellen. Ein Verfahren nach § 11 dient der Bewusstseinsbildung. Die von der GBK erstellten Gutachten sind in anonymisierter Form zu veröffentlichen. Damit wird nicht nur den an der Diskriminierungsfrage unmittelbar Interessierten (etwa den KV-Parteien, wenn Normen eines KV geprüft wurden), sondern auch der Öffentlichkeit eine Orientierungshilfe in einer bestimmten Gleichbehandlungsfrage gegeben. Diese „Orientierungshilfe“ soll selbstverständlich auch „Anstoß“ für verantwortliche Personen und Institutionen sein, eine als gleichheitswidrig erkannte Praxis oder Norm zu beenden bzw nicht mehr anzuwenden oder außer Kraft zu setzen oder gleichheitskonform abzuändern. Mit dem Einzelfallprüfungsverfahren werden mehrere Ziele verfolgt: Es zielt zunächst auf eine Schlichtung ab. Gelingt diese, so endet damit das Verfahren. Scheitert sie, so können bestimmte Institutionen von ihrem Recht Gebrauch machen, eine Feststellungsklage bei Gericht einzubringen. Ein die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes feststellendes Urteil ist – wiederum in anonymisierter Form – zu veröffentlichen. Damit erfüllt dieses Verfahren im Falle eines gescheiterten Vermittlungsversuches weitere Funktionen: Zunächst soll freilich auch ein die Verletzung des 607
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Gleichbehandlungsgebotes feststellendes Urteil die für die Diskriminierung verantwortliche Person dazu animieren, eine gleichheitswidrige Praxis zu beenden bzw eine als gleichheitswidrig erkannte Norm der individuellen oder kollektiven Rechtsgestaltung nicht weiter anzuwenden. Zum zweiten soll Betroffenen eine Einschätzung der Erfolgschancen für einen allenfalls folgenden gerichtlichen Leistungsstreit gegeben werden, und des Weiteren wird durch die Publikation des Feststellungsurteils die Sensibilisierung und Information der Öffentlichkeit in Diskriminierungsfragen erreicht (vgl die Begründung des IA 138/A vom 24.1.1979, II-4651 BlgNR 14. GP, abgedruckt in Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 1310). Letzteres Ziel erachte ich als ein sekundäres. Primär ist das Verfahren nach § 12 auf Schlichtung und im Fall der Erfolglosigkeit auf eine Einschätzung der Obsiegenswahrscheinlichkeit im Rechtsstreit gerichtet. Die Information der Öffentlichkeit ist dabei „nur“ ein „Nebenprodukt“. 5 Für eine Überschneidung der Anwendungsbereiche wegen partieller Identität der Verfahrensgegenstände könnte nun zum einen ins Treffen geführt werden, dass auch in den Zielen partielle Übereinstimmung besteht. Das Ziel des § 11-Verfahrens kann auch durch ein Einzelfallprüfungsverfahren erreicht werden, allerdings nicht regelmäßig und notwendig, sondern nur, wenn eben der Schlichtungsversuch zuvor scheitert und dazu berechtigte Institutionen von ihrem Klagerecht vor Gericht Gebrauch machen. Man könnte daher argumentieren, dass ein bis zum Ende geführtes Verfahren nach § 12 ein Verfahren nach § 11 überflüssig macht und somit „konsumiert“. Insofern, und nur „in dieser Richtung“ wäre alternative Konkurrenz gegeben. Wird ein Verfahren nach § 12 gewählt und bis „zum Ende geführt“, so wäre die Behandlung derselben Diskriminierungsfrage durch ein Gutachten nicht mehr zulässig. Nicht zu vernachlässigen ist dabei allerdings, dass im Fall des § 11 das Bewusstsein durch die Äußerung der GBK, im Verfahren nach § 12 durch eine Entscheidung des Gerichtes gebildet wird. Und umgekehrt schließt ein Gutachtensverfahren die gleichzeitige oder spätere Einleitung eines Einzelfallprüfungsverfahrens nicht aus, weil letzteres weiter gehende Ziele verfolgt. (Zu den sich daraus ergebenden Problemen gleich unten.) Wird ein Einzelfallprüfungsverfahren nicht bis zur Veröffentlichung geführt, weil etwa davor eine Schlichtung des Konfliktes gelingt, oder aber keine der dazu berechtigten Institutionen von 608
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ihrem Recht, eine Feststellungsklage bei Gericht einzubringen, Gebrauch machen will oder kann (die VertreterInnen der GAW benötigen dazu die Zustimmung der Betroffenen), so könnte man an eine kumulative (besser: kombinierte) Anwendung der beiden Verfahren denken. Eine solche Verbindung der Verfahren nach den §§ 11 und 12 könnte man als sinnvoll ansehen, wenn (wie eben beschrieben) zB im Rahmen eines Einzelfallprüfungsverfahrens Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes aufgegriffen werden, die aber wegen Schlichtung oder mangels Klagseinbringung durch die dazu ermächtigten Institutionen nicht bis zur Veröffentlichung eines Feststellungsurteils weiter verfolgt werden oder werden können. Dann könnte diese Frage der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes im Rahmen eines Gutachtens abgehandelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ein solches Gutachten ist zum einen nicht vom Antrag bestimmter Institutionen abhängig, sondern kann auch von Amts wegen erstattet werden und zum anderen kann damit das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit befriedigt werden, das ja nicht notwendig deshalb ein geringeres ist, weil es im Zuge des Verfahrens zu einer Schlichtung gekommen ist, oder weil die Bereitschaft der klageberechtigten Institutionen zur Klagseinbringung nicht gegeben ist. In dieser (und nur in dieser) Abfolge könnte man eine Kumulation (besser: Kombination) der Verfahren als sinnvoll ansehen. Eine Kumulierung der Verfahren ohne die hier gemachten Einschränkungen wäre hingegen problematisch. Ginge man davon aus, dass § 11 und § 12 in vollem Umfang nebeneinander anwendbar sind, so hätte dies zur Folge, dass dieselbe Diskriminierungsfrage sowohl in Form eines Gutachtens der Kommission als auch in Form eines Feststellungsurteils des Gerichtes der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könnte. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Summierung von Äußerungen unterschiedlicher staatlicher Organe in derselben Frage ist aber wohl fraglich. Sie könnte mehr verwirren denn zur Orientierung beitragen, und das insb dann, wenn – was nicht auszuschließen ist – die Diskriminierungsfrage unterschiedlich beantwortet wird. Davon abgesehen lässt sich aus der gesetzlichen Ausgestaltung des Einzelfallprüfungsverfahrens ableiten, dass der Gesetzgeber eine Häufung von zu veröffentlichenden Aussagen unterschiedlicher Institutionen in derselben Diskriminierungsfrage nicht wollte. Die Feststellung der Diskriminierung durch die GBK sowie der Vorschlag zu ihrer Beendigung – also der erste Teil des Verfahrens nach § 12 – ist nicht zu veröffentlichen, sondern erst das gerichtliche Feststel609
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lungsurteil. Zu beachten ist überdies, dass sich die vorhin aufgezeigte Abfolge nicht erzwingen lässt. Man stelle sich vor, dass eine der Interessenvertretungen für einen Einzelfall die Erstattung eines Gutachtens beantragt und etwa nach Abschluss des Verfahrens nach § 11 die Betroffene die Durchführung eines Einzelfallprüfungsverfahrens verlangt. Dessen Durchführung wird man der Betroffenen nicht verwehren können, zumal das Einzelfallprüfungsverfahren auch und primär andere Zwecke erfüllt als das Verfahren nach § 11. Dann aber kann es zu der oben aufgezeigten und mE nicht unproblematischen Kumulierung von öffentlich zu machenden Äußerungen unterschiedlicher staatlicher Organe zu ein- und derselben Diskriminierungsfrage kommen. In Anbetracht dieser primär auf Zweckmäßigkeitserwägungen beruhenden Argumente meine ich, dass eine alternative oder kumulative Anwendbarkeit der §§ 11 und 12 zwar denkbar, aber in verschiedener Hinsicht problematisch ist. Erstere lässt sich nicht erzwingen, zweitere führt unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit zu fragwürdigen Ergebnissen. c. § 12 als lex specialis gegenüber § 11? 6 Von diesen Überlegungen abgesehen lassen sich mE weitere Gründe dafür anführen, dass der Verfahrensgegenstand des § 12 nicht mit jenem nach § 11 ident sein soll und der Gesetzgeber folglich den genannten Institutionen keine Freiheit in der Verfahrenswahl zukommen lassen wollte: Für diese Sicht spricht zunächst schon die imperative Diktion des § 12 („… hat der damit befasste Senat im Einzelfall zu prüfen, …“). Des Weiteren spricht dafür das Vorsehen von zwei unterschiedlichen Verfahrenstypen. Der Gesetzgeber hat mit § 12 für den Einzelfall ein Spezialverfahren geschaffen, das einige Abweichungen aufweist. So können etwa bestimmte Personen und Einrichtungen – nämlich die von der Diskriminierung Betroffenen, ArbGinnen und Betriebsrat – die Kommission nur dann befassen, wenn ein Einzelfall vorliegt. Auch der Verfahrensablauf ist unterschiedlich (intensiv) ausgeformt. Durch diese Unterschiede wird der „Einzelfall“ aus dem unbegrenzt definierten Anwendungsbereich des § 11 herausgehoben und zum Spezialfall gemacht, der in dem eigens dafür geschaffenen Verfahren zu prüfen ist. In einem Zwischenresümee lässt sich daher festhalten, dass insb systematische und teleologische Erwägungen dafür sprechen würden, dass der Verfahrensgegenstand des Verfahrens nach § 11 ein anderer ist als jener des § 12, dass diese Verfahrenstypen also zuein610
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ander in einem Verhältnis der Ausschließung stehen. Die Grenze zwischen den beiden Verfahrenstypen wäre durch den Einzelfall „markiert“. Liegt ein Einzelfall vor, so ist das Verfahren nach § 12 zu führen (Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 72, 1.3). In den übrigen Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes kommt ein Gutachten nach § 11 in Betracht. d. „Einzelfall“ Diesen „Einzelfall“, der im Gesetz nicht näher definiert ist, gilt es 7 nun zu bestimmen. Neben der Wortbedeutung, der Systematik und den Aussagen in den Materialien wird auch den zwischen den beiden Verfahren bestehenden Unterschieden interpretationsleitende Funktion zukommen – das ist zum einen der im Vergleich zu § 11 erweiterte Kreis der Initiierungsberechtigten des § 12 sowie die Unterschiede im weiteren Verfahrensverlauf, insb der im § 12-Verfahren ausgeformte „Dialog“ mit der für die vermutete Diskriminierung verantwortlichen Person. Es kann an dieser Stelle schon vorweg genommen werden, dass mit Rücksicht auf das in den Materialien und in der Literatur vertretene Verständnis des „Einzelfalles“ eine Scheidung der Anwendungsbereiche nicht möglich ist. Davon abgesehen fördert dieser Interpretationsversuch weitere „Besonderheiten“ zutage. In der Literatur zu der in den relevanten Punkten gleich lautenden Vorgängerbestimmung des § 11 (das ist § 5 GlBG 1979) wurde der Gegenstand des Gutachtensverfahrens – wohl im bewussten Gegensatz zum Begriff „Einzelfall“ – positiv zu bestimmen versucht. Man will den Gutachtensauftrag als einen Auftrag verstanden wissen, der sich mit „allgemeinen Fragen“ beschäftigt (MayerMaly, Gleichbehandlungsgesetz 71; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 417 unter Bezugnahme auf die Überschrift des § 8 der bis zum 20. Oktober 2004 in Kraft befindlichen GBK-GO). Dieser Versuch einer Positivbestimmung hilft in der Abgrenzungsfrage mE wenig weiter, denn auch der Einzelfall kann die Anregung für eine „allgemeine Frage“ geben (Das sieht im Übrigen auch die Praxis so. Vgl dazu die im Internet abrufbare Lose-Blatt-Sammlung „Anträge an die Gleichbehandlungskommission“, Gutachten 2 [1994] 228, in dem in der Praxis – eben im Einzelfall – immer wieder vorkommende Argumentationsstereotype auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgebot hin überprüft wurden). Fest steht auf Grund positivrechtlicher Anordnung (§ 11 Abs 2) nur, dass zum einen die „Normen der kollektiven Rechtsgestaltung“ 611
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Gegenstand eines Gutachtens sein können und zum anderen, dass der Verfahrensgegenstand nach § 11 über die Prüfung dieser Normen hinausgeht (§ 11 Abs 2 lautet: „Betrifft ein (…) Gutachten Diskriminierungen in Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung …“). Es liegt nun nahe, die Abgrenzung über die Auslegung des Begriffes „Einzelfall“ zu versuchen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch würde man unter einem Einzelfall wohl jedenfalls die individuelle Maßnahme oder Einzelnorm verstehen, eine Maßnahme oder Norm, die sich eben nur „gegen“ eine (oder auch mehrere) individuell bestimmte Person(en) richtet. Nach der dazu aufgefundenen Literatur (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 418; die dortige Bezugnahme auf Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 79, konnte nicht nachvollzogen werden) liegt ein Einzelfall vor, wenn die Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes eine bestimmte ArbNin oder eine bestimmte ArbGin betrifft. Und mit Hinweis auf die Materialien wird einhellig auch davon ausgegangen, dass es für die Einzelfallprüfung nach § 11 irrelevant sei, ob die Diskriminierung in einer Einzelvereinbarung oder einer kollektiven Norm grundgelegt sei (so schon die Begründung des IA 138/A vom 24.1.1979, II-4651 BlgNR 14. GP, zitiert bei Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 1309). Auch eine betriebliche Übung könne Gegenstand einer Einzelfallprüfung sein, sofern es sich um die Überprüfung in Bezug auf eine bestimmte Betroffene handelt (Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 80; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 432; wenn Smutny/Mayr [Gleichbehandlungsgesetz 418] zu § 11 ausführen, dass von einer allgemeinen Frage der Diskriminierung dann auszugehen sei, „wenn die Betroffenen nicht näher bestimmt sind“, so liegt hier mE ein Widerspruch vor. Die Betroffenen einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung sind regelmäßig nicht näher, sondern eben allgemein, oder nach Gattungsmerkmalen bestimmt. Normen der kollektiven Rechtsgestaltung können aber – wie Smutny/Mayr dazu selbst ausführen und vorhin dargetan – Gegenstand eines Einzelfallprüfungsverfahrens sein). 8 Zunächst ist zu einem solcherart verstandenen „Einzelfall“ festzuhalten, dass man damit (neuerlich) vor dem Problem der Identität der Verfahrensgegenstände steht. Gegenstand einer Prüfung nach § 12 können nämlich nach den Materialien und der Literatur auch kollektive Normen sein. Das gilt aber auch für § 11, dessen Verfahrensgegenstand jedenfalls die in seinem Abs 2 genannten „Regelun612
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gen der kollektiven Rechtsgestaltung“ umfasst. In der Literatur wird eine Scheidung der Anwendungsbereiche nun weiter so vorgenommen, dass der Einzelfall dann vorliegt, wenn die Prüfung „in Bezug auf bestimmte Betroffene“ durchgeführt wird (Smutny/ Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 432). Diese „Verfahrensführung in Bezug auf bestimmte Betroffene“ soll nun also das entscheidende Kriterium sein, das ein Verfahren nach § 12 von jenem nach § 11 abgrenzt. Mit Blick auf den Gesetzestext ist dieser Ansicht zu folgen. Das Einzelfallprüfungsverfahren ist „kontradiktorisch“ aufgebaut. § 12 Abs 2 räumt „dem/der Arbeiternehmer/in“ oder der von Diskriminierung betroffenen Person im Verfahren vor den Senaten der GBK das Recht ein, sich von einer Person ihres Vertrauens vertreten zu lassen. Des Weiteren kann sie die Beiziehung einer Vertreterin einer Nichtregierungsorganisation verlangen (§ 12 Abs 2 zweiter Satz). Und die Einbringung einer Feststellungsklage durch die VertreterInnen der GAW ist nur mit Zustimmung der betroffenen Person möglich (§ 12 Abs 5). Mit Rücksicht auf diese Ausgestaltung findet daher das Einzelfallprüfungsverfahren zwischen zwei individuell bestimmten Personen statt – zwischen der ArbGin bzw der für die vermutete Diskriminierung verantwortlichen Person einerseits und der ArbNin bzw der von einer Diskriminierung betroffenen Person andererseits, auch wenn zur Verfahrenseinleitung „nicht beteiligte“ Institutionen berechtigt sind. Die Anwendung dieses Kriteriums („Verfahrensführung in Be- 9 zug auf bestimmte Betroffene“) ist mE allerdings aus mehreren Gründen problematisch. Zum einen schon deshalb, weil sich Normen der kollektiven Rechtsgestaltung eben nicht an bestimmte Betroffene richten, sondern ihr Adressatenkreis allgemein oder nach Gattungsmerkmalen bestimmt ist. Die Prüfung einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung als „Einzelfall“ ginge dann noch an, wenn man die Verfahrensinitiierung regelmäßig vom Willen „irgendeines“ der abstrakt bestimmten Normbetroffenen abhängig machen würde. Oder mit anderen Worten: Wäre ein Einzelfallprüfungsverfahren, das sich gegen eine kollektive Norm wendet, nur dann möglich, wenn entweder ein Antrag oder die Zustimmung einer Betroffenen vorliegt, so ist für mich die Durchführung „in Bezug auf bestimmte Betroffene“ erfüllbar. Eine von mehreren Betroffenen bestimmt sich eben selbst zum Subjekt dieses Verfahrens. Das sieht der Gesetzestext nun aber nicht vor. Ein Einzelfallprüfungsverfahren wird nicht nur durch Antrag der Betroffenen 613
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eingeleitet, sondern auch auf Antrag der im Senat vertretenen Interessenvertretungen, der ArbGin, des Betriebsrates, auf Verlangen der (Regional-)AnwältInnen und Regionalvertreterinnen sowie von Amts wegen. Und das Antragsrecht der Verbände und der VertreterInnen der GAW bedarf keiner vorherigen Zustimmung der Normbetroffenen. Es handelt sich dabei um eine Form eines Verbandsrechtsschutzes, dessen „Wesensmerkmal“ es gerade ist, dass die Verfahrensinitiierung und -führung unabhängig vom Willen der Betroffenen erfolgt (wenngleich die Zustimmung in der Praxis zumeist gegeben sein wird, weil eben eine Betroffene die Verfahrensinitiierung durch die Interessenvertretungen oder die berechtigten Mitglieder der GAW anregen wird). Was aber bedeutet dann „Durchführung in Bezug auf bestimmte Betroffene“? Soll es etwa den genannten Institutionen anheim gestellt sein, eine von mehreren Betroffenen einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung oder einer betrieblichen Übung zu bestimmen und sie in ein Verfahren nach § 12 „hineinzuzwingen“, um eine Diskriminierungsfrage zum Gegenstand eines Einzelfallprüfungsverfahrens machen zu können? Das mutet zum einen nicht nur äußerst seltsam an, sondern es ist damit zum anderen die Abgrenzung der Verfahrensgegenstände erst recht wieder nicht geleistet. Da Normen der kollektiven Rechtsgestaltung jedenfalls Verfahrensgegenstand nach § 11 sind (Abs 2), stünde es den jeweiligen Interessenvertretungen, den VertreterInnen der GAW und der Kommission frei, bei Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entweder gleich ein Gutachten zu beantragen oder aber eine Betroffene zu bestimmen, um „für“ sie das Verfahren nach § 12 zu führen. Dieses Ergebnis ist auch deshalb problematisch, weil § 11 Abs 2 für die Prüfung von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung eine besondere Verfahrensbestimmung enthält (zwingende Beteiligung der Vertreterinnen der jeweiligen KV-Partei in den Arbeitsausschüssen), die bei angenommener freier Verfahrenswahl umgangen werden könnte. 10 Es darf also zu dieser Frage zusammenfassend festgehalten werden: In einem Einzelfallprüfungsverfahren können auch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung geprüft werden. Ein Einzelfallprüfungsverfahren soll sich von einem § 11-Verfahren dadurch unterscheiden, dass es „in Bezug auf eine bestimmte Person geführt“ wird. Zur Verfahrenseinleitung sind – im Sinne eines Verbandsrechtsschutzes – auch Institutionen berechtigt. Nimmt man nun einen für alle zur Verfahrenseinleitung berechtigten Personen und 614
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Institutionen einheitlichen Prüfgegenstand an, dann heißt das, dass bei Normen der kollektiven Rechtsgestaltung von diesen Institutionen eine vom persönlichen Anwendungsbereich der Norm erfasste Person als „Betroffene“ für ein Einzelfallprüfungsverfahren bestimmt werden müsste. Das ist nicht nur abwegig, sondern man hat sich damit argumentativ auch gerade „einmal im Kreis“ gedreht, das Abgrenzungsproblem aber nicht gelöst. Und wenn daraus nun die Wahlfreiheit für die Prüfung von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung folgt, dann stellt sich die Frage, warum diese nicht auch bei Einzelnormen oder -maßnahmen gelten soll, jenen Fällen also, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wohl jedenfalls als „Einzelfall“ verstanden werden müssten. e. Antragsrecht der ArbGin Nach der Literatur soll der „Einzelfall“ auch dann vorliegen, wenn 11 „eine bestimmte ArbGin“ betroffen ist. Dazu ist zunächst zu bemerken, dass ArbGinnen auch allgemeine Regeln zur Anwendung bringen, die nicht nur einzelne ArbNinnen betreffen, sondern uU alle oder nach Gattungsmerkmalen bestimmte Gruppen von ArbNinnen gleichermaßen. Man ist damit wiederum beim soeben angesprochenen Problem angekommen. Die „Durchführung in Bezug auf bestimmte Personen“ ist jedenfalls bei Normen der kollektiven Rechtsgestaltung problematisch. Davon abgesehen ist für mich in hohem Maße fraglich, ob die gesetzlich vorgesehene Verfahrensinitiierung durch ArbGinnen überhaupt eine praxisgerechte und realistische Variante der Verfahrenseinleitung ist. ME wird dieser Verfahrenstyp der Interessenlage der ArbGinnen aus zwei Gründen nicht gerecht: Das Interesse der ArbGinnen könnte mE darin bestehen, vorab, also bevor eine singuläre oder kollektive Maßnahme gesetzt oder eine Bestimmung in einen Einzelarbeitsvertrag aufgenommen wird, eine Aussage zu ihrer Vereinbarkeit mit den Gleichbehandlungsgeboten zu bekommen. Darauf ist das Verfahren nach § 12 aber gerade nicht zugeschnitten, weil geprüft werden soll, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes (bereits) vorliegt (ex-post Prüfung). Eine solche Frage könnte durch ein Gutachten nach § 11 geklärt werden. Ein solches zu beantragen ist ArbGinnen allerdings nicht möglich. Es ist zum zweiten davon auszugehen, dass eine Beurteilung einer bereits gesetzten Maßnahme oder eines bereits abgeschlossenen Arbeitsvertrages auf die Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des GlBG hin nicht Interesse der ArbGin sein wird. Mag sie auch 615
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noch an der Schlichtung eines Konfliktes interessiert sein, so wird sie an einem Arbeitsgerichtsprozess kein Interesse haben, weil sie in einem solchen Prozess jedenfalls „nichts gewinnen kann“. Verneint das Gericht die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes, so können die geprüften Maßnahmen und Normen „bestehen“ bleiben; aus der Sicht der ArbGin ändert sich demnach nichts. Wird eine Verletzung festgestellt, so muss die ArbGin den von der Diskriminierung Betroffenen die erlittene Zurücksetzung ausgleichen. Einen solchen Arbeitsgerichtsprozess können ArbGinnen aber nicht verhindern. Die Einbringung einer Feststellungsklage ist nämlich nicht von ihrer Zustimmung abhängig (was dem „Wesen“ einer Verbandsklage nun einmal entspricht, vgl unten Rn 16 ff). Und es kann nicht ernsthaft davon ausgegangen werden, dass den ArbGinnen daran gelegen sein wird, den ArbNinnen eine Einschätzung ihrer Erfolgschancen in einem Prozess gegen sich selbst zu verschaffen. Ich meine daher, dass die Verfahrenseinleitung durch ArbGinnen kein realistisches Szenario ist. f. Verfahrensführung unabhängig vom Willen Betroffener 12 In diesem Zusammenhang sei noch ein weiterer Aspekt des Einzelfallprüfungsverfahrens angesprochen, der mir bemerkenswert erscheint. Ein Einzelfallprüfungsverfahren kann von den Interessenvertretungen, von den VertreterInnen der GAW, vom Betriebsrat und von ArbGinnen auch gegen den erklärten Willen der Betroffenen geführt werden. Das ist bei ArbGinnen nicht weiter bemerkenswert, weil der Interessensgegensatz zwischen ArbGinnen und ArbNinnen dem Arbeitsverhältnis nun mal eigentümlich ist. Dessen ungeachtet stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Durchführung eines Einzelfallprüfungsverfahrens unabhängig oder gar gegen den Willen einer bestimmten Betroffenen. Ist es das vornehmliche Ziel des Verfahrens nach § 12 in einem Konflikt zu vermitteln und der von einer gleichheitswidrigen Norm oder Praxis bestimmten Betroffenen eine Orientierungshilfe für einen allfälligen gerichtlichen Leistungsstreit zu geben, so geht das Verfahren ins Leere, wenn diese Betroffene an einer Schlichtung oder Durchsetzung von allfälligen Ansprüchen – aus welchen Gründen auch immer – nicht interessiert ist. An wen richtet sich dann die Einschätzung der Obsiegenschance? Im Falle einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung könnte sie andere Normbetroffene zur Klagsführung gegen die mutmaßlich diskriminierende Person ermuntern. Der im vorgeschalteten Schlichtungsverfahren auserwählten (solcherart eben 616
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„bestimmten“) Betroffenen würde damit bei Normen der kollektiven Rechtsgestaltung die Erbringung eines Sonderopfers abverlangt; sie wird zum Subjekt eines von ihr möglicherweise überhaupt abgelehnten Verfahrens bestimmt, Nutznießerinnen sind alle Normbetroffenen, die an einer Klagsführung in weiterer Folge interessiert sind. Als besonders „kritisch“ und ganz und gar kontraproduktiv einzuschätzen ist die Verfahrensführung unabhängig oder gar gegen den erklärten Willen der betroffenen Person wohl in Fällen sexueller Belästigung. Es ist völlig unverständlich, dass nach der geltenden gesetzlichen Lage Personen, die in ihrem intimsten Bereich verletzt wurden und daher auch besonders verletzlich sind, in ein sie nochmals belastendes und verstörendes Verfahren gezwungen werden könnten. In der Praxis hat sich dieses Problem noch nicht gestellt, weil bislang regelmäßig die Zustimmung der Betroffenen vorlag (so die Auskunft einer Vertreterin der GAW). Allerdings müsste die Kommission auf Verlangen der initiierungsberechtigten Institution tätig werden (arg „hat der damit befasste Senat“ in § 11 und § 12 jeweils Abs 1). Diese Verpflichtung ist allerdings sanktionsols. g. Vorschläge zur Abgrenzung Interpretatorisch ist man in einer Sackgasse gelandet – systemati- 13 sche und teleologische Erwägungen sprechen dafür, dass der Verfahrensgegenstand unterschiedlicher Verfahrenstypen ein unterschiedlicher sein muss. Die interpretatorische Ermittlung der Verfahrensgegenstände, die die Absicht der Initiatorinnen des Gesetzes mit einbezieht, weist allerdings partielle Identität auf und weitere Anhaltspunkte für die Wahl des einen oder anderen Verfahrens sind vorerst nicht erkennbar. Wenn der Gesetzgeber die Einzelfallprüfung auch gegen den Willen Betroffener zulässt, dann kann es eben zB auf Erwägungen wie etwa die Einschätzung der Sinnhaftigkeit eines Dialoges mit der für die Diskriminierung verantwortlichen Person oder mögliche Belastungen für das Arbeits- oder sonstige (Rechts-)Verhältnis nicht ankommen. Es gibt nun mE mehrere Möglichkeiten, diese Interpretationsfrage zu lösen. Jede dieser Möglichkeiten weist Schwächen auf und erfordert es, sich an oder vielleicht sogar über die Grenze dessen hinaus zu bewegen, was mit den Methoden der Gesetzesauslegung zulässiger Weise ermittelt werden kann. Die erste Möglichkeit besteht darin, den Wortlaut des Gesetzes, die 14 historische Absicht des Gesetzgebers sowie die Literaturmeinungen 617
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zu vereinen. Das würde Folgendes bedeuten: Gegenstand eines Verfahrens nach § 12 sind Individualmaßnahmen und -normen ebenso wie die Normen der kollektiven Rechtsgestaltung und betriebliche Übungen. Einzelne Betroffene können ihre Überprüfung auf die Übereinstimmung mit dem Gleichbehandlungsgebot ebenso beantragen wie ArbGinnen, Betriebsräte, Interessenvertretungen, VertreterInnen der GAW und die Senate von Amts wegen. Vom Verfahren nach § 11 unterscheidet sich das Einzelfallprüfungsverfahren dadurch, dass es – wie in der Literatur ausgeführt – in „Bezug auf bestimmte Betroffene“ geführt wird. Da es die „bestimmte Betroffene“ bei Normen der kollektiven Rechtsgestaltung nicht gibt, müsste diese von den genannten Institutionen sowie von ArbGinnen und Betriebsrat (auch gegen ihren Willen) bestimmt werden. Die im Einzelfall aufgeworfene Diskriminierungsfrage kann auch zum Gegenstand eines Gutachtens gemacht werden. Dieses Ergebnis weist einige Schwächen auf: Zum einen ist es geradezu absurd, bei Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, deren Eigentümlichkeit es ist, dass sie sich nicht an individuell bestimmte Personen richten, eine Betroffene zu bestimmen. Zum anderen bedeutet dieses Verständnis auch Identität der Verfahrensgegenstände und für die in den Senaten vertretenen Interessenvertretungen, die VertreterInnen der GAW sowie die Senate von Amts wegen die nicht näher determinierte Freiheit der Wahl zwischen den beiden Verfahrenstypen. Abgesehen davon ist diese Kumulierung von Verfahren problematisch (oben Rn 5). 15 Die zweite Möglichkeit besteht darin, von der Verschiedenheit der Verfahrensgegenstände auszugehen und den Einzelfall in Anlehnung an die Wortbedeutung eng zu bestimmen: Unbestreitbar liegt ein „Einzelfall“ wohl vor, wenn eine bestimmte Person von einer individuellen Norm (Einzelarbeitsvertrag) oder Maßnahme betroffen ist. Dann kommt nur das Verfahren nach § 12 in Betracht. Umgekehrt können „abstrakte Fragen der Gleichbehandlung“, dh Fragen ohne konkreten und individuell bestimmbaren Anlass (das ist zumindest denkmöglich, wenn auch vermutlich von geringer praktischer Relevanz) nur in Form eines Gutachtens erörtert werden. Solcherart abstrakte Fragen sind schon vom Begriff des „Einzelfalles“ nicht mehr umfasst. Und auch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung wären in einem Verfahren nach § 11 zu prüfen. Dies deshalb, weil sie dort als Verfahrensgegenstand auch ausdrücklich genannt sind und für ihre Prüfung spezielle verfahrensrechtliche Vorgaben bestehen (§ 11 Abs 2); konkret: die Beiziehung der Vertre618
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terinnen der jeweiligen Kollektivvertragsparteien. Dieses Ergebnis mag zwar durch seine „Einfachheit“ bestechen, es ist allerdings aus mehreren Gründen problematisch: Es widerspricht zunächst einem Verständnis des „Einzelfalles“, das der historische Gesetzgeber diesem Begriff beigelegt wissen wollte. Eine Einzelfallprüfung soll ja unabhängig davon möglich sein, ob die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes im Einzelarbeitsvertrag oder einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung grundgelegt ist. Davon abgesehen ist das Einzelfallprüfungsverfahren nach der Vorstellung des Gesetzgebers als ein Verfahren im Vorfeld eines arbeitsgerichtlichen Prozesses konzipiert (Begründung des IA 138/A vom 24.1.1979, II-4651 BlgNR 14. GP; zitiert bei Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 1310). Es wäre dieser Zielsetzung nun aber abträglich, würde man die Initiierung eines solchen Kommissionsverfahrens durch die betroffenen ArbNinnen eng verstanden wissen wollen. Oder anders formuliert: Die einzelne betroffene ArbNin soll die GBK in allen Fragen der Gleichbehandlung in Anspruch nehmen können, unabhängig davon, ob sie im Einzelvertrag oder einer kollektiven Regelung verankert sind. Andernfalls wäre die dem Verfahren nach § 12 zugedachte Funktion, nämlich den betroffenen ArbNinnen für einen allfälligen folgenden Gerichtsprozess einen „Anhaltspunkt“ zu geben, nur für einen Teilausschnitt der das Arbeitsverhältnis bestimmenden Normen erfüllt. Diese restriktive Auslegung des Begriffes Einzelfall stünde dann wohl auch in einem Spannungsverhältnis zu der dem Gesetz entnehmbaren Tendenz, eine breitestmögliche Befassung der GBK zu ermöglichen. Dieser Tendenz, die sich insb aus der generalklauselartigen und weiten Beschreibung des Aufgabenkreises der Kommission in § 8 ableiten lässt, „läuft es zuwider“, wenn Betroffene nur jene Diskriminierungsfragen vor die Kommission bringen dürfen, die sich gegen individuell bestimmte Personen richten. h. Wahl der Verfahrensart nach teleologischen Gesichtspunkten – Zweck des Verbandsrechtsschutzes Eine dritte Möglichkeit, die ich zur Überwindung dieser Pattsitua- 16 tion sehe, würde darin bestehen, die These von der Exklusivität der Anwendungsbereiche aufzugeben, dh Identität der Verfahrensgegenstände anzunehmen und das Recht der Wahl zwischen dem Verfahren nach § 11 und jenem nach § 12 für die in den jeweiligen Senaten vertretenen Interessenvertretungen, die VertreterInnen der GAW sowie die Senate von Amts wegen anzuerkennen. Für die Ausübung dieses Wahlrechts lassen sich mE aufgrund weitergehen619
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der Überlegungen zum Zweck eines Einzelfallprüfungsverfahrens und des dort vorgesehenen Verbandsrechtsschutzes Anhaltspunkte gewinnen. Und in diese Überlegungen ist auch das Problem der Verfahrensführung gegen den Willen einer Betroffenen mit einzubeziehen. Die Wahl des jeweiligen Verfahrenstyps ist je nach Antragstellerin „interessengerecht“ zu bestimmen. § 12 sieht eine Form eines „Verbandsrechtsschutzes“ vor, weil es nicht allein einzelnen Betroffenen überlassen ist, Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot zu verfolgen, sondern weil auch bestimmte Institutionen damit betraut sind, Rechtsschutzanträge einzubringen. Diese Einrichtung ist in der österreichischen Rechtsordnung keineswegs eine singuläre Erscheinung. Für diese Art der Rechtsverfolgung steht auch der Begriff der „Verbandsklage“ (vergleichbare Einrichtungen kennt auch das öffentliche Recht. Beispielsweise zu nennen sind der Umweltantwalt (§ 19 Abs 3 UVP-G) oder die Bürgerinitiative (§ 19 Abs 4 UVP-G). Vgl dazu eingehender Mayer, Ein „Umweltanwalt“ im österreichischen Recht, JBl 1982, 113; Schulev-Steindl, Subjektive Rechte im öffentlichen Interesse? Anmerkungen zur Aarhus-Konvention, JRP 2004, 128 jeweils mwN). Es handelt sich dabei um einen „Sammelbegriff“, der in der Literatur für verschiedene „Erscheinungen“ von Antrags- und Klagerechten gebraucht wird und der auch für die in § 12 Abs 4 und Abs 5 vorgesehene Klagebefugnis der Interessenvertretungen und VertreterInnen der GAW verwendet wird (vgl Schoibl, ZfRV 1990, 28 ff; Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 85 f; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 441 f). Mit dem Begriff der „Verbandsklage“ allein würde man dem Einzelfallprüfungsverfahren allerdings nicht gerecht, weil hier zwei Stufen eines „Verbandsrechtsschutzes“ vorgesehen sind, bei dem eine eben nicht eine Klagebefugnis ist. Zunächst können bestimmte Institutionen die GBK – also ein Verwaltungsorgan – in einer Frage der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes im Einzelfall befassen. Erst im Falle eines gescheiterten Vermittlungsversuches sind bestimmte Interessenvertretungen und VertreterInnen der GAW berechtigt, Klage auf Feststellung bei Gericht einzubringen. Auch der Begriff „Rechtsschutz“ ist in Bezug auf die Antragsbefugnis vor der GBK dahingehend zu relativieren, dass keine verbindlichen Entscheidungen getroffen, sondern bloß unverbindliche Vermittlungsvorschläge oder Gutachten zu einer Rechtsfrage erstellt werden können. Rechtspolitischer Hintergrund der Etablierung solcher Klage- und Antragsrechte ist regelmäßig ein konstatiertes Rechtsschutzdefizit, das im privaten 620
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Recht typischerweise daher rührt, dass Betroffene den „klassischen“ Zwei-Parteien-Zivilprozess als Mittel der Abhilfe gegen Rechtsverletzungen aus verschiedenen Gründen nicht nützen. Die Verbandsklage dient dann dazu, der zunehmenden Gefahr einer „schleichenden Erosion“ des objektiven Rechts in diesen Bereichen entgegen zu wirken, in dem die Klagebefugnis von der Individualbetroffenheit abgelöst und auf bestimmte Institutionen ausgeweitet wird. Schoibl (Verbandsklage 4 ff) weist diesen Rechtsschutzeinrichtungen die Funktion der Wahrung öffentlicher Interessen oder wie etwa im arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren spezifisch „kollektiver Gruppeninteressen“, jedenfalls aber überindividueller Interessen zu. Diese Aussage ist mE in zweifacher Hinsicht zu relativieren: Zum einen meine ich, dass die der Verbandsklage in den bekannten Bereichen des Wettbewerbs-, Konsumentenschutz- und Arbeits- und Sozialrechts zugeschriebene Funktion der Wahrung öffentlicher Interessen in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden sollte. Ein öffentliches Interesse ist nämlich ganz allgemein mit der Wahrung des Rechts „sehr rasch gefunden“. Jede Inanspruchnahme staatlicher Behörden zur Rechtsverfolgung trägt zur Effektuierung der Rechtsordnung und damit zur Wahrung eines öffentlichen Interesses bei. Auch einzelne ArbNinnen, die in einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht gegenüber der ArbGin ihre rechtlichen Ansprüche durchsetzen, erfüllen damit auch ein öffentliches Interesse, jenes nämlich an der Durchsetzung der Rechtsordnung. Dieses sehr allgemeine öffentliche Interesse kann meist dann noch – je nach Sachgebiet – konkreter gefasst werden. So dient jeder Zwei-ParteienWettbewerbsprozess dem öffentlichen Interesse des Schutzes eines funktionierenden und fairen Wettbewerbes; jedes Verfahren auf der Grundlage des KSchG dem (auch) öffentlichen Interesse des Schutzes der Konsumenten. Freilich bleibt dann noch das „Mengenargument“ übrig. Es ist gerade das in bestimmten Bereichen festzustellende Defizit in der Rechtsdurchsetzung, das die Wahrung des Rechts infolge seiner gehäuften und unbeanstandet bleibenden Verletzung zu einem öffentlichen Interesse macht. Wie „groß“ das Rechtsschutzdefizit allerdings sein muss, damit sein Ausgleich zu einem öffentlichen Interesse wird, muss unbeantwortet bleiben. Die zweite, der Verbandsklage zugeschriebene Funktion, nämlich 17 die Wahrung kollektiver Gruppeninteressen, oder sog „überindividueller“ Interessen mag für den Großteil der im privaten Recht verankerten Verbandsklagerechte zutreffen. Verbandsklageverfah621
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ren im Wettbewerbs- und Konsumentenschutzrecht werden gerade nicht in Bezug auf bestimmte Betroffene geführt und sind daher insofern überindividuell. Und Voraussetzung für die in § 54 ASGG vorgesehenen Feststellungsklagen im Arbeits- und Sozialgerichtsprozess ist, dass zumindest drei ArbNinnen betroffen sein müssen. Sie dienen daher dem Schutz kollektiver Gruppeninteressen. Mit Rücksicht auf den rechtspolitischen Hintergrund der Etablierung von Verbandsklagen ist – wie ich meine – die „Abstraktion“ von einer bestimmten Betroffenen geradezu ein „Wesensmerkmal“. Die Verbandsklage soll Rechtsschutzdefizite ausgleichen, die deshalb entstehen, weil unmittelbar Betroffene den klassischen Zwei-Parteien-Prozess nicht auf sich nehmen. Mit ihr soll Einzelnen die Last der Klagsführung und das Prozess(kosten)risiko abgenommen werden. Einzelne Betroffene sollen „nicht aus der Deckung“ gehen, sich nicht in einem „individuellen“ Rechtsstreit exponieren müssen. (Auch die geforderten drei betroffenen ArbNinnen für eine Klage nach § 54 Abs 1 ASGG bleiben zunächst anonym. Vgl dazu Schoibl, Verbandsklage 25; AB 527 BlgNR 16. GP 8: Nur wenn diese Voraussetzung bestritten wird, werden auch darüber gerichtliche Erhebungen zu pflegen und Feststellungen zu treffen sein.) Das gilt in besonderem Maße für das Arbeitsverhältnis, weil die Bereitschaft zur Durchsetzung von ArbNinnenansprüchen in einem gerichtlichen Verfahren während des aufrechten Arbeitsverhältnisses bekanntermaßen und aus verständlichen Gründen kaum gegeben ist. Aus diesem Grund sollen Verbände die Auseinandersetzung mit den ArbGinnen zur Wahrung des Rechts übernehmen. Und der Umstand, dass Verbandsklagen regelmäßig unabhängig vom Willen der betroffenen Personen eingebracht werden, erfüllt zweierlei Funktionen: Zum einen muss das öffentliche Interesse der Hintanhaltung gehäufter Rechtsverstöße vom Willen allenfalls Betroffener unabhängig verfolgbar sein. Zum anderen dient dieser Umstand „neuerlich“ dem Schutz Betroffener. Wäre auch bei Rechtsschutzanträgen der dazu ermächtigten Institutionen die Zustimmung der Betroffenen erforderlich, so müsste die Betroffene „aus der Deckung gehen“, das soziale Risiko eines Prozesses könnte dann eben nicht auf die Verbände überwälzt werden, die Bereitschaft, die Zustimmung zu erteilen könnte sinken und das Ziel, der Aushöhlung der Rechtsordnung entgegen zu wirken, würde dann erst recht nicht erreicht. 18 Diese beiden Funktionen eines Verbandsrechtsschutzes – einerseits die Wahrung eines öffentlichen Interesses, andererseits die 622
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Unterstützungsfunktion gegenüber Einzelnen – sind nun für das Verfahren nach § 12 zu untersuchen und in ihrer Bedeutung zu gewichten. Daraus sind dann mE Schlüsse für die Abgrenzungsfrage zu ziehen. Gewiss dient der im GBK/GAW-G vorgesehene Verbandsrechtsschutz auch einem öffentlichen Interesse. Auch und gerade im Bereich der Gleichbehandlung sind Rechtsschutzdefizite zu konstatieren und schon die Tatsache der Einrichtung der GBK und der GAW zielt darauf, die Durchsetzung des Rechts auf verschiedene Weise zu ermöglichen und zu erleichtern. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass das Einzelfallprüfungsverfahren im Unterschied zu den vergleichbaren Institutionen in den Bereichen Konsumentenschutz-, Wettbewerbs- und auch Arbeitsrecht „individuell“ zugeschnitten ist. Es ist notwendigerweise für oder gegen eine „Betroffene“ zu führen. Und es ist zum zweiten zu beachten, dass Diskriminierungsfragen und insb Fälle sexueller oder sonstiger verpönter Belästigung zu den sensibelsten und gleichsam „persönlichsten“ Angelegenheiten zählen. Und diese Betroffenheit ist dann noch einmal eine intensivere, wenn es sich um eine Belästigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses handelt. Aus diesem Grund meine ich, dass man den persönlichen Interessen der Betroffenen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Rechtsdurchsetzung vergleichsweise wird sehr hohe Bedeutung beimessen müssen. Und die Frage der Bewertung der Interessen wird insb auch von der Frage der Sensibilität der Diskriminierungsfrage abhängen. Je sensibler die Angelegenheit, desto gewichtiger müssten schon die öffentlichen Interessen sein, denen die Verfahrensführung dient. Bei all diesen Angelegenheiten ist dann noch zu beachten, dass für das öffentliche Interesse an der Rechtsdurchsetzung auch noch ein zweiter Weg zur Verfügung steht, nämlich das Gutachtensverfahren nach § 11 (welches freilich gegenüber dem Verfahren nach § 12 insofern ein Minus darstellt, als eine Befassung des Gerichtes und damit auch eine autoritative Feststellung desselben nicht vorgesehen ist). Und nicht zuletzt sei noch einmal daran erinnert, dass in den Materialien die Motivation für die Einführung des Einzelfallprüfungsverfahrens ganz klar „individuell“ festgelegt ist. Es soll zunächst vermittelt und im Fall des Scheiterns der Vermittlung Betroffenen eine Einschätzung ihrer Obsiegenschance gegeben werden. Mit Rücksicht auf diese Argumente wäre der Verfahrensgegenstand je nach antragstellender Person oder Institution wie folgt festzulegen: 623
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Einzelne Betroffene können die Einleitung eines Einzelfallprüfungsverfahrens in Bezug auf alle sie betreffenden Normen oder Maßnahmen beantragen, unabhängig davon, ob die geprüfte Norm oder Maßnahme eine individuelle oder eine der kollektiven Rechtsgestaltung ist. Das entspricht nicht nur den Materialien zum Einzelfallprüfungsverfahren, sondern auch der erkennbaren Zielsetzung des Gesetzes, eine breitestmögliche Befassung der Kommission zu ermöglichen. Die in den jeweiligen Senaten vertretenen Interessenvertretungen sowie die VertreterInnen der GAW können sowohl bei individuellen Normen und Maßnahmen als auch bei Normen der kollektiven Rechtsgestaltung zwischen den Verfahren nach § 11 und § 12 wählen. Sie sollen sich bei der Wahl des einen oder anderen Verfahrens von folgenden Gesichtspunkten leiten lassen: Da das Einzelfallprüfungsverfahren ganz überwiegend dem individuellen Interesse Betroffener dient, kommt die Verfahrensführung nach § 12 insb dann in Betracht, wenn sie von der Betroffenen angeregt wird oder ihre Zustimmung vorliegt. Eine Verfahrensführung gegen den Willen einer Betroffenen würde das Ziel verfehlen. Zu beachten ist nämlich auch, dass § 12 immer nur einen „unvollkommenen Rechtsschutz“ bietet. Mit dem bloß zwischen den Parteien des Verfahrens wirkenden Feststellungsurteil ist ein rechtswidriger Zustand noch nicht beseitigt. Im Fall eines Beharrens der für die Diskriminierung verantwortlichen Person muss dann erst in einem individuellen Rechtsstreit zwischen der für die Diskriminierung verantwortlichen Person und der betroffenen Person Rechtsschutz gesucht werden. Ausgeschlossen ist mE die Überprüfung von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung, wenn die Zustimmung oder Anregung der betroffenen Person nicht vorliegt. Es kann nicht angehen, dass diesfalls irgendeine Betroffene zum Verfahrenssubjekt bestimmt wird. Davon abgesehen lässt sich ein Vorrang des Gutachtensverfahrens auch aus dem Text des § 11 heraus begründen, wenn es dort heißt, dass die GBK „insbesondere“ Gutachten zu erstellen hat. Es müssten schon besondere Gründe vorliegen, die die Einleitung eines Einzelfallprüfungsverfahrens durch diese Institutionen rechtfertigen können. Ein solcherart „besonderer Grund“ liegt mE nur dann vor, wenn die Zustimmung der Betroffenen vorliegt. Was das Antragsrecht des Betriebsrates und der Diskriminierungsverantwortlichen betrifft, so kann – selbstverständlich – jede individuelle Norm oder Maßnahme – Gegenstand der Überprüfung sein. Hinsichtlich der Überprüfung von Normen der kollekti624
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ven Rechtsgestaltung sind auch hier die vorstehenden Erwägungen maßgebend. Ein solches kommt für den Betriebsrat dann in Betracht, wenn eine Betroffene dies anregt oder ihre Zustimmung dazu gibt. Die ArbGin hingegen wird Normen der kollektiven Rechtsgestaltung schwerlich überprüfen lassen können, weil nicht anzunehmen ist, dass ArbNinnen die ArbGin dazu anregen werden. Und die Bestimmung „irgendeiner“ oder „irgendeines“ Betroffenen zum Verfahrenssubjekt erscheint mir aus den schon erwähnten Gründen geradezu absurd. Es bleibt also für ArbGinnen nur ein sehr eingeschränktes Antragsrecht, das mE aber nicht weiter problematisch ist, weil nach meinem Dafürhalten das Einzelfallprüfungsverfahren der Interessenlage der ArbGinnen ohnedies nicht gerecht wird (siehe dazu Rn 11). Auch dieser Interpretationsvorschlag weist Schwächen auf. So führt nämlich die angenommene Identität der Verfahrensgegenstände dazu, dass Verfahren nach § 11 und § 12 nebeneinander geführt werden können. Und das ist – wie einleitend ausgeführt wurde (Rn 4 f) – nicht unproblematisch. In rechtspolitischer Hinsicht ist zunächst anzumerken, dass der 19 Gesetzgeber die Bestimmung des Verfahrensgegenstandes durch eine klarere Sprache hätte erleichtern können. Sodann fragt sich, ob man diese Verfahrenstypen nicht hätte besser miteinander kombinieren können. So ist es mE nicht einzusehen, warum eine Verbandsklage (die Feststellungsklage vor Gericht) nur im Anschluss an das individuell geführte Schlichtungsverfahren möglich sein soll. Wäre es nicht sinnvoll, dem „Modell“ des § 54 Abs 1 und 2 ASGG folgend, auch oder vielleicht sogar ausschließlich nach einem Gutachtensverfahren, in dem eine konkrete individuelle oder kollektive Norm geprüft wurde, eine Feststellungsklage zuzulassen? Dies würde mE dem „Konzept“ des Verbandsrechtsschutzes besser entsprechen, der ja gerade die Betroffene als Verfahrenssubjekt entlasten will. Und allgemein ist zu fragen, ob eine Entkoppelung des Schlichtungsverfahrens von der Verbandsklage die Bereitschaft zu seiner Inanspruchnahme nicht erhöhen kann. Jedenfalls meine ich, dass man für die Verbandsklage nach § 12 Abs 4 und 5 in ihrer derzeitigen Ausformung regelmäßig die Zustimmung der Betroffenen verlangen sollte. Unverständlich und unangemessen ist es mE auch, dass ArbGinnen nur das mit der Feststellungsklage kombinierte Einzelfallprüfungsverfahren führen können. Ihren Interessen würde mE eher das Verfahren nach § 11 entsprechen. 625
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3. Verhältnis des Verfahrens nach § 13 zu jenen nach § 11 und § 12 Ungenügend ist nach meinem Dafürhalten auch die Abstimmung 20 eines Verfahrens nach § 13 mit jenen nach § 11 und § 12. Nach Wortlaut und Systematik sind Verfahren nach § 13 eigenständige Verfahren, die ihren Abschluss in der Berichterstattung oder der Veröffentlichung des Umstandes finden, dass der Aufforderung zur Berichtslegung nicht nachgekommen wurde. § 13 Abs 3 bestimmt nämlich bloß, dass die Kommission auf Grund der Berichte Gutachten über die Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes im Betrieb erstatten „kann“, bei wörtlicher Auslegung demnach nicht muss. Eine weiter gehende Bezugnahme auf die Verfahren nach den § 11 und § 12 ist nicht vorgesehen. Dieses Regelungsgefüge wirft Fragen auf: Die Funktion eines Verfahrens nach § 13 kann mE nur darin bestehen, der Kommission „Zugriff“ auf die für ihre Arbeit notwendigen Informationen zu verschaffen. Das lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zu der in den relevanten Teilen einschlägigen Vorgängerbestimmung des § 13 (das ist § 6a, eingefügt durch BGBl 1985/290) herauslesen (RV 664 BlgNR 16. GP 7), in denen die Schwierigkeit betont wurde, die Behauptung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes ohne Bezugnahme auf bestimmte ArbNinnen aufzustellen, um damit eine Gefährdung dieser Arbeitsverhältnisse zu vermeiden. Und diese Schwierigkeit würde sich beim (damals eingefügten) Gleichbehandlungsgebot betreffend betriebliche Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen noch verstärken. Die vorhin erwähnte „Arbeit“ der Kommission besteht aber nun insb darin, Gutachten zu erstellen und Einzelfallprüfungen durchzuführen, um die ihr zugedachte Funktion der Vermittlung und Bewusstseinsbildung zu erfüllen. Die Anforderung eines Berichtes wird daher typischerweise im Vorfeld oder vielleicht auch noch während eines Gutachtens- oder Einzelfallprüfungsverfahrens sinnvoll sein. Nun ist es geradezu selbstverständlich, dass ein Bericht, der keine Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes erkennen lässt, auch ein weiteres Tätigwerden der Kommission nicht erfordert. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist es aber auch möglich, dass auch ein Bericht, der eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vermuten lässt, den Schlusspunkt darstellen kann, zumal es in das nicht näher determinierte Ermessen der Kommission gestellt ist, auf Grund des Berichtes ein Gutachten zu erstatten. Sie kann, muss aber nicht ein Gutachten erstellen. Ein solcherart „isoliertes“ Berichtsverfahren macht Sinn, wenn es die für die Diskriminierung verant626
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wortliche Person veranlasst, eine aufgezeigte Diskriminierung zu beenden. Zeitigt ein Bericht aber keine solche Wirkung, so ist es mE wertlos. Abgesehen davon müsste ein eine verpönte Diskriminierung offen legender Bericht doch der geradezu selbstverständliche Anlass sein, von Amts wegen ein Gutachten zu erstellen. Die „Kann“-Bestimmung des § 13 Abs 3 ist mE in der zuletzt beschriebenen Konstellation als „Muss“ zu deuten. Eine Ausnahme wäre nur dann anzunehmen, wenn die aufgeworfene Diskriminierungsfrage bereits gutachtlich abgehandelt worden ist. Zu beachten ist weiters, dass § 13 Abs 3 nur das Gutachten als 21 „Folge“ eines Berichtes benennt. Die ausdrückliche Bezugnahme auf ein Gutachten ist dann so zu verstehen, dass der Gesetzgeber ein Berichtsverfahren nur mit einem Gutachten kombiniert wissen wollte. Oder anders formuliert: Ein Einzelfallprüfungsverfahren kann aufgrund eines Berichtes nicht eingeleitet werden. Mit Rücksicht auf den rechtspolitischen Hintergrund der Einführung der Berichtspflicht, mag diese Verengung auf das Gutachtensverfahren durchaus Sinn machen. Der Bericht ist, um eine mögliche Belastung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses zu vermeiden, gerade nicht in Bezug auf eine bestimmte Person zu erstellen, sondern ist mit Bezug auf die vermutete Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes allgemein abzufassen. Durch die zahlenmäßige Aufgliederung soll ein Vergleich beispielsweise der Beschäftigungsbedingungen, der Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, der Aufstiegsmöglichkeiten sowie der Beschäftigungsdauer und der Art der Beendigung der Arbeitsverhältnisse ermöglicht werden. Die Einschränkung auf ein Gutachten hin, mag aber doch auch fragwürdig erscheinen. Wird durch einen solchen Bericht ein Einzelfall sichtbar, dann müsste doch wohl die amtswegige Einleitung eines Einzelfallprüfungsverfahrens nach § 12 unter den oben näher herausgearbeiteten Bedingungen die Konsequenz sein können. (In diesem Sinne wird auch in der Literatur die Auffassung vertreten, dass ein Bericht nach § 13 sowohl im Zusammenhang mit einem bereits gemäß § 11 [früher: § 5] oder § 12 [früher: § 6] eingeleiteten Verfahren erfolgen kann; vgl dazu Bei/Novak, Gleichbehandlungsgesetz 152; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 448.) Mit Rücksicht auf die aufgezeigten Argumente meine ich, dass § 13 Abs 3 mehr Fragen auftut als er – dem Zweck des Berichtsverfahrens entsprechend – „beantwortet“. Zum einen wird durch § 13 Abs 3 eine bestimmte zeitliche Abfolge vorgegeben – zuerst der 627
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Bericht, dann das Gutachten –, die den Anwendungsbereich des Berichtsverfahrens mE in unnötiger Weise einengt. Zum anderen sieht er die schon erwähnte Koppelung von Bericht und Gutachten vor, die zu Umkehrschlüssen anhält. Ziel eines Berichtes wird es aber immer sein, Verletzungen eines Gleichbehandlungsgebotes sichtbar zu machen. Und dieser Bericht kann genau so gut eine Grundlage für ein späteres Einzelfallprüfungsverfahren sein, von wem auch immer es eingeleitet wird. 22 Auffallend ist auch, dass die Initiierungsrechte zwischen § 11 und § 13 divergieren. Ein Gutachten kann nicht von einer (betroffenen) Einzelperson von ArbGinnen oder vom Betriebsrat beantragt werden. Die Mitteilung, die eine Berichtspflicht auslösen kann, kann hingegen sehr wohl von diesen Personen oder Einrichtungen stammen. Und es wurde ja dargetan, dass ein solcher Bericht durchaus auch ein Gutachten „bewirken“ kann. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Unterscheidung ist mE nicht zu sehen. Und nicht nachvollziehbar ist mE auch, warum den Regionalanwältinnen und Regionalvertreterinnen die Initiierung eines Berichtsverfahrens vorenthalten wurde. Bemerkenswert ist weiters, dass auch die für die Diskriminierung verantwortlichen Personen jene Mitteilung nach § 13 Abs 1 machen können, die dann eine Berichtspflicht, deren Verpflichtete sie sind, auslösen kann. Oder mit anderen Worten: ArbGinnen werden wohl kaum eine „Selbstanzeige“ erstatten, die für sie eine aufwändige Berichtspflicht nach sich ziehen kann. Insgesamt meine ich daher, dass man die Berichtspflicht besser in die Verfahren nach den §§ 11 und 12 hätte integrieren müssen. Und sie wäre systematisch wohl besser bei der Auskunftspflicht gegenüber der Kommission platziert gewesen. II. Ziel des Verfahrens nach § 11, Verfahrensgegenstand 23 Mit dem Verfahren nach § 11 wird die generalklauselartig umschriebene weite Zuständigkeit der Kommission beispielhaft konkretisiert. Das Verfahren nach § 11 zielt zum einen wohl auf eine Verhaltensänderung der für die Diskriminierung verantwortlichen Personen, darüber hinaus aber insb auch auf Bewusstseinsbildung ab. Die Senate der Kommission erstellen Gutachten, die zur Erzielung der erwünschten Breitenwirkung in anonymisierter Form zu veröffentlichen sind. Wenn es in Abs 1 des § 11 heißt, dass der befasste Senat „insbesondere“ Gutachten zu erstellen hat, so wird damit mE zum Ausdruck gebracht, dass eben die primäre 628
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Aufgabe der Kommission in dieser Bewusstseinsbildung besteht. Fragen, die an die Kommission herangetragen werden, sollen insb in Form eines Gutachtens abgehandelt werden, um durch deren Veröffentlichung Interessierten Orientierung in Fragen der Gleichbehandlung zu geben. Ein Einzelfallprüfungsverfahren kommt demgegenüber nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen in Betracht (vgl dazu oben Rn 16 ff). Der Verfahrensgegenstand ist in § 11 nicht näher umschrieben. 24 Aus Abs 2 ergibt sich, dass er zum einen jedenfalls die Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung erfasst und zum anderen, dass er darüber hinaus geht. Für die Begutachtung der „Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung“ wird das Verfahren weiter detailliert. Im Sinne des ArbVG verstanden umfasst der Begriff der „Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung“ Kollektivverträge, Satzungen, Mindestlohntarife, die Festsetzung der Lehrlingsentschädigung und Betriebsvereinbarungen. Aber auch die individuelle Maßnahme oder Norm kann in Bezug auf die aufgeworfene Diskriminierungsfrage Gegenstand eines Gutachtens sein. Soweit sich der Verfahrensgegenstand mit jenem nach § 12 überschneidet, haben die initiierungsberechtigten Institutionen ihr Wahlrecht mit Rücksicht auf die dem Einzelfallprüfungsverfahren zugedachte Funktion auszuüben. Und nach meinem Verständnis haben die initiierungsberechtigten Institutionen primär ein Gutachten zu beantragen (arg „insbesondere“) (dazu eingehend Rn 1 ff, insb Rn 16 ff). Fraglich könnte sein, ob die GBK auch gesetzliche Bestimmungen darauf hin begutachten darf, ob sie mit den Gleichbehandlungsgeboten des GlBG im Einklang stehen. Da der Verfahrensgegenstand nach § 11 nicht eingegrenzt ist, spricht zunächst nichts dagegen. Und auch die Praxis scheint davon auszugehen, dass Gegenstand eines Gutachtens auch gesetzliche Bestimmungen sein können. So hat die GBK in einem Gutachten Bestimmungen des Gehaltskassengesetzes der Apotheker und Apothekerinnen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gebot der Lohngleichheit geprüft (Loseblattsammlung „Anträge an die Gleichbehandlungskommission, Gutachten 4 [1995] 235). Dennoch halte ich dieses Verständnis für nicht unproblematisch, zumindest aber für bemerkenswert, wird doch dadurch ein Verwaltungsorgan mit der (wenn auch im Unverbindlichen bleibenden) Prüfung von Gesetzen beauftragt. Und zu beachten ist auch, dass der Maßstab der Prüfung ebenfalls ein einfaches Gesetz ist, nämlich die im GlBG 2004 verbürgten Gleich629
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behandlungsgebote. Hier wird also einfaches Gesetzesrecht am einfachen Gesetz gemessen. III. Verfahrenseinleitung 25 Was die Einleitung eines Verfahrens nach § 11 betrifft, so wird sprachlich differenziert. Ein Gutachten ist auf Antrag der im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen einerseits sowie auf Verlangen der AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6, der Regionalanwältinnen und der Regionalvertreterinnen zu erstatten. Nach Auffassung in der Literatur wird durch diese sprachliche Differenzierung an die §§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 3 „erinnert“, nach denen der jeweilige Senat von Amts wegen ein Verfahren (auch nach § 11) einzuleiten hat, wenn die AnwältInnen die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes vermuten und die behaupteten Umstände der Kommission glaubhaft machen (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 401 und 419 f). Es handle sich daher nicht um zwei verschiedene Typen der Verfahrenseinleitung – einmal die Glaubhaftmachung nach den §§ 4, 5, und 6 Abs 3, die zur Verfahrenseinleitung von Amts wegen führen muss und zum anderen die Einleitung auf Verlangen –, sondern um ein- und dieselbe. Diese Ansicht vermag jedenfalls nicht schon auf den ersten Blick zu überzeugen. Zum einen ist der Terminus „Verlangen“ wohl etwas zu „befehlend“ gewählt, wenn man in Betracht zieht, dass die VertreterInnen der GAW die behaupteten Umstände für die Diskriminierung erst glaubhaft machen müssen und dann die Kommission von Amts wegen einleitet. Zum zweiten hätte der Bezug zur Verfahrenseinleitung nach den §§ 4, 5, und 6 jeweils Abs 3 durch einen Verweis in § 11 Abs 1 oder umgekehrt: den zitierten Bestimmungen auf § 11 etwas deutlicher ausfallen können. Und zum dritten vermag auch die gewählte Systematik etwas verwirren. So enthalten nicht nur die §§ 4, 5 und 6 Spezialbestimmungen für die Verfahrenseinleitung und -fortführung durch die VertreterInnen der GAW (jeweils die Abs 3 und 5), sondern auch der § 11 Abs 5. Es ist daher mE nicht abwegig, hier zwei unterschiedliche Formen der Verfahrenseinleitung anzunehmen. 26 Die Auffassung in der Literatur hat indes auch einiges für sich. Zunächst ist die sprachliche Differenzierung im Abs 1 des § 11 wohl eine bewusste; mit dem „Verlangen“ auf Gutachtenserstellung muss etwas anderes gemeint sein als mit der Gutachtenserstattung auf Antrag hin. Zum zweiten lassen sich diese Unterschiede in 630
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der Verfahrenseinleitung – die Interessenvertretung müssen die behaupteten Umstände für eine vermutete Diskriminierung ja nicht glaubhaft machen – auch auf nahe liegende Erwägungen stützen. Die GAW ist eine Einrichtung, die ausschließlich für die Wahrnehmung von Belangen der Diskriminierung eingerichtet wurde. Zu diesem Zweck wurden ihr auch bestimmte verfahrensrechtliche Befugnisse eingeräumt wie etwa die Möglichkeit der Einholung einer schriftlichen Stellungnahme und weiterer Auskünfte (§§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 2) oder der Durchführung von Ermittlungstätigkeiten im Auftrag der Kommission (§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 4). Es ist daher sachlich, wenn man von den VertreterInnen der GAW eine intensivere Vorbereitung eines möglichen Verfahrens verlangt als von den anderen Institutionen. Und es ist in weiterer Folge auch sachlich, wenn man bei einem auf „Verlangen“ der AnwältInnen, der Regionalanwältinnen sowie der Regionalvertreterinnen eingeleiteten Verfahren die Kommission dazu verpflichtet, sich damit spätestens innerhalb eines Monates zu befassen (§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 3 letzter Satz). Ein solches Verfahren ist durch die Vorarbeiten der genannten VertreterInnen besser vorbereitet und kann daher auch rascher voranschreiten. Vermuten die AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6 die Verletzung des 27 Gleichbehandlungsgebotes, und gelingt es, die behaupteten Umstände dem jeweiligen Senat glaubhaft zu machen, so leitet der Senat das Verfahren nach den §§ 11 oder 12 von Amts wegen ein. Durch diese Konstruktion einer – wie es der OGH in der Entscheidung vom 2.6.1999, 9 Ob A 30/99y ausgedrückt hat – „besonderen Form des amtswegigen Tätigwerdens der Kommission“ soll wohl zum Ausdruck gebracht werden, dass die genannten VertreterInnen der GAW keinen Anspruch auf Verfahrenseinleitung haben. Demgegenüber muss der jeweilige Senat auf Antrag einer Interessenvertretung hin ein Gutachten erstellen. Diese Differenzierung, die mE nach nicht nachvollziehbar ist, relativiert sich sogleich insofern, als mangels Anwendbarkeit der einschlägigen Bestimmungen des AVG, keine Entscheidungspflicht iSd des § 73 AVG besteht. Was die Verfahrensinitiierung durch die VertreterInnen der GAW 28 anbelangt, so ist mE zu erwägen, ob das genannte Erfordernis des „Glaubhaft-Machens“ nach den §§ 4, 5, und 6 jeweils Abs 3 in Bezug auf den primären Verfahrensgegenstand des § 11 – nämlich den Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung – auch angemes631
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sen ist. Einem Beweis zugänglich sind grundsätzlich nur Tatsachen und Erfahrungssätze, Rechtsnormen aber grundsätzlich nicht (vgl dazu beispielsweise Rechberger (Hrsg), Zivilprozessordnung, vor 266 Rn 14 ff). Ob nun diese Untauglichkeit der Rechtsnormen als Beweisthema auch vor den Senaten der GBK (für den Anwendungsbereich des ASGG ausdrücklich in § 43 Abs 3 ASGG) und auch für die Normen der kollektiven Rechtsgestaltung gilt, ist gewiss diskussionswürdig, soll aber in diesem Rahmen dahingestellt bleiben. Glaubhaft gemacht werden könnte allenfalls die Geltung dieser Normen der kollektiven Rechtsgestaltung und deren Inhalt. Die Umschreibung des Beweisthemas in den §§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 3, nämlich die die vermutete Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes tragenden „behaupteten Umstände“, sprechen mE eher den Tatsachenbereich an und sind daher mehr auf den Einzelfall, denn auf Normen der kollektiven Rechtsgestaltung zugeschnitten. Was wohl regelmäßig gefordert ist, ist die Begründung der vermuteten Gleichheitswidrigkeit; diese ist aber wohl auch bei der Einleitung eines Verfahrens auf Antrag nach § 11 Abs 1 erforderlich. 29 Für die Verfahrensinitiierung durch die Interessenvertretungen genügt der Antrag. 30 Die Einleitung eines Verfahrens nach § 11 zur Prüfung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes bewirkt die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung (§ 15 Abs 2, § 29 Abs 2 GlBG). IV. Gutachten, Veröffentlichung 31 Das Ergebnis eines Verfahrens nach § 11 ist ein Gutachten. Schon durch diesen Begriff wird angedeutet, dass dieser Form der Äußerung eines Senates keine verbindliche Wirkung zukommt. Aber auch die von einem solchen Gutachten ausgehenden Wirkungen geben keinen Anlass dazu, über eine Deutung als Hoheitsakt nachzudenken (Die Frage der Rechtsqualität eines Gutachtens war nach der Rechtslage vor dem 1.7.2004 eine offene und klärungsbedürftige Frage, zumal Gutachten davor nicht anonymisiert wurden und die namentliche Nennung zB von Mayer (ZAS 39 f) wegen der Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Rufes als Eingriff in ein vermögenswertes Privatrecht und damit in ein Grundrecht gedeutet wurden). Gutachten sind (bloß) in anonymisierter Form und kos632
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tenlos auf der Homepage des BMGF zu veröffentlichen. Ihre Bedeutung liegt damit ausschließlich in der „Orientierung“, die sie Betroffenen und Interessierten in den Angelegenheiten der Gleichbehandlung bieten. V. Arbeitsausschüsse Abs 2 räumt dem befassten Senat das Recht ein, Arbeitsausschüsse 32 zu bilden. Dieses Recht steht nur zu, wenn das zu erstellende Gutachten Diskriminierungen in „Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung“ betrifft und diese Arbeitsausschüsse können auch nur mit der Vorbereitung der Beschlussfassung betraut werden. Damit ergeben sich zu den in § 15 geregelten Ausschüssen zwei wesentliche Unterschiede: zum einen können die Ausschüsse nach § 15 mit der Entscheidung betraut werden. Ein weiterer Unterschied besteht im Prüfungsgegenstand. Arbeitsausschüsse können für Diskriminierungsfragen in Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung eingesetzt werden, die Ausschüsse nach § 15 nur im „Einzelfall“. Die zuletzt genannte Differenzierung relativiert sich, wenn man bedenkt, dass der Verfahrensgegenstand auch nach § 12 eine Norm der kollektiven Rechtsgestaltung sein kann (vgl zur Abgrenzung oben Rn 1 ff). Die Zusammensetzung der Arbeitsausschüsse ist der Zahl nach gesetzlich fixiert. Arbeitsausschüsse bestehen aus der Vorsitzenden des Senates und je einem Mitglied der im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretung. Die von den verschiedenen Ministerien entsandten Mitglieder sind demnach nicht vertreten. Weiters ist angeordnet, dass „den Beratungen“ (…) „Vertreter/innen der jeweiligen Kollektivvertragsparteien“ beizuziehen sind. Die „Reichweite“ dieser Bestimmung ist fraglich. Zum einen sind solche Arbeitsausschüsse für die Prüfung von Diskriminierungen in „Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung“ möglich – diese Regelungen erfassen aber nicht nur – wie bereits erwähnt – Kollektivverträge, sondern auch Satzungen, Mindestlohntarife, Lehrlingsentschädigungen und Betriebsvereinbarungen; Normen eben auch, bei denen es die „jeweilige Kollektivvertragspartei“ (gerade) nicht gibt. Diese zwingend bestimmte Beiziehung von Vertreterinnen der Kollektivvertragsparteien kann daher sinnvoller Weise nur auf die Prüfung von Bestimmungen eines Kollektivvertrages und einer Satzung beschränkt verstanden werden. Nur in diesen Fällen können sie auch die ihnen zugedachte Funktion der Auskunftserteilung über die für die Regelung maßgebenden Erwägungen einerseits so633
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wie die Besonderheiten ihrer Branche andererseits erfüllen (vgl Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 75; ihm folgend Smutny/ Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 423). Zum anderen ist die Frage der Beiziehung dieser Vertreterinnen im Plenum zu klären. Eine systematische Interpretation muss wohl zur Auffassung führen, dass eine Beiziehung von Vertreterinnen der Kollektivvertragsparteien nur in den Arbeitsausschüssen, nicht hingegen im Plenum geboten ist. Diese Verpflichtung zur Hinzuziehung der Vertreterinnen der Kollektivvertragsparteien ist nämlich zwischen zwei Sätzen positioniert, die sich nur auf den Arbeitsausschuss beziehen. (So ordnet § 11 Abs 2 letzter Satz eine sinngemäße Geltung des § 14 Abs 2 bis 5 an. Der verwiesene § 14 regelt die Geschäftsführung im Plenum; dem Wort „sinngemäß“ kann daher nur dann Bedeutung zukommen, wenn die verweisende Norm „bloß“ den Arbeitsausschuss und nicht das Plenum regelt.) Und es wäre auch systemkonform würde man den gesamten Abs 2 des § 11 als auf die Arbeitsausschüsse beschränkt anwendbar verstehen. Gegen ein solcherart eingeschränktes Vertretungsrecht der Kollektivvertragsparteien hat sich allerdings schon Mayer-Maly (Gleichbehandlungsgesetz 77) gewendet. Die Anordnung beziehe sich nicht nur auf Arbeitsausschüsse, sondern auch auf die Beratungen der Senate der Kommission. Die These Mayer-Malys, die in weiterer Folge auch von Smutny/Mayr (Gleichbehandlungsgesetz 422 f) übernommen wurde, hat einiges für sich. Zunächst ist festzuhalten, dass der Wortlaut der Bestimmung („… den Beratungen sind Vertreter/innen …. beizuziehen“) diese (auf das Plenum) erweiternde Auslegung zulässt. Die gewichtigen gesetzessystematischen Erwägungen können mE mit Rücksicht auf die genannte Zwecksetzung überwunden werden. Zwar überzeugt mich die Auffassung von Smutny/Mayr (Gleichbehandlungsgesetz 423), die da sinngemäß lautet, dass die Notwendigkeit einer Auskunft über die anlässlich der Schaffung einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung maßgebenden Erwägungen im Plenum nicht geringer sei als im Arbeitsausschuss, nicht bedingungslos, weil sie zu allgemein gehalten ist. Man könnte nämlich mE durchaus vertreten, dass durch die Vorberatungen im Arbeitsausschuss eben diese Erwägungen ausreichend miteinfließen und im Plenum nicht noch einmal „wiederholt“ werden müssen. Es ist aber zu bedenken, dass die Einsetzung eines Arbeitsausschusses nicht zwingend, sondern in das Ermessen der Kommission gestellt ist. Wird daher kein Arbeitsausschuss eingesetzt, so wären die jeweiligen Kollektivvertragsparteien an diesem Verfahren überhaupt 634
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nicht beteiligt. Das mit der verpflichtend vorgesehenen Einbeziehung der Kollektivvertragsparteien gegebene „Signal an die Kollektivvertragsautonomie“ wäre solcherart disponibel, was mE der dieser Bestimmung zugedachten „Funktion“ nicht gerecht würde. Teleologische Aspekte sprechen daher mE dafür, dass die Verpflichtung zur Einbeziehung der Vertreterinnen der jeweiligen Kollektivvertragsparteien auch für das Plenum gilt. Sind Gegenstand eines Gutachtens nicht Regelungen eines Kollek- 33 tivvertrages, sondern andere Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung so können gemäß § 14 Abs 4 sonstige Fachleute mit beratender Stimme beigezogen werden. Diese Erweiterung der Kommission ist nicht von Gesetzes wegen verpflichtend, sondern erfolgt auf Anordnung der Vorsitzenden oder auf Verlangen von einem Drittel der Mitglieder oder der AnwältInnen für Gleichbehandlung nach den §§ 4 bis 6 (nicht hingegen der Regionalanwältinnen und Regionalvertreterinnen). Die Rechtsstellung der Vertreterinnen der Kollektivvertragspar- 34 teien ist im Gesetz kaum geregelt. Nur § 10 Abs 3 bestimmt, dass sie zur Verschwiegenheit über alle ihnen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verpflichtet sind. Wenn es im Gesetz heißt, dass diese Vertreterinnen „den Beratungen“ beizuziehen sind, so bedeutet das die Beteiligung an allen Sitzungen. Eine Beschränkung ihrer Anwesenheit auf einzelne Punkte wäre nicht zulässig (so schon Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 77). VI. Verfahren Abgesehen von der Zusammensetzung der Arbeitsausschüsse nach 35 Abs 2 sind für das Verfahren nach § 11 keine speziellen Bestimmungen vorgegeben. Es sind aber (selbstverständlich) die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren der GBK zu berücksichtigen. Diese finden sich zunächst im GBK/GAW-G, vornehmlich in dessen § 14 sowie der zum GBK/GAW-G ergangenen GBK-GO (BGBl II 2004/396). Nunmehr sind kraft eines Verweises in § 16 auch bestimmte Vorschriften des AVG anzuwenden; konkret sind dies die Bestimmungen über die Zuständigkeit (§ 6 AVG), die Befangenheit (§ 7 AVG), über Anbringen (§ 13 AVG), die Niederschrift und Aktenvermerke (§ 14 bis 16 AVG), die Erledigung, Ladung und die Zustellung (§§ 18 bis 22 AVG) die Fristen 635
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(§ 32 und 33 AVG) sowie die §§ 45 und 46 AVG, die allgemeine Grundsätze über den Beweis regeln (Beweisbedürftigkeit und Unbeschränktheit der Beweismittel). (Zur Interpretation des Verweises sowie zu näheren Bestimmungen der verwiesenen Bestimmungen des AVG siehe § 16 Rn 1 ff). Bedauerlicherweise sind die Bestimmungen der GBK-GO nicht auf jene des AVG abgestimmt worden, mit der Konsequenz, dass es zu einander widersprechenden Doppelregelungen kommt, die zum einen nach meinem Dafürhalten gesetzwidrig sind (so zB das Verhältnis von § 12 Abs 2 GBK-GO zu § 19 AVG) oder interpretativ aufgelöst werden müssen (Dazu näher unter § 16 Rn 2). 36 Der Senat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst, wobei im Falle der Stimmengleichheit die Stimme der Vorsitzenden den Ausschlag gibt (§ 14 Abs 3 und § 7 GBK-GO; zur Problematik der Auslegung dieser Bestimmung siehe § 14 Rn 4). Zu beachten ist des Weiteren, dass die AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6 sowie die Regionalanwältinnen und Regionalvertreterinnen in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich das Recht auf Teilnahme an den Sitzungen sowohl der Senate der GBK als auch der „Arbeitsausschüsse“ haben (§ 3 Abs 10). Auf Verlangen ist ihnen auch das Wort zu erteilen. Einzelfallprüfung § 12. (1) Auf Antrag eines/einer Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin, eines/einer Arbeitgebers/Arbeitgeberin, eines Betriebsrates, einer der im jeweiligen Senat der Kommission vertretenen Interessenvertretungen, einer/eines von Diskriminierung im Sinne des III. Teiles, 1. Abschnitt, GlBG Betroffenen, auf Verlangen der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, einer Regionalanwältin, des/der Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung nach § 5 oder § 6, eines/einer Regionalvertreters/Regionalvertreterin oder von Amts wegen hat der damit befasste Senat im Einzelfall zu prüfen, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt. (2) Der/die Arbeitnehmer/in oder die von Diskriminierung im Sinne des III. Teiles, 1. Abschnitt GlBG betroffene Person hat das Recht, sich durch eine Person ihres Vertrauens, insbesondere eine/n Vertreter/in einer Interessenvertretung oder einer 636
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Einzelfallprüfung
Nichtregierungsorganisation, im Verfahren vor der Kommission vertreten zu lassen. Der Senat hat auf Antrag des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin oder der von Diskriminierung im Sinne des III. Teiles, 1. Abschnitt GlBG betroffenen Person eine/n Vertreter/in einer von dieser Person namhaft gemachten Nichtregierungsorganisation gemäß § 14 Abs. 4 beizuziehen. Der Senat hat den/die Arbeitnehmer/in oder die betroffene Person zugleich mit der Einleitung der jeweiligen Einzelfallprüfung über dieses Antragsrecht ausdrücklich zu belehren. (3) Ist der Senat der Auffassung, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, so hat er dem/der Arbeitgeber/in oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen oder dem/der für eine Diskriminierung im Sinne des III. Teiles, 1. Abschnitt GlBG Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. (4) Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, so kann jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen. Der Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist sowie kollektivvertraglicher Verfallfristen wird bis zum Ende des Monats nach Eintritt der Rechtskraft solcher Urteile gehemmt. (5) In einem auf Verlangen der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt, des/der Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung nach § 5 oder § 6, der Regionalanwältin oder eines/einer Regionalvertreters/Regionalvertreterin eingeleiteten Verfahrens steht das Klagerecht gemäß Abs. 4 auch der Anwältin für die Gleichbehandlung, der/ dem Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung nach § 5 oder § 6, der Regionalanwältin oder dem/der Regionalvertreter/in zu, wobei die Klage nur mit Zustimmung des/der Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin oder der betroffenen Person eingebracht werden darf. (6) Der Senat hat rechtskräftige Gerichtsurteile im Sinne des Abs. 4 und 5, die Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes feststellen, im vollen Wortlaut, jedoch in anonymisierter Form auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen kostenlos zu veröffentlichen. 637
§ 12 I. II. III. IV. V. VI. VII.
Hattenberger Inhaltsübersicht Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gemeinschaftsrechtliche Bezüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorschlag, Aufforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 6 7 9 10 12 14
Literatur: siehe Literaturangabe zu § 11. Zum Verfahrensgegenstand des § 12 und zur Abgrenzung des Verfahrens von jenem nach § 11 siehe insb § 11 Rn 1 ff. I. Zielsetzung 1 Nach den Materialien zur Erstfassung des Einzelfallprüfungsverfahrens soll dieser Verfahrenstyp im Wesentlichen zwei Funktionen erfüllen: Zum ersten soll die Einzelfallprüfung den von einer Diskriminierung Betroffenen eine Einschätzung für einen allenfalls folgenden Leistungsstreit vor Gericht geben und somit ihr Prozessrisiko vermindern. Zum zweiten soll durch die Veröffentlichung eines die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes feststellenden, rechtskräftigen Urteils die interessierte Öffentlichkeit über Fragen der Gleichbehandlung informiert werden (IA 138/A vom 24.1. 1979, II-4651 BlgNR 14. GP, abgedruckt in Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 1310). Nicht genannt ist dabei aber die „allererste“ Funktion eines Einzelfallprüfungsverfahrens, die Schlichtung. Sofern ein Senat zur Auffassung kommt, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, erstellt er einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung. Dieser Vorschlag ist mit der Aufforderung, die Diskriminierung zu beenden an den ArbG bzw bei Diskriminierungen auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen an die dafür verantwortliche Person zu übermitteln. Schon diese Mitteilung ist geeignet, den von der Diskriminierung Betroffenen eine Einschätzung in der Diskriminierungsfrage für einen möglichen Gerichtsprozess zu geben. Das allenfalls folgende Verfahren dient eben dieser Funktion und leistet überdies einen Beitrag zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit. Für den Fall nämlich, dass die für die Diskriminierung verantwortliche Person dem Vorschlag nicht nachkommt, können bestimmte Institutionen beim zuständigen Arbeits- bzw Zivilgericht Klage auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes erhe638
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Einzelfallprüfung
ben. Ein die Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes feststellendes, rechtskräftiges Urteil ist in anonymisierter Form zu veröffentlichen. Eine im Vergleich zur Vorgängerbestimmung nicht zu unterschätzende Wirkung hat das Verfahren nach § 12 eingebüßt. Nach der früheren Rechtslage waren gerichtliche Feststellungsurteile unter namentlicher Nennung der für die Diskriminierung verantwortlichen Person zu veröffentlichen (kritisch dazu Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 87 f). Diese, wenn auch nicht primär verfolgte (nach dem IA 138/A vom 24.1.1979, II-4651 BlgNR 14. GP, abgedruckt in Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 1310, soll durch die Veröffentlichung eine Einschätzung über Fragen der Diskriminierung gegeben werden und so a priori die Verwirklichung der Gleichbehandlung der ArbN durch den ArbG erleichtert werden) „Prangerwirkung“, mochte doch geeignet sein, die Befolgungsbereitschaft gegenüber Aufträgen der Kommission zu erhöhen. Bemerkenswert ist das dem Verfahren eigene Zusammenwirken 2 oder besser: „Nacheinander-Wirken“ von GBK und Gericht. Zunächst wird eine Verletzung eines Gleichbehandlungsgebotes vom jeweiligen Senat der Kommission festgestellt und eine Vermittlung versucht. Scheitert diese, so kann dieselbe Frage der Gleichbehandlung von bestimmten Institutionen noch vor Gericht gebracht werden, um von diesem im Rahmen eines Feststellungsverfahrens geprüft zu werden. Diese Aufeinanderfolge von Verwaltungs-„entscheidung“ und „gerichtlicher („Nach“)-Prüfung“ ist mit Rücksicht auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung (Art 94 B-VG) hervorhebenswert. Dies insb deshalb, weil das Gericht gemäß § 61 GlBG – und diese Bestimmung ist eine Neuerung gegenüber dem GlBG 1979 – die Pflicht trifft, sich mit einem Gutachten oder einem Prüfungsergebnis der GBK im Einzelfall zu befassen und ein davon abweichendes Urteil zu begründen (gemeint dürfte sein, dass die Abweichung gegenüber der Kommissionsaussage zu begründen ist). Der Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung schließt wechselseitige Instanzenzüge aus. Eine Entscheidung einer Verwaltungsbehörde darf nicht von einem Gericht, und umgekehrt auch nicht eine Entscheidung eines Gerichtes von einer Verwaltungsbehörde überprüft werden. Ausnahmen bedürfen einer verfassungsgesetzlichen Grundlage. Die im § 12 vorgesehene Kombination der Tätigkeit eines Verwaltungsorgans und der nachfolgenden Entscheidung des Gerichtes „erinnert“ auf den ersten Blick an die Fälle der suk639
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zessiven Zuständigkeit, die als mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung vereinbar angesehen wird. Freilich bestehen deutliche Unterschiede, die zu berücksichtigen sind. Den Aufträgen der GBK kommt (abgesehen von der erwähnten Begründungspflicht) keinerlei verbindliche Wirkung zu, und so gesehen handelt es sich nicht um eine „Entscheidung“ eines Verwaltungsorgans, die überprüft wird. Von einem Instanzenzug wird man aber nur dann sprechen können, wenn normative Akte nachgeprüft werden. Zum zweiten kann man wohl deshalb nicht von einer „Nachprüfung“ der Äußerung einer Verwaltungseinrichtung sprechen, weil es sich um eine von den Gerichten vorzunehmende unabhängige und von Grund auf neue Prüfung derselben Frage handelt (insofern besteht Übereinstimmung mit den Fällen der sukzessiven Zuständigkeit). Die „Entscheidungen“ der GBK werden weder aufgehoben, noch abgeändert noch bestätigt. Das Gericht hat sich aber mit den „Äußerungen“ der GBK im vorgelagerten Verfahren zu befassen und im Fall eines abweichenden Urteiles die Abweichung zu begründen. Insofern ist die Wirkung des Handelns der GBK auf jene des Gerichtes eine im Vergleich zu den Fällen der sukzessiven Zuständigkeit intensivere. Und materiell betrachtet kommt die Pflicht zur Befassung und zur Begründung einer abweichenden Entscheidung der Nachprüfung im Instanzenzug schon nahe. Sie ist es formell betrachtet nicht, weil – wie schon erwähnt – zum einen keine Entscheidung eines Verwaltungsorgans vorliegt und zum anderen die Prüfung unabhängig von den Aussagen, Feststellungen und Vorschlägen der GBK erfolgt. Und mit Rücksicht auf die Judikatur des VfGH zur Trennung der Justiz von der Verwaltung (vgl Mayer, B-VG Kommentar3, Art 94 II.1 und II.2) genügt eine solch formale Betrachtung wohl, um dem Trennungsgrundsatz zu entsprechen. 3 Eine Verbindung der Verfahren vor der GBK und dem Gericht besteht nicht nur in dieser schon erwähnten Befassungs- und Begründungspflicht, sondern auch darin, dass die Feststellungsklage vor Gericht von den näher bestimmten Einrichtungen erst nach dem erfolglosen Vermittlungsversuch der GBK eingebracht werden darf. Insofern vermag es zu verwundern, dass § 61 die Befassungs- und Begründungspflicht auch für Gutachten vorsieht. Dies deshalb, weil die Abfassung eines Gutachtens in § 12 nicht vorgesehen ist und § 12 Abs 4 die Einbringung einer Feststellungsklage ausdrücklich von der „Nichtbefolgung“ der Aufträge der GBK 640
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abhängig macht. Und diese Aufträge sind die in § 12 Abs 3 erwähnten Vorschläge zur Verwirklichung der Gleichbehandlung und die Aufforderung, die Diskriminierung zu beenden. Eine Beziehung zwischen dem Verfahren vor der GBK und dem Feststellungsverfahren vor Gericht wird auch durch § 14 GBK-GO hergestellt, wonach auf Anforderung des Gerichtes hin die Übermittlung des sich auf denselben Sachverhalt beziehenden Prüfungsergebnisses oder Gutachtens des Senates zulässig ist. Bemerkenswert ist auch, dass die am Konfliktfall primär Beteiligten (im Arbeitsverhältnis sind das ArbN und ArbG) eine solche Feststellungsklage nicht einbringen können. Es ist daher den Interessenvertretungen und VertreterInnen der GAW aufgegeben zu entscheiden, ob der Betroffene noch einer zusätzlichen, nämlich der durch gerichtliches Feststellungsurteil verstärkten Entscheidungshilfe in der Diskriminierungsfrage bedarf. Das in § 12 vorgesehene Aneinanderreihen von Entscheidungen der 4 GBK und des Gerichtes macht die Rollenverteilung zwischen den beiden Rechtsschutzeinrichtungen klar. Die GBK soll vermitteln und schlichten, Aufgabe des Gerichtes ist es, gewissermaßen in einem Testverfahren (vgl auch § 54 Abs 1 ASGG; dazu AB 527 BlgNR 16. GP 8) die Erfolgschancen für einen Folgeprozess kalkulierbar zu machen. Davon abgesehen soll das gerichtliche Urteil durch die anonymisierte Veröffentlichung zur Bewusstseinsbildung beitragen. Freilich ist zu betonen, dass ein Feststellungsurteil nach § 12 Abs 4 und 5 Bindungswirkung nur zwischen den Verfahrensparteien erzeugt. Ein Feststellungsurteil hat keine präjudizielle Wirkung (Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 86), es wird ihm aber im Folgeprozess besonderes Gewicht zukommen und aus diesem Grund wohl wieder streitvermindernd wirken. Freilich zeigt die Verfahrensabfolge auch deutlich eine (verständliche) Abstufung zwischen GBK und Gericht, die die Gefahr einer Schwächung der Autorität der GBK bewirken kann; insb dann, wenn Feststellungen der Kommission und gerichtliches Feststellungsurteil voneinander abweichen. Die dem Einzelfallprüfungsverfahren zugedachte Funktion, eine 5 Orientierungshilfe im Vorfeld des gerichtlichen Verfahrens zu bieten, ist im Gesetz unvollkommen ausgebildet (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 431 f mwN). Eine zeitliche Abfolge ist nicht vorgesehen, ein Kommissionsverfahren kann vor, während 641
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und theoretisch auch nach einem Gerichtsprozess eingeleitet werden. Das Kommissionsverfahren zählt nicht zu den präjudiziellen Verwaltungsverfahren, die nach § 190 ZPO eine Unterbrechung des gerichtlichen Verfahrens rechtfertigen. Und auch die Einleitung eines Gerichtsverfahrens hemmt oder unterbricht nicht ein Kommissionsverfahren. Eine Bindung an die Entscheidung der jeweils anderen Institution besteht (aus guten Gründen) schon gar nicht. Dies kann nicht nur zu vermeidbaren Parallelverfahren, sondern auch zu divergierenden Entscheidungen in ein und derselben Sache führen. Eine Verbindung besteht nur insoweit, als die Einleitung eines Kommissionsverfahrens die Fristen für die gerichtliche Geltendmachung gemäß § 15 und § 29 jeweils Abs 2 GlBG hemmt. Diese Wirkung tritt unabhängig von der Art der Einleitung des Verfahrens (auf Antrag, auf Verlangen oder von Amts wegen) ein (demgegenüber sah § 10b GlBG 1979 vor, dass nur ein auf Antrag eingeleitetes Verfahren Fristenhemmung bewirkt; OGH 2.6.1999, 9 Ob A 30/99y). Und wird in einem Einzelfallprüfungsverfahren auf Feststellung geklagt, so hemmt dies den Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist sowie kollektivvertraglicher Verfallsfristen bis zum Ende des Monats nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils (§ 12 Abs 4 zweiter Satz). Auch diese Ablaufshemmung tritt mE unabhängig davon ein, ob eine Feststellungsklage auf Antrag einer Interessenvertretung (§ 12 Abs 4) oder auf Verlangen einer VertreterIn der GAW eingeleitet wurde. Zwar ist die angeordnete Ablaufshemmung in jenem Absatz positioniert, die die Einbringung einer Feststellungsklage durch die Interessenvertretungen normiert, der das Klagerecht der VertreterInnen der GAW regelnde Abs 5 des § 12 verweist aber auf das „Klagerecht gemäß Abs 4“. Und es ist mE kein Grund ersichtlich, warum dieser Verweis nicht auch die dort vorgesehene Ablaufshemmung mit umfassen soll. Des Weiteren ist mE auch kein Grund erkennbar, der eine Differenzierung in den Wirkungen einer Feststellungsklage danach, ob die Feststellungsklage von Interessenvertretungen oder der GAW eingebracht wurde, rechtfertigen könnte. Oder anders formuliert: Hätte der Gesetzgeber hier einen Unterschied festlegen wollen, so hätte er dies klarer zum Ausdruck bringen müssen. Und für dieses Ergebnis spricht auch, dass der Gesetzgeber in den §§ 15 und 29 jeweils Abs 2 GlBG von der früher vorgesehenen Differenzierung zwischen Antrag der Interessenvertretungen und Verlangen der VertreterInnen der GAW abgegangen ist. Warum hätte er sie dann im Fall einer Verbandsklage aufrechterhalten sollen? 642
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Einzelfallprüfung
Auf die Ermächtigung zur Übermittlung von Prüfungsergebnissen und Gutachten, die sich auf denselben Sachverhalt beziehen, gemäß § 14 GBK-GO wurde schon hingewiesen (Rn 3). II. Gemeinschaftsrechtliche Bezüge Das Einzelfallprüfungsverfahren ist wohl als jene Form eines 6 Schlichtungsverfahrens zu verstehen, deren Einrichtung gemäß Art 7 Abs 1 AntirassismusRL, Art 9 Abs 1 RahmenRL und Art 6 Abs 1 ÄnderungsRL der Entscheidung der Mitgliedstaaten überlassen ist. Die den Mitgliedstaaten auferlegte Verpflichtung, die Geltendmachung der Ansprüche aus den Richtlinien auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sicher zu stellen, wird durch den Gerichtsweg garantiert. Die Mitgliedstaaten sind zudem verpflichtet, bestimmten Verbänden, Organisationen oder anderen juristischen Personen die Beteiligung an den zur Durchsetzung der Ansprüche vorgesehenen Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren zu ermöglichen, sei es im Namen der beschwerten Person oder sei es zu deren Unterstützung (Art 7 Abs 2 AntirassismusRL, Art 9 Abs 2 RahmenRL, Art 6 Abs 3 ÄnderungsRL). Dazu ist festzuhalten, dass das GBK/GAW-G von vorneherein nicht „der richtige Ort“ ist, um diese gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung umzusetzen. Im Verfahren vor den Senaten der GBK werden keine „Ansprüche“ in einem „Verwaltungsverfahren“ durchgesetzt. Die Verfahren der GBK münden lediglich in rechtlich unverbindliche Äußerungen. Zwar ist in § 12 Abs 2 die Möglichkeit der Beiziehung von Vertretern bestimmter Institutionen vorgesehen, der Verpflichtung aus dem Gemeinschaftsrecht wurde damit allerdings nicht nachgekommen. Diese Beteiligung ist im gerichtlichen Verfahren vorzusehen, eine Verpflichtung, die man durch das Institut der Nebenintervention in § 62 GlBG umgesetzt hat. Dabei wird einem Klageverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern das Recht eingeräumt, einem Rechtsstreit zur Durchsetzung von Ansprüchen als Nebenintervenient beizutreten. Voraussetzung ist, dass der Betroffene dies verlangt. Rechtsnatur und Zusammensetzung dieses Klageverbandes sind unklar. Dieser ist weder im Gesetz näher geregelt noch finden sich dazu in den Materialien weiter gehende Anhaltspunkte. Aus den Stenographischen Protokollen erhellt sich bloß, dass diesem Klageverband im Zeitpunkt der Diskussion über das GlBG und GBK/GAW-G drei Vereine angehörten. Nach Sturm (DRdA 2004, 583) handelt es sich beim Klageverband um einen „Zusammenschluss von spezialisier643
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ten Institutionen, die sich mit mannigfaltigen Formen der Diskriminierung befassen. Ziel des Klageverbandes ist ua die Erwirkung eines RLen-konform gesetzlich verankerten Vertretungsrechts für NGO’s und einer Verbandsklagemöglichkeit.“ III. Verfahrenseinleitung 7 Ein Verfahren nach § 12 kann von Amts wegen, oder auf Antrag oder auf Verlangen einer Reihe von Institutionen und von Betroffenen eingeleitet werden. Der Kreis der Initiierungsberechtigten umfasst zunächst alle zur Einleitung eines Verfahrens nach § 11 Berechtigten – das sind die in den jeweiligen Senaten der Kommission vertretenen Interessenvertretungen, die AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6, die Regionalanwältinnen sowie die Regionalvertreter. Eine Zustimmung des Betroffenen ist nicht erforderlich. Gleich wie in § 11 Abs 1 differenziert der Gesetzgeber auch bei der Einleitung eines Einzelfallprüfungsverfahrens zwischen der Einleitung auf Antrag und der Einleitung auf Verlangen. Die Interessenvertretungen initiieren das Verfahren durch einen Antrag, die VertreterInnen der GAW auf Verlangen, womit (auch hier) auf die Bedingungen, die für die Verfahrenseinleitung in den §§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 3 vorgesehen sind, hingewiesen wird. Danach haben die VertreterInnen der GAW dem Senat, wenn sie die Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes vermuten, die behaupteten Umstände glaubhaft zu machen. Der jeweilige Senat leitet daraufhin von Amts wegen ein. Wird ein Verfahren auf diese Weise ausgelöst, so muss sich der Senat damit in der nächsten Sitzung, spätestens jedoch innerhalb eines Monats befassen. Der OGH (2.6.1999, 9 Ob A 30/99y) hat diese Art der Verfahrenseinleitung als eine besondere Form des amtswegigen Tätigwerdens bezeichnet (über die Problematik der „Verbindung“ von § 12 Abs 1 und § 4, 5 und 6 jeweils Abs 3 siehe bereits ausführlich zu § 11 Rn 25 ff). Zwischen der Verfahrenseinleitung auf Antrag und jener auf Verlangen ist noch ein weiterer Unterschied zu beachten. Wird von den berechtigten Institutionen ein Antrag gestellt, so hat die Kommission das Verfahren einzuleiten. Haben die VertreterInnen der GAW die behaupteten Umstände glaubhaft gemacht, so ist demgegenüber von Amts wegen einzuleiten. Nun soll mit der gewählten Formulierung wohl zum Ausdruck gebracht werden, dass die Antragsberechtigten einen Anspruch auf Verfahrenseinleitung haben, der für die VertreterInnen der GAW mit den Worten „von Amts wegen“ gerade ausgeschlossen werden soll. Fraglich ist nur, ob diese Differenzie644
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rung auch Sinn ergibt. Das Verfahren vor der GBK ist kein behördliches Verfahren, demnach ist auch ein Anspruch auf ein Tätigwerden der Kommission nicht durchsetzbar (dazu bereits § 11 Rn 27). Ein Verfahren nach § 12 Abs 1 kann darüber hinaus auch von ArbN, 8 von ArbG, einem Betriebsrat und „einer/eines von Diskriminierung im Sinne des III. Teiles, 1. Abschnitt, GlBG Betroffenen“ eingeleitet werden. Wenn auch nicht immer ausdrücklich angeordnet, so verlangt die Verfahrensauslösung dieser Personen und Einrichtungen immer die „Betroffenheit“. Ein ArbN kann daher nicht den Einzelfall eines anderen ArbN vor die Kommission bringen. Ebenso können ArbG und Betriebsrat (geradezu selbstverständlich) nur Einzelfälle „ihres Betriebes“ von den Senaten der GBK überprüfen lassen. Der Begriff ArbN ist hier offenkundig in einem weiten, auch die Diskriminierungsfälle der sonstigen Arbeitswelt umfassenden Sinn zu verstehen, auch wenn er nicht in jeder dieser „potentiellen Diskriminierungssituationen“ (zB Zugang zur selbständigen Tätigkeit, oder Berufsberatung) wirklich passt. IV. Verfahrensgegenstand Das Verfahren nach § 12 findet im „Einzelfall“ statt. Wie schon zu 9 § 11 Rn 1 ff ausgeführt, ist eine Abgrenzung des Verfahrensgegenstandes – eben: „Einzelfall“ von jenem nach § 11 nicht möglich. Dies ist zum einen darauf zurück zu führen, dass der Verfahrensgegenstand nach § 11 überhaupt nicht eingegrenzt ist und zum anderen, dass der Einzelfall iSd § 12 schon nach der Intention des Gesetzgebers weit zu verstehen ist und auch die „auf einen bestimmten Betroffenen“ (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 418) bezogene Überprüfung von Normen der kollektiven Rechtsgestaltung umfasst. Wird der Begriff „Einzelfall“ aber nun derart weit verstanden, so wird auch bewusst, dass er als Abgrenzungskriterium nicht taugt. Es ist nämlich durch das Gesetz schon klar gestellt, dass Verfahrensgegenstand nach § 11 jedenfalls die „Normen der kollektiven Rechtsgestaltung“ sein können (§ 11 Abs 2), jene Normen, die, wenn sie in Bezug auf einen bestimmten Betroffenen überprüft werden auch Gegenstand eines Einzelfallprüfungsverfahrens sein können. Insofern ist einmal festzuhalten, dass der Verfahrensgegenstand nach § 11 sich mit jenem nach § 12 überschneidet. Beide Male können Normen der kollektiven Rechtsgestaltung geprüft werden. Und – wie ich meine – kann auch die Einzelmaßnahme oder Einzelnorm sowohl in einem Verfahren 645
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nach § 12 geprüft werden als auch im Hinblick auf die darin aufgeworfene Diskriminierungsfrage Gegenstand eines Gutachtens sein. Ein Verfahren nach § 12 unterscheidet sich von jenem nach § 11 dadurch, dass es in Bezug auf bestimmte Betroffene geführt wird. Wie schon nachgewiesen wurde (§ 11 Rn 8 f), ist das Einzelfallprüfungsverfahren als kontradiktorisches Verfahren ausgestaltet, der Betroffene als Verfahrenssubjekt daher unverzichtbar. Dieser bestimmte Betroffene „steht nun fest“, wenn das Verfahren von ihm selbst initiiert wird. Er steht auch fest, wenn es um die Prüfung einer Einzelmaßnahme geht oder um die Bestimmung eines Einzelarbeitsvertrages. Handelt es sich bei der geprüften Norm um eine Norm der kollektiven Rechtsgestaltung und wird das Verfahren von den Institutionen initiiert, so gibt es einen Betroffenen dann noch, wenn dieser das Verfahren angeregt oder diesem zugestimmt hat. Ein Einzelfallprüfungsverfahren ist aber hinsichtlich der Regelungen der kollektiven Rechtsgestaltung dann nicht mehr möglich, wenn es nicht von einem Betroffenen angeregt wird. Es kann nicht ernsthaft angenommen werden, dass es diesfalls den initiierungsberechtigten Institutionen gestattet sein soll, einen vom Anwendungsbereich der Norm Erfassten zu bestimmen, und ihn damit zum Subjekt eines Einzelfallprüfungsverfahrens, ihm eben zum bestimmten Betroffenen zu machen. Abgesehen davon haben die gerade genannten Institutionen auch das Recht, ein Gutachtensverfahren zu beantragen. Um nun diesem geradezu abwegigen Ergebnis auszuweichen meine ich, dass die Abgrenzung des Verfahrensgegenstandes mit Rücksicht auf den Zweck des Verfahrens je nach Antragsteller „interessengerecht“, dh nach Antragsteller differenzierend, vorzunehmen ist. Zweck des Verfahrens nach § 12 ist es zunächst zu vermitteln, und für den Fall der Erfolglosigkeit, dem Betroffenen eine Aussage über die Erfolgschance in einem allenfalls folgenden gerichtlichen Leistungsstreit zu geben. Dieses klar auf die „individuellen“ Interessen des Betroffenen zugeschnittene Verfahrensziel legt es nahe, auf die persönlichen Interessen des Betroffenen verstärkt Rücksicht zu nehmen. Insofern handelt es sich auch um eine „atypische“ Form eines Verbandsrechtsschutzes. Das Ungewöhnliche liegt darin, dass § 12 eine Verfahrensführung in Bezug auf bestimmte Betroffene verlangt – eine Bedingung, die bei anderen Formen des Verbandsrechtsschutzes gerade nicht vorgesehen ist (vgl dazu ausführlicher zu § 11 Rn 16 ff). Das bedeutet nun Folgendes: Einzelne Betroffene können ein Verfahren nach § 12 in Bezug auf alle sie betreffenden Maßnahmen 646
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und Normen beantragen, unabhängig davon ob diese in einem Einzelvertrag oder in einer Norm der kollektiven Rechtsgestaltung enthalten sind. Die in den jeweiligen Senaten vertretenen Interessenvertretungen und die VertreterInnen der GAW können das Verfahren nach § 12 gegenüber dem Gutachtensverfahren dann wählen, wenn entweder damit den persönlichen Interessen des Betroffenen gedient ist, oder aber besonders gewichtige öffentliche Interessen vorliegen, die diese individuellen Interessen überwiegen. Konkret halte ich die Prüfung von Einzel- ebenso wie von Kollektivnormen auf Initiative einer Institution hin nur dann für möglich, wenn diese Prüfung durch einen Betroffenen angeregt wurde und er der Verfahrensführung zugestimmt hat. Eine Verfahrensführung gegen den Willen des Betroffenen würde das Ziel des Einzelfallprüfungsverfahrens verfehlen. V. Verfahren Für das Verfahren der Kommission im Einzelfallprüfungsverfahren 10 einschlägig sind neben den Abs 2 und 3 des § 12 die §§ 11 bis 13 GBK-GO sowie kraft des Verweises in § 16 auch einige Bestimmungen des AVG; konkret sind dies die Bestimmungen über die Zuständigkeit (§ 6 AVG), die Befangenheit (§ 7 AVG), über Anbringen (§ 13 AVG), die Niederschrift und Aktenvermerke (§ 14 bis 16 AVG), die Erledigung, Ladung und die Zustellung (§§ 18 bis 22 AVG) die Fristen (§ 32 und 33 AVG) sowie die §§ 45 und 46 AVG, die allgemeine Grundsätze über den Beweis regeln (Beweisbedürftigkeit und Unbeschränktheit der Beweismittel). (Zur Interpretation des Verweises sowie zu näheren Bestimmungen der verwiesenen Bestimmungen des AVG siehe § 16 Rn 3.) Bedauerlicherweise sind die Bestimmungen der GBK-GO nicht auf jene des AVG abgestimmt worden, mit der Konsequenz, dass es zu einander widersprechenden Doppelregelungen kommt, die zum einen nach meinem Dafürhalten gesetzwidrig sind (so zB das Verhältnis von § 12 Abs 2 GBK-GO zu § 19 AVG) oder interpretativ aufgelöst werden müssen (eingehend § 16 Rn 1 ff). Das Verfahren bei der Einzelfallprüfung ist kontradiktorisch auf- 11 gebaut. Der Antrag bzw das Verlangen ist zunächst jenen Personen zu übermitteln, gegen die er gerichtet ist verbunden mit der Aufforderung, zum Antragsinhalt binnen drei Wochen schriftlich Stellung zu nehmen (§ 12 Abs 3 GBK-GO). Die vorgelegte schriftliche Stellungnahme ist dann dem Antragsteller zu übermitteln. Eine allfäl647
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lige Äußerung des Antragstellers ist wiederum dem Antragsgegner zur Kenntnisnahme zu übermitteln. Für die Prüfung der Frage, ob eine Verletzung eines Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, stehen der Kommission alle Beweismittel des Verfahrensrechts zur Verfügung (vgl den Verweis in § 16 auf die §§ 45 und 46 AVG sowie die Kommentierung dazu unter § 16 Rn 3 f). VI. Vorschlag, Aufforderung 12 Der Senat befindet auch im Einzelfall darüber, ob eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes stattgefunden hat. Bejahendenfalls hat er der für die Diskriminierung verantwortlichen Person einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung zu übermitteln und sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Die Senate der GBK dürfen sich also nicht nur mit einer negativen Diagnose begnügen, nämlich der Feststellung der Verletzung eines Gleichbehandlungsgebotes, sondern sie haben auch einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung zu übermitteln. Wird ein Vorschlag erstattet, so hat die Kommission eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb derer dem Senat über allenfalls getroffene Maßnahmen zur Beendigung der Diskriminierung zu berichten ist (§ 13 Abs 2 GBK-GO). Von der Bewertung dieses Berichtes hängt es dann ab, ob das Verfahren weiter geführt wird oder nicht (Mayr-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 82). Gelangt die GBK zur Auffassung, dass keine verpönte Diskriminierung vorliegt, so hat sie dies dem Antragsteller und einem im Verfahren allenfalls namhaft gemachten Vertreter nachweislich und schriftlich mitzuteilen (§ 13 Abs 3 GBK-GO). Es fällt auf, dass die betroffene Person selbst nicht zu verständigen ist. 13 Vorschlag und Aufforderung sind keine verbindlichen Entscheidungen (siehe dazu § 1 Rn 3; VfGH 3.3.1994, G 116/93 und VfGH 12.12.1996, B 2903/95), sondern haben den Charakter einer Empfehlung, die die für die Diskriminierung verantwortliche Person zur Beendigung einer diagnostizierten Verletzung eines Gleichbehandlungsgebotes bewegen sollen. VII. Feststellungsklage 14 Ist die für die Diskriminierung verantwortliche Person nicht bereit, der Aufforderung des jeweiligen Senates zur Beendigung der Dis648
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kriminierung nachzukommen, so sieht das Gesetz eine Verbandsklage vor, dh eine Feststellungsklage, die zum einen von den im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen erhoben werden kann, zum anderen auch von den AnwältInnen sowie den Regionalanwältinnen und den Regionalvertretern. Letztere bedürfen dazu allerdings der Zustimmung des Betroffenen. Für den Senat III der GBK bedeutet dieses Antragsrecht doch eine „deutliche Verengung“, zumal im Senat III nur die zwei gesetzlichen Interessenvertretungen der ArbN- und ArbG-Seite vertreten sind. Und es stellt sich schon die Frage, ob es sachlich ist, dass (neben den VertreterInnen der GAW) allein Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer befugt sein sollen, Diskriminierungsfragen aufzugreifen, die zB den Zugang zu sozialen Vergünstigungen oder zur Bildung betreffen. Voraussetzung der Feststellungsklage ist grundsätzlich (siehe 15 Rn 16), dass dem „Auftrag“ des Senates nicht entsprochen wurde. Dieser „Auftrag“ steht als Sammelbegriff für den Vorschlag und die Aufforderung im Sinne des Abs 3. Die Frage der Überprüfung, ob die für die Diskriminierung verantwortliche Person die Diskriminierung beendet hat oder nicht, ist nicht näher geregelt. Fest steht nur, dass der Diskriminierungsverantwortliche dem jeweiligen Senat innerhalb einer angemessenen Frist zu berichten hat (§ 13 Abs 2 GBK-GO). Das ist insofern problematisch als nicht klar ist, wem die Bewertung jener Maßnahmen zukommt, die der Diskriminierungsverantwortliche getroffen hat. Soll dass beschlussförmig durch den jeweiligen Senat erfolgen, oder ist es in das Ermessen der klageberechtigten Institutionen gestellt? Verweigert die für die Diskriminierung verantwortliche Person den Bericht, oder erklärt sie ausdrücklich, der Aufforderung nicht folgen zu wollen oder aber werden die im Bericht angeführten Maßnahmen – von wem auch immer – als nicht ausreichend bewertet, so haben – wie schon erwähnt – bestimmte Institutionen das Recht, eine Verbandsklage beim zuständigen Gericht einzubringen. Dieses Recht steht zunächst den im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen zu. Dieses Recht steht des Weiteren auch den AnwältInnen, den Regionalanwältinnen und Regionalvertretern zu, allerdings unter der einschränkenden Voraussetzung, dass die Klage nur mit Zustimmung der betroffenen Person eingebracht werden darf. Diese Bindung an die Zustimmung des Betroffenen mag man dahin interpretieren, dass die VertreterInnen der 649
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GAW zur Unterstützung der Betroffenen agieren sollen und nicht gegen deren Willen. Diese Bindung an die Zustimmung ist aber dennoch bemerkenswert, weil dieses „Konzept einer Vertretung der Betroffenen“ im Gesetz keineswegs durchgängig vorgesehen ist. So darf etwa das Einzelfallprüfungsverfahren – theoretisch – auch gegen den Willen der betroffenen Person vor der GBK eingeleitet werden. Für die Fortführung vor Gericht soll es dann aber schon der Zustimmung bedürfen. Diese asymmetrische Ausgestaltung provoziert die Frage nach ihrer Sachlichkeit. Die spezifische Feststellungsklage nach § 12 Abs 4 und 5 kann nicht von Betroffenen, von ArbG bzw anderen für die vermutete Diskriminierung verantwortlichen Personen oder vom Betriebsrat eingebracht werden. 16 Eine Feststellungsklage ist gemäß den Voraussetzungen des § 12 Abs 5 auch dann möglich, wenn sich die Entscheidung des Senates in einem von den AnwältInnen, den Regionalanwältinnen und Regionalvertretern vorgelegten Fall nicht mit der Auffassung letzterer deckt (§§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 5). Diese Vorschrift kann nur dahingehend verstanden werden, dass der jeweilige Senat eine Verletzung eines Gleichbehandlungsgebotes verneint, während die genannten VertreterInnen der GAW eine solche für gegeben erachten. Diesfalls findet der zur Klagsführung ermächtigende § 12 Abs 5 sinngemäß Anwendung. AnwältInnen, Regionalanwältinnen und Regionalvertreter können im Falle eines solchen Auffassungsunterschiedes Klage auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vor Gericht einbringen. Auffallend ist, dass bei der beschriebenen Konstellation der Dialog mit der für die Diskriminierung mutmaßlich verantwortlichen Person nicht stattfindet. Auffallend deshalb, weil diese Schlichtung und Vermittlung als erster Abschnitt des Verfahrens nach § 12 geradezu dessen „Herzstück“ zu sein scheint (siehe auch § 4 Rn 5). 17 Die Feststellungsklage nach den § 12 Abs 4 und 5 weist mehrere Besonderheiten auf. Zunächst ist die schon erwähnte Tatsache festzuhalten, dass sie nur von bestimmten Institutionen, nicht aber von Betroffenen eingebracht werden kann. Diese Art einer Verbandsklage ist – wie schon intensiver unter § 11 Rn 16 ff ausgeführt – in der österreichischen Rechtsordnung keine singuläre Erscheinung, sondern hat „Vorbilder“ im Wettbewerbs- und Konsumentenschutzrecht. Rechtspolitischer Hintergrund der Einführung von 650
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Verbandsklagerechten ist es regelmäßig, einem konstatierten Rechtsschutzdefizit entgegen zu wirken, das entsteht, weil Betroffene die Rechtsdurchsetzung im „klassischen“ Zwei-Parteien-Zivilprozess aus verschiedenen Gründen nicht auf sich nehmen (Schoibl, Verbandsklage 3). Ziel der Verbandsklage ist es zum einen, dem öffentlichen Interesse an der Herstellung der Rechtsordnung in diesen Bereichen zu dienen, zum anderen Betroffenen „zur Seite zu stehen“ und ihnen das soziale und finanzielle Risiko eines Gerichtsverfahrens abzunehmen. Und es ist nur konsequent, wenn eine Verbandsklage auch unabhängig vom Willen Betroffener eingebracht werden kann. Das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Rechts muss auch ohne Zustimmung Betroffener verfolgbar sein. Zum anderen kommt der vom Willen Betroffener unabhängigen Klagsführung auch eine Schutzfunktion zu. Der Betroffene soll sich nicht durch seine vorherige Zustimmung zu einem Prozess exponieren müssen. Dies könnte auch und vor allem im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis zu Belastungen führen, die die betroffene Person gerade vermeiden wollte. Von diesem „allgemeinen Konzept“ der Verbandsklage unterscheidet sich jene nach § 12 Abs 4 und 5 mE in zweifacher Hinsicht: Zunächst ist die Klagseinbringung von VertreterInnen der GAW – wie schon ausgeführt – nur mit Zustimmung der betroffenen Person möglich. Und es wurde auch schon ausgeführt, dass der in § 12 vorgesehene zweifache Verbandsrechtsschutz – zunächst die Möglichkeit bestimmter Institutionen, das Verfahren vor der Kommission einzuleiten, und sodann die Verbandsklage vor Gericht – im Vergleich zu anderen Typen des Verbandsrechtsschutzes stärker individuell ausgerichtet ist. Ein Einzelfallprüfungsverfahren ist in Bezug auf einen oder mehrere bestimmte Betroffene zu führen. Und was für die Verfahren vor den Senaten der GBK gilt, schlägt auch auf die Feststellungsklage vor Gericht durch. Demgegenüber ist etwa eine Verbandsklage nach § 54 ASGG regelmäßig nur dann möglich, wenn zumindest drei ArbN betroffen sind. Diese müssen zunächst auch gar nicht genannt werden. Nur wenn dieser Umstand bestritten wird, müssten darüber Erhebungen gepflegt werden (AB 527 BlgNR 16. GP 8). Eine weitere Besonderheit der Feststellungsklage nach § 12 Abs 4 18 und 5 ist es, dass sie nicht bloß „subsidiär“ erhoben werden kann. Ihre Einbringung ist auch dann möglich, wenn eine Leistungsklage möglich ist. Des Weiteren ist auch die Voraussetzung eines recht651
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lichen Interesses an der alsbaldigen Feststellung entbehrlich (Mayr-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 85). 19 Die Einbringung einer Feststellungsklage nach den Abs 4 und 5 des § 12 bewirkt, dass der Ablauf gesetzlicher Verjährungsfristen sowie kollektivvertraglicher Verfallfristen bis zum Ende des Monats nach Eintritt der Rechtskraft gehemmt wird. „Parallelverfahren“ sind allerdings nicht ausgeschlossen. Die vorgesehene Ablaufshemmung ist zum Vorteil Diskriminierungsbetroffener angeordnet. Sie sollen das Verfahren und die ihm zugedachte Funktion der durch Urteilsspruch gegebenen Aussage über die Erfolgschance abwarten können, ohne einen Rechtsnachteil zu erleiden. Das schließt aber nicht aus, dass sie zeitgleich eine Leistungsklage oder, sofern diese noch nicht möglich ist, eine Feststellungsklage nach den allgemeinen Voraussetzungen des § 228 ZPO einbringen. 20 Ein Feststellungsurteil hat nur eingeschränkte rechtliche Wirkungen. Zunächst ist es diesem eigen, dass es bloß deklarative Wirkung hat, dh bloß feststellt, wie die Rechtslage ist, ohne sie zu verändern. Ein Feststellungsurteil wirkt auch nur zwischen den Prozessparteien, seine Wirkungen erstrecken sich nicht auf Betroffene. Mangels Identität der Parteien besteht auch keine Bindung in einem folgenden Leistungsstreit zwischen Diskriminierungsverantwortlichem und betroffener Person (Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 443). Dennoch wird einem Feststellungsurteil im Folgeverfahren erhebliche faktische Bedeutung zukommen. Abgesehen davon wird das Feststellungsurteil häufig auch Anlass sein, die für die Diskriminierung verantwortliche Person zur Verhaltensänderung zu bewegen. Verpflichtung zur Berichtslegung § 13. (1) Ergibt sich auf Grund einer Mitteilung eines/einer Antragsberechtigten gemäß § 12 Abs. 1, der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder des/der Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung nach § 5 oder § 6, in der die behaupteten Umstände glaubhaft zu machen sind, die Vermutung der Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes, so hat 1. in Fällen der Gleichbehandlung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis der/die Arbeitgeber/in oder in Fällen in 652
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Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt der/die für die vermutete Diskriminierung vermutlich Verantwortliche, 2. in Fällen im Sinne des III. Teiles, 1. Abschnitt GlBG der/die für die vermutete Diskriminierung vermutlich Verantwortliche, der Kommission auf Verlangen einen schriftlichen Bericht zu erstatten. Wird ein solcher Bericht von Arbeitgeber/innen verlangt, hat er für die von der Vermutung betroffenen Betriebsbereiche unter Bedachtnahme auf die vermutete Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes durch zahlenmäßige Aufgliederung einen Vergleich der Beschäftigungsbedingungen, der Ausund Weiterbildungsmaßnahmen, der Aufstiegsmöglichkeiten sowie der Beschäftigungsdauer und der Art der Beendigung der Arbeitsverhältnisse von Frauen und Männern oder in Bezug auf ein anderes behauptetes diskriminierendes Merkmal zu ermöglichen. Erforderlichenfalls hat der Bericht auch Aufschluss zu geben über den Zusammenhang zwischen den Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und den Aufstiegsmöglichkeiten. Wird ein solcher Bericht im Fall von Diskriminierungen nach Teil III, 1. Abschnitt GlBG von der/dem dafür vermutlich Verantwortlichen verlangt, hat er/sie alle Umstände des Falles aus seiner/ ihrer Sicht umfassend und detailliert darzulegen. (2) Ein solcher Bericht kann im Falle einer vom Senat festgestellten Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes für ein oder mehrere Folgejahre verlangt werden. (3) Die Kommission kann auf Grund der Berichte Gutachten (§ 11) über die Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes im Betrieb erstellen. (4) Kommt der/die Arbeitgeber/in oder der/die für eine Diskriminierung vermutlich Verantwortliche der Verpflichtung nach Abs. 1 und 2 nicht nach, so hat die Kommission diesen Umstand auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen zu veröffentlichen. I. II. III. IV. V.
Inhaltsübersicht Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Folgen der Verletzung der Berichtspflicht . . . . . . . . . . . 653
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Zum Verhältnis des § 13 zu den Verfahren nach den §§ 11 und 12 siehe insb auch § 11 Rn 20 ff. I. Zielsetzung 1 Durch Berichte nach § 13 soll der Kommission Zugang zu jenen Informationen verschafft werden, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Wird die Vermutung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes von bestimmten Personen und Einrichtungen durch Mitteilung glaubhaft dargetan, so kann die Kommission die Erstattung eines Berichtes verlangen. Historischer Anlass für die Einführung der Berichtspflicht (§ 6a des GlBG 1979, eingefügt durch BGBl 1985/290) war die Erstreckung des Gleichbehandlungsgebotes auf Maßnahmen der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Die Schwierigkeit, die Behauptung einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes ohne Bezugnahme auf bestimmte ArbNinnen aufzustellen, würde sich bei der Verfolgung dieses Gleichbehandlungsgebotes noch verstärken. In einem Bericht nach § 13 ist Aufschluss über jene Rahmenbedingungen zu geben (zB Aufstiegsmöglichkeiten, Beschäftigungsbedingungen, Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses), für die der Diskriminierungsvorwurf erhoben wurde. Die Berichtspflicht bezieht sich dann – wie sich aus den Materialien ergibt (RV 644 BlgNR 16. GP 7) – gerade nicht auf eine bestimmte von der vermuteten Diskriminierung betroffene Person, sondern soll die Kommission ohne Bezugnahme auf bestimmte Personen in die Lage versetzen, sich über den Stand der Gleichbehandlung in Bezug auf bestimmte, vom Gesetz verpönte Diskriminierungsmerkmale zu informieren. Das in § 10 Abs 2 vorgesehene Auskunftsrecht würde diesem Informationsbedürfnis nicht gerecht, zumal es schwierig sei, den Vorwurf der Diskriminierung ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Person zu erheben, Auskunft also zu einem „abstrakten“ Vorwurf zu verlangen. Die Bezugnahme auf eine bestimmte Person soll aber wiederum vermieden werden, um eine mögliche Belastung des Arbeitsklimas hintanzuhalten (RV 644 BlgNR 16. GP 7). Diese für Diskriminierungsvermutungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis entwickelte Berichtspflicht wurde durch BGBl I 2004/66 nicht nur auf weitere Diskriminierungsgründe im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, sondern auch auf die „sonstige Arbeitswelt“ und bestimmte „sonstige Bereiche“ (Teil III, 1. Abschnitt GlBG) erstreckt. Bezieht sich die Diskriminierungsvermutung auf den Grund der ethnischen Zugehörigkeit in 654
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den sonstigen Bereichen (Teil III, 1. Abschnitt GlBG), so sollen in einem Bericht nach § 13 die „Umstände des Falles“ ausführlich und detailliert dargelegt werden. Diesfalls soll der Berichtspflichtige wohl zu einem konkreten Diskriminierungsfall („Umstände des Falles“) Stellung nehmen. Ein Bericht gemäß § 13 vermag mE zwei Funktionen zu erfüllen. 2 Zunächst ist das Berichtsverfahren wohl als ein Vorverfahren zu den Verfahren nach § 11 und allenfalls § 12 (siehe Rn 8 und insb § 11 Rn 21) zu verstehen. Ein Bericht soll im Vorfeld solcher Verfahren die Grundlagen aufbereiten, die für die Entscheidung über eine allfällige Verfahrensführung notwendig sind. Berichte sollen aber offenkundig auch als Kontrollinstrument verwendet werden können. Gemäß § 13 Abs 2 kann im Fall einer vom Senat festgestellten Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes ein solcher Bericht auch für ein oder mehrere Folgejahre verlangt werden. Die Berichtspflicht nach § 13 einerseits und die in § 10 Abs 2 (bloß) 3 für die ArbGinnen und die Beschäftigten eines Betriebes angeordnete Auskunftspflicht andererseits (auf die Gleichbehandlungsgebote in der sonstigen Arbeitswelt und jene des III. Teiles, 1. Abschnitt des GlBG wurde offenkundig vergessen) erfüllen dieselbe Funktion. Ebenso wie die Berichte können mE auch Auskünfte bereits im Vorfeld eines Verfahrens nach den §§ 11 und 12 eingeholt werden. Die Berichtspflicht ist nur eine besondere, institutionalisierte Form der Auskunftserteilung. Und sie wurde eingeführt, um die Kontrolle bestimmter Gleichbehandlungsgebote, die einen umfassenderen Einblick in die betrieblichen Gegebenheiten erfordern, zu ermöglichen (RV 644 BlgNR 16. GP 7). Mit einem Bericht nach § 13 wird von den mit einem Diskriminierungsvorwurf Konfrontierten nicht nur eine umfassendere Darstellung der Bedingungen abverlangt, die für die Beurteilung eines Diskriminierungsverdachtes notwendig sind, sondern auch ausdrücklich die Verpflichtung auferlegt, die Grundlagen für die Beurteilung der (abstrakt bleibenden) Verletzung eines Gleichbehandlungsgebotes zu liefern. Für Berichte nach § 13 ist Schriftform vorgeschrieben (§ 13 Abs 1). II. Verfahrenseinleitung Eine textorientierte Auslegung des § 13 Abs 1 ergibt, dass die 4 Berichtspflicht ausgelöst wird, wenn zwei verfahrensrechtliche Bedingungen erfüllt sind. Zum einen bedarf es der Mitteilung be655
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stimmter Personen oder Institutionen, in der die behaupteten Umstände, die eine Verletzung eines Gleichbehandlungsgebotes begründen sollen, glaubhaft zu machen sind. Ergibt sich aufgrund dieser Mitteilung die Vermutung der Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes, so bedarf es zum zweiten eines Verlangens der Kommission. Zur Mitteilung des Diskriminierungsverdachtes „berechtigt“ sind ArbNinnen, ArbGinnen, Betriebsrat, die von einer Diskriminierung nach dem 1. Abschnitt des III. Teiles des GlBG betroffene Person, die im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen sowie die AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6. Hält man sich an den Gesetzestext, so sind hier ein paar „Auffälligkeiten“ festzustellen. Zum einen fällt auf, dass die Kommission von sich aus, also ohne die vorherige Mitteilung der genannten Personen, Verbände und Institutionen, einen Bericht nicht verlangen kann. Mit Rücksicht auf die Zielsetzung des § 13 im Speziellen und das GBK/GAW-G im Allgemeinen erachte ich dieses Auslegungsergebnis allerdings für unhaltbar. Warum soll es der Kommission, die von Amts wegen Verfahren nach § 11 und § 12 einleiten kann, verwehrt sein, sich die für die Verfahrensführung erforderlichen Grundlageninformationen in Form eines Berichtes zu verschaffen? (Diese Ansicht, wenn auch mit anderer Begründung, vertreten auch Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 449). Zum zweiten fällt auf, dass die zur Mitteilung berechtigten Personen und Institutionen die Berichterstattung nicht erzwingen können. Es bedarf eben immer noch des „Verlangens“ der Kommission. Das wiederum stellt aber die kasuistische Regelung der „Mitteilungsberechtigung“ in Frage. Warum soll die von etwaigen Dritten erstattete Mitteilung nicht zu einem Verlangen nach einem Bericht führen können? Der Gefahr einer übermäßigen Inanspruchnahme von ArbGinnen oder den für die vermutete Diskriminierung verantwortlichen Personen wird durch ein Zweifach-Korrektiv entgegen gewirkt. Zum einen müssen die Umstände, die die Vermutung der Nichteinhaltung des Gleichbehandlungsgebotes begründen, glaubhaft dargetan werden. Zum anderen bedarf es ja noch des – allerdings nicht näher determinierten – Verlangens der Kommission. Unverständlich ist mE auch, dass eine Mitteilung der Regionalanwältinnen und -vertreterinnen keine Berichtspflicht auslösen kann. Zur Verfahrensinitiierung lässt sich ganz allgemein festhalten, dass für sie vergleichsweise strengere Voraussetzungen normiert sind. Die Voraussetzung einer Mitteilung, in der die behaupteten Umstände glaubhaft zu machen sind, entspricht wörtlich jener Be656
Verpflichtung zur Berichtslegung
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dingung, die gemäß den §§ 4 bis 6 jeweils Abs 3 gegeben sein muss, wenn ein Verfahren nach § 11 oder § 12 auf Grund eines Verlangens der AnwältInnen und Regionalanwältinnen und Regionalvertreterinnen eingeleitet werden soll. Das heißt nun also, dass Regionalanwältinnen und Regionalvertreterinnen unter denselben Voraussetzungen die Einleitung eines Verfahrens nach den §§ 11 und 12 erwirken können, nicht aber eine Berichtspflicht nach § 13. Ebenso können einzelne Betroffene, ArbGinnen, Betriebsrat und die im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen ohne weitere Voraussetzungen die Einleitung eines Einzelfallprüfungsverfahrens verlangen und bewirken („… auf Antrag … hat der damit befasste Senat im Einzelfall zu prüfen …“). Die Kommission muss einem solchen Antrag entsprechen. Diese „Asymmetrien“ mögen auf den ersten Blick als unverständlich erscheinen, die strengeren Voraussetzungen für die Berichtspflicht lassen sich mE aber damit begründen, dass die Berichterstattung uU mit einem sehr hohen Arbeitsaufwand verbunden sein kann, den die Senate der GBK nur unter erschwerten Bedingungen abverlangen können sollen. Gemäß § 15 Abs 1 der GBK-GO sind in der Aufforderung zur 5 Berichtslegung allfällige besondere Erfordernisse für seinen Inhalt sowie eine auf den Einzelfall abgestimmte Frist festzulegen. III. Bericht Der geforderte Berichtsinhalt ist in § 13 Abs 2 äußerst kompliziert 6 umschrieben. Für den Berichtsinhalt bestimmend ist einerseits der Diskriminierungsgrund (zB das Geschlecht) anderseits das Gleichbehandlungsgebot, dessen Nichteinhaltung vermutet wird (zB Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen gemäß § 3 Z 4 GlBG). Die ArbGin hat dann die Zahlen über die Inanspruchnahme von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen getrennt nach Geschlechtern auszuweisen. Ein Bericht zielt demnach nicht darauf ab, der allenfalls verantwortlichen Person Gelegenheit zu geben, sich gegen einen Diskriminierungsvorwurf zu verteidigen, sondern darauf, durch die Lieferung von Daten über Karriereverläufe mögliche Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes sichtbar zu machen. Handelt es sich hingegen um eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit in den sonstigen Bereichen (nach dem Teil III, 1. Abschnitt GlBG), so hat die dafür vermutlich Verantwortliche die „Umstände des Falles“ aus ihrer Sicht umfassend und 657
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detailliert darzulegen. Wenn hier als Berichtsinhalt die „Umstände des Falles“ genannt werden, so ist damit im Gegensatz zu den Diskriminierungsfällen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis mE die Stellungnahme zu einem konkreten Diskriminierungsvorwurf verlangt. Als „redaktionelles Vergessen“ dürfte es zu werten sein, dass der Berichtsinhalt für vermutete Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes in der sonstigen Arbeitswelt nach den §§ 4 und 18 GlBG nicht erwähnt ist. IV. Konsequenzen 7 Es heißt im Abs 2 des § 13, dass im Falle einer vom Senat festgestellten Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes ein solcher Bericht für ein oder mehrere Folgejahre verlangt werden kann. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist es nicht erforderlich, dass diese Feststellung in einem Gutachten erfolgen muss, auch die nichtförmliche Einschätzung als Verletzung eines Gleichbehandlungsgebotes reicht hier aus. Mit dem Verlangen nach Folgeberichten ist der Kommission ein Instrument in die Hand gegeben, um im Fall einer diagnostizierten Ungleichbehandlung eine „Reaktion“ iSe Abbaus und der Beseitigung einer Diskriminierung durch die für die Diskriminierung verantwortliche Person verfolgbar zu machen. 8 Gemäß Abs 3 „kann“ die Kommission auf Grund der Berichte Gutachten über die Erfüllung des Gleichbehandlungsgebotes „im Betrieb“ erstellen. Diese Ermächtigung ist in dreifacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Kommission das ihr eingeräumte Ermessen ausüben soll. Ich habe schon zu § 11 Rn 20 ff dargetan, dass ein Bericht, der eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes erkennen lässt, der geradezu selbstverständliche Anlass sein müsste, von Amts wegen ein Verfahren nach § 11 einzuleiten. Ein Abstand-Nehmen von einem Gutachtensverfahren könnte man mE nur damit rechtfertigen, dass dieselbe Diskriminierungsfrage bereits gutachtlich abgehandelt wurde. Zum zweiten erachte ich die durch diese Bestimmung angeordnete Verengung eines Folgeverfahrens auf das § 11-Verfahren für fragwürdig. Diese mag gerechtfertigt sein für Berichte über die Verletzung von Gleichbehandlungsgeboten im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis, zumal diese zu einem abstrakten Diskriminierungsvorwurf zu erstellen sind und die Durchführung eines Verfahrens in Bezug auf bestimmte Betroffene daher gar nicht möglich ist. Diese Einengung ist aber mE mit der Ausweitung der 658
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Berichtspflicht auch auf die sonstigen Bereiche nicht mehr gerechtfertigt, zumal sich der Berichtsinhalt in diesen Fällen auf die „Umstände des Falles“ beziehen muss. Und das ist meinem Verständnis nach der Einzelfall. Freilich ist auch in diesem Fall ein Gutachten nach § 11 möglich (§ 11 Rn 1 ff); unter den näher herausgearbeiteten Bedingungen müsste aber auch ein Einzelfallprüfungsverfahren initiiert werden können. V. Folgen der Verletzung der Berichtspflicht Kommt die für die vermutete Diskriminierung verantwortliche Per- 9 son der Aufforderung zur Berichterstattung nicht nach, so ist dieser Umstand von der Kommission auf der Homepage des BMGF zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichung ist – verglichen mit den – Veröffentlichungspflichten nach den §§ 11 und 12 – nicht anonymisiert vorzunehmen. Eine Anonymisierung würde nämlich der Publikation jeden Sinn nehmen, weil damit auch noch der Sanktionscharakter entfiele. Abgesehen davon wage ich zu bezweifeln, dass diese Art der Sanktionierung die Kooperationsbereitschaft der mit einem Diskriminierungsvorwurf konfrontierten und zur Berichtslegung aufgeforderten Personen erhöht. Angeprangert wird nämlich nicht der Vorwurf der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes, sondern jener der mangelnden Kooperation, der mE wesentlich geringer wiegt und dadurch eher in Kauf genommen werden dürfte. Geschäftsführung der Kommission § 14. (1) Der/die Vorsitzende hat den Senat nach Bedarf einzuberufen. Eine Einberufung des Senates hat auch dann zu erfolgen, wenn dies mehr als ein Drittel der Mitglieder, die Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder der/die Anwalt/Anwältin für die Gleichbehandlung nach § 5 oder § 6 verlangt. (2) Die Mitglieder (Ersatzmitglieder) sind rechtzeitig und nachweislich unter Bekanntgabe der Tagesordnung zu laden. (3) Der Senat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder (Ersatzmitglieder) anwesend ist. Für Beschlüsse des Senates ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Bei Stimmengleichheit gilt die Meinung als angenommen, für die der/die Vorsitzende gestimmt hat. (4) Die Sitzungen des Senates sind vertraulich und nicht öffentlich. Der/die Vorsitzende kann den Sitzungen des Senates 659
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auch sonstige Fachleute mit beratender Stimme beiziehen. Dem Verlangen von mehr als einem Drittel der Mitglieder, der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt oder der/des Anwalts/Anwältin für die Gleichbehandlung nach § 5 oder § 6 nach Beiziehung bestimmter Fachleute hat der/die Vorsitzende zu entsprechen. (5) Die Führung der laufenden Geschäfte, die Vorbereitung der Sitzungen und die Besorgung der Kanzleigeschäfte des Senates kann unter der Leitung des/der Vorsitzenden einem/einer, falls erforderlich, mehreren Bediensteten des Bundes übertragen werden. (6) Personen, die der Ladung zur Auskunftserteilung vor dem Senat nachkommen, haben auf Antrag Anspruch auf Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Befragung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden. Die Höhe des Kostenersatzes bestimmt sich nach den für Zeugen/Zeuginnen geltenden Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975. Die Geltendmachung des Kostenersatzes ist von Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben befreit. 1 § 14 regelt die Grundsätze der Geschäftsführung der Kommission, die durch die GBK-GO, BGBl II 2004/396, noch näher ausgeführt werden. Auf das Verfahren vor der Kommission sind kraft des Verweises in § 16 noch manche Bestimmungen des AVG anzuwenden. 2 Die Einberufung von Sitzungen ist Sache des Senatsvorsitzenden. Er hat einzuberufen bei Bedarf, aber auch wenn dies ein Drittel der Mitglieder des Senates oder bestimmte VertreterInnen der GAW verlangen. Ein Drittel der Mitglieder des Senates bedeutet für alle Senate eine Unterstützung von vier Mitgliedern. Für die Senate I und II bedeutet dies, dass sowohl ArbG- als auch die ArbN-Seite jeweils alleine die Einberufung verlangen können. In Bezug auf das „Verlangen auf Einberufung“ der VertreterInnen der GAW sind zwei Dinge zu bemerken: Zum einen fällt auf, dass das Recht, die Einberufung einer Sitzung zu verlangen nur den AnwältInnen, nicht aber den Regionalanwältinnen und Regionalvertretern zukommt. Man hat sich dabei wohl an der Vorgängerregelung des § 7 GlBG 1979 orientiert. Mit Rücksicht auf die dem „neuen“ Gesetz entnehmbare Tendenz einer Stärkung und Auf660
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wertung der Position der Regionalanwältinnen und Regionalvertreter fällt diese Beschränkung allerdings auf und erscheint mir inkonsequent. Zu bemerken ist dazu des Weiteren, dass man sich bei der Erlassung der GBK-GO um die durch das Gesetz vorgenommene Einschränkung des Rechts, die Einberufung zu verlangen, nicht gekümmert hat. Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 GBK-GO ist eine Sitzung des Senates „auf Verlangen des im § 3 Abs 2 Z 1 bis 5 genannten Mitgliedes der GAW in den seinen Wirkungsbereich betreffenden Angelegenheiten einzuberufen“. Und von dieser Aufzählung in § 3 Abs 2 Z 1 bis 5 sind auch die Regionalanwältinnen und Regionalvertreter erfasst (Z 4). Damit geht die GBK-GO über die gesetzliche Ermächtigung hinaus und ist insofern wohl als gesetzwidrig zu qualifizieren. Wird ein Verfahren nach den §§ 11 oder 12 auf Grund eines Verlangens der VertreterInnen der GAW – und zwar auch der Regionalanwältinnen und Regionalvertreter – eingeleitet, so ist gemäß § 4 Abs 3 und den gleichlautenden §§ 5 Abs 3 und 6 Abs 3 die dort vorgesehene Fristsetzung zu beachten. Der Senat hat sich damit in seiner nächsten Sitzung, spätestens aber innerhalb eines Montes zu befassen. Ist ein zur Senatssitzung geladenes Senatsmitglied an der Teilnahme verhindert, so hat es rechtzeitig ein Ersatzmitglied zu „verständigen“ (§ 3 Abs 3 GBK-GO). Ist auch das verständigte Ersatzmitglied verhindert, so wird diese Verständigungspflicht neuerlich aktiviert. Nur für den Fall, dass ein Senatsmitglied für längere Zeit verhindert ist, ist „sogleich“ ein Ersatzmitglied zu laden. Gemäß § 3 Abs 10 haben die AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6 sowie die Regionalanwältinnen und Regionalvertreter das Recht, an den Sitzungen der Senate der GBK teilzunehmen. Ihnen ist auch auf ihr Verlangen das Wort zu erteilen. § 4 der GBK-GO enthält eingehende Regelungen über die Bestim- 3 mung der Tagesordnung, ihre Ergänzung oder Abänderung und die rechtzeitige Verständigung der Senatsmitglieder. Für die Sitzungseinladung ist Schriftlichkeit verlangt (§ 3 Abs 2 GBK-GO), wobei die Kommunikation zwischen den Senatsmitgliedern, dem Senatsvorsitzenden sowie der GAW mittels elektronischer Post als schriftliche Kommunikation gilt (§ 4 Abs 5 GBK-GO). Die Beschlussfähigkeit ist gegeben, wenn mehr als die Hälfte der 4 Mitglieder oder allfälliger Ersatzmitglieder anwesend sind. Mehr 661
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als die Hälfte der Mitglieder erfordert bei Senat I die Anwesenheit von sieben, bei Senat zwei und drei die Anwesenheit von sechs Mitgliedern. Für die Beschlussfassung sieht Abs 3 vor, dass für einen Beschluss die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist, und dass bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag gibt. Diese Vorgaben werden durch § 7 Abs 2 GBK-GO näher ausgeführt. Dort ist beispielsweise nicht mehr von der Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sondern von der Stimmenmehrheit die Rede. Eine Stimmenthaltung wird ausdrücklich für zulässig erklärt und für die Stimmabgabe ist eine Reihenfolge vorgesehen. Der Senatsvorsitzende gibt seine Stimme immer zuletzt ab. Bei Stimmengleichheit gilt die Meinung als angenommen, für die der Senatsvorsitzende gestimmt hat. Er darf sich in diesem Fall der Stimme nicht enthalten. Diese Vorgaben sind nun mE doch interpretationsbedürftig: Die Anordnung, dass Stimmenthaltungen zulässig sind, kann mE nur so verstanden werden, dass diese bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses nicht mitgezählt werden. Sie gelten als „nicht abgegebene Stimmen“, die für die Mehrheitsermittlung ausscheiden. Das ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass bei Stimmengleichheit eine Stimmenthaltung des Vorsitzenden nicht zulässig ist. Diese Anordnung kann nur so verstanden werden, dass die Stimmenthaltung keinen Ausweg aus einer Pattsituation verschafft, weil sie – was manchmal vorgesehen ist – auch nicht als Gegenstimme zählt. Unverständlich ist mE die Anordnung des § 7 Abs 2 im Hinblick auf die Reihenfolge der Stimmabgabe und das Problem der Stimmengleichheit. Zunächst heißt es, dass der Vorsitzende zuletzt abstimmt. Weiter bestimmt § 7 Abs 2, dass bei Stimmengleichheit die Meinung, für die der Vorsitzende gestimmt hat, den Ausschlag gibt, und „in diesem Fall“ (gemeint sein dürfte die Stimmengleichheit) sich der Vorsitzende der Stimme nicht enthalten dürfe. Diese Anordnung ist nun mE widersprüchlich. Stimmengleichheit kann (selbstverständlich) erst dann festgestellt werden, wenn der Vorsitzende abgestimmt hat. Er ist ja regelmäßig stimmberechtigt und nicht nur bei Stimmengleichheit. Und nur dann kann seine Stimme auch den Ausschlag geben. Wenn man nun aber die angeordnete Reihenfolge beachtet, so ist nicht klar, warum sich der Vorsitzende der Stimme nicht enthalten soll können. Liegt etwa vor seiner Stimmabgabe ein Verhältnis von 6 Pro- und 5 Kontrastimmen vor, und stimmt er dagegen (es steht dann 6 : 6), dann ist – kraft seines Diskriminierungsrechtes – kein Beschluss zustande gekommen. Stimmt er für 662
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den Antrag, so liegt ein Mehrheitsbeschluss vor (7 : 5), so dass seiner Stimme kein Ausschlag zukommt. Enthält er sich der Stimme, dann würde seine Stimme nicht gezählt und es läge dann ein Mehrheitsbeschluss mit 6 : 5 Stimmen (oder anders formuliert: keine Stimmengleichheit) vor. Sinn machen würde die Anordnung des § 7 Abs 2 nur dann, wenn der Vorsitzende grundsätzlich kein Stimmrecht hätte. Dann könnte in einer Pattsituation seine Stimme den Ausschlag geben. Dass er sich dann nicht der Stimme enthalten könnte, verstünde sich mE von selbst. Sinnvoll wäre es auch, diese Anordnung dahingehend zu verstehen, dass die Stimmengleichheit vor der Stimmabgabe durch den Vorsitzenden vorliegen muss. Nur dann macht es Sinn, ihm das Recht, sich der Stimme zu enthalten, abzusprechen. Stimmt er dann mit pro oder kontra, so liegt nun aber eigentlich keine Stimmengleichheit mehr vor, so dass seine Stimme zwar tatsächlich den Ausschlag gibt, dies aber (weil geradezu selbstverständlich) keiner gesonderten Erwähnung im Gesetz bedürfte. § 14 Abs 4 sieht die Möglichkeit der Beiziehung von sonstigen 5 Fachleuten vor. Sie nehmen an der Sitzung mit (bloß) beratender Stimme teil. Ihre Funktion ist es, die Kommission mit ihrem Fachwissen bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen. Ihre Stellung entspricht der eines Sachverständigen (vgl Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 91). Für diese „sonstigen Fachleute“ gilt gemäß § 10 Abs 3 die Verpflichtung zur Verschwiegenheit über alle ihnen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Erwähnung finden sie auch noch in § 10 Abs 1. Die Beiziehung von sonstigen Fachleuten ist zum einen dem wohlerwogenen Ermessen des Senatsvorsitzenden anheim gestellt. Er ist aber zur Beiziehung verpflichtet, wenn dies ein Drittel der Mitglieder des Senates oder die AnwältInnen nach den §§ 4 bis 6 (nicht aber die Regionalanwältinnen und Regionalvertreter) verlangen. In diesem Zusammenhang sei noch auf die Bestimmung des § 11 Abs 2 verwiesen. Werden nämlich im Rahmen eines Gutachtenverfahrens Normen eines Kollektivvertrages geprüft, so kann der damit befasste Senat zur Vorbereitung der Beschlussfassung Arbeitsausschüsse einsetzen. Den Beratungen dieser Arbeitsausschüsse sind verpflichtend „Vertreter/innen der jeweiligen Kollektivvertragspartei“ beizuziehen. (Zur Frage, ob dies auch im Plenum gilt, vgl § 11 Rn 32.) 663
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6 Sitzungen des Senates sind vertraulich und nicht öffentlich. Diese Anordnung der Vertraulichkeit von Sitzungen geht über die in § 10 Abs 3 für Senatsmitglieder, Vertreter der Kollektivvertragsparteien und die sonstigen Fachleute angeordnete Verschwiegenheitspflicht der Senatsmitglieder hinaus. Vertraulichkeit bedeutet wohl, dass alles, was in der Sitzung bekannt wird, nicht über den Kreis der Sitzungsteilnehmer hinaus publik werden soll. § 10 Abs 3 bezieht sich demgegenüber nur auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse; diese zuletzt genannte Verschwiegenheitspflicht gilt allerdings auch, wenn solche außerhalb von Sitzungen, im Zuge der amtlichen Tätigkeit eben, bekannt werden. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch die Verschwiegenheitspflicht des Art 20 Abs 3 B-VG, die für „alle mit Aufgaben der Bundes- und Landesverwaltung betrauten Organe“ gilt. Sie gilt demnach auch für die Mitglieder der Senate und geht über die Anordnung des § 10 Abs 3 insofern hinaus, als sie alle im Rahmen der amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen erfasst, an deren Geheimhaltung ein im Art 20 Abs 3 B-VG näher definiertes Interesse besteht (§ 3 Rn 11 iVm § 10 Rn 13). 7 Abs 5 sieht für die Führung der laufenden Geschäfte, die Vorbereitung der Sitzungen und die Besorgung der Kanzleigeschäfte vor, dass diese unter der Leitung des Senatsvorsitzenden einem oder, falls erforderlich, auch mehreren Bediensteten des Bundes übertragen werden können. Nach dem Gesetzestext ist davon auszugehen, dass die Entscheidung betreffend die Übertragung von Aufgaben an Bundesbedienstete Sache des Senates oder allenfalls seines Vorsitzenden (das ist mE nicht klar) ist. Diese Ermächtigung erscheint mir sehr großzügig zu sein, zumal es den Senaten damit offenkundig gestattet wird, die dienstlichen Pflichten von Bundesbediensteten ohne weitere Voraussetzungen und insb ohne Rücksicht auf bestehende Hierarchien zu erweitern. Eine Definition der Führung der laufenden Geschäfte findet sich in § 8 GBK-GO. Ausschüsse des Senates § 15. (1) Der Senat kann die Behandlung von Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes im Einzelfall einem Ausschuss übertragen; falls erforderlich, können mehrere Ausschüsse errichtet werden. 664
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Ausschüsse des Senates
(2) Jeder Ausschuss hat aus mindestens drei Mitgliedern zu bestehen. Den Vorsitz hat der/die Vorsitzende des Senates oder ein/e von ihm/ihr damit betraute/r Bedienstete/r des Bundes zu führen; die übrigen Mitglieder sind vom/von der Vorsitzenden des Senates aus dem Kreise der Mitglieder oder Ersatzmitglieder der im jeweiligen Senat vertretenen Interessenvertretungen zu entnehmen. (3) Für die Geschäftsführung dieser Ausschüsse gilt § 14 Abs. 1 bis 5 sinngemäß. Das GBK/GAW-G sieht zwei Typen von Ausschüssen vor. Zum 1 einen die Arbeitsausschüsse gemäß § 11 Abs 2, zum anderen die Ausschüsse nach § 15. Erstere können lediglich mit der Aufgabe der Entscheidungsvorbereitung betraut werden; letztere sind entscheidungsbefugt (arg „die Behandlung von Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes“). Erstere können bei der Prüfung von Kollektivvertragsnormen eingerichtet werden; letztere sind nach dem Gesetzestext für die Prüfung im Einzelfall vorgesehen. Über die Einrichtung und die Zahl der Mitglieder eines Ausschus- 2 ses nach § 15 entscheidet der Senat. Das Gesetz legt lediglich eine Mindestmitgliederzahl von drei fest. Zur Zusammensetzung bestimmt § 15 Abs 2 weiter, dass den Vorsitz entweder die Senatsvorsitzende oder eine von dieser betraute Bedienstete des Bundes zu führen hat. Ausschüsse setzen sich aus Mitgliedern des einrichtenden Senates zusammen, die von der Vorsitzenden bestimmt werden. Die Forderung nach einer paritätischen Zusammensetzung ist im Gesetz nicht enthalten. Diese Vorgaben werden von § 16 GBKGO näher ausgeführt. So sieht etwa § 16 Abs 2 GBK-GO vor, dass die Senatsvorsitzende die Ausschussmitglieder aus dem Kreis der von den entsendenden Interessenvertretungen namhaft gemachten Senatsmitglieder zu „entnehmen“ hat. Es ist mE durchaus fraglich, ob damit nicht der Rahmen zulässiger Gesetzesdurchführung überschritten wurde, zumal damit eine der Vorsitzenden von Gesetzes wegen eingeräumte Kompetenz zugunsten der Interessenvertretungen verschoben wird. § 16 Abs 2 GBK-GO verlangt des Weiteren, dass mindestens eine Vertreterin der ArbGinnen-Seite und eine Vertreterin der ArbNinnen-Seite im Ausschuss vertreten sein muss. Fraglich ist, ob die VertreterInnen der GAW das Recht haben, an Ausschüssen, die gemäß § 15 eingesetzt wurden, teilzunehmen. 665
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Das Gesetz (§ 3 Abs 10) räumt dieses Recht ausdrücklich nur für die „Sitzungen der Senate der Gleichbehandlungskommission“ und „ihrer Arbeitsausschüsse“ ein. Da nun der Begriff „Arbeitsausschuss“ für die in § 11 Abs 2 geregelten Ausschüsse „steht“, müsste man bei einer am Wortlaut orientierten Interpretation davon ausgehen, dass das Recht auf Teilnahme bei den § 15-Ausschüssen nicht besteht. Mit Rücksicht auf teleologische Erwägungen erachte ich dieses Interpretationsergebnis aber für nicht haltbar. Es gibt – wenn ich richtig sehe – keinen sachlichen Grund dafür, die VertreterInnen der GAW im Plenum als TeilnehmerInnen zuzulassen, in einem Ausschuss hingegen nicht. Dies insb wenn man bedenkt, dass diese Ausschüsse entscheidungsbefugt sind und damit eine Behandlung einer Diskriminierungsfrage im Plenum nicht notwendig stattfindet. Nähme man nun einen Ausschluss von den Sitzungen der Ausschüsse an, so könnten Fragen der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes durch die Einsetzung von Ausschüssen ohne Beteiligung der VertreterInnen der GAW behandelt und entschieden werden. Oder mit anderen Worten: Will man die Beteiligung der VertreterInnen der GAW verhindern, so setze man einen Ausschuss nach § 15 ein. Das ist mE nicht zusinnbar. Gleiche Argumente sind für den Vergleich mit den Arbeitsausschüssen anzuführen. Es ist nicht einzusehen, dass VertreterInnen der GAW an den Arbeitsausschüssen, nicht aber den sonstigen Ausschüssen teilnehmen dürfen. Ich meine daher, dass § 3 Abs 10 gemessen an der Intention des Gesetzes und der darin zum Ausdruck kommenden Rolle der GAW als Beteiligte am Kommissionsverfahren, lückenhaft ist. Das dort vorgesehene Teilnahmerecht muss sich auch auf die Ausschüsse nach § 15 erstrecken (siehe auch § 3 Rn 11). 3 Fraglich könnte sein, ob es den Senaten im Einzelfall auch gestattet ist, bloß vorbereitende Ausschüsse einzusetzen. Mayer-Maly (Gleichbehandlungsgesetz 82, 93) hat diese Frage mit einem Größenschluss bejaht. Wenn es den Senaten von Gesetzes wegen schon gestattet ist, sogar entscheidungsbefugte Ausschüsse einzurichten, so muss ihnen eine, ihre Kompetenz weniger angreifende Einrichtung von bloß vorbereitenden Ausschüssen erst recht möglich sein. Dieser Auffassung möchte ich mich vorbehaltlos anschließen. 4 Zum Verhältnis zwischen Ausschuss und den übrigen Senatsmitgliedern sieht § 16 Abs 4 GBK-GO vor, dass diese übrigen Mitglieder zu informieren sind. Sie sind jedenfalls nach Abschluss des 666
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Anwendung des AVG
Verfahrens über das Ergebnis zu informieren. Sie sind überdies auf ihr Verlangen hin über den Stand des Verfahrens zu unterrichten. Nach § 16 Abs 5 GBK-GO steht es dem Senat zu, eine einem Ausschuss übertragene Angelegenheit durch Beschluss jederzeit wieder an sich zu ziehen. Anwendung des AVG § 16. Auf das Verfahren vor den Senaten der Gleichbehandlungskommission sind die §§ 6 Abs. 1, 7, 13, 14 bis 16 sowie 18 bis 22, 32 und 33 sowie – nach Maßgabe der §§ 20 Abs. 12 und 30 Abs. 3 des Gleichbehandlungsgesetzes – §§ 45 und 46 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, anzuwenden. Für die Beiziehung von Dolmetschern und Übersetzern gelten die Bestimmungen der §§ 39a, 52 Abs. 3 und 4 sowie 53 AVG, wobei die Kosten von Amts wegen zu tragen sind. § 16 wurde durch BGBl I 2005/82 rückwirkend mit 1. Juli 2004 geändert. Der oftmals geäußerten Klage, dass das Verfahren vor der GBK 1 nicht näher determiniert sei und daher rechtsstaatlichen Anforderungen nicht entsprochen werde, wurde durch § 16 dadurch begegnet, dass bestimmte Bestimmungen des AVG für anwendbar erklärt wurden. Bestimmungen über das Verfahren vor der Kommission finden sich daher an mehreren „Orten“. Zunächst im GBK/GAWG selbst (insb in dessen § 14), in der auf der Grundlage der Ermächtigung des § 9 ergangenen GBK-GO (BGBl II 2004/396) und kraft Verweises in § 16 nunmehr auch im AVG. Anwendbar sind allerdings nur einzelne Bestimmungen des AVG. Konkret sind dies die Bestimmungen über die Zuständigkeit (§ 6 AVG), die Befangenheit (§ 7 AVG), über Anbringen (§ 13 AVG), die Niederschrift und Aktenvermerke (§ 14 bis 16 AVG), die Erledigung, Ladung und die Zustellung (§§ 18 bis 22 AVG) und die Fristen (§ 32 und 33 AVG). § 16 verweist sodann noch auf § 45 und 46 AVG, die allgemeine Grundsätze über den Beweis regeln (Beweisbedürftigkeit und Unbeschränktheit der Beweismittel). Diese §§ 45 und 46 AVG gelten allerdings nur „nach Maßgabe der §§ 20 Abs 12 und 30 Abs 3 des Gleichbehandlungsgesetzes“, beides Bestimmungen, die weder im geltenden GlBG noch in einem früheren Entwurf zu diesem vorkommen. 667
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2 Die solcherart beschriebene Mehrheit von maßgeblichen Verfahrensvorschriften (einmal das GBK/GAW-G samt Durchführungsverordnung, zum anderen die Bestimmungen des AVG) ist nicht unproblematisch, weil damit „Doppelregelungen“ geschaffen wurden, die interpretatorisch erst aufgelöst werden müssen. So sind nicht nur die ziemlich detaillierten Bestimmungen des AVG über Niederschriften, sondern auch § 6 der GBK-GO über Protokolle zu beachten. Der ebenfalls anzuwendende § 19 regelt die Ladung von Personen und sieht für den Fall ihrer Nichtbefolgung sogar den Einsatz von Zwangsstrafen und die Vorführung vor. Dem „widerspricht“ § 12 Abs 2 der GBK-GO, der für die zweite Ladung lediglich den Hinweis verlangt, dass das unentschuldigte Fernbleiben auf eine zweite Ladung hin zur Folge hat, dass das Verfahren ohne die geladene Auskunftsperson fortgesetzt wird. Dieses, die Ladung von Auskunftspersonen betreffende Regelungsgefüge ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Zum einen schränkt die Verordnungsrang genießende GBK-GO die in § 19 AVG der Kommission gesetzlich übertragene Befugnis wohl in unzulässiger Weise ein. Die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Androhung von Zwangsstrafen sowie der Vorführung für den Fall der Nichtbefolgung wird durch die Verordnung reduziert auf den Hinweis, dass im Falle eines zweiten unentschuldigten Fernbleibens, das Verfahren ohne die Aussage der Auskunftsperson fortgesetzt werde. Davon abgesehen dürfte diese „Drohung“, sofern es sich nicht um den am Verfahren interessierten Betroffenen handelt, kaum die Befolgungsbereitschaft des Ladungsbefehls erhöhen, zumal ihre Nichtbeachtung keine „spürbaren“ negativen Folgen hat. Zum anderen ist die Anwendbarkeit des § 19 auf das Kommissionsverfahren insofern bemerkenswert, als die Ladung mit Androhung von Zwangsstrafen nach § 19 ein verfahrensrechtlicher Bescheid ist (vgl Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2 [1999] § 19 E.52 und E.53 uam). Die GBK ist demnach durch den Verweis des § 16 auf § 19 AVG zur Setzung von Hoheitsakten ermächtigt. Und da die Einräumung von Hoheitsgewalt eines der die Behördenqualität konstituierenden Merkmale ist, muss die GBK seit dem InKraft-Treten des GBK/GAW-G wohl als (partielle) Verwaltungsbehörde qualifiziert werden (siehe dazu eingehender § 1 Rn 3 ff). 3 Mit Rücksicht auf § 13 AVG ist die Einleitung des Verfahrens grundsätzlich formfrei und je nach „Ausstattung“ der Kommission auch „technikoffen“ möglich. Bislang ist man mE mit Recht davon 668
GBK/GAW-G § 16
Anwendung des AVG
ausgegangen, dass als Beweismittel alles in Betracht kommt, was der Aufklärung der Diskriminierungsfrage dienlich ist (Unbeschränktheit der Beweismittel, vgl Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz 81; Smutny/Mayr, Gleichbehandlungsgesetz 436). Diese These ist mit Rücksicht darauf, dass es dazu nun eine ausdrückliche Regelung gibt und dass der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel in § 46 AVG auf Grund des Verweises in § 16 nur nach Maßgabe zweier nicht existenter Bestimmungen gelten soll, etwas „unsicher“ geworden, sie lässt sich aber mit einer gewissen Lust am Lösen von Suchsportaufgaben doch klären. Ein Blick in die Materialien zu § 16 besagt, dass dieser dem § 43 Abs 1 B-GBG nachempfunden sei (RV 307 BlgNR 22. GP). § 43 B-GBG ist aber nicht geeignet, die Frage der Maßgeblichkeit der §§ 45 und 46 zu beantworten, zumal er weder über einen Abs 1 verfügt noch inhaltlich auf Normen des AVG Bezug nimmt. Auf das B-GBG als mögliche „Vorbildregelung“ durch den Hinweis in den Materialien aber nun einmal aufmerksam geworden, gelangt man sehr schnell zu § 25 B-GBG, der dieselben Bestimmungen des AVG für anwendbar erklärt wie § 16. Und es wird auch schnell klar, nach welcher Maßgabe die §§ 45 und 46 des AVG im Verfahren vor den Senaten der GBK gelten sollen, mit jener nämlich, dass im Streitfall die betroffene Person, die sich auf bestimmte Diskriminierungstatbestände beruft, diese nur glaubhaft zu machen hat. Der Verweis in § 16 müsste daher richtig § 12 Abs 12, § 26 Abs 12 und § 35 Abs 3 GlBG lauten (die Übereinstimmung der Absatzbezeichnungen mag dieses Interpretations- oder besser: Suchergebnis noch unterstreichen). Das wiederum bedeutet, dass der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel auch weiterhin gilt. Bestimmte Formen der Tatsachenermittlung sind im Gesetz oder in der GO ausdrücklich benannt; so etwa die Befragung von Auskunftspersonen (erwähnt in § 10 Abs 2 und detailliert in § 12 GBK-GO), die Beiziehung von Fachleuten mit beratender Stimme zu den Sitzungen gemäß § 14 Abs 4 sowie die Besichtigung des Betriebes (§ 4, 5 und 6 jeweils Abs 4). Eine Richtigstellung der unrichtigen Verweise durch gesetzgeberischen Akt ist im Übrigen „nahe“. Der Entwurf eines BundesBehindertengleichstellungsgesetzes (RV 836 BlgNR 22. GP) enthält auch eine Novelle zum GBK/GAW-G, mit der der Verweis in § 16 im Sinne des obigen Interpretationsergebnisses „richtig gestellt“ werden soll. Die korrigierte Fassung des § 16 wurde gemäß Art 6 Z 6 BGBl I 2005/82 rückwirkend mit 1. Juli 2004 in Kraft gesetzt. 669
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4 Die verwiesenen Bestimmungen des AVG sind „auf alle Verfahren vor den Senaten der Gleichbehandlungskommission“ anzuwenden. Da der Gesetzgeber nicht differenziert, gilt der Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel auch in einem Verfahren nach § 11. Bemerkenswert ist, dass § 12 der GBK-GO ausdrücklich die Befragung von Auskunftspersonen „im Einzelfallprüfungsverfahren“ regelt und hier – abgesehen von den schon erwähnten Bestimmungen über die Ladung – den Auskunftspersonen besondere Rechte garantiert wie zB die Vertraulichkeit und Nichtöffentlichkeit der Sitzung, oder das Recht, zur Befragung in Anwesenheit eines Rechtsanwaltes bzw eines Vertreters der für diese Person zuständigen beruflichen Interessenvertretungen bzw einer Nichtregierungsorganisation zu erscheinen (Abs 4), oder in besonderen Fällen eine Vertrauensperson beizuziehen (Abs 5). Fraglich ist nun, ob diese verfahrensrechtlichen Garantien auch Auskunftspersonen, die in einem § 11-Verfahren geladen werden, gewährt werden müssen. Mit Rücksicht auf die gesetzlichen Grundlagen müsste man diese Frage wohl eher verneinen. § 12 enthält in seinem Abs 2 und weiters noch in Abs 5 bereits verfahrensrechtliche Garantien für den Betroffenen, die dann durch die §§ 11 ff der GBK-GO näher durchgeführt werden. Und da die Geschäftsordnung nicht differenziert, ist wohl auch der Betroffene „Auskunftsperson“. Für das Gutachtensverfahren sind demgegenüber weder in § 11 noch in der dazu ergangenen Ausführungsbestimmung des § 10 GBK-GO Rechte von Auskunftspersonen normiert. Die Anhörung von Auskunftspersonen ist nur als mögliches Beweismittel in § 10 Abs 2 GBK-GO erwähnt. Man könnte daher von einer bewussten Differenzierung sprechen. Das ist mE allerdings nicht zwingend. Es ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber generell allen „Auskunftspersonen“ im Einzelfallprüfungsverfahren gewisse Rechte garantiert, unabhängig, wie „nahe“ oder „fern“ sie der geprüften Regelung oder Maßnahme stehen. Insofern erachte ich es unbillig, würde man Auskunftspersonen im Gutachtensverfahren diese Rechte nicht einräumen. Die Interessenlage ist durchaus eine vergleichbare. 5 Selbst wenn nun das Verfahren der GBK durch Verweis auf einzelne Bestimmungen des AVG dichter vorherbestimmt ist und die Position der Beteiligten doch auch verbessern dürfte (so zB das Recht, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu gemäß § 45 Abs 3 AVG Stellung zu nehmen), so bleibt doch zu be670
GBK/GAW-G § 21
In-Kraft-Treten
achten, dass diese Rechte nicht durchsetzbar sind. Durchsetzbar wären diese Rechte nur als Verfahrensfehler in einem gegen den abschließenden Bescheid eingeleiteten Rechtsschutzverfahren. Da die Entscheidungen der GBK allerdings nicht in Bescheidform ergehen und unbekämpfbar sind, muss dies auch für die der Entscheidungsfindung vorangehende Verfahrensführung gelten. §§ 17–20. [aufgehoben] § 21. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 1979 in Kraft. § 2 Abs. 1, 1a, 1b und 2, § 2a Abs. 1, 1a, 2, 5, 5a, 7, 8 und 9, § 3 Abs. 5, § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 4, § 6a Abs. 4, § 10 Abs. 1, §§ 10b, 10c und 10d in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 833/1992 treten mit 1. Jänner 1993 in Kraft. (2) Verordnungen auf Grund des I. Teiles können bereits von dem seiner Kundmachung folgenden Tag an erlassen werden. Diese Verordnungen dürfen frühestens mit 1. Juli 1979 in Kraft gesetzt werden. (3) § 12 Abs. 1, 1a, 1b und 2, § 13 Abs. 1, 1a, 2, 5, 5a, 7, 8 und 9 und § 18 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 833/1992 treten gegenüber den Ländern mit dem Tage der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft. Die Ausführungsgesetze sind binnen sechs Monaten ab dem der Kundmachung folgenden Tag zu erlassen. (4) § 2 Abs. 1a, § 2a Abs. 7, § 3, § 3a Abs. 1, 2a, 3a und 7 sowie § 7 Abs. 4 und 6 sowie § 10b in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/1998 treten mit 1. Mai 1998 in Kraft. Die zu diesem Zeitpunkt bestellten Mitglieder der Gleichbehandlungskommission und deren Ersatzmitglieder gelten gemäß § 3 dieser Fassung bis zum Ablauf des 30. Juni 1999 bestellt. (5) § 12 Abs. 1a und § 13 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/1998 treten gegenüber den Ländern mit 1. Mai 1998 in Kraft. Die Ausführungsgesetze sind binnen sechs Monaten nach diesem Tag zu erlassen. (6) § 2a Abs. 7 und § 10d in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2001 treten mit 1. Jänner 2002 in Kraft. (7) § 13 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2001 tritt gegenüber den Ländern mit 1. Juli 2001 in Kraft. Die Ausführungsgesetze sind binnen sechs Monaten nach 671
§ 22
Hattenberger
diesem Tag zu erlassen und haben ein In-Kraft-Treten mit 1. Jänner 2002 vorzusehen. (8) §§ 1 bis 16 sowie 22 bis 24 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 66/2004 sowie der Entfall der Überschriften „I. Teil“, „III. Teil“ und „Schlussbestimmungen“ treten mit 1. Juli 2004 in Kraft. §§ 10a bis 10d sowie der bisherige II. Teil treten mit 30. Juni 2004 außer Kraft. Abs 9 durch BGBl 2005/82 angefügt. 1 Die „Länge“ des § 21 gibt Anlass zu einer die Legistik betreffenden Bemerkung. Es ist bedauerlich, dass die „Erlassung“ des GBK/GAW-G (siehe vor § 1 Rn 1 ff) nicht zum Anlass genommen wurde, auch die In-Kraft-Tretens-Bestimmungen zu bereinigen. Klammert man die Bestimmung des § 10 von der Betrachtung aus, so beziehen sich sieben der insgesamt acht (seit BGBl I 2005/82 neun) Absätze auf Bestimmungen, die mit der nunmehr erfolgten Novellierung des GlBG aus 1979 nicht mehr in Kraft sind. Sie haben daher nur noch rechtshistorischen Wert. Abgesehen davon sind diese In-Kraft-Tretens-Bestimmungen unvollständig. Das InKraft-Treten der Verfassungsbestimmungen des § 10 in den Abs 1a und 1b ergibt sich aus BGBl I 2001/129 (mangels einer ausdrücklichen Regelung ist das der der Kundmachung folgende Tag; das ist der 28.11.2001). Damit relativiert sich die Bedeutung des Stehen-Lassens überholter In-Kraft-Tretens-Regelungen noch zusätzlich. 2 Fehlerhaft ist mE auch die Anordnung in Abs 8, wenn es dort heißt, dass „die §§ 1 bis 16 … mit 1. Juli 2004“ in Kraft treten. Der bloß novellierte § 10 kann nämlich nur zu dem Teil in Kraft treten, zu dem er geändert wurde (Art 2 Z 4 bis 6, BGBl I 2004/66). Weite Teile der Vorgängerregelung bleiben indes in Kraft. § 22. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind hinsichtlich der §§ 4 Abs. 5, 5 Abs. 5, 6 Abs. 5 und 12 Abs. 4 und 5 der/die Bundesminister/in für Justiz, hinsichtlich des § 24 der/die Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen im Einvernehmen mit dem/der Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit, im Übrigen der/die Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen betraut. 672
GBK/GAW-G § 24
Berichte an den Nationalrat Verweisungen
§ 23. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Berichte an den Nationalrat § 24. Der/die Bundesminister/in für Gesundheit und Frauen und der/die Bundesminister/in für Wirtschaft und Arbeit haben dem Nationalrat alle zwei Jahre einen Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes vorzulegen. Dieser Bericht hat insbesondere Angaben über die Tätigkeit und Wahrnehmungen der Gleichbehandlungsanwaltschaft, die Verfahren vor der Kommission und die sonstige Tätigkeit der Kommission zu enthalten. Jedes zweite Mal ist dieser zweijährige Bericht durch Beiträge der Interessenvertretungen der Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen zu ergänzen und dem Nationalrat vorzulegen. Aufgrund der geteilten Ressortzuständigkeiten ist für die jährliche 1 Berichterstattung an den Nationalrat ein gemeinsamer Bericht der BMGF und der BMWA vorgesehen. Gegenstand des Berichtes ist die Vollziehung des GlBG, insb die Tätigkeiten und Wahrnehmungen der GAW und der GBK.
673
Anhang I Änderungen des GlBG und des GBK-GAW-G durch BGBl. I Nr. 82/2005 Im Juli 2005 hat das Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) erlassen wurde, auch das GlBG und das GBK-GAW-G geändert, aber nur wenig. Die Beschlussfassung erfolgt erst nach dem Umbruch des Buches. Die Änderungen können daher im Kommentar selbst nur mehr eingeschränkt berücksichtigt werden. Sie werden hier im Anhang in der Gesamtheit abgedruckt und etwas erläutert. Artikel 5 Änderung des Gleichbehandlungsgesetzes Das Gleichbehandlungsgesetz, BGBl. I Nr. 66/2004, wird wie folgt geändert: 1. In §§ 12 Abs. 12, 26 Abs. 12, 35 Abs. 3 sowie 51 Abs. 9 wird jeweils das Wort „wahrscheinlich“ durch das Wort „wahrscheinlicher“ ersetzt. 2. Nach § 15 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt: „(4) Ansprüche nach § 12, die neben einem in diesem Bundesgesetz erfassten Diskriminierungsgrund auch auf den Diskriminierungsgrund der Behinderung gestützt werden, können nur nach vorheriger Durchführung eines Schlichtungsverfahrens beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen gerichtlich geltend gemacht werden. Für die Geltendmachung dieser Ansprüche gelten die §§ 7k, 7n und 7o Behinderteneinstellungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1970.“ 3. In § 22 wird der Begriff „Arbeitnehmerinnen“ durch den Begriff „Arbeitnehmer/innen“ ersetzt. 4. Nach § 29 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt: „(4) Ansprüche nach § 26, die neben einem in diesem Bundesgesetz erfassten Diskriminierungsgrund auch auf den Diskriminierungs675
Anhang I grund der Behinderung gestützt werden, können nur nach vorheriger Durchführung eines Schlichtungsverfahrens beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen gerichtlich geltend gemacht werden. Für die Geltendmachung dieser Ansprüche gelten die §§ 7k, 7n und 7o Behinderteneinstellungsgesetz, BGBl. Nr. 22/ 1970.“ 5. Nach § 35 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt: „(4) Ansprüche nach Abs. 1 oder 2, die sowohl auf den Diskriminierungsgrund der ethnischen Zugehörigkeit als auch auf den Diskriminierungsgrund der Behinderung gestützt werden, können nur nach vorheriger Durchführung eines Schlichtungsverfahrens beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen gerichtlich geltend gemacht werden. Für die Geltendmachung dieser Ansprüche gelten die §§ 10 und 11 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz.“ 6. In § 41 wird die Wortfolge „Bestimmungen des III. Teiles“ durch die Wortfolge „Bestimmungen des IV. Teiles“ ersetzt. Z 7. bis Z 10. betreffen hier nicht abgedruckte Bestimmungen. 11. Nach § 63 Abs. 2 wird folgender Abs. 3 angefügt: „(3) §§ 12 Abs. 12, 22, 26 Abs. 12, 35 Abs. 3, 41, 44 Abs. 1 und 2, 48, 49 Abs. 3, 51 Abs. 9 sowie 58 treten mit 1. Juli 2004 in Kraft, §§ 15 Abs. 4, 29 Abs. 4 sowie 35 Abs. 4 treten mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Die Ausführungsgesetze zu §§ 41, 44 Abs. 1 und 2, 48, 49 Abs. 3, 51 Abs. 9 und 58 sind binnen sechs Monaten ab dem der Kundmachung folgenden Tag zu erlassen.“ Artikel 6 Änderung des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft Das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft, BGBl. Nr. 108/1979, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 66/2004, wird wie folgt geändert: 1. Nach § 1 Abs. 4 wird folgender Abs. 5 angefügt: „(5) Wird in einem an die Gleichbehandlungskommission gerichteten Antrag oder Verlangen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes ausschließlich oder auch wegen einer Diskriminie676
Anhang I rung auf Grund einer Behinderung geltend gemacht, so ist die Gleichbehandlungskommission nicht zuständig und hat die Behandlung dieses Antrags oder dieses Verlangens mangels Zuständigkeit abzulehnen. In der Ablehnung ist auf die Zuständigkeit des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen für die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nach den Bestimmungen des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes oder des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, und die damit verbundene Klagshemmung ausdrücklich hinzuweisen.“ 2. In § 5 Abs. 1 wird der Ausdruck „Teil I, 2. Abschnitt GlBG“ durch den Ausdruck „Teil II GlBG“ ersetzt. 3. In § 6 Abs. 1 wird der Ausdruck „Teil II, 1. Abschnitt GlBG“ durch den Ausdruck „Teil III, 1. Abschnitt GlBG“ ersetzt. 4. In § 10 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt: „Die Höhe des Kostenersatzes bestimmt sich nach den für Zeugen/ Zeuginnen geltenden Bestimmungen des Gebührenanspruchgesetzes 1975. Die Geltendmachung des Kostenersatzes ist von Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben befreit.“ 5. § 16 samt Überschrift lautet: „Anwendung des AVG § 16. Auf das Verfahren vor den Senaten der Gleichbehandlungskommission sind die §§ 6 Abs. 1, 7, 13, 14 bis 16 sowie 18 bis 22, 32 und 33 sowie – nach Maßgabe der §§ 12 Abs. 12, 26 Abs. 12 und 35 Abs. 3 des Gleichbehandlungsgesetzes – §§ 45 und 46 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, anzuwenden. Für die Beiziehung von Dolmetschern und Übersetzern gelten die Bestimmungen der §§ 39a, 52 Abs. 2 bis 4, 53 sowie 53b AVG, wobei die Kosten von Amts wegen zu tragen sind.“ 6. Nach § 21 Abs. 8 wird folgender Abs. 9 angefügt: „(9) §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1, 10 Abs. 1 und § 16 treten mit 1. Juli 2004 in Kraft, § 1 Abs. 5 in tritt mit 1. Jänner 2006 in Kraft.“ Ergänzung: Auszug aus dem Behinderteneinstellungsgesetz Geltendmachung von Ansprüchen bei Gericht § 7k. (1) Ansprüche gemäß §§ 7e bis 7i können bei den ordentlichen Gerichten nur geltend gemacht werden, wenn in der Sache vorher beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Bun677
Anhang I dessozialamt) ein Schlichtungsverfahren gemäß §§ 14 ff BundesBehindertengleichstellungsgesetz (BGStG) durchgeführt wurde. Die Klage ist nur zulässig, wenn nicht längstens innerhalb von drei Monaten, im Fall einer Kündigung oder Entlassung innerhalb von einem Monat ab Einleitung des Schlichtungsverfahrens eine gütliche Einigung erzielt worden ist. Der Kläger hat der Klage eine Bestätigung des Bundessozialamts darüber anzuschließen, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte. (2) Für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche gelten folgende Fristen: 1. in Fällen nach § 7e sechs Monate ab Zugang der Ablehnung der Bewerbung oder Beförderung; 2. im Fall einer Kündigung oder Entlassung gemäß § 7f oder § 7i Abs. 2 14 Tage ab Zugang; 3. im Falle einer Belästigung gemäß § 7i Abs. 1 sechs Monate; 4. in Fällen nach § 7g gilt die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1486 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), in Fällen nach § 7h die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 1489 ABGB. (3) Klagen betreffend Ansprüche nach § 7h können jedenfalls auch bei dem Gericht eingebracht werden, in dessen Sprengel sich der Wohnsitz oder der gewöhnlichen Aufenthalt der betroffenen Person befindet. (4) Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens (§ 14 Abs. 2 BGStG) bewirkt die Hemmung der Fristen zur gerichtlichen Geltendmachung. Die Zustellung der Bestätigung des Bundessozialamts an die eine Diskriminierung behauptende Person, dass keine gütliche Einigung erzielt werden konnte (§ 14 Abs. 3 BGStG), beendet die Hemmung. Die Bestätigung ist auf Antrag oder, wenn nach Ablauf der Frist gemäß Abs. 1 eine Einigung nicht mehr zu erwarten ist, amtswegig auszustellen. (5) Nach Zustellung der Bestätigung steht der betroffenen Person im Fall einer Kündigung oder Entlassung zur Erhebung der Klage jedenfalls noch eine Frist von 14 Tagen, in allen anderen Fällen zumindest noch eine Frist von drei Monaten offen. Zuständigkeit bei Mehrfachdiskriminierung § 7o. Macht eine betroffene Person sowohl eine Verletzung des Diskriminierungsverbots des § 7b Abs. 1 nach diesem Bundesgesetz als auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots von 678
Anhang I Frauen und Männern in der Arbeitswelt bzw. des Gebots der Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004, bzw. des BundesGleichbehandlungsgesetzes, BGBl. Nr. 100/1993, geltend, so sind alle Diskriminierungstatbestände im Schlichtungsverfahren gemäß §§ 14 ff BGStG abzuhandeln und können bei den ordentlichen Gerichten nur gemäß § 7k oder bei Behörden nur gemäß §§ 7l oder 7n geltend gemacht werden. Kommentar: Art 5 Z 1 betrifft die Regelung zur Beweislast in § 12 und den 1 Parallelbestimmungen. Die bisherige Fassung „wahrscheinlich“ bereitete große Probleme, weil sie schon im nationalen Recht wenig Sinn ergab. Der Kommentar hat die Änderung bereits – als geplante – verarbeitet; vgl § 5 Rz 78 ff und § 12 Rz 56 ff. Bemerkenswert ist, dass diese Änderungen rückwirkend in Kraft gesetzt werden (Art 5 Z 11). Der Gesetzgeber gibt damit zu erkennen, dass die bisherige Formulierung von Anfang an verfehlt war. Art 5 Z 2, 4 und 5 betreffen die Klagemöglichkeiten. Wird der 2 Anspruch nicht nur auf Diskriminierung aufgrund eines im GlBG genannten missbilligten Kriterium, sondern auch auf Diskriminierung aufgrund Behinderung gestützt, so können auch die auf das GlBG gestützten Ansprüche erst nach Durchführung des im BGStG vorgesehenen Schlichtungsverfahrens geltend gemacht werden. Das GlBG verweist dafür ausdrücklich (und leider) auch auf die §§ 7 k und 7o des Behinderteneinstellungsgesetzes. Die Klagemöglichkeiten nach dem GlBG werden damit effektiv beschränkt. Wird das Erfordernis des Schlichtungsverfahrens nach BGStG nämlich nicht erfüllt, so führt § 7k Abs 1 S 2 BEinstG zur Unzulässigkeit des Rechtswegs. Aus dem (eher unglücklich formulierten) § 7k Abs 1 S 2 lässt sich aber auch ableiten, dass die Klage jedenfalls nach dem Ablauf von drei Monaten (im Fall einer Kündigung oder Entlassung von einem Monat) ab Einleitung des Schlichtungsverfahrens zulässig ist, falls bis dahin keine gütliche Einigung erzielt worden ist. Würde man dieses Schlichtungsverfahren hingegen wie eine vertraglich vereinbarte Schlichtungsklausel behandeln (dazu Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht Rz 958/1), so begründete das Fehlen des Schlichtungsverfahrens nur den Man679
Anhang I gel der (derzeitigen) Klagbarkeit, der zur Abweisung des Klagebegehrens führt – allerdings nur falls der Beklagte rechtzeitig eine (materiellrechtliche) Einwendung erhebt. Der Unterschied besteht also vor allem darin, dass nach § 7k die Klägerin auch mit Zustimmung des Beklagten die Hürde des Schlichtungsverfahrens nicht überwinden kann. Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens hemmt die Verjährung. 3 Die neue prozessuale Hürde kann zu einer Fülle von praktischen Problemen führen. So ist schon fraglich, wann der Anspruch auch auf Behinderung gestützt wird, weil der Begriff der Behinderung sehr weit ist. § 15 Abs 4 und die Parallelbestimmungen werden aber nur eingreifen, wenn die Ansprüche ausdrücklich auch auf Diskriminierung wegen Behinderung gestützt werden, und nicht schon wenn die Klage Sachverhaltselemente vorträgt, welche auch für eine Diskriminierung wegen Behinderung in Betracht kämen. Probleme können auch auftreten, wenn die Klägerin sich erst im Laufe eines auf das GlBG gestützten Verfahrens auch auf eine Diskriminierung aufgrund Behinderung berufen möchte. Das muss wohl zulässig sein, allerdings wird man dann das Verfahren unterbrechen müssen, wobei das Schlichtungsverfahren allfällige Fristen so wie ein vor Klageerhebung eingeleitetes Schlichtungsverfahren hemmt.
680
Anhang II Diskriminierungsverbote für Menschen mit Behinderung 1. Allgemeines Im Juli 2005 hat das österreichische Parlament ein Bundesgesetz erlassen (BGBl I 82/2005), mit dem die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen geregelt wird (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG). Gleichzeitig wurden das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Bundessozialamtsgesetz, das Gleichbehandlungsgesetz, das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft sowie das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz geändert. Diese gesetzgeberischen Maßnahmen gründen sich auf europarechtlichen Umsetzungsbedarf: Aufbauend auf insb Art 13 EGV, der unter anderen Gründen auch Vorkehrungen vorsieht, um Diskriminierungen wegen einer Behinderung zu vermeiden, verpflichtet die sog Rahmenrichtlinie 2000/78/EG (RL des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf) zu angemessenen Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung, um die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf Menschen mit Behinderung zu gewährleisten. Die RL gilt an sich nur für Beschäftigung und Beruf (vgl Art 1 bzw 3 RL 2000/78/EG). Das bedeutet gem Art 5, dass der Arbeitgeber die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat, um behinderten Menschen den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung eines Berufes, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen. Die RL ordnet allerdings dann eine Ausnahme an, wenn derartige Maßnahmen den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasteten. Keinesfalls als unverhältnismäßig belastend sind Maßnahmen allerdings dann, wenn sie durch geltende Maß681
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nahmen – offenbar im Sinne von Rechtsvorschriften – im Rahmen der Behindertenpolitik eines Mitgliedsstaates ausreichend kompensiert werden (Art 5 letzter Satz der RL). Die Europäische Union weitet somit den in mehreren Rechtsakten der Gemeinschaft festverankerten Grundsatz der Gleichbehandlung auch auf Behinderte aus (zum Folgenden vgl Brodil, Differenzierung nach Behinderungen, in Tomandl/Schrammel (Hrsg), Arbeitsrechtliche Diskriminerungsverbote (2005) 63 ff). Die grundlegenden Erwägungen liegen etwa im Ansatz, dass die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und der Schutz vor Diskriminierung ein allgemeines Menschenrecht ist (vgl den 4. Erwägungsgrund der RL 2000/78/EG). Auch in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte wird anerkannt, dass die Bekämpfung jeder Art von Diskriminierung und geeignete Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Eingliederung älterer und behinderter Menschen als wichtig anzusehen sind (6. Erwägungsgrund der RL 2000/78/EG). Ausdrücklich verweist der 11. Erwägungsgrund der RL darauf, dass Diskriminierungen – unter anderem wegen einer Behinderung – die Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren, insbesondere die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus. Ebenso ausdrücklich wird auf die wichtige Rolle der angeordneten Maßnahmen bei der Bekämpfung von Diskriminierungen wegen einer Behinderung hingewiesen (vgl den 16. bzw 20. Erwägungsgrund der RL 2000/78/EG). Den Bedürfnissen von behinderten Menschen am Arbeitsplatz soll so Rechnung getragen werden. Erfasst sind dabei entsprechende geeignete Maßnahmen – wobei der europäische Normsetzer darunter wirksame und praktikable Maßnahmen verstehen möchte –, um den Arbeitsplatz der Behinderung entsprechend einzurichten. Dazu gehört etwa auch eine entsprechende Gestaltung der Räumlichkeiten oder eine Anpassung des Arbeitsgerätes. Im Übrigen folgt die RL 2000/78/EG den „bewährten“ Grundstrukturen. Sie verwendet die bereits bekannten Begriffe der mittelbaren und unmittelbaren Diskriminierung (vgl Art 2) sowie den Begriff der Belästigung. Auch das System der möglichen sachlichen Rechtfertigung folgt den bekannten Strukturen (vgl Art 2 Abs 2 lit i, ii). Weiters sind Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme aus ihrem Geltungsbereich ausgenommen (Art 3 Abs 3 der RL). Zudem können die Arbeitsbedingungen bei Streitkräften – sowie auch die Bereiche Polizei, Strafvollzug ua (siehe den 18. Erwägungsgrund der RL 2000/78/EG) – aus der Gleichbehandlungs682
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pflicht für Behinderte bzw im Hinblick auf das Alter ausgenommen werden (vgl Art 3 Abs 4 der RL). 2. Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG Ziel des „allgemeinen“ BGStG ist die Beseitigung der Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen (vgl die Zielbestimmung des § 1). Ebenso sollen die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft gewährleistet und eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht werden. Über den an sich aus europäischem Kontext vorgesehenen Geltungsbereich hinaus gewährt das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) einen „allgemeinen“ Diskriminierungsschutz für Menschen mit Behinderungen (vgl den 18. Erwägungsgrund der RL 2000/78/EG). Wesentliche Absicht des Gesetzgebers ist, die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen zu fördern (vgl den 18. Erwägungsgrund der RL 2000/ 78/EG sowie Art 7 Abs 1 B-VG). Abseits von hier nicht näher dargelegten speziellen Geltungsbereichen erfasst das BGStG primär Rechtsverhältnisse einschließlich deren Anbahnung und Begründung sowie die Inanspruchnahme oder Geltendmachung von Leistungen außerhalb eines Rechtsverhältnisses, soweit es jeweils um den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen geht, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, und die unmittelbare Regelungskompetenz des Bundes gegeben ist (vgl § 2 Abs 2 BGStG). Ausgenommen ist allerdings der Schutz vor Diskriminierung in der Arbeitswelt, dessen Regelung dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) vorbehalten bleibt (dazu unten eingehend 3.). Der Behinderungsbegriff enstpricht jenem des ebenso novellierten § 3 BehEinstG (dazu eingehend unten 3.). Zentrale Regelungen umfassen Verbote unmittelbarer oder mittelbarer Diskriminierungen (§ 4 BGStG), die (auch) den technischen Zugang bzw dessen Erschwerung für Menschen mit Behinderungen betreffen („Barrierefreiheit“). Begrenzt ist der Diskriminierungsbegriff iZm Menschen mit Behinderungen allerdings durch die Verhältnismäßigkeit. Gem § 6 Abs 1 BGStG liegt nämlich eine mittelbare Diskriminierung im Sinne von § 5 Abs 2 nicht vor, wenn die Beseitigung von Bedingungen, die eine Benachteiligung begründen, insbesondere von Barrieren, rechtswidrig oder wegen unverhältnismäßiger Belastungen unzumutbar wäre. 683
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Auch das BGStG sieht der „allgemeinen“ Gleichbehandlung nachgebildete Rechtsfolgen bei Verletzung des Diskriminierungsverbots vor (vgl die §§ 9 ff BGStG). Für die Durchsetzung von Ansprüchen nach dem BGStG ist die Schlichtungsstelle zuständig (dazu Rebhahn, Anhang I #####; vgl auch die Zuständigkeitsregel bei Mehrfachdiskriminierung in § 11 BGStG). Auf Näheres wird hier nicht weiter eingegangen. 3. Änderungen der Behinderteneinstellung im BEinstG 3.1. Allgemeines Im Bereich der Arbeitswelt wird mit der vorliegenden Neuregelung das bestehende Behindertenrecht (BEinstG BGBl 22/1970 idF BGBl I 71/2003) grundsätzlich unverändert bleiben. Allerdings werden die europarechtlichen Diskriminierungsverbote durch eine umfangreiche Neureglung in den §§ 7 bis § 7r Behinderteneinstellungsgesetz ersetzt werden. § 7 enthielt bis jetzt lediglich das Verbot, einem behinderten Arbeitnehmer aus dem Grunde der Behinderung das Entgelt zu mindern. Daneben sah bereits § 6 Abs 1 BeinstG einen „milden“ Diskriminierungsschutz vor, als etwa auf Behinderte nach Art der Beschäftigung oder der Betriebsstätte Rücksicht zu nehmen war. Gleichzeitig wird nunmehr in § 6 Abs 1a ein allgemeines Beseitigungsgebot für Hindernisse geschaffen, auf das gleich einzugehen sein wird. Im Folgenden werden die wesentlichsten Bestimmungen der Neuregelung dargestellt. 3.2. Ausgewählte Bestimmungen des BEinstG „Begünstigte Behinderte“ „§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.“ Die nunmehr beschlossene Regelung unterscheidet sich von der ursprünglich vorgesehenen (dazu instruktiv Brodil, in Tomandl/ Schrammel, Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote 63 ff). Die österreichische Definition beruht weiterhin auf einem materiell „krankenversicherungssystematischen“ Ansatz, schließt aber nun684
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mehr auch Sinnesbehinderungen ein (vgl dazu die 836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 12). Im Rahmen einer materiellen Betrachtung des Begriffes der Behinderung ist nunmehr auch darauf abzustellen, ob die Teilhabe dieser Person am Arbeitsleben erschwert ist. Dieses Verständnis von Behinderung beruht auf Ansätzen der europäischen Kommission selbst (vgl Helios II – Europäischer Leitfaden für empfehlenswerte Praktiken – auf dem Weg zur Chancengleichheit für behinderte Menschen; vgl auch Sturm, Der europarechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und dessen Umsetzung im österreichischen Arbeitsrecht, Diss. Wien 2003, 171 bei FN 536; siehe auch Steinmeyer, in Council of Europe Publishing (Hrsg), Legislation to counter discrimination against persons with disabilities2 (2003). Ähnliche Ansätze finden sich auch in Definitionen der Weltgesundheitsorganisation WHO (vgl Steinmeyer, in Council of Europe Publishing [Hrsg], Legislation to counter discrimination against persons with disabilities2 23). Inhaltlich Ähnlichkeiten finden sich auch in der Regelung des § 2 Abs 1 des deutschen SGB IX (vgl dazu ausführlich Mrozynski, SGB IX Teil 1 [2002] § 2 Rz 1 ff; siehe auch Rolfs, ErfK 580 SGB IX §§ 68, 69 Rz 1). Die Erfassungsproblematik im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Behinderung ist äußerst komplex. Die hochgradige Unbestimmtheit und Abgrenzungsfragen zum Krankheitsbegriff stehen dabei im Vordergrund. Die Behinderung und ihre Bewältigung im sozialen Kontext wird im wesentlichen durch die Trias „impairment – activity – participation“ vorgegeben (Mrozynski, SGB IX Teil 1 § 2 Rz 1 ff). Mit impairment (Schaden) wird der Verlust oder die Veränderung der Körperstruktur bzw einer physischen oder psychischen Funktion bezeichnet. Der Begriff activity steht für die Art und das Ausmaß der (Einschränkung der) Funktionsfähigkeit einer konkreten Person, die für einen Menschen als normal angesehen wird. Participation ist schließlich die Art und Ausmaß der Beteiligung einer Person an verschiedenen Lebensbereichen. Somit muss aus einem Gesundheitsschaden eine funktionelle Beenträchtigung resultieren, die in Teilhabe-Defizite in einem oder mehreren Lebensbereichen mündet (Rolfs, ErfK 580 SGB IX §§ 68, 69 Rz 1). Als Beispiel sei eine gehbehinderte Person (bspw mit einer Versteifung eines Kniegelenks) erwähnt. Impairment ist vorhanden. Die Fähigkeitsstörung (activity) liegt in einer Einschränkung beim Treppensteigen. Ist diese Beschränkung dauerhaft gegeben, wird 685
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zumeist auch die Teilhabe (participation) beeinträchtigt sein, sodass von Behinderung ausgegangen werden muss (Mrozynski, SGB IX Teil 1 § 2 Rz 5). In anderen Fällen kann trotz Vorliegens einer Funktionsstörung keine Behinderung vorliegen, weil im konkreten Zusammenhang keine Beschränkung der participation besteht. Der Begriff der Behinderung ist demnach als Typusbegriff zu erfassen. Im konkreten Fall müssen nicht immer alle Elemente ausgeprägt sein. Welche Elemente gegeben sein müssen, hängt daher davon ab, in welchem konkreten Sachbereich der Begriff „Behinderung“ relevant ist. Bewirbt sich etwa der erwähnte Gehbehinderte als Feinmechaniker, mag er bei der Berufsausübung im Kern, somit bei der eigentlichen Leistungserbringung nicht als behindert angesehen werden. Seine Teilhabe ist aber im Zusammenhang mit dem Zugang zur Arbeitsstätte wohl beschränkt, wodurch Behinderung gegeben ist. Ist demgegenüber eine Person etwa lernbehindert, hängt es ebenfalls vom jeweiligen Sachzusammenhang ab, ob deren Teilhabe beeinträchtigt ist. Im Bereich des Zugangs zu arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen durch die Teilnahme an Schulungen liegt wohl Behinderung vor (so etwa Mrozynski, SGB IX Teil 1 § 2 Rz 33 mwN). Für die Bewerbung als Arbeiter für einfache manuelle Tätigkeiten wird dies zu verneinen sein. Im Zweifel ist im Bereich des Arbeitsrechts wohl ein weiteres Verständnis der Behinderung anzunehmen (Brodil, in Tomandl/Schrammel, Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote 63 ff). Der Gesetzesbegriff des begünstigten Behinderten gem § 2 BEinstG bleibt allerdings unverändert. Die „neuen“ Diskriminierungsverbote gelten somit für sämtliche Formen von Behinderungen (auch in minimalem Ausmaß). Demgegenüber gilt das „klassische“ Regime der Behinderteneinstellung weiterhin nur für Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50%. Dies gilt etwa für die speziellen Fördermaßnahmen des § 6 auf Grund des eindeutigen und durch die Novelle nicht geänderten Gesetzesinhaltes (dazu auch Brodil, in Tomandl/Schrammel, Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote 63 ff). „Angemessene Vorkehrungen und Förderungsmaßnahmen“ „§ 6. (1a) Dienstgeber haben die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung eines Berufes, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und 686
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Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Dienstgeber unverhältnismäßig belasten. Diese Belastung ist nicht unverhältnismäßig, wenn sie durch Förderungsmaßnahmen nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften ausreichend kompensiert werden kann.“ Die Regelung des § 6 Abs 1a BEinstG enthält offenbar eine generelle Verpflichtung für den Dienstgeber zur Beseitigung bzw Vermeidung von Zugangshindernissen für Menschen mit Behinderungen. Das Verhältnis zur § 7c Abs 4 ff BEinstG ist aber völlig offen (dazu unten eingehend zu § 7c Abs 4 ff; vgl bereits Brodil, Invalidi v avstrijskem pravnem redu [Menschen mit Behinderungen in der österreichischen Rechtsordnung; zweisprachig], in Nacionalni informativni dnevi 2005 – Nediskriminacija in enake pravice invalidov v zakonodaij [National Information Days – Non-discrimination and equal rights in legislation for persons with disabilities, Slovenija 2005] 69 ff 151 f; Schindler, Zur Umsetzung des EURechts in Österreich – Teil 2: Überblick über die RL, deren Umsetzung bevorsteht, insb die Antidiskriminierungs-RL, DRdA 2003, 523 [530]). „Diskriminierungsverbot“ „§ 7b. (1) Auf Grund einer Behinderung darf im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis gemäß § 7a Abs. 1 Z 1, Abs. 2 und 4 sowie in der sonstigen Arbeitswelt im Sinne des § 7a Abs. 1 Z 2 bis 4 niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht 1. bei der Begründung des Dienstverhältnisses, 2. bei der Festsetzung des Entgelts, 3. bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen, 4. bei Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung und Umschulung, 5. beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen), 6. bei den sonstigen Arbeitsbedingungen, 7. bei der Beendigung des Dienstverhältnisses, 8. beim Zugang zur Berufsberatung, Berufsausbildung, beruflichen Weiterbildung und Umschulung außerhalb eines Dienstverhältnisses, 9. bei der Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitnehmeroder Arbeitgeberorganisation oder einer Organisation, deren Mit687
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glieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Organisationen, 10. bei den Bedingungen für den Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit. (2) Betriebliche Einstufungsregelungen und Normen der kollektiven Rechtsgestaltung dürfen bei der Regelung der Entlohnungskriterien keine Kriterien vorschreiben, die zu einer Diskriminierung auf Grund einer Behinderung führen. (3) Bei der Einreihung von Verwendungen und Arbeitsplätzen der öffentlichen Verwaltung in für den Monatsbezug oder das Monatsentgelt bedeutsame Kategorien, wie Besoldungs-, Verwendungs- und Funktionsgruppen oder Dienstklassen, sind keine Kriterien für die Beurteilung der Tätigkeit zu verwenden, die zu einer Diskriminierung auf Grund einer Behinderung führen. (4) Auf den Behinderungsbegriff der Abs. 1 bis 3 ist § 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass ein festgestellter Grad der Behinderung nicht erforderlich ist. (5) Die Bestimmungen des Abs. 1 und der §§ 7c bis 7q dieses Bundesgesetzes sind auch auf jeden Elternteil anzuwenden, der auf Grund der Behinderung eines Kindes (Stief-, Wahl-, Pflegekindes) diskriminiert wird, dessen behinderungsbedingt erforderliche Betreuung er wahrnimmt. Sie sind weiters auf Angehörige anzuwenden, die auf Grund der Behinderung einer Person diskriminiert werden, deren behinderungsbedingt erforderliche Betreuung sie überwiegend wahrnehmen. Als Angehörige gelten Ehe- und Lebenspartner, Geschwister sowie Verwandte in gerader Linie mit Ausnahme der Eltern. Im Falle der Belästigung gemäß § 7d sind die Bestimmungen des Abs. 1 und der §§ 7c und 7e bis 7q auf Verwandte in gerader Linie, Geschwister sowie Ehe- und Lebenspartner von Menschen mit Behinderungen anzuwenden. (6) Jede Verletzung des Diskriminierungsverbots des Abs. 1 durch einen Bediensteten des Bundes verletzt die Verpflichtungen, die sich aus dem Dienstverhältnis ergeben, und ist nach den dienstund disziplinarrechtlichen Vorschriften zu verfolgen.“ Der Antidiskriminierungstatbestand des § 7b orientiert sich systematisch an den geschlechtlichen Diskriminierungsverboten (dazu eingehend Rebhahn, Zu § 3 und § 5 GlBG). Er entspricht im Wesentlichen dem Wortlaut der europarechtlichen Vorgabe (vgl die 836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 13). Ausdrücklich erwähnen die Materialien (836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 13), dass eine 688
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mittelbare Diskriminierung auch durch Merkmale gestalteter Lebensbereiche (Barrieren; vgl Z 6) gegeben sein kann. Abs 2 der Regelung verbietet diskriminierende Regelungen in Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen (836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 14). Dies entspricht dem grundsätzlichen Sachlichkeitsgebot für kollektive Rechtsquellen (vgl etwa Brodil/ Risak/Wolf, Arbeitsrecht in Grundzügen3 (2005) Rz 157 ff mwN). Völlig offen ist, ob etwa Kollektivverträge wegen verminderter Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen auch niedrigere Löhne – sachlich gerechtfertigt – vorsehen dürfen. In gesamtheitlicher teleologischer Betrachtung erscheint dies zweifelhaft. Gem Abs 4 ist iZm mit einer Diskriminierung wegen Behinderung eine Feststellung des Grades der Behinderung gem § 14 BEinstG durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Bundessozialamt) nicht notwendig. Dies verdeutlicht die Zweiteilung des Rechtsbereiches, als für die Antidiskriminierung auch geringfügigste Behinderungen relevant sind (dazu unten sogleich zu § 7c). Abs 5 weitet das Diskriminierungsverbot auch auf Angehörige von Menschen mit Behinderungen aus (vgl die 836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 14). Dies soll die Benachteiligung etwa von Müttern oder Vätern vermeiden. Denkbar ist bspw jene Konstellation, dass Eltern von Kindern mit Behinderung wegen des erhöhten Freistellungs- oder Pflegebedarfes bei Beförderungen übergangen werden. In Abs 6 ist eine deklarative Regelung zu erblicken, die Verstöße gegen dieses Gesetz zu Verstößen gegen (öffentlich-)dienstrechtliche Regelungen macht. Auf Grund der Bestimmungen über den Geltungsbereich erscheint die Regelung entbehrlich. Dass die Nichtbeachtung vorliegender Bestimmungen als arbeitsrechtliche Verstöße (etwa gegen die Fürsorgepflicht) anzusehen sind, ist selbstverständlich. „Diskriminierung“ „§ 7c. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund einer Behinderung in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. (2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sowie Merkmale gestalteter Lebensbereiche Menschen mit Behinderun689
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gen gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sowie Merkmale gestalteter Lebensbereiche sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich. (3) Bei Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das im Zusammenhang mit einer Behinderung steht, liegt dann keine Diskriminierung vor, wenn das betreffende Merkmal auf Grund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt, und sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. (4) Eine mittelbare Diskriminierung im Sinne von Abs. 2 liegt nicht vor, wenn die Beseitigung von Bedingungen, die eine Benachteiligung begründen, insbesondere von Barrieren, rechtswidrig oder wegen unverhältnismäßiger Belastungen unzumutbar wäre. (5) Bei der Prüfung, ob Belastungen unverhältnismäßig sind, sind insbesondere zu berücksichtigen: 1. der mit der Beseitigung der die Benachteiligung begründenden Bedingungen verbundene Aufwand, 2. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dienstgebers oder in Fällen des § 7b Abs. 1 Z 8 bis 10 des jeweiligen Rechtsträgers, 3. Förderungen aus öffentlichen Mitteln für die entsprechenden Maßnahmen, 4. die zwischen dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes und der behaupteten Diskriminierung vergangene Zeit. (6) Erweist sich die Beseitigung von Bedingungen, die eine Benachteiligung begründen, als unverhältnismäßige Belastung im Sinne des Abs. 4, liegt dann eine Diskriminierung vor, wenn verabsäumt wurde, durch zumutbare Maßnahmen zumindest eine maßgebliche Verbesserung der Situation des Betroffenen im Sinne einer größtmöglichen Annäherung an eine Gleichbehandlung zu bewirken. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit ist Abs. 5 heranzuziehen. (7) Bei der Beurteilung des Vorliegens einer mittelbaren Diskriminierung durch Barrieren ist auch zu prüfen, ob einschlägige auf den gegenständlichen Fall anwendbare Rechtsvorschriften zur Barrierefreiheit vorliegen und ob und inwieweit diese eingehalten wurden. Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, 690
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ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. (8) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung aus dem Grund einer Behinderung vor. (9) Spezifische Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung im Berufsleben, mit denen Benachteiligungen wegen einer Behinderung verhindert oder ausgeglichen werden, gelten nicht als Diskriminierung im Sinne dieses Bundesgesetzes.“ § 7c stellt die zentrale Regelung der Antidiskriminierung für Menschen mit Behinderung dar. Liegt Behinderung vor, ist es verboten, wegen dieser Behinderung mittelbar oder unmittelbar zu diskriminieren, zu belästigen oder zur Diskriminierung anzuweisen (zur grundlegenden Systematik Rebhahn und Posch, Zu den §§ 5 ff GlBG). Nach allgemeinen Kriterien liegt auch im Bereich der Behinderung eine Diskriminierung vor, wenn keine objektiven sachlichen Rechtfertigungsgründe vorliegen. Abs 1 und 2 entsprechen somit „bekannten Antidiskriminierungsstrukturen“. Im Hinblick auf Abs 3 ist festzuhalten, dass tatsächliche Unterschiede bei der Leistungsfähigkeit im Wesen einer Behinderung liegen. Diese Unterschiede sind jedenfalls tw Wesensmerkmal einer Behinderung. Dies unterscheidet diesen Sachbereich deutlich von der Ungleichbehandlung etwa wegen der sexuellen Orientierung oder der rassischen Herkunft. Im Hinblick auf die Struktur der Vorschriften ist der Problembereich zweizuteilen: einmal sind jene Fälle zu erörtern, wo sich die mögliche Diskriminierung nicht im Zusammenhang mit Zugangsbeschränkungen im technischen Sinne ergibt. In diesen Fällen kann die Diskriminierung typischerweise durch eine Willensentscheidung bzw autarke Dispositionen des Arbeitgebers vermieden werden (Abs 3). Die zweite Gruppe erfasst jene Fälle, wo die Teilhabebeschränkung Behinderter nur durch die Vornahme technischer Maßnahmen iwS beseitigt werden kann (im wesentlichen Abs 4 ff). Zu § 7c Abs 3: Keine Diskriminierung liegt vor, wenn ein bestimmtes Merkmal auf Grund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Rahmenbedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung darstellt. Jedenfalls muss es sich hierbei um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung – im Sinne der bewährten sachlichen Rechtfertigung – handeln. Nach den Materialien (836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 14) kann ein derartiges Merkmal nur dann 691
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als wesentliche und entscheidende berufliche Voraussetzung für eine bestimmte Position angesehen werden, wenn es sich um Kernaufgaben des Arbeitsvertrages handelt. Daher könnte ein erwartetes Image von Sportlichkeit bei einem Handelsvertreter für Sportartikel (sicher) keinen Ausschluss eines Rollstuhlfahrers für diese Position begründen. Dies steht in gewissem Widerspruch zu Judikatur des OGH bei der geschlechtlichen Diskriminierung: Die Weigerung eines Arbeitgebers, weibliche Modeverkäuferinnen im Außendienst einzusetzen, ist kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts (OGH 12.1.2000, 9 Ob A 318/99a, RdW 2000, 474 – Herrenmodeverkäufer; dazu Gerlach, Gleichbehandlung bei der Begründung des Dienstverhältnisses, RdW 2000, 610; Rauch, Zum Schadenersatz nach dem GlBG, ecolex 2000, 441). Eine Beschränkung auf Arbeitnehmer männlichen Geschlechts ist so als entsprechende sachlicher Rechtfertigung anzusehen. Zweifelsfrei liegt es nicht ausschließlich in der arbeitgeberischen Disposition, ob Diskriminierung vorliegt. Im Extremfall würden sonst stark schwitzenden oder übergewichtigen Personen – bei welchen nach dem dargelegten Verständnis von Funktionsstörung und Teilhabebeschränkung ebenfalls von Behinderung ausgegangen werden könnte – allein kraft Vorgabe etwa von Imagezielen eine Anstellung mit sachlicher Rechtfertigung verweigert werden können. Allerdings muss eine Behinderung objektiv vorliegen. ME muss abstrakt eine Feststellung irgendeines Grades der Behinderung bzw der Minderung der Erwerbsfähigkeit möglich sein (Brodil, in Tomandl/Schrammel, Arbeitsrechtliche Diskriminierungsverbote 63 ff). Nach § 14 BEinstG ist zwar nur eine MdE von mindestens 50% für die Feststellung der begünstigten Behinderteneigenschaft relevant. Im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung sowie in systematischem Zusammenhang kann aber nur eine solche Funktionsstörung zum Vorliegen einer Behinderung führen, die auch eine MdE im Sinne der Systematik des Behinderteneinstellungsgesetzes oder verwandter Regelungsbereiche herbeiführt. Dabei sind auch die bestehenden – an den Knochen- und Gliedertaxen orientierten – Richtsätze beachtlich (vgl zu den Hintergründen eingehend Ernst/Haller, Behinderteneinstellungsgesetz (2005) § 14 mwN). Körperliche Eigenschaften, die nach diesen Kriterien zu keiner MdE führen, können daher niemals Ansatzpunkt für eine Diskriminierung sein. Arbeitgeberische Differenzierungen in diesem Bereich unterliegen somit keiner Inhaltskontrolle. 692
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Zum anderen ist das Diskriminierungsverbot teleologisch auszulegen. Ansatzpunkt sind die verwendeten Begriffe „entscheidende berufliche Voraussetzung“ sowie der europarechtliche Telos. Mit den Materialien werden Differenzierungskriterien nach körperlichen Merkmalen wohl tatsächlich nur im Bereich der Kernaufgaben des Arbeitsvertrages zulässig sein – somit muss der Ausnahmebestimmung des § 7b Abs 3 ein enges Verständnis unterlegt werden (So auch der deutsche Ansatz, vgl Rolfs, ErfK 580 SGB IX § 81 Rz 7). Die Ungleichbehandlung darf also nicht ausschließlich wegen der Behinderung erfolgen. Ungleichbehandlung aufgrund allgemeiner, nicht spezifisch tätigkeitsbezogener Erwägung sind damit ausgeschlossen. Mit zunehmendem Grad der Behinderung wird somit Ungleichbehandlung eher sachlich gerechtfertigt sein. Bei schwerer Behinderung sind bestimmte körperliche Funktionen oder Fähigkeiten leichter als wesentliche und entscheidende berufliche Anforderungen darzutun und auch anzusehen. Gleichzeitig greifen sodann die besonderen Anreizsysteme – etwa der Entfall der Zahlungspflicht für die Ausgleichstaxe oder anderes. Umgekehrt: umso geringer die Behinderung, je schwieriger wird es für den Arbeitgeber, seine Differenzierung auf die in § 7c Abs 3 erwähnten wesentlichen und entscheidenden beruflichen Voraussetzungen zurückzuführen. Zu § 7c Abs 4 ff: Die Regelungen über die verpflichtende Beseitigung von Benachteiligungen für Behinderte schaffen ein Fülle von schwierigen Abgrenzungsfragen. Die europarechtlichen Vorgaben verpflichten nämlich den Arbeitgeber, ihm zumutbare, geeignete und im konkreten Fall erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um behinderten Menschen den Zugang zur Beschäftigung und der Ausübung des Berufes zu ermöglichen. Hier spielt weniger eine singuläre willentliche Entscheidung des Arbeitgebers als die technische Beseitigung von Barrieren eine Rolle. Dabei ist festzuhalten, dass ein insofern „neuer“ Bereich von Gleichbehandlung vorliegt, als dem Arbeitgeber nicht nur Unterlassungspflichten, sondern echte Handlungspflichten auferlegt werden (Verfassungsrechtliche Erwägungen im Hinblick auf den damit implicite geschaffenen Eigentumseingriff finden sich in der Genese der Regelungen überhaupt keine; krit dazu etwa Winkler, Die neuen europäischen Gleichbehandlungsregeln, ZAS 2004, 52 (57). Zunächst ist auf die Bestimmung des § 6 Abs 1a hinzuweisen. Dieser sieht ebenso wie § 7c Abs 4 und 5 eine Verpflichtung vor, 693
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Zugangsbehinderungen zu verhindern bzw zu beseitigen. Interessanterweise ordnet § 6 Abs 1a offenbar eine grundsätzlich bestehende Verpflichtung zur behindertengerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen iwS an, wobei der Aufwand durch Förderungsmaßnahmen gedeckelt zu sein scheint. Demgegenüber spricht § 7c Abs 4 (bzw 5) nur von der Beseitigung von Behinderungen, wobei Fördermaßnahmen und Zuschüsse bei der Zumutbarkeit nur „zu berücksichtigen“sind (das Folgende in Anlehnung an Brodil, Invalidi v avstrijskem pravnem redu (Menschen mit Behinderungen in der österreichischen Rechtsordnung; zweisprachig), in Nacionalni informativni dnevi 2005 – Nediskriminacija in enake pravice invalidov v zakonodaij (National Information Days – Non-discrimination and equal rights in legislation for persons with disabilities, Slovenija 2005). Dabei ist schon der Begriff einer Beseitigungspflicht unscharf. Es ist nämlich völlig offen, wann und in welchem Ausmaß diese Handlungspflichten bestehen. Dass Arbeitgeber insb den Zugang zu Arbeitsstätten vorausschauend barrierefrei zu gestalten hätten, soweit dies nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (so Schindler, DRdA 2003, 523 (530), erscheint überschiessend. Daher ist bei Neuerrichtungen oder Umbauten die generelle Zugänglichkeit für RollstuhlfahrerInnen, die Anbringung taktiler Leitlinien für Blinde uam nicht zu gewährleisten. Die europarechtlichen Vorgaben und die geplante innerstaatliche Umsetzung stehen im natürlichen Spannungsfeld mit dem ebenfalls europa- und jedenfalls verfassungsgesetzlich geschützten Eigentumsrecht (etwa Art 5 StGG, Art 1 1. ZP-EMRK; dazu vgl etwa Öhlinger, Verfassungsrecht5 (2003) 375 ff mwN). Daher ist die Vornahme einer Abwägung zwischen den Anliegen der Behinderten und den Interessen der Arbeitgeber zwingend vorzunehmen (Rolfs, ErfK 580 SGB IX § 81 Rz 16). Ohne Konkretisierung der Gleichbehandlungspflicht – etwa durch Bewerbung oder Vermittlung eines Behinderten – ist der Arbeitgeber daher nicht prophylaktisch verpflichtet, seine Arbeitsstätten in jeder oder maximal möglicher Hinsicht behindertengerecht auszugestalten. Eine solche generelle Pflicht mag – etwa nach BGstG – für öffentlich zugängliche Kundenräumlichkeiten sinnvoll sein. Für bloß Arbeitnehmern zugängliche Betriebsbereiche ist diese Verpflichtung allerdings nicht anzunehmen. Letztlich bleibt auch völlig offen, in welchem Ausmaß oder welcher Qualität behindertengerechte Gestaltung irgendwann einmal notwendig sein wird. 694
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Zwar spricht § 6 Abs 1a von einer offenbar „allgemeinen“ Verpflichtung, nennt aber gleichzeitig nur den „konkreten Fall“. Daher ist ein ausgewogener Ansatz vorzuziehen, wonach ein Arbeitgeber bei der Neuerrichtung bzw dem Umbau einer Arbeitsstätte verpflichtet ist, eine behindertengerechte Gestaltung vorzunehmen soweit Förderungen bestehen. § 7c Abs 4 und 5 spricht demgegenüber die Beseitigung der die Benachteiligung von Behinderten begründenden Bedingungen an. Sie kann dann unterbleiben, wenn sie zu unverhältnismäßigen Belastungen führen würde. Bei der Feststellung ist daher auf den entsprechenden Aufwand und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers abzustellen. Unzumutbarkeit kann sich jedenfalls auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens gründen (vgl Abs 5 Z 1 und 2; siehe auch Rolfs, ErfK 580 SGB IX § 81 Rz 16), die wohl ein maßgebliches Kriterium darstellt. Nach den Erläuterungen zu § 7c wäre der Einbau eines Aufzugs in ein Haus unzumutbar, in dem der Arbeitgeber in einem höheren Stockwerk eine Arbeitsstätte mit weniger als 5 Mitarbeitern betreibt. Das Beispiel lässt viele Fragen offen. Jedenfalls ist aber neben der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch auf die rechtliche (Un-)Möglichkeit der Beseitigung abzustellen. Dies gilt etwa für den Fall, dass der Arbeitgeber nur Mieter von Betriebsräumlichkeiten ist und der Vermieter nicht zum behindertengerechten Umbau verpflichtet werden kann (auf Rechtsfragen iZm mietrechtlichen Vorschriften sei hier nur verwiesen). Unzumutbarkeit kann aber auch vorliegen, wenn die Umgestaltung andere Arbeitsplätze gefährden oder auch andere Arbeitnehmer unzumutbar belasten würde (Rolfs, ErfK 580 SGB IX § 81 Rz 16 mwN). Ein Anspruch auf Teilzeitarbeit Behinderter ist unzumutbar, wenn der Arbeitgeber dazu Änderungen in der Arbeitsorganisation vornehmen müsste, die einen Eingriff in andere Arbeitsverträge fordern (so etwa LAG Schleswig-Holstein, LAGReport 2003, 29, zitiert nach Rolfs, ErfK 580 SGB IX § 81 Rz 16 mwN) Ebenso sind die Kosten-Nutzen-Relation sowie etwa die prospektive Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Behinderten beachtlich (Rolfs, ErfK 580 SGB IX § 81 Rz 17 mwN). Die genauen Grenzen der zumutbaren Beseitigung von Zugangshemmnissen behinderter Arbeitnehmer hängen somit von Art und Ausmaß der Behinderung sowie von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers und den sonstigen arbeitsbezogenen Umständen im Betrieb ab. 695
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Gem Abs 6 ist auch bei Vorliegen unzumutbarer bzw unverhältnismäßiger Belastungen dennoch von einer Diskriminierung auszugehen, wenn es der Arbeitgeber (oder die Organisation) verabsäumen, durch zumutbare Maßnahmen einen Zustand herzustellen, der eine maßgebliche Verbesserung der Situation vom Behinderten im Sinne einer größtmöglichen Annäherung an eine Gleichbehandlung darstellt. Damit soll ein mehrstufiges Verfahren zur Feststellung der Unzumutbarkeit eingeführt werden (vgl die 836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 14). Als Beispiel nennen die Materialien die faktische Unmöglichkeit eines behindertengerechten Umbaus einer Betriebskantine. In diesem Fall soll der Arbeitgeber nicht in die Situation versetzt werden durch bloßes Nichtstun einer Diskriminierung zu entgehen. Vielmehr wäre er verpflichtet sonstige zumutbare Maßnahmen, wie etwa ersatzweises Zurverfügungsstellen von Essensbons in zugänglichen Lokalitäten, anzubieten. Diese – sozusagen subsidiären – Pflichten unterliegen gem § 7c Abs 6 aE aber wiederum einer Zumutbarkeitskontrolle. Zuletzt ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit zudem zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit der Inanspruchnahme entsprechender Förderungen aus öffentlichen Mitteln besteht. Überdies ist der Zeitraum zwischen Inkrafttreten der Regelung und dem Zeitpunkt der (behaupteten) Diskriminierung beachtlich. Bei der prüfung der (technischen) Barrierefreiheit ist darauf abzustellen, inwieweit einschlägige bauliche und sonstige Rechtsnormen eingehalten wurden (Abs 7; erfasst sind etwa Regelungen des technischen Arbeitnehmerschutzes bzw der Arbeitsstätten-VO, vgl die 836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 15). „Belästigung“ „§ 7d. (1) Eine Diskriminierung liegt auch bei Belästigung vor. Belästigung liegt vor, wenn im Zusammenhang mit einer Behinderung unerwünschte, unangebrachte oder anstößige Verhaltensweisen gesetzt werden, die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betroffenen Person verletzt, und ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird. (2) Eine Diskriminierung liegt auch dann vor, wenn ein Dienstgeber es schuldhaft unterlässt, im Falle einer Belästigung durch Dritte eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen. 696
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(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Belästigung vor.“ Die Regelung des 7d entspricht vergleichbaren Bestimmungen des Gleichbehandlungsrechts (vgl Posch zu §§ 6, 7 GlBG). „Rechtsfolgen der Diskriminierung bei der Begründung des Dienstverhältnisses und beim beruflichen Aufstieg“ „§ 7e. (1) Ist ein Dienstverhältnis wegen Verletzung des Diskriminierungsverbots des § 7b Abs. 1 Z 1 nicht begründet worden, so ist der Dienstgeber gegenüber dem Stellenwerber zum Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. Der Ersatzanspruch beträgt 1. mindestens ein Monatsentgelt, wenn der Stellenwerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte, oder 2. bis 500 €, wenn der Dienstgeber nachweisen kann, dass der einem Stellenwerber durch die Diskriminierung entstandene Schaden allein darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner Bewerbung verweigert wurde. (2) Ist ein Dienstnehmer wegen Verletzung des Diskriminierungsverbots des § 7b Abs. 1 Z 5 nicht beruflich aufgestiegen, so ist der Dienstgeber gegenüber dem Dienstnehmer zum Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. Der Ersatzanspruch beträgt 1. wenn der Dienstnehmer bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre, die Differenz für mindestens drei Monate zwischen dem Entgelt, das der Dienstnehmer bei erfolgreichem beruflichen Aufstieg erhalten hätte, und dem tatsächlichen Entgelt, oder 2. wenn der Dienstgeber nachweisen kann, dass der dem Dienstnehmer durch die Diskriminierung entstandene Schaden allein darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner Bewerbung verweigert wurde, bis 500 €. (3) Ist ein Dienstverhältnis zum Bund wegen Verletzung des Diskriminierungsverbots des § 7b Abs. 1 Z 1 nicht begründet worden, so ist der Bund gegenüber dem Stellenwerber zum Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. Der Ersatzanspruch beträgt 1. mindestens drei Monatsbezüge des für die Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der allgemeinen Verwaltung gebüh697
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renden Betrages, wenn der Stellenwerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte, oder 2. bis zu drei Monatsbezüge des für die Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der allgemeinen Verwaltung gebührenden Betrages, wenn der Dienstgeber nachweisen kann, dass der einem Stellenwerber durch die Diskriminierung entstandene Schaden allein darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner Bewerbung verweigert wurde. (4) Ist ein Bundesbediensteter wegen Verletzung des Diskriminierungsverbots des § 7b Abs. 1 Z 5 nicht beruflich aufgestiegen, so ist der Bund gegenüber dem Bediensteten zum Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet. Der Ersatzanspruch beträgt die Entgeltdifferenz (bei Beamten Bezugsdifferenz) zwischen dem Entgelt (bei Beamten Monatsbezug), das der Bedienstete bei erfolgreichem beruflichen Aufstieg erhalten hätte, und dem tatsächlichen Entgelt (bei Beamten Monatsbezug) 1. für mindestens drei Monate, wenn der Bedienstete bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wäre, oder 2. für bis zu drei Monate, wenn der Dienstgeber nachweisen kann, dass der dem Bediensteten durch die Diskriminierung entstandene Schaden allein darin besteht, dass die Berücksichtigung seiner Bewerbung verweigert wurde.“ Die Rechtsfolgen korrespondieren grundsätzlich mit der Regelung des § 12 GleichbG (dazu eingehend Kletecˇka zu § 12 GlBG). „Rechtsfolgen der Diskriminierung im Zusammenhang mit der Beendigung eines Dienstverhältnisses“ „§ 7f. (1) Ist das Dienstverhältnis vom Dienstgeber wegen einer Behinderung des Dienstnehmers oder wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz gekündigt oder vorzeitig beendigt worden (§ 7b Abs. 1 Z 7), so kann die Kündigung oder Entlassung unter der Voraussetzung des § 7k bei Gericht angefochten werden. (2) Ist das Dienstverhältnis eines Beamten wegen einer Behinderung oder wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung von Ansprüchen nach diesem Bundesgesetz gekündigt oder vorzeitig beendigt worden, oder ist der Beamte wegen einer Behinderung amtswegig in den Ruhestand versetzt worden, so ist die Kündigung, Entlassung oder Ruhestandsversetzung auf Grund 698
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eines Antrages des betroffenen Dienstnehmers für rechtsunwirksam zu erklären. (3) Abs. 1 und 2 sind nicht anzuwenden auf Kündigungen, für die § 8 gilt.“ Kündigungen von begünstigten Behinderten (gem § 2 BEinstG) fallen weiterhin in den Zuständigkeitsbereich der Behindertenausschüsse (vgl die 836 BlgNR EBzRV XXII. GP, Seite 15). § 105 ArbVG wird durch das gesonderte Anfechtungsverfahren nicht berührt. „Zuständigkeit bei Mehrfachdiskriminierung“ „§ 7o. Macht eine betroffene Person sowohl eine Verletzung des Diskriminierungsverbots des § 7b Abs. 1 nach diesem Bundesgesetz als auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots von Frauen und Männern in der Arbeitswelt bzw. des Gebots der Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. I Nr. 66/2004, bzw. des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl. Nr. 100/1993, geltend, so sind alle Diskriminierungstatbestände im Schlichtungsverfahren gemäß §§ 14 ff BGStG abzuhandeln und können bei den ordentlichen Gerichten nur gemäß § 7k oder bei Behörden nur gemäß §§ 7l oder 7n geltend gemacht werden.“ Zum Verfahren vor der Schlichtungsstelle bzw Problemen iZm der gerichtlichen Geltendmachung und nachträglichen Relevierung einer Diskriminierung wegen Behinderung vgl Rebhahn, Anhang I. „Beweislast“ „§ 7p. Wenn sich eine betroffene Person vor Gericht auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des § 7b Abs. 1 oder eine Belästigung (§ 7d) beruft, so hat sie diesen Umstand glaubhaft zu machen. Dem Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 7b Abs. 1 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war. Bei Berufung auf § 7d sowie bei Berufung auf eine Diskriminierung, die durch Barrieren verursacht wird, obliegt es dem Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die 699
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vom Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.“ Die Beweislastregel entspricht jener des § 12 GlBG und ist als „verunglückt“ anzusehen (dazu krit Kletecˇka, § 12 Rn 56 ff; Rebhahn, § 5 Rn 74 ff). 3.3. Sonstiges Die Neuregelung der Behinderteneinstellung tritt mit 1. Jänner 2006 in Kraft. Im Bundesbehindertengesetz (BBG, BGBl 1990/283 idF BGBl I 2004/136) wird in einem Abschnitt IIb ein Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen (Behindertenanwalt) eingerichtet. Der Behindertenanwalt ist zuständig für die Beratung und Unterstützung von Personen, die sich iSd BGStG oder der §§ 7a bis 7q des BEinstG diskriminiert fühlen.
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Richtlinienverzeichnis RL 2004/113/EG – Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Amtsblatt Nr. L 373 vom 21/12/2004 S 0037–0043 RL 2002/73/EG – Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (Text von Bedeutung für den EWR). Amtsblatt Nr L 269 vom 05/10/2002 S 0015–0020 RL 2000/78/EG – Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Amtsblatt Nr L 303 vom 02/12/2000 S 0016–0022 RL 2000/43/EG – Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft. Amtsblatt Nr L 180 vom 19/07/2000 S 0022–0026 RL 98/52/EG – Richtlinie 98/52/EG des Rates vom 13. Juli 1998 zur Ausdehnung der Richtlinie 97/80/EG zur Beweislast in Fällen geschlechtsbedingter Diskriminierung auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland. Amtsblatt Nr L 205 vom 22/07/1998 S 0066–0066 RL 97/81/EG – Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP and EGB geschlossenen Rahmenvereinigung über Teilzeitarbeit – Anhang: Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit. Amtsblatt Nr L 014 vom 20/01/ 1998 S 0009–0014 RL 97/80/EG – Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Amtsblatt Nr L 014 vom 20/01/1998 S 0006–0008 701
Richtlinienverzeichnis RL 97/7/EG – Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz – Erklärung des Rates und des Parlaments zu Artikel 6 Absatz 1 – Erklärung der Kommission zu Artikel 3 Absatz 1 erster Gedankenstrich. Amtsblatt Nr L 144 vom 04/06/1997 S 0019–0027 RL 96/97 – Richtlinie 96/97/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 zur Änderung der Richtlinie 86/378/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit. Amtsblatt Nr L 046 vom 17/02/1997 S 0020–0024 RL 96/34 – Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub. Amtsblatt Nr L 145 vom 19/06/1996 S 0004–0009 RL 92/86/EG – Fünfzehnte Richtlinie 92/86/EWG der Kommission vom 21. Oktober 1992 zur Anpassung der Anhänge II, III, IV, V, VI und VII der Richtlinie 76/768/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel an den technischen Fortschritt. Amtsblatt Nr L 325 vom 11/11/1992 S 0018–0022 RL 92/85/EG – Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG). Amtsblatt Nr L 348 vom 28/11/1992 S 0001–0008 RL 86/613 – Richtlinie 86/613/EWG des Rates vom 11. Dezember 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit – auch in der Landwirtschaft – ausüben, sowie über den Mutterschutz. Amtsblatt Nr L 359 vom 19/12/1986 S 0056– 0058 RL 86/378 EWG – Richtlinie 86/378/EWG des Rates vom 24. Juli 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit. Amtsblatt Nr L 225 vom 12/08/1986 S 0040–0042 RL 79/7 – Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleich702
Richtlinienverzeichnis behandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit. Amtsblatt Nr L 006 vom 10/01/1979 S 0024–0025 RL 76/207/EWG – Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Amtsblatt Nr L 039 vom 14/02/1976 S 0040–0042 RL 75/117/EWG – Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen. Amtsblatt Nr L 045 vom 19/02/1975 S 0019–0020
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Entscheidungsverzeichnis Die Ziffer vor dem Schrägstrich verweist auf den Paragraphen, die Ziffer hinter dem Schrägstrich verweist auf die Randnummer. Ohne nähere Angabe handelt es sich um einen Paragraphen des GlBG, bei Paragraphen des GBK/GAW-G wird die Kurzbezeichnung GBKG verwendet. Europäische Gerichte Europäischer Gerichtshof EuGH 13.1.2005, C-356/05-Mayer: 3/178 EuGH 9.12.2004, C-19/02-Hlozek: 19/2 EuGH 16.12.2004, C-358/03-Komm/Österreich: 3/84 EuGH 9.12.2004, C-19/02-Hlozek: 3/93, 3/96, 3/167, 5/3 EuGH 18.11.2004, C-284/02-Sass: 1/8, 3/20, 3/138, 3/140 EuGH 12.10.2004, C 313/02-Wippel: 1/22, 3/8, 3/11, 3/88, 5/3, 5/21, 5/36, 19/2 EuGH 5.10.2004, C-397/01-Pfeiffer: 1/16 EuGH 30.9.2004, C-319/03-Briheche: 8/24 EuGH 16.9.2004, C-465/01-Kommission/Österreich: 17/16, 17/18 EuGH 8.6.2004, C-220/02-ÖGB: 3/40 EuGH 27.5.2004, C-285/02-Elsner: 3/90, 3/123 EuGH 30.4.2004, C-172/02-Bourgard: 3/185 EuGH 30.3.2004, C-147/02-Alabaster: 3/116, 3/140 EuGH 4.3.2004, C-303/02-Haackert: 3/177 EuGH 5.2.2004, C-157/02-ASFINAG: 1/18 EuGH 13.1.2004, C-256/01-Allonby: 1/13, 1/21, 1/22, 1/27, 3/15, 3/22, 3/28, 3/103, 3/104, 3/124, 5/3, 5/34 EuGH 7.1.2004, C-117/04-K.B.: 3/36 EuGH 23.10.2003, C-4/02-Schönheit: 3/170, 3/178, 5/32, 5/46, 5/51, 5/52 EuGH 12.9.2003, C-351/00-Niemi: 3/180 EuGH 11.9.2003, C-77/02-Steinicke: 3/22, 3/150 EuGH 8.5.2003, C-171/01-Wählergruppe Gemeinsam: 17/18 EuGH 20.3.2003, C-187/00-Kutz-Bauer: 1/18, 3/22, 3/32, 3/150, 5/46, 5/53 705
Entscheidungsverzeichnis EuGH 11.3.2003, C-186/01-Dory: 3/78 EuGH 27.2.2003, C-320/01-Busch: 3/69 EuGH (Plenum) 17.9.2002, C-320/00-Lawrence: 3/8, 3/15, 3/103, 3/124, 5/34 EuGH 23.4.2002, C-62/01-Campogrande/Kommission: 6, 7/14 EuGH 19.3.2002, C-476/99-Lommers: 3/94, 8/2, 8/16, 8/17, 8/ 23 EuGH 24.1.2002, C-500/99-Conserve Italia: 20/22 EuGH 13.12.2001, C-206/00-Mouflin: 3/178 EuGH 29.11.2001, C-366/99-Griesmar: 3/170, 3/176, 3/178, 8/16 EuGH 20.11.2001, C-184/99-Grzelczyk: 3/183 EuGH 18.10.2001, C-441/99-Riksskatteverket: 20/22 EuGH 9.10.2001, C-379/99-Pensionskasse/Menauer: 3/99, 3/172, 3/175, 3/186, 3/191 EuGH 4.10.2001, C-438/99-Jiménez Melgar: 3/67, 3/150 EuGH 4.10.2001, C-109/00-Tele Danmark: 3/1, 3/67, 3/157 EuGH 26.6.2001, C-381/99-Brunnhofer: 1/5, 3/8, 3/90, 3/93, 3/102, 3/106, 3/118, 3/119, 5/21, 5/46, 5/56, 5/66, 5/86 EuGH 31.5.2001, C-122/99-P: 3/8, 5/3 EuGH 31.5.2001, C-122/99 P, C-125/99 P-D und Schweden gegen Rat: 17/46 EuGH 18.4.2001, C-290/00-Duchon: 1/8 EuGH 7.12.2000, C-79/99-Schnorbus: 3/35, 3/86, 5/5 EuGH 26.9.2000, C-443/98-Unilever Italia: 15/9 EuGH 26.9.2000, C-322/98-Kachelmann: 3/165 EuGH 6.7.2000, C-407/98-Abrahamsson, DRdA 2000, 549 (mA Pirstner): 8/2, 8/17, 8/18, 12/34 EuGH 6.6.2000, C-281/98-Angonese: 17/13 EuGH 25.5.2000, C-50/99-Podesta: 3/175 EuGH 23.5.2000, C-104/98-Buchner, DRdA 2003, 296 (mA Heckenast) = DRdA 2000, 449 (mA Panhölzl): 3/177 EuGH 16.5.2000, C-78/98-Preston: 3/184, 15/2 EuGH 6.4.2000, C-226/98-Jorgensen: 1/45, 4/2 EuGH 30.3.2000, C-236/98-JämO: 3/90, 3/93, 3/94, 3/95, 3/128, 5/32, 5/38, 5/59, 5/86 EuGH 28.3.2000, C-158/97-Badeck: 8/7, 8/18, 12/34 EuGH 10.2.2000, C-270/97-Schröder: 2/20, 3/170, 3/174, 3/181, 3/184, 5/62 EuGH 10.2.2000, C-270/97-Sievers: 3/181 EuGH 3.2.2000, C-207/98-Mahlburg: 3/67, 3/69, 3/84 EuGH 11.1.2000, C-285/98-Kreil: 3/78, 5/16, 20/3 706
Entscheidungsverzeichnis EuGH 16.12.1999, C-382/98-Taylor: 1/177 EuGH 28.10.1999, C-187/98-Komm/Hellenische Republik: 5/6 EuGH 26.10.1999, C-273/97-Sirdar: 1/6, 3/77, 3/78, 5/13, 20/3 EuGH 21.10.1999, C-333/97-Lewen: 3/20, 3/95, 3/116 EuGH 16.9.1999, C-218/98-Abdoulaye: 5/18 EuGH 14.9.1999, C-249/97-Gruber, ZAS 2000, 56 (mA Brodil) = DRdA 1999, 417 (mA Wagner): 5/35 EuGH 9.9.1999, C-281/97-Krüger: 3/35, 3/126, 5/63 EuGH 11.5.1999, C-309/97-Angestelltenbetriebsrat: 3/102, 3/106, 3/111 EuGH 28.04.1998, C-158/96-Kohll: 17/47 EuGH 28.04.1998, C-120/95-Decker: 19/8 EuGH 9.2.1999, C-167/97-Seymour-Smith: 3/3, 3/96, 3/150, 3/155, 3/167, 5/32, 5/37, 5/38, 5/46, 5/63, 19/8 EuGH 1.12.1998, C-326/96-Levez: 3/34, 12/2, 15/2 EuGH 19.11.1998, C-66/96-Pedersen: 3/26, 3/116 EuGH 27.10.1998, C-411/96-Boyle: 3/95, 3/116, 3/147, 3/178, 5/3, 5/33 EuGH 22.9.1998, C-185/97-Coote, DRdA 1999, 159 (mA Bei): 3/49, 3/157, 13/1, 13/2, 13/3, 13/7, 13/10 EuGH 30.6.1998, C-394/96-Brown: 3/157, 5/3 EuGH 17.6.1998, C-243/95-Hill/Stapleton: 2/20, 3/126, 5/37, 5/50, 5/52 EuGH 12.5.1998, C-85/96-Martínez Sala: 1/21 EuGH 30.4.1998, C-136/95-Thibault: 3/67, 3/139, 3/140, 3/146 EuGH 17.2.1998, C-249/96-Grant: 3/37, 3/46, 3/97, 3/99, 5/5, 17/46 EuGH 15.1.1998, C-15/96-Schöning-Kougebetopoulou: 20/30, 20/33 EuGH 18.12.1997, C-309/96-Annibaldi: vor 16/6 EuGH 11.12.1997, C-246/96-Magorrian/Cunningham: 3/179, 3/184 EuGH 4.12.1997, C-253/96-Kampelmann: 1/18 EuGH 11.11.1997, C-409/95-Marschall, ZAS 1998, 60: 1/11, 3/139, 5/13, 8/18, 8/19 EuGH 2.10.1997, C-100/95-Kording: 3/141, 3/142, 4/6, 5/60 EuGH 2.10.1997, C-1/95-Gerster: 3/20, 3/94, 3/126, 3/141, 3/142, 5/32, 5/59, 5/60 EuGH 26.6.1997, C-368/95-Familiapress: vor 16/7 EuGH 29.5.1997, C-400/95-Larsson: 3/40, 3/157 EuGH 29.5.1997, C-299/95-Kremzow: vor 16/6 707
Entscheidungsverzeichnis EuGH 22.4.1997, C-180/95-Draehmpaehl: 3/6, 3/27, 3/65, 5/7, 6, 7/7, 6, 7/48, 12/5, 12/9, 12/24, 12/29, 12/30, 12/38, 12/40, 12/41, 12/43, 12/45, 12/49 EuGH 17.4.1997, C-147/95-Evrenopoulos: 3/184 EuGH 13.3.1997, C-197/96-Komm/Frankreich: 5/23 EuGH 12.12.1996, C-74/95-X, DRdA 1997, 428 (mA Breindl): vor 16/7 EuGH 24.10.1996, C-435/93-Dietz: 3/90, 3/172, 3/184 EuGH 23.5.1996, C-237/94-O’Flynn: 19/4, 19/20, 30/18 EuGH 30.4.1996, C-13/94-P/S und Cornwall County Council, DRdA 1997, 245 (mA Bei): 2/20, 3/36, vor 16/7, 17/43 EuGH 7.3.1996, C-278/93-Freers: 5/53 EuGH 13.2.1996, C-342/93-Gillespie: 3/40, 3/97, 3/140, 5/3 EuGH 6.2.1996, C-457/93-Lewark: 3/134, 5/32, 5/37, 5/44 EuGH 14.12.1995, Rs 317/93-Nolte: 3/126 EuGH 17.10.1995, C-450/93-Kalanke, ZAS 1998, 33 (mA Urlesberger) = DRdA 1996, 79 (mA Sporrer) = DRdA 1995, 442 (mA Sporrer): 1/6, 1/11, 5/13, 8/18, 8/19, 12/34, 17/9 EuGH 13.7.1995, C-116/94-Meyers: 3/41, 3/42, 3/143 EuGH 31.5.1995, C-400/93-Royal Copenhagen, DRdA 1996, 84 (mA Schindler): 3/102, 3/112, 3/113, 3/119, 3/122, 3/125, 5/35, 5/39, 5/51, 5/53 EuGH 14.2.1995, C-279/93-Schumacker: 17/47 EuGH 15.12.1994, C-399/92-Helmig/Lengerich, DRdA 1995, 286 (mA Mlinek): 1/5, 3/93, 3/123, 5/46 EuGH 13.12.1994, C-297/94-Grau-Hupka: 3/178 EuGH 28.9.1994, C-408/92-Smith, DRdA 1995, 75 (mA Wöss): 3/32, 3/33, 3/179 EuGH 28.9.1994, C-200/91-Coloroll, DRdA 1995, 75 (mA Wöss): 3/6, 3/32, 3/170, 3/171, 3/172, 3/179, 3/184, 3/186, 3/188, 3/191, 5/3, 5/4, 5/44 EuGH 28.9.1994, C-128/93-Fisscher, DRdA 1995, 75 (mA Wöss): 3/90, 3/99, 3/184 EuGH 28.9.1994, C-57/93-Vroege, DRdA 1995, 75 (mA Wöss): 3/184 EuGH 28.9.1994, C-28/93-van den Akker, DRdA 1995, 75 (mA Wöss): 3/22, 3/27, 3/32, 3/33, 3/179, 3/184, 5/43, 12/1, 12/3, 12/42 EuGH 28.9.1994, C-7/93-Beune, DRdA 1995, 75 (mA Wöss): 3/35, 3/170, 3/184 EuGH 14.7.1994, C-91/92-Faccini Dori: vor 16/8 708
Entscheidungsverzeichnis EuGH 14.7.1994, C-32/93-Webb: 3/39, 3/157 EuGH 5.5.1994, C-421/92-Habermann-Beltermann: 3/39, 3/69, 3/157, 5/18 EuGH 24.2.1994, C-343/92-Roks: 5/53, 19/8 EuGH 22.12.1993, C-152/91-Neath, DRdA 1994, 287 (mA Kirschbaum): 3/172, 3/188, 3/191, 3/192, 5/21 EuGH 14.12.1993, C-110/91-Moroni, DRdA 194, 160 (mA Kirschbaum): 3/176 EuGH 30.11.1993, C-189/91-Kirsammer-Hack: 3/150, 5/26, 5/44, 5/63, 5/72, 5/85 EuGH 9.11.1993, C-132/92-Birds Eye Walls: 3/177, 5/3, 5/21 EuGH 27.10.1993, C-127/92-Enderby: 3/21, 3/93, 3/112, 3/114, 3/121, 3/125, 5/35, 5/38, 5/39, 5/46, 5/48, 5/51, 5/62, 5/66, 5/72 EuGH 6.10.1993, C-109/91-Ten Oever: 3/98, 3/99, 3/170, 3/184 EuGH 2.8.1993, C-271/91-Marschall II: 1/18, 6, 7/48, 12/5 EuGH 17.2.1993, Rs 173/91-Komm/Belgien: 3/93 EuGH 25.7.1991, C-345/89-Stoeckel: 3/148, 5/23, 8/15 EuGH 18.6.1991, C-260/89-ERT: vor 16/6 EuGH 7.2.1991, C-184/89-Nimz: 3/20, 3/27, 3/32, 3/95, 3/118, 3/126, 5/60, 5/72, 12/3, 12/42, 20/32 EuGH 8.11.1990, Rs 179/88-Hertz: 3/39, 3/157 EuGH 8.11.1990, Rs 177/88-Dekker: 3/39, 3/40, 3/64, 3/67, 12/5, 12/9, 12/24, 12/37, 12/38, 12/40, 12/43, 19/21 EuGH 12.7.1990, C-188/89-Foster: 1/18 EuGH 27.6.1990, C-33/89-Kowalska: 3/21, 3/22, 3/167, 5/43, 5/45, 5/72 EuGH 17.5.1990, Rs 262/88-Barber: 3/90, 3/93, 3/94, 3/96, 3/120, 3/160, 3/168, 3/170, 3/176, 3/183, 5/21, 5/29 EuGH 28.11.1989, Rs 379/87-Groener: 17/13 EuGH 18.10.1989, Rs 374/87-Orkem: vor 16/6 EuGH 17.10.1989, Rs 109/88-Danfoss: 3/106, 3/118, 3/120, 3/122, 3/128, 3/141, 5/2, 5/39, 5/51, 5/55, 5/59, 5/60, 5/72, 20/32 EuGH 17.10.1989, Rs 97-99/87-Dow Chemical Iberica: vor 16/6 EuGH 21.9.1989, Rs 68/88-Kommission/Griechenland: 12/41, 12/45, 12/49 EuGH 13.7.1989, Rs 171/88-Rinner-Kühn: 3/26, 3/95, 3/126, 5/37, 5/50, 5/53, 19/8 EuGH 13.7.1989, Rs 5/88-Wachauf: vor 16/6 EuGH 30.6.1988, Rs 318/86-Komm/Frankreich: 3/74, 3/82, 5/19, 8/15, 20/3 EuGH 4.2.1988, Rs 157/86-Murphy: 3/100 709
Entscheidungsverzeichnis EuGH 2.2.1988, Rs 309/85-Barra: 3/3 EuGH 11.6.1987, Rs 30/85-Teuling: 3/41, 19/8 EuGH 3.7.1986, Rs 66/85-Laurie Blum: 1/21, 1/22, 1/26 EuGH 1.7.1986, Rs 237/85-Rummler: 3/21, 3/102, 3/113, 3/120, 3/122, 5/56, 5/59 EuGH 15.5.1986, Rs 222/84-Johnston: 1/6, 3/77, 3/83, 5/13, 5/16, vor 16/6, 20/1, 20/3 EuGH 13.5.1986, Rs 170/84-Bilka: 3/6, 3/94, 3/126, 3/168, 3/172, 3/174, 3/178, 3/183, 3/184, 3/186, 5/4, 5/26, 5/32, 5/37, 5/46, 5/50, 5/56, 5/61, 5/72, 5/86, 5/90, 19/8 EuGH 26.2.1986, Rs 262/84-Beets-Proper: 3/160 EuGH 26.2.1986, Rs 152/84-Marshall I: 1/16, 1/18, 3/160 EuGH 26.2.1986, Rs 151/84-Roberts: 3/160 EuGH 11.7.1985, Rs 137/84-Mutsch: 30/18 EuGH 21.5.1985, Rs 248/83-Komm/Deutschland: 3/74, 9/1, 9/2 EuGH 18.9.1984, Rs 23/83-Liefting: 3/192 EuGH 10.04.1984, Rs 79/83-Harz: 12/5 EuGH 10.4.1984, Rs 14/83-Colson: 3/60, 12/19 EuGH 8.11.1983, Rs 165/82-Komm/Großbritannien: 1/45, 3/1, 4/6 EuGH 6.7.1982, Rs 61/81-Komm/Großbritannien: 3/100, 3/102, 3/107 EuGH 16.2.1982, Rs 19/81-Burton: 3/160, 3/167 EuGH 9.2.1982, Rs 12/81-Garland: 3/93, 3/96, 3/99 EuGH 14.1.1982, Rs 65/81-Reina: 30/18, 31/11 EuGH 31.3.1981, Rs 96/80-Jenkins: 1/4, 3/103, 3/105, 5/26, 12/1 EuGH 27.3.1980, Rs 129/79-Macarthys: 3/7, 3/15, 3/102, 3/103, 3/106, 3/124, 5/3 EuGH 15.6.1978, Rs 149/77-Defrenne III: 1/6, 2/20 EuGH 9.3.1978, Rs 106/77-Simmenthal: 3/28 EuGH 27.10.1976, Rs 130/75-Prais: 17/34, 19/9 EuGH 8.4.1976, Rs 43/75-Defrenne II: Einleitung/3, 1/4, 1/8, 1/15, 2/20, 3/103, 3/183, 12/1 EuGH 30.9.1975, Rs 32/75-Cristini: 30/18 EuGH 04.12.1974, Rs 41/74-von Duyn: 17/16, 17/32 EuGH 14.5.1974, Rs 4/73-Nold: vor 16/6 EuGH 12.2.1974, Rs 152/73–Sotgiu: 30/18 EuGH 25.5.1971, Rs 80/70-Defrenne I: 3/98 EuGH 15.10.1969, Rs 15/69-Ugliola: 30/18 EuGH 16.6.1966, Rs 52, 55/65-Deutschland/Kommission: 20/22
710
Entscheidungsverzeichnis Europäisches Gericht erster Instanz EuG 5.12.2000, T-136/98-Campogrande/Kommission: 6, 7/14 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EGMR 22.2.1994 Burghartz: 20/7 EGMR 6.9.1989 Rommelfanger: 20/16 EGMR 28.10.1987 Inze: 20/7 Österreichische Gerichte Oberster Gerichtshof OGH 17.11.2004, 7 Ob 260/04t: 5/67, 12/57 OGH 26.8.2004, 8 Ob A 3/04 f, ecolex 2005, 147: 1/27 OGH 7.7.2004, 9 Ob A 46/04m, ASoK 2005, 26: 5/68, 5/81 OGH 26.5.2004, 9 Ob A 64/04h: 6, 7/37, 6, 7/53, 6, 7/55, 6, 7/56, 6, 7/58 OGH 5.5.2004, 9 Ob A 53/04s, RdW 2004, 610: 1/35 OGH 17.3.2004, 9 Ob A 143/03z: 6, 7/36, 6, 7/53 OGH 13.11.2003, 8 Ob A 86/03k, ASoK 2005, 2 (mA Korn) = ASoK 2004, 245 = RdW 2004, 422 (mA Naderhirn), 426 (mA Kreil) = wbl 2004/202: 1/24 OGH 18.9.2003, 8 Ob A 37/03d: 3/124 OGH 24.4.2003, 8 Ob 190/02b, DRdA 2004, 370 (mA Obereder): 63/1 OGH 23.4.2003, 9 Ob A 256/02s: 3/168, 3/170, 3/176, 3/177, 3/181 OGH 4.12.2002, 9 Ob A 230/02t, ASoK 2003, 387 = DRdA 2003, 557 (mA Risak): 6, 7/60 OGH 8.8.2002, 8 Ob A 277/01w, ecolex 2004, 958 (mA Sturm) = DRdA2002, 461 und 505 (mA Mosler) = JBl 2003, 126: 1/24 OGH 19.12.2001, 9 Ob A 297/01v, RdW 2002, 490: 6, 7/63 OGH 11.7.2001, 9 Ob A 163/01p, RdW 2002, 539 = ZVR 2001, 287 (mA Karner): 6, 7/76 OGH 16.5.2001, 2 Ob 84/01v, JBl 2001, 660: 12/23 OGH 9.5.2001, 9 Ob 95/01p: 6, 7/53 OGH 14.3.2001, 9 Ob A 15/01y, ecolex 2001, 766 (mA Mazal): 6, 7/55 OGH 10.1.2001, 9 Ob A 319/00b, ASoK 2001, 230 = DRdA 2001, 176 (mA Smutny): 6, 7/37, 6, 7/76 OGH 20.9.2000, 9 Ob A 182/00 f, ASoK 2001, 131: vor 16/11 OGH 6.9.2000, 9 Ob A 106/00d, ASoK 2001, 194 = RdW 2001, 222 (mA Kreil) = wbl 2001, 37 = ZAS 2001, 111 (mA Tomandl): 1/1 711
Entscheidungsverzeichnis OGH 5.4.2000, 9 Ob A 292/99b, ASoK 2001, 101 = DRdA 2001, 174 (mA Smutny) = RdW 2000, 686: 6, 7/36, 6, 7/37, 6, 7/53, 6, 7/54, 6, 7/56, 6, 7/76 OGH 12.1.2000, 9 Ob A 318/99a-Herrenmode: 3/18, 3/78, 3/81, 5/9, 5/47, 9/15, 9/16, 12/64, 20/4 OGH 9.9.1999, 8 Ob S 243/99i: 1/35 OGH 2.6.1999, 9 Ob A 30/99y, ASoK 2000, 38 = DRdA 2000, 242 (mA Sulzbacher) = ZAS 2000, 114 (mA Eichinger) = DRdA 1999, 492: 15/2, 15/15, 11/27 GBKG, 12/5 GBKG, 12/7 GBKG OGH 11.2.1999, 8 Ob A 195/98d, DRdA 2000, 142 (mA Firlei) = DRdA 1999, 393 = ASoK 1999, 294 = RdW 1999, 422: 19/16 OGH 21.1.1999, 8 Ob A 188/98z, ASoK 1999, 294 = JBl 1999, 538 = ZAS 2000, 20 (mA Brodil), 25: 6, 7/76, 12/62 OGH 21.10.1998, 9 Ob A 264/98h, DRdA 2000, 172 = DRdA 2000, 122 (mA Smutny) = ASoK 1999, 204 = ÖJZ 1999, 343: 1/16, 1/17, 3/26, 3/61,3/65, 3/66, 3/78, 3/79, 9/15, 12/37 OGH 23.6.1998, 10 Ob S 224/98, ZAS 2000, 184: 6, 7/69 OGH 10.6.1998, 9 Ob A 158/98w, Arb 11.738: 15/14 OGH 20.5.1998, 9 Ob A 350/97d, DRdA 1999, 295 (mA Eichinger) = RdW 1998, 631: 3/127 OGH 18.9.1997, 8 Ob A 285/97p, RdW 1998, 98: 3/151 OGH 26.3.1997, 9 Ob A 88/97z, DRdA 1998, 183 (mA Hoyer) = wbl 1997, 389: 1/34 OGH 14.11.1996, 8 Ob A 2308/96m, DRdA 1997, 323 (mA Ritzberger-Moser): 5/70 OGH 16.10.1996, 9 Ob A 2217/96, RdW 1997, 297: 6, 7/54, 6, 7/76 OGH 30.7.1996, 7 Ob 556/95: 2/5 GBKG OGH 18.6.1996, 8 Ob A 291/95, DRdA 1996, 247: 6, 7/63 OGH 9.04.1996, 10 Ob 528/94, ecolex 1997, 151 (mA Wilhelm) = ÖBA 1997, 386: 12/14 OGH 27.3.1996, 9 Ob A 18/96, DRdA 1997, 35 (mA Mosler) = RdW 1996, 491: 17/34, 19/15 OGH 27.3.1996, 9 Ob A 2056/96k, Arb 11.490 = DRdA 1997, 123 (mA Gahleitner) = ÖJZ 1997, 150: 6, 7/14, 12/56 OGH 31.1.1996, 9 Ob A 173/95, RdW 1997, 218: 5/37 OGH 18.1.1996, 8 Ob A 291/95, ecolex 1996, 295: 6, 7/57, 6, 7/59 OGH 21.12.1995, 8 Ob A 253/95, DRdA 1996, 412 (mA Feik) = ÖJZ 1996, 510 = RdW 1996, 488 = wbl 1996, 244: 17/18 OGH 12.4.1995, 9 Ob A 31/95, DRdA 1996, 36 (mA Kalb) = wbl 1995, 507= ZAS 1996, 121 (mA Koizar): 20/16, 20/17
712
Entscheidungsverzeichnis OGH 11.1.1995, 9 Ob A 802/94, RdW 1995, 355: 3/20, 3/23 OGH 18.10.1994, 4 Ob 99/94, JBl 1995, 166 = ÖBl 1995, 180 = MR 1995, 15 = RdW 1995, 61: 6, 7/53 OGH 14.9.1994, 9 Ob A 801/94, DRdA 1995, 261 (mA Kirschbaum) = RdW 1995, 23 = ZAS 1996, 86 (mA Gahleitner): 3/113, 3/120, 3/181 OGH 31.8.1994, 8 Ob A 285/94: 20/16 OGH 30.6.1994, 8 Ob A 271/94, ZAS 1996, 13 (mA Trost): 3/141, 13/3 OGH 21.9.1993, 1 Ob 18/93: 2/5 GBKG OGH 11.8.1993, 9 Ob A 133/93, RdW 1994, 54 = wbl 1993, 358: 3/175 OGH 13.7.1993, 4 Ob 82/93, RdW 1994, 107: 2/5 GBKG OGH 16.12.1992, 9 Ob A 602/92, SZ 65/163 = DRdA 1993, 369 (mA Resch): 1/1, vor 16/9 OGH 30.6.1992, 10 Ob S 150/92: 2/2 OGH 29.1.1992, 1 Ob 47/91, ÖJZ 1992, 452: 2/5 GBKG OGH 13.2.1991, 9 Ob A 1/91, wbl 1991, 261 = ZAS 1992, 32 (mA Andexlinger): 5/88 OGH 19.12.1990, 9 Ob A 219/90, DRdA 1991, 369 (mA BeckMannagetta): 3/175 OGH 13.9.1989, 9 Ob A 207/89, SZ 62/150 = RdW 1990, 55: 12/2 OGH 10.5.1989, 9 Ob A 71/89: 6, 7/63 OGH 28.2.1989, 9 Ob A 43/89: 1/35 OGH 24.11.1988, 6 Ob 694/88, JBl 1990, 169: 2/5 GBKG OGH 27.9.1988, 2 Ob 609/87, NZ 1989, 212: 12/39 OGH 14.9.1988, 9 Ob A 238/88, SZ 61/198: 5/88 OGH 7.4.1987, 14 Ob A 10/87, DRdA 1990, 214 (mA Jabornegg) = RdW 1988, 54: 1/35 OGH 9.5.1985, 7 Ob 566/85, SZ 58/80: 12/22 OGH 19.3.1985, 4 Ob 31/85: 3/172, 3/177, 5/9 OGH 10.1.1984, 4 Ob 191/82, ArbSlg 10.310: 1/35 OGH 13.7.1982, 4 Ob 68/82, DRdA 1985, 213 (mA Mosler): 6, 7/57, 6, 7/63 OGH 16.3.1982, 4 Ob 6/82: 6, 7/57 OGH 1.3.1979, 7 Ob 555/79, SZ 52/28 = DRdA 1980, 387 (mA Apathy): 12/22 OGH 5.11.1968, 4 Ob 57/68, SZ 41/144 = JBl 1969, 285: 3/69 OGH 5.2.1952, 4 Ob 15/52, Arb 5.364: 6, 7/63
713
Entscheidungsverzeichnis Untergerichte OLG Wien 20.9.2000, 7 Ra 221/00x, ARD 5181/38/2001: 20/16, 20/17 OLG Innsbruck 19.9.2000, 15 Ra 87/00g: 6, 7/76 OLG Wien 26.1.1994, 31 Ra 162/93 = ARD 4601/10/94: 6, 7/76 ASG Wien 19.3.2004, 27 Cga 160/03a = ZAS 2005, 22: 6, 7/26, 6, 7/54 ASG Wien, 11 Cga 127/98t, ecolex 2000, 135: 6, 7/19 ASG Wien 6.5.1998, 24 Cga 230/97m = ARD 4970/5/98: 6, 7/76 ASG Wien 15.10.1996 = ARD 4811/22/97: 6, 7/38, 6, 7/41 ASG Wien 26.6.1996, 19 Cga 182/94 = ARD 4803/1/96: 6, 7/76 ASG Wien 18.6.1995 = ARD 4803/3/96: 6, 7/38 ASG Wien 7.10.1994, 4 Cga 77/94k = ARD 4633/36/95: 6, 7/76 ASG Wien 25.2.1994, 25 Cga 461/93h = ARD 4553/18/94: 6, 7/76 Verfassungsgerichtshof VfGH 11.12.1998, G 57/98, VfSlg 15.368: 3/126 VfGH 12.12.1996, B 2903/95, B 2934/95, B 3662/95, VfSlg 14.713, ARD 4835/18/97: 1/2 GBK, 1/3 GBK, 12/13 GBKG VfGH 30.9.1996, B 1724/95, VfSlg 14.606, ZfVB 1997/1478: 3/9 GBKG VfGH 30.9.1995, B 1535/94, VfSlg 14.268/1995, ecolex 1996, 319: 3/9 GBKG VfGH 3.3.1995, G125/93,G162/94,G167/94,G217/94,G288/94, VfSlg 14.050: 2/2 VfGH 3.3.1994, G 116/93,VfSlg 13.699, DRdA 1995/16: 14/6, Einleitung/12 GBK, 1/3 GBK, 12/13 GBKG VfGH 3.3.1994, B 969/92, VfSlg 13.695, ZfVB 1995/1171: 1/3 GBKG VfGH 1.10.1993, G 134/92, VfSlg 13558 : 5/61 VfGH 13.6.1989, A 14/88, VfSlg 12.049, ZfVB 1990/1514: 2/5 GBKG VfGH 1.7.1987, G 78/87, VfSlg 11.403, ZfVB 1988/671: 1/5 GBK, 1/6 GBKG VfGH 26.2.1985, G 77/84, VfSlg 10.357, ZfVB 1985/2031: 2/5 GBKG VfGH 6.6.1980, B 286/77, VfSlg 8.813, ZfVB 1981/1542: 1/6 GBKG VfGH 3.10.1977, G 12/76, G 7/77, VfSlg 8136: 10/4 GBKG VfGH 13.12.1975, B 304/75, VfSlg 7717: 2/5 GBKG 714
Entscheidungsverzeichnis VfGH 8.10.1966, B 247/66, VfSlg 5355: 2/5 GBKG VfGH18.10.1957, K I-1/57, VfSlg 3262: 2/5 GBKG VfGH 14.12.1956, G 23, 24/56, VfSlg 3134: 10/10 GBKG Verwaltungsgerichtshof VwGH 19.5.1993, 92/09/0316, ARD 4507/17/93: 6, 7/38 VwGH 30.6.1998, 96/08/0375, VwSlg 14931 A/1998: 3/78, 9/12 VwGH 22.4.1966, 2087/65, ZAS 1967: 20/13 Deutsche Gerichte Bundesarbeitsgericht BAG 25.3.2004 – 2 AZR 341/03 = NZA 21/2004, 1214: 6, 7/27, 6, 7/29, 6, 7/30 BAG 5.2.2004 – 8 AZR 112/03 = NZA 2004, 540: 3/13, 3/66, 5/7, 9/3, 12/14 BAG 21.1.2003 – 9 AZR 307/02 = NZA 2003, 1036: 8/19 BAG 12.11.2002 – 1 AZR 58/02 = NZA 2003, 1287: 3/147, 5/3 BAG 10.10.2002, 2 AZR 472/01, NZA 2003, 483: 17/30 BAG 12.11.1998, 8 AZR 365/97 = NZA 1999, 371: 3/61, 3/82, 12/36, 12/37 BAG 23.8.1995 – 5 AZR 942/93 = NZA 1996, 579: 3/106, 3/110 BAG 23.2.1994 – 4 AZR 219/93 = AP EWG Art 119 Nr 51: 5/37 BAG 23.9.1992 – 4 AZR 30/92 = NZA 1993, 3091: 3/122 BAG 30.6.1983 – 2 AZR 524/81 = NJW 1984, 1917: 20/21 BAG 14.3.1989 – 8 AZR 351/86 = NJW 1990, 67: 12/23 BAG 14.3.1989 – 8 AZR 447/87 = NJW 1990, 65: 12/23 Bundesverwaltungsgericht BVerwG 8.11.2000 – 1 D 35/99: 6, 7/30 BVerwG 15.11.1996 – 1 DB 5/96 = NJW 1997, 958 f: 6, 7/31 BVerwG 18.7.1995 – 2 WD 32/94 = NJW 1996, 536 ff: 6, 7/31 Bundessozialgericht BSG 26.6.2001, B 2 U 25/00 R = NJW 2002, 388: 6, 7/70 BSG 23.4.1975, 2 RU 211/74 – USK 7533: 6, 7/71 Bundesgerichtshof BGHZ 19.12.1995 – VI ZR 15/95 = BGHZ 131, 332 BGHZ 15.11.1994 – VI ZR 56/94 = BGHZ 128, 1 BGHZ 15.12.1995 – VI ZR 332/94 = NJW 1996, 984: 12/24 715
Entscheidungsverzeichnis BGHZ 28.10.1981 – VIII ZR 302/80 = BGHZ 82, 121 BGHZ 12.6.1985 – VIII ZR 148/84 = BGHZ 95, 39 Untergeordnetes Gericht LAG Berlin 11.6.1997, 13 Sa 19/97, NZA-RR 1997, 422: 20/6
716
Stichwortverzeichnis Die angegebenen Paragraphen beziehen sich auf das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG). Jene, die mit GBKG gekennzeichnet sind, beziehen sich auf das Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission und Gleichbehandlungsanwaltschaft (GBK/GAW-G). Hauptfundstellen sind kursiv gesetzt. Abfertigung 20/35 – neu 3/117 Abhängigkeit, persönliche 1/25 Ablaufshemmung 12/5 GBKG affirmative action 2/11, 8/1 Aktenvermerk 11/35 GBKG Alter 17/35, 20/24 – Dienstalter 17/39, sa Anciennität, Berufserfahrung – Höchstalter 20/36 – Lebensalter 3/162, 17/37 – Mindestalter 20/30 Altersgrenze 3/150, 3/160, 20/24, 20/37 f Altersvorsorge, betriebliche 3/169 ff – Direktpension 3/172 – Pensionskasse 3/172, 3/186 ff Amtshaftung 1/2 GBKG, 1/10 GBKG Amtssachverständige 10/7 GBKG Amtsverschwiegenheit 1/2 GBKG, 3/10 GBKG, 10/13 GBKG, 14/6 GBKG Anciennität 3/128, 20/32, 20/34, sa Berufserfahrung Änderungsrichtlinie 1/6, Einl/ 13 ff GBKG Anfallsalter 3/176, 3/184 Anonymisierung Einl/12 GBKG, 1/3 GBKG, 11/31 GBKG
Antidiskriminierungsrecht – Kritik Einl/40 – ökonomische Auswirkungen 2/18 Antidiskriminierungsvorschriften – Begründung der 2/5 – Deutschland Einl/22 – Mindeststandard Einl/14, 30/8 Antirassismusrichtlinie 12/7, 12/16, 12/48, 12/55, 12/57, 12/63, vor 16/4, 17/1, 26/1 f, 30/2, 30/4 f, 30/8 ff, 30/23, 31/2, 31/11, Einl/13 ff GBKG, 3/3 GBKG, 3/10 GBKG, 5/1 GBKG, 12/6 GBKG Antragsrecht – Einzelfall, ArbeitgeberIn 11/11 GBKG – Einzelfallprüfungsverfahren 12/7 GBKG – Gutachten 11/25 GBKG – Berichtspflicht 11/22 GBKG Anwälte/innen 3/2 GBKG, 3/6 GBKG, 4/1 GBKG, 5/1 GBKG – Beendigung der Funktion 3/8 GBKG – Beratung 4/4 GBKG – Bestellung 3/7 GBKG – Beteiligung Senatsverfahren 4/5 GBKG
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Stichwortverzeichnis Anwälte/innen (Fortsetzung) – Einberufung von Sitzungen 14/2 GBKG – Ermittlungen 4/5 GBKG – Feststellungsklage 4/6 GBKG – Koordination 3/6 GBKG – sonstige Bereiche 6 GBKG – Stellung 4/3 GBKG – Teilnahmerecht 14/2 GBKG – Ausschüsse 15/2 GBKG – Unterstützung 4/4 GBKG – Verbandsklage 12/14 GBKG, 12/16 GBKG – Verfahrenseinleitung, Einzelfallprüfungsverfahren 12/7 GBKG – Verlangen 11/25 GBKG Anwaltschaft Einl/12, 3/1 ff GBKG – Behördenqualität 3/4 GBKG – für Gleichbehandlung 3/1 GBKG – Rechtsnatur 3/4 GBKG – Stellung 3/5 GBKG Anweisung 3/12, 6, 7/66, 19/25 – Aufstachelung 3/12 Arbeit – auf Abruf 3/88 – Eignung zur 3/61 – gleiche 3/100, 3/105 ff – gleichwertige 3/90, 3/100 f, 3/107 ff, 5/36 – höherwertige 3/100 – objektive Faktoren 3/102, 3/105 Arbeiterkammerwahlen 17/18 Arbeitgeber 3/63, 3/103, 6, 7/6, 12/1 f, 12/4, 12/10, 12/16 f, 12/27 ff, 12/33 f, 12/39, 12/63, 13/2 – Fürsorgepflicht 6, 7/53, vor 16/11 – Gebietskörperschaften ArbG, Ausnahmen 1/28
– – – – –
Maßnahmen des 3/11 Verantwortung des 3/27, 5/45 Verhalten des 3/10 ff verschiedene 3/103 Zurechnung von Mitarbeitern 3/13 – Verhandlungsgehilfen 3/13 – Zurechnung zum Staat 1/18 Arbeitgeberorganisationen 30/5 Arbeitnehmer – Begriff 1/13 – nach österr Individualarbeitsrecht 1/24 – Beiträge der 3/192 – Heimarbeiter 1/34 – iSd Art 141 EGV 1/21 Arbeitnehmerähnliche Personen 1/35 ff Arbeitnehmerfreizügigkeit 31/11 Arbeitnehmerorganisationen 30/5 Arbeitnehmerschutz 19/16, 20/5 Arbeitnehmerüberlassung 1/27 Arbeitsaufgaben 3/143 Arbeitsausschüsse Einl/3 GBKG, 3/11 GBKG, 11/32 GBKG, 14/5 GBKG, 15/1 GBKG Arbeitsbedingungen 1/2, 1/6, 1/15 f, 2/4, 2/13, 2/28, 3/1 f, 3/6 f, 3/14 f, 3/20, 3/23, 3/32, 3/49 f, 3/69, 3/88 f, 3/102, 3/105, 3/138, 4/1, 6, 7/11, 6, 7/52 f, 6, 7/63, 8/10, 12/19, 15/5, 15/12 f, vor 16/11, 17/9, 17/14, 17/18, 17/34, 19/7 ff, 20/32 – andere 5/34, 5/36, 5/43, 8/12 – schlechtere 3/149 – sonstige 3/29, 3/42, 3/91, 3/136, 3/143 ff, 5/13, 5/16, 5/22, 5/26, 5/29, 5/46, 5/63, 5/65, 6, 7/2, 8/2 f, 12/42 ff, 17/3, 31/11, Einl/9 GBKG, Einl/13 GBKG – Überwachung 3/143 – Veränderung der 3/145
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Stichwortverzeichnis Arbeitskleidung 19/7 ArbeitskollegInnen 3/17 Arbeitsmarkt 3/121, 3/127, sa Markt Arbeitsmarktservice 1/41 Arbeitsplatz, Ausgestaltung des 3/143 Arbeitsort 3/143 – gewöhnlicher 1/30, 1/33 Arbeitsunfall 6, 7/67 Arbeitsverhältnis 1/19 ff, 3/1, 3/11 – aller Art 1/26 – befristetes s Befristung – Begründung der 3/60 ff – Beendigung durch den ArbG auf Grund der Schwangerschaft 3/69 – geringfügiges 3/174 – Nachwirkungen 3/11 – Probezeit 3/149 – Statusangelegenheiten 2/4 – Universitäten 1/28 – Unterordnungsverhältnis 1/22 – Vertragsanbahnung 3/11 Arbeitsvermittler 9/4, 9/17, 10/1 Arbeitsvertrag, befristeter 3/67; sa Befristung Arbeitswelt Einl/1, Einl/4, 1/19, 1/36, 1/43, 2/21, 3/43 f, 3/47, 3/139, 6, 7/4, 6, 7/13, 6, 7/26, 6, 7/32, 6, 7/34 f, 10, 12/11, vor 16/1, 17/1, 17/41, 20/32, 24, 26/1, 30/5, 30/10 f, 30/14, 31/1, 32, Einl/1 GBKG, Einl/3 GBKG, Einl/9 GBKG, Einl/11 GBKG, Einl/16 f, 1/11 GBKG, 2/2 GBKG, 3/6 f GBKG, 3/9 GBKG, 4/3 ff GBKG, 5/1 ff GBKG, 7/4 GBKG, 8/1 GBKG – sonstige 4/1 ff, Einl/9 GBKG, 1/6 GBKG, 10/12 GBKG, 12/8 GBKG, 13/1 GBKG, 13/3 GBKG, 13/6 GBKG
Arbeitszeit 3/143, 19/7 Aufklärungspflicht 3/69 Aufstieg, beruflicher 3/136 ff Aufwandsentschädigung 3/143 Ausbildung 3/85, 3/129 ff, 4/4 Ausbildungsverhältnisse 1/26 Auskunft, Anspruch auf 5/69 Auskunftsperson 16/4 GBKG Auskunftspflicht 4/4 GBKG, 10/12 GBKG, 13/3 GBKG Ausnahmen 1/6, 8/2, 9/5 – Landarbeitsgesetz 1/29 – Transparenzerfordernis 3/74 – ungeschriebene 5/21 Ausschreibung 3/75, 5/15, 9/6 ff – geschlechtsneutrale 9/12 ff – keine Pflicht zur 9/1 Ausschüsse 15/1 GBKG – vorbereitende 15/3 GBKG – Zusammensetzung 15/2 GBKG Austritt, vorzeitiger 3/145 AVG, Anwendung 11/35 GBKG, 12/10 GBKG, 16/1 GBKG Beendigung 3/152 ff – aus wichtigem Grund 3/152 – des Probearbeitsverhältnisses 3/152 Befangenheit 11/35 GBKG Beförderung 3/2 f, 3/6, 3/19, 3/34, 3/51, 3/53, 3/61, 3/69, 3/72, 3/75, 3/94, 3/136 ff – Anspruch auf 3/137 Befristung 3/67, 3/88, 3/149 f, 3/152 Behinderung Einl/13, Einl/17 Behörde – Anwaltschaft, keine 3/4 GBKG – Gleichbehandlungskommission 1/3 ff GBKG – partielle 1/6 GBKG Beiräte 10/3 GBKG, 10/5 GBKG Belästiger 6, 7/43, 6, 7/46, 6, 7/74
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Stichwortverzeichnis Berufsorganisationen 1/43 ff Berufszuschreibungen 3/79 Berufung 4/8 GBKG Beschäftigung, Zugang zur 3/60 Bescheid 1/3 GBKG, 2/5 GBKG – verfahrensrechtlicher 1/4 GBKG, 16/2 GBKG Beschlussfähigkeit 11/36 GBKG, 14/4 GBKG Beschlussfassung 11/36 GBKG, 14/4 GBKG Bestellung, AnwältInnen 3/7 GBKG Beteiligung, Verwaltungsverfahren Einl/14 GBKG, Einl/15 GBKG Betreuungspflichten 3/146 Betriebe – mehrere 3/15 – verschiedene 3/124 betriebliches System, Anschluss an ein 3/184 betriebliche Übung 11/7 GBKG Betriebsfrieden 19/15 Betriebspensionen 3/31 f, 3/93 f, 3/96, 3/115 f, 3/118, 3/126, 3/167 ff, 5/26, 5/36, 20/38, 63/3 – Abgrenzung zu allgemeinen Versorgungssystemen 3/170 Betriebsrat 6, 7/52 Betriebsratswahlen 17/18 Betriebstreue 20/30, 20/32, 20/33, sa Berufserfahrung Betriebsvereinbarung 3/16, 3/29, 25 Betriebszugehörigkeit s Berufserfahrung Beweisanforderungen 3/32 Beweislast 5/64 ff – Dokumentationslast Einl/9 – Richtlinie 1/7, 5/27, 5/33, 5/68, 5/79 f – -verlagerung 5/68
Belästigung 3/37, 6, 7/11, 6, 7/15, 6, 7/34, 6, 7/67, 21 – Ablehnung der 6, 7/28 – Ablehnungsobliegenheit 6, 7/26, 6, 7/31 – Abhilfe gegen 6, 7/50 f, 6, 7/75 – Dortmunder Studie 6, 7/8 – geschlechtsbezogene 6, 7/3, 6, 7/5 f, 6, 7/10, 6, 7/20, 6, 7/39 ff – Beleidigung 6, 7/41 – Witze 6, 7/42 – sexuelle 6, 7/1, 6, 7/3 f, 6, 7/9, 6, 7/17 f, 6, 7/39, 17/44, 19/23 – Auffangtatbestand 6, 7/10 – Komplimente 6, 7/38 – Verbote der Einl/10 Benachteiligung 3/118 ff – Effizienz 2/17 – Pflicht zur Vermeidung 5/57 – Schwangerer 3/40 – statistische 5/32 ff – Unterschied 5/38 – unmittelbare 5/5 – vermutete 3/5, 3/24, 5/24, 5/30 ff – Vorurteile 2/14 Beratung, Anwältin 4/4 GBKG Berichte, unabhängige Einl/15 GBKG, 3/3 GBKG, 3/10 GBKG Berichtspflicht 1/3 GBKG, 11/1 GBKG, 11/20 GBKG, 13/1 GBKG – Antragsrecht 11/22 GBKG – Funktionen 13/2 GBKG – Inhalte 13/6 GBKG – Konsequenzen 13/7 GBKG Berufsberatung 1/40 ff Berufsbildung 1/40 ff Berufserfahrung 3/86, 3/126, 3/128, 3/142, 3/162, 20/30, 20/32 – Vorbeschäftigung 3/85, 5/41 – Vordienstzeiten 3/128, 3/140 f, 3/147, 5/25, 5/60, 17/39
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Stichwortverzeichnis Beweismaß 5/67, 5/70 – Wahrscheinlichkeit 5/67, 5/74, 5/78 f Beweismittel, Unbeschränktheit 11/35 GBKG, 16/3 GBKG Bewerber 1/23, 5/76 – Daten, persönliche 5/76 – Mitbewerber 10/3 Bewerbung 3/61 Bewusstseinsbildung 11/1 GBKG, 11/23 GBKG Bildung 30/5, 30/19 BMGF Einl/16 GBKG, 2/4 GBKG, 2/5 GBKG, 3/7 GBKG, 7/3 GBKG, 24 GBKG BMWA Einl/16 GBKG, 24 GBKG Branchenzugehörigkeit 17/39 Bund, Regelungskompetenz 1/42, 30/25 ff Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz 1/13 GBKG, 5/2 GBKG, 6 GBKG Bundesverwaltung – mittelbare 1/6 GBKG – unmittelbare 1/6 GBKG B-VG – Art 7 2/2 – Art 7 Abs 2 8/5 Chancengleichheit 2/1, 2/19, 8/1, 8/8 – Grundsatz der 1/12 Civil Rights Act Einl/3, Einl/5 Dienstleistungen – Versorgung mit 30/5 – Zugang zu 30/5, 30/20 Dienstvertrag, freier 1/37 Differenzierungspflicht 3/30 Differenzierungsziel 5/50 ff Diskriminierung – Anweisung zur 3/12
– „aufgrund“ des Geschlechtes 3/9 – sex plus ground 3/35 – Begriff 3/4 ff – Folgediskriminierung 3/50 – Folgenorientierung 3/6 – Handlungsmotive Einl/25 – intersektionelle 19/17 – Kenntnis 3/63 – Mehrfachdiskriminierung 3/51 ff, 19/17 f, 1/12 GBKG – Kombination von zwei missbilligten Unterscheidungskriterien 3/53 – missbilligte Merkmale Einl/38, 3/63, 5/7ff – mittelbare 5/24 ff, Einl/7, 19/4, 3/5, 3/85 ff, 3/118 ff, 3/161 ff, 5/72, 5/84, 5/90 – Anspruchsvoraussetzungen 5/65 – Definition 5/26 – Rechtfertigung Einl/41 – Statistik 5/72 f – Motive Einl/4 – Bekanntschaft 5/10 – missbilligte 5/7 f – objektive Bestimmbarkeit 3/6, 5/4 – Sympathie 5/10 – unmittelbare 5/2 ff, Einl/6, 3/5, 3/62 ff, 3/115 ff, 3/146, 3/157, 5/73, 8/2, 19/1 – Anspruchsvoraussetzungen 5/65 – Einzelentscheidungen 3/157, sa Einzelmaßnahmen – Kostenargumente 3/64, 5/5, 5/49, 5/52, 5/62, 5/83 – Rechtfertigung 5/22 – verdeckte 3/35 – „wegen“ des Geschlechtes 2/7, 3/51, 3/65, 3/75,
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Stichwortverzeichnis Dirimierungsrecht 14/4 GBKG Diskriminierungsverbote Einl/9, Einl/11 – Durchsetzung Einl/11 – Gebot zu „sachlicher“ Entscheidung Einl/30 – Inhalt Einl/8 – Kritik Einl/35 ff – Motivation Einl/26 ff – Verweigerung angemessener Vorkehrungen Einl/13 Dritte/r 6, 7/45, 6, 7/47 Drittstaatsangehörige 17/2, 30/6, 31/10 Durchschnittsbetrachtung 3/9 GBKG Durchschnittseinkommen 3/92 Durchsetzbarkeit, Verfahrensfehler 16/5 GBKG
Einzelmaßnahmen 3/133, 3/143, 5/7 ff, 5/28, 5/42, 5/64, 5/83 Einzelprüfung 11/1 GBKG Einzelfallprüfungsverfahren, Antragsrecht 12/7 GBKG Elternurlaub 3/116, 3/147, 3/178 Entgelt 3/89 ff, 3/95, 3/168, 5/6, 5/36 – -bestandteil 3/90, 3/120, 5/29 – Druck des Verhandlungspartners 3/125 – -festsetzung 25 – -fortzahlung 20/35 – Gegenleistung 3/95 – Gehaltsvorstellungen 3/127 – Lohnnebenkosten 3/115 – Quelle, dieselbe 3/103, 3/124, 5/34 – Richtlinie 1/5 – Unterschiede im Lohngefüge 3/108 – Vergütung 3/93 – Zeitlohn 3/119 Enthebung – Bescheid 2/5 GBKG – Senate, Gleichbehandlungskommission 2/5 GBKG Entlassung 3/156, 3/161, 6, 7/54 ff, 6, 7/60 Entlohnung 3/ 89 ff – Einstufung 3/113 – Einstufungssystem 3/122 – leistungsbezogene 3/119 Entlohnungsgruppen 3/114, 3/138 Entlohnungssystem 3/120, 5/72 – Durchschaubarkeit 5/72 Entschädigung 3/155, 12/5, 12/45 – wegen persönlicher Beeinträchtigung 3/154, 12/45 Entsendung – Auslandsberührung 1/30 ff – Senate, Gleichbehandlungskommission 2/2 GBKG
EGV – Art 2 1/4 – Art 3 1/4 – Art 13 30/2 – Art 141 2/2, 3/90, 3/155 – Art 141 Abs 1 1/4, 1/15, 2/19, 3/89 ff, 3/168 – Art 141 Abs 4 8/13 ff Ehe s Ehe- und Familienstand Ehepartner 3/163 Ehe- und Familienstand 3/41 ff, 3/72, 3/146, 9/13, 17/45 f Einberufung von Sitzungen, Senate 14/2 GBKG Einrichtung sui generis 1/1 GBKG Einstellung 3/2, 3/139, 5/28, 9/10 f – Besetzung, interne 9/11 – externe Suche 9/10 – Kontrahierungszwang 3/60 Einstellungstest 5/37 Einzelfall, Begriff 11/7 ff GBKG
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Stichwortverzeichnis Entwicklung, historische Einl/5 – Österreich Einl/15 Erledigung 11/35 GBKG Ersatzanspruch 3/2, 9/16 Erwerbstätigkeit, selbständige 1/45 ff, 4/1 Ethnie 31/5, 31/7, 31/8 ethnische Herkunft 31/2, 31/4, 38 ethnische Zugehörigkeit 17/4, 17/6, 20/4, 30/9, 31/1, 31/11, 32/2, 5/1 GBKG Ethos 20/11, 20/13 EVÜ Art 6 1/30 f, 1/33 ex-post Prüfung 11/11 GBKG Fachleute, sonstige 11/33 GBKG, 14/5 GBKG Feiertage 17/27, 17/34 Feststellungsklage s auch Verbandsklage 12/14 GBKG – Anwältin 4/6 GBKG – rechtliches Interesse 12/18 GBKG – Subsidiarität, keine 12/18 GBKG Feststellungsurteil, Wirkungen 12/20 GBKG Flexibilität 3/85 f, 3/128, 5/25, 5/59, 9/13 Förderungen 14/1 Förderungsmaßnahmen 2/3 GBKG – Frauenförderungsprogramm 8/25 Förderungsrichtlinien 14, 28, 37, 2/3 GBKG, 8/2 GBKG Fortlaufshemmung Einl/8 GBKG Freiheit 2/12 Fristen 15/1 ff, 11/35 GBKG Führen, Verwaltung 10/4 GBKG Gemeinschaftsrecht 1/2 ff, 1/14 ff, 1/19 ff, 1/28 ff, 1/48 f, 3/3, 12/6 GBKG
– Inkrafttreten Österreich 1/8 – Vorgaben Einl/13 ff GBKG – unmittelbar anwendbares 1/15 gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung und Anwendung 1/16 gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation 5/82, 5/87 Generalklausel 8/1 GBKG Gerichtsverfahren Einl/14 GBKG GeschäftsordnungskommissionsGeschäftsordnung 9 GBKG Geschäftspartner, Wünsche von 2/6, 2/13, 2/16, 3/19, 3/80, 3/125, 3/139, 5/62 – Lieferanten 3/19 Geschlecht 3/2 GBKG – als Unterscheidungsmerkmal 3/35, 5/2 – als unverzichtbare Voraussetzung 3/73 ff, 3/139, 5/15, 5/90, 9/5 – biologisches 3/35 – Stellung 4/1 GBKG geschlechtergerecht vor Einl GBKG Geschlechterparität 2/6 GBKG Geschlechtsidentität 17/43 geschlechtspolitische Aktivität 3/38 Geschlechtsumwandlung 3/36, 17/43 Geschlechtsvorbehalt 3/9 GBKG, 4/2 GBKG, 7/5 GBKG Gesetzessystematik Einl/2 GBKG Gewaltentrennung 12/2 GBKG Glaubhaft machen 3/66, 5/39, 5/69, 5/88, 4/7 GBKG, 11/25 GBKG, 11/28 GBKG Gleichbehandlung Einl/3 f, Einl/ 11 ff, Einl/16 ff, 2/15, 3/3 ff, 3/8 f, 3/20 ff, 3/48 f, 3/80, 3/129 f, 3/146 f, 37180 ff, vor 16/9 ff, 17/5 f, 17/42, 17/44 f – Anwendung von Gesetzen 3/25 ff
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Stichwortverzeichnis – als individuelle Gerechtigkeit Einl/27, Einl/31, Einl/33, 2/7 – als Symmetrie 2/21, 8/6 – der Chancen 2/12 – Gesamtvergleich 3/106 – im Ergebnis Einl/31, 2/10 – Konzepte Einl/27 ff, 2/3 – gruppenbezogene Sicht der Einl/27 – Terminologie 2/3, 3/4 Gleichheits(grund)satz Einl/15, Einl/28 ff, 1/1, 2/2, 3/8, 3/30, 8/2, 12/21, vor 16/9, 30/15, 3/9 GBKG Gleichstellung 2/2, 2/29, 8 – gender mainstreaming 2/25 – volle 1/12, 2/1, 8/2 ff, 8/10 f, 8/14 ff Gründe – arbeitsplatzbezogene 5/59 – sachliche 5/9 – unternehmensbezogene 5/62 – Einsparung von Kosten 5/62 Grundrechte Einl/29, 1/1, 2/20 – Drittwirkung vor 16/11 – Rechtsbeziehungen unter Privaten Einl/29 Gruppengerechtigkeit 8/7 Gruppeninteressen, kollektive 11/16 GBKG Gruppenklagen Einl/11, sa Klageverband Gruppensicht 2/22 Günstigkeitsprinzip 1/11 Gutachten 1/3 GBKG, 11/1 GBKG, 11/21 GBKG, 13/8 GBKG – Antragsrecht 11/22 GBKG, 11/25 GBKG – Begriff 11/7 GBKG – Rechtsnatur 11/31 GBKG – Verfahrensgegenstand 11/24 GBKG
Gleichbehandlungsanwältin, Geschlecht, Allgemeines Einl/ 10 GBKG Gleichbehandlungsanwaltschaft s Anwaltschaft 3/1 GBKG Gleichbehandlungsgebot 2/2, 2/30, 3/3, 3/15, 3/20, 3/23, 3/49, 3/65, 3/80, 3/111, 17/45, 19/9 – Inhalt des 3/3 Gleichbehandlungsgesetz – 1979 Einl/16, 1/3 – Novelle, zweite 1/3 – Novelle, dritte 1/3 – § 11 3/101, 3/113 – § 12 Abs 12 Satz 2 5/77 ff – Geschichte 1/1 ff – Zuordnung zu den einzelnen Ziffern des § 3 3/2, 3/14 – Zwingender Charakter 1/48 ff Gleichbehandlungsgrundsatz 1/10, 2/1, 2/19, vor 16/11 – allg arbeitsrechtlicher Einl/21 Gleichbehandlungskommission 14/4 – Aufgaben Einl/9 GBKG, 8/1 f GBKG – Behördenqualität 1/3 ff GBKG – Rechtsnatur 1/1 GBKG – Rechtsstellung, Mitglieder 10/1 ff GBKG – Senate 1/11 GBKG, 2/1 GBKG – Verwaltungsorgan 1/2 GBKG, 10/4 GBKG – Zusammensetzung 2/2 GBKG – Zuständigkeit Einl/9 GBKG GleichbehandlungskommissionsGeschäftsordnung 11/35 GBKG Gleichheit – als Ausgleich Einl/27, Einl/31, 2/10, 8/7 – als Chancengleichheit Einl/27, Einl/31 – als Diversität Einl/32
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Stichwortverzeichnis – Verlangen auf Erstellung 11/25 GBKG Güter – Versorgung mit 30/5 – Zugang zu 30/5 Haftung – ohne Kausalität 12/28 ff, 12/36 f – verschuldensunabhängige 3/6, 3/27, 5/4, 12/38 ff, 12/55 Härtefall 3/9 GBKG Hautfarbe 17/12, 31/7 Herkunft 31/7 Hinterbliebene 3/99, 3/175 ILO-Konvention Nr 111 Einl/3 In-Kraft-Treten 63, Einl/4 GBKG, 21/1 GBKG, sa Rückwirkung Institutionalisierung Einl/10 GBKG Interessenvertretung 4/6 GBKG, 16/4 GBKG – Anhörungsrecht 3/7 GBKG – Antragsrecht 11/25 GBKG, 12/7 GBKG – Verbandsklagerecht 12/14 GBKG Intimsphäre 3/82, 6, 7/29, 6, 7/37, 6, 7/39, 6, 7/50, 6, 7/53, 6, 7/58 IPR 1/30 Kantine 17/34, 19/7 Karenzurlaub 3/140 Kasuistik Einl/3 GBKG Kausalität 3/61, 5/7 f, 12/28 ff, 12/36, 13/5 Kinder 3/43, 3/47, 3/163 Kinderbetreuung 3/85 Kinderbetreuungspflichten 5/19 Kirche 20/8, 20/9 – Organisationen 20/8 – Selbstbestimmungsrecht der 20/16
– Träger geistlicher Ämter 20/23 Klageverband Einl/11, Einl/15 GBKG, 12/6 GBKG Kleidungsvorschriften 17/34, 19/14 – Erscheinung, gewünschte 9/13 Koalitionsrecht 4/5 Kollektivvertrag 3/20 ff, 3/29, 3/32, 3/104, 3/112, 5/36, 5/43, 5/46, 5/53, 5/64, 5/85 f, 17/27, 25 – Diskriminierung durch den 3/21 kollektivvertragliche Verfallfristen 12/19 GBKG Kollektivvertragsautonomie 11/32 GBKG Kollektivvertragsparteien 11/32 GBKG – Rechtsstellung 11/34 GBKG Konkurrenz 11/4 GBKG Kontradiktorisch 11/8 GBKG, 12/11 GBKG Konvention zur Beseitigung jeder Diskriminierung der Frau 2/2, 8/3 Konzern 3/15, 3/104 Koordination – AnwältInnen 3/6 GBKG – Gleichbehandlungskommission Einl/17 GBKG Kopftuch 19/14 – islamisches 17/25 f, 17/30 f, 19/17, 19/20 Körperkraft 5/41, 5/59 Krankenanstalten 20/11 Kriterien – neutrale 3/118, 5/25 – besondere 5/40 ff Kultur 17/6, 17/8, 17/14, 17/34, 30/19, 31/5 ff kulturelle Authentizität 3/81 Kumulative Anwendbarkeit 11/2 GBKG
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Stichwortverzeichnis Kunden 3/19 – Erwartungen/Wünsche 5/62, 20/4 – Eigenschaften bestimmter Personen 5/62 Kündigung 3/152 – Auswahlentscheidung 3/162 – Selbstkündigung 3/152 Kündigungsfrist 20/35 Kündigungsschutz 3/150 ArbVG, § 105 3/166
Mobbing 3/151, 6, 7/10 Mobilität 3/85, 5/25, 5/59, 9/13 Mutterschaftsurlaub 3/116, 3/140, 3/147, 3/157, 3/178 Nebenintervention 62, Einl/15 GBKG, 12/6 GBKG Nichtregierungsorganisation 2/1 GBKG, 16/4 GBKG Niederschrift 11/35 GBKG öffentliche Aufträge, Vergabe von 14/8 öffentliches Interesse 5/63, 11/16 GBKG öffentliche Sicherheit 19/3 Öffentlichkeit, keine 14/6 GBKG
Ladung 11/35 GBKG, 16/2 GBKG Land- und Forstwirtschaft Einl/ 19, 41 laufende Geschäfte 14/7 GBKG Lebenserfahrung 20/32 Lebensgemeinschaft 3/44 Lebensversicherung 3/186 Legistik Einl/42, Einl/1 ff GBKG Leistung – aus Anlass der Beendigung 3/96 – bei Ausscheiden 3/167 – eines Dritten 3/99 – Rechtsgrundlage der 3/93 Leistungsverweigerung(srecht) 3/29, 6, 7/65 Loyalität 20/22 – Loyalitätspflichten 20/16 f
Parteistellung 4/8 GBKG – eines Organs 10/3 Personalstruktur 8/24 politischen Parteien 20/14 politische Überzeugungen 17/21 präjudizielle Wirkung 12/4 GBKG Privatautonomie Einl/2, 19/12, 31/12, 2/12 f, 2/15 Privatwirtschaftsverwaltung 1/9 GBKG Prozessrisiko 11/17 GBKG, 12/1 GBKG, 12/17 GBKG
Marketingkonzept 20/7 Markt 2/15, 3/111, 5/49 – gegen den Einl/41, 2/13, 2/15 f, 3/111, 5/49 – -kräfte 5/48 Maßnahmen – andere 8/23 – Bevorzugung 8, 8/15, 8/23 – von Frauen 8/2 – positive 20/7, 22 – spezifische 2/11 Maßregelungen 3/48
Rahmenrichtlinie Einl/7, Einl/37, 2/1, 2/16, 5/27, 13/1, 13/3, vor 16/4, 26/1 f, 30/4, Einl/13 ff GBKG Rasse 17/4, 31/2, 31/4, 31/6, 38 Rechtfertigung 3/126 ff, 5/46 ff, 5/86, 8/1 f, 8/6, 8/14, 8/20, 9/14, 12/9, 12/21, 12/23, 12/39, 15/5, 15/8, 15/14 – Angemessenheit 5/47 – Erforderlichkeit 5/47, 5/56 – Mittel, angemessenes 5/58
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Stichwortverzeichnis – Rechtsfragen 5/86 – sachliche 3/78, 5/47 – Tatsachenfragen 5/75 Rechtfertigungsgründe 12/38 ff, 12/56 – Erwägungen, rein finanzielle 5/48, 5/52 – Kategorien von möglichen 5/52 Rechtfertigungslast Einl/9 Rechtliches Interesse 12/18 GBKG Rechtmäßiges Alternativverhalten 3/65 Rechtsfolgen Einl/39, 3/23, 3/28 ff, 3/52, 3/136, 3/145, 3/154, 9/15 ff, 12, 13 – Nichtigkeit 3/28, 3/145 – Vergangenheit, Folgen für die 3/22, 3/27, 3/32, 3/179, 63/1 ff – Zukunft 3/33 Rechtsfortbildung 1/17 Rechtsnatur – Anwaltschaft 3/4 GBKG – Gleichbehandlungskommission 1/1 GBKG – RegionalvertreterInnen 7/2 GBKG Rechtsschutz – Allgemeines Einl/7 GBKG – öffentlich-rechtlicher 2/5 GBKG – paralleler Einl/7 ff GBKG, 8/3 GBKG, 12/2 ff GBKG – unvollkommener 11/18 GBKG Rechtsschutzdefizit 11/16 GBKG Rechtsstellung, Mitglieder, Gleichbehandlungskommission 10/1 ff GBKG Rechtsvergleichung, Bedeutung Einl/24 Rechtswidrigkeit 5/46 ff, 12/40 Redaktionell, Versehen Einl/3 GBKG
Regelungen – als Mittel zur Zielerreichung 5/54 ff – kollektive Rechtsgestaltung s Kollektivvertrag, 11/24 GBKG, 11/32 GBKG, 12/9 GBKG – generelle 5/30 – objektive Auswirkungen 5/30 – über die Zulassung 3/132 Regelungsquelle 3/101, 3/124, 5/34 Regionalanwältin – Aufgaben 7/6 f GBKG – Rechtsnatur 7/2 GBKG – Teilnahmerecht, Ausschüsse 15/2 GBKG Regionalbüro Einl/11 GBKG, 3/2 GBKG – Allgemeines 7/1 GBKG – Aufgaben 7/6 f GBKG – Einrichtung 7/3 GBKG – Typen 7/4 GBKG Regionalisierung Einl/11 GBKG RegionalvertreterInnen 3/6 GBKG – Aufgaben 7/6 f GBKG – Rechtsnatur 7/2 GBKG – Teilnahmerecht 14/2 GBKG – Verbandsklage 12/14 GBKG, 12/16 GBKG – Verfahrenseinleitung, Einzelfallprüfungsverfahren 12/7 GBKG – Verlangen 11/25 GBKG Religion 17/19, 17/22, 20/15, 31/7 – Gebetszeiten 17/34, 19/15 – religiös ausgerichtete Institution 3/158 Richtlinien 1/16 – unmittelbare Anwendung 1/18 – Vorschlag für konsolidierte 1/9 – 86/613/EWG 4/2 – 86/378/EWG 1/5, 3/168 – 79/7/EWG Einl/39 – 2004/113/EG 1/7, 3/189
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Stichwortverzeichnis richtlinienkonforme Interpretation 3/75, 5/88, 12/43, 12/48 Rückwirkung 3/22, 3/32, 3/179, 3/183, 63
Sitzungen, Einberufung 14/2 GBKG sozialer Dialog Einl/14 GBKG, Einl/15 GBKG Sozialleistungen 3/95 – freiwillige 3/89, 3/91 Sozialplan 3/167 sozialpolitische Vorschriften 2/20 sozialpolitische Ziele 5/53 Sozialschutz 30/5, 30/17 speziellere Norm 11/2 GBKG, 11/6 GBKG Sprache 31/7 – Akzent 17/12 Sprachgebrauch, geschlechtergerecht vor Einl GBKG Sprachkenntnisse 17/13 Staatsangehörigkeit 17/15 f, 30/6, 30/18, 31/10 f Stellenausschreibung s Ausschreibung, 4/8 GBKG – diskriminierungsfreie 23 – geschlechtsneutrale 9 Stellungnahmen, Einholung, Anwältin 4/4 GBKG Stimmengleichheit 11/36 GBKG Strafbestimmungen 10 Strafsanktionen 24 Strafverfügungen, Einspruchsrecht 4/8 GBKG Subsidiarität 30/3 – Feststellungsklage 12/18 GBKG Subventionen 14/1, 14/5 f – Subventionsvertrag 14/2 f Sukzessivzuständigkeit 1/8 GBKG, 12/2 GBKG
Sachlichkeitsgebot Einl/8 – Geeignetheit 5/55 Sachverständige 10/3 GBKG Schadenersatz 3/3, 3/6, 3/18, 3/23, 3/27, 3/29, 3/34, 3/59, 3/65, 3/71, 5/7, 6, 7/6, 6, 7/30, 6, 7/34 f, 6, 7/43, 6, 7/47 f, 6, 7/75, 12/2 ff, 12/9 f, 12/16, 12/19 ff, 12/36 ff, 12/47 ff, 12/63 f, 14/5, 15/4 f. 15/7 ff – gegen den Staat 3/27, 3/166 – Korrektur für die Vergangenheit 3/27, sa Rückwirkung Schlichtung 11/1 GBKG, 12/1 GBKG Schlichtungsverfahren Einl/14 GBKG, 12/6 GBKG Schulen 20/11 Schwangerschaft 3/35, 3/39 ff, 3/67, 3/85, 3/116, 3/135, 3/157, 5/16 ff, 5/52, 19/21 – Begünstigungen 3/39, 5/17 – Frage nach der 3/69 Sekten 20/6 – Scientology 17/32, 20/6 Selbständigkeit 4/1 GBKG – Vorsitzende Gleichbehandlungskommission 10/2 GBKG Senate – Einberufung von Sitzungen 14/2 GBKG – Gleichbehandlungskommission 1/11 GBKG, 2/1 GBKG – Zusammensetzung 2/2 GBKG sexuelle Orientierung 17/41 f – Homosexualität 20/2 Sicherheit 3/83 Sitte 31/7
Täuschung 3/69, 3/157 Teilnahmerecht 3/11 GBKG, 14/2 GBKG – AnwältInnen 11/36 GBKG – Ausschüsse 15/2 GBKG
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Stichwortverzeichnis Teilzeitbeschäftigung 3/86, 3/105, 3/123, 3/126, 3/134, 3/142 f, 3/146, 3/165, 3/174, 3/178, 5/25, 5/36 f, 5/41, 5/61 Testverfahren 3/87, 12/4 GBKG Transsexualität 17/43 überindividuelle Interessen 11/16 GBKG Umschulung 3/129 ff Unabhängigkeit 3/3 GBKG, 4/1 GBKG – Vorsitzende Gleichbehandlungskommission 10/2 GBKG Unparteilichkeit 10/3 GBKG, 10/8 GBKG Unterhaltsanspruch 3/164 Unterhaltslasten/-pflichten 3/45, 3/163 Unternehmen 3/15 – ökonomische Perspektive 2/14 – Personalberatung 3/18 – wirkliches Bedürfnis des 5/46, 5/50, 5/56 unternehmensinterne Schutzvorschriften 3/148 Unternehmenskonzept 3/80 f, 20/25 Unterstützung – Anwältin 4/4 GBKG – unabhängige Einl/15 GBKG, 3/3 GBKG Untersuchungen, unabhängige Einl/15 GBKG, 3/3 GBKG, 3/10 GBKG Urlaub 20/35 UWG, § 1 10/3 Verbandsklage Einl/11, 11/16 GBKG, 12/14 ff GBKG – Anwältin 4/6 GBKG Verbandsrechtsschutz 11/9 GBKG, 11/16 ff GBKG
Verfahren 11/35 GBKG, 16/1 GBKG – alternative Anwendbarkeit 11/2 GBKG – Einzelfallprüfung 12/10 GBKG Verfahrenseinleitung – Berichtspflicht 13/4 GBKG – Einzelfallprüfungsverfahren 12/7 GBKG, 12/9 GBKG – Gutachten 11/25 GBKG Verfahrensfehler, Durchsetzbarkeit 16/5 GBKG Verfahrensgegenstand, Gutachten 11/24 GBKG Verfahrenstypen 11/1 GBKG – Abgrenzung 11/2 ff GBKG, 11/20 ff GBKG Verfassungsbestimmung Einl/2 GBKG Vergleich – hypothetischer 3/7 – mit früheren Arbeitsbedingungen 3/7 – Reichweite des 3/124 ff – statistischer 5/26 Vergleichbare Lage/Situation 3/8, 5/3, 5/35, 5/88 Vergleichsperson 19/6 – hypothetische 5/3 Vergleichsrahmen 5/33, 5/43 f Vergünstigungen – soziale 30/5, 30/18 – spezifische 8/11 Verhaltensmuster 3/133 Verhältnismäßigkeit 5/13, 5/46, 8/15, 30/3 – Grundsatz der 1/6, 3/77, 5/47, 5/54 Verjährung 3/34, 3/182, 12/2, 15/6, 15/13 Verjährungsfristen 12/62, 15/8 f, 15/11, 15/14, 12/19 GBKG
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Stichwortverzeichnis Verlangen, Einzelfallprüfungsverfahren 12/7 GBKG Veröffentlichung – anonymisierte Einl/12 GBKG, 1/3 GBKG, 11/31 GBKG – Berichtspflicht 13/9 GBKG Verschweigung 6, 7/59 Verschwiegenheitspflicht 10/13 GBKG Versetzung 3/41, 3/47, 3/138, 3/143, 3/146, 6, 7/51, 6, 7/61 ff Vertraulichkeit 3/11 GBKG, 14/5 GBKG Verwaltung 10/4 GBKG – Führen 10/4 GBKG – nicht-hoheitliche 1/9 GBKG Verwaltungsakt 1/3 GBKG Verwaltungsorgan, Gleichbehandlungskommission 1/1 GBKG, 10/4 GBKG Verwaltungsstrafverfahren 10/1, 4/8 GBKG Verwaltungsverfahren Einl/14 GBKG Vollziehung des Bundes 1/7 GBKG Von Amts wegen 11/27 GBKG Vorbehalt des Geschlechts 3/8 GBKG, 4/2 GBKG, 7/5 GBKG Vorrangregeln 5/12, 8/13 ff – bei Beförderung und Einstellung 8/18 – bei gleicher Qualifikation 8/19 – bei ungleicher Qualifikation 8/20 Vorrangstellung Einl/16 f GBKG – BMGF 2/5 GBKG
Vorschlag 1/3 GBKG, 12/12 GBKG – Wirkung 12/13 GBKG Vorsitz, Senate 2/4 GBKG Vorsitzende, Rechtsstellung 10/2 GBKG Waren, Zugang zu 30/20 Weisungen 1/25, 3/11 ff, 3/28 f, 3/145, 12/13 f, 12/58, 17/31, 19/11 f, 19/15, 19/21 Weisungsbindung 3/4 GBKG, 3/10 GBKG, 4/1 GBKG, 10/2 ff GBKG Weisungsrecht 3/143 Weiterbildung 1/40 ff, 3/85 f, 3/129 ff, 5/25, 8/1, 12/42 ff, 12/51, 17/3, Einl/9 GBKG, 11/1 GBKG, 11/20 f GBKG, 13/1 GBKG, 13/6 GBKG Weltanschauung 17/20, 17/22, 20/15 Werkvertrag 1/37 Wiederbetätigung 17/32 Wohlfahrtseinrichtungen 3/97 Wohnraum 30/23 Würde 34/2 – Menschenwürde 2/5 Zeitpunkt 3/3 Zusammensetzung, Senate 2/2 GBKG Zuständigkeit 11/35 GBKG – Gleichbehandlungskommission Einl/9 GBKG Zustellung 11/35 GBKG Zustimmung 4/7 GBKG – Verbandsklage 12/15 GBKG
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