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German Pages 59 Year 2019
Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit
Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit
Herausgegeben von Werner Georg Kümmel (†) in Zusammenarbeit mit Christian Habicht, Otto Kaiser (†), Otto Plöger (†) und Josef Schreiner (†)
Band V · Lieferung 1 Gütersloher Verlagshaus
Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit Band V
Apokalypsen Wolfgang Hage Die griechische Baruch-Apokalypse Karl-Gottfried Eckart Das Apokryphon Ezechiel
1974 Gütersloher Verlagshaus
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.
Inhalt Wolfgang Hage: Die griechische Baruch-Apokalypse . . . . . . 15 Karl-Gottfried Eckart: Das Apokryphon Ezechiel. . . . . . . . . . 45
Copyright © 1974 Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Satz: MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen ISBN 978-3-641-24811-6 www.gtvh.de
Abkürzungsverzeichnisse Die hier folgende Übersicht ist jeweils der ersten Lieferung jedes Bandes beigegeben
Abkürzungen der kanonischen biblischen Bücher, der Apokryphen und Pseudepigraphen und der Apostolischen Väter Act ActAndr ActJoh ActPaul ActPetr ActThom ÄgEv Am AntBibl Apc ApcAbr ApcBar(gr) ApcBar(syr) ApcEl ApcEsr ApcZeph ApkMos ApkPetr ApkEz Arist AristExeg Aristob Artap AscJes AssMos Bar Barn Cant t Clem z Clem I Chr z Chr Dan Dem Did DodProph Dtn EbEv EpArist EpiPhil EpJer Esr ' Esr
(Acta) Apostelgeschichte Andreasakten J ohannesakten Paulusakten Petrusakten Thomasakten Ägypterevangelium Amos Antiquitates Biblicae des Pseudo Philo (Apokalypse) Offenbarung des Johannes Apokalypse Abrahams Apok>Becher des Taumels«. d) In der ApcBar(gr) Iinden sich insgesamt drei solcher Lasterkataloge (vgl. 8,~; 1 ~,4), die vielleicht christlichen Ursprungs sind, vgl. Mt 15,19; Röm 1,29-~ 1; 2 Kor 12,20; Ga! 5,19-21; Phi! 2,1 4; Didache ~; 5; ApcPauli 6 und dazu die Tabelle bei James, S. LXVIII. Vgl. aber auch Weish 24,25f.; Test XII (Ruben) 3,3-6; (Simeon) ~,1; (Juda) r6,t; (Dan) r,6; 2,4; Hen(sl) ro,4f. in der längeren Form A und die antiken Parallelen in LvO, S. 268-270. V~
a) "Oaov dvöewv ... d,.;oniCaat: Ergänzung nach Ryssel, S. 452· b) Die Deutung des Hades als Bauch des Wasser trinkenden Drachen widerspricht dem oben 4,~-6 Gesagten, wo Drache (Schlange) und Hades als zwei Wesen voneinander unterschieden werden und letzterer aus dem Meer trinkt. Die slavische Version bietet dagegen ein widerspruchsloses Bild.
Vh a) Zum Sonnenwagen vgl. Hen(sl) 1 I in der längeren Form A (begleitet von 15 ooo Engeln) und Hen(äth) 72,5 (vom Winde getrieben); zur Feuerkrone vgl. Hen(sl) 14,2f. Diese Vorstellungen, die auch die rabbinische Literatur kennt (vgl Ginzbcrg, S. 550a f.), begc:gnen bereits in den Mythologien der Griechen und Inder, vgl. dazu James, S. LXIII. 7 a) Ein p.o&oq entspricht etwa 9 Litern.
goldene Buchstaben. 8 Und es sprach zu mir der Engel: »Lies sie.« Und ich las. Und sie lauteten so: Weder Erde bringt mich hervor noch Himmel, sondern es gebären mich Feuerflügela. 9 Und ich sprach: »Herr, was bedeutet dieser Vogel, und was ist sein Name?« Io Und es sprach zu mir der Engel: »Phönix wird sein Name genannt.« I I(Und ich sprach)a: »Und was frißt er?« Und er sprach zu mir: »Das Manna des Himmels und den Tau der Erde.« I 2 Und ich sprach: »Gibt der Vogel Kot von sich?« Und er sprach zu mir: »Er gibt als Kot einen Wurm von sich, und der Kot des Wurmes wird Zimt, wie ihn Könige und Fürsten brauchena. Warte aber, so wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen.« I 3 Und während er (noch) redete, ertönte ein (Geräusch)a wie ein Donnerschlag, und es erbebte der Ort, an dem wir standenb. Und ich fragte den Engel: »Mein Herr, was bedeutet dieses Geräusch?« Und es sprach zu mir der Engel: »Jetzt gerade öffnen die Engel die 365 Tore des Himmelsc, und es wird das Licht von der Finsternis geschieden.« I4 Und es ertönte eine Stimme, die rief: »Lichtgeber, gib der Welt das Licht3 .« I 5 Und ich härte das Dröhnen des Vogels und sprach: »Herr, was bedeutet dieses Dröhnen?« I6 Und er sprach: »Dieses ist es, was die Hähne auf Erden weckt. Denn wie (es die sprachbegabten Wesen tun) 3 , so macht sich auch der Hahn denen auf der Welt verständlich mit einer eigenen Sprache. Die Sonne nämlich wird von den Engeln zurechtgemacht, und es kräht der Hahnb.« 8 a) Die slavische Version des »Ms. Novakovic(( (Bonwetsch, S. 98) hat hier deutlich sekundär: »... sondern mich hat geboren der Sohn des VaterS.(( I I a) Zu ergänzen: xai Elnov. I2 a) Diese Vorstellungen vorn Phönix entsprechen nicht denen des Physiologos (hg. von Franciscus Sbordone, Mailand 1936, S. 25-28, I99-204, 289f., 305, 325), nach denen er sich auf dem Altar selbst verbrennt (vgl. jedoch Vers 8) und aus der Asche über das Zwischenstadium eines Wurmes wiederersteht. Hen(sl) 12 kennt, in der längeren Form A, neben der Sonne mehrere Phönixe und sog. Chalkadris (die James, S. LXVI, an den indischen Vogelmenschen und Sonnenbegleiter Garuda erinnern) mit Löwenfüßen und -schwänzen sowie Krokodilsköpfen. Den Phönix-Mythos behandeln unter Verwendung auch unserer Stelle ausführlich Jean Hubaux und Maxime Leroy: Le mythe du phenix dans !es Iitteratures grecque et latine, Lüttich und Paris I939 (Bibliothcque de Ia Faculte de Philosophie et Lettres de I'Universite de Liege, 82). iJxo' ßeovTijr;, vgl. die folgende Frage Baruchs: Tl lanv ~ I3 a) tl>wv~ (statt Text: ßeovr~)
w'
q;wv~ aÜTI'J.
b) Vgl. 4 Esr 6,29; Act 4,31. c) Nach TestAdam I, I 1 geschieht dieses in der elften Nachtstunde. Die Tore entsprechen offenbar den Tagen des Jahres. Hen(äth) 72,3 und Hen(sl) I3; I4 zählen zwölf Tore. Nach Hen(äth) 72,32 hat das Jahr 364 Tage. I4 a) Vgl. Hen(sl) I 5,2 in der längeren Form A. I6 a) Text: eh, yd(> Ta (){aTop.a ovTw' xai 6 dAixTW(l (A; Born.). James, S. LXVII, übersetzt, wenngleich eine solche Bedeutung nicht belegt ist : »for as articulate-speaking beings do ...((. Diese Deutung liegt näher als Ryssels Konjektur (S. 4B; ebenso Hughes, S. 537): wr; yd(! Ta (im Sinne von ol äv{}ewnot oder dgl.) Jtd aTOJlaTor; »gleichwie nämlich die Menschen durch den Mund ... (< b) Nach Hen(sl) I p, in der längeren Form A, singen die Phönixe und Chalkadris, worauf
Vlh Und ich sprach: »Und wo wird die Sonne ihre Zeit zubringen, nachdem der Hahn gekräht hat?« 2 Und es sprach zu mir der Engel: »Häre, Baruch. Alles, was ich dir zeigte, ist im ersten und zweiten Himmel. Und im dritten Himmel geht die Sonne herum und gibt der Welt das Licht. Aber warte ab, so wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen.« 3 Und während ich (noch) mit ihm redete, sah ich den Vogel; und er erschien vorne, und ganz allmählich wuchs er und wurde vollständig (sichtbar). 4 Und hinter ihm (sah ich) die Sonne hervorstrahlen und mit ihr die Engel ziehen und eine Kro!le auf ihrem (der Sonne) Haupt, deren Anblick wir nicht anschauen und sehen konnten. 5 Und zugleich mit dem Aufstrahlen der Sonne breitete auch der Phönix seine Flügel aus. Als ich aber eine solche Herrlichkeit sah, wurde ich von großer Furcht niedergedrückt, und ich wich zurück und verbarg mich in den Flügeln des Engels. 6 Und es sprach zu mir der Engel: »Fürchte dich nicht, Baruch, sondern warte ab, so wirst du auch den Untergang von ihnen sehen.« Vllh Und er nahm mich und führte mich zum Untergang. Und als der rechte Augenblick zum Untergehen kam, sah ich wiederum vorne den Vogel gehen und die Sonne mit den Engeln kommen. Und zugleich mit ihrem Kommen sah ich die Engel, und sie nahmen die Krone von ihrem (der Sonne) Haupt. 2 Der Vogel aber machte erschöpft halt und legte seine Flügel ein. 3 Und als ich dieses sah, sprach ich: »Herr, weshalb nahmen sie die Krone vom Haupt der Sonne, und weshalb ist der Vogel so sehr erschöpft?« 4 Und es sprach zu mir der Engel: »Die Krone der Sonne nehmen, sobald sie den Tag durchlief, vier Engel, bringen sie hinauf in den Himmela und erneuern sie, weil sie und ihre Strahlen auf Erden befleckt wurden. Und im übrigen wird sie nach einem jeden Tag so erneuert.« 5 Und ich, Baruch, sprach: »Herr, und wodurch werden ihre Strahlen auf Erden befleckt?« Und es sprach zu mir der Engel: »Weil sie die Gesetzlosigkeiten sieht und die Ungerechtigkeiten der Menschen, nämlich Hurereien, Ehebrüche, Diebstähle, Räubereien, Götzendienste, Trunkenheiten, Morde, Zornesausbrüche, Eifersüchte, üble Nachreden, mürrische Gebärden, Ohrenbläsereien, Wahrsagerden und dergleichen, was Gott nicht wohlgefällt. Durch sie wird sie befleckt, und deswegen wird sie erneuerta. alle Vögel auf Erden mit den Flügeln schlagen, sich über den Lichtspender freuen und ihn auf Gottes Geheiß in ihrem Lied preisen. In TestAdam 1,10 schlagen zur zehnten Nachtstunde, d. h. eine Stunde vor der Ausfahrt der Sonne, die Seraphim mit den Flügeln, und der Hahn kräht. VIII4 a) Ebenso Hen(sl) 14,2f. 5 a) Auch in ApcPauli 4 sieht die Sonne auf die Gottlosigkeiten und Ungerechtigkeiten der
6 Was den Vogel betrifft, wodurch er erschöpft ist: Weil er, wenn er die Sonnenstrahlen abhält, durch das Feuer und die ganztägige Hitze, durch sie eben, erschöpft wird. 7 Denn wenn seine Flügel nicht, wie wir vorhin sagten, die Strahlen der Sonne abschirmten, würde kein Atem am Leben bleibena.« lXI Und als diese sich zurückgezogen hattena, kam auch die Nacht herbei und zugleich mit ihr auch (der Wagen)b des Mondes zusammen mit den Sternen. 2 Und ich, Baruch, sprach: »Herr, zeige mir auch diesen (Mond), bitte, wie er herausgeht und wo er fortgeht und in welcher Gestalt er umgeht.« 3 Und es sprach der Engel: »Warte, so wirst du auch ihn recht bald sehen.« Und am folgenden Tag sah ich auch ihn in der Gestalt einer Frau und auf einem Räderwagen sitzen. Und es waren vor ihm Rinder und Schafe im Wagen und ebenso eine Menge Engela. 4 Und ich sprach: »Herr, was bedeuten die Rinder und die Schafe?« Und er sprach zu mir: »Engel sind auch sie.« 5 Und wiederum fragte ich: »Und was bedeutet es, daß er bald zunimmt, bald aber abnimmt?« 6 Und (er sprach zu mir)a: »Höre, Baruch. Dieser, den du siehst, war schön gestaltet von Gott wie kein anderer. 7 Und bei der Übertretung des ersten Adam war er bei Samael, als er die Schlange als Kleid anzoga. Er (der Mond) verbarg sich nicht, sondern vergrößerte sich, und es erzürnte Gott über ihn, drückte ihn zusammen und verkürzte seine Tageb.« 8 Und ich sprach: »Und warum scheint er nicht immer, sondern allein in der Nacht?« Und es sprach der Engel: »Höre! Wie vor einem König die Diener nicht freimütig reden können, so können auch vor der Sonne der Mond und (die) Sterne nicht leuchten. Die Sterne nämlich sind immer aufgehängta, aber sie werden von der Sonne verdeckt. Und der Mond, wenn er auch unverletzt bleibt, wird doch von der Hitze der Sonne verzehrtb.« Menschen, vgl. Mt s.4S; in Test XII (Levi) 3,1 ist der unterste Himmelangesichts der Ungerechtigkeiten der Menschen dunkler. 7 a) Oll" äv iawf}-q nä.aa nvo?), vgl. Mt z4,12; Mk 13.zo. IX1 a) Kal TOVTWV avUTaJ.ivTwv könnte nach James, S. 90, und Ryssel, S. 454, auch die Rede des Engels beschließen: »... indem sie niedergedrückt würden«. b) Der Text leat llf.la Tam1Jc; (dafür Picard, S. 90: Tamn) f.ltTa leat Tij; aEÄ?jv1JDieses ist wahrhaftig der Weinstock, den Satanail' mitten im Paradies pflanzte, mit dem er Eva und Adam verführte. Und aus diesem Grunde verfluchte Gott ihn und seinen Anbau. Wenn ich ihn pflanze, dann wird Gott über mich zornig.< Und er beugte seine Knie und fastete 20 Tage, indem er betete und sprach: >Herr, wenn ich von diesem Baum pflanze, wirst du dich dann über mich erzürnen, Herr?< Und es sandte Gott seinen Engel Sarazail', und er sprach zu ihm: >Stehe auf und pflanze den Baum, den du gefunden hast, und ich ändere ihn und mache ihn zum Guten.< Aber nimm dich in acht, Baruch, noch hat 37
also dieser Baum die Bosheit in sich wie auch Satanai/'. Seine Bosheit hat sich nicht geändert. Sooft sie nämlich unmäßig Wein trinken, vollbringen sie alle Bosheit: Weder erbarmt sich der Bruder des Bruders noch der Vater des Sohnes. Durch die Bosheit des Weines geschieht Mord, Ehebruch und Hurerei. Wieviel Bosheit auch immer ist, sie geschieht des Weines wegen.« (VI-VII) Und wiederum sprach zu mir der Engel: »Gehe, Baruch, so zeige ich dir andere Geheimnisse, und du siehst, von wo die Sonne aufgeht.« Und er zeigte mir einen vierspännigen Wagen, und es waren feurige Pferde. Die Pferde aber waren geflügelte Engel. Und auf jenem Wagen saß ein Mensch und trug eine Feuerkrone. Dieser Wagen wurde von zo Engeln gezogen. Und siehe, ein Vogel zog fliegend vorüber, und er flog vom Osten zum Westen. Und ich, Baruch, sprach zum Engel: >>Erkläre mir, mein Herr, was bedeutet dieser Wagen, was bedeutet der Mensch, der auf diesem Wagen sitzt und eine Feuerkrone trägt, und was bedeutet dieser Vogel? Erkläre es mir auch.« Und es sprach zu mir der Engel: »Der Mensch, der auf dem feurigen Wagen sitzt und die Feuerkrone trägt«, sprach zu mir der Engel, »dieser ist die Sonne. Aber dieser Vogel, den du vorüberfliegen siehst, dieser ist der Beschützer der ganzen Welt.« Und ich, Baruch, sprach zum Engel: »Aber wie ist der Vogel Beschützer der Welt?« Und es sprach zu mir der Engel: »Dieser Vogel breitet seine Flügel aus und verhüllt die Feuerstrahlen der Sonne. Denn wenn er nicht die Strahlen der Sonne verhüllte, könnte weder das Menschengeschlecht noch jedes (andere) Geschöpf die Flammen der Sonne ertragen. Es gebot aber der Herr diesem Vogel, der ganzen Welt zu dienen bis zum Ende der Zeit. Aber sieh auch den rechten Flügel, was (dort) für uns geschrieben steht.« Ich ging näher und las es. Es waren aber Buchstaben wie eine große Dreschtenne, und diese Buchstaben waren golden, und ich las es, und dieses stand geschrieben: Weder die Erde hat mich gezeugt noch der Himmel, sondern mich hat der Thron des Vaters gezeugt. Und ich, Baruch, sprach:»Was ist der Name dieses Vogels?« Und es sprach zu mir der Engel: »Der Name dieses Vogels ist Phönix.« (VIII) Und es sprach zu mir der Engel: »Warte, Baruch, so siehst du die Herrlichkeit Gottes.« Und wir standen und sangen Gott einen Gesang und hörten einen sehr starken Donner vom Himmel. Und ich fragte den Engel: »Was bedeutet dieser Donner, mein Herr?« Und es sprach zu mir der Engel: »Dieser Donner, den du hörtest, trennt das Licht von der Finsternis; die Engel bringen die Krone der Sonne zum Throne Gottes.« Und ich sah die Sonne gehen, und sie war wie ein Mensch schwerfällig und ermattet. Ich sah auch diesen Vogel mit ihr gehen, und er war auch ermattet. Und ich
fragte den Engel: »Warum ist dieser Vogel so ermattet?« Und es sprach zu mir der Engel: »Er ist ermattet durch die Hitze und Glut der Sonne.« Und ich hörte ihn (den Vogel) sagen: »Lichtspender, sende dein Licht der Welt.« Als er aber rief: »Lichtspender, sende dein Licht der Welt«, krähte sogleich der Hahn. Und wiederum sprach ich zum Engel: »Herr, erkläre mir, verweilt die Sonne lange?« Und es sprach zu mir der Engel: »So lange verweilt sie: von da an, wenn der Hahn kräht, bis es Licht wird und sie wiederum dahingeht.« Und weiter sprach zu mir der Engel: »Höre, Baruch, was ich dir vom Lauf der Sonne erkläre. Wenn der Tag sich neigt und die Sonne kommt, nehmen neun Engel die Krone der Sonne und bringen (sie) zum Throne Gottes, denn sie ist befleckt durch die Erde und die irdischen Sünden. Und wenn die Sonne unter dem Himmel dahinzieht, erträgt sie (es) nicht, alle Gesetzlosigkeit auf Erden zu sehen: Morde und Ehebrüche. Und sie weint und befleckt nun ihre Krone. Deshalb wird sie gereinigt beim Throne Gottes.« (IX) Und wiederum sprach ich zum Engel: »Herr, erkläre mir den Lauf des Mondes, damit ich weiß, wie er ist.« Und es sprach zu mir der Engel: »Der Mond ist gleich einer Frau, die auf einem Wagen sitzt; und als Ochsen, die ihren Wagen ziehen, dienen 20 Engel, und diese Ochsen sind ebenso Engel. Die Gestalt des Mondes aber ist gleich einer Frau.« Und ich, Baruch, sprach zum Engel: »Herr, erkläre mir dieses, was ich dich fragen möchte: Warum hat der Mond nicht dasselbe Licht wie die Sonne und ersteht wiederum so groß?« Und es sprach der Engel: »Höre, Baruch, so erkläre ich es dir; alles sollst du wissen. Als nun die Schlange Eva und Adam verführte, die Speise der Bosheit sie entblößte und sie bitterlich über ihre Nacktheit weinten und die ganze Schöpfung über sie weinte, die Himmel, die Sterne und die Sonne, und die ganze Schöpfung erschüttert wurde bis zum Throne Gottes, da erregten sich die Heerscharen der Engel sehr über die Übertretung Adams. Der Mond allein aber lachte. Deswegen erzürnte der Herr über ihn, verdunkelte sein Licht und ließ ihn bald alt und wieder geboren werden. Aber ursprünglich war es nicht so, sondern er war heller als die Sonne und hatte die Länge des Tages.« (X) Und wiederum nahm mich der Engel der Kraft und zeigte mir einen heftig glühenden Strom; und es lag ein riesiger See neben ihm. Und ich fragte den Engel: »Was bedeutet dieser riesige See?« Und es sprach zu mir der Engel: »Dieses ist der See, aus dem die Wolken das Wasser nehmen und auf die Erde regnen lassen.« Und ich, Baruch, sprach zum Engel: >>Weshalb sagen die Menschen, daß die Wolken ins Meer hinabsteigen und das Wasser des Meeres nehmen und auf die Erde regnen lassen?« Und es sprach zu mir 39
der Engel: »Das Menschengeschlecht ist betrogen und weiß nichts. Alles Wasser des Meeres nämlich ist salzig. Wenn es also vom Meere regnete, würde keine Frucht auf Erden wachsen.«
(XI) Und es nahm mich der Engel der Herrlichkeit und stellte mich in den fünften Himmel und zeigte mir gewaltige Tore. Und es waren auf diese Tore Namen von Menschen geschrieben. Und es sprach zu mir der Engel: »Die hier hineingehen können, deren Namen sind hier geschrieben.« Und ich, Baruch, sprach zum Engel: »Werden diese Tore nicht geöffnet, daß wir in sie hineinkommen?« Und es sprach zu mir der Engel: »Sie werden nicht geöffnet, bis Michael aus dem Reiche Gottes herbeikommt. Warte, so schaust du die Herrlichkeit Gottes.« Und als wir warteten, kam ein Geräusch vom höchsten Himmel wie Donner, dreimal. Und ich sprach zum Engel: »Was bedeutet dieses Geräusch, Herr?« Und er sprach zu mir: »Siehe, Michael steigt herab, damit er die Gebete der Menschen entgegennehme.« Es kam noch eine Stimme, die sprach, daß die Tore geöffnet würden. Und sie wurden geöffnet. Und es war da ein Donner, größer als der erste. Und es kam Michael, und es begegnete ihm der Engel, der mit mir war, und beugte sich vor ihm nieder. Und ich sah ihn eine sehr große Schale halten, deren Tiefe wie vom Himmel bis zur Erde (war). Und ich sprach zum Engel: »Herr, was bedeutet dieses, das Michael hält?« Und es sprach zu mir der Engel: ))Dieses ist das, in welches die Gebete der Menschen hineinkommen.