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German Pages 112 [124] Year 1972
JAHRBUCH FÜR MUSIKALISCHE V O L K S - UND V Ö L K E R K U N D E 6
Jahrbuch
fiirmufilalifcho YolbifWlkerJundo Für das Staatliche Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz und die Deutsche Gesellschaft für Musik des Orients
herausgegeben von
FRITZ B O S E Band 6 mit Notenbeispielen 22 Abbildungen und 1 Schallplatte
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G WALTER DE G R U Y T E R · B E R L I N · N E W Y O R K · 1 9 7 2
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft Zuschriften an die Redaktion erbeten a n · Prof. Dr. Fritz Bose, Staatl. Institut für Musikforschung, Berlin 30, Stauffenbergstraße 14
©
ISBN 3110039575
Copyright 1972 by W a l t e r de Gruyter & Co., vorm. G . J . Göschen'sche Verlagshandlung - J. Guttentag,Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer - Karl J . Trübner - Veit & C o m p . , Berlin 30 - Alle Rechte, einschließlich der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen von der Verlagshandlung vorbehalten - Archiv-Nr. : 1358 721 S a t z und Druck: T h o r m a n n & Goetsch, Berlin - Printed in Germany
VORWORT Dieser Band bringt eine Neuerung: die diesmal ausschließlich deutschsprachigen Beiträge werden eine Zusammenfassung in englischer Sprache erhalten, um Lesern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, entgegenzukommen. Wenn man auch erwarten darf, daß ein Wissenschaftler Aufsätze aus seinem Fachgebiet in jeder Sprache lesen kann, in der eine wissenschaftliche Literatur vorhanden ist, so gibt es doch gerade unter dem wissenschaftlichen Nachwuchs in vielen Ländern Europas und in Übersee nicht immer die Voraussetzung ausreichender deutscher Sprachkenntnisse. Eine Zusammenfassung auch in Französisch oder Russisch, die zweifellos erwünscht wäre, ist aus Platzmangel nicht durchführbar. Der Umfang des Jahrbuches ist vertraglich festgelegt. Daher ist auch der Rezensionsteil, den ich gern wesentlich erweitert sehen würde, vom jeweils verfügbaren Raum abhängig. Neu an diesem Band ist auch, daß sich der Herausgeber mit einem eigenen Beitrag beteiligt. Bisher habe ich das vermieden, weil ich das nicht als meine Aufgabe ansah und den verfügbaren Platz in den Bänden lieber anderen und jüngeren Kollegen vorbehalten habe. Das Jahrbuch ist bestimmt, solche Aufsätze zu veröffentlichen, die nach Inhalt und Umfang in anderen deutschen Publikationen keine Aufnahme finden können. Da dies aber auch auf meine, schon lange auf die Veröffentlichung wartende Studie zutrifft, habe ich hier mit diesem Herausgebergrundsatz gebrochen. Idi vergleiche Musikaufnahmen eines Indianervolkes aus dem Beginn unseres Jahrhunderts mit solchen derselben Gruppe aus der Jahrhundertmitte. Mit Vorbehalten ist auch das ein Beitrag zum Problem der Akkulturation. Ein zweiter Beitrag über außereuropäische Musik ist Robert Günthers Studie über gewisse Orchesterpraktiken in Äthiopien, die er anläßlich eines längeren Aufenthaltes an Ort und Stelle studieren konnte. Die von ihm hier vorgelegten Materialien werden den Musikethnologen auch in manch anderer Hinsicht interessieren. Günther beleuchtet vor allem die soziologischen Aspekte, die in älteren musikethnologischen Arbeiten oft zu kurz kommen. Volksliederelemente im Glogauer Liederbuch sucht und findet Harald Braun. Unsere Kenntnisse von dem, was „das Volk", also die nicht gebildeten Unterschichten in Stadt und Land im Mittelalter und noch lange danach bis ins ausgehende 18. Jahrhundert gesungen, getanzt und musiziert haben, sind lückenhaft und werden es
bleiben. Wir sind auf indirekte Quellen literarischer und musikalischer Art, auf Verbote, Erlasse, Berichte, Kassenbücher, Register usw. und auf Bearbeitungen von Volksweisen oder Liederbücher bürgerlicher oder klerikaler Sammler angewiesen. Eine solche Quelle zweiter Ordnung ist auch das Glogauer Liederbuch. Ich bedanke mich herzlich bei den Autoren für die Überlassung ihrer Beiträge, der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ihre materielle Hilfe, die es möglich machte, den Band bei gleichem Umfang und eher verbesserter Aufmachung trotz erheblich gestiegener Herstellungskosten zum gleichen Preis wie alle vorangegangenen Bände anbieten zu können, und dem Verlag für die sorgfältige Betreuung und Herstellung trotz einiger interner Umstellungen während der Drucklegung. FRITZ BOSE
INHALT Vorwort B O S E , FRITZ
5 (Berlin)
Die Musik der Tukáno und Desána
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GÜNTHER, ROBERT ( K ö l n )
Die Sozialstruktur im Spiegel musikalischer Konvention bei den Völkern Westäthiopiens REINHARD, K U R T
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(Berlin)
Zwanzig Jahre Wiederaufbau des Berliner Phonogramm-Archivs B R A U N , HARTMUT
(Freiburg i.
B.)
Volksliedhaftes im Glogauer Liederbuch Buchbesprechungen Beilage: 1 Schallplatte
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DIE MUSIK DER T U K A N O UND DESANA von FRITZ BOSE, B e r l i n
EINLEITUNG Um 1932 machte ich mich daran, die von meinem Lehrer Erich M. Hornbostel noch nicht übertragenen Walzen der Sammlung Koch-Grünberg des Berliner Phonogramm-Archivs auszuwerten. Er hatte bereits die Gesänge der Taulipáng, Makuschí und Yekuaná übertragen und publiziert1. Die Sammlung enthielt aber noch weiteres, bis dahin nicht bearbeitetes Material, insbesondere von den Tukáno und den kulturund sprachverwandten Desána. Nach Bernatzik gehören sie wie die benachbarten Uitoto zur zweiten Einwanderungswelle der amerikanischen Indianer2, einer Schicht primitiver Sammler, Jäger und Fischer mit den ersten Anfängen einer Ackerbauwirtschaft, die das Waldgebiet der östlichen Andenabhänge vom Apuré bis zum nördlichen Gran Chaco bewohnen. Eine Verknüpfung dieser Schicht mit den Andenländern ist nach Bernatzik anzunehmen. Die Musik der Uitoto hatte ich bereits untersucht3, so kam mir von Hornbostels Anregung sehr gelegen, die Musik der Tukáno und Desána zu studieren. Ich hatte schon eine Anzahl von Walzen transkribiert, als mit dem Beginn des Jahres 1934, ein Jahr nach von Hornbostels Weggang von Berlin, meine Anstellung im neugegründeten Institut für Lautforschung diese Arbeit unterbrach. Die angefangene Arbeit blieb mit vielen anderen Übertragungen zunächst liegen. Als ich 1943 den wichtigsten Teil meiner Arbeitsunterlagen, Bücher und Schallplatten aus Berlin verlagerte, war diese Arbeit in Berlin zurückgeblieben, weil ich hoffte, sie vielleicht doch noch abschließen zu können. Beim Kriegsende gingen die verlagerten Dinge verloren, die in meinem Hause verbliebenen wurden von eingewiesenen Untermietern im Keller und Boden wahllos zusammengetragen. Erst Mitte der fünfziger Jahre fand ich anläßlich einer Erneuerung des Daches in einem Winkel unter anderem auch die Notenblätter mit den Transkriptionen der Koch-Grünberg-Phonogramme. Ich fand dann später auf einer Schallplattenpublikation des Paters Briizzi aus Sao Paolo noch weitere Beispiele von Musik der Tukáno und Desána, die ich mit seiner Erlaubnis übertragen und hier veröffentlichen konnte4. Brüzzis Aufnahmen stammen aus den fünfziger Jahren, die von Koch-
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Grimberg aus seiner 2. Reise ins Gebiet der Tukáno in den Jahren 1911—1913. Zwar ist die technische Qualität der neueren Aufnahmen bedeutend besser, der musikalische Stil hat sich dagegen in den vier Jahrzehnten trotz Missionstätigkeit und sonstiger Berührung mit der Kultur der Brasilianer weißer Rasse nicht gewandelt. Die Tukáno bilden zwei geographisch getrennte Gruppen 5 : eine kleinere Westgruppe bildet einen homogenen Block im Gebiet der Flüsse Ñapó, Aquarico und Putumayo. Die zahlenmäßig stärkere Ostgruppe lebt mit 18 Stämmen am unteren Uaupés, Tiquié, Papury und Apaporis. Diese Ost-Tukáno hat Koch-Grünberg besucht. von ihnen stammen die Phonogramme seiner Brasilien-Sammlung. Ute Bödiger meint wohl zu Recht, daß diese Ostgruppe ursprünglich mit der Westgruppe verbunden war, von der sie aber durch zwischengeschobene Stämme der höher zivilisierten Aruak- und Karaiben-Indianer seit langen Zeiten getrennt wurden. Die OstTukános kamen in ihr heutiges Wohngebiet als letzte Einwanderer, wo sie teils höher entwickelte Kulturen der Aruakgruppe, teils weniger fortgeschrittene wie die Makú antrafen. Die kulturellen Unterschiede zwischen den beiden Tukáno-Gruppen sind erheblich: die kompakte Westgruppe war weniger Fremdeinflüssen ausgesetzt und hat daher die ursprüngliche Kultur reiner bewahren können als die Osttukános, die stark zersplittert und von Völkern anderer Sprache und Kultur umgeben waren. Hier sind die Abweichungen auch von Stamm zu Stamm bedeutend größer. Zwischen den Ost- und West-Tukános besteht und bestand seit langem keinerlei Kontakt. Unter den Stämmen der Ostgruppe sind die Tukáno der wichtigste. Die Desána sind ihnen sprachlich und kulturell nahe verwandt. Die Wohnsitze der von Koch-Grünberg 1903—1905 zum ersten Male 6 und dann wieder 1911—1913 besuchten Tukáno liegen längs des Südufers des Rio Tiquié, eines Quellflusses des Rio Negro, und südlich vom Fluß, die der Desána auf dem Nordufer und weiter nördlich bis zum Rio Papury, ihrer ursprünglichen Heimat, wo noch die Hauptmasse des Stammes lebt. Die Desána werden von den Tukáno „papury-uára", d. h. Papury-Bewohner genannt. Ihre Sprache ist vom Tukáno verschieden, doch gehören beide zur selben Sprachgruppe, von Koch-Grünberg Betóya, heute allgemein Tukáno genannt. Die Desána stehen zu den Tukáno „in einer Art freundschaftlichem Untertanenverhältnis" 7 . Er fand auch deutliche somatische Unterschiede: die Desána sind plumper, grobknochiger, haben einen hohen Kopf mit gewölbtem Hinterhaupt, struppiges Haar, vorspringende Backenknochen, rohe Stumpfnasen mit dicker Nasenspitze und schlitzförmige schräg gestellte Augen. Die Tukáno haben dagegen runde Schädel, ein breites Gesicht mit gerade gestellten Augen und gutmütigem Gesichtsausdruck, einen großen Mund mit vollen Lippen, gerade Nasen mit breiten Nasenflügeln und welliges, bisweilen gelocktes Haar 8 . Sie bemalen das Gesicht, z. T. mehrmals täglich, mit roter Farbe in wechselnden Mustern, wozu sie Malstäbchen und auch hölzerne Rollenstempel mit eingeschnittem Muster benutzen. Die Desána nennen sich selbst Winá.
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Bei beiden Stämmen gehen die Männer vor allem dem Fischfang nach, der die hauptsächliche Nahrungsquelle darstellt, die Frauen arbeiten auf den primitiven Pflanzungen und sammeln Früchte im Wald. Die Alten bleiben ständig im Dorf. Die Religion der Tukáno, die Ute Bödiger ausführlich dargestellt hat, ist bei den Stämmen der Westgruppe einheitlicher als im Tiquié-, Uaupés- und Papury-Gebiet; beherrschend ist der Glaube an Geister. Im Osten ist diese Geisterreligion verbunden mit geheimen Männerfesten, die auf dem Yurupari-Mythos beruhen, in dem mythische Weisen auftreten, die bei den Tukáno vom Rio Tiquié noch echte Buschgeister sind, bei anderen Stämmen der Westgruppe aber teilweise bereits den Charakter von Kulturheroen angenommen haben. Die Buschgeister der Tukáno sind wie in der Westgruppe mit Bäumen verbunden, daher wird die Fruchtreife bestimmter Waldbäume zum Anlaß der Yurupari-Kultfeste. Diese Feste sind das Kernstück religiöser Überlieferung der Tukáno. Es sind Geheimkulte der Männer, ihr Charakter als Fruchtbarkeitsritus kommt auch darin zum Ausdruck, daß sie mit Initialfeiern für die Jünglinge verbunden sind. Bei ihnen werden bestimmte Flöten gebraucht, die als Verkörperung der Yurupari-Geister angesehen werden und von Frauen nicht erblickt werden dürfen, die Kulte, über die weiter unten noch berichtet wird, sind daher in allen entscheidenden Phasen für Frauen mit strengem Tabu belegt. In dieser Verwendung tabubehafteter Kultinstrumente, zu denen außer den Flöten auch Trompeten und Zeremonialstäbe zählen, ist nach U. Bödiger ein Einfluß höherer Kultur, in diesem Fall der Aruak zu sehen®. Auch die Existenz transzendenter Wesen bei den Osttukáno ist solchem Einfluß zuzuschreiben, zumal wenn es sich um Kulturheroen handelt. Aber auch die Buschgeister der Yurupari sind bei den Tukáno des Rio Tiquié mit transzendentalem Charakter behaftet.
DAS MUSIKLEBEN Den wichtigsten Anlaß zum Singen, Tanzen und Musizieren bilden die Feste. Von Musik außerhalb solcher kultischer oder sozialer Veranstaltungen berichtet Koch-Grünberg nichts, obwohl er Musikinstrumente erwähnt und beschreibt, z. T. auch abbildet, die in den Beschreibungen der Tanzfeste nicht erwähnt werden. Die Tanzfeste haben bei den Tukáno des Rio Tiquié keine Bindung an bestimmte Jahreszeiten, doch finden sie meist in den Trockenzeiten statt, da nur dann die von anderen Siedlungen herbeiströmenden Gäste ohne Gefahr und Mühe herankommen können. Sie richten sich auf einen mehrtägigen Aufenthalt ein, da solche Feste gewöhnlich mehrere Tage bzw. Nächte dauern. So schleppen die Eingeladenen ihren ganzen Hausrat mit, soweit sie ihn brauchen: Hängematten zum Schlafen, Töpfe zum Kochen, Körbe mit Proviant. Beim Eintreffen am Morgen des ersten Festtags werden
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sie von den Veranstaltern feierlich begrüßt und zerstreuen sich dann in die Hütten, wo sie bei Verwandten und Bekannten für die Dauer des Festes Unterkunft erhalten. Erst am Nachmittag, wenn die Mittagshitze vorüber ist, beginnt das Tanzfest, das bis spät in die Nacht andauert. Das endgültige Festende wird nach Koch-Grünberg durch das Versiegen des Getränke-Vorrats bestimmt 10 . Eine exakte Trennung von Zeremonialfesten und geselligen Tanzvergnügungen nimmt Koch-Grünberg nicht vor. Es ist auch fraglich, ob sie möglich ist, denn auch die ausgesprochenen Kultfeste dienen zu einem nicht unerheblichen Teil dem Vergnügen der Ausübenden wie der Zuschauer, und auch Lieder und Tänze, die sichtlich keine kultische Funktion haben, scheinen ehemals rituellen Charakter gehabt zu haben — sei es in früheren Zeiten innerhalb des Stammes, sei es bei anderen Stämmen. Bei einer geselligen Tanzveranstaltung, Kaschiri genannt, werden ebenso „ernste" Tanzgesänge, also wohl rituelle, wie auch andere vorgetragen, diese „aber nur so nebenbei", bisweilen mit improvisierten Texten, „und einschmeichelnden Melodien" 1 1 . Arbeitslieder hörte er nur bei den Makuschi (die zur Aruakgruppe gehören), wo die Frauen und Mädchen beim Reiben der Maniokwurzeln im Takt singen. Ein Kaschiri der Tukáno, dem Koch-Grünberg beiwohnte, hatte als Haupttanz einen, der von drei Knaben und einem Jüngling ausgeführt wurde, die verschiedene Figuren tanzten, wobei sie auf „primitiven Flöten bliesen, die sie sich in der Eile zurechtgeschnitten hatten" 1 2 . Die nebeneinander Tanzenden hatten die rechte Hand auf der linken Schulter des Nebenmanns, die linke Hand hielt die Flöte, die eine Melodie von drei Tönen erklingen ließ. Der Tanz bestand aus zwei Vorwärtsschritten, und einem Stampfschritt, die Bewegung der tanzenden Reihe erfolgt in einem Kreis. In den Pausen zwischen diesem, oft wiederholten Flötentanz wurden Tanzlieder gesungen, deren Texte aus Wiederholungen weniger Worte und Silben bestand, die jedoch kaum Sinn ergaben und nicht Tukánosprache waren. Auch den Sängern war ihr Sinn nicht bekannt. Koch-Grünberg vermutet, daß es sich hier um „uralte Tänze handelt, die über ein riesiges Gebiet verbreitet sind, mit jetzt unverstandenen Texten; wer weiß, welchem Stamm und welcher Sprache sie ursprünglich angehört haben" 1 3 . Unter den „ernsten" Tänzen ist der „beliebteste" ein Maskentanz. Die Tänzer tragen einen Hut aus langen Blättern, die das Gesicht teilweise verdecken und über die Schultern herabreichen. Röcke aus demselben Material reichen bis zur Erde. Die Tänzer tragen dazu lange Heulrohre. Einer von ihnen fungiert als Vortänzer und Vorsänger, die anderen bilden das „Ballett". An diesem Tanz nehmen außer den Männern auch Frauen teil 14 . Die Tänze der Osttukáno sind Darstellungen von Mythen. Die Tänze und die zugehörigen Gesänge sind von Zauberärzten oder von Tieren gelehrt worden. Daher haben diese Tänze häufig auch Tiernamen 1 5 . Bei einem großen Tanzfest, das Tuyúka am Cabary-Igarapé für ihre Tukáno-Nachbarn gaben, waren diese zunächst nur Zuschauer bei den Tänzen ihrer Gastgeber, die nach der
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Beschreibung Koch-Grünbergs von denen der Tukáno sichtlich verschieden waren. In der Tanzpause spielten die Gäste auf Panflöten und kleinen Gefäßflöten ohne Grifflöcher aus Hirschknochen und anderen Instrumenten 16 . Später tanzten dann auch die Tukáno, wobei die Männer prächtige Federkronen und Federkämme und anderen Schmuck anlegten. Um den rechten Fußknöchel wurden Rasselbänder getragen. Der Tanz vollzog sich „in offener Runde" mit zwei Vortänzern in der Kreismitte. Die Vortänzer trugen jeder eine Kürbisrassel, die übrigen Tänzer einen langen Stab, mit dem sie im Takt auf die Erde stampften. Nach einer Weile traten auch die Frauen zu dem Kreis der Tänzer, hielten sich jedoch außerhalb des Kreises „indem sie immer zwei Schritte vorwärts und zwei Schritte rückwärts machten und bald die linke, bald die rechte Hand auf die Schulter ihres Tänzers legten, der seine Partnerin mit dem rechten Arm um die linke Hüfte faßte. Der Tanz endete unter dem Beifallgeschrei der Tuyúka, die diesmal die Zuschauer bildeten und nun ihre Gäste mit Kaapi und Kaschiri bewirteten"". Bei diesem Fest sah Koch-Grünberg auch einen Panflötentanz von vier Tukáno-Jünglingen, die zu zwei Paaren „unermüdlich hin und wider sprangen und ihren Panflöten eine gellende Weise entlockten. Bisweilen kamen zwei von ihnen emsig flötend in das Haus hinein und tanzten dort so lange umher, bis sich ihnen zwei nackte Mädchen anschlossen, mit denen sie allmählich im nächtlichen Dunkel verschwanden18. Das Tanzfest endete kurz nach Sonnenaufgang. Von den Desána wird nur ein Tanz in einer Desána-Siedlung beschrieben. Er ähnelt den Doppelpaar-Tänzern der Tukáno: auch hier tanzen vier prächtig geschmückte junge Männer in einer Reihe nebeneinander, wobei sie die linke Hand auf die rechte Schulter des Nebenmannes legen, während die rechte ein Musikinstrument handhabt. Ein Paar schwingt eine Kürbisrassel, das andere benutzt ein sanduhrförmiges Heulrohr, dessen Unterende mit der Hand bald verschlossen, bald geöffnet wird19. Die wichtigste Zeremonie ist bei den Tukáno aber das Flötenfest zu Ehren des Obersten der Weltgeister Yurupary oder in der Tukánosprache Kóai. Dieses Fest findet statt, wenn die Früchte der Assai- und Bacába-Palmen reif sind. In feierlichem Zuge werden die Früchte in die Maloka, das Versammlungs- und Festhaus gebracht. Hierbei erklingen die Töne besonderer, sehr großer Flöten ohne Grifflöcher, bei deren Annäherung sich Frauen und Kinder in einem anderen Haus verstecken müssen. Meist sind es zwei Flöten, die hierfür gebraucht werden, verschieden lang und „genau aufeinander gestimmt. Der Tanz besteht in vierfachen Rundgängen . . . in raschem Marschtempo . . . Die Tänzer blasen dazu auf ihren Instrumenten, die sie mit der rechten Hand schräg abwärts halten . . . Die linke Hand ruht auf der rechten Schulter des Nebenmannes. Unter dem rechten Arm eingeklemmt tragen sie die lange Peitsche. Nach jeder Runde stellen sie sich nebeneinander auf. Der eine Tänzer nimmt seine Flöte in die linke Hand und bringt seinem Partner, der sein Instrument
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in die Höhe hält und aus Leibeskräften bläst, mit der Peitsche drei heftige Hiebe über Bauch und Seiten bei, so daß das Blut stromweise aus den klaffenden Wunden fließt. Ein Gesang findet nicht statt. Ein Tänzer löst den anderen ab, bis alle teilgenommen haben, und diese ernste Feier den gewöhnlichen harmlosen Tänzen Platz macht, an denen auch die Weiber sich beteiligen" 20 . Bei einem Yurupary-Fest der Tukáno am Umari-Igarapé tanzten sogar 24 Flötenbläser paarweise hintereinander. Sie hielten teils ihre Instrumente während des Blasens schräg aufwärts, teils schwenkten sie sie hin und her. Vortänzer war der Häuptling. Auch hier waren Frauen und Kinder in niedrigen Hütten mit dicht verschlossenen Ausgängen versteckt. Zu dem Federschmuck der Tänzer kamen noch Tanzschilde und Zierlanzen, die die als Zuschauer teilnehmenden Desána trugen. Die Zierlanzen sind zugleich Rasseln. Sie wie die Tanzschilde sind aus wirklichen Kriegswaffen hervorgegangen. Auch zwei lange Holztrompeten wirkten mit, sie wurden schräg gegen den Boden gestemmt und auf der Stelle geblasen. „Der Ton klang über die Maßen unheimlich, wie das stoßweise Heulen eines wütenden Tieres" 21 . Tanzschilde und Rassellanzen fand Koch-Grünberg auch bei den Tukáno des Rio Tiquié 22 . Die Yurupary-Tänze waren recht verschieden, je nach den Instrumenten, die dabei geblasen wurden. Mit den längsten Flöten wurde sehr langsam getanzt, mit kleineren Flöten in rascherem Tempo. Am Schluß des Festes gegen Sonnenuntergang wurden die jüngeren Teilnehmer ausgepeitscht und damit in den Geheimbund der Männer aufgenommen. Die Frauen dürfen die Flöten nicht nur nicht sehen, sie sollen nicht einmal von ihrer Existenz wissen, sondern ihre Töne für echte Geisterstimmen halten. Der Kóai, dem dieses blutige Fest geweiht ist, ist der Sohn des Stammesherren der Aruak-Stämme. Die Auspeitschung ist eindeutig als Fruchbarkeitsritus anzusehen. Das Weibertabu für die Flöten wie für die ganze Zeremonie hebt sie aus der Masse der sonstigen Feste und Tänze. Solche Flötentänze werden im ganzen Gebiet des Icána und seiner Nebenflüsse, zu denen auch der Rio Tiquié und der Rio Uaupés mit dem Rio Papury gehören, an deren Ufern die Tukáno und Desána leben, von allen Stämmen getanzt. Im Orinoco-Gebiet findet sich Ähnliches, statt der Flöten jedoch mit langen Holztrompeten 23 . Ehrenreich beschreibt ein ähnliches Fest bei Aruakstämmen des Rio Purús 24 . Schon Alexander von Humboldt berichtet von einem solchen Tanzfest mit aus Ton gebrannten 3—4 Fuß langen geraden Trompeten, die sich an mehreren Stellen zu Hohlkugeln erweitern. Auch hier diente das Fest der Fertilität der Palmbäume, war mit einer Geißelung verbunden und Tanz wie Instrumente waren für die Frauen und Kinder tabuiert. Erblickte eine die Trompete, wurde sie auf der Stelle umgebracht25. Es dürfte somit feststehen, daß der Yurupary-Ritus nicht zum ursprünglichen Kulturbesitz der Ost-Tukâno-Stâmme gehört sondern von den Aruakvölkern übernommen wurde. Diese Übernahme kann aber schon vor sehr langer Zeit erfolgt sein, denn die Tukáno halten die Kóai-Zeremonie für alten Stammesbrauch vom Anfang der Welt her 28 .
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DIE MUSIKINSTRUMENTE Die Tukáno und Desána des Rio Tiquié und Uaupés benutzen nur Idiophone und Aerophone. Es gibt weder Membraphone nodi Chordophone, soweit die Literatur erkennen läßt. In der Gattung der Selbstklinger (Idiophone) wird die Kürbisrassel erwähnt 27 (Bild 1). Sie ist mit Ritzmustern versehen und mit Federn behängt. Wenn sie nicht benutzt wird, wird sie in einem Beutel aus Rindenstoff aufbewahrt. Rasselbänder werden um den rechten Fußknöchel getragen. Sie bestehen aus Fruchtschalen, die an geflochtenen Bändern in einer Reihe aufgehängt sind. Tukáno und Desána benutzen sie in gleicher Gestalt 28 . Als Rasselstäbe sind die Tanzlanzen ausgebildet, die ursprünglich wohl richtige Waffen waren (Bild 2 und 3). Diese Zierlanzen sind aus schwerem rohen Holz gearbeitet und sorgfältig geglättet. Der Oberteil ist mit stets gleichbleibenden Ritzmustern aus Ringen und kreisförmigen Medaillons geschmückt. Die obere Spitze ist gabelförmig geschlitzt, zwei Knochenspitzen krönen die Gabelenden. Reicher Schmuck aus bunten Federn, Affen- und Menschenhaaren findet sich um den Oberteil des Schaftes angebracht, zu dessen Schutz nach dem Gebrauch ein zylindrisches Futteral aus Rohrgeflecht gestülpt wird. Die Spitze der Lanze trägt etwa 15 cm vor ihrem Ende eine spindelförmige Verdickung, die durch zwei schmale Längsspalten hindurch ausgehöhlt wurde. In die Höhlung sind kleine Kieselsteine eingebracht worden, nachdem man durch vorsichtiges Erwärmen der Hölzer die Öffnungen vorübergehend erweitert hatte. Diese Stabrassel wird stets mit einem Tanzschild zusammen getragen. Beide sind bei den Desána wie bei den Tukáno in Gebrauch, doch gelten die Desána als Urheber und haben noch das Monopol der Herstellung. Diese Gegenstände werden von ihnen an die anderen Stämme verkauft29. Ob auch die Stampfstäbe, die Koch-Grünberg bei dem gemeinsamen geselligen Kaschiri-Tanzfest der Tuguka und Tukáno am Cabary-Igarapé in den Händen der Tukáno-Tanzer sah, Rasselstäbe darstellen, ist aus seinen Angaben nicht ersichtlich. Die Tänzer trugen lange Stäbe, die sie beim Tanz im Takt auf den Boden stampften. Die Vortänzer trugen statt dieser Stäbe Kürbisrasseln. Da über das Aussehen dieser Stampfstöcke nichts gesagt ist, sollte man annehmen, daß es wirklich nur glatte Holzstangen ohne besonderen Schmuck und auch ohne Rasselgehänge oder Rasseleinlagen waren und somit eine eigene Art von Stampfidiophonen darstellten, deren organologischer Zusammenhang mit den Rasselstäben oder Zierlanzen der Desána unklar bleiben muß30. Die Schlitztrommel wird von den Tukáno nach Aussage von Koch-Grünberg nur als Signaltrommel gebraucht (Bild 4 und 5). Sie besteht aus einem etwa mannshohen Baumstammabschnitt von über 2 m Umfang. Das riesige Instrument wird zwischen vier in die Erde eingelassenen Holzpfosten in zwei Gurten schwebend aufgehängt. Die Oberseite trägt einen durchgehenden schmalen Schlitz, der an den Enden und in seinem Verlauf von vier Schallöchern in rundem Ausschnitt unterbrochen wird. Diese Schallöcher, durch die hindurch das
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Innere des Stammes mit Hilfe von Feuer ausgehöhlt worden war, sind in gleichen Abständen angebracht und teilen so den Schlitz in drei gleichlange Abschnitte. Diese Dreiteilung ist aber offenbar nur eine äußere, ornamentale Zutat. Denn eine Scheidewand, die in der Mitte des Trommelrohres stehen geblieben ist, teilt das Innere in zwei Kammern. Die Trommel ergibt zwei Töne verschiedener Frequenz. Die Seitenteile, also die kreisrunden Schnittflächen, sind mit geometrischen Mustern in gelber Farbe auf rotem Grund bemalt. Angeschlagen wird die Trommel mit zwei aus Holz geschnitzten Schlegeln, deren Kopf mit Kautschuk bezogen und mit Faserschnüren kreuzweis umwickelt ist. Getrommelt wird auf die Mitte des Schlitzes in der Höhe der Scheidewand. Die Trommel dient nur Signalzwecken, als Alarminstrument bei Kriegsgefahr und zur Ankündigung eines Festes. „Einige Tage vor einem großen Tanzfest wird jedesmal um die Wende der Nacht die Trommel geschlagen, auch am frühen Morgen des Festtages und von Zeit zu Zeit während des Festes zur Flötenbegleitung." Diese letztgenannte Verwendung wäre freilich keine Nachrichtenübermittlung sondern ein musikalischer Gebrauch des Instrumentes. Koch-Grünberg bringt eine Abbildung (Tafel VIII) auf der man die große Schlitztrommel vor dem Festhaus stehen sieht, daneben stehen fünf mit Federkronen geschmückte Tukáno, von denen vier je eine Panflöte blasen. 31 (Bild 5). Im tropischen Waldgebiet Südamerikas ist die Schlitztrommel weit verbreitet, Koch-Grünberg erwähnt sie bei verschiedenen Stämmen des von ihm 1903—1905 bereisten Gebietees der Nebenflüsse des Rio Negro. Die zwischen den Ost- und West-Tukinostämmen wohnenden Uitoto haben sie auch. Dort wird sie auch als Signalinstrument nur zu bestimmten Festtänzen gespielt; aber im Unterschied zu den Tukáno wird sie paarweise, als „Mann und Frau" gebraucht, und es gibt eine regelrechte Trommelsprache, die die Übermittlung sehr detaillierter Nachrichten wie in Afrika gestattet. Bei den Tukáno besteht eine Trommelsprache nicht — oder nicht mehr 32 . Ein Reibidiophon
aus dem Panzer der Landschildkröte (Yabuti), das im übrigen
in Südamerika und auch in Ozeanien häufig vorkommt, findet sich auch bei den Osttukâno-Stâmmen. Etwas Pech, das an die eine Öffnung geklebt ist, wird erhitzt, und wenn man nun darüber hinwegstreicht, wird ein Ton erzeugt, „der mit kläglichem Unkenruf eine gewisse Ähnlichkeit hat" 3 2 4 . Zahlreicher als die Idiophone werden die Aerophone erwähnt. Auch hier finden wir, wie bei jenen, primitive neben entwickelten Klangwerkzeugen vor. Der von Koch-Grünberg vermutete Einfluß der Anden-Kulturen zeigt sich gerade auch in den Musikinstrumenten, besonders bei den Grifflochflöten und der Panflöte, die beide nicht so recht in das Bild der zweiten Einwanderungsschicht passen wollen, zu denen die Tukánovolker zu zählen wären. Zur zweiten Schicht — die erste, die am besten von den Feuerländern vertreten wird, hat überhaupt keine Aerophone — gehört ganz sicher die Schwirrnuß33,
die aus zwei halben, leeren Fruchtschalen bestehen, die an
Schnüren so befestigt sind, daß die Öffnungen gegeneinander liegen. Durch straffes
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Spannen der Schnüre, die zuvor einige Male herumgewirbelt werden, bringt man die Nußschalen in eine rasche Rotation, während derselben die vorbeistreichende Luft in den hohlen Schalen Luftverdichtungen und Verdünnungen verursacht, die als Brummen oder Pfeifen hörbar werden. Bei den Tukáno gibt es sie in verschiedenen Fruchtarten und Größen. Sie wird nur als Kinderspielzeug gebraucht. Ein ebensolches ist der Brummkreisel34, der aus einer hohlen Tucumáfrucht besteht, in die an einer Seite ein Loch gebohrt wird. Diese Frucht hat einen Stiel, um den herum die Kreiselschnur gewickelt wird. Zieht man sie ab, tanzt der Kreisel auf der Spitze des Stieles und die an der Öffnung vorbeistreichende Luft bringt die eingeschlossene Luft zum Tönen. Ein primitives Aerophon der Erwachsenen mit ritueller Funktion ist das Heulrohr35, das von Koch-Grünberg leider unzureichend beschrieben ist (Bild 6). Es scheint sich nach der Abbildung um zwei Trichter aus Rindenstreifen zu handeln, die mit dem spitzen Teil auf einer Holzröhre aufsitzen, die abgeplattet und winklig zugeschnitten ist und als Handhabe dient. Sie wird mit Federkränzen geschmückt und verdeckt. In den einen der beiden völlig gleichen und symmetrischen Trichter wird hineingeheult, die Öffnung des zweiten Trichters mit der flachen Hand abgedeckt und teilweise wieder geöffnet, so daß die Heultöne in wechselnder Stärke erklingen. Das Instrument wird paarweise bei Kulttänzen gebraucht. Auch die Trompeten, von Koch-Grünberg auch Hörner genannt, können Heulrohre sein. Weder seine Beschreibung noch die Abbildungen schließen das aus36. Dieses stets paarweise auftretende Instrument ist ein aus langen Rindenstreifen spiralig gewickeltes Rohr von etwa 1,20 m Länge. Zur Versteifung sind außen zwei Holzstäbe in der Rohrlänge aufgebunden. Als Mundstück dient ein dickes Rohrstück. Der Rohrdurchmesser des Schallrohres ist für eine Trompete sehr weit — nach der Zeichnung Abb. 196 schätze ich ihn am Schallaustritt auf 25 cm, am Mundstück, das nicht sichtbar ist, auf wenig unter 10 cm. Das läßt den Verdacht aufkommen, daß ein so weites Rohr nicht als Trompete sondern als Heulrohr verwendet werden kann. Der Ton des Instruments wird als „unheimliches Heulen" beschrieben. Es gehört zum Yurupary-Fest und wird zusammen mit den Flötenpaaren verwendet, von den zwei Paare verschiedener, aber paarweise gleicher Größe mit 2 dieser „Trompeten" auftreten. Die Abbildung 197 im ersten Band von Koch-Grünbergs erstem Reisebericht (1910) zeigt den Aufmarsch der Yurupary-Musikanten zur Festhalle, der Maloka: zwei Flötenspieler bilden die Spitze des Zuges, gefolgt von den zwei Rindentrompetenbläsern und den beiden weiteren Flötisten (Bild 7). Das Rindenrohr dieser Trompeten wird jedesmal nach dem Gebrauch weggeworfen und nur das Mundstück zusammen mit den großen Flöten in einem nahen Bach verborgen aufbewahrt M \ Artenreich ist die Gruppe der Flöten bei den Tukáno und Desána vertreten. Bereits zum Kinderspielzeug abgesunken sind kleine Gefäßflöten aus den leeren Samenhüllen einer Baumfrucht (Bild 8). Die zwischen 7 und 10 cm langen, ovalen 2
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Gehäuse laufen in eine kurze Spitze aus, die beiderseitig durchbohrt ist, um eine Schnur hindurchzulassen, an der mehrere dieser kleinen Instrumente — in der Abbildung sind es sieben — zu einem Flötenschmuckgehänge zu vereinen. Die Wandung der Fruchtschale ist zweimal mit runden Löchern durchbohrt. Beim Blasen nimmt man die Spitze in den Mund „und bläst leicht über die beiden Seitenlöcher hin" 37 . Die Tonerzeugung erfolgt somit nach dem Prinzip der Kerbflöte. Es wird nur ein Ton erzeugt. In ähnlicher Art werden Gefäßflöten aus Tierschädeln benutzt, deren Öffnungen bis auf das Hinterhauptloch und die Nasenöffnung mit Pech verschlossen werden. Durch Uberblasen der freien Öffnungen wird die eingeschlossene Luft zum Schwingen gebracht38. Eine etwas entwickeltere Form der Gefäßflöte mit seitlichem Anblasloch und im Prinzip der Kerbflöte stellen die kunstreichen Desána aus gebranntem Ton her (Bild 9). Es sind etwa 16 cm hohe ovale Tonvasen mit zurückgebogenem oder flachem Rand an der Öffnung, unten spitz zulaufend, in der Mitte mit einem Wulstring. Unterhalb dessen befindet sich ein Loch, das als Anblasöffnung dient. Das Instrument wird quer an den Mund gehalten, die über das Loch hinstreichende Luft stößt gegen dessen Kante und erzeugt so den Ton. Äußerlich ist das Gefäß schwarz glasiert und mit gelb eingefärbten Ritzmustern verziert. Die Knochenflöten der Tukáno, von denen Koch-Grünberg vier abbildet, sind aus den Schenkelknochen des Hirsches und Jaguars gewonnen (Bild 10). Zwei davon, die Jaguar-Flöten, haben eine Einkerbung am oberen Rand, sind also eindeutig Kerbflöten. Bei den Hirschflöten ist ein dreieckiges Blasloch in die Wandung unter dem verdickten und geschlossenen Oberende eingeschnitten. Es könnten also Kernspaltflöten sein. Alle Knochenflöten haben drei Grifflöcher in gleichen Abständen. Die Rohrlänge liegt um 20 cm herum. Eine Flöte ist mit einem Kranz aus Flügeldecken eines großen Käfers geschmückt, der vielleicht auch ein Rasselgehänge darstellt39. Die Flöten sind nach Koch-Grünberg sehr beliebt, weil man sie leicht überall mitnehmen kann und sie nicht so zerbrechlich sind wie die F löten aus Rohr oder Holz. Diese sind durchweg Spaltflöten, z. T. mit Außenspalt. Die größten Formen sind die primitivsten der Konstruktion nach und, wie überall und bei allen Instrumenten, die ältesten. Es sind die Flöten, die bei der Yurupary-Zeremonie gebraucht werden, große bis 1,5 m lange Holzflöten aus dem Holz der Paxiubapalme, die am Rio Tiqué Yapuratú heißen und nicht nur bei den Tukáno selbst sondern bei vielen benachbarten und kulturverwandten Völkern vorkommen (Bild 11). Das glatte Rohr ist astfrei und ohne Grifflöcher. Sie werden stets paarig verwendet, und ihre Tonhöhe ist aufeinander abgestimmt40. Das Unterende ist etwa bis zu einem Drittel der Rohrlänge mit weißem Ton bemalt oder mit Ritzmustern bedeckt, die mit weißem Ton ausgefüllt sind. Bei den Siusi und Kána ist das weiße Ritzmuster in Form eines breiten Zierringes etwa in einem Drittel der Flötenlänge angebracht, darum schlingt sich ein Ring mit einem Gehänge aus weißen Pflanzenfasern41. Die Flöten der Siusi vom Rio Aiury sind schmucklos42. Es handelt sich um Kernspaltflöten: das obere Ende
DIE MUSIK DER TUKÁNO UND DESANA
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ist mit Pech verschlossen, ein dünner Kanal ist offen gelassen, durch den die Luft zu dem rechteckigen, nahe dem oberen Ende gelegenen Aufschnitt geführt wird. Die scharfe Schneide wird durch oberhalb wie unterhalb des Aufschnitts aufgelegte Blattstreifen oder dünne Holzspäne gebildet, die fest an das Rohr geschnürt sind. Trotz der fehlenden Grifflöcher können diese Yapuratú-Floten mehrere Töne spielen, da infolge ihrer großen Länge und relativen Enge der Rohre durch Überblasen eine ganze Reihe von Partialtönen ansprechen43. Das Unterende ist offen. Diese Flöten gelten als heilig und dürfen Frauen und Kindern nicht gezeigt werden. Sie treten nur bei den Yurupary-Festen in Erscheinung, wo sie zu zweien, vieren oder mehr bis zu 12 Paaren auftreten. Sie werden nach dem Fest bis zum nächsten im Wasser verborgen aufbewahrt. Sie sind Stammes- oder Dorfeigentum. Der Name Yapurató ist offenbar eine Verballhornung des Aruakwortes Yapurutú, wie ja auch der ganze Yurupary-Kult, wie bereits erwähnt, von den Aruak übernommen zu sein scheint. Die Tukáno nennen die Flöten mit einem eigenen Namen auch Kóai, was zugleich auch der Name des Flötenfestes mit der Auspeitschung der Jünglinge ist 44 . Neben den großen Flöten zum Yurupary-Tanz gibt es noch verschiedene kleinere Spaltflöten aus Holz oder Rohr. Diese haben dann auch zwischen zwei oder vier Grifflöcher, die z. T. auf Vorder- und Rückseite verteilt sein können. Grifflochlos sind die Yaputi-Flöten aus dem Holz der Yaputi-Palme, deren unten offenes Ende in einen gabelförmigen Ausschnitt mündet. Sie sind rot bemalt und zuweilen mit weißen Pflanzenfasern geschmückt. Die Tukáno nennen sie buá. Der Aufschnitt, das Labium und die Anblastechnik sind dieselben wie bei den großen Yaputatu-Flöten. Wie bei diesen wird der Tonvorrat durch Überblasen gewonnen. Sie sind ca. 70 cm lang und damit kaum kleiner als die kürzeren Yapuratu-Flöten45. Eine weitere Spaltflöte der Tukáno46 von etwa 45 cm Länge hat den Aufschnitt mit aufgebundenem Labium im oberen Drittel und vier Grifflöcher im unteren. Sie ist unten geschlossen, also gedackt. Nach Koch-Grünberg sind alle Spaltflöten mit tief sitzendem Aufschnitt gedackt, mit hoch angebrachtem aber stets offen47. Die Panflöten gehören sicher nicht zum Urbesitz der Tukáno-Völker. Sie stammen wohl aus den Andenkulturen, obwohl sie in ganz Südamerika allgemein verbreitet sind. Die Instrumente der Indianer vom Rio Tiquié werden stets paarweise gebraucht. Sie haben zwischen fünf bis siebzehn Rohre, die stets gedackt sind. Die Anordnung der Flöten erfolgt nach der Größe in Floßform, die Ligatur ist einfach und meist gerade. Sie werden zum Tanz von den Tänzern gespielt48 (Bild 12 und 5).
ANMERKUNGEN 1
2
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von Hornbostel, E. M.: Musik und Musikinstrumente der Makuschí, Taulipáng und Yekuaná. In Th. Koch-Grünberg, Vom Roroima zum Orinoco, Band III, Stuttgart 1923, S. 397—440. Bernatzik, Hugo: Die große Völkerkunde.
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FRITZ BOSE
Bose, Fritz: Die Musik der Uitoto — Berlin 1934. Briizzi, Alves da Silva Alcionilio: Discoteca Etno-Linguistico-Musical das tribos dos rios Uaupcs, 'Icana e Canaburi. Sao Paulo 1961. 5 Bödiger, Ute: Die Religion der Tukáno. Kölner ethnologische Mitteilungen 3, Köln 1965, S. 7. 6 Koch-Grünberg, Theodor: Zwei Jahre unter den Indianern. Reisen in Nordwest-Brasilien 1903—1905. Band I Berlin 1909, Band II Berlin 1910. ' Vgl. Anmerkung 6, Band I, S. 241. 8 ebenda. 8 Vgl. Anmerkung 5, S. 183. 10 Koch-Grünberg, Theodor: Vom Roroima zum Orinoco, Band III. Stuttgart 1923, S. 154 ff. 11 ebenda, S. 162. 12 Vgl. Anmerkung 6, Band I, S. 253. 13 Vgl. Anmerkung 6, Band I, S. 253. 14 ebenda, S. 157 f. 15 ebenda, S. 161. 16 ebenda, S. 292. 17 ebenda, S. 293. 18 ebenda, S. 293. l e ebenda, S. 261. 20 ebenda, S. 188. 21 ebenda, S. 345. 22 ebenda, Abbildung 221. 23 ebenda, S. 189. 24 Ehrenreich, Beiträge zur Völkerkunde Brasiliens. Veröffentlichungen aus dem Kgl. Museum für Völkerkunde, Berlin 1891, S. 70 f. 25 von Humboldt, A. : Reise in die Aequinoctial-Gegenden des neuen Kontinents. Deutsche Bearbeitung von H. Hanff, Stuttgart 1860, S. 295 u. 323 ff. 26 Vgl. Anmerkung 6, Band I S. 189. 27 ebenda, S. 87, 292, 318 u. Abb. 198. 28 ebenda, S. 292 u. Abb. 173. 29 ebenda, S. 343—345 u. Abb. 219, 220. 30 ebenda, S. 292 f. 31 ebenda, S. 254, 276 ff., Band II S. 3 f.; 291, 315. 32 ebenda, Band II, S. 302 f.; vgl. Anm. 3, 5, 6 f. 32a Vgl. Anmerkung 6, Band I, S. 304 u. Abb. 105. 33 ebenda, S. 274 u. Abb. 153. 34 ebenda, S. 119 u. Abb. 68. 33 ebenda, S. 260 f. und Abb. 143. 38 ebenda, S. 314 ff., 345 u. Abb. 196,197. 3 M ebenda, S. 316. 37 ebenda, S. 303 u. Abb. 183. 38 ebenda, S. 303 f. u. Abb. 184. 39 ebenda, S. 302 f. u. Abb. 181. 40 ebenda, S. 85. 41 ebenda, Abb. 45. 42 ebenda, Abb. 113. 43 ebenda, S. 188 f. 44 ebenda, S. 186 ff., 299 ff., 314 ff., 342 u. Abb. 113,179,195,197. 45 Vgl. Anmerkung 6, Band I, S. 302 u. Abb. 180 a. 48 ebenda, Abb. 180 f. 47 ebenda, S. 302. 48 ebenda, S. 293, 300, Abb. 178 u. Tafel VIII. 3
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DIE MUSIK DER TUKÁNO UND DESÁNA
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DIE MUSIKBEISPIELE Es scheint zweckmäßig, die Vokalstücke von den Instrumentalweisen getrennt zu behandeln, da letztere in mancherlei Hinsicht anders geartet sind und auch stets für sich allein und nicht in Verbindung mit Gesang gebraucht werden. Ferner empfiehlt es sich, zwischen den älteren Aufnahmen Koch-Grünbergs und den neueren des Pater Brüzzi zu unterscheiden, die zwar im gleichen Gebiet aber nicht genau am gleichen Ort und mit einem Zeitabstand von etwa zwei Generationen gewonnen wurden. Die Vokalstücke
der
Koch-Grütiberg-Sammlung
Von den sechs hier vorgelegten Melodien stammen die ersten vier vom Rio Papury, die beiden letzten vom Rio Tiquié. Die ersten fünf hat Koch-Grünberg nur als „Tanzgesänge" bezeichnet, nur bei dem sechsten Stüde gibt er einen Titel und die Bezeichnung Chorlied an. Da es sich, vor allem in der Tonalität, von den anderen unterscheidet, könnte es eine besondere Gattung vertreten. Die „Tanzgesänge" sind vermutlich rituelle Festlieder, wie sie Koch-Grünberg bei der Schilderung der Tukáno- und Desána-Feste mehrfach erwähnt hat. Zu welchem Fest und zu welchen Tänzen sie gehören, ist nicht angegeben und den Aufnahmen selbst nicht zu entnehmen. Alle Stücke der Sammlung Koch-Grünberg sind ohne jede Begleitung aufgenommen, auch ohne Rasseln, Trommeln oder sonstige Geräuschinstrumente. Die fünf Tanzgesänge haben eine recht einheitliche Gestalt, wenn man davon absieht, daß Nr. 2 nur eine geringfügige Variante von Nr. 1 ist. Tonal sind sie durchweg halbtonfrei pentatonisch. Der Umfang beträgt in Nr. 1 und 2 eine Oktave, in 4 und 5 eine Septime, in 3 und 6 eine Sexte. In Nr. 3 und Nr. 4 ist die obere Terzlücke jeweils in einer Strophe einmal durch einen Halbtonschritt aufgefüllt, doch ist dies in Nr. 3 wohl nur eine unpräzise Intonation (Strophe 4, Takt 2), in Nr. 4, Strophe 5, Takt 2 handelt es sich um einen Durchgangston. Die Lage der Haupt- und Finaltöne wechselt, es ist also nicht immer dieselbe Leiter bzw. derselbe Modus. Mit Ausnahme von Nr. 3, dessen Umfang von nur einer Sexte das nicht zuläßt, sind zwei Quinten- oder Quarten-Rahmenstrukturen miteinander verknüpft. Die Strophen sind durchweg dreiteilig, jedoch von ungleicher Länge, da die einzelnen Strophenteile stark variieren und auch häufig wiederholt, verkürzt oder verlängert werden. Diese Abweichungen, die eine Normalgestalt der jeweiligen Melodie nicht erkennen lassen, sind offenbar textbedingt. Nur in Nr. 1 und 2 enden die Strophen stets in einer stereotypen Schlußformel von Refraincharakter, die wohl durch stets gleichbleibende Textierung veranlaßt ist. Sonst ist diese wohl nicht so, daß eine annähernd gleiche Silbenzahl auf die Strophenteile und die Strophen selbst entfällt. Dennoch ist der Aufbau dieser Tanzgesänge nicht prosodisch sondern liedhaft, auch bei sehr wechselnder Gestalt der Strophen. Das zeigt sich darin, daß mit Ausnahme von Nr. 5 die Gesänge mehr oder weniger klar taktmäßig gegliedert sind.
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FRITZ BOSE
Nr. 1 , 2 und 3 zeigen eine Gliederung in einer Verknüpfung von geradtaktigen Triolengruppen, die man als 6/8 Takt auffassen kann, Nr. 4 eine regelmäßige Folge von zwei- und dreigliedrigen Zähleinheiten, die als 5/4 Takt notiert werden können. Die rhythmischen Figuren variieren wie die melodischen, wobei Ähnlichkeiten der Motivik unverkennbar sind. Nr. 6 fällt stark aus diesem, im ganzen doch recht einheitlichen Bild. Tonal wird dieses Chorlied von der Diatonik bestimmt; der Umfang ist eine Sexte, wenn die Metrik anfangs auch verschwommen ist, so stellt sich doch schließlich ein regelmäßiger 4/4 Takt als Norm heraus. Einzig Strophenbau und Motivik ähneln denen der übrigen 5 Stücke. Im ganzen wirkt dieser Gesang fester und bestimmter gebaut, der Liedcharakter ist stärker betont als bei den rituellen Tanzgesängen. Es scheint sich um einen anderen Typ zu handeln, vielleicht um eines jener Lieder, die in den Festpausen gesungen wurden (vgl. S. 12). Die Vokalstücke
der Sammlung
Brüzzi
Auch diese Stücke stammen von Ost-Tukäno-Stämmen, also aus derselben Gegend und aus dem gleichen kulturellen Bereich wie die Koch-Grünberg-Aufnahmen. Diese zwölf Gesänge sind zu trennen in diejenigen mit kultischer oder magischer Funktion (Nr. 7—11) und die Mädchen- und Frauenlieder, von denen eine solche funktionelle Bindung nicht bekannt ist. In der ersten Gruppe der fünf rituellen Gesänge sind zwei von Männern gesungen, die drei Totenklagen von Frauen. Von diesen sind vier mit halbtonfrei pentatonischen Leitern, nur der Zeremonialgesang (Nr. 7) hat eine Leiter, die wohl ebenfalls im Kern pentatonisch ist, bei der jedoch die obere Terzlücke zuweilen im Strophenanfang durch einen Halbton überbrückt ist, der bald näher zum oberen, bald zum unteren Terzton liegt. Hier ist der Tonumfang eine Oktave. Eine strophische Gliederung ist gegeben, doch sind die Strophen sowohl im Aufbau wie in der Motivik sehr unterschiedlich. Eine Zweiteilung der Strophe ist erkennbar, nicht jedoch eine metrische Gliederung. Die Akzente fallen auf jeweils andere Zähleinheiten. Der Gesang hat eher rezitativischen als Liedcharakter. Am Beginn wie am Schluß wird der Gesang von Glissando-Figuren eingeschlossen. Er wird nach einer gesprochenen Passage in ähnlicher Art fortgesetzt. Auch der Krankenkurgesang (Nr. 8) ist nicht liedhaft, sondern stärker noch als der Zeremonialgesang rezitierte Prosa. Ständiges Rasseln begleitet ihn; er wird von Keuchen, Stampfen, Pusten und Stöhnen eingeleitet und mehrfach unterbrochen. Der Tonvorrat der rezitierten Passagen ist halbtonfrei pentatonisch im Umfang einer Sexte. Ebenso sind die beiden Totenklagen der Tukáno (Nr. 9 und 10) nicht liedhaft gestaltet, obwohl sie Strophenform haben. Von Nr. 9 ist nur eine, sehr umfangreiche Strophe notiert, in der sich drei Motive erkennen lassen, die sich zu sechs Strophenteilen gruppieren. Bei Nr. 10 ist nur der Strophenbeginn eine regelmäßig wiederkehrende Motivgestalt. Die Weiterführung der Melodie geschieht danach in jeweils
DIE MUSIK DER TUKÁNO UND DESÂNA
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anderer Weise, nur in Strophe 3 und 4 ist eine festere Gestaltung erkennbar. D a diese Klagegesänge wohl auch hier wie überall in der Welt vom Text her, dem Anlaß angepaßt, improvisiert werden, muß auch in der melodisch-rhythmischen Gestaltung eine weitreichende Freiheit des Interpreten angenommen werden, so daß diese Gesänge ausgesprochen improvisiert wirken. Feste melodische Formen liedhafter Prägung wird man hier nicht erwarten können. Die Tonleitern bei den TukánoKlagen stimmen überein. Sie sind diatonisch, haben aber eine Terzlücke, die nur von einem Wechselton ausgefüllt wird, der nur gelegentlich auftritt. Die Desána-Totenklage (Nr. 11) ist dagegen rein pentatonisch und nur aus Sekunden und Terzen aufgebaut. Überraschend groß ist der Ambitus dieser Leiter, er überschreitet die Oktave, die als Rahmenstruktur auftritt, nach oben um eine Kleinterz im Initialmotiv, nach unten in drei der fünf notierten Strophen am Zeilenende durch ein unbetontes Fallenlassen der Stimme von der Tonika um eine Quarte. In Strophenbau und Motivik entspricht diese Klage dem Typ der Frauenlieder der Sammlung Brüzzi: ein Anfangsmotiv (A) betont den oberen Bereich der Leiter, der Mittelsatz (B) umspielt im Bogenmelos die Mitte der Skala, der Schlußteil (C) repetiert die Tonika. Die restlichen Vokalstücke sind Vokallieder der Tukáno (Nr. 12—18). Die Frauenlieder (Nr. 12—14) sind von den Mädchenchorliedern (Nr. 15—18) nicht wesentlich verschieden. Allen gemeinsam ist die Anlage in Strophenform, der Aufbau der Strophe aus meist drei Motiven, eine feste metrische Grundform und schlichte rhythmische Gestalten entsprechend den einfachen melodischen Motiven, die durchweg die bereits beschriebene Form haben. Wichtigster Stilunterschied zwischen Frauen- und Mädchenchorliedern ist die tonale Anlage: die Mädchenlieder tendieren zur Diatonik, die Frauenlieder zur Pentatonik. Rein halbtonfrei pentatonisch ist lediglich Nr. 12. Diese Leiter im Oktavumfang hat unten eine Terzlücke (a—c'), die obere Terzlücke (e'—g') ist durch eine kleine Sekunde überbrückt, jedoch tritt sie nur stellvertretend für die Quinte e' auf, niemals als selbständig intoniertes Intervall. Sie ist gleichsam eine Schärfung der Quinte, vielleicht sogar nur eine ungenaue Intonation. Dieses Lied hat noch eine Besonderheit, die sie aus der Masse der übrigen heraushebt: es hat eine zweigeteilte Strophe, jeder Strophenteil hat zwei Motive, von denen das erste einen Aufschwung, das zweite einen Abstieg darstellt; diese beiden Kadenzmotive sind in beiden Strophenhälften identisch. Der metrische Aufbau ist ganz regelmäßig, alle vier Takte sind gleich lang. Das Frauenlied Nr. 13, von einer anderen Sängerin dargeboten, hat dieselbe Bezeichnung, ist aber mehr als nur eine Variante. Zwar ist es in den Motiven sehr ähnlich, doch stimmen weder Leiter noch Strophenbau überein. Die gleichfalls rein pentatonische Leiter verwendet nur vier Töne im Quintrahmen. Die Strophe hat drei motivisch eigenständige Teile und ist auch unregelmäßiger gebaut: in Strophe 6 fehlt der Schlußteil C, in der 7. Strophe ist der Anfangsteil A verkürzt, der überhaupt, wie auch in anderen Liedern, am stärksten variiert. Auch das dritte Frauenlied (Nr. 14) ist dreiteilig angelegt. Die Motive sind die erwähnten drei Typen.
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FRITZ BOSH
Jedes Motiv ist eine Einheit, das Metrum ist konstant, im ersten Motiv (A) werden 6 Zähleinheiten, im Mittelteil 7 und im Schlußteil gleichfalls 7 vereinigt. Die Leiter hat Oktavumfang, ist im Kern pentatonisch, der die obere Terzlücke überbrückende Sekundschritt tritt nicht als solcher auf, diese Sekunde führt zur Quarte unter Auslassung der Quinte, so daß wieder ein Kleinterzintervall gebildet wird. Die scheinbar diatonische Leiter stellt sich somit als Verquickung zweier pentatonischer Modalreihen dar. Von den vier Mädchen-Chorliedern sind die Beispiele 15 und 16 gleichfalls in einer im Kern pentatonischen Leiter. In Nr. 15, wo der Ambitus eine Sexte ist, wird in den Strophen 5 und 7 die Terzlücke durch einen Sekundschritt überbrückt, sonst aber stets offen gelassen. Der Gesang hat eine zweiteilige Strophe, wobei jeder Strophenteil zwei Motive hat, von denen die ersten identisch sind: ein Abstiegsmotiv (A) mit Betonung des oberen Haupttones (c), auf dem die Halbzeile dann kadenziert. In Teil Β endet der Abstieg mit einer Repetition des unteren Haupttones (a). Dieses Terzintervall ist also der eigentliche Melodiekern. Die beiden Töne c und a sind die weitaus häufigst gebrauchten. Sie werden nach oben und unten mit einer großen Sekunde umspielt. Die Unterterz unter der Finalis tritt nur einmal auf (Strophe 6). Dieser Gesang stellt also einen besonderen Typ dar, vor allem im Hinblick auf die abweichende Motivik und die Gliederung der Strophe. Nr. 16 hat dagegen wieder die übliche dreiteilige Strophe mit den typischen Motiven. Die Leiter ist im Oktavrahmen von c—c' pentatonisch, nach oben wird sie aber um einen Halbtonschritt erweitert, der als emphatische Überhöhung der Oktave aufzufassen ist. Die beiden restlichen Mädchenlieder Nr. 17 und 18 haben dagegen diatonische Skalen. Auch in 17 pendelt die Melodie um die zentrale Terz a—c', doch wird die diese teilende Sekunde im dritten Motiv regelmäßig und in dynamisch betonter Stellung verwendet. Über dem Kernintervall wird eine große Sekunde als oberer Wechselton, unterhalb desselben ein Halbton als unterer Wechselton und Leitton zur Tonika gebraucht. Die Strophe ist vierteilig, wobei je zwei Motive zusammengehören, so daß eine Parallele zu Nr. 15 erkennbar wird. Nr. 18 hat sogar fünf Strophen-Teile, die sich ebenfalls zu einer zweiteiligen Gruppierung zusammenschließen (ABC + DC). Die ersten drei Teile bilden einen stufenweisen Abstieg zur Tonika, die beiden folgenden eine Umspielung desselben nach oben und unten. Auch das ist ein etwas abweichender Typ. Die Leiter ist diatonisch im Umfang einer Septime. Allen vier Mädchen-Chorliedern ist gemeinsam, daß sie metrisch und rhythmisch präzis gestaltet sind, wenn auch die Einordnung in ein Taktschema schwierig, in Nr. 18 unmöglich ist. Die
Instrumentalstücke Die Flötenstücke, als Duette bezeichnet, stammen aus der Sammlung Koch-
Grünberg II. Trotz kleiner Abweichungen sind sie alle vom gleichen Typ und stellen nur Varianten derselben dar. Leider ist nicht angegeben, um welche Flötenart es sich
DIE MUSIK DER TUKÁNO UND DESÁNA
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hierbei handelt. Bei meinen Bemühungen im Jahre 1953, aus den damals noch im Schloß zu Celle verlagerten Beständen des Völkerkunde-Museums Berlin Flötenpaare aus der Sammlung Koch-Grünberg (Brasilien) zu finden, deren Tonvorrat dem der Walzenaufnahmen entsprach, konnte ich zwar einige Kernspaltflöten finden, die Grifflöcher hatten, aber sie gaben nicht die auf den Walzen auftretende Tonfolge. Es ist daher möglich, daß es sich um Aufnahmen der bei den Tukáno Kóai genannten heiligen yapuratu-Flöten ohne Grifflöcher handelt, deren Töne durch Überblasen in der Naturtonreihe erzeugt werden. Das wäre durchaus denkbar, es könnten die Töne vom 8. bzw. 10. Partialton bei den Desána-Stücken sein, womit die zu tiefe Intonation des a als 13. Partialton passen würde. Diese Flöten werden stets paarweise gebraucht, und sind nach Koch-Grünberg in gleicher Stimmung, allerdings auf den Walzenaufnahmen nicht sehr exakt eingestimmt. (Vgl. S. 1 8 , 1 9 und Abb. 11.) Bei den in Celle untersuchten 49 Flöten waren die die Schneide bildenden Blattstreifen lose oder fehlten ganz, so daß die Instrumente nicht angeblasen werden konnten. In der diatonischen Skala c—c (bei dem Tukánostück tritt noch die Oberquarte f' hinzu) wird der tiefste Ton nur selten benutzt, im ersten Desána-Stück fehlt er gänzlich (Nr. 19). Finalis ist der zweite Skalenton d, der primär wichtigste Melodieton ist jedoch dessen Quarte, g. Bei den Desána-Stücken tritt zu dieser das c', so daß zwei aufeinander stehende Quarten das Gerüst der Leiter bilden. Diese tonale Struktur findet sich in den Vokalstücken nicht. Dagegen ähneln der Strophenbau wie auch die Motivik denen der Vokalmusik. Thematisch stimmen alle vier Stücke gut überein, doch sind die formalen Unterschiede erheblich. Der Versuch, die einzelnen Motive zu Strophen zu ordnen, ist nur teilweise überzeugend, und auch da, wo eine refrainartige Schlußformel eine solche Ordnung plausibel macht, wie in Nr. 20, weichen die übrigen „Strophen"-Teile beträchtlich voneinander ab. Im Prinzip bestehen diese Flötenstücke aus Reihungen von Abstiegmotiven. Gleich lange und gleich verlaufende „Strophen" finden sich nicht. Die gleichsam stotternde Melodieführung in Nr. 20 und 22 kann ein Hörfehler sein, verursacht durch das Nachklappen einer der beiden unisono blasenden Flöten. Gelegentlich tritt eine Zweistimmigkeit auf, besonders an den Motivenden, wo die eine der beiden Flöten von dem zentralen zum unteren Hauptton absinkt, während die andere auf dem Zentralton kadenzierend verharrt. Auch die Panflöte wird bei den Tukáno paarweise gebraucht. Die auf den Aufnahmen Pater Brüzzis gespielten Instrumente stimmen gut überein. Es wird unisono musiziert. Neun Rohre sind in den beiden Stücken verwendet, im zweiten tritt der höchste Ton nur in dem Schluß-Glissando am Ende des Stückes in Erscheinung. Die Leiter, die die Flötenrohre bilden, ist recht eigenartig: Vom vierten Rohr an, von der Tiefe her gerechnet, bilden die Rohre eine diatonische Skala, wobei aber die Intervalle nicht „rein" gestimmt sind. Im ersten Stück ist in dieser Leiter die Quinte, im
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FRITZ BOSE
zweiten die Quarte oberer Hauptton. Vom Zentralton g an abwärts bilden die vier unteren Rohre die Folge Kleinterz, Großterz, Quarte und ergeben somit einen zerlegten Dreiklang auf c in der 2. Umkehrung (Quart-Sext-Akkord). Tonika und Finalis ist c. Der Zentralton g ist der am häufigsten vorkommende, an zweiter Stelle rangiert im ersten Stück das a, im zweiten die Finalis c, da hier in der ersten Melodiezeile die Motive A und Β fehlen, in denen a und g die meist gebrauchten Töne sind. Läßt man aber die unvollständige Strophe 1 fort, bleibt es auch hier bei der Häufigkeitsreihenfolge g, a, c. Die Stücke zeigen strophische Anlage mit allerdings ζ. T. starker Variation der Motive wie der Zahl der Strophenteile, besonders im ersten Stück, wo die Strophen teils vier, teils fünf Unterteile, jedoch stets nur drei Motive haben. Im zweiten Stück werden die Motive nicht wiederholt, so daß diese Strophen stets dreiteilig sind. Von der 4. Strophe an stellt sich eine feste Form ein, die dann durch alle folgenden Strophen genau beibehalten wird. Dieses Stück ist auch metrisch gefügt, man kann einen 6/4 Takt unterlegen. Im ersten Stück gliedert sich das melodisch-rhythmische Geschehen in 6/4, 4/4 und 3/4-Abschnitte in unregelmäßiger Folge. Die rhythmischen Figuren sind ausgeprägte Gestalten und kommen meist an gleicher Stelle in gleicher Art vor. Synkopische Bildungen sind im ersten Stück anzutreffen (wie auch in den Vokalstücken 18 und 9). Die Motive auch dieser Instrumentalstücke ähneln denen der meisten profanen Gesänge: die Α-Motive sind Abstiegbewegungen, die B-Teile umspielen den Zentralton, im zweiten Stück führen sie auch danach den Abstieg zur Finalis fort, im C-Motiv wird die Finalis hervorgehoben, allerdings nicht, wie in den Vokalstücken, durch mehrfache rhythmische Wiederholung, sondern ebenfalls durch Umspielungsfiguren.
NOTENBEISPIELE 1 Tukáno — Tanzgesang, Rio Papury
27 K-Gr. 11,10
28
NOTENBEISPIELE
2 Tukáno — Tanzgesang, Rio Papury
K-Gr. Π, 11
NOTENBEISPIELE 3 Tukáno — Tanzgesang, Rio Papury
29 K-Gr. II, 12
30
NOTENBEISPIELE
4 Tukáno — Tanzgesang, Rio Papury
10
K-Gr. II, 13
NOTENBEISPIELE 5 Tukáno — Tanzgesang, Rio Tiquié, Pary-Cadireira Sänger: Agostino
Rest unhörbar
31
32
NOTENBEISPIELE
6 Tukáno — Chorlied „Uachpiri", Rio Tiquié
K-Gr. II, 24
33
NOTENBEISPIELE 7 Tukáno — Zeremonialgesang ,,bwá baxsá"
M.S.R.N. 004—A—13
J. = 138
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nach Pause Fortsetzung in derselben A r t ha!
3
Jahrbuch mus. Völkerkunde 6
34
NOTENBEISPIELE
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NOTENBEISPIELE
37
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38
NOTENBEISPIELE
15 Tukáno — Mädchenchorlied „waikhana poué", Pirá-tapuya
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NOTENBEISPIELE
39
16 Tukáno — Mädchenchorlied „doxhé peheari maxsá", Pirá-tapuya
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40
NOTENBEISPIELE
17 Tukáno — Mädchenchorlied „axpéye pêru baxsá" A _
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M.S.R.N. 004—A—4
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18 Tukáno — Chorlied „sinïgôti" Λ
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F 4 = 3, 5 = 2. Strophe 1 schlecht zu hören.
41
NOTENBEISPIELE
K-Gr. II, 17
19 D e s á n a — Flötenstück I (2 Flöten) 1
20 D e s á n a - Flötenstück II (2 Flöten) Λ A Jttri j
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K-Gr. II, 18
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42
NOTENBEISPIELE
21 D e s i n a — Flötenstück III
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