Internationales Gesellschaftsrecht in Japan: Im Vergleich mit dem Internationalen Gesellschaftsrecht in der EU und in Deutschland 9783161534508, 9783161533686

Das Internationale Gesellschaftsrecht steht im Fokus von Wissenschaft und Praxis in der EU. Auch der japanische Gesetzge

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Hinweise
Einleitung
A. Relevanz des Themas in Japan und Deutschland
B. Methodik und Terminologie
C. Gegenstand der Arbeit und Gang der Darstellung
Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund und rechtliches Umfeld
A. Öffnung des japanischen Marktes für ausländische Unternehmen
I. Zahlen zur Marktaktivität ausländischer Unternehmen in Japan
II. Hintergründe des Engagements ausländischer Unternehmen in Japan
B. Rechtliches Umfeld
I. Reformprogramm der japanischen Regierung seit den 1990er Jahren
II. Internationales Zivilprozessrecht
1. Internationale Zuständigkeit japanischer Gerichte
2. Partei- und Prozessfähigkeit
III. Kollisionsrecht
1. Die Kodifikation des IPR im Hôrei
2. Ausdifferenzierung des Kollisionsrechts mit Erlass des RAG
3. Allgemeine Lehren
a. Qualifikation
b. Grundsatz der Sachnormverweisung
c. Vorfrage
d. Eingriffsnormen
IV. Gesellschaftsrecht
1. Zustandekommen und Entwicklung des HG
2. Deregulierung und Internationalisierung des Gesellschaftsrechts seit 1993
3. Zustandekommen und Inhalt des GesG
a. Gesellschaftsformen
b. Fehlen eines umfassenden Konzernrechts und Reformpläne
c. Umwandlung
Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts
A. Grundlegende Theorien
I. Sitztheorie
1. Ursprung der Sitztheorie
2. Entwicklung der Sitztheorie in Deutschland
a. Ausgangspunkt der Entwicklung
b. Meinungsstand bei Erlass des EGBGB
c. Die Sitztheorie in der deutschen Literatur und Rechtsprechung
i. Die Sitztheorie als herrschende Meinung in Deutschland
ii. Anknüpfungsmoment
iii. Rechtsfolgen
iv. Argumente für und gegen die Sitztheorie
d. Teilweise Aufgabe der Sitztheorie aufgrund der Rechtsprechung des EuGH
i. Unterscheidung des EuGH zwischen Zuzug und Wegzug
ii. Zuzug von Gesellschaften aus EWR-Staaten
iii. Wegzug deutscher Gesellschaften ins EWR-Ausland
iv. Gesellschaften aus Drittstaaten: Fortgeltung der Sitztheorie
II. Gründungstheorie
1. Ursprung der Gründungstheorie
2. Entwicklung der Gründungstheorie in Japan
a. Gesetzgebung: Territorialistisches Verständnis der juristischen Person (hôjin kokuseki-ron)
b. Dogmatischer Umbruch: Trennung zwischen kollisionsrechtlicher Methode und Fremdenrecht
c. Die Gründungstheorie in Literatur und Rechtsprechung Japans
i. Die Gründungstheorie als herrschende Meinung
ii. Anknüpfungsmoment
iii. Rechtsfolgen
iv. Argumente für und gegen die Gründungstheorie
d. Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen
III. Einordnung in den rechtsvergleichenden Kontext
B. Regelungsentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie: Modelle für die Zukunft?
I. Deutschland: Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (2008)
1. Zustandekommen
2. Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie
a. Überblick über den Inhalt
b. Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie
c. Keine Differenzierung zwischen Gesellschaften aus dem EWR und aus Drittstaaten
3. Ergänzungen zur Gründungstheorie
4. Weiteres Verfahren
II. Japan: Regelungsvorschläge bei Erlass des RAG von 2006
1. Rechtsvergleichende Vorarbeiten der Forschungsgruppe zur Reform des Hôrei
2. Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie
a. Regelungsvorschläge
b. Diskussion über den Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen
c. Diskussion über eine Regelung zum Schutz des Rechtsverkehrs
3. Gründe für die Nichtregelung
C. Resümee: Sitztheorie vs. Gründungstheorie
Dritter Teil: Fremdenrecht
A. Fremdenrecht im ZG
I. Anerkennung ausländischer juristischer Personen (Art. 35 ZG)
1. Entstehung und historische Entwicklung
2. Heutiges Verständnis
a. Dogmatische Einordnung des Art. 35 Abs. 1 ZG
b. Gemäß Art. 35 Abs. 1 ZG anerkannte ausländische juristische Personen
i. Staaten und staatliche Verwaltungseinheiten
ii. Auslandsgesellschaften
iii. Durch Gesetz anerkannte ausländische juristische Personen
iv. Durch Staatsvertrag anerkannte ausländische juristische Personen
c. Problemfälle
i. Internationale juristische Personen
ii. Ausländische nichtwirtschaftliche juristische Personen
d. Folge der Nichtanerkennung
e. Reichweite der Rechtsfähigkeit (Art. 35 Abs. 2 ZG)
f. Kritik
II. Eintragung (Art. 37 i.V.m. Art. 36 ZG)
B. Fremdenrecht im GesG
I. Definition der Auslandsgesellschaft
1. Rechtslage vor Erlass des GesG
2. Art. 2 Nr. 2 GesG
3. Rechtsfolgen aus der Einordnung als Auslandsgesellschaft i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG
II. Bestimmung eines Vertreters in Japan (Artt. 817, 820 GesG)
1. Voraussetzungen, Verfahren der Bestimmung (Art. 817 Abs. 1 GesG)
2. Befugnisse des Vertreters (Art. 817 Abs. 2 bis 4 GesG)
3. Wirkung der Bestimmung des Vertreters
4. Rücktritt aller in Japan ansässigen Vertreter (Art. 820 GesG)
III. Eintragung (Artt. 818, 933 i.V.m. 911 ff., 934 ff., 939 f., 979 GesG)
1. Eintragungspflicht (Artt. 818, 979 GesG)
2. Einzelheiten (Art. 933 i.V.m. Artt. 911 ff. GesG)
a. Verfahren
b. Tatsachen, die gleichermaßen von japanischen Gesellschaften und von Auslandsgesellschaften einzutragen sind (Art. 933 Abs. 2 i.V.m. Artt. 911 Abs. 3 bis 5, 912 ff., 936 GesG)
i. Firma
ii. Hauptniederlassung (honten) und Zweigniederlassung(en) (shiten)
iii. Zweck (mokuteki)
iv. Weitere Eintragungstatsachen (Gesellschaftskapital, Organe etc.)
c. Tatsachen, die nur von Auslandsgesellschaften einzutragen sind (Art. 933 Abs. 2 GesG, Art. 48 Handelsregistergesetz)
i. Gründungsrecht
ii. Name und Adresse des Vertreters in Japan
iii. Art der Veröffentlichung
iv. Gründungsdatum und Datum der Errichtung der Niederlassung
IV. Veröffentlichung der Bilanz (Artt. 819, 939 GesG)
1. Arten der Veröffentlichung (Artt. 939, 940 GesG)
2. Inhalt der Veröffentlichung (Art. 819 GesG, Artt. 214 f. DurchführungsVO zum GesG)
3. Rechtsfolge bei Nichtbeachtung
V. Scheinauslandsgesellschaften (Art. 821 GesG)
1. Rechtslage vor Erlass des GesG
2. Art. 821 GesG
a. Gesetzgebungsdiskussion
b. Definition der Scheinauslandsgesellschaft
i. Stellungnahme der Justizministerin Chieko Noono
ii. Zusatzbeschluss des Oberhauses
iii. Vom Justizministerium herausgegebene Erläuterungen
c. Dauerhaftes Handeltreiben, Handelndenhaftung
VI. Möglichkeit gerichtlicher Anordnungen (Artt. 822, 827 GesG)
1. Verbot des dauerhaften Handels oder Anordnung der Schließung der Niederlassung (Art. 827 GesG)
a. Gründe für das Verbot bzw. die Anordnung
b. Sicherungsmaßnahmen (Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Artt. 824 Abs. 2 bis 4, 825 f. GesG)
c. Verfahren bei der Entscheidung nach Art. 827 Abs. 1 GesG
2. Liquidation von in Japan belegenem Vermögen (Art. 822 GesG)
C. Spezialgesetzliches Fremdenrecht
D. Resümee: Angemessenheit des japanischen Fremdenrechts
Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts
A. Allgemeines
B. Einzelfragen
I. Gründung
1. Vorbereitende Rechtshandlungen, Gründungsvorvertrag
2. Gründungsvoraussetzungen und -verfahren
II. Rechtsfähigkeit
1. Allgemeine Rechtsfähigkeit
a. Grundsatz: Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts
b. Sonderanknüpfung analog Art. 4 Abs. 2 RAG
i. Tatbestandsvoraussetzungen
ii. Differenzierte Anwendung
iii. Kritik
c. Art. 35 ZG
2. Besondere Rechtsfähigkeit
III. Geschäftsfähigkeit
1. Qualifikation
2. Grundsatz: Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts
a. Literatur
b. Rechtsprechung
i. OGH, 15. Juli 1975
ii. DG Tokyo, 28. Januar 1992
3. Einschränkungen
a. Vergleich mit gewillkürter Stellvertretung
b. Sonderanknüpfung – Art. 4 Abs. 2 RAG analog
4. Haftung bei fehlender Geschäftsfähigkeit
IV. Partei- und Prozessfähigkeit
1. Meinungsstand
a. Anwendbarkeit der lex fori
b. Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts
c. Stellungnahme
2. Rechtsprechung
a. Anwendung der lex fori
i. OG Tokyo, 9. August 1955
ii. OG Tokyo, 28. Juni 1968
iii. DG Tokyo, 16. Mai 1972
iv. OG Tokyo, 20. Dezember 1974
v. DG Tokyo, 14. Dezember 2007
b. Anwendung des Gesellschaftsstatuts: DG Tokyo, 20. Dezember 1968
V. Innere Verfassung
1. Gesellschaftsorgane
2. Mitgliedschaft, Satzung, Kapitalaufbringung, Ausgabe und Übertragung von Aktien
3. Unternehmerische Mitbestimmung
4. Gesellschaftervereinbarungen
VI. Haftung von Organpersonen
1. Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft
2. Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber einzelnen Gesellschaftern
a. Fehlerhafte Angaben in Buchhaltungsunterlagen
b. Ausgabe von Aktien zum Vorzugspreis
3. Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber Dritten
a. Schaden aufgrund einer Minderung des Gesellschaftsvermögens
b. Eingehung finanzieller Verbindlichkeiten trotz Zahlungsunfähigkeit
c. Haftung des faktischen Geschäftsführenden
4. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 429 GesG auf Auslandsgesellschaften
VII. Gesellschafterhaftung gegenüber Dritten – Durchgriffstatbestände
1. Literatur
2. Rechtsprechung
a. DG Tokyo, 16. März 1988
b. DG Tokyo, 30. März 1998
c. DG Tokyo, 28. September 2001
d. OG Tokyo, 30. Januar 2002
e. DG Tokyo, 30. September 2010
VIII. Abgrenzung zum Deliktsstatut
1. Literatur
a. Deliktsfähigkeit der Gesellschaft
b. Haftung für quasi-deliktische gesellschaftsrechtliche Tatbestände
2. DG Osaka, 6. Dezember 1990
IX. Rechnungslegung
X. Auflösung und Liquidation
XI. Abgrenzung zum Insolvenzstatut
1. Internationale Insolvenz
2. Reichweite des Insolvenzstatuts
3. Doppelnatur der Sanierungsverfahren
a. Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Sanierungsverwalters
b. Verabschiedung des Sanierungsplans
4. Haftung in der Insolvenz
5. Nachrang von Gesellschafterforderungen
XII. Grenzüberschreitende Sitzverlegung
XIII. Internationale Umstrukturierungen
1. Kollisionsrecht
a. Internationale Verschmelzung
b. Internationaler Aktientausch/ internationale Aktienübertragung
c. Internationale Spaltung
2. Sachrechtliche Unzulässigkeit
XIV. Gesellschaftsrechtliche Fragen bei internationalen öffentlichen Übernahmen
1. Öffentliches Erwerbsangebot
2. Durchführung internationaler öffentlicher Übernahmen
3. Abwehrmaßnahmen
XV. Konzernrechtliche Fragestellungen
1. Allgemeines
a. Kollisionsrecht: Anwendbarkeit des Statuts der betroffenen Gesellschaft
b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des GesG auf ausländische Mutter- und Tochtergesellschaften
2. Beschränkungen des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft
a. Kollisionsrecht
b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 135 GesG auf Auslandsgesellschaften
3. Prüfungs- und Einsichtsrechte bezüglich der Unterlagen der Tochtergesellschaft
a. Kollisionsrecht
b. Sachrechtliche Anwendbarkeit der Artt. 381 Abs. 3, 433 Abs. 3, 4 GesG auf Auslandsgesellschaften
4. Verbot der Doppelorganschaft
a. Kollisionsrecht
b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 335 Abs. 2 GesG auf Auslandsgesellschaften
5. Durchgriff im Konzern
6. Nachrang von Forderungen der Mutter- gegen die Tochtergesellschaft in der Insolvenz
C. Resümee: Aktueller Stand der Diskussion über den Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts
Gesamtresümee
A. Meiji-Restauration: Erlass der Vorschriften zu ausländischen juristischen Personen
B. Reformen der Heisei-Ära: Internationales Gesellschaftsrecht im Spannungsfeld von Internationalisierung und Liberalisierung
Anhang
A. Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften (Auszug)
I. Zivilprozessgesetz
II. Gesellschaftsgesetz
III. Durchführungsverordnung zum Gesellschaftsgesetz
IV. Zivilgesetz
B. Verzeichnis relevanter japanischer Gesetze und Verordnungen
I. Japanisch – Deutsch
II. Deutsch – Japanisch
C. Übersicht über relevante Staatsverträge Japans
D. Verzeichnis relevanter japanischer Gerichtsentscheidungen
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis
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Internationales Gesellschaftsrecht in Japan: Im Vergleich mit dem Internationalen Gesellschaftsrecht in der EU und in Deutschland
 9783161534508, 9783161533686

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 330 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Eva Schwittek

Internationales Gesellschaftsrecht in Japan Im Vergleich mit dem Internationalen Gesellschaftsrecht in der EU und in Deutschland

Mohr Siebeck

Eva Schwittek, geboren 1980; Studium der Rechtswissenschaften in Trier und Konstanz mit fachspezifischer Fremdsprachenausbildung Japanisch; Mitarbeiterin am MPI für ausländisches und internationales Privatecht in Hamburg und an der Goethe-Universität Frankfurt; Forschungsaufenthalte in Japan; Referendariat am Hanseatischen Oberlandesgericht; Zweites Staatsexamen 2010; seit 2012 Rechtsanwältin in Frankfurt am Main.

e-ISBN PDF 978-3-16-153450-8 ISBN 978-3-16-153368-6 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2015  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­ tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­ tronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Vorwort Die Abhandlung wurde im Wintersemester 2013/2014 von der Fakultät für Rechtswissenschaften der Universität Hamburg als Dissertation angenommen. Viele Menschen in Japan und Deutschland haben mich mit wertvoller Anregung, konstruktiver Kritik und tatkräftiger Hilfe unterstützt. Ihnen möchte ich von Herzen danken. Meinem Doktorvater Prof. Dr. Harald Baum bin ich für seine persönliche und fachliche Unterstützung aufrichtig dankbar. Er hat mir die Türen nach Japan geöffnet und mich während meiner Tätigkeit am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in vieler Hinsicht gefördert. Prof. Dr. Peter Mankowski danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme dieser Arbeit in die Schriftenreihe des Instituts möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jürgen Basedow und den anderen Direktoren des Max-Planck-Instituts bedanken. Herr Prof. Yoshiaki Sakurada hat mich an der Universität Kyoto aufgenommen und mit großer Gastfreundschaft unterstützt. Die anregenden Gespräche mit ihm haben mir die Feinheiten des japanischen Rechts gezeigt und tiefe Einblicke in die japanische Kultur gegeben. Ihm und seinem Team, insbesondere Frau Dr. Miho Shin, fühle ich mich sehr verbunden. Danken möchte ich auch Herrn Prof. Tomotaka Fujita für die Möglichkeit, an der Universität Tokyo zu forschen, und für die großzügige Unterstützung und Förderung während meines Forschungsaufenthaltes. Herr Prof. Dr. Moritz Bälz hat mir während meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl an der GoetheUniversität Frankfurt am Main die Möglichkeit gegeben, meine Forschung zu betreiben, und hat mich mit Rat und Tat sehr unterstützt. Viele japanische Wissenschaftler und Praktiker haben mich mit schwer zugänglichem Material versorgt, meine Fragen geduldig beantwortet und ihr Wissen, ihre Ideen und Kontakte mit mir geteilt. Stellvertretend möchte ich hierfür Herrn Prof. Masaru Hayakawa, Herrn Prof. Dr. Yasuhiro Okuda, Frau Prof. Dr. Yuko Nishitani, Frau Prof. Maki Saito und Herrn Nobokazu Matsui danken. Besonders verbunden fühle ich mich meinen japanischen Gasteltern Ikuko und Fujio Masaki für ihre überwältigende Gastfreundschaft und für ihre Geduld, ihren Feinsinn und ihre Offenheit. Ganz herzlich bedanke ich mich bei meinen Eltern Anna Maria und Dr. Peter Schwittek, meinem Bruder Jürgen Schwittek und meinen Freunden Carsten Koch, Katrin Becker, Dr. Sara Köhler und Dr. Marlies Schmitt für ihren geduldigen Zuspruch, ihre konstruktive

VI

Vorwort

Kritik und die stete Unterstützung, sowie bei Frau Gundula Dau für die sorgfältige Korrektur des Manuskripts. Die Arbeit wurde großzügig gefördert durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst, der mir einen einjährigen Forschungsaufenthalt an der Universität Kyoto ermöglicht hat, und durch das Global Centers of Excellence Program der Universität Tokyo, in dessen Rahmen ich für zwei Monate an der Universität Tokyo forschen konnte. Der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung danke ich für den gewährten Druckkostenzuschuss. Frankfurt am Main, im Januar 2015

Eva Schwittek

Inhaltsübersicht Vorwort ........................................................................................................ V Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XIX Hinweise ................................................................................................. XXV

Einleitung ................................................................................................... 1 A. Relevanz des Themas in Japan und Deutschland ...................................... 1 B. Methodik und Terminologie ..................................................................... 3 C. Gegenstand der Arbeit und Gang der Darstellung ................................... 4

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund und rechtliches Umfeld .. 7 A. Öffnung des japanischen Marktes für ausländische Unternehmen ............ 7 B. Rechtliches Umfeld ................................................................................ 18

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts ...................... 42 A. Grundlegende Theorien ......................................................................... 42 B. Regelungsentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie: Modelle für die Zukunft? ...................................................................... 107 C. Resümee: Sitztheorie vs. Gründungstheorie ......................................... 124

Dritter Teil: Fremdenrecht ................................................................. 129 A. B. C. D.

Fremdenrecht im ZG ............................................................................ 129 Fremdenrecht im GesG ........................................................................ 151 Spezialgesetzliches Fremdenrecht ........................................................ 186 Resümee: Angemessenheit des japanischen Fremdenrechts ................. 188

VIII

Inhaltsübersicht

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts....... 190 A. Allgemeines .......................................................................................... 190 B. Einzelfragen ......................................................................................... 192 C. Resümee: Aktueller Stand der Diskussion über den Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts ....................................... 282

Gesamtresümee .................................................................................... 286 A. Meiji-Restauration: Erlass der Vorschriften zu ausländischen juristischen Personen .......... 286 B. Reformen der Heisei-Ära: Internationales Gesellschaftsrecht im Spannungsfeld von Internationalisierung und Liberalisierung ........ 288

Anhang ................................................................................................... 293 A. B. C. D.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften (Auszug) ...................... 293 Verzeichnis relevanter japanischer Gesetze und Verordnungen ........... 325 Übersicht über relevante Staatsverträge Japans .................................. 338 Verzeichnis relevanter japanischer Gerichtsentscheidungen ................ 341

Literaturverzeichnis ................................................................................... 343 Sachverzeichnis ......................................................................................... 393

Inhaltsverzeichnis Vorwort ........................................................................................................ V Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ XIX Hinweise ................................................................................................. XXV

Einleitung ................................................................................................... 1 A.

Relevanz des Themas in Japan und Deutschland................................... 1

B.

Methodik und Terminologie .................................................................. 3

C.

Gegenstand der Arbeit und Gang der Darstellung ................................ 4

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund und rechtliches Umfeld .. 7 A.

Öffnung des japanischen Marktes für ausländische Unternehmen ........ 7

I. II.

Zahlen zur Marktaktivität ausländischer Unternehmen in Japan ............ 9 Hintergründe des Engagements ausländischer Unternehmen in Japan............................................................................................... 12

B.

Rechtliches Umfeld ............................................................................. 18

I.

Reformprogramm der japanischen Regierung seit den 1990er Jahren ............................................................................... 18 II. Internationales Zivilprozessrecht ........................................................ 21 1. Internationale Zuständigkeit japanischer Gerichte .......................... 21 2. Partei- und Prozessfähigkeit ........................................................... 23 III. Kollisionsrecht .................................................................................... 23 1. Die Kodifikation des IPR im Hôrei ................................................ 23 2. Ausdifferenzierung des Kollisionsrechts mit Erlass des RAG ......... 25 3. Allgemeine Lehren ......................................................................... 29 a. Qualifikation .............................................................................. 29

X

Inhaltsverzeichnis

b. Grundsatz der Sachnormverweisung .......................................... 30 c. Vorfrage ..................................................................................... 30 d. Eingriffsnormen ......................................................................... 30 IV. Gesellschaftsrecht ............................................................................... 31 1. Zustandekommen und Entwicklung des HG ................................... 31 2. Deregulierung und Internationalisierung des Gesellschaftsrechts seit 1993 ......................................................................................... 32 3. Zustandekommen und Inhalt des GesG ........................................... 37 a. Gesellschaftsformen ................................................................... 39 b. Fehlen eines umfassenden Konzernrechts und Reformpläne....... 40 c. Umwandlung .............................................................................. 40

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts ...................... 42 A.

Grundlegende Theorien ...................................................................... 42

I.

Sitztheorie........................................................................................... 42 1. Ursprung der Sitztheorie ................................................................. 42 2. Entwicklung der Sitztheorie in Deutschland ................................... 43 a. Ausgangspunkt der Entwicklung ................................................ 43 b. Meinungsstand bei Erlass des EGBGB ....................................... 45 c. Die Sitztheorie in der deutschen Literatur und Rechtsprechung ................................................................... 47 i. Die Sitztheorie als herrschende Meinung in Deutschland ......... 47 ii. Anknüpfungsmoment ................................................................ 51 iii. Rechtsfolgen .............................................................................. 53 iv. Argumente für und gegen die Sitztheorie .................................. 58 d. Teilweise Aufgabe der Sitztheorie aufgrund der Rechtsprechung des EuGH ................................................... 63 i. Unterscheidung des EuGH zwischen Zuzug und Wegzug ........ 63 ii. Zuzug von Gesellschaften aus EWR-Staaten ............................ 64 iii. Wegzug deutscher Gesellschaften ins EWR-Ausland ............... 72 iv. Gesellschaften aus Drittstaaten: Fortgeltung der Sitztheorie ..... 77 Gründungstheorie ............................................................................... 79 1. Ursprung der Gründungstheorie...................................................... 79 2. Entwicklung der Gründungstheorie in Japan ................................... 81 a. Gesetzgebung: Territorialistisches Verständnis der juristischen Person (hôjin kokuseki-ron) ............................... 82 b. Dogmatischer Umbruch: Trennung zwischen kollisionsrechtlicher Methode und Fremdenrecht ....................... 89 c. Die Gründungstheorie in Literatur und Rechtsprechung Japans ........................................................................................ 90

II.

Inhaltsverzeichnis

XI

i. Die Gründungstheorie als herrschende Meinung ....................... 90 ii. Anknüpfungsmoment ................................................................ 92 iii. Rechtsfolgen .............................................................................. 93 iv. Argumente für und gegen die Gründungstheorie....................... 94 d. Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen .......................... 99 III. Einordnung in den rechtsvergleichenden Kontext ............................. 100 B.

Regelungsentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie: Modelle für die Zukunft? ................................................................... 107

I.

Deutschland: Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (2008) ............................................................................... 108 1. Zustandekommen ......................................................................... 108 2. Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie ........................... 109 a. Überblick über den Inhalt ......................................................... 109 b. Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie ....................... 110 c. Keine Differenzierung zwischen Gesellschaften aus dem EWR und aus Drittstaaten .......................................... 111 3. Ergänzungen zur Gründungstheorie .............................................. 113 4. Weiteres Verfahren ....................................................................... 114 Japan: Regelungsvorschläge bei Erlass des RAG von 2006 .............. 115 1. Rechtsvergleichende Vorarbeiten der Forschungsgruppe zur Reform des Hôrei ......................................................................... 115 2. Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie ........................... 116 a. Regelungsvorschläge ................................................................ 116 b. Diskussion über den Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen .......................................................................... 118 c. Diskussion über eine Regelung zum Schutz des Rechtsverkehrs ................................................................... 119 3. Gründe für die Nichtregelung ....................................................... 121

II.

C.

Resümee: Sitztheorie vs. Gründungstheorie ...................................... 124

Dritter Teil: Fremdenrecht ................................................................. 129 A.

Fremdenrecht im ZG ......................................................................... 129

I.

Anerkennung ausländischer juristischer Personen (Art. 35 ZG) ........ 129 1. Entstehung und historische Entwicklung ...................................... 130 2. Heutiges Verständnis .................................................................... 138 a. Dogmatische Einordnung des Art. 35 Abs. 1 ZG ...................... 138 b. Gemäß Art. 35 Abs. 1 ZG anerkannte ausländische juristische Personen ................................................................................... 140

XII

Inhaltsverzeichnis

II.

i. Staaten und staatliche Verwaltungseinheiten........................... 141 ii. Auslandsgesellschaften ............................................................ 142 iii. Durch Gesetz anerkannte ausländische juristische Personen ... 142 iv. Durch Staatsvertrag anerkannte ausländische juristische Personen .................................................................................. 142 c. Problemfälle ............................................................................. 144 i. Internationale juristische Personen .......................................... 144 ii. Ausländische nichtwirtschaftliche juristische Personen .......... 145 d. Folge der Nichtanerkennung .................................................... 146 e. Reichweite der Rechtsfähigkeit (Art. 35 Abs. 2 ZG) ................ 146 f. Kritik........................................................................................ 148 Eintragung (Art. 37 i.V.m. Art. 36 ZG) ............................................. 148

B.

Fremdenrecht im GesG ..................................................................... 151

I.

Definition der Auslandsgesellschaft .................................................. 151 1. Rechtslage vor Erlass des GesG.................................................... 151 2. Art. 2 Nr. 2 GesG ......................................................................... 152 3. Rechtsfolgen aus der Einordnung als Auslandsgesellschaft i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG ......................................................................... 156 II. Bestimmung eines Vertreters in Japan (Artt. 817, 820 GesG) ........... 157 1. Voraussetzungen, Verfahren der Bestimmung (Art. 817 Abs. 1 GesG) ................................................................ 158 2. Befugnisse des Vertreters (Art. 817 Abs. 2 bis 4 GesG) ............... 158 3. Wirkung der Bestimmung des Vertreters ...................................... 160 4. Rücktritt aller in Japan ansässigen Vertreter (Art. 820 GesG) ....... 160 III. Eintragung (Artt. 818, 933 i.V.m. 911 ff., 934 ff., 939 f., 979 GesG) ............................................................................. 161 1. Eintragungspflicht (Artt. 818, 979 GesG) ..................................... 161 2. Einzelheiten (Art. 933 i.V.m. Artt. 911 ff. GesG) ......................... 163 a. Verfahren ................................................................................. 163 b. Tatsachen, die gleichermaßen von japanischen Gesellschaften und von Auslandsgesellschaften einzutragen sind (Art. 933 Abs. 2 i.V.m. Artt. 911 Abs. 3 bis 5, 912 ff., 936 GesG) .......... 166 i. Firma........................................................................................ 167 ii. Hauptniederlassung (honten) und Zweigniederlassung(en) (shiten) .................................................................................... 167 iii. Zweck (mokuteki) .................................................................... 167 iv. Weitere Eintragungstatsachen (Gesellschaftskapital, Organe etc.) ............................................................................. 167 c. Tatsachen, die nur von Auslandsgesellschaften einzutragen sind (Art. 933 Abs. 2 GesG, Art. 48 Handelsregistergesetz) ............ 168 i. Gründungsrecht ....................................................................... 168

Inhaltsverzeichnis

XIII

ii. Name und Adresse des Vertreters in Japan.............................. 168 iii. Art der Veröffentlichung ......................................................... 168 iv. Gründungsdatum und Datum der Errichtung der Niederlassung .......................................................................... 168 IV. Veröffentlichung der Bilanz (Artt. 819, 939 GesG)........................... 169 1. Arten der Veröffentlichung (Artt. 939, 940 GesG)........................ 169 2. Inhalt der Veröffentlichung (Art. 819 GesG, Artt. 214 f. DurchführungsVO zum GesG) ................................... 170 3. Rechtsfolge bei Nichtbeachtung ................................................... 171 V. Scheinauslandsgesellschaften (Art. 821 GesG) ................................. 171 1. Rechtslage vor Erlass des GesG.................................................... 171 2. Art. 821 GesG .............................................................................. 174 a. Gesetzgebungsdiskussion ......................................................... 174 b. Definition der Scheinauslandsgesellschaft ................................ 178 i. Stellungnahme der Justizministerin Chieko Noono ................. 179 ii. Zusatzbeschluss des Oberhauses ............................................. 179 iii. Vom Justizministerium herausgegebene Erläuterungen .......... 180 c. Dauerhaftes Handeltreiben, Handelndenhaftung ....................... 182 VI. Möglichkeit gerichtlicher Anordnungen (Artt. 822, 827 GesG) ........ 183 1. Verbot des dauerhaften Handels oder Anordnung der Schließung der Niederlassung (Art. 827 GesG) ............................................... 183 a. Gründe für das Verbot bzw. die Anordnung ............................. 183 b. Sicherungsmaßnahmen (Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Artt. 824 Abs. 2 bis 4, 825 f. GesG) ......................................... 184 c. Verfahren bei der Entscheidung nach Art. 827 Abs. 1 GesG .... 184 2. Liquidation von in Japan belegenem Vermögen (Art. 822 GesG) . 185 C.

Spezialgesetzliches Fremdenrecht ..................................................... 186

D.

Resümee: Angemessenheit des japanischen Fremdenrechts .............. 188

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts....... 190 A.

Allgemeines ...................................................................................... 190

B.

Einzelfragen...................................................................................... 192

I.

Gründung .......................................................................................... 192 1. Vorbereitende Rechtshandlungen, Gründungsvorvertrag .............. 192 2. Gründungsvoraussetzungen und -verfahren .................................. 193 Rechtsfähigkeit ................................................................................. 193 1. Allgemeine Rechtsfähigkeit .......................................................... 193

II.

XIV

Inhaltsverzeichnis

a. Grundsatz: Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts ................. 193 b. Sonderanknüpfung analog Art. 4 Abs. 2 RAG .......................... 195 i. Tatbestandsvoraussetzungen.................................................... 196 ii. Differenzierte Anwendung ...................................................... 197 iii. Kritik........................................................................................ 198 c. Art. 35 ZG ................................................................................ 199 2. Besondere Rechtsfähigkeit ........................................................... 199 III. Geschäftsfähigkeit ............................................................................ 201 1. Qualifikation ................................................................................ 201 2. Grundsatz: Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts ..................... 202 a. Literatur ................................................................................... 202 b. Rechtsprechung ........................................................................ 203 i. OGH, 15. Juli 1975 .................................................................. 203 ii. DG Tokyo, 28. Januar 1992 ..................................................... 203 3. Einschränkungen .......................................................................... 204 a. Vergleich mit gewillkürter Stellvertretung ............................... 204 b. Sonderanknüpfung – Art. 4 Abs. 2 RAG analog ....................... 206 4. Haftung bei fehlender Geschäftsfähigkeit ..................................... 207 IV. Partei- und Prozessfähigkeit.............................................................. 207 1. Meinungsstand ............................................................................. 208 a. Anwendbarkeit der lex fori ....................................................... 208 b. Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts ................................... 210 c. Stellungnahme.......................................................................... 211 2. Rechtsprechung ............................................................................ 212 a. Anwendung der lex fori ............................................................ 212 i. OG Tokyo, 9. August 1955...................................................... 213 ii. OG Tokyo, 28. Juni 1968 ........................................................ 213 iii. DG Tokyo, 16. Mai 1972 ......................................................... 215 iv. OG Tokyo, 20. Dezember 1974 ............................................... 216 v. DG Tokyo, 14. Dezember 2007 ............................................... 217 b. Anwendung des Gesellschaftsstatuts: DG Tokyo, 20. Dezember 1968 ................................................ 218 V. Innere Verfassung ............................................................................. 220 1. Gesellschaftsorgane ...................................................................... 221 2. Mitgliedschaft, Satzung, Kapitalaufbringung, Ausgabe und Übertragung von Aktien ............................................................... 221 3. Unternehmerische Mitbestimmung ............................................... 222 4. Gesellschaftervereinbarungen ....................................................... 223 VI. Haftung von Organpersonen ............................................................. 224 1. Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft .................................................................................. 224 2. Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber einzelnen Gesellschaftern ............................................................................. 225

Inhaltsverzeichnis

XV

a. Fehlerhafte Angaben in Buchhaltungsunterlagen...................... 227 b. Ausgabe von Aktien zum Vorzugspreis .................................... 227 3. Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber Dritten ........... 228 a. Schaden aufgrund einer Minderung des Gesellschaftsvermögens ........................................................... 230 b. Eingehung finanzieller Verbindlichkeiten trotz Zahlungsunfähigkeit ................................................................. 230 c. Haftung des faktischen Geschäftsführenden ............................. 230 4. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 429 GesG auf Auslandsgesellschaften ................................................................. 231 VII. Gesellschafterhaftung gegenüber Dritten – Durchgriffstatbestände ... 232 1. Literatur ....................................................................................... 233 2. Rechtsprechung ............................................................................ 236 a. DG Tokyo, 16. März 1988........................................................ 236 b. DG Tokyo, 30. März 1998........................................................ 237 c. DG Tokyo, 28. September 2001 ............................................... 238 d. OG Tokyo, 30. Januar 2002...................................................... 239 e. DG Tokyo, 30. September 2010 ............................................... 240 VIII. Abgrenzung zum Deliktsstatut .......................................................... 241 1. Literatur ....................................................................................... 241 a. Deliktsfähigkeit der Gesellschaft .............................................. 241 b. Haftung für quasi-deliktische gesellschaftsrechtliche Tatbestände .............................................................................. 242 2. DG Osaka, 6. Dezember 1990 ...................................................... 243 IX. Rechnungslegung .............................................................................. 244 X. Auflösung und Liquidation ............................................................... 246 XI. Abgrenzung zum Insolvenzstatut ...................................................... 248 1. Internationale Insolvenz ............................................................... 248 2. Reichweite des Insolvenzstatuts.................................................... 249 3. Doppelnatur der Sanierungsverfahren ........................................... 250 a. Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Sanierungsverwalters ......................................................... 251 b. Verabschiedung des Sanierungsplans ....................................... 252 4. Haftung in der Insolvenz .............................................................. 253 5. Nachrang von Gesellschafterforderungen ..................................... 254 XII. Grenzüberschreitende Sitzverlegung ................................................. 256 XIII. Internationale Umstrukturierungen ................................................... 258 1. Kollisionsrecht ............................................................................. 258 a. Internationale Verschmelzung .................................................. 258 b. Internationaler Aktientausch/ internationale Aktienübertragung ............................................. 260 c. Internationale Spaltung ............................................................ 261 2. Sachrechtliche Unzulässigkeit ...................................................... 261

XVI

Inhaltsverzeichnis

XIV. Gesellschaftsrechtliche Fragen bei internationalen öffentlichen Übernahmen ..................................................................................... 263 1. Öffentliches Erwerbsangebot ........................................................ 264 2. Durchführung internationaler öffentlicher Übernahmen ............... 266 3. Abwehrmaßnahmen ...................................................................... 267 XV. Konzernrechtliche Fragestellungen ................................................... 270 1. Allgemeines ................................................................................. 270 a. Kollisionsrecht: Anwendbarkeit des Statuts der betroffenen Gesellschaft.............................................................................. 270 b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des GesG auf ausländische Mutter- und Tochtergesellschaften ........................................... 271 2. Beschränkungen des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft ....................................................... 272 a. Kollisionsrecht ......................................................................... 272 b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 135 GesG auf Auslandsgesellschaften ............................................................ 274 3. Prüfungs- und Einsichtsrechte bezüglich der Unterlagen der Tochtergesellschaft ....................................................................... 276 a. Kollisionsrecht ......................................................................... 276 b. Sachrechtliche Anwendbarkeit der Artt. 381 Abs. 3, 433 Abs. 3, 4 GesG auf Auslandsgesellschaften ....................... 277 4. Verbot der Doppelorganschaft ...................................................... 278 a. Kollisionsrecht ......................................................................... 278 b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 335 Abs. 2 GesG auf Auslandsgesellschaften ............................................................ 278 5. Durchgriff im Konzern ................................................................. 280 6. Nachrang von Forderungen der Mutter- gegen die Tochtergesellschaft in der Insolvenz ............................................. 280 C.

Resümee: Aktueller Stand der Diskussion über den Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts .................................... 282

Gesamtresümee .................................................................................... 286 A.

Meiji-Restauration: Erlass der Vorschriften zu ausländischen juristischen Personen ........................................................................ 286

B.

Reformen der Heisei-Ära: Internationales Gesellschaftsrecht im Spannungsfeld von Internationalisierung und Liberalisierung .......... 288

Inhaltsverzeichnis

XVII

Anhang ................................................................................................... 293 A.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften (Auszug) .................. 293

I. II. III. IV.

Zivilprozessgesetz ............................................................................ 293 Gesellschaftsgesetz ........................................................................... 294 Durchführungsverordnung zum Gesellschaftsgesetz ......................... 321 Zivilgesetz ........................................................................................ 323

B.

Verzeichnis relevanter japanischer Gesetze und Verordnungen ........ 325

I. II.

Japanisch – Deutsch .......................................................................... 325 Deutsch – Japanisch .......................................................................... 331

C. Übersicht über relevante Staatsverträge Japans .................................. 338 D. Verzeichnis relevanter japanischer Gerichtsentscheidungen ................ 341 Literaturverzeichnis ................................................................................... 343 Sachverzeichnis ......................................................................................... 393

Abkürzungsverzeichnis a.a.O. ABl. Abs. a.d. ADR a.E. AEUV a.F. AG a.M. Am. J. Comp. L. Anh. Anm. Art. Artt. Aufl. Auftr. AuR Ausg. BayObLG BayObLGZ BB Bd. Bearb. bearb. BeckOK BeckRS Bessatsu NBL BGB BGBl BGH BGHZ BT BVerfG bzw. ca. CMLR

am angegebenen Ort Amtsblatt Absatz aus den/aus dem Alternative Dispute Resolution am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 9. Mai 2008 (ABl. EU C 115/47) alte Fassung Amtsgericht/Aktiengesellschaft/Die Aktiengesellschaft am Main The American Journal of Comparative Law Anhang Anmerkung Artikel Artikel (Plural) Auflage Auftrag Arbeit und Recht Ausgabe Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Betriebs-Berater Band Bearbeiter bearbeitet Beck’scher Online-Kommentar Beck-Rechtsprechung Bessatsu New Business Law Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 (RGBl. S. 195) Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundestag Bundesverfassungsgericht beziehungsweise circa Common Market Law Review

XX CLPE Co. Cornell Int’l L.J. d. DAHG

dargest. DB DG d.h. DJZ DNotZ DStR DStRE dt. DZWIR EBLR EBOR ECFR EFG EG EGBGB EHS Law Bulletin Einl. erl. etc. EU EuGH EuR EuZW EVÜ

EWG EWiR EWR EWS f. FamFG

FAZ FBG FD-HGR

Abkürzungsverzeichnis Comparative Research in Law & Political Economy Company Cornell International Law Journal der/die/das/des Devisen- und Außenhandelsgesetz [Gaikoku kawase oyobi gaikoku bô’eki-hô], Gesetz Nr. 228/1949 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014 dargestellt Der Betrieb Distriktgericht [Chihô saiban-sho] das heißt Deutsche Juristen-Zeitung Deutsche Notarzeitschrift Deutsches Steuerrecht Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst deutsch Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht European Business Law Review European Business Organization Law Review European Company and Financial Law Review Entscheidungen der Finanzgerichte Europäische Gemeinschaft/Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Eibun Hôrei-sha Law Bulletin Einleitung erläutert et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof Zeitschrift Europarecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EWG-Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980 (ABl. L 226, 1) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende/r/s Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl I S. 2586), das zuletzt durch Art. 11 Gesetz vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 831, 866) geändert wurde Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzprodukte- und Börsengesetz [Kin’yû shôhin torihiki-hô] Fachdienst Handels- und Gesellschaftsrecht

Abkürzungsverzeichnis FD-MA ff. FG FGPRax GATS GesG GewArch GG

ggf. GmbH GmbHG GmbHR GPR GRUR-Prax GRUR-RR GWR HG HGB h.M. Hrsg. hrsg. i.d.F. IFRS Inc. insbes. IPR IPRax IPRspr i.S.d. IStR IStR-LB i.V.m. IWB J.Corp.L. JETRO JR JuS JW JZ

XXI

Fachdienst Mergers & Acquisitions fortfolgende Finanzgericht Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit General Agreement on Trade in Services Gesellschaftsgesetz [Kaisha-hô], Gesetz Nr. 86/2005 i.d.F. des Gesetzes Nr. 90/2014 Gewerbe Archiv Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBl S. 1), das zuletzt durch Art. 1 Änderungsgesetz vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478) geändert wurde gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20. April 1892 (RGBl. S. 477) GmbH-Rundschau Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rechtsprechungs-Report Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Handelsgesetz [Shôhô], Gesetz Nr. 48/1899 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014 Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 (RGBl. S. 219) herrschende Meinung Herausgeber herausgegeben in der Fassung International Financial Reporting Standards Incorporated insbesondere Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des Internationalen Privatrechts im Sinne des/der Internationales Steuerrecht Internationales Steuerrecht Länderbericht in Verbindung mit NWB Internationales Steuer- und Wirtschaftsrecht The Journal of Corporation Law Japan External Trade Organization Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristische Wochenschrift JuristenZeitung

XXII Kamin KG KGaA KK k.k. Kô-minshû KTS KWG LDP LG LGBl. lit. LLC LLP LMK LSG Ltd. m. M&A MARR MDR Minn. Minshû Mio. MitbestG

MittBayNot MoMiG

MünchKomm m.w.N. Nachdr. n.F. Nikkei NJW NJW-RR NLI Research Paper No.

Abkürzungsverzeichnis Kakyû Saiban-sho Minji Hanrei-shû [Urteilssammlung der unteren japanischen Gerichte in Zivilsachen] Kommanditgesellschaft/Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Kölner Kommentar kabushiki kaisha [Aktiengesellschaft] Kôtô Saiban-sho Hanrei-shû Minji [Urteilssammlung der Obergerichte in Zivilsachen] Zeitschrift für Insolvenzrecht Gesetz über das Kreditwesen vom 5. Dezember 1934 (RGBl. I S. 1203) Liberaldemokratische Partei [Ji’yû Minshu-tô] Landgericht Landesgesetzblatt Liechtenstein littera Limited Liability Company [gôdô kaisha] Limited Liability Partnership [yûgen seki’nin jigyô kumi’ai] Lindenmaier-Möhring, Kommentierte BGHRechtsprechung Landessozialgericht Limited mit Mergers and Acquisitions M&A trade journal (Recof Data) Monatsschrift für Deutsches Recht Minnesota Saikô Saiban-sho Minji Hanrei-shû [Urteilssammlung des OGH in Zivilsachen] Million/en Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer vom 4. Mai 1976 (BGBl I S. 1153), das zuletzt durch Art. 9 Gesetz vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2479, 2491) geändert wurde Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 (BGBl I S. 2026) Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen Nachdruck neue Fassung Nihon Keizai Shinbun Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Nippon Life Insurance Research Paper Number

Abkürzungsverzeichnis NotBZ Nr. NZG o.ä. OG OGH OHG OLG o.S. PBC Prof. RabelsZ RAG RdW RECOF RefE

RG RGBl. RGH RGZ RIW Rn. Rom I-VO

Rom II-VO

Rs. S. Sec. Sess. Slg. sog. StAZ SteuK SZIER TranspR u. u.a. Übers.

XXIII

Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht oder ähnliches Obergericht [Kôtô saiban-sho] Oberster Gerichtshof [Saikô Saiban-sho] Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht ohne Seitenzahl public benefit corporations Professor Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rechtsanwendungsgesetz [Hô no teki’yô ni kansuru tsûsoku-hô], Gesetz Nr. 78/2006 Recht der Wirtschaft RECOF Corporation Referentenentwurf zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen vom 7. Januar 2008 Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgerichtshof [Daishin-in] Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Rechtssache Seite Section Session Sammlung sogenannte/r/s Das Standesamt Steuerrecht kurzgefaßt Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht Transportrecht und und andere/unter anderem/und anderswo Übersetzung/Übersetzer

XXIV UmwG UNCITRAL US USA USJP Occasional Paper usw. v. v.a. VAG Verf. VG vgl. VGR VO Vol. vs. WarnR

WM WuB z.B. ZEuP ZG ZGR ZHR ZInsO ZIP zit. ZJapanR ZPG ZPO ZRP ZSchwR ZVglRWiss ZVI ZZPInt

Abkürzungsverzeichnis Umwandlungsgesetz vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3210) United Nations Commission on International Trade Law United States United States of America Occasional Paper from the Program on U.S.-Japan Relations, Harvard University und so weiter von/vom vor allem Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen vom 12. Mai 1901 (RGBl. S. 139) Verfasser(in) Verwaltungsgericht vergleiche Wissenschaftliche Vereinigung für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Verordnung(en) Volume versus Warneyers Jahrbuch der Entscheidungen, Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts abgedruckt ist Wertpapier-Mitteilungen Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zivilgesetz [Minpô] Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift für Japanisches Recht Zivilprozessgesetz [Minji soshô-hô], Gesetz Nr. 109/1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 30/2012 Zivilprozessordnung vom 30. Januar 1877 (RGBl. S. 83) Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht Zeitschrift für Zivilprozeß International

Hinweise 1. Schreibweise japanischer Namen und Begriffe Die Transkription japanischer Namen und Begriffe erfolgt nach dem Hepburn-System. Die Wortsegmentierung und die Transkription orientieren sich weitgehend an B. Götze, ZJapanR 19 (2005) 207 ff. Nachnamen stehen entgegen der japanischen Übung zuletzt. Verwendet der jeweilige Verfasser eine von der üblichen Transkription abweichende Schreibweise, so wird diese übernommen. Ortsnamen werden ohne diakritische Zeichen wiedergegeben. 2. Währungsumrechnung Die Yen-Beträge wurden mit einem Kurs von 100 Yen = 0,71 Euro umgerechnet (Stand: 12. Januar 2015). 3. Übersetzungen Die Übersetzung der Normen des Gesellschaftsgesetzes, der Durchführungsverordnung zum Gesellschaftsgesetz und des Zivilgesetzes wurden von der Verfasserin aus dem Japanischen übersetzt. Bei allen weiteren Normen ist der Übersetzer angegeben. 4. Webseiten, Stand der Literatur Die zitierten Webseiten wurden am 22. Januar 2015 zum letzten Mal aufgerufen. Rechtsprechung und Literatur sind auf dem Stand vom Januar 2014.

Einleitung A. Relevanz des Themas in Japan und Deutschland „Nehmen wir zum Beispiel die Gesellschaft Kirin Bier. Wo wurde sie gegründet? In Hongkong. Dann kam sie nach Japan und wurde als Gesellschaft aktiv. Es gibt sogar Leute, die der Meinung sind, dass es in Zukunft für jemanden, der eine Aktiengesellschaft errichten will, unerlässlich ist, zur Gründung etwa nach Hongkong zu gehen, da das Verfahren für Aktiengesellschaften im gegenwärtigen japanischen Handelsgesetz kompliziert ist.“ 8. Dezember 1893: Diskussion über die Vorschrift im Zivilgesetz zur Anerkennung ausländischer Gesellschaften1

Das Problem des Umgangs mit Scheinauslandsgesellschaften, die wie Kirin Bier im Ausland gegründet werden, um in Japan tätig zu sein, ist heute so aktuell wie damals. Die Gesellschaft Kirin Bier wurde 1885 erstmals als Japan Brewery Co., Ltd. nach englischem Recht gegründet. Inzwischen ist sie zum Aushängeschild japanischer Braukunst und als Teil der MitsubishiUnternehmensgruppe zu einem Musterbeispiel in der japanischen Unternehmenslandschaft geworden.2 Die Problematik der Scheinauslandsgesellschaften wurde im japanischen Handelsgesetz (im Folgenden HG)3 von 1899 gesetzlich geregelt. Sie stand jedoch nach hundertjähriger Ruhepause erneut auf der Agenda des japani1

Übers. d. Verf. aus den Gesetzesmaterialien, Protokoll der Diskussion im Rat zur Untersuchung der Gesetzbücher, abgedruckt in HÔMU DAIJIN KANBÔ SHIHÔ HÔSEI CHÔSABU [UNTERSUCHUNGSABTEILUNG FÜR DIE RECHTSPFLEGE IM SEKRETARIAT DES JUSTIZMINISTERIUMS] (Schriftleitung), Nihon Kindai Rippô Shiryô Sôsho 13: Minpô shusa kaigi giji sokki-roku [Schriftenreihe zu den Materialien des gegenwärtigen japanischen Rechts 13: Die Mitschriften der Diskussion der Vorsitzenden der Kommission für das Zivilgesetz], Tokyo 1988, 430. Ausführlich zur Diskussion siehe unten Zweiter Teil, A.II.2.a. und Dritter Teil, A.I.1. In Japan wurden ab dem Jahr 1865 Unternehmen gegründet. Dazu HAYAKAWA (2010a) 21 f. Zu den Anfängen des Unternehmenswesens auch KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 23 f. Nach dem Alten Handelsgesetz, dessen gesellschaftsrechtlicher Teil von 1893 bis 1899 in Kraft war, war die Gründung von Aktiengesellschaften schwierig, da das Konzessionssystem galt. Erst ins Handelsgesetz von 1899 wurde eine Vorschrift zu Scheinauslandsgesellschaften eingefügt. Siehe dazu unten Dritter Teil, B.V. 2 . 3 Shôhô, Gesetz Nr. 48/1899 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014.

2

Einleitung

schen Gesetzgebers. Vor Erlass des Gesellschaftsgesetzes (im Folgenden GesG)4 von 2005 wurde sie wieder aufgerollt. Dieses Mal fand die Diskussion allerdings unter völlig anderen Umständen statt: Zum einen war der japanische Gesetzeskanon im letzten Jahrhundert ausdifferenziert und methodisch unterfüttert sowie nach dem Zweiten Weltkrieg in ein anderes politisches Umfeld übertragen worden. Zum anderen war Japan nicht mehr bedrohter Außenseiter, sondern entschied als einer der größten Wirtschaftsakteure darüber, wie es sich auf dem globalen Weltmarkt positioniert. Im Rahmen eines weiteren Reformprojektes, dem Rechtsanwendungsgesetz (im Folgenden RAG)5 von 2006, wurden erstmals Vorschläge zur Kodifikation des Gesellschaftskollisionsrechts entwickelt. Dies ist für Deutschland besonders interessant, da auch hierzulande nahezu zeitgleich versucht wurde, das Kollisionsrecht für Gesellschaften zu regeln. Eine Analyse der zentralen Probleme Japans und der dort entwickelten Lösungsansätze bietet sich gerade im Hinblick auf den Umgang Deutschlands mit Drittstaatengesellschaften an. Denn bei diesen besteht – anders als bei EU-Auslandsgesellschaften – eine ähnliche Interessenlage wie in Japan. Die bisherigen Anläufe zu einer Regelung waren in beiden Ländern erfolglos. Allerdings divergieren die Ausgangslagen stark: Die Kodifikationsbemühungen in Deutschland waren die Reaktion auf einen rechtlichen Umbruch, der durch die Einbindung in die EU, konkret durch die Rechtsprechung des EuGH zu Centros, Überseering und Inspire Art angestoßen und geprägt wurde.6 Japan dagegen wollte eine Rechtslage kodifizieren, die seit Jahrzehnten besteht, zu der es aber bislang nur ein einziges höchstrichterliches Urteil gibt, das zudem über dreißig Jahre alt ist. Gerade die vergleichende Analyse der sehr unterschiedlichen Reformmotive und der Gründe für das Scheitern ermöglicht es, rechtliche und vor allem auch rechtspolitische Bruchstellen beider Länder aufzudecken. Aus deutscher Sicht sind nicht nur die japanischen Reformen des vergangenen Jahrzehnts interessant. Auch die Rechtslage in den über hundert Jahren davor ist aufschlussreich, weil Japan sich von Anfang an für die Gründungstheorie entschieden hat. Deutschland hingegen, wo während des 20. Jahrhunderts die Sitztheorie herrschte und auch heute partiell weiter herrscht, muss sich derzeit ganz neu mit der Gründungstheorie auseinandersetzen. Die Erfahrungen Japans können dabei den Blickwinkel weiten. Sie lenken den Blick sogar über das japanische Rechtssystem hinaus, was die Rechtsvergleichung sehr facettenreich macht. Japan hat sich nämlich erst 4

Kaisha-hô, Gesetz Nr. 86/2005 i.d.F. des Gesetzes Nr. 90/2014. Hô no teki’yô ni kansuru tsûsoku-hô, Gesetz Nr. 78/2006. 6 EuGH, Urteil vom 9. März 1999 – C-212/97, Slg. 1999-I, 1459 (Centros); EuGH, Urteil vom 5. November 2002 – C-208/00, Slg. 2002-I, 09919 (Überseering); EuGH, Urteil vom 30. September 2003 – C-167/01, Slg. 2003-I, 10155 (Inspire Art). Zu diesen Urteilen und der weiteren Rechtsprechung des EuGH siehe unten Zweiter Teil, A.I.2.d. 5

B. Methodik und Terminologie

3

nach umfangreichen rechtsvergleichenden Studien für die Gründungstheorie entschieden. Dabei wurden Ideen aus Belgien übernommen und materiellrechtliche Ergänzungen aus Italien rezipiert. Später wurde die japanische Lehre vom deutschen und französischen Schrifttum beeinflusst. Dabei ist es gerade die Art, wie Japan die Elemente aus verschiedenen Rechtsordnungen zusammengesetzt und eigenständig fortentwickelt hat, die hier den Reiz ausmacht. Darüber hinaus vertieft der Blick auf Japan das Verständnis für die dogmatischen Grundlagen der Gründungstheorie. Denn die ursprüngliche Konzeption der Gründungstheorie, für die sich Japan in den Anfängen entschieden hatte, hat sich mit der Zeit von Grund auf gewandelt und existiert in dieser Form nicht mehr. Eine besondere Rolle spielt dabei die veränderte Bedeutung der im Zivilgesetz (im Folgenden ZG)7 geregelten Anerkennung ausländischer juristischer Personen. Das Verständnis der Anerkennung wiederum weist Bezüge zum jeweiligen Entwicklungsstand des materiellen Gesellschaftsrechts auf. So macht die Verortung des Internationalen Gesellschaftsrechts an der Schnittstelle verschiedener Rechtsgebiete dessen Untersuchung besonders interessant.

B. Methodik und Terminologie B. Methodik und Terminologie

Der Blickwinkel der Untersuchung ist der einer deutschen Juristin auf das japanische Recht. Schon um die Flut aktueller Veröffentlichungen zum deutschen Internationalen Gesellschaftsrecht nicht noch weiter anwachsen zu lassen, wird eine separate Darstellung, soweit möglich, vermieden. Als grundsätzlicher Ansatz wurde vielmehr bewusst eine integrierte Rechtsvergleichung gewählt, bei der das deutsche Recht vertrauter Ausgangspunkt für den deutschen Leser ist. Vor allem aber dient es durchgehend als Gegenbild, vor dem sich die Konturen des japanischen Rechts abheben. Die Terminologie entspricht den in der ZJapanR und im „Handbuch Japanisches Handels- und Wirtschaftsrecht“8 gesetzten Standards. Übersetzungen aus dem Japanischen stammen, soweit nicht anders angegeben, von der Verfasserin. Soweit von „Gesellschaft“ gesprochen wird, ist damit eine gewinnorientierte juristische Person gemeint.9 Die Begriffe kaisha no jûzoku-hô [das auf die Gesellschaft anwendbare Recht] bzw. hôjin no jûzoku-hô [das auf die juristische Person anwendbare Recht] und zokujin-hô [Personalstatut] be7

Minpô, Gesetz Nr. 89/1896 i.d.F. des Gesetzes Nr. 94/2013. Herausgegeben von H. BAUM/M. BÄLZ, Köln 2011. 9 Zur Behandlung nichtrechtsfähiger Personenvereinigungen siehe unten Zweiter Teil, A.II.2.d., zum Umgang mit ausländischen gemeinnützigen juristischen Personen Dritter Teil, A.I.2.c.ii. Siehe allgemein zur Definition der ausländischen Gesellschaft Dritter Teil, B.I. 8

4

Einleitung

zeichnen im hier gegebenen Zusammenhang das Recht, das auf die Gesellschaft anwendbar ist, und werden einheitlich mit „Gesellschaftsstatut“ übersetzt.10

C. Gegenstand der Arbeit und Gang der Darstellung C. Gegenstand der Arbeit und Gang der Darstellung

Gegenstand der Arbeit ist das japanische Internationale Gesellschaftsrecht, zu dem das Kollisionsrecht und das Fremdenrecht für Gesellschaften gehören.11 Eine ausführliche Darstellung der Rechtslage steht hier bislang noch aus. Zwar kann auf exzellente, vor allem englischsprachige Kurzanalysen bestimmter Aspekte des japanischen Internationalen Gesellschaftsrechts verwiesen werden.12 Ein umfassender, vertiefter Zugang in westlicher, zumal in deutscher Sprache existiert jedoch bisher nicht. Die Arbeit soll diese Lücke schließen und eine auch für den Praktiker mit Bezug zu Japan brauchbare Darstellung der zentralen Fragestellungen bieten. Auf dieser Grundlage werden die angesprochenen tiefergehenden Fragen in dogmatischer und rechtssystematischer Hinsicht analysiert. Die Darstellung des tatsächlichen Hintergrundes im Ersten Teil zeichnet zwei aktuelle Entwicklungen nach, die einen Bezug zum Internationalen Gesellschaftsrecht aufweisen. Zum einen wird die vielbeschworene Internationalisierung des japanischen Marktes für den Gegenstand der Untersuchung greifbar gemacht, indem konkrete Zahlen und Fakten zur Marktaktivität von 10

Von Teilen der japanischen Literatur wird kritisiert, dass die Verwendung des Begriffs zokujin-hô [Personalstatut] für Gesellschaften die Unterschiede zu den natürlichen Personen zu stark verwische. Dazu TAKAKUWA (2005) 269 Fn. 3 m.w.N. 11 Das Internationale Privatrecht (kokusai shihô) wird in Japan definiert als „die Rechtsnormen, die das Recht, das auf ein internationales Privatrechtsverhältnis angewendet werden soll, durch die Wahl zwischen in- und ausländischem Privatrecht bestimmen“ bzw. „die Rechtsnormen, die in Bezug auf ein internationales Privatrechtsverhältnis den Anwendungsbereich von in- und ausländischem Privatrecht bestimmen“ (TAMEIKE (2005) 10 f.; ähnlich auch 4). Es wird also im Allgemeinen als Internationales Privatrecht im engeren Sinne verstanden und mit dem Kollisionsrecht (teishoku-hô) gleichgesetzt. Das Fremdenrecht (gaikoku-jin-hô oder gaijin-hô), d.h. die „Rechtsvorschriften, die die zivilrechtliche Stellung von Ausländern im Inland bestimmen“ (SAKURADA (2006) 30), gehört dagegen zum materiellen Recht, nicht zum Kollisionsrecht und damit auch nicht zum Internationalen Privatrecht im engeren Sinne (SAKURADA (2006) 30 ff., auch 13). Dem Begriff „Internationales Gesellschaftsrecht“ (kokusai kaisha-hô) wird hier aber ein weites Verständnis des Internationalen Privatrechts zugrunde gelegt, nach dem das Fremdenrecht dazugehört, da im Internationalen Gesellschaftsrecht zwischen Kollisions- und Fremdenrecht historisch und systematisch bedingt ein enger Zusammenhang besteht. So auch die japanische Wissenschaft, etwa YAMADA (2004) 224 und OCHIAI (2004) 4. 12 Vor allem FUJITA (2005); OKUDA (2006a); YOKOMIZO (2008). Auch ELLENBERGER (2004) und GROSSFELD/YAMAUCHI (1985) geben einen Überblick über die Grundzüge.

C. Gegenstand der Arbeit und Gang der Darstellung

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Gesellschaften mit Auslandsbezug vorgestellt und eingeordnet werden. Zum anderen wird die seit den 1990er Jahren andauernde umfassende Reformierung des japanischen Rechtssystems mit besonderem Fokus auf ihre Bezüge zum Internationalen Gesellschaftsrecht untersucht, um den gegenwärtigen institutionellen und rechtspolitischen Rahmen abzustecken. Im Zweiten Teil werden die Grundpositionen des Internationalen Gesellschaftsrechts anhand einer kritischen Analyse der in Deutschland vertretenen Sitztheorie einerseits sowie der in Japan vorherrschenden Gründungstheorie andererseits einander gegenübergestellt. Um die Theorien geschlossen und detailliert darstellen zu können, wird hier ausnahmsweise vom Ansatz der integrierten Rechtsvergleichung abgewichen. Durch die Anbindung beider Theorien an ihre historischen Ursprünge und durch die abschließende rechtsvergleichende Einordnung werden die länderspezifischen Ausprägungen in einen globalen Zusammenhang gesetzt. Die nachfolgende vergleichende Untersuchung der jüngsten erfolglosen Versuche beider Länder, die Gründungstheorie zu kodifizieren, zeigt spezifische Probleme der Gegenwart in rechtlicher und rechtspolitischer Hinsicht, aber auch Perspektiven für die Zukunft auf. Der Dritte Teil widmet sich dem japanischen Fremdenrecht für Gesellschaften – also materiellrechtlichen Vorschriften, die vornehmlich im ZG und GesG zu finden sind und die Gründungstheorie ergänzen. Auslandsgesellschaften können in Japan durch eine unselbständige Vertretung (in Form eines Repräsentanzbüros oder einer Niederlassung) oder (als alleiniges Mutterunternehmen oder im Rahmen eines Joint Venture) über eine selbständige Tochtergesellschaft tätig werden.13 Die Ausführungen dieser Arbeit beziehen sich vornehmlich auf unselbständige Vertretungen ausländischer Unternehmen, in Teilen aber auch auf die Beziehung einer Auslandsgesellschaft zu ihrer Tochtergesellschaft.14 Im Rahmen einer Darstellung der ursprünglichen legislativen Intention sowie der aktuellen Probleme bei der Auslegung und Anwendung des Fremdenrechts wird kritisch hinterfragt, ob die Vorschriften erforderlich und inwieweit sie noch zeitgemäß sind. Dabei wird ein Bogen gespannt von den heute noch relevanten Aspekten der Gesetzgebungsdiskussion im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert zu den zentralen Streitpunkten der jüngsten Reformen. Im Vierten Teil wird der Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts aufgegliedert und analysiert. Die zentrale Frage der Qualifikation wird anhand der vorhandenen Literatur und Rechtsprechung beantwortet. Der Vergleich zu 13

Einen sehr guten Überblick aus der Sicht der Praxis gibt WESTHOFF (2011). Zur Unterscheidung zwischen Repräsentanzbüro und Niederlassung unten Dritter Teil, B.III.2.a. 14 Die für ausländische Muttergesellschaften relevanten Ausführungen sowie für japanische Muttergesellschaften mit ausländischer Tochtergesellschaft finden sich unten im Vierten Teil, B.XV.

6

Einleitung

Deutschland ist hier vor allem in den Feinheiten interessant. Die kleinteilige Analyse wird schließlich durch einen Blick auf den aktuellen Stand der Diskussion gebündelt. In diese Perspektive fließen die Inhalte von der Autorin geführter Interviews mit japanischen Praktikern und Wissenschaftlern ein.

Erster Teil

Tatsächlicher Hintergrund und rechtliches Umfeld A. Öffnung des japanischen Marktes für ausländische Unternehmen A. Öffnung des japanischen Marktes

Die Zahl der grenzüberschreitenden Rechts- und Geschäftsbeziehungen und mit ihr die praktische Relevanz des Internationalen Privatrechts ist in Japan durch die Globalisierung gewachsen.1 Auch die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen sind insofern internationaler geworden, als japanische Firmen ihr Auslandsengagement seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre massiv intensivierten.2 Demgegenüber waren die Investitionen ausländischer Unternehmen in Japan in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre trotz erster Anzeichen eines langsam wachsenden Engagements extrem gering. Das starke Ungleichgewicht zwischen der steigenden Aktivität japanischer Gesellschaften im Ausland und dem seltenen Auftreten ausländischer Unternehmen in Japan wurde in dieser Zeit noch augenfälliger.3 Die Schwierigkeit ausländischer Gesellschaften, in Japan Fuß zu fassen, war durch vielschichtige Gegebenheiten des japanischen Gesellschafts-, Wirtschafts- und Rechtssystems bedingt. Bedeutende Barrieren waren insbesondere das vorherrschende Regulierungsmodell einer ex ante-Kontrolle des Marktzutritts durch die staatliche Verwaltung und Unternehmensstrukturen wie Überkreuzbeteiligungen, die feindliche Übernahmen extrem erschwerten.4 Die langjährige Abgeschlossenheit des japanischen Marktes durch ein 1

SAKURADA (2006) 3 ff. mit ausführlichen Statistiken zur Zunahme lang- und kurzfristiger Aufenthalte von Ausländern in Japan und von Japanern im Ausland. 2 BAUM (1995) 43 ff. Diese Tendenz hat sich fortgesetzt. Von 1996 bis 2011 stieg der Bestand japanischer Direktinvestitionen im Ausland von ca. 260 Milliarden kontinuierlich auf 965 Milliarden US-Dollar an, siehe die Statistik der staatlichen japanischen Außenhandelsorganisation JETRO, FDI stock (Based on International Investment Position, net), . 3 Anschaulich BAUM (1995) 36 ff., insbesondere 37: Das Gesamtvolumen im Zeitraum 1952 bis 1992 stand im Verhältnis 1:14 zuungunsten der ausländischen Aktivitäten in Japan. 4 Zum Regulierungsmodell der ex ante-Kontrolle BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 52 ff. Zur engen Verflechtung von LDP-Politikern, Ministerialbürokraten und Großunternehmen ROKUMOTO (2011) Rn. 11.

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Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

restriktives Außenwirtschaftsrecht hatte zu mangelnder ausländischer Marktpräsenz geführt.5 Zudem waren die komplizierten japanischen Vertriebsstrukturen für Ausländer schwer zugänglich.6 Auch machte der japanische Arbeitsmarkt mit seinem System lebenslanger Beschäftigung eine Anstellung bei einem ausländischen Unternehmen mit abweichender Beschäftigungspolitik für japanische Fachkräfte zum Risiko.7 Darüber hinaus erschwerten kulturelle Besonderheiten und die Sprachbarriere die Geschäftstätigkeit in Japan.8 Eine nachhaltige Öffnung des japanischen Marktes für ausländische Unternehmen setzt also einen tiefgreifenden und umfassenden Strukturwandel voraus. Ob ein solcher Wandel Gestalt annimmt, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilt werden. Jedenfalls wurden zahlreiche Maßnahmen, die darauf abzielten, auf den Weg gebracht. So hat es sich die japanische Regierung in den letzten Jahrzehnten wiederholt zum Ziel gesetzt, ausländische Direktinvestitionen in Japan durch Fördermaßnahmen zu steigern.9 Die umfassende Neustrukturierung des Wirtschafts- und Rechtssystems seit 1990 (deren Reichweite allerdings unterschiedlich beurteilt wird) zielt auf einen Wechsel des Regulierungsmodells.10 Auch werden zunehmend Anstrengungen unternommen, die sprachlichen Barrieren abzubauen.11 Für die Wirksamkeit dieser Maßnahmen spricht, dass sich seit Mitte der 1990er Jahre ein verstärktes Engagement ausländischer Unternehmen in Japan abzeichnet.

Zur Existenz stabiler Unternehmensgruppen (keiretsu) mit starken Hauptbanken im Zentrum BAUM (1995) 63 ff.; SHIBUMI EISELE (2004) 65 ff. 5 BAUM (1995) 189 ff. zur zögerlichen Lockerung des extrem restriktiven japanischen Außenwirtschaftsrechts ab dem Jahr 1980. Siehe auch NEUMANN (1994) 274 ff. 6 Aus heutiger Sicht WESTHOFF (2011) Rn. 15 ff. 7 Zu den Spezifika des japanischen Arbeitsmarktes ARAKI (2007) 253 ff. Obwohl sich auch japanische Unternehmen rezessionsbedingt teilweise vom System lebenslanger Beschäftigung verabschieden (differenziert dazu WOLFF (2008) 66 ff.), gaben ausländische Unternehmen auch noch in den Jahren 2006 und 2007 in zwei Befragungen als zentralen Standortnachteil Japans das Problem an, qualifiziertes Personal zu halten, JETRO (2007) 7 und JETRO (2008) 9. 8 Zu den bis heute fortbestehenden Besonderheiten des japanischen Geschäftslebens WESTHOFF (2011) Rn. 4 ff. 9 Siehe etwa MINISTRY OF FOREIGN AFFAIRS OF JAPAN (Hrsg.), „Invest Japan!“, the contact/information desk on Direct Investments to Japan, . Differenzierend zur Interessenlage Japans bei ausländischen Direktinvestitionen POKARIER (2008) 208 ff. 10 Dazu unten B.I. 11 Die staatliche japanische Außenhandelsförderorganisation JETRO bietet ausführliche Informationen für ausländische Firmen auf Englisch und auf Deutsch an: JETRO, Investitionen in Japan, . Auch werden zunehmend englische Übersetzungen japanischer Gesetze im Internet angeboten, dazu ausführlich BAUM/NOTTAGE/THIER (2011) Rn. 37 ff.

9

A. Öffnung des japanischen Marktes

I.

Zahlen zur Marktaktivität ausländischer Unternehmen in Japan

TABELLE 1: Zweigniederlassungen von Auslandsgesellschaften12 Jahr

Gesamt

AG

GmbH13

1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

1.262 1.368 1.651 2.082 2.823 3.497 3.955 4.590 4.385 4.613 4.908 3.920 3.893 3.335 3.110 2.808 2.814 2.473

1.196 1.312 1.562 1.980 2.668 3.263 3.709 4.251 3.968 4.233 4.709 3.860 3.772 3.230 2.987 2.687 2.702 2.365

55 49 84 87 140 209 220 303 385 356 157

LLC14

KG

OHG

14 35 96 89 105 92 95 81

6 5 0 7 10 10 18 30 24 12 19 11 12 9 4 14 5 7

5 2 5 8 5 15 8 6 8 12 9 14 13 7 14 15 12 20

Die Zahl der Zweigniederlassungen von Auslandsgesellschaften stieg, wie aus Tabelle 1 ersichtlich, zwischen 1996 und 2006 kontinuierlich auf beinahe das Vierfache. Allerdings fiel sie seitdem stetig, bis sie sich ab 2011 schließlich sogar unter dem Niveau des Jahres 2000 befand.

12 Quellen: für die Zahlen bis 2005 HÔMU-SHÔ [JUSTIZMINISTERIUM], Dai-119 Minji shômu jinken tôkei nenpô I (Heisei 17-nen) [119. Statistisches Jahrbuch zu Zivilangelegenheiten, Gerichtsverfahren und Menschenrechten I (2005)] 24 f.; für die Zahlen danach TÔKEI SENTÂ [STATISTISCHE ZENTRALSTELLE] (Hrsg.), „Shôgyô, hôjin tôki (nenji-hyô)“, shurui-betsu gaikoku kaisha no tôki no kensû (Heisei 14-nen–23-nen) [„Eintragung von Unternehmen und juristischen Personen (Jahresliste)“ Zahl der Eintragung von Auslandsgesellschaften nach Arten (2002–2011)], . Zur Definition der „Auslandsgesellschaft“ und zur Einordnung von Auslandsgesellschaften nach Gesellschaftsarten siehe unten Dritter Teil, B.I. Zur Eintragungspflicht von Zweigniederlassungen siehe unten Dritter Teil, B.III. Erfasst sind also die Gesellschaften, die beabsichtigen, in Japan dauerhaft Geschäfte zu betreiben. 13 Die GmbH wurde als Gesellschaftsform mit Erlass des GesG abgeschafft. Dazu unten B.IV.3.a. 14 Die LLC wurde als Gesellschaftsform mit Erlass des GesG eingeführt. Dazu unten B.IV.3.a.

10

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

TABELLE 2: Unternehmen in Japan, an denen Gesellschaften mit Sitz im Ausland beteiligt sind15 Jahr

Zahl aller Unternehmen

Unternehmen in Mehrheitsbesitz eines anderen Unternehmens mit Sitz im Ausland

Unternehmen, an denen mind. 1 Unternehmen mit Sitz im Ausland nichtmehrheitlich beteiligt ist

Nur nichtmehrheitlich beteiligte(s) Unternehmen mit Sitz im Ausland

Nichtmehrheitlich beteiligte Unternehmen mit Sitz in Japan und mit Sitz im Ausland

1996 2001 2006 2009

1.674.465 1.617.600 1.515.835 1.805.545

1.778 2.338 2.833 2.796

1.897 2.612

1.254 1.932

643 680

Eine ähnliche Entwicklung wie bei den Zweigniederlassungen von Auslandsgesellschaften ist bei auslandskontrollierten Unternehmen zu verzeichnen,

15

Quelle für 1996 und 2001 (enthält nur Zahlen für Unternehmen in Mehrheitsbesitz): SÔMU-SHÔ [MINISTERIUM FÜR INNERE ANGELEGENHEITEN UND KOMMUNIKATION] (Hrsg.), Heisei 13-nen jigyô-sho, kigyô tôkei chôsa [Statistische Umfrage zu Firmen und Unternehmen 2001], ; Quelle für 2001 und 2006: Ministry of Internal Affairs and Communications (Hrsg.), Establishment and Enterprise Census 2006, ; Quelle für 2009 (enthält nur Zahlen für Unternehmen in Mehrheitsbesitz): MINISTRY OF INTERNAL AFFAIRS AND COMMUNICATIONS (Hrsg.), Economic Census for Business Frame 2009, . In den englischsprachigen Statistiken (2001 und 2006) wird für die Unternehmen, an denen die Beteiligung besteht, der Begriff enterprise, im Japanischen (Statistik von 2009) der Begriff kigyô verwendet. Die englische Definition für „enterprise“ (MINISTRY OF INTERNAL AFFAIRS AND COMMUNICATIONS (Hrsg.), Explanation of Terms, , Punkt 8) lautet: „An incorporated enterprise is composed of a head establishment and branch establishments managed by a stock company (including a limited company), a limited or unlimited liability partnership, or a mutual insurance company. A single-unit establishment is an incorporated enterprise in its own right. ‘Enterprise’ in this document refers to this category.” Für die Gesellschaften, die die Anteile halten, wird nicht der Begriff enterprise, sondern der Ausdruck company verwendet. Zur Maßgeblichkeit des Sitzes bei diesen Gesellschaften MINISTRY OF INTERNAL AFFAIRS AND COMMUNICATIONS (Hrsg.), Outline of the 2006 Establishment and Enterprise Census, , Punkt 7.

A. Öffnung des japanischen Marktes

11

also solchen Unternehmen, die im Mehrheitsbesitz16 einer Gesellschaft mit Sitz im Ausland stehen. Ganz überwiegend handelt es sich um hunderprozentige Tochtergesellschaften.17 Die Zahl der auslandskontrollierten Unternehmen wuchs, wie in Tabelle 2 zu sehen, von 1996 bis 2006 um mehr als die Hälfte. Im Anschluss sank sie aber bis 2009 leicht, wobei aus der Statistik nicht ersichtlich ist, wann genau der Abwärtstrend nach 2006 einsetzte. In absoluten Zahlen sind die Veränderungen bei den auslandskontrollierten Unternehmen weniger ausgeprägt als bei den Zweigniederlassungen. Bezieht man jedoch mit ein, dass zudem die Zahl aller Unternehmen zwischen 2006 und 2009 sehr zugenommen hat, fällt der Rückgang auch bei den auslandskontrollierten Unternehmen stark ins Gewicht. Der Anteil der auslandskontrollierten Unternehmen an allen Unternehmen war mit 0,15 % im Jahr 2009 beinahe so niedrig wie 2001, als er 0,14 % betrug. Demgegenüber lag er 2006 noch bei 0,19 %. Auch die Zahl der Unternehmen, an denen eine ausländische Gesellschaft nicht-mehrheitlich, d.h. mit mehr als zwanzig und weniger als fünfzig Prozent beteiligt war, stieg zwischen 2001 und 2006 – und zwar um mehr als ein Drittel (vgl. Tabelle 2). Den weitaus größten Anteil machten schon 2001 Unternehmen aus, an denen ausschließlich Gesellschaften mit Sitz im Ausland nicht-mehrheitlich beteiligt waren. Hingegen gab es nur extrem wenige Unternehmen, an denen – etwa im Rahmen eines Joint Venture18 – sowohl in 16

Als Mehrheitsbesitz gilt es hier, wenn eine Gesellschaft mehr als 50 % der Stimmrechte hält sowie wenn sie zwar weniger Stimmrechte hält, jedoch unmittelbar über der Gesellschaft steht, die in einem konsolidierten Jahresabschluss als Tochtergesellschaft definiert wird (MINISTRY OF INTERNAL AFFAIRS AND COMMUNICATIONS (Hrsg.), Explanation of Terms, , Punkt 11). Der Begriff der Muttergesellschaft wird hier nicht verwendet, da die Definition in Art. 2 Nr. 4 GesG (dazu unten Vierter Teil, B.XV.1.b. sowie KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 47) nicht mit der in der Statistik verwendeten übereinstimmt. Bei der wirtschaftlich bedeutsamen Aktiengesellschaft werden normale Beschlüsse der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit getroffen. Insofern garantiert ein Anteil ab 50 % für den Normalfall (nicht aber für wichtige Entscheidungen wie Satzungsänderungen, die i.d.R. eine Zweidrittelmehrheit erfordern) Entscheidungsfreiheit über die Gesellschaftsangelegenheiten, vgl. WESTHOFF (2011) Rn. 145. 17 2006 war der Anteil von Unternehmen mit einer Quote von mindestens 50 %, aber weniger als 100 % an ausländischem Kapital verschwindend gering – er betrug nur 0,05 % aller Unternehmen. Dagegen betrug der Anteil von hundertprozentig ausländischen Tochtergesellschaften 0,13 % aller Unternehmen; MINISTRY OF INTERNAL AFFAIRS AND COMMUNICATIONS (Hrsg.), By Capital Segment, Foreign Capital Ratio, . 18 Zu der Schwierigkeit, das Bestehen eines Joint Venture schematisch bzw. anhand von Anteilseignerschaft zu bestimmen, ausführlich WESTHOFF (2011) Rn. 3. Hier wird davon ausgegangen, dass die Koexistenz zweier Anteilseigner mit über zwanzig Prozent Anteilsbestand wegen des entstehenden Abstimmungsbedarfs das Bestehen eines Joint Venture zumindest äußerst wahrscheinlich macht.

12

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

Japan als auch im Ausland ansässige Unternehmen nicht-mehrheitlich beteiligt waren. Die Dominanz von Unternehmen, an denen ausschließlich Gesellschaften mit Sitz im Ausland beteiligt waren, verstärkte sich noch bis 2006. Für die Zeit danach liegen keine Zahlen vor. Insgesamt ist die japanische Unternehmenslandschaft seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre bis 2006 durch Öffnung des japanischen Marktes für ausländische Gesellschaften internationaler geworden. Dies gilt für die Marktaktivität ausländischer Gesellschaften sowohl über Zweigniederlassungen als auch über die Beteiligung an japanischen Unternehmen. Nach 2006 ist dieses Engagement allerdings bei Zweigniederlassungen von Auslandsgesellschaften und bei auslandskontrollierten Unternehmen in etwa auf das Niveau von 2001 zurückgegangen. Eine mögliche Ursache dafür ist die globale Wirtschaftskrise infolge der Finanzkrise von 2007.19 Angesichts der rückläufigen Entwicklung stellt sich die Frage, ob der Zuwachs bis 2006 eine nachhaltige Öffnung bedeutete und ob in Zukunft eine Fortsetzung dieser Internationalisierung zu erwarten ist. Aufschluss darüber geben verschiedene Studien, die die Hintergründe des Engagements von Gesellschaften mit Auslandsbezug veranschaulichen. Eine eindeutige Antwort kann angesichts der Komplexität des Sachverhalts und der Unwägbarkeit der weltweiten Wirtschaftsentwicklung gleichwohl nicht gegeben werden. II.

Hintergründe des Engagements ausländischer Unternehmen in Japan

Aus Fallstudien, die allerdings noch vor der Erdbeben- und Atomkatastrophe vom März 2011 durchgeführt wurden, sind zwei Hauptanreize für die Investi-

19 Der ordentliche Gewinn der Gesellschaften, die an einer Erhebung des Ministeriums für Wirtschaft, Handel und Industrie teilgenommen haben, ging von 2007 auf 2008 um mehr als die Hälfte zurück; KEIZAI SANGYÔ-SHÔ [MINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT, HANDEL UND INDUSTRIE] (Hrsg.), Dai-44-kai chôsa kekka kakuhô – Heisei 21 (2009) nendo jisseki [44. Bericht zu Rechercheergebnissen – Daten des Jahres 2009], , 8.1. Erhoben wurden Daten von (1) Unternehmen, an denen ausländische Investoren mehr als ein Drittel der Anteile oder Beteiligungen (equity interest) halten, und von (2) Unternehmen, in die Beteiligungsgesellschaften investiert haben, an denen ausländische Investoren mehr als ein Drittel der Anteile oder Beteiligungen halten und bei denen der Anteil von direkten und indirekten Investitionen ausländischer Investoren zusammengenommen ein Drittel übersteigt. Dabei sind Beteiligungsgesellschaften Gesellschaften, deren Zweck nicht die Geschäftstätigkeit, sondern die Kontrolle verschiedener anderer Gesellschaften durch Anteilsbesitz ist, und die an der Planung der Unternehmensführung für die gesamte Unternehmensgruppe beteiligt sind. Ausgeschlossen waren Unternehmen der Finanz-/Versicherungs- und der Immobilienbranche.

A. Öffnung des japanischen Marktes

13

tion ausländischer Unternehmen in Japan erkennbar.20 Zum einen ist eine Anbindung an die industriellen Kompetenzcluster Japans attraktiv. Im Bereich von Zukunftstechnologien (Elektroautos, Lithiumbatterien, Photovoltaik-Anlagen und intelligenten Stromnetzen) wurde dabei vorwiegend auf der grünen Wiese investiert. In der Automobil-, Pharmazie-, Mobilfunk- und Computertechnologie wurden globale Wirtschaftsverbünde durch Beteiligung an oder Joint Ventures mit japanischen Unternehmen ausgebaut. Zudem investierten vorwiegend chinesische Firmen in Wirtschaftsbereiche, in denen japanische Unternehmen Technologien, Marken und Fachkompetenz in besonders hohem Maße aufgebaut haben.21 Zum anderen zielten ausländische Firmen durch Neugründung sowie Beteiligung an japanischen Unternehmen auf Zugang zum japanischen Absatzmarkt. Sie investierten im Bereich der zukunftsträchtigen Informations- und Kommunikationstechnologie sowie der Gesundheits- und Pflegebranche, die angesichts der alternden japanischen Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnt. Auch wurden groß angelegte Verkaufsstellen im Bereich Fast Fashion (d.h. Vertrieb kurzlebiger Modeartikel) sowie Vertriebsstrukturen für neue Geschäftsmodelle (insbesondere Internetvertrieb) aufgebaut. Um die wachsende Tourismusbranche in Japan zu bedienen, expandierten asiatische Billigluftlinien nach Japan, und Unternehmen aus Hongkong, Malaysia, Korea und China bauten Übernachtungs- und Erholungseinrichtungen aus. In Zusammenarbeit mit japanischen Handelsunternehmen investierten asiatische Investoren zudem durch den Ausbau von Vertriebs- und Handelseinrichtungen in die Immobilienwirtschaft. Bei diesen Studien fällt auf, dass die Firmen, die neu investieren oder ihre Investitionen ausbauen, häufig aus Asien kommen. Dies deckt sich mit Erhebungen des Ministeriums für Wirtschaft, Handel und Industrie. Danach ist bei Unternehmen aus der gewerblichen Wirtschaft mit ausländischer Beteiligung der Anteil von Unternehmen mit asiatischen, insbesondere chinesischen Investoren seit 1997 kontinuierlich und verstärkt nach 2006 angestiegen.22 Da20

Die Daten in diesem und dem folgenden Absatz sind der Studie JETRO (2011) entnommen. Studien zur Auswirkung der Erdbeben- und Atomkatastrophe auf die Aktivität ausländischer Firmen sind bei MINISTRY OF ECONOMY, TRADE AND INDUSTRY (2011) zu finden – allerdings mit zweifelhaften Angaben zur Entwicklung der Zahl ausländischer Gesellschaften in den letzten Jahren. 21 In Japan wurden seit 1958 bis in die Gegenwart jährlich mehr Erfindungen angemeldet als in jedem anderen Land, RAHN U.A. (2011) Rn. 7. 22 Unternehmen mit asiatischen (in Klammern: chinesischen) Investoren im Jahr 1997: 12,7 %, 2000: 13,4 %, 2003: 14,6 % (5,6 %), 2006: 16,8 % (6,1 %), 2009: 20,8 % (7,6 %), 2010: 21,6 % (7,5 %). Quelle: MINISTRY OF ECONOMY, TRADE AND INDUSTRY (Hrsg.), Survey of Trends in Business Activities of Foreign Affiliates, . Zur Art der befragten Unternehmen Fn. 19. Die Antwortquote lag

14

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

gegen hat der Anteil von Unternehmen mit US-amerikanischer Beteiligung seit 1997 durchgehend und – wohl aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007 – stärker noch nach 2006 abgenommen, während der Anteil europäischer Unternehmen beinahe gleich geblieben ist.23 Auch bei den M&ATransaktionen hat China die USA inzwischen überholt, im Jahr 2010 führten erstmals mehr chinesische als US-amerikanische Unternehmen M&ATransaktionen in Japan durch.24 Die Dominanz chinesischer Investoren wird sich verstärken, falls das geplante Freihandelsabkommen zwischen China, Korea und Japan tatsächlich zustande kommt.25 Allerdings nimmt Japan auch an den Gesprächen über den Abschluss eines transpazifischen Partnerschaftsabkommens teil, das maßgeblich von den USA vorangetrieben wird.26 Auch mit der EU hat Japan im April 2013 Verhandlungen über ein Freihandels- und ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen aufgenommen, das 2015 unterzeichnet werden soll.27 Einen Erklärungsansatz für die Verschiebung bei der Herkunft der beteiligten Gesellschaften hin zu einer Dominanz asiatischer, insbesondere chinesischer Investoren bietet die Stellung Japans in Asien. Japan wird zwar als besonders wichtiger, jedoch auch eigenständiger und allein stehender Markt wahrgenommen.28 Einerseits dient das Land so Investoren aus westlichen zwischen 50 und 65 %. Der Untersuchung lagen jährlich ca. 1.500 bis 3.500 gültige Antworten zugrunde, wobei Antwortquote und -zahl seit 1997 stetig stiegen. 23 Unternehmen mit US-amerikanischen Investoren im Jahr 1997: 40,7 %, 2000: 40,6 %, 2003: 37,9 %, 2006: 35,4 %, 2009: 30,2 %. Unternehmen mit europäischen Investoren im Jahr 1997: 42,4 %, 2000: 41,5 %, 2003: 42,2 %, 2006: 42,6 %, 2009: 43,2 %, 2010: 29,0 %. Quelle: S. vorige Fn. 24 RECOF (2011). 25 FAZ vom 27. März 2013 (Nr. 73) 10. Der Beginn der Gespräche wurde im November 2012 vereinbart, MINISTRY OF FOREIGN AFFAIRS OF JAPAN (2012); im Oktober 2013 fanden vorbereitende Gespräche statt, MINISTRY OF FOREIGN AFFAIRS OF JAPAN (2013). Wegen der Weigerung Chinas, Geistiges Eigentum besser zu schützen, beurteilte OGURA (2013) die Erfolgsaussichten der Verhandlungen allerdings eher skeptisch („East Asian trade agreement remains a distant goal“). Zum aktuellen Stand der Verhandlungen siehe die Webseite des japanischen Außenministeriums . 26 The Nikkei Weekly vom 3. Juni 2013, 1, 6; siehe auch FAZ vom 13. April 2013 (Nr. 86) 16; FAZ vom 16. März 2013 (Nr. 64) 14. Zum aktuellen Stand der Verhandlungen siehe die Webseite des Office of the United States Trade Representative . 27 Zur Aufnahme der Verhandlungen FAZ vom 26. März 2013 (Nr. 72) 10. Zur geplanten Unterzeichnung im Jahr 2015 BUNDESREGIERUNG (2014); zum aktuellen Stand der Verhandlungen siehe die Webseite des japanischen Außenministeriums . 28 Zur Wahrnehmung Japans als wichtiger Markt: JETRO (2008) 91 ff. Zur Wahrnehmung Japans als eigenständiger und unabhängiger Markt: JETRO (2007) 7 und JETRO (2008) 8 ff. Siehe auch JETRO/ERNST & YOUNG (2008) 11 ff. Letztere Studie

A. Öffnung des japanischen Marktes

15

Industrienationen nicht als Tor zu den wachsenden Märkten Asiens. Andererseits nutzen die asiatischen Märkte bei ihrem wirtschaftlichen Aufschwung verstärkt die Standortvorteile Japans. Der Zugang zu hochwertiger Forschung und Entwicklung sowie das hohe Fachwissen der Arbeitskräfte machen, wie oben veranschaulicht, eine Anbindung an die industriellen Kompetenzcluster Japans erstrebenswert. Gründe für die bereits erläuterte Attraktivität Japans als Absatzmarkt sind neben dem hohen Lebensstandard der Bevölkerung auch die gute Infrastruktur (Telekommunikation, Transport, Logistik) sowie die Stabilität und Transparenz des politischen und rechtlichen Umfelds. Kleineren asiatischen Staaten dient Japan dabei auch als Gegengewicht gegenüber der Stärke Chinas.29 Aber nicht nur bei der Herkunft der Investoren gab es Veränderungen. Auch die Gewerbezweige, in denen ausländische Unternehmen tätig sind, haben sich verlagert. Mehr als vier Fünftel der Gesellschaften mit ausländischen Investoren, die in der bereits erwähnten Erhebung des Ministeriums für Wirtschaft, Handel und Industrie erfasst wurden, waren 2009 im nichtverarbeitenden Gewerbe tätig.30 Dabei hatten Großhandelsunternehmen den größten Anteil, gefolgt von Unternehmen der Service- sowie zunehmend der Informations- bzw. Telekommunikationsbranche.31 Noch 1997 hatte der Anteil des nichtverarbeitenden Gewerbes nur zwei Drittel betragen.32 Der Abbau des verarbeitenden Gewerbes wird sich voraussichtlich fortsetzen, da Unternehmen in Japan mit hohen Lohnkosten und erheblicher Steuerbelastung zu

führte JETRO in Kooperation mit Ernst & Young zwischen dem 19. Dezember 2007 und dem 25. Januar 2008 per Telefoninterview mit leitenden Angestellten US-amerikanischer, europäischer und asiatischer Unternehmen durch. Insgesamt wurden 209 Personen befragt. 71 % der Befragten hatten keine Arbeitserfahrung in Japan. 29 Dazu, dass Japan als Gegengewicht gegenüber China dient, HEIN (2013) 9. Zu den von leitenden Angestellten US-amerikanischer, europäischer und asiatischer Unternehmen benannten Standortvorteilen Japans JETRO/ERNST & YOUNG (2008) 17 ff. 30 Erfasste Unternehmen und Quelle: Fn. 33. Der genaue Anteil der Unternehmen im nichtverarbeitenden Gewerbe betrug 81,9 %, der im verarbeitenden Gewerbe entsprechend nur noch 18,1 %. 31 Anteil an allen Unternehmen: Großhandelsunternehmen 46,3 % (1997), 44,8 % (2009); Serviceindustrie 11,4 % (1997), 14,4 % (2009). Die Informationsindustrie wurde bis 2003 zusammen mit der Transportindustrie und erst seit 2004 als eigene Untergruppe erfasst. Sie gewinnt vor allem seit 2001 sehr an Bedeutung. Transport- und Telekommunikationsindustrie 1997: 2,5 %, 1998: 2,2 %, 1999: 2,4 %, 2000: 3,0 %, 2001: 10,6 %, 2002: 11,5 %, 2003: 12,5 %. Informations- und Kommunikationsindustrie [Angaben zu der nicht mehr eingerechneten Transportindustrie in Klammern] 2004: 11 % (2 %), 2005: 12 % (2 %), 2006: 12,2 % (2,6 %), 2007: 12,8 % (3,1 %), 2008: 14,6 % (3,9 %), 2009: 11,4 % (3,5 %). 32 Der genaue Anteil betrug 66,3 %.

16

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

kämpfen haben.33 In den erläuterten aktuellen Fallstudien etwa stehen Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb und Dienstleistungen als Gewinner im Vordergrund. Dabei bieten sich für ausländische Unternehmen gerade neue oder stark wachsende Wirtschaftsbereiche an, um Zugang zu einem so hochentwickelten, ausdifferenzierten und, wie eingangs erwähnt, ursprünglich eher unzugänglichen Markt wie Japan zu finden – wie in den Fallstudien etwa die Bereiche der Fast Fashion, des Internetvertriebs oder der Billigfluglinien, in denen sich noch keine festen Strukturen gebildet haben und wo, wie auch in der Altenpflege, eine steigende Nachfrage besteht. Wichtig für den Marktzutritt ist zudem die Möglichkeit, durch Kooperationen und Übernahmen auf bestehende Unternehmensstrukturen zuzugreifen. Ein nennenswerter M&A-Markt hat sich in Japan, wie aus Tabelle 3 ersichtlich, erst seit Beginn der 1990er Jahre entwickelt. Seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre nahm dann auch die Zahl der Übernahmen japanischer Unternehmen durch ausländische Unternehmen („out-in“) zu. Ausländische Investoren kauften insbesondere in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren japanische Unternehmen auf, die infolge der Wirtschaftskrise nach 1990 notleidend geworden waren.34 Die begrenzten M&A-Möglichkeiten ausländischer Unternehmen wurden 2007 mit Inkrafttreten der Regelungen zu Dreiecksfusion und -tausch erweitert.35 Dies hat allerdings bisher, soweit in Tabelle 3 erkennbar, nur zu einem kurzfristigen Anstieg der Übernahmen durch ausländische Unternehmen geführt.

33

Zu den von leitenden Angestellten US-amerikanischer, europäischer und asiatischer Unternehmen benannten Standortnachteilen Japans JETRO/ERNST & YOUNG (2008) 24 ff.; JETRO (2007) 7 und JETRO (2008) 7 ff. Zur internationalen Unternehmensbesteuerung nach japanischem Recht ausführlich MUSAHL (2011) Rn. 91 ff. 34 MITOMA (2007) 126 ff. 35 Zu Dreiecksfusion und -tausch siehe unten B.IV.3.c. Die Zulässigkeit einer grenzüberschreitenden Verschmelzung oder eines grenzüberschreitenden Aktientauschs ist äußerst umstritten, siehe unten Vierter Teil, B.XIII. Angesichts zahlreicher Hindernisse bei der Durchführung gab es in der Praxis bisher keinen einzigen Fall; MITOMA (2007) 129.

A. Öffnung des japanischen Marktes

17

TABELLE 3: Zahl der M&A-Geschäfte36 Jahr

Gesamt

Out-In

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

483 397 505 531 621 753 834 1.169 1.635 1.653 1.752

29 26 33 33 31 53 85 129 175 159 131

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

1.728 2.211 2.725 2.775 2.696 2.399 1.957 1.707 1.687 1.848 2.048

158 206 179 37 180 309 198 138 142 145 112 149

36 Quelle RECOF (2007) 12 (Daten bis 2006 aus einer Untersuchung des Kabinettsamtes) sowie RECOF (2013) 2 und RECOF (2014) 2 (Daten ab 2006). Nach RECOF (2007) 3 bedeutet „M&A-Investition“, dass „das Recht zum Betrieb eines Unternehmens oder eines Betriebs mit dem Ziel des Zugriffs auf bestehende Unternehmensressourcen übergeht. Eingeschlossen ist der Aktienerwerb, der mit einer Beteiligung am Betrieb verbunden ist.“ Die Landeszugehörigkeit eines Unternehmens wird nach seiner Kapitalstruktur bestimmt. Ausländisch ist ein Unternehmen grundsätzlich dann, wenn der ausländische Kapitalanteil 50 % ausmacht. Jedoch gilt jedes als japanische juristische Person organisierte Unternehmen, das an der japanischen Börse notiert ist, als japanisches Unternehmen; RECOF (2007) 3. 37 Für das Jahr 2006 enthalten die Quellen für M&A durch ausländische Unternehmen unterschiedliche Zahlen. RECOF (2007) 12 gibt 171 Übernahmen an, RECOF (2013) 2 dagegen 180. Beide Quellen stammen von der Recof Data Corporation. Auch werden dieselben Bezeichnungen verwendet. Daher ist anzunehmen, dass es sich nur um eine Abweichung für dieses eine Jahr handelt, die nachträglich korrigiert wurde.

18

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

Auch feindliche Übernahmeversuche durch ausländische Unternehmen rückten ab 1999 verstärkt ins Bewusstsein der japanischen Öffentlichkeit.38 Dabei war in Japan die Zahl feindlicher Übernahmeversuche – also auch solcher mit japanischem Investor – seit 1997 insgesamt gestiegen.39 Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass sich die übernahmehemmenden Netzwerke der Überkreuzbeteiligungen – in anderer Zusammensetzung und Struktur als in den 1990er Jahren – seit 2005 erneut ausweiten.40 Für die zukünftige Entwicklung wird auch maßgeblich sein, wie sich die noch nicht gefestigte rechtliche Bewertung des Einsatzes von Abwehrmaßnahmen weiterentwickelt.41 Was also bedeuten die dargestellten Hintergründe für die eingangs gestellten Fragen, ob der Zuwachs an ausländischem Engagement bis 2006 eine nachhaltige Öffnung bedeutete und ob in Zukunft eine Fortsetzung dieser Internationalisierung zu erwarten ist? Die Neustrukturierung des Wirtschaftsund Rechtssystems seit 1990 hat maßgeblich zur Entstehung eines M&AMarktes beigetragen. Dieser sowie das Aufkommen neuer Vertriebsarten und Wirtschaftsbereiche abseits der unzugänglichen bestehenden Strukturen haben die Möglichkeiten des Markteintritts für Auslandsgesellschaften erheblich erweitert. Genutzt werden diese Möglichkeiten heute nach wie vor von westlichen, aber zunehmend auch von Firmen aus den Wachstumsregionen Asiens, die die Anbindung an die industriellen Kompetenzcluster Japans suchen und Japan als Absatzmarkt für sich erschließen. Die fehlende ausländische Marktpräsenz wurde so über die Jahre aufgebrochen. Diese Entwicklung wird voraussichtlich, soweit die veränderten Rahmenbedingungen fortbestehen, weitergehen.

B. Rechtliches Umfeld B. Rechtliches Umfeld

I.

Reformprogramm der japanischen Regierung seit den 1990er Jahren

Wie in Abschnitt A dargelegt, nahm die Internationalisierung der japanischen Unternehmenslandschaft in den 1980er Jahren nur nach außen hin zu. Japanische Gesellschaften verlagerten ihre Produktion ins Ausland – teils in die USA und Europa, um sich die dortigen Absatzmärkte zu sichern, teils aus

38

Ausführlich dazu BAUM/SAITO (2011) Rn. 18 ff.; BAUM (2008) 335 ff. MITOMA (2007) 133 f. dazu, warum die Versuche ausländischer Bieter so sehr im Vordergrund der öffentlichen Diskussion standen. 40 NITTA (2009) 1 ff. 41 Zur noch unklaren Rechtslage BAUM/SAITO (2011) Rn. 123 ff., insbes. S. 151 ff. Ausführlich und kritisch zu den Auswirkungen von Abwehrmaßnahmen auf die Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen POKARIER (2008) 208 ff. 39

B. Rechtliches Umfeld

19

Kostengründen nach Südostasien.42 Nach innen jedoch war der Markt nach wie vor weitgehend abgeschlossen. Kurz gesagt: Einige große japanische Firmen stellten sich dem internationalen Wettbewerb auf ausländischen Märkten, nach innen aber wurde der Wettbewerb behindert – und zwar sowohl für ausländische wie auch für japanische Unternehmen.43 Die zunehmende Globalisierung verschärfte die Problematik dieser Zweiteilung des Marktes.44 Mit dem Scheitern dieses Marktsystems in der 1990 beginnenden Wirtschaftskrise wurde deutlich, dass die ihm zugrunde liegenden Strukturen geändert werden mussten. Nachdem sich die politischen Mehrheitsverhältnisse aufgrund von Skandalen verschoben hatten, reagierte die japanische Regierung mit einem übergreifenden Reformprogramm, das eine Neuordnung und Modernisierung der überkommenen Strukturen bezweckte.45 Die von verschiedenen Ministerien lancierten, ineinandergreifenden Einzelreformen erfassten nach und nach die wesentlichen Rechtsbereiche. Zunächst wurde der Politik gegenüber der Verwaltung mehr Einfluss als bisher auf das Gesetzgebungsverfahren eingeräumt.46 Eine Neuordnung des Verwaltungsverfahrens sollte dessen bisherige eingefahrene Struktur transparenter und gerechter gestalten.47 Eine Umverteilung der ministeriellen Aufgaben zielte darauf ab, die verkrusteten Strukturen in der Ministerialbürokratie aufzubrechen.48 Eine tiefgreifende Umstrukturierung des Finanzmarktes („japanischer Big Bang“) und eine Reform des Übernahmerechts dienten der Belebung des wirtschaftlichen Wettbewerbs.49 Damit einher gingen eine Reform des Insolvenz- und Reorganisationsrechts sowie eine Verschärfung des Antimonopolgesetzes.50 Die seit 2001 lancierte groß

42

BAUM (1995) 43 ff. (für die USA und Europa) sowie 47 ff. (für Südostasien). Zur Zweiteilung des japanischen Marktes BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 59 ff. 44 BAUM (2003) 135. 45 Zur politischen Vorgeschichte der Reformen ROKUMOTO (2011) Rn. 17 ff. 46 Dazu ROKUMOTO (2011) Rn. 31 f. sowie BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 65. 47 Kritisch zur Reichweite der Reform GINSBURG (2002) 57 ff.; KÖDDERITZSCH (1996) 131–136. Zur Geschichte administrativer Reformen in Japan TANAKA (1996) 110–127. 48 TANAKA (1996) 119 ff. sowie im Überblick HALEY (2005) 6 Fn. 9; DERICHS/LUKNER (2008) 219 ff. 49 Zum japanischen Big Bang BAUM (2000) 651 ff. (Überblick über die Reformmaßnahmen) und 645 f. (Wechselbeziehungen von Globalisierungsdynamik und Liberalisierungsdruck). Zu den bisherigen Charakteristika der japanischen Finanzmärkte BAUM/HAYAKAWA (1994) 515 ff. m.w.N. Zur geänderten Rolle der Banken aus aktueller Sicht KONOE (2010) 81 ff. Zur Reform des Übernahmerechts HAYAKAWA (2010b) 3085 ff.; KOZUKA (2006) 5 ff.; ODA (2007) 5 ff. 50 Shiteki dokusen no kinshi oyobi kôsei torihiki no kakuho ni kansuru hôritsu [Gesetz über das Verbot privater Monopolisierung und die Sicherung des freien und lauteren Wettbewerbs], Gesetz Nr. 54/1947 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014. Zur Reform des Insolvenzund Reorganisationsrechts KROHE (2002) 5 ff.; STEELE (2003) 223 ff. Zum Antimonopol43

20

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

angelegte Reform des Justizwesens war der zentrale Baustein in dem Wechsel des Regulierungsmodells von der bisher vorherrschenden ex ante-Kontrolle durch die Verwaltung zu einer ex post-Kontrolle durch die Justiz.51 Sie umfasste die Juristenausbildung ebenso wie die Verfahrensgestaltung.52 Wie diese selektive Aufzählung zeigt, ist das Reformprogramm in seinem Umfang durchaus vergleichbar mit den Reformwellen in der Meiji-Zeit (1868–1912) und nach 1945.53 Das Internationale Gesellschaftsrecht stand bei den aktuellen Reformen nicht an zentraler Stelle. Anders als in Deutschland gab es in Japan bislang kein Reformprojekt, das sich allein mit dem Internationalen Gesellschaftsrecht befasste.54 Jedoch war es Gegenstand dreier, teilweise parallel stattfindender Reformen. Seit der Meiji-Zeit waren dies die ersten Maßnahmen des Gesetzgebers, die sich direkt mit dem Internationalen Gesellschaftsrecht befassten. Im Rahmen einer Reform des wirtschaftsrelevanten Kollisionsrechts wurden Regelungen zum bisher nicht kodifizierten Gesellschaftskollisionsrecht entworfen.55 Bei der umfassenden Neustrukturierung des Gesellschaftsrechts diskutierte der Gesetzgeber die Streichung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften und änderte sie schließlich bei Erlass des GesG im Jahr 2005.56 Anlässlich einer Reform der Rolle nichtwirtschaftlicher Vereine und Stiftungen von 2006 wurde die Vorschrift zur Anerkennung ausländischer juristischer Personen im ZG überarbeitet.57 Diese Position an der Schnittstelle verschiedener Themenkomplexe eröffnet einen interessanten Blickwinkel auf die Dynamik und die rechtspolitischen Dimensionen des japanischen Reformprogramms. Die beinahe gleichgesetz EGUCHI (2002a) 141 ff. (zur Rechtslage vor der Reform) und EGUCHI (2002b) 126 ff. (zur Reform); SUGAHISA (2005) 212 ff. 51 Siehe den Schwerpunkt Judicial Reform in Japan, ZJapanR 27 (2009) 3–126; BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 50 ff. 52 Umfassend zur Umgestaltung der Juristenausbildung das Symposium Build it and They Will Come – The First Anniversary of Law Schools in Japan, ZJapanR 20 (2005) 5– 122; Bewertung aus aktueller Sicht: MCALINN (2010) 225 ff. Im Strafprozess wurde die Beteiligung von Laienrichtern eingeführt, dazu ANDERSON/AMBLER (2006) 55 ff. Auch außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren wurden neu strukturiert. Zum reformierten Schiedsrecht monographisch BURKEI (2008); zum neuen ADR-Gesetz: BAUM/SCHWITTEK (2009) 123 ff.; YOSHIDA (2005) 193 ff. 53 Ob auch die Auswirkungen so tiefgreifend sein werden, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Eher zurückhaltend HALEY (2005) 5 ff. 54 Zu dem am 7. Januar 2008 durch das deutsche Bundesjustizministerium veröffentlichten Referentenentwurf zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen siehe unten Zweiter Teil, B.I. 55 Zur Reform allgemein siehe unten III.2. sowie zur Diskussion des Internationalen Gesellschaftsrechts siehe unten Zweiter Teil, B.II. 56 Allgemein zur Reform siehe unten IV.3. Zur Diskussion über die Vorschrift zu Scheinauslandsgesellschaften siehe unten Dritter Teil, B.V. 57 Zu dieser Vorschrift siehe unten Dritter Teil, A.I.

B. Rechtliches Umfeld

21

zeitig stattfindenden Diskussionen des Internationalen Gesellschaftsrechts in den Kommissionen zur Reform des Gesellschafts- und des Kollisionsrechts zeigen Interdependenzen auf.58 Zudem bestehen im Gesellschaftsrecht Bezüge zu zwei grundlegenden Reformzielen – dem der Deregulierung und dem der Internationalisierung. Die im Dritten Teil vorgenommene Analyse der Frage, wie diese Reformziele und ihre Hintergründe sich zueinander verhielten und welche Dynamik die den Zielen entgegenstehenden Interessen entfalteten, wirft grundlegende regulatorische Fragen auf.59 Die Untersuchung der Kodifikationsbemühungen im Kollisionsrecht gewinnt durch die Gegenüberstellung mit der deutschen Reformdiskussion zusätzlich an Bedeutung. Deutschland ist erst vor wenigen Jahren, nach heftigen Diskussionen und auch bisher nur für EWR-Auslandsgesellschaften zur Gründungstheorie übergegangen. Vor diesem Hintergrund erstaunt es zunächst, dass auch in Japan, wo die Gründungstheorie schon lange herrschende Meinung ist, kein Konsens über ihre gesetzliche Verankerung erzielt werden konnte. Die vergleichende Analyse im Zweiten Teil dieser Arbeit verdeutlicht so spezifische Probleme der rechtspolitischen Situation in Japan.60 II.

Internationales Zivilprozessrecht

1.

Internationale Zuständigkeit japanischer Gerichte

Die internationale Zuständigkeit wurde in Japan bisher weitgehend durch ungeschriebene Rechtsregeln bestimmt.61 Dies hat sich jedoch durch eine aktuelle Ergänzung zum soeben beschriebenen übergreifenden Reformprogramm geändert. Mit Gesetz vom Mai 2011, das am 1. April 2012 in Kraft getreten ist, sind detaillierte Regelungen zur Zuständigkeit ins Zivilprozessgestz (im Folgenden ZPG)62 eingefügt worden.63 Gemäß Art. 3-2 Abs. 3 ZPG n.F. besteht der allgemeine Gerichtsstand ausländischer Vereinigungen an ihrer Hauptgeschäftsstelle oder -niederlassung (shutaru jimu-sho mata wa eigyô-sho) in Japan oder, soweit die Gesellschaft keine Geschäftsstelle oder Niederlassung in Japan hat, am Wohnsitz des Ver-

58

Siehe dazu unten Zweiter Teil, B.II. und Dritter Teil, B.V.2.a. Siehe dazu unten Dritter Teil, B.V.2.a. 60 Siehe dazu unten Zweiter Teil, B. und C. 61 NISHITANI (2011) Rn. 111 f. und Rn. 119 ff. zum allgemeinen Gerichtsstand ausländischer juristischer Personen und Körperschaften; PETERSEN (2003) 42 ff. und 103 ff. zum allgemeinen Gerichtsstand ausländischer Vereine und Stiftungen. 62 Minji soshô-hô, Gesetz Nr. 109/1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 30/2012. 63 Minji soshô-hô oyobi minji hozen-hô no ichibu o kaisei suru hôritsu [Gesetz zur teilweisen Änderung des ZPG und des Zivilsicherungsgesetzes], Gesetz Nr. 36/2011; Übers. ins Deutsche von Y. NISHITANI, ZJapanR 33 (2012) 205–214 mit Erläuterungen NISHITANI (2012) 197 ff. Ausführlich NISHITANI (2013) 289 ff. 59

22

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

treters oder einer anderen für die maßgeblichen Geschäfte verantwortlichen Person.64 Zudem sind japanische Gerichte nach Art. 3-3 Nr. 4 ZPG n.F. für Klagen gegen ausländische Vereinigungen international zuständig, wenn diese eine Geschäftsstelle oder Niederlassung in Japan haben – allerdings nur für Klagen in Bezug auf in dieser Geschäftsstelle oder Niederlassung getätigte Geschäfte.65 Auch ist nach Art. 3-3 Nr. 5 die internationale Zuständigkeit japanischer Gerichte für Klagen gegen solche ausländischen Vereinigungen begründet, die unter die Definition der Auslandsgesellschaft fallen und in Japan dauerhaft Handel treiben.66 Je nachdem, wie weit der Begriff „dauerhaft Handel treiben“ ausgelegt wird,67 könnte diese Zuständigkeit sehr weit reichen. Zudem wurde mit Art. 3-9 ZPG n.F. eine der bisherigen Rechtsprechung entsprechende Korrektivregelung ins Gesetz aufgenommen, nach der das Gericht aufgrund von besonderen Umständen seine Zuständigkeit ablehnen kann.68 Daher wird möglicherweise von Fall zu Fall sehr unterschiedlich beurteilt werden, ob die Zuständigkeit des Art. 3-3 Nr. 5 ZPG n.F. gegeben ist. Dies könnte Klagen vor japanischen Gerichten mit erheblicher Rechtsunsicherheit belasten.69 64 Zum Erfordernis der Bestimmung eines Vertreters mit Wohnsitz in Japan siehe unten Drittter Teil, B.II. 65 KONO (2010) 152 f. nimmt an, dass dies auch für außerhalb Japans vorgenommene Geschäfte mit Bezug zur Geschäftsstelle oder Niederlassung in Japan gilt. Allerdings ist diese Auslegung zumindest aus dem Wortlaut nicht ersichtlich. Der Text sowohl des Gesetzes als auch des Ministerialentwurfs lautet: „in Bezug auf Geschäfte in dieser Geschäftsstelle oder Niederlassung“ (sono jimu-sho mata wa eigyô-sho ni okeru gyômu ni kansuru). Die Übersetzung Konos als „business related to their office or business office in Japan“ ist daher möglicherweise zu weit gefasst. Früher war ein Bezug zur Geschäftsstelle nach der Rechtsprechung nicht erforderlich, vgl. PETERSEN (2003) 108 ff. Dagegen sprachen sich jedoch Teile der Literatur aus, dazu NISHITANI (2011) Rn. 120 f. 66 Zur Definition der Auslandsgesellschaft siehe unten Dritter Teil, B.I.2. Y. NISHITANI, ZJapanR 33 (2012) 205, 206 verwendet in ihrer Übersetzung den Ausdruck „dauerhaft gewerbliche Tätigkeiten ausüben“. Im Interesse einer mit der hier verwendeten Übersetzung der entsprechenden fremdenrechtlichen Vorschriften im GesG einheitlichen Terminologie wird davon abgewichen. Die Errichtung einer Niederlassung in Japan ist für Auslandsgesellschaften nicht mehr verpflichtend, siehe OKUDA (2006a) 118 f.; KANDA (2012) 364. Zur Abgrenzung von Art. 3-3 Nr. 4 und 5 ZPG n.F. NISHITANI (2012) 201. Zum Hintergrund für den Erlass von Art. 3-3 Nr. 5 ZPG siehe YOKOMIZO (2012) 104. 67 Zum Problem der Auslegung des Kriteriums des dauerhaften Handeltreibens im materiellen Recht siehe unten Dritter Teil, B.III.1. 68 Dazu KONO (2010) 155. Zur Entwicklung dieser Korrektivregelung NISHITANI (2011) Rn. 114 ff. 69 Kritisch dazu KONO (2010) 153 sowie NISHITANI (2012) 204.

B. Rechtliches Umfeld

23

Darüber hinaus besteht die internationale Zuständigkeit japanischer Gerichte gemäß Nr. 7 für Klagen von Gesellschaften oder sonstigen Körperschaften oder Stiftungen gegen ihre Organe oder Gründer bei juristischen Personen, wenn sie in Japan errichtet wurden, und bei ausländischen Vereinigungen, die keine juristischen Personen sind, wenn ihre Hauptniederlassung in Japan liegt. International ausschließlich zuständig sind japanische Gerichte zudem gemäß Art. 3-5 Abs. 2 i.V.m. Art. 3-10 ZPG n.F. für Klagen, die sich auf die Eintragung in japanische Register beziehen.70 Die Zulässigkeit und Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung richtet sich nach Art. 3-7 ZPG n.F. Auch ist nach Art. 3-8 ZPG n.F. die Zuständigkeit aufgrund rügeloser Einlassung möglich.71 2.

Partei- und Prozessfähigkeit

Nach der in Japan traditionell herrschenden, allerdings nicht unbestrittenen Meinung werden Partei- und Prozessfähigkeit ausländischer Vereinigungen nach der lex fori bestimmt. Danach ist jede ausländische Vereinigung parteifähig, die nach ihrem Gründungsrecht rechtsfähig ist. Gemäß Art. 29 ZPG können aber auch nicht rechtsfähige ausländische Vereinigungen unter ihrem Namen klagen und verklagt werden, wenn sie ihrer Satzung nach einen Vertreter oder Verwalter haben. Prozessfähig ist jede ausländische Vereinigung, die nach ihrem Gründungsrecht oder nach japanischem Recht (Art. 33 ZPG) geschäftsfähig ist.72 III. Kollisionsrecht 1.

Die Kodifikation des IPR im Hôrei

Die erste Kodifikation des Internationalen Privatrechts, heute Altes Hôrei (Kyû-hôrei) genannt, wurde vermutlich unter der Leitung Gustave Emile Boissonade de Fontarabies73 von Binzô Kumano74 entworfen und im Jahr

70

Zur Eintragungspflicht für Auslandsgesellschaften siehe unten Dritter Teil, B.III. Siehe die Übers. der Vorschriften bei KONO (2010) 160. 72 Ausführlich zu den Einzelheiten und zu den verschiedenen Meinungen in Wissenschaft und Rechtsprechung unten Vierter Teil, B.IV. 73 Gustave Emile Boissonade de Fontarabie (1825-1910) war von 1864 bis 1873 Professor in Grenoble und Paris. Während seines Dienstes von 1873 bis 1895 als Rechtsberater der japanischen Regierung entwarf er Gesetze (neben dem Hôrei v.a. auch die sachenund schuldrechtlichen Teile des Alten ZG sowie das Strafgesetz und das Strafprozessgesetz, die 1882 in Kraft traten) und bildete Juristen aus. Dazu RAHN (1990) 91 f. sowie ausführlich zum Lebenslauf Boissonades SOKOLOWSKI (2010) 249 ff. 74 Binzô Kumano (1855-1899) betrieb im Dienst des Justizministeriums rechtswissenschaftliche Forschungen. Dazu DÔGAUCHI (2008) 30. 71

24

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

1890 verkündet.75 Inhaltlich war das Alte Hôrei am italienischen IPRGesetzbuch von 186576 und an den belgischen Gesetzentwürfen von 188277 orientiert.78 Es trat jedoch nie in Kraft. Gesetzesgegner hatten im sog. Kodifikationenstreit heftigen Widerstand gegen die nach westlichem Vorbild entworfenen Kodifikationen – insbesondere gegen das Alte ZG,79 aber auch gegen das Alte Hôrei und das Alte HG80 – geleistet und und eine grundlegende Überarbeitung der Gesetzestexte erreicht.81 Das am 16. Juli 1898 schließlich in Kraft gesetzte Hôrei82 wurde formell als Änderung zum Alten Hôrei erlassen, wich aber inhaltlich völlig davon ab.83 Das deutsche Kollisionsrecht galt – wie das deutsche Zivilrecht – zu der Zeit als besonders fortschrittlich.84 Der bei der Ausarbeitung des Hôrei federführende Nobushige Hozumi85 orientierte sich daher maßgeblich am deutschen Recht. Jedoch zeichneten sich die von Hozumi neben vielen anderen Materialien maßgeblich herangezogenen Gebhard’schen Vorentwürfe von 1881 und 1887, die in Deutschland nicht Gesetz geworden waren, durch zahl75 Gesetz Nr. 97/1890 (aufgehoben). Deutsche Übers. NIEMEYER (1902) 197 ff. Englische Übers. durch William Montague Hammett Kirkwood, abgedruckt in KAWAKAMI (1967) 34 ff. sowie bei BASEDOW/BAUM/NISHITANI (2008) im Anhang. Zum Einfluss Boissonades bei der Kodifikation des Hôrei KAWAKAMI (1967) 18. DÔGAUCHI (2008) 30 weist darauf hin, dass zudem der Engländer William Montague Hammett Kirkwood (1850-1926) und der Italiener Alessandro Paternostro (1852-1899) Einfluss nahmen, indem sie vorschlugen, englische und italienische Kollisionsregeln und die Veröffentlichungen wissenschaftlicher Vereinigungen miteinzubeziehen. 76 Disposizioni preliminari del Codice civile, im (später redaktionell leicht veränderten) Entwurf abgedruckt bei JAYME (1980) 56 ff. 77 Der kommentierte belgische Gesetzesentwurf ist zu finden in den sechs von François Laurent zwischen 1882 und 1885 herausgegebenen Bänden Avant-Projet de Révision du Code Civil. 78 NISHITANI (2000) 250; KAWAKAMI (1969) 23 ff. Auch das französische Recht wurde herangezogen, siehe DÔGAUCHI (2008) 30. 79 Kyû-minpô, Gesetze Nr. 28/1890 und Nr. 98/1890 (aufgehoben). 80 Kyû-shôhô, Gesetz Nr. 32/1890 (aufgehoben). 81 EGAWA (1962) 1, 2; KAWAKAMI (1969) 50 ff., 72 f.; NISHITANI (2000) 251; ZWEIGERT/KÖTZ (1996) 291. Ausführlich zum Kodifikationenstreit SOKOLOWSKI (2010). 82 Gesetz Nr. 10/1898 (aufgehoben). Einen Überblick über die Entstehungsgeschichte und den Inhalt des Hôrei gibt DÔGAUCHI (2008) 33 ff. 83 EGAWA (1962) 2; YAMADA (1901) 634. 84 EGAWA (1962) 2. 85 Nobushige Hozumi (1856–1926) studierte an der Kaisei-Schule Tokyo, die später zur Universität Tokyo wurde. Er ging 1876 nach England und wurde dort barrister at law. Anschließend studierte er in Berlin Rechtsphilosophie und Bürgerliches Recht. 1881 kehrte er nach Japan zurück und wurde im folgenden Jahr Professor an der Universität Tokyo. 1888 erwarb er als Erster den akademischen Grad des Doktors der Rechte. Er war die zentrale Persönlichkeit in der Kommission zur Revision des ZG. Zum Leben Hozumis SOKOLOWSKI (2010) 391 f. und 725 sowie RAHN (1990) 106 Fn. 2 (der angibt, Hozumi habe 1855–1916 gelebt).

B. Rechtliches Umfeld

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reiche allseitige Anknüpfungen aus86 – anders als das deutsche EGBGB vom 18. August 1896, das zahlreiche einseitige Anknüpfungen enthielt. Der Entwurf für das Hôrei, der schließlich ohne Änderungen angenommen wurde, war also zu jener Zeit sehr modern.87 Allerdings blieb der Gesetzestext bis auf vereinzelte Änderungen und eine Reform des Familien- und Erbrechts im Jahr 1989 über mehr als hundert Jahre im Wesentlichen unverändert.88 2.

Ausdifferenzierung des Kollisionsrechts mit Erlass des RAG

Die in den 1990er Jahren begonnene, umfassende Reformierung des japanischen Rechtssystems erfasste schließlich auch das Kollisionsrecht.89 Zunächst wurde nur eine Einzelfrage in den Dreijahresplan des Kabinetts von 2001 aufgenommen.90 Der Dreijahresplan von 2004 sah zudem eine sprachliche Modernisierung des Gesetzes vor.91 Das Justizministerium, das mit der Aus-

86

Zur Heranziehung der Gebhard’schen Entwürfe bei der Überarbeitung des Hôrei NISHITANI (2000) 251; BAUM (1994) 173. Die Gebhard’schen Vorentwürfe sind abgedruckt bei NIEMEYER (1895) 4-25. Zur allseitigen Anknüpfung in den Gebhard’schen Entwürfen NIEMEYER (1901) 1 f., auch zu den Gründen für die Abweichung vom schließlich erlassenen EGBGB (18 ff.). Ursache dafür, dass sie nicht Gesetz wurden, waren vermutlich die Bedenken Bismarcks gegen eine innerstaatliche Kodifikation des Internationalen Privatrechts, siehe HARTWIEG/KORKISCH (1973) 159 f. Zu den anderen bei der Ausarbeitung des Hôrei herangezogenen Materialien NISHITANI (2000) Fn. 265; siehe auch HUCH (1941) 46 ff. 87 DÔGAUCHI (2008) 35 ff. 88 Die Reform von 1989 wurde durch Erlass des Gesetzes Nr. 27/1989 umgesetzt. Zu dieser Reform in deutscher Sprache SCHMIDT (1992) und im Überblick DÔGAUCHI (2008) 41 ff. Die Änderungen durch die Gesetze Nr. 7/1942, 223/1947, 100/1964, 84/1986 und 151/1999 betrafen Kleinigkeiten oder technische Details, siehe DÔGAUCHI (2008) 37 f., insbes. Fn. 48. 89 Die folgenden Ausführungen unter 2. basieren auf dem Aufsatz SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 86 ff. 90 Kisei kaikaku suishin 3-ka-nen keikaku [Dreijahresplan zur Förderung der Regulierungsreform]; beschlossen in der Kabinettssitzung vom 30. März 2001, erhältlich auf der Homepage des Kabinettsamtes, , revidiert in den Kabinettssitzungen vom 29. März 2002 und vom 28. März 2003. Das Justizministerium wurde darin beauftragt zu prüfen, ob Art. 12 Hôrei, der die Wirksamkeit einer Forderungsabtretung gegenüber Dritten regelte, zur Verbesserung der Umlauffähigkeit von Forderungen im internationalen Finanzverkehr reformiert werden solle. Dazu ausführlich SAKURADA/SCHWITTEK (2012). 91 Kisei kaikaku, minkan kaihô suishin 3-ka-nen keikaku [Dreijahresplan zur Förderung der Regulierungsreform und der Öffnung staatsbetriebener Wirtschaftsbereiche für die Privatwirtschaft von 2004], beschlossen am 19. März 2004 (), revidiert am 25. März 2005 und am 31. März 2006.

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Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

arbeitung der Neuerungen beauftragt war, bezog schließlich alle für die Wirtschaft wesentlichen Gebiete des Kollisionsrechts ein.92 Die Reform war überfällig. Die Vorschriften waren den Anforderungen der modernen Rechtspraxis nicht mehr gewachsen. Japan ist seit langem eine hochentwickelte Wirtschaftsmacht mit entsprechend komplizierten Rechtsbeziehungen. Zudem hatte das Internationale Privatrecht durch die Zunahme von Rechtsstreitigkeiten mit internationalem Bezug auch an praktischer Relevanz gewonnen. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren (bei ohnehin sehr geringer Prozessdichte) international-privatrechtliche Gerichtsentscheidungen extrem selten.93 In dieser Zeit fand vornehmlich theoretische Grundlagenforschung statt, die zu einer dogmatischen Ausdifferenzierung der Theorien zum Internationalen Privatrecht führte.94 Nachdem Japan nach dem Zweiten Weltkrieg 1952 seine Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, stiegen die Zahl der in Japan lebenden Ausländer (etwa ehemalige Zwangsarbeiter oder US-amerikanische Soldaten) und schließlich auch die Zahl von Gerichtsfällen mit Auslandsbezug deutlich an.95 Auch die Zunahme des Tourismus in Japan führte zu mehr und mehr Berührungspunkten mit dem Ausland.96 Eine Ausdifferenzierung der vor über hundert Jahren geschaffenen Regelungs92

KOIDE (2006) 2. Zu den Inhalten der Reform BASEDOW/BAUM/NISHITANI (2008); MANKOWSKI (2008) 241 ff.; NISHITANI (2007) 552 ff.; OKUDA (2006b) 145 ff.; SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 86 ff. 93 EGAWA (1962) 1, 3; KAWAKAMI (1969) 498 f.; für den Bereich des Internationalen Eherechts siehe SCHMIDT (1992) 4. Zur traditionell geringen Prozessdichte WOLLSCHLÄGER (1997) 89 ff. 94 Zu den prägenden Wissenschaftlern dieser Zeit HAYASHIWAKI (1969) 77 ff., der die Entwicklung des japanischen Internationalen Privatrechts in drei Epochen einteilt: 1. Beginn der Meiji-Ära bis zum Erlass des Hôrei; 2. Zeit zwischen dem Erlass des Hôrei und dem Ende des Zweiten Weltkrieges; 3. Zeit seit Ende des Zweiten Weltkriegs. 95 Mit Kriegsende verlor Japan die Insel Formosa (Taiwan), die es seit 1895 besaß, und das 1910 annektierte Korea. Zahlreiche Chinesen und Koreaner, die zwangsweise nach Japan geholt worden waren, erhielten durch den Friedensvertrag von San Francisco am 28. April 1952 ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft zurück. EGAWA (1962) 3 f. Nach dem Ende der US-amerikanischen Besatzung mit dem Friedensvertrag von San Francisco blieben US-amerikanische Truppen als United States Forces Japan zur Stärkung der japanischen Selbstverteidigungsstreitkräfte in Japan stationiert. KAWAKAMI (1969) teilt die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg in drei Perioden ein: 1. vom Kriegsende bis zum Inkrafttreten des Friedensvertrags am 28. April 1952 (insgesamt nur 32 Entscheidungen zum IPR); 2. vom 28. April 1952 bis zur Unterzeichnung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (starke Zunahme der international-privatrechtlichen Rechtsprechung); 3. von 1960 bis 1969 (verstärktes Studium der gesammelten Entscheidungen zum IPR). Genaue Zahlenangaben zu den in Japan lebenden Ausländern in den Jahren 1898, 1959 und 1990 bei SAKURADA (1994) 200. Für die Gegenwart SAKURADA (2006) 3 ff. 96 SCHMIDT (1992) 5; EGAWA (1962) 3 f.

B. Rechtliches Umfeld

27

struktur war also dringend erforderlich. Auch wollte Japan mit Blick auf weltweit zu beobachtende Reformen des Internationalen Privatrechts den Anschluss an die internationale – hier insbesondere an die europäische – Rechtsentwicklung nicht verlieren.97 Eine im August 2002 eingesetzte informelle Forschungsgruppe zum Hôrei unterbreitete auf der Grundlage umfangreicher rechtsvergleichender Studien Regelungsvorschläge.98 Auf Anordnung des Justizministers vom 5. Februar 2003 wurde in der Gesetzgebungskommission des Justizministeriums die Unterabteilung zur Modernisierung des Internationalen Privatrechts eingerichtet.99 Sie befasste sich umfassend mit den zentralen Problemen des wirtschaftsrelevanten Kollisionsrechts Japans. Dabei setzte sie sich anhand der Vorarbeiten der Forschungsgruppe mit den aktuellen Entwicklungen in anderen Ländern und in der Europäischen Union auseinander.100 Im März 2005 veröffentlichte sie einen Zwischenbericht, zu dem interessierte Fachkreise Stellung nehmen konnten.101 Nach Auseinandersetzung mit diesen Meinungsäußerungen erstellte die Unterabteilung einen Entwurf, den die Gesetzge-

97

Dazu WANAMI (2008) 62. Zur Forschungsgruppe (Hôrei Kenkyû-kai) gehörten sechs Wissenschaftler. Sie wurde vom Forschungszentrum für Handelsrecht (Shôji Hômu Kenkyû-kai, Commercial Law Center, Inc.), einer gemeinnützigen Körperschaft zur Förderung der Forschung im Bereich des Handels- und Wirtschaftsrechts, eingesetzt. Das Forschungszentrum wiederum war von der Abteilung für Zivilrecht des Justizministeriums dazu beauftragt. Die Forschungsgruppe veröffentlichte ihre Ergebnisse: HÔREI KENKYÛ-KAI (2003a); HÔREI KENKYÛ-KAI (2003b); HÔREI KENKYÛ-KAI (2004a); HÔREI KENKYÛ-KAI (2004b). 99 Die Anordnung des Justizministers erging durch Konsultation (shimon) Nr. 61, beschlossen in der 139. Sitzung der Gesetzgebungskommission des Justizministeriums (Hôsei Shingi-kai) (). Der Unterabteilung zur Modernisierung des Internationalen Privatrechts gehörten 14 feste Mitglieder sowie 14 Sekretäre an, außerdem sieben Vertreter des Ministeriums. Vorsitzender war Prof. Yoshiaki Sakurada (Universität Kyoto). 100 Die Protokolle der Sitzungen sind auf der Homepage des Justizministeriums veröffentlicht: . Zu Reformdiskussion und Gesetzgebungsverfahren NISHITANI (2003) 263 f.; NISHITANI (2005) 251 ff.; NISHITANI (2006) 229 f. 101 Kokusai shihô no gendai-ka ni kansuru yôkô chûkan shi’an [Zwischenbericht zur Modernisierung des IPR], beschlossen von der Unterabteilung der Gesetzgebungskommission am 22. März 2005, in: Hô no tekiyô ni kansuru tsûsoku-hô kankei shiryô to kaisetsu, Bessatsu NBL No. 110 [Materialien und Erläuterungen zum Rechtsanwendungsgesetz, Sonderband NBL Nr. 110], BESSATSU NBL HENSHÛ-BU [REDAKTION SONDERBAND NBL] (Hrsg.), Tokyo 2006, 91–104; erläutert und kommentiert von NISHITANI (2005) 251 ff. Ein Überblick über die Meinungen ist abgedruckt in: Hô no tekiyô ni kansuru tsûsoku-hô kankei shiryô to kaisetsu, Bessatsu NBL No. 110 [Materialien und Erläuterungen zum Rechtsanwendungsgesetz, Sonderband NBL Nr. 110], BESSATSU NBL HENSHÛ-BU [REDAKTION SONDERBAND NBL] (Hrsg.), Tokyo 2006, 244–254. 98

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Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

bungskommission des Justizministeriums am 6. September 2005 annahm.102 Er wurde von der Abteilung für Zivilrecht des Justizministeriums in Konsultation mit dem Legislativbüro des Kabinetts als Gesetzesentwurf ausgearbeitet und durch das Kabinett ins Parlament eingebracht.103 Nach einer Erläuterung des Entwurfs durch den Justizminister, der Anhörung von Gutachtern und einer Befragung der Regierung wurde der Entwurf zum RAG am 19. April 2006 im Oberhaus und am 15. Juni 2006 im Unterhaus angenommen.104 Das RAG wurde am 21. Juni 2006 verkündet und trat am 1. Januar 2007 in Kraft. Gegenüber dem Hôrei sind die Regelungen zum Internationalen Vertrags- und Deliktsrecht wesentlich detaillierter und differenzierter. Wie das Hôrei enthält auch das RAG jedoch keine Regelung des Gesellschaftskollisionsrechts. Die Anzahl von ausländischen Unternehmen in Japan nimmt, wie oben dargelegt, nur langsam zu, und dies auch erst seit den 1990er Jahren.105 Damit sind die praktische Relevanz und die Rechtsprechungsdichte im Gesellschaftskollisionsrecht deutlich geringer als etwa im Internationalen Vertragsund Deliktsrecht, auf dem der Schwerpunkt der Reform lag. Andererseits hat sich aber die Komplexität gerade im materiellen Gesellschaftsrecht erhöht. Daher war es mit Blick auf die Zukunft äußerst sinnvoll, dass auch das Gesellschaftskollisionsrecht in die Reform mit einbezogen wurde. Zudem galt die Gründungstheorie nach herrschender Ansicht in Japan seit langem – an102

Kokusai shihô no gendai-ka ni kansuru yôkô [Schlussbericht zur Modernisierung des IPR], beschlossen von der Gesetzgebungskommission am 6. September 2005, abgedruckt in: Hô no tekiyô ni kansuru tsûsoku-hô kankei shiryô to kaisetsu, Bessatsu NBL No. 110 [Materialien und Erläuterungen zum Rechtsanwendungsgesetz, Sonderband NBL Nr. 110], BESSATSU NBL HENSHÛ-BU [REDAKTION SONDERBAND NBL] (Hrsg.), Tokyo 2006, 67– 73; im Anschluss (74–83) ist auch eine Übers. ins Englische abgedruckt (KUNIO KOIDE, Summary Proposal for the Modernization of Japanese Private International Law). Auch der Gesetzesentwurf Kokusai shihô no gendai-ka ni kansuru yôkô-an [Entwurf des Plans zur Modernisierung des IPR], den die Unterabteilung der Gesetzgebungskommission am 12. Juli 2005 beschloss, ist dort (84–90) abgedruckt. 103 Gesetzesentwurf Nr. 43 des Kabinetts, in der 164. Legislaturperiode am 14. Februar 2006 dem Oberhaus und am 19. April 2006 dem Unterhaus vorgelegt (). Traditionell werden Gesetzesentwürfe in Japan von den zuständigen Fachministerien und ihren Behörden ausgearbeitet und durch das Kabinett eingebracht; MATSUKAWA (1998) 19 ff. 104 Gutachter im Oberhaus waren Prof. Yoshiaki Sakurada (Universität Kyoto), Tamon Oomura (Direktionsmitglied von Kenedix, Inc.) sowie Hiroyuki Tezuka (Mitglied des Untersuchungsausschusses der Vereinigung der japanischen Rechtsanwaltskammern zur Reform des Internationalen Privat- und Zivilprozessrechts); im Unterhaus Prof. Junko Torii (Universität Seijo) sowie Isomi Suzuki (Vorsitzender des Untersuchungsausschusses der Vereinigung der japanischen Rechtsanwaltskammern zur Reform des Internationalen Privat- und Zivilprozessrechts). 105 Siehe oben A.

B. Rechtliches Umfeld

29

ders als in Deutschland, das sich beim Versuch der Kodifizierung des Gesellschaftskollisionsrechts ganz neu damit auseinandersetzen musste.106 Ihre gesetzliche Verankerung hätte also aus deutscher Sicht in Japan vergleichsweise unproblematisch sein müssen. Warum das Gesellschaftskollisionsrecht dennoch nicht kodifiziert wurde, wird im Zweiten Teil untersucht.107 3.

Allgemeine Lehren

Wie das Hôrei enthält auch das RAG nur vereinzelte Vorschriften zu den allgemeinen kollisionsrechtlichen Lehren, die im Folgenden kurz skizziert werden. a.

Qualifikation

Durch die Qualifikation (seishitsu kettei) wird bestimmt, welche international-privatrechtliche Norm auf ein Rechtsverhältnis mit Auslandsbezug angewendet werden soll.108 In Japan wird sie grundsätzlich unter strenger Trennung von den Systembegriffen des materiellen japanischen Rechts allein durch Auslegung des Kollisionsrechts vorgenommen.109 Hier besteht ein grundlegender Unterschied zu Deutschland, wo die Systembegriffe des Kollisionsrechts nach h.M. wie die des materiellen Rechts ausgelegt werden.110 In der Praxis werden die Unterschiede in der Herangehensweise jedoch dadurch relativiert, dass auch der japanische Richter sein Vorverständnis eines Rechtsinstituts auf die gesamte japanische Rechtsordnung stützt. Soweit Wortlaut und Systematik der japanischen Kollisionsnorm keine eindeutigen Kriterien für die Qualifikation ergeben, wird die Kollisionsnorm teleologisch ausgelegt. Zur Förderung des internationalen Entscheidungseinklangs sind zudem rechtsvergleichende Überlegungen mit einzubeziehen, nämlich die Qualifikation in anderen Rechtsordnungen sowie die funktionale Analyse der ausländischen materiellen Rechtsinstitution.111 Diese Herangehensweise entspricht jedenfalls im Grundsatz der in Deutschland ergänzend herangezogenen funktionellen bzw. teleologischen Qualifikation.112

106

Siehe dazu unten Zweiter Teil, B.I. Siehe dazu unten Zweiter Teil, B.II.3. 108 SAKURADA (2006) 62. 109 SAKURADA (2006) 63 ff.; SAWAKI/DÔGAUCHI (2006) 20 ff.; TAMEIKE (2005) 125 ff.; YAMADA (2004) 47 ff.; NISHITANI (2011) Rn. 14. Diese Art der Qualifikation, in Deutschland als „rechtsvergleichende Qualifikation“ bezeichnet (vgl. VON HOFFMANN/THORN (2007) § 6 Rn. 23-26), wurde von Ernst Rabel begründet, siehe RABEL (1931) 241 ff. 110 Sog. lex fori-Theorie, vgl. VON HOFFMANN/THORN (2007) § 6 Rn. 12 ff. 111 NISHITANI (2011) Rn. 15; SAKURADA (2006) 71. 112 Dazu VON HOFFMANN/THORN (2007) § 6 Rn. 27 ff. 107

30

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

b.

Grundsatz der Sachnormverweisung

Das japanische Kollisionsrecht spricht – wie nach Art. 20 die Rom I-VO, aber anders als gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 das deutsche EGBGB – als Verweisung (sôchi) grundsätzlich eine Sachnormverweisung aus. Weiterverweisungen werden durch das RAG nicht anerkannt. Die Rückverweisung auf japanisches Recht ist gemäß Art. 41 Satz 1 RAG lediglich bei einer Verweisung auf das Heimatrecht (honkoku-hô) einer Person beachtlich.113 Vereinzelt wurde überlegt, das Gesellschaftsstatut als „Heimatrecht“ der Gesellschaft einzuordnen und die Vorschrift so auf das Internationale Gesellschaftsrecht zu erstrecken.114 Da es sich jedoch um eine bewusst eng gehaltene Ausnahmevorschrift handelt, wird dies in der Literatur zu Recht ganz überwiegend abgelehnt.115 c.

Vorfrage

Die herrschende Meinung in Japan knüpft Vorfragen (senketsu mondai) grundsätzlich selbständig nach der lex fori an.116 Dies entspricht der Rechtslage in Deutschland.117 d.

Eingriffsnormen

In Japan besteht Einigkeit darüber, dass die Eingriffsnormen (zettaiteki kyôkô hôki) des japanischen Rechts stets anzuwenden sind.118 Umstritten ist jedoch, welche Normen als Eingriffsnorm einzuordnen sind und wann die Eingriffsnormen anderer Staaten zur Anwendung kommen.119 Während die Diskussion vorwiegend im Kontext des Internationalen Vertragsrechts geführt wird, ist sie auch im Grenzbereich zum Internationalen Gesellschaftsrecht relevant. So wird beispielsweise diskutiert, ob Art. 135 GesG, der es Tochtergesellschaften verbietet, die Aktien ihrer Muttergesellschaft zu erwerben, als Eingriffsnorm einzuordnen ist.120 Auch die Pflicht für Emittenten von Anleihen, zum Schutz der Anleihegläubiger einen Wertpapiertreuhänder zu ernennen, wurde 113

SONNENTAG (2001) 61 Fn. 135. Zu den Einzelheiten der Rückverweisung NISHITA(2011) Rn. 23. 114 YAMAUCHI (1998) 89 ff. 115 YAMADA (2004) 227 Fn. 2. 116 SAKURADA (2006) 129 ff.; SAWAKI/DÔGAUCHI (2006) 24 ff.; TAMEIKE (2005) 227 FF.; OGH, 27. Januar 2000, Minshû Bd. 54 Nr. 1, 1. Dazu NISHITANI (2011) Rn. 29, auch zur teilweise abweichenden Mindermeinung. 117 VON HOFFMANN/THORN (2007) § 6 Rn. 61 ff. 118 In Japan werden Eingriffsnormen als „absolut zwingende Rechtsnormen“ (zettaiteki kyôkô hôki) bezeichnet. 119 Zu der vor allem im Zusammenhang mit dem Internationalen Vertragsrecht geführten Diskussion NISHITANI (2008) 100 ff.; SHINKAWA (2006) 392 ff. 120 Dazu unten Vierter Teil, B.XV.2.a.

NI

B. Rechtliches Umfeld

31

jedenfalls von der früheren Literatur teilweise als zwingend eingeordnet.121 Wegen der noch ungeklärten Fragen bei der Definition und Anwendbarkeit von Eingriffsnormen sah der Gesetzgeber bei Schaffung des RAG von einer Regelung zu Eingriffsnormen ab.122 IV.

Gesellschaftsrecht

1.

Zustandekommen und Entwicklung des HG

Nachdem ein am englischen Recht orientierter Entwurf zur Kodifikation des Gesellschaftsrechts gescheitert war, wurde im Jahr 1881 der Deutsche Carl Friedrich Hermann Roesler123 mit der umfassenden Konzeption eines HG beauftragt.124 Der von Roesler ausgearbeitete Entwurf von 1884 war in der Form dem französischen Code civil von 1870 nachempfunden, inhaltlich aber stark vom Allgemeinen Deutschen HGB von 1861 beeinflusst.125 Er wurde zwar nach einigem Hin und Her 1893 in Teilen in Kraft gesetzt, das Gesetz war jedoch wie das Alte ZG im erwähnten sog. Kodifikationenstreit heftiger und anhaltender Kritik dahingehend ausgesetzt, dass es zu bürokratisch sei und tradierte japanische Handelsbräuche nicht ausreichend beachte.126 Daher wurde in der 1893 eingesetzten Kommission zur Untersuchung der Kodifikationen (Hôten Chôsa-kai) ein Gremium zur Revision des HG gebildet, das von den Professoren Kenjirô Ume127 und Keijirô Okano128 sowie von Kaoru 121

Dazu FUJITA (2005) 46 f., 59 f. m.w.N. und HONDA (2006b) 11 f. Dazu NISHITANI (2011) Rn. 81. 123 Der Jurist und Nationalökonom Carl Friedrich Hermann Roesler (1834–1894) war zunächst Professor in Rostock, bevor er ab 1878 als Rechtsberater der japanischen Regierung nach Tokyo ging. Neben der Konzeption des HG war er auch maßgeblich an der Schaffung der Meiji-Verfassung beteiligt. Ausführlich zu Ideen und Lebenslauf Roeslers SOKOLOWSKI (2010) 319 ff. 124 Zum gescheiterten Entwurf BAUM/TAKAHASHI (2005) 350 f. Zu den verschiedenen Kodifikationsbemühungen siehe die Übersicht bei SOKOLOWSKI (2010) 318. 125 Zu den Einzelheiten BAUM/TAKAHASHI (2005) 355 f.; SOKOLOWSKI (2010) 330 ff. Der Entwurf ist abgedruckt in ROESLER (1996). 126 Ausführlich dazu SOKOLOWSKI (2010) 378 ff., insbes. 397 ff. Das Alte HG wurde als Gesetz Nr. 32/1890 erlassen. Zum Inhalt SOKOLOWSKI (2010) 504 f. sowie 316 ff. zum Verlauf des Kodifikationsprozesses. 127 Kenjirô Ume (1860–1910) war seit 1890 Professor für Bürgerliches Recht und Handelsrecht an der Universität Tokyo. Er hatte nach seinem Abschluss von 1885 bis 1890 an der Rechtsschule des japanischen Justizministeriums in Lyon und Berlin studiert. Er war nicht nur beim Verfassen des HG, sondern auch maßgeblich an der Überarbeitung des ZG beteiligt. Vgl. RAHN (1990) 107 Fn. 4 m.w.N. (Rahn gibt 1869 als Umes Geburtsjahr an); BAUM/TAKAHASHI (2005) 359. 128 Keijirô Okano (1865–1925), Absolvent und Professor an der Universität Tokyo, studierte u.a. in Deutschland bei Otto Friedrich von Gierke. 1906–1908 und 1911–1913 leitete er die Rechtsabteilung des Kabinetts. 1908–1925 war er Mitglied des Herrenhauses (Kizoku-in), 1922–1923 Justizminister und 1923–1924 Minister für Erziehung und für 122

32

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

Tanabe129 geleitet wurde.130 Der von diesen erarbeitete Entwurf wurde bereits am 9. März 1899 verabschiedet. Mit Inkrafttreten am 16. Juni 1899 löste das HG das Gesetz von 1893 ab.131 Das HG von 1899 basierte auf dem Entwurf Roeslers, orientierte sich aber noch stärker als dieser am Allgemeinen Deutschen HGB von 1861. Die deutsche Aktiennovelle von 1870 (in der 1884 revidierten Fassung) hatte großen Einfluß auf die gesellschaftsrechtlichen Teile der Kodifikation.132 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das japanische Gesellschaftsrecht verstärkt vom US-amerikanischen Recht beeinflusst und in der Folge mehrmals reformiert.133 Die Umstrukturierung des Gesellschaftsrechts wurde ab Mitte der 1990er Jahre beschleunigt. Der japanische Gesetzgeber lancierte ab 1993 eine Serie von Reformen, die schließlich im Erlass des GesG ihren vorläufigen Höhepunkt fand.134 2. Deregulierung und Internationalisierung des Gesellschaftsrechts seit 1993 Mit dem Erlass des umfassenden GesG 2005 wurde eine über zehn Jahre andauernde Serie von Teilreformen des Gesellschaftsrechts vorläufig zum Abschluss gebracht.135 Erklärtes Ziel dieser 2005 vollendeten Neustrukturierung des Gesellschaftsrechts war es, japanische Gesellschaften – gerade auch in internationaler Hinsicht – wettbewerbsfähig zu machen, ihnen also die Möglichkeit zu geben, durch optimale organisatorische Strukturierung auf die angestrebte Belebung des Wettbewerbs zu reagieren.136 Diesem ReformproLandwirtschaft und Handel (Informationen aus – Asahi Shinbun Verlag). 129 Auch Justizministerialrat Kaoru Tanabe (1860–1936) hatte in Deutschland studiert, siehe BAUM/TAKAHASHI (2005) 359. Zu unterschiedlich angegebenen Leseweisen seines Namens SOKOLOWSKI (2010) 505 Fn. 252. 130 Dazu SOKOLOWSKI (2010) 474 f. und 505 f. Allgemein zum Hôten Chôsa-kai auch RAHN (1990) 106, dessen Terminologie hier übernommen wird. 131 Deutsche Übers. der Urfassung des HG bei LÖNHOLM (1899). 132 Dazu BAUM (2002) 4 ff.; BAUM/TAKAHASHI (2005) 358 ff. 133 BAUM (2002) 9 ff.; KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 28 ff. 134 Siehe die Übersicht bei FUJITA (2004a) 322 ff. Zu den rechtspolitischen Hintergründen der Reformserie oben B.I. 135 Siehe die Übersicht der Einzelreformen bei FUJITA (2004a) 322 ff. 136 Siehe das Konzeptpapier der Hômu-shô Minji-kyoku [Abteilung für Ziviles des Justizministeriums], Kongo no shôhô kaisei ni tsuite [Über die kommenden Reformen des Handelsgesetzes] vom September 2000, erhältlich unter (Übers. d. Verf.): „1. Notwendigkeit der Reformen: Es besteht die Notwendigkeit, eine umfassende Revision des Gesellschaftsrechtssystems durchzuführen, damit die Unternehmen sich an das gesellschaftliche Umfeld und an Veränderungen der Wirtschaftslage anpassen, zum Beispiel in Bezug auf die Verstärkung des internationalen Wettbewerbs zwischen Unterneh-

B. Rechtliches Umfeld

33

jekt lag ein Paradigmenwechsel zu Grunde von einem Gesellschaftsrecht, das als Grundformen die Aktiengesellschaft und die GmbH anbot, hin zu einem extrem flexiblen, liberalen Organisationsrecht, bei dem die GmbH abgeschafft und eine am US-amerikanischen Vorbild orientierte Gesellschaftsform, die LLC, eingeführt wurde. Der Gläubigerschutz, der zuvor u.a. durch (allerdings erst 1990 eingeführte) Mindestgrundkapitalgebote angestrebt wurde, wird nunmehr vor allem über die Publizität des Gesellschaftskapitals zu gewährleisten versucht und im Übrigen dem Insolvenzrecht mit einer Dritthaftungspflicht von Verwaltungsratsmitgliedern sowie in Missbrauchsfällen der Durchgriffshaftung überlassen.137 Schon nach dem Zweiten Weltkrieg waren zahlreiche legal transplants aus den USA ins japanische Gesellschaftsrecht übernommen und daraus eigenständige Regelungen entwickelt worden.138 Systematische Grundlage des Gesellschaftsrechts war jedoch noch immer das ursprünglich aus Deutschland rezipierte Recht.139 Diese Tradition wurde mit dem nun verabschiedeten GesG zugunsten einer stärkeren – nach Meinung von Kritikern zu starken – Orientierung am US-amerikanischen Recht ein Stück weit aufgegeben.140 Die Bewertung dieses Umbruchs ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Ein Aspekt jedoch sei herausgegriffen, der – zumindest aus deutscher Sicht – einen Bezug zum Internationalen Gesellschaftsrecht aufweist. Japan hat mit men, die Verbreitung von Computernetzwerken, die Fortschritte der Informationstechnologie, den steigenden Bedarf für Kapitalbeschaffung neuer Muttergesellschaften und die Internationalisierung der Unternehmensaktivitäten.“ Kritisch zur uneinheitlichen Zielsetzung KANDA (2000) 11 ff. 137 Einen exzellenten Überblick über die Inhalte der Reform gibt DERNAUER (2005) 123 ff. Zum neuen System des Gläubigerschutzes HAYAKAWA (2010a) 33 ff.; TATSUTA (2007) 30 ff.; KOORIYA/IWASAKI (2005a) 42 ff. und KOORIYA/IWASAKI (2005b) 19 ff. Zur praktischen Umsetzung der Veröffentlichungspflichten unten Dritter Teil, B.IV.3. 138 Zur Kritik des Begriffs legal transplant FLEISCHER (2004) 1129 f. m.w.N. Zu den Hintergründen des Rechtsexports, insbesondere der Ausstrahlungswirkung der USamerikanischen Rechtskultur im Bereich des Wirtschaftsrechts, MANKOWSKI (2009) 329 f. 139 FUJITA (2004a) 322. 140 HAYAKAWA (2010a) 24 m.w.N.; IWAHARA (2006) 6; zu den rechtspolitischen Gemeinsamkeiten beim Gesellschaftsrecht der EU und Japans KANDA (2006a) 57. Kritisch zu der bereits vor Erlass des GesG erkennbaren Tendenz der Deregulierung nach dem Vorbild des US-amerikanischen Rechts in den Reformen ab 2001 ODA (2005) 47 ff. In Bezug auf die Corporate Governance hingegen spricht MECKEL (2010) 200 unter Hinweis auf das Auseinanderfallen von kodifiziertem Recht und Rechtswirklichkeit von einer „ScheinAmerikanisierung“. Eine Analyse der Neuerungen im Hinblick auf die von zahlreichen Autoren geäußerte These einer weltweiten Konvergenz der Gesellschaftsrechtssysteme zu einem shareholderorientierten Rechtsmodell US-amerikanischer Prägung geben NOTTAGE/WOLFF (2005) 133 ff. Zu ersten Auswirkungen des neuen Gesellschaftsrechts auf die shareholder-/stakeholder-Orientierung der Gesellschaften siehe die differenzierte Analyse von NOTTAGE (2008) 21 ff. sowie die Auswertung von Interviews durch BUCHANAN/DEAKIN (2008).

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Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

der Reform von 2005 das Erfordernis eines Mindestgrundkapitals für Aktiengesellschaften aufgehoben.141 Auch Deutschland schaffte durch Einführung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) („Mini-GmbH“) mit Geltung zum 1. November 2008 das Mindestkapitalerfordernis teilweise ab. Ein Hauptgrund für die Neuerung war in Deutschland der durch die Geltung der Gründungstheorie für Gesellschaften aus dem EWR (vermeintlich) entstandene legislatorische Wettbewerb zum englischen Gesetzgeber.142 Gründungswillige wählten die seit Geltung der Gründungstheorie neu zur Verfügung stehende Rechtsform der englischen Limited mit sehr geringen Gründungsvoraussetzungen.143 Die Folge war eine rasch wachsende Zahl von in Deutsch141

Ausführlich dazu HAYAKAWA (2010a) 33. Die Frage, ob bei (weitgehend) unbeschränkter Geltung der Gründungstheorie aus den sich ergebenden Wahlmöglichkeiten der Gesellschaftsgründer ein legislatorischer Wettbewerb der Gesetzgeber entsteht, ist äußerst umstritten (gegen die Entstehung eines Wettbewerbs der Gesellschaftsrechtsgeber in der EU KIENINGER (2007) 23; monographisch KIENINGER (2002); treffend zum Wettbewerb im Bereich des Privatrechts RÜHL (2011) 241: „Schließlich kann ein institutioneller Wettbewerb im Privatrecht auch dann zustande kommen, wenn Staaten tatsächlich keinen finanziellen Anreiz haben, ihre Privatrechtsordnungen den Bedürfnissen von Verbrauchern und Unternehmen anzupassen. Ausschlaggebend dafür ist, dass Staaten – ebenso wie Individuen – nicht nur von finanziellen Motiven getrieben werden, sondern sich möglicherweise aus Gründen, die jenseits von finanziellen Überlegungen liegen – genannt seien etwa Prestige und Ansehen –, um eine attraktive Privatrechtsordnung bemühen.“ Differenzierend zu den Vorbedingungen im Rechtssystem und der daraus resultierenden Art des Wettbewerbs KIRCHNER U.A. (2012) 469 ff. Die Fragestellung soll hier nicht allgemein, sondern nur in Bezug auf die Einführung der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) beantwortet werden. Aus dem Gesetzentwurf (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), BTDrucksache 16/6140, 25) ergibt sich eindeutig, dass jedenfalls aus der Sicht der deutschen Regierung ein legislatorischer Wettbewerb bestand: „Es wird erneut vorgeschlagen, die Vorschriften über die Aufbringung des Mindeststammkapitals an die tatsächlichen Anforderungen der Praxis anzupassen. Dies geschieht auch mit Blick auf die EuGHRechtsprechung und den zunehmenden Wettbewerb der Gesellschaftsrechtsformen in Europa. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung soll im europäischen Vergleich erhalten und gestärkt werden.“ Plausibel erscheint, dass dahinter ein Verteidigungswettbewerb stand, bei dem die an der Gesetzesvorbereitung und -anwendung beteiligten Juristen den Einsatz ihres heimischen Gesellschaftsrechts verteidigen, da sie darin Fachkenntnisse erworben haben. So ZIMMER (2009) 1800 f.; FLECKNER (2010) 684 f. mit Verweis auf VON HEIN (2008) 590. 143 Jedoch unterliegen Limiteds strikten Publizitätsanforderungen, was vielen der Gründer zunächst nicht klar war. Dazu FLEISCHER (2005) 54 f.; einen Überblick über die Publizitätsvorschriften geben TRIEBEL/ILLMER/RINGE/VOGENAUER/ZIEGLER (2012) V. Kapitel Rn. 259 ff. (Ringe/Otte). Auch haften die Gesellschafter nach Löschung der Limited aus dem englischen Register persönlich, wenn die Geschäftstätigkeit in Deutschland fortgeführt wird. Vgl. OLG Celle, Beschluss vom 29. Mai 2012, NJW-RR 2012, 1065; dazu KNAPPKE (2012). Eine solche Löschung aus dem englischen Register erfolgt in der Praxis 142

B. Rechtliches Umfeld

35

land ansässigen englischen Limiteds.144 Dem begegnete der Gesetzgeber durch das Angebot einer neuen deutschen Gesellschaftsform ohne Mindestkapitalerfordernis. In Japan dagegen liegt der Grund für die Abschaffung des Mindestgrundkapitalgebots nicht im Internationalen Gesellschaftsrecht. Zwar ist die Gründungstheorie herrschende Meinung. Ein Ausweichen auf ausländische Rechtsformen wird jedoch durch eine Regelung über Scheinauslandsgesellschaften – zumindest dem Gesetz nach – unterbunden.145 Das Mindestgrundkapital wurde vielmehr abgeschafft, weil es sich nach Meinung des Gesetzgebers als ineffektiv für den Schutz von Gläubigern erwiesen hatte.146 Erklärtes Ziel der Abschaffung war es, Neugründungen zu fördern und so die Wirtschaft zu beleben.147 Überraschend ist allerdings der Zeitpunkt der Abschaffung. Erst 2003, also nur zwei Jahre vor Erlass des GesG, war ein vom Wirtschaftsministerium erlassenes Gesetz in Kraft getreten, das im Rahmen eines zunächst auf fünf Jahre angelegten Modellversuchs zur Wirtschaftsförderung in einzelnen staatlich genehmigten Fällen eine Gründung ohne bzw. mit erleichterter Mindestkapitalisierung zuließ.148 Dass das Mindestkapitalerfordernis noch vor Abschluss dieser Versuche – nach Meinung von Kritikern überstürzt – abgeschafft wurde, beruhte auch in Japan auf einem legislatorischen Wettbewerb, der sich allerdings innerhalb des Staates entwickelt hatte.149 Er spielte sich in der Ministerialbürokratie ab, die traditionell eine zentrale Rolle bei der Gesetzgebung in Japan spielt.150 bei Nichterfüllung der jährlich zu erfüllenden Pflicht zur Einreichung der Gesellschaftsunterlagen nach Sec. 652 Companies Act 1985, Sec. 1000 Companies Act 2006. 144 Im Jahr 2007 bestanden Schätzungen zufolge bereits 30.000 bis 40.000 Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland, vgl. ZIMMER/NAENDRUP (2007) 790. 145 Ausführlich zu Art. 821 GesG unten Dritter Teil, B.V., auch zu den ministeriell gebilligten Umgehungen der Vorschrift. 146 Auf seine beschränkte Schutzwirkung weisen etwa FUJITA (2004a) 331 und WESTHOFF (2006) 213 f. hin. Ähnlich wohl die Haltung des EuGH, siehe MERKT (2000) 119. 147 AIZAWA (2006) 7. In einer 2003 vom Wirtschaftsministeriums veröffentlichten (KEIZAI SANGYÔ-SHÔ (2003), 9) Befragung von an einer Gründung interessierten Personen sprach sich allerdings ein größerer Anteil für eine Senkung, ein kleinerer für eine Abschaffung des Mindestkapitals aus. Dazu HAYAKAWA (2010a) 32 Fn. 36. 148 Chûshô kigyô chôsen shi’en-hô [Gesetz zur Förderung einer Wiederbelebung der wirtschaftlichen Tätigkeit von kleinen und mittelständischen Unternehmen], Gesetz Nr. 110/2002. Dazu HAYAKAWA (2010a) 30 ff.; FUJITA (2004a) 331. Bereits 1999 hatte das Wirtschaftsministerium das Sangyô katsuryoku no saisei oyobi sangyô katsudô no kakushin ni kansuru tokubetsu sochi-hô [Sondermaßnahmegesetz zur Wiederherstellung der Wirtschaftskraft und Erneuerung der wirtschaftlichen Aktivität], Gesetz Nr. 131/1999, erlassen. 149 Kritisch zur Abschaffung HAYAKAWA (2010a) 31 f. 150 ROKUMOTO (2011) Rn. 29 ff.; HASEGAWA (2002) 10 ff.

36

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

Über Jahrzehnte waren Neuerungen im Gesellschaftsrecht – oft in jahrelanger Vorbereitung – allein durch das für das Gesellschaftsrecht zuständige Justizministerium ausgearbeitet worden.151 Mitte der 1990er Jahre jedoch entdeckte das Wirtschaftsministerium das Gesellschaftsrecht als Möglichkeit der Wirtschaftsförderung. Im Rahmen von zeitlich begrenzten Modellversuchen (zu denen auch die soeben erwähnte Zulassung von Gründungen ohne oder mit erleichterter Mindestkapitalisierung ab 2003 gehörte) setzte es – in Konkurrenz zum Justizministerium – in beschränktem Umfang in der Praxis einzelne gesellschaftsrechtliche Liberalisierungsmaßnahmen ein.152 Zudem wurde 1997 erstmals ein von einem einzelnen Abgeordneten initiierter Gesetzesentwurf im Parlament verabschiedet. Damit wurde mit einer jahrzehntelangen Tradition gebrochen, nach der ausschließlich ministeriell ausgearbeitete Gesetzesentwürfe im Parlament Zustimmung fanden. Für die Industrie und andere Interessengruppen gab es damit die neue Möglichkeit, über einzelne Abgeordnete Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen.153 Diese institutionellen Verschiebungen führten zu einer extremen Beschleunigung und verstärkten Marktorientierung der Reformen und somit zu einer schnellen Liberalisierung des Gesellschaftsrechts. Zwischen 1993 und 2005 wurden fünfzehn (teils als Regierungsentwürfe, teils durch einzelne Abgeordnete eingebrachte) Reformgesetze verabschiedet, davon allein 1997 und 2001 jeweils drei in einem Jahr.154 Dabei dürfte die weltweit zu beobachtende Tendenz einer marktorientierten Reformierung des Gesellschaftsrechts die Entwicklung in Japan verstärkt haben, da gerade in Japan bei der Vorbereitung von Gesetzesentwürfen traditionell rechtsvergleichend gearbeitet wird.155 Umgekehrt ist es mit Blick auf die dadurch bewirkte sehr weitgehende Deregulierung des materiellen Gesellschaftsrechts besonders interessant zu untersuchen, warum Japan sich schließlich gegen die – zunächst ernsthaft in Erwägung gezogene – Streichung der Regelung über Scheinauslandsgesellschaften entschied. Denn bei einem sehr liberalen nationalen Gesellschaftsrecht bestehen für Gesellschaftsgründer kaum Anreize, in eine fremde 151

GILSON/MILHAUPT (2005) 351. FUJITA (2004a) 327; HAYAKAWA (2010a) 30 ff.; GILSON/MILHAUPT (2005) 352; KANDA (2001) 23. 153 HAYAKAWA (2010a) 29, der insbesondere auch auf die dadurch erweiterten Einflussmöglichkeiten der USA hinweist (Fn. 35). Dagegen betont FUJITA (2004a) 327 stärker die Einflussmöglichkeiten der Industrie und macht zu Recht darauf aufmerksam (Fn. 15), dass der Entwurf eines Reformgesetzes für das äußerst komplizierte Gesellschaftsrecht schwerlich von einem Abgeordneten allein ausgearbeitet werden kann, das Justizministerium also auch bei diesen Entwürfen mitgewirkt haben müsse. Siehe auch KANDA (2001) 22. 154 Siehe die Übersicht bei FUJITA (2004a) 322 ff.; zur Intensivierung der gesetzgeberischen Tätigkeit auch KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 34 ff. und HAYAKAWA (2010a) 23 ff. 155 BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 26; zur weltweiten Tendenz der Reformierung der Gesellschaftsrechte FUJITA (2004a) 325. 152

B. Rechtliches Umfeld

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Rechtsform auszuweichen.156 Auf den ersten Blick wäre eine Streichung also relativ unproblematisch gewesen. Auf diesem Weg wäre zudem die Internationalisierung, die ja erklärtes Ziel der Reform war, ein Stück weit verwirklicht worden.157 Auch gab es im Laufe des Gesetzgebungsprozesses Druck von Seiten der USA, die Regelung abzuschaffen.158 Die rechtspolitischen Gründe dafür, dass Japan sich anders entschied, sind Gegenstand der Analysen im Dritten Teil.159 3.

Zustandekommen und Inhalt des GesG

Die Vorarbeiten zum Erlass des GesG wurden von der Unterabteilung zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts geleistet.160 Sie war auf Anordnung des Justizministers vom 13. Februar 2002 eingesetzt worden und kam ab September 2002 insgesamt 32 Mal zusammen.161 Bereits im Oktober 2003 trat sie mit einem Zwischenbericht an die Öffentlichkeit, um interessierten Fachkreisen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.162 Dem von der Unterkommission am 8. Dezember 2004 fertig gestellten Entwurf stimmte die Ge-

156

Von der Frage des Ausweichens in ein fremdes Gesellschaftsrecht ist die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes zu unterscheiden. Die Wahl des tatsächlichen Verwaltungssitzes hängt in der Regel von verschiedensten rechtlichen und wirtschaftlichen Faktoren ab, v.a. etwa auch der Steuerbelastung und dem Lohnniveau an der Niederlassung (vgl. für Japan die Angaben zu Standortvor- und -nachteilen oben II.). 157 Zur Internationalisierung als Ziel der Reform siehe Fn. 136. 158 Zu den Forderungen der USA siehe die Annual Reform Recommendations from the Government of the United States to the Government of Japan under the U.S.-Japan Regulatory Reform and Competition Policy Initiative, 7. Dezember 2005, , S. 10. 159 Siehe unten Dritter Teil, B.V.2.a. 160 Einen Überblick über das Gesetzgebungsverfahren gibt der für die Reform Verantwortliche, der Ministerialrat im Justizministerium Tetsu Aizawa, siehe AIZAWA (2005a) 8 ff. Auf diesem Beitrag beruhen die Ausführungen dieses Unterabschnitts. Siehe auch TAKAHASHI/SHIMIZU (2005) 35 ff. Vorsitzender der Unterabteilung war Prof. Kenjirô Egashira (Universität Tokyo). 161 Die Anordnung des Justizministers erging durch Konsultation (shimon) Nr. 56, beschlossen in der 136. Sitzung der Gesetzgebungskommission des Justizministeriums (Hôsei Shingi-kai). Die Protokolle der Sitzungen der Unterabteilung sind auf der Homepage des Justizministeriums veröffentlicht: . 162 Kaisha hôsei no gendai-ka ni kansuru yôkô shi’an [Zwischenbericht zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts], beschlossen von der Unterabteilung zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts am 22. Oktober 2003, veröffentlicht auf der Homepage des japanischen Justizministeriums . Ein Überblick über die Meinungen ist auf der Homepage des Justizministeriums veröffentlicht: . Ausführlich AIZAWA U.A. (2004).

38

Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

neralversammlung der Gesetzgebungskommission am 9. Februar 2005 zu.163 Aufgrund eines Kabinettsbeschlusses vom 18. März 2005 wurde ein Entwurf des Gesetzes mit Anpassungsgesetz am 22. März 2005 ins Parlament eingebracht.164 Nach einer Erläuterung des Entwurfs durch den Justizminister, der Anhörung von Gutachtern und einer Befragung der Regierung wurde der Entwurf zum GesG im Wesentlichen unverändert am 17. Mai 2005 im Oberhaus und am 29. Juni 2005 im Unterhaus angenommen.165 Das GesG trat zum 1. Mai 2006 in Kraft.166 Das GesG bündelt die Vorschriften zu Gesellschaften in einer völlig neuen Systematik.167 Zur Schaffung des GesG wurden die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften aus dem HG ausgegliedert und erheblich überarbeitet. Zudem wurden ins GesG in revidierter Form Vorschriften aufgenommen, die zuvor im Rechnungsprüfungsgesetz,168 im Gesetz zur Förderung der Neugründung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen169 und in dem zugleich mit der Reform aufgehobenen Gesetz über die GmbH170 zu finden waren. Begleitende

163

Kaisha hôsei no gendai-ka ni kansuru yôkô [Schlussbericht zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts], veröffentlicht unter . Der zugrunde liegende Entwurf der Unterkommission Kaisha hôsei no gendai-ka ni kansuru yôkô-an [Entwurf eines Plans zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts] ist abgedruckt in Shôji Hômu 1717 (2004) 10 ff. 164 Kaisha hô’an [Entwurf eines GesG], abgedruckt in Shôji Hômu 1727 (2005), und Kaisha-hô no sekô ni tomonau kankei hôritsu no junbi-tô ni kansuru hôritsu-an [Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung verwandter Gesetze anlässlich des Inkrafttretens des GesG]. 165 Gutachter im Unterhaus waren Prof. Kenjirô Egashira (Universität Tokyo), Prof. Tatsuo Uemura (Waseda Universität), Ryôyû Naitô (stellvertretender Vorsitzender der Abteilung für Handel und Wirtschaft der Reformkommission für das Justizwesen der Vereinigung japanischer Rechtsanwaltskammern), Prof. Yô’ichirô Hamabe (Waseda Universität, auch Rechtsanwalt), Rechtsanwalt Hideaki Kubori (Partner bei Hibiya Park Law Offices), Yoshiaki Murakami (Verwaltungsratsmitglied von M&A Consulting K.K.); im Oberhaus Prof. Hideki Kanda (Universität Tokyo), Masuda Tetsuo (Vizepräsident der Vereinigung japanischer Rechtsanwaltskammern), Rechtsanwalt Yô Oota, Takashi Sakamoto (Steuerberater mit Zulassung als Wirtschaftsprüfer in den USA), Osamu Narumiya (Vorsitzender der National Federation of Small Business Associations). 166 Die liberalisierten Vorschriften zur Gegenleistung bei Umwandlungsvorgängen traten erst ein Jahr später in Kraft, u.a. weil die Befürchtung bestand, es würde zu einer Zunahme von feindlichen Übernahmen kommen. Dies war allerdings unbegründet, siehe unten, Text bei Fn. 189 f. Zu den rechtspolitischen Hintergründen MITOMA (2007) 130. 167 Eine exzellente inhaltliche Übersicht gibt DERNAUER (2005) 123 ff. m.w.N. 168 Kabushiki kaisha no kansa-tô no shôhô no tokurei ni kansuru hôritsu [Gesetz über die Ausnahmen von den Vorschriften des HG über die Rechnungsprüfung der Aktiengesellschaft], Gesetz Nr. 22/1974 (aufgehoben). 169 Chûshô kigyô no arata na jigyô katsudô no sokushin ni kansuru hôritsu, Gesetz Nr. 18/1999 (aufgehoben). 170 Yûgen kaisha-hô, Gesetz Nr. 74/1938 (aufgehoben).

B. Rechtliches Umfeld

39

Regelungen sind das Ausführungsgesetz zum GesG171 und das Gesetz über die Limited Liability Partnership172 sowie drei Verordnungen des Justizministeriums.173 a.

Gesellschaftsformen

Als Gesellschaftsformen für juristische Personen stehen nach Art. 2 Nr. 2 GesG die Aktiengesellschaft (kabushiki kaisha) und die Anteilsgesellschaften (mochibun kaisha, Art. 575 GesG) zur Verfügung. Zu letzteren zählen die Offene Handelsgesellschaft (gômei kaisha, OHG), die Kommanditgesellschaft (gôshi kaisha, KG) und die Limited Liability Company (gôdô kaisha, LLC). Die Rechtsform der GmbH (yûgen seki’nin kaisha) wurde abgeschafft. Die bestehenden GmbHs existieren fort, auf sie sind jedoch die Vorschriften des GesG über Aktiengesellschaften anzuwenden.174 Die neu geschaffene, gesondert im LLP-Gesetz175 geregelte Limited Liability Partnership (yûgen seki’nin kumi’ai, LLP) ist als Sonderform der Gesellschaft des ZG nicht rechtsfähig, kennt aber Haftungsbeschränkungen für die Gesellschafter.176 Bei der Aktiengesellschaft wurden die Möglichkeiten der Ausgestaltung der Organisationsverfassung erheblich erweitert.177 Als Organe für alle Aktiengesellschaften vorgeschrieben sind nur die Hauptversammlung und der Verwaltungsrat oder Einzelverwaltungsräte (Artt. 295, 326 Abs. 1 GesG). Für alle weiteren Organe bestehen weitreichende Wahl- und Kombinationsmöglichkeiten, die variieren, je nachdem, ob die Aktiengesellschaft eine große Gesellschaft gemäß Art. 2 Nr. 6 GesG ist und ob es sich um eine offene oder um eine geschlossene Gesellschaft (mit vinkulierten Aktien) handelt.178 Das Mindestgrundkapitalerfordernis wurde abgeschafft.179

171

Kaisha-hô no shikô ni tomonau kankei hôritsu no seibi-tô ni kansuru hôritsu, Gesetz Nr. 87/2005. 172 Yûgen sekinin jigyô kumiai keiyaku ni kansuru hôritsu, Gesetz Nr. 40/2005. 173 Kaisha-hô shikô kisoku [DurchführungsVO zum GesG], VO des Justizministeriums Nr. 12/2006 i.d.F. der VO Nr. 47/2012, Kaisha keisan kisoku [RechnungslegungsVO], VO des Justizministeriums Nr. 13/2006 i.d.F. der VO Nr. 16/2013, sowie Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011. 174 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 46. 175 Yûgen seki’nin jigyô kumi’ai kei’yaku ni kansuru hôritsu [Gesetz über die LLP], Gesetz Nr. 40/2005 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74/2011. 176 Siehe dazu den Überblick bei DERNAUER (2005) 137 ff. 177 Zu den Einzelheiten DERNAUER (2005) 141 ff. 178 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 48 ff., 123; grafisch dargestellt bei DERNAUER (2005) 145 und bei WITTY (2007) 189. 179 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 55.

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Erster Teil: Tatsächlicher Hintergrund, rechtliches Umfeld

Im Unterschied zur Aktiengesellschaft besteht bei der neu eingeführten LLC im Innenverhältnis grundsätzlich unbeschränkte Privatautonomie.180 Die Haftung ist grundsätzlich auf die geleistete Einlage beschränkt.181 Dagegen haften die Gesellschafter bei der OHG alle, bei der KG zum Teil unbeschränkt. Die Regelungen zu OHG und KG wurden bei der Reform kaum geändert und weisen nach wie vor Ähnlichkeiten mit denen des deutschen Rechts auf. Im Unterschied zum deutschen Recht sind OHG und KG jedoch im japanischen Recht juristische Personen.182 b.

Fehlen eines umfassenden Konzernrechts und Reformpläne

Eine umfassende und systematische Kodifikation des Konzernrechts wie in Deutschland gibt es in Japan bislang nicht. Das GesG beschränkt sich bisher auf die Regelung konzernrechtlicher Einzelfragen.183 Allerdings arbeitet das Justizministerium an einem Gesetzesentwurf, der spezielle konzernrechtliche Regelungen zum Schutz von Minderheitsaktionären enthält.184 c.

Umwandlung

Das GesG regelt die Umwandlung von Gesellschaften, also den Formwechsel, die Verschmelzung, die Spaltung, den Aktientausch und die Aktienübertragung in Buch V (Artt. 743 ff.). Auf Regelungen zu den materiellen Voraussetzungen der verschiedenen Umwandlungsvorgänge (Artt. 743–774) folgen solche zum Verfahren des Formwechsels (Artt. 775–781), zu Umwandlungsvorgängen zur Aufnahme (Artt. 782–802) und zu Umwandlungsvorgängen zur Neugründung (Artt. 803–816).185 Mit Erlass des GesG wurden die Regelungen zur Umwandlung nicht nur systematisiert, sondern auch weiter liberalisiert. Bei Verschmelzung und Spaltung ist es nunmehr zulässig, als Gegenleistung Geld zu zahlen oder Aktien der Muttergesellschaft der übernehmenden Gesellschaft zu übertragen.186 Dies ist für Auslandsgesellschaften interessant, da ihnen eine direkte Verschmelzung mit japanischen Gesellschaften nicht erlaubt ist.187 Mit der Liberalisierung der Gegenleistung können sie nun stattdessen im Wege einer sog. Dreiecksfusion die japanische Zielgesellschaft auf eine japanische Toch180

KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 145; DERNAUER (2005) 131. DERNAUER (2005) 129. 182 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 139 f. 183 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 47; TAKAHASHI/SHINTSU (2012) 13. 184 Vgl. die Übersicht über den Inhalt des Zwischenentwurfs des Justizministeriums bei TAKAHASHI/SHINTSU (2012) 13 ff. 185 Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 193 ff. Zu den Definitionen der Verschmelzung, der Spaltung, des Aktientauschs und der Aktienübertragung unten Vierter Teil, B.XIII. 186 Letzteres ist auch beim Aktientausch möglich, dazu WITTY (2008) 170 ff. 187 Siehe dazu unten Vierter Teil, B.XIII.2. 181

B. Rechtliches Umfeld

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tergesellschaft verschmelzen; als Gegenleistung erhält die Zielgesellschaft dabei Aktien der ausländischen Muttergesellschaft.188 Da der Verschmelzungsvertrag grundsätzlich durch einen außerordentlichen Hauptversammlungsbeschluss der beteiligten Gesellschaften gebilligt werden muss, ist eine feindliche Übernahme auf diesem Wege nicht möglich.189 Die während des Gesetzgebungsverfahrens vorgebrachten Einwände gegen die Neuerung, sie werde zu einer Zunahme feindlicher Übernahmen durch ausländische Unternehmen führen, waren also unbegründet.190

188

Anschaulich WITTY (2008) 166 ff. Artt. 783 Abs. 1, 795 Abs. 1, 309 Abs. 2 Nr. 12 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 200. 190 Zu diesen in der öffentlichen Diskussion geäußerten Befürchtungen kritisch MITOMA (2007) 130. 189

Zweiter Teil

Bestimmung des Gesellschaftsstatuts A. Grundlegende Theorien A. Grundlegende Theorien

Für die Bestimmung des Gesellschaftsstatuts gibt es im Wesentlichen zwei Ansätze.1 Gemäß der Sitztheorie, die in Deutschland bis 1999 uneingeschränkt vertreten wurde, ist maßgeblicher Anknüpfungspunkt der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft. Die Gesellschaft muss also nach dem Recht des Staates, in dem ihr tatsächlicher Verwaltungssitz liegt, wirksam gegründet worden sein. Nach der in Japan herrschenden Gründungstheorie kommt hingegen das Recht des Landes zur Anwendung, in dem die Gesellschaft gegründet wurde. I.

Sitztheorie

1.

Ursprung der Sitztheorie

Die Sitztheorie entwickelte sich in Kontinentaleuropa.2 Nachdem der Umgang mit ausländischen Gesellschaften dort zunächst keine Schwierigkeiten bereitet hatte, entstanden mit wachsender wirtschaftlicher Bedeutung der Aktiengesellschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Probleme in Frankreich und Belgien.3 In Frankreich gab es zu dieser Zeit zahlreiche Versuche, durch Gründung nach einem weniger strengen Gesellschaftsrecht – etwa nach englischem oder schweizerischem Recht – die Anforderungen des französischen Gesellschaftsrechts zu umgehen. Auch in Belgien nahmen die Aktivitäten ausländischer Gesellschaften zu.4 In beiden Ländern finden sich Urteile aus dieser Zeit, die den tatsächlichen Sitz der Gesellschaft für maßgeblich erklären.5 1

Kritisch zur Einordnung dieser Grundpositionen als „Theorien“ BUNGERT (1994) 119 Fn. 2. Die Begriffe „Sitztheorie“ und „Gründungstheorie“ haben sich jedoch allgemein durchgesetzt und werden daher auch im Folgenden verwendet. 2 Dazu ausführlich GROSSFELD (1974a) 203 ff. und ergänzend (mit dem Fokus auf der für den romanischen Rechtskreis und auch Japan zentralen Anerkennungsproblematik) GROSSFELD (1974b) 349 ff. 3 GROSSFELD (1974b) 349; ZIMMER (2004) 356 f. 4 So in Bezug auf die Anerkennungsproblematik GROSSFELD (1974b) 349 f. 5 GROSSFELD (1974a) 208 f. (Frankreich) und 211 (Belgien).

A. Grundlegende Theorien

43

In Frankreich galt als Hauptargument für die Sitztheorie, dass sie es ermöglichte, den Schutz von wirtschafts- und rechtspolitischen Interessen gegenüber den Gesellschaften durchzusetzen, die hauptsächlich im Inland tätig waren.6 Diese Motivation führte auch der belgische Gesetzgeber an, als er 1873 die Sitztheorie in Artt. 128 f. des Gesetzes über Handelsgesellschaften verankerte.7 Die dogmatische Grundlage für die Herausbildung der Sitztheorie lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Eine mögliche Erklärung ist, dass in Kontinentaleuropa bei der Bestimmung des Domizils einer Person primär auf ihren tatsächlichen Wohnsitz abgestellt wurde – nicht wie in England, wo sich die Gründungstheorie entwickelte, auf den mit der Geburt erworbenen Herkunftsort (domicile of origin). Bei der Übertragung des zunächst für natürliche Personen entwickelten Domizilprinzips auf juristische Personen wurde folglich der dem Wohnsitz entsprechende tatsächliche Verwaltungssitz als maßgeblich angesehen, nicht der dem Herkunftsort entsprechende Gründungsort.8 Das Domizilprinzip wurde schließlich durch das Staatsangehörigkeitsprinzip abgelöst, das zunächst auf natürliche Personen angewendet, dann aber auch auf juristische Personen übertragen wurde. Dies änderte jedoch nichts an der Maßgeblichkeit des Verwaltungssitzes.9 Wegen seiner höheren Beständigkeit wurde bei juristischen Personen zur Bestimmung der „Staatsangehörigkeit“10 weiterhin der Verwaltungssitz herangezogen, der – anders als der Gründungsort – nicht manipuliert werden konnte.11 2.

Entwicklung der Sitztheorie in Deutschland

a.

Ausgangspunkt der Entwicklung

Auch in Deutschland folgte die Literatur schon im 19. Jahrhundert der Sitztheorie. Dass sich die Sitztheorie in Belgien und Frankreich durchgesetzt 6

GROSSFELD (1974a) 210 m.w.N. GROSSFELD (1974a) 211 f.; NAMUR (1877) 384 (Erläuterung zu Art. 128 Gesetz über Handelsgesellschaften). 8 GROSSFELD (1974a) 203 ff. mit Nachweisen zur Rechtsprechung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Kritisch zu dieser Parallele bei der Bestimmung der Nationalität natürlicher und juristischer Personen SCHWANDT (1912) 40 f. m.w.N. zur Literatur. Zur Bestimmung des Domizils in England siehe unten II.1. 9 VON HOFFMANN/THORN (2007) § 2 Rn. 34. Zur dogmatischen Begründung des Staatsangehörigkeitsprinzips durch Mancini ausführlich NISHITANI (2000) 70 ff., auch 162 ff. Zur Übertragung des Staatsangehörigkeitsprinzips auf juristische Personen WOLFF (1886) 134 f. 10 In der älteren Literatur wird der Begriff der „Staatsangehörigkeit“ auch auf juristische Personen bezogen, siehe insbesondere ISAY (1907) 67 ff.; MANN (1952) 271 ff. Teilweise wird zur Abgrenzung auch der Ausdruck „Staatszugehörigkeit“ verwendet, vgl. NEUHAUS (1976) 206. Kritisch zur Übertragung des Staatsangehörigkeit auf juristische Personen WENGLER (1981) 258 f. 11 GROSSFELD (1974a) 206 ff. m.w.N. auch zur Gegenmeinung. 7

44

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

hatte, verstärkte diese Entwicklung.12 Friedrich Carl von Savigny, der Begründer des modernen Internationalen Privatrechts, sprach sich bei der Bestimmung des auf juristische Personen anwendbaren Rechtes allerdings für die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Satzungssitzes aus.13 Wegen der engen Verbindung von Satzungssitz und Gründungs- bzw. Organisationsrecht steht die Anknüpfung an den Satzungssitz eher der Gründungs- als der Sitztheorie nahe.14 War kein Satzungssitz bestimmt, sah von Savigny jedoch den Ort für maßgeblich an, an dem der Mittelpunkt der Geschäfte lag.15 Dies steht der Sitztheorie nahe.16 Große Teile der frühen deutschen Literatur stellten auf den „Sitz“ ab, ohne zu präzisieren, ob damit der Satzungs- oder der Verwaltungssitz gemeint war.17 Einflussreiche Stimmen befürworteten allerdings bereits vor Erlass des BGB die Maßgeblichkeit des Verwaltungssitzes, also die Anwendung der Sitztheorie.18 In der Argumentation spielte wie in Frankreich und Belgien auch in Deutschland der Schutz des öffentlichen Interesses eine wichtige Rolle.19 Trotz des Einflusses aus Belgien und Frankreich wurde in Deutschland nicht das dort herrschende territorialistische Verständnis der juristischen Person übernommen, bei dem die Existenz einer juristischen Person grundsätzlich auf ihr Herkunftsland beschränkt war und in anderen Ländern nur galt, wenn diese sie anerkannten.20 In Japan dagegen wurde, wie unten ausführlich erläutert, ein streng territorial ausgerichtetes Verständnis der juristischen Person rezipiert.21 Die völlige Umgestaltung des Wirtschafts- und Rechtssystems machte nach Meinung des japanischen Gesetzgebers eine strenge Kontrolle der Marktakteure erforderlich. Dagegen zeichnete sich im internen deutschen Recht mit dem Übergang vom Konzessions- zum Normativsystem bereits ein liberalerer Umgang mit Aktiengesellschaften ab, als die Diskussion über die Behandlung ausländischer Gesellschaften begann.22 Dem entsprach eine großzügige Praxis der Anerkennung ausländischer Gesellschaften, die zusätzlich durch Bedürfnisse des internationalen Handelsver-

12

GROSSFELD (1974a) 213. VON SAVIGNY (1849) 65 f. 14 Voraussetzung des (Fort-)Bestehens von Gesellschaften ist in der Regel ein inländischer Satzungssitz. S. zum heutigen deutschen Recht unten c.ii. 15 VON SAVIGNY (1849) 65 f. 16 Siehe dazu c.ii. 17 S. etwa LEHMANN (1898) 121; ZITELMANN (1912) 111; BÖHM (1890) 23. 18 S. insbesondere VON BAR (1889) 162 f. 19 VON BAR (1889) 162 f. Kritisch dazu MAMELOK (1900) 226 ff. 20 Zum damaligen territorialistischen Verständnis in Belgien und Frankreich GROSSFELD (1974b) 350 ff. 21 Siehe dazu unten II.2.a. 22 Ausführlich dazu GROSSFELD (1979) 242 ff. 13

A. Grundlegende Theorien

45

kehrs begründet wurde.23 Von Anfang an wurde der Anerkennung in Deutschland daher nicht dieselbe große Bedeutung beigemessen, die sie in Frankreich, Belgien und auch in Japan hatte.24 b.

Meinungsstand bei Erlass des EGBGB

Die Gebhard’schen Entwürfe zum EGBGB von 1881 und von 1887 enthielten leicht voneinander abweichende Vorschriften, die auf dem Prinzip der automatischen Anerkennung beruhten.25 Beide stellten für die Beurteilung der Rechtsbeständigkeit der juristischen Person bzw. der juristischen Persönlichkeit auf den „Sitz“ ab.26 Aus den Materialien ist ersichtlich, dass der tatsächliche Verwaltungssitz gemeint war: „Zunächst kann es keinem Zweifel unterliegen, daß Aktiengesellschaften, welche, wenngleich von Ausländern im Auslande gegründet, ihren Sitz im Reichsgebiete nehmen, als inländische Gesellschaften zu gelten haben und daher in jeder Beziehung den Bestimmungen des deutschen Rechts unterworfen sind.“ 27

Den Gebhard’schen Entwürfen lag also die Sitztheorie zugrunde. Japan dagegen stützte sich bei Schaffung eines Grundlagengesetzes zum IPR zwar maßgeblich auf die Gebhard’schen Entwürfe.28 Die darin enthaltenen Vorschriften zur Behandlung juristischer Personen jedoch wurden nicht übernommen. Vielmehr entschied Japan sich, wie unten dargelegt, für die Gründungstheorie.29 Dass die Regelungsvorschläge zum Umgang mit juristischen Personen in Deutschland bei Erlass des EGBGB nicht Gesetz wurden, bedeutete keine

23

GROSSFELD (1974b) 358 mit Verweis auf die Autorität von Bars (siehe VON BAR (1889) 300 ff.). Siehe auch GROSSFELD (1974b) dazu, dass im Allgemeinen deutliche Parallelen zwischen dem Entwicklungsstand des materiellen Gesellschaftsrechts und der Handhabung der Anerkennung bestehen. 24 DROBNIG (1978) 689 spricht gar davon, die Anerkennung habe keine eigenständige Bedeutung gehabt. Zumindest der Begriff wurde jedoch in Deutschland verwendet. Siehe aus der neueren Literatur etwa RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 1 f. 25 NIEMEYER (1915) 90 ff., 315 ff. Die Vorschriften waren in § 6 der Entwürfe enthalten. 26 Verhandlungen des Reichstags, 5. Legislaturperiode, 4. Sess. 1884, Anlagen Bd. 3, Nr. 21, 313; abgedruckt auch bei NIEMEYER (1895) 4; NIEMEYER (1915) 4, 13; HARTWIEG/KORKISCH (1973) 62 und 68. 27 Hervorhebung d. Verf. Verhandlungen des Reichstags, 5. Legislaturperiode, 4. Sess. 1884, Anlagen Bd. 3, Nr. 21, 313. Anderer Ansicht KNOBBE-KEUK (1990) 339: „Unter dem Sitz wurde mit Selbstverständlichkeit der Satzungssitz verstanden.“ 28 Siehe dazu oben Erster Teil, B.III.1. 29 Siehe dazu unten II.2.

46

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Wendung hin zur Gründungstheorie.30 Kontrovers diskutiert wurde in der zweiten Kommission zur Vorbereitung des BGB vielmehr die gesetzliche Verankerung des Prinzips der automatischen Anerkennung.31 Dieser Streitpunkt verhinderte schließlich die Kodifikation, obwohl die automatische Anerkennung der damaligen deutschen Rechtspraxis entsprach. Gegen die Verankerung des Prinzips der automatischen Anerkennung wurde vorgebracht, in Bezug auf Handelsgesellschaften sei die Vorschrift schlicht überflüssig, hinsichtlich sonstiger Vereine und Stiftungen hingegen sei sie unhaltbar, da sonst das staatliche Konzessionserfordernis umgangen werden könnte.32 Zunächst wurde die Vorschrift in einem zweiten Absatz nur um den Zusatz ergänzt, dass ausländische Vereine ihre Rechtsfähigkeit erst durch Anerkennung erlangten.33 Schließlich strich jedoch der Bundesrat den ersten Absatz, in dem das Prinzip der automatischen Anerkennung verankert war.34 Die Länder hatten geltend gemacht, dass die Vorschrift anderen Staaten, deren Gesetzgebung die Gegenseitigkeit bei der Anerkennung nicht gewährleiste, jeden Anreiz zur Anerkennung deutscher Gesellschaften nehme. Zuvor hatte auch das Auswärtige Amt in der IPR-Kommission, die Preußen zur Vorbereitung seiner endgültigen Stellungnahme eingerichtet hatte, die Befürchtung geäußert, die Vorschrift werde den Verhandlungsspielraum beim Abschluss von Staatsverträgen verringern.35 30

Zum Verlauf des Gesetzgebungsprozesses und insbesondere zu den Gründen für die Nichtaufnahme des Regelungsvorschlags ins EGBGB ausführlich GROSSFELD (1974b) 360–366. 31 § 1 der Anlage zum Entwurf erster Lesung des BGB, abgedruckt in ACHILLES/GEBHARD/SPAHN (1899) 8, lautete: „Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die juristische Person ihren Sitz hat.“ Darin war das Prinzip der automatischen Anerkennung enthalten, vgl. ACHILLES/GEBHARD/SPAHN (1899) 24: „Es ergebe sich aus demselben, daß ein Verband, der in einem fremden Staaten den Sitz hat, auch außerhalb dieses Staates und insbesondere im Inland, als juristische Person, als ein mit Rechtsfähigkeit ausgestattetes Subjekt anzuerkennen sei, wenn ihm nach den an seinem Sitze geltenden Gesetzen Persönlichkeit zukomme.“ 32 ACHILLES/GEBHARD/SPAHN (1899) 24 f. Zu ähnlichen Bedenken bei der Anerkennung gemeinnütziger ausländischer juristischer Personen in Japan unten Dritter Teil, A.I.1. 33 Abgedruckt bei REATZ (1896) 479. § 2237 Abs. 1 BGB: „(1) Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gesetzen des Ortes beurteilt, an welchem die juristische Person ihren Sitz hat. (2) Ein Verein, der nach den deutschen Gesetzen Rechtsfähigkeit nur durch Eintragung in das Vereinsregister oder durch staatliche Verleihung erlangen kann, ist, wenn er seinen Sitz im Ausland hat, nur dann rechtsfähig, wenn seine Rechtsfähigkeit in einem Bundesstaat anerkannt ist. Die Anerkennung und die Zurücknahme der Anerkennung bestimmen sich nach den Gesetzen dieses Staates.“ Zu den verschiedenen Anträgen und zum Diskussionsverlauf MUGDAN (1979) 263 ff. 34 Dem Bundesrat wurde die Vorschrift als § 2364 vorgelegt. Siehe HARTWIEG/KORKISCH (1973) 253. 35 Ausführlich GROSSFELD (1974b) 363 ff.

A. Grundlegende Theorien

47

Gesetz wurde schließlich nur der ursprünglich im zweiten Absatz enthaltene Zusatz, wonach ausländische Vereine ihre Rechtsfähigkeit nur durch Anerkennung erlangten.36 Dass dabei die Bezugnahme auf den Sitz des Vereins gelöscht wurde, war der besonderen Interessenlage im Vereinsrecht geschuldet und lässt sich nicht im Sinne einer allgemeinen Aufgabe der Sitzanknüpfung deuten.37 c.

Die Sitztheorie in der deutschen Literatur und Rechtsprechung

i.

Die Sitztheorie als herrschende Meinung in Deutschland

Bisher besteht in Deutschland keine Regelung zum Kollisionsrecht für Gesellschaften.38 Weder die Rom I-VO noch die Rom II-VO ist auf Fragen betreffend das Gesellschaftskollisionsrecht anwendbar.39 Nach Meinung von Teilen der Literatur gilt die Sitztheorie in Deutschland kraft Gewohnheitsrechts als ungeschriebenes Recht.40 Für diese Annahme 36

§ 10 EGBGB, abgedruckt bei WENGLER (1981) 1113 (aufgehoben durch § 30 Abs. 1 Nr. 4 Vereinsgesetz vom 5. August 1964 (BGBl I S. 593)), lautet: „Ein einem fremden Staate angehörender und nach dessen Gesetzen rechtsfähiger Verein, der die Rechtsfähigkeit im Inlande nur nach den Vorschriften des §§ 21, 22 des BGB [später § 23 BGB, inzwischen aufgehoben, Anm. d. Verf.] erlangen könnte, gilt als rechtsfähig, wenn seine Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundesrates anerkannt ist. Auf nicht anerkannte ausländische Vereine der bezeichneten Art finden die Vorschriften über die Gesellschaft sowie die Vorschrift des § 54 Satz 2 des BGB Anwendung.“ 37 Es bestand das Bedürfnis, einigen Vereinen mit Sitz im Ausland, die der Wahrung deutscher Interessen dienten, in ihrem Sitzstaat aber nicht rechtsfähig waren, in Deutschland – namentlich in Preußen – die Rechtsfähigkeit zu verleihen. Dazu HARTWIEG/KORKISCH (1973) 335; GROSSFELD (1974a) 218 ff. Gelöst wurde das Problem durch Erlass des § 21 Abs. 3 BGB a.F. (später leicht verändert in § 23 BGB übernommen, mit Wirkung zum 30. September 2009 aufgehoben durch das Gesetz zur Erleichterung elektronischer Anmeldungen zum Vereinsregister und anderer vereinsrechtlicher Änderungen vom 24. September 2009 (BGBl I S. 3145)). Dagegen deutete GRASMANN (1970) Rn. 457 die Streichung im Sinne einer allgemeinen Aufgabe der Sitztheorie. 38 Zu den Gründen ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 1. Teilweise wird jedoch angenommen, das primäre Europarecht enthalte eine Kollisionsnorm; dazu Text bei Fn. 165. Zu den jüngsten Kodifikationsbestrebungen unten B.I. 39 FERRARI/KIENINGER/MANKOWSKI U.A. (2012) VO (EG) 593/2008 Art. 1 Rn. 20 (Kieninger). Nach Meinung von ROTH (2014) 168 ff. fallen in den Anwendungsbereich der Rom I-VO nur reine Innengesellschaften. 40 BEHRENS (1997) Rn. IPR 2 (Behrens); FORSTHOFF (2000a) 169; GÖTTSCHE (1999) 1403; SOERGEL-Lüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 8; WELLER (2009) 207; BRAUN (1995) 500 („quasi-gewohnheitsrechtlich“); ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 EGBGB Rn. 1 f.; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 5; KINDLER (1999) 1994; BECKOK BGB (1. Februar 2010) Anh. Art. 12 EGBGB, Anhang II, Rn. 44 (Mäsch); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 26; MÜNCH. HDB. GESR VI/Thölke (2013) § 1 Rn. 61.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

spricht, dass die Rechtsprechung die Sitztheorie (abgesehen von den Fällen, in denen dies europarechtlich nicht zulässig ist) über Jahrzehnte vertreten hat.41 Dass bereits das RG der Sitztheorie folgte, wird in der Literatur aller41 Bei den Urteilen des RG ist dies teilweise umstritten (siehe nächste Fn.): RG, Urteil vom 9. März 1904, JW 1904, 231 (Mexiko-Fall; dazu SCHWANDT (1912) 26 f.); RG, Urteil vom 31. März 1904, DJZ 1904, 555; RG, Urteil vom 29. Juni 1911, RGZ 77, 19, 22; RG, Urteil vom 16. Dezember 1913, RGZ 83, 367. Zu den Gothaer Gewerkschaften ergingen die folgenden sieben Entscheidungen: RG, Urteil vom 26. April 1913, WarnR 1913, 400; RG, Urteil vom 5. Januar 1916, JW 1916, 494; RG, Urteil vom 22. Januar 1916, RGZ 88, 53; RG, Urteil vom 19. Januar 1918, JW 1918, 305; RG, Urteil vom 19. Januar 1918, RGZ 92, 73; RG, Urteil vom 21. Juni 1919, JW 1920, 49; RG, Urteil vom 19. Juni 1920, RGZ 99, 217. Weitere Entscheidungen RG, Urteil vom 3. Juni 1927 (Eskimo Pie), RGZ 117, 215; RG, Urteil vom 10. Juli 1934 (Ungar-Fall), JW 1934, 2969. Eindeutig im Sinne der Sitztheorie RG, Urteil vom 11. Juli 1934 (Russland-Fall), JW 1934, 2845 (kritisch zu den dahinterstehenden nationalistischen Wertungen TRAUTRIMS (2012) 450); RG, Urteil vom 29. Oktober 1938, RGZ 159, 33, 42, 46; BGH, Urteil vom 11. Juli 1957, BGHZ 25, 134, 144; BGH, Urteil vom 26. September 1966, NJW 1967, 36, 38; BGH, Urteil vom 30. Januar 1970, BGHZ 53, 181, 183; BGH, Urteil vom 17. Oktober 1968, BGHZ 51, 27; Urteil vom 21. März 1986, BGHZ 97, 269, 271; BGH, Urteil vom 5. November 1980, BGHZ 78, 318, 334; BGH, Urteil vom 21. März 1986, BGHZ 97, 269, 272; BGH, Urteil vom 8. Oktober 1991, NJW 1992, 618; BGH, Urteil vom 30. April 1992, BGHZ 118, 151, 167; BGH, Urteil vom 27. Mai 1993, NJW 1993, 2744, 2745; BGH, Urteil vom 19. Januar 1994, NJW 1994, 939, 940; LG Essen, Urteil vom 10. März 1994, IPRax 1996, 120, 121; BGH, Urteil vom 28. November 1994, NJW 1995, 1032; BGH, Urteil vom 21. September 1995, NJW 1996, 54, 55; OLG Hamm, Urteil vom 4. Oktober 1996, IPRax 1998, 358, 359; BGH, Urteil vom 21. November 1996, BGHZ 134, 116, 118; KG, Beschluss vom 11. Februar 1997, IPRax 1998, 360, 362; LG Potsdam, Urteil vom 30. September 1999, RIW 2000, 145, Leitsatz; OLG Düsseldorf, Urteil vom 31. März 2000, IPRax 2001, 228, 230; OLG Brandenburg, Urteil vom 31. Mai 2000, ZIP 2000, 1616, Rn. 21; OLG Frankfurt, Urteil vom 8. Juni 2000, OLGR Frankfurt 2001, 88, Leitsatz 1; FG Münster, Urteil vom 27. Juni 2000, EFG 2002, 1106, Rn. 26; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 20. Oktober 2000, RIW 2001, 373, Leitsatz 1; OLG Koblenz, Urteil vom 11. Januar 2001, NZG 2001, 759, Rn. 30; OLG Hamm, Beschluss vom 1. Februar 2001, IPRax 2001, 343 m. Anm. Mansel; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. März 2001, IPRax 2001, 343 m. Anm. Mansel; BGH, Urteil vom 1. Juli 2002 (JerseyUrteil), BGHZ 151, 204, Rn. 6; BayObLG, Beschluss vom 20. Februar 2003, DB 2003, 819, Rn. 10; LG Potsdam, Urteil vom 3. Juli 2003, 11 O 33/03, Rn. 24 (juris); KG Berlin, Beschluss vom 18. November 2003, BB 2003, 2644, Rn. 28; LG Hamburg, Urteil vom 17. Dezember 2003, TranspR 2004, 82, Rn. 43; OLG Brandenburg, Urteil vom 9. März 2004, OLGR Brandenburg 2004, 407, Rn. 45; LG Karlsruhe, Urteil vom 8. Dezember 2004, 9 O 188/03, Rn. 72 (juris), Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17. Januar 2005, L 2 B 9/03 KR ER, Rn. 33 (juris); KG Berlin, Urteil vom 11. Februar 2005, GmbHR 2005, 771, Rn. 23; OLG Köln, Urteil vom 31. Januar 2006, ZIP 2007, 935, Rn. 21; OLG Hamburg, Urteil vom 30. März 2007, ZIP 2007, 1108, Leitsatz 1; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. Mai 2007, 26 W 51/07, Orientierungssatz 4 (juris); OLG Oldenburg, Urteile vom 13. Juni 2007 (4 U 64/00 und 4 U 65/00), jeweils Orientierungssatz 2 (juris); LG Duisburg, Urteil vom 12. August 2008 – 24 (44) O 139/98, Rn. 66;

A. Grundlegende Theorien

49

dings angezweifelt.42 Bei einigen Urteilen des RG sind diese Zweifel durchaus berechtigt.43 Auch in der Literatur waren die Meinungen bis zum Aufkommen des Nationalsozialismus geteilt.44 Während des Zweiten Weltkrieges galt die Kontrolltheorie, bei der zur Bestimmung der Feindeigenschaft juristischer Personen auf die Staatsangehörigkeit der dahinterstehenden natürlichen Personen abgestellt wurde.45 In der Nachkriegszeit setzte sich die Sitztheorie dann als herrschende Meinung durch46 – jedoch durchweg mit beachtlichen BGH, Urteil vom 27. Oktober 2008 (Trabrennbahn), NJW 2009, 289, Rn. 19 ff.; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2008, ZInsO 2009, 149, Rn. 20; BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2009, ZIP 2009, 2385; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Dezember 2009, GmbHR 2010, 591, Rn. 28; BGH, Urteil vom 15. März 2010, EuZW 2010, 636, Rn. 15; AG Hagen, Urteil vom 17. Juni 2010, IPRspr 2010, Nr. 21; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juli 2010 – I-7 U 141/08, Rn. 43; BGH, Urteil vom 12. Juli 2011, BGHZ 190, 242, Rn. 16; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juli 2011, BeckRS 2013, 14730; VG Frankfurt a.M., Beschluss vom 11. Dezember 2012, NZG 2013, 556; LG Bonn, Beschluss vom 22. Januar 2013, BeckRS 2013, 05887; OLG Hamm, Urteil vom 11. April 2014, DNotZ 2014, 705, 707. Nachweise zur Rechtsprechung der Instanzgerichte auch bei REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5034 f. (Hausmann). 42 NUSSBAUM (1932) 188 Fn. 3 weist nach, dass die Praxis in der Regel auf den Satzungssitz abstellte. Auf eine teilweise Anwendung der Gründungstheorie weist auch GRASMANN (1970) Rn. 458 ff. hin. Weiter gehend sind KNOBBE-KEUK (1990) 339 ff. und TRAUTRIMS (2012) 442 ff. der Meinung, das RG sei der Gründungstheorie gefolgt. 43 So etwa im Fall Eskimo Pie (Urteil vom 3. Juni 1927, RGZ 117, 215), im Ungar-Fall (Urteil vom 10. Juli 1934, JW 1934, 2969) und bei der Entscheidung vom 19. Juni 1920 (RGZ 99, 217) zu den Gothaer Gewerkschaften. Siehe dazu die treffenden Ausführungen von TRAUTRIMS (2012) 448 f. Andere Bewertung des Urteils Eskimo Pie jedoch bei GROSSFELD (1967) 12 f. 44 Für die Gründungstheorie SCHWANDT (1912) 60 ff.; NEUKAMP (1912) 213 ff.; FRANKENSTEIN (1926) 458 ff. (mit ähnlicher Argumentation wie der japanische Gesetzgeber: „Denn wenn die juristische Person eine Abstraktion, eine juristische Denkform für gewisse Vorgänge ist, so besteht ein naturnotwendiger Zusammenhang zwischen juristischer Person und Rechtsordnung. Die juristische Person existiert im Rechtsleben nur kraft der Rechtsordnung, welche diese Abstraktion vornimmt.“ (Hervorherbung im Original)); NUSSBAUM (1932) 187 ff.; VON SPINDLER (1932) 27 ff. Für die Sitztheorie dagegen VON BAR (1889) 162; STAUB-Pinner (1926) § 182 Anm. 17; BRODMANN (1928) 34; LEWALD (1931) 45 ff. 45 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 352 ff. 46 Zur Rechtsprechung siehe Fn. 41. Vertreter der Sitztheorie in der Literatur sind etwa RAAPE (1961) 197 ff.; EBENROTH/SURA (1979) 338; WIEDEMANN (1980) 785; EBKE (1987) 246, 269; EBENROTH/BIPPUS (1988a) 677; EBENROTH/EINSELE (1988) 247; MÜNCHKOMM BGB/Sonnenberger (1990) Rn. 142; MANKOWSKI (1995) 1008; JAYME (1996) 88; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 38; ROWEDDER/SCHMIDT-LEITHOFF (2013) Einl. Rn. 356 (Schmidt-Leithoff); KEGEL/SCHURIG (2004) § 17 II 1; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 421; weitere Nachweise bei MÜNCHKOMM BGB/Kindler (1999) Internationales Gesellschaftsrecht Fn. 343, 344.

50

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Gegenstimmen in der Literatur.47 Daher ist eher von Richterrecht als von Gewohnheitsrecht auszugehen.48 Die Sitztheorie gilt in Deutschland für nach deutschem wie für nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaften. Denn nach herrschender Ansicht ist sie als Kollisionsnorm allseitig anzuwenden.49 Die Gegenmeinung, die die Anwendung der Sitztheorie auf nach deutschem Recht gegründete Gesellschaften mit Verwaltungssitz im Ausland für nicht gerechtfertigt hält, da bei diesen der deutsche Rechtsverkehr nicht betroffen sei und daher die Wahlfreiheit der Gründer vorgehe, konnte sich demgegenüber zu Recht nicht durchsetzen.50 Nach den richtungsweisenden Urteilen, in denen der Europäische Gerichtshof für Gesellschaften und Gesellschaftsgründer in der EU weitreichende Freiheiten durchgesetzt hat, gilt die Sitztheorie zwar nach herrschender Meinung nicht mehr für Gesellschaften aus EWR-Staaten.51 Auch bestehen für einige der Gesellschaften, die in Staaten außerhalb des EWR gegründet wurden, Staatsverträge mit Vorschriften zur Inländerbehandlung, Meistbegünstigung und Niederlassungsfreiheit, die gemäß Art. 3 Abs. 2 EGBGB vorrangig zu beachten sind und die die Anerkennung der Gesellschaften aus dem jeweiligen Staat vorschreiben, wobei sie zur Bestimmung der Staatszugehörigkeit auf den Ort der Gründung der Gesellschaft abstellen.52 Für einige 47

Die Gründungstheorie vertreten etwa FIKENTSCHER (1957) 72; KÖTZ (1965) 70; DROBNIG (1967) 115; KOPPENSTEINER (1971) 136; BEITZKE (1972) 111 ff. (siehe auch schon BEITZKE (1938) 97 ff.); NEUMAYER (1984) 139 ff.; BEHRENS (1988) 512 ff.; KNOBBE-KEUK (1990) 325. 48 Kritisch zur Gleichstellung von ständiger Rechtsprechung und Gewohnheitsrecht MÜNCHKOMM BGB/Säcker (2006) Einleitung Rn. 86. 49 Stellvertretend für die herrschende Meinung siehe STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 103 f. Zum Meinungsstreit m.w.N. MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen (2006) Rn. 40, 145. 50 Die Mindermeinung vertritt etwa BEHRENS (1997) Rn. IPR 9 (Behrens); auch MÜNCH. HDB. GESR VI/Thölke (2013) § 1 Rn. 63. Dagegen treffend RAAPE (1961) 198: „Die Anknüpfung, die uns recht ist, wenn wir der Sitzstaat sind, ist auch billig, wenn Sitzstaat ein fremder Staat ist.“ Allgemein zum Erfordernis allseitiger Kollisionsnormen VON HOFFMANN/THORN (2007) § 4 Rn. 12. 51 EuGH vom 9. März 1999 (Centros) – C-212/97, Slg. 1999-I, 1459; EuGH vom 5. November 2002 (Überseering) – C-208/00, Slg. 2002-I, 9919; EuGH vom 30. September 2003 (Inspire Art) – C-167/01, Slg. 2003-I, 10155. Siehe dazu ausführlich unten 2.d. Zu EuGH vom 13. Dezember 2005 (SEVIC) – C-411/03, Slg. 2005, I-10805, mit dem der EuGH die Zulässigkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung feststellte, Vierter Teil, Fn. 402. 52 So z.B. in den Verträgen mit Japan, den USA und Spanien. Zum Vertrag mit Japan eingehend SANDROCK (2006) 85 ff. (andere Einordnung jedoch bei EIDENMÜLLER (2004a) § 2 Rn. 16 (Rehm): Sitztheorie). Zum Vertrag mit den USA BGH, Urteil vom 29. Januar 2003, BGHZ 153, 353, dazu MERKT (2003) 459; BGH, Urteil vom 5. Juli 2004, RIW 2004, 787, dazu EBKE (2004b) 740 ff. Siehe auch DAMMANN (2004) 607 ff.; EBEN-

A. Grundlegende Theorien

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nach deutschem Recht gegründete Gesellschaftsarten und für Gesellschaften aus Drittstaaten, mit denen kein Staatsvertrag besteht, bleibt jedoch die Geltung der Sitztheorie (noch) bestehen.53 Die bisherige wissenschaftliche Diskussion behält also insofern ihre Gültigkeit. ii.

Anknüpfungsmoment

Maßgebliches Anknüpfungsmoment bei der Sitztheorie ist der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft. Tatsächlicher Verwaltungssitz ist nach heute herrschender Meinung der „Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden“.54 Plastisch formuliert ist entscheidend, wo „die ‚großen’ Richtlinien der Produktions-, Absatz-, Personal- usw. Politik in die kleine Münze der täglichen Verwaltungsentscheidungen umgesetzt werden“.55 Ausschlaggebend ist, wo die zentralen Entscheidungen entstehen und realisiert werden, nicht aber, wo formell die weitere, untergeordnete Abwicklung der Entscheidungen stattfindet oder auf welches Land die Gesellschaft ihre Tätigkeit ausgerichtet hat.56 Zur näheren Bestimmung des Verwaltungssitzes werden teil-

ROTH/BIPPUS

(1988b) 2137 ff. sowie die Urteile des OLG Celle, 15. Juli 1992, WM 1992, 1703, 1706; OLG Düsseldorf, 1. Oktober 1997, 15 U 173/96; OLG München, 12. September 2002, ZIP 2002, 2132. Andererseits knüpfen z.B. die Staatsverträge mit Frankreich, Griechenland, Italien, den Niederlanden und der Türkei an den Verwaltungssitz an. Siehe Überblick bei MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 310 ff. und bei SOERGEL-Lüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 12 f. 53 Siehe dazu unten d.iv. Der Referentenentwurf zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen, der einen völligen Übergang zur Gründungstheorie vorsieht, wurde (bisher) nicht Gesetz. Dazu unten B.I. 54 Sog. Sandrock’sche Formel (MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 456). Vom BGH erstmals angewendet im Urteil vom 21. März 1986, BGHZ 97, 269, 272. Das Gericht bezieht sich dabei auf SANDROCK (1979) 683, der folgende Formel prägte: „Der Verwaltungssitz einer Gesellschaft liegt an demjenigen Ort, an dem ihr oberstes Verwaltungsorgan die Mehrheit seiner Entscheidungen über die Geschäftsführung trifft.“ Siehe auch SANDROCK (1978a) 182 f. sowie BGH, Beschluss vom 10. März 2009, NJW 2009, 1610, Rn. 11; BGH, Beschluss vom 10. November 2009, NJW-RR 2010, 250, Rn. 8; VON BAR/MANKOWSKI (2003) §7 Rn. 31; PALANDT-Thorn (2013) Anh. zu Art. 12 EGBGB, Rn. 3; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 228; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 456. Zu früher verwendeten leicht abweichenden Definitionen ZIMMER (1996) 28. Zu den früher vertretenen unterschiedlichen Definitionen des „Sitzes“ GRASMANN (1970) Rn. 103 ff. 55 SANDROCK (1979) 683. 56 So auch PALANDT-Thorn (2013) Anh. zu Art. 12 EGBGB, Rn. 3; EBENROTH/BIPPUS (1988a) 678. Dagegen spricht sich PANTHEN (1988) 303 ff. bei Nichtfeststellbarkeit des Sitzes für eine Ersatzanknüpfung an den Ort der Verwaltung aus.

52

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

weise die im Steuerrecht für § 1 Abs. 1 KStG und § 10 AO entwickelten Grundsätze herangezogen.57 Während in Japan, wo eine Mindermeinung die Sitztheorie vertritt, strittig ist, ob zur Bestimmung des Sitzes auf das Zentrum des Betriebs oder der Produktion (eigyô naishi gengyô no chûshin-chi) oder aber auf das Zentrum des Managements oder der Verwaltung (kei’ei naishi tôkatsu no chûshin-chi) abzustellen ist, hat sich in Deutschland also eine einheitliche Definition herausgebildet, der die herrschende Meinung folgt.58 Eine systematische Herangehensweise bei der Konkretisierung der Formel zur Feststellung des Verwaltungssitzes ist in der Praxis der Gerichte gleichwohl nicht zu erkennen.59 Dies verwundert insofern nicht, als in Deutschland in den meisten zivilgerichtlichen Verfahren der Verhandlungsgrundsatz gilt, so dass die erforderlichen Tatsachen von den Parteien vorzubringen sind.60 Auch kann es insbesondere bei international tätigen Unternehmen, in denen die zentralen Entscheidungen an verschiedenen Orten getroffen werden, schwierig sein, den Verwaltungssitz zu bestimmen.61 In diesen Fällen hat die Literatur teilweise aus dem Ziel der Sitztheorie, den am meisten betroffenen Staat zu schützen, zusätzliche Kriterien zur Bestimmung des tatsächlichen Verwaltungssitzes abgeleitet – etwa den Betriebsmittelpunkt, den Ort der Anteilseignerversammlung oder gar die Nationalität oder den Wohnsitz der Kapitaleigner.62 Jedoch sind dies, legt man die oben genannte Definition des Verwaltungssitzes und das Erfordernis eines klar umgrenzten Anknüpfungsmerkmals zugrunde, keine geeigneten Beurteilungskriterien, da sie nicht in Die Instanzgerichte lokalisieren den Verwaltungssitz teilweise an dem Ort, auf den die Gesellschaft ihre Tätigkeit ausgerichtet hat, etwa OLG Frankfurt a.M., Entscheidung vom 11. Juli 1985, IPRax 1986, 373, 374; OLG Celle, Urteil vom 14. August 2002, IPRax 2003, 252, 258; OLG Oldenburg, Urteil vom 4. April 1989, NJW 1990, 1422; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 24. April 1990, NJW 1990, 2204, 2205. Ausführlich dazu MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 463 ff. 57 Dazu KUSSMAUL/RICHTER/RUINER (2008) 452 f. mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BFH. 58 Die japanische Diskussion über die Bestimmung des Verwaltungssitzes ist mit rechtsvergleichenden Bezügen zur deutschen und französischen Literatur dargestellt bei ORIMO (1972) 38 f. 59 Kritisch ZIMMER (2003a) 300: „Statt dessen sehen wir uns mit einem Sammelsurium topisch gewonnener Einzelumstände konfrontiert, aus denen die Gerichte auf das Bestehen des Verwaltungssitzes in dem einen oder anderen Land geschlossen haben.“ ZIMMER (2000a) 658 ff. Siehe auch MÜNCH. HDB. GESR VI/Thölke (2013) § 1 Rn. 77. 60 Ausführlich zum Umgang mit der Situation, dass nach der ausländischen lex causae der Untersuchungsgrundsatz gilt, SCHACK (2010) Rn. 738 f. 61 GRASMANN (1970) Rn. 368 ff.; NOACK (1998) 615 f.; ZIMMER (2000a) 663 ff. In einem Fall, in dem die Geschäftsführer Piloten waren und ihre Geschäfte unterwegs wahrnahmen, wendete das OLG Frankfurt im Urteil vom 23. Juni 1999, IPRax 2001, 132 die Gründungstheorie an, da ein Verwaltungssitz nicht zu bestimmen war. 62 EBENROTH/BIPPUS (1988a) 689 ff.

A. Grundlegende Theorien

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sachlichem Zusammenhang mit der Umsetzung von Entscheidungen der Unternehmensleitung stehen.63 Hinsichtlich der Verteilung der Beweislast im Prozess ist es sinnvoll (aber nicht unumstritten), eine Vermutungsregel zugunsten der Identität von Gründungs- und Sitzstaat anzuwenden.64 Denn der Aufwand, den ein Nachweis der Lage des tatsächlichen Verwaltungssitzes mit sich bringt, und die dadurch entstehende Behinderung des internationalen Wirtschaftsverkehrs ist nur gerechtfertigt, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verwaltungssitz nicht im Gründungsstaat liegt.65 Die Interessen der Gegenpartei sind gewahrt, da sie die Prüfung der Lage des Verwaltungssitzes bewirken kann, indem sie konkrete Tatsachen vorbringt, die Zweifel am Bestehen des Verwaltungssitzes im Gründungsstaat begründen.66 Indiztatsachen zum Beweis für die Lage des Verwaltungssitzes sind etwa das Vorhandensein von Einrichtungen und Personal, die zur Durchführung eines erheblichen Teils der Geschäftsführungsaufgaben ausreichen – nicht aber deren Fehlen, wenn die Geschäftstätigkeit z.B. auch in eigener Person ausgeführt werden kann.67 iii.

Rechtsfolgen

Im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Sitztheorie bei einem Auseinanderfallen von Sitz- und Gründungsort gingen die Meinungen in Deutschland lange Zeit auseinander. Die Diskussion bezog sich auf die Behandlung von Gesellschaften, die nach ausländischem Recht gegründet waren, ihren Verwaltungssitz aber in Deutschland hatten. Nach der strengen Sitztheorie war eine solche

63 Zudem besteht beim Kriterium des Ortes der Kapitaleignerversammlung die Gefahr der Manipulation und bei dem des Ortes des Betriebsmittelpunktes die Gefahr der unangemessenen Benachteiligung der Gesellschaft durch einen nicht sachgerechten Gründungszwang. Darauf weisen auch EBENROTH/BIPPUS (1988a) 689 ff. hin. Kritisch zum Kriterium des Betriebsmittelpunktes auch MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 457. 64 Dafür sprechen sich BUNGERT (1998) 344 ff.; VON BAR/MANKOWSKI (2003) § 7 Rn. 35; SCHUCK (1994) 1539; SOERGEL-Lüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 9 aus, dagegen GROSSFELD/PIESBERGEN (1996) 884. 65 Plastisch BUNGERT (1998) 345 zum Verfahren vor dem OLG Hamm zum Urteil vom 4. Oktober 1996, IPRax 1998, 358: „Dort müssen die Organe der Klägerin tatsächlich in Koffern Dokumente herbeigeschafft haben einschließlich diverser Farbfotos der Verwaltungsgebäude auf den Cayman Islands.“ 66 So auch BUNGERT (1998) 345. Dabei reicht das Vorbringen von Tatsachen, die für die Lage des Verwaltungssitzes in einem anderen Staat sprechen. Insofern ist der Einwand von GROSSFELD/PIESBERGEN (1996) 884, der Gegenpartei sei es regelmäßig nicht möglich, etwas nicht Bestehendes zu beweisen, nicht stichhaltig. 67 Zu Einzelheiten und weiteren Indiztatsachen BUNGERT (1998) 346 f.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Gesellschaft in Deutschland eine „nicht existente Rechtsperson“.68 Die modifizierte Sitztheorie69 hingegen ordnet die ausländische Entität in das System der in Deutschland bestehenden Gesellschaftsformen ein. Die strenge Sitztheorie wurde von der früheren deutschen Rechtsprechung vertreten.70 Danach fehlte einer im Ausland gegründeten Gesellschaft mit Sitz in Deutschland die Rechts- und Parteifähigkeit.71 Die Gesellschaft musste sich neu gründen, um Rechte durchsetzen zu können.72 Allerdings war die strenge Sitztheorie in dogmatischer Hinsicht fragwürdig. Sie schrieb vor, dass die ausländische Gesellschaft als nichtexistente Rechtsperson zu behandeln sei („reine Nichtanerkennungstheorie“73). Jedoch ist das dadurch hervorgebrachte Konstrukt einer nichtexistenten Rechtsperson im deutschen System des materiellen Gesellschaftsrechts nicht vorgesehen.74 Dogmatisch sauber ist vielmehr die modifizierte Sitztheorie, die als „reine Anknüpfungslehre“75 nur über das anzuwendende Recht entscheidet. Wie das anwendbare Recht dann weiter mit der Gesellschaft verfährt, ist eine Frage des anwendbaren materiellen Rechts.76 Dieses rein kollisionsrechtliche Verständnis ist in Japan, soweit die Sitztheorie von einer Mindermeinung vertreten wird, vorherrschend, da 68 So das LG Aurich, Urteil vom 11. Juli 1967, IPRspr. 1968/1969, Nr. 14. Auch als „rechtliches Nullum“ bezeichnet, vgl. BayObLG, Beschluss vom 26. August 1998, IPRax 1999, 364, 365; AG Hamburg, Beschluss vom 14. Mai 2003, IPRax 2003, 534, 535. 69 So von HELLGARDT/ILLMER (2009) und SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 44 (Spahlinger) benannt. Andere Bezeichnungen sind etwa „moderne Auffassung der Sitztheorie“ bzw. „neue Sitztheorie“ oder „Einschränkung“ der Sitztheorie, vgl. MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 45 m.w.N. bzw. „milde Sitztheorie“, vgl. KOBAYASHI (2003) 971. Spöttisch wird sie auch als „Wechselbalgtheorie“ bezeichnet, so GOETTE (2008) 5; dazu WELLER (2011) 583 f. 70 BGH, Urteil vom 30. Januar 1970, BGHZ 53, 181, 183 = NJW 1970, 998, 999 (m. Anm. Langen); LG Aurich, Urteil vom 11. Juli 1967, IPRspr 1968/1969, Nr. 14; BGH, Urteil vom 21. März 1986, BGHZ 97, 269 = NJW 1986, 2194 f.; OLG München, Urteil vom 31. Oktober 1994, NJW-RR 1995, 703, 704; BGH, Beschluss vom 30. März 2000, BB 2000, 1106 (Vorlagebeschluss zu Überseering). 71 STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 427 ff.; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 566 (Assmann). 72 Siehe etwa BGH, Urteil vom 21. März 1986, BGHZ 97, 269 = NJW 1986, 2194 f.; BGH, Beschluss vom 30. März 2000, BB 2000, 1106 (Vorlagebeschluss zu Überseering); OLG Zweibrücken, Urteil vom 27. Juni 1990, IPRax 1991, 406. 73 So KNOBBE-KEUK (1990) 341. 74 So auch WELLER (2009) 207. 75 ZIMMER (2003a) 301. 76 BEHRENS (1986) 590; BEHRENS (1994) 24 (für den Fall der Sitzverlegung); SCHMIDT (1999) 22 ff.; ALTMEPPEN (2000) 1063; BEHRENS (2000) 388 und BECHTEL (2001) 22 f. (beide zum Vorlagebeschluss des BGH in Sachen Überseering); ZIMMER (1996) 300; ZIMMER (2000b) 1363 f.; KINDLER (2000a) 650; FORSTHOFF (2000b) 1109 f.; BRAUN (1995) 500; HAAS (1997) 1506; KINDLER (2000b) 87 ff.; ROTH (2000a) 1600 f.; SCHMIDT (1999) 23.

A. Grundlegende Theorien

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dort aufgrund der fremdenrechtlich eingeordneten Anerkennungsvorschrift klar zwischen der Bestimmung des anwendbaren Rechts und der materiellrechtlichen Anerkennung unterschieden wird.77 Es ist sehr zu begrüßen, dass auch die deutsche Rechtsprechung sich mit Urteil des BGH vom 1. Juli 2002 von der strengen Sitztheorie gelöst hat.78 Nach der modifizierten Sitztheorie ist die ausländische Entität mit Sitz in Deutschland also in das System der in Deutschland bestehenden Gesellschaftsformen einzuordnen – mangels Eintragung im Handelsregister in der Regel als Personengesellschaft.79 Eine ausländische Gesellschaft, die ein Handelsgewerbe i.S.d. § 1 Abs. 2 HGB betreibt, ist gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 HGB als OHG einzustufen. Betreibt die ausländische Gesellschaft kein Handelsgewerbe, so ist sie als Gesellschaft bürgerlichen Rechts einzustufen. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts war nach früherer Rechtsprechung nicht rechtsfähig.80 Eine gegen sie erhobene Klage musste daher gegen alle Gesellschafter gerichtet werden (§ 736 ZPO). Waren sie schwer zu ermitteln, so bestand die Gefahr der Gläubigerschädigung, der allenfalls mit einer analogen Anwendung des § 50 Abs. 2 ZPO und einer Haftung der Gesellschaft nach Rechtsscheinsgrundsätzen begegnet werden konnte.81 Teilweise wurde diese Problematik mit der höchstrichterlichen Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelöst.82 Heute ist eine nach ausländischem Recht gegründete Kapitalgesellschaft, die ihren Verwaltungssitz in Deutschland hat, als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder gemäß § 124 HGB (i.V.m. § 123 Abs. 2 HGB) als OHG Inhaberin von Rechten und Pflichten. Zudem haften die Gesellschafter gemäß § 714 BGB bzw. § 128 77

Siehe etwa ORIMO (1972) 36 f. BGH, Urteil vom 1. Juli 2002 (Jersey-Urteil), BGHZ 151, 204. Dazu GOETTE (2002) 1679 sowie befürwortend LEIBLE/HOFFMANN (2002a) 2203 ff.; kritisch zur Urteilsbegründung KINDLER (2003a) 41 ff.; HAACK (2002) 1384 f. EBKE (2004a) 121 bewertet diese während des Vorlageverfahrens zu Überseering ergangene Entscheidung gar als „Ablenkungsmanöver“ zur Rettung der Sitztheorie. Zur gemeinschaftsrechtlichen Bewertung des Urteils siehe Text bei Fn. 152 ff. Siehe auch BGH, Urteil vom 27. Oktober 2008 (Trabrennbahn), NJW 2009, 289, Rn. 23. 79 ZIMMER (1996) 300 f.; HAAS (1997) 1506; ALTMEPPEN (2000) 1063; EBENROTH/SURA (1979) 340 f.; WELLER (2011) 592; ZÖLLER-Vollkommer (2012) § 50 Rn. 21a. 80 Zur Rechtsentwicklung MÜKO BGB/Ulmer (2009) Rn. 9 ff. m.w.N. 81 Dazu ZIMMER (1996) 300 ff. 82 Der BGH sprach der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Rechtsfähigkeit in seinem Grundsatzurteil vom 29. Januar 2001 (ARGE Weißes Ross), BGHZ 146, 341 zu. Zur hier angesprochenen Bedeutung des Urteils für das Internationale Gesellschaftsrecht KINDLER (2001) 343 ff. Der BGH machte dazu Ausführungen in seinem Urteil vom 1. Juli 2002 (Jersey-Urteil), BGHZ 151, 204, mit dem er zur modifizierten Sitztheorie überging. Siehe aber unten iv. zu nach heutiger Rechtslage weiterhin bestehenden Problemen im Rechtsverkehr. 78

56

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

HGB persönlich. Auch kommt eine Handelndenhaftung analog § 11 Abs. 2 GmbHG, § 41 Abs. 1 Satz 2 AktG in Frage.83 Weicht bei einer Gesellschaft, deren Verwaltungssitz außerhalb Deutschlands liegt, das Sitzrecht vom Gründungsrecht ab, so ist nach der Rechtslage im Sitzstaat zu differenzieren.84 Folgt der Sitzstaat ebenfalls der Sitztheorie, kommt sein Sachrecht zur Anwendung. Gilt im Sitzstaat hingegen die Gründungstheorie, so erfolgt eine Rück- oder Weiterverweisung. Eine Rückverweisung auf deutsches Recht ergibt sich, wenn die Gesellschaft nach deutschem Recht gegründet wurde. Nach herrschender Meinung ist dann gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB das deutsche materielle Gesellschaftsrecht anwendbar, ohne dass die Gesellschaft aufgelöst und neugegründet werden müsste.85 Denn nach der Gesetzesbegründung ist seit Aufhebung von § 5 Abs. 2 AktG a.F. und § 4a Abs. 2 GmbHG a.F. durch das MoMiG für die Gründung einer Aktiengesellschaft bzw. GmbH ein Verwaltungssitz in Deutschland keine Voraussetzung mehr.86 Bei einer Weiterverweisung, also 83

PALANDT-Thorn (2013) Anh. zu Art. 12 EGBGB, Rn. 20. Maßgeblich ist das dortige Kollisionsrecht, da gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB eine Gesamtverweisung ausgesprochen wird. Ausführlich zu den verschiedenen Fällen, einschließlich derjenigen, in denen aufgrund der Vorgaben des EuGH die Gründungstheorie zur Anwendung kommt (siehe dazu unten d.ii.), HAUSMANN (2004) 579 ff. 85 BEHME (2008) 73; BRAKALOVA/BARTH (2009) 216; FINGERHUTH/RUMPF (2008) 92; GOETTE (2009a) 128; HIRTE (2008) 766; HOFFMANN (2007) 1584 ff.; LEITZEN (2009) 729; FLEISCHER/GOETTE (2010) § 4a Rn. 68 (Mayer); LUTTER/HOMMELHOFF (2012) § 4a Rn. 15 (Bayer); ROTH/ALTMEPPEN (2012) § 4a Rn. 17 (Roth); WIEHE/THIES (2012) 1891. Ausführlich zur Rechtslage vor und nach Erlass des MoMiG KINDLER (2009a) 193 ff., der inzwischen der h.M. folgt (199). So auch KNOF/MOCK (2009) 32; PAEFGEN (2009) 531. Anderer Ansicht HECKSCHEN (2009) 168 f.; LIEDER/KLIEBISCH (2009) 343; WERNER (2009) 194 ff. Dieser Mindermeinung ist zuzugestehen, dass die bisherige Unzulässigkeit der Verwaltungssitzverlegung nicht in den erst zehn Jahre vor ihrer Abschaffung erlassenen § 5 Abs. 2 AktG a.F. und § 4a Abs. 2 GmbHG a.F. begründet war, sondern schon lange zuvor der herrschenden Meinung entsprach. Siehe etwa BayObLG, Beschluss vom 7. Mai 1992, IPRax 1992, 389; OLG Hamm, Beschluss vom 30. April 1997, IPRax 1998, 363. Auch der auf die Verlegung des Verwaltungssitzes gerichtete Gesellschafterbeschluss ist als wirksam anzusehen und bewirkt nicht die Auflösung der Gesellschaft. Aus Sicht der Praxis befürwortend OTTE (2009) 344 f. (mit Ratschlägen zur praktischen Umsetzung der Sitzverlegung). Auch steuerrechtliche Hindernisse bestehen nicht, siehe MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 523. Zur Rechtslage bei Sitzverlegungen vor Erlass des MoMiG MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 529 m.w.N. 86 BT-Drucksache 16/6140, 29: „Durch die Streichung des § 4a Abs. 2 und der älteren Parallelnorm des § 5 Abs. 2 AktG (s. Artikel 5 Nr. 1) soll es deutschen Gesellschaften ermöglicht werden, einen Verwaltungssitz zu wählen, der nicht notwendig mit dem Satzungssitz übereinstimmt. Damit soll der Spielraum deutscher Gesellschaften erhöht werden, ihre Geschäftstätigkeit auch ausschließlich im Rahmen einer (Zweig-)Niederlassung, die alle Geschäftsaktivitäten erfasst, außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets zu entfalten.“ 84

A. Grundlegende Theorien

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bei einer Gesellschaft, die in einem weiteren, vom Sitzstaat abweichenden Staat gegründet wurde, kommt das dortige Gründungsrecht zur Anwendung, wenn kein weiterer renvoi ausgesprochen wird. Die Lage des Satzungssitzes hingegen ist, da an den tatsächlichen Verwaltungssitz angeknüpft wird, nicht auf kollisionsrechtlicher, sondern erst auf materiellrechtlicher Ebene relevant.87 Das materielle Recht verlangt in der Regel für eine wirksame Gesellschaftsgründung einen Satzungssitz im Inland.88 So setzt § 5 AktG für die Gründung einer deutschen Aktiengesellschaft und § 4a GmbHG für die GmbH einen Satzungssitz im Inland voraus. Eine mit Satzungssitz im Ausland gegründete AG oder GmbH ist daher gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 AktG bzw. § 9c GmbHG nicht eintragungsfähig. Der auf eine Verlegung des Satzungssitzes ins Ausland gerichtete Gesellschafterbeschluss ist nach herrschender Meinung gemäß § 241 Nr. 3 AktG (analog) nichtig.89 Eine unzulässige Sitzbestimmung kann nach § 399 des Gesetzes über Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (im Folgenden FamFG) i.V.m. § 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG bzw. 60 I Nr. 6 GmbHG die Auflösung von Amts wegen bewirken.90 Abweichend davon ist jedoch die Verlegung des Satzungssitzes in einen EWR-Staat nach dem unten besprochenen obiter dictum des EuGH im Urteil Cartesio zulässig, sofern der Aufnahmestaat den identitätswahrenden Zuzug ermöglicht.91 Kritisch dazu PREUSS (2007) 57 ff. Zum Erfordernis eines inländischen Verwaltungssitzes bei Personenhandelsgesellschaften MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 516 m.w.N. So auch das KG Berlin, vom 16. April 2012, ZIP 2012, 1668 (anders noch KG Berlin, Beschluss vom 7. Februar 2012, ZIP 2012, 980; dazu ULRICH (2012a) R229 f.). 87 Dazu ZIMMER (1996) 198. Auf die materiellrechtlichen Fragen in Bezug auf die Lage des Satzungssitzes kommt es nur an, wenn zuvor das deutsche Sachrecht für anwendbar erklärt wurde – nach deutschem Kollisionsrecht also, wenn der Verwaltungssitz in Deutschland oder in einem Staat liegt (oder dorthin verlegt wird), der der Gründungstheorie folgt und also eine Rückverweisung auf das deutsche Recht ausspricht. 88 Dies dient der prozessualen Absicherung und Durchsetzung des materiellen Gesellschaftsrechts, WELLER (2004) 1219. Auch in den Rechtsordnungen der anderen EUMitgliedstaaten ist Voraussetzung des (Fort-)Bestehens der Kapitalgesellschaftsformen ein inländischer Satzungssitz; WELLER (2012a) unter 2.b). 89 LUTTER/HOMMELHOFF (2012) § 4a Rn. 19 (Bayer); HÜFFER (2012) § 5 AktG Rn. 9 (Hüffer); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 532; MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen/Ego (2012) Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 327 f. Auf die GmbH ist § 241 Nr. 3 AktG analog anzuwenden, vgl. BAUMBACH/HUECK (2010) Rn. 7 (Hueck/Fastrich). Gegen eine Nichtigkeit und für die Anwendung des § 262 AktG auf einen solchen Sitzverlegungsbeschluss hingegen KK AktG/M. Arnold (2010) § 45 Rn. 20. 90 Zu § 262 Abs. 1 Nr. 5 AktG HÜFFER (2012) § 5 AktG Rn. 9 (Hüffer). Zu § 60 I Nr. 6 GmbHG BAUMBACH/HUECK (2010) Rn. 7 (Hueck/Fastrich). 91 Siehe dazu unten d.iii.

58 iv.

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Argumente für und gegen die Sitztheorie

Das zentrale Argument für die Sitztheorie ist, dass nur durch sie die Interessen des hauptsächlich betroffenen Staates ausreichend geschützt seien.92 Dass der Sitz des Rechtsverhältnisses im Sinne von Savignys am Verwaltungssitz der Gesellschaft liege, begründen die Verfechter der Sitztheorie damit, dass sich dort die Mehrzahl der zu schützenden Personen, etwa Gesellschafter, Gesellschaftsorgane, Gläubiger, Arbeitnehmer und Lieferanten der Gesellschaft, befinde.93 Dass dies – zumal angesichts der fortschreitenden Internationalisierung der Wirtschaftsaktivitäten – nicht immer so ist,94 gestehen auch sie zu. Zu Recht weisen sie jedoch darauf hin, dass es ausreiche, wenn dies auf die überwiegende Mehrzahl der Fälle zutreffe – zugunsten einer typisierenden Kollisionsrechtsanwendung seien Ausnahmen hinzunehmen.95 Vor allem zielt die Sitztheorie darauf ab zu verhindern, dass die Gründer ein regelungsarmes Gesellschaftsstatut zur Anwendung bringen, das den Schutz von Betroffenen im Sitzstaat nicht hinreichend gewährleistet.96 Damit sollen spezifische Anliegen des Sitzstaates auf seinem Gebiet gewahrt werden – in Deutschland vor allem auch der Arbeitnehmerschutz durch Arbeitnehmermitbestimmung.97 Zusätzlich machen die Verfechter der Sitztheorie geltend, dass die Möglichkeit des Sitzstaates, auf eigenem Gebiet Schutzanliegen durchzusetzen, nicht nur für den Sitzstaat selbst von Vorteil sei. Vielmehr stelle (mit der möglichen Ausnahme sehr kleiner Staaten, die als Oasen 92 BGH, Urteil vom 26. September 1966, NJW 1967, 36, 38; BayObLG, Beschluss vom 26. August 1998, IPRax 1999, 364, 365; BayObLG, Beschluss vom 7. Mai 1992, IPRax 1992, 389; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 20; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5034 (Hausmann); RAAPE (1961) 198; WIEDEMANN (1980) 784; EBENROTH/SURA (1979) 338; EBENROTH/BIPPUS (1988a) 677; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 421; KEGEL/SCHURIG (2004) 572 (Schutz des Verkehrsinteresses). Dies ist auch in Japan das zentrale Argument gegen die Gründungs- und für die Sitztheorie, siehe EGAWA/KAWAKAMI (1950) 119; ORIMO (1972) 38 f. Auch einige Vertreter der Gründungstheorie erkennen dieses Argument an, vgl. SANO (2001) 170; TAKAKUWA (2005) 270; YAMADA (2004) 227. Zur japanischen Diskussion siehe ausführlich unten II.2.c.iv. 93 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 421 mit Verweis auf GROSSFELD (1967) 22 f. Zur Aufgabe des IPR, den Sitz des Rechtsverhältnisses zu ermitteln, VON SAVIGNY (1849) 120. 94 So die Kritik von BEHRENS (1988) 513. 95 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 421. 96 STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 21; SCHMIDT (1999) 23. 97 Die Sorge um negative Auswirkungen auf die deutsche Unternehmensmitbestimmung führte dazu, dass der Referentenentwurf zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen jedenfalls bisher nicht verabschiedet wurde, siehe unten B.I.4.

A. Grundlegende Theorien

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dienen) gerade das Eigeninteresse des hauptsächlich betroffenen Sitzstaates sicher, dass das Schutzniveau des Gesellschaftsstatuts auch für andere Staaten, in denen die Gesellschaft tätig werde, angemessen sei.98 Dies wiederum führe dazu, dass die Notwendigkeit von Sonderanknüpfungen zum Schutz von Verkehrsinteressen auf ein Minimum beschränkt werde. So werde ein möglichst einheitliches Gesellschaftsstatut gewährleistet.99 Dem ist entgegenzuhalten, dass das Schutzniveau im Gesellschaftsrecht eines Landes durch den Gesetzgeber aufgrund vielschichtiger rechtspolitischer Überlegungen und nicht vornehmlich wegen der Geltung der Sitztheorie gesetzt wird.100 Mit Blick auf das Anknüpfungsmoment des Verwaltungssitzes argumentieren die Befürworter der Sitztheorie, dass die Anwendbarkeit des Sitzrechts insbesondere für die Gläubiger der Gesellschaft am besten vorhersehbar sei, was die Rechtssicherheit erhöhe.101 Dies ist jedoch insofern nicht haltbar, als es, wie oben ausgeführt, insbesondere bei international tätigen Unternehmen häufig sehr schwierig ist, den Verwaltungssitz zu bestimmen.102 In diesen Fällen ist das anwendbare Recht nach der Sitztheorie kaum vorhersehbar. Bei einer Verlegung des Verwaltungssitzes bringt zudem der durch Anwendung der Sitztheorie bewirkte Statutenwechsel erhebliche praktische Probleme mit sich, da er eine Anpassung der Gesellschaftsstrukturen an das neue Recht erforderlich macht.103 Dieser Aspekt wird in der japanischen Diskussion von den Befürwortern der Gründungstheorie besonders hervorgehoben.104 Auch hinsichtlich der Rechtsfolgen ist fraglich, ob durch Anwendung der Sitztheorie das Schutzziel des Verkehrsschutzes im Sitzstaat verwirklicht werden kann. Denn verschiedene Rechtsfolgen der Sitztheorie sind für den Rechtsverkehr nachteilig. Kritiker machten zu Recht geltend, unter Geltung der oben erläuterten sog. strengen Sitztheorie schütze die Nichtigkeit der Gesellschaft den Rechtsverkehr zwar, soweit sie ihre präventive Abschreckungswirkung entfalte. Trete die Nichtigkeit aber tatsächlich ein, so müsse der Rechtsverkehr mit einer nicht rechts- und parteifähigen Person umgehen. 98

STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 41. STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 42, 250. 100 Dies bestätigt der Blick auf Japan. Dort wurde das Gesellschaftsrecht stark liberalisiert, obwohl bis 2005 wegen des Fremdenrechts zu Scheinauslandsgesellschaften eine der modifizierten Sitztheorie vergleichbare Rechtslage herrschte (dazu unten Dritter Teil, B.V.1.). Davon zu trennen ist die Frage, ob ein Gesetzgeber, der durch die Gründungstheorie „Konkurrenz“ von anderen Gesetzgebern bekommt, seine Schutzanliegen weiter durchsetzen kann. 101 STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 40. 102 Siehe dazu oben ii. 103 SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 58 (Spahlinger); KOPPENSTEINER (1971) 122; DROBNIG (1967) 115; SANDROCK (1978a) 185; NEUMAYER (1984) 145. Gegen einen solchen Statutenwechsel hingegen MÜNCH. HDB. GESR VI/Thölke (2013) § 1 Rn. 87, der sich für die Anknüpfung an den ersten Verwaltungssitz ausspricht. 104 So von TAMEIKE (2005) 296; SANO (2001) 170 f.; TAKAKUWA (2005) 271. 99

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Dies führe zu erheblichen Problemen, da dann gegen die Gesellschaft selbst keine Ansprüche geltend gemacht werden könnten.105 Die strenge Sitztheorie habe also reinen Sanktionscharakter.106 Die deutsche Rechtsprechung umging diese Nachteile, indem sie die strenge Sitztheorie nicht konsequent anwendete.107 So behandelte etwa der BGH eine Einzelpersonenanstalt liechtensteinischen Rechts mit Verwaltungssitz in Deutschland – systemwidrig – als passiv parteifähig.108 Im Übrigen wurde der Rechtsverkehr teilweise durch eine auf Rechtsscheingrundsätzen basierende Haftung der Gesellschaft geschützt.109 Aber auch bei Anwendung der oben dargestellten sog. modifizierten Sitztheorie, zu der die Rechtsprechung inzwischen übergegangen ist,110 entstehen Folgeprobleme für den inländischen Rechtsverkehr. Zwar hat aus deutscher Sicht der Gläubiger, da es sich um eine Personengesellschaft ohne beschränkte Haftung handelt, Ansprüche gegen die Gesellschafter. In der Praxis ist jedoch die Geltendmachung problematisch, wenn der Gründungsstaat der Gründungstheorie folgt. Denn dann besteht aus dessen Sicht die Gesellschaft in ihrer Gründungsrechtsform als Kapitalgesellschaft fort, aus deutscher Sicht ist die Gesellschaft aber als rechtsfähige Personengesellschaft deutschen Rechts zu behandeln. Beide Rechtsordnungen erheben also Geltungsanspruch – je nachdem, welches nationale Gericht entscheidet.111 Für ein Gebilde bestehen in prozessualer Hinsicht zwei verschiedene Parteien.112 Befinden sich Wohnsitz und Vermögen der Gesellschafter und somit auch der allgemeine Beklagtengerichtsstand im Gründungsstaat, so werden dessen Gerichte die persönliche Haftung der Gesellschafter verneinen, da sie die Gesellschaft nach ihrem Gründungsrecht als Kapitalgesellschaft einordnen.113 Eine gegen die Gesellschafter gerichtete Klage in Deutschland ist zwar erfolgversprechender – problematisch ist jedoch möglicherweise die Vollstreckung des Urteils im Gründungsstaat. Denn wenn dieser die Gesellschaft nach der Gründungstheorie als Kapitalgesellschaft einordnet, deren Gesell105

KNOBBE-KEUK (1990) 335 f. (die die Gründungstheorie vertritt); SANDROCK (1978a) 183 f. 106 Dies wird etwa bei GROSSFELD/BECKMANN (1992) 361 deutlich. 107 LEIBLE/HOFFMANN (2002a) 2204; KNOBBE-KEUK (1990) 336 m.w.N. 108 Der BGH berief sich in seinem Urteil vom 21. März 1986, BGHZ 97, 269, 270 f. auf den Rechtsgedanken des § 50 II ZPO; dazu ZIMMER (1996) 300 f.; siehe auch BGH, Urteil vom 28. Januar 1960, IPRspr 1960/61, Nr. 186; OLG Nürnberg, Urteil vom 7. Juni 1984, IPrax 1985, 342; zustimmend REHBINDER (1985) 324. 109 STAUDINGER/Großfeld (1998) 446; REHBINDER (1985) 324; zur diesbezüglichen Rechtsprechung ausführlich ZIMMER (1996) 301 ff. 110 Mit Urteil des BGH vom 1. Juli 2002 (Jersey-Urteil), BGHZ 151, 204. 111 Kritisch zu dieser Statutenverdoppelung auch BEHRENS (2003) 200; DUBOVIZKAJA (2003) 695; WELLER (2009) 208; WELLER (2011) 593. 112 Kritisch dazu BINZ/MAYER (2005) 2363 f.; HENZE (2000) 2054; WALDEN (2001) 259; WELLER (2011) 593. 113 HELLGARDT/ILLMER (2009) 95.

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schafter nicht persönlich haften, könnte der Vollstreckung im Gründungsstaat der ordre public entgegenstehen.114 Zudem besteht die Gefahr der Doppeltitulierung. Klagt ein Gläubiger im Gründungsstaat gegen die Kapitalgesellschaft und im Sitzstaat gegen die persönlich haftenden Gesellschafter, so besteht die Möglichkeit, dass er zwei Urteile erlangt.115 Für die deutschen Gläubiger stellt sich bei Anwendung der modifizierten Sitztheorie die Frage, ob sich die von der ausländischen Kapitalgesellschaft abgeschlossenen Verträge so umdeuten lassen, dass die deutsche Personengesellschaft daraus berechtigt und verpflichtet wird. Dem steht zwar kein Dissens hinsichtlich des Vertragspartners im Wege – insofern kann das Geschäft nach dem Grundsatz vom unternehmensbezogenen Handeln in ein Geschäft mit der Personengesellschaft umgedeutet werden. 116 Problematisch ist aber, dass der organschaftliche Vertreter der vermeintlichen Kapitalgesellschaft in der Regel weder den Willen noch die Vollmacht haben wird, einen Vertrag für die existierende Personengesellschaft abzuschließen, welcher die persönliche Haftung der Gesellschafter zur Folge hat.117 Auch wenn man mit dem BGH annimmt, dass die Vertretungsmacht im deutschen Recht aus der Einräumung der Vertretungsmacht im Gründungsrecht folgt118 – eine Lösung, für die auch der Rechtsgedanke des Art. 12 EGBGB spricht –, bestehen sowohl für die Gesellschafter als auch für den deutschen Rechtsverkehr Unklarheiten. Insbesondere bei Publikumsgesellschaften ist etwa problematisch, wie ein Fremdgeschäftsführer im deutschen Recht für Personengesellschaften einzuordnen ist.119 Folgt der Gründungsstaat der Gründungstheorie und besteht die Gesellschaft also aus seiner Sicht als Kapitalgesellschaft fort, so ist offen, nach welchem Recht etwa die Bilanzierung oder die Übertragung einer Gesellschafterstellung vorzunehmen ist. Die Gesellschafter sind dann, da sie nicht beiden Rechtsordnungen genügen können, 114

BINZ/MAYER (2005) 2365; HELLGARDT/ILLMER (2009) 95. BINZ/MAYER (2005) 2364 f. 116 ZIMMER (2000b) 1363; WELLER (2011) 593; ähnlich SCHUCK (1994) 1539. Zum Grundsatz des unternehmensbezogenen Geschäfts BGH, Urteil vom 18. Dezember 2007, NJW 2008, 1214. 117 Ausführlich dazu EIDENMÜLLER/REHM (1997) 92 ff. sowie 111 f. zur Problematik der Wirksamkeit von Gestaltungserklärungen, die im Namen der Kapitalgesellschaft abgegeben wurden. 118 BGH, Urteil vom 27. Oktober 2008 (Trabrennbahn), NJW 2009, 289, Rn. 25. Für diese Lösung auch SCHUCK (1994) 1539: „Der Beschluß der Gesellschafter der ausländischen Gesellschaft über die Vertretung wirkt insoweit als Auftrag und Vollmacht auch nach Anwendung der Sitztheorie im deutschen Recht fort mit der Folge, daß die Gesellschaft wirksam vertreten wurde.“ Bejahend auch GOTTSCHALK (2009b) 951; HELLGARDT/ILLMER (2009); WELLER (2011) 594. 119 So auch WELLER (2009) 207 f. Für eine Umdeutung in eine Vertretung auf Grundlage einer rechtgeschäftlichen Vollmacht HELLGARDT/ILLMER (2009) 95; WELLER (2011) 595; anderer Ansicht BINZ/MAYER (2005) 2364; LAMSA (2009) 97. 115

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der Gefahr ausgesetzt, dass ein Gericht diejenige Rechtsordnung für anwendbar erklärt, deren rechtlichen Anforderungen ihre Handlungen nicht entsprechen.120 Sie werden damit über die gewollte Rechtsfolge der persönlichen Gesellschafterhaftung hinaus sanktioniert. Aber auch die beabsichtigte Rechtsfolge der persönlichen Haftung ist jedenfalls bei ausländischen Publikumsgesellschaften kaum interessengerecht.121 Schwierigkeiten hinsichtlich der Publizität in Deutschland bereiten insbesondere im Gründungsrecht bestehende Einschränkungen der Vertretungsmacht oder die in Deutschland nicht bekannt gemachte Löschung einer Organstellung im ausländischen Handelsregister.122 Auch eine Eintragung der ausländischen Kapitalgesellschaft im deutschen Grundbuch lässt sich der nach deutschem Recht bestehenden Personengesellschaft angesichts der Anforderungen der Grundbuchklarheit mangels Erkennbarkeit der wahren Rechtslage schwer zuordnen.123 Das Problem liegt darin, dass die vermeintliche Kapitalgesellschaft und nicht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als solche eingetragen wurde. Es besteht also auch nach höchstrichterlicher Anerkennung der Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts fort.124 Die rechtspolitischen Argumente, die für die Sitztheorie vorgebracht werden, überzeugen also insgesamt nicht. Insbesondere mit Blick auf den Verkehrsschutz im Sitzstaat bringt die Sitztheorie erhebliche praktische Probleme mit sich. Einen vielversprechenden Lösungsansatz hierfür bietet die Einbeziehung intertemporaler Regeln.125 Danach ist auf den zu beurteilenden Vorgang das jeweils zur Zeit des Vorgangs maßgebliche Recht anzuwenden. Fallen Gründungs- und Sitzrecht nach einer Verlegung des Verwaltungssitzes auseinander, so ist das Handeln bis zur Sitzverlegung unter das Gründungsrecht und nur das Handeln nach der Sitzverlegung unter das vom Gründungsrecht abweichende Sitzrecht zu subsumieren. Die Einordnung der ausländischen Entität in das System der in Deutschland bestehenden Gesellschaftsformen sollte nach diesem Ansatz allerdings nicht durch bloße Subsumtion der Tatsachen unter das deutsche Recht geschehen. Dies würde, wie oben dargelegt, mangels Eintragung in der Regel zur Einordnung als Personengesellschaft führen. Vielmehr sollte die ausländische Gesellschaft als die deutsche Rechtsform einzuordnen sein, die ihr strukturell am ehesten ent120

HELLGARDT/ILLMER (2009) 94 f. Dazu im Einzelnen EIDENMÜLLER/REHM (1997) 103; WELLER (2009) 208; WELLER (2011) 596 f. Kritisch zur persönlichen Haftung auch LEIBLE/HOFFMANN (2002a) 2207; BINZ/MAYER (2005) 2364. 122 Ausführlich zu diesen Problemen HELLGARDT/ILLMER (2009) 95. 123 EIDENMÜLLER/REHM (1997) 107 ff.; anders SCHUCK (1994) 1539, nach dessen Meinung die Firma der Kapitalgesellschaft einzutragen ist. 124 BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008, NJW 2009, 594. 125 Entwickelt von BARTELS (2012) 425 ff. Siehe auch bereits VON BAR/MANKOWSKI (2003) § 4 Rn. 187 sowie für haftungsrechtliche Fragen WELLER (2011) 596 ff. 121

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spricht.126 Insgesamt weist dieser Ansatz eine Nähe zur Gründungstheorie auf.127 Er könnte durch eine Verbindung sitz- und gründungstheoretischer Elemente einen für die Praxis gängigen Weg bieten.128 Insgesamt ist angesichts der dargelegten Nachteile der Sitztheorie die Gründungstheorie gegenüber der Sitztheorie vorzuziehen. Sie ist – wie unten anhand der Rechtslage in Japan dargelegt – einfacher in der Anwendung und führt zu klareren Ergebnissen.129 In der deutschen Diskussion allerdings waren die kritischen Stimmen zur Sitztheorie in der Minderzahl, bis die Rechtsprechung des EuGH zum Umdenken zwang. d. Teilweise Aufgabe der Sitztheorie aufgrund der Rechtsprechung des EuGH Eine Reihe richtungsweisender Urteile des Europäischen Gerichtshofs hat in Deutschland eine heftige Debatte über die Fortgeltung der Sitztheorie ausgelöst. Inzwischen ist die herrschende Meinung der Differenzierung des EuGH gefolgt und teilweise von der Sitz- zur Gründungstheorie übergegangen. i.

Unterscheidung des EuGH zwischen Zuzug und Wegzug

Der EuGH unterscheidet grundsätzlich zwischen Zuzug und Wegzug von Gesellschaften. Diese Differenzierung, die bereits in den divergierenden Urteilssprüchen in Segers130 und Daily Mail and General Trust131 angelegt war, 126

BARTELS (2012) 433 f. So auch BARTELS (2012) 426 und 434 selbst. 128 BARTELS (2013) 156 hält die Anwendung des Sitzrechts ex nunc auf bestimmte Regelungsbereiche (innere Verfassung, organschaftliche Vertretung, Haftung, Auflösung) von EU-Auslandsgesellschaften für mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar. 129 Siehe dazu unten II.2.c.iv. 130 EuGH, Urteil vom 10. Juli 1986 – C-79/85, Slg. 1986, 2382. Darin wurde die indirekte Beschränkung des Zuzugs einer Gesellschaft durch eine Krankenversicherungsregelung als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gewertet, vgl. den Leitsatz: „Die Artikel 52 und 58 EWG-Vertrag sind dahin auszulegen, dass sie es nicht zulassen, dass im Falle einer Gesellschaft, die von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch gemacht hat, die Behörden des Mitgliedstaats der Niederlassung dem Geschäftsführer dieser Gesellschaft eine Leistung aufgrund einer nationalen Krankenversicherungsregelung nur aus dem Grund verweigern, weil die Gesellschaft nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats, in dem sie auch ihren Sitz [Anm. d. Verf.: Satzungssitz] hat, gegründet wurde, ohne dort Geschäftstätigkeiten zu entfalten.“ 131 EuGH, Urteil vom 27. September 1988 – C-81/87, Slg. 1988, 5483. Darin wurde die Beschränkung des Wegzugs einer Gesellschaft als mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar beurteilt, vgl. den Leitsatz 1: „Die Artikel 52 und 58 EWG-Vertrag gewähren beim derzeitigen Stand des Gemeinschaftsrechts einer Gesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist und in diesem ihren satzungsmäßigen Sitz hat, nicht das Recht, den Sitz ihrer Geschäftsleitung in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen.“ Siehe dazu auch den Text bei Fn. 192 unten. 127

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führte er im Urteil Überseering132 genauer aus und behielt sie – gegen die Schlussanträge des Generalanwalts – im Urteil Cartesio133 bei. Danach liegt ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor, wenn ein Mitgliedstaat den Zuzug einer Gesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat beschränkt. Zuzug bedeutet hier die (anfängliche oder spätere) Wahl des tatsächlichen Verwaltungssitzes in dem betreffenden Mitgliedstaat, der nicht Gründungsstaat ist. Hingegen ist beim rechtsformwahrenden Wegzug einer Gesellschaft aus einem Sitztheoriestaat der Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit nicht eröffnet. Diesbezüglich macht der EuGH also keine Vorgaben. Gemeint ist damit vorliegend die (anfängliche oder spätere) Wahl des tatsächlichen Verwaltungssitzes außerhalb des betreffenden Mitgliedstaates, der der Gründungsstaat ist. Rechtsformwahrend ist der Wegzug, wenn nur der Verwaltungssitz, nicht aber auch der Satzungssitz verlegt wird.134 Die unterschiedliche Behandlung von Zu- und Wegzug wurde in Deutschland teils heftig kritisiert. Unter anderem wurde argumentiert, sie sei widersinnig, da Beschränkungen des Wegzugs die Niederlassungsfreiheit sogar stärker beeinträchtigten als solche des Zuzugs.135 Inzwischen hat sich die Rechtslage in Deutschland aber entsprechend geändert. Soweit der EuGH einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit angenommen hat, ist nunmehr die Gründungstheorie maßgeblich (dazu nachfolgend ii.). Im Übrigen gilt weiterhin die Sitztheorie (dazu unten iii., iv.). ii.

Zuzug von Gesellschaften aus EWR-Staaten

Nach der früher in Deutschland vertretenen strengen Sitztheorie wurden, wie ausgeführt, die nach dem Recht eines anderen EU-Mitgliedstaates gegründe132 EuGH, Urteil vom 5. November 2002 – C-208/00, Slg. 2002-I, 9919, Rn. 62: „Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Urteil Daily Mail and General Trust die Beziehungen zwischen einer Gesellschaft und einem Mitgliedstaat, nach dessen Recht sie gegründet worden ist, in dem Fall betrifft, in dem die Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz unter Wahrung der ihr in ihrem Gründungsstaat zuerkannten Rechtspersönlichkeit in einen anderen Mitgliedstaat verlegen wollte. Hingegen handelt es sich im Ausgangsrechtsstreit um die Anerkennung einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft durch einen anderen Mitgliedstaat…“. Zum Urteil auch Text bei Fn. 147 f. unten. 133 EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 – C-210/06, ABl. C 44/3 (Leitsätze), NJWSpezial 2009, 48. Zum Urteil unten Text bei Fn. 183 und 197. 134 Zur materiellrechtlichen Bedeutung der Verlegung des Satzungssitzes oben c.ii. und zur Rechtslage in der EU Text bei Fn. 196 ff. 135 Zur Kritik im Einzelnen RINGE (2005a) 631 ff.; BEHRENS (2003) 205; GROSSERICHTER (2003) 164 f.; ROTH (2003a) 121; ZIMMER (2003b) 3 (der allerdings zu dem Zeitpunkt noch bezweifelte, dass der EuGH Beschränkungen des Wegzugs aus dem Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit ausnehmen werde); TEICHMANN (2012c) 1234 ist der Ansicht, die Unterscheidung zwischen Zu- und Wegzug beruhe auf einem „terminologischen Missverständnis“ und sei aufzugeben.

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ten Gesellschaften, die in Deutschland ihren tatsächlichen Verwaltungssitz hatten oder ihn dorthin verlegten, als nicht existent behandelt.136 Dass dies nicht mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar war, deutete sich schon im EuGH-Urteil Segers137 von 1986 an, aus dem die Literatur jedoch nur vereinzelt Konsequenzen für die Sitztheorie zog.138 Dynamik gewann die Diskussion erst mit dem Urteil Centros139 aus dem Jahr 1999. Die dänische Zentralverwaltung für Handel und Gesellschaften hatte es abgelehnt, eine in Wahrheit als Hauptniederlassung dienende Zweigniederlassung der in Großbritannien errichteten Centros Ltd. einzutragen. Auf Vorlage durch das oberste Gericht in Dänemark entschied der EuGH, dass es gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße, die Eintragung einer Zweigniederlassung zu verweigern, die es einer Gesellschaft ermöglichen soll, im Registerstaat, ohne dort gegründet worden zu sein, ihre gesamte Geschäftstätigkeit auszüben, während sie in dem Mitgliedstaat, in dem sie gegründet wurde, keine Geschäftstätigkeit entfaltet.140 Dass Centros Ltd. durch diese gesellschaftsrechtliche Konstruktion allein bezweckte, die gegenüber dem englischen Recht höheren Mindestkapitalanforderungen des dänischen Rechts zu umgehen, war nach Ansicht des EuGH für sich genommen noch kein Mißbrauch der Niederlassungsfreiheit. Denn Ziel der Niederlassungsfreiheit sei es gerade, den in einem Mitgliedstaat gegründeten Gesellschaften zu gestatten, mittels einer Agentur, Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft in anderen Mitgliedstaaten tätig zu werden.141 Ein Teil der deutschen Literatur sah die aus dem Urteil zu ziehenden Konsequenzen auf die darin entschiedene Fallkonstellation beschränkt – teils auf das Verhältnis von Mitgliedstaaten, die wie England und Dänemark der

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Siehe dazu oben c.iii. EuGH, Urteil vom 10. Juli 1986 – C-79/85, Slg. 1986, 2382, Rn. 16: „Was die Zweifel des nationalen Gerichts in Bezug auf die Bedeutung der Tatsache angeht, dass die Gesellschaft englischen Rechts im Vereinigten Königreich offensichtlich keine Geschäftstätigkeiten entfaltet, so ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 58 für die Anwendung der Bestimmungen über das Niederlassungsrecht von den Gesellschaften nur verlangt, dass sie nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet sind und ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist der Umstand, dass die Gesellschaft ihre Tätigkeit ausschließlich durch eine Agentur, Zweigniederlassung oder Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, ohne Bedeutung.“ Zum Urteil EBENROTH/EYLES (1989a) 371. 138 Etwa EBENROTH/EYLES (1989a) 371; NIESSEN (1986) 1408; WESSEL/ZIEGENHAIN (1988) 427. 139 EuGH, Urteil vom 9. März 1999 – C-212/97, Slg. 1999-I, 1459; NJW 1999, 2027. 140 Vgl. EuGH (Centros, vorige Fn.) Leitsatz. 141 EuGH (Centros, Fn. 139) Rn. 23 ff. 137

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Gründungstheorie folgen,142 teils auf die Gründung von Zweigniederlassungen.143 Die Mehrheit meinte jedoch, dass damit die Sitztheorie in der damals geltenden Form nicht mehr aufrechtzuerhalten war.144 Allerdings wurde dabei nur zum Teil angenommen, dass die Aussage des EuGH sich auf den Zuzug beschränke.145 Die deutsche Rechtsprechung setzte die Entscheidung auf sehr unterschiedliche Arten um, wobei auch viele Gerichte die Sitztheorie unverändert anwendeten.146 Die Meinungen, die die Auswirkungen von Centros auf die konkrete Fallkonstellation beschränkt sahen, wurden durch das Urteil Überseering147 vom November 2002 widerlegt. Darin entschied der EuGH auf Vorlage des BGH,148 dass die Versagung der Rechts- und Parteifähigkeit durch die strenge Sitztheorie ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit sei. Am Vorlagebeschluss des BGH wurde kritisiert, dass er jedenfalls in der gestellten Form mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zulässig gewesen sei, da die ausländische Gesellschaft bei Anwendung der modifizierten Sitztheorie als Offene Handelsgesellschaft rechts- und damit auch parteifähig gewesen wäre.149 Diese Kritik berücksichtigte jedoch nicht, dass der zuständige VII. Senat des BGH zu diesem Zeitpunkt noch die strenge Sitztheorie anwendete und für die 142

So EBKE (1999) 658, 660; EBKE (2000) 623 ff.; GÖRK (1999a) 797; GÖRK (1999b) 302; TIMME/HÜLK (1999) 1058; KINDLER (1999) 1996; LANGE (1999) 606 f.; SONNENBERGER/GROSSERICHTER (1999) 726; ULMER (1999) 662; ROTH (2000b) 326 f. 143 BUNGERT (1999) 1842 f.; LEIBLE (1999) 301; NEYE (1999) 259 f.; PUSZKAJLER (2000) 79 f.; STEINDORFF (1999) 1142 (allerdings mit Blick auf eine mögliche Ausweitung durch anders gelagerte EuGH-Urteile); ZIMMER (2000c) 16; ZIMMER (2000b) 1364 f.; ZIMMER (2000d) 36 f.; wohl auch ALTMEPPEN (2000) 1061. Kritisch zur Subsumtion der Fallkonstellation unter die sekundäre Niederlassungsfreiheit KIENINGER (1999) 725 f.; LANGE (1999) 605 f.; LEIBLE (1999) 301; auch FREITAG (1999) 268: Man könne erst von der Errichtung einer Zweigniederlassung sprechen, wenn (was bei Centros Ltd. nicht der Fall war) eine Hauptniederlassung bestehe. 144 BEHRENS (1999) 326; BEHRENS (2000) 384 ff.; BEHRENS (2002a) 511; BORGES (2000) 167 ff. (erhebliche Modifikationen der Sitztheorie); CASCANTE (1999) 450; FORSTHOFF (2000a) 191 ff.; FREITAG (1999) 268 ff.; GEYRHALTER (1999) 203; GÖTTSCHE (1999) 1405 ff.; VON HALEN (2001) 225 ff.; HÖFLING (1999) 1208; KIENINGER (1999) 735 ff.; KRAUSE (1999) 118 ff.; MEILICKE (1999) 627 f.; RISSE (1999) 752 ff.; ROTH (1999) 863; SANDROCK (1999) 1341; THORN (2001) 110. Aus rechtsvergleichender Sicht WYMEERSCH (2000) 647. 145 Diese Beschränkung sprechen etwa BEHRENS (2000) 390; FORSTHOFF (2000a) 191 ff.; GEYRHALTER (1999) 203; GÖTTSCHE (1999) 1405 ff. an. Zur Behandlung des Wegzugs unten iii. 146 Siehe dazu SPAHLINGER/WEGEN (2005) 167 ff. (Spahlinger) und FLEISCHER/SCHMOLKE (2008) 236, jeweils m.w.N., sowie die Rechtsprechungsanalyse von THORN (2001) 103 ff. 147 EuGH, Urteil vom 5. November 2002 – C-208/00, Slg. 2002-I, 09919. 148 BGH, Beschluss vom 30. März 2000, BB 2000, 1106. 149 ZIMMER (2000b) 1363 f.; BEHRENS (2000) 388.

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Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit nicht an das während des Vorlageverfahrens zu Überseering ergangene Urteil des II. Senats,150 mit dem dieser zur modifizierten Sitztheorie überging, gebunden war.151 Im Einzelnen führte der EuGH in Überseering aus, dass es ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit sei, wenn einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat, in den sie ihren Verwaltungssitz verlegt hat, die Rechts- und Parteifähigkeit abgesprochen werde.152 Nach Artt. 43, 48 EG (heute Artt. 49, 54 AEUV) sei ein Mitgliedstaat verpflichtet, die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit einer nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaates gegründeten Gesellschaft zu achten.153 Unter bestimmten Voraussetzungen könnten zwingende Gründe des Gemeinwohls wie der Schutz von Interessen der Gläubiger, Minderheitsgesellschafter, Arbeitnehmer oder des Fiskus zwar Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen, nicht aber die Negierung der Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft.154 Die Literatur zog aus dem Urteil überwiegend den Schluss, dass in Folge des Urteils die Sitztheorie jedenfalls in Bezug auf die Frage der Rechts- und Parteifähigkeit nicht mehr aufrechtzuerhalten war.155 Dies galt auch für die modifizierte Sitztheorie, da auch sie die Gesellschaft nicht wie vom EuGH gefordert als Gesellschaft ausländischen Rechts anerkannte, sondern ihr die Rechtsfähigkeit lediglich als Personenge-

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BGH, Urteil vom 1. Juli 2002 (Jersey-Urteil), BGHZ 151, 204. Literaturnachweise dazu in Fn. 78. 151 So auch LEIBLE/HOFFMANN (2002a) 2206. Zur Anwendung der strengen Sitztheorie durch den VII. Senat auch BECHTEL (2001) 21 ff. 152 EuGH (Überseering, Fn. 147) Leitsatz 1. 153 EuGH (Überseering, Fn. 147) Leitsatz 2. 154 EuGH (Überseering, Fn. 147) Rn. 92 f. 155 BAYER (2003) 2363; BEHRENS (2002b) 737; BEHRENS (2003) 194; EBKE (2003) 928 f.; BUCK (2003a) 170; DUBOVIZKAJA (2003) 695; EIDENMÜLLER (2002) 2239 ff.; FORSTHOFF (2002) 2471; GROSSERICHTER (2003) 166; HALBHUBER (2003) 430 ff.; VON HALEN (2003) 575; HEIDENHAIN (2002) 1142; KALLMEYER (2002) 2521 f.; KNAPP (2003) 85 ff.; LEIBLE/HOFFMANN (2002b) 930; LOMBARDO (2003) 304; LUTTER (2003) 9; MANKOWSKI (2004) 483; PAEFGEN (2003a) 487 ff.; PAEFGEN (2003b) 568; RIEGGER (2004) 524 („EU-Auslandsgesellschaft als Gesellschaft der Rechtsordnung, in der sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, voll umfänglich und das heißt auch in ihrem Organisationsstatut anzuerkennen“); SCHMAHL (2003a) 176; SCHULZ/SESTER (2002) 545 ff.; WERNICKE (2002) 761; ZIMMER (2003b) 5; ZÖLLER-Geimer (2012) IZPR Rn. 20. Anderer Ansicht KINDLER (2003b) 1073 ff. (den Vorgaben des EuGH könne auch auf sachrechtlicher Ebene entsprochen werden, da nur Achtung der Rechts- und Parteifähigkeit gefordert: Anerkennung). Der Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz NEYE (2002) 1004 geht davon aus, dass die modifizierte Sitztheorie aufrechtzuerhalten sei; ebenso REHBERG (2003) 181. Wohl unentschieden ROTH (2003a) 117 ff.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

sellschaft deutschen Rechts zuerkannte.156 Auch der BGH wendete schließlich in seinem Urteil zu Überseering157 die Gründungstheorie an. Einige Stimmen in der Literatur forderten eine Reaktion des Gesetzgebers, um befürchtete Schutzlücken zu schließen.158 Im Urteil Inspire Art159 stellte der EuGH schließlich klar, dass auch Vorgaben bezüglich des Mindestkapitals und der Haftung der Gesellschaftsorgane für den Zuzug einer Gesellschaft eine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit seien.160 Sie seien weder gemäß Art. 46 EG a.F. (heute Art. 52 AEUV) aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit noch durch die Belange des Gläubigerschutzes, die Bekämpfung der missbräuchlichen Ausnutzung der Niederlassungsfreiheit oder die Erhaltung der Lauterkeit des Handelsverkehrs und der Wirksamkeit der Steuerkontrollen gerechtfertigt.161 Gemäß Art. 31 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum162 gilt dies für den gesamten EWR.163 Damit war die Sitztheorie für den Zuzug von Gesellschaften aus Mitgliedstaaten des EWR hinfällig geworden.164 Wie die Vorgaben des EuGH umzusetzen sind, ist durch das europäische Recht nicht vorgegeben. Die Ansicht, in Artt. 49, 54 AEUV (zuvor Artt. 43, 48 EG) sei eine Kollisionsregel enthalten, ist schon mangels Bestimmtheit der

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Anders LEIBLE/HOFFMANN (2002a) 2205 f. und KINDLER (2003a) 43 f., die annahmen, dass mit Übergang zur modifizierten Sitztheorie den Vorgaben des EuGH Genüge getan sei. Siehe aber die Ausführungen des EuGH (Überseering, Fn. 147) Rn. 80 f. 157 BGH, Urteil vom 13. März 2003, BGHZ 154, 185. Dazu MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 126; zustimmend BUCK (2003b) 634; EIDENMÜLLER (2003) 529; FORSTHOFF (2003) 979 ff.; LEIBLE/HOFFMAN (2003) 925 ff.; MERKT (2003) 459; SCHULZ (2003) 2705 ff.; WERTENBRUCH (2003) 618 ff.; WELLER (2003a) 324 ff. 158 BAYER (2003) 2365 f.; GEYRHALTER/GÄNSSLER (2003) 411 ff. („Schutzvakuum“); GROSSERICHTER (2003) 166 ff., 169 (Forderung nach „Harmonisierung sensibler Bereiche“); KERSTING (2003) 11 f. (Forderung einer gesetzlichen Regelung auf europäischer Ebene). 159 EuGH, Urteil vom 30. September 2003 – C-167/01, Slg. 2003-I, 10155. 160 EuGH (Inspire Art, vorige Fn.) Leitsatz 2. Nach Leitsatz 1 sind auch Vorschriften zur Firmierung unzulässig, da sie durch die 11. gesellschaftsrechtliche Richtlinie über Zweigniederlassungen (Richtlinie 89/666/EWG vom 21. Dezember 1989) abschließend geregelt seien. 161 EuGH (Inspire Art, Fn. 159) Rn. 132 ff. 162 ABl. 1994 L1/3. 163 Vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2005, BGHZ 164, 148 (dazu WELLER (2006) 748 ff.); OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 28. Mai 2003, IPRax 2004, 56 (dazu BAUDENBACHER/BUSCHLE (2004) 29). 164 Da eine Gesamtnormverweisung ausgesprochen wird, gilt jedoch die Sitztheorie, wenn der Gründungsstaat sie auf seine Gesellschaften anwendet – was kein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit ist (siehe unten iii.). So auch ZIMMER (2004) 360.

A. Grundlegende Theorien

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kollisionsrechtlichen Aussage in Art. 54 AEUV abzulehnen.165 Nach Inspire Art sind die Mitgliedstaaten zwar zur Anerkennung verpflichtet. Wie diese verwirklicht wird – ob auf kollisions- oder materiellrechtlicher Ebene – bleibt jedoch den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen.166 Innerhalb der vom deutschen Recht vorgegebenen Strukturen, die keine materiell- oder verfahrensrechtliche Anerkennung vorsehen, sind die Vorgaben in der Praxis aber nur auf kollisionsrechtlicher Ebene durch den Übergang zur Gründungstheorie sinnvoll umzusetzen.167 Entgegen vereinzelten Gegenstimmen, die die Fortgeltung und Anpassung der Sitztheorie forderten, sah die überwiegende Mehrheit in der Literatur den vollkommenen Übergang zur Gründungstheorie als unausweichliche Konsequenz aus der Rechtsprechung des EuGH.168 Auch die deutschen Gerichte bestimmen das auf EWR-Auslandsgesellschaften anwendbare Recht spätestens seit der Entscheidung des BGH in Überseering169 nach der Gründungstheorie.170 Mit Beschluss vom 19. Juli 2011 bejahte das Bundesverfassungs165 WENDEHORST (2005) 1086. So auch MANSEL (2006) 672 ff. mit weiteren Argumenten. Siehe auch EIDENMÜLLER/REHM (2004) 165 f.; TEICHMANN (2011) 677; MARTINEHLERS (2004) 13 f.; BARTELS (2013) 156. Für das Vorliegen einer Kollisionsnorm aber DROBNIG (1991) 192 ff.; LEIBLE/HOFFMANN (2002b) 930; LEIBLE (2004) 534 („versteckte Kollisionsnorm“); GRUNDMANN (2011) Rn. 785; PAEFGEN (2003b) 568; WELLER (2003b) 1800; WELLER (2009) 205; WELLER (2012c) 684 f.; wohl auch HOFMEISTER (2007) 871 Fn. 23. 166 So MANSEL (2006) 674; auch ALTMEPPEN (2004) 99; EIDENMÜLLER (2004a) § 2 Rn. 66 ff. (Rehm); EIDENMÜLLER/REHM (2004) 165 f.; FLEISCHER (2005) 94 f.; GROSSERICHTER (2003) 165 f.; HALBHUBER (2003) 431 f.; HEIDENHAIN (2002) 1143; SANDROCK (2005) 529; SCHULZ (2003) 2706; ULMER (2004a) 1205; ZIMMER (2004) 360 ff.; wohl auch SCHANZE/JÜTTNER (2003) 665. 167 So auch MANSEL (2006) 675. 168 BAYER (2003) 2363 („spätestens seit Inspire Art“); BEHRENS (2004) 25; GOETTE (2005) 197; LEIBLE/HOFFMANN (2003) 677 ff.; SCHANZE/JÜTTNER (2003) 661 ff.; wohl auch SCHMIDT (2004) 495 f.; WELLER (2003b) 1800 ff.; ZIMMER (2003c) 3585 ff. Aus Sicht des niederländischen Rechts, über das bei Inspire Art entschieden wurde, DE KLUIVER (2004) 128 ff. Anderer Ansicht KINDLER (2003c) 1086 ff. und ALTMEPPEN (2004) 99 ff., der den Übergang zur Gründungstheorie auf die die Grundlagen der Gesellschaft betreffenden Angelegenheiten wie Entstehung, Verfassung, Erlöschen und Umwandlung beschränken möchte. Diese These widerlegt zutreffend und detailliert ULMER (2004a) 1205 ff. Für eine teilweise Anwendung sitztheoretischer Elemente – allerdings unter Einbeziehung des intertemporalen Aspektes (dazu oben c.iv.) – BARTELS (2013) 156. 169 BGH, Urteil vom 13. März 2003, BGHZ 154, 185. Dazu Fn. 157. 170 Auch im Urteil vom 14. März 2005, EuZW 2006, 61, Rn. 6 ff. wendete der BGH die Gründungstheorie an. Dazu EIDENMÜLLER (2005) 1618 ff.; SANDROCK (2005) 531 f. Siehe auch BGH, Urteil vom 12. Juli 2011, BGHZ 190, 242, Rn. 17 ff. Unterinstanzlich OLG Celle, Beschluss vom 10. Dezember 2002, IPRax 2003, 245; BayObLG, Beschluss vom 19. Dezember 2002, NZG 2003, 290; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26. März 2003, BB 2003, 864 (zustimmend dazu SCHMAHL (2003b) 634 f.); KG Berlin, Beschluss vom 18. November 2003, BB 2003, 2644; LG Ravensburg, Beschluss vom 14. Februar 2005,

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

gericht bei hinreichendem Inlandsbezug zudem eine „Anwendungserweiterung“ des deutschen Grundrechtsschutzes auf EU-ausländische Kapitalgesellschaften, wobei es sich auch auf die Überseering-Entscheidung des EuGH bezog.171 Der Möglichkeit, den inländischen Rechtsverkehr vor Gefahren der Gründungstheorie zu schützen, wurden durch Inspire Art enge Grenzen gesetzt. Jegliche Schutzvorschriften sind an den strengen Maßstäben für die Rechtfertigung einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zu messen.172 GmbHR 2005, 489, Rn. 30; AG Saarbrücken, Beschluss vom 25. Februar 2005, ZIP 2005, 2027, Rn. 10; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14. März 2005, Rn. 44; LG Kassel, Beschluss vom 18. März 2005, GmbHR 2005, 1057; Rn. 11; OLG Hamm, Beschluss vom 28. Juni 2005, GmbHR 2005, 1130, Rn. 15; AG Ludwigsburg, Beschluss vom 20. Juli 2006, ZIP 2006, 1507, Rn. 15 ff.; Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juli 2006, Rn. 32; OLG München, Beschluss vom 7. März 2007, DB 2007, 2032; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juli 2010 – I-7 U 141/08, Rn. 42; OLG Köln, Urteil vom 28. September 2010, NZI 2010, 1001, 1002; BGH, Urteil vom 11. Januar 2011, NZI 2011, 198, 199; BGH, Urteil vom 12. Juli 2011, NZG 2011, 1114, 1115; OLG München, Urteil vom 22. November 2011, BeckRS 2013, 19382; OLG Schleswig, Urteil vom 15. Januar 2013, IPRax 2014, 289; LG Bonn, Beschluss vom 22. Januar 2013, BeckRS 2013, 05887; OLG Brandenburg, Urteil vom 13. März 2013, BeckRS 2013, 06365. Nach Löschung der Gesellschaft im ausländischen Register ist bei Fortsetzung der Geschäftstätigkeit in Deutschland jedoch deutsches Personengesellschaftsrecht anzuwenden, siehe OLG Celle, Beschluss vom 29. Mai 2012, NJW-RR 2012, 1065; dazu KNAPPKE (2012). 171 BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2011 (Cassina), BVerfGE 129, 78 mit Bezugnahme auf Überseering (Fn. 147) in Rn. 76. Zum Beschluss DÖRRE (2011) 454; MÜLLER (2011) 809 f.; RITTER (2011) 3434; WERNSMANN (2011) 1241 ff.; HAAR (2012) 140; KRUCHEN (2012) 377 ff.; SACHS (2012) 379 ff.; LUDWIGS (2013) 434 ff.; kritisch HILLGRUBER (2011) 1118 ff. 172 Allerdings entschied der BGH mit Urteil vom 5. Februar 2007 (Einfamilienhaus, NJW 2007, 1529): „Die durch Verletzung der Pflicht zur Führung des Firmenzusatzes begründete Rechtsscheinhaftung knüpft nicht an die Verletzung spezifischer Organpflichten an und untersteht schon aus diesem Grund nicht dem Gesellschaftsstatut; daher ist auch die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43, 48 EG insoweit nicht berührt.“ Das Gericht sah daher die Rechtsscheinhaftung des Vertreters eines ohne Rechtsformzusatz bezeichneten niederländischen Unternehmens nicht als Begrenzung der Niederlassungsfreiheit an. Zustimmend KINDLER (2007b) 1785 ff., der der Ansicht ist, dass die Anwendung nichtgesellschaftsrechtlicher Vorschriften nie eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit sein könne. Kritisch zu Recht REHM (2007), der darauf hinweist, dass diese Sichtweise mit der Rechtsprechung des EuGH nicht unvereinbar sei, da danach auch Rechtsnormen, die keine spezifischen Organpflichten begründen, als Beschränkung eingeordnet werden können. Kritisch auch LAMSA (2007) 513 f.; BRINKMANN (2008) 34; GRUNDMANN (2011) Rn. 785; wohl auch SCHANZE (2007) 535 f. Die gesetzgeberische Ausweitung des de lege lata nur auf deutsche Rechtsformen bezogenen MitbestG auf EU-Auslandsgesellschaften wäre nicht zu rechtfertigen, siehe VEIT/WICHERT (2004) 17 ff.; HIRTE/BÜCKER (2006) § 14 Rn. 18 (Müller-Bonanni); EBERSPÄCHER (2008) 1953 ff. Dagegen hält WELLER (2012b) 1295 eine Erstreckung unter bestimmten Voraussetzungen (Subsidiaritätsklausel, Verhandlungslösung) für europarechtskonform.

A. Grundlegende Theorien

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Dies gilt, da der durch Artt. 43, 48 EG vermittelte Schutz sich auf die Wirkung der Norm bezieht, auch für solche nationalen Sachnormen, die deliktsoder insolvenzrechtlich zu qualifizieren sind.173 Teilweise wird in der Literatur mit Blick auf das Urteil Cadbury Schweppes174 aus dem Jahr 2006 und auch auf das Urteil Vale Építési175 aus dem Jahr 2012 darauf hingewiesen, dass eine Einschränkung der europarechtlich indizierten Gründungstheorie durch das Erfordernis einer realen, objektiv feststellbaren Verknüpfung mit dem Registerstaat geboten sei.176 Auch der Generalanwalt wies in seinen Schlussanträgen zum Urteil Cartesio 2008 darauf hin, dass das Urteil Cadbury-Schweppes eine „erhebliche Einschränkung der Feststellungen in den Urteilen Centros und Inspire Art“ sei.177 Allerdings ging es bei Cadbury Schweppes um einen Fall, in dem der Register- bzw. Gründungsstaat die Gründung einer Briefkastengesellschaft einschränkte – nicht um die hier diskutierte Problematik der Beschränkung durch einen anderen als den Gründungsstaat. Es handelt sich also um eine dem Wegzug vergleichbare Konstellation – nicht um die hier beschriebenen Zuzugskonstellationen.178 Im Urteil Vale Építési, das in diesem Zusammenhang auch genannt wird, ging es zwar um eine Schranke des Zielstaates Ungarn. Dieser war aber, da die Gesellschaft sich nach ungarischem Recht neu gegründet hatte, gleichzeitig Gründungsstaat – die Gesellschaft war also ein Geschöpf seiner Rechtsordnung.179 Jedenfalls nach derzeitigem Rechtsstand ist die 173

EIDENMÜLLER (2004b) 25; FLEISCHER (2005) 97 f.; KIETHE (2005) 654 f.; KIENIN(2009a) 614 f.; SANDROCK (2004) 41 f.; SCHMIDT (2004) 499; SPINDLER/BERNER (2004) 10 ff.; BEHRENS (2007) 421 ff.; WELLER (2003c) 207 ff.; FLEISCHER/SCHMOLKE (2008) 235; anderer Ansicht BGH (vorige Fn.); KERSTING/SCHINDLER (2003) 625; KUNTZ (2005) 427; MEILICKE (2003) 1272; SCHUMANN (2004) 745 f.; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5213 (Hausmann); ULMER (2004a) 1207 f.; WILHELM (2003) 540; ZIEMONS (2003) 1917; wohl auch HORN (2004) 899. 174 EuGH, Urteil vom 12. September 2006 – C-196/04 (Cadbury-Schweppes plc u.a./ Commissioners of Inland Revenue) EuZW 2006, 633. Zum Urteil aus steuerrechtlicher Sicht HAHN (2006) 667 ff. 175 EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – C-378/10, NZG 2012, 871, Rn. 34. Zum Urteil unten Fn. 201. 176 Mit Verweis auf Cadbury Schweppes ROTH (2010a) 23 und 47 ff.; ROTH (2010b) 607 ff.; WICKE (2011) § 4a Rn. 11 (Wicke). Mit Verweis auf das EuGH-Urteil Vale Építési KÖNIG/BORMANN (2012) 1242; KINDLER (2012) 891; kritisch im Hinblick auf die „undifferenzierte Festlegung des aktuellen RefE-IPR“ ROTH/ALTMEPPEN (2012) § 4a Rn. 44 (Roth). 177 Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro vom 22. Oktober 2008 – C210/06 (Cartesio), DB 2008, 1257, Rn. 29. Zum Urteil Cartesio unten iii. 178 So auch TEICHMANN (2011) 671 f.; HABERSACK/VERSE (2011) § 3 Rn. 18; gegen eine Erstreckung der Aussagen zum Niederlassungsbegriff auf alle Konstellationen der primären und sekundären Niederlassungsfreiheit auch MANSEL/THORN/WAGNER (2013) 5. 179 Dazu unten Text bei Fn. 186. Auf die Tatsache der Neugründung nach ungarischem Recht weist auch BARTELS (2013) 153 hin. GER

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Übertragbarkeit der Aussage dieser Urteile auf die hier diskutierten Konstellationen daher zweifelhaft. Infolge der Rechtsprechung des EuGH wurde das deutsche Kollisionsrecht für den Zuzug von Gesellschaften aus EWR-Staaten in der Interpretation der h.M. also sehr rasch und weitgehend liberalisiert.180 Eine legislatorische Umsetzung dieser geänderten Rechtslage steht noch aus. Ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen wurde bislang nicht umgesetzt. Der Entwurf beschränkt die Anwendung der Gründungstheorie, wie unten ausgeführt, nicht auf den Zuzug von Gesellschaften aus EWR-Staaten, sondern sieht den vollkommenen Übergang zur Gründungstheorie vor.181 iii.

Wegzug deutscher Gesellschaften ins EWR-Ausland

Beim Wegzug von nach deutschem Recht gegründeten Gesellschaften ins EWR-Ausland ist die Lage komplizierter. Nach der Rechtsprechung des EuGH verstößt die Auflösung als Rechtsfolge der Sitztheorie grundsätzlich nicht gegen die Niederlassungsfreiheit. Dies hat der EuGH jüngst im Urteil National Grid Indus182 bestätigt. Wie im Urteil Cartesio183 führte er dort aus, dass mangels einheitlicher gemeinschaftsrechtlicher Definition der Gesellschaften, denen die Niederlassungsfreiheit zukomme, die Frage, ob Art. 48 EG (heute Art. 54 AEUV) auf eine Gesellschaft anwendbar sei, eine Vorfrage sei, die nur nach nationalem Recht beantwortet werden könne. Daher stehe es jedem Mitgliedstaat frei, die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen eine Gesellschaft als nach seinem Recht bestehend anzusehen sei.184 Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Existenz einer Gesellschaft, da sie als rechtliches Konstrukt Geschöpf einer Rechtsordnung ist, von den Be-

180 Dies bezieht sich auf die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes. Zu den tatsächlichen und rechtspolitischen – das materielle Recht betreffenden – Auswirkungen der Liberalisierung siehe oben Erster Teil, Text bei Fn. 140 ff. 181 Ausführlich dazu unten B.I.2. 182 EuGH, Urteil vom 29. November 2011 – C-371/10, NZG 2012, 114. 183 EuGH, Urteil vom 16. Dezember 2008 – C-210/06, ABl. C 44/3 (Leitsätze), NJWSpezial 2009, 48. Dazu BEHME/NOHLEN (2009) 13 f.; FRENZEL (2009) 158 ff.; GOETTE (2009a) 128; HERRLER (2009) 484 ff.; KNOF/MOCK (2009) 30 ff.; PAEFGEN (2009) 529 ff.; SETHE/WINZER (2009) 536 ff.; TEICHMANN (2009) 393 ff.; ZIMMER/NAENDRUP (2009) 545 ff. Zustimmend KINDLER (2009b) 130 ff.; MEILICKE (2009) 92 ff.; kritisch BRAKALOVA/BARTH (2009) 213 ff.; LEIBLE/HOFFMANN (2009) 58 ff. Aus Sicht des ungarischen Rechts, das Gegenstand der EuGH-Entscheidung war, KOROM/METZINGER (2009) 125 ff. 184 EuGH (National Grid Indus, Fn. 182), Rn. 26 bis 30 mit Verweis auf die Urteile Daily Mail and General Trust (Fn. 192), Rn. 19 bis 23; Überseering (Fn. 147) Rn. 67 bis 70; Cartesio (vorige Fn.) Rn. 109.

A. Grundlegende Theorien

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stimmungen des nationalen Rechts abhängt.185 Wird eine gesetzliche Voraussetzung für die Existenz – etwa die Lage des Verwaltungssitzes im Inland – nicht erfüllt, so existiert die Gesellschaft nicht und ist also keine „nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft“ i.S.d. Art. 48 EG (heute 54 AEUV). Der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit ist in diesem Fall nicht eröffnet.186 Zu Recht wird kritisiert, dass diese Überlegungen zwar auf die Voraussetzungen einer wirksamen Gründung zutreffen, nicht aber auf den Verlust der Rechtsfähigkeit bei Wegzug. Da die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit bei Wegzug ex nunc, nicht ex tunc verliert, wird die Grundfreiheitsträgerschaft nur für die Zukunft aufgehoben. Die Rechtsfolge der Auflösung trifft also eine „nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft“.187 Der EuGH hat seine Ausführungen aber ausdrücklich auf den Wegzug erstreckt. Wenn der Gründungsstaat die Existenz seiner Gesellschaft allerdings jenseits seiner Grenzen zulässt, ist der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit eröffnet. Der deutsche Gesetzgeber hat die Existenz von nach deutschem Recht gegründeten Kapitalgesellschaften außerhalb Deutschlands durch die Neufassung von § 4a GmbHG und § 5 AktG mit Erlass des MoMiG explizit ermöglicht. Die Gesetzesänderung bezweckte, die Benachteiligung deutscher Gesellschaften in Bezug auf ihre Mobilität zu beseitigen. Für deutsche GmbHs und KGs ist der Wegzug aus Deutschland ins EWR-Ausland also möglich.188 Allerdings ist in der Streichung von § 4a Abs. 2 GmbHG und § 5 Abs. 2 AktG durch das MoMiG nach umstrittener, jedoch zutreffender Meinung keine Festlegung des Gesellschaftskollisionsrechts auf die Gründungstheorie zu sehen.189 Es handelt sich vielmehr um eine rein materiell-

185 „Geschöpf-Theorie“ des EuGH – so die Formulierung bei ZIMMER/NAENDRUP (2009) 547; EIDENMÜLLER (2004a) § 2 Rn. 62 ff. (Rehm). Kritisch zu dieser Theorie STEINRÖTTER (2012) 119 ff. 186 Ausführlich dazu ZIMMER/NAENDRUP (2009) 546 f. 187 So SCHALL/BARTH (2012) 418; ähnlich HIRTE/BÜCKER (2006) § 2 Rn. 22 (Forsthoff); zu Cartesio HENNRICHS/PÖSCHKE/VON DER LAAGE/KLAVINA (2009) 2012 f.; FRENZEL (2009) 158; KNOF/MOCK (2009) 31 ff. 188 Dazu GOETTE (2009a) 128; BEHME (2010) 1680; BEUTEL/REHBERG (2012) 94; EBKE (2011) 24; KRUCHEN (2012) 380; PAEFGEN (2009) 530 f.; WÖHLERT (2009a) 161. Siehe zudem OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. April 2009, ZIP 2009, 1074, Rn. 14. Zur legislatorischen Absicht BT-Drucksache 16/6140, 29: Schaffung eines level playing field, d.h. gleicher Ausgangsbedingungen gegenüber vergleichbaren Auslandsgesellschaften. 189 So auch PREUSS (2007) 62; FRANZ/LAEGER (2008) 681 f.; KINDLER (2009a) 197 f.; PETERS (2008) 249; FRANZ (2009) 1251. Anderer Ansicht FINGERHUTH/RUMPF (2008) 92; HIRTE (2008) 766 (der Sache nach Aufgabe der Sitztheorie); KNOF/MOCK (2007) 856; MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen/Ego (2012) Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 199; MÜNCH. HDB. GESR VI/Kieninger (2013) § 52 Rn. 20; LUTTER/HOMMELHOFF (2012) § 4a Rn. 15 (Bayer). Zu den verschiedenen (auch kollisionsrechtlichen) Interpretationsmöglich-

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

rechtliche Neuregelung. Anders als von der Gegenmeinung vorgebracht, erreicht der Gesetzgeber sein Anliegen, deutschen Gesellschaften gleiche Ausgangsbedingungen gegenüber vergleichbaren Auslandsgesellschaften zu schaffen, auch ohne kollisionsrechtlichen Gehalt der gesetzlichen Neuerung. Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH haben andere EU-Mitgliedstaaten zuziehende deutsche Gesellschaften als solche des deutschen Rechts anzuerkennen. In der Regel wird daher kraft Rückverweisung deutsches Gesellschaftsrecht anzuwenden sein.190 Beschränkungen, die ein Gründungsstaat seinen wirksam (fort-) bestehenden Gesellschaften auferlegt, sind an der Niederlassungsfreiheit zu messen. Dies hat der EuGH in National Grid Indus klargestellt. Weil ein Mitgliedstaat dazu befugt sei, die Auflösung und Liquidierung einer Gesellschaft im Falle ihres Wegzugs zu verlangen, müsse er keineswegs auch für befugt erachtet werden, steuerliche Erfordernisse festzulegen.191 Insofern hat der EuGH seine im Urteil Daily Mail and General Trust192 getroffene Aussage, wonach die „Artikel 52 und 58 EWG-Vertrag [...] einer Gesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist und in diesem ihren satzungsmäßigen Sitz hat, nicht das Recht [gewähren], den Sitz ihrer Geschäftsleitung in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen“,193 inzwischen eingeschränkt. Gerade wenn der Gründungsstaat – wie in Daily Mail Großbritannien – der Gründungstheorie folgt und daher als Rechtsfolge der Sitzverlegung nicht die Auflösung, sondern eine andere nachteilige

keiten der Änderungen von § 4a GmbHG und § 5 AktG differenziert HOFFMANN (2007) 1584 ff. 190 So auch BEHME (2010) 1680. Zur Pflicht der Mitgliedstaaten, zuziehende Gesellschaften als solche ihres Gründungsstaates anzuerkennen, oben ii. Auch MÜNCH. HDB. GESR VI/Kieninger (2013) § 52 Rn. 22, die die Gegenmeinung vertritt, räumt dies ein. 191 Vgl. EuGH (National Grid Indus, Fn. 182) Leitsatz 1 und Rn. 28-30. Dazu BAYER/SCHMIDT (2012a) 11 f.; HAAR (2012) 138 f.; SCHALL/BARTH (2012) 415; VERSE (2013b) 463 ff.; zu den Implikationen im Steuerrecht BEUTEL/REHBERG (2012) 94 ff.; VON BROCKE (2012); KESSLER/PHILIPP (2012) 267 ff.; MITSCHKE (2012) 629 ff.; MÖRSDORF (2012) 298 ff.; SCHALL/BARTH (2012) 416 ff.; SPIERTS (2012) 8 f.; zu den Schlussanträgen der Generalanwältin LINN (2011) 817 ff. Siehe auch die Nachfolgeentscheidungen des EuGH, die die in National Grid Indus aufgestellten Grundsätze zur Wegzugsbesteuerung im Wesentlichen bestätigen: Urteil vom 6. September 2012 (Kommission/Portugal), EuZW 2012, 947; Urteil vom 31. Januar 2013 (Kommission/Niederlande) – C-301/11; Urteil vom 25. April 2013 (Kommission/Spanien), IStR 2013, 393; Urteil vom 18. Juli 2013 – C261/11 (Kommission/Dänemark), IStR 2013, 663. 192 EuGH, Urteil vom 27. September 1988 – C-81/87, Slg. 1988, 5483. Dazu GROSSFELD/LUTTERMANN (1989) 386 f.; BEHRENS (1989) 354 ff.; DROBNIG (1991) 201 ff.; EBENROTH/EYLES (1989b) 413; SACK (1990) 352 ff.; SANDROCK/AUSTMANN (1989) 249 ff.; ZIMMER (1996) 204 ff. 193 EuGH (Daily Mail and General Trust, vorige Fn.) Leitsatz 1.

A. Grundlegende Theorien

75

Rechtsfolge vorsieht, kann sich die betroffene Gesellschaft auf Art. 49 AEUV (Art. 52 EWG-Vertrag a.F.) berufen.194 Für den Wegzug deutscher Personengesellschaften und KGaAs gilt hingegen nach wie vor die Sitztheorie.195 Nach dem obiter dictum des EuGH zu Cartesio ist der identitätswahrende Wegzug für sie jedoch als grenzüberschreitender Formwechsel möglich, wenn sie also mit der Verlegung ihres Verwaltungssitzes auch ihr Gesellschaftsstatut ändern (d.h. ihren Satzungssitz verlegen196) – soweit dies nach dem Recht des Aufnahmestaates möglich ist.197 Denn nach Auffassung des EuGH darf ein Mitgliedstaat eine Gesellschaft, die beim Wegzug ihr Gesellschaftsstatut ändert und für die das Recht des Aufnahmestaates den identitätswahrenden Zuzug ermöglicht, nicht am Wegzug hindern, indem er ihre Auflösung und Liquidation verlangt. Hier sei der Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit eröffnet, da die Gesellschaft nicht mehr nach den Vorgaben des Rechts im Wegzugs-, sondern nach denen im Aufnahmestaat existiere.198 Anzunehmen ist, dass dies auch für die isolierte Verlegung des Satzungssitzes gilt.199 Auch steuerliche Nachteile dürfen an einen solchen grenzüberschreitenden Formwechsel nicht geknüpft werden, wie der EuGH im September 2012 in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Portugal bestätigt hat.200

194

So auch MÖRSDORF (2012) 297 f. PAEFGEN (2009) 531; HEIDEL/SCHALL (2011) Rn. 88 (Schall). 196 WELLER (2012a) unter 2.b): In den Rechtsordnungen der EU-Mitgliedstaaten ist Voraussetzung des (Fort-)Bestehens der Kapitalgesellschaftsformen ein inländischer Satzungssitz. 197 EuGH (Cartesio, Fn. 183) Rn. 111 ff. Gegen die Zulässigkeit einer identitätswahrenden Satzungssitzverlegung zuvor BayObLG, Beschluss vom 11. Februar 2004 (zustimmend WELLER (2004) 1218 ff.) und OLG Hamm, Beschluss vom 1. Februar 2001, BB 2001, 744, Leitsatz 1; OLG Düsseldorf, 26. März 2001, ZIP 2001, 790, Leitsatz; OLG Brandenburg, Beschluss vom 30. November 2004, ZIP 2005, 489, Rn. 10; kritisch STIEB (2004) 492 ff. Gegen die Zulässigkeit des identitätswahrenden Rechtsformwechsels auch MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 533. 198 EuGH (Fn. 183) Rn. 111 ff. Anschaulich dazu ZIMMER/NAENDRUP (2009) 547: „Dem Mitgliedstaat verbleibt nur die Macht, über die Existenz der Gesellschaft als einer solchen ‚seines‘ Rechts zu entscheiden.“ (Hervorhebungen im Original). 199 So KIENINGER (2009a) 618, die jedoch zu Recht darauf verweist, dass sich bei der Umsetzung eines solchen Formwechsels zahlreiche praktische Probleme ergeben, da bisherige Gläubiger, Gesellschafter und Angestellte mit der Gesellschaft nach ihrem alten Recht Rechtsgeschäfte abgeschlossen haben. Zu den praktischen Problemen bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel auch SCHÖNHAUS/MÜLLER (2013) 174 ff. 200 EuGH, Urteil vom 6. September 2012 – C-38/10, ZIP 2012, 1801. Ebenso sah das FG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 7. Januar 2011 (DStRE 2011, 1065) die Sofortbesteuerung stiller Reserven bei Sitzverlegung einer Societas Europaea als Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit an. Kritisch dazu ALLMENDINGER (2012) 147 ff. 195

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Im Urteil Vale Építési201 präzisierte der EuGH die Anwendung der Niederlassungsfreiheit auf einen grenzüberschreitenden Formwechsel, wie er im obiter dictum zu Cartesio angesprochen worden war.202 Danach bestimmt der Aufnahmemitgliedstaat zwar die Voraussetzungen, nach denen ein Formwechsel möglich ist. Sieht er die Möglichkeit eines Formwechsels jedoch für inländische Gesellschaften vor, so ist es eine nicht zu rechtfertigende Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, wenn er Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten die Umwandlung in eine seiner Gesellschaftsformen verwehrt.203 Nach Auffassung des EuGH ist das für die Umwandlung maßgebliche Verfahren dem jeweiligen nationalen Recht zu entnehmen, da das Unionsrecht keine Vorschriften dazu enthält. Die Anwendung des nationalen Rechts dürfe allerdings nicht dazu führen, dass EU-Auslandsgesellschaften schlechter stünden als inländische Gesellschaften (Äquivalenzgrundsatz) oder ihnen der Formwechsel praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werde (Effektivitätsgrundsatz).204 In Umsetzung dieser Entscheidung sind die Vorschriften für die Umwandlung inländischer Gesellschaften analog auf die Umwandlung von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten anzuwenden, soweit für letztere noch keine Vorschriften bestehen.205 Im Übrigen gibt der EuGH im Urteil keine Anhaltspunkte dafür, nach welchen Verfahrensregeln der grenzüberschreitende Formwechsel, der angesichts der sukzessiven Anwendung von zwei nationalen Rechtsordnungen spezifi201

EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – C-378/10, NZG 2012, 871. Dazu BAY(2012b) 1481 ff.; BAYER/SCHMIDT (2013) 9; BEHME (2012) 936 ff.; BEN(2012) 377 ff.; BEHRENS (2012a) 624; BOLLACHER (2012) 717 f.; BRAUN (2012) 411 ff.; DRYGALA (2013) 569 ff.; EGE/KLETT (2012) 2442 ff.; JAENSCH (2012) 353 ff.; KLETT (2012) 319; KINDLER (2012) 888 ff.; KRAFT/BÖTTCHER (2012) 2701 ff.; LEUERING/RUBNER (2012) 527 f.; MANSEL/THORN/WAGNER (2013) 3; MESSENZEHL/SCHWARZFISCHER (2012) 2072 f.; MÖRSDORF/JOPEN (2012) 1398 ff.; MUTTER/KRUCHEN (2012) 541 f.; RAUSCHER/PABST (2012) 3496; ROTH (2012) 1745 f.; SCHÖN (2013) 337 ff.; TEICHMANN (2012a) 2085 ff.; THÖMMES (2012) 571 ff.; ULRICH (2012b) R217; WELLER (2012a); WOHLRAB (2012) 316 ff.; VERSE (2013a) 336 f.; WICKE (2012) 1756 ff. 202 Der Generalanwalt hatte sich in seinen Schlussanträgen zu Vale Építési vom 15. Dezember 2011 – C-037/10, Rn. 34 noch auf eine „grenzüberschreitende Neugründung einer Gesellschaft“ bezogen. Kritisch zu den insoweit dogmatisch jedenfalls missverständlichen Schlussanträgen THIERMANN (2012) 210, 213. Siehe dazu auch BARTHEL (2011) 131 ff.; BEHRENS (2012b) 122; FRENZEL (2012) 249 ff.; SCHMIDT (2012) 144 ff. 203 EuGH (Vale Épitési, Fn. 201) Rn. 34 ff. Anders noch das OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. Februar 2012, NZG 2012, 468. Kritisch zu dieser Entscheidung FRENZEL (2012) 249 ff.; SCHNEIDER (2012) 992; WÖHLERT (2012) 131. 204 EuGH (Vale Épitési, Fn. 201) Rn. 42 ff. 205 BARTELS (2013) 155; HABERSACK/VERSE (2011) § 3 Rn. 21; LUTTER/BAYER/SCHMIDT (2012) § 6 Rn. 69; HERRLER (2009) 491; TEICHMANN/PTAK (2010) 819; VERSE (2013b) 484; differenzierend SCHÖN (2013) 361 ff. ER/SCHMIDT RATH/KÖNIG

A. Grundlegende Theorien

77

sche Probleme mit sich bringt, durchzuführen ist.206 Der Erlass einer europäischen Sitzverlegungsrichtlinie, die einen (kollisionsrechtlich neutralen207) Rahmen für den grenzüberschreitenden Formwechsel schafft, ist daher umso dringlicher.208 Eine 2012 durchgeführte Konsultation hat deutlich gezeigt, dass erhebliches Interesse am Erlass einer Richtlinie zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung bestand.209 Wie im Aktionsplan zum Europäischen Gesellschaftsrecht vom 12. Dezember 2012 angekündigt, hat die Kommission im Frühjahr 2013 eine weitere öffentliche Konsultation hierzu durchgeführt, im Bericht dazu aber das weitere Schicksal des Projektes offen gelassen.210 iv.

Gesellschaften aus Drittstaaten: Fortgeltung der Sitztheorie

Für außerhalb des EWR gegründete Gesellschaften, für die nicht in einem Staatsvertrag etwas anderes geregelt ist, gilt weiterhin die Sitztheorie.211 Zwar 206

EuGH (Vale Épitési, Fn. 201) Rn. 38: „Auch wenn solche Vorschriften zur Erleichterung grenzüberschreitender Umwandlungen gewiss hilfreich wären, kann ihre Existenz doch keine Vorbedingung für die Umsetzung der in den Art. 49 AEUV und Art. 54 AEUV verankerten Niederlassungsfreiheit sein (vgl. hinsichtlich grenzüberschreitender Verschmelzungen Urteil SEVIC Systems [...]).“ Zur Rechtsunsicherheit in der Praxis MESSENZEHL/SCHWARZFISCHER (2012) 2072 f. 207 ARBEITSKREIS EUROPÄISCHES UNTERNEHMENSRECHT (2011) These 4. 208 So auch BAYER/SCHMIDT (2012b) 1491 f.; BAYER/SCHMIDT (2013) 14; BEHME (2012) 939; HAAR (2012) 144; KK AKTG/M. Arnold (2010) § 45 Rn. 23; SCHÖN (2013) 364 f. Bereits vor Ergehen des Urteils konstatierte der Arbeitskreis Europäisches Unternehmensrecht ein Bedarf nach dem Erlass einer solchen Richtlinie, vgl. ARBEITSKREIS EUROPÄISCHES UNTERNEHMENSRECHT (2011) Thesen 1 bis 3. Für den Erlass einer Richtlinie auch GROHMANN/GRUSCHINSKE (2008) 31; NEYE (2009) 235 ff.; WYCKAERT/JENNÉ (2010) 298 f., 318 ff.; WYMEERSCH (2003) 690. Zur Vorgeschichte NEYE (2009) 231 ff. Ausführlich zum Vorentwurf für eine Vierzehnte Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Verlegung des Sitzes einer Gesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat mit Wechsel des für die Gesellschaft maßgeblichen Rechts vom 20. April 1997 GRUNDMANN (2011) Rn. 835 ff. 209 Die Ergebnisse der Konsultation sind auf der Webseite veröffentlicht. 337 von insgesamt 496 Teilnehmern (67,9 %) sprachen sich für den Erlass einer Richtlinie aus. 210 Mitteilung der Kommission „Aktionsplan: Europäisches Gesellschaftsrecht und Corporate Governance – ein moderner Rechtsrahmen für engagiertere Aktionäre und besser überlebensfähige Unternehmen”, Straßburg 12. Dezember 2012, COM(2012) 740, 13 f. Die Ergebnisse der Konsultation sind auf der Webseite veröffentlicht. Kritisch zur zögerlichen Haltung der Kommission SCHMIDT (2013) R34; BEHRENS (2013) 122; HOPT (2013) 201 f.; VERSE (2013a) 337. 211 BGH, Urteil vom 27. Oktober 2008 (Trabrennbahn), NJW 2009, 289, Rn. 19 ff.; BGH, Versäumnisurteil vom 27. Oktober 2008, ZInsO 2009, 149, Rn. 20; BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2009, ZIP 2009, 2385, Rn. 4 (dazu WÖHLERT (2009b) 417); BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 – VI ZR 200/09; BGH, Urteile vom 27. Juli 2010 – VI ZR 217/09 und

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

warnen Teile der Literatur vor dieser Spaltung des Gesellschaftskollisionsrechts in auf EWR-Auslandsgesellschaften und auf Drittstaatengesellschaften anwendbares Recht und befürworten daher die Geltung der Gründungstheorie auch für Gesellschaften aus Drittstaaten.212 Der BGH hat sich jedoch 2008 im Urteil Trabrennbahn213 unter Verweis auf den Referentenentwurf zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen des Bundesjustizministeriums klar dafür ausgesprochen, dass eine solche Änderung der Rechtslage Sache des Gesetzgebers sei.214 Dem ist zuzustimmen. Denn die generelle Entscheidung zwischen Sitz- und Gründungstheorie ist rechtspolitischer Natur und daher nicht im Rahmen der Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung zu leisten. Eine plötzliche Änderung der Rechtsprechung ohne entsprechende Gesetzesregelung wäre eine Überschreitung richterlicher Aufgaben und, soweit man von der gewohnheitsrechtlichen Geltung der Sitztheorie ausgeht, auch ein Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG.215 Es VI ZR 347/08; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. Dezember 2009, GmbHR 2010, 591, Rn. 28; BGH, Urteil vom 15. März 2010, EuZW 2010, 636, Rn. 15; AG Hagen, Urteil vom 17. Juni 2010, IPRspr 2010, Nr. 21; OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juli 2010 – I-7 U 141/08, Rn. 43; BGH, Urteil vom 12. Juli 2011, BGHZ 190, 242, Rn. 16. Zur Fortgeltung der Sitztheorie REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5066 (Hausmann); SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 77 (Spahlinger); PALANDT-Thorn (2013) Anh zu Art. 12 EGBGB Rn. 2; ZÖLLER-Geimer (2012) IZPR Rn. 21. Weitere Literatur in den folgenden Fn. Zur Rechtslage bei der Geltung von Staatsverträgen oben c.i. (am Ende). Siehe auch MANKOWSKI (2005) 486 zur Bedeutung des GATS und von Inländergleichbehandlungsklauseln in Niederlassungsklauseln der EU. 212 BAYER (2003) 2363 f.; EIDENMÜLLER (2002) 2244; LEIBLE/HOFFMANN (2002b) 935 f. So auch das OLG Hamm, Urteil vom 26. Mai 2006, ZIP 2006, 1822. Das Urteil wurde vom BGH mit Versäumnisurteil vom 27. Oktober 2008, ZInsO 2009, 149 aufgehoben. Siehe auch zur positiven Resonanz auf den RefE, der eine gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie für alle Gesellschaften vorsah, unten Fn. 427. 213 Urteil vom 27. Oktober 2008, NJW 2009, 289. Zustimmend zum Urteil GOETTE (2009b) 63; HELLGARDT/ILLMER (2009) 95 f.; JUNG (2012) 866; KIENINGER (2009b) 292; KINDLER (2009a) 197 ff.; KINDLER (2009c) Rn. 7.41; SCHNYDER (2009) 227 ff.; TEPFER (2009) 355 f.; 202 ff.; ELSING (2009) 510 ff. Kritisch dagegen BALTHASAR (2009) 221 ff.; GOTTSCHALK (2009a); KOCH/EICKMANN (2009) 74; LAMSA (2009) 17; LIEDER/KLIEBISCH (2009) 343; LIEDER/KLIEBISCH (2010) 117 f.; SCHMIDT (2009a); SCHMIDT (2009b); SCHMIDT (2009c) 175 f.; THÖLKE (2009) 390 f.; gegen eine Übertragbarkeit der Entscheidung auf AG oder GmbH LEITZEN (2010) 640. Das Urteil Trabrennbahn bestätigend BGH, Urteil vom 12. Juli 2011, BGHZ 190, 242, Rn. 16. 214 BGH (Trabrennbahn, vorige Fn.) Rn. 22. Kritisch zu der im Urteil aufgeführten Rechtsprechung THÖLKE (2009) 390 f. Wie der BGH entschied zuvor schon das OLG Hamburg mit Urteil vom 30. März 2007, ZIP 2007, 1108. Ausführlich zum Referentenentwurf unten B.I. 215 So WELLER (2009) 203. Kritisch zur Ansicht, die Sitztheorie gelte gewohnheitsrechtlich, Text oben bei Fn. 43 ff. Den völligen Übergang zur Gründungstheorie halten auch MANSEL/THORN/WAGNER (2009) 5 für eine Überschreitung richterlicher Kompetenzen. Ähnlich MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2, Rn. 16, 46 (Leible); GOETTE

A. Grundlegende Theorien

79

bleibt also abzuwarten, ob das Bundesjustizministerium die Arbeit an dem bislang nicht umgesetzten Gesetzesentwurf zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen wie geplant wieder aufnimmt.216 II.

Gründungstheorie

1.

Ursprung der Gründungstheorie

Die Gründungstheorie entstand in England.217 Sie wurde dort bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts angewendet.218 Ihr dogmatischer Ursprung ist nicht eindeutig auszumachen. Zum einen lässt sich die Herausbildung der Gründungstheorie aus der Übertragung des zunächst für natürliche Personen entwickelten Domizilprinzips auf juristische Personen erklären.219 Im Gegensatz zu Kontinentaleuropa, wo das Domizil als der tatsächliche Wohnsitz der natürlichen Person verstanden wurde, stellte man in England grundsätzlich auf den Herkunftsort der Person (domicile of origin) ab, der mit der Geburt erworben wurde und unveränderlich war.220 Zwar konnte auch in England das domicile of origin durch das domicile of choice abgelöst werden. Jedoch bildete das domicile of origin insofern die Grundlage für die Bestimmung des Domizils, als es der Ausgangspunkt war und wieder auflebte, wenn das domicile of choice aufgegeben wurde.221 Über die Anwendung des Domizilbegriffs auf die juristische Person kam man daher in England zum (unveränderlichen) Gründungsort der juristischen Person – in Kontinentaleuropa dagegen zu ihrem tatsächlichen Verwaltungssitz. Zum anderen besteht möglicherweise eine Beziehung zwischen der Entstehung der Gründungstheorie, nach der der in einem bestimmten Staat vorgenommene Akt der Gründung einer Gesellschaft auch in anderen Staaten maßgeblich ist, und der Entwicklung der Act (2009b) 63; KIENINGER (2009b) 292; ZÖLLER-Vollkommer (2012) § 50 Rn. 9 für eine Überschreitung richterlicher Kompetenzen. Zur Gegenmeinung in der Literatur siehe oben Fn. 42. 216 Dazu unten B.I.4. 217 RAMMELOO (2001) 128 ff.; HÖFLING (2002) 96 ff.; ZIMMER (2003a) 304 f.; HOFFMANN (2002) 288; GROSSFELD (1974a) 200 ff. und ergänzend (mit dem Fokus auf der für den romanischen Rechtskreis und auch Japan zentralen Anerkennungsproblematik) GROSSFELD (1974b) 345 ff. 218 GROSSFELD (1974a) 200 f. m.w.N. 219 Ausführlich GROSSFELD (1974a) 201 f. Siehe auch TRIEBEL/ILLMER/RINGE/VOGENAUER/ZIEGLER (2012) VIII. Kapitel Rn. 386 (Illmer). Zu den Ursprüngen und der historischen Entwicklung des Domizilprinzips KREITLOW (2003) 23 ff. 220 KROPHOLLER (2006) § 37 I.2.a); KREITLOW (2003) 103 ff., insbes. 128 ff. Zur Bestimmung des Domizils in Kontinentaleuropa siehe oben I.1. 221 HENRICH (1960) 476 f. Dies ist auch heute noch so, vgl. COLLINS (2000) 6-076; FERID/DÖRNER/FIRSCHING (2011) Vereinigtes Königreich (England) 27 f. Siehe auch HOFFMANN (2002) 288 m.w.N.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

of State Doctrine im angloamerikanischen Rechtskreis, die die Gerichte verpflichtet, Hoheitsakte eines anderen Staates, die dieser in Bezug auf sein Gebiet erlassen hat, ohne Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit als rechtsgültig anzuerkennen.222 Zum Teil wird die Geltung der Gründungstheorie im common law mit darauf zurückgeführt, dass im Zentrum der Diskussion die Gesellschaften standen, bei denen aufgrund des ursprünglich angewendeten, ab 1844 teilweise aufgegebenen Konzessionssystems die staatliche Mitwirkung das zentrale Element bei ihrer Gründung als juristische Person war.223 Demgegenüber sei die Entscheidung für die Sitztheorie in Kontinentaleuropa dadurch begünstigt worden, dass dort auch bei juristischen Personen, an deren Entstehung der Staat beteiligt war, stärker die Ähnlichkeit zu Organisationsformen betont wurde, die ohne staatliche Mitwirkung durch private Initiative entstanden. Bei diesen sei ein Abstellen auf den Gründungsstaat nur schwer möglich gewesen, und man habe sich daher auch an anderen Kriterien orientiert.224 Anders als die Sitztheorie ermöglichte es die Gründungstheorie dem Sitzstaat nicht, wirtschafts- und rechtspolitische Interessen gegenüber den nach ausländischem Recht gegründeten Gesellschaften durchzusetzen, die hauptsächlich im Inland tätig waren. Diese Liberalität wurde in England noch durch eine großzügige Anerkennungspraxis verstärkt.225 Rechtspolitisch war diese Großzügigkeit bei der Behandlung ausländischer Gesellschaften in England möglich, weil kaum die Gefahr bestand, dass das englische materielle Gesellschaftsrecht umgangen werden würde.226 Denn es war für die damalige Zeit liberal und damit für Gesellschaftsgründer attraktiv. Auch war es durch die Kolonialisierung in zahlreiche Länder exportiert worden. Im Übrigen schützte man den englischen Rechtsverkehr, indem die Außenbeziehungen der Gesellschaft in großem Umfang dem Wirkungsstatut unterstellt wurden.227 Zudem ermöglichte es die Gründungstheorie englischen Gesellschaften, ohne weiteres im Ausland tätig zu werden. Dies kam den wirtschaftlichen Interessen Englands als Kapitalexportstaat entgegen.228 Völlig entgegengesetzt war die Situation in Japan, als es sich für die Gründungstheorie entschied.

222 GROSSFELD (1974a) 201. Zur Entwicklung der Doktrin in England und den USA MANN (1986) 164 ff. 223 GROSSFELD (1974a) 201. Zur schrittweisen Ablösung des Konzessions- durch das Normativsystem in England ab 1844 COING (1978) 170. 224 VAGTS (1969-1970) 740 Fn. 7. 225 Zur Anerkennungspraxis in England GROSSFELD (1974b) 345 f. m.w.N. 226 Zu Ausnahmen GROSSFELD (1974a) 202 Fn. 23 m.w.N. 227 GROSSFELD (1974a) 202 f. 228 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 339; GROSSFELD (1974a) 203; HÖFLING (2002) 97.

A. Grundlegende Theorien

2.

81

Entwicklung der Gründungstheorie in Japan

Von der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Japan weitgehend gegen das Ausland abgeschottet (sakoku). Gemäß einem 1633 erlassenen und 1636 verschärften Gesetz durften Japaner nicht ins Ausland reisen oder von dort zurückkehren. Nach einem Einreiseverbot für Portugiesen im Jahr 1639 durften japanische Häfen nur noch von chinesischen und holländischen Schiffen angelaufen werden. Lediglich ausgewählten holländischen Kaufleuten hatte die Regierung gestattet, auf der Insel Dejima bei Nagasaki eine Faktorei zu betreiben.229 Die Frage, wie ausländische Gesellschaften rechtlich zu behandeln seien, stellte sich daher zunächst nicht. Dies änderte sich ab 1853, als Japan unter dem Eindruck der „Schwarzen Schiffe“ aus den USA, die vor der Bucht von Edo vor Anker gegangen waren, nach und nach seine Grenzen öffnete. Im Jahr 1858 schloss die japanische Regierung Staatsverträge mit den USA, Holland, Russland und Frankreich und in den folgenden Jahren auch mit anderen westlichen Staaten, u.a. im Jahr 1861 mit Preußen.230 In diesen sog. Ungleichen Verträgen verpflichtete sich Japan, seine Häfen zu öffnen, mit den Westmächten Handel zu treiben und den Westmächten Exterritorialität sowie feste Zolltarife zu gewähren.231 Des Weiteren sahen die Verträge die Schaffung von Ausländersiedlungen auf den japanischen Hauptinseln vor, namentlich in Hakodate, Kanagawa, Nagasaki, Niigata und Hyogo. Damit rückten ausländische Handelsgesellschaften in unmittelbare Nähe.232 Um Anschluss an die Entwicklung der westlichen Staaten zu finden und eine Revision der Ungleichen Verträge zu erreichen, unternahm die MeijiRegierung ab 1868 eine völlige Neuordnung der Gesellschaft, der Wirtschaft und des Rechts Japans. Zentraler Bestandteil der sog. Meiji-Restauration war die Schaffung von Kodifikationen nach westlichem Vorbild.233 Die Entscheidung für die Gründungstheorie fiel beim Erlass der maßgeblichen Gesetze in den 1880er Jahren. 229

DETTMER (1992) 79 f.; zu den wenigen Außenkontakten während dieser Zeit ZÖLL(2009) 66 ff. 230 Eine Übersicht der Staatsverträge gibt AUSLIN (2004) Appendix 1. 231 Dazu SOKOLOWSKI (2010) 148 ff. Zu den politischen Hintergründen der Ungleichen Staatsverträge DETTMER (1992) 88 ff. 232 Die Orte sind in Art. III des Freundschafts- und Handelsvertrages mit den USA vom 29. Juli 1858 (abgedruckt bei AUSLIN (2004) Appendix 3) aufgeführt. Statt der dort genannten wichtigen Hafenstadt Kanagawa öffnete Japan jedoch schließlich den verschlafenen Fischerort Yokohama. Dies sollte der Abschottung der Ausländersiedlung dienen. Yokohama wandelte sich allerdings innerhalb kurzer Zeit von einer isolierten Siedlung zu einem offenen Tor zum Westen, AUSLIN (2004) 45 ff. und 176 ff. 233 NAKAMURA (1962) 79 ff.; HALL (1968) 278 ff. Umfassend zu den verschiedenen Kodifikationsversuchen SOKOLOWSKI (2010) 187 ff. Allgemein zum politischen Programm der Meiji-Regierung und zu seiner Umsetzung ZÖLLNER (2009) 190 ff. NER

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

a. Gesetzgebung: Territorialistisches Verständnis der juristischen Person (hôjin kokuseki-ron) Wie soeben ausgeführt, war die rechtspolitische Situation, in der Japan sich für die Gründungstheorie entschied, diametral zu derjenigen in England, wo die Gründungstheorie entstanden war. Während England, wie oben erläutert, sein liberales Gesellschaftsrecht exportiert hatte und es mit der Gründungstheorie englischen Gesellschaften erleichterte, im Ausland tätig zu werden, wurde Japan von eben diesem liberalen englischen Gesellschaftsrecht bedrängt.234 Denn japanische Gesellschaftsgründer konnten mit wenig Aufwand im nahegelegenen Hongkong eine Gesellschaft nach englischem Recht gründen, um das restriktive japanische Gesellschaftsrecht zu umgehen. Prominentes Beispiel ist die eingangs erwähnte Gesellschaft Kirin Bier, die 1885 erstmals als Japan Brewery Co., Ltd. in Hongkong gegründet wurde.235 Die in Japan eingeführte Gründungstheorie unterschied sich denn auch grundlegend von der in England vertretenen. Während die Anerkennung in England liberal gehandhabt wurde, stand in Japan beim Umgang mit ausländischen Gesellschaften eine restriktive Anerkennungspraxis im Vordergrund. Die Gründungstheorie diente in Japan allein zur Unterscheidung zwischen aus- und inländischen Gesellschaften bei der Entscheidung über die Anerkennung. Es ging also um eine materiellrechtliche, nicht um eine kollisionsrechtliche Fragestellung. Die erste Vorschrift über ausländische Gesellschaften in Art. 6 des personenrechtlichen Teils des Alten ZG von 1890 war daher materiell-, nicht kollisionsrechtlicher Natur.236 Sie bestimmte, dass ausländische juristische Personen in Japan nur dann existent waren, wenn sie durch Staatsvertrag oder Konzession anerkannt wurden. Vorbild für diese in Japan rezipierte Ausprägung der Gründungstheorie war die Lehre des in Belgien führenden Gelehrten François Laurent.237 Der erste Entwurf für eine Kodifikation des IPR, das sog. Alte Hôrei, war unter anderem maßgeblich an einem von Laurent geschaffenen belgischen Gesetzesentwurf orientiert.238 Laurent, der der „Neuen Italienischen Schule“ um 234

Zu England oben 1. Siehe das Eingangszitat auf S. 1. 236 Abgedruckt in WAGATSUMA (1968) 193; offizielle englische Übers. in SHIHÔ-SHÔ [JUSTIZMINISTERIUM] (1892). Im ersten Entwurf zum Alten ZG war die Vorschrift noch in Art. 7 enthalten, siehe ISHII (1959) 43 und die Synopse in ISHII (1960) 247 f. Ausführlich zur Vorschrift siehe unten Dritter Teil, A.I.1. 237 KAWAKAMI (1946) 49; SANO (2001) 172 Fn. 20; DÔGAUCHI (2005) 178. 238 ISHII (1958) 592; TAMEIKE (2005) 66. Zur Gesetzesgeschichte siehe Erster Teil, B.III.1. Unter dem Einfluss vor allem Boissonades zog der Vater des Gesetzes Binzô Kumano (so DÔGAUCHI (2008) 30, andere Leseweise Toshizô oder Umezô Kumano, vgl. SOKOLOWSKI (2010) 291 Fn. 167) den belgischen Gesetzentwurf Laurents von 1882 und die italienischen Disposizioni preliminari del Codice civile (NISHITANI (2000) 250) sowie den französischen Code civil (DÔGAUCHI (2008) 30) heran. Der kommentierte belgische 235

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Mancini angehörte, vertrat eine territorialistische Auffassung der juristischen Person.239 Seiner Auffassung lag dogmatisch die Fiktionstheorie zugrunde.240 Er war der Ansicht, die juristische Person (personne civile) sei eine vom Gesetzgeber zur Verwirklichung bestimmter sozialer oder gesellschaftspolitischer Zwecke geschaffene Fiktion.241 Die legislative Macht sei auf das Staatsgebiet und damit auch die Existenz einer juristischen Person auf ihr Gründungsland beschränkt.242 Denn der Staat, der eine juristische Person schaffe, habe weder die Aufgabe noch die Befugnis, die sozialen Bedürfnisse in anderen Staaten einzuschätzen.243 Daher sei eine juristische Person in anderen Staaten nur dann existent, wenn diese sie anerkannten.244 Diese Anerkennung erforderte eine materiellrechtliche, keine kollisionsrechtliche Regelung. Die Ansicht Laurents war gemäßigt im Vergleich zu einer zeitweise in den USA vertretenen, noch strenger territorial ausgerichteten Lehre, nach der die Rechtspersönlichkeit außerhalb des Gründungslandes keinerlei Wirkung hatte, mit der Anerkennung also lediglich die Tatsache beachtet wurde, dass die Gesellschaft im Gründungsland eine Rechtspersönlichkeit besitzt.245 Liberaler war jedoch das seinerzeitige deutsche Verständnis, nach der jede Gesellschaft im Ausland automatisch anerkannt wurde. Allerdings schreckte, wie oben ausgeführt, auch der deutsche Gesetzgeber davor zurück, die automatische Anerkennung im Gesetz zu verankern, da dies den Verhandlungsspielraum beim Abschluss von Staatsverträgen verringert hätte.246 Wieviel mehr musste also Japan daran gelegen sein, seinen diplomatischen Verhandlungsspielraum nicht zu schmälern. Denn das Land war stark benachteiligt durch die mit den USA und verschiedenen europäischen Staaten geschlossenen Ungleichen Staatsverträge, die erst ab 1894 revidiert wurden und die für die Tarifautonomie sogar noch bis 1911 Wirkung entfalteten.247 Vor diesem Hintergrund ist die restriktive Handhabung der Anerkennung in Japan nur zu verständlich.

Gesetzesentwurf ist zu finden in den sechs von Laurent zwischen 1882 und 1885 herausgegebenen Bänden Avant-Projet de Révision du Code Civil. Siehe dort insbesondere Art. 536 und die dazugehörige Kommentierung in LAURENT (1883) 408 ff. 239 Nachzulesen bei LAURENT (1880) Nr. 119. Zu Laurents Zugehörigkeit zur „Neuen Italienischen Schule“ JAYME (2009) 132; D'OLIVEIRA (1989) 819; VON BAR (1889) 85 ff. 240 Dazu kritisch GRASMANN (1970) Rn. 487 f. 241 LAURENT (1880) Nr. 82; auch Nr. 84 (S. 182 f.). Siehe außerdem Art. 531 des von Laurent geschaffenen Gesetzesentwurfs, LAURENT (1883) 386 ff. Vgl. auch LAURENT (1882) 205. 242 LAURENT (1883) 409; LAURENT (1880) Nr. 119 (S. 231 f.). 243 LAURENT (1880) Nr. 121. Siehe auch LAURENT (1883) 410; zu den Hintergründen und Motiven territorialistischer Auffassungen GROSSFELD (1974b) 356 f. 244 LAURENT (1883) 409; LAURENT (1880) Nr. 119. Kritisch dazu VON BAR (1889) 301. 245 DROBNIG (1978) 693. 246 Siehe dazu oben I.2.b. 247 Zur Revision der Ungleichen Verträge SOKOLOWSKI (2010) 512 ff.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Auch in anderer Hinsicht entsprach die territorialistische Auffassung der damaligen Interessenlage in Japan.248 Sie passte zum organisationsrechtlichen Verständnis der juristischen Person, das sich auch in den Regelungen über die Gründung von juristischen Personen und Gesellschaften widerspiegelte. So räumten die Vorschriften des ZG dem japanischen Staat eine zentrale Rolle bei der Entstehung der juristischen Personen ein. Nichtwirtschaftliche Vereine und Stiftungen konnten nur unter engen, staatlich kontrollierten Bedingungen Rechtsfähigkeit erlangen.249 Für Aktiengesellschaften herrschte in Japan bis zum Inkrafttreten des HG im Jahr 1899 das Konzessionssystem. Bei der Entstehung einer Aktiengesellschaft stand also die staatliche Verleihung der Rechtspersönlichkeit im Vordergrund – anders als in Deutschland, wo schon seit 1870 das Normativsystem galt.250 Dahinter stand die Meinung, dass die vollkommene Umgestaltung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des japanischen Marktes innerhalb eines kurzen Zeitraums eine staatliche Kontrolle der Marktakteure erforderlich mache.251 Dies galt umso mehr für Gesellschaften, die nach fremdem Recht organisiert waren.252 Das territorialistische Verständnis der juristischen Person führt allerdings nicht zwangsläufig zur Annahme der Gründungstheorie. Vielmehr kann auch hier zur Entscheidung darüber, ob eine Gesellschaft ausländisch und daher eine Anerkennung erforderlich ist, entweder auf die Gründung oder aber auf den Sitz der Gesellschaft abgestellt werden.253 So wurde in der Vergangenheit in Japan unter Zugrundelegung der territorialistischen Auffassung auch die Sitztheorie vertreten.254 Auch in Belgien, wo die Sitztheorie galt, vertraten die 248 In Japan seigen shugi riron genannt; AIZAWA (2005b) 383. Zur damaligen Einschätzung der Lage durch die Väter des ZG im Einzelnen unten Dritter Teil, A.I.1. Allgemein (nicht auf Japan bezogen) zu den Motiven für die territorialistische Auffassung DROBNIG (1978) 691. 249 Siehe dazu unten Dritter Teil, A.I.1. 250 SANO (2001) 171 Fn. 18; YAMADA (1915) 885 f. Zur Verankerung des Konzessionssystems im Alten HG BAUM/TAKAHASHI (2005) 356 f. (sowie 361 zu seiner Abschaffung mit Erlass des HG im Jahr 1899); MARUYAMA (1995) 284; SOKOLOWSKI (2010) 332 f. Das Alte HG sah das Konzessionssystem aber nicht für die Offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft vor. Zur Einführung des Normativsystems in Deutschland MESTMÄCKER (1958) 85. Dem entsprach in Deutschland eine liberale Anerkennungspraxis. Siehe dazu oben I.2.b. 251 FUKUSHIMA (1991) 186 ff. m.w.N., der nachweist, dass die Einführung des Konzessionssystems gegen die Meinung Roeslers von den japanischen Kommissionsmitgliedern befürwortet wurde. 252 Zu den damals bestehenden Problemen mit Scheinauslandsgesellschaften im Einzelnen unten im Dritten Teil, A.I.1. und B.V.1. 253 LAURENT (1883) 420. 254 YAMADA (1915) 886 und 909 f.; dazu YOKOMIZO (2008) 178 und SANO (2001) 172 Fn. 22.

A. Grundlegende Theorien

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Gerichte unter Hinweis auf die territorial begrenzte Existenz der Gesellschaft eine restriktive Anerkennungspraxis.255 Laurent jedoch ging – da er die Existenz der juristischen Person aufs engste mit ihrem Gründungsstaat verknüpfte256 – von der Gründungstheorie aus. Seiner Ansicht nach bestimmte allein der Gründungsstaat darüber, welche Rechte eine juristische Person im Ausland haben könne.257 Dementsprechend lag auch der auf seiner Lehre basierenden, oben bereits angesprochenen japanischen Anerkennungsvorschrift im Alten ZG von 1890 die Gründungstheorie zugrunde.258 In Belgien dagegen setzte sich die von Laurent vertretene Gründungstheorie gegen die bereits herrschende Sitztheorie nicht durch.259 Der von ihm geschaffene Gesetzesentwurf trat aufgrund verschiedener Kritikpunkte und insbesondere wegen politischer Umbrüche in Belgien nie in Kraft.260 Zwar scheiterte auch in Japan der erste, stark durch Laurent beeinflusste Entwurf einer Kodifikation des IPR. Ursache dafür war der sog. Kodifikationenstreit, bei dem Gesetzesgegner eine grundlegende Überarbeitung der nach westlichem Vorbild entworfenen Kodifikationen durchsetzten.261 Das von Laurent übernommene Verständnis der juristischen Person blieb jedoch prägend. Im Allgemeinen wird es in Japan als „Staatsangehörigkeitsprinzip für juristische Personen“ (hôjin kokuseki-ron) bezeichnet.262 Laurent, ein Anhänger Pasquale Stanislao Mancinis, nahm für natürliche Personen das Staatsangehörigkeitsprinzip in die Vorschriften des belgischen Gesetzesentwurfs 255

ZIMMER (2004) 356 f., der jedoch feststellt, dass der eigentliche Grund für die restriktiven Gerichtsentscheidungen nicht rechtskonstruktive Gründe, sondern Schutzüberlegungen gewesen seien. Zu ähnlichen Gründen in Japan siehe unten Dritter Teil, A.I.1. Zur Geltung der Sitztheorie in Belgien siehe oben I.1. 256 LAURENT (1880) Nr. 138 a.E (S. 274). 257 LAURENT (1883) 409 und 420: „…donc leur existence et leurs droits dépendent de la loi étrangère.“ 258 Zur Vorschrift im nicht in Kraft gesetzten sog. Alten ZG siehe unten Dritter Teil, A.I.1. Dass dieser die Gründungstheorie zugrunde lag, wird dadurch bestätigt, dass die Väter des noch heute geltenden ZG sich in der Gesetzgebungsdiskussion auf sie bezogen und dabei die Gründungstheorie zugrunde legten. Siehe Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416 (Übers. d. Verf.): „Weil die juristische Person durch Rechtsetzung existiert, ist es selbstverständlich, dass die Stellung dieser juristischen Person nur innerhalb des Gebietes anerkannt ist, auf das sich die Wirkung des Rechts erstreckt. Dementsprechend kann eine juristische Person des einen Landes nicht selbstverständlich in einem anderen Land Rechtspersönlichkeit besitzen. [...] Deshalb bestimmte das Alte Zivilgesetz als Grundsatz, dass ausländische Personen nicht anerkannt werden.“ Ausführlich dazu unten Dritter Teil, Text bei Fn. 13. 259 Zur Entwicklung in Belgien siehe oben I.1. 260 NISHITANI (2000) 249 m.w.N. 261 EGAWA (1962) 1, 2; KAWAKAMI (1969) 50 ff., 72 f.; NISHITANI (2000) 251; ZWEIGERT/KÖTZ (1996) 291. Ausführlich zum Kodifikationenstreit SOKOLOWSKI (2010). 262 Dazu ATOBE (1928); SUEHIRO (1928); TAKAKUWA (2005) 266, 269 f., 296; SANO (2001) 168 Fn. 2; 171 f.; SAKURADA (2006) 163, 165, 167.

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auf.263 In seinen Erläuterungen zu juristischen Personen allerdings verwendete er den Terminus „Staatsangehörigkeit“ (nationalité) nicht, weil er die juristische Person als Fiktion und nicht im eigentlichen Sinne als Person ansah.264 Vermutlich ist die japanische Bezeichnung auf den Einfluss der französischen Lehre zurückzuführen.265 Bei der Überarbeitung des Gesetzentwurfs zum IPR berücksichtigten die verantwortlichen Rechtswissenschaftler Hozumi und Ume zahlreiche ausländische Kodifikationen und Gesetzesentwürfe – vor allem auch die Gebhard’schen Entwürfe zum deutschen EGBGB. Diese beruhten, wie oben ausgeführt, auf der Sitztheorie und enthielten den Grundsatz der automatischen Anerkennung.266 In Bezug auf ausländische Gesellschaften übernahmen Hozumi und Ume aber weder die Sitztheorie noch das in Deutschland vorherrschende liberalere Verständnis der Anerkennung. Vielmehr blieben sie beim „Staatsangehörigkeitsprinzip für juristische Personen“. Da sie also weiterhin vom streng territorialistischen Verständnis der juristischen Person ausgingen, fügten die Väter des Gesetzes in das schließlich in Kraft gesetzte international-privatrechtliche Grundlagengesetz, das sog. Hôrei, keine kollisionsrechtliche Vorschrift über Gesellschaften ein.267 Unter dem Einfluss von Hozumi und Ume, die zusammen mit Masaakira Tomii268 263 LAURENT (1882) 28 ff. Siehe insbesondere Art. 18 mit Erläuterungen (115 ff.). Siehe auch Artt. 38 ff. Zu Laurents Zugehörigkeit zur „Neuen Italienischen Schule“ JAYME (2009) 132; D'OLIVEIRA (1989) 819; VON BAR (1889) 85 ff 264 LAURENT (1883) 409 f. Zur juristischen Person als Fiktion 377 ff., insbes. 380. 265 So KITAGAWA (1977) 33 f. Allgemein zu den gesetzgeberischen Hintergründen der Übernahme des Staatsangehörigkeitsprinzips in Japan SAKURADA (1980) 68 ff. Kritisch zur Anwendung des Staatsangehörigkeitsprinzips auf juristische Personen in Japan YAMADA (1915) 879 ff. 266 Zur Rezeption der Gebhard’schen Entwürfe in Japan ISHIGURO (1991) 8; ISHII (1958) 592. Siehe auch oben Erster Teil, B.III.1. Zur Verankerung der automatischen Anerkennung in den Entwürfen und dazu, dass sie auf der Sitztheorie beruhten, siehe oben I.2.b. 267 YOKOMIZO (2008) 177 mit Hinweis in Fn. 9 auf die 1894 besprochene, schließlich aber verworfene Überlegung der Väter des Gesetzes, eine Vorschrift zur Rechtsfähigkeit juristischer Personen ins Hôrei einzufügen. Siehe auch KAWAKAMI (1946) 49; SANO (2001) 167; ISHIGURO (1983) 259 ff.; DÔGAUCHI (2005) 189 f. 268 Masaakira Tomii (1858–1935) studierte ab 1874 an der Tokyo Gaikokugo Gakkô (Fremdsprachenschule Tokyo) und ab 1877 in Frankreich. Dort erwarb er 1883 den Titel eines Doktors der Rechte und kehrte im selben Jahr nach Japan zurück. 1885 wurde er Professor an der Universität Tokyo. Er war eine der zentralen Persönlichkeiten in der Kommission zur Revision des ZG. Im Jahr 1891 wurde er durch kaiserliche Order Mitglied des Oberhauses (Kizoku-in). 1900 wurde er der erste Präsident der Hôsei Schule Kyoto (später Ritsumeikan-Universität) und später Präsident der Wafutsu Hôritsu Gakkô (später Hôsei-Universität). Ab 1918 war er Mitglied des Geheimen Staatsrates (sûmitsu-in). Er war Richter am Ständigen Schiedshof. (Informationen aus – National Diet Library, Japan.)

A. Grundlegende Theorien

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auch für die Überarbeitung des ZG zuständig waren, blieb die bereits im Alten ZG enthaltene Anerkennungsvorschrift auch in der Endfassung des ZG in liberalisierter Fassung und ergänzt durch fremdenrechtliche Schutzvorschriften bestehen.269 Die Väter des Gesetzes stützten sich zur Überarbeitung der Vorschrift rechtsvergleichend maßgeblich auf Materialien, bei denen die Bedeutung der Anerkennung im Vordergrund stand, etwa auf Art. 536 des Gesetzesentwurfs von Laurent,270 Artt. 1 und 2 des belgischen Gesetzes über die Anerkennung französischer Gesellschaften vom 14. März 1855,271 Art. 128 des belgischen Gesetzes über Handelsgesellschaften vom 18. Mai 1873,272 auf den Staatsvertrag vom 15. Mai 1862 zwischen Italien und Frankreich,273 den Staatsvertrag vom 8. Dezember 1862 zwischen Großbritannien und Belgien,274 den Staatsvertrag vom 26. November 1867 zwi269 Zum Entwurf des ZG durch Hozumi, Tomii und Ume ISHIGURO (1991) 7 f. Zu den Schutzvorschriften siehe unten Dritter Teil. 270 Art. 536 (dazu LAURENT (1883) 408 f.) lautete: „Les corporations étrangères, autres que l’État, les provinces et les communes, n’ont d’existence légale en Belgique que par une autorisation du gouvernement, sauf disposition contraire dans les traités. L’autorisation peut toujours leur être retirée. Les corporations étrangères légalement existantes peuvent exercer en Belgique les droits qui leur sont imposées aux corporations analogues créées par no lois. Celles qui n’ont pas d’existence légale sont assimilées aux sociétés de fait.“ 271 Artt. 1, 2 Loi relative à la réciprocité internationale en matière de sociétés anonymes lauteten (abgedruckt bei MAMELOK (1900) 243; zum Gesetz auch LAURENT (1883) 413; GROSSFELD (1974b) 354): „Art. 1: Les sociétés anonymes et autres associations commerciales, industrielles ou financières, qui sont soumises à l’autorisation du gouvernement franais et qui l’auront obtenue, pourront exercer tous les droits et ester en justice en Belgique, en se conformant aux lois du royaume, toutes les fois que les sociétés ou associations de même nature légalement établies en Belgique jouiront de mêmes droits en France. Art. 2: Le gouvernement est autorisé à étendre par arrêté royal et moyennant réciprocité, le bénéfice de l’art. 1 aux sociétés et associations de même nature existant en tout autre pays.“ 272 Art. 128 lautete (abgedruckt bei GROSSFELD (1974a) 211 Fn. 81. und bei NAMUR (1877) 382 und 385 sowie bei LAURENT (1883) 413): „Les sociétés anonymes et les autres associations commerciales, industrielles ou financières constituées et ayant leur siège en pays étranger pourront faire leurs opérations et ester en justice en Belgique.“ 273 So die Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416. 274 Während in den japanischen Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416 für das Abkommen der 8. Dezember 1862 angegeben ist, ist in MAKAROV (1960) 347 f. das Abkommen betreffend Handelsgesellschaften vom 13. November 1862 zu finden. Der Text von Art. 1 dieses Abkommens lautet (a.a.O.) in der offiziellen französischen Version: „Les Hautes Parties Contractantes déclarent reconnaître mutuellement à toutes les compagnies et autres associations commerciales, industrielles ou financières, constituées et autorisées suivant les lois particulières à l’un des deux pays, la faculté d’excercer tous leurs droits et d’ester en justice devant les tribunaux, soit pour intenter une action, soit pour y défendre,

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schen Großbritannien und Italien sowie den Staatsvertrag vom 27. März 1874 zwischen Großbritannien und Deutschland.275 Diese gesetzgeberischen Vorbilder, etwa wie erwähnt das belgische Gesetz, setzten teilweise die Sitztheorie voraus.276 Die japanischen Verfasser blieben jedoch bei der Gründungstheorie.277 Sie gingen dabei von der Fiktionstheorie aus: „Weil die juristische Person durch Rechtsetzung existiert, ist es selbstverständlich, dass die Stellung dieser juristischen Person nur innerhalb des Gebietes anerkannt ist, auf das sich die Wirkung des Rechts erstreckt. Dementsprechend kann eine juristische Person des einen 278 Landes nicht selbstverständlich in einem anderen Land Rechtspersönlichkeit besitzen.“

Hierin wird das territorialistische Grundverständnis der von den Vätern des Gesetzes vertretenen Gründungstheorie besonders deutlich. Da die juristische Person als ein auf das Staatsgebiet des Gründungsstaates begrenztes Gebilde gesehen wurde, stellte sich bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nicht die kollisionsrechtliche Frage, welches Recht auf sie anzuwenden sei. Vielmehr war darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen sie für den anderen Staat überhaupt existierte. Zusätzlich wurde der Gefahr einer Umgehung des japanischen Gesellschaftsrechts durch Schaffung der im Dritten Teil ausführlich analysierten Regelung zu Scheinauslandsgesellschaften Rechnung getragen.279

dans toute l’étendue des Etats et possessions de l’autre puissance, sans autre condition que de se conformer aux lois desdits Etats et possessions.“ 275 So die Gesetzgebungsmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416. 276 Zur Geltung der Sitztheorie in Belgien siehe auch schon oben I.1. 277 SANO (2001) 171; ISHIGURO (1983) 258 ff.; TAKAKUWA (1999) 146; TAKAKUWA (1997) 28; KÔNO (2000) 5. So befürwortete insbesondere Nobushige Hozumi die Gründungstheorie, wodurch es zum Streit mit Keijirô Okano kam, der maßgeblich an der Kodifizierung des HG von 1899 beteiligt war (SOKOLOWSKI (2010) 505, siehe dazu Erster Teil, B.III.1.), da dieser die Sitztheorie vertrat (Protokoll der 48. Sitzung des Gremiums zur Revision des HG vom 11. Januar 1897, abgedruckt in den Gesetzesmaterialien, HÔMU DAIJIN KANBÔ SHIHÔ HÔSEI CHÔSA-BU [UNTERSUCHUNGSABTEILUNG FÜR DIE RECHTSPFLEGE IM SEKRETARIAT DES JUSTIZMINISTERIUMS] (Schriftleitung), Nihon kindai rippô shiryô sôsho 19: Hôten Chôsa-kai – Shôhô kaigi hikki; Hôten Chôsa-kai – Shôhô i'in-kai giji yôroku [Schriftenreihe zu den Materialien des gegenwärtigen japanischen Rechts 19: Kodifikationsausschuss – Aufzeichnungen der Beratungen zum Handelsgesetz; Kodifikationsausschuss – Protokoll der zentralen Diskussionspunkte des Ausschusses für das Handelsgesetz], Tokyo 1985, 285 ff.). 278 Übers. d. Verf. aus den Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416. 279 Siehe dazu unten Dritter Teil, B.V.

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b. Dogmatischer Umbruch: Trennung zwischen kollisionsrechtlicher Methode und Fremdenrecht Die streng territorialistische Auffassung der juristischen Person wurde durch die fortschreitende Liberalisierung des materiellen Gesellschaftsrechts allmählich abgeschwächt.280 Im Ersten Weltkrieg wurde auf Grundlage der Kontrolltheorie zur Bestimmung der Feindeigenschaft ausländischer juristischer Personen auf die Staatsangehörigkeit der dahinterstehenden natürlichen Personen abgestellt.281 Danach wurde das ursprünglich vertretene „Staatsangehörigkeitsprinzip für juristische Personen“ relativiert.282 Schließlich setzte sich die noch heute herrschende Differenzierung zwischen Kollisions- und Fremdenrecht durch, wonach die Anerkennungsvorschrift im ZG fremdenrechtlich einzuordnen ist.283 Die Gründungstheorie wird seither als Regel zur Bestimmung des anwendbaren Rechts verstanden. Spätestens mit Ende des Zweiten Weltkriegs war die streng territorialistische Auffassung der juristischen Person überwunden.284 Der enge Bezug von juristischen Personen zum Staat wurde als nicht mehr zeitgemäß kritisiert.285 In der Literatur wurde die Gründungstheorie erst mit Ende des Zweiten Weltkriegs zur herrschenden Meinung.286 Zuvor vertrat die Mehrheit der Wissenschaftler im Internationalen Privatrecht (allerdings zunächst auch mit dem territorialistischen Verständnis der Staatsangehörigkeitslehre287) die Sitztheorie, während die Gründungstheorie unter den Handels- und Zivil280 YAMADA (1951a) 295. Auch GROSSFELD (1974b) 345 konstatiert, dass im Allgemeinen deutliche Parallelen zwischen dem Entwicklungsstand des materiellen Aktienrechts und der Handhabung der Anerkennung bestehen. Zur Liberalisierung des japanischen Gesellschaftsrechts siehe oben Erster Teil, B.IV.2. 281 YAMADA (2004) 245; SAKURADA (2006) 163; TAMEIKE (2005) 303 f. 282 SUEHIRO (1928) 418 f. wendete die Gründungstheorie zur Unterscheidung zwischen aus- und inländischen juristischen Personen bei Anwendung der fremdenrechtlichen Vorschriften an und stellte bei der Entscheidung darüber, ob eine juristische Personen danach bestimmte Rechte innehaben konnte, auf ihren inneren Aufbau ab. So auch noch TANAKA (1955) 587 ff. Dazu SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 141 Fn. 8 (Nishitani). 283 Maßgeblich hierfür war der Aufsatz von ATOBE (1928) 501 ff., insbes. 525 ff. TAKAKUWA (2005) 270 Fn. 10 bezeichnet ihn als epochemachend. 284 Diesen Zeitpunkt nennt YOKOMIZO (2008) 179 (m.w.N. in Fn. 24). Siehe zur damaligen Literatur etwa KUBO (1948) 129 ff.; KAWAKAMI (1953) 4 ff. und KAWAKAMI (1946) 48 ff. (der die Sitztheorie vertrat); OKAMOTO (1952) 68 ff.; YAMADA (1951a) 295 ff. Zur Überwindung der territorialistischen Auffassung auch TAKAKUWA (2005) 266; SAKURADA (2006) 163; TAMEIKE (2005) 304. 285 So insbesondere KAWAKAMI (1946) 44 ff. (dargelegt bei YOKOMIZO (2008) 178 f.) 286 YAMADA (1951b) 470 ff.; OKAMOTO (1952) 70 f.; OKAMOTO (1953) 119; KUBO (1948) 131 f.; SANEKATA (1952a) 143 ff.; HATTORI (1954) 427 ff. Die Sitztheorie vertrat jedoch Tarô Kawakami, siehe KAWAKAMI (1946) 44 ff.; KAWAKAMI (1953) 5 ff. 287 Die territorialistische Auffassung führt nicht zwangsläufig zur Annahme der Gründungstheorie, vgl. oben Fn. 254 f.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

rechtlern bereits vorherrschend war.288 Nachdem dieser Meinungsstreit entschieden war, nahm die Zahl der Veröffentlichungen zum Internationalen Gesellschaftsrecht ab. Insbesondere aus dem Blickwinkel des Zivil- und Handelsrechts wurde nur noch wenig dazu geforscht.289 c.

Die Gründungstheorie in Literatur und Rechtsprechung Japans

i.

Die Gründungstheorie als herrschende Meinung

Heute wird die Gründungstheorie mehrheitlich als kollisionsrechtliche Regel zur Wahl des anwendbaren Rechts verstanden. Demgegenüber steht die Anerkennung beim Umgang mit nach ausländischem Recht gegründeten juristischen Personen nicht mehr im Vordergrund der Diskussion.290 Nach wie vor gibt es für Gesellschaften keine spezifische kollisionsrechtliche Vorschrift.291 Auch aus dem Bestehen der fremdenrechtlichen Vorschrift gegen Scheinauslandsgesellschaften lässt sich nicht zwingend auf die Geltung der Gründungstheorie schließen.292 Denn vereinzelt wurde vertreten, dieser Vorschrift liege die Sitztheorie zugrunde.293 Die große Mehrheit der Autoren befürwortet jedoch seit vielen Jahren die Gründungstheorie.294 Die Vertreter der Sitztheorie konnten sich dagegen nicht durchsetzen.295

288

Diese Unterscheidung nehmen auch TAKAKUWA (2005) 266 und 295; HATTORI (1954) 427 vor. Die Sitztheorie vertraten TERAO (1897) 699 ff. und insbesondere YAMADA (1903) 659 ff.; YAMADA (1915) 892 ff., die auf den Ort der Hauptniederlassung (honten shozai-chi) abstellen. Dazu m.w.N. SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 140 Fn. 5 (Nishitani). Für die Gründungstheorie sprachen sich dagegen UME (1905) 86 ff.; MATSUMOTO (1916) 665 ff. aus. 289 SANO (2001) 168 mit Verweis auf TAKAKUWA (1997) 18. 290 SANO (2001) 172 f.; YAMADA (2004) 246. Andere Ansicht DÔGAUCHI (2005) 175 ff., siehe zu dieser Meinung unten iv. 291 Zu den jüngsten Kodifizierungsbemühungen siehe unten B.II. 292 Die Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften ist heute in Art. 821 GesG zu finden. Früher war sie in Art. 258 HG a.F., ab 1938 in Art. 482 HG a.F. verortet. Siehe dazu unten Dritter Teil, B.V. 293 TANAKA (1955) 589. Danach zielte die fremdenrechtliche Vorschrift zwar ins Leere, soweit sie bestimmte, dass auf Auslandsgesellschaften mit Hauptniederlassung in Japan dieselben Vorschriften anzuwenden seien wie auf japanische Gesellschaften. Regelungsziel der Vorschrift sei es aber gewesen, auch für Gesellschaften, deren Hauptzweck es ist, in Japan Handel zu treiben, die Anwendung japanischen Rechts anzuordnen. 294 YAMADA (2004) 228 f.; TAMEIKE (2005) 296; SAKURADA (2006) 166; TAKAKUWA (2005) 271; SAWAKI/DÔGAUCHI (2006) 184 f.; HAYATA (1996) 98 f.; KITAZAWA (2001) 37 f.; EGAWA (1996) 168. Zur älteren Literatur unten Fn. 286. Siehe auch YOKOMIZO (2008) 179; GROSSFELD/YAMAUCHI (1985) 230. 295 Vertreter der Sitztheorie waren insbesondere KAWAKAMI (1946) 44 ff.; KAWAKAMI (1953) 5 ff.; TANAKA (1955) 611 ff.; ORIMO (1972) 49 ff.

A. Grundlegende Theorien

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Dass die japanischen Gerichte der Gründungstheorie folgen, kommt in den Urteilsbegründungen nicht immer klar zum Ausdruck.296 Beispielhaft dafür ist das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 15. Juli 1975, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:297 Die Gesellschafter einer Vorgesellschaft hatten zur Vorbereitung des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft mit einem Dritten einen Vertrag abgeschlossen, in dem sie sich zu einer Mietzahlung verpflichteten. Der OGH hatte darüber zu entscheiden, ob die Verbindlichkeiten der Vorgesellschaft auf die Gesellschaft übergegangen waren. Die Gesellschaft war nach dem Recht des US-Bundesstaates New York gegründet worden und führte ihre Geschäfte von New York aus. Das Gericht urteilte, „da es sich um ein Problem der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft handelt, ist gemäß Art. 3 Abs. 1 Hôrei analog nach dem Statut der betreffenden Gesellschaft zu entscheiden. [...] Da die Gesellschaft nach dem Recht von New York gegründet wurde und darüber hinaus ihr Hauptsitz in New York ist, [...] ist anwendbares Recht das Recht des Staates 298 New York.“

Daraus könnte man – da der OGH neben dem Ort der Gründung der Gesellschaft auch auf den Sitz der Gesellschaft abstellte – schließen, dass er der Sitztheorie folgte.299 Jedoch wird die Aussage des OGH von der Literatur mehrheitlich so ausgelegt, dass hier sowohl die Sitz- als auch die Gründungstheorie zum Recht von New York führten und daher eine Festlegung auf eine der Theorien dahinstehen konnte.300 Eine Analyse des Urteils bestätigt dies. Die Wahl zwischen Sitz- und Gründungstheorie war nicht entscheidungsrelevant und daher vom Gericht nicht vorzunehmen. Wie der OGH nannte auch das DG Tokyo in einem Urteil aus dem Jahr 1992 sowohl die Gründung der Gesellschaft (die in Kalifornien stattgefunden hatte) als auch ihren Sitz in Kalifornien als Anknüpfungsmomente.301 Das DG sagte zwar ausdrücklich, dass „anwendbares Recht das Gründungsrecht, also das Recht des Staates Kalifornien“ sei.302 In der Literatur wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Aussage des Gerichts sich auf eine Gesellschaft bezo296

Zur Kürze der Entscheidungsgründe als Merkmal des japanischen Rechtsprechungsstils RAHN (1990) 342 ff. 297 OGH, Urteil vom 15. Juli 1975, Jurisuto 618 (1976) 163. Erläutert bei TAKAKUWA (2005) 270 ff.; HIROE (1995) 110; DOI (1991) 180; YAMADA (2004) 229 Fn. 11; SCHWITTEK (2012) 691 ff. auch zu den Urteilen der Vorinstanzen: DG Tokyo, Urteil vom 25. Dezember 1973, Hanrei Jihô 747 (1974) 80; OG Tokyo, Urteil vom 18. Juli 1974, Minshû 29-6, 1079. 298 Übers. d. Verf. aus OGH (vorige Fn.) 164 f. 299 KIDANA/MATSUOKA (1994) 29 (Yamauchi); GROSSFELD/YAMAUCHI (1985) 231. 300 TAKAKUWA (2005) 271. Ähnlich in der deutschen Literatur die Interpretation von GRASMANN (1970) Rn. 259 zu RG, Urteil vom 27. Mai 1910, RGZ 73, 366; RG, Urteil vom 29. Oktober 1938, RGZ 159, 42. 301 DG Tokyo, Urteil vom 28. Januar 1992, Hanrei Jihô 1437 (1993) 122. 302 DG Tokyo (vorige Fn.) 215.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

gen habe, deren Sitz- und Gründungsrecht übereinstimmten. Sie könne nicht ohne weiteres so ausgelegt werden, dass das Gründungsrecht auch dann anwendbar sein solle, wenn es vom Sitzrecht abweiche.303 ii.

Anknüpfungsmoment

Nach in Japan herrschender Meinung ist auf eine Gesellschaft das Recht anwendbar, das bei Gründung der juristischen Person zugrunde gelegt wurde.304 Maßgebliches Anknüpfungsmoment ist somit der Ort der ursprünglichen Inkorporation der juristischen Person – der Ort, an dem die Gesellschaft erstmals ihre juristische Persönlichkeit erlangt hat. Diese Variante der Gründungstheorie ist abzugrenzen von anderen Ausprägungen, die in der deutschen Diskussion eine Rolle spielen.305 In Japan ist nicht „das Gesellschaftsrecht desjenigen Ortes maßgeblich, den die Satzung als Sitz der Gesellschaft bestimmt“.306 Auch ist nicht, wie etwa in der Schweiz, das Recht der aktuellen Organisation der Gesellschaft anwendbar.307 Nach diesen Ausprägungen der Gründungstheorie ist das anwendbare Recht wandelbar, nach der in Japan vertretenen Gründungstheorie jedoch nicht. Begründet wird das Abstellen auf die ursprüngliche Inkorporation mit ihrer Bedeutung für das Bestehen der juristischen Person. Zwar könne die Existenz einer Gesellschaft nicht getrennt von ihrer soziologischen Realität (shakaigakuteki jitsuzai) gesehen werden, jedoch sei das eigentliche Wesen (honshitsu) einer juristischen Person letztlich das eines rechtstechnischen Instruments bzw. Gebildes (hô-gijutsuteki shudan taru koto).308 Eine juristische Person werde schließlich immer, sei es durch Konzession (tokkyo) oder bloße 303 KANZAKI (1995) 217. Anderer Ansicht SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 159 (Nishitani). 304 TAKAKUWA (2005) 269; TAMEIKE (2005) 295; YAMADA (2004) 227. In der japanischen Diskussion zum Internationalen Gesellschaftsrecht steht die Behandlung juristischer Personen im Vordergrund. Zur Behandlung anderer Vereinigungen siehe unten d. 305 Zu den verschiedenen möglichen Anknüpfungsmomenten rechtsvergleichend aus deutscher Sicht HOFFMANN (2002) 283 ff., der zwischen der eigentlichen Gründungstheorie (wie in Japan vertreten), der Registrierungs- und der Organisationstheorie unterscheidet. Siehe auch die rechtsvergleichende Übersicht unten III. 306 So für die deutsche Diskussion MÜLBERT/SCHMOLKE (2001) 263. Dazu kritisch HOFFMANN (2002) 284 f. und 307 f. 307 Siehe dazu unten Fn. 366. 308 YAMADA (2004) 227. Diese Begründung steht der „Geschöpf-Theorie“ des EuGH (siehe dazu oben Text bei Fn. 186) insofern nahe, als beide Ansätze die Tatsache ins Zentrum rücken, dass der Staat über die Existenz einer Gesellschaft entscheidet (dazu ZIMMER/NAENDRUP (2009) 546). Jedoch lässt der EuGH gerade offen, wie der Staat diese Macht ausfüllt – d.h. wie der Gründungsakt auszusehen hat und was dabei im Vordergrund steht. In Japan dagegen ist eine bestimmte Form der Ausgestaltung dieser staatlichen Befugnis – nämlich dass dabei der Mitwirkungsakt des Staates im Vordergrund steht – die Begründung für die Geltung der Gründungstheorie.

A. Grundlegende Theorien

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Eintragung, nach dem Recht eines bestimmten Landes gegründet und erlange durch dieses Recht ihre Rechtspersönlichkeit (hôjin-kaku).309 Der Umgang mit ausländischen juristischen Personen steht also gegenüber der rechtlichen Behandlung von Vereinigungen ohne Rechtspersönlichkeit im Vordergrund.310 iii.

Rechtsfolgen

Anwendbar ist unveränderlich das Recht, das zum Zeitpunkt der Gründung zugrunde gelegt wurde. Das japanische Kollisionsrecht spricht grundsätzlich eine Sachnormverweisung aus.311 Ein renvoi ist nur in gesetzlich normierten Ausnahmefällen anerkannt, zu denen das Gesellschaftsstatut nicht zählt. Das Kollisionsrecht des Gründungsstaates wird also nicht befragt, ob es die Verweisung annimmt. Anwendbar ist das materielle Recht, das bei der Gründung zugrunde gelegt wurde. Wurde die Gesellschaft nach ausländischem Recht gegründet, so ist die japanische fremdenrechtliche Vorschrift des Art. 821 GesG zu beachten. Danach haften die Gründer einer solchen Gesellschaft persönlich, wenn Zweck der Gesellschaft die Errichtung einer Hauptniederlassung in Japan oder die hauptsächliche Geschäftstätigkeit in Japan ist.312 Bei einem Verweis auf japanisches Recht ist die Lage des Satzungssitzes, die ja auf kollisionsrechtlicher Ebene irrelevant ist, auf nachgelagerter materiellrechtlicher Ebene von Bedeutung.313 Nach japanischem materiellem Recht ist es nicht möglich, eine Gesellschaft mit Satzungssitz im Ausland zu gründen.314 Denn als juristische Person entsteht eine Gesellschaft erst durch Eintragung der Gründung an ihrem in der Satzung festgelegten Hauptsitz, d.h. ihrem Satzungssitz.315 Läge der Satzungssitz im Ausland, wären eine Eintragung der Gründung und mithin auch eine Entstehung als juristische Person nicht möglich.316 Im umgekehrten Fall – d.h. bei einer nach ausländischem 309

TAMEIKE (2005) 295; YAMADA (2004) 227. KOIDE (2009) 388 Fn. 26. Zum Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen siehe unten d. 311 Siehe dazu oben Erster Teil, B.III.3.b. 312 Ausführlich dazu siehe unten Dritter Teil, B.V. 313 Dazu, dass die Lage des Satzungssitzes für die Bestimmung des maßgeblichen Rechts in Japan keine Rolle spielt, siehe oben ii. 314 EGASHIRA (2011) 68. 315 Nach Art. 49, 579, 911-914 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 4. 316 EGASHIRA (2011) 68, der zudem auf die prozessrechtliche Bedeutung des Satzungssitzes hinweist. Zu den Vorgängervorschriften Art. 57 HG, Art. 4 GmbH-Gesetz KAMEDA (1998) 1 f., der in Fn. 5 (m.w.N.) darauf verweist, dass das Gesetz über die Aufgaben von Konsulaten (Ryôji-kan no shokumu ni kansuru hôritsu), Gesetz Nr. 70/1899 hiervon eine Ausnahme machte, indem es den Konsulaten im Rahmen der Konsulargerichtsbarkeit auch das Recht übertrug, die Eintragung von Gesellschaften vorzunehmen. Dies sollte es ermög310

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Recht gegründeten Gesellschaft mit Satzungssitz in Japan – ist nach japanischem Recht weder eine Eintragung als japanische noch als ausländische Gesellschaft möglich.317 Daher ist auch eine identitätswahrende (d.h. ohne Auflösung und Neugründung vollzogene) Verlegung des Satzungssitzes von oder nach Japan unmöglich.318 iv.

Argumente für und gegen die Gründungstheorie

In Japan wird die dogmatische Fundierung der Gründungstheorie kontrovers diskutiert. Ein Teil der Literatur zieht als dogmatische Grundlage die Parteiautonomie der Gesellschaftsgründer heran. Ein anderer Teil begründet die Gründungstheorie damit, dass zum Recht des Gründungsortes die engste Verbindung bestehe, dort also der Sitz des Rechtsverhältnisses zu lokalisieren sei.319 Abzulehnen ist eine Mindermeinung, nach der in Japan beim Umgang mit ausländischen juristischen Personen auch heute noch die Anerkennung der Handlung eines anderen Staates (nämlich der staatlichen Ernennung zur juristischen Person) im Vordergrund steht.320 Danach ist die Frage des Umgangs mit ausländischen juristischen Personen nicht im Kollisionsrecht anzusiedeln. Diese Ansicht ist angesichts der Liberalisierung des materiellen Gesellschaftsrechts und der Internationalisierung der Handelsaktivitäten nicht mehr zeitgemäß.321 Die Meinung, der zufolge sich die Gründungstheorie auf die Parteiautonomie der Gründer stützt, zieht eine Parallele zu der Rechtswahl beim Vertrag gemäß Art. 7 RAG (Art. 7 Abs. 1 Hôrei).322 Auch die Gründungstheorie gebe den Gründern die Möglichkeit, das auf die Gründung der Gesellschaft anwendbare Recht zu wählen.323 Die Parteiautonomie, also die Befugnis der lichen, eine Gesellschaft nach japanischem Recht mit Satzungssitz im exterritorialen Gebiet in China zu gründen. Dazu auch NOMURA (2000) 21. 317 KAMEDA (1998) 2. 318 Siehe dazu auch unten Vierter Teil, B.XII. Zu den Rechtsfolgen der identitätswahrenden Sitzverlegung aus deutscher Sicht SANDROCK (2004) 77 f. 319 Gemeint ist der Sitz des Rechtsverhältnisses im Sinne von Savignys, siehe VON SAVIGNY (1849) 120. 320 Vertreten von DÔGAUCHI (2005) 175 ff. Zur entsprechenden Auffassung des Gesetzgebers siehe oben 2.a. Jedoch geht Dôgauchi nicht mehr generell von der damals vertretenen territorialistischen Auffassung der juristischen Person aus. Vielmehr sei nur aus japanischer Sicht wegen Art. 35 ZG eine solche Anerkennung erforderlich (DÔGAUCHI (2005) 197). 321 So auch YAMADA (2004) 229 Fn. 10; SANO (2001) 174. Kritisch auch TAKASUGI (2007) 127 ff.; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 160 f. (Nishitani). 322 Zur gesetzlichen Verankerung der Parteiautonomie in Japan NISHITANI (2000) 250 ff. 323 OKAMOTO (1952) 72 f.; SANO (2001) 176; KÔNO (2000) 3; KITAGAWA (1966) 261; ISHIGURO (1983) 264 f.

A. Grundlegende Theorien

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Vertragsparteien zur Wahl des auf den Vertrag anwendbaren Rechts,324 bildet im System des japanischen Internationalen Privatrechts eine Ausnahme. In der Tradition von Savignys wird auf ein Rechtsverhältnis in der Regel das Recht jenes Ortes angewendet, zu dem das Rechtsverhältnis objektiv die engste Beziehung aufweist.325 Im Internationalen Vertragsrecht jedoch ist die Anknüpfung an den Parteiwillen aufgrund verschiedener Rechtfertigungsgründe seit Erlass des Hôrei anerkannt.326 Die Anerkennung der Parteiautonomie auch im Internationalen Gesellschaftsrecht wird teilweise damit begründet, dass Unternehmen optimal organisiert sein müssten, um in der heutigen liberalisierten und internationalisierten Wirtschaftswelt bestehen zu können. Sie müssten also mit möglichst geringem Aufwand einen größtmöglichen Ertrag erzielen können. Den Gründern, die am besten wüssten, in welchem Land und in welcher Form die Gesellschaft zu gründen sei, um der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Handelsaktivität der Gesellschaft bestmöglich zu entsprechen, müsse die entsprechende Wahlmöglichkeit offenstehen.327 Auch sei es insbesondere bei Gesellschaften, die international expandierten, schwierig, ein Zentrum der Betriebsführung (kei’ei kanri no chûshin) zu bestimmen. In diesen Fällen sei die Maßgeblichkeit der Rechtsordnung mit dem engsten Bezug zur juristischen Person am besten dadurch gewährleistet, dass die Gründer der Gesellschaft das anwendbare Recht bestimmen können.328 Manche Befürworter des Ansatzes, der die Parteiautonomie als dogmatische Grundlage heranzieht, nehmen als Rechtsquelle der Gründungstheorie die Natur der Sache (jôri) an.329 Eine andere Meinung führt die Parallele zur vertragsrechtlichen Parteiautonomie so weit, dass sie die Anwendung von Art. 7 Hôrei a.F. (heute Art. 7 Abs. 1 RAG) auf die Gesellschaftsgründung fordert. Sie begründet dies damit, dass für die Gesellschaft keine Sonderregeln bestünden und daher die Regeln über Verträge anwendbar seien.330 Zu Recht wird jedoch auch von Befürwortern des Ansatzes der Parteiautonomie darauf hingewiesen, dass die gesetzgeberische Intention bei Art. 7 Hôrei nicht die Regelung der Gründung juristischer Personen war und die Vorschrift daher nicht anwendbar sei.331 Vielmehr schuf der Gesetzgeber bewusst

324

TAMEIKE (2005) 45. DÔGAUCHI (2008) 51. 326 DÔGAUCHI (2008) 53; SAKURADA (2006) 203; ausführlich auch NISHITANI (2000) 316 ff., insbes. 319 ff. 327 SANO (2001) 175 f. 328 SANO (2001) 176. 329 SANO (2001) 176 Fn. 40. Zu jôri allgemein RÖHL (1996) 67 ff.; BÖHLICKE (1996) 7 ff. 330 OKAMOTO (1952) 72 f. 331 SANO (2001) 176 Fn. 40. 325

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

keine Regelung zu dem auf ausländische juristische Personen anwendbaren Recht im Hôrei.332 Von Kritikern wird darauf hingewiesen, dass die Vergleichbarkeit zum Internationalen Vertragsrecht insofern fehle, als es bei der Gründung der juristischen Person um die Schaffung von Tatbeständen gehe, im Vertragsrecht dagegen von einem bestimmten, bereits feststehenden Tatbestand ausgegangen werde.333 Vor allem aber seien bei der juristischen Person die Außenbeziehungen zu Dritten wichtiger als beim Vertrag.334 In Bezug auf Dritte sei die uneingeschränkte Anwendung der Parteiautonomie nicht angemessen.335 Der Versuch, die Problematik der Außenbeziehungen einer juristischen Person über eine Parallele zur Stellvertretung beim Vertrag zu lösen,336 vermag diese Bedenken nicht vollends auszuräumen.337 Das entscheidende Argument gegen die Parteiautonomie als dogmatische Grundlage der Gründungstheorie ist, dass die Gründer nicht eigentlich ihre Parteiautonomie i.S. der Befugnis zur Wahl des anwendbaren Rechts ausüben. Denn auch bei Anwendung der Gründungstheorie wählen die Gründer nicht direkt das anwendbare Recht, sondern können lediglich den Gründungsort frei bestimmen.338 Maßgeblich ist in Japan, zumal die Diskussion auf juristische Personen fokussiert ist, tatsächlich nicht das subjektive Anknüpfungsmoment des Parteiwillens, sondern das objektive (wenn auch durch die Gründer bestimmbare) Anknüpfungsmoment des Ortes, an dem die Gesellschaft erstmals ihre juristische Persönlichkeit erlangt hat. Sachgerechter ist daher die Gegenmeinung. Sie begründet das Abstellen auf den Ort der Gründung damit, dass die Gesellschaft ein rechtstechnisches Gebilde ist. Da sie ihre Rechtsfähigkeit nach den Voraussetzungen und dem Verfahren der Gründungsrechtsordnung erhalten habe und nach den Vorgaben dieses Rechts organisiert sei, bestehe zu diesem Recht die engste Verbindung.339 Diese Wertung ist angemessen, zumal sich die Diskussion vornehmlich auf den Umgang mit juristischen Personen bezieht.340 Die Aussage, das Recht des Landes, nach dem die Gesellschaft gegründet wurde, sei auf die Gesellschaft anwendbar, wird als tautologisch kritisiert. 332

Siehe dazu oben a. YAMADA (2004) 227 Fn. 6 mit Verweis auf BEITZKE (1938) 67 f. 334 YAMADA (2004) 227 Fn. 6 mit Verweis auf BEITZKE (1938) 67 f. 335 TAKASUGI (2007) 137 mit Verweis auf NEUHAUS (2000) 267. 336 SANO (2001) 182. 337 Siehe ausführlich dazu unten Vierter Teil, B.III.3.a. 338 So auch TAKASUGI (2007) 137 f.; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 158 (Nishitani). 339 KIDANA/MATSUOKA (1994) 28 (Yamauchi); EGAWA (1957) 168; YAMADA (2004) 227 ff. (Zur entsprechenden Argumentation von deutschen Anhängern der Gründungstheorie GRASMANN (1970) Rn. 481 m.w.N.). 340 Zur Konzentration der Diskussion auf den Umgang mit juristischen Personen KOIDE (2009) 388 Fn. 26. Zum Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen siehe unten d. 333

A. Grundlegende Theorien

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Eine Antwort auf die Frage, welches Recht auf die Gesellschaft anwendbar sein soll, werde damit im Grunde nicht gegeben.341 Insofern sei das Argument für die Anwendung der Sitztheorie stichhaltig, dass die eigentlich engere Beziehung in tatsächlicher Hinsicht zu dem Staat bestehe, in dem die Gesellschaft hauptsächlich tätig sei – also, wie nach in Deutschland lange Zeit herrschender Meinung, zum Staat ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes.342 Das ist insofern richtig, als eine enge Verbundenheit zum Sitzstaat anzuerkennen ist. Ebenso besteht jedoch – wie gerade ausgeführt – eine enge Verbindung zum Gründungsstaat. Die Kriterien, die die Befürworter der beiden Theorien zur Begründung der engsten Verbindung heranziehen, unterscheiden sich in ihrer Art. Die Vertreter der Sitztheorie stellen auf die tatsächliche Betroffenheit des Staates ab, jene der Gründungstheorie auf die Rolle des Staates bei der Entstehung der juristischen Person. Wegen dieser Verschiedenartigkeit der Kriterien verschiebt sich die Gewichtung je nach Blickwinkel und rechtspolitischer Zielsetzung. Es ist daher nicht möglich, allgemein ein Überwiegen des einen oder anderen Kriteriums festzustellen. Für die Gründungstheorie sprechen jedoch ihre Anwendungsvorteile. Ihre Vertreter weisen darauf hin, dass ihre Anwendung einfacher sei und zu klareren Ergebnissen führe.343 Ein Vorteil gegenüber der Anwendung der Sitztheorie ergebe sich daraus, dass der Begriff des tatsächlichen Sitzes unklar sei.344 Unter den Befürwortern der Sitztheorie ist strittig, wie der tatsächliche Sitz der Gesellschaft zu bestimmen ist – ob auf das Zentrum des Betriebs oder der Produktion (eigyô naishi gengyô no chûshin-chi) oder aber auf das Zentrum des Managements oder der Verwaltung (kei’ei naishi tôkatsu no chûshin-chi) abzustellen ist.345 Das Gründungsrecht sei besser festzustellen als der tatsächliche Sitz einer Gesellschaft.346 Damit seien gerichtliche Entscheidungen leichter vorhersehbar, wodurch die Rechtssicherheit erhöht werde.347 Dieser Beurteilung ist angesichts der Schwierigkeiten der deutschen Rechtsprechung bei der Bestimmung des Verwaltungssitzes zuzustimmen.348 Auch wird zu Recht argumentiert, die Konsequenzen aus der Anwendung der Gründungstheorie bereiteten in der Praxis weniger Probleme. Diese Theo341 YAMADA (1915) 886; dazu SANO (2001) 170 (der sich aber mit anderer Begründung für die Gründungstheorie ausspricht). 342 EGAWA/KAWAKAMI (1950) 119; ORIMO (1972) 38 f. Auch einige Vertreter der Gründungstheorie räumen dies ein: SANO (2001) 170; TAKAKUWA (2005) 270; YAMADA (2004) 227. Siehe zu diesem Argument in Deutschland oben I.2.c.iv. 343 SANO (2001) 170 f.; TAKAKUWA (2005) 269; TAMEIKE (2005) 296. 344 SANO (2001) 170; TAMEIKE (2005) 296. 345 Dargestellt bei ORIMO (1972) 38 f., der der Sitztheorie folgt. 346 TAKAKUWA (2005) 269, 271; SANO (2001) 171 f.; KAMEDA (1998) 2. 347 Wie in Deutschland sind auch in Japan grundsätzlich die zur Anwendung einer Kollisionsnorm erforderlichen Tatsachen von den Parteien vorzutragen, PETERSEN (2003) 426. 348 Zu den Schwierigkeiten in Deutschland siehe oben I.2.c.ii.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

rie bringe den Vorteil mit sich, dass sie das auf eine Gesellschaft anwendbare Recht unveränderlich festlege. Die Beständigkeit des Gesellschaftsstatuts sei wünschenswert, da dieses etwa auch auf für die Gesellschaft und den Rechtsverkehr zentrale Angelegenheiten, wie die innere Organisation und die Geschäftsfähigkeit (kôi nôryoku) einer Gesellschaft, anzuwenden sei.349 Demgegenüber sei ein Statutenwechsel, den ein grenzüberschreitender Sitzwechsel bei Anwendung der Sitztheorie bewirke, problematisch.350 Auch sei die Konsequenz aus der Anwendung der Sitztheorie, dass bei Auseinanderfallen von Gründungs- und Sitzstaat die Rechtspersönlichkeit der juristischen Person verneint werde und die Gesellschaft sich neu zu gründen habe, in der Praxis nicht allein vorteilhaft und zudem kompliziert durchzuführen.351 Dem ist im Hinblick auf die Folgeprobleme, die bei Anwendung der Sitztheorie entstehen, zuzustimmen.352 Auch in Japan wird gegen die Gründungstheorie vorgebracht, dass ihre reine Anwendung wegen des Auftretens von Scheinauslandsgesellschaften Probleme im Rechtsverkehr hervorbringe.353 Ihre Befürworter halten jedoch dagegen, auch bei Anwendung der Gründungstheorie sei – auf nachgelagerter materiellrechtlicher Ebene – ein Schutz vor Scheinauslandsgesellschaften möglich.354 Die Rechtsfolgen einer Regulierung auf materiellrechtlicher Ebene seien überdies differenzierter und angemessener als jene, die sich bei Anwendung der Sitztheorie ergeben. Denn die Sitztheorie spreche der juristischen Person, deren tatsächlicher Verwaltungssitz nicht im Gründungsstaat liege, nicht nur in ihrem jeweiligen Sitzstaat, sondern überall – auch in ihrem Gründungsstaat – die juristische Existenz ab. Das Ergebnis der Sachnormverweisung durch die Sitztheorie, demzufolge der juristischen Person auch für ihr Handeln in dem Staat, in dem sie ursprünglich wirksam gegründet wurde, die Existenz verneint werde, sei überflüssig und widersinnig.355

349

Zur Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts auf die innere Organisation siehe unten Vierter Teil, B.V. Zur Anwendbarkeit auf die Geschäftsfähigkeit siehe unten Vierter Teil, B.III. 350 TAMEIKE (2005) 296; SANO (2001) 170 f.; TAKAKUWA (2005) 271. Zur Möglichkeit des Statutenwechsels bei Anwendung anderer Varianten der Gründungstheorie vergleiche unten III. 351 TAKAKUWA (2005) 271; SANO (2001) 170 f. 352 Ausführlich zu den Folgeproblemen nach deutschem Recht siehe oben I.2.c.iv. 353 ORIMO (1972) 41 f.; als Vertreter der Gründungstheorie weisen darauf hin: TAMEIKE (2005) 296; TAKAKUWA (2005) 298 f.; YAMADA (2004) 228, der insbesondere auf Gesellschaften aus dem US-Bundesstaat Delaware verweist. 354 Siehe dazu unten Dritter Teil, B.V. 355 YAMADA (2004) 228; TAKAKUWA (2005) 299. Das in der deutschen Literatur vorgebrachte Argument, dass bei einer Gesamtverweisung auf das Sitzrecht der Sitzstaat auf das Gründungsrecht weiterverweisen könne (RAAPE (1961) 199), beseitigt diese Bedenken nicht völlig. Denn so wäre die Entscheidungsbefugnis des Gründungsstaates davon abhän-

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d.

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Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen

Der Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen steht in der japanischen Diskussion zum Internationalen Gesellschaftsrecht nicht im Vordergrund.356 Soweit das auf sie anwendbare Recht diskutiert wird, sind die Meinungen geteilt. In einer Entscheidung aus dem Jahr 1979 bestimmte das OG Tokyo das auf eine nichtrechtsfähige türkische Vereinigung anzuwendende Recht in erster Linie nach dem Schwerpunkt ihrer Tätigkeit (katsudô no honkyo no shozai-chi), in zweiter nach der Nationalität ihrer Mitglieder, wobei es eine Parallele zu fremdenrechtlichen Vorschriften zog.357 Anders als das OG Tokyo, das das Gründungsrecht nicht für maßgeblich ansah, wendet die herrschende Meinung in der Literatur auch bei nichtrechtsfähigen Vereinigungen – ähnlich wie bei juristischen Personen – grundsätzlich das Recht an, das ihrer Gründung zugrunde gelegt wurde.358 Nur bei nichtrechtsfähigen Vereinigungen, für die keine besondere Gründungshandlung oder kein besonderes Gründungsverfahren besteht, kommt danach das Recht des Ortes zur Anwendung, an dem sich das Zentrum des Geschäftsbetriebs (eigyô katsudô no chûshin-chi) befindet.359 Teilweise wird das damit begründet, dass in diesem Fall anzunehmen sei, die Gründung habe am Zentrum des Geschäftsbetriebs stattgefunden.360 Andere Autoren kritisieren den Ansatz der herrschenden Meinung dahingehend, dass bei nichtrechtsfähigen Vereinigungen eben nicht, wie bei juristischen Personen, eine besondere Gründungshandlung oder ein Gründungsverfahren nach dem Recht eines bestimmten Landes stattgefunden habe. Daher sei die Anwendung des Gründungsrechts problematisch. Es sei angemessener, grundsätzlich das Recht des Ortes anzuwenden, an dem sich das Zentrum des gig, dass der Sitzstaat der Gründungstheorie folgt. Im japanischen Recht ist die Sachnormverweisung die Regel. Siehe dazu oben Erster Teil, B.III.3.b. 356 KOIDE (2009) 388 Fn. 26. Gemeint sind Vereinigungen, die nach ihrem Gründungsrecht nicht juristische Person sind, was aber nicht ausschließt, dass ihnen bestimmte Rechte zustehen. Korrekt ist also eigentlich der Begriff Vereinigungen oder Stiftungen ohne Rechtspersönlichkeit (hôjin-kaku no nai shadan mata wa zaidan) (etwa von YAMADA (2004) 241 verwendet). In der japanischen Literatur werden sie jedoch häufig als nichtrechtsfähige Vereine oder Stiftungen (kenri nôryoku naki shadan mata wa zaidan) bezeichnet, etwa bei TAMEIKE (2005) 302. Der besseren Lesbarkeit wegen wird diese Terminologie hier übernommen. 357 OG Tokyo, Beschluss vom 3. Juli 1979, Hanrei Jihô 939 (1979) 37. Das Gericht bezog sich u.a. auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 4 Luftverkehrsgesetz (Kôkû-hô, Gesetz Nr. 231/1952 i.d.F. des Gesetzes Nr. 70/2014); zu dieser Vorschrift siehe unten Dritter Teil, C. 358 TAMEIKE (2005) 302; YAMADA (2004) 241 ff. Der Anwendungsbereich des Statuts nichtrechtsfähiger Vereinigungen wird grundsätzlich wie bei juristischen Personen bestimmt. 359 TAMEIKE (2005) 302; YAMADA (2004) 242 Fn. 3. 360 YAMADA (2004) 242 Fn. 3.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Geschäftsbetriebs befindet. Allerdings ist auch nach dieser Meinung auf Vereinigungen wie die deutsche OHG oder die englische Partnership, die zwar keine Rechtspersönlichkeit besitzen, für die aber Gründungshandlung und -verfahren ähnlich wie bei juristischen Personen vorgesehen sind, das Gründungsrecht anzuwenden.361 Eine Mindermeinung will bei nichtrechtsfähigen Vereinigungen ohne Unterschied immer das Vertragsstatut auf die Gesellschaftsgründung anwenden.362 Auch ein Urteil des Berufungsgerichts Tokyo aus dem Jahr 1909 qualifizierte die Innen- und Außenbeziehungen einer englischen Partnership als Gesellschaftsvertrag und wendete nach Art. 7 Abs. 1 Hôrei (heute Art. 7 RAG) das Vertragsstatut an.363 Dieser Ansatz ist jedoch abzulehnen, da er den Anwendungsbereich des Vertragsstatuts deutlich überdehnt.364 III. Einordnung in den rechtsvergleichenden Kontext Die in den vorigen Kapiteln vorgestellten länderspezifischen Ausprägungen von Sitz- und Gründungstheorie veranschaulichen exemplarisch die Grundpositionen beim Umgang mit ausländischen Gesellschaften. Um sie in einen globalen Zusammenhang zu setzen, werden im Folgenden verschiedene in anderen Ländern vertretene Varianten dieser Grundpositionen skizziert. Dies soll den Gegenstand der Arbeit, das Internationale Gesellschaftsrecht Japans, konturieren. Zudem wird so das Internationale Gesellschaftsrecht Deutschlands als dessen rechtsvergleichender Bezugspunkt verortet. Im Vergleich mit abweichenden Ausprägungen der Gründungstheorie, die in anderen Ländern vertreten werden, lassen sich einige Charakteristika der heute in Japan vertretenen Theorie ausmachen.365 Anders als in Japan wird in der Schweiz auf ein veränderliches Anknüpfungsmoment abgestellt. Nach Art. 154 des Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht wird grundsätzlich das Recht der aktuellen Organisation der Gesellschaft

361

TAKAKUWA (2005) 273 f. OKAMOTO (1952) 72 f. 363 Berufungsgericht (Kôso-in) Tokyo, Urteil vom 26. April 1909, Hôritsu Shinbun 572, 13. 364 So auch YAMADA (2004) 242 f. 365 Umfassendere Übersichten über die Länder, in denen die Sitz- und in denen die Gründungstheorie vertreten wird, sind bei SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 1462 f. (Spahlinger/Wegen); REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5037 ff. (Hausmann); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 511 f.; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 153 ff. zu finden, jeweils m.w.N. Siehe auch die tabellarische Übersicht über Mitgliedstaaten der EU in Status:Recht 02/2008, 71 sowie SCHWARZ (2000) Rn. 164 (Mitgliedstaaten der EU im Jahr 2000). 362

A. Grundlegende Theorien

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angewendet.366 Dagegen wird in Japan wie in den Ländern des common law unveränderlich an den Ort angeknüpft, an dem die Gesellschaft ursprünglich gegründet wurde.367 Auch in den Niederlanden ist Anknüpfungsmoment grundsätzlich der Ort der ursprünglichen Inkorporation.368 Allerdings ist auf kollisionsrechtlicher Ebene spezialgesetzlich anerkannt, dass für ausländische Gesellschaften der Statutenwechsel durch Verlegung des Satzungssitzes möglich ist, wenn das Recht beider Länder dies zulässt.369 Da eine solche Ausnahmeregel in Japan nicht besteht und auf den Ort der ursprünglichen Inkor366 Art. 154 Schweizer Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (Bundesblatt 1988 I 5 (deutsche Fassung), abgedruckt in IPRax 1988, 376) lautet: „(1) Gesellschaften unterstehen dem Recht des Staates, nach dessen Vorschriften sie organisiert sind, wenn sie die darin vorgeschriebenen Publizitäts- oder Registrierungsvorschriften dieses Rechts erfüllen oder, falls solche Vorschriften nicht bestehen, wenn sie sich nach dem Recht dieses Staates organisiert haben. (2) Erfüllt eine Gesellschaft diese Voraussetzungen nicht, so untersteht sie dem Recht des Staates, in dem sie tatsächlich verwaltet wird.“ Dazu HOFFMANN (2002) 283, 303 ff.; RAMMELOO (2001) 150 ff. (auch zur historischen Entwicklung); BEHRENS (1997) Rn. CH 50 (Behrens); EBENROTH/MESSER (1989) 49 ff.; SCHWANDER (2002) 65 ff. Zu den verschiedenen Anknüpfungsmomenten der Gründungstheorie auch MÜNCH. HDB. GESR VI/Thölke (2013) § 1 Rn. 88. 367 HOFFMANN (2002) 290 ff. und 307 f. dazu, dass im common law eine nachträgliche Änderung des anwendbaren Rechts, abgesehen von wenigen spezialgesetzlichen Ausnahmen, nach herrschender Meinung nicht möglich ist. HOFFMANN (2002) 289 Fn. 36 m.w.N. zur Rechtslage in Irland, Australien, Schottland, Indien und Kanada. In Kanada gilt auch in der zum Rechtskreis des civil law gehörigen Provinz Qebec nach Art. 3083 Abs. 2 Code civil grundsätzlich die Gründungstheorie, MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 510 Fn. 16 m.w.N. Zur Entstehung der Gründungstheorie in England und zum domicile of origin siehe oben II.1. Zur Bedeutung der (hier nicht relevanten) veränderlichen residence der Gesellschaft als Anknüpfungspunkt für Gesellschaften ZIMMER (2003a) 304 f. 368 Art. 2 des Gesetzes über das Kollisionsrecht der Körperschaften (Wet conflictenrecht corporaties, Gesetz vom 17. Dezember 1997, in Kraft seit 1. Januar 1998, Staatsblad 699) lautet (Übers. aus TIMMERMAN (1999) 148 Fn. 1): „Für eine Körperschaft, die nach dem Gründungsvertrag oder der Gründungsurkunde ihren Sitz oder (falls kein Sitz bestimmt ist) das Zentrum ihrer zur Zeit der Errichtung nach außen gerichteten Geschäftstätigkeit auf dem Gebiet des Gründungsstaates hat, gilt das Recht des betreffenden Staates.“ Dazu TIMMERMAN (1999) 148; RAMMELOO (2001) 96 ff.; überzeugende Herleitung des maßgeblichen Anknüpfungspunktes bei HOFFMANN (2002) 283, 301 ff.; anderer Ansicht MÜLBERT/SCHMOLKE (2001) 263 Fn. 109 und CHARISIUS (2001) 131, die den aktuellen Satzungssitz als maßgebliches Anknüpfungskriterium ansehen. 369 Nach Art. 4 des Gesetzes über das Kollisionsrecht der Gesellschaften (Angaben siehe vorige Fn.). Dazu HOFFMANN (2002) 303. Allerdings lässt das materielle Recht der Niederlande die Satzungssitzverlegung nicht zu. Praktisch relevant ist die Vorschrift des Art. 4 Gesetz über das Kollisionsrecht der Gesellschaften also nur, wenn der Satzungssitz nach außerhalb der Niederlande verlegt wird. Dazu TIMMERMAN (1999) 152 ff.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

poration abgestellt wird, ist ein Statutenwechsel ausgeschlossen. Bei der Verweisung auf das Recht des Gründungsstaates ist der renvoi in Japan – anders als etwa in Korea und Italien – nicht anerkannt.370 Ob der Gründungsstaat der Sitz- oder der Gründungstheorie folgt, ist nach japanischem Recht also unerheblich. Zwar stellt Japan wie England auf den Ort der ursprünglichen Inkorporation ab. Jedoch haben die englische und die japanische Gründungstheorie verschiedene dogmatische Ursprünge. Erkennbar ist dies im unterschiedlichen Verständnis der Anerkennung. In Großbritannien herrschte bereits vor 140 Jahren eine äußerst liberale Anerkennungspraxis.371 Japan dagegen gab bei der Entscheidung über den Umgang mit ausländischen juristischen Personen der Anerkennung aufgrund einer aus Belgien rezipierten, streng territorialisch ausgerichteten Auffassung der juristischen Person eine zentrale Bedeutung und verankerte im Gesetz (allerdings nicht ohne Ausnahmen) den Grundsatz der Nichtanerkennung.372 Zwar wurde etwa in den USA zwischenzeitlich eine radikal territorialistische Auffassung der juristischen Person vertreten, die eine Anerkennung erforderlich machte. Seitdem diese jedoch überwunden ist, wird der Anerkennung auch dort – wie seit langem in den anderen Ländern des common law und in Deutschland – keine eigenständige Relevanz mehr zugemessen.373 Im japanischen Recht und im romanischen Rechtskreis dagegen hat die Anerkennung auch heute noch eine – wenn auch sehr geringe – Bedeutung.374 Dies beruht vor allem auf ihrer historischen Bedeutung, möglicherweise aber auch nach wie vor auf rechts- bzw. wirtschaftspolitischen Erwägungen.375 Neben der Anerkennungsvorschrift, die heute dem Fremdenrecht zugeordnet wird, gibt es in Japan weitere fremdenrechtliche Vorschriften, die dem Verkehrsschutz dienen und im Dritten Teil dieser Arbeit analysiert werden. 370

Zum Grundsatz der Sachnormverweisung in Japan siehe oben Erster Teil, B.III.3.b.; zum chinesischen Recht PISSLER (2006) 292 f.; zum italienischen Recht KINDLER (1997) 252 ff. 371 GROSSFELD (1974b) 345 f.; DROBNIG (1978) 689 f. weist darauf hin, dass der Anerkennung in England kaum Bedeutung zugemessen wurde. 372 Ausführlich dazu oben II.2.a. 373 Dazu DROBNIG (1978) 692; GROSSFELD (1974b) 346 ff. 374 In Belgien bestimmt die Anerkennungsvorschrift des Art. 58 Abs. 1 Gesellschaftsgesetzbuch (Code des sociétés/Wetboek van vennootschappen, Gesetz vom 7. Mai 1999. Art. 58 Abs. 1, geändert durch Art. 137 des Gesetzes vom 16. Juli 2004, Übers. ) Folgendes: „Gesellschaften, die im Ausland gegründet sind und dort [ihre Hauptniederlassung] haben, können in Belgien ihre Geschäfte tätigen, gerichtlich vorgehen und dort eine Zweigniederlassung errichten.“ Zur Rechtslage in Frankreich LOUSSOUARN/BOUREL/VAREILLES-SOMMIÈRES (2007) Rn. 713. Zur Anerkennungsvorschrift im japanischen Recht siehe unten Dritter Teil, A.I. 375 Zu diesen Hintergründen im romanischen Rechtskreis DROBNIG (1978) 691 f.

A. Grundlegende Theorien

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Auf kollisionsrechtlicher Ebene jedoch wird die Anwendung des Gründungsrechts grundsätzlich nicht eingeschränkt. Allenfalls werden gesellschaftsrechtliche Teilfragen durch Sonderanknüpfung inländischem Recht unterstellt.376 Abweichend davon ergänzen etwa Korea und Italien auf kollisionsrechtlicher Ebene die Gründungs- durch die Sitztheorie (i.S.d. sog. modifizierten Sitztheorie Deutschlands377). In Korea gilt das bei Errichtung der juristischen Person anwendbare Recht. Haben aber nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaften wesentliche Geschäftsbüros in Korea oder entfalten sie dort wesentliche Unternehmungen, so kommt koreanisches Recht zur Anwendung.378 In Italien wird grundsätzlich das Recht des Ortes angewendet, an dem die Gründung abgeschlossen wurde. Befindet sich jedoch der Sitz der Hauptverwaltung oder der Hauptgegenstand der juristischen Person in Italien, ist italienisches Recht anwendbar.379 In beiden Ländern wird also im besonders relevanten Problemfall, dass eine Gesellschaft im Ausland gegründet wurde, aber vornehmlich im Inland tätig ist, das inländische Gesellschaftsrecht angewendet. Auch in Japan wurde bis vor einigen Jahren die Gründungstheorie dadurch eingeschränkt, dass nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaften, deren Hauptniederlassung in Japan lag oder deren Hauptzweck es war, in Japan Geschäfte zu betreiben, verpflichtet waren, allen Vorschriften nachzukommen, die für nach japanischem Recht gegründete Gesellschaften galten. 376

Siehe etwa unten Vierter Teil, B.III.3.b.; allgemein BEHRENS (2007) 401 ff., kritisch dazu MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 388 ff. 377 Zur inzwischen von der h.M. in Deutschland vertretenen sog. modifizierten Sitztheorie und der zuvor angewendeten strengen Sitztheorie siehe oben I.2.c.iii. 378 § 16 Gesetz zum Internationalen Privatrecht Südkoreas (Gesetz Nr. 6465 vom 7. April 2001) lautet (Übers. von B. PISSLER, RabelsZ 70 (2006) 342 ff.): „Juristische Personen und Organisationen unterliegen dem auf ihre Errichtung anwendbaren Recht. Wenn juristische Personen und Organisationen im Ausland errichtet wurden und wesentliche Geschäftsbüros in der Republik Korea haben oder wesentliche Unternehmungen in der Republik Korea entfalten, unterliegen sie dem Recht der Republik Korea.“ Eine Einschränkung auf materiellrechtlicher (also nachgelagerter, daher wohl praktisch nicht relevanter) Ebene enthält § 617 Handelsgesetz. Zum koreanischen Gesellschaftsstatut PISSLER (2006) 296 f. 379 Art. 25 Abs. 1 Riforma del sistema italiano di diritto internazionale privato (Gesetz Nr. 218 vom 31. Mai 1995) lautet (Übers. von K. SIEHR, RabelsZ 61 (1997), 344, 350): „Gesellschaften, Vereine, Stiftungen und alle anderen juristischen Personen, seien sie öffentlicher oder privater Natur, unterliegen, auch wenn sie keinen Verbandscharakter haben, den Gesetzen des Staates, in dessen Herrschaftsbereich das Verfahren ihrer Gründung beendet worden ist. Jedoch ist italienisches Recht anwendbar, wenn der Verwaltungssitz in Italien ist oder wenn sich der Hauptgegenstand dieser juristischen Person in Italien befindet.“ Zum Gesellschaftsstatut ZIMMER (2003a) 303; KINDLER (1997) 282 ff.; MAGLIO/ THORN (1997) 357 ff.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Dies war allerdings durch eine fremdenrechtliche Vorschrift im HG a.F., also auf Ebene des materiellen Rechts festgelegt. Die Einzelheiten dieser Regelung sind Gegenstand der Analysen im Dritten Teil.380 Für die Einordnung der japanischen Gründungstheorie in den rechtsvergleichenden Kontext sei jedoch bereits hier festgehalten, dass die Rechtslage in Japan zwar nicht in der Regelungstechnik, aber in der Rechtsfolge derjenigen in Korea und Italien entsprach, wo für Gesellschaften mit Verwaltungssitz im Inland die Sitztheorie gilt. Besonders deutlich wird diese Ähnlichkeit, wenn man bedenkt, dass die japanische Vorschrift ursprünglich aus Italien rezipiert wurde, wo die Regelung erst 1995 aus dem Codice Civile in das neu geschaffene Gesetz zum IPR überführte wurde.381 Mit den Rechtsfolgen der Sitztheorie stimmte die durch Anwendung der japanischen fremdenrechtlichen Vorschrift geschaffene Rechtslage insofern überein, als sich die japanische Vorschrift nicht – wie etwa die Vorschriften zum Schutz des Rechtsverkehrs in einigen Bundesstaaten der USA oder in der Schweiz – darauf beschränkte, nur bestimmte Vorschriften des inländischen Rechts, insbesondere solche zur Haftung, für anwendbar zu erklären.382 Vielmehr wurden die betroffenen ausländischen Gesellschaften in Japan verpflichtet, allen Vorschriften nachzukommen, die für in Japan gegründete Gesellschaften galten – also auch den japanischen Gründungsvorschriften. Kam die Gesellschaft diesen nicht nach, so wurde sie als nichtrechtsfähige Vereinigung behandelt. Die dagegen vorgebrachte Kritik, der Umgang mit einer nichtrechtsfähigen Vereinigung sei für japanische Gläubiger eher nachteilig und diene somit nicht dem Verkehrsschutz, weist denn auch Ähnlichkeit mit der gegen die deutsche Sitztheorie vorgebrachten Argumentation auf.383 Die umstrittene Rechtsfolge wurde schließlich, als die fremdenrechtliche Vorschrift in das 2006 in Kraft gesetzte GesG verschoben wurde, durch 380

Dazu unten Dritter Teil, B.V.1. Zur Rezeption der italienischen Regelung in Japan siehe unten Dritter Teil, Fn. 249 m.w.N. Zur Übernahme der früher in Artt. 2502, 2509 Codice civile enthaltenen Regelung in Art. 25 Abs. 1 Riforma del sistema italiano di diritto internazionale privato KINDLER (1997) 281 f. Eine synoptische Darstellung ist abgedruckt in IPRax 1996, 356, 360. 382 Zur den in verschiedenen Bundesstaaten der USA bestehenden Regelungen DRURY (1998) 188 ff.; SCOLES/HAY/BORCHERS/SYMEONIDES (2004) § 23.9; EBENROTH/EINSELE (1988) 217 ff.; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 31 und 156. Art. 159 Schweizer Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (Bundesblatt 1988 I 5 (deutsche Fassung), abgedruckt in IPRax 1988, 376) lautet: „Werden die Geschäfte einer Gesellschaft, die nach ausländischem Recht gegründet worden ist, in der Schweiz oder von der Schweiz aus geführt, so untersteht die Haftung der für sie handelnden Personen schweizerischem Recht.“ Dies ist nach Ansicht von HEINI (1992) 405 ein „Anwendungsfall der sog. Überlagerungstheorie“. Zu der von Sandrock entwickelten Überlagerungstheorie SANDROCK (1978b) 246. 383 Zur in Deutschland geübten Kritik gegen die Sitztheorie siehe oben II.2.c.iv. Zur Kritik gegen die japanische fremdenrechtliche Vorschrift siehe unten Dritter Teil, B.V.1. 381

A. Grundlegende Theorien

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die Festlegung einer Handelndenhaftung ersetzt.384 Insofern besteht also heute keine Ähnlichkeit mehr zur Rechtslage bei Anwendung der Sitztheorie. Die Tatbestandsmerkmale der Vorschrift wurden hingegen unverändert ins GesG übernommen. Nach wie vor wird auf die Hauptniederlassung abgestellt.385 Insofern drängt sich die Parallele zur Bestimmung des Verwaltungssitzes bei Geltung der Sitztheorie auf. In Deutschland stellt die herrschende Meinung bei der Bestimmung des tatsächlichen Verwaltungssitzes, wie oben dargelegt, allein darauf ab, „wo die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden“.386 In Belgien dagegen bestimmt das Gesetz, dass die Hauptniederlassung zu bestimmen sei, „indem insbesondere die zentrale Verwaltungsstelle sowie die zentrale Geschäfts- oder Tätigkeitsstelle und subsidiär der satzungsgemäße Sitz berücksichtigt werden“.387 Das Kriterium der „zentralen Verwaltungsstelle“, das der in Deutschland herrschenden Definition des tatsächlichen Verwaltungssitzes am nächsten kommt, verliert durch die anderen Kriterien an Bedeutung. So ist eine Gesellschaft, deren zentrale Verwaltungsstelle außerhalb Belgiens liegt, keine ausländische Gesellschaft, wenn etwa ihr Geschäftszentrum und zusätzlich der Satzungssitz in Belgien liegen.388

384

Siehe dazu unten Dritter Teil, B.V.2.c. Art. 821 Abs. 1 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „Eine Auslandsgesellschaft, die ihren Hauptsitz in Japan errichtet oder deren Hauptziel es ist, in Japan Geschäfte zu betreiben, darf in Japan nicht dauerhaft Handel treiben.“ 386 Dazu oben Text bei Fn. 55. 387 Art. 4 § 3 IPR-Gesetz (Code de droit international privé/Wetboek van internationaal privaatrecht, Gesetz vom 16. Juli 2004. Dass das Recht der Hauptniederlassung der Gesellschaft anwendbar ist, bestimmt Art. 110 Abs. 1 IPR-Gesetz. Die Bestimmung lautet (Übers. ): „Juristische Personen unterliegen dem Recht des Staates, auf dessen Gebiet sich ab ihrer Gründung ihre Hauptniederlassung befindet.“ Die drei gemäß Art. 4 § 3 IPR-Gesetz für die Bestimmung der Hauptniederlassung maßgeblichen Kriterien sind nach in der Wichtigkeit absteigender Reihenfolge geordnet. Der Inhalt des Begriffs „zentrale Verwaltungsstelle“ stimmt mit dem des Terminus „Hauptverwaltung“ in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 EVÜ überein. Siehe Erläuterungen zum Gesetzesentwurf, Sitzung des Senats vom 7. Juli 2003, 3-27/1, 31, . Die Sitztheorie ist in Belgien seit 1873 gesetzlich verankert. Zunächst war die Bestimmung im Gesellschaftsgesetzbuch (Angaben dazu in Fn. 374) enthalten, bis sie 2004 – also nach den EuGH-Entscheidungen Centros, Überseering und Inspire Art – in das neu geschaffene IPR-Gesetz eingefügt wurde. Zum Erlass des Gesetzes PERTEGAS (2006) 53 ff. (59 f. zur Kodifikation des Gesellschaftsstatuts). 388 Erläuterungen zum Gesetzesentwurf, Sitzung des Senats vom 7. Juli 2003, 3-27/1, 32 (): „[…] en d’autres termes, la seule circonstance que le pouvoir de direction s’exerce à 385

106

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Auch die französische Variante der Sitztheorie steht der Gründungstheorie tendenziell näher als die deutsche, da jedenfalls in der Praxis regelmäßig an den Satzungssitz angeknüpft wird und dieser aufgrund materiellrechtlicher Anforderungen regelmäßig im Gründungsstaat liegt.389 Insgesamt lässt sich festhalten, dass bei der konkreten Bestimmung des Verwaltungssitzes erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bestehen. Bezogen auf die japanische fremdenrechtliche Vorschrift könnte man nun annehmen, dass in Japan die gerade dargestellten verschiedenen Möglichkeiten der Bestimmung des Verwaltungssitzes und die etwa in Deutschland mit der Subsumtion verbundenen Probleme schlicht auf die Ebene des materiellen Rechts verschoben seien.390 Jedoch setzt sich die japanische Diskussion von den soeben dargestellten Ansätzen schon durch den rechtspolitischen Hintergrund der fremdenrechtlichen Vorschrift ab. Zwar bezwecken sowohl die japanische Vorschrift als auch die Sitztheorie den Schutz des Rechtsverkehrs.391 Während Deutschland, Belgien und Frankreich aber ein regelmäßig partir d’une société mère située à l’étranger ne suffirait pas à disqualifier la localisation du siège réel en Belgique.“ Siehe Auch PERTEGAS (2006) 59 f. 389 So auch MENJUCQ (2009) 125. In Frankreich ist die Sitztheorie gesetzlich verankert. Art. 1837 Abs. 1 Code civil (Text online auf ) bestimmt: „Toute société dont le siège est situé sur le territoire français est soumise aux dispositions de la loi française. Les tiers peuvent se prévaloir du siège statutaire, mais celui-ci ne leur est pas opposable par la société si le siège réel est situé en un autre lieu.“ Art. L.210-3 Handelsgesetz (Code de commerce, Gesetz von 15. September 1807 i.d.F. des Gesetzes vom 18. Juni 2011, online abrufbar ) lautet: „Les sociétés dont le siège social est situé en territoire français sont soumises à la loi française. Les tiers peuvent se prévaloir du siège statutaire, mais celui-ci ne leur est pas opposable par la société si son siège réel est situé en un autre lieu.“ Anknüpfungmerkmal ist also der „Sitz“, ohne dass allerdings näher konkretisiert wird, ob damit der tatsächliche Verwaltungs- oder der Satzungssitz gemeint ist. Die Rechtsprechung knüpft in der Regel an den Satzungssitz an. Dieser darf jedoch nicht in einer Rechtsordnung verortet werden, zu der keinerlei tatsächliche Bezüge bestehen. Auch verliert die Anknüpfung an den Satzungssitz durch das in Abs. 2 verankerte Drittgünstigkeitsprinzip an Gewicht. Danach können sich Dritte auf den statutarischen Sitz berufen, er kann ihnen aber nicht entgegengehalten werden, wenn sich der tatsächliche Sitz an einem anderen Ort befindet. Zur Rechtslage ZIMMER (2003a) 303 m.w.N. zur Rechtsprechung; POHLMANN (1988) 46 ff.; BATIFFOL/LAGARDE (1993) Nr. 193 ff.; LOUSSOUARN/BOUREL/ VAREILLES-SOMMIÈRES (2007) Rn. 707 ff.; MENJUCQ (2008) Rn. 90 ff., sowie Rn. 121 ff. zu den Auswirkungen der EuGH-Rechtsprechung auf die Interpretation des französischen Internationalen Gesellschaftsrechts; dazu auch MENJUCQ (2010a) 3172; MENJUCQ (2010b) 127 ff. 390 Zu den Problemen bei der Bestimmung des tatsächlichen Verwaltungssitzes in Deutschland siehe oben I.2.c.ii. 391 Zu dieser Zielsetzung der Sitztheorie siehe I.2.c.iv.

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

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angewendetes Anknüpfungsmoment definieren, ist die japanische Regelung eine Ausnahmevorschrift zur Sanktionierung von Gesetzesumgehungen. Wie sich dies auf ihre Auslegung auswirkt, wird im Dritten Teil analysiert.392

B. Regelungsentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie: Modelle für die Zukunft? B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

Wie oben dargelegt, beruht die gegenwärtige Rechtslage im deutschen Internationalen Gesellschaftsrecht in weiten Teilen auf Deutschlands Einbindung in die EU.393 Die aufgrund der europarechtlich bedingten Änderung der Rechtslage entstandene Rechtsunsicherheit und die Spaltung des Gesellschaftsstatuts waren Hauptgründe für die jüngsten Versuche des Bundesministeriums der Justiz, das Kollisionsrecht für Gesellschaften zu kodifizieren.394 Interessant ist, dass es in letzter Zeit auch in Japan Kodifikationsbestrebungen im Bereich des Internationalen Gesellschaftsrechts gegeben hat, obwohl die politische, wirtschaftliche und geographische Ausgangslage sich ganz anders darstellt als in Deutschland. Auch in Japan sollte die – allerdings seit langem herrschende – Gründungstheorie im Gesetz verankert werden. Weder in Deutschland noch in Japan hatte das Kodifikationsprojekt Erfolg – aus ganz verschiedenen Gründen. Jedoch bündeln die Entwürfe beider Länder den aktuellen Stand der Diskussion und lenken als Zukunftsmodelle den Blick nach vorn. Die Reaktionen auf die angedachten Lösungsansätze und die Gründe für deren Scheitern geben Aufschluss über Gegenwart und Zukunft des Internationalen Gesellschaftsrechts in seinem jeweiligen rechtlichen und vor allem auch in seinem rechtspolitischen Umfeld.

392

Im Dritten Teil unter B.V.2.b. (am Ende). Siehe oben A.I.2.d. 394 Zum Kodifikationsprojekt der 2. Kommission des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht von 1972 LAUTERBACH (1972) 18 ff. Kritisch dazu DROBNIG (1967) 93 ff. Bei der Reform des IPR im Jahr 1986 wurde der Bereich des Internationalen Gesellschaftsrechts ausgeklammert, um Bestrebungen der EG-Staaten zur Rechtsvereinheitlichung abzuwarten. Dazu BT-Drucksache 10/504, 29, 44; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5031 (Hausmann). Das EWG-Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften und juristischen Personen vom 29. Februar 1968 (BGBl 1972 II S. 369) ist wegen der gescheiterten Ratifizierung durch die Niederlande nie in Kraft getreten, vgl. DAUSES (2011) R.1, Rn. 12 (Kreuzer/Wagner); SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 1 (Müller). Auch der Entwurf einer Haager Konvention zur Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von ausländischen Gesellschaften, anderen Personenverbänden und Stiftungen trat nie in Kraft. Zum Entwurf WOLFF (1952) 375 ff.; DÖLLE (1952) 185 ff. 393

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

I. Deutschland: Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz (2008) 1. Zustandekommen Um nach den oben dargestellten tiefgreifenden Änderungen im Gesellschaftskollisionsrecht infolge der Rechtsprechung des EuGH die Rechts- und Planungssicherheit für ausländische Gesellschaften in Deutschland wiederherzustellen, veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz am 7. Januar 2008 einen Referentenentwurfs zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (im Folgenden „RefE“).395 Es setzte darin den Wandel der Rechtslage konsequent um, indem es die Gründungstheorie gesetzlich verankerte. Der Gesetzesentwurf beruht maßgeblich auf den Vorarbeiten der Kommission „Internationales Gesellschaftsrecht“ des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht (im Folgenden „Spezialkommission“). Die Spezialkommission wurde am 10. September 2003 durch das Plenum des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz eingesetzt.396 In der Überzeugung, dass eine Reform allein des materiellen Rechts den Vorgaben des EuGH nicht gerecht werden könne, erarbeitete die Kommission einen Vorschlag für die Kodifizierung des Gesellschaftskollisionsrechts auf europäischer und, falls eine europäische Regelung (noch) nicht verwirklicht werden könnte, auf deutscher Ebene.397 Mit der Veröffentlichung des auf den Vorschlägen der Kommission beruhenden RefE strebte das Bundesjustizministerium schließlich eine nationale Regelung an. Es bestand die Hoffnung, dass die deutsche Regelung Vorbildcharakter für eine spätere europäische Regelung haben werde.398

395

Der Referentenentwurf ist online zu finden unter . Zitiert werden die Vorschriften des RefE in der Nummerierung, die sie im Falle der Inkraftsetzung im EGBGB haben. Zu den Änderungen im Gesellschaftskollisionsrecht infolge der Rechtsprechung des EuGH siehe oben A.I.2.d. 396 SONNENBERGER (2007) V f. (Sonnenberger), 4 f. (Erläuterungen der Spezialkommission). 397 Siehe dazu SONNENBERGER/BAUER (2006) 2; SONNENBERGER (2007) 6 (Erläuterungen der Spezialkommission). Um die europaweite Publizität des Vorschlags in Hinblick auf eine europaweite Regelung zu gewährleisten, wurde der Vorschlag ins Englische, Französische und Italienische übertragen, siehe SONNENBERGER (2007) 65 ff. (Sonnenberger/Bauer), 123 ff. (Sonnenberger/Bauer), 191 ff. (Kindler/Pedriali-Kindler). 398 Siehe dazu SONNENBERGER/BAUER (2006) 6 sowie SCHNEIDER (2008) 569, der zu Recht darauf hinweist, dass der Gesetzgeber dafür seine Überlegungen zu einer EURegelung in der Gesetzesbegründung offenlegen sollte.

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

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2. Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie a.

Überblick über den Inhalt

Der Entwurf bezieht sich auf „Gesellschaften, Vereine und juristische Personen“, womit in Übereinstimmung mit Art. 48 Abs. 2 EG (heute Art. 54 Abs. 2 AEUV) alle Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (v.a. auch die BGBGesellschaft) und des Handelsrechts, Vereine und sonstigen juristischen Personen des Privatrechts erfasst sind.399 Die Regelung gilt auch für den nichtrechtsfähigen Verein.400 Über den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit hinaus gehören auch privatrechtliche Gesellschaften, die keinen Erwerbszweck verfolgen, dazu.401 Art. 10 Abs. 1 RefE verankert die Gründungstheorie im deutschen EGBGB. Welche Sachverhalte gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind, ist der nicht abschließenden („insbesondere“) Aufzählung in Art. 10 Abs. 2 RefE zu entnehmen.402 In Art. 10a ist zudem das auf die Umwandlung und in Art. 10b RefE das auf den Statutenwechsel anwendbare Recht geregelt.403 Mit der Kodifizierung des Anwendungsbereichs des Gesellschaftsstatuts in Art. 10 Abs. 2 RefE besteht ein klar formulierter Katalog, der einen Kernbereich des Gesellschaftsstatuts festlegt und so die Grundlage für eine kontinuierliche Rechtsentwicklung bildet. Der RefE sieht einen umfassenden Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts vor, lässt aber, da die Regelung nicht abschließend ist, Raum für die Diskussion von Abgrenzungsproble399 WAGNER/TIMM (2008) 84 f. Im Vorschlag der Spezialkommission noch ausdrücklich festgeschrieben in Art. 10 Abs. 1, siehe SONNENBERGER (2007) 11 und 19 f. (Erläuterungen der Spezialkommission). 400 BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, Referentenentwurf – Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (2008), , 9. 401 BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, Referentenentwurf – Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (2008), , 9; SONNENBERGER (2007) 19 f. (Erläuterungen der Spezialkommission): Die im Vorschlag der Spezialkommission in Art. 10 Abs. 1 vorgesehene Definition der Gesellschaften wurde nicht in den RefE übernommen. 402 Nach Art. 10 Abs. 2 RefE ist das Gesellschaftsstatut insbesondere maßgeblich für 1. die Rechtsnatur und die Rechts- und Handlungsfähigkeit, 2. die Gründung und die Auflösung, 3. den Namen und die Firma, 4. die Organisations- sowie die Finanzverfassung, 5. die Vertretungsmacht der Organe, 6. den Erwerb und den Verlust der Mitgliedschaft und die mit dieser verbundenen Rechte und Pflichten, 7. die Haftung der Gesellschaft sowie die Haftung ihrer Mitglieder oder Organmitglieder für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, 8. die Haftung wegen der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten. Siehe dazu die Erläuterungen bei WAGNER/TIMM (2008) 86 ff. und die einzelnen Unterkapitel im Vierten Teil. 403 Dazu SAGASSER/BULA/BRÜNGER (2011) Rn. 113 f. (Sagasser/Link).

110

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

men.404 Durch das Offenlassen besonders streitiger Abgrenzungsprobleme bleibt Raum für die erforderliche Diskussion in Rechtsprechung und Lehre. Strittige Grenzfragen – insbesondere politisch brisante Themen – in der Kodifizierung zu lösen, wäre nach Meinung der Kommission demgegenüber nicht sinnvoll gewesen.405 Gerade das Ausklammern dieser Streitfragen führte allerdings zu heftiger Kritik und schließlich sogar zur Stagnation des Kodifikationsprojekts.406 Da Reichweite und Konzeption der gesellschaftlichen Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie der Vertretungsmacht der Organe in den verschiedenen Rechtsordnungen sehr unterschiedlich sind, wurde mit Art. 12 Abs. 2, 3 RefE eine Sonderanknüpfung zum Schutz des Rechtsverkehrs geschaffen.407 Nach Art. 12 Abs. 2 RefE i.V.m. Art. 12 Abs. 1 EGBGB kann sich eine Gesellschaft nicht auf eine nach ihrem Statut bestehende Rechts- oder Handlungsunfähigkeit oder auf die danach fehlende Vertretungsmacht ihres Organs berufen, wenn sie (d.h. ihr Organ bzw. Organmitglied) und ihr nicht bösgläubiger Vertragspartner sich gleichzeitig in einem anderen Staat befunden haben, nach dessen Recht die Gesellschaft rechts- bzw. handlungsfähig war bzw. die Vertretungsmacht bestand. Schon jetzt wird dieses Ergebnis über die analoge Anwendung des Art. 12 Abs. 1 EGBGB erzielt.408 Tritt eine ausländische Gesellschaft nicht unter ihrem eigentlichen Statut auf, können sich gutgläubige Dritte gemäß Art. 12 Abs. 3 RefE auf das Recht berufen, unter dem die Gesellschaft aufgetreten ist. b.

Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie

In der zentralen Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 RefE ist die Gründungstheorie verankert.409 Grundsätzlicher Anknüpfungspunkt ist nach Satz 1 der Ort der (konstitutiven oder deklarativen) Registrierung der Gesellschaft. Maßgeblich 404

Zustimmend auch WAGNER/TIMM (2008) 86. SONNENBERGER (2007) 19 (Erläuterungen der Spezialkommission). Brisant war insbesondere die Behandlung der unternehmerischen Mitbestimmung, deren Kodifizierung der DEUTSCHE ANWALTVEREIN (2008) fordert. Auch BOLLACHER (2008) 205 spricht sich für die Lösung der politisch umstrittenen Fragen in der Kodifikation aus. 406 MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen/Ego (2012) Rn. 188. Kritik kam insbesondere vom Deutschen Gewerkschaftsbund, siehe SEYBOTH (2008) 132 ff. Kritisch auch KÖSTER (2008) 214. 407 SONNENBERGER (2007) 26 (Erläuterungen der Spezialkommission) und 229 f. (Sitzungsbericht Behrens zur Diskussion über die Vorentwürfe). 408 PALANDT-Thorn (2013) Anh zu Art. 12 EGBGB Rn. 11. 409 BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, Referentenentwurf – Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (2008), , 6, 9; SONNENBERGER (2007) 205 f. (Sitzungsbericht Zimmer), 217 ff. (Sitzungsbericht Kindler); 389 ff. (Kindler). 405

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

111

ist die Ersteintragung als Hauptniederlassung. Ist die Gesellschaft (noch) nicht registriert, wird subsidiär gemäß Satz 2 das Recht der (nach außen sichtbaren) Organisation der Gesellschaft angewendet. Ist (etwa bei Innengesellschaften) eine Organisation der Gesellschaft nicht erkennbar, kommt gemäß Art. 27 ff. EGBGB Vertragsrecht zur Anwendung, da eine Gesellschaft ohne erkennbare Organisation letztlich nicht über einen schuldrechtlichen Vertrag hinausgeht.410 Nach dem RefE ist also nicht wie in Japan das Recht der ursprünglichen Inkorporation, sondern primär das der Registrierung und subsidiär das der aktuellen Organisation der Gesellschaft maßgeblich. Laut Begründung des RefE sind alle Anknüpfungspunkte Ausdruck des Grundsatzes der Parteiautonomie.411 Die Verweisung ist jeweils Sachnormverweisung gemäß Art. 4 Abs. 2 EGBGB, da die Wahl des Registrierungsortes bzw. die Bestimmung des Organisationsstatuts als Rechtswahl angesehen werden.412 Dass der RefE die Gründungstheorie konsequent im Gesetz verankert, ist zu begrüßen.413 Der Ort der registerrechtlichen Eintragung ist – im Gegensatz zum effektiven Verwaltungssitz – leicht feststellbar und damit ein für die Praxis gut handhabbarer Anknüpfungspunkt.414 Berechtigt erscheint allerdings die Kritik an der Anknüpfungssystematik von Art. 10 Abs. 1 RefE.415 Denn die Hilfsanknüpfung an das Organisationsrecht für die Gesellschaften, die nicht in ein Register eingetragen sind, beschränkt sich nicht auf Ausnahmefälle. Vielmehr gibt es zahlreiche Gesellschaften, bei denen die Hauptanknüpfung an den Registerort nicht funktioniert. Schlüssig wäre dagegen die Regelanknüpfung an das (bei beinahe allen Gesellschaften feststellbare) Organisationsrecht mit einer Vermutungsregel für das Registerrecht gewesen. c. Keine Differenzierung zwischen Gesellschaften aus dem EWR und aus Drittstaaten Noch mehr Gewicht gewinnt Art. 10 Abs. 1 RefE dadurch, dass bei der Anwendung der Gründungstheorie nicht zwischen Gesellschaften aus EWRStaaten und solchen aus Drittstaaten differenziert wird. Der Entwurf geht 410 SONNENBERGER/BAUER (2006) 8. Der Kommissionsentwurf verwies noch ausdrücklich auf das Vertragsrecht. 411 SONNENBERGER (2007) 21 (Erläuterungen der Spezialkommission). 412 BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, Referentenentwurf – Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (2008), , 9. 413 Zustimmend auch DEUTSCHER RICHTERBUND (2008); DEUTSCHER ANWALTVEREIN (2008) 2; BOLLACHER (2008) 204; KUSSMAUL/RICHTER/RUINER (2008) 456. 414 DEUTSCHER ANWALTVEREIN (2008) 1. Ähnlich auch BUNDESRECHTSANWALTSKAMMER (2008) 3 f. Zu den Problemen der Feststellung des effektiven Verwaltungssitzes siehe ausführlich oben A.I.2.c.ii. 415 Kritik daran übt etwa SCHNEIDER (2008) 569 ff.

112

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

damit über die Vorgaben des EuGH hinaus. Vorteil der einheitlichen Anknüpfung ist, dass sie die Rechtsanwendung erleichtert und den Gleichlauf mit Staatsverträgen, die die Anwendung des Gründungsrechts vorschreiben, herstellt.416 Die Spezialkommission kam mehrheitlich zu dem Schluss, dass eine Differenzierung zwischen EWR-Gesellschaften und Drittstaatengesellschaften auf sachrechtlicher Ebene einfacher zu handhaben sei als auf kollisionsrechtlicher Ebene. Das Bestehen staatsvertraglicher Regeln werde bei einer kollisionsrechtlichen Differenzierung zu einem komplizierten Anknüpfungssystem auf drei Ebenen führen, was die Gefahr von Wertungswidersprüchen berge und schwierige Abgrenzungsfragen mit sich bringe.417 Die einheitliche kollisionsrechtliche Behandlung von EWR-Gesellschaften und Drittstaatengesellschaften ist sinnvoll. Kritiker befürchten allerdings eine Gefährdung des deutschen Rechtsverkehrs, da Marktteilnehmer und Gerichte sich mit exotischen Rechtsordnungen auseinandersetzen müßten, bei denen zudem eine ausreichende Publizität und die Einhaltung anderer gesellschaftsrechtlicher Schutzvorrichtungen sowie die Vollstreckung bestehender Forderungen nicht gewährleistet seien.418 Diese Befürchtungen erscheinen übertrieben. Zwar entsteht durch die Ermittlung des Inhalts fremder Gesellschaftsrechte ein Mehraufwand. Jedoch ist der Unterschied zur jetzigen Rechtslage gering. Denn das Gesellschaftsrecht von EWR-Gesellschaften und von Gesellschaften, mit deren Herkunftsstaat die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften vereinbart wurde, muss auch jetzt schon von deutschen Gerichten angewendet werden.419 Dabei dürfte es sich insgesamt um die Mehrzahl der in Deutschland tätigen Gesellschaften handeln.420 Über die staatsvertragliche Anerkennung gilt bereits heute die Gründungstheorie für Gesellschaften, die nach laxem Gründungsrecht, etwa nach dem des USBundesstaates Delaware, gegründet wurden.421 Zwar geht der RefE insoweit 416

BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, Referentenentwurf – Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (2008), , 7. 417 SONNENBERGER (2007) 17 f. (Erläuterungen der Spezialkommission); 203 ff. (Sitzungsbericht Zimmer). So zuvor auch KIENINGER (2004) 702 f.; PAEFGEN (2003c) 446 f.; BEHRENS (2003) 205 f.; SANDROCK (1999) 1341 f. 418 DEUTSCHER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMERTAG (2008) 2 ff.; CLAUSNITZER (2008a) 321 ff.; LEUERING (2008) 75. Vor der Gefahr der Umgehung von Schutzvorschriften warnt STORK (2008) 241 f. Auf seiner Ansicht nach bestehende Gefahren bei der Anwendung der Gründungstheorie auf das Firmenrecht weist CLAUSNITZER (2008b) 484 ff.; kritisch zur Erstreckung der Gründungstheorie auf Drittstaatengesellschaften auch RAUSCHER (2012) Rn. 638 f. 419 Zur Anwendung ausländischen Gesellschaftsrechts durch deutsche Gerichte THOLE (2012a) 15 ff. 420 DEUTSCHER RICHTERBUND (2008) 1. 421 SONNENBERGER (2007) 19 (Erläuterungen der Spezialkommission); KIENINGER (2009b) 293. Nach der staatsvertraglichen Kollisionsnorm des Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

113

über die staatsvertragliche Anerkennung ausländischer Gesellschaften hinaus, als er keinen genuine link, also keine tatsächliche, effektive Beziehung zu den USA über das formelle Band der Gründung hinaus fordert.422 Jedoch ist der Schutz des Rechtsverkehrs außer durch die vorgeschlagenen Regelungen zum Vertrauensschutz gegebenenfalls zusätzlich durch – allerdings noch zu schaffende – ergänzende materiellrechtliche Vorschriften, die für in Deutschland tätige Auslandsgesellschaften etwa Publizitätserfordernisse aufstellen, sowie über den Vorbehalt des ordre public und den allgemeinen Missbrauchstatbestand besser gewährleistet.423 Auch wird der Rechtsverkehr durch Art. 12 Abs. 2, 3 RefE geschützt. 3. Ergänzungen zur Gründungstheorie Ausnahmsweise kann auch auf Sachverhalte, die eigentlich dem Gesellschaftsstatut der Auslandsgesellschaft unterfallen, das inländische Gesellschaftsrecht anwendbar sein, wenn – auf kollisionsrechtlicher Ebene – gesellschaftsrechtliche Teilfragen abweichend von der Regelanknüpfung des Gesellschaftsstatuts einer Sonderanknüpfung unterworfen werden oder wenn – auf sachrechtlicher Ebene – fremdenrechtliche Normen zur Anwendung kommen.424 Eine Sonderanknüpfung zum Schutz des Rechtsverkehrs wurde mit Art. 12 Abs. 2, 3 RefE geschaffen.425 Die Schaffung ergänzender materiellrechtlicher Vorschriften dagegen wurde bewußt noch nicht in Angriff genommen.426

deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags von 1954 gelten Gesellschaften, die nach den Vorschriften der USA gegründet sind, als US-amerikanische Gesellschaften. 422 CLAUSNITZER (2008a) 322. Zur Definition des genuine link BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004, NZG 2004, 1001. Inwieweit diese tatsächlichen Beziehungen bestehen müssen, ist umstritten, vgl. a.a.O. 423 Ähnlich WAGNER/TIMM (2008) 85; LUTTER/BAYER/SCHMIDT (2012) § 6 Rn. 53. Anderer Ansicht dagegen STORK (2008) 241 f. 424 SONNENBERGER (2007) 433 (Behrens). Bei EU-Gesellschaften ist für Sonderanknüpfungen, die die Niederlassungsfreiheit beeinträchtigen, eine gemeinschaftsrechtliche Rechtfertigung erforderlich, siehe EuGH, Urteil vom 15. Januar 2002 – C-439/99, Slg. 2002-I, 305 (Kommission/Italien). Dazu SONNENBERGER/BAUER (2006) 2. 425 SONNENBERGER (2007) 26 (Erläuterungen der Spezialkommission) und 229 f. (Behrens) zur Diskussion über die Vorentwürfe. 426 Die Bedeutung des Bilanzrechts in diesem Zusammenhang hebt LUTTERMANN (2000) 914 ff. hervor.

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Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

4. Weiteres Verfahren Die öffentlichen Stellungnahmen zum RefE waren überwiegend positiv.427 Jedoch wurde der für das Frühjahr 2008 geplante Beschluss im Kabinett nicht gefasst. Ein Hauptgrund war die Befürchtung, durch die gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie würde die (im RefE bewusst ausgesparte) Arbeitnehmermitbestimmung umgangen.428 Der Plan des Bundesministeriums der Justiz, die Arbeit am Gesetzesentwurf in der 16. Legislaturperiode wieder aufzunehmen,429 wurde nicht verwirklicht. Ob die gegenwärtige Stagnation überwunden und eine Gesamtlösung gefunden wird, mit der die Bedenken gegen eine zu weitgehende Zurückdrängung nationaler Vorschriften entkräftet werden, ist noch nicht absehbar.430 Allerdings könnte der Entwurf auf europäischer Ebene die erhoffte Vorbildfunktion erfüllen. Die Europäische Kommission hat die in ihrem Aktionsplan zum Stockholmer Programm eigentlich für das Jahr 2014 angekündigte Vorlage eines Grünbuchs zum Internationalen Privatrecht einschließlich des auf Unternehmen, Vereinigungen und andere juristische Personen anwendbaren Rechts allerdings bisher noch nicht verwirklicht.431 Das Europäische Parlament ist laut seiner Entschließung vom 14. Juni 2012 zur Zukunft des europäischen Gesellschaftsrechts 427

BUNDESRECHTSANWALTSKAMMER (2008) 8; BOLLACHER (2008) 205; CLAUSNITZER (2008a) 321; DEUTSCHER ANWALTVEREIN (2008); DEUTSCHER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMERTAG (2008) 1; DEUTSCHER RICHTERBUND (2008); EICKMANN (2008); FRANZ (2009) 1258; KÖSTER (2008) 217 (allerdings kritisch zur Aussparung der Unternehmensmitbestimmung); MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2 Rn. 16 ff. (Leible); ROTHEIMER (2008) 181. Zur Klärung von Problemfällen in der Praxis durch die Neuregelung im Einzelnen FRANZ/LAEGER (2008) 678 ff. Kritisch dagegen MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 540 ff.; kritisch im Hinblick auf die Auswirkungen auf das Wirtschaftsstrafrecht ALTENHAIN/WIETZ (2008) 569 ff. 428 SEYBOTH (2008) 132 ff.; kritisch zur Aussparung auch KÖSTER (2008) 215 ff.; eine Erstreckung auf EU-Auslandsgesellschaften wäre mit den Vorgaben des EU-Rechts nicht vereinbar, vgl. VEIT/WICHERT (2004) 17 ff., bzw. eine mit EU-Recht vereinbare Kodifizierung praktisch nicht umsetzbar, siehe EBERSPÄCHER (2008) 1951 ff. Zu den Gründen der Spezialkommission für die Aussparung SONNENBERGER (2007) 19 (Erläuterungen der Spezialkommission). 429 MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2, Rn. 18 (Leible). 430 ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 EGBGB Rn. 9: „der Gesamteindruck ist der, dass Ungewissheit über die Richtung herrscht und die Bedenken gegen eine zu weitgehende Ersetzung überlieferter Regulierungsmechanismen des einzelstaatlichen Gesellschaftsrechts, die über die ‚Sitztheorie‘ ihre Geltung und Kontrollwirkung haben, nicht überwunden worden sind.“ 431 Die Ankündigung ist zu finden im Aktionsplan der Europäischen Kommission vom 20. April 2010 zur Umsetzung des Stockholmer Programms, KOM(2010) 171 endgültig, 26; dazu BAYER/SCHMIDT (2010) 294 f.; HABERSACK/VERSE (2011) § 3 Rn. 30; LUTTER/BAYER/SCHMIDT (2012) § 6 Rn. 83.

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

115

„der Auffassung, dass die Problematik der Rechtskollision auch im Bereich des Gesellschaftsrechts behandelt werden sollte und dass ein aus der Rechtslehre stammender Vor432 schlag in diesem Bereich als Ausgangspunkt für die weitere Arbeit an Kollisionsnormen mit Bezug zur grenzübergreifenden Geschäftstätigkeit von Unternehmen dienen könn433 te.“

Es ist sehr zu hoffen, dass der RefE tatsächlich Einfluss auf die geplanten Vorschläge zum Gesellschaftskollisionsrecht haben wird. II.

Japan: Regelungsvorschläge bei Erlass des RAG von 2006

Wie in Deutschland erwog auch in Japan die Regierung, das gesellschaftsrechtliche Kollisionsrecht zu kodifizieren. Anlass dafür war die im Ersten Teil erläuterte umfassende Reform des japanischen Kollisionsrechts im Jahr 2006.434 1. Rechtsvergleichende Vorarbeiten der Forschungsgruppe zur Reform des Hôrei Zur Vorbereitung des Gesetzesvorhabens wurde eine informelle Forschungsgruppe zur Reform des Hôrei eingesetzt. Die umfangreichen rechtsvergleichenden Vorarbeiten dieser Forschungsgruppe erstreckten sich im Internationalen Gesellschaftsrecht sowohl auf das Recht von Staaten, in denen die Gründungstheorie gilt, als auch von solchen, die der Sitztheorie folgen.435 Auf der Grundlage dieser rechtsvergleichenden Studien erstellte die Forschungsgruppe vier Regelungsvorschläge.436 Drei dieser Vorschläge wurden – in leicht abgewandelter Form – von der offiziell zur Modernisierung des Internationalen Privatrechts eingesetzten Unterabteilung der Gesetzgebungskommission des Justizministeriums übernommen und diskutiert.437 432

H.-J. Sonnenberger (ed.), Vorschläge und Berichte zur Reform des europäischen und deutschen internationalen Gesellschaftsrechts – Vorgelegt im Auftrag der zweiten Kommission des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht, Spezialkommission Internationales Gesellschaftsrecht, Mohr Siebeck, Tübingen, 2007. 433 Entschließung des Europäischen Parlaments vom 14. Juni 2012 zur Zukunft des europäischen Gesellschaftsrechts, 2012/2669(RSP), Nr. 11. Dazu MANSEL/THORN/WAGNER (2013) 36. 434 Siehe dazu oben Erster Teil, B.III.2. 435 Zu den Zuständigkeiten und zum Verlauf der Reform SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 89 ff. Siehe auch oben Erster Teil, B.III.2. Eine Übersicht über die Rechtsordnungen, die rechtsvergleichend herangezogen wurden, ist bei HÔREI KENKYÛ-KAI (2004a) 98 ff. zu finden. Dazu zählten Deutschland, Frankreich, Österreich, Griechenland und Portugal (Sitztheorie) sowie Großbritannien, USA, Schweiz, Italien, Liechtenstein, Ungarn und Korea (Gründungstheorie). 436 Abgedruckt in HÔREI KENKYÛ-KAI (2004a) 78. 437 Gelöscht wurde folgender Vorschlag (Übers. d. Verf. aus HÔREI KENKYÛ-KAI (2004a) 78):

116

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

2.

Gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie

a.

Regelungsvorschläge

Der erste in der Unterabteilung diskutierte Vorschlag beschränkte sich darauf, die Gründungstheorie gesetzlich zu verankern: „Auf Angelegenheiten einer juristischen Person/auf eine juristische Person ist das Statut 438 (Gründungsrecht) der juristischen Person anzuwenden.“

Rechtsvergleichend wies er Bezüge zum Recht Großbritanniens, der USA und Koreas auf.439 Alternativ wurde eine am ungarischen Recht orientierte abstrakte Formulierung des Anwendungsbereichs vorgeschlagen: „Auf die Gründung einer juristischen Person, ihre inneren Verhältnisse, auf die Verantwortung ihrer Mitglieder für Verbindlichkeiten und auf ihr Erlöschen ist das Statut (Grün440 dungsrecht) der juristischen Person anzuwenden.“

Der dritte Vorschlag enthielt eine abschließende Auflistung der zum Regelungsbereich gehörenden Tatbestände: „Auf die folgenden die juristische Person betreffenden Angelegenheiten ist das Statut (Gründungsrecht) der juristischen Person anzuwenden: 1. die Gründung sowie deren Voraussetzungen, 2. die Satzung und die Statuten sowie deren Änderung, 3. die Zusammensetzung der Organe sowie interne Rechte und Pflichten, 4. die Stellung der Gesellschaftsmitglieder im Verhältnis zur Gesellschaft sowie das Erlangen und den Verlust dieser Stellung, 5. die Verantwortung der Gesellschaftsmitglieder für Verbindlichkeiten, 6. Umstrukturierungen, 7. Auflösung und Liquidation.“

441

„Auf die Gründung, die Rechtsnatur, (die inneren Verhältnisse) sowie auf das Erlöschen einer juristischen Person, Körperschaft oder Stiftung ist ihr Gründungsrecht anzuwenden.“ 438 Übers. d. Verf. aus KOIDE (2009) 386. 439 Zu den rechtsvergleichenden Vorarbeiten der Forschungsgruppe, deren Vorschläge den in der Unterabteilung diskutierten Regelungen zugrunde lagen, siehe die Tabelle bei HÔREI KENKYÛ-KAI (2004a) 98 ff. 440 Übers. d. Verf. aus KOIDE (2009) 386. 441 Übers. d. Verf. aus KOIDE (2009) 386. Zur Gründung siehe unten Vierter Teil, B.I., zur Satzung(sänderung), zur Zusammensetzung der Organe sowie zu internen Rechten und Pflichten, zur Stellung der Gesellschaftsmitglieder im Verhältnis zur Gesellschaft und zur Verantwortlichkeit der Gesellschaftsmitglieder siehe unten Vierter Teil, B.V.2., zu Auflösung und Liquidation siehe Vierter Teil, B.X. Mit „Umstrukturierungen“ sind Umwand-

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

117

Rechtsvergleichende Vorbilder dieses Vorschlages waren das ungarische, schweizerische, italienische und liechtensteinische Recht.442 Zur entsprechenden Regelung im deutschen RefE443 besteht neben einigen Abweichungen bei den aufgezählten Themen (etwa sind im deutschen Entwurf die Verbindlichkeiten und Pflichten stärker betont und ausdifferenziert) vor allem ein rechtstechnischer Unterschied. Die deutsche Regelung enthält eine nichtabschließende Aufzählung („insbesondere“), der japanische Vorschlag hingegen zählt die zum Anwendungsbereich gehörenden Materien abschließend auf. Damit ist allein der deutsche Entwurf offen für die Weiterentwicklung und Ausdifferenzierung durch Wissenschaft und Rechtsprechung. Wäre der japanische Regelungsvorschlag Gesetz geworden, so hätte die Gefahr bestanden, dass die weitere Rechtsentwicklung gehemmt oder verzerrt worden wäre. Ein solches Hemmnis wäre besonders misslich gewesen, da im Internationalen Gesellschaftsrecht bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs neben vereinzelt angesprochenen dogmatischen Grundfragen noch zahlreiche Einzelheiten umstritten und unklar sind.444 Auch die Unterabteilung sah die Gefahr, dass eine solche Regelung die Rechtsentwicklung hemmen würde. In der Diskussion wurde etwa darauf hingewiesen,445 dass in der vorgeschlagenen Regelung die Materien der Gewinnverteilung bzw. Dividendenausschüttung, der Kapitalherabsetzung und der Rechnungslegung446 gänzlich ausgespart worden seien, ebenso wie das Problem der Verantwortlichkeit von Personen wie externen Prüfern, die keine Gesellschaftsorgane sind, das Verhältnis der Gesellschafter untereinander (etwa von Mehrheits- und Minderheitsaktionären zueinander),447 die Veröffentlichung von Informationen, die Auslungen in eine andere Rechtsform des Gesellschaftsstatuts gemeint, dazu HÔREI KENKYÛKAI (2004a) 94 f. 442 Zu den rechtsvergleichenden Vorarbeiten der Forschungsgruppe, deren Vorschläge den in der Unterabteilung diskutierten Regelungen zugrunde lagen, siehe die Tabelle bei HÔREI KENKYÛ-KAI (2004a) 98 ff. 443 Die Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 RefE lautet (): „Das nach Absatz 1 anzuwendende Recht ist insbesondere maßgebend für 1. die Rechtsnatur und die Rechts- und Handlungsfähigkeit, 2. die Gründung und die Auflösung, 3. den Namen und die Firma, 4. die Organisations- sowie die Finanzverfassung, 5. die Vertretungsmacht der Organe, 6. den Erwerb und den Verlust der Mitgliedschaft und die mit dieser verbundenen Rechte und Pflichten, 7. die Haftung der Gesellschaft, des Vereins oder der juristischen Person sowie die Haftung ihrer Mitglieder und Organmitglieder für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, des Vereins oder der juristischen Person, 8. die Haftung wegen der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten.“ 444 Siehe dazu zusammenfassend unten Vierter Teil, C. 445 Protokoll der Sitzung vom 16. März 2004, abrufbar unter (ohne Seitenangaben); dazu KOIDE (2009) 387 Fn. 17. 446 Zur Rechnungslegung siehe unten Vierter Teil, B.IX. 447 Siehe dazu unten Vierter Teil, B.V.4.

118

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

gabe von Unternehmensanleihen448 oder die Verschmelzung.449 Hinzuzufügen sind etwa die Abgrenzung zum Insolvenzstatut in der Reorganisation450 und die unklare Anknüpfung der Durchgriffshaftung.451 Die Unmöglichkeit der Formulierung einer vollständigen Aufzählung war schließlich ein Grund, warum man von einer Kodifizierung des Internationalen Gesellschaftsrechts absah.452 Anders als die deutsche Reformkommission konnte sich die japanische Unterabteilung der Gesetzgebungskommission auch nicht auf eine nichtabschließende Regelung einigen. Es war umstritten, ob der Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts ein einheitliches Rechtsverhältnis darstelle, das umfassend geregelt werden sollte, oder ob er mehrere einzelne Rechtsverhältnisse bündele, die zweckmäßigerweise zusammengefasst geregelt werden konnten. Die Vertreter der ersten Auffassung sahen eine beispielhafte, also unvollständige Aufzählung einzelner Bereiche des ihrer Meinung nach einheitlichen Rechtsverhältnisses als problematisch an.453 Wenige Probleme bereitete dagegen die Formulierung des Anknüpfungsmomentes. Im Vergleich zum deutschen RefE fällt auf, dass in den japanischen Regelungsvorschlägen das Anknüpfungsmoment weniger detailliert formuliert wurde. Denn es wird in Japan nicht kontrovers diskutiert. Unter dem Begriff „Gründungsrecht“ ist in Japan, wie oben dargelegt, nach einhelliger Meinung das Recht des Ortes zu verstehen, an dem die Gesellschaft erstmalig ihre Rechtspersönlichkeit erlangt hat. b.

Diskussion über den Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen

Die in der japanischen Unterabteilung der Gesetzgebungskommission diskutierten Regelungsvorschläge bezogen sich (anders als noch die Vorschläge der Forschungsgruppe zur Reform des Hôrei) nur auf juristische Personen. Für den deutschen RefE wurde in Art. 10 Abs. 1 dagegen ein weiter Anwendungsbereich gewählt, der auch nichtrechtsfähige Vereinigungen umfasste, soweit nur eine Organisation erkennbar war. Im Vordergrund stand nicht die Frage, ob der Entwurf sich nur auf Vereinigungen mit einer Rechtspersönlichkeit beziehen sollte. Da Auslöser der Reform die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit war, wurde vielmehr vor allem erörtert, inwieweit der Anwendungsbereich von dem der Niederlassungsfreiheit ab-

448

Siehe unten Vierter Teil, V.2. Siehe dazu unten Vierter Teil, B.XIII.1.a. 450 Siehe dazu unten Vierter Teil, B.XI. 451 Siehe dazu unten Vierter Teil, B.VII. 452 Siehe dazu unten 3. 453 Protokoll der Sitzung vom 16. März 2004, abrufbar unter (ohne Seitenangaben); dazu KOIDE (2009) 387 Fn. 18. 449

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

119

weichen würde.454 In Japan wurde die Frage, ob und wie der Umgang mit nichtrechtsfähigen Vereinigungen gesetzlich zu regeln sei, gesondert diskutiert. In der noch wenig entwickelten Diskussion überwiegen die Stimmen, die sich für eine differenzierte Behandlung aussprechen, bei der auf nichtrechtsfähige Vereinigungen im Grundsatz – mit einigen Abweichungen – das Gesellschaftsstatut anzuwenden ist.455 Allerdings fand in der japanischen Diskussion auch der deutsche Entwurf Beachtung, in dem nicht zwischen nichtrechtsfähigen und rechtsfähigen Vereinigungen unterschieden wurde.456 Grundlegende Fragen, insbesondere wie eine Differenzierung umgesetzt werden sollte, sind noch ungeklärt.457 So war zwar klar, dass etwa die deutsche OHG oder die britische Partnership Gegenstand der Regelung über nichtrechtsfähige Vereinigungen gewesen wären. Ob aber auch die Genossenschaft oder die Treuhand nach der Art ihrer Rechtsverhältnisse als „Vereinigung“ einzuordnen und damit geeignete Regelungsgegenstände gewesen wären, blieb offen. Auch die rechtstechnische Frage, auf welcher Stufe der Regelungsgegenstand von den außerhalb der Vorschrift stehenden nichtrechtsfähigen Gebilden abzugrenzen gewesen wäre, hätte geklärt werden müssen.458 Außerdem hätte die Kodifikation des Anwendungsbereichs für nichtrechtsfähige Vereinigungen gesondert diskutiert werden müssen.459 Dass diese Fragen unbeantwortet blieben, trug dazu bei, dass man von einer Kodifikation absah. c.

Diskussion über eine Regelung zum Schutz des Rechtsverkehrs

In der Unterabteilung der Gesetzgebungskommission wurde darüber diskutiert, im Hinblick auf die in vielen Ländern geltende ultra vires-Doktrin, nach 454

BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, Referentenentwurf – Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (2008), , 9; SONNENBERGER (2007) 19 f. (Erläuterungen der Spezialkommission). 455 TAMEIKE (2005) 302; YAMADA (2004) 241 ff. Siehe dazu oben A.II.2.d. 456 KOIDE (2009) 389 Fn. 30. 457 Zu den im Folgenden diskutierten offenen Fragen KOIDE (2009) 389. 458 KOIDE (2009) 389 Fn. 28 führt aus, dass die Differenzierung, ob eine Vereinigung eine juristische Person ist oder nicht, entweder schon auf der Stufe der Qualifikation hätte vorgenommen werden können, oder es wäre zunächst für alle Vereinigungen nach dem Statut der juristischen Person darüber entschieden worden, ob sie eine Rechtspersönlichkeit besitzen oder nicht. Dann hätte für die Vereinigungen, die keine Rechtspersönlichkeit besitzen, beim Anknüpfungspunkt differenziert werden können. 459 So weist KOIDE (2009) 389 Fn. 29 darauf hin, dass sich im materiellen Recht der Unterschied zwischen rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen Vereinigungen bei den Außenbeziehungen auswirke. Ob aber deswegen beim Anwendungsbereich für nichtrechtsfähige Vereinigungen nur die Außenbeziehungen besonders geregelt werden sollten oder ob für sie insgesamt der Anwendungsbereich gesondert festgelegt werden sollte, sei noch zu untersuchen.

120

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

der die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft durch ihren Satzungszweck begrenzt ist, ergänzend zur Regelung des Gesellschaftsstatuts eine dem Art. 4 Abs. 2 RAG (Art. 3 Abs. 2 Hôrei)460 entsprechende Vorschrift zum Schutz Dritter ins RAG einzufügen. Führende Vertreter in der Literatur hatten schon vor der Reform eine analoge Anwendung des Art. 3 Abs. 2 Hôrei auf die Rechtsfähigkeit von Gesellschaften gefordert.461 Die geplante Vorschrift hätte im Grundsatz der deutschen Regelung in Art. 12 Abs. 2 RefE entsprochen. Anders als in Deutschland wäre sie jedoch auch bei Erfolg des Kodifikationsvorhabens nicht ins Gesetz aufgenommen worden. Die Gründe dafür liegen im materiellen Recht. In Deutschland, wo die ultra vires-Doktrin nicht gilt, hätte die Vorschrift des Art. 12 Abs. 2 RefE den deutschen Rechtsverkehr vor Gesellschaften aus Staaten geschützt, in denen diese Doktrin gilt. In Japan dagegen ist seit der Reform des ZG im Jahr 2006 die in Art. 34 ZG (Art. 43 ZG a.F.)462 verankerte ultra vires-Lehre, anders als von der früheren herrschenden Lehre angenommen, auch auf Gesellschaften anzuwenden.463 Deswegen hätte die angedachte Vorschrift den Rechtsverkehr nicht geschützt, wenn der Handlungsort in Japan liegt. Denn nach japanischem Recht wäre die Doktrin anwendbar und die Gesellschaft mithin nicht rechtsfähig gewesen.464 Vielmehr hätte die Regelung umgekehrt bei der Geschäftstätigkeit japanischer Gesellschaften in Ländern, in denen die Doktrin nicht gilt, die dortigen Geschäftspartner geschützt. Dies hätte möglicherweise die Interessen der Anteilseigner dieser 460

Art. 4 Abs. 2 RAG lautet (Übers. von Y. SAKURADA/Y. NISHITANI/E. SCHWITTEK, ZJapanR 22 (2006) 267–282; gekürzt veröffentlicht in IPRax 2007, 225–233; ZfRV 2006, 225–233; StAZ 60 (2007) 246–248): „Ist eine Person, die ein Rechtsgeschäft vorgenommen hat, nach dem Recht ihres Heimatstaates in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt und nach dem Recht des Ortes, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde, voll geschäftsfähig, wird sie ungeachtet der Vorschrift des vorstehenden Absatzes als voll geschäftsfähig angesehen, vorausgesetzt dass sich alle Parteien zur Zeit des betreffenden Rechtsgeschäfts an Orten befanden, an denen dasselbe Recht gilt.“ Gegenüber Art. 3 Abs. 2 Hôrei wurde die Vorschrift im RAG allseitig ausgebaut. 461 YAMADA (2004) 234; TAMEIKE (2005) 298. Dazu NISHITANI (2011) Rn. 41. 462 Art. 34 ZG (Übers. aus KAISER (2008) 252) lautet: „Rechte und Pflichten juristischer Personen ergeben sich aus Gesetzen und Verordnungsbestimmungen und im Rahmen des durch Satzung oder eine andere Grundlagenvereinbarung bestimmten Zwecks.“ 463 Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 5. Zur früheren herrschenden Lehre KAWAMOTO/KISHIDA/MORITA/KAWAGUCHI (2004) Rn. 192. 464 Zwar schränkt die japanische Rechtsprechung die Reichweite der ultra vires-Doktrin durch flexible Auslegung des Satzungszwecks erheblich ein (KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 5). Jedoch ist auch im angloamerikanischen Rechtskreis eine Tendenz zur restriktiven Anwendung der ultra vires-Doktrin erkennbar (dazu ZIMMER (2003a) 242; EIDENMÜLLER (2004a) § 10 Rn. 16 f. (Rehm) zu England und § 11 Rn. 20 (Rehm) zu Delaware).

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

121

japanischen Gesellschaften beeinträchtigt.465 Das Argument wog umso schwerer, als nur in wenigen anderen Ländern entsprechende Vorschriften zum Schutz des Rechtsverkehrs bestehen.466 Zudem nehmen auch die Autoren, die eine entsprechende Anwendung des Art. 4 Abs. 2 RAG bzw. zuvor des Art. 3 Abs. 2 Hôrei fordern, davon die Gesellschaften aus, die aufgrund ihrer auf Dauer angelegten Tätigkeit nach Artt. 818, 933 GesG (Art. 479 HG a.F.) der Pflicht zur Eintragung ins japanische Handelsregister unterliegen. Sie argumentieren, bei diesen Gesellschaften sei es den Geschäftspartnern in Japan möglich, sich über das Gesellschaftsstatut zu informieren.467 Aber auch gegen eine Vorschrift, die nur Geschäftspartner von Gesellschaften schützt, deren Tätigkeit in Japan nicht auf Dauer angelegt ist, wurden Bedenken angemeldet. Bei diesen Gesellschaften werde im materiellen Recht keine Eintragung vorgeschrieben und daher dem Geschäftspartner das Risiko des Geschäftskontaktes auferlegt. Ob der Geschäftspartner entgegen dieser gesetzlichen Risikoverteilung im materiellen Recht durch das Kollisionsrecht besonders geschützt werden solle, sei zweifelhaft.468 3.

Gründe für die Nichtregelung

Im März 2005 veröffentlichte die Unterabteilung der Gesetzgebungskommission einen Zwischenbericht, zu dem interessierte Fachkreise Stellung nehmen konnten. Er enthielt keinen Regelungsvorschlag zum Internationalen Gesellschaftsrecht. Bereits vor seiner Erstellung war entschieden worden, das Gesellschaftskollisionsrecht auszuklammern. In den offiziellen Erläuterungen zum Zwischenbericht wird das Absehen von einer Regelung damit begründet, dass vor allem seitens der Praxis die Befürchtung bestanden habe, eine Kodifikation könne Nachteile mit sich bringen. Denn die Diskussion im Internationalen Gesellschaftsrecht habe noch keine für eine Kodifikation hinreichende Klärung strittiger Punkte erzielt. So stehe etwa die Diskussion über die Anwendbarkeit materiellrechtlicher Vorschriften auf Auslandsgesellschaften erst am Anfang.469 Zudem sei zu beobachten, dass das Internationale Gesellschaftsrecht gerade aufgrund der Urteile des EuGH in vielen Ländern im

465

KOIDE (2009) 388 (insbes. Fn. 24). KOIDE (2009) 388 Fn. 23 nennt nur Art. 235 Abs. 6 Personen- und Gesellschaftsrecht von Liechtenstein (Gesetz vom 20. Januar 1926, LGBl Nr. 4 vom 19. Februar 1926). 467 YAMADA (2004) 235; TAMEIKE (2005) 299. Siehe dazu KOIDE (2009) 388 Fn. 24. Zu den Eintragungsvorschriften siehe ausführlich Dritter Teil, B.III. 468 KOIDE (2009) 388 Fn. 24. 469 KOIDE (2009) 387 m.w.N. in Fn. 21. Zu dieser Diskussion siehe unten Dritter Teil, B.I.3. und Vierter Teil, B.XIII.2., XIV.2. und XV. 466

122

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Umbruch sei. Vor der Schaffung einer Vorschrift solle man die Ergebnisse dieser Entwicklungen erst abwarten.470 Eine Analyse der Gesetzgebungsprotokolle gibt Aufschluss über weitere Umstände, die einer Kodifizierung entgegenstanden. Zum einen verunsicherte die Diskussion über die Änderung der fremdenrechtlichen Vorschriften im HG a.F., insbesondere die geplante Streichung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften, die Kommission.471 Es bestanden Bedenken, dass im Falle der Aufhebung dieser Vorschrift eine gesetzliche Verankerung der Gründungstheorie das Entstehen von Scheinauslandsgesellschaften fördern könnte.472 Auch wurde eine Abstimmung mit den neuen materiellrechtlichen Vorschriften für erforderlich gehalten.473 Zum anderen konnte sich die Kommission nicht über die Art der Regelung einigen.474 Denn die komplexe Abgrenzung des Regelungsbereichs des Gesellschaftsstatuts zu anderen Rechtsmaterien ist teilweise ungeklärt.475 Die Gesetzgebungskommission hielt daher, wie oben dargelegt, eine abschließende Auflistung der zum Regelungsbereich gehörenden Tatbestände für unmöglich. Eine nichtabschließende Aufzählung dagegen wurde – anders als von der deutschen Reformkommission – teilweise als rechtstechnisch problematisch angesehen.476 Eine abstrakte Formulierung des Anwendungsbereichs lehnte die Kommission mit der Begründung ab, die Regelung würde keine Klarheit bei der Rechtsanwendung bringen, sondern die Probleme lediglich auf die Ebene der Auslegung verlagern und den Anwendungsbereich dabei

470

HÔMU-SHÔ MINJI-KYOKU SANJIKAN-SHITSU [RAT FÜR ZIVILSACHEN DES JUSTIZMINISTERIUMS], Kokusai shihô no gendai-ka ni kansuru yôkô chûkan shi'an hosoku setsumei [Erläuterungen zum Zwischenbericht zur Modernisierung des Internationalen Privatrechts], Hô no tekiyô ni kansuru tsûsoku-hô kankei shiryô to kaisetsu, Bessatsu NBL No. 110 [Materialien und Erläuterungen zum Rechtsanwendungsgesetz, Sonderband NBL Nr. 110], BESSATSU NBL HENSHÛ-BU [REDAKTION SONDERBAND NBL] (Hrsg.), Tokyo 2006, 105, 119 f.; siehe auch KOIDE (2009) 387 (der in Fn. 22 besonders auf die Arbeit der Kommission „Internationales Gesellschaftsrecht“ des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht hinweist) und 389; NISHITANI (2011) Rn. 38. 471 Zur Diskussion über die Streichung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften siehe unten Dritter Teil, B.V.2.a. 472 Protokoll der Sitzung vom 16. März 2004, abrufbar unter (ohne Seitenangaben); KOIDE (2009) 385. 473 KOIDE (2009) 385. 474 Zu der im Folgenden dargestellten Diskussion über die Art der Regelung siehe das Protokoll der Sitzung vom 16. März 2004, abrufbar unter (ohne Seitenangaben); KOIDE (2009) 386 f. 475 Zu den Problemen siehe oben Text bei Fn. 444 ff. und unten Vierter Teil, C. 476 Protokoll der Sitzung vom 16. März 2004, abrufbar unter (ohne Seitenangaben); dazu KOIDE (2009) 387 Fn. 18.

B. Gesetzesentwürfe zur Verankerung der Gründungstheorie

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möglicherweise zu eng oder zu weit fassen.477 Eine Vorschrift, die, ohne den Regelungsbereich näher zu benennen, nur die Geltung der Gründungstheorie festschreibe, ergebe keinen Sinn und würde – zumal vor dem Hintergrund, dass eine Löschung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften in der Diskussion war – möglicherweise zu einer zu weiten Auslegung des gesellschaftsrechtlichen Regelungsbereichs und damit zu einer zu weitgehenden Anwendung des Gründungsstatuts führen. Ein Mitglied der Gesetzgebungskommission vertrat die aus der historischen Bedeutung der Anerkennungsvorschrift des Art. 35 ZG (bzw. Art. 36 ZG a.F.) hergeleitete Auffassung, aus japanischer Sicht sei Kernfrage die Anerkennung der Verleihung der Rechtspersönlichkeit an die juristische Person.478 Es gehe also nicht um eine kollisionsrechtliche Fragestellung, und somit sei die Schaffung einer kollisionsrechtlichen Regelung zur Entstehung oder zur Rechtsfähigkeit der juristischen Person nicht angemessen.479 Zudem ist der große Umfang des Reformprogramms zu bedenken, das bei Schaffung des RAG zu bewältigen war. Der Schwerpunkt der Reform lag auf der als dringlich empfundenen Reform des Internationalen Vertrags- und Deliktsrechts – nicht beim Internationalen Gesellschaftsrecht.480 Jedoch hat der Kodifikationsversuch, zusammen mit der beinahe zeitgleichen Diskussion bei Erlass des GesG über die Behandlung von Auslandsgesellschaften, insofern zur Klärung oder zumindest zur Vertiefung und Systematisierung der Probleme des Internationalen Gesellschaftsrechts geführt, als die Materie für eine gewisse Zeit vor und nach der Reform in Veröffentlichungen und Symposien intensiv diskutiert wurde.481 Auch wird die praktische Relevanz des 477 Als problematisch wurde etwa die Auslegung des Begriffs „innere Verhältnisse“ angesehen. So bestehe die Gefahr, dass auf die abweichende materiellrechtliche Auslegung des Begriffs zurückgegriffen oder zu viele Bereiche darunter subsumiert würden. Eine Einigung über eine kollisionsrechtliche Auslegung des Begriffs wurde nicht erzielt (KOIDE (2009) 387 Fn. 19). 478 So DÔGAUCHI (2005) 197; zu seiner Ansicht auch unten Dritter Teil, Text bei Fn. 57. Zur historischen Bedeutung der Anerkennungsvorschrift siehe ausführlich unten Dritter Teil, A.I.1. 479 HÔMU-SHÔ MINJI-KYOKU SANJIKAN-SHITSU [RAT FÜR ZIVILSACHEN DES JUSTIZMINISTERIUMS], Kokusai shihô no gendai-ka ni kansuru yôkô chûkan shi'an hosoku setsumei [Erläuterungen zum Zwischenbericht zur Modernisierung des Internationalen Privatrechts], Hô no tekiyô ni kansuru tsûsoku-hô kankei shiryô to kaisetsu, Bessatsu NBL No. 110 [Materialien und Erläuterungen zum Rechtsanwendungsgesetz, Sonderband NBL Nr. 110], BESSATSU NBL HENSHÛ-BU [REDAKTION SONDERBAND NBL] (Hrsg.), Tokyo 2006, 105, 120; KOIDE (2009) 384. 480 Vgl. NISHITANI (2007) 552 ff. Zum Zuschnitt der Reform siehe Erster Teil, B.III.2. 481 2004 veranstaltete die Japanische Wissenschaftliche Gesellschaft für Privatrecht (Nihon Shihô Gakkai) ein Symposium zum Thema Kokusai kaisha-hô [Internationales Gesellschaftsrecht]. Die Materialien sind in Shôji Hômu 1706 (2004) 4–41 veröffentlicht. Anfang 2006 veranstaltete das Forschungsinstitut des Justizministeriums (Hômu sôgô

124

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Internationalen Gesellschaftsrechts wachsen, soweit sich die im Ersten Teil beschriebene Öffnung des japanischen Marktes für Gesellschaften mit Auslandsbezug in Zukunft fortsetzt.482

C. Resümee: Sitztheorie vs. Gründungstheorie C. Resümee: Sitztheorie vs. Gründungstheorie

In Deutschland wurde die Sitztheorie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur herrschenden Meinung. Dagegen entschied sich der japanische Gesetzgeber gegen Ende des 19. Jahrhunderts für die Gründungstheorie. Beide Länder wurden dabei von Belgien beeinflusst. Die Entwicklung hin zur Sitztheorie in Deutschland wurde dadurch verstärkt, dass diese sich schon zuvor in Belgien und Frankreich durchgesetzt hatte. Japan dagegen stand nach der zwangsweisen Öffnung des Landes vor der Aufgabe, innerhalb weniger Jahrzehnte ein modernes Rechtssystem aufzubauen. In dieser Situation rezipierte es die Gesetze verschiedener Länder. Dabei setzte sich in Bezug auf den Umgang mit ausländischen juristischen Personen letztlich die Lehre des in Belgien führenden Gelehrten François Laurent durch, der entgegen der in Belgien herrschenden Meinung die Gründungstheorie vertrat. In der Argumentation für die Sitztheorie spielte in Deutschland der Schutz des öffentlichen Interesses eine wichtige Rolle. Darüber hinaus sollten nach deutschem Recht gegründete Gesellschaften vor wettbewerblichen Nachteilen gegenüber Gesellschaften bewahrt werden, die nach ausländischem Recht gegründet, aber hauptsächlich in Deutschland tätig waren. Letzteres Anliegen wurde in Japan durch eine Vorschrift im HG a.F. verwirklicht. Im Übrigen aber war die in Japan vertretene – anders als die in England herrschende – Gründungstheorie nicht etwa liberaler als die Sitztheorie. Vielmehr beruhte die Gründungstheorie in Japan auf einem territorialistischen Verständnis der juristischen Person. Danach war die juristische Person eine vom Gesetzgeber kenkyû-jo) das Symposium Kokusai kaisha-hô shinpojiumu – Ajia shokoku ni okeru kokusai-teki M&A no tenbô – [Symposium zum Internationalen Gesellschaftsrecht – Ein Überblick über internationale M&A in verschiedenen asiatischen Ländern – ], dazu das Buch KOKUSAI MINSHÔ-JI HÔ-SENTÂ; KOKUSAI KAISHA-HÔ KENKYÛ-KAI (2007). Im Oktober 2006 wurden auf der Jahrestagung der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Internationales Recht (Kokusai-hô Gakkai) Vorträge zum Thema Kokkyô o koeta kigyô gappei, baishû [Grenzüberschreitende Unternehmensfusionen und -übernahmen] gehalten. Als Diskussion in westlicher Sprache aus rechtsvergleichender Perspektive ist das am 1. und 2. März 2007 in Hamburg veranstaltete Symposium Japanese and European Private International Law in Comparative Perspective hervorzuheben. Siehe dazu die Veröffentlichung der Beiträge in BASEDOW/BAUM/NISHITANI (2008) sowie den Bericht SCHWARZ/SCHWITTEK (2007) 482 Zur Öffnung des japanischen Marktes für ausländische Unternehmen siehe oben Erster Teil, A.

C. Resümee: Sitztheorie vs. Gründungstheorie

125

zur Verwirklichung bestimmter sozialer oder gesellschaftspolitischer Zwecke geschaffene Fiktion. Sie war in anderen Staaten nur dann existent, wenn diese sie anerkannten. Die Gründungstheorie diente bei der Anerkennung ausländischer juristischer Personen als Methode zur Entscheidung darüber, ob eine juristische Person ausländisch oder japanisch war. Mit dieser Auffassung korrespondierte ein organisationsrechtliches Verständnis, nach dem der Staat bei der Entstehung einer juristischen Person eine zentrale Rolle einnahm. Nichtwirtschaftliche Vereine und Stiftungen konnten nur unter engen, staatlich kontrollierten Bedingungen Rechtsfähigkeit erlangen, und auch für Aktiengesellschaften herrschte noch bis 1899 das Konzessionssystem. Dahinter stand die Meinung, dass die vollkommene Umgestaltung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des japanischen Marktes innerhalb eines kurzen Zeitraums eine staatliche Kontrolle der Marktakteure erforderlich mache. Demgegenüber herrschte in Deutschland ein liberaleres Verständnis vor. Bereits 1870 war für Aktiengesellschaften das Konzessionssystem durch das Normativsystem abgelöst worden. Entsprechend galt schon damals der Grundsatz der automatischen Anerkennung. Allerdings scheute auch der deutsche Gesetzgeber eine gesetzliche Verankerung der automatischen Anerkennung, da dies den Verhandlungsspielraum beim Abschluss von Staatsverträgen verringert hätte. Wieviel mehr musste dem durch die Ungleichen Staatsverträge stark benachteiligten Japan daran gelegen sein, seinen diplomatischen Verhandlungsspielraum nicht zu schmälern. Auch vor diesem Hintergrund ist das restriktive Verständnis der Anerkennung in Japan nur zu verständlich. Heute argumentieren in Deutschland die Befürworter der Sitztheorie, dass nur ihre Anwendung die Interessen des hauptsächlich betroffenen Staates ausreichend schütze. Am Verwaltungssitz befinde sich die Mehrzahl der zu schützenden Personen, etwa die Gesellschafter, Gesellschaftsorgane, Gläubiger, Arbeitnehmer und Lieferanten der Gesellschaft. Daher bestehe zu diesem Recht die engste Verbindung. Während in anderen Ländern auch andere Kriterien bei der Bestimmung des Sitzrechtes herangezogen werden, ist in Deutschland alleiniges Anknüpfungsmerkmal der tatsächliche Verwaltungssitz, dessen Lokalisierung allerdings in der Praxis erhebliche Probleme bereitet. Auch in Japan herrscht seit einem dogmatischen Umbruch, der spätestens mit Ende des Zweiten Weltkriegs vollzogen war und der sukzessiven Liberalisierung des materiellen Gesellschaftsrechts entsprach, ein kollisionsrechtliches Verständnis des Umgangs mit ausländischen Gesellschaften vor. Nach der so verstandenen Gründungstheorie ist in Japan, ähnlich wie im common law, das (bei juristischen Personen leicht zu bestimmende) Recht des Ortes anzuwenden, an dem die Gesellschaft erstmals ihre juristische Persönlichkeit erlangt hat. Anders als etwa in der Schweiz, wo das Gründungsrecht durch Abstellen auf den Ort der aktuellen Organisation der Gesellschaft bestimmt wird, ist ein Statutenwechsel in Japan ausgeschlossen.

126

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

Die dogmatische Begründung der Gründungstheorie ist in Japan umstritten. Teils wird sie auf die Parteiautonomie der Gründer gestützt. Jedoch steht in der japanischen Diskussion der Umgang mit juristischen Personen gegenüber nichtrechtsfähigen Vereinigungen im Vordergrund. Maßgeblich ist eben nicht das subjektive Anknüpfungsmoment des Parteiwillens, sondern das objektive (wenn auch durch die Gründer bestimmbare) Anknüpfungsmoment des Ortes, an dem die Gesellschaft erstmals ihre juristische Persönlichkeit erlangt hat. Sachgerechter ist daher die Begründung, zum Gründungsrecht bestehe die engste Verbindung, da die Gesellschaft als rechtstechnisches Gebilde ihre Rechtsfähigkeit nach den Voraussetzungen und dem Verfahren der Gründungsrechtsordnung erhalten habe. Auch harmoniert diese Erklärung mit der Tatsache, dass die (heute fremdenrechtlich eingeordnete) Anerkennung jedenfalls dem Gesetz nach noch von Bedeutung ist.483 In Deutschland wurden Gesellschaften, die nach ausländischem Recht gegründet waren, ihren Verwaltungssitz aber in Deutschland hatten, von der Rechtsprechung lange als nichtexistente Rechtspersonen eingestuft. Diese Einordnung hatte reinen Sanktionscharakter und war methodisch fragwürdig. Zudem bereitete der Umgang mit dem Konstrukt einer nichtexistenten Rechtsperson in der Praxis große Probleme. Dies wurde teils durch eine inkonsequente Anwendung der Sitztheorie umgangen, im Übrigen aber wegen der beabsichtigten präventiven Abschreckungswirkung hingenommen. Als sich Probleme mit der europarechtlichen Vereinbarkeit der Sitztheorie abzeichneten, ging die Rechtsprechung zur modifizierten Sitztheorie über. Danach ist die ausländische Entität in das System der in Deutschland bestehenden Gesellschaftsformen einzuordnen – mangels Eintragung in der Regel als Personengesellschaft. Auf diese Weise wurde ein Teil der Probleme gelöst. Nach wie vor entstehen jedoch Folgeprobleme für den inländischen Rechtsverkehr, und die ausländische Gesellschaft wird über die gewollte Rechtsfolge der persönlichen Gesellschafterhaftung hinaus sanktioniert. Nach japanischem Kollisionsrecht ist hingegen das Gründungsrecht anwendbar, und zwar – da eine Sachnormverweisung ausgesprochen wird – nur das materielle Recht des Gründungsstaates. Allerdings werden ausländischen Gesellschaften, die in Japan tätig sind, zum Schutz des Rechtsverkehrs auf materiellrechtlicher Ebene Einschränkungen durch fremdenrechtliche Bestimmungen auferlegt.484 Die Rechtsentwicklungen Japans und Deutschlands überschnitten sich ab 2003 einige Jahre, als beide Länder versuchten, die Gründungstheorie im Gesetz zu verankern. Ausgangspunkt und Anlass der Reformen sowie institutionelle und politische Gegebenheiten differierten jedoch in beiden Ländern

483 484

Siehe dazu Dritter Teil, A.I.2. Siehe dazu unten Dritter Teil.

C. Resümee: Sitztheorie vs. Gründungstheorie

127

stark. Verlauf und Ergebnis der Reformen wurden dadurch maßgeblich beeinflusst. In Deutschland war bis 1999 die Sitztheorie herrschende Meinung. Eine Änderung der Rechtslage und die darauf folgenden Kodifizierungsbestrebungen wurden durch die Rechtsprechung des EuGH ausgelöst. Demgegenüber folgt Japan schon seit langem der Gründungstheorie. Ein grundlegender Meinungswechsel hat nicht stattgefunden. In Deutschland entstand durch die EuGH-Rechtsprechung, die einen grundlegenden Richtungswechsel unausweichlich machte, großer Klärungsbedarf. Das machte eine Kodifikation erforderlich. Gerade die Änderung der Rechtslage begünstigte also eine Kodifizierung. In Japan dagegen gilt seit Jahrzehnten die Gründungstheorie, was eigentlich ihre gesetzliche Verankerung erleichtern sollte. Jedoch fehlte damit auch ein unmittelbarer Anlass zur Schaffung einer Kodifikation. Der Reformversuch im Gesellschaftskollisionsrecht wurde nicht wie in Deutschland durch die Rechtsprechung oder durch eine Änderung der Rechtslage veranlaßt. Der eigentliche Anlass der Reformen war ein übergreifendes, von der japanischen Regierung groß angelegtes Reformprogramm, das auch das Internationale Gesellschaftsrecht erfasste.485 Die Reformen waren also nicht – wie der Reformprozess zur Schaffung des RefE – speziell auf das Internationale Gesellschaftsrecht ausgerichtet. Auch war die Diskussion des Gesellschaftskollisionsrechts nach japanischem Selbstverständnis noch nicht weit genug fortgeschritten, und die Reformdebatte über das Fremdenrecht löste Unsicherheit aus, die die Reformen hemmte. Letztendlich scheiterten beide Kodifikationsversuche. Jedoch wurde in Deutschland ein ausgearbeiteter Vorschlag zur Kodifizierung des gesellschaftsrechtlichen Kollisionsrechts gemacht, der in der Öffentlichkeit mehrheitlich positiv bewertet wurde. Der Entwurf enthielt detaillierte Regelungen zur Bestimmung des Anknüpfungsmoments und zum Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts. Da der RefE die Anwendung der Gründungstheorie nicht auf den (relativ sicheren) Rahmen des EWR beschränkte, war die Reichweite der deutschen Reform durchaus mit der in Japan angedachten Kodifizierung vergleichbar. Die Einbindung in die EU war für Deutschland also Anlass, aber nicht Grenze der Reform. Ausgelassen wurden lediglich einige rechtspolitische Streitfragen. Gerade diese Streitfragen, insbesondere die offene Frage einer Regelung zur Arbeitnehmermitbestimmung, führten schließlich dazu, dass der Entwurf nicht verabschiedet wurde. In Japan dagegen wurde eine Kodifizierung des Gesellschaftskollisionsrechts im neu geschaffenen RAG zwar angedacht, jedoch in einem frühen Stadium wieder fallengelassen. Begründet wurde dies unter anderem damit, die Diskussion zum Gesellschaftskollisionsrecht, insbesondere über den Anwendungsbereich des Gesell-

485

Siehe dazu oben Erster Teil, B.I.

128

Zweiter Teil: Bestimmung des Gesellschaftsstatuts

schaftsstatuts,486 sei noch nicht weit genug fortgeschritten und man wolle die Entwicklung in der EU abwarten. Vor allem aber lag bei der Schaffung des RAG der Schwerpunkt auf anderen Gebieten. Auch löste die Reformdebatte über das Fremdenrecht Unsicherheit aus, die die Kodifikation hemmte. Für beide Länder wäre zur Erhöhung der Rechtssicherheit die Schaffung einer klaren, praktikablen Regelung wünschenswert gewesen. Jedoch ist der deutsche RefE seit 2008 auf Eis gelegt. Immerhin wurde der Entwurf noch einmal aufgegriffen, als das Bundesministerium der Justiz den (allerdings nicht verwirklichten) Plan verkündete, die Arbeit am Gesetzesentwurf in der 16. Legislaturperiode wieder aufzunehmen. Auch besteht die Möglichkeit, dass der Entwurf auf europäischer Ebene Vorbildfunktion hat. In Japan dagegen setzt der Gesetzgeber zwar seine umfassenden Reformbestrebungen fort.487 Die Einzelprojekte waren jedoch zumindest bisher regelmäßig auf die Überarbeitung eines Gesetzes gerichtet – eine auf das Schnittstellenthema des Internationalen Gesellschaftsrechts fokussierte Reform ist daher leider eher unwahrscheinlich.

486

Siehe dazu unten Vierter Teil. So etwa Reformen im Zivilprozessrecht (dazu KONO (2010)) und im Schuldrecht (dazu MINISTRY OF JUSTICE (Hrsg.), Civil Code Reform, ). 487

Dritter Teil

Fremdenrecht Die Liberalität der Gründungstheorie wird in Japan auf der Ebene des materiellen Rechts durch fremdenrechtliche1 Vorschriften erheblich eingeschränkt. Zentrale Vorschriften für ausländische juristische Personen und Auslandsgesellschaften finden sich im ZG (siehe dazu nachfolgend A.) und im GesG (siehe dazu unten B.). Daneben bestehen spezialgesetzliche Beschränkungen für Ausländer, also für natürliche wie juristische ausländische Personen und Gesellschaften (siehe dazu unten C.).

A. Fremdenrecht im ZG A. Fremdenrecht im ZG

I.

Anerkennung ausländischer juristischer Personen (Art. 35 ZG)

Während der Anerkennung ausländischer juristischer Personen in Deutschland schon in der Vergangenheit keine große Bedeutung zugemessen wurde, spielte sie in Japan – ähnlich wie in Frankreich und Belgien – eine zentrale Rolle, und auch heute noch ist sie im Gesetz verankert. Zwar änderte sich auch in Japan das Verständnis der Anerkennung über die Zeit. Der Wortlaut der Vorschrift hat sich seit Erlass des ZG im Jahr 1896 jedoch nur unwesentlich geändert. Bei der jüngsten Reform des ZG im Jahr 2006 wurde der vormalige Art. 36 zu Art. 35 ZG.2 Dabei wurde inhaltlich lediglich das Wort 1

Fremdenrecht wird in der japanischen Literatur definiert als „Rechtsnormen, die die zivilrechtliche Stellung einer ausländischen Person im Inland festlegen“ (SAKURADA (2006) 30). Nach herrschender Meinung ist die Anwendbarkeit japanischen Rechts auf einen Fall keine Voraussetzung für die Anwendung der japanischen fremdenrechtlichen Vorschriften. Vielmehr sind sie ohne Vermittlung des Kollisionsrechts unmittelbar auf Sachverhalte mit Auslandsbezug anwendbar. Dazu TAMEIKE (2005) 28 ff.; SAKURADA (2006) 30. 2 Die Änderung des Art. 36 ZG a.F. beruht auf dem Umsetzungsgesetz zu den Gesetzen Nr. 48/2006 und Nr. 49/2006 – dem Ippan shadan hôjin oyobi ippan zaidan hôjin ni kansuru hôritsu oyobi kôeki shadan hôjin oyobi kôeki zaidan hôjin no nintei-tô ni kansuru hôritsu no shikkô ni tomonau kankei hôritsu no seibi-tô ni kansuru hôritsu [Gesetz über die Anpassung der von der Umsetzung des Gesetzes über die allgemeine Körperschaft und die allgemeine Stiftung und des Gesetzes über die Anerkennung gemeinnütziger Personen- und Stiftungskörperschaften betroffenen Gesetze], Gesetz Nr. 50/2006, in Kraft seit dem

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Dritter Teil: Fremdenrecht

„Handelsgesellschaft“ (shôji kaisha) durch den Ausdruck „Auslandsgesellschaft“ (gaikoku kaisha) ersetzt, um die Terminologie mit der des 2005 erlassenen GesG abzustimmen.3 1.

Entstehung und historische Entwicklung

Unter den verschiedenen bei Schaffung des ZG rezipierten Rechtsordnungen setzte sich in der Anerkennungsvorschrift die Lehre des in Belgien führenden Gelehrten François Laurent durch.4 Die darin kodifizierte Anerkennung (ninkyo) beruht auf dem Verständnis, dass eine juristische Person ihre Rechtspersönlichkeit nur territorial (auf das Gebiet des Gründungsstaates) begrenzt erwerbe. Denn die juristische Person sei eine vom Gesetzgeber zur Verwirklichung bestimmter sozialer oder gesellschaftspolitischer Zwecke geschaffene Fiktion, deren Existenz nur so weit reiche wie die legislative Macht der sie erschaffenden Staatsgewalt.5 Der Gesetzgeber habe weder die Aufgabe noch die Befugnis, die sozialen Bedürfnisse außerhalb seines Staatsgebietes einzuschätzen. Daher sei eine juristische Person in anderen Staaten nur dann existent, wenn diese sie anerkannt hätten.6 Laurents Gesetzesentwurf enthielt daher eine Vorschrift zur Anerkennung ausländischer juristischer Personen in Belgien.7 Eine entsprechende, zunächst 1. Dezember 2008. Zu den Hintergründen der Reform SIMON (2009) 5 ff.; zu den Inhalten MIYAKAWA (2006) 64 ff. 3 Zum Begriff „Auslandsgesellschaft“ im GesG siehe ausführlich unten B.I.2. 4 Zum Einfluss Laurents siehe oben Zweiter Teil, A.II.2.a. Siehe dort auch die Ausführungen zu den gesetzgeberischen Vorbildern für Art. 36 ZG a.F. In der Diskussion über die Vorschrift wurde auch das belgische, italienische, deutsche, schweizerische und englische Recht einbezogen (siehe etwa den Redebeitrag von Ichirô Motono, einem Ministerialangestellten, Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 421. 5 So führte Kenjirô Ume, der an der Gesetzgebung maßgeblich beteiligt war (siehe Zweiter Teil, Fn. 125) aus: „Die juristische Person existiert nicht von Natur aus. Sie existiert lediglich kraft des Rechts, aber nicht in Wirklichkeit. Da also diese Annahme oder Fiktion nur innerhalb des Geltungsbereichs des Rechtes Wirkung besitzt, hat sie keinerlei Wirkung, wenn sie die Grenzen dieses Bereichs auch nur ein bisschen überschreitet.“ UME (1903) 60 f. 6 Ausführlich dazu m.w.N. auf das Werk Laurents siehe Zweiter Teil, A.II.2.a. Siehe auch SAKURADA (2006) 167; TAMEIKE (2005) 303 f., 309; TAKAKUWA (2005) 309; YAMADA (1915) 886; SANO (2001) 167; YOKOMIZO (2008) 177. 7 Art. 536 lautete: „Les corporations étrangères, autres que l’État, les provinces et les communes, n’ont d’existence légale en Belgique que par une autorisation du gouvernement, sauf disposition contraire dans les traités. L’autorisation peut toujours leur être retirée. Les corporations étrangères légalement existantes peuvent exercer en Belgique les droits qui leur sont accordés par leur incorporation, sous les restrictions qui sont imposées aux corporations analogues créées par no lois.“ LAURENT (1883) 408.

A. Fremdenrecht im ZG

131

allerdings noch strenger gehaltene Anerkennungsvorschrift wurde in Art. 6 Abs. 1 des personenrechtlichen Teils des Alten ZG von 1890 aufgenommen: „Nach dem Gesetz ist die Existenz ausländischer juristischer Personen nicht anerkannt, es 8 sei denn, es besteht dafür ein Staatsvertrag oder eine Konzession.“

Darin wurde also für alle juristischen Personen der Grundsatz der Nichtanerkennung festgeschrieben. Noch im ersten Entwurf zum Alten ZG9 hingegen waren – entsprechend dem belgischen Vorbild – ausländische Staaten vom Grundsatz der Nichtanerkennung ausgenommen.10 Die Vorschrift wurde aus dem Alten ZG, das aufgrund des Kodifikationenstreits nie in Kraft trat, mit folgenden Änderungen in Art. 36 a.F. des 1898 in Kraft getretenen ZG übernommen: „Abgesehen von Staaten, staatlichen Verwaltungseinheiten und Handelsgesellschaften wird 11 die Existenz ausländischer juristischer Personen nicht anerkannt. Jedoch gilt dies nicht, 12 wenn durch Gesetz oder Staatsvertrag etwas anderes bestimmt ist.“

Die gesetzgeberischen Motive, die dieser und der Vorgängervorschrift zugrunde lagen, ergeben sich aus der Begründung zum Gesetzesentwurf für Art. 36 ZG a.F.: „Weil die juristische Person durch Rechtsetzung existiert, ist es selbstverständlich, dass ihre Stellung nur innerhalb des Gebietes anerkannt ist, auf das sich die Wirkung des Rechts erstreckt. Dementsprechend kann eine juristische Person eines Landes nicht selbstverständlich in einem anderen Land Rechtspersönlichkeit besitzen. Und weil hauptsächlich auf 8

Übers. d. Verf. aus Kyû-minpô, jinji-hen [Altes ZG, Personenrechtlicher Teil] – abgedruckt in WAGATSUMA (1968) 115 ff. Eine offizielle englische Übers. findet sich bei SHIHÔ-SHÔ [JUSTIZMINISTERIUM] (1892). Dort wird Art. 6 Abs. 1 folgendermaßen übersetzt: „The existence of a foreign juridical person is not recognized by law, except in cases where there is a treaty or special permission therefore.“ 9 Kyû-minpô, Gesetze Nr. 28/1890 und Nr. 98/1890 (aufgehoben). Abgedruckt in ISHII (1959) 38 ff. (mit Kommentierung). Der erste Entwurf wurde von Binzô Kumano verfasst und 1888 fertig gestellt. Dazu SOKOLOWSKI (2010) 291 ff., der die Umschrift des Namens allerdings mit Toshizô Kumano angibt. Die Umschrift Binzô wurde hier von DÔGAUCHI (2008) 30 übernommen. 10 Dort lautete die Vorschrift noch (Übers. d. Verf. aus ISHII (1959) 40 f.): „Mit Ausnahme ausländischer Staaten ist nach dem Gesetz die Existenz ausländischer juristischer Personen nicht anerkannt, es sei denn, es besteht dafür ein Staatsvertrag oder eine Konzession.“ 11 Bei LÖNHOLM (1897) wird ninkyo shinai mit „nicht zugelassen“ übersetzt. So auch die Terminologie von NISHITANI (2011) Rn. 46 ff. Hier wurde als Übersetzung der Ausdruck „nicht anerkannt“ gewählt, um klarzustellen, dass es um die Anerkennung von im Ausland bereits bestehenden juristischen Personen, nicht um eine Zulassung handelte, die eine juristische Person erst entstehen ließ. 12 Übers. d. Verf. Während der Gesetzgebungsdiskussion wurde die Vorschrift noch als Art. 39 bezeichnet, dann jedoch als Art. 36 erlassen.

132

Dritter Teil: Fremdenrecht

Grundlage des öffentlichen Interesses des eigenen Landes bestimmt wird, ob die Gründung einer juristischen Person erlaubt wird oder nicht, kann ihr in einem anderen Land die Genehmigung als gegen das öffentliche Interesse verstoßend verweigert werden, auch wenn sie zum Beispiel dem öffentlichen Interesse des Gründungslandes dient. Daher besteht durchaus die Befürchtung, dass das öffentliche Interesse Japans beeinträchtigt wird, wenn man der von vielen Wissenschaftlern vertretenen Ansicht folgt und den juristischen Personen, die im Ausland anerkannt sind, automatisch auch in Japan die Rechtsfähigkeit zugesteht. Deshalb bestimmte das Alte ZG als Grundsatz, dass ausländische Personen nicht 13 anerkannt werden.“

Am Anfang dieser Begründung klingt die Fiktionstheorie an („Weil die juristische Person durch Rechtsetzung existiert“), die der Vorschrift rechtskonstruktiv zugrunde lag. Hier besteht allerdings eine Bruchstelle zum japanischen materiellen Gesellschaftsrecht. Es wurde aus Deutschland rezipiert und gründete auf der dort vorherrschenden Lehre von der realen Verbandspersönlichkeit.14 Jedoch entsprach das organisationsrechtliche Verständnis der juristischen Person in Japan der territorialistischen Auffassung insofern, als dem Staat jeweils eine zentrale Rolle bei der Entstehung juristischer Personen zukam.15 Bei der Entstehung nichtwirtschaftlicher Vereine und Stiftungen war der Staat maßgeblich beteiligt. Ihre Gründung setzte nach Art. 34 ZG a.F.16 eine staatliche Genehmigung (kyoka) voraus. Für Aktiengesellschaften galt bis zum Inkrafttreten des HG im Jahr 1899 gemäß Artt. 156, 159 und 166 Altes HG das Konzessionssystem, wodurch die staatliche Mitwirkung bei der Entstehung der Rechtspersönlichkeit im Vordergrund stand.17 13

Übers. d. Verf. aus den Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416. Allgemein zu den Motiven für die territorialistische Auffassung DROBNIG (1978) 691; DROBNIG (1967) 111. 14 Ausführlich zu den rechtspolitischen und dogmatischen Hintergründen und Konsequenzen KITAGAWA (1960) 549 ff. 15 Zu beachten ist allerdings, dass nach der ursprünglichen Konzeption Roeslers die Handelsgesellschaften nach Art. 73 des Alten HG zwar selbständige Rechte und Pflichten hatten, aber keine juristischen Personen im eigentlichen Sinne waren. Der japanische Kommentator Hasegawa übernahm diese Differenzierung jedoch nicht. Hinter der Konzeption Roeslers stand die Idee einer Kultur- bzw. Sozialgebundenheit der juristischen Person, derzufolge juristische Personen zur Verwirklichung sozialer bzw. gesellschaftlicher Zwecke, nicht aber zur Verwirklichung bloßer Zwecke des Privatlebens gegründet werden sollten. Dazu MURAKAMI (2006a) 217 ff. Diese Ideen Roeslers wurden in Japan jedoch nicht umgesetzt. Gerade der Verwirklichung sozialer Zwecke durch gemeinnützige juristische Personen stand der aufstrebende japanische Staat, der vornehmlich die Wirtschaftsförderung im Blick hatte, kritisch gegenüber, siehe unten Fn. 20. 16 Art. 34 ZG a.F. (Übers. aus ISHIKAWA/LEETSCH (1985) 7): „Religiöse, wohltätige, wissenschaftliche, künstlerische oder sonst dem öffentlichen Interesse dienende und nicht auf Erwerb gerichtete Vereine oder Stiftungen können mit Genehmigung der zuständigen Behörde juristische Personen werden.“ 17 Zur „Bevormundung des Unternehmens durch den Staat“ bei der Gesellschaftsgründung und Wirtschaftsorganisation MURAKAMI (2006b) 201 ff. Zum Konzessionssystem in

A. Fremdenrecht im ZG

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Auch danach übte der Staat faktisch großen Einfluss auf die Unternehmenslandschaft aus.18 Zudem konnte das Gericht nach Art. 67 Abs. 2 Altes HG die Auflösung einer Gesellschaft anordnen, wenn sie ihr Gewerbe in einer Weise betrieb, die der öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten widersprach. Damit korrespondierte die dahinterstehende rechtspolitische Motivation. Das territorialistische Verständnis der juristischen Person entsprach – anders als die großzügigere Anerkennungspraxis in Deutschland19 – der damaligen Interessenlage Japans. Der japanische Markt sollte vor möglichen Gefahren durch die Aktivitäten ausländischer juristischer Personen geschützt werden („Daher besteht durchaus die Befürchtung, dass das öffentliche Interesse Japans beeinträchtigt wird“). Auch intern, also in Bezug auf in Japan gegründete juristische Personen, bestanden staatliche Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten. Zwar ging man bei Aktiengesellschaften mit Inkrafttreten des HG von 1899 vom Konzessionssystem, das eine weitgehende staatliche Wirtschaftskontrolle ermöglichte,20 zum Normativsystem über. In der Gesetzgebungsdiskussion des Jahres 1893 spielte das Konzessionssystem jedoch auch insoweit noch eine Rolle. Zudem waren die Vorschriften zu juristischen Personen des Zivilrechts auch im überarbeiteten ZG sehr restriktiv.21 Wieviel mehr galt es, staatliche Kontrollmöglichkeiten in Bezug auf ausländische Gesellschaften zu sichern, da „hauptsächlich auf Grundlage des öffentlichen Interesses des eigenen Landes bestimmt wird, ob die Gründung einer juristischen Person erlaubt wird oder nicht“.22 Schließlich stand Japan nach seiner 250-jährigen Abschottung dem Ausland erst seit knapp vier Jahrzehnten of-

Japan BAUM/TAKAHASHI (2005) 356 ff.; MARUYAMA (1995) 284; SOKOLOWSKI (2010) 332 f. Zum damaligen Gründungsverfahren LÖNHOLM (1895) 84 ff. 18 MURAKAMI (2006b) 203 ff. 19 Siehe dazu oben Zweiter Teil, A.I.2.b. 20 Rechtspolitischer Hintergrund für die Einführung des Konzessionssystems war, dass nach Meinung japanischer Wissenschaftler die vollkommene Umgestaltung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des japanischen Marktes innerhalb eines kurzen Zeitraums eine staatliche Kontrolle der Marktakteure erforderlich machte. Dazu FUKUSHIMA (1991) 186 ff. m.w.N., der nachweist, dass die Einführung des Konzessionssystems gegen die Meinung Roeslers von den japanischen Kommissionsmitgliedern befürwortet wurde. 21 Nur bei einer gemeinnützigen Zielsetzung stand einem Verein oder einer Stiftung die Möglichkeit offen, sich nach Art. 34 ZG a.F. als gemeinnützig eintragen zu lassen, um juristische Person zu werden – und dies auch nur mit vorheriger staatlicher Genehmigung. Nichtwirtschaftliche Vereine und Stiftungen, die keinem gemeinnützigen Zweck dienten, konnten – anders als im deutschen Recht, aus dem die grundsätzliche Systematik im Übrigen rezipiert wurde – keine Rechtsfähigkeit erlangen. Kritisch dazu SIMON (2009) 12 Fn. 27 und 15 ff. Siehe auch ODA (2009) 123 ff. Die Einschränkungen wurden erst mit der Reform des ZG von 2006 (dazu unten bei Fn. 101) geändert. 22 Angaben siehe oben Fn. 13.

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Dritter Teil: Fremdenrecht

fen. Grundsatz war daher (wie im Alten ZG) die Nichtanerkennung ausländischer Gesellschaften. Andererseits musste Japan – gerade auch im Hinblick auf die Revision der Ungleichen Verträge23 – den wachsenden Bedürfnissen des internationalen Handels gerecht werden.24 Aus den Protokollen der Diskussion im Rat zur Untersuchung der Gesetzbücher (Hôten Chôsa-kai)25 wird deutlich, dass Nobushige Hozumi26 der in Art. 6 des personenrechtlichen Teils des Alten ZG enthaltenen Vorschrift daher kritisch gegenüberstand: „Wenn das Alte ZG in Kraft getreten wäre, so wäre offensichtlich Art. 6 des personenrechtlichen Teils sofort zu einer toten Vorschrift geworden. Heute entsteht der Großteil des Handels, der in Yokohama oder Kobe getätigt wird, durch ausländische Handelsgesellschaften. Jedoch bestehen insbesondere noch keine Staatsverträge und auch keine Gesetze, die ausländische Gesellschaften anerkennen. In diesem Fall kann diese Vorschrift tatsäch27 lich nicht angewendet werden.“

Aus diesem Grund wurden – anders als in Art. 6 des Alten ZG – vom Grundsatz der Nichtanerkennung weitreichende Ausnahmen gemacht: „Man kann sagen, dass das Prinzip, das vom Alten ZG zugrunde gelegt wird, zum Wesen der juristischen Person passt. Jedoch hat die aktuelle Situation im Verkehr und Handel zwischen den Ländern bewirkt, dass die unbegrenzte Anwendung dieses Grundsatzes nicht mehr anerkannt ist. Weil gegenwärtig wichtige Teile des internationalen Handels vor allem auf Aktivitäten juristischer Personen beruhen, würde es den internationalen Handel stark beeinträchtigen, wenn man diesen Grundsatz absolut anwendete. Weil man den Grundsatz für unpassend hielt, wurden in verschiedenen europäischen Ländern bereits vor mehr als zehn Jahren durch Gesetze, Staatsverträge oder Urteile Ausnahmen davon gemacht. Tatsächlich ist dieser Grundsatz eher zur Ausnahme geworden. Daher ist zwar nach dieser Vorschrift die Gründung einer juristischen Person außerhalb des Landes grundsätzlich nicht anerkannt, ausnahmsweise können aber die ausländischen juristischen Personen, für die in internationalen Beziehungen oder wirtschaftlich die Anerkennung notwendig ist, 28 anerkannt werden.“

23

Siehe dazu oben Text im Zweiten Teil, Text bei Fn. 230 ff. Vor allem Nobushige Hozumi sprach sich für ihre Anerkennung aus: „Um es aber kurz zu sagen, je mehr sich der internationale Handel ausweitet, desto mehr wird sicherlich die Tendenz bestehen, dass die Gründung ausländischer Handelsgesellschaften, egal aus welchem Land, selbstverständlich anerkannt werden wird.“ (Übers. d. Verf. aus den Protokollen der Diskussion im Rat zur Untersuchung der Gesetzbücher, abgedruckt in den Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 417) und – ganz am Ende der Diskussion, nachdem einige Mitglieder Bedenken gegen die Anerkennung angemeldet hatten: „Es ist auf keinen Fall möglich, sie nicht anzuerkennen.“ (Übers. d. Verf. aus den Protokollen der Diskussion im Rat zur Untersuchung der Gesetzbücher (Einleitung, Fn. 1) 432). 25 Ausführlich zur Zusammensetzung des Rates SOKOLOWSKI (2010) 474 ff. 26 Zu seiner zentralen Rolle bei der Entstehung des ZG siehe oben Erster Teil, Fn. 83. 27 Übers. d. Verf. aus den Protokollen der Diskussion im Rat zur Untersuchung der Gesetzbücher (Einleitung, Fn. 1) 418. 28 Übers. d. Verf. aus den Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416. 24

A. Fremdenrecht im ZG

135

Ausländische juristische Personen wurden also in Japan anerkannt, soweit dies notwendig war.29 Im Einzelnen nahm man drei Arten von juristischen Personen vom Grundsatz der Nichtanerkennung aus: Staaten, ihre Verwaltungseinheiten sowie Handelsgesellschaften.30 Nicht ausgenommen waren ausländische juristische Personen, deren Zweck nicht auf Gewinnerzielung gerichtet war, also insbesondere gemeinnützige juristische Personen. Dies entsprach einerseits der Auffassung Laurents und andererseits der restriktiven Regelung für japanische nichtwirtschaftliche Vereine.31 Der japanische Staat stand schon der nicht auf Gewinnerwerb gerichteten Tätigkeit japanischer privater Vereinigungen äußerst kritisch gegenüber.32 Als umso gefährlicher wurde eine allgemeine Anerkennung nichtwirtschaftlicher juristischer Personen aus dem Ausland angesehen.33 Bei Staaten und ihren Verwaltungseinheiten dagegen bestanden kaum Befürchtungen, dass ihre Anerkennung für Japan problematisch sein könnte: „Wir sind der Ansicht, dass es in den heutigen internationalen Beziehungen normal ist, Staaten und ihre Verwaltungseinheiten als juristische Personen anzuerkennen, und dass 34 deren Anerkennung auch für Japan nicht nachteilig ist.“

Auch aus der Diskussion im Rat zur Untersuchung der Gesetzbücher ist ersichtlich, dass (bis auf Verständnisprobleme35) ihre Anerkennung als unproblematisch angesehen wurde. Gegen die Anerkennung ausländischer Handelsgesellschaften wurden jedoch in der Gesetzgebungsdiskussion gewisse Bedenken angemeldet. Vor allem fürchtete man die Aktivitäten von Scheinauslandsgesellschaften.36 Ge29

SANO (2001) 172. Zur Definition der Handelsgesellschaft siehe unten 2.b.ii. Zentrales Merkmal war die Absicht der Gewinnerzielung. Die Ausnahme der Staaten entsprach der Regelung im Entwurf des Alten ZG von 1888, vgl. Fn. 10. 31 Laurents restriktive Haltung leitete sich vor allem aus seiner ablehnenden Haltung gegenüber der Kirche ab. Siehe LAURENT (1883) 410 f., 414, 425. Kritisch dazu VON BAR (1889) 301. Zum restriktiven Umgang Japans mit nichtwirtschaftlichen Vereinen oben Fn. 21. Der wirtschaftliche Verein ist in Japan die Grundform der körperschaftlich organisierten Gesellschaften, siehe KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 1. 32 Dazu unten Text bei Fn. 41 f. 33 So sagte Nobushige Hozumi: „Allerdings würde meiner Meinung nach die automatische Anerkennung von juristischen Personen, die sich mit Angelegenheiten der Religion oder der Erziehung oder mit solchen Angelegenheiten befassen, wohl gefährliche Ergebnisse hervorbringen…“ (Übers. d. Verf. aus den Protokollen der Diskussion im Rat zur Untersuchung der Gesetzbücher (Einleitung, Fn. 1) 419). 34 Übers. d. Verf. aus den Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416. 35 So war dem Verwaltungsrichter Mitsukuri Rinshô nicht klar, welche Rechte Länder und ihre Verwaltungseinheiten in Japan haben könnten (Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 419). 36 Siehe dazu das Eingangszitat in der Einleitung, bei Fn. 1. 30

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Dritter Teil: Fremdenrecht

rade im Hinblick auf das in Japan für Aktiengesellschaften (allerdings nur bis 189937) geltende Konzessionssystem bestand zudem die Befürchtung, dass japanische Gesellschaften im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden. So meldete das Kommissionsmitglied Ichirô Motono38 Bedenken an: „In Bezug auf Gesellschaften, für die besondere Vorschriften bestehen, wie Aktiengesellschaften oder besondere Gesellschaftsformen, denke ich, dass ihre Gründung nach ausländischem Recht nicht ohne weiteres anerkannt werden darf und ihnen nicht dieselben Rechte zugestanden werden dürfen wie japanischen Gesellschaften. Für die Aktiengesellschaft muss man wie gesagt nach geltendem japanischen Recht eine Zulassung von der zuständigen Behörde bekommen. [...] Übrigens gibt es Länder, in denen man Gesellschaften jeder Größe ohne jegliche Einschränkung gründen kann. [...] Wenn wiederum äußerst unsichere Gesellschaften aus Ländern wie England, wo die Aktiengesellschaft frei organisiert werden kann, kommen und in Japan die Gründung dieser Gesellschaften automatisch anerkannt wird und sie in Japan mit anderen japanischen Gesellschaften im Wettbewerb stehen, so 39 befürchte ich, dass ausländische Gesellschaften begünstigt werden.“

Dass man Handelsgesellschaften trotz dieser Bedenken anerkannte, geschah vornehmlich aus wirtschaftlicher Notwendigkeit: „Würde man ausländische Handelsgesellschaften nicht anerkennen, empfänden das zweifellos beide an einem Handelsgeschäft Beteiligten als äußerst schwierig. Daher sind diese beiden Arten [Anm. d. Verf.: die staatliche juristische Person und die Handelsgesellschaft] so zu behandeln, dass sie automatisch Rechtspersönlichkeit besitzen, die anderen Gesell40 schaften sollen durch Gesetz oder Staatsvertrag geregelt werden.“

37

Zur Verankerung des Konzessionssystems im Alten HG BAUM/TAKAHASHI (2005) 356 f. (sowie 361 zu seiner Abschaffung mit Erlass des HG im Jahr 1899); MARUYAMA (1995) 284; SOKOLOWSKI (2010) 332 f. Das Alte HG sah das Konzessionssystem aber nicht für die Offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft vor. 38 Ichirô Motono (1862–1918) war Beamter des Auswärtigen Dienstes. Er lebte von 1873 bis 1876 in Frankreich und studierte in den Jahren 1884–1889 an der Universität Lyon. Er erwarb sowohl in Frankreich als auch in Japan den Doktortitel und war für den Auswärtigen Dienst in verschiedenen Ländern tätig, u.a. in Belgien, Frankreich und Russland. (Angaben aus – Asahi Shinbun Verlag). 39 Übers. d. Verf. aus den Protokollen der Diskussion im Rat zur Untersuchung der Gesetzbücher (Einleitung, Fn. 1) 421. Siehe auch das Eingangszitat in der Einleitung, Text zu Fn. 1. Der dort zitierte Diskussionsbeitrag wurde von Takagi Toyozô eingebracht. T. Toyozô (1852–1918) war Justizbeamter und Rechtsanwalt. Er studierte französisches Recht am Lehrinstitut für Rechtswissenschaft des Justizministeriums (Shihô-shô Hô-gakkô, später in die Universität Tokyo eingegliedert) und arbeitete ab 1884 zunächst als Richter, forschte dann 1887–1889 in Berlin. Nach seiner Rückkehr wurde er Präsident des DG Fukushima, dann Richter am RGH und schließlich Vizejustizminister. Nach seinem Rücktritt war er Rechtsanwalt und Mitglied des Oberhauses (Kizoku-in) sowie Rechtsberater des japanischen Roten Kreuzes (Informationen aus – Asahi Shinbun Verlag). 40 Übers. d. Verf. aus den Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416.

A. Fremdenrecht im ZG

137

Für ausländische Vereine oder Stiftungen, die keinen Erwerbszweck verfolgen, galt hingegen – abgesehen von staatsvertraglichen Sonderregelungen – der Grundsatz der Nichtanerkennung. Dies entsprach der Haltung gegenüber japanischen Vereinigungen ohne Erwerbszweck. Ihnen wurde in Japan lange Zeit nur in sehr begrenztem Umfang rechtliche Eigenständigkeit gewährt. Nach Art. 34 ZG a.F. konnten solche Vereinigungen nur durch behördliche Genehmigung (kyoka) juristische Personen werden. Voraussetzung dafür war eine gemeinnützige Zielsetzung. Diese Gemeinnützigkeit war nach herrschender Meinung nur dann gegeben, wenn der Zweck des Vereins oder der Stiftung darin bestand, „zum Vorteil einer unbegrenzten Zahl von Personen tätig zu werden“.41 Vereine oder Stiftungen, die das Wohl einer bestimmten Gruppe oder ihrer eigenen Mitglieder verfolgten, konnten demnach keine Rechtsfähigkeit erlangen. Grund für diese restriktive Handhabung war nach herrschender Meinung, dass der Staat der Verwirklichung sozialer oder ideeller Ziele durch einen selbst organisierten Zusammenschluss von Bürgern äußerst kritisch gegenüberstand – sei es, weil keine Konkurrenz zur öffentlichen Verwaltung zugelassen werden sollte oder weil die Bürger ihre Arbeitskraft voll dem Berufsleben widmen sollten.42 Auch in Bezug auf die vom Grundsatz der Nichtanerkennung ausgenommenen ausländischen juristischen Personen war es nach Meinung der Kommissionsmitglieder notwendig, Kontrollvorschriften zu schaffen.43 Man kam schließlich überein, dass diese gegebenenfalls in andere Gesetze (HG, Hôrei) einzufügen seien.44 Im ZG wurden die Rechte, die eine anerkannte ausländische juristische Person in Japan innehaben konnte, durch Art. 36 Abs. 2 ZG a.F. beschränkt:45 „Die gemäß Abs. 1 anerkannten ausländischen juristischen Personen genießen dieselben Privatrechte wie in Japan gegründete juristische Personen der gleichen Art; das gilt jedoch

41

MENKHAUS (2006) 237. GOTO (2008) 34 weist auf die Möglichkeit einer Korruption der Verwaltung durch die von japanischen Behörden eigeninitiativ errichteten Verbände hin; MENKHAUS (2006) 237 f. auf eine „Konkurrenz zur öffentlichen Verwaltung“. Die Forschungen von PEKKANEN (2004) 223 ff. legen den Schluss nahe, dass der Meiji-Gesetzgeber die Gründung von Vereinen auch erschwerte, damit die Bürger ihre Arbeitskraft mehr ins Berufsleben und weniger in Vereinsaktivitäten einbrächten. 43 Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 419, 422 und 425 ff. Die Kommission wies auf dieses Erfordernis hin, stellte aber auch fest, dass die Diskussion für die Ausformulierung solcher Schutzvorschriften noch nicht weit genug fortgeschritten sei und zudem ihr Auftrag die Formulierung solcher Vorschriften nicht umfasse. 44 Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 428 f. 45 Dazu, dass bei der Anerkennung die Wirkungen, die das Recht des Ursprungslandes vorsieht, auf solche Wirkungen begrenzt werden, die das Anerkennungsland selbst vorsieht, aus rechtsvergleichender Sicht DROBNIG (1978) 699 f. 42

138

Dritter Teil: Fremdenrecht

nicht für diejenigen Rechte, die Ausländer nicht genießen können, oder Rechte, für die 46 abweichende Bestimmungen in Gesetzen oder Staatsverträgen enthalten sind.“

Damit sollte eine Benachteiligung japanischer juristischer Personen vermieden werden: „Wenn man annimmt, dass ausländische juristische Personen, die anerkannt sind, Rechte innehaben können, die eine gleichartige, in Japan gegründete juristische Person nicht innehaben kann, so würden die ausländischen juristischen Personen bevorzugt und es bestünde die Möglichkeit, dass der Schutz japanischer juristischer Personen verringert 47 würde. Dies wäre nicht gerecht.“

2.

Heutiges Verständnis

a.

Dogmatische Einordnung des Art. 35 Abs. 1 ZG

Mit dem Wandel in der Auffassung der Gründungstheorie änderte sich auch das Verständnis der zivilrechtlichen Anerkennungsvorschrift.48 Heute begreift die herrschende Meinung die Gründungstheorie als kollisionsrechtliche Methode zur Bestimmung des anwendbaren Rechts. Die Anerkennungsvorschrift rechnet sie dem Fremdenrecht zu. Danach regelt Art. 35 ZG (Art. 36 ZG a.F.) auf materiellrechtlicher Ebene die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit als Voraussetzung für das Handeln als juristische Person in Japan.49 Nach dieser Lesart besitzt also gemäß Art. 35 Abs. 1 ZG eine ausländische juristische Person in Japan nur dann eine Rechtspersönlichkeit, wenn diese anerkannt wird. Die Anerkennung ist deklarativ und erfolgt ohne besonderes Verfahren.50 Die Rechtsfähigkeit wird nicht erneut verliehen.51 Diese Auslegung der Anerkennungsvorschrift lag auch dem Urteil des OG Tokyo vom 20. Dezember 1974 zugrunde:52

46

Übers. aus ISHIKAWA/LEETSCH (1985). „Die gemäß Abs. 1 konzessionierten“ wurde hier durch „Die gemäß Abs. 1 anerkannten“ ersetzt, da es sich hier nicht um die staatliche Zulassung handelte, die eine juristische Person entstehen ließ, sondern um die Anerkennung anderswo bereits entstandener juristischer Personen. Die Regelung entsprach der des Art. 6 Abs. 2 des Alten ZG. 47 Übers. d. Verf. aus den Gesetzesmaterialien (Einleitung, Fn. 1) 416 f. 48 Zum Wandel des Verständnisses der Gründungstheorie siehe oben Zweiter Teil, A.II.2.b. Insbesondere der Aufsatz von ATOBE (1928) 501 ff. trug maßgeblich zum dogmatischen Umdenken bei. 49 Zum insofern inhaltsgleichen Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. SAKURADA (2006) 167; YAMADA (2004) 246; TAMEIKE (2005) 304 f.; TAKAKUWA (2005) 280; KAMEDA (1998) 5. 50 YAMADA (2004) 247; KAMEDA (1998) 5. 51 SAKURADA (2006) 167; TAMEIKE (2005) 309. 52 OG Tokyo, Urteil vom 20. Dezember 1974, Kamin Bd. 72 Nr. 7, 989. Dazu PETERSEN (2003) 323 f.; YAMADA (2004) 237 Fn. 10. Siehe zum Urteil auch unten Vierter Teil, B.IV.2.a.iv.

A. Fremdenrecht im ZG

139

„Die Frage, ob eine ausländische juristische Person nach ausländischem Recht wirksam gegründet wurde, ist getrennt von der Frage zu prüfen, ob eine nach ausländischem Recht wirksam gegründete juristische Person auch nach japanischem Recht als juristische Person bestehen und tätig werden kann. Bei der zuletzt genannten Problemstellung bestimmt Art. 36 Abs. 1 des japanischen ZG bezüglich der Anerkennung eines Rechtssubjekts, das im Ausland nach ausländischem Recht eine Rechtspersönlichkeit erworben hat, dass es nicht automatisch als Rechtssubjekt dauerhaft tätig werden darf, sondern dass die Anerkennung als Rechtssubjekt erforderlich ist. Dies ist eine Vorschrift, die die staatliche Kontrolle der Tätigkeit einer ausländischen Gesellschaft als juristische Person in Japan vor53 schreibt.“

Die von verschiedenen Autoren vertretenen abweichenden dogmatischen Einordnungen der Anerkennungsvorschrift überzeugen nicht. Eine Mindermeinung ordnet Art. 36 Abs. 1 ZG (heute Art. 35 ZG) als besondere kollisionsrechtliche Vorschrift ein, die die unmittelbare Anwendung des Gründungsrechts in Japan auf die Handelsgesellschaft beschränke.54 Jedoch ist diese Auslegung zu weit von der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers entfernt. Eine weitere Auslegung ist, dass eine nach ausländischem Recht wirksam gegründete juristische Person in Japan zwar grundsätzlich anerkannt werde, dass Art. 35 Abs. 1 ZG (Art. 36 Abs. 1 ZG a.F.) diese Anerkennung aber versage, wenn ein Verstoß gegen den ordre public vorliege.55 Nach dieser Interpretation müsste allerdings, da nach dem eindeutigen Wortlaut des ZG nichtwirtschaftliche juristische Personen generell nicht anerkannt sind,56 ihre Tätigkeit grundsätzlich gegen den ordre public verstoßen. Dies würde die Reichweite des ordre public deutlich überdehnen und wäre nicht zeitgemäß. Eine vereinzelt vorgenommene, auch in der Reformkommission vorgebrachte Einordnung geht auf das historische Verständnis der Anerkennungsvorschrift zurück. Danach ist die Verleihung der Rechtsfähigkeit an eine juristische Person eine Staatshandlung des Gründungsstaates. Art. 35 ZG (Art. 36 ZG a.F.) bestimme, wann die ausländische Verleihung der Rechtsfähigkeit anzuerkennen sei – so wie Art. 118 ZPG die Anerkennung ausländischer Urteile regele.57 Zutreffend wird dieser historisch begründete Ansatz 53

OG Tokyo (vorige Fn.) 1004; Übers. d. Verf. KÔNO (2000) 6. 55 KAWAKAMI (1946) 52. 56 Siehe dazu unten c.ii. 57 DÔGAUCHI (2005) 175 ff. Zur entsprechenden Auffassung des Gesetzgebers siehe Zweiter Teil, A.II.2.a. und oben 1. Jedoch geht Dôgauchi nicht mehr generell von der damals vertretenen territorialistischen Auffassung der juristischen Person aus. Vielmehr sei wegen Art. 35 ZG nur aus japanischer Sicht eine solche Anerkennung erforderlich (DÔGAUCHI (2005) 197). Kritisch zur Parallele zwischen Art. 36 ZG a.F. und Art. 118 ZPG KÔNO (2000) 6, der der Ansicht ist, der Gesetzgeber habe die zwei Probleme nicht als miteinander verknüpft angesehen. 54

140

Dritter Teil: Fremdenrecht

jedoch angesichts der Liberalisierung des materiellen Gesellschaftsrechts und der Internationalisierung der Handelsaktivitäten als nicht mehr zeitgemäß kritisiert.58 Auch weisen Kritiker auf die zu weitreichenden Rechtsfolgen dieser Auffassung hin. Denn die Nichtanerkennung einer ausländischen Gesellschaft gemäß Art. 35 ZG wäre nicht auf die Tätigkeit der Gesellschaft in Japan beschränkt. Vielmehr wäre die Existenz dieser Gesellschaft aus japanischer Sicht weltweit – auch in ihrem Gründungsstaat – nicht anerkannt. Eine so weitreichende Bedeutung des Art. 35 ZG erscheint nicht angemessen.59 Eine andere Meinung geht davon aus, dass die Anerkennung nach Art. 35 Abs. 1 ZG auf die Fälle beschränkt ist, in denen eine ausländische Gesellschaft in Japan dauerhaft Handel treibt – einzelne Handelsgeschäfte einer ausländischen Gesellschaft in Japan fielen demnach nicht unter diese Bestimmung.60 Zu Recht wird jedoch kritisiert, dass die Abgrenzung zwischen dauerhaftem und vereinzeltem Handel äußerst schwierig und ein sachlicher Grund für diese Differenzierung nicht ersichtlich sei.61 Auch bietet der Wortlaut der Vorschrift keinerlei Anhaltspunkt für diese einschränkende Auslegung. b.

Gemäß Art. 35 Abs. 1 ZG anerkannte ausländische juristische Personen

Art. 35 Abs. 1 ZG bestimmt: „Abgesehen von Staaten, staatlichen Verwaltungseinheiten und Handelsgesellschaften wird die Existenz ausländischer juristischer Personen nicht anerkannt. Jedoch gilt dies nicht, 62 wenn durch Gesetz oder Staatsvertrag etwas anderes bestimmt ist.“

Nach herrschender Meinung ist eine juristische Person ausländisch i.S.d. Art. 35 ZG, wenn sie nach ausländischem Recht gegründet wurde.63 Diese Definition berücksichtigt jedoch nicht, dass auch ausländische Staaten zu den ausländischen juristischen Personen i.S.d. Art. 35 Abs. 1 ZG gehören und diese nicht nach dem Recht eines Landes gegründet werden. Treffender ist daher die in der Literatur befürwortete Definition, dass alle nicht nach japanischem Recht gegründeten juristischen Personen ausländische Personen sind.64 Unter Art. 35 Abs. 1 ZG fallen nach herrschender Meinung nur ausländische Vereinigungen, die nach ihrem Gründungsrecht juristische Personen sind65 – also etwa nicht die englische Partnership oder die deutsche Offene 58

YAMADA (2004) 229 Fn. 10; SANO (2001) 174. So die Kritik von NOMURA (2000) 23; SANO (2001) 174. 60 OKAMOTO (1996) 97. 61 TAKAKUWA (2005) 282. 62 Übers. d. Verf. 63 YAMADA (2004) 244 f.; TAKAKUWA (2005) 281; 98. 64 SAKURADA (2006) 165. So auch schon die Definition von UME (1903) 55. 65 YAMADA (2004) 269; TAMEIKE (2005) 305. 59

A. Fremdenrecht im ZG

141

Handelsgesellschaft.66 Eine Mindermeinung in der Literatur wendet zwar Art. 35 Abs. 1 ZG (Art. 36 Abs. 1 ZG a.F.) analog auf ausländische Vereinigungen an, die, obwohl ihrem Gründungsrecht nach keine juristischen Personen, gewisse Rechte besitzen können.67 Danach könnten diese in Japan nur Rechtssubjekt sein, wenn sie einer der nach Art. 35 Abs. 1 ZG anerkannten Gruppen unterfallen. Die herrschende Meinung lehnt dies jedoch zu Recht ab. Die Rechtsstellung dieser Vereinigungen sei in Japan schon nach den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts anerkannt.68 Eine ausweitende Auslegung des Art. 35 Abs. 1 ZG ist angesichts der berechtigten Kritik an dieser Vorschrift nicht angebracht.69 Jedoch befürwortet auch die herrschende Meinung hinsichtlich der Rechte, die diese Vereinigungen nach ihrem Gesellschaftsstatut innehaben können, eine Beschränkung analog Art. 35 Abs. 2 ZG.70 Art. 35 ZG folgt dem Prinzip der umfassenden Anerkennung (gaikatsuteki ninkyo shugi), nach dem alle zu einer der aufgezählten Gruppen gehörenden juristischen Personen insgesamt anerkannt werden.71 Nach dem Verständnis und der Handhabung der heute in Japan herrschenden Meinung ist die Anerkennung, die dem Wortlaut der Vorschrift nach eigentlich die Ausnahme sein sollte, zur Regel geworden.72 i.

Staaten und staatliche Verwaltungseinheiten

Art. 35 Abs. 1 ZG erkennt ausländische Staaten auf privatrechtlicher Ebene an. Voraussetzung ist allerdings, dass der jeweilige Staat auf der Ebene des internationalen Rechts von Japan anerkannt wird.73 Soweit staatliche Verwaltungseinheiten nach dem Recht ihres Landes auf privatrechtlicher Ebene Rechtspersönlichkeit haben, erkennt Art. 35 Abs. 1 ZG diese Rechtspersönlichkeit für ihre Tätigkeit in Japan an. Die Anerkennung dieser Rechtsgebilde ist etwa im Hinblick auf die Ausgabe von Staatsanleihen oder von städtischen Anleihen bedeutsam.74

66

TAMEIKE (2005) 305. TANAKA (1994) 1376; NISHIHARA (1974) 327. 68 YAMADA (2004) 269; 99. 69 Zur Kritik siehe unten f. 70 Zu Art. 35 Abs. 2 ZG siehe unten e. 71 SAKURADA (2006) 167 f.; YAMADA (2004) 247; TAMEIKE (2005) 305. 72 SANO (2001) 172; YAMADA (2004) 247. Dass das Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht dem Wortlaut entsprechen werde, war mit Blick auf Europa auch schon den Vätern des Gesetzes bewusst, vgl. Gesetzesmaterialien (Übers. d. Verf., Text bei Fn. 28): „In Wirklichkeit ist vielmehr der vorgenannte Grundsatz eher zur Ausnahme geworden.“ 73 YAMADA (2004) 247 Fn. 3. 74 SAKURADA (2006) 168. 67

142 ii.

Dritter Teil: Fremdenrecht

Auslandsgesellschaften

Bei der Reform des ZG von 2006 wurde das Wort „Handelsgesellschaft“ (shôji kaisha) durch den Begriff „Auslandsgesellschaft“ (gaikoku kaisha) ersetzt, der auf die Definition der Auslandsgesellschaft in Art. 2 Nr. 2 GesG Bezug nimmt.75 So wurde die begriffliche Übereinstimmung mit dem GesG hergestellt. Jedoch sind hier nur solche Auslandsgesellschaften i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG gemeint, die juristische Personen sind, da Art. 35 Abs. 1 ZG nach herrschender Meinung nur auf juristische Personen anwendbar ist.76 Der Begriff „Handelsgesellschaft“ in Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. bezog sich auf Art. 52 HG a.F. Dort war in Abs. 1 die Gesellschaft (kaisha) als „Vereinigung, die zu dem Zweck errichtet worden ist, gewerbsmäßig Handelsgeschäfte zu tätigen“77 definiert. Nach dem 1911 eingeführten Abs. 2 aber galt eine Vereinigung, deren Zweck auf Gewinnerzielung gerichtet war, auch dann als Gesellschaft, wenn sie keine Handelsgeschäfte betrieb.78 Handelsgesellschaften i.S.d. Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. waren also alle juristischen Personen, die mit der Absicht der Gewinnerzielung errichtet waren.79 Damit war der Begriff weiter gefasst als der der Auslandsgesellschaft nach dem GesG.80 iii.

Durch Gesetz anerkannte ausländische juristische Personen

Eine der wenigen gesetzlichen Regelungen zur Anerkennung von Auslandsgesellschaften ist in Artt. 185 ff. Versicherungsgewerbegesetz81 zu finden. Danach werden ausländische Versicherungsgesellschaften auf Gegenseitigkeit, die nicht unter die Definition der Auslandsgesellschaft in Art. 2 Nr. 2 GesG fallen, in Japan anerkannt.82 iv.

Durch Staatsvertrag anerkannte ausländische juristische Personen

Folgt man der heute in Japan herrschenden Meinung, nach der Staatsverträge mit ihrem Abschluss und ihrer Veröffentlichung grundsätzlich unmittelbar 75

Zur Reform des ZG von 2006 Fn. 2. Zur Definition der Auslandsgesellschaft unten B.I.2. 76 Dazu Text bei Fn. 65. 77 Übers. aus KLIESOW/EISELE/BÄLZ (2002). 78 Zur Einführung dieser Vorschrift KAWAMOTO/KISHIDA/MORITA/KAWAGUCHI (2004) Rn. 50. 79 GROSSFELD/YAMAUCHI (1985) 229 f. mit Verweis auf das Urteil des Berufungsgerichts (Kôso-in, von ihm als „Reichsoberlandesgericht“ bezeichnet) Nagasaki vom 29. Mai 1920, Hôritsu Shinbun 1715, 13; SAKURADA (2006) 168; TAKAKUWA (2005) 280 Fn. 39; TAMEIKE (2005) 305 f. YAMADA (2004) 247 m.w.N. auch zur vereinzelt vertretenen Gegenmeinung. 80 Vgl. unten B.I.2. 81 Hoken-gyô-hô, Gesetz Nr. 105/1995 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014. 82 Dazu SAKURADA (2006) 168; YAMADA (2004) 248; TAMEIKE (2005) 306.

A. Fremdenrecht im ZG

143

anwendbares Recht sind,83 so erscheint der gesetzliche Verweis in Art. 35 Abs. 1 ZG auf die Anerkennung durch Staatsvertrag überflüssig, da Staatsverträge nach herrschender Meinung zumindest theoretisch im Rang über den Gesetzen stehen.84 Die Aufnahme ins Gesetz erklärt sich jedoch daraus, dass der maßgeblich an der Schaffung des ZG beteiligte Nobushige Hozumi der (schon damals nicht unumstrittenen85) Meinung war, dass Staatsverträge kein unmittelbar anwendbares Recht seien, sondern dass eine Umsetzung ins nationale Recht (durch Gesetz oder kaiserlichen Erlass) erforderlich sei.86 Art. 35 Abs. 1 ZG ist ein Beispiel für eine gesetzliche Regelung, die die durch Staatsvertrag erfolgte Anerkennung im nationalen Recht umsetzt.87 Die Handels- und Schifffahrtsverträge, die Japan mit zahlreichen Ländern abgeschlossen hat, enthalten Vorschriften zur Behandlung der Gesellschaften des jeweils anderen Landes.88 Sie sind differenziert zu beurteilen.89 Vor dem Ersten Weltkrieg schloss Japan mit einigen Staaten Handels- und Schifffahrtsverträge, die solche Klauseln (kaisha gonin jôkan) enthielten. Nach in Japan herrschender Meinung enthalten die Klauseln, die die Gesellschaften des anderen Landes betreffen, in der Regel keine Anerkennung i.S.d. Art. 35 Abs. 1 ZG, sondern lediglich die Befugnis, im eigenen Namen Rechte vor den Gerichten des Vertragsstaates geltend zu machen.90 Hingegen enthalten die nach dem Ersten Weltkrieg – u.a. mit Deutschland91 – abgeschlossenen 83

IWASAWA (1998) 29 f. Von den meisten Autoren wird dies auf Art. 98 Abs. 2 der japanischen Verfassung (RÖHL (1963) 142) gestützt: „Die von Japan abgeschlossenen Verträge und die aufgestellten Regeln des Völkerrechts sind gewissenhaft zu befolgen.“ Differenzierend GOODMAN (2008) 246 f., der darauf hinweist, dass unterschiedlich beurteilt wird, wann ein Staatsvertrag seinem Inhalt nach unmittelbar anwendbar ist. 84 IWASAWA (1998) 95. Zur teilweise abweichenden Rechtspraxis, bei der die vorrangige Geltung dadurch umgangen wird, dass den Verträgen die unmittelbare Anwendbarkeit abgesprochen wird, GOODMAN (2008) 247 ff. 85 COLEGROVE (1931) 283 ff. zur Gegenansicht. 86 COLEGROVE (1931) 283 f. 87 COLEGROVE (1931) 283 zum Beispiel des Art. 2 ZG a.F. (heute Art. 3 Abs. 2 ZG). 88 Siehe Übersicht im Anhang unter C. 89 Zur Entwicklung der zu verschiedenen Zeiten in vielen bilateralen Handels-, Schifffahrts- und Freundschaftsverträgen enthaltenen Klauseln allgemein SANDROCK (2006) 94 f. 90 YAMADA (2004) 248 zum Handels- und Schifffahrtsvertrag mit Schweden; YAMADA (1915) 915 ff.; TAKAKUWA (2005) 281; SANEKATA (1952a) 153; KUBO (1948) 137; TANAKA (1994) 1377. 91 Deutsch-japanischer Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 20. Juli 1927, RGBl. II 1088. Dazu SANDROCK (2006) 85 ff., nach dessen Meinung die Anerkennungsklausel im Vertrag auf der Gründungstheorie basiert. Der Vertrag enthält in Art. XIII folgende Bestimmung zur Anerkennung von Gesellschaften: „Aktiengesellschaften und andere kommerzielle, industrielle oder finanzielle Gesellschaften mit Einschluß der Versicherungsgesellschaften, die in dem Gebiet des einen

144

Dritter Teil: Fremdenrecht

Handels- und Freundschaftsverträge in der Regel Klauseln, die eine (dem Art. 35 Abs. 1 ZG unterfallende) Anerkennung der Gesellschaften des Vertragsstaates festschreiben.92 Diese Wirkung entfalten mittelbar auch Meistbegünstigungsklauseln, die vorschreiben, dass den Gesellschaften des Vertragsstaates die Rechte zu gewähren sind, die Japan den Gesellschaften eines Drittstaates – eben durch Anerkennungsklauseln – einräumt.93 In Bezug auf ausländische nicht gewinnorientierte juristische Personen jedoch wurde jedenfalls bisher den Klauseln in bilateralen Staatsverträgen eine Anerkennungswirkung i.S.d. Art. 36 ZG a.F. abgesprochen. Offiziell wurde dies damit begründet, dass im Falle einer Anerkennung eine solche juristische Person, sofern sie eine Geschäftsstelle in Japan eröffnete, nach Art. 49 ZG a.F. (heute Art. 37 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 ZG) zur Eintragung verpflichtet wäre.94 Da aber für ausländische nichtwirtschaftliche juristische Personen keine Aufsichtsvorschriften bestünden, würde ein Ungleichgewicht im Vergleich zu den inländischen juristischen Personen entstehen. Ihnen sei daher durch die Vertragsklausel nur das Recht eingeräumt, in Japan als Partei vor Gericht aufzutreten.95 c.

Problemfälle

i.

Internationale juristische Personen

Auf internationale juristische Personen, d.h. solche, die auf der Grundlage eines Staatsvertrages gegründet worden sind, – etwa die EU, die UNESCO, die International Labor Organization, der International Monetary Fund – ist Art. 35 Abs. 1 ZG dem Wortlaut nach nicht anwendbar.96 Ist Japan dem vertragsschließenden Staates ihren Sitz haben und nach dessen Gesetzen zu Recht bestehen, werden auch in dem Gebiete des anderen Staates als gesetzlich bestehend anerkannt und sollen befugt sein, daselbst sei es als Kläger, sei es als Beklagte, nach den Gesetzen dieses anderen Staates vor Gericht aufzutreten.“ 92 TAMEIKE (2005) 306; YAMADA (2004) 248. Einschränkend TAKAKUWA (2005) 281 Fn. 41, der eine genaue Untersuchung der im jeweiligen Vertrag enthaltenen Klausel fordert. 93 YAMADA (2004) 248. Zur verstärkenden Wirkung der Meistbegünstigungsklauseln im deutsch-japanischen Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 20. Juli 1927 SANDROCK (2006) 91 ff. 94 Shôwa 60-nen 1-gatsu 16-nichi min-4 dai-140-gô Minji-kyoku dai4-kachô kaitô [Antwort Nr. 140 des Leiters des 4. Referats der Zivilabteilung des Justizministeriums vom 16. Januar 1985]. Es handelt sich dabei um die Antwort (kaitô) eines oberen Verwaltungsorgans auf eine konkrete, fallbezogene Fragestellung. Zur Eintragungspflicht siehe unten II. 95 TAKAKUWA (2005) 281 Fn. 41. 96 TAMEIKE (2005) 306. S. auch die Erläuterungen zu verschiedenen internationalen juristischen Personen bei SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 172 f. (Nishitani). Nach dem Recht eines bestimmten Staates gegründete juristische Personen, die durch andere Länder auf-

A. Fremdenrecht im ZG

145

Staatsvertrag nicht beigetreten, so ist die Anerkennung ihrer Rechtspersönlichkeit in Japan problematisch. In der Literatur wird jedoch (teilweise analog Art. 35 Abs. 1 ZG97) ihre Anerkennung gefordert, wenn sie gewisse Mindestvoraussetzungen der Vergleichbarkeit zu den gemäß Art. 35 Abs. 1 ZG anerkannten Auslandsgesellschaften erfüllen.98 ii.

Ausländische nichtwirtschaftliche juristische Personen

Auch heute noch – wie bei Erlass der Vorschrift vor über einem Jahrhundert – werden nach ausländischem Recht gegründete, nicht gewinnorientierte juristische Personen in Japan nicht anerkannt, da sie nicht Auslandsgesellschaft i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG sind.99 Auch eine Anerkennung über bilaterale Staatsverträge ist nicht möglich, da die darin enthaltenen Anerkennungsvorschriften in Bezug auf nicht gewinnorientierte juristische Personen jedenfalls bisher nicht als Anerkennung i.S.d. Art. 36 ZG a.F. ausgelegt wurden.100 Diese allgemeine Versagung der Anerkennung ist nicht mehr zeitgemäß. Sie wird der aktuellen Situation schon deswegen nicht gerecht, weil es heutzutage zahlreiche weltweit agierende gemeinnützige Organisationen gibt, deren Zweck auch dem Gemeinwohl in Japan dient.101 Eine Reform des ZG im Jahr 2006 zielte auf eine übergreifende Umgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen für nicht gewinnorientierte Organisationen in Japan.102 Leider blieb die Gelegenheit ungenutzt, die gesetzliche Neuerung auf ausländische juristische Personen ohne Gewinnorientierung zu erstrecken – diesbe-

grund eines Staatsvertrages anerkannt werden, fallen nicht hierunter. Dazu YAMADA (2004) 248 f. Sie sind jedoch häufig nichtwirtschaftliche juristische Personen und als solche nicht anerkannt. 97 Zum inhaltsgleichen Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. TAMEIKE (2005) 307; HAYASHI/TANIGUCHI (2011) 84 f. (Tameike). 98 YAMADA (2004) 248 f.; OKAMOTO (1982) 8; HAYATA (1996) 99. Verfolgt die internationale juristische Person einen gemeinnützigen Zweck, ist die Vergleichbarkeit nicht erfüllt. 99 Siehe dazu unten B.I.2. 100 TAKAKUWA (2005) 281 Fn. 41. 101 So auch SAKURADA (2006) 169; TAMEIKE (2005) 308. 102 Umgesetzt wurde die Reform durch Erlass des Ippan shadan hôjin oyobi ippan zaidan hôjin ni kansuru hôritsu oyobi kôeki shadan hôjin oyobi kôeki zaidan hôjin no ninteitô ni kansuru hôritsu no shikkô ni tomonau kankei hôritsu no seibi-tô ni kansuru hôritsu [Gesetz über die Anpassung der von der Umsetzung des Gesetzes über die allgemeine Körperschaft und die allgemeine Stiftung und des Gesetzes über die Anerkennung gemeinnütziger Personen- und Stiftungskörperschaften betroffenen Gesetze], Gesetz Nr. 50/2006, in Kraft seit dem 1. Dezember 2008. Zu den Hintergründen der Reform SIMON (2009) 5 ff.; zu den Inhalten MIYAKAWA (2006) 64 ff.

146

Dritter Teil: Fremdenrecht

züglich wurden nur formale, jedoch keine substantiellen Änderungen des ZG vorgenommen.103 d.

Folge der Nichtanerkennung

Folge der Nichtanerkennung ist, dass die juristische Person in Japan wie eine nichtrechtsfähige Vereinigung (kenri nôryoku naki shadan) des japanischen Rechts behandelt wird.104 Diese Rechtsfolge entspricht jener der in Deutschland vertretenen modifizierten Sitztheorie.105 Allerdings ist zu beachten, dass sie bei Art. 35 Abs. 1 ZG nur für die Tätigkeiten der Gesellschaft in Japan gilt. Da die Versagung der Anerkennung nur räumlich-relativ wirkt, hat sie keinen Einfluss auf das Handeln als juristische Person außerhalb Japans.106 e.

Reichweite der Rechtsfähigkeit (Art. 35 Abs. 2 ZG)

Nach Art. 35 Abs. 2 Satz 1 ZG107 kann eine gemäß Abs. 1 anerkannte ausländische juristische Person nicht mehr Rechte innehaben als eine entsprechende inländische juristische Person. Die Rechtsfähigkeit der ausländischen juristischen Person ist also doppelt begrenzt. Da die Anerkennung deklarativ ist, geht sie nur so weit, wie ihr eigenes Gesellschaftsstatut sie verleiht. Zudem wird sie auf die Reichweite der Rechtsfähigkeit einer vergleichbaren japanischen Gesellschaft beschränkt.108 Ist jedoch die Rechtsfähigkeit nach dem Gründungsrecht enger als nach japanischem Recht, so wird nach herrschender Meinung aus Gründen des Verkehrsschutzes die ausländische Vereinigung analog Art. 4 Abs. 2 RAG als rechtsfähig behandelt.109 Teile der Literatur wenden Art. 35 Abs. 2 Satz 1 ZG analog auch auf ausländische Vereinigungen an, die nach ihrem Gründungsrecht nicht juristische Personen sind, aber bestimmte Rechte innehaben können (wie etwa die deut103

Es wurde lediglich eine formale Anpassung des Wortlautes und eine Umnummerierung der Vorschrift vorgenommen. 104 SAKURADA (2006) 169; TAKAKUWA (2005) 281 f. Auch als nichtrechtsfähige Vereinigung ist sie jedoch partei- und prozessfähig. Siehe ausführlich dazu unten Vierter Teil, B.IV.1. 105 Siehe dazu oben Zweiter Teil, A.I.2.c.iii. 106 SANO (2001) 172; TAMEIKE (2005) 308 f.; SAKURADA (2006) 169. Allgemein zu dieser Kategorisierung der Reichweite der Anerkennung DROBNIG (1978) 702 f. 107 Art. 35 Abs. 2 ZG lautet (Übers. d. Verf.): „Die nach der Vorschrift des vorigen Absatzes anerkannten ausländischen juristischen Personen besitzen dieselben Privatrechte wie in Japan gegründete juristische Personen der gleichen Art. Jedoch gilt dies nicht für private Rechte, die Ausländer nicht innehaben können, und für private Rechte, für die in Gesetzen oder Staatsverträgen Sonderregelungen bestehen.“ 108 TAMEIKE (2005) 310 f.; YAMADA (2004) 252; TAKAKUWA (2005) 282; TAKAKUWA (1997) 32. Zu den gesetzgeberischen Gründen siehe oben 1. (am Ende). 109 Siehe ausführlich dazu Vierter Teil, B.II.1.b.

A. Fremdenrecht im ZG

147

sche Offene Handelsgesellschaft oder die englische Partnership). Danach sollen solche Vereinigungen nicht mehr Rechte innehaben können als eine vergleichbare japanische nichtrechtsfähige Vereinigung.110 Gegner dieser Ansicht berufen sich auf Art. 3 Abs. 2 ZG (Art. 2 ZG a.F.), wonach eine solche Einschränkung von Privatrechten eine Regelung in einem Staatsvertrag, einem Gesetz oder einer Verordnung erfordere.111 Dem wird entgegengehalten, dass Art. 3 Abs. 2 ZG (Art. 2 ZG a.F.) unmittelbar nur auf natürliche Personen anzuwenden sei. Auch lasse sich aus der Vorschrift nicht folgern, dass nichtrechtsfähige ausländische Vereinigungen mehr Rechte innehaben könnten als vergleichbare japanische Vereinigungen.112 Gemäß Art. 35 Abs. 2 Satz 2 ZG stehen ausländischen juristischen Personen diejenigen Rechte nicht zu, die Ausländer nicht innehaben können. Die Beschränkungen des Ausländerrechts, die im Bereich des Verkehrswesens, beim Abbau von Rohstoffen, im Telekommunikations- und im finanzwirtschaftlichen Bereich und beim geistigen Eigentum bestehen, gelten für ausländische juristische Personen also auch.113 Zusätzlich bestimmt Art. 35 Abs. 2 Satz 2 RAG, dass ausländische juristische Personen Rechte nicht innehaben können, für die in Gesetzen oder Staatsverträgen abweichende Bestimmungen enthalten sind. Derartige speziell auf ausländische juristische Personen bezogene Bestimmungen bestehen jedoch derzeit nicht.114 Im Ergebnis haben also ausländische juristische Personen – abgesehen von Rechten, die eine juristische Person ihrer Natur nach nicht innehaben kann – dieselben Rechte wie ausländische natürliche Personen. Der ausländischen Gesellschaft stehen zudem gemäß Art. 42 RAG (zuvor Art. 33 Hôrei) Rechte, deren Anerkennung gegen den japanischen ordre public verstoßen würde, nicht zu.115 Angesichts der ohnehin bestehenden Begrenzung durch Art. 35 Abs. 2 ZG auf Rechte, die eine japanische Gesellschaft innehaben kann, wird Art. 42 RAG allerdings kaum zur Anwendung kommen.

110

YAMADA (2004) 269; TANAKA (1994) 1378. ISHII (1954) 468. Art. 3 Abs. 2 ZG lautet (zitiert nach KAISER (2008)): „Ausländer genießen Privatrechte, sofern sie nicht durch Gesetz, Verordnung oder Staatsvertrag davon ausgeschlossen sind.“ 112 YAMADA (2004) 269. 113 Zum spezialgesetzlichen Fremdenrecht siehe unten C. Übersicht bei YAMADA (2004) 254 Fn. 1. ELLENBERGER (2004) 70-76 behandelt die fremdenrechtlichen Vorschriften im Detail. 114 YAMADA (2004) 253; TAMEIKE (2005) 311. 115 YAMADA (2004) 253. 111

148 f.

Dritter Teil: Fremdenrecht

Kritik

Art. 35 ZG wird in der Literatur kritisiert. Es sei nicht mehr zeitgemäß, ausländische juristische Personen nur selektiv anzuerkennen.116 Dem ist zuzustimmen. Seit Erlass des ZG hat sich zum einen das organisationsrechtliche Verständnis der juristischen Person sehr stark verändert. Zwar entstehen juristische Personen nach wie vor durch staatlichen Akt, jedoch steht dieser nicht mehr im Vordergrund.117 Während dies auf gewinnorientierte juristische Personen im Wesentlichen schon seit Abschaffung des Konzessionssystems im Jahr 1899 zutraf, hat mit der Reform des ZG von 2006 die staatliche Mitwirkung auch bei der Entstehung der nichtwirtschaftlichen juristischen Personen an Bedeutung verloren.118 Den dogmatischen Auswirkungen der so veränderten Umstände auf das Verständnis der Anerkennung kann man, schon weil nach dem Wortlaut des Art. 35 ZG die Nichtanerkennung der Grundsatz ist, nicht durch eine reine Uminterpretation der Vorschrift gerecht werden. Vor allem aber ist die Vorschrift, wie ausgeführt, angesichts der globalen Vernetzung rechtspolitisch verfehlt, gerade im Hinblick auf die Probleme bei der Anerkennung nichtwirtschaftlicher juristischer Personen.119 Zu Recht wird daher gefordert, dass alle juristischen Personen umfassend anerkannt werden sollten.120 Jedoch wurde dies bei der Reform des ZG des Jahres 2006 leider nicht mit einbezogen. II.

Eintragung (Art. 37 i.V.m. Art. 36 ZG)

Art. 37 Abs. 1 i.V.m. Art. 36 ZG121 (Art. 49 ZG a.F.) begründet für ausländische juristische Personen, die in Japan eine Geschäftsstelle (jimu-sho) errich116

SAKURADA (2006) 167 und 169; TAMEIKE (2005) 309; kritisch auch SANO (2001) 174 und 188. 117 SANO (2001) 174; TAMEIKE (2005) 309 (der darauf abstellt, dass dies eine weltweite Entwicklung ist). 118 Insbesondere können nichtwirtschaftliche juristische Personen ohne vorherige staatliche Genehmigung gegründet werden. Ausführlich zur Reform SIMON (2009) 5 ff.; MIYAKAWA (2006) 64 ff. Zur Abschaffung des Konzessionssystems mit Erlass des HG im Jahr 1899 BAUM/TAKAHASHI (2005) 361. 119 Ähnlich SANO (2001) 174. 120 SAKURADA (2006) 169; TAMEIKE (2005) 309; SANO (2001) 188. Ob dies durch Streichung der Vorschrift (wie von SANO (2001) 188 angesprochen) oder durch die gesetzliche Verankerung einer allgemeinen Anerkennung geschehen soll, wird in der Literatur nicht explizit erörtert. TAMEIKE (2005) 309 geht darauf ein, dass teilweise eine Parallele zur Anerkennung ausländischer Ehen oder Adoptionen gezogen wird, die in Japan problemlos durch eine deklarative Anmeldung vollzogen werden kann. Dazu NISHITANI (2002) 245 ff. 121 Art. 36 lautet (Übers. d. Verf.): „Juristische Personen und ausländische juristische Personen sollen gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes oder anderer Gesetze und Verordnungen eingetragen werden.“

A. Fremdenrecht im ZG

149

tet haben, eine Eintragungspflicht. Die Geschäftsstelle ist der Ort, an dem die Geschäftsführung (jimu shikkô) der Gesellschaft angesiedelt ist.122 Angesichts der Vermutung, dass mit Errichtung einer Geschäftsstelle die Dauer und Häufigkeit der Geschäftskontakte in Japan zunehmen, bezweckt die Vorschrift einen Schutz des japanischen Rechtsverkehrs durch Information.123 Ausländische juristische Personen, die Auslandsgesellschaften i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG sind, unterfallen den spezielleren Eintragungsvorschriften des GesG. Rele-

Art. 37 lautet (Übers. d. Verf.): „(1) Hat eine ausländische juristische Person (hier und im Folgenden in diesem Artikel mit Ausnahme der in Art. 35 Abs. 1 S. 2 geregelten juristischen Personen) in Japan eine Geschäftsstelle errichtet, müssen die folgenden Tatsachen innerhalb von drei Wochen am Ort ihrer Geschäftsstelle eingetragen werden: 1. das auf die Gründung der ausländischen juristischen Person anwendbare Recht; 2. der Zweck; 3. der Name; 4. der Sitz der Geschäftsstelle; 5. wenn die Zeitdauer bestimmt ist, diese Bestimmung; 6. Name(n) und Wohnsitz(e) des Vertreters/der Vertreter. (2) Sind bei den im vorigen Absatz aufgeführten Tatsachen Änderungen eingetreten, müssen die Änderungen innerhalb von drei Wochen eingetragen werden. In diesem Fall können diese Änderungen vor der Eintragung Dritten nicht entgegengehalten werden. (3) Wird eine einstweilige Verfügung zur Untersagung der Ausübung von Aufgaben eines Vertreters oder der Bestellung einer Person, die ihn bei Ausübung dieser Aufgaben vertritt, erlassen oder wird eine Entscheidung getroffen, die eine solche einstweilige Verfügung ändert oder aufhebt, muss dies eingetragen werden. In diesem Fall wird S. 2 des vorigen Absatzes entsprechend angewendet. (4) Sind Tatsachen, die gemäß den Vorschriften der vorigen beiden Absätze eingetragen werden sollen, im Ausland eingetreten, beginnt die Eintragungsfrist an dem Tag, an dem die betreffende Mitteilung zugegangen ist. (5) Errichtet eine ausländische juristische Person erstmals eine Geschäftsstelle in Japan, können Dritte die Existenz dieser juristischen Person bis zur Eintragung am Ort ihrer Geschäftsstelle bestreiten. (6) Verlegt eine juristische Person die Geschäftsstelle, muss die Verlegung innerhalb von drei Wochen am früheren Standort und müssen die in den einzelnen Nummern des Abs. 1 aufgeführten Tatsachen innerhalb von vier Wochen am neuen Standort eingetragen werden. (7) Wird die Geschäftsstelle innerhalb des Zuständigkeitsbereichs derselben Registerbehörde verlegt, ist es ausreichend, nur den Ortswechsel einzutragen. (8) Verabsäumt der Vertreter einer ausländischen juristischen Person eine nach den Vorschriften dieses Artikels vorgeschriebene Eintragung, wird er mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Yen [Anm. d. Verf.: umgerechnet ca. 3.530 Euro] bestraft.“ 122 HAYASHI/TANIGUCHI (2011) § 37 III.1.c (Shimoi/Matsui). Bei Auslandsgesellschaften besteht die Eintragungspflicht unabhängig von der Einrichtung einer Geschäftsstelle, siehe unten B.III.1. 123 ENDÔ (2005) 116 f. (noch zur Vorgängervorschrift des Art. 49 ZG a.F.).

150

Dritter Teil: Fremdenrecht

vant ist die Eintragungspflicht des ZG daher nur für die nach Art. 35 Abs. 1 Satz 2 ZG anerkannten sonstigen ausländischen juristischen Personen. Zuständig ist die Registerbehörde am Ort der Geschäftsstelle. Eine Verlegung der Geschäftsstelle ist nach Art. 37 Abs. 6 ZG innerhalb von drei Wochen an der bisherigen Geschäftsstelle einzutragen. An der neuen Geschäftsstelle sind die in Art. 37 Abs. 1 ZG aufgeführten Tatsachen einzutragen (Art. 37 Abs. 6 ZG), es sei denn, die Geschäftsstelle wird innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der bisher zuständigen Registerbehörde verlegt (Art. 37 Abs. 7 ZG). Einzutragen sind nach Art. 37 Abs. 1 ZG das Statut der juristischen Person, ihr Zweck, ihr Name, der Sitz ihrer Geschäftsstelle, gegebenenfalls eine Bestimmung zur Zeitdauer, sowie Namen und Wohnsitz ihres Vertreters/ihrer Vertreter.124 Auch der Erlass einstweiliger Verfügungen ist nach Art. 37 Abs. 3 ZG einzutragen. Die Frist beträgt für die Eintragung der Tatsachen gemäß Art. 37 Abs. 1 ZG und für die Eintragung von Änderungen gemäß Art. 37 Abs. 2 ZG drei Wochen. Sie beginnt mit Errichtung der Geschäftsstelle bzw. mit Eintritt der Änderungen. Sind einzutragende Tatsachen im Ausland eingetreten, so beginnt die Frist der Abs. 2 und 3125 nach Art. 37 Abs. 4 ZG erst mit Zugang der Mitteilung über diese Tatsachen. Vor der Eintragung der Geschäftsstelle können Dritte die Existenz der juristischen Person bestreiten (Abs. 5). Personen, die für sie Rechtsgeschäfte vornehmen, haften daher persönlich.126 Nicht eingetragene Änderungen von Tatsachen (Abs. 2 Satz 2) oder der nicht eingetragene Erlass einer einstweiligen Verfügung (Abs. 3 Satz 2) können Dritten nicht entgegengehalten werden. Zudem kann einem Vertreter der juristischen Person, der eine Eintragung verabsäumt, gemäß Art. 37 Abs. 8 ZG eine Geldbuße von bis zu 500.000 Yen127 auferlegt werden.

124

Zu den einzelnen Eintragungstatsachen siehe unten B.III.2. In Art. 37 Abs. 3 ZG ist keine Eintragungsfrist bestimmt. Dies scheint aber angesichts der Regelung in Abs. 4 ein Redaktionsversehen zu sein. 126 So zu (dem insoweit inhaltsgleichen) Art. 49 ZG a.F. YAMADA (2004) 255. Zur alten Vorschrift des Art. 257 HG a.F. RGH, Urteil vom 27. April 1928, Minji Hanrei-shû 7, 302. 127 Umgerechnet ca. 3.530 Euro. 125

B. Fremdenrecht im GesG

151

B. Fremdenrecht im GesG B. Fremdenrecht im GesG

Die fremdenrechtlichen Vorschriften des HG wurden bei der umfassenden Reform des Gesellschaftsrechts im Jahr 2005 ins GesG übernommen.128 Wesentliche Neuerungen waren die Aufnahme einer Definition der Auslandsgesellschaft ins Gesetz sowie die Änderung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften. I.

Definition der Auslandsgesellschaft

Die Einordnung als „Auslandsgesellschaft“ i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG ist nicht nur für die Anwendung der fremdenrechtlichen Vorschriften des GesG relevant. Wie bereits ausgeführt, steht auch eine Anerkennung nach Art. 35 ZG, soweit keine Sonderregelungen in einem Gesetz oder Staatsvertrag bestehen, neben Staaten und ihren Verwaltungseinheiten nur solchen juristischen Personen offen, die unter den Begriff der Auslandsgesellschaft subsumiert werden.129 1.

Rechtslage vor Erlass des GesG

Das HG a.F. enthielt keine Definition der Auslandsgesellschaft. Die herrschende Meinung nahm an, dass darunter solche nach ausländischem Recht gegründeten Vereinigungen fielen, die mit dem Ziel des Gewinnerwerbs gegründet seien und die eine einer japanischen Gesellschaft gleichartige oder ähnliche Organisationsstruktur besaßen.130 Dies entspricht der heutigen Definition in Art. 2 Nr. 2 GesG. Allerdings bestand ein – im Ergebnis unerheblicher – Streit über das Verhältnis der fremdenrechtlichen Vorschriften im HG a.F. und im GmbH-Gesetz131 zu Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. 132 Teilweise wurde ein enger Zusammenhang zwischen der Vorschrift im ZG a.F. und dem gesellschaftsrechtlichen Fremdenrecht angenommen. So wurde vertreten, die fremdenrechtlichen Vorschriften des HG und des GmbHGesetzes seien unmittelbar nur auf juristische Personen anwendbar, da Art. 36 ZG a.F. sich nur auf diese beziehe.133 Da aber auch nach dieser umstrittenen134 und seit Erlass des GesG obsoleten Meinung das Fremdenrecht 128

Zur Reform siehe Erster Teil, B.IV.3. Siehe dazu oben A.I.2.b., d. und f. 130 EGASHIRA (2008a) 2 Fn. 2; MATSUMOTO (1929) 665. 131 Yûgen kaisha-hô, Gesetz Nr. 74/1938 (aufgehoben). 132 Dazu KAMEDA (1998) 8. 133 KAWAKAMI (1952b) 123; YAMADA (1915) 159. So früher auch YAMADA (1959) 1843, 1868, der aber später seine Meinung änderte, siehe YAMADA (2004) 269 f. 134 KAMEDA (1998) 6; TANAKA (1994) 1376; OOSUMI/IMAI (1991) 180 und YAMADA (2004) 269 f. befürworteten zum Schutz des japanischen Rechtsverkehrs die unmittelbare 129

152

Dritter Teil: Fremdenrecht

im HG analog auf alle anderen ausländischen Vereinigungen anwendbar war, hatte der Streit im Ergebnis keine Auswirkung. Entsprechend wurde vertreten, die fremdenrechtlichen Vorschriften des Handels- und des GmbH-Gesetzes bezögen sich nur auf die nach Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. anerkannten Gesellschaftsarten.135 Dem Wortlaut nach erkannte Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. nur „Handelsgesellschaften“ an. Nach der Definition des Art. 52 Abs. 1 HG a.F. waren Handelsgesellschaften Vereinigungen, die gewerbsmäßig Handelsgeschäfte betrieben. Da aber bei japanischen Gesellschaften Art. 52 Abs. 2 HG a.F. die Zivilgesellschaften – also Gesellschaften, die einen Erwerbszweck verfolgten, der kein Handelsgeschäft war – den Handelsgesellschaften gleichstellte,136 nahmen die Vertreter dieser Meinung an, dass auch ausländische Zivilgesellschaften nach Art. 36 ZG a.F. anerkannt seien. Nach der Gegenmeinung waren die fremdenrechtlichen Vorschriften unabhängig von Art. 36 ZG a.F. auszulegen.137 Da sich die fremdenrechtlichen Vorschriften auf ausländische „Gesellschaften“ bezogen, ohne dies auf Handelsgesellschaften einzugrenzen, nahmen die Anhänger der Gegenmeinung selbstverständlich an, dass auch ausländische Zivilgesellschaften dazu gehörten. Im Ergebnis kamen also beide Meinungen zu dem Ergebnis, dass die Vorschriften sich auf alle Gesellschaften bezogen, die einen Erwerbszweck verfolgten – unabhängig davon, ob dieser ein Handelsgeschäft war. Seit Erlass des GesG besteht die Unterscheidung zwischen Handels- und Zivilgesellschaften, die wegen der Gleichstellung in Art. 52 HG a.F. ohnehin für die juristische Behandlung unerheblich war, nicht mehr.138 2.

Art. 2 Nr. 2 GesG

Das GesG definiert in Art. 2 Nr. 2 eine „Auslandsgesellschaft“ als eine „nach ausländischem Recht gegründete juristische Person oder andere ausländische Vereinigung, die gleichartig zu einer Gesellschaft [Anm. d. Verf.: i.S.d. Art. 2 Nr. 1 GesG] oder 139 ihr ähnlich ist.“

Eine Definition des Begriffs „Gesellschaft“ enthält das GesG nicht. In Art. 2 Nr. 1 GesG werden lediglich die Gesellschaftsformen aufgezählt, die Gesellschaft i.S.d. GesG sind: die Aktiengesellschaft (kabushiki kaisha), die Offene Anwendung des Fremdenrechts auf alle ausländischen Vereinigungen unabhängig von Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. 135 YAMADA (2004) 256; KAWAKAMI (1952a) 66; KAWAMURA (1982) 216. 136 Siehe dazu oben A.I.2.b.ii. 137 OOSUMI/IMAI (1991) 180; TANAKA (1994) 1376. 138 Es wird lediglich die Gewinnorientierung vorausgesetzt, vgl. AIZAWA (2005b) 25; KANDA (2012) 6. Zur früheren Gleichstellung durch Art. 52 HG a.F. KAWAMOTO/KISHIDA/MORITA/KAWAGUCHI (2004) Rn. 50. 139 Übers. d. Verf. Englische Übers. bei OKUDA (2006a) 116 mit weiteren Erläuterungen.

B. Fremdenrecht im GesG

153

Handelsgesellschaft (gômei kaisha), die Kommanditgesellschaft (gôshi kaisha) und die Limited Liability Company (gôdô kaisha, LLC). Die Auslegung, welche ausländischen Vereinigungen gemäß Art. 2 Nr. 2 GesG gleichartig zu einer der in Art. 2 Nr. 1 GesG genannten Gesellschaften oder ihnen ähnlich sind, bleibt als Einzelfallentscheidung der Rechtsprechung überlassen.140 Das Merkmal der Gewinnorientierung wird bei allen in Art. 2 Nr. 1 GesG aufgezählten Gesellschaftsformen vorausgesetzt.141 Eine Gesellschaft, die nicht gewinnorientiert ist, wird also nicht gleichartig zu den Gesellschaften des GesG und ihnen auch nicht ähnlich sein. Hingegen ist es keine Vorbedingung (jedoch ein wichtiges Abwägungsmerkmal) für die Beurteilung der Ähnlichkeit zu den japanischen Gesellschaften, dass die ausländische Vereinigung eine juristische Person ist. Heute wird aus der Einbeziehung von „anderen ausländischen Vereinigungen“ in die Definition des Art. 2 Nr. 2 GesG deutlich, dass grundsätzlich auch Gesellschaften, die – anders als gemäß Art. 3 GesG die Gesellschaftsformen des GesG – nicht juristische Personen sind, Auslandsgesellschaft i.S.d. GesG sein können.142 Damit wurde auch ein vor Geltung des GesG bestehender Streit entschieden.143 Zentrale Frage bei der Auslegung des Art. 2 Nr. 2 GesG ist, welche ausländischen Vereinigungen gleichartig zu einer der Gesellschaften in Art. 2 Nr. 1 GesG oder diesen ähnlich sind. Da der Begriff „gleichartig“ enger als der der „Ähnlichkeit“ und von diesem umfasst ist, wird im Folgenden, da es hier um Abgrenzungen am Rande der Definition geht, nur die Ähnlichkeit der ausländischen Vereinigung zu den japanischen Gesellschaftsformen untersucht.144 Schwierig ist die Subsumtion insbesondere dort, wo die in Art. 2 140 OKUDA (2006a) 116 f.; EGASHIRA (2008a) 8 ff. führt anhand eines Vergleichs der japanischen Anteilsgesellschaften OHG, KG und LLC mit verschiedenen USamerikanischen Gesellschaftstypen anschaulich vor, wie komplex dieser Vergleich ist. So bestehen etwa auch zur US-amerikanischen Limited Liability Company, die dem japanischen Gesetzgeber bei Schaffung der LLC als Leitbild diente, im Einzelnen viele Unterschiede (DERNAUER (2005) 129). Eine deutschsprachige Übersicht über die Charakteristika der japanischen Gesellschaftsformen des GesG geben KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 45 ff. und DERNAUER (2005) 127 ff. 141 AIZAWA (2005b) 25; siehe auch KANDA (2012) 6. Ausführlich zum Merkmal der Gewinnorientierung KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 3. 142 OKUDA (2006a) 117. EGASHIRA (2008a) 2 Fn. 1 weist darauf hin, dass auch unter Geltung des HG a.F. nach h.M. Gesellschaften, die nach ihrem Gründungsrecht nicht rechtsfähig waren, unter die Definition der ausländischen Gesellschaft fallen konnten. So entschied der RGH mit Urteil vom 17. April 1905 (Minji Hanketsu-roku 11, 506), dass die fremdenrechtliche Vorschrift zur Eintragungspflicht von Auslandsgesellschaften in Art. 255 HG a.F. (später Art. 479 HG a.F.) auch auf solche Auslandsgesellschaften anwendbar sei, die nach ihrem Gründungsrecht nicht juristische Person sind. 143 Zum früheren Streit siehe oben 1. 144 Vergleiche zu diesen begrifflichen Abgrenzungen im Japanischen EGASHIRA (2008a) 5.

154

Dritter Teil: Fremdenrecht

Nr. 1 GesG aufgezählten Gesellschaften anderen japanischen Vereinigungen nahestehen.145 So bestehen Ähnlichkeiten zwischen der Offenen Handelsgesellschaft (gômei kaisha) und der Gesellschaft des ZG (kumi’ai bzw. nin’i kumiai)146 sowie zwischen der Kommanditgesellschaft (gôshi kaisha) und der stillen Gesellschaft (tokumei kumi’ai) bzw. der Limited Liability Partnership (yûgen seki’nin jigyô kumi’ai, LLP).147 Durchzuführen ist ein relativer Vergleich der Merkmale, die für eine bestimmte ausländische Vereinigung charakteristisch sind, mit den Charakteristika der in Art. 2 Nr. 1 GesG aufgeführten Gesellschaft, die ihr am ähnlichsten ist. Bei diesem Vergleich müssen die übereinstimmenden Merkmale gegenüber den Abweichungen überwiegen.148 Eine teleologische weite Auslegung ist nach Meinung der Literatur abzulehnen. Zwar entscheide die Definition in Art. 2 Nr. 2 GesG über die Anwendbarkeit der fremdenrechtlichen Vorschriften im GesG149 – Vorschriften, die dem Schutz des japanischen Rechtsverkehrs dienen sowie eine Publizitätsfunktion erfüllen (Artt. 818, 933 i.V.m. Artt. 911 ff., 934 ff., 939 f., 979 GesG bzw. Artt. 819, 939 GesG). Um diese Ziele zu erreichen, müsste die Definition der Auslandsgesellschaft in Art. 2 Nr. 2 GesG eigentlich möglichst weit ausgelegt werden. Dagegen sprechen jedoch nach Meinung der Literatur der Wortlaut der Vorschrift sowie die systematische Auslegung. Denn der Gesetzgeber habe, als er die Vorschriften über die Auslandsgesellschaft im Jahr 2005 ins GesG ausgliederte, eben keine entsprechenden Vorschriften im HG für die in Art. 535 HG geregelte stille Gesellschaft (tokumei kumi’ai) geschaffen.150 Auch wären die Eintragungsvorschriften der Art. 933 Abs. 2 i.V.m. Artt. 911 ff. GesG für eine Gesellschaft, die keiner der Gesellschaftsformen des GesG ähnlich ist, kaum zu erfüllen.151 Bei ausländischen Vereinigungen, die juristische Person sind, ist allerdings zu bedenken, dass sie nach Art. 35 Abs. 1 ZG nur anerkannt werden können, wenn sie Auslandsgesellschaften i.S.d. Art. 2 Nr. 2

145

EGASHIRA (2008a) 2 f. Die US-amerikanische Partnership ist dazwischen anzusiedeln, vgl. EGASHIRA (2008a) 8 ff. Im Ergebnis nimmt er an, dass die US-amerikanische Partnership der OHG ähnlich und daher als ausländische Gesellschaft i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG einzuordnen ist. Anderer Ansicht aber OKUDA (2006a) 117 Fn. 13. 147 Die US-amerikanische Limited Partnership weist Ähnlichkeiten zu allen drei japanischen Gesellschaftsformen auf, vgl. EGASHIRA (2008a) 19 ff. Seiner Meinung nach überwiegt die Ähnlichkeit zur KG, so dass die Limited Partnership als Auslandsgesellschaft einzustufen ist. Eine Abhandlung zur Vergleichbarkeit verschiedener ausländischer Gesellschaftsformen findet sich bei EGASHIRA (2008b) 25 (Egashira). 148 EGASHIRA (2008a) 5 Fn. 10. 149 Siehe dazu unten 3. 150 EGASHIRA (2008a) 6. 151 EGASHIRA (2008a) 6. Zu den Eintragungsvorschriften siehe unten III. 146

B. Fremdenrecht im GesG

155

GesG sind. Insofern ist also schon angesichts der berechtigten Kritik an Art. 35 Abs. 1 ZG eine weite Auslegung angemessen. Beim Vergleich der charakteristischen Merkmale einer ausländischen Gesellschaftsform ist die Organisation der Vereinigung im konkreten Einzelfall zugrunde zu legen. Ob diese Organisation zwingenden Erfordernissen des ausländischen Rechts folgt oder frei gewählt wurde, ist unerheblich. Als Grundlage des Vergleichs sind die Organisation sowie der Umfang der Rechte und Pflichten, die der Vereinigung zustehen, so zugrunde zu legen, wie sie im Gründungsstaat bestehen. Die Behandlung in Japan – etwa Einschränkungen durch Art. 35 Abs. 2 ZG – sind dabei außer Acht zu lassen.152 Der Vergleich mit der entsprechenden japanischen Gesellschaftsform fällt dort leicht, wo im japanischen Recht zwingende Vorschriften bestehen. Sind die japanischen Organisationsvorschriften jedoch fakultativ, so sind auf japanischer Seite verschiedene Organisationsformen möglich, was den Vergleich erschwert.153 Im Steuerrecht ist die Frage entschieden worden, ob eine ausländische Vereinigung (etwa die US-amerikanische Limited Partnership) „Auslandsgesellschaft“ i.S.d. Art. 4 Nr. 2 Körperschaftssteuergesetz a.F. (Art. 4 Abs. 3 Körperschaftssteuergesetz)154 ist und damit der Körperschaftssteuer unterliegt oder ob sie demgegenüber wie ein Gesellschaftsvertrag des ZG (kumi’ai keiyaku) gemäß Art. 41 Gesetz über spezielle Steuermaßnahmen155 zu versteuern ist.156 Das dabei verwendete Abgrenzungsmerkmal lässt aber schon deshalb keine direkten Rückschlüsse auf die Auslegung des Art. 2 Nr. 2 GesG zu, weil ihm steuerrechtliche Überlegungen zugrunde liegen.157 Im Übrigen bestehen, soweit ersichtlich, noch keine Präzendenzfälle aus der Praxis, auf die zurückgegriffen werden könnte.158 Jedoch ist die Abgrenzung praxisrelevant, da zum Beispiel Anlagefonds, etwa im Bereich der Wagniskapitalfinanzierung, in Japan teilweise nicht nach japanischem Recht, sondern als USamerikanische Limited Partnership organisiert sind.159 Diese Gesellschafts152 EGASHIRA (2008a) 7. Dies würde auch zu einem Zirkelschluss führen, da Art. 35 Abs. 2 ZG bestimmt, dass die ausländische juristische Person dieselben privaten Rechte wie in Japan gegründete juristische Personen der gleichen Art hat. Siehe dazu oben A.I.2.e. 153 EGASHIRA (2008a) 6 f. 154 Hôjin-zei-hô, Gesetz Nr. 34/1965 i.d.F. des Gesetzes Nr. 72/2014. 155 Sozei tokubetsu sochi-hô, Gesetz Nr. 26/1957 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014. 156 EGASHIRA (2008a) 4 m.w.N. in Fn. 7. 157 EGASHIRA (2008a) 4 m.w.N. in Fn. 7. Entscheidend ist, ob die Vereinigung nach ihrem Gründungsrecht Subjekt von Rechten und Pflichten sein kann. Dazu KRAFT/QUILITZSCH (2012) 854. 158 EGASHIRA (2008a) 3 f. 159 EGASHIRA (2008a) 3 f. Fn. 6. In Japan wäre das Tôshi jigyô yûgen seki’nin kumi’ai kei’yaku ni kansuru hôritsu [Gesetz betreffend solche Gesellschaftsverträge, die für Treuhandunternehmen die Haftung beschränken], Gesetz Nr. 90/1998 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74/2011 anwendbar.

156

Dritter Teil: Fremdenrecht

form weist Ähnlichkeiten sowohl zur Kommanditgesellschaft (gôshi kaisha) des GesG als auch zur stillen Gesellschaft (tokumei kumi’ai) und zur Limited Liability Partnership (yûgen seki’nin jigyô kumi’ai, LLP) auf.160 3. Rechtsfolgen aus der Einordnung als Auslandsgesellschaft i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG Auf Auslandsgesellschaften sind die fremdenrechtlichen Vorschriften in Buch VI des GesG anzuwenden. Wichtigste Konsequenz ist, dass sie sich gemäß Artt. 818, 933 i.V.m. Artt. 911 ff., 934 ff., 939 f. GesG eintragen lassen sowie gemäß Artt. 817, 820 GesG einen Vertreter ernennen müssen und dass für sie die Vorschrift des Art. 821 GesG über Scheinauslandsgesellschaften gilt.161 Die Anwendbarkeit der anderen Vorschriften des GesG auf Auslandsgesellschaften wird indirekt über die Bestimmung des Art. 2 Nr. 1 GesG geregelt: „‚Gesellschaft‘ bedeutet Aktiengesellschaft, Offene Handelsgesellschaft, Kommanditge162 sellschaft oder Limited Liability Company.“

Gemäß dieser abschließenden Aufzählung sind nur die japanischen Gesellschaftsformen „Gesellschaften“ i.S.d. GesG.163 Vorschriften des GesG, die sich nur auf „Gesellschaften“ beziehen und keinen erweiternden Zusatz enthalten, sind daher auf Auslandsgesellschaften (und erst recht auf andere ausländische Vereinigungen) nicht anwendbar.164 Dies ist zum einen für die Umwandlungsvorschriften bedeutsam.165 Zum anderen bezieht sich die Definition der „Anleihe“ (shasai) in Art. 2 Nr. 23 GesG166 nur auf von einer „Gesellschaft“, d.h. von einer japanischen Gesellschaft, begebene Anleihen. Die in Art. 702 GesG verankerte Pflicht für Emittenten von Anleihen, zum Schutz der Anleihegläubiger einen Wertpapiertreuhänder zu ernennen, gilt also nicht 160

Dazu Fn. 147. Zur Eintragung unten III., zur Bestimmung eines Vertreters II., zur Regelung für Scheinauslandsgesellschaften V. 162 Übers. d. Verf. 163 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 2. 164 EGASHIRA (2009) 446 (Aizawa); EGASHIRA (2011) 906. Als Vorschriften, die durch einen Zusatz ausdrücklich auch auf Auslandsgesellschaften bezogen sind, zählt OKUDA (2006a) 116 Fn. 7 Art. 2 Nr. 33, Art. 5 (entsprechend anwendbar gemäß Art. 6 Abs. 1, Art. 8, Art. 9), Artt. 10 bis 24, Art. 135 Abs. 2 Nr. 1 und Art. 155 Nr. 10 GesG auf. 165 Siehe dazu unten Vierter Teil, B.XIII.2. 166 Art. 2 Nr. 23 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „‚Anleihe‘ bedeutet die durch eine von einer Gesellschaft nach den Vorschriften dieses Gesetzes durchgeführte Zuteilung entstandene Geldforderung, für die die betreffende Gesellschaft Schuldnerin ist und die gemäß den Bestimmungen zu den in Art. 676 aufgeführten Angelegenheiten getilgt wird.“ Ausführlich zur Auslegung HONDA (2006a) 21 ff. 161

B. Fremdenrecht im GesG

157

für Auslandsgesellschaften, auch nicht bei Ausgabe der Anleihen in Japan.167 In der Literatur wird diese im Hinblick auf den Schutz japanischer Anleger fragwürdige Regelung zu Recht kritisiert.168 In anderen Gesetzen gelten Auslandsgesellschaften gemäß Art. 823 GesG grundsätzlich – soweit im jeweiligen Gesetz nichts anderes bestimmt ist – wie gleichartige oder ähnliche japanische Gesellschaften. Für ausländische Vereinigungen, die juristische Personen sind, ist die Einordnung als „Auslandsgesellschaft“ i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG Voraussetzung für die Anerkennung nach Art. 35 Abs. 1 ZG.169 Eine juristische Person, die nicht Auslandsgesellschaft ist und für die keine Sonderregelungen in Staatsverträgen oder Gesetzen bestehen, wird mangels Anerkennung gemäß Art. 35 Abs. 1 ZG wie eine nichtrechtsfähige Vereinigung oder eine nichtrechtsfähige Stiftung des japanischen Rechts (kenri nôryoku naki shadan, zaidan) behandelt.170 II.

Bestimmung eines Vertreters in Japan (Artt. 817, 820 GesG)

In Deutschland besteht für AGs oder GmbHs mit Sitz im Ausland die Möglichkeit, einen ständigen Vertreter in Deutschland i.S.d. § 13e Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 HGB zu bestimmen.171 Die Ernennung ist jedoch nicht zwingend (vgl. § 13e Abs. 4 HGB).172 Dagegen muss eine Auslandsgesellschaft, die beab167

AIZAWA (2005b) 200 f. Siehe auch FUJITA (2005) 60 f. Dazu GROUP FOR INTERNATIONAL CORPORATE LAW (TRANSPARENCY OF JAPANESE LAW PROJECT), sowie ausführlich HONDA (2006b) 11 ff. 169 Zur begrifflichen Bezugnahme des Art. 35 Abs. 1 ZG auf Art. 2 Nr. 2 GesG siehe oben A.I.2.b.ii. Auf ausländische Vereinigungen, die nicht juristische Personen sind, ist Art. 35 Abs. 1 ZG dagegen nach h.M. nicht anwendbar (vgl. oben Text bei Fn. 65) – Art. 35 Abs. 2 ZG allerdings nach h.M. schon (vgl. oben A.I.2.e.). 170 Vgl. oben A.I.2.d. Eine nichtrechtsfähige Stiftung ist nach Art. 29 ZPG partei- und prozessfähig, wenn für sie ein Vertreter oder Verwalter bestellt ist. Dazu MARUTSCHKE (2010) 107. 171 Weicht der Satzungssitz vom tatsächlichen Verwaltungssitz ab, so ist auf den tatsächlichen Verwaltungssitz abzustellen, soweit sich nicht aus Staatsverträgen oder aus der Rechtsprechung des EuGH (siehe dazu oben Zweiter Teil, A.I.2.d.) die Maßgeblichkeit des Satzungssitzes (d.h. des Gründungsrechts) ergibt, vgl. MÜNCHKOMM AktG/Pentz (2008) § 13e Rn. 16. Ob die Rechtsform der Gesellschaft die einer AG oder GmbH ist, wird im Wege der Substitution ermittelt. Nach Art. 1 der Publizitätsrichtlinie 68/151/EWG vom 9. März 1968 ist dabei nicht nur die deutsche Aktiengesellschaft Vergleichsmaßstab, sondern es ist zusätzlich auf die Richtlinie abzustellen. 172 OLG München, Beschluss vom 14. Februar 2008, NZG 2008, 342; zustimmend JUST (2009) 145 f.; MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen/Ego (2012) Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 498. Siehe auch WACHTER (2004) 613; SÜSS (2005) 186. Bei Fehlen von Personen, die zum Empfang von Zustellungen berechtigt sind, droht allerdings gemäß § 185 Nr. 2 ZPO mangels Erreichbarkeit im Inland die öffentliche Zustel168

158

Dritter Teil: Fremdenrecht

sichtigt, in Japan dauerhaft Geschäfte zu betreiben, gemäß Art. 817 Abs. 1 GesG (Art. 479 Abs. 1, 4 i.V.m. Art. 78 HG a.F.) mindestens eine Person mit Wohnsitz in Japan als ihren Vertreter in Japan bestimmen, um sich wirksam eintragen lassen zu können. 1.

Voraussetzungen, Verfahren der Bestimmung (Art. 817 Abs. 1 GesG)

Die Voraussetzung nach Art. 817 Abs. 1 Satz 2 GesG, dass einer der Vertreter seinen Wohnsitz in Japan haben muss, wurde erst mit Erlass des GesG im Gesetz verankert. Sie entspricht der bis 2002 gängigen Eintragungspraxis, nach der zwar auch im Ausland ansässige Personen als Vertreter ernannt werden konnten, mindestens ein Vertreter aber seinen Wohnsitz in Japan haben musste.173 Ab 2002 wurde durch einen schriftlichen Erlass (tsûtatsu) des Abteilungsleiters der Zivilabteilung des Justizministeriums der Kreis der als Vertreter eintragungsfähigen Personen noch weitergehend auf in Japan ansässige Personen beschränkt.174 Mit der Vorschrift des Art. 817 Abs. 1 Satz 2 GesG kehrte man jedoch zur liberaleren Eintragungspraxis der Zeit vor 2002 zurück, um die Gleichbehandlung mit japanischen Gesellschaften wiederherzustellen, bei denen die Eintragung eines im Ausland ansässigen Vertreters zulässig ist.175 Im Übrigen richten sich die Voraussetzungen und das Verfahren sowie die Dauer der Ernennung des Vertreters nach dem Gesellschaftsstatut der Auslandsgesellschaft, da das japanische Recht keine einschlägigen Vorschriften enthält.176 2.

Befugnisse des Vertreters (Art. 817 Abs. 2 bis 4 GesG)

Während in Deutschland der Umfang der Befugnisse eines ständigen Vertreters von der Gesellschaft bestimmt werden kann (arg. § 13e Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 a.E. HGB), können Auslandsgesellschaften in Japan den Umfang der lung. Dazu BAUMBACH/HOPT (2012) § 15a Rn. 2 (Hopt). Auch kann sich eine Verpflichtung zu einer Anmeldung der betreffenden Person als Hauptbevollmächtigter aus § 106 Abs. 3 VAG oder als Geschäftsführer aus § 53b Abs. 2 Nr. 1 KWG ergeben. 173 OKUDA (2006a) 118 mit Verweis (Fn. 16) auf Hômu-shô min-4 dai-4109-gô minjikyoku dai-4-kachô kaitô [Antwort Nr. 4109 in Zivilsachen des Leiters des 4. Referats der Zivilabteilung des Justizministeriums], Antwort vom 9. August 1984, Tôki Kenkyû 442 (1984) 80. Ausführlich zur früheren Rechtslage KAMEDA (1998) 61 ff. Siehe auch AIZAWA (2005b) 239. 174 Hômu-shô minshô dai-3239-gô minji kyokuchô tsûtatsu [Mitteilung Nr. 3239 in Zivil- und Handelssachen des Abteilungsleiters der Zivilabteilung des Justizministeriums], Mitteilung vom 27. Dezember 2002, Tôki Jôhô 496 (2003) 133. Dazu OKUDA (2006a) 118; EGASHIRA (2009) 448 (Aizawa). Zur Bedeutung der schriftlichen Mitteilungen (tsûtatsu) in der japanischen Verwaltungspraxis BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 54. 175 OKUDA (2006a) 118; AIZAWA (2005b) 119. 176 DG Fukuoka, Urteil vom 14. Mai 1918, Hôritsu Shinbun 1476, 20 (zum Verfahren der Ernennung); KAMEDA (1998) 60.

B. Fremdenrecht im GesG

159

Befugnisse des Vertreters nicht beschränken. Dieser weit reichende Umfang der Befugnisse des Vertreters wurde bei Erlass des GesG im Jahr 2005 nicht geändert.177 Der Vertreter ist in Japan gemäß Art. 817 Abs. 2 GesG zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Handlungen befugt.178 Unter Geltung des HG a.F. war umstritten, ob sich diese unbegrenzte Vertretungsbefugnis auch auf Geschäfte erstreckte, die Niederlassungen außerhalb Japans betrafen, oder ob die Reichweite der Vertretungsbefugnis bei Geschäften außerhalb Japans nach dem Gesellschaftsstatut zu bestimmen war.179 Mit Erlass des GesG wurde durch die Formulierung des Art. 817 Abs. 2 GesG geklärt, dass sich die Vorschrift nur auf „Geschäfte in Japan“ (nihon ni okeru gyômu) bezieht. Dies ist im Sinne einer möglichst einheitlichen Anwendung des Gesellschaftsstatuts zu befürworten, zumal der Zweck der Vorschrift, den Rechtsverkehr in Japan zu schützen, auch bei dieser Auslegung erreicht werden kann.180 Eine Beschränkung der Vertretungsmacht kann gutgläubigen Dritten gemäß Art. 817 Abs. 3 GesG nicht entgegengehalten werden.181 Dies umfasst nach herrschender Meinung auch die Vereinbarung einer Gesamtvertretung.182 Die Gesellschaft haftet gemäß Art. 817 Abs. 4 GesG für Schäden, die der Vertreter Dritten in Ausübung seiner Aufgaben zufügt.183 Nach Art. 827 Abs. 1 Nr. 4 GesG können wiederholte gesetzwidrige Handlungen des Vertreters die gerichtliche Anordnung nach sich ziehen, die Niederlassung der Auslandsgesellschaft zu schließen. In der Praxis bereitet es Auslandsgesellschaften beim Einstieg ins Japangeschäft teilweise Probleme, eine in Japan ansässige Person zu finden, der sie solch weit reichende, nicht beschränkbare Be-

177

OKUDA (2006a) 119 f. Früher Art. 479 Abs. 4 i.V.m. Art. 78 Abs. 1 HG a.F. 179 Zur ersten Meinung TANAKA (1994) 1380 Fn. 2.; KAMEDA (1998) 56; RGH, Urteil vom 15. Februar 1905, Minji Hanketsu-roku 11, 175; Berufungsgericht (Kôso-in) Tokyo, Urteil vom 23. Juli 1920, Hôritsu Hyôron 9, Minso, 439. Die Gegenmeinung vertreten SANEKATA (1952b) 521; OOSUMI/IMAI (1991) 190; YAMADA (1959) 1848; YAMADA (2004) 257 f.; TATSUTA (1985) 259; KAWAKAMI (1953) 45 f.; UEYANAGI/OÔTORI/ TAKEUCHI (1990) 527 (Okamoto). Zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts auf die organschaftliche Vertretung siehe unten Vierter Teil, B.III. 180 Zum Schutzzweck der Vorschrift YAMADA (2004) 257 sowie zur Vorgängervorschrift des Art. 255 HG a.F. (später Art. 479 HG a.F.) der RGH im Urteil vom 15. Februar 1905, Minji Hanketsu-roku 11, 175. 181 Früher Art. 479 Abs. 4 i.V.m. Art. 78 Abs. 2 HG a.F. i.V.m. Art. 54 ZG a.F. 182 YAMADA (2004) 258; KAMEDA (1998) 58 f.; RGH, Urteil vom 26. April 1905, Minji Hanketsu-roku 11, 584; Berufungsgericht (Kôso-in) Tokyo, Urteil vom 19. Oktober 1904, Hôritsu Shinbun 242, 7. 183 Früher Art. 479 Abs. 4 i.V.m. Art. 78 Abs. 2 HG a.F. i.V.m. Art. 44 Abs. 1 ZG. 178

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Dritter Teil: Fremdenrecht

fugnisse übertragen können.184 Gemäß Art. 976 GesG kann das Gericht gegen den Vertreter bei bestimmten Verstößen gegen Veröffentlichungs- und Prüfpflichten ein Bußgeld von bis zu einer Million Yen185 verhängen. 3.

Wirkung der Bestimmung des Vertreters

Die Bestimmung des Vertreters in Japan ist für die Auslandsgesellschaft von zentraler Bedeutung. Wird kein Vertreter bestimmt, ist keine wirksame Eintragung der Auslandsgesellschaft in Japan möglich. Denn nach Art. 933 Abs. 1 GesG ist die Eintragung der Auslandsgesellschaft an die Bestimmung des Vertreters/der Vertreter in Japan geknüpft. Auch sind nach Art. 933 Abs. 2 Nr. 2 GesG zwingend Name(n) und Wohnsitz(e) des Vertreters oder der Vertreter in Japan einzutragen. Rechtsfolge der Nichteintragung ist die Haftung des Handelnden nach Art. 818 Abs. 2 GesG.186 Soweit keine Niederlassung der Auslandsgesellschaft in Japan besteht, bestimmt der Wohnsitz des Vertreters außerdem sowohl die Zuständigkeit der Eintragungsbehörde als auch gemäß Art. 4 Abs. 5 ZPG187 den allgemeinen Beklagtengerichtsstand der Auslandsgesellschaft.188 4.

Rücktritt aller in Japan ansässigen Vertreter (Art. 820 GesG)

Beabsichtigen alle in Japan ansässigen Vertreter zurückzutreten, so ist die Auslandsgesellschaft nach Art. 820 Abs. 1 GesG verpflichtet, ihre Gläubiger im Amtsblatt sowie einzeln aufzufordern, mögliche Einwände dagegen innerhalb einer bestimmten, mindestens einmonatigen Frist zu erheben. Soweit fristgemäß Einwände erhoben werden, muss die Auslandsgesellschaft nach Art. 820 Abs. 2 GesG die Gläubiger befriedigen oder Sicherheit leisten. Ge184 Auskunft von Rechtsanwältin Mie Fujimoto (Bingham McCutchen, Tokyo) in einem Interview am 4. Februar 2009 in Tokyo. Für die Berufsgruppe der Rechtsanwälte etwa bestehen schon deswegen Hürden für die Einsetzung als Vertreter, weil diese Tätigkeit nach Art. 30 Abs. 1 Nr. 2 Rechtsanwaltsgesetz (Bengo-shi hô, Gesetz Nr. 205/1949 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014) bei der Anwaltskammer anzuzeigen ist, dort nach Art. 30 Abs. 2 Rechtsanwaltsgesetz dokumentiert wird und so für jedermann einsehbar ist. Ausführlich zur Möglichkeit der Absicherung durch Verwahrung des im Rechtsverkehr äußerst wichtigen Firmensiegels bei einer dritten Person WESTHOFF (2011) Rn. 9. 185 Umgerechnet ca. 7.060 Euro. 186 Siehe dazu unten III.1. 187 Art. 4 Abs. 5 ZPG lautet (Übers. aus NAKAMURA/HUBER (2006) 82.): „Unbeachtlich der Vorschriften des Abs. 4 wird der allgemeine Gerichtsstand ausländischer Vereine und Stiftungen durch den Hauptsitz ihrer Büro- und Geschäftsräume in Japan bestimmt; gibt es keine Büro- oder Geschäftsräume in Japan, so bestimmt sich der allgemeine Gerichtsstand nach dem Wohnsitz des Vertreters oder des sonstigen Hauptgeschäftsführers.“ 188 Siehe zum allgemeinen Beklagtengerichtsstand oben Erster Teil, B.II.1. Zur Zuständigkeit der Eintragungsbehörde siehe unten B.III.2.a.

B. Fremdenrecht im GesG

161

mäß Art. 820 Abs. 3 GesG wird der Rücktritt erst nach Abschluss dieses Verfahrens wirksam. III. Eintragung (Artt. 818, 933 i.V.m. Artt. 911 ff., 934 ff., 939 f., 979 GesG) 1.

Eintragungspflicht (Artt. 818, 979 GesG)

In Deutschland begründen §§ 13, 13d ff. HGB eine Eintragungspflicht für juristische Personen und Handelsgesellschaften mit tatsächlichem Verwaltungssitz im Ausland, die in Deutschland eine Zweigniederlassung errichten, sowie für solche mit Satzungssitz im EWR-Ausland, die in Deutschland faktisch eine Zweig- oder ihre Hauptniederlassung haben.189 In Japan darf eine Auslandsgesellschaft gemäß Art. 818 Abs. 1 GesG (Art. 481 Abs. 1 i.V.m. Art. 479 Abs. 2, 3 HG a.F.) nur dann dauerhaft Handel treiben, wenn sie in das Handelsregister eingetragen ist. Die Eintragungsvorschriften erfüllen so mittels Information des Rechtsverkehrs eine zentrale Funktion zum Schutz der (vertraglichen) Gesellschaftsgläubiger.190 Die deutsche Vorschrift bezieht sich auf Unternehmensformen des ausländischen Rechts, die den entsprechenden Unternehmensformen des deutschen Rechts vergleichbar sind.191 Im Ansatz stimmt die Konkretisierung also mit der in den japanischen Vorschriften überein, da diese sich auf „Auslandsgesellschaften“ beziehen, also auf Gesellschaftsformen des ausländischen Rechts, die gleichartig zu den japanischen Gesellschaftsformen oder ihnen ähnlich sind.192 Im Übrigen bestehen jedoch einige grundlegende Unterschiede. So hat in Deutschland in Bezug auf AGs, KGaAs und GmbHs aus dem EWR eine richtlinienkonforme Auslegung zu erfolgen.193 Zudem wird die 189

BAUMBACH/HOPT (2012) § 13d Rn. 1 (Hopt). Auch auf Gesellschaften mit Satzungssitz im EWR-Ausland und Verwaltungssitz in Deutschland sind die §§ 13d ff., nicht § 33 HGB anzuwenden, siehe OLG Naumburg, Beschluss vom 6. Dezember 2002; OLG Celle, Beschluss vom 10. Dezember 2002, IPRax 2003, 245; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26. März 2003, BB 2003, 864, 865; KG, Beschluss vom 18. November 2003, NZG 2004, 49; OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. April 2008, DNotZ 2008, 860; LEIBLE/HOFFMANN (2003) 679; RIEGGER (2004) 513; WACHTER (2005a) 124. 190 Für Deutschland gilt das vom EuGH in den Urteilen Centros (Urteil vom 9. März 1999 – C-212/97, Slg. 1999-I, 1459; NJW 1999, 2027, Rn. 36; zum Urteil Zweiter Teil, Text bei Fn. 140 ff.) und Inspire Art (vom 30. September 2003 – C-167/01, Slg. 2003-I, 10155; zum Urteil oben Zweiter Teil, Text bei Fn. 160 ff.) statuierte Informationsmodell des EuGH, bei dem der Selbstschutz der Geschäftspartner ausländischer Gesellschaften ein zentraler Bestandteil des Verkehrsschutzes ist. Es versagt jedoch in bestimmten Fällen, insbesondere bei gesetzlichen Gläubigern. Kritisch daher zu Recht EIDENMÜLLER (2004a) § 3 Rn. 38 ff. (Eidenmüller). 191 BT-Drucksache 12/3908 S. 15; siehe auch OETKER (2011) § 13d Rn. 26 (Preuß). 192 Siehe dazu oben I.2. 193 Zur Umsetzung der Zweigniederlassungsrichtlinie (der Elften Richtlinie 89/666/EWG über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat

162

Dritter Teil: Fremdenrecht

Ausländereigenschaft von Gesellschaften aus Drittstaaten in Deutschland nach wie vor durch Abstellen auf den Verwaltungssitz, in Japan dagegen anhand des Gründungsrechts bestimmt.194 Das deutsche HGB regelt die Eintragungspflicht in §§ 13d ff. umfassend für alle ausländischen Gesellschaftsformen, die deutschen juristischen Personen i.S.d. § 33 HGB sowie Handelsgesellschaften i.S.d. § 6 HGB vergleichbar sind. Dagegen ist die Eintragungspflicht im GesG durch Bezugnahme auf die in Art. 2 Nr. 2 GesG definierte „Auslandsgesellschaft“ auf diejenigen ausländischen Rechtsformen beschränkt, die den japanischen Gesellschaftsformen der AG, OHG, KG oder LLC ähnlich oder vergleichbar sind. Darüber hinaus besteht jedoch für ausländische juristische Personen, die keine „Auslandsgesellschaften“ sind, eine Eintragungspflicht nach Art. 37 i.V.m. Art. 36 ZG.195 Das deutsche Recht knüpft die Eintragungspflicht an das Bestehen einer „Zweigniederlassung“, also eines Teils des Gesamtunternehmens, der räumlich und organisatorisch, nicht aber rechtlich verselbständigt ist. Entscheidend ist das Bestehen einer selbständig funktionsfähigen Organisationseinheit.196 Dagegen stellt das japanische Recht darauf ab, ob die Auslandsgesellschaft „dauerhaft Handel treibt“ (torihiki o keizoku shite suru). Dies ist dann der Fall, wenn die Auslandsgesellschaft „einem bestimmten Plan folgende (ittei no keikaku ni shitagau), abgestimmte (shudan na) Unternehmensaktivitäten (kigyô torihiki katsudô) als Unternehmen“197 entfaltet. Im Vergleich zum deutschen Recht spielt die organisatorische Selbständigkeit in Japan also eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist vielmehr die planmäßige Vornahme der Geschäfte durch die Auslandsgesellschaft. Gelegentliche einzelne Gevon Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen, vom 21. Dezember 1989 (ABl. Nr. L 395 S. 36)) in den §§ 13d ff. HGB KINDLER (1993) 3301 ff.; SEIBERT (1993) 1705 ff. 194 Zur Rechtslage in Deutschland BAUMBACH/HOPT (2012) § 13d Rn. 1 (Hopt). Die in §§ 13d ff. HGB umgesetzte Zweigniederlassungsrichtlinie bezweckt einen Gleichlauf von Gesellschaftsstatut und Fremdeigenschaft, MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 933. Zur Rechtslage in Japan siehe I.2. 195 Siehe dazu oben A.II. 196 RÖHRICHT/GRAF VON WESTPHALEN (2008) § 13 Rn. 4 ff. (Ammon/Ries); OETKER (2011) § 13 Rn. 8 f. (Preuß); MÜNCHKOMM HGB/Krafka (2010) § 13 Rn. 8; HIRTE/ BÜCKER (2006) § 13 Rn. 11b (Mankowski/Knöfel); BAUMBACH/HOPT (2012) § 13 Rn. 3 (Hopt); KRAFKA/WILLER/KÜHN (2010) Rn. 289 (Krafka/Kühn); EBENROTH/BOUJONG/ JOOST/STROHN (2008) § 13d Rn. 8 (Pentz); KOLLER/ROTH/MORCK (2011) § 13 HGB Rn. 6 (Roth); LUTTER/HOMMELHOFF (2012) Anh I zu § 4a Rn. 2 (Bayer); WACHTER (2005a) 124. 197 KAMEDA (1998) 11. Ähnlich ARAKI/SAITÔ (2009) [10-510]: „a bundle of business transactions performed under a particular business plan.“ Siehe auch EGASHIRA (2011) 907 Fn. 2: Entscheidend ist weniger die Häufigkeit der Geschäfte als vielmehr die Frage, ob sie Teil einer dauerhaften Handelsaktivität sind.

B. Fremdenrecht im GesG

163

schäfte begründen keine Eintragungspflicht.198 Auch vorbereitende Tätigkeiten, die selbst noch keine Handelsgeschäfte sind, sind nicht erfasst.199 Anmeldepflichtig sind in Deutschland alle Mitglieder des geschäftsführenden Organs.200 Bei pflichtwidriger Nichteintragung sieht das deutsche Recht die Möglichkeit des Registergerichts vor, die Eintragung durch Auferlegung eines Zwangsgeldes zu erzwingen.201 Die Nichteintragung hat bei EWRAuslandsgesellschaften jedoch für die geschäftsführenden Organe keine haftungsrechtlichen Konsequenzen.202 Dagegen bestimmt in Japan Art. 818 Abs. 2 GesG, dass derjenige, der in Japan ohne Eintragung im Namen der Auslandsgesellschaft Handel treibt, gesamtschuldnerisch mit der Gesellschaft für die aus den betreffenden Handelsaktivitäten entstehenden Verbindlichkeiten haftet.203 Nach Art. 979 Abs. 2 GesG (Art. 498 Abs. 1 Nr. 1 HG a.F.) kann ihm zusätzlich ein Bußgeld in Höhe des Betrages der Gebühren für die Eintragung204 sowie gemäß Art. 976 Nr. 1 GesG ein Bußgeld von bis zu einer Million Yen205 auferlegt werden. Auch können die nicht eingetragenen Tatsachen nach der allgemeinen Regelung des Art. 908 Abs. 1 Satz 1 GesG einem gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden. 2.

Einzelheiten (Art. 933 i.V.m. Artt. 911 ff. GesG)

a.

Verfahren

In Deutschland nutzen die Gerichte, die sich seit einigen Jahren mit einer wachsenden Zahl „deutscher“ Limiteds konfrontiert sehen, die Eintragungs-

198

KAMEDA (1998) 11; OOSUMI/IMAI (1991) 192. ARAKI/SAITÔ (2009) [10-510]. Siehe dazu auch die Abgrenzung zwischen Niederlassung und bloßem Repräsentanzbüro (das nicht eingetragen wird) unter B.III.2.a. 200 Für Deutschland RIEGGER (2004) 512 f.; BayObLG, Beschluss vom 18. Juli 1985, WM 1985, 1202, 1203; vgl. § 13e Abs. 2 Satz 1 HGB. 201 Kritisch zur Wirksamkeit der Sanktionsmöglichkeiten nach deutschem Recht WACHTER (2005a) 125. 202 BGH, Urteil vom 14. März 2005, NJW 2005, 1648; dazu WAND (2005) 1016 ff.; RESSOS (2005) 1048 f.; WACHTER (2005b) 1817 ff.; LIEDER (2005) 399 ff.; BRUNS (2005) 431 f.; SCHRÖDER/SCHNEIDER (2005) 1288 ff.; PAEFGEN (2005) 957 ff.; REHBERG (2005) 849 ff.; EIDENMÜLLER (2005) 1618 ff.; LEHMANN (2005) 580 ff.; LEIBLE/HOFFMANN (2005) 544 ff.; MAGNUS (2005); GOETTE (2006) 541 ff.; STAUB-Koch (2009) § 13d Rn. 36 f., 63. 203 Auf die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft hat dies keinen Einfluss, vgl. DG Tokyo, Urteil vom 20. Juli 2007, Aktenzeichen Heisei-18 (wa) 20453-gô (erhältlich auf Westlaw Japan). Die Gesamtschuld ist in Art. 432 ZG geregelt. Dazu BÄLZ/GÜNAL (2011) Rn. 18 ff. 204 Die Gebühren betragen zur Zeit 90.000 Yen (umgerechnet ca. 635 Euro). Siehe unten 2.a. 205 Umgerechnet ca. 7.060 Euro. 199

164

Dritter Teil: Fremdenrecht

pflicht teilweise zur Kontrolle bestimmter Mindestanforderungen.206 So bestätigte der BGH im Jahr 2007, dass ein Registergericht wegen eines im Inland gegen den director einer englischen Private Limited Company verhängten Gewerbeverbots die beantragte Eintragung einer Zweigniederlassung der Limited in das Handelsregister verweigern darf.207 Dagegen ist der Ablauf des japanischen Eintragungsverfahrens eher technischer Natur. Die Angaben in Dokumenten werden von der Behörde grundsätzlich nicht auf ihre inhaltliche Richtigkeit, sondern nach formellen Kriterien geprüft.208 Dem Antrag auf Eintragung, der seit 2008 in ganz Japan auch online gestellt werden kann, sind gemäß Art. 129 Handelsregistergesetz209 durch eine Regierungsbehörde oder das Konsulat in Japan beglaubigte Dokumente (in der Praxis häufig ein Affidavit des Vertreters in Japan210) nebst japanischer Übersetzung beizufügen, in denen die einzutragenden Tatsachen nachgewiesen sind.211 Ferner ist eine durch die Bezirksverwaltung ausgestellte Bescheinigung des persönlichen Siegels (inkan shômei-sho) des Vertreters in Japan oder – soweit dieser kein Siegel benutzt – eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung einzureichen.212 Zudem ist gemäß Art. 20 Handelsregistergesetz ein ausgefüllter Antrag auf Ausstellung eines Firmensiegels beizufügen.213

206 Zum Anwachsen der Zahl der Limiteds in Deutschland siehe oben Erster Teil, Fn. 144. 207 BGH, Beschluss vom 7. Mai 2007, BGHZ 172, 200; dazu DIERKSMEIER (2007) 1861 f.; EIDENMÜLLER/REHBERG (2008) 28 ff.; kritisch BAUER/GROSSERICHTER (2008) 253 ff. Anschaulich zur rechtspolitischen Ausgangslage sowie zur Entscheidung der Vorinstanz MANKOWSKI (2006a) 1173 ff. S. auch MANKOWSKI (2006b) 45 ff. Inzwischen ist der Fall in § 13e Abs. 3 Satz 2 HGB ausdrücklich geregelt, dazu FLEISCHER (2011) 205. 208 Auskunft von Rechtsanwältin Mie Fujimoto (Bingham McCutchen, Tokyo) in einem Interview am 4. Februar 2009 in Tokyo. Früher wurde Gesellschaften teilweise unter Berufung auf Art. 482 HG a.F. (bzw. zuvor 258 HG a.F.) die Eintragung verweigert, seit der inhaltlichen Änderung der Vorschrift bei Erlass des GesG ist dafür jedoch kein Raum mehr. Dazu unten V. 209 Shôgyô tôki-hô, Gesetz Nr. 185/1963 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014. 210 ARAKI/SAITÔ (2009) [11-230] (mit Beispiel für ein Formular im Anhang, 463); EGASHIRA (2011) 907 Fn. 3. 211 Siehe die Übersicht bei ARAKI/SAITÔ (2009) [11-230]. Bei der Eintragung von Änderungen oder der Schließung der Niederlassung oder der Entlassung aller Vertreter in Japan ergibt sich aus Art. 130 Handelsregistergesetz, welche Unterlagen vorzulegen sind. Zum Erfordernis der japanischen Übersetzung ARAKI/SAITÔ (2009) [11-230]. Ausführlich zum Online-Antrag AIZAWA (2009) 35 ff. Dazu wurde die Website bereitgestellt. 212 ARAKI/SAITÔ (2009) [11-230]. Siehe WESTHOFF (2011) Rn. 8 zur Bedeutung des (statt einer Unterschrift verwendeten) Siegels in Japan. 213 ARAKI/SAITÔ (2009) [11-230]. Außerdem ist eine inkan kâdo – eine behördeninterne Karte mit originalem Abdruck des Stempels – zu beantragen. Siehe WESTHOFF (2011) Rn. 9 zur Verwendung des Firmensiegels im japanischen Geschäftsverkehr.

B. Fremdenrecht im GesG

165

Die Eintragungsfrist beträgt nach Art. 933 Abs. 1 GesG drei Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Vertreter der Auslandsgesellschaft in Japan nach Art. 817 Abs. 1 GesG ernannt wurde. Nach Art. 933 Abs. 4 i.V.m. Art. 915 Abs. 1 GesG sind Änderungen der einzutragenden Tatsachen und nach Art. 933 Abs. 4 i.V.m. Artt. 918 bis 929 GesG grundlegende Änderungen des Aufbaus der Auslandsgesellschaft (z.B. Formwechsel, Verschmelzung, Spaltung) innerhalb von drei Wochen einzutragen. Soweit eine Tatsache im Ausland eingetreten ist, beginnt die Eintragungsfrist erst ab dem Zeitpunkt, zu dem der Vertreter der Auslandsgesellschaft in Japan Mitteilung darüber erhalten hat. Während in Deutschland die Registergerichte für die Eintragung zuständig sind, sind in Japan die dem Justizministerium unterstellten Rechtsämter mit der Eintragung befasst.214 Örtlich zuständig ist/sind nach Art. 933 Abs. 1 GesG entweder die Behörde(n), in deren Zuständigkeitsbereich die Auslandsgesellschaft ihre Niederlassung(en) (eigyô-sho) hat (Nr. 2), oder – soweit keine Niederlassung in Japan besteht – die Behörde(n) am Wohnsitz des Vertreters/der Vertreter der Auslandsgesellschaft in Japan (Nr. 1). Eine Niederlassung (eigyô-sho) ist der Ort, der das Zentrum der Geschäftstätigkeit bildet. Von dort werden einheitlich die betrieblichen Weisungen ausgegeben, dort laufen deren Ergebnisse zusammen, und nach außen erscheint dieser Ort als betriebliches Zentrum der Tätigkeit.215 Hat eine Auslandsgesellschaft ihre Hauptniederlassung in Japan, so wird sie nach Art. 821 GesG als Scheinauslandsgesellschaft eingeordnet.216 Da jedoch auch Scheinauslandsgesellschaften nach dem GesG rechtsfähig und damit eintragungsfähig sind, ist die Frage, ob es sich um eine Scheinauslandsgesellschaft handelt, für die Eintragung irrelevant. Die Eintragungsbehörde prüft daher nicht, ob es sich bei der Niederlassung (eigyô-sho) um eine Zweigniederlassung (shiten) oder um eine Hauptniederlassung (honten) der Auslandsgesellschaft handelt.217 Niederlassung im Sinne dieser Vorschrift können bei Auslandsgesellschaften nur Zweigniederlassungen sein, da Auslandsgesellschaften nach Art. 821 GesG ihre Hauptniederlassung nicht in Japan errichten dürfen. Bloße Reprä214

Hômu-kyoku, Adressen unter . KAMEDA (1998) 9. 216 Siehe dazu unten V.2.b. 217 Hômu-shô minshô dai-782-gô hômu kyokuchô tsûtatsu [Mitteilung Nr. 782 in Zivilund Handelssachen des Abteilungsleiters der Rechtsabteilung des Justizministeriums], Mitteilung vom 31. März 2006, abgedruckt in Tôki Intânetto 78 (2006) 79, 198. KAMEDA (1998) 9 f. weist darauf hin, dass der Ausdruck eigyô-sho erst durch eine Reform des HG im Jahr 1950 in die Vorgängervorschrift des Art. 479 HG a.F. eingefügt wurde. Zuvor hatte die Vorschrift den Begriff shiten enthalten, der als „untergeordnete“ (jûtaru) Niederlassung definiert wurde. Die Ersetzung wurde vorgenommen, um Komplikationen durch die Prüfung des Ranges einer Niederlassung (untergeordnet oder nicht) zu vermeiden. 215

166

Dritter Teil: Fremdenrecht

sentanzbüros (chûzai-in jimu-sho), in denen lediglich Warenproben ausgestellt oder Anzeigen ausgegeben werden oder in denen das Unternehmen anderweitig am Markt sichtbar gemacht wird, sind keine Niederlassung im Sinne dieser Vorschrift.218 Sobald allerdings Handelsgeschäfte i.S.d. Artt. 501 ff. HG abgeschlossen werden, ist die Grenze der in einem Repräsentanzbüro zulässigen Geschäftstätigkeit überschritten und die Eintragung einer Niederlassung erforderlich.219 Nachträgliche Änderungen der zuständigkeitsbegründenden Tatsachen sind innerhalb von drei bzw. vier Wochen einzutragen, und zwar – soweit die Zuständigkeiten nicht zusammenfallen – sowohl bei der Behörde, die aufgrund der ehemaligen, als auch bei der Behörde, die aufgrund der neuen Tatsache zuständig ist. Dies gilt bei Auslandsgesellschaften mit einer Niederlassung in Japan für die Gründung einer weiteren Niederlassung (Art. 934 Abs. 2 GesG), für die Verlegung der bestehenden Niederlassung (Art. 935 Abs. 2 GesG) und für die Schließung aller bestehenden Niederlassungen (Art. 936 Abs. 2 GesG). Bei Auslandsgesellschaften ohne Niederlassung in Japan wird die nachträgliche Eintragungspflicht durch die Bestimmung eines neuen Vertreters in Japan (Art. 934 Abs. 1 GesG), durch die Verlegung des Wohnsitzes eines Vertreters in Japan (Art. 935 Abs. 1 GesG) und durch die erstmalige Errichtung einer Niederlassung in Japan (Art. 936 Abs. 1 GesG) begründet. Die Gebühren für die Eintragung (tôroku menkyo-zei) betragen 90.000 Yen220 pro Eintragung an einer Niederlassung bzw. einer Vertreteradresse.221 b. Tatsachen, die gleichermaßen von japanischen Gesellschaften und von Auslandsgesellschaften einzutragen sind (Art. 933 Abs. 2 i.V.m. Artt. 911 Abs. 3 bis 5, 912 ff., 936 GesG) Nach Art. 933 Abs. 2 GesG sind bei der Auslandsgesellschaft entsprechend der Art der japanischen Gesellschaft, zu der sie gleichartig oder der sie am ähnlichsten ist, die folgenden Tatsachen nach Art. 911 Abs. 3 GesG (AG), nach Art. 912 GesG (OHG), nach Art. 913 GesG (KG) oder nach Art. 914 GesG (LLC) einzutragen: 218 WESTHOFF (2011) Rn. 29 ff.; KAMEDA (1998) 10. Allerdings weisen ARAKI/SAITÔ (2009) [510-20] darauf hin, dass Repräsentanzbüros von Finanzinstitutionen beim Premierminister angezeigt werden müssen, siehe Art. 52 Abs. 1 Bankgesetz (Ginkô-hô, Gesetz Nr. 59/1981 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014), Art. 218 Abs. 1 Versicherungsgewerbegesetz (Hôken-gyô hô, Gesetz Nr. 105/1995), Art. 62 Abs. 1 FBG. 219 Ausführlich und anschaulich WESTHOFF (2011) Rn. 29 ff. 220 Umgerechnet ca. 635 Euro. 221 Tabelle 1, Punkt 24.3.a. zum Gesetz über die Gebühren für Eintragungen und Zulassungen (Tôroku menkyo-zei hô, Gesetz Nr. 27/1896, neu gefasst durch Gesetz Nr. 35/1967 i.d.F. des Gesetzes Nr. 92/2014.

B. Fremdenrecht im GesG

i.

167

Firma

Die Firma kann gemäß Art. 50 HandelsregisterVO222 in lateinischen Buchstaben eingetragen werden, eine Umschrift in japanische Schriftzeichen ist nicht erforderlich.223 Früher war die Eintragung einer Firma unzulässig, die der Firma einer im selben Zuständigkeitsbereich eingetragenen Gesellschaft ähnlich war.224 Mit Erlass des GesG wurde diese Beschränkung aufgehoben und die Eintragung der Firma insofern erleichtert. Nach wie vor ist jedoch nach Art. 27 Handelsregistergesetz die Eintragung einer Firma unzulässig, die mit der Firma einer anderen dort eingetragenen Gesellschaft identisch ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Art. 8 Abs. 1 GesG es verbietet, aus unlauterer Absicht eine Firma zu verwenden, die mit der Firma eines anderen Unternehmens verwechselt werden kann. Wer dagegen verstößt, setzt sich gegebenenfalls einer Unterlassungsklage nach Art. 8 Abs. 2 GesG und einem Bußgeld nach Art. 978 Nr. 3 GesG aus. Zudem sind die Beschränkungen nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, Art. 3, Art. 4 und Art. 21 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb225 zu beachten.226 ii.

Hauptniederlassung (honten) und Zweigniederlassung(en) (shiten)

Einzutragen ist die in der Satzung eingetragene Hauptniederlassung.227 Alle Zweigniederlassungen in Japan, an denen eigenständig Handelsgeschäfte abgeschlossen werden sollen, sind einzutragen.228 iii.

Zweck (mokuteki)

Der in der Satzung festgelegte Zweck der Auslandsgesellschaft ist einzutragen. Er muss so formuliert sein, dass er den Erfordernissen der Rechtmäßigkeit (tekihô-sei), der Gewinnorientierung (eiri-sei) und der Klarheit (meikakusei) entspricht.229 iv.

Weitere Eintragungstatsachen (Gesellschaftskapital, Organe etc.)

Darüber hinaus sind – je nach Art der Gesellschaft – verschiedene Tatsachen einzutragen, die sich auf die Kapitalausstattung, die vorhandenen Organe

222

Shôgyô tôki kisoku, VO des Justizministeriums Nr. 23/1964 i.d.F. der VO Nr. 33/2014. 223 Zu den Einzelheiten ARAKI/SAITÔ (2009) [11-220]. 224 Ausführlich dazu KAMEDA (1998) 27 ff. Siehe auch ARAKI/SAITÔ (2009) [11-220]. 225 Fusei kyôsô bôshi-hô, Gesetz Nr. 47/1993 i.d.F. des Gesetzes Nr. 12/2012. 226 ARAKI/SAITÔ (2009) [11-220]. 227 ARAKI/SAITÔ (2009) [11-220]. Siehe auch TATSUTA (2007) 424. 228 ARAKI/SAITÔ (2009) [11-220]. 229 ARAKI/SAITÔ (2009) [11-220].

168

Dritter Teil: Fremdenrecht

sowie ihre Organwalter beziehen. Die Einzelheiten ergeben sich aus den entsprechend anzuwendenden Art. 911 Abs. 1 und Artt. 912 bis 914 GesG. c. Tatsachen, die nur von Auslandsgesellschaften einzutragen sind (Art. 933 Abs. 2 GesG, Art. 48 Handelsregistergesetz) i.

Gründungsrecht

Das Gründungsrecht der Gesellschaft ist einzutragen, damit für den Rechtsverkehr erkennbar wird, nach welcher Rechtsordnung sie organisiert ist. Es sollte daher möglichst detailliert beschrieben sein.230 In Deutschland besteht die Pflicht zur Eintragung des für die Gesellschaft maßgebenden Rechts dagegen nur für Drittstaatengesellschaften (vgl. § 13e Abs. 2 Satz 4 Nr. 4 HGB). ii.

Name und Adresse des Vertreters in Japan

Name und Adresse des Vertreters oder der Vertreter in Japan, von denen mindestens einer in Japan wohnhaft sein muss, sind einzutragen.231 iii.

Art der Veröffentlichung

Bei Gesellschaften, die gleichartig zur japanischen Aktiengesellschaft oder ihr ähnlich sind, ist nach Art. 933 Abs. 2 Nr. 3 GesG ins Handelsregister einzutragen, wie die Auslandsgesellschaft nach ihrem Gründungsrecht ihrer Veröffentlichungspflicht nachzukommen hat. Darüber hinaus sind nach Art. 933 Abs. 2 Nr. 4 bis 7 GesG Angaben einzutragen, die sich auf die nach dem GesG bestehende Veröffentlichungspflicht beziehen.232 Dazu gehört die Bestimmung zur Art der Veröffentlichung nach Art. 939 Abs. 2 GesG (Nr. 5) oder, falls eine Bestimmung fehlt, die Festlegung auf die Veröffentlichung im Amtsblatt nach Art. 939 Abs. 4 GesG (Nr. 7). Auch ist bei elektronischer Veröffentlichung nach Art. 819 Abs. 3 GesG (Nr. 4) oder Art. 939 Abs. 3 GesG (Nr. 6.a.) die Webseite einzutragen, sowie in letzterem Fall gegebenenfalls eine hilfsweise Art der Veröffentlichung (Nr. 6.b.). iv.

Gründungsdatum und Datum der Errichtung der Niederlassung

Gemäß Art. 48 Abs. 2 Handelsregistergesetz sind überdies das Gründungsdatum der Auslandsgesellschaft, die Erklärung, dass eine Niederlassung in Japan errichtet werde, sowie das Datum ihrer Errichtung einzutragen.

230

KAMEDA (1998) 54. Zu den Anforderungen bei der Bestellung eines Vertreters in Japan siehe oben II.1. 232 Zur Veröffentlichungspflicht siehe unten IV. 231

B. Fremdenrecht im GesG

IV.

169

Veröffentlichung der Bilanz (Artt. 819, 939 GesG)

In Deutschland besteht für Zweigniederlassungen von Kapitalgesellschaften mit Sitz im EWR-Ausland nach § 325a HGB die Pflicht, ihre Rechnungslegungsunterlagen offenzulegen. Eine im Ansatz vergleichbare Offenlegungspflicht ist in Japan in Artt. 819, 939 GesG verankert. Danach muss eine eingetragene Auslandsgesellschaft, die gleichartig zur japanischen Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft oder ihr ähnlich ist, ihre Bilanz (taishaku taishôhyô) oder eine Zusammenfassung der Bilanz der Öffentlichkeit zugänglich machen.233 Dies dient dem Schutz des japanischen Rechtsverkehrs durch Information.234 Die Veröffentlichungspflicht nach dem GesG entfällt nach Art. 819 Abs. 4 GesG, wenn die Auslandsgesellschaft nach Art. 24 Abs. 1 FBG ihren Jahresaktienbericht beim Premierminister einreichen muss.235 1.

Arten der Veröffentlichung (Artt. 939, 940 GesG)

Als Arten der Veröffentlichung kommen nach Art. 939 Abs. 1, 2 GesG die Veröffentlichung im Amtsblatt, in einer Tageszeitung oder auf elektronischem Weg, etwa auf der Homepage der Gesellschaft, in Betracht. Die Auslandsgesellschaft kann die Art der Veröffentlichung nach Art. 939 Abs. 2 GesG bestimmen. Tut sie dies nicht, so wird gemäß Art. 939 Abs. 4 GesG die Veröffentlichung im Amtsblatt als Art der Veröffentlichung festgelegt. Bei der Veröffentlichung auf elektronischem Weg sind einige Besonderheiten zu beachten. Gemäß Art. 940 Abs. 2 GesG ist sie ohne Unterbrechung fünf Jahre aufrechtzuerhalten, ansonsten verliert sie, wie sich aus einem Umkehrschluss zu Art. 940 Abs. 3 GesG ergibt, grundsätzlich ihre Wirkung. Der Fünfjahreszeitraum beginnt mit dem Tag, an dem das Verfahren nach Art. 819 Abs. 1 i.V.m. Art. 438 Abs. 2 GesG abgeschlossen ist, an dem also die ordentliche Hauptversammlung die Bilanz (als Bestandteil des Jahresabschlusses236) gebilligt hat. Ausnahmsweise hat gemäß Art. 940 Abs. 3 GesG eine Unterbrechung keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Veröffentlichung, wenn der Gesellschaft hinsichtlich der Unterbrechung keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, die Unterbrechung weniger als ein Zehntel des Fünfjahreszeitraums ausmacht und die Gesellschaft auf die Unterbrechung hinweist, sobald sie Kenntnis davon erlangt. Um die durch eine Unterbrechung entstehenden Schwierigkeiten zu vermeiden, kann nach Art. 939 Abs. 3 Satz 233

Zur Feststellung der Gleichartigkeit bzw. Ähnlichkeit der ausländischen mit einer japanischen Gesellschaft siehe oben I.2. Auch bei den japanischen Gesellschaften unterliegen grundsätzlich nur Aktiengesellschaften der Pflicht zur Veröffentlichung ihrer Rechnungslegungsunterlagen, vgl. Art. 440 GesG. 234 EGASHIRA (2011) 909. 235 Dazu KAISER/MUSAHL (2011) Rn. 19. 236 Zur Bilanz als Teil des Jahresabschlusses einer japanischen Aktiengesellschaft KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 137b.

170

Dritter Teil: Fremdenrecht

2 GesG für den Fall der Unterbrechung eine andere, ersatzweise anzuwendende Art der Veröffentlichung bestimmt werden. 2. Inhalt der Veröffentlichung (Art. 819 GesG, Artt. 214 f. DurchführungsVO zum GesG) Grundsätzlich hat die Auslandsgesellschaft Unterlagen zu veröffentlichen, zu deren Erstellung sie nach ihrem Gesellschaftsstatut verpflichtet ist und die im japanischen Recht der Bilanz entsprechen. Eine Übersetzung ins Japanische ist nach Art. 214 Abs. 3 DurchführungsVO zum GesG nicht erforderlich. Nach Art. 214 Abs. 1 DurchführungsVO zum GesG sind Bilanzvermerke (chûki) von der Veröffentlichungspflicht nicht umfasst. Dies soll Auslandsgesellschaften die Veröffentlichung erleichtern.237 Auch die Möglichkeit, gemäß Art. 819 Abs. 2 GesG bei einer Veröffentlichung im Amtsblatt oder in der Tagespresse statt der vollen Bilanz nur eine Zusammenfassung zu veröffentlichen, dient diesem Ziel.238 In der Zusammenfassung sind nach Art. 214 Abs. 2 DurchführungsVO zum GesG die Aktiva, die Passiva und das Reinvermögen aufzuführen. Eine Gesellschaft, die gemäß Art. 939 Abs. 1 GesG als Art der Veröffentlichung das Amtsblatt oder die Tagespresse festgelegt hat, kann gemäß Art. 819 Abs. 3 GesG i.V.m. Art. 215 DurchführungsVO ihre Bilanz alternativ auch im Internet veröffentlichen.239 Eine derartige Veröffentlichung ist während einer Dauer von fünf Jahren ab dem Tag der Billigung durch die Hauptversammlung ununterbrochen aufrechtzuerhalten. Soweit die Auslandsgesellschaft nach ihrem Gesellschaftsstatut nicht zur Erstellung von Unterlagen verpflichtet ist, die der Bilanz nach japanischem Recht entsprechen, muss sie nach Art. 214 Abs. 4 DurchführungsVO die Bilanz gemäß der RechnungslegungsVO240 erstellen.241 Dabei ist eine Übersetzung ins Japanische gemäß Art. 214 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Durchführungsverordnung nicht erforderlich.242 Die Regelung des Art. 819 GesG entspricht inhaltlich dem im Jahr 2002 neu eingefügten Art. 483-2 HG a.F., mit dessen Inkrafttreten die bis dahin in Art. 479 HG a.F. verankerte Pflicht zur Errichtung einer Niederlassung243 durch die Veröffentlichungspflicht ersetzt wurde. Die Pflicht zur Errichtung

237

Kritisch dazu YANAGA (2007) 1174 f., der bei Weglassung aller Bilanzvermerke die Gefahr sieht, dass die veröffentlichte Bilanz schwerverständlich werden könnte. 238 YANAGA (2007) 1175. 239 Einzelheiten dazu bei YANAGA (2007) 1178 ff.; EGASHIRA (2009) 452 (Aizawa). 240 Kaisha keisan kisoku, VO des Justizministeriums Nr. 13/2006 i.d.F. der VO Nr. 16/2013. 241 Dazu KAISER/MUSAHL (2011) Rn. 10 ff. 242 Ausführlich dazu YANAGA (2007) 1177 f. 243 Zum Begriff der Niederlassung siehe oben III.2.a.

B. Fremdenrecht im GesG

171

einer Niederlassung wurde vor dem Hintergrund der Zunahme des elektronischen Handels als nicht mehr zeitgemäß angesehen.244 3.

Rechtsfolge bei Nichtbeachtung

Bei Nichtbefolgung der Veröffentlichungspflicht kann nach Art. 976 Nr. 2 GesG ein Bußgeld von bis zu einer Million Yen245 gegen den Vertreter der Auslandsgesellschaft in Japan verhängt werden. In der Praxis geschieht dies jedoch selten, obwohl viele Auslandsgesellschaften der Pflicht nicht nachkommen. Zum einen finden es Unternehmen problematisch, ihre Unternehmensdaten allgemein zugänglich zu machen. Zum anderen ist die jährlich zu aktualisierende Veröffentlichung aufwändig.246 Auch bei japanischen Unternehmen werden die Veröffentlichungspflichten nicht besonders streng gehandhabt.247 V.

Scheinauslandsgesellschaften (Art. 821 GesG)

1.

Rechtslage vor Erlass des GesG

Das Alte HG, dessen gesellschaftsrechtlicher Teil von 1893 bis 1899 in Kraft war, enthielt noch keine Vorschrift zu Scheinauslandsgesellschaften. In Art. 258 des HG von 1899 wurde dann eine entsprechende Vorschrift eingefügt: „Eine Handelsgesellschaft, welche ihre Hauptniederlassung in Japan hat, oder deren Hauptzweck es ist, in Japan Handel zu treiben, muss, selbst wenn sie im Auslande errichtet wird, allen Vorschriften nachkommen, welche für eine in Japan errichtete Gesellschaft 248 gelten.“

Ihr Vorbild war das italienische Handelsgesetz von 1882.249 Den Gesetzesmotiven zufolge war es Zweck des Art. 258 HG a.F., die Umgehung japanischen Gesellschaftsrechts zu verhindern.250 244

OKUDA (2006a) 118 f.; KANDA (2012) 364. Umgerechnet ca. 7.060 Euro. 246 Auskunft von Rechtsanwältin Mie Fujimoto (Bingham McCutchen, Tokyo) in einem Interview am 4. Februar 2009 in Tokyo. 247 FÖRSTER (2003) 111. 248 Übers. aus LÖNHOLM (1899). Den Übergang zum Inkrafttreten des HG von 1899 regelte der Erlass Gaikoku kaisha no shiten oyobi gaikoku-jin ga setsuritsu shitaru kaisha narabi kumi’ai ni kansuru ken (Meiji 32-nen chokurei dai-272-gô) [Erlass betreffend die Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften und von Ausländern gegründete Gesellschaften oder Vereinigungen (Kaiserlicher Erlass Nr. 272/1899)], abgedruckt bei KAMEDA (1998) 157. 249 YAMADA (2004) 259; YAMADA (1903) 672. Art. 230 Abs. 4 Codice di commercio del regno d'Italia von 1882 lautet: „Le società costituite in paese estero, le quali hanno nel Regno la loro sede e l'oggetto principale della loro impresa, sono considerate come società nazionali e sono soggette, 245

172

Dritter Teil: Fremdenrecht

Im Jahr 1918 wendete der RGH251 die Vorschrift auf eine nach dem Recht des US-Bundesstaates Delaware gegründete Gesellschaft an. Die Gesellschaft hatte eine Niederlassung ins japanische Handelsregister eintragen lassen. Der RGH entschied in letzter Instanz, dass diese Eintragung zu löschen sei, da die Gesellschaft nicht entsprechend den Vorschriften des japanischen HG gegründet worden sei. Vielmehr sei Art. 258 HG a.F. auf die Gesellschaft anzuwenden, da sie hauptsächlich in Japan aktiv sei.252 Die Vorschrift wurde 1938 in Art. 482 HG a.F. übertragen und ihr grundlegender Inhalt beibehalten. Es wurde lediglich der Ausdruck „Handel zu treiben“ (shôgyô o itonamu) durch den allgemeineren Begriff „Geschäfte führen“ (eigyô o nasu) ersetzt. Dies entsprach der seit längerem vorherrschenden Meinung, dass man bei Anwendung des HG a.F. nicht mehr – wie ursprünglich vom Gesetzgeber vorgesehen – danach unterscheiden solle, ob eine Gesellschaft ein Handelsgeschäft oder ein anderes gewinnorientiertes Geschäft betrieb.253 Art. 482 HG a.F. sowie seine Vorgängervorschrift Art. 258 HG a.F. bestimmten als Rechtsfolge, dass auf Scheinauslandsgesellschaften „dieselben Vorschriften“ anzuwenden seien wie auf japanische Gesellschaften. In der italienischen Vorschrift, die als Vorbild gedient hatte, war eindeutig bestimmt, dass auch die nationalen Gründungsvorschriften für Gesellschaften von dieser Verweisung umfasst waren.254 Das japanische Gesetz hingegen spezifizierte nicht näher, welche Vorschriften als „dieselben Vorschriften“ anwendbar sein sollten. Die Frage, ob diese Verweisung auch die Gründungsvorschriften im japanischen HG umfasste, war umstritten. anche per la forma e validità del loro atto costitutivo, benché stipulato in paese estero, a tutte le disposizioni del presente codice.“ Die Vorschrift wurde 1942 in Art. 2505 des italienischen Zivilgesetzes (Codice Civile) und im Jahr 1995 (als kollisionsrechtliche Vorschrift) in Art. 25 Abs. 1 IPR-Gesetz übernommen. 250 Gesetzesmaterialien (abgedruckt in Shôhô shûsei-an ri’yû-sho [Gründe zum Änderungsentwurf des Handelsgesetzes], Tokyo 1898) 219 f. Dazu TAKAKUWA (2005) 271; YAMADA (1903) 672 f. Zur Erörterung des Problems der Entstehung von Scheinauslandsgesellschaften bei Anwendung der Gründungstheorie in der Gesetzgebungsdiskussion zum ZG siehe oben A.I.1. 251 RGH, Urteil vom 16. Dezember 1918, Minji Hanketsu-roku 24, 2326. 252 OKUDA (2006a) 121; ELLENBERGER (2004) 37 f. mit Übers. eines Teils des Urteils. 253 Dazu KAWAMOTO/KISHIDA/MORITA/KAWAGUCHI (2004) Rn. 50 und oben I.1. 254 Art. 230 Abs. 4 bestimmte: „[…] sono considerate come società nazionali e sono soggette, anche per la forma e validità del loro atto costitutivo, benché stipulato in paese estero, a tutte le disposizioni del presente codice“ ([…] werden als inländische Gesellschaften angesehen und werden auch hinsichtlich der Form und Wirksamkeit ihres Gründungsaktes, obgleich dieser im Ausland wirksam vorgenommen wurde, allen Bestimmungen dieses Gesetzes unterworfen“; Übers. d. Verf.).

B. Fremdenrecht im GesG

173

Teile der Literatur waren der Ansicht, Art. 482 HG a.F. verweise auch auf die japanischen Gründungsvorschriften, enthalte also für Scheinauslandsgesellschaften eine Pflicht zur Neugründung in Japan.255 Dieser Meinung folgten auch die Eintragungsbehörden und die japanischen Gerichte, die wie der RGH in der oben besprochenen Entscheidung256 die Eintragung solcher Scheinauslandsgesellschaften mit Hinweis auf die Gesetzwidrigkeit wegen fehlender Gründung nach japanischem Recht versagten.257 Eine Auslandsgesellschaft, auf die Art. 482 HG a.F. zutraf, wurde wie eine nichtrechtsfähige Vereinigung (kenri nôryoku naki shadan) japanischen Rechts behandelt.258 Im Ergebnis entspricht diese Rechtsfolge derjenigen bei Anwendung der modifizierten Sitztheorie in Deutschland.259 Die Gegner einer Gründungspflicht wiesen vor allem auf den Widerspruch zu Art. 36 ZG a.F. hin, der die Rechtsfähigkeit ausländischer Handelsgesellschaften ohne Ausnahme anerkannte.260 Gegenüber der völligen Negierung der Rechtspersönlichkeit sei eine weniger einschneidende Maßnahme vorzuziehen. Auch sei die Annahme einer Gründungspflicht für die japanischen Gläubiger einer Scheinauslandsgesellschaft eher nachteilig. Denn bis zur Neugründung nach japanischem Recht wäre die Scheinauslandsgesellschaft 255

ISHIGURO (1983) 264; ISHII (1972) 467; SANO (2001) 184; TANAKA (1994) 1375; YAMADA (1915) 895; YAMADA (1957) 52 (der jedoch später seine Meinung änderte, siehe Fn. 260). 256 RGH, Urteil vom 16. Dezember 1918, Minji Hanketsu-roku 24, 2326. 257 DG, Tokyo, Urteil vom 10. September 1918, Hôritsu Hyôron 7, Shôhô 580; DG Tokyo, Urteil vom 17. September 1927; DG Tokyo, Urteil vom 4. Juni 1954, Hanrei Taimuzu 40, 73. Dazu KAMEDA (1998) 34 f. (mit Abdruck von Auszügen aus den Entscheidungen auf S. 36 f.; Datum irrtümlich angegeben mit 7. September 1927) Zu den Entscheidungen von 1927 und 1954 MÜNZEL (1979) 550 f. Zur Entscheidung von 1954 ausführlich FUJITA (2012) 50 f. Die Eintragungsbehörde weist in Hômu-shô minji kô dai-972-gô minji kyokuchô tsûtatsu [Mitteilung Nr. 972 in Zivilsachen des Abteilungsleiters der Zivilabteilung des Justizministeriums], Mitteilung vom 6. Juli 1934 (abgedruckt bei KAMEDA (1998) 35) darauf hin, dass auch damals keine inhaltliche Prüfung stattfand (zur heutigen Lage siehe oben III.2.a.), sondern die Eintragung nur verweigert wurde, soweit aus den Eintragungstatsachen offensichtlich hervorging, dass eine Scheinauslandsgesellschaft eingetragen werden sollte. So zum Beispiel, wenn dies aus der Formulierung des Zwecks hervorging (Hômu-shô minji kô dai-1777-gô minji kyokuchô tsûtatsu [Mitteilung Nr. 1777 in Zivilsachen des Abteilungsleiters der Zivilabteilung des Justizministeriums], Mitteilung vom 2. Dezember 1933, abgedruckt bei KAMEDA (1998) 37 f.). Auch war es etwa nicht möglich, die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes einer nach französischem Recht gegründeten Gesellschaft von Frankreich nach Japan einzutragen, da sich die Gesellschaft nach japanischem Recht hätte neu gründen müssen (Antwort eines Behördenleiters vom August 1954, Tôki Kenkyû 81, 41). 258 YAMADA (1996) 100 f. 259 Siehe dazu oben Zweiter Teil, A.I.2.c.iii. 260 YAMADA (2004) 260 ff.; EGASHIRA (2005) 805; TAMEIKE (2005) 310.

174

Dritter Teil: Fremdenrecht

gesellschaftsrechtlichen Schutzvorschriften nicht unterworfen.261 Einhellige Meinung war jedenfalls, dass eine gesetzgeberische Klarstellung erforderlich sei.262 2.

Art. 821 GesG

a.

Gesetzgebungsdiskussion

Der Zwischenbericht zur Modernisierung des Gesellschaftsrechtes (Kaisha hôsei no gendai-ka ni kansuru yôkô shi’an) vom 22. Oktober 2003 enthielt zwei Vorschläge zur Lösung des soeben dargestellten Streits über die Auslegung von Art. 482 HG a.F.: zum einen die Klarstellung, dass die Verweisung auf „dieselben Vorschriften“ auch die Gründungsvorschriften umfasse (Vorschlag A), und zum anderen die vollkommene Abschaffung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften (Vorschlag B).263 Eine Verweisung unter Ausschluss der Gründungsvorschriften wurde nicht vorgeschlagen, da man der Ansicht war, dass der Umfang der Gründungsvorschriften nur schwer abzugrenzen sei.264 Erklärtes Ziel beider Vorschläge war es, den Anwendungsbereich der Vorschrift klarer zu umreißen und so die nötige Rechtssicherheit herzustellen, um den Einsatz moderner Finanzinstrumente, die die Gründung ausländischer Gesellschaften voraussetzten, zu erleichtern.265 Beide Vorschläge wurden jedoch verworfen. In den von Oktober bis Dezember 2003 eingeholten öffentlichen Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf und in der Literatur wurde die Streichung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften entsprechend Vorschlag B klar bevorzugt.266 Gegen Vorschlag A wurde vorgebracht, die Negierung der Rechtspersönlichkeit als Folge der ausdrücklichen Einbeziehung der Gründungsvorschriften in die Verweisung könne den Zweck der Vorschrift, den Rechtsverkehr in Japan zu schützen, nicht erfüllen. Denn für japanische 261

OKUDA (2006a) 121; YAMADA (2004) 260 ff.; EGASHIRA (2005) 805. Siehe zu ähnlichen Problemen bei Anwendung der Sitztheorie in Deutschland oben Zweiter Teil, A.I.2.c.iv. 262 OKUDA (2006a) 121 f. m.w.N. 263 Kaisha hôsei no gendai-ka ni kansuru yôkô shi'an [Diskussionsentwurf zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts], Shôji Hômu 1678 (2003) 34. Dazu auch OKUDA (2006a) 122; HAYAWAKA (2006) 235; EGASHIRA (2009) 453 f. (Aizawa). 264 HÔMU-SHÔ MINJI-KYOKU SANJIKAN-SHITSU [RAT FÜR ZIVILSACHEN DES JUSTIZMINISTERIUMS], Kaisha hôsei no gendai-ka ni kansuru yôkô shian hosoku setsumei [Erläuterungen zum Entwurf zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts], Shôji Hômu 1678 (2003) 36 ff., 97. Siehe auch OKUDA (2006a) 122 Fn. 33. 265 OKUDA (2006a) 122; HÔMU-SHÔ MINJI-KYOKU SANJIKAN-SHITSU (vorige Fn.) 97; zum Einsatz ausländischer Gesellschaftsformen im Bereich der Wagniskapitalfinanzierung siehe oben I.2. (am Ende). 266 AIZAWA U.A. (2004) 129. Für die Streichung spricht sich etwa HAYAKAWA (2004a) 117 ff. aus.

B. Fremdenrecht im GesG

175

Gläubiger sei es bei Durchsetzung ihrer Ansprüche eher schädlich, wenn der Schuldnergesellschaft die Rechtsfähigkeit abgesprochen werde.267 Auch sei in der Praxis problematisch, dass die Vorschrift für einige in Japan tätige Auslandsgesellschaften einschlägig sei.268 Die Streichung der Vorschrift entsprechend Vorschlag B wurde jedoch nicht in den endgültigen Entwurf der Unterkommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts übernommen.269 In der Unterkommission wurden angesichts der angedachten gesetzlichen Verankerung der Gründungstheorie im Zuge der parallel stattfindenden Reform des Internationalen Privatrechts Befürchtungen laut, dass durch die Streichung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften der Wettbewerb der Gesellschaftsrechtssysteme zu stark gefördert und dadurch der Schutz des Rechtsverkehrs in Japan zu schwach würde.270 Bei global agierenden Großunternehmen sei es nicht problematisch, wenn diese frei wählen könnten, nach welchem Recht sie sich gründeten – bei Unternehmen, die ausschließlich in Japan tätig seien, jedoch schon. Zwar bestünden rechtspolitische Probleme in Bezug auf die Regelung, sie zu streichen gehe aber zu weit.271 Die Bedenken gegen die Streichung der Vorschrift erklären sich zum Teil aus der Befürchtung, dass das Schutzniveau des Gesellschaftsrechts durch internationalen legislatorischen Wettbewerb sinken würde.272 Diese Gefahr ist in Japan jedoch gegenwärtig relativ gering, wenn man bedenkt, dass das materielle Gesellschaftsrecht über die letzten zwanzig Jahre sukzessive und 267 Siehe zu ähnlichen Problemen bei Anwendung der Sitztheorie in Deutschland Zweiter Teil, A.I.2.c.iv. 268 Überblick über die Diskussion bei OKUDA (2006a) 123. 269 Kaisha hôsei no gendai-ka ni kansuru yôkô, veröffentlicht unter . 270 Protokoll der 20. Sitzung (17. März 2004) der Unterkommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts in der Beratungskommission des Justizministeriums (Hôsei shingikai kaisha-hô (gendai-ka kankei) bukai), erhältlich unter . Zur Diskussion auch KANSAKU (2005) 143. Zur Reform des IPR siehe oben Erster Teil, A.III.2., sowie Zweiter Teil, B.II.3. zu den in der Unterabteilung der Gesetzgebungskommission zur Modernisierung des Internationalen Privatrechts geäußerten Bedenken über die Abschaffung der Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften. 271 In der Diskussion wurden Bedenken geäußert, dass mit der Löschung der Vorschrift möglicherweise „das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werde“ (tarai no mizu totomo ni akago o nagasu). Protokoll der 25. Sitzung (16. Juni 2004) der Unterkommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts in der Beratungskommission des Justizministeriums (Hôsei shingi-kai kaisha-hô (gendai-ka kankei) bukai), erhältlich unter . Zur Diskussion auch KANSAKU (2005) 143; AIZAWA (2005a) 11 Fn. 5. 272 Zu den möglichen Szenarien bei Streichung der Vorschrift HAYAKAWA (2006) 240 f.

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Dritter Teil: Fremdenrecht

insbesondere mit Erlass des GesG im Jahr 2005 stark liberalisiert wurde.273 Gesellschaftsgründer haben weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten, und das Mindestgrundkapitalerfordernis wurde abgeschafft.274 Es besteht also vergleichsweise wenig Anlass, das japanische Gesellschaftsrecht durch Gründung in einem anderen Staat zu umgehen. Auch wäre der japanische Gesetzgeber auf einen internationalen legislatorischen Wettbewerb bestens vorbereitet, da ihm die Auseinandersetzung mit anderen Rechtsordnungen vertraut ist. In den gegenwärtigen Reformen wird die lange und fruchtbare Tradition der Rechtsrezeption durch Entwicklung eigenständiger Lösungen auf der Grundlage umfangreicher rechtsvergleichender Vorstudien fortgesetzt.275 Bei näherem Hinsehen jedoch wäre die Streichung im Hinblick auf die legislatorische Dynamik brisant gewesen. Die bisherigen Reformen waren beinahe ausschließlich ministeriell initiiert. Ein legislatorischer Wettbewerb fand sozusagen nur zwischen den Ministerien – namentlich zwischen Justizund Wirtschaftsministerium – statt.276 Mit Streichung der Vorschrift wäre eine Situation geschaffen worden, die eine andere Impulsgebung ermöglicht hätte. Hätte sich der Gesetzgeber durch das Ausweichen von Gesellschaftsgründern auf andere Rechtsordnungen gezwungen gesehen, zur Verteidigung des eigenen Gesellschaftsrechts eine Reform zu lancieren, so wäre die Initiative zur Reform nicht mehr vom Ministerium ausgegangen, sondern von den Rechtsanwendern.277 Dies wäre nicht nur für Japan, wo die Ministerien traditionell den Gesetzgebungsprozess dominieren,278 sondern international eine bemerkenswerte Verschiebung der legislatorischen Dynamik gewesen, wie ein Blick auf Deutschland zeigt. Dort wurde diese Art des legislatorischen Wettbewerbs im Gesellschaftsrecht nur widerstrebend durch äußeren Druck und bisher auch nur für den relativ sicheren Bereich des EWR zugelassen.279 Mit der schließlich verabschiedeten Formulierung von Art. 821 GesG wurde hinsichtlich der Rechtsfolge ein Kompromiss gefunden:280 Die Rechtsfä273 Zu den Befürchtungen des japanischen Gesetzgebers im Ausgang des 19. Jahrhunderts, als das japanische Gesellschaftsrecht sehr restriktiv war, siehe das Eingangszitat in der Einleitung bei Fn. 1. 274 Siehe dazu Erster Teil, B.IV.2. 275 Zur Rezeption ausländischen Gesellschaftsrechts in Japan siehe Erster Teil, B.IV.1. und 2. Zur Eigenständigkeit des aus rechtsvergleichenden Studien entwickelten GesG DERNAUER (2005) 158. Allgemein zu den rechtsvergleichenden Vorarbeiten des japanischen Gesetzgebers BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 25 f. 276 Siehe dazu Erster Teil, B.IV.2. 277 Zum Wettbewerb der Gesellschaftsrechte als Verteidigungswettbewerb Erster Teil, Fn. 142. 278 Siehe dazu HASEGAWA (2002) 10 ff. 279 Siehe dazu Zweiter Teil, A.I.2.d. 280 Diskutiert in der 26. Sitzung (30. Juni 2004) der Unterkommission zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts in der Beratungskommission des Justizministeriums (Hôsei

B. Fremdenrecht im GesG

177

higkeit von Scheinauslandsgesellschaften bleibt zwar unangetastet und die Gesellschaft somit haft- und greifbar, jedoch haftet zusätzlich die jeweils für sie handelnde Person gesamtschuldnerisch mit der Gesellschaft. Die Tatbestandsvoraussetzungen hingegen sind im Grunde gleich geblieben. Wann eine Auslandsgesellschaft ihre Hauptniederlassung in Japan errichtet hatte oder ihr vorwiegender Zweck darin bestand, in Japan Geschäfte zu treiben,281 und sie damit Scheinauslandsgesellschaft war, wurde schon vor Erlass des GesG unterschiedlich beurteilt.282 Schon damals gab es Auslandsgesellschaften, auf die die Vorschrift hätte angewendet werden können. Jedoch war diese ungeklärte Rechtslage kaum Gegenstand der öffentlichen Diskussion, zumal die Vorschrift in der Praxis selten angewendet wurde und offen war, welche Rechtsfolgen die Anwendung nach sich ziehen würde.283 Als sich abzeichnete, dass die Rechtsfolge präzisiert werden würde, änderte sich die Einschätzung. Nach Verabschiedung des Gesetzesentwurfs im Unterhaus kamen Beschwerden von Wertpapierfirmen aus den USA und der EU.284 Dies führte im Rahmen der Diskussion des Gesetzentwurfs im Rechtsausschuss (Hômu i’in-kai) des Oberhauses des japanischen Parlaments zu einer heftigen Debatte über die Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen.285 Besondere Brisanz hatte die Kontroverse, weil je nach Auslegung des Art. 821 GesG (ebenso wie nach Art. 482 HG a.F.) mehr als 30 ausländische Wertpapierhäuser als Scheinauslandsgesellschaften hätten eingestuft werden können.286 Hintergrund dafür war das bis Anfang der 1990er Jahre streng gehandhabte Trennbankensystem Japans, das es Banken aus Ländern mit Universalbankensystem verbot, im japanischen Wertpapierhandel über direk-

shingi-kai kaisha-hô (gendai-ka kankei) bukai), Protokoll erhältlich unter . 281 Vgl. die Übers. der früheren Vorschrift bei KLIESOW/EISELE/BÄLZ (2002) 210. 282 Dazu KANSAKU (2005) 144 m.w.N. Teilweise wurde angenommen, dass eine Umgehungsabsicht erforderlich sei; teilweise jedoch allein anhand von objektiven Kriterien der Schwerpunkt der Unternehmensaktivitäten lokalisiert. 283 HAYAKAWA (2004a) 115 f.; KANSAKU (2005) 144. Zum Streit über die Rechtsfolgen oben 1. 284 Nikkei, 7. Juni 2005, 6. Siehe auch KANDA (2006b) 100; NISHIMURA TOKIWA HÔRITSU JIMU-SHO [ANWALTSBÜRO NISHIMURA UND PARTNER] (2006) 527. 285 Dai-162-kai kokkai sangi-in hômu i’in-kai kaigi-roku [Sitzungsprotokoll des Rechtsausschusses des Oberhauses in der 162. Sitzungsperiode], Sitzung Nr. 20 vom 19. Mai 2005, ; Sitzung Nr. 26 vom 28. Juni 2005, . Dazu FUJITA (2005) 62, der auf den bemerkenswert späten Zeitpunkt hinweist, zu dem diese Problematik erstmals öffentlich angesprochen wurde. 286 Aussage des Referenten der Regierung Katsuyasu Suzuki in der 20. Sitzung vom 19. Mai 2005, .

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Dritter Teil: Fremdenrecht

te Tochtergesellschaften tätig zu sein.287 Einige ausländische Großbanken gründeten Tochtergesellschaften außerhalb Japans, etwa in Hongkong, mit einer Zweigniederlassung in Japan mit dem einzigen Ziel, am japanischen Wertpapiermarkt tätig sein zu können.288 Damit fielen sie unter die Definition einer Scheinauslandsgesellschaft. Eine Änderung der Voraussetzungen oder eine Verschiebung des Inkrafttretens der Vorschrift wurde von Regierungsseite u.a. mit dem Hinweis abgelehnt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen ja nicht geändert worden seien und bisher auch keine Probleme bereitet hätten.289 Stellungnahmen von Seiten der Regierung sowie ein ergänzender Beschluss des Oberhauses sicherten schließlich eine extrem enge Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen zu und brachten so eine – kritisch zu beurteilende – Kompromisslösung. Die Vorschrift wurde daraufhin in unveränderter Form Gesetz. b.

Definition der Scheinauslandsgesellschaft

Art. 821 GesG ist auf jede Scheinauslandsgesellschaft (giji gaikoku kaisha)290 anwendbar, also auf jede Auslandsgesellschaft, „die ihren Hauptsitz in Japan errichtet oder deren hauptsächliches Ziel es ist, in Japan Geschäfte zu betreiben“. Gegenüber der in Art. 482 HG a.F. enthaltenen Fassung wurden diese Tatbestandsvoraussetzungen kaum verändert. Lediglich der in Art. 482 HG a.F. verwendete Ausdruck „Geschäfte führen“ (eigyô o nasu) wurde durch „Geschäfte betreiben“ (jigyô o okonau) ersetzt. Die Bedeutung änderte sich damit jedoch allenfalls minimal. Unter „Hauptsitz“ (honten) wird früher wie heute der tatsächliche Hauptsitz (jijitsu-jô no honten) verstanden.291

287

BAUM (1989) 10 f.; KANDA (2006b) 118 f.; OKUDA (2006a) 126 Fn. 46; SCHULTE (2009) 86 ff. Zur schrittweisen Reform des Trennbankensystems in den neunziger Jahren BAUM (1995) 111 ff. 288 BAUM (1989) 11; KANDA (2006b) 118; OKUDA (2006a) 126 Fn. 46. 289 Äußerungen der Justizministerin Chieko Noono und des Referenten der Regierung Itsurô Terada in der 22. Sitzung vom 9. Juni 2005, . Siehe auch die Äußerungen der Ministerin in der 26. Sitzung vom 28. Juni 2005, . 290 Es handelt sich dabei nicht um einen rechtstechnischen Begriff, jedoch um eine Bezeichnung, die sowohl in der Gesetzesüberschrift des Art. 821 GesG als auch in der Literatur zur Vorschrift sehr häufig verwendet wird. 291 RGH, Urteil vom 16. Dezember 1918, Minji Hanketsu-roku 24, 2326; DG Tokyo, Urteil vom 10. September 1918, Hôritsu Hyôron 7, Shôhô 580; DG Tokyo, 7. September 1927, Hôritsu Shinpô 142, 19; DG Tokyo, 4. Juni 1954, Hanrei Taimuzu 40, 73. Alle vier Urteile sind auszugsweise bei KAMEDA (1998) 36 ff. abgedruckt.

B. Fremdenrecht im GesG

i.

179

Stellungnahme der Justizministerin Chieko Noono

Die Justizministerin Chieko Noono gab während des Gesetzgebungsverfahrens in der Sitzung vom 28. Juni 2005 in Bezug auf die Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen folgende Stellungnahme ab: „Der Begriff ‚hauptsächliches Ziel, in Japan Geschäfte zu betreiben’ hat nicht die rein vergleichende Bedeutung, dass der Umfang der in Japan getätigten Geschäfte größer ist als derjenige der im Ausland vorgenommenen Geschäfte. Bezieht man den Gesetzeszweck, Umgehungen zu verbieten, mit ein, kann vielmehr auf die Bedeutung geschlossen werden, dass die Geschäfte in Japan der Kern und die notwendige Bedingung für das Bestehen dieser Gesellschaft sind. [...] In Bezug auf den Bedeutungsunterschied zwischen ‚ausschließlich‘ [moppara] und ‚hauptsächlich‘ [shutaru] denke ich auch, dass ‚hauptsächlich‘ [shutaru] und ‚ausschließlich‘ [moppara] tatsächlich, wie Sie hervorgehoben haben, im Japanischen nicht dieselbe Bedeutung haben. Jedoch gehören meiner Meinung nach in Wirklichkeit die meisten Auslandsgesellschaften, die auch im Ausland Geschäfte betreiben, nicht zu den Scheinauslandsgesellschaften, weil man zum Beispiel von einer Auslandsgesellschaft, die aufgrund ihres Geschäftsbetriebs im Ausland auch dann fortbestehen kann, wenn sie in Japan keine Geschäfte mehr betreibt, nicht sagen kann, dass es ihr hauptsächliches Ziel ist, in Japan Geschäfte zu betreiben, und wenn das Ziel besteht, ausschließlich in Japan Geschäfte zu betreiben, ist dies meiner Meinung nach offensichtlich das 292 hauptsächliche Ziel.“

Die damalige Justizministerin versuchte hier, den Ausdruck „hauptsächliches Ziel, in Japan Geschäfte zu betreiben“ statt durch eine quantitative Bewertung durch eine qualitative Einordnung der Geschäfte, insbesondere durch ihre Bedeutung für die Gesellschaft (notwendige Bedingung für das Bestehen dieser Gesellschaft), zu bestimmen. Die Feststellung der dieser Wertung zugrunde liegenden Tatsachen dürfte im Prozess äußerst schwierig sein. Auch entfernt sich die Auslegung durch die zwar streng genommen unverbindliche, faktisch jedoch einflussreiche Stellungnahme der Ministerin sehr weit vom Gesetzeswortlaut. Die Eingrenzung geht so weit, dass tatsächlich – wie sie selbst sagt – eigentlich nur Auslandsgesellschaften unter die Vorschrift fallen, deren ausschließliches Ziel es ist, in Japan Geschäfte zu betreiben. Eine entsprechende Änderung des Gesetzestexts wäre wünschenswert gewesen. ii.

Zusatzbeschluss des Oberhauses

Schließlich fasste das Oberhaus in seiner Sitzung vom 28. Juni 2005 einen Zusatzbeschluss, dessen Ziffern 15 und 16 auf das Problem der Definition von Scheinauslandsgesellschaften eingehen:

292 Übers. d. Verf. aus dem Protokoll Dai-162-kai kokkai sangi-in hômu i’in-kai kaigiroku [Sitzungsprotokoll des Rechtsausschusses des Oberhauses in der 162. Sitzungsperiode], Sitzung Nr. 26 vom 28. Juni 2005, . Dazu OKUDA (2006a) 124.

180

Dritter Teil: Fremdenrecht

„15. Eingedenk der Wichtigkeit der Rolle, die Investitionen durch Auslandsgesellschaften in Japan für die japanische Wirtschaft bisher erfüllt haben, und der Erwartung, dass diese Rolle auch künftig dauerhaft unverzichtbar sein wird, werden in Bezug auf die folgenden Punkte betreffend Art. 821 GesG angemessene Maßnahmen ergriffen, um dessen rechtliche Sicherheit zu gewährleisten: a. Es ist geplant, überall bekanntzumachen, dass der Artikel eine Vorschrift ist, die den Zweck hat, Umgehungen des japanischen Gesellschaftsrechtssystems durch Auslandsgesellschaften zu verbieten, und dass sie keinerlei schlechten Einfluss auf die bestehenden Auslandsgesellschaften und auf zukünftige Investitionen durch Auslandsgesellschaften in Japan haben wird. b. Es ist geplant, überall bekanntzumachen, dass der Artikel nicht den Zweck hat, die Gestalt des Unternehmens auf eine bestimmte Form einzugrenzen oder eine bestimmte Form zu fordern. 16. In Bezug auf Art. 821 GesG wird eine Revision geprüft, soweit dies auf Grundlage der Auswirkungen auf Auslandsgesellschaften nach Inkrafttreten dieses Gesetzes notwendig 293 ist.“

Genau genommen ist dies eine bloße rechtspolitische Absichtserklärung des Oberhauses. Sie ist zwar in der japanischen Rechtswirklichkeit bedeutsam – das eigentliche Problem der Auslegung des Art. 821 GesG wird damit jedoch nicht in Angriff genommen. iii.

Vom Justizministerium herausgegebene Erläuterungen

Diese von offizieller Seite angedeuteten Wertungen werden in einem Buch, das der Sekretariatsrat (Daijin Kanbô Sanji-kan) des Justizministeriums Tetsu Aizawa verfasst hat, weiter ausgeführt und ausdifferenziert: „Da der Ort der ‚Geschäfte’ in Art. 821 GesG nicht anhand des Sitzes der Betriebsstätte oder der Mitarbeiter festgelegt wird, sondern materiell unter Einbeziehung etwa des Sitzes der Kunden oder Lieferanten, des Geschäftsortes, der Form des Handels und des Ortes, wo das Kapital beschafft wird, führt die Auslandsgesellschaft etwa dann nicht nur in Japan, sondern auch im Ausland Geschäfte, wenn einer der folgenden Fälle zutrifft: 1. Die Auslandsgesellschaft verkauft ihre Handelsware zu hundert Prozent in Japan, bezieht aber viele Handelswaren von Lieferanten außerhalb Japans (einschließlich der mit der betreffenden Auslandsgesellschaften verbundenen Gesellschaften außerhalb Japans). 2. Die Auslandsgesellschaft bezieht ihre Handelsware zu hundert Prozent aus Japan, entfaltet aber auch außerhalb Japans Geschäftstätigkeit und verkauft Handelsware auf Bestellung von Kunden auch außerhalb Japans.

293 Übers. d. Verf. aus dem Protokoll Dai-162-kai kokkai sangi-in hômu i’in-kai kaigiroku [Sitzungsprotokoll des Rechtsausschusses des Oberhauses in der 162. Sitzungsperiode], Sitzung Nr. 26 vom 28. Juni 2005, . Dazu FUJITA (2005) 63; OKUDA (2006a) 124.

B. Fremdenrecht im GesG

181

3. Die Auslandsgesellschaft verkauft zwar ihre Handelsware zu hundert Prozent in Japan, beherrscht aber faktisch eine andere Gesellschaft, die außerhalb Japans Geschäfte führt, weshalb anzuerkennen ist, dass die betreffende Auslandsgesellschaft selbst außerhalb Japans Geschäfte führt. 4. Die Auslandsgesellschaft führt Ein- und Verkauf ihrer Handelsware zu hundert Prozent in Japan durch, zur Beschaffung ihres Betriebskapitals leiht sie aber z.B. außerhalb Japans Geld oder emittiert außerhalb Japans Anleihen. 5. Leitende Funktionsträger der Gesellschaft wohnen außerhalb Japans oder halten ihre 294 Versammlung außerhalb Japans ab.“

Weiter führt Aizawa aus: „Ferner kann man das Kriterium des ‚hauptsächlichen Zieles’, da es keine objektive, sondern eine subjektive Voraussetzung ist, nicht allein durch einen einfachen Vergleich des Umfangs der in Japan durchgeführten Geschäfte mit dem der außerhalb Japans getätigten Geschäfte bestimmen. Vielmehr kann man zum Beispiel, auch wenn einer der folgenden Fälle zutrifft, nicht sagen, dass es das hauptsächliche Ziel ist, in Japan Geschäfte zu betreiben: 1. Am Anfang standen die außerhalb Japans getätigten Geschäfte im Zentrum, später nahm der Umfang der Geschäfte in Japan zu, und gegenwärtig hat sich der größere Teil der Geschäfte nach Japan verlagert. 2. Gegenwärtig entfaltet die Auslandsgesellschaft nur in Japan Geschäftstätigkeit, sie plant aber für die Zukunft auch Geschäfte in anderen Ländern. 3. Die Auslandsgesellschaft wurde gegründet, um außer in Japan auch noch in einem anderen Land Geschäfte zu führen, die Geschäfte im anderen Land sind aber missglückt, 295 und gegenwärtig wird die Geschäftstätigkeit nur in Japan fortgeführt.“

Diese Auslegung gibt Kriterien an die Hand, welche die eher schwammige Auslegung der Justizministerin konkretisieren und dadurch einerseits die Rechtsanwendung erleichtern sollen.296 An der Erläuterung durch Beispiele wird jedoch andererseits besonders deutlich, dass eine sehr weit gehende Entfernung vom Gesetzeswortlaut beabsichtigt ist, die zudem teils auf subjektive, schwer zu beweisende Tatsachen gestützt werden soll. Letzteres bringt angesichts der Schwierigkeit, die Entscheidung im Einzelfall zu prognostizieren, für die Praxis eine erhebliche Unsicherheit mit sich und ist daher äußerst kritisch zu bewerten.297 Zwar bestehen, wie im Zweiten Teil erläutert, auch in Deutschland praktische Schwierigkeiten bei der Bestimmung des tatsächlichen Verwaltungssit-

294

Übers. d. Verf. aus AIZAWA (2005b) 241. Kritisch dazu OKUDA (2006a) 124 f. Übers. d. Verf. aus AIZAWA (2005b) 241 f. Kritisch dazu OKUDA (2006a) 125. 296 Zur Auslegung durch die Justizministerin siehe oben b.i. 297 So auch das Fazit von OKUDA (2006a) 126. Kritisch auch NISHIMURA TOKIWA HÔRITSU JIMU-SHO [ANWALTSBÜRO NISHIMURA UND PARTNER] (2006) 529. 295

182

Dritter Teil: Fremdenrecht

zes.298 Im Vergleich dazu ist die Anwendung der in Japan vorgegebenen Kriterien jedoch noch um einiges problematischer, da unberechenbarer. Hier zeigt sich der rechtspolitische Hintergrund der Vorschrift in der konkreten Gesetzesanwendung. Während Deutschland, wie auch Belgien und Frankreich, ein regelmäßig angewendetes Anknüpfungsmoment definieren, ist die japanische Regelung eine Ausnahmevorschrift zur Sanktionierung von Gesetzesumgehungen. Ihre Konkretisierung anhand subjektiver, schwer zu beweisender Tatsachen gibt dem Rechtsanwender die Möglichkeit, die Interessen des Einzelfalls mit einzubeziehen und etwa die ausländischen Wertpapierfirmen, die aufgrund des früher bestehenden Trennbankensystems als Scheinauslandsgesellschaften gegründet wurden, entgegen dem Wortlaut von der Vorschrift auszunehmen.299 c.

Dauerhaftes Handeltreiben, Handelndenhaftung

Art. 821 GesG bestimmt in Abs. 1, dass eine Auslandsgesellschaft, auf welche die eben ausgeführten Tatbestandsmerkmale zutreffen, in Japan nicht dauerhaft Handel treiben (torihiki o keizoku shite suru) darf. Tut sie dies dennoch, so haftet der für sie Handelnde für die daraus entstehenden Verbindlichkeiten nach Abs. 2 mit ihr gesamtschuldnerisch. In der Praxis wird diese Sanktion bei Zweckgesellschaften relevant, die zur Finanzierung von Großprojekten eingesetzt werden. In Japan ist es üblich, Auslandsgesellschaften (etwa gemeinnützige Trusts nach dem Recht der Cayman Islands) als Zweckgesellschaft einzusetzen, um im Falle einer Insolvenz des Projektträgers den Zugriff der Insolvenzgläubiger auf die Zweckgesellschaft zu verhindern.300 Fällt die Zweckgesellschaft (weil sie nicht auch im Ausland Kapital beschafft, Anleihen emittiert o.ä.301) unter die Definition einer Scheinauslandsgesellschaft, so ist entscheidend, ob sie durch ihre Aktivitäten in Japan „dauerhaft Handel treibt“. Dies wird in der vom Sekretariatsrat des Justizministeriums Tetsu Aizawa verfassten Erläuterung zum Gesetz verneint. Solange die Übertragung des Kapitals durch den Initiator des Projektes ein einmaliger Vorgang sei, sei ersichtlich kein „dauerhafter“ Handel erkennbar. Aber auch in Fällen, in denen der Zweckgesellschaft das Kapital schrittweise zugeführt wird, sie im Rahmen der Finanzierung auch Wechsel ausgibt o.ä., diene dies letztlich in der Regel der Erfüllung eines Rahmenver298

Siehe dazu Zweiter Teil, A.I.2.c.ii. Zur Problematik der Einordnung ausländischer Wertpapierfirmen als Scheinauslandsgesellschaften siehe oben a. 300 Zur Alternative, eine Auslandsgesellschaft als Muttergesellschaft einer nach dem Verbriefungsgesetz (Shisan no ryûdô-ka ni kansuru hôritsu, Gesetz Nr. 105/1998 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014) gegründeten japanischen Zweckgesellschaft (tokutei mokuteki kaisha) einzusetzen, KAISER (2011) Rn. 236 ff. 301 Dazu AIZAWA (2005b) 243. 299

B. Fremdenrecht im GesG

183

trages. Gebe es mehrere Investoren, so bestünde in der Regel ein Gruppenvertrag, der die einzelnen Rechtsverhältnisse bündele. Ein „dauerhafter“ Handel liege daher nicht vor.302 Diese Wertung ist zwar möglich, jedoch je nach Art der vertraglichen Regelung im Einzelfall nicht zwingend. Zudem kann dem Handelnden nach Art. 979 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 GesG ein Bußgeld auferlegt werden. Die Höhe des Bußgeldes soll gemäß Art. 979 Abs. 1 GesG dem Betrag der Gebühren für Registrierung und Genehmigung bei Gründung (setsuritsu no tôroku menkyo-zei) entsprechen. Da hier die Gründung einer japanischen Gesellschaft umgangen wurde,303 ist anzunehmen, dass ein Bußgeld in Höhe der Gebühren für die Eintragung einer japanischen Gesellschaft erhoben wird. Der Betrag ist anhand Tabelle 1, Punkt 24.1. zum Gesetz über die Gebühren für Eintragungen und Zulassungen zu bestimmen. VI.

Möglichkeit gerichtlicher Anordnungen (Artt. 822, 827 GesG)

1. Verbot des dauerhaften Handels oder Anordnung der Schließung der Niederlassung (Art. 827 GesG) Nach Art. 827 Abs. 1 GesG (Art. 484 HG a.F.) kann das japanische Gericht auf Antrag des Justizministers oder von Personen, die (wie Aktionäre, Gesellschafter oder Gläubiger) ein Interesse haben, verbieten, dass die Auslandsgesellschaft in Japan dauerhaft Handel treibt, oder die Schließung der Niederlassung anordnen. a.

Gründe für das Verbot bzw. die Anordnung

Gründe für eine solche gerichtliche Entscheidung sind Geschäfte der Auslandsgesellschaft mit illegalem Zweck (Nr. 1), die einjährige Inaktivität ohne ausreichenden Grund (Nr. 2), die Einstellung der Zahlungen durch die Auslandsgesellschaft ohne ausreichenden Grund (Nr. 3) und die wiederholte Überschreitung der Befugnisse der Auslandsgesellschaft oder der Strafgesetze durch einen Vertreter oder Geschäftsführer der Auslandsgesellschaft in Japan (Nr. 4). In der Praxis wird eine solche Entscheidung allerdings äußerst selten erlassen.304

302

AIZAWA (2005b) 243 f. Dazu auch NAGASHIMA ÔNO TSUNEMATSU HÔRITSU JIMUSHO [ANWALTSBÜRO NAGASHIMA, ÔNO & TSUNEMATSU] (2010) 776 ff. 303 Im Unterschied zur Sanktion bei Verstoß gegen die Pflicht zur Eintragung einer Auslandsgesellschaft. Siehe dazu oben III.1. 304 Auskunft von Rechtsanwältin Mie Fujimoto (Bingham McCutchen, Tokyo) in einem Interview am 4. Februar 2009 in Tokyo.

184

Dritter Teil: Fremdenrecht

b. Sicherungsmaßnahmen (Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Artt. 824 Abs. 2 bis 4, 825 f. GesG) Um die Beteiligten bis zum Abschluss des Verfahrens in ihren Rechten abzusichern, können gemäß Art. 827 Abs. 2 GesG Sicherungsmaßnahmen erlassen werden. Zum einen kann dem Antragsteller auf Antrag der Gesellschaft aufgegeben werden, eine Sicherheit zu leisten, wenn die Auslandsgesellschaft nachweist, dass er bei Antragstellung bösgläubig war (Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Art. 824 Abs. 2 bis 4 GesG). Zum anderen kann auf Antrag oder von Amts wegen ein Verwalter für das Vermögen der Auslandsgesellschaft eingesetzt oder eine andere Sicherungsmaßnahme angeordnet werden (Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Art. 825 GesG).305 Behörden und Staatsbedienstete sind verpflichtet, dem Justizminister Mitteilung zu machen, wenn sie von Umständen Kenntnis erlangen, die solche Sicherungsmaßnahmen nach Art. 824 Abs. 2 bis 4 oder Art. 825 GesG erforderlich machen (Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Art. 826 GesG). Gegen die Anordnung einer solchen Sicherungsmaßnahme steht Personen, die ein Interesse haben, gemäß Art. 872 Nr. 1 GesG die sofortige Beschwerde zu.306 Die Kostentragung ist in Art. 905 GesG geregelt. c.

Verfahren bei der Entscheidung nach Art. 827 Abs. 1 GesG

Zuständig für die Entscheidung nach Art. 827 Abs. 1 GesG ist nach Art. 868 Abs. 4 GesG das DG an der Niederlassung der Auslandsgesellschaft oder – soweit keine Niederlassung in Japan besteht – am Wohnsitz des Vertreters in Japan. Vor der Entscheidung ist die Auslandsgesellschaft nach Art. 870 Nr. 14 GesG anzuhören. Gemäß Art. 904 GesG ist der Justizminister am Verfahren zu beteiligen. Der Auslandsgesellschaft steht gegen das Verbot des dauerhaften Handels bzw. gegen die Anordnung der Schließung der Niederlassung gemäß Art. 872 Nr. 4 i.V.m. Art. 870 Nr. 14 GesG die sofortige Beschwerde zu. Gegen einen Vertreter oder Geschäftsführer der Auslandsgesell305

Die Einzelheiten der Bestellung ergeben sich aus Art. 825 GesG. Nach Art. 870 Nr. 2 GesG ist sowohl die Auslandsgesellschaft als auch der Verwalter anzuhören, wenn das Gericht gemäß Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Art. 825 Abs. 4 GesG die Höhe seiner Vergütung bestimmt. Diesen Personen und dem Antragsteller steht auch nach Art. 872 Nr. 4 i.V.m. Art. 870 Nr. 2 GesG gegen die Bestimmung der Höhe der Vergütung die sofortige Beschwerde zu. Hat der Verwalter gemäß Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Art. 825 Abs. 6 GesG über die Vermögenslage zu berichten oder Rechenschaft abzulegen, so können der Justizminister und Personen, die ein Interesse haben, nach Art. 906 GesG Einsicht in die betreffenden Unterlagen nehmen. 306 Nach Art. 874 Nr. 2, 3 GesG kann jedoch gegen die Ernennung und Entlassung des Verwalters gemäß Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Art. 825 Abs. 2 [Anm. d. Verf.: wohl im Gesetzestext zu ergänzen: und Abs. 3] GesG und gegen die Anordnung nach Art. 827 Abs. 2 i.V.m. Art. 825 Abs. 6 GesG, dass der Verwalter zu berichten und Rechenschaft abzulegen hat, keine Beschwerde eingelegt werden.

B. Fremdenrecht im GesG

185

schaft, der einem Verbot oder einer Anordnung der Schließung nach Art. 827 Abs. 1 GesG zuwider handelt, kann nach Art. 976 Nr. 34 GesG ein Bußgeld von bis zu einer Million Yen307 auferlegt werden. Sobald die nach Art. 827 Abs. 1 GesG getroffene Gerichtsentscheidung unangreifbar geworden ist, muss sie gemäß Art. 937 Abs. 2 GesG auf Betreiben des Gerichts unverzüglich ins Handelsregister eingetragen werden. Bei Auslandsgesellschaften ohne Niederlassung in Japan ist die Eintragung am Wohnsitz des Vertreters in Japan vorzunehmen, bei Auslandsgesellschaft mit Niederlassung in Japan an der Niederlassung. 2.

Liquidation von in Japan belegenem Vermögen (Art. 822 GesG)

Nach Art. 822 Abs. 1 GesG kann das Gericht die Liquidation des Vermögens der Auslandsgesellschaft bestimmen, wenn eine Anordnung nach Art. 827 GesG ergangen ist (Nr. 1) oder die Gesellschaft aufgehört hat, in Japan dauerhaft Handel zu treiben (Nr. 2).308 Zuständig ist nach Art. 868 Abs. 4 GesG das DG der Niederlassung oder – soweit in Japan keine Niederlassung besteht – des Wohnsitzes des Vertreters der Gesellschaft in Japan. Zur Durchführung der Liquidiation bestellt das Gericht gemäß Art. 822 Abs. 2 GesG einen Liquidator. Im Übrigen bestimmt Art. 822 Abs. 3 GesG, nach welchen Normen sich die Durchführung der Liquidation für das in Japan belegene Vermögen richtet.309 Die Eröffnung der Liquidation sowie die während des Verfahrens gerichtlich angeordneten Maßnahmen sind nach Art. 938 Abs. 6 i.V.m. Abs. 1 bis 5 GesG ins Handelsregister einzutragen.

307

Umgerechnet ca. 7.060 Euro. Früher Art. 485 Abs. 1, 3 i.V.m. Art. 484 Abs. 1 HG a.F. 309 Danach sind Art. 476, Buch II Kapitel 9 Teil 1 Abschnitt 2 (Artt. 477 bis 491 GesG), Art. 492, Buch II Kapitel 9 Teil 1 Abschnitt 4 (Artt. 499 bis 503 GesG), Art. 508 sowie Buch II Kapitel 9 Teil 2 (Artt. 510 bis 574 GesG; dazu im Überblick KROHE (2011) Rn. 38), ausgenommen Art. 510, 511 und 514 GesG, entsprechend anzuwenden. Dabei sind gemäß Art. 216 DurchführungsVO zum GesG auch die Art. 140, Artt. 142 bis 145 und Buch II Kapitel VIII Teil 2 (Artt. 152 bis 158 DurchführungsVO zum GesG) der DurchführungsVO zum GesG zu beachten (ausführlich dazu YANAGA (2007) 1180 f.). Ferner sind gemäß Art. 903 GesG die Artt. 879 bis 902 GesG entsprechend anwendbar. 308

186

Dritter Teil: Fremdenrecht

C. Spezialgesetzliches Fremdenrecht C. Spezialgesetzliches Fremdenrecht

Neben dem soeben untersuchten, auf alle Auslandsgesellschaften anwendbaren Fremdenrecht kommt in Japan (wie in Deutschland310) in bestimmten Wirtschaftsbereichen spezialgesetzliches Fremdenrecht zur Anwendung.311 Entsprechend der Schutzrichtung der fremdenrechtlichen Vorschriften weicht die Bestimmung, wann die Gesellschaft ausländisch ist, in der Regel von der Definition der Auslandsgesellschaft im GesG ab.312 So enthält beispielsweise Art. 17 Bergbaugesetz313 folgende Regelung: „Personen, die nicht japanische Staatsangehörige oder japanische juristische Personen sind, können kein Bergbaurecht innehaben. Dies gilt jedoch nicht, soweit in Staatsverträgen 314 andere Bestimmungen bestehen.“

Eine Bestimmung dazu, wann eine Gesellschaft nicht mehr eine „japanische juristische Person“ (Nihon-koku hôjin) und damit eine ausländische juristische Person ist, besteht nicht.315 Wäre hier wie bei der Auslandsgesellschaft i.S.d. Art. 2 Nr. 2 GesG für die Bestimmung der Ausländereigenschaft allein das Merkmal der Gründung nach japanischem Recht ausschlaggebend, so könnte die fremdenrechtliche Begrenzung dadurch umgangen werden, dass ausländische natürliche Personen, denen Art. 17 Bergbaugesetz gerade kein Bergbaurecht zugesteht, eine Gesellschaft nach japanischem Recht gründen.316 Ausschlaggebend ist daher vielmehr die Nationalität der Gesellschafter bzw. die Herkunft des Kapitals.317 Entsprechende gesetzliche Definitionen, die auf die Nationalität der Gesellschafter abstellen, sind etwa in Art. 4

310 Siehe dazu MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 924. 311 Siehe die Übersicht bei ELLENBERGER (2004) 70 ff.; TATSUTA (1985) 277 ff.; YAMADA (2004) 253 Fn. 1. 312 Zur Definition im GesG siehe oben B.I.2. Auch im deutschen Recht bestehen für die Bestimmung der Inländer- oder Ausländereigenschaft verschiedene Kriterien, vgl. STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 964 f.; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 916 f. 313 Kôgyô-hô, Gesetz Nr. 289/1950 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014. 314 Übers. d. Verf. 315 TAMEIKE (2005) 312. 316 TAKAKUWA (2005) 281; TAMEIKE (2005) 303. 317 TAKAKUWA (2005) 281. Im Einzelnen ist streitig, wie eng die Grenzen in der Praxis zu ziehen sind, da einerseits Handelsbarrieren abgebaut werden sollen, andererseits aber das Fördern wichtiger Ressourcen geschützt werden soll. Vgl. die Äußerung von Wirtschaftsminister Banri Kai’eda im Parlamentsausschuss des Unterhauses für Wirtschaft und Industrie (Keizai sangyô i’in-kai), 9. Sitzung vom 13. Mai 2011, Protokoll online unter .

C. Spezialgesetzliches Fremdenrecht

187

Abs. 1 Nr. 4 Luftverkehrsgesetz318 und in Art. 5 Gesetz über die Funkwellen319 enthalten.320 Von besonderer praktischer Relevanz für ausländische Unternehmen sind die Vorschriften des Devisen- und Außenhandelsgesetzes (im Folgenden DAHG).321 Gemäß Art. 26 DAHG sind nach ausländischem Recht gegründete juristische Personen, die in Japan keine Hauptniederlassung haben, sowie japanische Unternehmen, an denen solche juristischen Personen mehr als 50 % der Anteile besitzen, ausländische Investoren, soweit sie die in Art. 26 Abs. 2 DAHG aufgeführten ausländischen Direktinvestitionen, wie den Erwerb von Anteilen an einer japanischen Gesellschaft oder die Errichtung einer Zweigniederlassung, vornehmen.322 Sie haben dann in der Regel über die Bank von Japan bei der zuständigen Behörde einen nachträglichen Bericht einzureichen. In bestimmten Industriezweigen ist auch eine vorherige Anzeige erforderlich.323 318

Kôkû-hô, Gesetz Nr. 231/1952 i.d.F. des Gesetzes Nr. 70/2014. Art. 4 lautet (Übers. d. Verf.): „(1) Ein Flugzeug, das im Eigentum einer Person steht, die unter eine der folgenden Nummern fällt, kann nicht zugelassen werden: 1. eine Person, die nicht die japanische Staatsangehörigkeit besitzt; 2. ein ausländischer Staat oder eine öffentliche Körperschaft oder eine dem entsprechende Vereinigung des Auslands; 3. eine juristische Person oder andere Vereinigung, die nach ausländischem Recht gegründet wurde; 4. eine juristische Person, deren Vertreter eine der in den vorigen Nummern angeführten Personen ist oder bei der mehr als ein Drittel der Funktionsträger solche Personen sind oder bei der mehr als ein Drittel der Stimmrechte von solchen Personen gehalten werden. [...]“ 319 Denpa-hô, Gesetz Nr. 131/1950 i.d.F. des Gesetzes Nr. 96/2014. Art. 5 lautet (Übers. d. Verf.): „(1) Den Personen, die unter eine der folgenden Nummern fallen, wird keine Genehmigung für eine Sendestation erteilt: 1. einer Person, die nicht die japanische Staatsangehörigkeit besitzt; 2. einer ausländischen Regierung oder ihrem Vertreter; 3. einer ausländischen juristischen Person oder Vereinigung; 4. einer juristischen Person oder Vereinigung, deren Vertreter eine der in den vorigen Nummern angeführten Personen ist oder bei der mehr als ein Drittel der Funktionsträger solche Personen sind oder bei der mehr als ein Drittel der Stimmrechte von solchen Personen gehalten werden. [...].“ 320 Zu diesen und weiteren Vorschriften TAKAKUWA (2005) 281; TAMEIKE (2005) 311 f.; YAMADA (2004) 253 f. 321 Gaikoku kawase oyobi gaikoku bô’eki-hô, Gesetz Nr. 228/1949 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014. 322 Ausführlich dazu WESTHOFF (2011) Rn. 195 ff. 323 WESTHOFF (2011) Rn. 201 ff.

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Dritter Teil: Fremdenrecht

D. Resümee: Angemessenheit des japanischen Fremdenrechts D. Resümee: Angemessenheit des Fremdenrechts

Die fremdenrechtlichen Vorschriften zur Eintragung und Veröffentlichung dienen der Transparenz und ermöglichen es den Teilnehmern am Rechtsverkehr, sich über den Aufbau und die verantwortlichen Personen sowie über die wirtschaftliche Situation einer Gesellschaft zu informieren. Sie sind daher sehr zu befürworten. Anzumerken ist lediglich, dass die Veröffentlichungspflichten in der Praxis nicht durchgesetzt werden und daher in ihrer Wirkung beschränkt sind. Zentrale Kritikpunkte bestehen im Hinblick auf die Anerkennungsvorschrift des Art. 35 ZG und die Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften in Art. 821 GesG. Beide waren in den letzten Jahren Gegenstand von Reformen. Es gab also Gelegenheit, Sinn und Inhalt der Regelungen kritisch zu überprüfen. Diese wurde jedoch nur teilweise und nicht konsequent genutzt. Die Regelung des Art. 35 ZG, nach der ausländische juristische Personen nur selektiv anzuerkennen sind, ist nicht zeitgemäß. Seit Erlass des ZG hat sich zum einen das organisationsrechtliche Verständnis der juristischen Person sehr stark verändert. Die staatliche Mitwirkung steht bei der Entstehung juristischer Personen nicht mehr im Vordergrund. Den dogmatischen Auswirkungen der so veränderten Umstände auf das Verständnis der Anerkennung kann man, schon weil nach dem Wortlaut des Art. 35 ZG die Nichtanerkennung der Grundsatz ist, nicht durch eine reine Uminterpretation der Vorschrift gerecht werden. Vor allem aber ist die Vorschrift angesichts der globalisierten Wirtschaft gerade im Hinblick auf die Probleme bei der Anerkennung nichtwirtschaftlicher juristischer Personen rechtspolitisch verfehlt. Zu Recht wird daher gefordert, dass alle juristischen Personen umfassend anerkannt werden sollten. Leider wurde dies jedoch bei der Reform des ZG im Jahr 2006 nicht mit einbezogen, sie beschränkte sich bei Art. 35 ZG auf formale Änderungen. Die Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften wurde zwar weiter gehend auch inhaltlich geändert, jedoch im Ergebnis nicht konsequent erneuert. Die in den öffentlichen Anhörungen während des Gesetzgebungsprozesses befürwortete Streichung der Vorschrift wäre eine bemerkenswerte Neuerung gewesen, da sie einen internationalen legislatorischen Wettbewerb ermöglicht hätte. Zwar bestand die Befürchtung, dass dies zu einem Absinken des Schutzniveaus des Gesellschaftsrechts geführt hätte. Da das materielle Gesellschaftsrecht jedoch bereits mit Erlass des GesG stark liberalisiert wurde, war diese Gefahr tatsächlich vergleichsweise gering. Auch besteht in Japan eine lange und fruchtbare Tradition der Entwicklung eigenständiger Regelungen auf der Grundlage umfangreicher rechtsvergleichender Vorstudien. Der japanische Gesetzgeber wäre also auf einen internationalen legislatorischen Wettbewerb bestens vorbereitet gewesen.

D. Resümee: Angemessenheit des Fremdenrechts

189

Mit Blick auf die legislatorische Dynamik wäre die Streichung allerdings brisant gewesen. Die bisherigen Reformen, in denen das Gesellschaftsrecht kontinuierlich liberalisiert wurde, waren fast ausschließlich ministeriell initiiert. Ein legislatorischer Wettbewerb fand sozusagen nur zwischen den Ministerien statt. Die Streichung der Vorschrift hätte bedeutet, dass der Impuls für Reformen von anderer Seite hätte gegeben werden können. Wäre nämlich der Gesetzgeber durch das Ausweichen von Gesellschaftsgründern auf andere Rechtsordnungen veranlasst worden, zur Verteidigung des eigenen Gesellschaftsrechts eine Reform zu lancieren, so wäre die Initiative zur Reform nicht mehr vom Ministerium ausgegangen, sondern von den Rechtsanwendern. Dies wäre auch international gesehen eine ungewöhnliche Verschiebung der legislatorischen Dynamik gewesen, wie ein Vergleich zu Deutschland zeigt. Dort wurde diese Art des legislatorischen Wettbewerbs nur widerstrebend auf äußeren Druck hin und bisher auch nur für den relativ sicheren Raum des EWR zugelassen. Mit Art. 821 GesG wurde schließlich ein Kompromiss im Gesetz verankert. Die vorherige Rechtsfolge, dass auf Scheinauslandsgesellschaften „dieselben Vorschriften“ anzuwenden seien wie auf japanische Gesellschaften, wurde durch eine Handelndenhaftung ersetzt. Damit wurde ein wesentlicher Streitpunkt beseitigt. Jedoch veröffentlichte die Justizministerin als Auslegungshilfe für die äußerst umstrittene Frage, welche Gesellschaften nach Art. 821 GesG als Scheinauslandsgesellschaften zu qualifizieren sind, eine Stellungnahme, deren Inhalt sich sehr weit vom Wortlaut des Gesetzes entfernt und die teils auf subjektiven, schwer zu beweisenden Kriterien beruht. Dies bringt für die Praxis aufgrund der Schwierigkeit, die Entscheidung im Einzelfall zu prognostizieren, eine erhebliche Unsicherheit mit sich und ist daher äußerst kritisch zu bewerten.

Vierter Teil

Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts A. Allgemeines A. Allgemeines

Wie die in Deutschland herrschende „Lehre vom gesellschaftsrechtlichen Einheitsstatut“1 unterstellt auch die herrschende Meinung in Japan gesellschaftsrechtliche Beziehungen grundsätzlich einem einheitlichen Statut.2 So sahen auch die oben vorgestellten Gesetzesentwürfe zum Gesellschaftskollisionsrecht in beiden Ländern einen umfassenden Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts vor.3 Dem Gesellschaftsstatut unterliegen demnach alle Angelegenheiten, die sich von der Gründung über die Teilnahme am Rechtsverkehr bis hin zum Erlöschen der Gesellschaft ergeben. Eine Mindermeinung spricht sich allerdings dafür aus, die Außenbeziehungen der Gesellschaft zum Schutz des Rechtsverkehrs grundsätzlich dem Wirkungsstatut zu unterstellen.4 Jedoch ist diese Meinung abzulehnen, da sie das Gesellschaftsstatut zu sehr einschränkt und einzelne Regelungsbereiche pauschal aus dem gesellschaftsrechtlichen Funktionszuammenhang löst. Dies führt regelmäßig zu Anpassungsproblemen.5 In Bezug auf die Innenbeziehungen der Gesellschaft hingegen wird die Anwendung des Gesellschaftsstatuts wie in Deutschland auch in Japan kaum in Frage gestellt. Vereinzelt wird in der neueren Literatur in Auseinandersetzung mit US-amerikanischem Schrifttum die grundsätzliche Trennung zwi-

1

MÜNCHKOMM GMBHG/Weller (2010) Einleitung Rn. 388; vertreten von PALANDTThorn (2013) Anh zu Art. 12 EGBGB Rn. 2; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 16 f.; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 543 f.; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 261 (Spahlinger/Wegen); GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 570 (Assmann); ROWEDDER/SCHMIDT-LEITHOFF (2013) Einl. Rn. 373 (Schmidt-Leithoff); MÜNCH. HDB. GESR VI/Thölke (2013) § 1 Rn. 6; in der neueren Rechtsprechung BGH, Beschluss vom 30. März 2000, BB 2000, 1106, 1107 (Vorlagebeschluss zu Überseering); OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Dezember 1994, WM 1995, 808, 810. 2 NISHITANI (2011) Rn. 41; YAMADA (2004) 232; SANO (2001) 181; EGAWA (1996) 98 f.; TAMEIKE (2005) 298; SAKURADA (2006) 164; JUNKO (2007) 611. 3 Dazu oben Zweiter Teil, II.2.a. 4 ISHIGURO (1983) 268. 5 So für Deutschland MÜNCHKOMM GmbHG/Weller (2010) Einleitung Rn. 388.

A. Allgemeines

191

schen der Anknüpfung einer Organisation und der von Verträgen hinterfragt.6 Heute sei die wesensmäßige Unterscheidung zwischen dem Verhältnis der Gesellschafter untereinander bzw. der Gesellschafter zu den Organen und dem Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten nicht mehr so deutlich zu treffen wie früher. Die einheitliche gesellschaftsrechtliche Anknüpfung des Innenverhältnisses der Gesellschaft sei daher erneut zu prüfen und gegebenenfalls neu zu begründen.7 Bisher hat dies jedoch nicht zu einer breiteren Grundsatzdiskussion geführt. Beim Vergleich der japanischen mit der deutschen Diskussion über den Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts sind die unterschiedlichen Ausgangslagen zu beachten, die auch den Verlauf der jüngsten Kodifikationsversuche beeinflusst haben.8 In Deutschland ist das Interesse an der Auseinandersetzung mit den komplexen Fragen des Internationalen Gesellschaftsrechts infolge der Rechtsprechung des EuGH sprunghaft angestiegen. Die Diskussion erstreckt sich auch auf die Bestimmung des Anwendungsbereichs – gerade im Hinblick auf Rechtsbereiche, die möglicherweise von der Anwendung des Gründungsrechts ausgenommen werden können. In Japan dagegen herrscht die Gründungstheorie seit Jahrzehnten, und es bestehen fremdenrechtliche Regelungen zum Schutz vor Scheinauslandsgesellschaften. Diese Kontinuität, die traditionell geringe Rechtsprechungsdichte sowie die Tatsache, dass sich der japanische Markt erst nach und nach für ausländische Gesellschaften öffnet, haben dazu geführt, dass in Japan die im Folgenden dargestellte Abgrenzung des gesellschaftsrechtlichen Anwendungsbereichs zu anderen Materien in Teilen bisher nicht in dem Maße diskutiert wurde wie in Deutschland. Insofern ist zu begrüßen, dass die von der Reformkommission bei der Schaffung des RAG vorgeschlagene abschließende Aufzählung der zum Gesellschaftsstatut gehörenden Materien nicht Gesetz wurde, da nun Raum für die weitere Diskussion bleibt.9 6

FUJITA (2000) 9 mit Verweis auf RIBSTEIN (1992–1993) 269 ff. FUJITA (2000) 9 f. Zu den dogmatischen Hintergründen FUJITA (1998) 133 ff. 8 Dazu oben das Resümee zum Zweiten Teil unter C. 9 Zu diesem Regelungsvorschlag oben Zweiter Teil, B.II.2.a. Einige Einzelfragen werden im Folgenden nicht behandelt, da die japanische Literatur sie nicht (in ausreichendem Maße) behandelt. Dies gilt etwa für die Anknüpfung gesellschaftsrechtlicher Formvorschriften oder den Namen der Gesellschaft. Die Verf. sprach diese und weitere Fragen in einem Vortrag am 24. Februar 2009 an der Universität Tokyo an, den sie auf Einladung von Professor Tomotaka Fujita im Rahmen des Global Center of Excellence Program halten durfte. In der anschließenden Diskussion, an der u.a. die Professoren Tomotaka Fujita, Hideki Kanda, Hiroyuki Kansaku, Kenichi Osugi und Yoshihisa Hayakawa teilnahmen, wurde vorgebracht, die Anknüpfung von Formvorschriften richte sich möglicherweise nach der Natur der Sache (jôri). Jedenfalls sei Art. 10 Abs. 2 RAG nicht auf diesen Fall zugeschnitten. Auf den Namen der Gesellschaft sei grundsätzlich das Gesellschaftsstatut anzuwenden. Offen sei aber, ob etwa die Artt. 6 bis 8 GesG zwingenden Charakter hätten, also auch auf Auslandsgesellschaften anzuwenden seien. 7

192

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

B. Einzelfragen B. Einzelfragen

I.

Gründung

1.

Vorbereitende Rechtshandlungen, Gründungsvorvertrag

Die deutsche herrschende Meinung wendet auf einen Gründungsvorvertrag das Vertrags-, nicht das Gesellschaftsstatut an, da in diesem Stadium ausschließlich Rechte und Pflichten inter partes zu beurteilen sind und ein Handeln als Gesellschaft noch nicht deutlich genug erkennbar ist.10 Auch die japanische Literatur unterstellt den Gründungsvorvertrag (setsuritsu no yoyaku) mit Verweis auf die deutsche Literatur dem Vertragsstatut,11 also nach Art. 7 RAG dem von den Parteien gewählten Recht, subsidiär nach Art. 8 RAG dem Recht des Ortes, der die engste Beziehung zu dem betreffenden Rechtsgeschäft aufweist.12 Häufig wird hier eine konkludente Wahl des Statuts der zukünftigen Gesellschaft anzunehmen sein.13 Auch auf andere gemeinschaftliche Vorbereitungshandlungen der Gründer wird das Vertragsstatut angewendet, soweit sie nicht als Teil des Gründungsaktes (setsuritsu kôi) eine eigenständige Organisation schaffen – dann kommt das Gesellschaftsstatut zur Anwendung.14 Nach einem kritisch zu beurteilenden Urteil des Obersten Gerichtshofs gehört die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Rechte und Pflichten aus einem vor der Gründung zur Vorbereitung der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft geschlossenen Vertrag nach der Gründung auf die Gesellschaft übergehen, nicht zur Gründung, sondern zur Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft.15

10 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 547 m.w.N.; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 257; PALANDT-Thorn (2013) Anh. zu Art. 12 EGBGB Rn. 10 (ohne Begründung); FERRARI/KIENINGER/MANKOWSKI U.A. (2012) VO (EG) 593/2008 Art. 1 Rn. 21 (Kieninger); differenzierend SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 264 f. (Spahlinger/Wegen). Anderer Ansicht jedoch GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 572 (Assmann); MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2, Rn. 88 (Leible) (soweit der Gründungsvorvertrag schon zu einem verselbständigten, als Vorgründungsgesellschaft zu bezeichnenden Gebilde führt); SOERGEL-Lüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 25. Kritisch dazu MÜNCH. HDB. GESR VI/Lehmann (2013) § 3 Rn. 10 ff., der sich für eine stärker rechtsvergleichende Qualifikation ausspricht und das Statut der Haftung wegen vorvertraglichen Verschuldens für in der Regel anwendbar hält. 11 YAMADA (2004) 232 Fn. 2 mit Verweis auf WOLFF (1954) 117; RABEL (1960) 71. 12 Ausführlich dazu SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 92 ff.; siehe auch NISHITANI (2011) Rn. 64 ff. 13 Zur bisherigen Praxis der Gerichte, sehr weitgehend eine konkludente Rechtswahl anzunehmen, SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 98. 14 YAMADA (2004) 232 Fn. 2 mit Verweis auf WOLFF (1954) 118; RABEL (1960) 71. 15 Siehe ausführlich dazu unten III.1.

B. Einzelfragen

2.

193

Gründungsvoraussetzungen und -verfahren

Die deutsche herrschende Meinung unterstellt die materiellen Wirksamkeitserfordernisse sowie den Eintragungstermin, den Inhalt und die Rechtsfolgen der Eintragung dem Gesellschaftsstatut.16 Auch in Japan wird auf die materiellen und formellen Voraussetzungen der Gesellschaftsgründung das Gesellschaftsstatut angewendet.17 Begründet wird dies auf Grundlage der herrschenden Gründungstheorie damit, dass es bei der Gründung um die Frage der Erlangung der Rechtspersönlichkeit gehe.18 Zu den Voraussetzungen der Gründung gehören etwa das Erstellen der Gesellschaftssatzung oder der Stiftungsakt (kifu kô’i), die Erlaubnis öffentlicher Stellen, die Eintragung der Gründung und die Causa des Gründungsaktes (setsuritsu kô’i no gen’in).19 II.

Rechtsfähigkeit

1.

Allgemeine Rechtsfähigkeit

a.

Grundsatz: Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts

Wie in Deutschland entscheidet auch in Japan nach herrschender Meinung grundsätzlich das Gesellschaftsstatut darüber, ob und ab welchem Zeitpunkt eine Gesellschaft Träger von Rechten und Pflichten sein kann und wie weit diese allgemeine Rechtsfähigkeit reicht.20 Die ultra vires-Doktrin wird in 16

MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 548 f. m.w.N.; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 258 ff.; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 266 ff. (Spahlinger/Wegen); GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 572 (Assmann); ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 16; RAUSCHER (2012) Rn. 640; ROWEDDER/SCHMIDT-LEITHOFF (2013) Einl. Rn. 376 (Schmidt-Leithoff); RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 9; K. SCHMIDT/LUTTER (2010) Int. GesR Rn. 64 (Zimmer); MÜNCH. HDB. GESR VI/Lehmann (2013) § 5 Rn. 11; BGH, Urteil vom 2. Februar 1966, IPRspr 1966/67, Nr. 45; BGH, Urteil vom 26. November 1990, RIW 1991, 158; BayObLG Beschluss vom 23. Juli 1965, BayObLGZ 1965, 294. Siehe auch Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 RefE. Das Eintragungsverfahren unterliegt dagegen der lex fori, siehe WAGNER/TIMM (2008) 86. 17 SANO (2001) 182; TAMEIKE (2005) 298; EGASHIRA (2008b) 18 (Egashira); TATSUTA (2007) 531; YAMADA (2004) 232 mit Verweis auf RABEL (1960) 70; NUSSBAUM (1932) 191; ORIMO (1972) 55; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 162 f. (Nishitani); JUNKO (2007) 611. 18 SANO (2001) 182; YAMADA (2004) 232. In der japanischen Diskussion steht der Umgang mit juristischen Personen im Vordergrund (KOIDE (2009) 388 Fn. 26). Zur Behandlung nichtrechtsfähiger Vereinigungen siehe oben Zweiter Teil, A.II.2.d. 19 TAMEIKE (2005) 298. 20 Für Deutschland SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 270 (Spahlinger/Wegen); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 564 m.w.N.; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 265; PALANDT-Thorn (2013) Anh zu Art. 12 EGBGB Rn. 11; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 573 f. (Assmann); ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 16; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5162 f. (Hausmann); KEGEL/SCHURIG (2004) § 17 II.2; HIRTE/BÜCKER (2006) § 11 Rn. 2 (Leib-

194

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Japan von der herrschenden Meinung als Beschränkung der Rechtsfähigkeit eingeordnet und als solche dem Gesellschaftsstatut unterstellt.21 In Deutschland dagegen wird sie teilweise als Beschränkung der Geschäftsfähigkeit eingeordnet.22 Abweichend von der herrschenden Meinung wenden einige deutsche Autoren bei einer ausländischen Gesellschaft, der nach dem Gesellschaftsstatut die Rechtsfähigkeit fehlt, das Wirkungs- oder Vornahmestatut an, wenn die Gesellschaft danach rechtsfähig ist.23 Auch in Japan wurde vereinzelt gefordert, zum Schutz des Rechtsverkehrs die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft dem Wirkungsstatut zu unterstellen.24 Diese Meinung ist jedoch im Interesse eines möglichst einheitlichen Gesellschaftsstatuts, das Sonderanknüpfungen auf ein Minimum begrenzt, abzulehnen.25 Zudem ist bei Verträgen davon auszugehen, dass ein Vertragspartner, der das Gesellschaftsstatut nicht kennt, vom Regelfall einer nach dem Recht des Vornahmeortes gegründeten Gesellschaft ausgeht. An das Wirkungsstatut wird er bei der Rechtsfähigkeit seines Vertragspartners aller Wahrscheinlichkeit nach nicht denken.26 Diese Anknüpfung erfüllt daher nicht das Ziel, den Rechtsverkehr zu schützen, und ist folglich abzulehnen.

le); RAUSCHER (2012) Rn. 640; ROWEDDER/SCHMIDT-LEITHOFF (2013) Einl. Rn. 379 (Schmidt-Leithoff); RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 10; K. SCHMIDT/LUTTER (2010) Int. GesR Rn. 65 (Zimmer); MÜNCH. HDB. GESR VI/Lehmann (2013) § 5 Rn. 59; SOERGELLüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 17; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2008 (Trabrennbahn), NJW 2009, 289; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004, NZG 2004, 1001; BGH, Urteil vom 23. März 1979, WM 1979, 692; KG Berlin, Beschluss vom 22. Mai 2012, FGPrax 2012, 236; OLG Hamm, Beschluss vom 4. Januar 2011, NJW-RR 2011, 396; OLG München, Urteil vom 26. Juni 2008, GRUR-RR 2008, 400; OLG Nürnberg, Beschluss vom 10. August 2007, NZG 2008, 76; OLG Hamburg, Urteil vom 30. März 2007, ZIP 2007, 1108; KG Berlin, Beschluss vom 15. Oktober 2009, ZIP 2010, 204. Siehe auch Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 RefE. Für Japan YAMADA (2004) 234; TAMEIKE (2005) 298; SANO (2001) 182; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 162 (Nishitani). 21 YAMADA (2004) 234; TAMEIKE (2005) 298 f.; ORIMO (1972) 56; EGAWA (1996) 98; TATSUTA (1985) 281. 22 BARTELS (2012) 429 f. m.w.N. auch zur Gegenmeinung. Auch die Geschäftsfähigkeit untersteht dem Gesellschaftsstatut, siehe unten III.2. 23 BEITZKE (1938) 127; GRASMANN (1970) Rn. 855. 24 ORIMO (1972) 56 f. mit Verweis auf BEITZKE (1938) 123 ff.; ISHIGURO (1983) 268. 25 Siehe dazu oben A. 26 Fehlt eine Rechtswahl, wurde das Vertragsstatut früher dem Recht des Vertragsortes unterstellt, dies entsprach also dem Vornahmestatut. Seit Erlass des RAG ist jedoch subsidiär das Recht maßgeblich, zu dem das Rechtsgeschäft die engste Beziehung hat. Ausführlich dazu SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 102 ff.

B. Einzelfragen

b.

195

Sonderanknüpfung – Art. 4 Abs. 2 RAG analog

In Japan macht die herrschende Meinung von der Anwendung des Gesellschaftsstatuts zum Schutz des Rechtsverkehrs eine Ausnahme. Soweit der Umfang der Rechtsfähigkeit einer Auslandsgesellschaft enger ist als der der Rechtsfähigkeit einer vergleichbaren Gesellschaft am Ort, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde, befürwortet sie eine Sonderanknüpfung analog Art. 4 Abs. 2 RAG (früher Art. 3 Hôrei) an das Recht des Vornahmeortes.27 Dies entspricht der herrschenden Meinung in Deutschland, die zum Schutz des Geschäftsverkehrs Art. 13 Rom I-VO bzw. Art. 12 EGBGB analog anwendet.28 In Japan trat dieses Problem vor allem bei angloamerikanischen Gesellschaften auf, deren Rechtsfähigkeit nach der ultra vires-Doktrin durch ihren Satzungszweck beschränkt ist – eine Beschränkung, die nach herrschender Lehre in Japan nicht galt.29 So wurde argumentiert, dass einem Geschäftspartner, der diese Beschränkung und daher die Unwirksamkeit des außerhalb des Satzungszwecks liegenden Rechtsgeschäfts nicht kennt, bei Anwendung des Gesellschaftsstatuts unvorhergesehene Nachteile entstehen könnten. Daher sei in diesen Fällen aus Gründen des Verkehrsschutzes ausnahmsweise die Anwendung des Gesellschaftsstatuts einzuschränken.30 Allerdings ist seit der Reform des ZG im Jahr 2006 die in Art. 34 ZG31 verankerte ultra vires-Doktrin, anders als von der früheren herrschenden Lehre angenommen, unstreitig auf Gesellschaften anzuwenden.32 Zwar begrenzt die japanische Rechtsprechung die Rechtsfolgen der Doktrin teilweise durch eine flexible Auslegung des Satzungszwecks, jedoch wird die Anwendung der ultra vires-Lehre auch im angloamerikanischen Rechtskreis einge-

27

YAMADA (2004) 234; TAMEIKE (2005) 298 f.; ORIMO (1972) 56; EGAWA (1996) 98; TATSUTA (1985) 281. 28 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 566 m.w.N.; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 267; KROPHOLLER (2006) § 55 II.1; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 574 ff. (Assmann); KEGEL/SCHURIG (2004) § 17.II.2; kritisch SOERGEL-Lüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 20; MÜNCH. HDB. GESR VI/Lehmann (2013) § 5 Rn. 60. Zum Verhältnis von Art. 13 Rom I-VO und Art. 12 EGBGB MÜNCHKOMM BGB/Spellenberg (2010) VO (EG) 593/2008 Art. 13, Rn. 2 f. 29 KAWAMOTO/KISHIDA/MORITA/KAWAGUCHI (2004) Rn. 192. 30 YAMADA (2004) 234; TAMEIKE (2005) 298 f.; ORIMO (1972) 56; EGAWA (1996) 98; TATSUTA (1985) 281. 31 Art. 34 ZG (Übers. aus KAISER (2008) 252): „Rechte und Pflichten juristischer Personen ergeben sich aus Gesetzen und Verordnungsbestimmungen und im Rahmen des durch Satzung oder eine andere Grundlagenvereinbarung bestimmten Zwecks.“ 32 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 5.

196

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

schränkt.33 In der Regel wird die Rechtsfähigkeit nach japanischem Recht also nicht weiter reichen als nach angloamerikanischem Recht. Umgekehrt dient die Einschränkung in der Praxis eher dem Schutz von Geschäftspartnern japanischer Gesellschaften in Ländern, in denen die ultra vires-Doktrin nicht gilt.34 i.

Tatbestandsvoraussetzungen

Art. 4 Abs. 2 RAG enthält folgende Bestimmung: „Ist eine Person, die ein Rechtsgeschäft vorgenommen hat, nach dem Recht ihres Heimatstaates in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt und nach dem Recht des Ortes, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde, voll geschäftsfähig, wird sie ungeachtet der Vorschrift des vorstehenden Absatzes als voll geschäftsfähig angesehen, vorausgesetzt dass sich alle Parteien zur Zeit des betreffenden Rechtsgeschäfts an Orten befanden, an denen 35 dasselbe Recht gilt.“

Art. 4 Abs. 2 RAG bezieht sich nur auf natürliche Personen, denen nach ihrem Personalstatut die Geschäftsfähigkeit36 fehlt. Auf die Rechtsfähigkeit einer juristischen Person wird Art. 4 Abs. 2 RAG also in doppelter Analogie angewendet. Tatbestandsvoraussetzung für die Maßgeblichkeit des Vornahmestatuts gemäß Art. 4 Abs. 2 RAG ist – wie in Deutschland bei Art. 13 Rom I-VO (für schuldrechtliche Geschäfte) bzw. Art. 12 Satz 1 EGBGB (für sachenrechtliche Verfügungen)37 –, dass beide Personen sich an Orten befinden, an denen dasselbe Recht gilt. Diese Anforderung wurde mit Erlass des RAG eingeführt, als der zuvor als einseitige Kollisionsnorm formulierte und nur dem Verkehrsschutz in Japan dienende Art. 3 Abs. 2 Hôrei bilateralisiert wurde.38 33 Vgl. ZIMMER (2003a) 242; EIDENMÜLLER (2004a) § 10 Rn. 16 f. (Rehm) zu England und § 11 Rn. 20 (Rehm) zu Delaware. In der japanischen Literatur dazu SANO (2001) 183. Zur japanischen Rechtsprechung KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 5. 34 Deswegen stand die Unterabteilung der Gesetzgebungskommission der Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung äußerst kritisch gegenüber. Siehe dazu oben Zweiter Teil, B.II.2.c. 35 Übers. aus SAKURADA/NISHITANI/SCHWITTEK (2006) 270. 36 Dem Wortlaut nach bezog sich Art. 3 Hôrei allgemein auf die „Fähigkeit“ (nôryoku) einer natürlichen Person. Die Vorschrift wurde jedoch einschränkend so ausgelegt, dass sie nur die Geschäftsfähigkeit, nicht auch die Rechtsfähigkeit der natürlichen Person regelte; dazu YAMADA (2004) 201 f. Siehe auch SCHMIDT (1992) 97, die nôryoku mit „Geschäftsfähigkeit“ übersetzt. Die Änderung erfolgte, um die Vorschrift mit der Reform der Rechtsund Geschäftsfähigkeit im ZG abzustimmen. 37 Dazu MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 544; zum Verhältnis von Art. 12 EGBGB und Art. 13 Rom I-VO MÜNCHKOMM BGB/Spellenberg (2010) VO (EG) 593/2008 Art. 13, Rn. 2 f. 38 Zu dieser Neuerung NISHITANI (2007) 552 ff. sowie HÔREI KENKYÛ-KAI (2004a) 35 f.

B. Einzelfragen

197

Von Teilen der Literatur war Art. 3 Abs. 2 Hôrei schon vor der Reform allseitig ausgelegt worden.39 Anders als nach Art. 13 Rom I-VO bzw. Art. 12 Satz 1 EGBGB ist es nach Art. 4 Abs. 2 RAG unerheblich, ob der Vertragspartner gutgläubig war. Die Forschungsgruppe zum Hôrei, die vor Erlass des RAG Änderungsvorschläge ausarbeitete, diskutierte zwar einen gesetzlichen Ausschluss der Anwendung des Vornahmestatuts im Falle der Bösgläubigkeit des Geschäftspartners. Von dieser Regelung wurde aber schließlich mit der Begründung abgesehen, der Beweis solch subjektiver Voraussetzungen sei problematisch und verlängere den Gerichtsprozess unter Umständen unnötig.40 In der Literatur wird dennoch vereinzelt zur Anwendung des Vornahmestatuts die Gutgläubigkeit des Geschäftspartners vorausgesetzt.41 Wie im deutschem Recht sind auch in Japan (hier gemäß Art. 4 Abs. 3 RAG) familien- und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie solche, die sich auf ein außerhalb der Rechtsordnung des Vornahmeorts belegenes Grundstück beziehen, von der ausnahmsweisen Maßgeblichkeit des Vornahmestatuts ausgenommen. Auf familien- und erbrechtliche Rechtsgeschäfte ist ohnehin die jeweilige lex causae anwendbar.42 Bei Geschäften mit Bezug auf ein Grundstück außerhalb der Rechtsordnung des Vornahmeortes wird die Rechtsfähigkeit entsprechend dem Grundsatz in Art. 4 Abs. 1 RAG nach dem Heimatrecht der Person bestimmt. ii.

Differenzierte Anwendung

Ein Teil der Literatur ist der Ansicht, dass bei uneingeschränkter Anwendung des Vornahmestatuts analog Art. 4 Abs. 2 RAG die Interessen der Aktionäre und Gläubiger der Auslandsgesellschaft nicht angemessen berücksichtigt werden.43 Einige dieser Autoren befürworten daher – jedenfalls für die Tätigkeit einer ausländischen Gesellschaft in Japan – eine differenzierte Lösung.44 Da eine ausländische Gesellschaft, die in Japan fortwährend Handel treibt, gemäß Art. 818 GesG ihr Gründungsrecht und ihren Zweck ins Handelsregister eintragen lassen muss, könne sich der Geschäftspartner einer solchen ausländischen Gesellschaft im Handelsregister über ihr Gesellschaftsstatut

39

YAMADA (2004) 208 f. Dazu NISHITANI (2005) 253 sowie HÔREI KENKYÛ-KAI (2004a) 41. 41 TATSUTA (1985) 281. 42 Insofern handelt es sich um eine bloße Klarstellung, vgl. NISHITANI (2011) Rn. 32 Fn. 74. 43 Noch zur Vorschrift des Art. 3 Abs. 2 Hôrei: KANZAKI (1995) 215, 216; SANO (2001) 183; TAMEIKE (2005) 299; YAMADA (2004) 234. 44 TAMEIKE (2005) 299; YAMADA (2004) 234. Dagegen sprechen sich KANZAKI (1995) 215 f. und SANO (2001) 183 ganz gegen die analoge Anwendung aus. 40

198

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

informieren und so den Umfang ihrer Rechtsfähigkeit in Erfahrung bringen.45 Für Handelspartner von Gesellschaften, die im Inland dauerhaft Handel treiben, bestehe daher kein Bedürfnis nach einer analogen Anwendung des Art. 4 Abs. 2 RAG. Vielmehr sei die Rechtsfähigkeit solcher Gesellschaften ausschließlich nach ihrem Personalstatut zu bestimmen.46 Demgegenüber sei auf die Rechtsfähigkeit von Gesellschaften, die nur vereinzelt in Japan Handel treiben, aus Gesichtspunkten des Verkehrsschutzes analog Art. 4 Abs. 2 RAG das Vornahmestatut anzuwenden. Der ausländischen Gesellschaft, deren Statut in Japan nicht eingetragen ist, wird danach Rechtsfähigkeit in dem Umfang zugesprochen, wie sie eine vergleichbare Gesellschaft in Japan besitzt.47 Gegen diese differenzierte Anwendung wird vorgebracht, dass auch ein Geschäftspartner, der das Personalstatut der ausländischen Gesellschaft aus dem Handelsregister kennt, nur mit Schwierigkeiten den danach bestehenden Umfang der Rechtsfähigkeit feststellen könne.48 Dem ist angesichts der Schwierigkeiten bei der Bestimmung der Reichweite der Rechtsfähigkeit japanischer Gesellschaften einerseits sowie des zunehmenden internationalen Rechtsverkehrs und den damit einhergehenden Informationsmöglichkeiten andererseits nicht zuzustimmen.49 Allerdings ist die analoge Anwendung des Art. 4 Abs. 2 RAG auf die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft insgesamt zu kritisieren. iii.

Kritik

Mit Erlass des RAG wurde der in Art. 3 Hôrei verwendete Begriff „Fähigkeit“ (nôryoku) als „Geschäftsfähigkeit“ (kôi nôryoku) präzisiert. Nach dem Willen des Gesetzgebers – und der schon früher herrschenden Meinung – ist die Rechtsfähigkeit also nicht in Art. 4 RAG geregelt.50 Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf die Rechtsfähigkeit ist mangels Regelungslücke fehl am Platz. Vorzuziehen ist die Lösung, den Umfang der Rechtsfähigkeit – soweit er nicht gegen den inländischen ordre public verstößt – ausschließlich durch das Gesellschaftsstatut zu bestimmen und Probleme des Verkehrsschutzes im Übrigen auf der Ebene der Geschäftsfähigkeit zu lösen.51 Möglicherweise wird die Änderung im materiellen Recht, nach der die Geltung 45

Zur Eintragungspflicht siehe oben Dritter Teil, B.III. TAMEIKE (2005) 299; YAMADA (2004) 234. 47 YAMADA (2004) 234 f.; TAMEIKE (2005) 286. 48 TAKAKUWA (2005) 300. 49 Die Reichweite der Rechtsfähigkeit wird in Japan durch den Satzungszweck bestimmt, der auszulegen ist. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 5 50 Dazu SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 124 f. m.w.N. 51 So auch SAKURADA (2006) 164. Zur Anwendung des Art. 4 Abs. 2 RAG auf die Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft siehe unten III.3.b. 46

B. Einzelfragen

199

der ultra vires-Doktrin für japanische Gesellschaften auch in der Literatur nicht mehr bestritten werden kann, eine Entwicklung hin zu dieser Meinung unterstützen.52 Eine Mindermeinung in der Literatur, die sich mit anderer Argumentation gegen die analoge Anwendung des Art. 4 Abs. 2 RAG ausspricht, ist hingegen abzulehnen. Sie begreift eine juristische Person als ein von ihrem jeweiligen Gründungsstaat geschaffenes System, das ohne Ausnahme als Ganzes ausschließlich nach seinem Gründungsrecht zu behandeln ist.53 Die dem zugrunde liegende Annahme, dass in Japan beim Umgang mit ausländischen juristischen Personen auch heute noch die Anerkennung einer Staatshandlung, nämlich der staatlichen Ernennung zur juristischen Person, im Vordergrund stehe, ist nicht mehr zeitgemäß.54 c.

Art. 35 ZG

In Japan werden Auslandsgesellschaften nach Art. 35 Abs. 1 ZG automatisch anerkannt, ihre Rechtspersönlichkeit besteht also auch dort. Problematisch ist allerdings, dass nach Art. 35 Abs. 1 ZG internationale sowie ausländische gemeinnützige juristische Personen nicht anerkannt und daher wie nichtrechtsfähige Vereinigungen des japanischen Rechts behandelt werden.55 In Deutschland entspricht der Umfang der Rechtsfähigkeit einer ausländischen juristischen Person auch dann dem nach ausländischem Recht bestehenden Umfang, wenn diese Rechtsfähigkeit über die einer vergleichbaren deutschen Gesellschaft hinausgeht.56 In Japan hingegen bestimmt Art. 35 Abs. 2 Satz 1 ZG, dass die Rechtsfähigkeit einer Auslandsgesellschaft für ihre Tätigkeit in Japan nur so weit reicht wie die einer vergleichbaren japanischen Gesellschaft.57 2.

Besondere Rechtsfähigkeit

Die besondere Rechtsfähigkeit bestimmt, ob die Gesellschaft Träger einzelner spezifischer Rechte und Pflichten sein kann.58 Während die allgemeine 52 Siehe die Diskussion in der Unterabteilung der Gesetzgebungskommission, oben Zweiter Teil, B.II.2.c. Zur Änderung des materiellen Rechts oben Zweiter Teil, Text bei Fn. 462 f. 53 DÔGAUCHI (2005) 203; SAWAKI/DÔGAUCHI (2006) 184 f. 54 So auch YAMADA (2004) 229 Fn. 10; SANO (2001) 174. Kritisch auch TAKASUGI (2007) 127 ff. 55 Ausführlich und kritisch dazu Dritter Teil, A.I.2.f. 56 EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN (2008) Anhang Handelsregisteranmeldungen mit Auslandsbezug Rn. 39; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 272. 57 Siehe dazu Dritter Teil, A.I.2.e. 58 Für Japan YAMADA (2004) 234; TAMEIKE (2005) 299; SAKURADA (2006) 164. Für Deutschland STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 297; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010)

200

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Rechtsfähigkeit grundsätzlich dem Gesellschaftsstatut unterliegt, ist in Japan wie in Deutschland auf die besondere Rechtsfähigkeit in der Regel das jeweilige Wirkungsstatut anwendbar.59 Allerdings ist in Japan streitig, ob eine Gesellschaft Trägerin spezifischer Rechte sein kann, die sie nach ihrem Gründungsrecht nicht innehaben kann. Dabei geht es nicht um Rechte, die eine Gesellschaft ihrer Natur nach schon nicht innehaben kann, etwa weil sie ein Familienverhältnis voraussetzen. Gemeint sind vielmehr Rechte, die einer Gesellschaft grundsätzlich zustehen können, ihr aber nicht von jeder Rechtsordnung zugesprochen werden. So wird zum Beispiel von Land zu Land unterschiedlich beurteilt, ob eine Gesellschaft Trägerin des Erbrechts sein kann oder ob ihr wegen der Verletzung ihres Namensrechts ein Entschädigungsanspruch aus immateriellem Schaden zustehen kann.60 Ein großer Teil der japanischen Literatur ist (wie die ältere deutsche Literatur61) der Ansicht, dass in diesem Fall neben dem Wirkungsstatut auch das Gesellschaftsstatut anzuwenden sei.62 Andere Autoren sprechen sich dagegen (wie bei der allgemeinen Rechtsfähigkeit) aus Gesichtspunkten des Verkehrsschutzes für die alleinige Anwendung des Wirkungsstatuts aus.63 Diese Meinung ist jedoch abzulehnen, da sie den Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts zu sehr beschränkt.64 Gesetzliche Regelungen, die jeweils internationale Abkommen umsetzen und daher weitgehend mit den deutschen Vorschriften übereinstimmen,65 Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 570; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 578 (Assmann). 59 Für Japan SAKURADA (2006) 164; TAMEIKE (2005) 299; YAMADA (2004) 235; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 163 (Nishitani). Für Deutschland MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 571; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5170 (Hausmann); KEGEL/SCHURIG (2004) § 17 II.2; HIRTE/BÜCKER (2006) § 11 Rn. 26 (Leible). Siehe zur Deliktsfähigkeit unten VIII.1.a. Kritisch zur kumulativen Anwendung mehrerer Rechtsordnungen MÜNCH. HDB. GESR VI/Lehmann (2013) § 5 Rn. 59. 60 TAMEIKE (2005) 299. 61 STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 299; differenzierend je nach den Interessen, die mit den Beschränkungen der allgemeinen Rechtsfähigkeit verfolgt werden, SOERGELLüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 31. Für die alleinige Anwendung des Erbstatuts hingegen STAUDINGER/Dörner (2007) Art. 25 EGBGB Rn. 87. 62 SAKURADA (2006) 164; TAMEIKE (2005) 299; YAMADA (2004) 235. 63 ORIMO (1972) 56 f. 64 Siehe dazu oben A. 65 Die inhaltsgleiche deutsche Vorschrift in Art. 91 Wechselgesetz beruht wie die japanische Vorschrift auf dem 1930 zustande gekommenen Wechselrechtsabkommen. Dazu BAUMBACH/HEFERMEHL/CASPER (2008) Einleitung Wechselgesetz Rn. 4 und Anh. 7 sowie Art. 91 Wechselgesetz Rn. 2 f.; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 312. Die Vorschrift zur Scheckfähigkeit im japanischen Scheckgesetz beruht wie die entsprechende deutsche Vorschrift auf Artt. 2 f. des Abkommens über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Scheckprivatrechts von 1933. Text des Abkommens in BAUM-

B. Einzelfragen

201

bestehen in Japan zur passiven Wechsel- (Art. 88 Wechselgesetz66) und Scheckfähigkeit (Art. 76 Scheckgesetz67).68 Anwendbar ist grundsätzlich das Gesellschaftsstatut. Anders als im Regelfall, in dem das japanische Kollisionsrecht eine Sachnormverweisung ausspricht, ist nach Abs. 1 Satz 2 der genannten Vorschriften ein vom Gesellschaftsstatut ausgesprochener renvoi beachtlich.69 Fehlt nach dem Gesellschaftsstatut die passive Wechsel- oder Scheckfähigkeit, ist sie aber nach dem Recht des Landes gegeben, in dem die Unterschrift abgegeben wird, so ist nach Art. 88 Abs. 2 Wechselgesetz bzw. Art. 76 Abs. 2 Scheckgesetz dieses Recht uneingeschränkt anwendbar.70 III. Geschäftsfähigkeit 1.

Qualifikation

Die Geschäftsfähigkeit einer Gesellschaft betrifft die Frage, welches Organ die Gesellschaft in welchem Umfang berechtigen und verpflichten kann.71 Der OGH qualifizierte auch die Frage, ob die Rechte und Pflichten aus einem von den Gründern einer Gesellschaft des US-Bundesstaats New York in der Vorgründungsphase abgeschlossenen Vertrag nach Gründung auf die Gesellschaft übergegangen waren, als Problem der Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft:72 „Haben die Gründer einer Aktiengesellschaft zur Vorbereitung des Geschäftsbetriebs der zukünftig zu gründenden Gesellschaft mit einem Dritten einen Vertrag abgeschlossen, so sollte die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die betreffende Gesellschaft nach ihrer Gründung die Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag erwerben kann, als Problem der Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft verstanden werden, da das Recht hier über einen Gesichtspunkt des Schutzes der Interessen von Aktionären der Gesellschaft, von Gläubi73 gern usw. entscheidet [...].“ BACH/HEFERMEHL/CASPER (2008) Scheckgesetz Anh. 2; Liste der Mitgliedstaaten in BAUMBACH/HEFERMEHL/CASPER (2008) Scheckgesetz Anh. 4. Zu den deutschen Vorschriften BAUMBACH/HEFERMEHL/CASPER (2008) Übersicht vor § 60 Scheckgesetz, Rn. 1. 66

Tegata-hô, Gesetz Nr. 20/1932 i.d.F. des Gesetzes Nr. 78/2006. Kogitte-hô, Gesetz Nr. 57/1933 i.d.F. des Gesetzes Nr. 78/2006. 68 Das ist die Fähigkeit, eine Scheck- oder Wechselverbindlichkeit einzugehen. 69 Zum Regelfall der Sachnormverweisung im japanischen Recht siehe oben Erster Teil, B.III.3.b. 70 Eine Rückausnahme zum Schutz des Inländers zugunsten des Personalstatuts, wie in Art. 91 Abs. 2 Satz 2 des deutschen Wechselgesetzes geregelt, enthält das japanische Recht nicht. 71 Für Deutschland STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 279; für Japan TAMEIKE (2005) 300; TAKAKUWA (2005) 272; YAMADA (2004) 235; SAKURADA (2006) 164. 72 OGH, Urteil vom 15. Juli 1975, Jurisuto 618 (1976) 163. Erläutert bei TAKAKUWA (2005) 270 ff.; HIROE (1995) 110; DOI (1991) 180; YAMADA (2004) 229 Fn. 11; SCHWITTEK (2012) 691 ff. Zum Urteil siehe auch oben Zweiter Teil, A.II.2.c.i. 73 OGH (vorige Fn.) 164; Übers. d. Verf. 67

202

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Diese Einordnung ist kritisch zu bewerten. Denn bei Abschluss des Vertrages war die Gesellschaft selbst noch nicht existent und hatte keine Organe, konnte daher auch nicht von ihren Organen vertreten werden. Vorzuziehen ist daher der Ansatz, der die Wirkung des Vertrages gegenüber der Gesellschaft als Frage der Gründung einordnet.74 Der Vertrag wurde vor der Gründung mit Blick auf die Tätigkeit der zu gründenden Gesellschaft abgeschlossen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Rechte und Pflichten aus einem solchen Vertrag mit der Gründung auf die Gesellschaft übergehen, wird im materiellen Gesellschaftsrecht unterschiedlich beurteilt. Dem liegen rechtspolitische Gesichtspunkte zugrunde, die sich auf die Gesellschaftsgründung beziehen.75 2.

Grundsatz: Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts

a.

Literatur

In Deutschland und in Japan wendet die herrschende Meinung grundsätzlich das Gesellschaftsstatut auf die Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft an.76 Wie bei der Rechtsfähigkeit spricht sich auch bei der Geschäftsfähigkeit eine Mindermeinung in der japanischen Literatur für die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Wirkungsstatuts aus.77 Dies wird aber aus den oben bereits erläuterten Gründen von der herrschenden Meinung zu Recht abgelehnt.78 74

SAKURADA (1975) 852 ff. m.w.N. in Fn. 3; siehe auch SAKURADA (1975) 134 (zum Urteil der ersten Instanz). 75 SAKURADA (1975) 134. 76 Für Deutschland WIECZOREK/SCHÜTZE (1994) § 55 Rn. 39 (Hausmann); MÜNCHKOMM ZPO/Lindacher (2013) § 55 Rn. 6; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 279; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 582 mit umfassenden Nachweisen; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 288 (Spahlinger/Wegen); ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 16; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5174 (Hausmann); KROPHOLLER (2006) § 55 II.2; KEGEL/SCHURIG (2004) § 17 II.2; HIRTE/BÜCKER (2006) § 11 Rn. 48 (Leible); RAUSCHER (2012) Rn. 640; RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 10; MÜNCH. HDB. GESR VI/Servatius (2013) § 13 Rn. 16. Auch die Rechtsprechung folgt dieser Einordnung, siehe etwa OLG Dresden, Beschluss vom 21. Mai 2007, NZG 2008, 265; OLG Frankfurt, Beschluss vom 28. Juli 2006, BB 2006, 2153; Thüringer OLG, Beschluss vom 9. März 2006, NZG 2006, 424; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Dezember 1994, IPRax 1995, 396. Siehe auch Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 RefE. Für Japan YAMADA (2004) 235 f.; TAMEIKE (2005) 299 f.; SANO (2001) 183 f.; DÔGAUCHI (2005) 202; SAKURADA (2006) 164; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 163 (Nishitani). Hingegen führt der japanische Regelungsvorschlag, der den Anwendungsbereich abschließend darstellt, die Geschäftsfähigkeit nicht auf, siehe oben Zweiter Teil, B.II.2.a. 77 ORIMO (1972) 56 f. mit Verweis auf BEITZKE (1938) 123 ff. Ebenso ISHIGURO (1983) 268; ISHIGURO (1994) 300. 78 Siehe dazu oben A.

B. Einzelfragen

b.

Rechtsprechung

i.

OGH, 15. Juli 1975

203

Wie oben ausgeführt, entschied der OGH in seinem Urteil vom 15. Juli 1975 über die Geschäftsfähigkeit einer Gesellschaft des US-Bundesstaats New York. In Bezug auf das anzuwendende Recht führte er aus, dass die Geschäftsfähigkeit sich „gemäß Art. 3 Abs. 1 Hôrei analog nach dem Statut dieser Gesellschaft richtet“.79 Der OGH kam also über die analoge Anwendung von Art. 3 Abs. 1 Hôrei (jetzt Art. 4 Abs. 1 RAG), der die Geschäftsfähigkeit natürlicher Personen regelt, zur Anwendung des Gesellschaftsstatuts auf die Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft.80 ii.

DG Tokyo, 28. Januar 1992

In einem Urteil aus dem Jahr 1992 bestimmte das DG Tokyo die Geschäftsfähigkeit einer kalifornischen Corporation nach ihrem Personalstatut,81 ohne jedoch wie zuvor der Oberste Gerichtshof Art. 3 Abs. 1 Hôrei analog anzuwenden. Die Klägerin, eine japanische Gesellschaft, hatte mit der kalifornischen Gesellschaft, die durch ihren Chief Executive Officer (CEO) vertreten wurde, einen Darlehensvertrag abgeschlossen. Die Beklagten hatten für die Verbindlichkeit der Corporation aus dem Darlehensvertrag gebürgt. Sie verteidigten sich gegen die Forderung der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehens unter anderem mit dem Argument, der Vertrag sei nicht wirksam zustande gekommen, da die nach dem kalifornischen Gesellschaftsstatut wegen der Bedeutung des Vertragsabschlusses für die Gesellschaft erforderliche Zustimmung des Board of Directors zum Abschluss des Vertrages gefehlt habe. Das DG führte zu der Frage, ob der CEO die Gesellschaft durch den Vertrag wirksam verpflichtet habe, aus, „dass dies eine Frage ist, die das Bestehen oder Nichtbestehen sowie den Umfang oder die Begrenzung der Befugnis des Vertreters der Gesellschaft betrifft, und dass dies grundsätzlich dem Personalstatut der Gesellschaft zu unterwerfen ist, weil es ein Problem des Fehlens dieser Befugnis oder der Geschäftsfähigkeit der juristischen Person ist – also der 82 Frage, ob die Wirkung der Handlung des Vertreters der Gesellschaft zugerechnet wird.“

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die nach dem danach anwendbaren kalifornischen Recht erforderliche Zustimmung des Board of Directors durch Umlaufbeschluss eingeholt worden und die Gesellschaft daher bei Abschluss 79

OGH, Urteil vom 15. Juli 1975, Jurisuto 618 (1976) 164 f.; Übers. d. Verf. Zur Beschränkung des Art. 4 Abs. 1 RAG auf natürliche Personen SAKURADA (2006) 149. 81 DG Tokyo, Urteil vom 28. Januar 1992, Hanrei Jihô 1437 (1993) 122; besprochen bei KANZAKI (2012) 46 f.; KANZAKI (1995) 215 ff.; ODA (1997) 139 ff.; NOMURA (1995) 48 f. 82 Hanrei Jihô 1437 (1993) 127; Übers. d. Verf. 80

204

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

des Darlehensvertrages geschäftsfähig gewesen sei. Der Darlehensvertrag sei wirksam zustande gekommen. 3.

Einschränkungen

Die in der japanischen Literatur herrschende Meinung macht von der Anwendung des Gesellschaftsstatuts aus Gründen des Verkehrsschutzes eine Ausnahme, wenn die Geschäftsfähigkeit nach dem Gesellschaftsstatut fehlt, nach dem Vornahmestatut aber gegeben ist. Es gibt zwei verschiedene Ansätze zur Begründung dieser Ausnahme.83 a.

Vergleich mit gewillkürter Stellvertretung

Nach in Deutschland herrschender Meinung ist die Anknüpfung der organschaftlichen Vertretung von der der rechtsgeschäftlich begründeten Vertretung zu trennen, die sich nach dem Vollmachtstatut beurteilt.84 Das ist auch in Japan anerkannt.85 Jedoch betonen Teile der Literatur stärker die Vergleichbarkeit der beiden Arten der Vertretung und ziehen eine Parallele zwischen der Geschäftsfähigkeit der ausländischen Gesellschaft und der Vollmacht bei der gewillkürten Stellvertretung.86 Daher wurde bei Erlass des RAG im Rahmen der Diskussion über die Schaffung einer Vorschrift für das auf die Vollmacht anwendbare Recht auch diskutiert, einen Verweis auf die organschaftliche Stellvertretung aufzunehmen. Die Gesetzgebungskommission konnte sich jedoch nicht auf die Formulierung einer entsprechenden Vorschrift einigen. In Japan ist für das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem unstreitig das Statut des Grundverhältnisses maßgeblich.87 Bei der Bestimmung des Vollmachtsstatuts, also des auf das Außenverhältnis (zwischen Vertretenem und Vertragspartner) anwendbaren Rechts, gehen die Meinungen hingegen auseinander. Ein Teil der Literatur und Rechtsprechung knüpft (wie eine ältere Ansicht aus dem romanischen Rechtskreis88) das Außenver-

83 Eine Mindermeinung (DÔGAUCHI (2005) 203; SAWAKI/DÔGAUCHI (2006) 184 f.) befürwortet wie bei der Rechtsfähigkeit die ausschließliche Anwendung des Gesellschaftsstatuts. Sie ist allerdings aus den oben im Text bei Fn. 54 genannten Gründen abzulehnen. 84 EBENROTH/BOUJONG/JOOST/STROHN (2008) Anhang Handelsregisteranmeldungen mit Auslandsbezug Rn. 41; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 290 (Spahlinger/Wegen); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 582. 85 SAWAKI/DÔGAUCHI (2006) 230 f. 86 SANO (2001) 183 f.; TAKAKUWA (2005) 272; OOSUGI (2000) 46; ISHIGURO (1983) 268; ORIMO (1972) 56, 58 Fn. 4. 87 SAKURADA (2006) 172; YAMADA (2004) 273 f; dazu auch NISHITANI (2011) Rn. 70. 88 Dazu SCHWARZ (2007) 741 f. m.w.N.

B. Einzelfragen

205

hältnis akzessorisch an das Statut des Innenverhältnisses an.89 Ist danach jedoch die Vollmacht ungültig, wenden die Vertreter dieser Meinung zum Schutz des Vertragspartners analog Art. 4 Abs. 2 RAG das Vornahmestatut an. Andere Autoren in der Literatur sprechen sich hingegen – wie die herrschende Meinung in Deutschland90 – zum Schutz des Vertragspartners für eine eigenständige Anknüpfung an das Recht des Ortes aus, an dem der Vertreter von der Vollmacht Gebrauch gemacht hat.91 Übertragen auf die Teilnahme der Gesellschaft am Rechtsverkehr ist demnach auf das Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Organ unstreitig das Gesellschaftsstatut anzuwenden.92 Die Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft entspricht dem Außenverhältnis bei der Stellvertretung, da es um die Frage geht, ob die Gesellschaft gegenüber einem Vertragspartner wirksam Rechte und Pflichten erworben hat. Das auf die Geschäftsfähigkeit anwendbare Recht entscheidet sich also danach, welchem Recht das Außenverhältnis bei der gewillkürten Stellvertretung unterstellt wird. Die Autoren, die von einer Vergleichbarkeit des Vollmachtsstatuts mit dem auf die Geschäftsfähigkeit anwendbaren Recht ausgehen, sprechen sich in der Mehrzahl für die ausschließliche Anwendung des Rechts des Ortes aus, an dem gehandelt wurde.93 Andere gehen davon aus, dass auf das Außenverhältnis grundsätzlich das Gesellschaftsstatut anzuwenden ist. Fehlt die Geschäftsfähigkeit danach, ist sie aber nach dem Vornahmestatut gegeben, so wird ausnahmsweise analog Art. 4 Abs. 2 RAG das Vornahmestatut angewendet (wobei Distanzgeschäfte ausgenommen sind).94 Begründet wird die Parallele zur Vollmacht damit, dass die Gesellschaft, die andere für sich handeln läßt, genau wie der Vertretene, der selbst seinen Handlungsbereich ausdehnt, indem er einem anderen das Vertretungsrecht überträgt, im Geschäftsverkehr auch für die Risiken einstehen solle, die die Handlungen des Vertreters mit sich bringen.95 Kritiker bemängeln, dass die 89 YAMADA (2004) 275; TAMEIKE (2005) 317; DG Kobe, Urteil vom 2. September 1959, Kamin Bd. 10 Nr. 9, 1849. 90 BGH, Urteil vom 9. Dezember 1964, BGHZ 43, 21, 26; BGH, Urteil vom 13. Mai 1982, NJW 1982, 2733; BGH, Urteil vom 26. April 1990, NJW 1990, 3088; BGH, Urteil vom 3. Februar 2004, NJW 2004, 1315; OLG München, Urteil vom 10. März 1988, NJW-RR 1989, 663; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5431 (Hausmann); VON HOFFMANN/THORN (2007) § 10 Rn. 14. Kritisch dazu MÜNCHKOMM BGB/Spellenberg (2010) Vorbemerkung zu Art. 11 EGBGB, Rn. 108, 145 ff.; PALANDT-Thorn (2013) Anh zu Art. 10 EGBGB Rn. 1; SOERGEL-Lüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 93; SCHWARZ (2007) 744 ff. 91 TAKAKUWA (1996) 95; SAKURADA (2006) 173. 92 TAKAKUWA (2005) 272. 93 SANO (2001) 184; TAKAKUWA (2005) 272. 94 ISHIGURO (1983) 268; OOSUGI (2000) 46. 95 SANO (2001) 183 f.

206

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Interessenlage bei der Beurteilung der organschaftlichen Vertretung nicht mit der bei der Vollmacht vergleichbar sei, die der freien Wahl des Vollmachtgebers unterliegt.96 Dem ist zuzustimmen. Denn anders als eine natürliche Person, die vertreten wird, hat eine Gesellschaft keine Wahl, ob sie selbst handelt oder sich vertreten lässt. Als rechtliches Konstrukt kann sie allein durch ihre Organe handeln. Zudem sind Organe in der Regel dauerhaft zur Vertretung bestellt und es besteht durch die Institutionalisierung eine gewisse Verstetigung, die außerdem häufig durch Eintragung im Handelsregister veröffentlicht wird.97 Eine gewillkürte Stellvertretung wird sich dagegen häufig in einem einmaligen Rechtsgeschäft erschöpfen und kann allenfalls durch eine Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden. b.

Sonderanknüpfung analog Art. 4 Abs. 2 RAG

Andere Autoren machen ohne Parallele zur gewillkürten Stellvertretung von der grundsätzlichen Anwendung des Gesellschaftsstatuts analog Art. 4 Abs. 2 RAG eine Ausnahme, wenn die Geschäftsfähigkeit nach dem Gesellschaftsstatut fehlt, nach dem Vornahmestatut aber gegeben ist.98 Dies stimmt mit der herrschenden Meinung in Deutschland überein, die von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts aus Gründen des Verkehrsschutzes analog Art. 13 Rom I-VO bzw. Art. 12 Satz 1 EGBGB eine Ausnahme macht.99 Voraussetzung ist jeweils, dass die Gesellschaft und ihr Vertragspartner sich zur Zeit des Vertragsschlusses an Orten befinden, an denen dasselbe Recht gilt. Jedoch verlangt Art. 4 Abs. 2 RAG – anders als Art. 13 Rom I-VO bzw. Art. 12 Satz 1 EGBG und vereinzelt in der japanischen Literatur gefordert100 – nicht die Gutgläubigkeit des Vertragspartners, da der

Die Verf. sprach diese und weitere Fragen in einem Vortrag am 24. Februar 2009 an der Universität Tokyo an, den sie auf Einladung von Professor Tomotaka Fujita im Rahmen des Global Center of Excellence Program halten durfte. An der anschließenden Diskussion nahmen u.a. die Professoren Tomotaka Fujita, Hideki Kanda, Hiroyuki Kansaku, Kenichi Osugi und Yoshihisa Hayakawa teil. 96 SAWAKI/DÔGAUCHI (2006) 230 f. 97 Siehe dazu oben Dritter Teil, B.III.2.b.iv. 98 SAKURADA (2006) 164; TAMEIKE (2005) 299 f. 99 OLG Hamm, Urteil vom 6. Juni 1957, IPRspr 1956/57, Nr. 27; WIECZOREK/SCHÜTZE (1994) § 55 Rn. 40; SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 26 (Müller); REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5202 (Hausmann); MÜNCHKOMM BGB/ Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 567; RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 10. Zum Verhältnis von Art. 13 Rom I-VO und Art. 12 EGBGB siehe MÜNCHKOMM BGB/Spellenberg (2010) VO (EG) 593/2008 Art. 13 Rn. 2 f. Anderer Ansicht dagegen SOERGEL-Lüderitz (1996) Anh. Art. 10 Rn. 39 (anwendbar nur, wenn kein Auslandsbezug erkennbar). 100 TATSUTA (1985) 281.

B. Einzelfragen

207

Beweis der subjektiven Voraussetzungen als problematisch angesehen wurde.101 4.

Haftung bei fehlender Geschäftsfähigkeit

Möglicherweise haftet die Gesellschaft nach Rechtsscheingrundsätzen, wenn ein Organ seine organschaftliche Vertretungsmacht überschreitet. Die Frage, welches Recht auf die Anscheinsvollmacht anzuwenden ist, ist in Deutschland wie in Japan umstritten. In Deutschland sprechen sich der BGH und Teile der Literatur für die Anwendung des Rechtes des Ortes aus, an dem der Rechtsschein entstanden ist und sich ausgewirkt hat.102 Auch Teile der japanischen Literatur vertreten die Meinung, es sei das Recht des Ortes anzuwenden, an dem Vertreter und Dritter gehandelt haben.103 Die wohl überwiegende Meinung in der japanischen Literatur befürwortet jedoch (wie einige deutsche Autoren104) die Anwendung des Vollmachtsstatuts. Zum Schutz des Dritten sei allerdings Art. 4 Abs. 2 RAG analog anzuwenden.105 IV.

Partei- und Prozessfähigkeit

Die Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, in eigenem Namen zu klagen und verklagt zu werden.106 Die Prozessfähigkeit ist die Fähigkeit der Partei, selbst oder durch selbst bestellte Vertreter Prozesshandlungen vorzunehmen oder wirksam entgegenzunehmen.107 Sie betrifft die Vertretungsmacht der Gesellschaftsorgane im Prozess, d.h. die Frage, welche natürliche Person als Vertre-

101

Siehe dazu m.w.N. oben II.1.b.i. MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 585; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 280; BGH, Urteil vom 9. Dezember 1964, BGHZ 43, 21, 27; BGH, Urteil vom 5. Februar 2007, NJW 2007, 1529, 1530; bei einem Distanzgeschäft ist nach BGH, Urteil vom 20. Juli 2012, NZG 2012, 1192 (Leitsatz) jedenfalls dann das Recht am Ort der Abgabe der Willenserklärung maßgeblich, wenn dieses Recht zugleich über die organschaftliche Vertretungsmacht entscheidet. 103 SAKURADA (2006) 172 ff. 104 REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 2480 (Hausmann). 105 TAMEIKE (2005) 316 ff.; TATSUTA (1985) 282; YAMADA (2004) 276 ff. 106 Für Japan vgl. TAKAKUWA/DÔGAUCHI (2002) 163 (Takakuwa); YAMADA (2004) 236; PETERSEN (2003) 317 („die Fähigkeit, im Rechtsstreit Partei zu sein“) m.w.N.; SAKURADA (2006) 329. Für Deutschland vgl. THOMAS/PUTZO (2011) § 50 Rn. 1 (Hüßtege) („die Fähigkeit, im Rechtsstreit Partei zu sein“); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 289 („die Fähigkeit, in einem Rechtsstreit vor Gericht Kläger, Beklagter, Haupt- oder Nebenintervenient zu sein“). 107 Für Japan vgl. PETERSEN (2003) 330 m.w.N.; SAKURADA (2006) 329. Für Deutschland vgl. MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 588. 102

208

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

ter der Gesellschaft den Prozess führen kann.108 Wie die Partei- und die Prozessfähigkeit einer Gesellschaft anzuknüpfen sind, ist in Deutschland wie in Japan streitig. 1.

Meinungsstand

a.

Anwendbarkeit der lex fori

Wie die früher in Deutschland herrschende Meinung befürwortet auch die traditionelle herrschende Meinung in Japan die Anwendung der lex fori auf die Partei- und die Prozessfähigkeit einer ausländischen Gesellschaft.109 Begründet wird dies damit, dass die Entscheidung über Partei- und Prozessfähigkeit eine prozessrechtliche Fragestellung sei. Hier gelte der Grundsatz forum regit processum.110 Ausländischen Vereinigungen die Parteifähigkeit zuzuerkennen sei eine rechtspolitische Entscheidung mit Bezug zur Gerichtsverwaltung, die dem jeweiligen Staat überlassen werden solle. Sie sei untrennbar mit anderen Fragen des Prozessrechts verknüpft. Durch Anwendung eines der lex fori fremden Zivilprozessrechts würden die Ausgewogenheit der prozessualen Vorschriften des Gerichtsstands und die Verfahrensgerechtigkeit beeinträchtigt.111 Auch aus der Stellungnahme des Gesetzgebungsbeauftragten bei der Reform des ZPG von 1926, bei der der hier relevante Art. 46 ZPG a.F. eingeführt wurde, geht hervor, dass er davon ausging, dass die Parteifähigkeit ausländischer Gesellschaften nach der lex fori bestimmt werde.112 Die Regelungen zu Partei- und Prozessfähigkeit in Art. 28 Satz 1 ZPG (Art. 45 Satz 1 ZPG a.F.) und zur Parteifähigkeit in Art. 29 ZPG (Art. 46 ZPG a.F.) sind am deutschen Recht orientiert, haben aber eine leicht abweichende Regelungstechnik.113 Während § 50 Abs. 1 ZPO den Grundsatz regelt, dass jede rechtsfähige Person parteifähig ist, wird dies im japanischen ZPG 108

YAMADA (2004) 236. Zur Abgrenzung zur Prozessführungsbefugnis DG Tokyo, Urteil vom 20. Dezember 1968, Hanrei Jihô 563 (1969) 54, siehe dazu unten 2.b. 109 Für Deutschland vgl. GRASMANN (1970) Rn. 856, 862; RIEZLER (1949) 415, 420; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1955, BGHZ 19, 240 (allgemein zur Prozessfähigkeit eines Ausländers). Auch in der neueren Literatur gibt es vereinzelt Stimmen, die die Anwendung der lex fori befürworten, siehe MÜNCH. HDB. GESR VI/Lehmann (2013) § 5 Rn. 67 f. Für Japan vgl. AOYAMA (1987) 209 ff.; ISHIGURO (1982) 73 ff.; KOBAYASHI (2003) 149 und 151; TAKAKUWA (2005) 284 ff. Auch die Rechtsprechung folgt mehrheitlich dieser Meinung. Siehe dazu unten 2.a. 110 Allgemein zur Regel forum regit processum im japanischen Recht NISHITANI (2011) Rn. 106. 111 TAKAKUWA (2005) 284 ff. 112 Dazu ausführlich TAKAKUWA (2005) 285 Fn. 58 m.w.N. Zur Reform von 1926 PETERSEN (2003) 316. 113 Zur Orientierung der Vorschriften am deutschen Recht TAKAKUWA/DÔGAUCHI (2002) 164 (Takakuwa). Allgemein zur Rezeption deutschen Zivilprozessrechts KAKIUCHI (2011) Rn. 5; HEATH/PETERSEN (2002) 6.

B. Einzelfragen

209

als selbstverständlich vorausgesetzt.114 Auch wurde der Grundsatz, dass der Umfang der Prozessfähigkeit dem der Geschäftsfähigkeit entspricht, nicht wie in Deutschland (§ 52 Abs. 1 ZPO) im Gesetz verankert. Art. 28 Satz 1 ZPG regelt lediglich (wie im deutschen Recht § 51 Abs. 1 ZPO), nach welchen Vorschriften Partei- und Prozessfähigkeit zu bestimmen sind: „Die Parteifähigkeit, die Prozessfähigkeit und die gesetzliche Vertretung von Personen, die nicht prozessfähig sind, richtet sich nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuches (Gesetz Nr. 89/1896) nebst anderen Gesetzen und Verordnungen, sofern dieses Gesetz nichts ande115 res bestimmt.“

Partei- bzw. prozessfähig ist also, wer nach dem ZG und anderen Gesetzen und Verordnungen rechts- bzw. geschäftsfähig ist.116 Im Rahmen dieser prozessrechtlichen Regelung werden als materiellrechtliche Vorfragen die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft geprüft. Es wird angenommen, dass die Verweisung in Art. 28 ZPG das Kollisionsrecht umfasst.117 Ausländische Vereinigungen sind danach parteifähig, wenn sie nach dem Gesellschaftsstatut rechtsfähig sind.118 Teilweise wird angenommen, dass zusätzliche Voraussetzung der Parteifähigkeit die Anerkennung gemäß Art. 36 ZG a.F. (heute Art. 35 ZG) ist.119 Fehlt der ausländischen Vereinigung die Rechtsfähigkeit, so ist die prozessuale Sonderregelung des Art. 29 ZPG anzuwenden: „Nicht rechtsfähige Vereinigungen und Stiftungen, die ihrer Satzung nach einen Vertreter 120 oder Verwalter haben, können unter ihrem Namen klagen und verklagt werden.“

Auch nicht rechtsfähige Vereinigungen sind also parteifähig, sofern sie einen in der Satzung bestimmten Vertreter oder Verwalter haben, was von der Rechtsprechung teilweise recht weit ausgelegt wird.121 Dies entspricht der

114

Ausführlich dazu TAKAKUWA/DÔGAUCHI (2002) 164 (Takakuwa). Übers. aus HEATH/PETERSEN (2002). 116 HEATH/PETERSEN (2002) 9; KAKIUCHI (2011) Rn. 40 f. 117 SAKURADA (2006) 330. Auch in Deutschland wird angenommen, dass die Bezugnahme auf die Rechtsfähigkeit in § 50 Abs. 1 ZPO eine Verweisung auf das einschlägige Kollisionsrecht enthält, siehe BGH, Urteil vom 30. Juni 1965, JZ 1965, 580. 118 TAKAKUWA (2005) 284 f.; YAMADA (2004) 241 Fn. 11. Siehe dazu die Entscheidung des DG Tokyo vom 14. Dezember 2007 (dazu unten 2.a.ee.). Zur Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts auf die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft siehe oben II.1. 119 KIKUI/MURAMATSU (1978) 227. Dagegen das OG Tokyo in seinem Urteil vom 20. Dezember 1974, siehe unten 2.a.iv. (andere Bewertung des Urteils aber bei NISHITANI (2011) Rn. 163 Fn. 306). Zur Anerkennung nach Art. 35 ZG siehe oben Dritter Teil, A.I.2. 120 Übers. aus HEATH/PETERSEN (2002). 121 Siehe das Urteil des DG Tokyo vom 16. Mai 1972 (dazu unten 2.a.iii.) und auch das Urteil des OG Tokyo vom 9. August 1955 (dazu unten 2.a.i.). 115

210

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Rechtslage in Deutschland, wo nicht rechtsfähige Vereine gemäß § 50 Abs. 2 ZPO passiv und (seit 2009122) aktiv parteifähig sind. Ausländische Vereinigungen sind nach Art. 28 Satz 1 ZPG prozessfähig, wenn sie nach ihrem Gesellschaftsstatut geschäftsfähig sind. Sind sie nicht geschäftsfähig, so ist die prozessuale Sonderregelung des Art. 33 ZPG zu beachten, die § 55 der deutschen ZPO entspricht: „Ein nach dem Recht seines Landes nicht prozessfähiger Ausländer gilt als prozessfähig, 123 124 wenn er nach japanischem Recht prozessfähig wäre.“

Nach herrschender Meinung regelt Art. 33 ZPG nur die Prozessfähigkeit ausländischer natürlicher Personen, ist aber auf die Prozessfähigkeit ausländischer Vereinigungen analog anzuwenden.125 Auch eine nach ihrem Heimatrecht nicht geschäftsfähige ausländische Vereinigung ist also prozessfähig, wenn sie nach japanischem Recht geschäftsfähig wäre. b.

Anwendbarkeit des Gesellschaftsstatuts

Heute spricht sich in Japan ein Teil der Literatur wie die herrschende nung in Deutschland dafür aus, die Partei- und die Prozessfähigkeit ausländischen Vereinigung grundsätzlich nach ihrem Personalstatut, nach der lex fori, zu beurteilen.126 Die japanischen Befürworter dieser 122

THOMAS/PUTZO (2011) § 50 MANN/THORN (2007) § 3 Rn. 104.

Meieiner nicht Mei-

Rn. 7 (Hüßtege). Zur Rechtslage vor 2009 VON HOFF-

123 Anm. d. Verf.: Bei Erlass des RAG wurde gemäß Art. 9 Zusatzbestimmungen (fusoku) zum RAG in Art. 33 der Ausdruck Nihon no hôritsu [japanisches Recht, wobei hôritsu auch „formelles Gesetz“ bedeuten kann; siehe GÖTZE (2007)] durch Nihon-hô [japanisches Recht] ersetzt. Dies war keine inhaltliche Änderung, sondern sollte klarstellen, dass der Verweis auf das anwendbare Recht die gesamte Rechtsordnung, nicht nur formelles Gesetzesrecht umfasst (KOIDE (2009) 443). 124 Übers. aus HEATH/PETERSEN (2002). 125 YAMADA (2004) 237 Fn. 12. 126 Für Deutschland BGH, Urteil vom 21. November 1996, NJW 1997, 657; OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Januar 1993, IPRax 1993, 412; OLG Düsseldorf, Urteil vom 8. Dezember 1994, IPRax 1996, 423; OLG Hamm, IPRax 1998, 358; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 20. Oktober 2000, RIW 2001, 373; WIECZOREK/SCHÜTZE (1994) § 50 Rn. 72 (Hausmann); MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2 Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 118 (Leible); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 292 und 295; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 586 (Assmann); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 587 f.; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 294, 296 (Spahlinger/Wegen); WAGNER (2005) 229; ZÖLLER-Vollkommer (2012) § 51 Rn. 1; KEGEL/SCHURIG (2004) § 17 II.2; HIRTE/BÜCKER (2006) § 11 Rn. 27, 30 (Leible); ROWEDDER/SCHMIDT-LEITHOFF (2013) Einl. Rn. 380 (Schmidt-Leithoff); RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 10. So für die Prozessfähigkeit auch MÜNCHKOMM ZPO/Lindacher (2013) § 55 Rn. 3, der zu Recht darauf hinweist, dass das Urteil nach einem Verfahren ohne den nach Heimatrecht erforderlichen gesetzlichen Vertreter im Heimatstaat möglicherweise nicht anerkannt und vollstreckt wird.

B. Einzelfragen

211

nung argumentieren, für die betreffenden Gesellschaften seien die Partei- und die Prozessfähigkeit zentrale Eigenschaften; diese seien daher nach dem Recht zu beurteilen, mit dem sie am engsten verbunden seien, also ihrem Personalstatut. Da zudem die Parteifähigkeit einer Gesellschaft eng mit ihrer Rechtsfähigkeit und die Prozessfähigkeit eng mit ihrer Geschäftsfähigkeit zusammenhänge und dort die herrschende Meinung das Personalstatut der Gesellschaft anwende, sei die Anwendung des Personalstatuts der Gesellschaft vorzuziehen.127 Rechtstechnisch begründet die japanische Lehre diesen Ansatz ähnlich wie die deutsche Literatur.128 Art. 33 ZPG129 setze seinem Sinn nach eine ungeschriebene verfahrensrechtliche Kollisionsnorm voraus, nach der auf die Prozessfähigkeit und darüber hinaus auch auf die Parteifähigkeit das Heimatrecht der Person anwendbar sei.130 Art. 33 ZPG sei als Ausnahmeregelung zum Schutz des inländischen Verfahrens anzuwenden. Eine Vereinigung, die nach ihrem Gesellschaftsstatut nicht prozessfähig ist, sei daher gemäß Art. 33 ZPG prozessfähig, wenn die lex fori dies bestimme. In Bezug auf die Parteifähigkeit sei Art. 29 ZPG, der auf inländische Sachverhalte zugeschnitten sei, nicht anzuwenden. Jedoch sei der Rechtsgedanke des Art. 33 ZPG auch auf eine nicht parteifähige Vereinigung anzuwenden und sie daher als parteifähig zu behandeln, wenn sie gemäß der lex fori parteifähig ist.131 c.

Stellungnahme

Im Grunde enthält auch der traditionell geltende Grundsatz forum regit processum eine verfahrensrechtliche Kollisionsnorm, die anordnet, dass verfahrensrechtliche Fragen auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten dem Für Japan YAMADA (1962) 413 ff.; YAMADA (2004) 237. 127 YAMADA (2004) 237. Zur Anwendung des Gesellschaftsstatuts auf Rechts- und Geschäftsfähigkeit siehe oben II. und III. 128 Siehe dazu die grundlegenden Ausführungen von PAGENSTECHER (1948) 250 f.; weiter MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2 Rn. 121 (Leible); EIDENMÜLLER (2004a) § 5 Rn. 128 (Rehm); SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 296 (Spahlinger/Wegen); BGH, Urteil vom 29. Januar 2003, BGHZ 153, 353. 129 Art. 33 ZPG lautet (Übers. aus NAKAMURA/HUBER (2006)): „Ein Ausländer, der nach dem Recht seines Landes nicht prozessfähig ist, gilt als prozessfähig, wenn er die Prozessfähigkeit nach japanischem Recht besitzt.“ Wie oben unter a. dargelegt, ist Art. 33 ZPG auf ausländische Vereinigungen entsprechend anzuwenden. 130 YAMADA (1962) 419; ausführlich dazu SAKURADA (2006) 330 f.; TAKAKUWA/DÔGAUCHI (2002) 174 (Yamamoto). 131 YAMADA (2004) 237, 270. Zu diesem Ansatz SAKURADA (2006) 330. Siehe auch NISHITANI (2011) Rn. 165 Fn. 307. Siehe dazu das Urteil des DG Tokyo, 20. Dezember 1968, Hanrei Jihô 563 (1969) 54, dazu unten 2.b. Vergleiche zur entsprechenden Vorgehensweise in Deutschland analog § 55 ZPO VON HOFFMANN/THORN (2007) § 3 Rn. 104; SCHACK (2010) Rn. 599.

212

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

japanischen Prozessrecht zu unterstellen sind.132 Es ist anzuerkennen, dass rechtspolitische Entscheidungen mit Bezug zur Gerichtsverwaltung, etwa Zuständigkeitsregelungen, grundsätzlich dem jeweiligen Staat überlassen werden sollten.133 Jedoch weisen die Fragen der Partei- und Prozessfähigkeit einen engen Bezug zur Rechts- und Geschäftsfähigkeit der ausländischen Vereinigung auf. Dieser Zusammenhang sollte nicht durch Zuweisung zu verschiedenen Rechtsordnungen zerrissen werden. Hier ist daher die Anwendung einer abweichenden verfahrensrechtlichen Kollisionsnorm angemessen. Vorzuziehen ist daher die Meinung, die die Partei- und Prozessfähigkeit dem Gesellschaftsstatut unterstellt. Es ist daher kritisch zu bewerten, dass in Deutschland die Verfasser des RefE die Anwendung der lex fori befürworten.134 Die Unterschiede zwischen den Ansichten werden dadurch relativiert, dass beide Meinungen die Partei- und Prozessfähigkeit großzügig annehmen.135 Dies ist im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes zu begrüßen. Einige Autoren befürworten eine vermittelnde Meinung, nach der die Gesellschaft parteibzw. prozessfähig ist, wenn ihr entweder die lex fori oder das Personalstatut die Partei- bzw. Prozessfähigkeit zuspricht.136 2.

Rechtsprechung

a.

Anwendung der lex fori

Die Rechtsprechung bestimmt die Parteifähigkeit mehrheitlich nach der lex fori.137

132

So auch SAKURADA (2006) 331. Zu dieser Begründung siehe oben a. und OG Tokyo, Urteil vom 28. Juni 1968 (dazu Teil unten 2.a.ii.). Allgemein dazu NISHITANI (2011) Rn. 106 m.w.N. 134 BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, Referentenentwurf – Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (2008), , 10; zustimmend zur Anwendbarkeit der lex fori WAGNER/TIMM (2008) 86. 135 Siehe dazu oben a. und b. Siehe auch die Gerichtsentscheidungen unten unter 2. 136 Für Deutschland WIECZOREK/SCHÜTZE (1994) § 50 Rn. 72 (Hausmann); SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 27 (Müller); MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2 Rn. 118 und 121 (Leible); GEIMER (2009) RN. 2203 und 2217 f.; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 587; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5181 f. (Hausmann); SOERGEL-Lüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 29. Für Japan KAWAMURA (1982) 257; MATSUOKA (1984) 164 f., 177 f. 137 Keine Aussage zum anwendbaren Recht machte das DG Tokyo hingegen in seinem Urteil vom 26. Dezember 1983, Hanrei Jihô 1123 (1984) 102. Das Gericht entschied, dass die Klägerin, eine nach dem Recht Südvietnams gegründete Gesellschaft, ihre Parteifähigkeit verloren habe, da sie aufgrund des Untergangs des südvietnamesischen Staates ihre 133

B. Einzelfragen

i.

213

OG Tokyo, 9. August 1955

Das OG Tokyo entschied im Jahr 1955 darüber, welche ausländischen Vereinigungen unter Art. 46 ZG a.F. (heute Art. 29 ZPG) fallen.138 In der Vorinstanz hatte das DG Tokyo entschieden, dass eine nach britischem Recht in Hongkong gegründete Partnership wegen der unbegrenzten Haftung der Mitglieder und der Einschränkungen beim Ein- und Austritt von Mitgliedern eher mit der japanischen Rechtsform der Gesellschaft des ZG (kumi’ai) als mit einem nicht rechtsfähigen Verein (hôjin ni arazaru shadan) vergleichbar sei.139 Daher sei Art. 46 ZPG a.F., der sich (wie auch der jetzt geltende Art. 29 ZPG) nur auf die Rechtsform Verein (shadan) bezog, nicht einschlägig. Die Partnership sei daher nicht parteifähig.140 Das OG Tokyo hob dieses Urteil in der 2. Instanz auf. Auch auf eine ausländische Gesellschaft, die der Rechtsform einer Gesellschaft nach dem ZG (kumi’ai) nahestehe, sei – obwohl Art. 46 ZPG sich ausdrücklich nur auf Vereine (shadan) bezieht – Art. 46 ZPG anzuwenden.141 ii.

OG Tokyo, 28. Juni 1968

Das DG Tokyo bestimmte 1960 die Parteifähigkeit einer kenianischen Partnership nach deren Gesellschaftsstatut.142 Diese Entscheidung wurde jedoch im Jahr 1968 in zweiter Instanz vom OG Tokyo aufgehoben.143 Das DG hatte seine Entscheidung folgendermaßen begründet: „Art. 45 ZPG [Anm. d. Verf.: a.F., heute Art. 28 ZPG] bestimmt nur für den Fall, dass es nach diesem Recht für die Partei- und Prozessfähigkeit eine besondere Bestimmung gibt, dass das ZG oder andere gesetzliche Bestimmungen anwendbar sind. Ist eine ausländische Person Partei, so sind auf sie folglich die international-privatrechtlichen Regeln Japans anwendbar, wenn man sagt, dass ihre Partei- und Prozessfähigkeit nach den ‚anderen gesetzlichen Bestimmungen’ bestimmt wird. Lässt man die Prozessfähigkeit einmal beiseite, muss man, da es für die Parteifähigkeit keine ausdrückliche Bestimmung gibt, nach der Rechtspersönlichkeit verloren habe. Dazu unten Text bei Fn. 318. Ausführlich zur Entscheidung PETERSEN (2003) 328. Das Urteil des DG Tokyo vom 21. September 1977 wandte zur Beantwortung der Frage, ob die Universität der Vereinten Nationen parteifähig sei, den Vertrag zwischen Japan und der UN an. Dazu PETERSEN (2003) 328 f. (die das Datum der Entscheidung mit 21. Juli 1977 angibt). 138 OG Tokyo, Urteil vom 9. August 1955, Kamin Bd. 6 Nr. 8, 1583. Dazu PETERSEN (2003) 324. 139 DG Tokyo, Urteil vom 31. März 1955, Kamin Bd. 6 Nr. 3, 616. 140 DG Tokyo, a.a.O. 141 OG Tokyo (Fn. 138) 1583. 142 DG Tokyo, Urteil vom 9. August 1960, Kamin Bd. 11 Nr. 8, 1647. Dazu PETERSEN (2003) 322 f. 143 OG Tokyo, Urteil vom 28. Juni 1968, Kô-minshû Bd. 21 Nr. 4, 353. Dazu PETERSEN (2003) 325.

214

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Natur der Sache [kotogara no seishitsu] entscheiden. Weil nun die Parteifähigkeit die Fähigkeit bzw. Befugnis ist, als Partei zu klagen oder verklagt zu werden, kann man sie im weiteren Sinn als eine Art besonderer Rechtsfähigkeit verstehen; sie ist aber nicht wie die normalen besonderen Rechtsfähigkeiten eine Begrenzung der Fähigkeit oder Stellung, Subjekt von bestimmten Rechten und Pflichten zu sein, sondern weiter die Befugnis, im allgemeinen Partei in einem Prozess zu werden. Deshalb ist es nach Meinung des Gerichts angemessen, die Parteifähigkeit nach dem Personalstatut zu beurteilen, das das auf Fähigkeiten allgemein anwendbare Recht ist. Grundsätzlich werden Angelegenheiten eines Prozesses nach der lex fori behandelt. Ursprung dieses Grundsatzes ist die tatsächliche Notwendigkeit des Gerichtsverfahrens und die Tatsache, dass das Gericht in Ausübung der Staatsgewalt handelt. Diese Ziele können nach Ansicht des Gerichts auch erreicht werden, wenn die Parteifähigkeit nach dem Personalstatut bestimmt und auf den Rest des Verfah144 rens die lex fori angewendet wird.“

Auch wies das Gericht darauf hin, dass die zusätzliche Prüfung von Art. 46 ZPG a.F. (Art. 29 ZPG) bei ausländischen Gesellschaften, die wie die kenianische Partnership nach japanischem Recht nicht rechtsfähig, nach ihrem Personalstatut aber parteifähig sind, nicht erforderlich sei. Vielmehr solle die Entscheidung des ausländischen Rechts, der Gesellschaft Parteifähigkeit zuzugestehen, uneingeschränkt respektiert werden.145 In einem Zusatz führte das Gericht aus, dass auf eine ausländische Gesellschaft, die nach ihrem Personalstatut nicht parteifähig ist, aus Gründen der Gleichbehandlung mit japanischen Gesellschaften Art. 46 ZPG a.F. anzuwenden sei. Eine solche Gesellschaft sei also in Japan parteifähig, wenn sie ihrer Satzung nach einen Vertreter habe. Das DG folgte damit bereits 1960 einer Argumentation, die sich in der jüngeren Literatur durchgesetzt hat.146 Das OG Tokyo setzte jedoch mit folgender Begründung die Anwendung der lex fori durch: „Weil es im japanischen Internationalen Zivilprozessrecht für die Parteifähigkeit keine Vorschrift wie Art. 51 ZPG [a.F.] für die Prozessfähigkeit von ausländischen Personen gibt, ist sie nach der Natur der Sache [jôri] zu bestimmen. Da die Rechtsprechung Ausübung der Staatsgewalt ist, sollte grundsätzlich auf den Zivilprozess das Recht des Ortes, an dem der Prozess durchgeführt wird, also die lex fori, angewendet werden, und weil die Parteifähigkeit ein Begriff des Zivilprozessrechts ist, ist sie nach der lex fori zu beurtei147 len.“

Das OG wendete Art. 46 ZPG a.F. (heute Art. 29 ZPG) an. Da die kenianische Gesellschaft ihrer Satzung nach einen Vertreter hatte, war sie in Japan parteifähig.

144

DG Tokyo, Urteil vom 9. August 1960, Kamin Bd. 11 Nr. 8, 1661 f.; Übers. d. Verf. Vgl. PETERSEN (2003) 323. 146 Zur Literaturmeinung siehe oben 1.b. 147 OG Tokyo, Urteil vom 28. Juni 1968, Kô-minshû Bd. 21 Nr. 4, 353; Übers. d. Verf. 145

B. Einzelfragen

iii.

215

DG Tokyo, 16. Mai 1972

Im Jahr 1972 wendete das DG Tokyo auf die aktive Parteifähigkeit einer nach dem Recht von New York in Form einer Partnership gegründeten Rechtsanwaltskanzlei die lex fori an.148 Dabei machte es Ausführungen dazu, wie die Vorschriften des Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags zwischen Japan und den USA149 zu berücksichtigen seien: „Das Gerichtsverfahren wird im Land des zuständigen Gerichts auf der Grundlage der internationalen Zuständigkeit und nach dem Prozessrecht dieses Landes durchgeführt, und auch die Frage, welcher Person oder welcher Vereinigung Parteifähigkeit eingeräumt werden soll, sollte nach dem Prozessrecht der lex fori entschieden werden. Folglich ist die Auslegung angemessen, das Vorliegen der Parteifähigkeit der Klägerin nach dem Prozessrecht der lex fori, also nach dem japanischen Zivilprozessrecht, zu entscheiden. Art. XXII Abs. 3 des amerikanisch-japanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags bestimmt: ,Im vorliegenden Staatsvertrag bedeutet ‚Gesellschaft‘ [kaisha] Körperschaft [shadan hôjin], Personengesellschaft [kumi’ai], Gesellschaft [kaisha] und andere Vereinigung [dantai], ungeachtet dessen, ob sie in der Haftung beschränkt sind und ob sie gewinnorientiert sind. Gesellschaften, die nach den Gesetzen und Verordnungen, die in einem der beiden Vertragsstaaten gelten, gegründet wurden, werden als dessen Gesellschaften angesehen und werden in ihrer rechtlichen Stellung innerhalb des Gebiets des 150 anderen Staates anerkannt.’ Dies kann aber nicht so ausgelegt werden, dass der hier verwendete Ausdruck ‚rechtliche Stellung’ auch die Parteifähigkeit umfasst. Daher ist für das Vorliegen der Parteifähigkeit vielmehr in Art. IV Abs. 1 des Vertrages Folgendes geregelt: ‚Die Staatsangehörigen und Gesellschaften jedes Vertragsstaats sollen zur Ausübung und Verteidigung ihrer Rechte in Bezug auf den Zugang zu Gericht in allen Instanzen innerhalb des Gebietes des anderen Vertragsstaates Inländerbehandlung und Meistbe151 günstigungsbehandlung erhalten.’ Die Parteifähigkeit einer Partnership der USA ist bei 148 DG Tokyo, Urteil vom 16. Mai 1972, Kamin Bd. 23 Nr. 5-8, 230. Dazu PETERSEN (2003) 325. 149 Treaty of Friendship, Commerce and Navigation between the United States and Japan, unterschrieben in Tokyo am 9. April 1953; in Japan Yûkô tsûshô kôkai jô’yaku [Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 27 vom 28. Oktober 1953, in Kraft seit dem 30. Oktober 1953. Dazu PETERSEN (2003) 318 Fn. 11. Siehe die Übersicht über die für ausländische Vereinigungen relevanten Staatsverträge im Anhang unter C. 150 Yûkô tsûshô kôkai jô’yaku [Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 27 vom 28. Oktober 1953; Übers. d. Verf. Im englischen Vertragstext: „As used in the present Treaty the term ‚companies’ means corporations, partnerships, companies and other associations, whether or not with limited liability and whether or not for pecuniary profit. Companies constituted under applicable laws and regulations within the territories of either party shall be deemed companies thereof and shall have their juridical status recognized within the territories of the other party.“ Siehe auch die Übers. ins Deutsche bei PETERSEN (2003) 318 Fn. 11. 151 Ungekürzt im englischen Vertragstext: „Nationals and companies of either Party shall be accorded national treatment and most-favored-nation treatment with respect to access to the courts of justice and to administrative tribunals and agencies within the territories of the other Party, in all degrees of jurisdiction both in pursuit and in defense of their

216

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Anwendung dieser Vorschrift so zu beurteilen, dass ihr in Japan nur die Inländergleichbehandlung (gemäß Art. 22 Abs. 1 des Vertrages) zusteht. Demnach ist die Parteifähigkeit der Klägerin, weil sie keine Rechtspersönlichkeit besitzt, nach Art. 46 ZPG zu bestim152 men.“

Das Gericht stellte schließlich fest, dass die Satzung der Gesellschaft jedem Partner die Befugnis gab, die Gesellschaft in allen rechtlichen Angelegenheiten selbständig zu vertreten. Dies wurde in der zu beurteilenden Partnership so umgesetzt, dass der mit der Erledigung eines konkreten Mandatsgeschäfts befasste Partner die Partnership in allen Angelegenheiten, die Bezug zu diesem Geschäft hatten, vertreten konnte. Dies erfüllte nach Meinung des Gerichts die Voraussetzung eines Vereins mit Verwalter gemäß Art. 46 ZPG a.F. Somit war die Partnership gemäß Art. 4 Abs. 1 des Freundschaftsvertrages i.V.m. Art. 46 ZPG a.F. parteifähig. iv.

OG Tokyo, 20. Dezember 1974

Im Jahr 1974 entschied das OG Tokyo, dass im Rahmen des Art. 46 ZPG a.F. (heute Art. 29 ZPG) die Anerkennung nach Art. 36 ZG a.F. (heute Art. 35 ZG) nicht erforderlich sei.153 In der Vorinstanz hatte das DG Tokyo entschieden, dass eine koreanische Stiftung gemäß Art. 46 ZPG a.F. als nichtrechtsfähige Stiftung parteifähig sei, da die Stiftung zwar nach koreanischem Recht rechtsfähig war, in Japan aber nach Art. 36 ZG a.F. nicht anerkannt wurde.154 Dem widersprach das OG Tokyo in zweiter Instanz. Es entschied, dass bei der Entscheidung über die Frage der Parteifähigkeit das Problem der Anerkennung nach Art. 36 Abs. 1 ZG a.F. irrelevant sei: „Die Frage, ob eine ausländische juristische Person nach ausländischem Recht wirksam gegründet wurde, ist getrennt von der Frage zu prüfen, ob eine nach ausländischem Recht wirksam gegründete ausländische juristische Person auch nach japanischem Recht als juristische Person bestehen und tätig werden kann. Bei der zuletzt genannten Frage bestimmt Art. 36 Abs. 1 des japanischen ZG bezüglich der Anerkennung eines Rechtssubjekts, das im Ausland nach ausländischem Recht die Rechtspersönlichkeit erworben hat, dass es nicht automatisch als Rechtssubjekt dauerhaft tätig werden darf, sondern dass die Anerkennung als Rechtssubjekt erforderlich ist. Diese Vorschrift legt die staatliche Kontrolle der Tätigkeit einer ausländischen Gesellschaft als juristische Person in Japan fest. Relevant für die Beurteilung des Vorliegens der Parteifähigkeit nach dem japanischen Zivilprozessrecht, das nach dem Internationalen Zivilprozessrecht anzuwenden ist, ist rights. It is understood that companies of either Party not engaged in activities within the territories of the other Party shall enjoy such access therein without registration or similar requirements.“ 152 DG Tokyo, Urteil vom 16. Mai 1972, Kamin Bd. 23 Nr. 5-8, 240 f.; Übers. d. Verf. 153 OG Tokyo, Urteil vom 20. Dezember 1974, Kô-minshû Bd. 27 Nr. 7, 989. Dazu PETERSEN (2003) 323 f.; YAMADA (2004) 237 Fn. 10. 154 DG Tokyo, Urteil vom 19. Februar 1972, Hanrei Jihô 670 (1972) 66. Dazu YAMADA (2004) 237 Fn. 10. Zur Anerkennung nach Art. 36 ZG a.F. siehe oben Dritter Teil, A.I.1.

B. Einzelfragen

217

allein, ob die betreffende ausländische juristische Person nach dem ausländischen Recht wirksam gegründet wurde. Die Prüfung beschränkt sich also auf die Betrachtung der oben zuerst genannten Frage, d.h. es ist kein Raum für das Problem der Anerkennung gemäß Art. 36 Abs. 1 ZG, die die Ausübung von Rechten als juristische Person in Japan be155 trifft.“

Vielmehr sei die Stiftung nach der in Art. 45 ZPG a.F. (Art. 28 ZPG n.F.) konkretisierten Natur der Sache (jôri)156 parteifähig, da sie nach ihrem Personalstatut, also nach koreanischem Recht, rechtsfähig sei. Eine Anwendung des Art. 46 ZPG a.F. (Art. 29 ZPG) sei nicht erforderlich.157 v.

DG Tokyo, 14. Dezember 2007

Im Jahr 2007 bestimmte das DG Tokyo die aktive Parteifähigkeit eines nordkoreanischen Staatsunternehmens für den Im- und Export koreanischer Filme gemäß Art. 28 ZPG.158 Die Klägerin hatte wegen einer Verletzung des Urheberrechts durch Berichterstattung über einen Film auf Unterlassung und Schadensersatz geklagt. Die Beklagte, die Fuji Television K.K., hatte dagegen u.a. vorgebracht, die Klägerin sei Verwaltungsorgan und also solches nicht parteifähig. Auch wenn ihr Heimatrecht ihr die Rechtsfähigkeit zugestehe, könne sie jedenfalls nicht parteifähig sein, weil ein Verwaltungsorgan nach japanischem Recht keine Rechte innehaben könne. Das DG wendete die lex fori an und führte dazu Folgendes aus: „Die Parteifähigkeit ist ein prozessrechtlicher (verfahrensrechtlicher) Begriff, der die allgemeine Befugnis bezeichnet, eine Partei sein zu können, die Subjekt eines Prozessrechtsverhältnisses in einem Zivilprozess ist. [...] Da sich die Parteifähigkeit gemäß Art. 28 ZPG nach dem ZG und anderen Gesetzen und Verordnungen richtet, wird das Vorliegen der Parteifähigkeit auf der Grundlage der Vorschriften des ZG zur Rechtsfähigkeit und anderer Vorschriften des materiellen Rechts beurteilt. Allerdings ist es erforderlich, das anwendbare Recht zu bestimmen, da [...] die klagende Import- und Exportgesellschaft ein Verwaltungsorgan Nordkoreas ist und das Problem der Rechtsfähigkeit daher in diesem Fall, weil ihr Subjekt ein ausländisches Verwaltungsorgan ist, grenzüberschreitende Elemente enthält. Weil das RAG [...] in diesem Punkt zu dem auf die Rechtsfähigkeit eines Verwaltungsorgan anwendbaren Recht keine Vorschriften enthält, ist auf Grundlage der Natur der Sache [jôri] das Recht (Heimatrecht) des Landes anwendbar, in dem das betref155

OG Tokyo (Fn. 153) 1004 f.; Übers. d. Verf. Zu jôri allgemein RÖHL (1996) 67 ff.; BÖHLICKE (1996) 7 ff. 157 OG Tokyo (Fn. 153) 1003, 1005; Übers. d. Verf. 158 DG Tokyo, Urteil vom 14. Dezember 2007, Aktenzeichen Heisei-18-nen (wa) dai6062-gô. Art. 28 ZPG lautet (Übers. aus NAKAMURA/HUBER (2006)): „Sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, richten sich die Parteifähigkeit, die Prozessfähigkeit und die gesetzliche Vertretung von Personen, die nicht prozessfähig sind, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Gesetz Nr. 89/1896) und anderen Gesetzen und Verordnungen. Dasselbe gilt für die Ermächtigung zur Vornahme von Prozesshandlungen.“ 156

218

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

fende Verwaltungsorgan gegründet wurde, des Landes also, das zum betreffenden Verwaltungsorgan die engste Beziehung aufweist. [...] Da [...] der klagenden Import- und Exportgesellschaft nach dem hier anwendbaren Recht Nordkoreas die Rechtsfähigkeit verliehen wurde, besitzt sie gemäß Art. 28 ZPG Parteifähigkeit. Die Beklagte führt aus, es sei zur Anerkennung der Parteifähigkeit nicht ausreichend, dass die Klägerin nach ihrem Herkunftsrecht rechtsfähig ist, sondern es sei auch erforderlich, dass ihre Rechtsfähigkeit in Japan anerkannt sei [...]. Art. 28 ZPG ist jedoch so auszulegen, dass er Personen, die nach ihrem Heimatrecht rechtsfähig sind, die Parteifähigkeit zuerkennt, und weil nach Auslegung dieser Vorschrift die Parteifähigkeit zuerkannt wird, ist die Auslegung, dass zudem die Anerkennung der Rechtsfähigkeit nach den Gesetzen und Verordnungen Japans erforderlich ist, nicht möglich. [...] Hierbei [...] geht es weniger um die Interpretation des Art. 28 ZPG als vielmehr um die Auslegung eines ordre publicVerstoßes nach Art. 42 RAG. [...] Man kann also nicht sagen, dass es gegen den ordre public verstößt, wenn der Klägergesellschaft Parteifähigkeit zuerkannt wird, weil die klagende Im- und Exportgesellschaft als Verwaltungsorgan nicht so beschaffen ist, dass sie sich nicht in die Regelungen des japanischen Prozessrechts einfügen kann oder dass sie Störungen des Gerichtsverfahrens hervorruft. Die Klägergesellschaft besitzt folglich gemäß Art. 28 ZPG Parteifähigkeit, da ihr nach 159 ihrem Heimatrecht, dem Recht Nordkoreas, Rechtsfähigkeit verliehen wurde.“

b.

Anwendung des Gesellschaftsstatuts: DG Tokyo, 20. Dezember 1968

Einen anderen Weg als die Gerichte in den zuvor besprochenen Entscheidungen wählte das DG Tokyo im Jahr 1968.160 Es bestimmte die Partei- und Prozessfähigkeit einer nach US-amerikanischem Recht gegründeten Bank mit Sitz in den USA nicht nach der lex fori, sondern im Grundsatz nach dem Gesellschaftsstatut. Ein japanischer Angestellter der Bank hatte gegen die Kündigung durch seinen Arbeitgeber eine einstweilige Verfügung erwirkt, und die Bank hatte auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser einstweiligen Verfügung geklagt. Die Ausführungen des Gerichts sind insofern kritisch zu beurteilen, als es im Rahmen der Bestimmung des anwendbaren Rechts Ausführungen zur Partei- und Prozessfähigkeit der Gesellschaft machte, die Abweisung der Klage aber darauf stützte, dass der Vertreter der Bank kein Anwalt war. Letzteres ist kein Problem der Prozessfähigkeit der Gesellschaft, sondern eines der Prozessführungsbefugnis ihres Vertreters. Denn es betrifft nicht die Frage, ob der Vertreter als Gesellschaftsorgan befugt war, die Gesellschaft zu vertreten.161 Entscheidend ist vielmehr, dass in Japan gemäß Art. 54 Abs. 1 ZG grundsätzlich nur Rechtsanwälte Prozessvertreter sein können.162 Der 159

Übers. d. Verf. aus DG Tokyo (vorige Fn.) unter 4.1(1). DG Tokyo, Urteil vom 20. Dezember 1968, Rôdô Kankei Minji Saiban Reishû Bd. 19 Nr. 6, 1610. Dazu YAMADA (2004) 237 Fn. 10. PETERSEN (2003) 331 ff. 161 Zur Definition der Prozessfähigkeit Text bei Fn. 107. 162 Zwar herrscht in Japan kein Anwaltszwang, soweit jedoch ein Prozessvertreter auftritt, muss er Anwalt sein. Dazu KAKIUCHI (2011) Rn. 43. 160

B. Einzelfragen

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Vertreter war also nicht zur Geltendmachung des Rechts befugt, da ihm die Prozessführungsbefugnis fehlte.163 Das Gericht trennte nicht sauber zwischen diesen Fragen.164 Zu der Meinung, die die Partei- und Prozessfähigkeit nach der lex fori bestimmt, führte das Gericht Folgendes aus: „Die Partei- und die Prozessfähigkeit sind Probleme, die den Gerichtsprozess betreffen [...], und sie stimmen nicht immer mit der Rechts- und der Geschäftsfähigkeit überein. Wem das Gericht eines Landes die Partei- oder Prozessfähigkeit zugesteht, ist keine materiellrechtliche Frage, sondern gehört zu den rein prozessrechtlichen Problemen. Daher ist die Frage, welchen Ausländern einschließlich der juristischen Personen das Recht eines Landes im Gerichtsprozess die Partei- oder Prozessfähigkeit zugesteht, kein Problem, das direkt das Internationale Privatrecht betrifft, sondern ein Problem des sog. Internationalen Zivilprozessrechts. Wenn das japanische ZPG für die Partei- und die Prozessfähigkeit eine Ergänzung durch materielles Recht (z.B. Art. 38 Abs. 1, 78 Abs. 1, 261 Abs. 3, 479 Abs. 4 HG) zulässt, indem es in Art. 45 bestimmt, dass sie sich nach dem ZG und anderen Gesetzen und Verordnungen richten, so ist dieses materielle Recht in materieller Bedeutung nicht getrennt von der Zusammensetzung des ZPG als Verfahrensrecht, sondern trägt zusammen mit Artt. 46 und 47 ZPG dazu bei, die Abgrenzung des Bereichs der Partei- und der Prozessfähigkeit zu vervollständigen. Nun ist Art. 45 des japanischen ZPG so auszulegen, dass er nur für die Partei- und Prozessfähigkeit eines Japaners bestimmt, dass das japanische ZG und HG und anderes materielles Recht die Vorschriften des ZPG ergänzen, dies aber nicht auch für Ausländer regelt. Art. 3 Abs. 1 Hôrei [Anm. d. Verf.: heute Art. 4 Abs. 1 RAG] kann so ausgelegt werden, dass er nur für die Geschäftsfähigkeit eines Minderjährigen in vermögensrechtlichen Rechtsgeschäften eine Regelung trifft. Außerdem kommt es vor, dass eine Person in manchen Ländern für die Vornahme von bestimmten Arten von Rechtsgeschäften geschäftsfähig, für einen Prozess in Bezug auf diese Geschäfte aber nicht prozessfähig ist, oder auch umgekehrt dass eine nicht geschäftsfähige Person für bestimmte Arten von Prozessen prozessfähig ist. Zudem gilt in Japan – allerdings mit vielen Ausnahmen – der Grundsatz, dass der nach materiellem Recht Rechts- oder Geschäftsfähige im Prozessrecht die Parteioder Prozessfähigkeit besitzt. Folgt man der Meinung, dass alle Fälle nach Art. 45 ZPG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Hôrei zu lösen seien, wird aus den soeben genannten Gründen die Partei- und die Prozessfähigkeit eines Ausländers in vielen Fällen nicht allein nach Art. 3 Abs. 1 Hôrei bestimmt werden können, weil das danach anwendbare ausländische Recht als materielles Recht eingestuft werden muss. Daher werden sich im Ergebnis Art. 3 Abs. 2 Hôrei und Art. 51 ZPG [Anm. d. Verf.: a.F., heute Art. 33 ZPG] überschneiden. Auch kann man nicht leugnen, dass wie oben gezeigt im Rechtssystem eines jeden Landes die Rechtsvon der Partei- und die Geschäfts- von der Prozessfähigkeit getrennt ist. Daher werden Sachlagen auftreten, in denen anerkannt werden muss, dass es zwangsläufig zu unpassen163 Vgl. NISHITANI (2011) Rn. 166 f. Siehe auch PETERSEN (2003) 340, die dieses Problem unter der Prozessführungsbefugnis abhandelt. 164 Vgl. den übersetzten Urteilsausschnitt bei PETERSEN (2003) 332. Auch TAKAKUWA/DÔGAUCHI (2002) 176 (Yamamoto) bewertet die Entscheidung des Gerichts wegen der Vermischung von Prozessfähigkeit und Prozessführungsbefugnis kritisch. Er weist jedoch darauf hin, dass dies in den Besprechungen des Urteils häufig übergangen werde.

220

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

den Ergebnissen kommt, wenn eine Klage, in der ein Ausländer Partei ist, vor ein japanisches Gericht gebracht wird und die Partei- und Prozessfähigkeit dieser Partei nur nach der Rechts- und Geschäftsfähigkeit gemäß dem Recht ihres Herkunftslandes bestimmt wird. 165 Daher ist es notwendig, in diesem Punkt andere Überlegungen anzustellen.“

Das Gericht löste die Frage des anwendbaren Rechts folgendermaßen: „Folglich ist es nicht notwendig, in Bezug auf das Gerichtsverfahren Fragestellungen wie die Partei- oder Prozessfähigkeit eines Ausländers über die Anwendung des Art. 45 ZPG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Hôrei zu lösen, sondern es sollte gemäß Art. 51 ZPG [Anm. d. Verf.: a.F., heute Art. 33 ZPG] unmittelbar das Prozessrecht des Herkunftslandes der betreffenden ausländischen Person angewendet werden. Jedoch sollten unangemessene Gesichtspunkte, die als Ergebnis der Anwendung des ausländischen Prozessrechts entstanden sind, durch Anwendung des Art. 51 ZPG oder andere japanischer Gesetze korrigiert 166 werden.“

Das Gericht verneinte schließlich die Prozessführungsbefugnis der Bank, da ihr Vertreter kein Rechtsanwalt war, was in Japan gegen den ordre public (kôjo) verstoße. Diese Begründung ist kritisch zu beurteilen, da die Reichweite des ordre public damit erheblich überdehnt wird.167 V.

Innere Verfassung

Auf die innere Verfassung (naibu soshiki) einer Gesellschaft wird in Japan nach ganz herrschender Meinung das Gesellschaftsstatut angewendet.168 Auch in Deutschland wird die Organisationsverfassung als „Kernbereich des Gesellschaftsstatuts“169 selbstverständlich gesellschaftsrechtlich angeknüpft. Entsprechend bestimmt Art. 10 Abs. 2 Nr. 4 RefE, dass für die Organisationsund Finanzfassung, und Art. 10 Abs. 2 Nr. 6 RefE, dass für den Erwerb und 165

Übers. d. Verf. aus DG Tokyo (Fn. 160) 1622 f. Übers. d. Verf. aus DG Tokyo (Fn. 160) 1624 f. Das Gericht wendete Art. 51 ZPG a.F. unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Ausländern mit Japanern vor japanischen Gerichten an. Dazu PETERSEN (2003) 332 sowie allgemein zu diesem Grundsatz 315. Kritisch zur Anwendung des Art. 33 ZPG YAMADA (2004) 237 Fn. 10, der sich für eine Bestimmung nach der Natur der Sache (jôri) ausspricht. 167 Zur Kritik in der japanischen Literatur PETERSEN (2003) 332 f. m.w.N. 168 SANO (2001) 183; TAMEIKE (2005) 298; KÔNO (2000) 2; YAMADA (2004) 233; ORIMO (1972) 55; EGAWA (1996) 98; SANEKATA (1952a) 147; KITAGAWA (1966) 270; EGASHIRA (2008b) 18 (Egashira); SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 162 (Nishitani); JUNKO (2007) 611. 169 SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 31 (Müller); siehe auch PALANDT-Thorn (2013) Anh zu Art. 12 EGBGB, Rn. 12; ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 16; KEGEL/SCHURIG (2004) § 17 II 2; KROPHOLLER (2006) § 55 II.2; MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2, Rn. 137 (Leible); GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 592 (Assmann); KEGEL/SCHURIG (2004) § 17 II.2.; RAUSCHER (2012) Rn. 640, 643; K. SCHMIDT/LUTTER (2010) Int. GesR Rn. 68 (Zimmer); RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 13 f. m.w.N. zur Rechtsprechung. 166

B. Einzelfragen

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Verlust der Mitgliedschaft und die mit dieser verbundenen Rechte und Pflichten das Gesellschaftsstatut maßgeblich ist.170 Bei der Begründung der japanischen Literatur fällt auf, dass der Umgang mit juristischen Personen dort im Vordergrund steht. Die Maßgeblichkeit des Gesellschaftsstatuts wird damit begründet, dass die Organisationsverfassung einen engen Bezug zur Verleihung der Rechtspersönlichkeit habe.171 Die Festlegung der inneren Verfassung sei für das Tätigwerden der Gesellschaft unerlässlich und daher Voraussetzung für die Verleihung der Rechtspersönlichkeit.172 1.

Gesellschaftsorgane

Die innere Verfassung umfasst die Entscheidung darüber, welche Gesellschaftsorgane eine Gesellschaft hat und wie die Organe zusammengesetzt, bestellt und abberufen werden. Auch die Geschäftsführungsbefugnis der Gesellschaftsorgane im Innenverhältnis, d.h. der Gesellschaft gegenüber, wird nach dem Gesellschaftsstatut beurteilt.173 Dass auf die Voraussetzungen und das Verfahren der Ernennung von Gesellschaftsorganen, die zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt sind, das Personalstatut der Gesellschaft anzuwenden ist, entschied das DG Fukuoka im Jahr 1918.174 2. Mitgliedschaft, Satzung, Kapitalaufbringung, Ausgabe und Übertragung von Aktien Zur inneren Verfassung werden die Übertragbarkeit des Mitgliedschaftsrechts, die Ausgestaltung und Änderung der Satzung und die Art der Kapitalaufbringung gezählt.175 So untersteht die Wirkung einer Kapitalerhöhung dem Gesellschaftsstatut.176 Auch das Verfahren und die Voraussetzungen für die Ausgabe von Aktien sowie die Ausgestaltung der in der Aktie verbrieften Rechte, also ihre Eigenschaften (seishitsu), und die Frage ihrer Übertragbarkeit unterliegen dem Gesellschaftsstatut. Ebenso wird die Frage gesellschaftsrechtlich qualifiziert, ob die Übertragung von Aktien der Gesellschaft gegenüber wirksam ist, ob also beispielsweise die Zustimmung anderer Aktionäre oder der Gesellschaft oder die Eintragung in das Aktionärsverzeichnis erforderlich ist (Vinkulierung). Da die Aktien als Urkunden gemäß Art. 13 RAG dem Recht ihres Belegenheitsortes, d.h. ihres Emissionsortes, unterliegen, 170

Dazu SONNENBERGER (2007) 30 ff. und 36 ff. (Erläuterungen der Spezialkommission); WAGNER/TIMM (2008) 86 f. 171 YAMADA (2004) 233 mit Verweis auf BEITZKE (1938) 134; NUSSBAUM (1932) 191 ff. 172 TAMEIKE (2005) 298. 173 TAMEIKE (2005) 298; YAMADA (2004) 233; TATSUTA (2007) 531 f. 174 DG Fukuoka, Urteil vom 14. Mai 1918, Hôritsu Shinbun 1476, 20, 175 YAMADA (2004) 233. 176 FUJITA (2000) 12; TATSUTA (1985) 287; TATSUTA (2007) 533.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

können sie nicht wirksam übertragen werden, wenn das nach diesem Recht nicht möglich ist.177 Zudem sind gegebenenfalls Einschränkungen des Wertpapier- und Außenwirtschaftsrechts zu beachten.178 Bei der Ausgabe von Unternehmensanleihen unterliegt nur der gesellschaftsinterne Entscheidungsprozess über die Ausgabe der Anleihe dem Gesellschaftsstatut, das Verhältnis zum Anleiheempfänger hingegen grundsätzlich dem auf den Anleihevertrag anwendbaren Recht.179 Auf sachrechtlicher Ebene war früher streitig, ob die Pflicht der Emittenten von Anleihen, zum Schutz der Anleihegläubiger einen Wertpapiertreuhänder zu ernennen, auch für Auslandsgesellschaften galt. Mit Erlass des GesG wurde entschieden, dass sich die nunmehr in Art. 702 GesG verankerte Ernennungspflicht nur auf japanische Gesellschaften bezieht.180 Die japanische Literatur kritisiert, dass im Rahmen der Gesetzgebungsdiskussion die wichtige Streitfrage, ob die Vorschrift als Eingriffsnorm einzuordnen ist, nicht hinreichend geklärt wurde.181 Die Ausgabe von Bezugsrechten auf Aktien hat in Japan nicht nur als leistungsabhängige Bezahlung von Führungskräften, sondern auch als Möglichkeit der Finanzierung und als Abwehrmaßnahme Bedeutung.182 Da Bezugsrechte auf Aktien die Verpflichtung zur Ausgabe von Aktien enthalten, unterliegen sie dem jeweiligen Gesellschaftsstatut.183 Die Frage, ob Aktionäre vom Bezugsrecht ausgeschlossen werden können, betrifft die Gleichbehandlung der Aktionäre.184 Dies spricht für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation. Diskutiert wird im japanischen Recht etwa, ob der Ausschluss ausländischer Aktionäre zulässig ist, wenn die Veröffentlichung des Bezugsangebots im jeweiligen Land Prospektpflichten auslöst.185 3.

Unternehmerische Mitbestimmung

In Deutschland ist die unternehmerische Mitbestimmung ein Schutzanliegen der Sitztheorie, das in der Diskussion um die Kodifizierung des Internationa-

177

YAMADA (2004) 233 Fn. 3. Dazu WESTHOFF (2011) Rn. 197. 179 FUJITA (2005) 59. 180 Dazu oben Dritter Teil, Text bei Fn. 166. 181 HONDA (2006b) 11 f. 182 Zur Ausgabe von Bezugsrechten nach japanischem Recht KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 116 ff. 183 TAKEI (2004) 12. 184 FINANCIAL SERVICES AGENCY – DISCLOSURE SYSTEM WORKING GROUP – LEGAL EXPERT STUDY GROUP (2011) 3 f. 185 Dazu FINANCIAL SERVICES AGENCY – DISCLOSURE SYSTEM WORKING GROUP – LEGAL EXPERT STUDY GROUP (2011) 1 ff. 178

B. Einzelfragen

223

len Gesellschaftsrechts eine zentrale Rolle spielte.186 Angesichts dieser Bedeutung für das deutsche Internationale Gesellschaftsrecht sei kurz darauf hingewiesen, dass die Frage der unternehmerischen Mitbestimmung in der japanischen Diskussion zum Internationalen Gesellschaftsrecht nicht behandelt wird, da die unternehmerische Mitbestimmung in Japan nicht in institutionalisierter Form gibt wie in Deutschland.187 4.

Gesellschaftervereinbarungen

Die Beziehungen zwischen der Gesellschaft und den Aktionären und zwischen den Aktionären untereinander werden zur inneren Verfassung gezählt.188 Bei der Entscheidung, welches Recht auf die Zulässigkeit und Wirksamkeit von Gesellschaftervereinbarungen anzuwenden ist, differenziert die japanische Lehre ähnlich wie die herrschende Meinung in Deutschland.189 Soweit Gesellschafterverträge Wirkungen gegenüber der Gesellschaft und gegenüber nicht am Vertrag beteiligten Dritten haben, unterliegen die Wirkungen und die Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung dem Gesellschaftsstatut. Begründet wird dies damit, dass die Verträge die Betriebsführung (kei’ei kanri) der Gesellschaft beeinflussen, da sie die Gesellschafter untereinander binden. Auf die Wirkungen zwischen den Vertragsparteien hingegen ist nach dieser Meinung das Statut des entsprechenden Vertrags anzuwenden.190 Insofern unterliegen die Abreden also der Parteiautonomie. In der Praxis wird jedoch häufig eine ausdrückliche oder konkludente Rechtswahl nach Art. 7 RAG zugunsten des Gesellschaftsstatuts bestehen, da die Gesell-

186 Es war ein Hauptgrund dafür, dass der RefE nicht verabschiedet wurde. Siehe dazu oben Zweiter Teil, B.I.4. Zur gesellschaftsrechtlichen Qualifikation der unternehmerischen Mitbestimmung HABERSACK/VERSE (2011) § 3 Rn. 27; KROPHOLLER (2006) § 55 II.2.; MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2, Rn. 154 (Leible); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 590 ff.; PALANDT-Thorn (2013) Anh zu Art. 12 EGBGB, Rn. 12; ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 16; SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 32 (Müller); WELLER (2012b) 1285; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 595 (Assmann); MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen/Ego (2012) Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 582; RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 16; MÜNCH. HDB. GESR VI/Servatius (2013) § 16 Rn. 4. 187 Die Gewerkschaften sind in Japan als (nur lose verbundene) Unternehmensgewerkschaften organisiert, denen es häufig schwer fällt, die Unabhängigkeit gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren, MARUTSCHKE (2010) 230. Ausführlich auch FÖRSTER (2003) 244 ff.; DERICHS/LUKNER (2008) 257 ff. 188 YAMADA (2004) 233; SANO (2001) 183. 189 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 615; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 318 f. (Spahlinger/Wegen); SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 37 (Müller); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 345 f.; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 593 Fn. 224 (Assmann). 190 SANO (2001) 183.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

schafter in der Regel die durch eine Statutenspaltung auftretenden Komplikationen vermeiden werden wollen.191 VI.

Haftung von Organpersonen

Bei der Bestimmung des Gesellschaftsstatuts steht in Deutschland die Diskussion über die Qualifizierung der Organhaftung, namentlich der Insolvenzverschleppungshaftung, an zentraler Stelle.192 In Japan dagegen gibt es kaum Literatur zum Problem der Qualifizierung dieser Haftungstatbestände. Der japanische Gesellschaftsrechtler Tomotaka Fujita hat eine Darstellung veröffentlicht, in der er das auf die verschiedenen Haftungsarten anwendbare Recht anhand der im japanischen materiellen Gesellschaftsrecht bei der Aktiengesellschaft für Verwaltungsratsmitglieder (torishimari-yaku) bestehenden Haftungstatbestände erörtert.193 Er unterscheidet dabei grundsätzlich zwischen Haftungstatbeständen, bei denen – wie bei der Haftung gegenüber der Gesellschaft – die gesellschaftsrechtliche Zielsetzung der Gleichbehandlung aller Aktionäre im Vordergrund steht und die daher dem Gesellschaftsstatut zu unterstellen sind, und solchen, bei denen andere Zielsetzungen, etwa deliktsrechtliche, maßgeblich sind und zu denen daher ggf. eine andere Rechtsordnung die engste Verbindung hat.194 1.

Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft

Hat ein Verwaltungsratsmitglied einer japanischen Aktiengesellschaft die ihm obliegenden Sorgfalts- oder Treuepflichten verletzt, ist es der Gesellschaft grundsätzlich nach Art. 423 GesG (früher Art. 266 HG a.F.) zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet.195 Den Schadensersatzanspruch können Aktionäre stellvertretend für die Gesellschaft mit einer Aktionärsklage nach

191 Entsprechend zur deutschen Rechtslage MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 614. 192 Zur äußerst umstrittenen Qualifikation der Insolvenzverschleppungshaftung Fn. 359. 193 FUJITA (2000) 11 ff. Er bezieht sich dabei stellenweise auf die Ausführungen von TATSUTA (1985) 283 ff. Die Darstellung unter VI. folgt im Wesentlichen Fujitas Einteilung. Hinzuweisen ist darauf, dass die Qualifikation in Japan grundsätzlich unter strenger Trennung von den Systembegriffen des materiellen japanischen Rechts allein durch Auslegung des Kollisionsrechts vorgenommen wird (dazu oben Erster Teil, B.III.3.a.). Bei der Einordnung ausländischer Haftungsnormen kann also nicht auf die im Folgenden zugrunde gelegte Systematik der materiellrechtlichen Haftungstatbestände zurückgegriffen werden. 194 FUJITA (2000) 11. 195 Zur allgemeinen Haftungsgrundlage des Art. 423 I GesG und zu verschiedenen anderen Haftungsvorschriften des GesG MECKEL (2010) 58 ff.; siehe auch KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 136; ausführlich zum Haftungstatbestand des Art. 266-3 HG a.F. KLIESOW (2001) 38 ff.

B. Einzelfragen

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Art. 847 GesG geltend machen.196 Der Haftungstatbestand des Art. 423 GesG ist nach Meinung Fujitas gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren, da der Anspruch der Gesellschaft und somit der Gesamtheit der Aktionäre zusteht.197 Dies entspricht der deutschen herrschenden Meinung zur Qualifikation der Haftung der Organe gegenüber der Gesellschaft.198 Diese Qualifikation gewährleistet, dass das Verwaltungsratsmitglied für seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft eine einheitliche, an einer Rechtsordnung orientierte Richtschnur hat.199 2. Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber einzelnen Gesellschaftern In Deutschland gilt im Innenverhältnis eine Haftungskonzentration beim Rechtsträger. Der einzelne Gesellschafter hat keine Möglichkeit, eine eigenständige Gesellschafterleistungsklage anzustrengen, wenn ein Organ seine Sorgfalts- oder Treuepflichten verletzt hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Gesellschafter eine unmittelbare eigene Vermögensschädigung geltend macht.200 In Japan dagegen haften Verwaltungsratsmitglieder, die vorsätzlich oder grob fahrlässig ihre Organpflichten verletzt haben, gegenüber einzelnen Gesellschaftern unter bestimmten Voraussetzungen direkt gemäß Art. 429 GesG (Art. 266-3 HG a.F.).201

196 Zur Aktionärsklage in Japan KLIESOW (2001) 127 ff.; zu ihrer Bedeutung in der japanischen Praxis BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 35 f.; KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 137. 197 FUJITA (2000) 11, der in Fn. 19 zudem darauf hinweist, dass in den USA und in Deutschland (dazu STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 337) die Aktionärsklage dem Gesellschaftsstatut unterstellt werde. Zustimmend MATSUI (2011) 55 f. Allgemein (ohne Differenzierung) für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Haftung von Gesellschaftsorganen auch YAMADA (2004) 233. Dagegen spricht sich ISHIGURO (1994) 351 (wie in Deutschland GRASMANN (1970) Rn. 927 f.) dafür aus, die Haftung dem Wirkungsstatut zu unterstellen (dazu oben A.). 198 MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2, Rn. 142 (Leible); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 650; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 324 (Spahlinger/Wegen); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 348; anderer Ansicht GRASMANN (1970) Rn. 927 f. 199 FUJITA (2000) 11 (noch zum HG a.F.) mit Verweis auf STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 317 und EBENROTH (1988) 76; TATSUTA (1985) 284. Für die deutsche Diskussion MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2 Rn. 142 (Leible). 200 WIEDEMANN (2011) 200 f., der darauf hinweist, dass die Rechtsprechung inzwischen in bestimmten Fällen eine Feststellungsklage zur Geltendmachung der Vermögensschädigung zugelassen hat, vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2005, BGHZ 164, 249, 256 (Mangusta/Commerzbank II). 201 Art. 429 (Übers. auf der Homepage des Justizministeriums ; großgeschriebene Ausdrücke sind gesetzlich definiert) lautet:

226

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Nach Art. 429 GesG sind Verwaltungsratsmitglieder „Dritten“ gegenüber zum Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens verpflichtet. Nach herrschender Meinung können jedenfalls in bestimmten Fällen auch Gesellschafter „Dritte“ i.S.d. Art. 429 GesG sein. Unstreitig können Gesellschafter als Dritte nach Art. 429 Abs. 2 GesG ihren Schaden geltend machen, wenn sie durch eine dort aufgeführte Pflichtverletzung des Verwaltungsratsmitglieds eine unmittelbare eigene Vermögensschädigung erfahren haben.202 Ob dies auch für Schäden gilt, die der Gesellschaft entstanden sind und sich nur mittelbar – durch den Wertverlust der Aktie – nachteilig auf das Vermögen des einzelnen Gesellschafters ausgewirkt haben, ist streitig. Einige Untergerichte und Autoren in der Literatur verweisen den einzelnen Gesellschafter auf die Erhebung einer Gesellschafterklage und gestehen ihm keine Klage im eigenen Namen zu.203 Andere weisen darauf hin, dass die Erhebung einer Gesellschafterklage den Gesellschafter nicht ausreichend schütze und bejahen eine direkte Organhaftung gegenüber dem Gesellschafter.204 „(1) If Officers, Etc. are with knowledge or grossly negligent in performing their duties, such Officers, Etc. shall be liable to a third party for damages arising as a result thereof. (2) The provision of the preceding paragraph shall also apply if the persons listed in the following items carry out the acts provided for in each such item; provided, however, that this shall not apply if such persons prove that they did not fail to exercise due care with respect to the performance of their duties: (i) Directors and executive officers: The following acts: a) The giving of false notice with respect to important matters, notice of which shall be given when soliciting persons to subscribe for shares, Share Options, Bonds or Bonds with Share Options, or the making of false statements of records with respect to materials used for explanations regarding the business of the relevant Stock Company and other matters for the purpose of such solicitation; b) The making of false statements or records with respect to important matters to be specified or recorded in Financial Statements and business reports as well as the supplementary schedules thereof and Temporary Financial Statements; c) The false registration; and d) The false public notice (including the measures provided for in Article 440(3)); (ii) Accounting advisors: The making of false statements or records with respect to important matters to be specified or recorded in Financial Statements as well as supplementary schedules thereof, Temporary Financial Statements and accounting advisors’ reports; (iii) Auditors and Audit Committee Members: The making of false statements or records with respect to important matters to be specified or recorded in audit reports; (iv) Accounting Auditor: The making of false statements or records with respect to important matters to be specified or recorded in accounting audit reports.” 202 SAKAMAKI (2011) 422 (Aotake). Zum Gesetzestext siehe vorige Fn. 203 OOSUMI/IMAI (1991) 270; TATSUTA (2005) 96; MAEDA (2009) Rn. 505 ff.; DG Toyko, Urteil vom 20. Juni 1996, Hanrei Jihô 1578 (1996) 131; OG Tokyo, Urteil vom 18. Januar 2005, Kin’yû Hanrei 1209, 10. 204 SAKAMAKI (2011) 423 (Aotake); EGASHIRA (2011) 466; DG Tokyo, Urteil vom 12. Juni 1981, Hanrei Taimuzu 1023, 116; DG Kyoto, Urteil vom 5. August 1992, Hanrei Taimuzu 1440, 129; DG Tokyo, 17. September 1997, Hanrei Taimuzu 976, 208.

B. Einzelfragen

227

Bei der Qualifikation der Haftungstatbestände muss nach Meinung Fujitas wie folgt zwischen delikts- und gesellschaftsrechtlich anzuknüpfenden Fallkonstellationen differenziert werden: a.

Fehlerhafte Angaben in Buchhaltungsunterlagen

Macht ein Verwaltungsratsmitglied fehlerhafte Angaben in den Buchhaltungsunterlagen (keisan shorui) der Gesellschaft und werden daraufhin Aktien über Wert verkauft, so haftet es den betroffenen Gesellschaftern gemäß Art. 429 Abs. 2 Nr. 1 b) GesG.205 Nach Meinung Fujitas ist dieser Haftungstatbestand deliktsrechtlich anzuknüpfen.206 Dem ist zuzustimmen. Es steht die Haftung des Verwaltungsratsmitglieds gegenüber einzelnen Aktionären – nämlich gegenüber denjenigen, an die die Aktien verkauft wurden – in Frage. Die Gesamtheit der Aktionäre ist nicht betroffen.207 Die Betroffenen klagen hier nicht in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, sondern sind in einer Position, die derjenigen Dritter vergleichbar ist, die durch die Falschangaben geschädigt wurden.208 Der Gedanke der Gleichbehandlung aller Betroffenen kann hier hinter den genuin deliktsrechtlichen Zielsetzungen, die die Vorschrift verfolgt, zurückstehen. Maßgeblich ist also das Deliktsstatut, d.h. nach Art. 17 RAG das Recht des Tatortes.209 b.

Ausgabe von Aktien zum Vorzugspreis

Der Verwaltungsrat ist verpflichtet, eine Genehmigung der Hauptversammlung einzuholen, bevor er – etwa als Abwehrmaßnahme gegen eine Übernahme – Nicht-Aktionären neue Aktien zu einem besonders günstigen Ausgabebetrag (yûri hakkô) anbietet.210 Werden neue Aktien ohne diese Genehmigung zum Vorzugspreis ausgegeben, so können die bisherigen Aktionäre gegenüber den Verwaltungsratsmitgliedern – nach einer allerdings nicht unbestrittenen Meinung – wegen Verwässerung ihrer Anteile Schadensersatz 205

In diesem Fall können auch Aktionäre „Dritte“ i.S.d. Art. 429 Abs. 2 GesG sein, siehe Text zu Fn. 202. 206 FUJITA (2000) 12 (noch zum HG a.F.). Für diese Anknüpfung auch ISHIGURO (1983) 268 (aus den oben in Abschnitt A. erläuterten Gründen). 207 So auch die Argumentation von FUJITA (2000) 12 (noch zum HG a.F.). 208 Vergleichbar sind in Deutschland die Fälle der Haftung aufgrund fehlerhafter Informationen des Kapitalmarkts nach § 826 BGB, siehe insbesondere die Infomatec-Urteile des BGH vom 19. Juli 2004, NZG 2004, 816 und NZG 2004, 907. Insofern böte sich eine Einordnung unten unter 3. an. Hier wird jedoch Fujitas Einteilung gefolgt. 209 Zum Deliktsstatut NISHITANI (2011) Rn. 84 ff.; SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 114 ff. 210 Zu diesem in Artt. 199 Abs. 2, 201 Abs. 2 GesG (Art. 280-2 i.V.m. Art. 343 HG a.F.) geregelten Zustimmungserfordernis KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 108 Fn. 138 sowie aus übernahmerechtlicher Sicht BAUM/SAITO (2011) Rn. 132 ff.

228

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

gemäß Art. 429 Abs. 1 GesG211 (Art. 266-3 Abs. 1 HG a.F.) geltend machen.212 Wie bei der Falschangabe in Buchhaltungsunterlagen sind es auch im Fall der Klage wegen Verwässerung des Gesellschaftsanteils einzelne Aktionäre, die den ihnen entstandenen Schaden geltend machen. Anders als dort ist der Tatbestand jedoch gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Denn im Kern geht es bei der Haftung um die Frage, ob der Vermögenswert der Anteile der vor der Aktienausgabe bestehenden Aktionärsgesamtheit nicht maximiert wurde. Dabei steht der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der betroffenen Aktionäre im Vordergrund. Die Erhebung einer Aktionärsklage stellvertretend für die Gesellschaft ist lediglich deswegen nicht möglich, weil die Aktionäre, an die die neuen Aktien ausgegeben wurden, zur Gesamtheit der Aktionäre gehören und durch die Erhebung der Aktionärsklage erneut bevorzugt würden.213 3.

Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber Dritten

In Deutschland gilt der Grundsatz der Haftungskonzentration auf die Gesellschaft. Verletzt ein Organ seine Pflichten, so haftet es grundsätzlich nur im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft.214 Dagegen sieht das japanische Recht in Art. 429 GesG, wie soeben angesprochen, für Pflichtverletzungen von Verwaltungsratsmitgliedern eine – rechtsvergleichend eher ungewöhnliche215 – direkte Organhaftung gegenüber Dritten vor. In der Vergangenheit wurde diese Vorschrift häufig angewendet. In Japan gibt es zahlreiche kleine, geschlossene Aktiengesellschaften. Die Vorschrift ermöglicht in der Praxis

211

Art. 429 Abs. 1 (Übers. auf der Homepage des Justizministeriums ; großgeschriebene Ausdrücke sind gesetzlich definiert): “If Officers, Etc. are with knowledge or grossly negligent in performing their duties, such Officers, Etc. shall be liable to a third party for damages arising as a result thereof.” 212 FUJITA (2000) 12 mit Verweis auf DG Tokyo, Urteil vom 12. Juni 1981, Hanrei Jihô 1023 (1982) 116; DG Kyoto, Urteil vom 5. August 1992, Hanrei Jihô 1440 (1992) 129; DG Tokyo, Urteil vom 17. September 1997, Hanrei Taimuzu 976, 208. Das DG Chiba stützte den Schadensersatzanspruch der Aktionäre mit Urteil vom 28. August 1996, Hanrei Jihô 1591 (1997) 113, auf Art. 44 Abs. 1 ZG. An der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation des Anspruchs ändert dies jedoch nichts (FUJITA (2000) 12). 213 FUJITA (2000) 12. Zustimmend MATSUI (2011) 57. 214 Zur AG SPINDLER/STILZ (2010) Rn. 307 ff. (Fleischer) auch zu den sehr weitgehenden Ausnahmen des VI. und XI. Zivilsenats des BGH von diesem Grundsatz durch die Bejahung deliktischer Ansprüche (Rn. 314 f.). Zur GmbH MICHALSKI (2010) § 43 Rn. 283 ff. (Haas/Ziemons). 215 KRAAKMAN (2009) 136 (Armour/Hertig/Kanda)

B. Einzelfragen

229

bei vermögenslosen Gesellschaften den Zugriff auf das Vermögen der Organe. Sie erfüllt damit faktisch eine Alternativfunktion zum Durchgriff.216 Der japanische Haftungstatbestand des Art. 429 GesG ist nach herrschender, durch eine Entscheidung des OGH gestützter Meinung als von der zivilrechtlichen Deliktshaftung zu trennender, sondergesetzlicher Haftungstatbestand (hôtei seki’nin-setsu) einzuordnen.217 Die Literatur unterscheidet zwischen direkten Schäden (chokusetsu songai), die dem Dritten unmittelbar durch die Handlung des Verwaltungsratsmitglieds entstehen, und sog. indirekten Schäden (kansetsu songai), also Reflexschäden, in denen das Gesellschaftsvermögen durch eine rechtswidrige Handlung des Verwaltungsratsmitglieds gemindert wird und der Dritte aufgrund der Vermögensverschlechterung einen Schaden erleidet. Ein Teil der Literatur sieht in Art. 429 GesG (Art. 266-3 HG a.F.) eine spezialgesetzliche Ausprägung der in Art. 709 ZG218 geregelten unerlaubten Handlung (fuhô kôi tokusoku-setsu) und beschränkt ihren Anwendungsbereich auf direkte Schäden. Dagegen wendet eine andere Meinung Art. 429 GesG (Art. 266-3 HG a.F.) nur auf Reflexschäden an, da die Vorschrift einen Sonderfall des Art. 423 ZG219 enthalte, der dem Gläubiger unter bestimmten Umständen erlaube, zur Sicherung der eigenen Forderung die Rechte des Schuldners geltend zu machen.220 Auf diese Differenzierung zwischen direkten und Reflexschäden stützt sich Fujita bei der Qualifikation der Haftungstatbestände des Art. 429 GesG (Art. 266-3 HG a.F.).221

216

SAKAMAKI (2011) 417 (Aotake). So auch KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 136 zur Haftungsvorschrift des Art. 429 Abs. 1 GesG: Diese könne „in ihrer Wirkung einem Haftungsdurchgriff nahekommen“. Zu den Hintergründen dieser Funktion der Vorschrift ausführlich TATSUTA (1986) 446 ff. 217 OGH, Urteil vom 26. November 1969, Minshû 23, 2150; dazu EGASHIRA (2011) 469 ff. Zu weiteren Nachweisen siehe Fn. 220. 218 Art. 709 ZG lautet (Übers. aus KAISER (2008)): „Wer vorsätzlich oder fahrlässig Rechte oder gesetzlich geschützte Vorteile eines anderen verletzt, ist zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.“ 219 Art. 423 ZG lautet (Übers. aus KAISER (2008)): „(1) Der Gläubiger ist berechtigt, das dem Schuldner zustehende Recht, wenn es zur Sicherung seiner Forderung notwendig ist, auszuüben, soweit es kein höchstpersönliches Recht ist. (2) Ist die Leistungszeit noch nicht eingetreten, so kann der Gläubiger das Recht des Schuldners im Sinne des vorigen Absatzes nur aufgrund gerichtlicher Entscheidung ausüben; es sei denn, es handelt sich um die reine Erhaltung der Sache.“ 220 Zu den verschiedenen Meinungen zur inhaltsgleichen Vorgängervorschrift KAWAMOTO/KISHIDA/MORITA/KAWAGUCHI (2004) Rn. 504 f. und KLIESOW (2001) 43 f. Siehe MECKEL (2010) 63 zum aktuellen Rechtsstand. 221 Zustimmend zur differenzierten Qualifikation der Tatbestände des Art. 429 GesG EGASHIRA (2008b) 18 (Egashira).

230 a.

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Schaden aufgrund einer Minderung des Gesellschaftsvermögens

Fälle von Reflexschäden, bei denen das Gesellschaftsvermögen gemindert wird und die Gläubiger deswegen mit ihren Forderungen ausfallen, sind nach Fujitas Meinung gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. Hier sei darauf abzustellen, dass das Verwaltungsratsmitglied aufgrund seiner Stellung als Gesellschaftsorgan hafte.222 b.

Eingehung finanzieller Verbindlichkeiten trotz Zahlungsunfähigkeit

Fälle wie die Ausstellung ungedeckter Wechsel durch Verwaltungsratsmitglieder, in denen das Verwaltungsratsmitglied Dritte direkt schädigt, qualifiziert Fujita deliktsrechtlich. Er betont hier die Parallele zu den Fällen des Art. 429 Abs. 1 GesG, in denen die deliktsrechtliche Qualifikation außer Frage steht, etwa zur Haftung eines Organs gegenüber Dritten aufgrund einer wettbewerbswidrigen Handlung oder aufgrund eines handelsrechtlichen Betrugs.223 Aufgrund der deliktsrechtlichen Qualifikation ist gemäß Art. 17 RAG grundsätzlich das Recht des Handlungsortes anzuwenden.224 So haftet etwa das Management einer Auslandsgesellschaft, das in Japan einen ungedeckten Wechsel ausstellt, nach japanischem Recht. Allerdings ist Art. 429 Abs. 1 GesG materiellrechtlich nicht auf Auslandsgesellschaften anwendbar.225 c.

Haftung des faktischen Geschäftsführenden

Werden die Organe einer Gesellschaft nur der Form nach ernannt, führt aber tatsächlich eine andere Person die Geschäfte der Gesellschaft, so bejaht die japanische Rechtsprechung eine Haftung dieser Person als faktischer Geschäftsführender.226 Fujita befürwortet die gesellschaftsrechtliche Qualifikation des Haftungstatbestands mit der Begründung, er erfülle faktisch eine Alternativfunktion zum Durchgriff.227 Auch hier gehe es um die Frage, ob sich die in Haftung genommene Person auf das Prinzip der auf die Gesellschaft begrenzten Haftung berufen könne. In Frage stehe also der Schutz von 222

FUJITA (2000) 12. Für diese Qualifikation auch MATSUI (2011) 57. FUJITA (2000) 12 f. mit Verweis auf das Urteil des DG Osaka vom 30. Januar 1985, Hanrei Taimuzu 559, 289 und auf DG Tokyo, Urteil vom 26. März 1999, Hanrei Jihô 1691 (2000) 3. 224 Zur Bestimmung des Deliktsstatuts NISHITANI (2011) Rn. 83 ff.; SAKURADA/ SCHWITTEK (2012) 114 ff. 225 Siehe dazu unten 4. 226 DG Tokyo, Urteil vom 3. September 1990, Hanrei Jihô 1376 (1991) 220; DG Osaka, Urteil vom 27. Januar 1992, Rôdô Hanrei 611, 82; DG Kyoto, Urteil vom 5. Februar 1992, Hanrei Jihô 1436 (1993) 115. 227 FUJITA (2000) 13. Siehe zur faktischen Alternativfunktion des Art. 429 GesG oben Fn. 216. 223

B. Einzelfragen

231

Systeminteressen. Daher sei hier die Anwendung des Gesellschaftsstatuts angemessener als die Anwendung des Rechts des Handlungsortes.228 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen, da es im Kern um die Frage geht, ob Haftungsträger allein die Gesellschaft ist. Allerdings ist bei dem Vergleich zum Durchgriff insofern Vorsicht geboten, als die systematische kollisionsrechtliche Einordnung der Durchgriffstatbestände erhebliche Probleme bereitet.229 Auch ermöglicht der Durchgriff den Zugriff auf das Gesellschaftervermögen, während Art. 429 GesG das Organ haften lässt. 4. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 429 GesG auf Auslandsgesellschaften Soweit die Haftung nicht gesellschaftsrechtlich, sondern deliktsrechtlich qualifiziert wird und das japanische Recht als Deliktsstatut auf eine Auslandsgesellschaft anzuwenden ist, entstehen Probleme auf der Ebene des materiellen Rechts. Vor Erlass des GesG war streitig, ob sich die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen, nicht (wie das gesellschaftsrechtliche Fremdenrecht230) speziell für Auslandsgesellschaften geschaffenen Vorschriften des HG nur auf japanische Gesellschaften und Scheinauslandsgesellschaften bezogen oder ob einzelne Vorschriften darüber hinaus auch auf alle Auslandsgesellschaften anzuwenden waren.231 Letztere Meinung wendete den Abs. 1 des Art. 266-3 HG a.F. auf Auslandsgesellschaften an.232 Dagegen wurde unter Bezug auf die oben dargestellte herrschende Meinung, die die Vorschrift als sondergesetzlichen gesetzlichen Haftungstatbestand einordnet, argumentiert, dass ein solcher Haftungstatbestand Auslandsgesellschaften nicht umfasse und Art. 266-3 Abs. 1 HG a.F. daher auf Auslandsgesellschaften nicht anwendbar sei.233 Das DG Tokyo allerdings wendete Art. 266-3 Abs. 1 HG a.F. im Jahr 1982 auf eine nach chinesischem Recht gegründete Gesellschaft an.234 228

FUJITA (2000) 13. Siehe dazu unten VII. 230 Zu den fremdenrechtlichen Vorschriften siehe oben Dritter Teil. 231 Gemäß Art. 482 HG a.F. waren auf Scheinauslandsgesellschaften dieselben Vorschriften anwendbar wie auf japanische Gesellschaften. Siehe dazu oben Dritter Teil, B.V.1. Für eine Anwendung auf alle Auslandsgesellschaften FUJITA (2000) 12 f.; ISHIGURO (1994) 332 Fn. 814; für die Anwendung nur auf Scheinauslandsgesellschaften dagegen TATSUTA (1985) 284. 232 FUJITA (2000) 12 f.; ISHIGURO (1994) 332 Fn. 814. 233 TATSUTA (1985) 283, der weiter ausführt, dass, folge man der Einordnung der Mindermeinung, Auslandsgesellschaften zwar umfasst wären, es aber praktische Durchsetzungsprobleme gebe. Daher sei auch bei Annahme der Mindermeinung die Anwendung auf Auslandsgesellschaften abzulehnen. 234 DG Tokyo, Urteil vom 22. April 1982, Hanrei Taimuzu 467, 118. Auf die Frage des anwendbaren Rechtes ging das Gericht dabei nicht näher ein. 229

232

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Es ist anzunehmen, dass der Streit mit Erlass des GesG entschieden wurde. Soweit sich Vorschriften des GesG auf „Gesellschaften“ (vgl. Art. 2 Nr. 1 GesG) beziehen, sind sie auf Auslandsgesellschaften nur anwendbar, wenn dies durch einen Zusatz im Gesetzestext ausdrücklich bestimmt ist.235 Art. 429 Abs. 1 GesG, der Art. 266-3 Abs. 1 HG a.F. entspricht, lautet: „Falls Organmitglieder wissentlich oder grob fahrlässig ihre Pflichten verletzen, haften sie 236 Dritten für den daraus entstehenden Schaden.“

Die Vorschrift enthält den Begriff „Gesellschaft“ also nicht. Jedoch ist aus der Systematik des Gesetzes abzuleiten, dass sie sich nur auf japanische Aktiengesellschaften bezieht. Der Begriff „Organmitglieder“ (yaku’in-tô) wird in Art. 423 Abs. 1 GesG für die Vorschriften des gesamten Teils, zu denen auch Art. 429 GesG gehört, definiert. Diese Definition bezieht sich, wie aus dem Text des Art. 423 Abs. 1 GesG ersichtlich, nur auf Aktiengesellschaften, ohne Auslandsgesellschaften mit einzubeziehen: „Vernachlässigt ein Verwaltungsratsmitglied, Prüfer, Geschäftsführer oder Abschlussprüfer (in diesem Teil im Folgenden ‚Organmitglieder‘ [yaku’in-tô] genannt) seine Pflicht, so 237 haftet er der Aktiengesellschaft für den daraus entstehenden Schaden.“

Danach könnte ein Gericht die Vorschrift heute nicht mehr auf eine in Japan tätige Auslandsgesellschaft anwenden. VII. Gesellschafterhaftung gegenüber Dritten – Durchgriffstatbestände Die persönliche Haftung der Gesellschafter und Mitglieder einer Gesellschaft gegenüber Dritten richtet sich nach deutscher herrschender Meinung nach dem Gesellschaftsstatut.238 Auch in Japan wird dieses Problem gesellschaftsrechtlich angeknüpft.239 Allerdings konzentriert sich die japanische Diskussion auf die Anknüpfung von Durchgriffstatbeständen, da in Japan der Umgang

235

EGASHIRA (2009) 446 (Aizawa); EGASHIRA (2011) 906. Übers. d. Verf. 237 Übers. d. Verf. 238 Für Deutschland BGH, Urteil vom 23. April 2002, NJW-RR 2002, 1359; BGH, Urteil vom 5. Juli 2004, NZG 2004, 1001; BGH, Urteil vom 14. März 2005, NJW 2005, 1648; OLG Karslruhe, Urteil vom 24. Januar 2001, NZG 2001, 748; REITHMANN/MARTINY (2010) Rn. 5207; ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 16; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 632; KROPHOLLER (2006) § 55 II.2.; RAUSCHER (2012) Rn. 636; MÜNCH. HDB. GESR VI/Servatius (2013) § 14 Rn. 27. 239 Der dritte Regelungsvorschlag der Unterabteilung der Gesetzgebungskommission des Justizministeriums (dazu oben Zweiter Teil, B.II.2.a.) fasst die Verantwortung der Gesellschaftsmitglieder für Verbindlichkeiten als Punkt 5 unter den Regelungsbereich des Gesellschaftsstatuts. 236

B. Einzelfragen

233

mit juristischen Personen im Vordergrund steht und eine persönliche Haftung der Gesellschafter daher im Regelfall ausgeschlossen ist.240 1.

Literatur

In Deutschland spricht sich die wohl herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur für eine gesellschaftsrechtliche Anknüpfung der Durchgriffshaftung aus. Danach soll die Rechtsordnung, die Bestehen und Reichweite der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bestimmt, auch über deren Durchbrechung entscheiden.241 Zu Recht wird allerdings in der Literatur darauf hingewiesen, dass nicht notwendigerweise ein Zusammenhang zwischen Rechtsfähigkeit und Gesellschafterhaftung bestehe. Zwar setze die Haftung der Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit voraus, umgekehrt werde aber bei Haftung der Gesellschafter die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft nicht beschränkt.242 Dennoch ist die gesellschaftsrechtliche Änknüpfung grundsätzlich zutreffend, da zwar nicht die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft im Verhältnis zu Dritten beschränkt wird, wohl aber ihre haftungsbegrenzende Wirkung im Verhältnis zu den Gesellschaftern. Abgesehen von einer abzulehnenden Mindermeinung, die sich ganz gegen die Anwendung des Gesellschaftsstatuts und (wie bei allen Außenbeziehungen) für die Anwendung des jeweiligen Wirkungsstatuts ausspricht,243 geht auch die japanische Literatur jedenfalls im Grundsatz von der gesellschaftsrechtlichen Anknüpfung der Durchgriffstatbestände aus.244 Allerdings diffe240

Zur Konzentration der Diskussion auf den Umgang mit juristischen Personen KOIDE (2009) 388 Fn. 26. 241 BGH, Urteil vom 11. Juli 1957, WM 1957, 1047, 1049; BGH, Urteil vom 5. November 1980, BGHZ 78, 318, 334; EIDENMÜLLER (2004a) § 4 Rn. 27 (Eidenmüller); HIRTE/BÜCKER (2006) § 16 Rn. 68 (Forsthoff/Schulz); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 636 ff.; PALANDT-Thorn (2013) Anh zu Art. 12 EGBGB, Rn. 14; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 336 ff. (Spahlinger/Wegen); MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen/Ego (2012) Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 429; RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 13; MÜNCH. HDB. GESR VI/Kienle § 19 Rn. 16; SOERGEL-Lüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 26. Zum früheren Meinungsstand ZIMMER (1996) 344 m.w.N. Ausweislich der Begründung fällt die Durchgriffshaftung unter die nach Art. 10 Abs. 2 Nr. 7 RefE gesellschaftsrechtlich anzuknüpfende Außenhaftung, vgl. BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ, Referentenentwurf – Gesetz zum Internationalen Privatrecht der Gesellschaften, Vereine und juristischen Personen (2008), , 12. Anderer Ansicht allerdings K. SCHMIDT/LUTTER (2010) Int. GesR Rn. 50 (Zimmer): nach h.M. deliktsrechtliche Anknüpfung der Durchgriffshaftung. 242 ZIMMER (1996) 349 f. Zum japanischen materiellen Recht KAWAMOTO/KISHIDA/MORITA/KAWAGUCHI (2004) Rn. 182 ff. zur Rechtsfähigkeit und Rn. 188 ff. zu deren Einschränkungen. 243 ISHIGURO (1983) 268. Zu dieser Meinung bereits oben A. 244 TATSUTA (1985) 282; EGASHIRA (2002) 9 ff.; KOHARI (2003) 137 ff.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

renziert die herrschende Meinung bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts nach den unterschiedlichen Fallkonstellationen und Erscheinungsformen der Durchgriffshaftung und wendet nicht durchgehend das Gesellschaftsstatut an. Dabei orientiert sie sich an der deutschen Literatur. Zur Art der Differenzierung entwickelte die Literatur in Deutschland verschiedene, auf den bestehenden Durchgriffsgründen basierende Anknüpfungssysteme.245 Die japanische Wissenschaft setzte sich vor allem mit der 1974 von Robert Müller246 ausgearbeiteten und von Bernhard Großfeld247 übernommenen Systematik auseinander, die die Durchgriffstatbestände in drei Gruppen teilte: Die dem gesellschaftsrechtlichen Interessenschutz dienenden Tatbestände wurden als erste, die Tatbestände zur Lösung von Normenkollisionen in einer zweiten und die Durchgriffstatbestände zum bürgerlich-rechtlichen Interessenschutz in einer dritten Gruppe zusammengefasst. Grundsätzlich sollte die erste Gruppe dem Gesellschaftsstatut, die zweite dem Wirkungsstatut und die dritte den Kollisionsnormen für das allgemeine Zivilrecht unterliegen. Auf der Grundlage dieses Systems erstellte der japanische Gesellschaftsrechtler Kenjirô Egashira ein zweiteiliges System,248 mit dem sich die japanische Literatur im Anschluss auseinandersetzte.249 Egashira bezeichnete die erste von Müller gebildete Gruppe als Tatbestände zum Schutz von „institutionellen Interessen“ (seidoteki ri’eki), die wie etwa der Durchgriff wegen Unterkapitalisierung oder Vermögensvermischung dem allgemeinen Interessenausgleich zwischen Gesellschaftern und Gesellschaftsgläubigern dienten. Auf die Tatbestände dieser Gruppe solle das Gesellschaftsstatut angewendet werden. Denn hier beträfen die Voraussetzungen des Durchgriffs ausschließlich den inneren Aufbau der Gesellschaft. Auch solle das Gleichgewicht nicht gestört werden, das dadurch entstehe, dass der Durchgriffstatbestand Schwachstellen im Gläubigerschutz der Rechtsordnung der jeweiligen Gesellschaft ausgleiche.250 Weiter bildete Egashira aus den von Müller entwickelten Gruppen Zwei und Drei eine Kategorie der Durchgriffstatbestände, die dem Schutz von „individuellen Interessen“ (kobetsuteki ri’eki) dient. In dieser uneinheitlichen Fallgruppe bestehe das Problem der Auslegung einzelner Vorschriften, etwa 245

Übersicht bei ZIMMER (1996) 346 f.; siehe auch REHBINDER (2001) 531 ff. MÜLLER (1974) 70 ff. 247 STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 355 ff. 248 EGASHIRA (1980) 133 ff.; weiterentwickelt unter Einbeziehung aktueller deutscher Literatur EGASHIRA (2002) 9 ff. 249 TATSUTA (1985) 282; KOHARI (2003) 137 ff. Andere Ansätze wie das in Deutschland vertretene – kritisch zu beurteilende (dazu ZIMMER (1996) 352 ff.) – Günstigkeitsprinzip werden in der japanischen Literatur, soweit ersichtlich, nicht vertreten. Ablehnend zu diesen Ansätzen EGASHIRA (2002) 14 ff. 250 EGASHIRA (2002) 10. 246

B. Einzelfragen

235

zur Anscheinshaftung. Daher sei auf Grundlage einer funktionalen Interessenabwägung je nach Fallgestaltung teilweise nicht (nur) das Gesellschaftsstatut, sondern (auch) das jeweilige Wirkungs-, Delikts- oder ein weiteres Gesellschaftsstatut anzuwenden.251 Im materiellen Recht sind die dogmatischen Grundlagen des Durchgriffs in Japan äußerst unscharf und umstritten.252 Es werden sehr unterschiedliche Fallgestaltungen unter den Überbau eines „vagen Rechtsprinzips“253 gefasst. Entsprechend schwierig ist es, im Kollisionsrecht eine systematische Herangehensweise zu finden.254 Dies gilt insbesondere für die zweite von Egashira gebildete Gruppe. Im Folgenden kann daher lediglich exemplarisch anhand von Einzelfällen gezeigt werden, wo Abweichungen zu den in Deutschland angewendeten Maßgaben bestehen.255 So befürwortet Egashira im Falle des Durchgriffs von Gläubigern auf eine missbräuchlich neu gegründete Gesellschaft die kumulative Anwendung von Forderungs- und Gesellschaftsstatut. 256 Dagegen wendet die in Deutschland wohl herrschende Meinung in diesem Fall nur das Statut der missbräuchlich gegründeten Gesellschaft an.257 Egashira begründet die zusätzliche Anwendung des Forderungsstatuts mit einer Parallele zur Gläubigeranfechtung (saiken-sha torikeshi-ken, action paulienne). Auf dieses Anfechtungsrecht ist nach japanischer herrschender Ansicht zusätzlich zu dem Recht, dem das anzufechtende Rechtsgeschäft unterliegt, das Forderungsstatut anzuwenden.258 Nach Meinung Egashiras geht es in beiden Fällen um Abhilfe wegen Gläubigerschädigung. Sei nach dem Forderungsstatut der Durchgriff nicht anerkannt, so gebe es keinen Grund, den Gläubiger zu schützen. Daher 251

EGASHIRA (2002) 10; TATSUTA (1985) 282. KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 6. Ähnliche Probleme bestehen in Deutschland und in anderen Rechtsordnungen. Dazu REHBINDER (2001) 533. 253 So KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 6. Kritisch zur großzügigen Anwendung des Durchgriffs in der Rechtsprechung KANDA (2012) 4 f. 254 Zwar übernimmt man in Japan bei der Qualifikation keine Systembegriffe aus dem materiellen Recht, siehe oben Erster Teil, B.III.3.a. Jedoch entspricht hier, da der Durchgriff verschiedene Funktionen erfüllt, der Unschärfe im materiellen Recht eine Konturlosigkeit im Kollisionsrecht. Ähnlich für Österreich, Deutschland und die Schweiz SCHMIDT (1993) 3. 255 Einen Überblick über die verschiedenen Fallgestaltungen gibt YOKOMIZO (2008) 184. 256 EGASHIRA (2002) 10 f. mit Bezug auf das Urteil des BGH vom 5. November 1980, BGHZ 78, 318; FUJITA (2005) 52 mit Bezug zum Urteil des DG Tokyo vom 30. März 1998 (siehe dazu unten 2.b.). 257 BGH, Urteil vom 5. November 1980, BGHZ 78, 318; STAUDINGER/von Hoffmann (2001) Vorbemerkung zu Art 40 EGBGB ff Rn. 32. Dagegen spricht sich BERNSTEIN (1981) 53 f. für die Anwendung des für die Beziehung zwischen Gesellschafter und Gläubiger maßgeblichen Rechts aus. 258 NISHITANI (2011) Rn. 103; TAMEIKE (2005) 407 SAKURADA (2006) 241. 252

236

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

schränke die kumulative Anwendung beider Statute die Anwendung des Durchgriffs auch nicht zu sehr ein.259 Kritisch ist dazu jedoch anzumerken, dass der Gläubiger mit dem Risiko belastet wird, allein aufgrund unterschiedlicher Haftungskonzepte in verschiedenen Rechtsordnungen leer auszugehen. Auch in folgendem Fall weicht Egashira (anders als Tatsuta260) von der in der deutschen Literatur vertretenen Meinung ab. Das Verwaltungsratsmitglied einer Gesellschaft, das in dieser Funktion einem Wettbewerbsverbot unterliegt, gründet eine neue Gesellschaft und führt im Namen der Gesellschaft eine Handlung aus, die gegen das Wettbewerbsverbot verstößt. Auf die Frage, ob das Wettbewerbsverbot auch für die neu gegründete Gesellschaft besteht, wird in Deutschland das Recht angewendet, dem die umgangene Verhaltenspflicht unterliegt.261 Nach Egashiras Ansicht dagegen ist das Statut der von Anfang an bestehenden Gesellschaft maßgeblich. Seiner Meinung nach handelt es sich um ein Problem der Reichweite einer Verhaltenspflicht, die der Person in ihrer Eigenschaft als Verwaltungsratsmitglied der Gesellschaft auferlegt war. Da die Entscheidung über den Durchgriff jedoch auch für das Schicksal der neu gegründeten Gesellschaft essentiell ist, wäre eigentlich auch deren Gesellschaftsstatut anzuwenden. Diese kumulative Anwendung lehnt Egashira jedoch ab, um es dem Verwaltungsratsmitglied unmöglich zu machen, das Wettbewerbsverbot durch Wahl eines entsprechenden Gesellschaftsstatuts für die neu gegründete Gesellschaft zu umgehen.262 2.

Rechtsprechung

a.

DG Tokyo, 16. März 1988

Das DG Tokyo entschied 1988 über die Klage der Gläubigerin einer insolventen US-amerikanischen Tochtergesellschaft eines japanischen Unternehmens.263 Die Klägerin hatte ihre gegen die Tochtergesellschaft namens TCIAmerika bestehende Forderung im Wege des Durchgriffs gegenüber der japanischen Muttergesellschaft geltend gemacht. Das Gericht wies die Klage mit der Begründung zurück, die TCI-Amerika und die Beklagte hätten zwar in der TCI-Gruppe enge geschäftliche Beziehungen gehabt. Geschäftsbeziehungen und Vermögensverhältnisse beider Gesellschaften seien jedoch getrennt gewesen und die Rechtspersönlichkeit der TCI-Amerika sei nicht ausgehöhlt und zur Gesetzesumgehung missbraucht worden.264 Das DG wendete auf die Voraussetzungen der Durchgriffshaftung japanisches Recht an, ging 259

EGASHIRA (2002) 11. TATSUTA (1985) 282. 261 SCHMIDT (1993) 155 f. 262 EGASHIRA (2002) 11; so im Ergebnis auch FUJITA (2005) 51 f. 263 DG Tokyo, Urteil vom 16. März 1988, Kin’yû Shôji Hanrei 814, 31; ausführlich zum Sachverhalt YAMAUCHI (2010) 61. 264 Siehe die Zitate bei YAMAUCHI (2010) 61. 260

B. Einzelfragen

237

aber nicht auf die Gründe dafür ein. Die Literatur kritisiert dies, stimmt jedoch der Anwendung japanischen Rechts im Ergebnis zu. Hier komme nicht schon deswegen US-amerikanisches Recht zur Anwendung, weil es um den Durchgriff bei einer US-amerikanischen Gesellschaft gehe. Vielmehr sei dies ein Fall, in dem es darum gehe, wer als Partei des Vertrages verpflichtet wurde. Daher sei das Vertragsstatut, hier japanisches Recht, anzuwenden.265 b.

DG Tokyo, 30. März 1998

Im Jahr 1998 entschied das DG Tokyo über die Klage eines Franzosen gegen zwei japanische Gesellschaften und deren Gesellschafter.266 Der Kläger hatte einer japanischen Gesellschaft, der Ostasien-Außenhandels K.K., Aktien verkauft. Nach Abschluss des Kaufvertrages wurde der Betrieb der japanischen Gesellschaft fast vollständig auf eine andere japanische Gesellschaft, die Furu’uchi Kameijirô Shôten K.K., übertragen, die zur selben Unternehmensgruppe gehörte. Der Kläger verlangte von beiden Gesellschaften und vom Inhaber der Unternehmensgruppe Zahlung des Kaufpreises für die Gesellschaftsanteile. Das Gericht führte aus, dass der Aktienkaufvertrag nach der stillschweigenden Rechtswahl der Parteien französischem Recht unterliege.267 Unter Bezug auf das französische Recht bejahte das Gericht den Durchgriff auf die Gesellschaft, der der Geschäftsbetrieb übertragen wurde: „Nach den oben festgestellten Tatsachen änderte die Beklagte Ostasien-Außenhandels K.K., als sie überschuldet war, ihre Firma und wurde beinahe gleichzeitig zu einer ruhenden Gesellschaft, während die beklagte Kameijirô Shôten K.K., die mit ihr die Firma, den Ort der Hauptniederlassung, den Geschäftszweck, die vertretungsberechtigten Verwaltungsratsmitglieder, die weiteren Verwaltungsratsmitglieder und Prüfer, die Zweigniederlassungen, Angestellten usw. gemeinsam bzw. fast gemeinsam hat, den Geschäftsbetrieb fortsetzte. Beide Gesellschaften sind unter dem Schirm der FCC-Gruppe, für die der Beklagte Furu’uchi als Firmenchef fungiert, und gegenwärtig besitzt der Beklagte Furu’uchi alle Aktien der Furu’uchi Shôten K.K. sowie mehr als 17 Prozent der Aktien der OstasienAußenhandels K.K. Er steht hinter beiden Gesellschaften und beherrscht sie ganz nach seinem Willen. Daher können die Gesellschaften wesentlich gleichgesetzt werden. Demnach ist die Forderung des Klägers auf Grundlage des Durchgriffs begründet, da die Beklagte wegen ihrer von der Ostasien-Außenhandels AG [nur] formell verschiedenen Rechtspersönlichkeit die Forderung des Klägers nicht abwehren kann. (Dieses Rechtsprinzip ist als allgemeiner Grundsatz des Rechtsmissbrauchs bzw. von Treu und Glauben

265 FUJITA (2000) 11 mit Verweis u.a. auf REHBINDER (1977) 452. Allgemein zur Anwendung des Wirkungsstatuts in diesen Fällen TATSUTA (1985) 282. 266 DG Tokyo, Urteil vom 30. März 1998, Hanrei Jihô 1658 (1999) 117. Ausführlich zum Sachverhalt YAMAUCHI (2010) 62. Siehe auch FUJITA (2005) 50. 267 Siehe die auszugsweise Übers. bei YAMAUCHI (2010) 62 f. Zur Praxis der Gerichte, über die sehr weitgehende Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl das Recht mit der engsten Beziehung zur Anwendung zu bringen, SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 98.

238

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

anerkannt und wird daher selbstverständlich auch nach französischen Privatrecht bejaht, 268 das dieselben allgemeinen Grundsätze besitzt.)“

Das Gericht wendete auf den Durchgriff also das Vertragsstatut an.269 Ein Kommentator stimmte der Anwendung französischen Rechts im Ergebnis, nicht aber der Begründung zu.270 Seiner Meinung nach war das französische Recht als das auf die Geschäftsübertragung anwendbare Recht anzuwenden. Dies eröffnet jedoch erhebliche Manipulationsmöglichkeiten. Die herrschende Meinung in der Literatur zieht hier, wie oben dargestellt, eine Parallele zur Gläubigeranfechtung und kommt so zur kumulativen Anwendung von Forderungs- und Gesellschaftsstatut.271 Danach wäre hier also französisches und japanisches Recht anwendbar gewesen. Allerdings ist diese Meinung insofern kritisch zu bewerten, als sie die Möglichkeit eines Durchgriffs stark einschränkt. c.

DG Tokyo, 28. September 2001

Das DG Tokyo entschied im Jahr 2001 über den Schadensersatzanspruch von Hinterbliebenen mehrerer infolge eines Schiffsunglücks verschollener Matrosen.272 Die Eigentümerin des Schiffes, eine honduranische Gesellschaft, verfügte zum Zeitpunkt des Prozesses nicht mehr über nennenswertes Vermögen. Die Angehörigen forderten daher auch von der Muttergesellschaft der Eigentümerin Schadensersatz. Das Gericht sprach die Schadensersatzforderung unter Bezug auf die Durchgriffshaftung zu. Es führte aus, dass die Eigentümerin des Schiffes wegen der niedrigen Körperschaftssteuern und wegen der einfachen Registrierung als honduranische Gesellschaft gegründet worden sei. Die Gesellschaft habe keine festen Angestellten und neben den Schiffen kein nennenswertes Vermögen. Der Anteilseigner der Muttergesellschaft entscheide als Verwaltungsrat über alle Aktivitäten der Gesellschaft.273 Die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft sei daher eine bloße Hülle, substantiell sei die Gesellschaft wie ein Einzelunternehmen des Anteilseigners einzuordnen. 268

DG Tokyo (Fn. 266) 123; Übers. d. Verf. YAMAUCHI (2010) 63 übersetzt: „[...] dass er [der Inhaber der Unternehmensgruppe] mit Y1 und Y2 gleichgesetzt werden kann.“ In der Entscheidung wurde jedoch nicht der Inhaber mit den Gesellschaften gleichgesetzt (er haftete im Ergebnis nicht), sondern die Gesellschaften miteinander. Der Wortlaut (ryô-kaisha o jisshitsuteki ni dô’itsu-shi dekiru) lässt die hier gewählte Übersetzung zu. 269 Kritisch dazu, dass hier das französische Recht nur vorgeblich, nicht wirklich inhaltlich angewendet wurde, FUJITA (2005) 52 Fn. 31; YAMAUCHI (2010) 64 f. 270 KANZAKI (2002) 141. 271 Siehe Text bei Fn. 256 ff. 272 DG Tokyo, Urteil vom 28. September 2001, Hanrei Taimuzu 1140, 227. Dazu YAMAUCHI (2010) 65 f.; KANZAKI (2006) 144 ff. 273 Siehe die auszugsweise Übers. bei YAMAUCHI (2010) 65.

B. Einzelfragen

239

Das Gericht setzte sich nicht damit auseinander, welches Recht auf die Durchgriffshaftung anzuwenden sei. In Frage kam hier das honduranische Recht als Gesellschaftsstatut und/oder das japanische Recht als Deliktsstatut.274 Ein Kommentator der Entscheidung befürwortet die Anwendung japanischen Rechts mit der – letztlich auf Billigkeitserwägungen beruhenden – Begründung, die Anwendung des Gesellschaftsstatuts sei unangemessen bei einer Gesellschaft, die nichts als eine bloße Hülle sei.275 d.

OG Tokyo, 30. Januar 2002

Das OG Tokyo entschied im Jahr 2002 über die Klage einer niederländischen Gesellschaft gegen die japanische Gesellschaft Yama’ichi Shôken K.K, die Mutter einer bahamischen Gesellschaft namens YFB Ltd. war.276 Die Klägerin und YFB Ltd. hatten einen Wertpapierkaufvertrag mit Rückkaufvereinbarung geschlossen. YFB Ltd. hielt ihre Zahlungsverpflichtung aus der Rückkaufvereinbarung nicht ein. Die Klägerin forderte daher Schadensersatz von YFB Ltd. und von der Mutter Yama’ichi Shôken K.K. Die japanische Mutter war an der bahamischen Gesellschaft zu 100 Prozent beteiligt und hatte einen ihrer eigenen Angestellten als deren einzigen Angestellten und Organ eingesetzt. Außerdem hatten die Angestellten der Muttergesellschaft den Wertpapierkaufvertrag ausgehandelt und abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Urteils wurde die bahamische Tochtergesellschaft von ihrer Mutter als Vertragspartei eingesetzt, um japanisches Wertpapierrecht zu umgehen. Das OG stellte wie die Vorinstanz fest, dass die Parteien stillschweigend japanisches Recht als auf den Vertrag anwendbares Recht gewählt hätten. Die Schadensersatzforderung richte sich daher nach japanischem Recht. Wegen der Absicht der Muttergesellschaft, das Wertpapierrecht zu umgehen, und weil die Rechtspersönlichkeit der Tochter eine bloße Hülle sei, sprach das Gericht der Klägerin unter Bezugnahme auf das Prinzip des Durchgriffs die Forderung gegen die japanische Muttergesellschaft zu. Dabei wendete es japanisches Recht an, ging aber nicht auf die Gründe dafür ein. Jedoch hatte das DG Tokyo in der Vorinstanz zu dem auf den Durchgriff anwendbaren Recht Folgendes ausgeführt: „Das Vorbringen der Klägerin in diesem Fall (Nichterfüllung der Schuld gemäß dem Prinzip des Durchgriffs) hat nicht das Problem des Verfahrens der Gründung der Beklagten YFB als juristische Person zum Gegenstand. Kurz gesagt unterliegt auch die Beurteilung 274 Lex loci delicti i.S.d. Art. 11 Abs. 1 Hôrei war hier, da das Schiffsunglück in japanischen Gewässern geschah, japanisches Recht. Dazu YAMAUCHI (2010) 65 und 67. 275 KANZAKI (2006) 147. 276 OG Tokyo, Urteil vom 30. Januar 2002, Hanrei Jihô 1797 (2002) 27; englische Übers. in Japanese Annual of International Law 46 (2003) 183; englische Kurzdarstellung des Falles bei FUJITA (2005) 50 f. Ausführlich YAMAUCHI (2010) 68 ff., auch zum Urteil der Vorinstanz. Zum Urteil auf Japanisch MASAGO (2007) 44 f.

240

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

dieser Haftung wegen Nichterfüllung des Vertrages ebenso wie das auf diesen Vertrag anwendbare Recht vernünftigerweise japanischem Recht, weil das Vorbringen dahin geht, dass auch die Yama'ichi Shôken K.K., die tatsächliche Partei dieses Vertrages ist, in Bezug auf die Haftung wegen Nichterfüllung des Vertrages wie die Beklagte YFB Ltd. wegen Nichterfüllung haften soll. Diese Auslegung verstößt auch nicht gegen das Gebot der internationalen Rücksichtnahme. Daher ist in diesem Fall das auf die Haftung der Yama’ichi Shôken K.K. wegen Nicht277 erfüllung des Vertrages anwendbare Recht japanisches Recht.“

Auch die Literatur ordnet den Durchgriff hier als eine Frage der Identität von Vertragsparteien im Vertragsrecht ein und spricht sich daher für die Anwendung des Vertragsstatuts aus.278 e.

DG Tokyo, 30. September 2010

Im Jahr 2010 entschied das DG Tokyo über eine Klage gegen Morgan Stanley MUFG Securities Co., Ltd. (eine Tochter von Morgan Stanley) und deren Tochtergesellschaft Octavia Holding Ltd., eine auf den Cayman Islands gegründete Zweckgesellschaft.279 Die klagende Gesellschaft forderte von Octavia Holding Schadensersatz wegen Verletzung der Pflicht zur Aktienübertragung. Im Wege des Durchgriffs machte sie die Schadensersatzforderung auch gegenüber Morgan Stanley MUFG Securities geltend. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die klagende Gesellschaft hatte Verpflichtungen gegenüber verschiedenen Kreditinstituten. Im September 2005 wurde über ihr Vermögen das Sonderliquidationsverfahren eröffnet. Im Sanierungsplan wurde bestimmt, dass eines der Kreditinstitute, an das zur Sicherheit Aktien der klagenden Gesellschaft übertragen worden waren, diese vorläufig an die klagende Gesellschaft zurückübertragen solle. Im Prozess wurde der Sanierungsplan insofern als Vergleichsvertrag eingestuft.280 Im Jahr darauf übertrug das Kreditinstitut seine gegenüber der klagenden Gesellschaft bestehende Darlehensforderung mit der dafür bestehenden Sicherheit an Octavia Holding. Diese erfüllte die auf sie übergegangene Pflicht aus dem Sanierungsplan zur Rückübertragung der Aktien an die Gesellschaft erst, nachdem sie 2009 in der Berufungsinstanz durch das OG Tokyo dazu verurteilt worden war. Die Gesellschaft forderte daher Schadensersatz. Im Prozess brachte sie vor, dass dem äußeren Anschein nach die Pflichten aus dem Sanierungsplan auf Morgan Stanley MUFG Securities, nicht auf deren Tochter Octavia Hol277 Übers. d. Verf. aus DG Tokyo, Urteil vom 20. Juni 2001, Hanrei Jihô 1797 (2002) 36, 48. Zum Urteil YAMAUCHI (2010) 70 f. 278 FUJITA (2005) 52; FUJITA (2003a) 20; NISHITANI (2011) Rn. 45; OCHIAI (2003) 274 (übersetzt bei YAMAUCHI (2010) 73 f.); MASAGO (2007) 45. 279 DG Toyko, Urteil vom 30. September 2010, Hanrei Jihô 2097 (2011) 77; dazu TAKAHASHI (2012) 116 ff.; KANSAKU (2012) 48 f. 280 Zu den möglichen Inhalten eines Sanierungsplans im japanischen Recht siehe XI.3.b.

B. Einzelfragen

241

ding übertragen worden seien und daher aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes eine Durchgriffshaftung von Morgan Stanley MUFG Securities bestehe. Diese sei nach dem auf den Sanierungsplan anwendbaren japanischen Recht zu beurteilen. Die Beklagten dagegen machten geltend, anwendbar sei das Gesellschaftsstatut der Tochtergesellschaft. Das Gericht gab der Klägerin Recht: „Da die Klägerin sich aus Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes aufgrund des äußeren Anscheins, dass die Stellung des Kreditinstituts als Partei des Vergleichsvertrages an Morgan Stanley MUFG übertragen wurde, auf die Anwendung des Durchgriffsprinzips beruft, ist auf den Durchgriff bei Octavia Holding nicht das Recht der Cayman Islands als Gründungsrecht der Octavia Holding, sondern das auf den Vergleichsvertrag anwendbare 281 japanische Recht anzuwenden.“

Dieser Bewertung des Gerichts ist zuzustimmen. Abzulehnen ist dagegen der Ansatz eines Kommentators, der die Anwendung japanischen Rechts über Art. 35 Abs. 2 ZG herleitet. Da die Rechtspersönlichkeit japanischer Gesellschaften durch Anwendung des Durchgriffs durchbrochen werden könne und ausländische juristische Personen nach Art. 35 Abs. 2 ZG in Japan nicht mehr Rechte innehaben könnten als japanische Gesellschaften, sei der Durchgriff auch auf sie anzuwenden.282 Dem liegt ein territoriales Verständnis der juristischen Person zugrunde, das der Anerkennung nach Art. 35 ZG auch heute noch eine zentrale Rolle zuweist. Wie bereits ausgeführt, ist diese Ansicht jedoch nicht mehr zeitgemäß und daher abzulehen.283 VIII. Abgrenzung zum Deliktsstatut 1.

Literatur

a.

Deliktsfähigkeit der Gesellschaft

Die Deliktsfähigkeit der Gesellschaft betrifft die Frage, ob die juristische Person oder Personenvereinigung Zurechnungssubjekt deliktischer Einstandspflichten sein kann.284 Wie in Deutschland knüpft auch die heutige herrschende Meinung in Japan die Deliktsfähigkeit einer Gesellschaft delikts-

281

Übers. d. Verf. aus DG Tokyo (Fn. 279) 89. TAKAHASHI (2012) 119. Zum Inhalt des Art. 35 Abs. 2 ZG siehe oben Dritter Teil, A.I.2.e. 283 TAKAHASHI (2012) 119 verweist u.a. auf DÔGAUCHI (2005) 177 f., 182 f. Zur Kritik an Dôgauchis Ansatz oben Dritter Teil, Text bei Fn. 58 ff. 284 Für Japan YAMADA (2004) 236; TAMEIKE (2005) 301; für Deutschland STAUDINGER/von Hoffmann (2001) Vorbemerkung zu Art 40 EGBGB ff Rn. 31; siehe auch MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 690. 282

242

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

rechtlich, nicht gesellschaftsrechtlich an.285 Das Deliktsstatut wird in Japan grundsätzlich gemäß Art. 17 RAG nach dem Tatortprinzip bestimmt, es sei denn, es besteht gemäß Art. 20 RAG eine engere Verbindung oder die Parteien haben gemäß Art. 21 RAG nachträglich eine Rechtswahl getroffen.286 Zur Begründung der Anwendbarkeit des Deliktsstatuts werden in Deutschland und Japan verschiedene Ansätze vertreten, die einander ergänzen. In Deutschland wird die Anwendbarkeit des Deliktsstatuts vor allem damit begründet, dass der Funktionszusammenhang zwischen Delikts- und Zurechnungsrecht nicht auseinandergerissen werden sollte.287 Die japanische Literatur stellt hingegen stärker darauf ab, dass bei der Deliktsfähigkeit – anders als bei der Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft – der Ausgleich des durch die deliktische Handlung entstandenen Schadens gegenüber den Interessen der Gesellschaft im Vordergrund stehe. Daher sei die Rechtsordnung des Landes, in dem gehandelt wurde, vorrangig zu berücksichtigen.288 Hier wird also unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung der für das Deliktsrecht zentrale Gesichtspunkt des Opferschutzes betont. Dies ist vorzuziehen gegenüber der früher in Japan herrschenden Meinung, die sich in Übereinstimmung mit der Anknüpfung der Handlungs- und Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft für die Anwendung des Gesellschaftsstatuts aussprach und dabei die Belange der Gesellschaft bzw. ihrer Mitglieder und Gläubiger in den Vordergrund stellte.289 b.

Haftung für quasi-deliktische gesellschaftsrechtliche Tatbestände

Erfüllt die unerlaubte Handlung nach dem Personalstatut der Gesellschaft spezielle gesellschaftsrechtliche Tatbestände, die eine quasi-deliktische Haf285 Für Deutschland MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 690; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 314; STAUDINGER/von Hoffmann (2001) Vorbemerkung zu Art 40 EGBGB ff Rn. 31; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 590 (Assmann); SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 354 (Spahlinger/Wegen); MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2 Rn. 117 (Leible); HIRTE/BÜCKER (2006) § 11 Rn. 34 (Leible); ROWEDDER/SCHMIDT-LEITHOFF (2013) Einl. Rn. 381 (Schmidt-Leithoff); SOERGEL-Lüderitz/Schüssler-Langeheine (1996) IPR Art. 38 Rn. 93; OLG Hamm, Urteil vom 23. März 2009 – 8 U 242/07. Für Japan KITAGAWA (1966) 278; ORIMO (1972) 57; SAKURADA (2006) 164; TAMEIKE (2005) 301; YAMADA (2004), 236; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 164 f. (Nishitani). 286 Ausführlich zum Deliktsstatut NISHITANI (2011) Rn. 83 ff.; SAKURADA/SCHWITTEK (2012) 114 ff. 287 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 690; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 354 (Spahlinger/Wegen); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 314; STAUDINGER/von Hoffmann (2001) Vorbemerkung zu Art 40 EGBGB ff Rn. 31. 288 TAMEIKE (2005) 301; YAMADA (2004) 236 Fn. 9. Ähnlich SAKURADA (2006) 164. 289 EGAWA (1996) 98; SANEKATA (1952a) 147.

B. Einzelfragen

243

tung begründen, so kann es nach einer Meinung in der deutschen Literatur zur echten Anspruchskonkurrenz von Delikts- und Gesellschaftsstatut kommen.290 Die japanische Literatur, die sich mit der Problematik auseinandersetzt, wendet auf die quasi-deliktische Haftung zum Schutz der Aktionärsinteressen allein das Gesellschaftsstatut an, während sie auf alle anderen unerlaubten Handlungen die Anwendung des Deliktsstatuts befürwortet.291 2.

DG Osaka, 6. Dezember 1990

Das DG Osaka setzte sich in einem Urteil aus dem Jahr 1990 mit der Abgrenzung von Gesellschafts- und Deliktsstatut auseinander.292 Der Entscheidung lag ein Betrugsfall bei einem Autohandel in Deutschland zugrunde. Beklagte war eine Gesellschaft, die in Japan gegründet war und dort ihren Hauptsitz sowie in Deutschland eine Zweigniederlassung hatte. Der in Japan wohnende Kläger hatte einen Kaufvertrag über ein Auto abgeschlossen. Nach Zahlungsabwicklung wurde das Auto an die deutsche Zweigniederlassung der Beklagten geliefert, da diese damit beauftragt war, das Auto für den Kläger bis zur Verschiffung nach Japan zu verwahren. Auf Veranlassung des Vorstands der Beklagten wurden die relevanten Papiere gefälscht und das Auto nicht an den Kläger ausgeliefert. Der Kläger verlangte Ersatz des ihm dadurch entstandenen Schadens. Das Gericht stellte fest, dass der Kläger mit Lieferung an die Zweigniederlassung, die ihm den Besitz mittelte, das Eigentum und das Recht zum Besitz am Auto erworben hatte.293 Es wendete auf die Fragen, ob eine unerlaubte Handlung vorlag und ob die an dem Betrug beteiligten natürlichen Personen, also der Vorstand und die Angestellten der Beklagten, auch persönlich für 290 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 692; BEITZKE (1977) 113; GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 591 (Assmann). 291 TAMEIKE (2005) 301 mit Verweis auf Art. 7 Draft Convention on Conflicts of Law relating to Companies der International Law Association (The International Law Association, Report of the 49th Conference, held at Hamburg, August 8th to August 12th, 1960 (1961) IX ff.), der lautet: „Section I In relation to acts of the company’s organs violating the provisions of company law, the (personal) law of the company decides whether the act is illegal, whether the act is an act of the company and whether the company or the organ is solely or whether they are jointly liable. Section II In relation to other unlawful acts of the company’s organs, the law of the place where the act has been committed determines the three questions mentioned in Section I.” Zur Einordnung des Art. 429 GesG siehe oben VI. 292 DG Osaka, Urteil vom 6. Dezember 1990, Hanrei Taimuzu 760, 246. Dazu KAWAMURA (1995) 50 f. 293 DG Osaka (vorige Fn.) 248.

244

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

den Schaden hafteten, gemäß Art. 11 Hôrei das Deliktsstatut – hier deutsches Recht – an. Die Voraussetzungen der danach maßgeblichen §§ 823, 830 BGB bejahte das Gericht. Es kam zu dem Ergebnis, dass sowohl der Vorstand als auch die zwei Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger für den entstandenen Schaden verantwortlich seien. Schließlich führte das Gericht aus, aufgrund der Beweisaufnahme sei anzuerkennen, dass „die beklagte Gesellschaft gewerblich die Einfuhr des Autos aus Deutschland übernommen hat und dass die Handlung des Geschäftsführers der Beklagten der äußeren Form nach zur Geschäftsführung für die Beklagte gehörte; im deutschen Internationalen Privatrecht richtet sich die Existenz einer juristischen Person nach dem Recht am Sitz der juristischen Person, daher wird die Existenz der in Japan als Aktiengesellschaft gegründeten und eingetragenen beklagten Gesellschaft auch in Deutschland anerkannt; andererseits trägt gemäß § 31 des deutschen BGB [...] auch die beklagte Gesellschaft die Pflicht zum Ersatz des Schadens, der dem Kläger durch die Geschäftsführung des Vorstands der Beklagten als 294 Vertreter der Gesellschaft entstanden ist.“

Das Gericht prüfte also im Rahmen des Art. 11 Hôrei auch § 31 BGB, der die Deliktsfähigkeit der beklagten Gesellschaft regelt. Als Voraussetzung der Deliktsfähigkeit der Beklagten untersuchte das Gericht, ob die Beklagte eine dem § 31 BGB genügende körperschaftliche Verfassung hatte.295 Diese Vorfrage knüpfte das Gericht zwar (entgegen der in Japan herrschenden Meinung296) akzessorisch zum Hauptstatut – dem deutschen Recht als Deliktsstatut – an und qualifizierte sie gesellschaftsrechtlich. So kam es zur Anwendung der damals in Deutschland herrschenden Sitztheorie. IX.

Rechnungslegung

Nach in Deutschland herrschender, aber umstrittener Meinung ist die Rechnungslegung gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren.297 In Japan wird das 294

Übers. d. Verf. aus DG Tokyo (Fn. 292) 250. Vom Gericht als Vorliegen der Rechtsfähigkeit geprüft, DG Tokyo (Fn. 292) 250. Auf Rechtsfähigkeit und Anerkennung kommt es aber bei § 31 BGB eigentlich nicht an, siehe STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 315 und PALANDT-Ellenberger (2013) § 31 Rn. 3. 296 Das auf die Vorfrage anzuwendende Recht wird in Japan von der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung selbständig an die lex fori angeknüpft, vgl. oben Erster Teil, B.III.3.c sowie NISHITANI (2011) Rn. 29; SAKURADA (2006) 129 ff.; TAMEIKE (2005) 234; OGH, Urteil vom 27. Januar 2000, Minshû Bd. 54 Nr. 1, 1. 297 STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 362; ZIMMER (1996) 182 f.; EIDENMÜLLER/REHBERG (2006) 442; HIRTE/BÜCKER (2006) § 18 Rn. 32 (Westhoff); SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 42 (Müller); GROSSKOMMENTAR AKTG (2004) Einl Rn. 605 (Assmann); MÜNCH. HDB. GESR VI/Servatius (2013) § 17 Rn. 22 f. Für eine öffentlich-rechtliche Qualifikation sprechen sich dagegen MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 273 f.; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 563 (Spahlinger/Wegen) aus. 295

B. Einzelfragen

245

Problem der Qualifikation der Rechnungslegung kaum untersucht. Die Literatur, die sich damit befasst, unterstellt die Rechnungslegung jedoch wie die deutsche herrschende Meinung dem Gesellschaftsstatut.298 Dem ist zuzustimmen, da das Recht der Rechnungslegung eng mit dem jeweiligen Gesellschaftsstatut verzahnt ist.299 Zur Rechnungslegung zählt die japanische Literatur die Fragen, wann und wie die Buchhaltungsunterlagen abzufassen sind und welches Organ dafür zuständig ist. Nach dem Gesellschaftsstatut richten sich auch die Fragen, ob eine Rechnungsprüfung erforderlich ist und welche Befugnisse der Prüfer hat, aus welchen Finanzmitteln Gewinn- bzw. Dividendenausschüttungen vorgenommen, ob die Auszahlung in Sachdividenden, etwa in Aktien der Muttergesellschaft, möglich ist, ob die Aktionäre die Deklaration der Ausschüttung erzwingen können und welche Wirkung eine fehlerhafte Ausschüttung hat.300 Weiter entscheidet das Gesellschaftsstatut darüber, welche Bilanzierungsgrundlage anzuwenden ist. Die japanischen Rechnungslegungsgrundsätze sind zwar dem internationalen Standard angepasst, die Geltung der IFRS wurde jedoch (bisher) nicht durchgesetzt.301 Auch auf die Rechnungslegungspublizität, bei der in der deutschen Literatur umstritten ist, ob sie öffentlich-rechtlich oder gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren ist, ist nach dieser Meinung in der japanischen Literatur grundsätzlich das Gesellschaftsstatut anzuwenden.302 Richtigerweise sollte hier zwischen allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Veröffentlichungspflichten und solchen, die auf der Teilnahme am Kapitalmarkt beruhen und öffentlichrechtlich einzuordnen sind, unterschieden werden.303 Die japanische Literatur qualifiziert auch die Frage, in welchem Umfang Aktionäre oder Gesellschaftsgläubiger Einsicht in die Geschäftsbücher und Unterlagen der Gesell-

298 TATSUTA (1985) 289 mit Verweis u.a. auf WIEDEMANN (1980) 820; TATSUTA (2007) 534. 299 Ausführlich dazu für das deutsche Recht ZIMMER (1996) 182 f. Siehe auch SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 42 (Müller); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 362. 300 TATSUTA (1985) 289. 301 KAISER/MUSAHL (2011) Rn. 5. Zum Stand der Einführung der IFRS JAPANESE INSTITUTE OF CERTIFIED PUBLIC ACCOUNTANTS (Hrsg.), . 302 TATSUTA (1985) 289 mit Verweis auf Restatement (Second), Conflict of Laws 2d, § 304, Comment d at 323 und auf Art. 9 des englischen Companies Act von 1976; TATSUTA (2007) 534. Für eine öffentlich-rechtliche Einordnung der Publizität in der deutschen Literatur MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 277 m.w.N. Für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation hingegen STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 362; EIDENMÜLLER/REHBERG (2006) 432; HIRTE/BÜCKER (2006) § 18 Rn. 57 (Westhoff). 303 Hierzu für das deutsche Recht ZIMMER (1996) 179, 194.

246

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

schaft nehmen können, gesellschaftsrechtlich.304 Allerdings ist hier gemäß Artt. 819, 939 GesG für eingetragene Auslandsgesellschaften, die gleichartig zur japanischen Gesellschaftsform der Aktiengesellschaft oder ihr ähnlich sind, zusätzlich die (in der Praxis allerdings häufig nicht befolgte) Pflicht zur Veröffentlichung der Bilanz in Japan zu beachten.305 X.

Auflösung und Liquidation

Wie in Deutschland wird auch in Japan auf die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft grundsätzlich das Personalstatut der Gesellschaft angewendet.306 Begründet wird dies in Japan damit, dass es bei der Auflösung um die Frage des Verlustes der Rechtspersönlichkeit gehe.307 Danach werden die Gründe für die Auflösung (kaisan no ji’yû), die Wirkungen der Auflösung (kaisan no kôka), die Liquidation, die Liquidationsfrist (kaisan no jiki) sowie die Zugehörigkeit des Restvermögens grundsätzlich dem Gesellschaftsstatut unterstellt.308 Abweichend davon wird jedoch die Auflösung aufgrund einer Insolvenz, wie unten dargelegt, weitgehend dem Insolvenzstatut unterstellt.309 Auch die Frage, wer Liquidator werden kann, sowie die Bestellung und Geschäftsführungsbefugnis des Liquidators und sein Verhältnis zur Gesell304 TATSUTA (1985) 289 mit Verweis auf Restatement (Second), Conflict of Laws 2d, § 304, Comment d bei 323 und auf Art. 9 des englischen Companies Act von 1976. 305 Siehe dazu oben Dritter Teil, B.IV. 306 Für Deutschland MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 685; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 370 ff.; ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 16; KROPHOLLER (2006) § 55 II.2; SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 43 (Müller); MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2 Rn. 163 (Leible); ROWEDDER/SCHMIDT-LEITHOFF (2013) Einl. Rn. 391 (Schmidt-Leithoff); SPAHLINGER/WEGEN (2005) 700 (Spahlinger/Wegen); RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 14; K. SCHMIDT/LUTTER (2010) Int. GesR Rn. 70 (Zimmer); SOERGELLüderitz (1996) IPR Anh. Art. 10 Rn. 27; BGH, Urteil vom 17. Oktober 1968, BGHZ 51, 27, 28 f.; OLG Jena, Beschluss vom 22. August 2007, NZG 2007, 877, 878; OLG Nürnberg, Beschluss vom 10. August 2007, NZG 2008, 76; KG Berlin, Beschluss vom 15. Oktober 2009, ZIP 2010, 204; LG Duisburg, Beschluss vom 20. Februar 2007, NZI 2007, 475. Siehe auch Art. 10 Abs. 2 Nr. 2 RefE. Für Japan KITAGAWA (1966) 271; ORIMO (1972) 57; SAKURADA (2006) 163; TAMEIKE (2005) 301; EGASHIRA (2008b) 18 (Egashira); TATSUTA (2007) 531; YAMADA (2004) 233 mit Verweis auf BEITZKE (1938) 135 und STAUDINGER/Raape (1931) 137; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 162 (Nishitani); JUNKO (2007) 611. Siehe auch Nr. 7 des dritten japanischen Regelungsvorschlags (dazu oben Zweiter Teil, II.2.a.). 307 SANO (2001) 182; YAMADA (2004) 233. Zur entsprechenden Argumentation bei dem auf die Gründung anwendbaren Recht siehe oben I. In der japanischen Diskussion steht der Umgang mit juristischen Personen im Vordergrund (KOIDE (2009) 388 Fn. 26.). Zur Behandlung nichtrechtsfähiger Vereinigungen siehe oben Zweiter Teil, A.II.2.d. 308 YAMADA (2004) 233. 309 Siehe dazu unten XI.

B. Einzelfragen

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schaft werden gesellschaftsrechtlich qualifiziert.310 Ist allerdings der Umfang der Vertretungsbefugnis des Liquidators beim Handeln gegenüber Dritten nach dem Personalstatut geringer als nach japanischem Recht, so wird wie bei der Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft Art. 4 Abs. 2 RAG analog angewendet.311 Dies entspricht der Rechtslage in Deutschland, wo in diesem Fall der Rechtsgedanke des Art. 13 Rom I-VO bzw. Art. 12 Satz 1 EGBGB gilt.312 Nicht das Gesellschaftsstatut, sondern die lex fori des Landes, in dem das Vermögen belegen ist, ist auf die Liquidation von Vermögen außerhalb des Gründungslandes der Gesellschaft anwendbar.313 Bei Belegenheit in Japan wurde früher die auf Art. 485-2 HG a.F. (heute Art. 823 GesG) beruhende Anwendung des Sachrechts derjenigen Gesellschaftsform befürwortet, die gleichartig zur Auslandsgesellschaft oder ihr am ähnlichsten ist, und die analoge Anwendung der speziell für Auslandsgesellschaften bestehenden Liquidationsvorschriften (Artt. 484 f. HG a.F. (heute Art. 822 GesG) abgelehnt.314 Nach japanischem (ebenso wie nach deutschem315) Recht besteht die Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft in dem Land, in dem sich Vermögen bzw. eine Niederlassung der Gesellschaft befindet, insoweit fort, als dies für den Abschluss der Liquidation erforderlich ist.316 Allerdings lehnte das DG Tokyo mit Urteil vom 26. Dezember 1983 den Fortbestand der Rechtspersönlichkeit einer nach dem Recht der Republik 310

TAMEIKE (2005) 301; YAMADA (2004) 233 mit Verweis auf RABEL (1960) 190. TAMEIKE (2005) 301; YAMADA (2004) 233. Zur analogen Anwendung des Art. 4 Abs. 2 RAG auf Rechts- und Geschäftsfähigkeit siehe oben II.1.b. und III.3.b. 312 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 685; SPAHLINGER/WEGEN (2005) 701 (Spahlinger/Wegen); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 372. 313 KITAGAWA (1966) 271. Anders als in Deutschland, wo die Maßgeblichkeit des Rechtes am Belegenheitsort alternativ auf eine Rückverweisung des ausländischen Kollisionsrechts auf das deutsche Sachrecht gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 EGBGB oder auf eine Sonderanknüpfung an die inländische Belegenheit der Vermögensgegenstände gestützt werden kann (MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 686 m.w.N.), kommt in Japan nur letztere Begründung in Betracht. Denn das japanische Kollisionsrecht spricht eine Sachnormverweisung aus, vgl. oben Erster Teil, B.III.3.b. 314 KITAGAWA (1966) 271. Aktuelle Literatur zu diesem Problem gibt es in Japan, soweit ersichtlich, nicht. 315 MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 686; SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 43 (Müller); SPAHLINGER/WEGEN (2005) 702 (Spahlinger/Wegen); STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 371; RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 14; BGH, Urteil vom 2. April 1970, BGHZ 53, 383; OLG Stuttgart, Urteil vom 18. März 1974, NJW 1974, 1627. 316 KITAGAWA (1966) 271 mit Verweis auf RABEL (1960) 88-93. Für japanische Gesellschaften findet sich diese Regelung seit 2005 in Art. 476 GesG (AG) und Art. 645 GesG (Anteilsgesellschaften). 311

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Südvietnam gegründete Gesellschaft für die Liquidation des in Japan belegenen Vermögens ab.317 Es handelte sich um den besonderen Fall einer Liquidation aufgrund des Untergangs eines Staates. Die Republik Südvietnam war mit Nordvietnam zur Sozialistischen Republik Vietnam vereinigt worden. Das DG Tokyo begründete seine ablehnende Entscheidung damit, dass Japan die neue Regierung der Sozialistischen Republik Vietnam anerkannt habe. Da keine Regelung der neuen Regierung auszumachen sei, die den Fortbestand der Gesellschaft in der neuen Rechtsordnung bestimme, bestehe keine Grundlage für den Fortbestand und weitere Aktivitäten der Gesellschaft mehr. In einem früheren Liquidationsfall, der ebenfalls auf einer staatlichen Neuordnung beruhte, hatte das Berufungsgericht Tokyo im Jahr 1936 ähnlich entschieden.318 Es urteilte, dass die japanische Niederlassung einer im Russischen Kaiserreich gegründeten Bank aufgrund der Verschmelzung dieser Bank auf eine staatliche Bank gemäß den sowjetischen Vorschriften über das Staatseigentum an Banken von 1917 und den Durchführungsvorschriften zum Enteignungsverfahren privater Banken von 1918 automatisch erlösche. XI.

Abgrenzung zum Insolvenzstatut

1.

Internationale Insolvenz

Im japanischen Insolvenzrecht galt noch bis 2001, also sehr viel länger als in Deutschland, ein strenges Territorialitätsprinzip.319 Danach waren die Wirkungen eines Insolvenz- oder Sanierungsverfahrens auf das jeweilige Land beschränkt. Daher stellte sich die Frage der Anwendung ausländischen Insolvenzrechts in Japan kaum. Die starre Anwendung des Territorialitätsprinzips wurde jedoch in der japanischen Literatur stark kritisiert und seit den 1980er Jahren vereinzelt von der Rechtsprechung gelockert.320 Seit Inkrafttreten des Gesetzes über die Anerkennung und Unterstützung ausländischer Insolvenzverfahren321 im Jahr 2001, das in Anlehnung an das UNCITRAL-Modell317

Hanrei Jihô 1123 (1984) 102; besprochen von SAWAKI (1985) 117 ff.; siehe auch YAMADA (2004) 233 Fn. 4. 318 Urteil vom 23. März 1936, Hôritsu Shinbun 3980, 4. Dazu YAMADA (2004) 233 Fn. 4. 319 Art. 3 Konkursgesetz a.F., Art. 4 Gesellschaftssanierungsgesetz a.F. Zur alten Rechtslage YAMAMOTO (1994) 137 ff.; ISHIGURO (1991) 27 f.; ISHIKAWA/HAGA (2003) 588 ff.; UEMATSU (2004) 311 ff. In Deutschland dagegen ging die Rechtsprechung bereits 1985 mit dem BGH-Urteil vom 11. Juli 1985 (Fruchtsaft-Fall, BGHZ 95, 256) zum Universalitätsprinzip über. Die deutsche Entwicklung ist dargestellt bei SCHACK (2010) Rn. 1041 ff. 320 Zur Kritik in der Literatur ISHIGURO (1991) 27 ff.; TAGASHIRA (1994) 7 ff. Zur Lockerung durch die Rechtsprechung ISHIKAWA/HAGA (2003) 590; UEMATSU (2004) 313. 321 Gaikoku tôsan shori tetsuzuki no shônin enjo ni kansuru hôritsu, Gesetz Nr. 129/2000 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74/2011.

B. Einzelfragen

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gesetz322 entworfen wurde, ist das Universalitätsprinzip gesetzlich verankert. Nunmehr steht ein System für die gerichtliche Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren zur Verfügung.323 2.

Reichweite des Insolvenzstatuts

In Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten eine primär verfahrensrechtliche Sichtweise des Internationalen Insolvenzrechts durchgesetzt.324 Auch in Japan werden die Fragestellungen, die sich bei einer Insolvenz mit Auslandsbezug ergeben, als Verfahrensfragen grundsätzlich der lex fori concursus unterstellt, also dem Recht des Ortes, an dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.325 Dazu gehören etwa die Antragsfristen in den verschiedenen Verfahren, die Bestellung der Insolvenzorgane und ihre Befugnisse, die Zustellung, die Veröffentlichung von Informationen und sonstige Arten der Benachrichtigung der Betroffenen, der Umfang der Insolvenzmasse, die anwendbaren Verfahrensprinzipien, die Form und Frist der Forderungsanmeldung sowie die Art und Weise der Erfüllung.326 Auch zahlreiche Fragestellungen aus dem Bereich des materiellen Insolvenzrechts werden der lex fori concursus unterstellt, etwa die Insolvenzfähigkeit und die Insolvenzgründe.327 Bei anderen Problemen gehen die Meinungen hingegen auseinander. So befürwortet zum Beispiel bei der Aufrechnung in der Insolvenz die herrschende Meinung die Anwendung des Insolvenzstatuts, es gibt aber auch Stimmen, die sich (ähnlich wie in Deutschland328) für die kumulative Anwendung von Aufrechnungs- und Insolvenzstatut aussprechen.329 Die Diskussion steht noch am Anfang. Denn wegen des strengen Territorialitätsprinzips, das bis 2001 322 UNCITRAL-Modellbestimmungen über grenzüberschreitende Insolvenzverfahren, abgedruckt in ZIP 1997, 2224. 323 Eingehend zu den Neuregelungen ISHIKAWA/HAGA (2003) 591 ff.; siehe auch UEMATSU (2004) 315 ff.; DEGUCHI (2001) 79 ff.; MATSUSHITA (2000) 151 ff. Zu Hintergründen und Grundzügen des Gesetzes DEGUCHI (2001) 79 ff.; ISHIKAWA/HAGA (2003) 587 ff. 324 SCHACK (2010) Rn. 1189. 325 YAMADA (2004) 233; YAMAMOTO (1995) 204. 326 ISHIKAWA/HAGA (2003) 625; NISHITANI (2011) Rn. 206; YAMAMOTO (1994) 154. 327 Ausländische Gesellschaften sind in Japan insolvenzfähig, siehe Art. 3 Hasan-hô (Konkursgesetz, Gesetz Nr. 75/2004 i.d.F. des Gesetzes Nr. 45/2013). Sie sind auch sanierungsfähig, siehe Art. 3 Minji saisei-hô (Zivilsanierungsgesetz, Gesetz Nr. 225/1999 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014) und Art. 3 Gesellschaftssanierungsgesetz (Kaisha kôsei-hô, Gesetz Nr. 154/2002 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014). Zu den Insolvenzgründen ISHIKAWA/HAGA (2003) 625. 328 SCHACK (2010) Rn. 1203: Zulässigkeit und Wirkungen einer Aufrechnung sind dem Schuldstatut der Hauptforderung, gegen die aufgerechnet wird, unterstellt – insolvenzspezifische Aufrechnungsvoraussetzungen und -verbote dagegen dem Insolvenzstatut. 329 Dazu und zu weiteren Abgrenzungsfragen ISHIKAWA/HAGA (2003) 626 ff. m.w.N.; NISHITANI (2011) Rn. 207.

250

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

galt, stellte sich die Frage grenzüberschreitender Insolvenzen nicht.330 Dies war ein Grund dafür, dass bei der Reform von 2001 die Schaffung einer Vorschrift über das auf Insolvenzen mit Auslandsbezug anwendbare Recht hintangestellt wurde.331 3.

Doppelnatur der Sanierungsverfahren

In Japan gibt es für Gesellschaften in der Krise vier Verfahren, zwischen denen der Antragsteller, soweit die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen, frei wählen kann.332 Das Liquidationsverfahren nach dem Konkursgesetz ist das zentrale Insolvenzverfahren für alle Arten von Gesellschaften.333 Das Sonderliquidationsverfahren in Artt. 510 ff. GesG steht hingegen nur Aktiengesellschaften offen, die sich bereits in Liquidation befinden. Es bietet die Möglichkeit, die Schwierigkeiten besonders problematischer Liquidationsverfahren durch ein Übereinkommen zwischen den Gläubigern zu beseitigen.334 Alternativ zu diesen beiden auf Liquidation ausgerichteten Verfahren bestehen die Verfahren im Zivilsanierungsgesetz335 und im Gesellschaftssanierungsgesetz,336 deren Ziel es ist, die Gesellschaft unter Fortführung des Geschäftsbetriebs aus einer finanziellen Krise zu führen. Das Verfahren des Zivilsanierungsgesetzes steht seit 2000 als allgemeines Sanierungsverfahren allen juristischen Personen zur Verfügung.337 Während das Zivilsanierungsgesetz auf Schuldnereigenverwaltung ausgerichtet ist,338 werden im Verfahren nach dem am US-amerikanischen Bankruptcy Code orientierten Gesellschaftssanierungsgesetz viel weiter gehend externe Personen eingesetzt. So ist etwa zwingend ein Sanierungsverwalter zu ernennen.339 Insbesondere aufgrund der intensiven Beteiligung des Gerichts ist es schwerfällig und langwierig und wird daher nur bei großen Sanierungsfällen eingesetzt.340

330

KROHE (2011) Rn. 106; HAYAKAWA (2000) 169 ff. TAGASHIRA (2006) 209. 332 Zu den wesentlichen Grundzügen des japanischen Insolvenzrechts: ARAKI/SAITÔ (2009) [52-100] ff. 333 Dazu KROHE (2011) Rn. 5 ff. 334 Dazu ARAKI/SAITÔ (2009) [52-120]. Siehe auch KROHE (2011) Rn. 38. 335 Minji saisei-hô, Gesetz Nr. 225/1999 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014. Beachte ergänzend Minji saisei kisoku [ZivilsanierungsVO], VO des Obersten Gerichtshofs Nr. 3/2000 i.d.F. der VO Nr. 2/2006. 336 Kaisha kôsei-hô, Gesetz Nr. 154/2002 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014. 337 KROHE (2011) Rn. 42 ff. Zur Gesetzgebungsgeschichte KAWANO (2000) 415 ff. 338 KROHE (2011) Rn. 63. 339 KROHE (2011) Rn. 91 ff. sowie Rn. 1 zur Orientierung am Chapter X des USamerikanischen Bankruptcy Code von 1952. 340 KROHE (2011) Rn. 40. Für eine eingehende vergleichende Analyse der Sanierungsverfahren siehe BUFFORD/YANAGIDA (2006) 1 ff. 331

B. Einzelfragen

251

Auch auf Sanierungsverfahren ist grundsätzlich die lex fori concursus anzuwenden.341 Die Verfahren enthalten insolvenzrechtliche Institute wie z.B. Aufrechnungsverbote oder Anfechtungsmöglichkeiten bei Gläubigerschädigung.342 Soweit diese insolvenzrechtlichen Elemente jedoch mit Sonderregeln des Gesellschaftsrechts kombiniert sind, kommt den Sanierungsverfahren eine Doppelnatur zu.343 An diesen Schnittstellen ergeben sich interessante Abgrenzungsfragen zum Gesellschaftsstatut. a.

Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Sanierungsverwalters

Im Gesellschaftssanierungsverfahren muss durch das Gericht ein Sanierungsverwalter (kanzai-nin) bestellt werden.344 Im Zivilsanierungsverfahren kommt eine solche Bestellung nur ausnahmsweise in Betracht.345 Mit der Bestellung gehen die Befugnis, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen, sowie das Verwaltungs- und Verfügungsrecht in Bezug auf das Vermögen der Gesellschaft gemäß Art. 72 Abs. 1 Gesellschaftssanierungsgesetz346 bzw. Art. 66 Zivilsanierungsgesetz auf den Sanierungsverwalter über. Diese Rechtsstellung des Vermögensverwalters liegt im Grenzbereich von Insolvenz- und Gesellschaftsstatut. Einerseits vertritt der Sanierungsverwalter die Gesellschaft nicht, sondern wird in eigenem Namen tätig (Art. 74 Abs. 1 Gesellschaftssanierungsgesetz, Art. 67 Abs. 1 Zivilsanierungsgesetz). Dies spricht für eine insolvenzrechtliche Qualifikation.347 Anders als in der Insolvenz, bei der es die Aufgabe des Verwalters ist, das Konkursvermögen zu liquidieren und den Erlös zu verteilen,348 können sich die Befugnisse des Sanierungsverwalters, da das Verfahren auf die Sanierung der Gesellschaft abzielt, auf Verwaltung und Verfügung des Gesellschaftsvermögens beschränken. Auch bestimmt nach herrschender Meinung grundsätzlich das Gesellschaftsstatut darüber, wer geschäftsführungsbefugt ist.349 Die Rechtsstellung des Vermögensverwalters nach Art. 32 Abs. 1 Gesellschaftssanierungsgesetz hat also insolvenz- und gesellschaftsrechtliche Anteile.350 341

ISHIKAWA/HAGA (2003) 625. KROHE (2011) Rn. 56 ff. 343 YAMAMOTO (1994) 139 zum Gesellschaftssanierungsgesetz a.F. Das Gesellschaftssanierungsgesetz wurde 2003 reformiert (KROHE (2011) Rn. 2), die hier relevanten Vorschriften sind jedoch inhaltlich gleich geblieben. 344 Artt. 67 ff. Gesellschaftssanierungsgesetz. Dazu KROHE (2011) Rn. 91. 345 Art. 64 Zivilsanierungsgesetz. Dazu KROHE (2011) Rn. 63. 346 Kaisha kôsei-hô, Gesetz Nr. 154/2002 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014. 347 Vgl. YAMAMOTO (1994) 155 noch zu den (inhaltsgleichen) Vorgängervorschriften Artt. 53 und 96 Abs. 1 Gesellschaftssanierungsgesetz a.F. 348 KROHE (2011) Rn. 25. 349 YAMAMOTO (1994) 155 f. 350 YAMAMOTO (1994) 139 und 155 f. Vergleiche zur ähnlichen Problematik in der Schweiz, Frankreich, Österreich und Liechtenstein SCHACK (2010) Rn. 1180 m.w.N. 342

252

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Eine Möglichkeit, dieser Doppelnatur des Verwaltungs- und Verfügungsrechts gerecht zu werden, ist die getrennte Anknüpfung der insolvenzrechtlichen Befugnisse des Verwalters, also seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen, von seinem gesellschaftsrechtlich zu qualifizierenden Recht zur Geschäftsführung. Auch wenn man von der grundsätzlichen Möglichkeit der getrennten Anknüpfung dieser Befugnisse ausgeht, wäre die Durchführung in der Praxis aufgrund der entstehenden Anpassungsprobleme jedoch kaum möglich.351 Auch die Alternative, das Insolvenzund das Gesellschaftsstatut kumulativ anzuwenden, würde – soweit im Gründungsstaat der Gesellschaft kein Reorganisationsverfahren besteht – die Sanierung ausländischer Gesellschaften in Japan erheblich erschweren.352 b.

Verabschiedung des Sanierungsplans

Kernstück und Ziel des Zivilsanierungsverfahrens ist die Erstellung und Durchführung eines Sanierungsplans, dem die Gläubiger zustimmen und den das Gericht genehmigen muss.353 Auch das Verfahren des Gesellschaftssanierungsgesetzes, das nur Aktiengesellschaften offensteht, ist auf die Weiterführung der Gesellschaft mit Hilfe eines Sanierungsplans gerichtet.354 Die Aufstellung und Verabschiedung des Sanierungsplans richtet sich grundsätzlich nach der lex fori concursus.355 Allerdings sind zur Sanierung der Gesellschaft häufig grundlegende Änderungen ihrer Rechts- oder Kapitalgrundlagen, eventuell gar ihre Auflösung erforderlich. Da solche Änderungen die Struktur der Gesellschaft betreffen, ist auf sie zusätzlich zum Insolvenzstatut auch das Gesellschaftsstatut anzuwenden. Denn beim Gesellschaftssanierungsverfahren werden solche grundlegenden Änderungen der Gesellschaftsstruktur in den Sanierungsplan aufgenommen und zusammen mit allen anderen Änderungen nach dem Verfahren des Gesellschaftssanierungsgesetzes – mit geringeren Zustimmungserfordernissen als im Gesellschaftsrecht – verabschiedet.356 Soweit grundlegende Änderungen im Plan enthalten sind, ist die Zustimmung durch die Verfahrensbeteiligten zugleich ein Sonderverfahren für den gesellschaftsrechtlichen Schutz. Das Sanierungsverfahren kann jedoch nicht den Schutz nach einem Gesellschaftsstatut ersetzen, auf das es nicht zugeschnitten ist. Daher ist bei Änderungen der Struktur einer Auslandsge351

So auch YAMAMOTO (1994) 156. Ähnlich YAMAMOTO (1994) 156. 353 KROHE (2011) Rn. 76 ff. 354 Zu diesem Verfahren KROHE (2011) Rn. 86 ff. 355 YAMAMOTO (1994) 157. 356 KROHE (2011) Rn. 101 ff. Im Zivilsanierungsverfahren müssen demgegenüber die Bestimmungen des Gesellschaftsrechts zusätzlich beachtet werden, es bestehen keine solch weitreichenden Sonderregelungen gegenüber dem Gesellschaftsrecht, KROHE (2011) Rn. 83. 352

B. Einzelfragen

253

sellschaft die kumulative Anwendung von Gesellschafts- und Insolvenzstatut erforderlich.357 In der Praxis erschwert die kumulative Anwendung zweier Statute bei der Verabschiedung des Sanierungsplans die Durchführung der Sanierung erheblich. Das japanische Gericht wird dies schon im Rahmen des Eröffnungsbeschlusses berücksichtigen und gegebenenfalls den Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mangels Aussicht auf Genehmigung eines Sanierungsplans ablehnen.358 4.

Haftung in der Insolvenz

Ein zentraler Diskussionspunkt bei der Abgrenzung des Insolvenzstatuts vom Gesellschaftsstatut ist in Deutschland die Frage der Insolvenzverschleppungshaftung.359 In Japan dagegen wurden Haftungsprobleme in diesem Zusammenhang bisher kaum erörtert. Ein Grund dafür ist das bis 2001 herrschende strenge Territorialitätsprinzip. Vor allem aber besteht im japanischen materiellen Recht keine dem deutschen Recht entsprechende Insolvenzantragspflicht.360 In Japan stützen Gläubiger einer insolventen Gesellschaft ihre Schadensersatzansprüche gegen das Management der Gesellschaft in der Regel auf Art. 429 Abs. 1 GesG, eine in rechtsvergleichender Hinsicht eigen-

357

YAMAMOTO (1994) 157. YAMAMOTO (1994) 157. Allerdings ist seit der Reform von 2003 die Eröffnung nur noch abzulehnen, wenn „offensichtlich“ keine Aussicht auf das Zustandekommen besteht (KROHE (2011) Rn. 42, 86), eine Ablehnung der Eröffnung ist also weniger wahrscheinlich. 359 Für die gesellschaftsrechtliche Qualifikation sprechen sich BAUMBACH/HOPT (2012) Einleitung vor § 105 Rn. 29 (Hopt); BERNER/KLÖHN (2007) 107 ff.; MOCK/SCHILDT (2003) 399 f.; SCHMIDT (2006) 739 f.; ULMER (2004a) 1207; MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen/Ego (2012) Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 399 aus. Eine insolvenzrechtliche Einordnung befürworten dagegen LG Kiel, Urteil vom 20. April 2006, ZIP 2006, 1240; ALTMEPPEN (2004) 100 f.; BORGES (2004) 737 ff.; EIDENMÜLLER (2006) 495 ff.; GOETTE (2005) 200; HABERSACK/VERSE (2011) § 3 Rn. 29; MÜLLER (2003) 416; ERMAN-Hohloch (2011) Anh II Art 12 Rn. 16; RÖHRICHT (2005) 507 f.; ROTH (2003b) 1085; WELLER (2003a) 328; ZERRES (2006) 358 ff.; MÜNCHKOMM GMBHG/Weller (2010) Einleitung Rn. 425. Auch eine deliktsrechtliche Qualifikation wird in der Literatur vertreten, siehe BAYER (2003) 2365; SCHANZE/JÜTTNER (2003) 670; KINDLER (2003c) 1090; KINDLER (2007c) 506 ff.; ZIMMER (2003c) 3590 (Mehrfachqualifikation); HENSSLER/STROHN (2011) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 428 (Servatius). Zur Diskussion unter Einbeziehung rechtsvergleichender Bezüge NERLICH/RÖMERMANN (2012) VO (EG) 1346/2000 Art. 4 Rn. 20 f. (Nerlich). 360 Auch in Europa gibt es Länder, in denen keine Insolvenzantragspflicht besteht – etwa Großbritannien und die Niederlande. Dazu STÖBER (2012) 338, 351 und 353. 358

254

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

tümliche Vorschrift. 361 Diese Ansprüche sind, wie oben erläutert, gesellschafts- oder deliktsrechtlich zu qualifizieren.362 Die bisherige japanische Literatur zu genuin insolvenzrechtlichen Haftungsansprüchen beschränkt sich auf die Erörterung der Frage, wie – im Falle der Zahlungsunfähigkeit einer französischen oder englischen Gesellschaft mit Niederlassung in Japan363 – die nach französischem oder englischem Recht bestehende Insolvenzverschleppungshaftung zu qualifizieren sei und schließt sich insofern der Meinung an, die eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation befürwortet.364 Problematisch wäre im Falle der Maßgeblichkeit englischen Rechts allerdings die Anwendung von Art. 214 Abs. 1 des englischen Company Act.365 Dort ist festgelegt, dass das Gericht bestimmen kann, dass der Haftende eine Summe zum Gesellschaftsvermögen zu zahlen hat, deren Höhe im Ermessen des Gerichts liegt („as the court thinks proper“). Da im japanischen Insolvenzverfahren eine solche gerichtliche Anordnung nicht vorgesehen ist, ist fraglich, ob und wie die Vorschrift durch das japanische Gericht angewendet werden kann.366 Bei Insolvenz einer unterkapitalisierten Tochtergesellschaft richtet sich die Frage der Haftung der Muttergesellschaft grundsätzlich nach dem Gesellschaftsstatut der Tochtergesellschaft.367 5.

Nachrang von Gesellschafterforderungen

In Japan gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubigerforderungen. Er wird nur vereinzelt in Ausnahmefällen – etwa bei einem Verstoß

361

KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 136 und GROUP FOR INTERNATIONAL CORPORATE LAW (TRANSPARENCY OF JAPANESE LAW PROJECT), Companies Act – Overview, , Punkt 8 (4). Siehe auch KRAAKMAN (2009) 136 (Armour/Hertig/Kanda). 362 Siehe dazu oben VI.3. 363 Nach Art. 4 Konkursgesetz bzw. Art. 4 Zivilsanierungsgesetz besteht die japanische Zuständigkeit für das Insolvenz- bzw. Sanierungsverfahren, wenn die ausländische Vereinigung ihre Niederlassung in Japan hat. Dazu NISHITANI (2011) Rn. 202. 364 FUJITA (2000) 13 (am Beispiel eines Sanierungsverfahrens in Japan, bei dem sich wie bei einem normalen Insolvenzverfahren auch die Frage der Insolvenzverschleppung stellt). 365 Insolvency Act 1986 c. 45. Abs. 1 lautet: „Subject to subsection (3) below, if in the course of the winding up of a company it appears that subsection (2) of this section applies in relation to a person who is or has been a director of the company, the court, on the application of the liquidator, may declare that that person is to be liable to make such contribution (if any) to the company's assets as the court thinks proper.” 366 FUJITA (2000) 13. 367 Siehe dazu unten XV.5.

B. Einzelfragen

255

gegen die guten Sitten – durchbrochen.368 Die Frage, welches Recht auf die Behandlung der Rangfolge der Gesellschafterforderungen anzuwenden ist, wird in der japanischen Literatur von einigen Autoren – wie von der herrschenden Meinung in Deutschland369 – insolvenzrechtlich, von anderen aber gesellschaftsrechtlich qualifiziert.370 Das dabei vorgebrachte Argument für die gesellschaftsrechtliche Qualifizierung, es handele sich um ein Problem des materiellen, nicht des Verfahrensrechts, verfängt nicht.371 Auch materiellrechtliche Fragestellungen können dem Insolvenzstatut unterstellt sein.372 In Deutschland argumentieren Teile der Literatur, das Kapitalersatzrecht sei wegen seiner Nähe zum Kapitalerhaltungsrecht gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren.373 Überzeugender ist hingegen die Argumentation der herrschenden Meinung, dass die maßgeblichen Regelungen zur Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen erst und ausschließlich in der Insolvenz Bedeutung erlangen,374 bzw. dass sie mit dem gesetzlich angeordneten Rangrücktritt 368

Der OGH lehnte es mit Urteil vom 21. Dezember 1995 ab, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubigerforderungen zu durchbrechen und die Muttergesellschaft einer insolventen Gesellschaft nachrangig zu befriedigen. Dagegen machte das DG Hiroshima mit Urteil vom 6. März 1998 eine Ausnahme von der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes mit Verweis auf einen Verstoß gegen die guten Sitten. Ausführlich zu beiden Urteilen FINANCIAL LAW BOARD (2005) 9 ff. m.w.N. und mit rechtsvergleichendem Verweis (in Fn. 8) auf Section 510(c) Bankruptcy Code der USA (in der Fassung von 1978) und auf § 39 Abs. 1 Nr. 5 der deutschen Insolvenzordnung. 369 Der Gesetzgeber sieht die mit dem MoMiG erlassenen § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4, 5, § 135 InsO als systematisch dem Insolvenzrecht zugehörig (BT-Drucksache 16/6140, S. 42) und auf Auslandsgesellschaften anwendbar (BT-Drucksache 16/6140, S. 57) an. Für eine insolvenzrechtliche Einordnung der §§ 32a, 32b GmbHG a.F., § 32a KO a.F. BGH, Urteil vom 21. Juli 2011, NZG 2011, 1195, Rn. 27 ff.; dazu TEICHMANN (2012b) 18 ff. sowie zur Vorinstanz MANKOWSKI (2010) 1004; DAHL/SCHMITZ (2010) 532. Weiter FISCHER (2004) 1480; HABERSACK/VERSE (2011) § 3 Rn. 29; ULMER (2004a) 1207; PANNEN (2007) Art. 4 Rn. 91 ff. (Pannen/Riedemann); HUBER (2005) 140 ff.; ULMER (2004b) 299; wohl auch RÖHRICHT (2005) 512; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 735 m.w.N. Für eine gesellschaftsrechtliche Qualifizierung dagegen MÜNCHKOMM AKTG/Altmeppen/Ego (2012) Rn. 381 ff.; NERLICH/RÖMERMANN (2012) VO (EG) 1346/2000 Art. 4 Rn. 18 (Nerlich). 370 Für die insolvenzrechtliche Qualifikation KAISE (1995) 268. Wohl auch SATÔ (1995) 330 ff. Für die gesellschaftsrechtliche Qualifikation dagegen FUJITA (2000) 14. Zum Fall der Forderung einer Mutter- gegen die Tochtergesellschaft siehe unten XV.6. 371 So aber FUJITA (2000) 14. 372 Siehe dazu oben 2. 373 So etwa MÜNCHKOMM INSO/Reinhart (2008), Art. 4 EuInsVO Rn. 6; NERLICH/RÖMERMANN (2012) VO (EG) 1346/2000 Art. 4 Rn. 18 (Nerlich); MÜNCHKOMM AKTG/Altmeppen/Ego (2012) Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 381 ff. Dagegen treffend RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 15. 374 BGH, Urteil vom 21. Juli 2011, NZG 2011, 1195, Rn. 27 ff.; PANNEN (2007) Art. 4 Rn. 93 (Pannen/Riedemann); HUBER (2005) 140 ff.; ULMER (2004a) 1207; FISCHER (2004) 1480; ULMER (2004b) 299; wohl auch RÖHRICHT (2005) 512; MÜNCHKOMM BGB/Kindler

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

und der Insolvenzanfechtung spezifisch insolvenzrechtliche Rechtsfolgen vorsehen,375 und dass sie daher insolvenzrechtlich einzuordnen sind. Auch in Japan geht es letztlich um die Durchbrechung des insolvenzrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubigerforderungen, es stellt sich die Frage der Verteilungsgerechtigkeit.376 Dies spricht für eine insolvenzrechtliche Einordnung. Wird statt eines Insolvenz- ein Sanierungsverfahren eröffnet, so kann in Japan im Sanierungsplan die Nachrangigkeit von Gläubigerforderungen festgesetzt werden. Dabei kann der Grundsatz der Gleichbehandlung der Forderungen bis zur Grenze der Billigkeit eingeschränkt werden.377 Hier legt die Doppelnatur des japanischen Sanierungsverfahrens, insbesondere die Stellung des Reorganisationsplans an der Schnittstelle zum Gesellschaftsrechts, eine gesellschaftsrechtliche Qualifizierung nahe. XII. Grenzüberschreitende Sitzverlegung Anders als in Deutschland, wo die Verlegung des tatsächlichen Verwaltungssitzes – soweit die Sitztheorie noch gilt – zu einem Statutenwechsel führt, hat sie in Japan auf die Bestimmung des Gesellschaftsstatuts keine Auswirkung. Vor wie nach der Verlegung des Verwaltungssitzes wird das Gründungsrecht angewendet. Allerdings ist die Lage des tatsächlichen Verwaltungssitzes für die bereits dargestellte fremdenrechtliche Vorschrift des Art. 821 GesG von Bedeutung.378 Die grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes hat in Deutschland als Bestandteil der vom EuGH erweiterten Unternehmensmobilität innerhalb der EU erheblich an Bedeutung gewonnen.379 Da alle Mitgliedstaaten der EU einen inländischen Satzungssitz als Voraussetzung für die Gründung und das Bestehen einer Gesellschaft ihres Rechts vorschreiben, führt die Satzungssitzverlegung regelmäßig zum Statutenwechsel.380 Auch nach japanischem Recht ist ein Satzungssitz in Japan Voraussetzung für die Gründung und das Bestehen einer japanischen Gesellschaft. Die grenzüberschreitende Verlegung des Satzungssitzes führt daher in Japan zur Auflösung der Gesellschaft.381 Diese Rechtsfolge ist indes nicht kollisionsrechtlich bedingt. Auf (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 735 m.w.N.; RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 15. 375 MANKOWSKI (2010) 1004. 376 Dazu FINANCIAL LAW BOARD (2005) 1. 377 FINANCIAL LAW BOARD (2005) 1, 11 ff. Siehe auch KROHE (2011) Rn. 81. 378 Siehe dazu oben Dritter Teil, B.V.2.b. 379 Ausführlich hierzu WELLER (2013) 497 ff. und WELLER/LEUERING (2012) 1 ff. (Weller) zur Rechtslage sowie 1 ff. (Leuering) mit Beispielen aus der Praxis. Zur Möglichkeit der Satzungssitzverlegung innerhalb der EU oben Zweiter Teil, A.I.d.iii. 380 WELLER (2013) 510 f. und WELLER/LEUERING (2012) 13 (Weller). 381 Siehe dazu schon oben Zweiter Teil, A.II.2.c.iii.

B. Einzelfragen

257

Ebene des Kollisionsrechts ist eine Verlegung des Satzungssitzes nicht von Bedeutung, da in Japan an das unveränderliche Moment des ursprünglichen Gründungsrechts und nicht an den Ort der aktuellen Registrierung oder an die aktuelle Organisation der Gesellschaft angeknüpft wird.382 Vielmehr ist die Auflösung der Gesellschaft bei Verlegung des Satzungssitzes materiellrechtlich zu erklären. Verlegt eine Gesellschaft, die ursprünglich nach japanischem Recht gegründet wurde, ihren Satzungssitz ins Ausland, so kann sie nicht als japanische Gesellschaft fortbestehen, da die Eintragung des in der Satzung bestimmten Hauptsitzes ins Handelsregister, soweit dieser im Ausland liegt, nicht möglich383 und die Eintragung Voraussetzung für die Existenz der Gesellschaft als juristische Person ist.384 Die Frage, ob das japanische Recht eine identitätswahrende Umwandlung in eine Gesellschaftsform des ausländischen Rechts zulässt, wird in der japanischen Literatur, soweit ersichtlich, nicht diskutiert. Es ist aber anzunehmen, dass eine solche Umwandlung nicht möglich ist. Sie wäre, da an das ursprüngliche Gründungsrecht angeknüpft wird, nach gegenwärtigem Stand des Rechts bereits auf kollisionsrechtlicher Ebene schwierig zu bewerkstelligen. Verlegt umgekehrt eine Auslandsgesellschaft ihren Satzungssitz nach Japan, so ist die für die Existenz unabdingbare Eintragung weder als japanische noch als Auslandsgesellschaft möglich.385 Auch eine identitätswahrende Umwandlung in eine Gesellschaftsform des japanischen Rechts ist nach japanischem Recht nicht möglich. Praktisch relevant wurde die Frage der grenzüberschreitenden Verlegung des Satzungssitzes nach der Niederlage im Zweiten Weltkrieg, als der Satzungssitz von Gesellschaften, die in den von Japan eroberten Gebieten nach japanischem Recht gegründet worden waren, nach Japan verlegt werden sollte. Ein zunächst geplantes vereinfachtes Eintragungsverfahren für die Sitzverlegung dieser Gesellschaften wurde schließlich nicht eingeführt mit der Begründung, es liefe dem Zweck der kaiserlichen Kontrolle des Finanzverkehrs

382 Zu den verschiedenen Anknüpfungspunkten siehe oben Zweiter Teil, A.II.2.c.ii. und III. 383 EGASHIRA (2011) 68, der zudem auf die prozessrechtliche Bedeutung des Satzungssitzes hinweist. Zur Vorgängervorschrift Art. 57 HG, Art. 4 GmbH-Gesetz KAMEDA (1998) 1 f. Kameda verweist in Fn. 5 (m.w.N.) darauf, dass das Gesetz über die Aufgaben von Konsulaten (Ryôji-kan no shokumu ni kansuru hôritsu, Gesetz Nr. 70/1899) hiervon eine Ausnahme machte, indem es den Konsulaten im Rahmen der Konsulargerichtsbarkeit auch das Recht übertrug, die Eintragung von Gesellschaften vorzunehmen. Dies sollte es ermöglichen, eine Gesellschaft nach japanischem Recht mit Satzungssitz in China zu gründen. 384 Art. 49, 579, 911-914 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 4. 385 KAMEDA (1998) 2.

258

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

zuwider. Eine Sitzverlegung war daher nur mit Zustimmung des Finanzministers möglich.386 XIII. Internationale Umstrukturierungen 1.

Kollisionsrecht

a.

Internationale Verschmelzung

Eine Verschmelzung ist die Vereinigung des Vermögens von zwei oder mehr Gesellschaften, indem das Vermögen mindestens einer Gesellschaft auf eine andere bestehende oder neu gegründete Gesellschaft als Gesamtheit übertragen wird. Dabei erlischt/erlöschen die übertragende(n) Gesellschaft(en) ohne Abwicklung, und ihre Aktionäre werden zu Aktionären der übernehmenden bzw. neuen Gesellschaft, indem ihnen deren Aktien übertragen werden.387 Eine internationale Verschmelzung (kokusaiteki gappei) ist gegeben, wenn die Gesellschaften verschiedenen Rechtsordnungen unterstehen.388 Die wohl herrschende Meinung in Japan spricht sich dafür aus, auf die Voraussetzungen und das Verfahren der Verschmelzung für jede der Gesellschaften ihr Gesellschaftsstatut anzuwenden, soweit die Voraussetzungen und Verfahrensschritte nicht alle Gesellschaften betreffen – dann sollen alle Gesellschaftsstatute angewendet werden.389 Dies entspricht der in Deutschland ganz herrschenden Vereinigungstheorie.390 Nach dieser herrschenden Auffassung ist die Verschmelzung ein einheitlicher Vorgang, für den als solchen das anwendbare Recht zu bestimmen ist und der nicht in seine Einzelelemente aufgespalten wird. Daran wurde von der japanischen Literatur vereinzelt kritisiert, dass die einheitliche Qualifika386

KAMEDA (1998) 2 Fn. 5 m.w.N. OCHIAI (2000) 36; vgl. auch KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 198 ff. 388 YAMADA (2004) 233; OCHIAI (2000) 37; vgl. auch TATSUTA (1985) 317. Ähnlich Art. 1 Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten: „sofern mindestens zwei der Gesellschaften dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen“. Dazu MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 855. 389 NISHITANI (2011) Rn. 44; EGASHIRA (2000) 138; FUJITA (2003b) 20; NAKAHIGASHI (2004) 27; HAYAKAWA (2012) 39 f.; OCHIAI (2000) 39; TAKAKUWA (1974) 37; SAKURADA/DÔGAUCHI (2011) 166 f. (Nishitani); zu dieser Meinung auch FUJITA (2005) 57. 390 HENSSLER/STROHN (2011) § 122a Rn. 4 (Polley); SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 504 (Spahlinger/Wegen); SCHMITT/HÖRTNAGL/STRATZ (2013) § 1 UmwG Rn. 58 (Hörtnagel); SEMLER/STENGEL (2012) Einleitung C Rn. 16 (Drinhausen); MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 876 m.w.N.; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 683; MÜNCH. HDB. GESR VI/Hoffmann (2013) § 53 Rn. 5; KK-UMWG/Simon/Rubner (2009) vor §§ 122a ff. Rn. 22. Siehe auch Art. 10a RefE. 387

B. Einzelfragen

259

tion als organisationsrechtlicher Vorgang keinen Verständnisgewinn bringe. Vielmehr könne dadurch der Eindruck entstehen, dass zur Durchführung ein umfassendes, eigenständiges Regelungssystem erforderlich sei. So werde die Durchführung einer internationalen Verschmelzung erschwert. Sinnvoll sei vielmehr, Verfahren und Wirkung für jede Gesellschaft grundsätzlich getrennt zu betrachten – als Verschmelzung für die übertragende und als Umstrukturierung für die übernehmende bzw. Neugründung für die neue Gesellschaft – und distributiv anzuknüpfen.391 Diese Meinung vernachlässigt jedoch, dass die Verschmelzung tatsächlich ein einheitlicher Vorgang ist, bei dem das Vermögen durch Gesamtrechtsnachfolge übergeht und in dem die verschiedenen Verfahrensschritte und Schutzmechanismen aufeinander abgestimmt sind.392 Sie ist daher abzulehnen. Im Ergebnis kommen beide Ansichten allerdings oftmals zu demselben Ergebnis, da auch nach der Mindermeinung auf Voraussetzungen und Verfahrensschritte, die beide beteiligten Gesellschaften betreffen, beide Gesellschaftsstatute anzuwenden sind. So muss etwa der Verschmelzungsvertrag (gappei kei’yaku) nach beiden Ansichten den Rechtsordnungen aller beteiligten Gesellschaften genügen. Ist allerdings als Gegenleistung für die Verschmelzung nicht die Übertragung von Aktien der übernehmenden bzw. neuen Gesellschaft vereinbart, sondern eine Leistung von Geld oder eine Übertragung von Aktien der Muttergesellschaft, so kommen die Ansichten gegebenenfalls zu unterschiedlichen Ergebnissen. So ist etwa die Vereinbarung von Geld als Gegenleistung zwar seit 2006 nach japanischem Recht zulässig, nicht aber nach dem Recht vieler europäischer Staaten. Nach deutschem Recht ist sie nur ausnahmsweise und eingeschränkt zugelassen.393 Lässt nun das Statut der übertragenden Gesell391

HAYAKAWA U.A. (2002a) 32 f. (anders aber HAYAKAWA (2012) 39 f.); im Ergebnis wohl auch MATSUI/KUWANO (2002) 45 f. 392 Siehe dazu für das deutsche Recht HENSSLER/STROHN (2011) § 1 Rn. 23 ff. (Decker); SCHMITT/HÖRTNAGL/STRATZ (2013) § 1 UmwG Rn. 59 (Hörtnagl) („UmwG ein in sich geschlossenes System“). So lässt sich im europäischen Rechtsvergleich etwa eine Systematik in der Funktionsweise von Verschmelzungsregimen erkennen, je nachdem, ob den Gläubigern ex ante oder ex post ein Sicherstellungsanspruch zusteht. Dazu KALSS (2009) 111. Vgl. auch die rechtsvergleichenden Ausführungen bei BÄLZ (2005) 3 f. zur Spaltung, dem Gegenstück zur Verschmelzung. Gerade die Entwicklung weg von mehreren einzelnen Vermögensübertragungen hin zu einem speziellen gesellschaftsrechtlichen Verfahren, das in einem einzigen Schritt zur Strukturänderung führt, macht die Besonderheit der gesetzlichen Regelung aus. 393 Zur Rechtslage in Japan KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 201. Zum deutschen Recht SCHMITT/HÖRTNAGL/STRATZ (2013) § 2 UmwG Rn. 15 (Stratz); SEMLER/STENGEL (2012) § 2 Rn. 41 (Stengel). Die grundsätzliche Unzulässigkeit der Barabfindung ergibt sich aus der Definition der Verschmelzung in § 2 UmwG und daraus, dass §§ 54 Abs. 4, 68 Abs. 3 UmwG für bare Zuzahlungen eine Grenze von maximal 10 % der gewährten Anteile festlegen. Siehe KALSS (2009) 82 ff. zur Rechtslage in verschiedenen anderen europäischen Staaten.

260

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

schaft eine bestimmte Art der Gegenleistung zu, nicht aber das Statut der übernehmenden Gesellschaft, so ist der Vertrag bei kumulativer Anwendung beider Gesellschaftsstatute unwirksam. Knüpft man jedoch mit der Gegenmeinung auch die im Verschmelzungsvertrag festzulegenden Angaben distributiv an und geht zudem davon aus, dass die Entscheidung über die zulässige Art der Gegenleistung den engsten Bezug zum Statut der übertragenden Gesellschaft hat,394 ist auf die Art der Gegenleistung allein das Recht dieser Gesellschaft anwendbar. Danach wäre der Vertrag wirksam.395 b.

Internationaler Aktientausch/internationale Aktienübertragung

Bei einem Aktientausch (bzw. einer -übertragung) übertragen die Aktionäre einer Gesellschaft auf der Grundlage eines Aktientauschvertrags ihre Aktien auf eine andere bestehende (bzw. neu gegründete) Gesellschaft und erhalten als Gegenleistung Aktien dieser Gesellschaft oder Geld. So verwandelt sich die Aktiengesellschaft, deren Aktien übertragen werden, in eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der anderen Gesellschaft.396 Wie die Verschmelzung ist auch der Aktientausch (kabushiki kôkan) bzw. die Aktienübertragung (kabushiki iten) dann international, wenn die Statute der beiden Gesellschaften voneinander abweichen. Die japanische Diskussion über die Anknüpfung des internationalen Aktientauschs stimmt mit der zur internationalen Verschmelzung überein.397 Gibt es nach dem Gesellschaftsstatut einer der beteiligten Gesellschaften kein dem Aktientausch oder der Aktienübertragung entsprechendes Rechtsinstitut, so ist streitig, ob dies die Umstrukturierung unmöglich macht oder ob

394 Dies ist nur möglich, wenn die Beschränkung der Gegenleistungen primär dem Schutz der Minderheitsaktionäre der übertragenden Gesellschaft dient. Unter diesem Aspekt wurde die Diskussion bis 2006 in Japan geführt, siehe NAKAHIGASHI (2003) 20 m.w.N. in Fn. 3. Auch in Deutschland wird durch die Beschränkung der Anspruch der Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers auf Fortsetzung ihrer Mitgliedschaft gesichert, vgl. HENSSLER/STROHN (2011) § 20 UmwG Rn. 51 f. Jedoch kann die Beschränkung bei der Art der Gegenleistung auch anderen Zielen dienen, etwa die Befriedigungsaussichten der Gläubiger der übernehmenden bzw. neuen Gesellschaft zu schützen, indem die Zahlungsverpflichtungen dieser Gesellschaft begrenzt werden (vgl. KALSS (2009) 77 f.). Eine solche einseitige Zuordnung zum Statut der übertragenden Gesellschaft ist dann nicht sachgemäß. 395 MATSUI/KUWANO (2002) 45 f. Dazu FUJITA (2003b) 20 Fn. 48. 396 HAYAKAWA U.A. (2002a) 31. Siehe auch KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 209. 397 Zur Diskussion über die internationale Verschmelzung siehe oben a. Vgl. speziell zum Aktientausch FUJITA (2005) 56 f.; FUJITA (2003b) 20 f. sowie HAYAKAWA U.A. (2002a) 31 f. zur Gegenmeinung. Für eine distributive Anknüpfung beim Aktientausch sprechen sich neben Hayakawa auch EGASHIRA (1999) 121; EGASHIRA (2000) 136; TAKAKUWA (2005) 310 aus.

B. Einzelfragen

261

eine Substitution durch einzelne Transaktionen möglich ist, die zusammengenommen dasselbe Ergebnis erzielen wie Aktientausch oder -übertragung.398 c.

Internationale Spaltung

Spaltung ist die Übertragung von Vermögensteile einer Gesellschaft als Gesamtheit auf mindestens eine andere neu gegründete oder bereits bestehende Gesellschaft. Als Gegenleistung gibt die übernehmende Gesellschaft Anteile an die übertragende Gesellschaft oder deren Gesellschafter aus.399 Eine internationale Spaltung (kokusaiteki bunkatsu) ist gegeben, wenn die Gesellschaften verschiedenen Statuten unterstehen. Das auf die internationale Spaltung anwendbare Recht wird wie bei der internationalen Verschmelzung bestimmt.400 Da das Rechtsinstitut der Spaltung – anders als die Verschmelzung – in zahlreichen Rechtsordnungen nicht existiert, stellt sich wie beim grenzüberschreitenden Aktientausch auch bei ihr häufig die Frage, ob eine Substitution möglich ist.401 2.

Sachrechtliche Unzulässigkeit

Deutschland hat im Jahr 2007 in den §§ 122a ff. UmwG die internationale Verschmelzung mit Kapitalgesellschaften aus dem EWR ermöglicht.402 Auch bei Gesellschaften aus Drittstaaten wird teilweise angenommen, dass eine grenzüberschreitende Verschmelzung unter bestimmten Voraussetzungen 398

Für die Unmöglichkeit der Umstrukturierung TAKAKUWA (2000) 37. Für die Möglichkeit der Substitution EGASHIRA (2000) 138 Fn. 7; MATSUI (2002) 48; auch FUJITA (2003b) 21 (allerdings mit Hinweis auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Durchführung der Substitution); HAYAKAWA U.A. (2002b) 31 f. Zum Streitstand FUJITA (2005) 56 f.; FUJITA (2003b) 21. 399 Vgl. BÄLZ (2005) 2. 400 Dazu oben a. Zur Spaltung FUJITA (2003b) 20. 401 Vgl. dazu BÄLZ (2005) 3 zur Rechtslage in den USA, wo kein Rechtsinstitut der Spaltung besteht, dasselbe Ergebnis aber über Einzeltransaktionen erzielt wird. Zum grenzüberschreitenden Aktientausch siehe oben b. 402 Dabei wurde die Richtlinie 2005/56/EG über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten umgesetzt. Dazu MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 893 f. Für Personenhandelsgesellschaften aus der EU ist die internationale Verschmelzung nach den Grundsätzen des Urteils SEVIC des EuGH vom 13. Dezember 2005 – C-411/03, NJW 2006, 425, möglich; LUTTER (2009) § 1 Rn. 9 (Lutter/Drygala); SAGASSER/BULA/BRÜNGER (2011) § 12 Rn. 14 (Gutkès). Zum Urteil SEVIC BAYER/SCHMIDT (2006) 210 ff.; BUNGERT (2006) 53 ff.; GEYRHALTER/WEBER (2006) 146 ff.; KALLMEYER/KAPPES (2006) 224 ff.; KIENINGER (2006) 49 ff.; KLEINERT/NAGLER (2005) 2791; KRAFT/BRON (2006) 26 ff.; KUNTZ (2006) 224 ff.; LEIBLE (2006) 161 ff.; OECHSLER (2006) 812 ff.; RINGE (2005b) 2806 f.; SEDEMUND (2006) 519 ff.; SIEMS (2006) 135 ff.; SPAHLINGER/WEGEN (2006) 721 ff. (Spahlinger/Wegen); TEICHMANN (2006) 355 ff.

262

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

zulässig sei.403 Japan dagegen hat mit Erlass des GesG im Jahr 2005 die zuvor jedenfalls diskutierte Möglichkeit einer internationalen Verschmelzung, eines internationalen Aktientauschs oder einer internationalen Spaltung endgültig verneint. Dies entspricht der deutschen Gesetzeslage für Gesellschaften aus Drittstaaten. In Japan war bis zum Erlass des GesG streitig, ob die Vorschriften zu Verschmelzung, Aktientausch und Spaltung im HG a.F. sich auch auf Auslandsgesellschaften bezogen. Die herrschende Meinung ging davon aus, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der gesetzlichen Vorschriften einbezogen seien.404 Dafür wurde vorgebracht, dass der im Gesetz verwendete Begriff „Gesellschaft“ (kaisha) Auslandsgesellschaften nicht einschloss.405 Als problematisch wurde bei ausländischen Umstrukturierungen angesehen, dass die japanische Registerbehörde die Gültigkeit von im Ausland durchgeführten Verfahren nicht prüfen könne.406 Andererseits wurde gegen mögliche Bedenken, dass es bei der internationalen Verschmelzung für japanische Minderheitsaktionäre nachteilig wäre, ausländische, nicht an einer japanischen Börse gelistete Anteile zu bekommen, vorgebracht, dass diese Aktionäre durch das ihnen zustehende Abfindungsrecht ausreichend geschützt seien und die internationale Verschmelzung zuzulassen sei, da gegen sie keine substantiellen Bedenken bestünden.407 Die Unmöglichkeit internationaler Umstrukturierungen unter Beteiligung japanischer Gesellschaften wurde von amerikanischer Seite stark kritisiert.408 Der japanische Gesetzgeber ermöglichte schließlich die Dreiecksverschmel403

So etwa LUTTER (2009) § 1 Rn. 13 (Lutter/Drygala); SCHMITT/HÖRTNAGL/STRATZ (2013) § 1 Rn. 53, 56 (Hörtnagl) (wenn bei den wesentlichen Schutzbelangen eine ausreichende Übereinstimmung der Rechtsordnungen besteht). Anderer Ansicht dagegen MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 905 f. m.w.N.; HENSSLER/STROHN (2011) § 1 Rn. 15 (Decker); KK-UMWG/Simon/Rubner (2009) vor §§ 122a ff. Rn. 40; GÜNES (2013) 213 ff. 404 OOSUMI/IMAI (1991) 46; ISHII (1972) 333; TATSUTA (1985) 317. Zur internationalen Spaltung siehe auch die Nachweise bei BÄLZ (2005) 65. Nach 2000 mehrten sich jedoch die Stimmen, die sich für die Zulässigkeit des internationalen Aktientauschs aussprachen: HAYAKAWA U.A. (2002a) 33 f.; TAKAKUWA (2005) 310 f., der darauf hinweist, dass sich die Frage der Anwendung des HG auf Auslandsgesellschaften bei streng distributiver Anknüpfung gar nicht stelle. Ähnlich OCHIAI (2000) 37; EGASHIRA (2000) 138 f. 405 Diese eher formalistische (allerdings auch in Deutschland bemühte) Begründung stammte von Koji Harada, der im Justizministerium für die Reform des HG von 1999 zuständig war, bei der der Aktientausch eingeführt wurde. Aufgrund seiner Stellung hatte seine Meinung großen Einfluss. Dazu FUJITA (2005) 48 Fn. 17. 406 TATSUTA (1985) 317. 407 EGASHIRA (2000) 139. Ausführlich zu den verschiedenen Schutzanliegen, die im Rahmen einer internationalen Verschmelzung zu beachten sind, OCHIAI (2000) 39 f. 408 FUJITA (2005) 48 f.

B. Einzelfragen

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zung von japanischen und Auslandsgesellschaften.409 Im Übrigen aber stellte er implizit klar, dass die Vorschriften des GesG über Umstrukturierungen nicht auf ausländische Gesellschaften anwendbar sind, ihnen daher in Japan diese Umstrukturierungsmöglichkeiten nicht offenstehen. Denn die Definitionen der verschiedenen Arten der Umstrukturierungen in Art. 2 Nr. 27 bis 32 GesG sowie die Artt. 743 ff. GesG beziehen sich auf „Gesellschaften“ (kaisha) bzw. „Aktiengesellschaften“ (kabushiki kaisha). Diese Begriffe umfassen, wie sich aus der abschließenden enumerativen Definition in Art. 2 Nr. 1 GesG ergibt, nur japanische Gesellschaften.410 Die Begründung des Gesetzgebers für seine Entscheidung gegen die Zulassung von internationalen Umstrukturierungen war, dass keine Vorschriften dazu bestünden und die Schaffung solcher Vorschriften angesichts der Unterschiede in den verschiedenen Rechtsordnungen schwierig sei und dass es bei Unterschieden der anwendbaren Rechtsordnungen hinsichtlich des Zeitpunktes des Wirksamwerdens der Umstrukturierung oder hinsichtlich ihrer Wirkungen problematisch wäre, die Wirkungen der Gesamtrechtsnachfolge zur Anwendung zu bringen.411 Ähnlich argumentierte der deutsche Gesetzgeber bei seiner Entscheidung, den Anwendungsbereich des UmwG gemäß § 1 UmwG grundsätzlich (abgesehen von der Verschmelzung mit EWRKapitalgesellschaften) auf deutsche Gesellschaften zu beschränken.412 Allerdings wird in der japanischen Literatur darauf hingewiesen, dass auch die Unklarheit über das anwendbare Recht ein wichtiger Grund für die gesetzliche Nichtzulassung war.413 XIV. Gesellschaftsrechtliche Fragen bei internationalen öffentlichen Übernahmen Ein nennenswerter M&A-Markt hat sich in Japan erst seit Beginn der 1990er Jahre entwickelt. Die Zahl der Übernahmen japanischer durch ausländische Unternehmen nahm, wie im Ersten Teil erläutert, erst ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zu.414 Die Diskussion über die rechtliche Handhabung dieser Fälle steht daher noch am Anfang. Dies gilt auch für die Diskussion über die hier aufgezeigten Schnittstellen zum Internationalen Gesellschaftsrecht. Die übernahmerechtlichen Vorschriften sind im FBG zu finden. Das FBG enthält vorwiegend Regelungen, die kapitalmarktrechtlichen Anliegen wie 409

Ausführlich dazu MITOMA (2007) 129 ff. Siehe auch oben Erster Teil, Text bei Fn. 188. 410 Vgl. KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 2 zum abschließenden Charakter der Definition. 411 AIZAWA (2005b) 223. 412 Vgl. RegE, BR-Drucksache 548/06, 20. 413 FUJITA (2006) 58. Auch die Frage der Gerichtszuständigkeit müsste geklärt werden, vgl. a.a.O. Fn. 50 m.w.N. 414 Siehe dazu oben Erster Teil, A.I.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

dem Anlegerschutz dienen und daher als öffentlich-rechtliches Wirtschaftsrecht einzuordnen sind.415 Insofern besteht eine Parallele zu den öffentlichrechtlichen Verfahrensvorschriften im WpÜG.416 Soweit der (teilweise umstrittene417) Anwendungsbereich dieser zwingenden öffentlich-rechtlichen Normen des FBG reicht, kommt daher stets japanisches Recht zur Anwendung. Jedoch gibt es im FBG Regelungen, bei denen diskutiert wird, ob ihre Zielsetzung tatsächlich kapitalmarktrechtlich ist oder ob sie nicht vielmehr gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren sind.418 Im Ansatz gleicht die Diskussion also derjenigen in Deutschland über gesellschaftsrechtlich einzuordnende Vorschriften, etwa §§ 33 bis 33c im WpÜG, in Bezug auf Drittstaatengesellschaften.419 Allerdings ist zu beachten, dass das FBG am USamerikanischen Übernahmeregime orientiert ist. Es beschränkt sich auf wenige, vornehmlich verfahrensbezogene Regelungen.420 Insbesondere enthält das FBG keine Vorschriften zur Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen. Damit unterscheidet es sich grundlegend vom deutschen WpÜG, das in § 33 ein (eingeschränktes) übernahmerechtliches Verhinderungsverbot enthält. Die deutsche Regelung bleibt zwar hinter dem strikten Verhinderungsverbot des englischen Rechts zurück. Gleichwohl steht dem Vorstand im deutschen Recht bei der Implementierung von Abwehrmaßnahmen nicht wie im USamerikanischen oder im japanischen Recht ein weites unternehmerisches Ermessen zu.421 1.

Öffentliches Erwerbsangebot

In Art. 27-2 FBG ist geregelt, dass bei Erreichen bestimmter Beteiligungsquoten eine Verpflichtung zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots

415

FUJITA (2000) 23 noch zum Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz; siehe auch HAYAKAWA (2004b) 22. 416 Zu den deutschen Vorschriften KK-WPÜG/Hirte/Heinrich (2010) Einl. Rn. 79. 417 FINANCIAL LAW BOARD (2002) 1 ff. noch zum Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz. Siehe auch ISHIGURO (1992) 9 ff.; TATSUTA (1993) 23 ff. Zur aktuellen Diskussion über die Anwendbarkeit des Art. 194 FBG siehe unten 3. 418 FUJITA (2000) 23 noch zum Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz. 419 Dazu MÜNCH. HDB. GESR VI/Hoffmann (2013) 3 63 Rn. 58 ff.; KK-WPÜG/Hirte/Heinrich (2010) Einl. Rn. 79 und KK-WPÜG/Hirte (2010) § 33 Rn. 17. 420 Hierzu BAUM/SAITO (2011) Rn. 40 ff. 421 MÜNCHKOMM AKTG/Schlitt/Ries (2011) § 33 WpÜG Rn. 52 ff. Das in der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. EU 142/12) enthaltene, am Modell des englischen City Code orientierte strenge Vereitelungsverbot (dazu KK-WPÜG/Hirte/Heinrich (2010) Einl. Rn. 68e) wurde in Deutschland nicht umgesetzt, da Deutschland von der Möglichkeit des Opt-out Gebrauch machte; MÜNCHKOMM AKTG/Schlitt/Ries (2011) § 33 WpÜG Rn. 20. Zum japanischen Recht KK-WPÜG/Hirte/Heinrich (2010) Einl. Rn. 78b.

B. Einzelfragen

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(kôkai kaitsuke) ausgelöst wird.422 Die Bietergesellschaft unterliegt dann Informations- und Anzeigepflichten, die durch Schaffung von Transparenz dem Schutz der Aktionäre der Zielgesellschaft dienen sollen.423 Zudem hat der Erwerber den Aktionären den gleichen Kaufpreis und identische Kaufbedingungen zu bieten.424 Änderungen der Bedingungen und eine Rücknahme des Angebots sind ihm (anders als den Aktionären der Zielgesellschaft) nur sehr eingeschränkt möglich.425 Ein zentrales Ziel dieser Vorschrift ist es, die Gleichbehandlung der Aktionäre der Zielgesellschaft in Bezug auf die zur Verfügung gestellten Informationen und das Verfahren zu gewährleisten und sie vor einem voreiligen Verkauf ihrer Anteile zu schützen.426 Teilweise wird die Vorschrift in der japanischen Literatur (die die Frage allerdings nur selten und am Rande behandelt) dem Gesellschaftsrecht zugeordnet. Die Pflicht zur Abgabe eines öffentlichen Erwerbsangebots wäre danach dem Statut der Zielgesellschaft zu unterstellen.427 Andere Autoren befürworten hingegen eine öffentlich-rechtliche Einordnung.428 Für letztere Meinung spricht die Tatsache, dass die Vorschrift sich nach der Durchführungsverordnung auch auf den Erwerb von Aktien bezieht, die eine Auslandsgesellschaft begeben hat.429 Vor allem aber gewährleistet die Vorschrift durch Schaffung von Transparenz das allgemeine Gleichheitsgebot für die betroffenen Marktteilnehmer430 und dient damit klassisch kapitalmarktrechtlichen Regelungsinteressen.431 Gesellschaftsrechtliche Anliegen stehen demgegenüber gerade nicht im Vordergrund. Insbesondere hat das Konzept des Kontrollerwerbs beim japanischen öffentlichen Erwerbsangebot keine maßgebliche Bedeutung, vielmehr sind auch Angebote erfasst, die keine Kontrolle vermitteln.432 Hier besteht ein zentraler Unterschied zum Übernahmeangebot deutscher Prägung i.S.d. § 29 WpÜG. Dort ist gerade die Frage des An422

Zur Begrifflichkeit BAUM/SAITO (2011) Rn. 50, zu den Einzelheiten Rn. 55 ff. Zu den Einzelheiten BAUM/SAITO (2011) Rn. 71 ff. 424 Dazu BAUM/SAITO (2011) Rn. 82 ff. 425 Dazu BAUM/SAITO (2011) Rn. 95 ff. und Rn. 104. 426 BAUM/SAITO (2011) Rn. 41, 46; FUJITA (2003b) 23. Siehe auch FUJITA (2000) 9 Fn. 2 427 FUJITA (2000) 9 Fn. 2; FUJITA (2003b) 23. Für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation des öffentlichen Erwerbsangebots spricht sich auch HAMADA (1992) 92 ff., 115 ff. aus (allerdings aus allgemein rechtsvergleichender, nicht auf die Interessenlage im japanischen Recht bezogener Sicht). 428 FINANCIAL LAW BOARD (2002) 11 f. 429 Art. 6 Abs. 1 Nr. 2 und 5 Kin’yû shôhin torihiki-hô shikô-rei [DurchführungsVO zum FBG], VO des Kabinetts Nr. 321/1965 i.d.F. der VO Nr. 372/2014. Zu den von der Vorschrift erfassten Wertpapieren BAUM/SAITO (2011) Rn. 52. 430 BAUM/SAITO (2011) Rn. 41, 46. 431 Dazu MÜNCHKOMM BGB/Schnyder (2010) Internationales Kapitalmarktrecht Rn. 13 ff. 432 BAUM/SAITO (2011) Rn. 50. 423

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

teils an Stimmrechten, der die Kontrolle begründet, nach Art. 4 Abs. 2 lit. e) Satz 2 Übernahmerichtlinie433 gesellschaftsrechtlich einzuordnen. Die Frage betrifft den Interessenausgleich zwischen Mehrheits- und Minderheitsaktionären und damit ein typisch organisationsrechtliches Anliegen, das dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen ist. 434 Eine Besonderheit des japanischen Rechts ist die 2006 eingeführte Verpflichtung, bei einem Erwerb, der dem Bieter zwei Drittel oder mehr der stimmberechtigten Aktien sichert, alle angebotenen Aktien zu kaufen.435 Dieses „Pflichtangebot japanischer Art“436 soll Minderheitsaktionären im Falle einer qualifizierten Kontrollposition den Ausstieg ermöglichen, um sie vor einem Delisting zu schützen.437 Dagegen kennt das japanische Recht kein Pflichtangebot bei einem Kontrollerwerb, d.h. einem Anteilserwerb zwischen 25 % und 30 %.438 Die Untersuchung der Frage, ob das „Pflichtangebot japanischer Art“ dem Kapitalmarkt- oder dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen ist, ist gerade im Hinblick auf die besondere Zielrichtung der Vorschrift interessant. Bisher gibt es dazu jedoch, soweit ersichtlich, noch keine Literatur. 2.

Durchführung internationaler öffentlicher Übernahmen

Will eine Muttergesellschaft über ihre Tochtergesellschaft eine Übernahme durchführen, so kann sie, da es der Tochtergesellschaft gemäß Art. 135 GesG verboten ist, die Aktien der Muttergesellschaft zu erwerben, als Gegenleistung keine Aktien der Muttergesellschaft anbieten.439 Nach in Japan herrschender Meinung ist auf das Verbot des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft grundsätzlich das Statut der Muttergesellschaft anzuwenden.440 Art. 135 GesG ist also nur anwendbar, wenn die Muttergesellschaft japanisch ist. Auch auf sachrechtlicher Ebene ist Voraussetzung der Anwendbarkeit des Art. 135 Abs. 1 AktG, dass die Muttergesell-

433

Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote, ABl. EU 142/12. 434 So im Ergebnis auch VON HEIN (2005) 532, 537, 566; MÜNCHKOMM BGB/Schnyder (2010) Internationales Kapitalmarktrecht Rn. 232. 435 Art. 27-13 Abs. 4 FBG i.V.m. Art. 14-2-2 Kin’yû shôhin torihiki-hô shikô-rei [DurchführungsVO zum FBG], VO des Kabinetts Nr. 321/1965 i.d.F. der VO Nr. 372/2014. 436 BAUM/SAITO (2011) Rn. 108. 437 HAYAKAWA (2010b) 3086; KK-WPÜG/Hirte/Heinrich (2010) Einl. Rn. 78a. 438 BAUM/SAITO (2011) Rn. 108 ff. 439 Von diesem Verbot bestehen gewisse Ausnahmen, zu denen die Übernahme jedoch nicht gehört. Dazu MITOMA (2007) 132. 440 Dazu unten XV.2.a.

B. Einzelfragen

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schaft eine japanische Aktiengesellschaft ist.441 Daher gilt das Verbot nicht für ausländische Muttergesellschaften. Eine Auslandsgesellschaft, die eine japanische Gesellschaft übernommen hat, kann im Anschluss einen squeeze-out durchführen. Der squeeze-out ist in Japan auch außerhalb eines Übernahmeangebots möglich. Er sollte daher gesellschaftsrechtlich qualifiziert werden.442 Dass ein internationaler Aktientausch nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich ist, bereitet bei der Durchführung des squeeze-out keine Probleme, da als Gegenleistung in der Regel eine Barabfindung geleistet wird.443 3.

Abwehrmaßnahmen

In Japan gibt es nur sehr wenige gesetzliche Regelungen zur Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen durch (potentielle) Zielgesellschaften. Das FBG regelt lediglich das Verfahren, das bei Vorliegen eines Erwerbsangebots einzuhalten ist. Nach Art. 27-10 Abs. 1 FBG hat die Verwaltung der Zielgesellschaft eine Stellungnahme zum Erwerbsangebot abzugeben und ist berechtigt, dem Bieter Fragen zu stellen.444 In Deutschland vertreten Teile der Literatur, dass die in § 27 WpÜG geregelte Stellungnahme des Leitungsorgans der Zielgesellschaft (auch) kapitalmarktrechtlich einzuordnen ist.445 In der japanischen Literatur wird die Qualifikation der Stellungnahme, soweit ersichtlich, nicht behandelt. Der verfahrensrechtliche Charakter der Regelungen des FBG und die Zielsetzung des FBG, eine Gleichbehandlung der betroffenen Marktteilnehmer in Bezug auf die zur Verfügung gestellten Informationen und das Verfahren zu gewährleisten, sprechen eher für eine kapitalmarktrechtliche Qualifikation seiner Regelungen. Anhaltspunkte, die für Art. 27-10 Abs. 1 FBG eine andere Bewertung nahelegen, sind nicht ersichtlich. Anders als etwa das deutsche WpÜG in § 33 enthält das japanische FBG keine Vorschrift zur Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen. In Japan sind die wenigen gesetzlichen Regelungen zur Zulässigkeit von Abwehrmaßnahmen gesellschaftsrechtlicher Natur.446 Auf untergesetzlicher Ebene bestehen die 441

Siehe dazu unten XV.2.b. Im GesG bezieht sich der Begriff „Aktiengesellschaft“ nur auf japanische Aktiengesellschaften, dazu EGASHIRA (2011) 8 Fn. 11. 442 So für das europäische Recht VON HEIN (2005) 555. In der japanischen Literatur wird die Frage der Qualifikation des squeeze out soweit ersichtlich nicht diskutiert. Ausführlich zum Ausschluss von Minderheitsaktionären nach japanischem Recht SAITO (2010) 3305 f. und SAITO (2006) 180 f. 443 Dazu MITOMA (2007) 132 f. Zum internationalen Aktientausch siehe oben XIII.1.b. 444 Dazu HAYAKAWA (2010b) 3087 f.; BAUM/SAITO (2011) Rn. 124. 445 KK-WPÜG/Hirte (2010) § 27 Rn. 27. Für eine kapitalmarktrechtliche Einordnung VON HEIN (2005) 557. 446 BAUM (2008) 343; BAUM/SAITO (2011) Rn. 127. In Art. 109 GesG ist der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre durch die Gesellschaft verankert. Eine allgemeine Neutralitätspflicht wird daraus jedoch nicht abgeleitet, BAUM/SAITO (2011) Rn. 128.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Mindeststandards in den Börsenzulassungsregeln der Tokyo Stock Exchange sowie Empfehlungen des Wirtschafts- und des Justizministeriums von 2005, in denen Grundsätze für die Ausgestaltung zulässiger Abwehrmaßnahmen formuliert sind.447 Darüber hinaus veröffentlichte eine vom Wirtschaftsministerium eingesetzte Expertengruppe, die Corporate Value Study Group, im Jahr 2008 Empfehlungen, deren rechtliche Verbindlichkeit allerdings unklar ist.448 Die Empfehlungen der Corporate Value Study Group von 2008 sollten die Zulässigkeit präventiver Abwehrmaßnahmen wie die Beteiligung kooperierender Aktionäre beschränken.449 Bisher werden präventive Abwehrmaßnahmen allerdings noch in weitem Umfang als statthaft erachtet.450 Einer grenzüberschreitenden gegenseitigen Beteiligung zur Abwehr einer Übernahme steht bei der japanischen Muttergesellschaft einer Auslandsgesellschaft das bereits dargestellte Verbot des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft gemäß Art. 135 GesG entgegen.451 Bei der Abwehrmaßnahme der bevorzugten Ausgabe von Aktien an kooperierende Aktionäre ist zu beachten, dass der Verwaltungsrat die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen hat.452 Ein Verwaltungsrat, der kooperierenden Aktionären ohne die Genehmigung der Hauptversammlung neue Aktien zu einem besonders günstigen Ausgabebetrag anbietet, haftet den bisherigen Aktionären nach Art. 429 Abs. 1 GesG auf Schadensersatz wegen Verwässerung ihrer Anteile.453 Im Kern geht es dabei um die Frage, ob der Vermögenswert der Anteile der vor der Aktienausgabe bestehenden Aktionärsgesamtheit nicht maximiert wurde. Dabei steht der Gesichtspunkt der Gleichbe447 BAUM/SAITO (2011) Rn. 124 ff. und 140 ff.; englische Übers. der Empfehlungen von 2005 abgedruckt in ZJapanR 21 (2006) 143 ff. 448 Die Empfehlungen sind für Gerichte nicht verbindlich, haben aber faktische Bindungswirkung durch die Tatsache, dass die Expertengruppe vom Wirtschaftsministerium eingesetzt wurde und daher große Autorität genießt; BAUM/SAITO (2011) Rn. 153. 449 BAUM/SAITO (2011) Rn. 151 ff. 450 HAYAKAWA (2010b) 3094 ff.; BAUM/SAITO (2011) Rn. 128 ff. 451 Dazu oben 2. und ausführlich unten XV.2. 452 Zu dem in Artt. 199 Abs. 2, 201 Abs. 2 GesG (Art. 280-2 i.V.m. Art. 343 HG a.F.) geregelten Zustimmungserfordernis KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 108 Fn. 138 sowie aus übernahmerechtlicher Sicht BAUM/SAITO (2011) Rn. 132 ff. 453 Zu dem in Artt. 199 Abs. 2, 201 Abs. 2 GesG (Art. 280-2 i.V.m. Art. 343 HG a.F.) geregelten Zustimmungserfordernis KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 108 Fn. 138 sowie aus übernahmerechtlicher Sicht BAUM/SAITO (2011) Rn. 132 ff. Zum Schadensersatzanspruch FUJITA (2000) 12 mit Verweis auf DG Tokyo, Urteil vom 12. Juni 1981, Hanrei Jihô 1023 (1982) 116; DG Kyoto, Urteil vom 5. August 1992, Hanrei Jihô 1440 (1992) 129; DG Tokyo, Urteil vom 17. September 1997, Hanrei Taimuzu 976, 208. Das DG Chiba stützte den Schadensersatzanspruch der Aktionäre mit Urteil vom 28. August 1996, Hanrei Jihô 1591 (1997) 113 auf Art. 44 Abs. 1 ZG. An der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation des Anspruchs ändert dies jedoch nichts (FUJITA (2000) 12).

B. Einzelfragen

269

handlung der betroffenen Aktionäre im Vordergrund. Der Haftungsanspruch ist daher gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren.454 Bei Abwehrmaßnahmen, die erst nach Beginn der Übernahme lanciert werden, wurde anlässlich einer Entscheidung des OGH aus dem Jahr 2007 insbesondere die Zulässigkeit der Ausgabe von Bezugsrechten kontrovers diskutiert.455 Zuverlässige Maßstäbe wurden bisher noch nicht entwickelt.456 Die zentrale Frage bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Ausgabe von Bezugsrechten ist, ob der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre verletzt wurde.457 Diese Zielsetzung spricht für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation. Die (allerdings in der japanischen Praxis seltene) Ausübung des Stimmrechts durch einen Vertreter zur Durchführung eines proxy fight bei einer feindlichen Übernahme wird durch Art. 194 FBG begrenzt. Danach ist das Auffordern zur stellvertretenden Ausübung des Stimmrechts unter Verstoß gegen die in der dazugehörigen Verordnung458 geregelten Verhaltenspflichten verboten. Teilweise wird diese Regelung von der japanischen Literatur nicht als öffentlich-rechtlich eingeordnet, sondern die Fragestellung vielmehr gesellschaftsrechtlich angeknüpft. Die Ausübung des Stimmrechts durch einen Vertreter bei Abwesenheit des Aktionärs in der Hauptversammlung sei als Alternative zu der im GesG geregelten Ausübung des Stimmrechts in schriftlicher Form (vgl. Art. 298 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Art. 301 GesG) konzipiert. Daraus sei zu folgern, dass die Regelung des Art. 194 FBG primär dazu diene, die rechtmäßige Ausübung des Aktionärsstimmrechts in der Hauptversammlung zu gewährleisten. Diese Zielsetzung sei gesellschaftsrechtlicher Natur.459 Danach würde sich bei Auslandsgesellschaften die Frage der Zulässigkeit einer solchen Aufforderung zur stellvertretenden Ausübung des Stimmrechts nach dem ausländischen Gesellschaftsstatut richten. Andere Autoren setzen offensichtlich die Anwendbarkeit japanischen Rechts voraus und verneinen auf nachgelagerter sachrechtlicher Ebene die Anwendbarkeit der Vorschrift des Art. 194 FBG auf Auslandsgesellschaften. Gegen die Anwendbarkeit spreche, dass im FBG die Anwendbarkeit auf Auslandsgesellschaften an anderer Stelle explizit geregelt sei – im Umkehrschluss heiße dies, dass hier, wo keine Erstreckung auf Auslandsgesellschaften ausgespro454

FUJITA (2000) 12. Siehe dazu oben VI.2.a.ii. OGH, Urteil vom 7. August 2007 (Bulldog Sauce), Shôji Hômu 1809 (2007) 16; Besprechung und englische Übers. TAKAHASHI/SAKAMOTO (2008) 221 ff. 456 BAUM/SAITO (2011) Rn. 131 ff., insbes. 147 ff. 457 Dazu FINANCIAL SERVICES AGENCY – DISCLOSURE SYSTEM WORKING GROUP – LEGAL EXPERT STUDY GROUP (2011) 3 f. 458 Jôjô kabushiki no giketsu-ken no dairi kôshi no kan’yû ni kansuru naikaku-fu-rei [VO des Kabinettsamts zum Angebot der Ausübung des Stimmrechts für amtlich notierte Aktien durch einen Vertreter], VO Nr. 21/2003 i.d.F. der VO Nr. 22/2009. 459 FUJITA (2003b) 23. 455

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

chen werde, nur japanische Gesellschaften erfasst seien. Auch beziehe die Verordnung sich terminologisch und inhaltlich eng auf diejenigen Vorschriften des GesG, die ausschließlich japanische Gesellschaftsformen erfassten.460 XV. Konzernrechtliche Fragestellungen 1.

Allgemeines

Anders als im deutschen Recht, in dem bereits 1965 ein systematisches Konzernrecht eingeführt wurde, besteht im japanischen materiellen Recht bislang kein umfassendes konzernrechtliches Regelungssystem.461 Das GesG beschränkt sich bisher auf die Regelung konzernrechtlicher Einzelfragen.462 Allerdings arbeitet das Justizministerium an einem Gesetzesentwurf, der spezielle konzernrechtliche Regelungen zum Schutz von Minderheitsaktionären enthält.463 Dass die Entwicklung eines kodifizierten Konzernrechts in Japan zunächst nicht nachvollzogen wurde, mag dazu beigetragen haben, dass die Diskussion über das auf konzernrechtliche Fragestellungen anwendbare Recht lange Zeit kaum stattfand.464 Es bleibt abzuwarten, ob sich dies aufgrund der neuesten Reformentwicklungen ändert. a.

Kollisionsrecht: Anwendbarkeit des Statuts der betroffenen Gesellschaft

Grundsätzlich wird in Japan auf das Verhältnis von Mutter- und Tochtergesellschaft das Statut der jeweils betroffenen Gesellschaft angewendet.465 Dies entspricht der Anknüpfung des grenzüberschreitenden Unterordnungskonzerns in Deutschland.466 Danach ist das Statut der Muttergesellschaft nur maßgeblich, wenn es um den Schutz der Gläubiger oder Gesellschafter der 460

FINANCIAL LAW BOARD (2011) 2 ff. KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 47; TAKAHASHI/SHINTSU (2012) 13. 462 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 47. 463 Vgl. die Übersicht über den Inhalt des Zwischenentwurfs des Justizministeriums bei TAKAHASHI/SHINTSU (2012) 13 ff. 464 Dazu FUJITA (2000) 13. Siehe auch YAMAUCHI (1991) 242, nach dessen Auffassung sich 1991 noch keine diesbezüglichen Kollisionsnormen herausgebildet hatten. 465 TAKAKUWA (2005) 312; FUJITA (2004c) 34 f. Zwar setzte sich die japanische Wissenschaft mit dem Konzernrecht und auch mit dem Gesellschaftskollisionsrecht Deutschlands auseinander, die in Deutschland teils vertretene Lehre von der wirtschaftsrechtlichen Sonderanknüpfung (dazu STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 563) wurde in Japan, soweit ersichtlich, nicht rezipiert. 466 MÜNCHKOMM AKTG/Altmeppen/Ego (2012) Europäische Niederlassungsfreiheit Rn. 441 f.; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 756; SPINDLER/STILZ (2010) Internationales Gesellschaftsrecht Rn. 45 (Müller); MICHALSKI (2010) Systematische Darstellung 2 Rn. 218 (Leible); SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn 366 (Spahlinger/Wegen); RAISER/VEIL (2010) § 58 Rn. 35 f.; BGH, Urteil vom 15. Juni 1992, BGHZ 119, 1; OLG Hamm, Urteil vom 15. Januar 1997, EWiR 1997, 437. 461

B. Einzelfragen

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Muttergesellschafter geht. Sind Interessen der untergeordneten Tochtergesellschaft betroffen, so ist das Statut der Tochtergesellschaft anzuwenden.467 b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des GesG auf ausländische Mutter- und Tochtergesellschaften Die Anwendbarkeit der konzernrechtlichen Vorschriften des GesG auf Auslandsgesellschaften wird durch die Definition der Tochter- und der Muttergesellschaft in Art. 2 GesG festgelegt. Im GesG ergibt sich aus der abschließenden Aufzählung in Art. 2 Nr. 1 GesG,468 dass der Begriff der „Gesellschaft“ nur japanische Gesellschaftsformen umfasst und daher die Vorschriften des GesG, die sich nur auf „Gesellschaften“ beziehen und keinen erweiternden Zusatz enthalten, auf Auslandsgesellschaften nicht anwendbar sind.469 Art. 2 Nr. 3 GesG bestimmt als Voraussetzung für die Einordnung als „Tochtergesellschaft“, dass an der betreffenden Gesellschaft eine andere „Gesellschaft“ (also eine japanische Gesellschaft) die Mehrheit der Stimmrechte hält oder den Betrieb kontrolliert.470 Nur diejenige Vereinigung kann also „Tochtergesellschaft“ sein, die von einer japanischen Gesellschaft kontrolliert wird. In Bezug auf die mögliche „Tochtergesellschaft“ selbst aber wird die Definition ausdrücklich auch auf „ein anderes Gebilde, das durch die Verordnung des Justizministeriums als juristische Person bestimmt ist,“ bezogen. Nach der Durchführungsverordnung zum GesG471 sind davon auch ausländische Körperschaften umfasst. Durch eine komplizierte Verweisungstechnik wird somit bestimmt, dass die Vorschriften des GesG, die sich auf 467

FUJITA (2003a) 20; FUJITA (2000) 13; OCHIAI/KANDA/KONDÔ (2010) 336 f. Art. 2 Nr. 1 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „‚Gesellschaft‘ bedeutet Aktiengesellschaft, Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder Limited Liability Company.“ 469 EGASHIRA (2009) 446 (Aizawa); EGASHIRA (2011) 906. 470 Art. 2 Nr. 3 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „‚Tochtergesellschaft‘ (ko-gaisha) bedeutet eine Aktiengesellschaft, bei der eine Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte der allgemeinen Aktionäre hält, oder ein anderes Gebilde, das durch die Verordnung des Justizministeriums als juristische Person bestimmt ist, bei der die betreffende Gesellschaft den Betrieb kontrolliert.“ 471 Art. 3 Abs. 1 DurchführungsVO zum GesG enthält folgende Regelung (Übers. d. Verf.): „Das in Art. 2 Nr. 3 GesG geregelte ‚Gebilde, das durch die Verordnung des Justizministeriums bestimmt ist‘, ist die andere Gesellschaft usw., wenn die in Art. 2 Nr. 3 bestimmte Gesellschaft die Entscheidung über die Grundsätze der finanziellen Angelegenheiten und des Betriebs der betreffenden anderen Gesellschaft usw. beherrscht.“ Art. 2 Abs. 3 Nr. 2 DurchführungsVO zum GesG wiederum regelt (Übers. d. Verf.): „‚Gesellschaft usw.‘ bedeutet Gesellschaft (kaisha) (einschließlich Auslandsgesellschaft (gaikoku kaisha)), zivilrechtliche Gesellschaft (kumi’ai) (einschließlich von Gebilden, die im Ausland einer zivilrechtlichen Gesellschaft entsprechen) oder eine andere dem entsprechende Körperschaft (jigyô-tai).“ 468

272

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

„Tochtergesellschaften“ beziehen, auch auf ausländische Körperschaften anwendbar sind, vorausgesetzt dass diese von einer japanischen Gesellschaft kontrolliert werden.472 Entsprechend sind nach der Definition des Art. 2 Nr. 4 GesG473 i.V.m. der Durchführungsverordnung zum GesG474 die Regelungen zu „Muttergesellschaften“ im GesG auch auf ausländische Körperschaften anwendbar – allerdings nur, wenn die jeweilige Körperschaft eine japanische Aktiengesellschaft beherrscht.475 2. Beschränkungen des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft a.

Kollisionsrecht

Wie in Deutschland wird auch in Japan nach herrschender Meinung auf Beschränkungen oder das Verbot des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft grundsätzlich das Statut der Muttergesellschaft angewendet.476 Begründet wird dies in Japan damit, dass durch

472

Dazu EGASHIRA (2011) 8 Fn. 12; EGASHIRA (2008b) 26 (Egashira). Art. 2 Nr. 4 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „‚Muttergesellschaft‘ (oya-gaisha) bedeutet eine Gesellschaft, die eine Aktiengesellschaft als Tochtergesellschaft hat, oder ein anderes Gebilde, das durch die Verordnung des Justizministeriums als juristische Person bestimmt ist, die den Betrieb der betreffenden Aktiengesellschaft kontrolliert.“ 474 Art. 3 Abs. 2 DurchführungsVO zum GesG enthält folgende Regelung (Übers. d. Verf.): „Das in Art. 2 Nr. 4 GesG geregelte ‚Gebilde, das durch die Verordnung des Justizministeriums bestimmt ist‘, ist die Gesellschaft usw., wenn die betreffende Gesellschaft usw. die Entscheidung über die Grundsätze der finanziellen Angelegenheiten und des Betriebs der in Art. 2 Nr. 4 geregelten Aktiengesellschaft beherrscht.“ Art. 2 Abs. 3 Nr. 2 DurchführungsVO zum GesG wiederum regelt (Übers. d. Verf.): „‚Gesellschaft usw.‘ bedeutet Gesellschaft (kaisha) (einschließlich Auslandsgesellschaft (gaikoku kaisha)), zivilrechtliche Gesellschaft (kumi’ai) (einschließlich von Gebilden, die im Ausland einer zivilrechtlichen Gesellschaft entsprechen) oder eine andere dem entsprechende Körperschaft (jigyô-tai).“ 475 Dazu EGASHIRA (2011) 8 Fn. 12; EGASHIRA (2008b) 29 (Egashira). 476 Für Deutschland SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 411 (Spahlinger/Wegen); KKAKTG/Lutter (1988) § 71d Rn. 81; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 807; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 587. Für Japan FUJITA (2005) 54; FUJITA (2003a) 21; FUJITA (2000) 14 f.; TAKAKUWA (2005) 316; TATSUTA (1985) 313; EGASHIRA (2000) 140; TAKAKUWA (2000) 42. Auch der Gesetzgeber des GesG scheint von der Anwendbarkeit des Statuts der Muttergesellschaft ausgegangen zu sein (siehe dazu unten b.). Anderer Ansicht waren die für die Schaffung der entsprechenden Vorschrift im Jahr 1981 Verantwortlichen, vgl. INABA (1982) 117; MOTOKI (1983) 55 f. Allerdings unter473

B. Einzelfragen

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diese Beschränkungen die Kapitalerhaltung der Muttergesellschaft und damit der Schutz der Gläubiger und die Gleichheit der Aktionäre der Muttergesellschaft geschützt werden sollen.477 Demgegenüber gehe es nicht um die Befugnis der Tochtergesellschaft, bestimmte Arten von Wertpapieren zu erwerben.478 Dies entspricht der in Deutschland herrschenden Meinung, die die Anwendung des Statuts der Muttergesellschaft befürwortet, da §§ 71, 71d AktG neben der Kompetenzabgrenzung zwischen Hauptversammlung und Verwaltung vornehmlich dem Kapitalschutz der Muttergesellschaft dienten.479 In Japan wird darüber hinaus geltend gemacht, dass bei Maßgeblichkeit des Statuts der Tochtergesellschaft die Schutzanliegen der Kapitalerhaltung der Muttergesellschaft und des Gläubigerschutzes umgangen werden könnten, indem die Tochtergesellschaft nach einem Recht gegründet würde, das den Erwerb von Aktien der Muttergesellschaft ohne Einschränkung zulässt. 480 Eine abweichende Meinung qualifiziert die japanische Vorschrift, die den Erwerb von Aktien der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft einschränkt, als Eingriffsnorm.481 Daran wird kritisiert, dass die aus dieser Qualifizierung folgende territorial begrenzte Anwendung der Vorschrift dem Schutzzweck der Norm widerspreche.482 Dem ist zuzustimmen. Zwar dient in Japan das Verbot des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft, das die Beschränkungen beim Erwerb eigener Aktien ergänzt, ebenso wie diese dazu, die Gefahr des Insiderhandels und der Manipulation des Marktpreises zu verringern.483 Die Vorschrift hat insoweit – wie die entsprechende deutsche Vorschrift484 – einen kapitalmarktrechtlichen Bezug. Jedoch steht dieser Zweck bei der Regelung nicht im Vordergrund. Vielmehr werden diese Ziele

schieden sie nicht klar zwischen der kollisionsrechtlichen Fragestellung und der Frage der sachrechtlichen Anwendbarkeit. Kritisch dazu FUJITA (2005) 46. 477 FUJITA (2005) 54; FUJITA (2003a) 21; FUJITA (2000) 14 f.; TAKAKUWA (2005) 316; TATSUTA (1985) 313. Zur Regelung in Art. 135 Abs. 1 GesG KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 102. 478 FUJITA (2005) 54; FUJITA (2003a) 21; TAKAKUWA (2005) 315 f. 479 SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 410 (Spahlinger/Wegen) m.w.N. zur Gegenmeinung; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 807; STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 587. Zu den Normzwecken der §§ 71, 71d AktG HÜFFER (2012) § 71 AktG Rn. 1 und § 71d AktG Rn. 1 (Hüffer); ausführlich zu den ökonomischen Grundlagen dieser Normzwecke SPINDLER/STILZ (2010) § 71 AktG Rn. 1 ff. (Cahn). 480 TAKAKUWA (2005) 316. 481 ISHIGURO (1994) 301. Zur – früher umstrittenen – Frage der sachrechtlichen Anwendbarkeit auf Auslandsgesellschaften siehe unten b. 482 TAKAKUWA (2005) 315; FUJITA (2000) 15. 483 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 96. 484 SPINDLER/STILZ (2010) § 71 AktG Rn. 18 ff. (Cahn).

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

vor allem durch Regelungen im FBG verwirklicht.485 Die Vorschriften zum Erwerb eigener Aktien wurden demgegenüber im Jahr 2001 weitgehend gelockert.486 Die noch bestehenden, gelockerten Vorschriften, zu denen auch das Verbot des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft gehört, dienen daher weniger der Marktkontrolle als vielmehr dazu, den Bestand des Gesellschaftsvermögens und die Gleichbehandlung der Aktionäre sichern.487 Sie haben daher vornehmlich organisationsrechtlichen Inhalt, sind also gesellschaftsrechtlich zu qualifizieren. An dieser Wertung ändert auch die Tatsache nichts, dass ein Verstoß gegen das Verbot gemäß Art. 976 Nr. 10 GesG strafbewehrt ist. Denn auch andere Vorschriften sind strafbewehrt – etwa die zur Kapitalerhaltung (vgl. Art. 963 Abs. 5 GesG) – und dennoch gesellschaftsrechtlich einzuordnen.488 Die Rechtsfolgen eines solchen Verstoßes für die Tochtergesellschaft, etwa die Frage der ordnungsgemäßen Geschäftsführung ihrer Organe, richten sich hingegen nach dem Statut der Tochtergesellschaft.489 Für die Aktienübertragung ist das auf diese Transaktion anwendbare Recht maßgeblich.490 Da es sich um die Übertragung einer Urkunde handelt, ist dies gemäß Art. 13 RAG das Recht des Belegenheitsortes, d.h. des Emissionsortes der Aktie. b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 135 GesG auf Auslandsgesellschaften Früher war streitig, ob Art. 211-2 HG a.F., der das Verbot des Erwerbs von Aktien der Muttergesellschaft regelte, auf Auslandsgesellschaften anwendbar war.491 Mit Erlass des GesG wurde diese Frage vom Gesetzgeber geklärt. Art. 135 Abs. 1 GesG bestimmt, dass eine „Tochtergesellschaft“ die Aktien einer „Aktiengesellschaft, die ihre Muttergesellschaft ist,“ nicht erwerben darf.492 Der Begriff „Tochtergesellschaft“ umfasst im GesG auch ausländische Körperschaften, die von einer japanischen Gesellschaft kontrolliert wer-

485

KANDA/BAUM (2011) Rn. 32 ff. TAKAHASHI/KIRCHWEHM (2003) 757 ff. 487 So auch FUJITA (2000) 15 (mit Blick auf die anstehende Lockerung der Beschränkungen). Zu den verschiedenen Zielen der Beschränkungen KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 96. 488 So auch FUJITA (2000) 15 (noch zum alten Recht). 489 TAKAKUWA (2005) 317. Zur Anknüpfung der Organhaftung oben VI. 490 TAKAKUWA (2005) 317; FUJITA (2003a) 21. 491 Dazu FUJITA (2005) 46 m.w.N. 492 Art. 135 Abs. 1 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „Eine Tochtergesellschaft darf die Aktien einer Aktiengesellschaft, die ihre Muttergesellschaft ist (in diesem Artikel im Folgenden als ‚Aktien der Muttergesellschaft‘ bezeichnet) nicht erwerben.“ 486

B. Einzelfragen

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den.493 Das Verbot des Art. 135 Abs. 1 GesG bezieht sich also auch auf ausländische Tochtergesellschaften. Allerdings ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 135 Abs. 1 AktG („Aktiengesellschaft, die ihre Muttergesellschaft ist“), dass die Vorschrift nur für solche Tochtergesellschaften gilt, die eine „Aktiengesellschaft“ – also eine japanische Aktiengesellschaft – als Muttergesellschaft haben.494 Die Frage der sachrechtlichen Anwendbarkeit des Art. 135 Abs. 1 GesG stellt sich aber überhaupt erst, wenn auf vorgelagerter kollisionsrechtlicher Ebene die Anwendbarkeit japanischen Rechts festgestellt wird. Ginge man dabei von der Maßgeblichkeit des Statuts der Tochtergesellschaft aus, so wäre bei ausländischen Tochtergesellschaften ausländisches Recht anwendbar. Die Frage der sachrechtlichen Anwendbarkeit des Art. 135 Abs. 1 GesG wäre also auf die Fallkonstellation begrenzt, dass die Tochtergesellschaft japanisch ist. Da aber, wie soeben dargelegt, Art. 135 Abs. 1 GesG nur für solche Tochtergesellschaften gilt, die eine japanische Aktiengesellschaft als Mutter haben, wäre Art. 135 Abs. 1 GesG praktisch nicht auf Auslandsgesellschaften anwendbar. Der Gesetzgeber hat jedoch die in Art. 135 Abs. 2 Nr. 1 GesG geregelte Ausnahme zum Erwerbsverbot explizit auf Auslandsgesellschaften erstreckt.495 Es ist also davon auszugehen, dass er – wenngleich Art. 135 GesG selbst keinen kollisionsrechtlichen Gehalt hat – die Maßgeblichkeit des Statuts der Muttergesellschaft voraussetzte. Denn ansonsten wäre diese Erstreckung gegenstandslos.

493

Gemäß Art. 2 Nr. 3 GesG i.V.m. Art. 2 Abs. 3 Nr. 2, Art. 3 Abs. 1 DurchführungsVO zum GesG. Dazu oben 1.b. 494 Im GesG bezieht sich der Begriff „Aktiengesellschaft“ nur auf japanische Aktiengesellschaften, dazu EGASHIRA (2011) 8 Fn. 11. 495 Art. 135 Abs. 2 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „Die Vorschrift des vorigen Absatzes wird in den folgenden Fällen nicht angewendet: 1. Falls der gesamte Betrieb einer anderen Gesellschaft (einschließlich Auslandsgesellschaft) übernommen wird, der Fall, dass die Aktien der Muttergesellschaft, die die betreffende andere Gesellschaft besitzt, übernommen werden. 2. [...]“ Art. 3 Abs. 4 DurchführungsVO zum GesG regelt dazu Folgendes (Übers. d. Verf.): „In Bezug auf die Anwendung der Vorschrift des Abs. 2 auf die Muttergesellschaft in Art. 135 Abs. 1 GesG gilt die Tochtergesellschaft des Art. 135 Abs. 1 GesG für Abs. 2 als in Art. 2 Nr. 4 GesG geregelte Aktiengesellschaft.“ Dieser Zusatz in der DurchführungsVO zum GesG ist erforderlich, da „Muttergesellschaft“ nach der gesetzlichen Definition in Art. 2 Nr. 4 GesG (dazu oben 1.b.) nur die Gesellschaft ist, die eine Aktiengesellschaft (d.h. eine japanische Gesellschaft) beherrscht.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

3. Prüfungs- und Einsichtsrechte bezüglich der Unterlagen der Tochtergesellschaft Während in Deutschland ein System der Konzernrechnungslegung besteht,496 gewährt das japanische Recht einzelne Befugnisse zur Kontrolle der Rechnungslegungsunterlagen der Tochter- durch die Muttergesellschaft. So können die Prüfer im Rahmen der Rechnungsprüfung der Muttergesellschaft einen Bericht oder die Prüfung des Stands der Geschäfte und des Vermögens der Tochtergesellschaft verlangen.497 Auch besteht für die Aktionäre der Muttergesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, in die Geschäftsbücher der Tochtergesellschaft Einsicht zu nehmen.498 a.

Kollisionsrecht

Welches Recht auf diese Prüfungsbefugnisse angewendet wird, ist umstritten. Heute wird allgemein angenommen, dass die früher teils geforderte Anwendung allein des Statuts der Muttergesellschaft der Interessenlage nicht gerecht wird.499 Dem ist zuzustimmen. Zwar wird hier auf Seiten der Muttergesellschaft eine Befugnis zur Wahrung ihrer Rechtsposition eingeräumt, was für die Anwendung des Statuts der Muttergesellschaft spricht. Jedoch darf die Tatsache nicht vernachlässigt werden, dass darüber entschieden wird, ob und in welchem Umfang die Tochtergesellschaft interessierten Dritten gegenüber ihre Unterlagen und Geschäftslage offenlegen muss. Es sind damit auch wichtige Belange der Tochtergesellschaft betroffen.500 Zudem entstünde bei Anwendung allein des Statuts der Muttergesellschaft auf das Einsichtsrecht der Aktionäre ein unangemessenes Ergebnis, wenn das Statut der Tochtergesellschaft den Aktionären kein entsprechendes Einsichtsrecht gewährte. In diesem Fall stünde diese Befugnis allein den Aktionären der ausländischen Muttergesellschaft, nicht aber den inländischen Aktionären der Tochtergesellschaft zu.501 Daher wird von Teilen der Literatur die kumulative Anwendung (ruisekiteki teki’yô) der Statute beider betroffenen Gesellschaften befürwortet.502 Das Prüfungsrecht steht danach der Muttergesellschaft nur dann zu, wenn 496

Umstritten ist, ob diese gesellschaftsrechtlich (so STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 584) oder öffentlich-rechtlich (MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 273, 818) ist. 497 Art. 381 Abs. 3 GesG. 498 Art. 433 Abs. 3, 4 GesG. 499 Die Anwendung allein des Statuts der Muttergesellschaft forderte etwa TAKAKUWA (1974) 40. Inzwischen befürwortet er die distributive Anknüpfung, siehe Fn. 503. 500 FUJITA (2003b) 21. 501 FUJITA (2003a) 21 Fn. 42. 502 EGASHIRA (2000) 148 Fn. 23; FUJITA (2003a) 21 (der sich aber inzwischen für die distributive Anwendung ausspricht, siehe nächste Fn.).

B. Einzelfragen

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nach jedem der beiden Statute die Muttergesellschaft ein Prüfungsrecht hat und die Tochtergesellschaft die Prüfung nach keinem der beiden Statute ablehnen kann. Gegenüber der kumulativen Anknüpfung ist jedoch die distributive Anknüpfung (haibunteki teki’yô) dieser Frage an die Statute beider Gesellschaften vorzuziehen. Danach werden die jeweiligen Voraussetzungen für jede der Gesellschaften nach ihrem Recht beurteilt. Das Recht zur Prüfung oder zur Einsicht, seine Reichweite, sein Inhalt und die Art der Durchführung unterliegen also dem Statut der Mutter-, das Ablehnungsrecht dem Statut der Tochtergesellschaft. Demgegenüber ist es nicht angemessen, wie bei der kumulativen Anknüpfung die Voraussetzungen der Befugnis der einen Gesellschaft nach dem Statut der anderen Gesellschaft zu beurteilen. Insgesamt ist die distributive Anknüpfung differenzierter als die – im Ergebnis zu strenge – kumulative Anknüpfung.503 b. Sachrechtliche Anwendbarkeit der Artt. 381 Abs. 3, 433 Abs. 3, 4 GesG auf Auslandsgesellschaften Der frühere Streit darüber, ob die Vorschrift über das Einsichtsrecht der Aktionäre der Muttergesellschaft in die Geschäftsbücher der Tochtergesellschaft sachrechtlich auf Auslandsgesellschaften anwendbar war,504 wurde mit Erlass des GesG entschieden. Art. 433 Abs. 3 GesG spricht die Einsichtsbefugnis den Aktionären der „Muttergesellschaft einer Aktiengesellschaft“ zu.505 Geht man mit einem Teil der Literatur von der kumulativen Anwendbarkeit beider Statute aus, so ist die Vorschrift auch auf ausländische Körperschaften anwendbar, da der Begriff „Muttergesellschaft“ auch ausländische Mütter japanischer Gesellschaften umfasst – allerdings nur auf solche, die eine japanische Aktiengesellschaft beherrschen.506 Art. 381 Abs. 3 GesG, der den Prüfern der Muttergesellschaft die Befugnis gibt, einen Lagebericht oder eine Prüfung der Geschäftslage der Tochtergesellschaft zu verlangen, bezieht sich auf den Lagebericht oder die Geschäftslage von „Tochtergesellschaften“, also auch auf ausländische Töchter japanischer Gesellschaften.507 Allerdings gibt es Fälle, in denen das Recht der Tochtergesellschaft diese Prüfungsbefugnis nicht anerkennt. Der Prüfer kann 503

Dafür auch TAKAKUWA (2005) 312 f.; TAKAKUWA (2000) 39 ff.; FUJITA (2005) 55; FUJITA (2004b) 111 f. 504 Für die Anwendbarkeit TAKAKUWA (1974) 4; dagegen TATSUTA (1985) 306 f. 505 Art. 433 Abs. 3 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „Wenn es zur Ausübung der Rechte eines Gesellschafters der Muttergesellschaft einer Aktiengesellschaft erforderlich ist, kann er mit Erlaubnis des Gerichts die in Abs. 1 aufgezählten Forderungen in Bezug auf die Geschäftsbücher der Gesellschaft oder diese betreffende Unterlagen erheben. In diesem Fall müssen die Gründe für die Erhebung der Forderung offengelegt werden.“ 506 Siehe dazu oben 1.b. 507 Dazu oben 1.b.

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

seine Befugnis dann möglicherweise gar nicht oder nur in Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsrat der Muttergesellschaft durchsetzen.508 4.

Verbot der Doppelorganschaft

Zur Vermeidung sog. institutionalisierter Interessenkonflikte verbietet es der dem deutschen § 319 Abs. 3 AktG ähnliche Art. 335 Abs. 2 GesG den Prüfern (kansa-yaku) einer Muttergesellschaft, gleichzeitig als Organ der Tochtergesellschaft zu fungieren.509 a.

Kollisionsrecht

Das Verbot soll die Neutralität der Prüfer der Muttergesellschaft sichern.510 Es betrifft also die Organisationsverfassung der Muttergesellschaft. Anwendbar ist somit nach der in Japan herrschenden Meinung das Gesellschaftsstatut der betroffenen Muttergesellschaft.511 In Deutschland hingegen ist umstritten, ob ein Bestellungsverbot, das die Neutralität des Abschlussprüfers sichert, wie von der japanischen herrschenden Meinung favorisiert, gesellschaftsrechtlich anzuknüpfen ist und damit dem Statut der Muttergesellschaft untersteht oder ob es nicht vielmehr öffentlich-rechtlich einzuordnen und daher auf alle Gesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland anzuwenden ist.512 Für eine öffentlich-rechtliche Einordnung spricht, dass die Sicherung der Neutralität der Abschlussprüfer Belange des Verkehrsschutzes betrifft und insofern über die Regelung des Verhältnisses von Mutter- und Tochtergesellschaft hinausgeht.513 Zudem handelt es sich um eine abgrenzbare Frage, die ohne schwerwiegende Anpassungsprobleme einem vom Gesellschaftsstatut abweichenden Recht unterstellt werden kann. b. Sachrechtliche Anwendbarkeit des Art. 335 Abs. 2 GesG auf Auslandsgesellschaften Vor Inkrafttreten des GesG war streitig, ob Art. 276 HG a.F., der früher das Verbot der Doppelstellung von Prüfern der Muttergesellschaft enthielt, auch auf Muttergesellschaften mit ausländischer Tochtergesellschaft anwendbar 508

TATSUTA (2009) 399 (Yoshimoto) Dazu rechtsvergleichend MECKEL (2010) 192 und 24, 44. 510 EGASHIRA (2011) 481. 511 FUJITA (2005) 53; FUJITA (2004c) 33; TATSUTA (1985) 313 f. Allgemein zur Bestellung von Organen als Angelegenheit der Organisationsverfassung siehe oben V.1. 512 Für die gesellschaftsrechtliche Einordnung STAUDINGER/Großfeld (1998) Rn. 592. Für eine öffentlich-rechtliche Einordnung der Abschlussprüfung und damit seiner Meinung nach auch der damit zusammenhängenden Bestellungsverbote hingegen MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 814, 278. 513 So auch MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 814, 278. 509

B. Einzelfragen

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war.514 Diese Diskussion wurde mit Erlass des GesG beendet. Der in Art. 335 Abs. 2 GesG515 verwendete Begriff „Tochtergesellschaft“ bezieht sich, wie oben dargelegt, auch auf ausländische Körperschaften, sofern diese von einer japanischen Gesellschaft kontrolliert werden.516 Art. 335 Abs. 2 GesG ist daher auf die japanischen Muttergesellschaften ausländischer Tochtergesellschaften (nicht aber auf ausländische Muttergesellschaften japanischer Tochtergesellschaften) anzuwenden.517 Zu klären bleibt, welche Organstellungen einer Auslandsgesellschaft als die in Art. 335 Abs. 2 GesG aufgeführten, also vom Verbot umfassten Organstellungen der Tochtergesellschaft einzuordnen sind. Dieses Problem der Substitution ist danach zu entscheiden, ob das jeweilige Organ der ausländischen Gesellschaft im Regelungszusammenhang mit dem der japanischen Gesellschaft gleichwertig ist.518 Diskutiert wird etwa, wie die Position des independent director im US-amerikanischen Recht zu beurteilen ist. Es sei möglich anzunehmen, dass ihm im japanischen Recht funktional eher die Stellung des Prüfers (kansa-yaku) als die des Verwaltungsratsmitglieds (torishimari-yaku) entspricht. Da es dem Prüfer der Muttergesellschaft durch Art. 335 Abs. 2 GesG nicht verboten ist, auch Prüfer der Tochtergesellschaft zu sein, gelte dann das Verbot der Doppelorganschaft für den independent director nach US-amerikanischem Recht nicht.519 Tatsächlich haben die independent directors in US-amerikanischen Gesellschaften eine gewisse Kontrollfunktion gegenüber den anderen Mitgliedern des board of directors und dürfen in keinem Abhängigkeitsverhältnis zur Gesellschaft stehen.520 Andererseits sind auch sie als Mitglieder des board of directors in dessen Entscheidungen einbezogen, was ihre Unabhängigkeit wiederum einschränkt. Eine vertiefte Analyse, inwieweit die Funktion der independent directors eher der der externen Verwaltungsratsmitgliedern (shagai torishimari-yaku) des

514

Für die Anwendbarkeit FUJITA (2003b) 24; TATSUTA (1985) 314; dagegen TASHI(1989) 142; TASHIRO (1982) 24. 515 Art. 335 Abs. 2 GesG lautet (Übers. d. Verf.): „Der Prüfer einer Aktiengesellschaft darf nicht gleichzeitig als Verwaltungsratsmitglied, Manager oder anderer Beschäftigter der Aktiengesellschaft oder ihrer Tochtergesellschaft oder als Rechnungsverantwortlicher (wenn der Rechnungsverantwortliche eine juristische Person ist, als das Mitglied, das deren Aufgaben wahrnimmt) oder als Geschäftsführer dieser Tochtergesellschaft tätig sein.“ 516 Siehe dazu oben 1.b. 517 FUJITA (2005) 53. 518 TAMEIKE (2005) 237 f. 519 Dazu FUJITA (2005) 53; FUJITA (2003b) 24; ablehnend TATSUTA (1985) 309. 520 MÜNCHKOMM AktG/Spindler (2008) Vorbemerkung zu §§ 76 ff. Rn. 74. RO/YOSHIMUTA

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Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

japanischen Rechts oder eher der der Prüfer (kansa-yaku) entspricht, steht noch aus.521 5.

Durchgriff im Konzern

Geht es um die Frage, ob eine Muttergesellschaft für ihre unterkapitalisierte insolvente ausländische Tochtergesellschaft aufgrund eines Durchgriffstatbestandes haftet, so ist (wie in Deutschland522) nach in Japan herrschender Meinung – soweit das Gesellschaftsstatut auf den Durchgriff anwendbar ist – das Statut der Tochtergesellschaft anzuwenden.523 Dies ist zutreffend, da hier die Interessen der Tochtergesellschaft betroffen sind, deren Gesellschafterin in die Haftung genommen wird.524 6. Nachrang von Forderungen der Mutter- gegen die Tochtergesellschaft in der Insolvenz Im Fall der Krise der Tochtergesellschaft kann in Japan im Rahmen des Reorganisationsplans entschieden werden, dass Gesellschafterforderungen, also etwa Forderungen, die der Muttergesellschaft gegen die Tochtergesellschaft zustehen, nachrangig befriedigt werden.525 Die Frage, welches Recht auf die Behandlung der Rangfolge der Forderungen der Muttergesellschaft anzuwen521

Die Anforderungen an die Unabhängigkeit externer Verwaltungsratsmitglieder sind in Art. 2 Nr. 15 GesG geregelt. Nach Meinung von MECKEL (2010) 41 f. sind „die externen Direktoren in den wenigsten Fällen wirklich unabhängig“. 522 Zu beachten ist, dass die Haftung des Alleingesellschafters einer abhängigen Gesellschaft seit BGH, Urteil vom 17. September 2001 (Bremer Vulkan), BGHZ 149, 10 und BGH, Urteil vom 16. Juli 2007 (Trihotel), BGHZ 173, 246 auf den allgemeinen zivil- und gesellschaftsrechtlichen Anspruchsgrundlagen beruht, so dass für eine Durchgriffshaftung kaum Raum bleibt; dazu für die GmbH MÜNCHKOMM INSO/Kirchhof/Lwowski/Stürner (2008) Internationales Konzerninsolvenzrecht Rn. 79; für die Aktiengesellschaft HÜFFER (2012) § 1 AktG Rn. 25 ff. (Hüffer). MÜNCHKOMM INSO/Kirchhof/Lwowski/Stürner (2008) Internationales Konzerninsolvenzrecht Rn. 80 sprechen sich aber („soweit ausnahmsweise gleichwohl ein Anspruch auf Grund einer Durchgriffshaftung in einem Konzern angenommen wird“) für die Anwendung des Statuts der abhängigen Gesellschaft aus (Rn. 80); für diese Anknüpfung auch MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 646, 787; SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 335 (Spahlinger/Wegen); ausführlich ZIMMER (1996) 344 ff. m.w.N.; für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation auch MÜNCH. HDB. GESR VI/Servatius (2013) § 14 Rn. 69. 523 FUJITA (2003a) 21; EGASHIRA (2000) 140. Zur Qualifikation der Durchgriffshaftung oben VII., insbesondere VII.2.d.: Entscheidung des OG Tokyo, 30. Januar 2002. 524 So auch FUJITA (2003a) 21; EGASHIRA (2000) 140. Siehe für das deutsche Recht SPAHLINGER/WEGEN (2005) Rn. 335 (Spahlinger/Wegen). 525 Dazu FINANCIAL LAW BOARD (2005) 9 ff. m.w.N. (insbesondere zur Rechtsprechung) und mit rechtsvergleichendem Verweis (in Fn. 8) auf § 39 Abs. 1 Nr. 5 der deutschen InsO.

B. Einzelfragen

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den ist, wird in der japanischen Literatur von einigen Autoren – wie von der herrschenden Meinung in Deutschland – insolvenzrechtlich qualifiziert.526 Danach ist das Recht des Ortes anzuwenden, an dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.527 Andere Stimmen in der japanischen Literatur sprechen sich allerdings für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation der Fragestellung aus und ziehen eine Parallele zum Durchgriff.528 Für eine insolvenzrechtliche Qualifikation spricht, dass der Nachrang von Forderungen der Muttergesellschaft letztlich eine Durchbrechung des insolvenzrechtlichen Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubigerforderungen ist.529 Bei einer Festsetzung des Nachrangs im Sanierungsplan kann aber der Grundsatz der Gleichbehandlung der Forderungen weitergehend als im Insolvenzverfahren bis zur Grenze der Billigkeit eingeschränkt werden.530 Zudem legt die Doppelnatur der Sanierungsverfahren, insbesondere die Stellung des Reorganisationsplans an der Schnittstelle zum Gesellschaftsrechts, eine gesellschaftsrechtliche Qualifizierung nahe.531 Die Befürworter der gesellschaftsrechtlichen Qualifikation sprechen sich teils für die Anwendung des Statuts der Tochtergesellschaft, teils für die Anwendung des Statuts der Muttergesellschaft aus.532 Tatsächlich ist der Fall mit der Situation des Durchgriffs vergleichbar, bei der die Haftungsbegrenzung der Gläubiger der Tochtergesellschaft (hier: der Muttergesellschaft als Gläubigerin der Tochtergesellschaft) durchbrochen wird. Es geht also um den Schutz von institutionellen Interessen (seidoteki ri’eki) der Gläubiger der 526

Der Gesetzgeber sieht die mit dem MoMiG erlassenen § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 4, 5, § 135 InsO als systematisch dem Insolvenzrecht zugehörig (BT-Drucksache 16/6140, S. 42) und auf Auslandsgesellschaften anwendbar (BT-Drucksache 16/6140, S. 57) an. Für eine insolvenzrechtliche Einordnung der §§ 32a, 32b GmbHG a.F., § 32a KO a.F. BGH, Urteil vom 21. Juli 2011, NZG 2011, 1195, Rn. 27 ff.; dazu TEICHMANN (2012b) 18 ff. sowie zur Vorinstanz MANKOWSKI (2010) 1004; DAHL/SCHMITZ (2010) 532. Weiter FISCHER (2004) 1480; HABERSACK/VERSE (2011) § 3 Rn. 29; ULMER (2004a) 1207; PANNEN (2007) Art. 4 Rn. 91 ff. (Pannen/Riedemann); HUBER (2005) 140 ff.; ULMER (2004b) 299; wohl auch RÖHRICHT (2005) 512; MÜNCHKOMM BGB/Kindler (2010) Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 735 m.w.N. Für eine gesellschaftsrechtliche Qualifizierung dagegen MÜNCHKOMM AktG/Altmeppen/Ego (2012) Rn. 381 ff. Für die insolvenzrechtliche Qualifikation KAISE (1995) 268. Wohl auch SATÔ (1995) 330 ff. Für die gesellschaftsrechtliche Qualifikation dagegen FUJITA (2000) 14. Zum Meinungsstreit siehe auch oben XI.4. 527 YAMADA (2004) 233; YAMAMOTO (1995) 204. 528 FUJITA (2000) 14; SATÔ (1995) 331. 529 Dazu FINANCIAL LAW BOARD (2005) 1. Ausführlich zum Streitstand aus rechtsvergleichender Perspektive oben XI.5. 530 FINANCIAL LAW BOARD (2005) 1. 531 Siehe dazu bereits oben XI.5. 532 Für die Anwendung des Statuts der Tochtergesellschaft FUJITA (2000) 14; für die Anwendung des Statuts der Muttergesellschaft dagegen SATÔ (1995) 331.

282

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Tochtergesellschaft.533 Daher ist die Anwendung des Statuts der Tochtergesellschaft vorzuziehen. Die Frage des anwendbaren Rechts war in einem Urteil des DG Tokyo aus dem Jahr 1991 relevant.534 Die US-amerikanische Firma Prudential-Bache Trade Services Inc. hatte auf Feststellung geklagt, dass ihr ein Freistellungsanspruch gegen ihre insolvente japanische Tochtergesellschaft zustehe. Entscheidend war, ob die Freistellungsforderung gegenüber anderen allgemeinen Insolvenzforderungen nachrangig behandelt werden konnte. Das DG Tokyo wendete japanisches Recht an, ohne allerdings auf die Frage des anwendbaren Rechts einzugehen. Im Ergebnis stimmt dies sowohl mit der Literaturmeinung überein, die sich für die Anwendung des Insolvenzstatuts ausspricht, als auch mit derjenigen, die die Anwendung des Statuts der Tochtergesellschaft befürwortet.535

C. Resümee: Aktueller Stand der Diskussion über den Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts C. Resümee: Aktueller Stand der Diskussion

Einige grundlegende Einzelfragen gehören nach ganz herrschender Meinung in Japan zum Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts. Dazu zählen die Gründung, die Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die innere Verfassung sowie die Auflösung und Liquidation der Gesellschaft. Hier gleicht die aktuelle Rechtslage bei der Qualifikation in Japan weitgehend derjenigen in Deutschland. Stellenweise beeinflusste die deutsche Rechtslage die japanische auch. So nahm die japanische Literatur teilweise, etwa bei der Anknüpfung der Gründung, deutsche Autoren in Bezug. In Einzelheiten allerdings weicht die japanische Rechtslage auch bei diesen unstreitig gesellschaftsrechtlich anzuknüpfenden Fragen von der deutschen ab. So begrenzt das japanische Fremdenrecht den Umfang der Rechtsfähigkeit einer Auslandsgesellschaft für das Handeln in Japan auf den Umfang der Rechtsfähigkeit einer japanischen Gesellschaft. Auch setzt die japanische Vorschrift zum Schutz des Rechtsverkehrs, die auf die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Gesellschaft abweichend vom Gesellschaftsstatut ausnahmsweise das Recht des Vornahmeortes für anwendbar erklärt, anders als die entsprechende deutsche Schutzvorschrift keine Gutgläubigkeit des Geschäftspartners voraus. Weiterhin betonen Teile der japanischen Literatur die Vergleichbarkeit der organschaftlichen mit der gewillkürten Stellvertre533

So auch FUJITA (2000) 14. Zur Entscheidung zwischen institutionellen und individuellen Interessen beim Durchgriff siehe oben VII.1. 534 DG Tokyo, Urteil vom 16. Dezember 1991, Kin’yû Shôji Hanrei 903, 39. Engl. Übers. auf . 535 Zustimmend zum Urteil FUJITA (2000) 14.

C. Resümee: Aktueller Stand der Diskussion

283

tung stärker als deutsche Autoren. In Deutschland ist die Anknüpfung der unternehmerischen Mitbestimmung wegen des Übergangs zur Sitztheorie eines der rechtspolitischen Kernprobleme. Ganz anders in Japan, wo es die unternehmerische Mitbestimmung nicht wie in Deutschland in institutionalisierter Form gibt. Dort behandelt die Literatur zum Internationalen Gesellschaftsrecht die Anknüpfung der Unternehmensmitbestimmung nicht. Bei zahlreichen Einzelfragen ist die gesellschaftsrechtliche Qualifikation dagegen umstritten, teilweise auch ungeklärt. Die Partei- und Prozessfähigkeit einer Gesellschaft untersteht nach der aktuell in Japan herrschenden Literaturmeinung dem Gesellschaftsstatut. Die japanische Literatur hat sich – wie die deutsche – inzwischen von der prozessrechtlichen Qualifikation abgewandt. Dagegen bleibt die japanische Rechtsprechung – anders als die deutsche – nach wie vor bei der traditionellen Anknüpfung an die lex fori. In der japanischen Literatur nur vereinzelt behandelt wird die Anknüpfung der Haftungsverfassung einer Gesellschaft. Besonders unübersichtlich ist die kollisionsrechtliche Behandlung der Durchgriffshaftung. Dies entspricht der unklaren Rechtslage im materiellen Recht. Aber auch die Anknüpfung weiterer grundlegender Haftungstatbestände ist problematisch. Die japanische Literatur hat sich bisher nur vereinzelt damit auseinandergesetzt. In Deutschland dagegen werden die Einzelfragen der Anknüpfung verschiedener Haftungstatbestände eingehend diskutiert. Die Zahl der Publikationen ist stark gewachsen, seit sich abzeichnete, dass die Sitztheorie in der zuvor geltenden Form nicht mehr zu halten sein würde. Die deutsche Literatur versuchte, die bisherige Schutzfunktion der Sitztheorie durch eine enge Bestimmung des Anwendungsbereichs des Gesellschaftsstatuts zu ersetzen. In Japan dagegen stellt sich diese Problematik jedenfalls nicht in dieser Schärfe, da das Fremdenrecht die Umgehung gesellschaftsrechtlicher Schutzvorschriften sanktioniert. Ein zentraler Diskussionspunkt bei der Abgrenzung des Insolvenz- vom Gesellschaftsstatut ist in Deutschland die Frage der Insolvenzverschleppungshaftung. In Japan dagegen stellen sich andere Abgrenzungsfragen. Dort haben Gesellschaften in der Krise die Möglichkeit, statt des Insolvenzverfahrens das Sanierungsverfahren nach dem Zivilsanierungsgesetz oder nach dem am US-amerikanischen Vorbild des Bankruptcy Code orientierten Gesellschaftssanierungsgesetz zu durchlaufen. Die Rechtsnatur dieser Verfahren zwischen Insolvenz- und Gesellschaftsrecht wirft interessante Abgrenzungsfragen auf. Die japanische Literatur hat diese Fragen allerdings bisher nur vereinzelt aufgegriffen. Literatur und Rechtsprechung setzen sich in Deutschland verstärkt mit den Fragen der grenzüberschreitenden Verlegung des Satzungssitzes und der grenzüberschreitenden Verschmelzung auseinander, seit die Verlegung des Satzungssitzes und die grenzüberschreitende Verschmelzung innerhalb des EWR zugelassen und damit praktisch relevant wurden. Dagegen besteht in

284

Vierter Teil: Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts

Japan keine der EU vergleichbare Sondersituation, die eine so weitgehende Liberalisierung vorantreibt. In der japanischen Praxis stellen sich die Fragen der grenzüberschreitenden Sitzverlegung und Verschmelzung daher jedenfalls bisher nicht. Sie werden von der Literatur daher nur am Rande diskutiert. In Japan begann sich ein nennenswerter M&A-Markt erst in den frühen 1990er Jahren zu entwickeln. Die japanische Diskussion über Einzelfragen des materiellen Übernahmerechts ist daher noch vergleichsweise jung. Grenzüberschreitende Übernahmefälle wurden bisher nur am Rande behandelt. Angesichts des rechtsvergleichenden Ansatzes der japanischen Wissenschaft und aufgrund der heftigen öffentlichen Diskussion über die Gefahr feindlicher Übernahmen aus dem Ausland ist nicht auszuschließen, dass die japanische Diskussion internationale Aspekte bereits in diesem frühen Stadium aufgreift. Konzernrechtliche Fragestellungen mit internationalem Bezug wurden bislang nur punktuell diskutiert. Im Falle einer Kodifizierung konzernrechtlicher Fragestellungen ist zu hoffen, dass der japanische Gesetzgeber die internationalen Aspekte mit einbezieht. Ein besonderer Reiz der japanischen Diskussion über den Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts liegt in ihrer rechtsvergleichenden Vielfalt. Die Diskussion selbst und das zugrunde liegende materielle Recht sind von verschiedenen Rechtsordnungen beeinflusst. Die japanische Literatur nahm etwa bei der Anknüpfung der Gründung deutsche Quellen in Bezug. Vorbild der japanischen Vorschriften zur Bestimmung der Partei- und der Prozessfähigkeit waren die deutschen Vorschriften der ZPO. Das Insolvenz- und das Übernahmerecht sind traditionell am deutschen, teilweise auch am englischen, in den letzten Jahrzehnten aber verstärkt am US-amerikanischen Recht orientiert. Aber nicht nur die Vielfalt der Rezeption, sondern vor allem das Ergebnis – die Entwicklung eigenständiger Lösungsansätze – macht die Auseinandersetzung mit dem japanischen Gesellschaftsrecht fruchtbar.536 Eine Qualifikation aus rechtsvergleichendem Blickwinkel, die ja von der japanischen herrschenden Meinung ohnehin gefordert wird,537 ist hier besonders vielversprechend. Die deutsche Literatur behandelte die Probleme des Internationalen Gesellschaftsrechts bis Mitte der 1990er Jahre mangels praktischer Relevanz nur am Rande. Dies änderte sich mit der erheblichen Zunahme grenzüberschreitender Unternehmensaktivitäten Ende des 20. Jahrhunderts.538 Insbesondere seit der Rechtsprechung des EuGH zu Centros, Überseering und Inspire Art ist das Interesse an der Auseinandersetzung mit den äußerst komplexen Fragestellungen des Internationalen Gesellschaftsrechts sprunghaft angestie536

Dazu DERNAUER (2005) 158. Zu der in Japan geforderten rechtsvergleichenden Qualifikation siehe Erster Teil, B.III.3.a. 538 WELLER (2010) 685. 537

C. Resümee: Aktueller Stand der Diskussion

285

gen. Die Umbrüche infolge der Rechtsprechung des EuGH sowie die Diskussion über den Erlass gesellschaftsrechtlicher Richtlinien und die Schaffung europäischer Gesellschaftsformen befeuern die wissenschaftliche Diskussion auch weiterhin. Die Diskussion ist nicht auf die Entscheidung zwischen Sitzund Gründungstheorie beschränkt, sondern erstreckt sich – gerade im Hinblick auf die Rechtsbereiche, die möglicherweise von der Anwendung des Gründungsrechts ausgenommen werden können – auch auf die Bestimmung des Anwendungsbereichs. Die japanische Wissenschaft verfolgt diese Entwicklungen in Europa mit Interesse.539 Allerdings sind gerade die kleinteiligen Fragen, die sich bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs stellen, nur schwer abstrakt oder durch gesetzliche Vorgaben zu lösen. Die Auseinandersetzung mit konkreten Fällen fördert die Klärung und Systematisierung dieser Probleme erheblich. In Japan gab es bislang nur wenige Urteile zum Internationalen Gesellschaftsrecht, da der japanische Markt für ausländische Unternehmen nur schwer zugänglich und die Rechtsprechungsdichte in Japan traditionell gering ist. Die geplante Öffnung des japanischen Marktes nach außen und die Justizreform, die den Zugang zu Gericht erleichtern soll, zielen auf eine Veränderung dieser Umstände. Erste Auswirkungen sind bereits zu verzeichnen. Es bleibt abzuwarten, ob der Strukturwandel in Japan so tiefgreifend ist, dass er die praktische Auseinandersetzung mit dem Internationalen Gesellschaftsrecht weiter vorantreibt.

539 Die Kommission zur Reform des IPR verfolgte die Entwicklungen in der EU aufmerksam, HÔMU-SHÔ MINJI-KYOKU SANJIKAN-SHITSU [RAT FÜR ZIVILSACHEN DES JUSTIZMINISTERIUMS], Kokusai shihô no gendai-ka ni kansuru yôkô chûkan shi'an hosoku setsumei [Erläuterungen zum Zwischenbericht zur Modernisierung des Internationalen Privatrechts], Hô no tekiyô ni kansuru tsûsoku-hô kankei shiryô to kaisetsu, Bessatsu NBL No. 110 [Materialien und Erläuterungen zum Rechtsanwendungsgesetz, Sonderband NBL Nr. 110], BESSATSU NBL HENSHÛ-BU [REDAKTION SONDERBAND NBL] (Hrsg.), Tokyo 2006, 105, 119 f.; siehe auch KOIDE (2009) 387; NISHITANI (2011) Rn. 38. Zum allgemein großen Interesse der japanischen Wissenschaft an den Entwicklungen in der EU BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 25.

Gesamtresümee Zwei legislative Umbruchphasen geben Aufschluss über Entstehung und Entwicklung des japanischen Internationalen Gesellschaftsrechts, über die dahinterstehenden Grundgedanken und die Bezüge zu anderen Rechtsmaterien: Während der Meiji-Restauration setzte sich die japanische Rechtswissenschaft erstmals damit auseinander, wie der Umgang mit Gesellschaften aus anderen Ländern rechtlich zu regeln sei. Gut hundert Jahre später wurden die Probleme in den übergreifenden Reformen der Heisei-Ära unter völlig anderen Voraussetzungen erneut aufgegriffen.

A. Meiji-Restauration: Erlass der Vorschriften zu ausländischen juristischen Personen A. Erlass der Vorschriften zu ausländischen juristischen Personen

Bei den Kodifikationsprojekten der Meiji-Restauration wurde das Problem des Umgangs mit ausländischen juristischen Personen im Schwerpunkt bei Schaffung des ZG diskutiert. Dem lag die Auffassung zugrunde, dass die Problematik primär eine Frage der Anerkennung sei. Die Gründungstheorie diente in Japan allein zur Unterscheidung zwischen aus- und inländischen Gesellschaften bei der Entscheidung über die Anerkennung. Es ging also um eine materiellrechtliche, nicht um eine kollisionsrechtliche Fragestellung. Daher behandelte der für das Kollisionsrecht Verantwortliche Nobushige Hozumi die Problematik nicht bei Erlass des Hôrei. Vielmehr wurde unter seiner sowie der Leitung von Masaakira Tomii und Kenjirô Ume eine Anerkennungsvorschrift ins ZG eingefügt. Ergänzende Vorschriften zum Schutz vor Scheinauslandsgesellschaften wurden in das unter Federführung von Ume und Keijirô Okano konzipierte und etwas später verabschiedete HG eingefügt. Die Regelungen zum Internationalen Gesellschaftsrecht sind exemplarisch für die eklektische Rechtsrezeption, die für die Entstehung des modernen japanischen Rechts charakteristisch ist. So wurde die Anerkennungsvorschrift in dem ansonsten vom deutschen und französischen Recht geprägten ZG maßgeblich durch den belgischen Gesetzesentwurf François Laurents von 1882 beeinflusst. Da die Regelung auf die Gründung der juristischen Person abstellte, sahen die Väter des Gesetzes im Bereich des Handelsrechts die

A. Erlass der Vorschriften zu ausländischen juristischen Personen

287

Gefahr der Entstehung von Scheinauslandsgesellschaften. Eine entsprechende Schutzvorschrift enthielt der Entwurf Laurents nicht, da er auf das Zivilrecht beschränkt war. Auch das als Vorbild für das japanische HG herangezogene deutsche Handelsrecht konnte hier nicht weiterhelfen, da in Deutschland auf den Sitz ausländischer Gesellschaften abgestellt wurde. Die Vorschrift zum Schutz vor Scheinauslandsgesellschaften wurde schließlich aus dem italienischen Recht rezipiert. Die Abstimmung bei dieser für das Internationale Gesellschaftsrecht erforderlichen kodifikationsübergreifenden Regelung war dadurch gesichert, dass Persönlichkeiten wie Hozumi und Ume am Entwurf mehrerer Gesetze – Hôrei und ZG bzw. ZG und HG – beteiligt waren. Die von Laurent übernommene Anerkennungsvorschrift beruhte auf einem äußerst restriktiven, territorialistischen Verständnis der juristischen Person. Danach war die Rechtspersönlichkeit, die die juristische Person erwarb, auf das Gebiet des Gründungsstaates begrenzt und in anderen Staaten nur existent, wenn diese sie anerkannten. Rechtskonstruktive Grundlage dafür war die Fiktionstheorie, nach der die juristische Person eine vom Gesetzgeber zur Verwirklichung bestimmter sozialer oder gesellschaftspolitischer Zwecke geschaffene Fiktion ist. Ihre Existenz kann nur so weit reichen wie die legislative Macht der sie erschaffenden Staatsgewalt. Hier besteht allerdings eine Bruchstelle zum japanischen materiellen Gesellschaftsrecht, das aus Deutschland rezipiert wurde und auf der dort vorherrschenden Lehre von der realen Verbandspersönlichkeit gründete. Jedoch entsprach das organisationsrechtliche Verständnis der juristischen Person in Japan der territorialistischen Auffassung insofern, als bei der Entstehung juristischer Personen die staatliche Mitwirkung sehr stark (stärker als im rezipierten deutschen Recht) im Vordergrund stand. Die Entstehung nichtwirtschaftlicher Vereine und Stiftungen war staatlich streng reguliert, und für Aktiengesellschaften galt bis zum Inkrafttreten des HG im Jahr 1899 das Konzessionssystem. Rechtspolitische Motivation dafür war die staatliche Kontrolle über die Verwirklichung sozialer Ziele einerseits und der Schutz der noch unerfahrenen japanischen Marktteilnehmer vor Gefahren durch die Aktivitäten juristischer Personen andererseits. Die territorialistische Auffassung von der juristischen Person ermöglichte es – anders als die großzügigere Anerkennungspraxis Deutschlands –, diese Zielsetzung auch gegenüber dem Ausland durchzusetzen. Die Notwendigkeit dafür war umso präsenter, als Japan dem Ausland erst gut vier Jahrzehnte offenstand. Grundsatz der Anerkennungsvorschrift war also die Nichtanerkennung ausländischer juristischer Personen. Allerdings musste Japan, gerade auch im Hinblick auf die Revision der Ungleichen Verträge, den wachsenden Bedürfnissen des internationalen Handels gerecht werden. Anders als im Alten ZG von 1890 waren daher im 1898 in Kraft gesetzten ZG Staaten und staatliche Verwaltungseinheiten sowie Handelsgesellschaften vom Grundsatz der Nichtanerkennung ausgenommen. Um bei Letzteren die

288

Gesamtresümee

Marktteilnehmer vor Missbrauch zu schützen, wurde, wie bereits erwähnt, eine Vorschrift gegen Scheinauslandsgesellschaften in das HG eingefügt.

B. Reformen der Heisei-Ära: Internationales Gesellschaftsrecht im Spannungsfeld von Internationalisierung und Liberalisierung B. Internationalisierung und Liberalisierung

Im übergreifenden Reformprogramm der heutigen Heisei-Ära stand das Internationale Gesellschaftsrecht auf der Agenda beim 2006 neu gefassten Kollisionsrecht. Dagegen wurde die Anerkennungsvorschrift bei der Reform des ZG im Jahr 2006 nicht thematisiert. Denn seit Erlass der Vorschriften in der Meiji-Zeit hat sich das Verständnis des Umgangs mit ausländischen Unternehmen grundlegend verändert. Im Vordergrund steht seit einem dogmatischen Umbruch, der spätestens mit Ende des Zweiten Weltkriegs abgeschlossen war, die Entscheidung über das anwendbare Recht. Die Anerkennung ist demgegenüber in den Hintergrund getreten. Sie wird nun dem Fremdenrecht zugeordnet. Die Fortentwicklung des japanischen Internationalen Gesellschaftsrechts geschah eigenständig und losgelöst vom belgischen und italienischen Vorbild, jedoch eingebettet in die fortlaufende Auseinandersetzung mit verschiedenen Rechtsordnungen. So wurde bei der Erörterung der Sitztheorie und bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs des Gesellschaftsstatuts teils auf deutsche, teils auf französische Literatur Bezug genommen. Auch die Reform des Kollisionsrechts von 2006 wurde durch intensive rechtsvergleichende Studien vorbereitet. Herausgebildet hat sich über die Jahrzehnte eine eigenständige Form der Gründungstheorie. Angeknüpft wird wie im common law an das Recht des Ortes, an dem die Gesellschaft ursprünglich gegründet wurde – nicht wie etwa in der Schweiz an das Recht des Ortes der aktuellen Registrierung oder Organisation der Gesellschaft. Im Unterschied zu den Ländern des common law und auch zu Deutschland wird wie im romanischen Rechtskreis der Anerkennung noch immer eine (wenn auch geringe) Bedeutung zugesprochen. Bei diesem vorwiegend kollisionsrechtlichen Verständnis des Umgangs mit ausländischen juristischen Personen wäre die Reform des Kollisionsrechts im Jahr 2006 ein guter Anlass gewesen, eine Vorschrift zum Gesellschaftskollisionsrechts ins Gesetz einzufügen. Dass die Ausprägung der japanischen Gründungstheorie schon länger weitgehend gefestigt ist, hätte ihre gesetzliche Verankerung erleichtern können. Dennoch wurde die Schaffung einer solchen Vorschrift noch vor Veröffentlichung des Zwischenberichts aufgegeben. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zum einen war die Reform nicht – wie der deutsche Kodifikationsversuch von 2008 – speziell auf das Internationale Gesellschaftsrecht ausgerichtet. Vielmehr wurde das gesamte

B. Internationalisierung und Liberalisierung

289

wirtschaftsrelevante Kollisionsrecht reformiert. Der Schwerpunkt lag im Internationalen Vertrags- und Deliktsrecht, wo das Bedürfnis für eine gesetzgeberische Klarstellung aufgrund der fortschreitenden Internationalisierung des japanischen Wirtschaftsverkehrs groß war. Auch gaben im Internationalen Vertrags- und Deliktsrecht zahlreiche Rechtsurteile und eine umfangreiche kritische Literatur Anhaltspunkte für die bestehenden Probleme und ihre Ausdifferenzierung. Dagegen nahmen die Aktivitäten ausländischer Unternehmen in Japan vergleichsweise langsam zu, weshalb das praktische Bedürfnis nach einer Regelung relativ gering war. Zudem fehlte dadurch in Teilen die Ausdifferenzierung bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs, etwa im Bereich der Anknüpfung von Haftungstatbeständen. So war ein Hauptgrund dafür, dass man von einer gesetzlichen Verankerung absah, dass sich die Kommission nicht auf eine Formulierung des Anwendungsbereichs einigen konnte. Eine Vorschrift wiederum, die, ohne den Anwendungsbereich näher zu benennen, nur die Geltung der Gründungstheorie festgeschrieben hätte, wäre kein großer Fortschritt gewesen, da insofern kein Klärungsbedarf bestand – anders als in Deutschland, wo gerade erst ein grundlegender Richtungswechsel hin zur Gründungstheorie stattgefunden hat. Auch wollte der japanische Gesetzgeber die Entwicklung in Europa, namentlich in Deutschland, abwarten. Zudem diskutierte im Rahmen des übergreifenden, groß angelegten Reformprogramms eine Kommission zur Reform des Gesellschaftsrechts beinahe zeitgleich über eine Löschung der Vorschrift zu Scheinauslandsgesellschaften. Die mögliche Abschaffung dieser für die Durchsetzung rechtspolitischer Ziele als wesentlich angesehenen Ergänzung zur Gründungstheorie löste in der Kommission zur Reform des Kollisionsrechts Unsicherheit aus. Das rechtspolitische Umfeld der Vorschriften über ausländische juristische Personen hat sich seit der Meiji-Zeit grundlegend verändert. Japanischen Vereinen oder Stiftungen ohne Erwerbszweck wurde allerdings noch bis in die 1990er Jahre nur in sehr begrenztem Umfang rechtliche Eigenständigkeit gewährt, da der Staat der Verwirklichung sozialer oder ideeller Ziele durch einen selbst organisierten Zusammenschluss von Bürgern äußerst kritisch gegenüberstand. Nach verschiedenen Teilreformen wurde das System schließlich im Jahr 2006 grundlegend neu strukturiert. Seither erlangt jede nichtwirtschaftliche Vereinigung durch bloße Eintragung Rechtsfähigkeit. Der Wandel in der Einstellung bezog sich jedoch nicht auf ausländische juristische Personen. Die restriktive Anerkennungsvorschrift wurde nur in formaler, nicht in substantieller Hinsicht geändert. Allerdings wird eine reine Uminterpretation der Vorschrift den geänderten Umständen nicht gerecht, da nach dem Wortlaut grundsätzlich nach wie vor die Nichtanerkennung gilt. Dies ist angesichts der Einbindung Japans in globale Zusammenhänge problematisch.

290

Gesamtresümee

Die rechtspolitische Zielsetzung bei auf Gewinnerwerb ausgerichteten juristischen Personen und ihrem Marktumfeld veränderte sich früher und sehr viel tiefgreifender als die bei nichtwirtschaftlichen Vereinen. Das Konzessionssystem war schon 1899 mit Inkrafttreten des HG abgeschafft worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zunehmend US-amerikanisches Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht rezipiert. Eine in den 1990er Jahren begonnene Reformserie zielte mit einer beträchtlichen Deregulierung des Wirtschaftsund einer Liberalisierung des Gesellschaftsrechts auf eine Stärkung des Marktwettbewerbs. Sie fand ihren vorläufigen Höhepunkt und Abschluss in dem 2005 erlassenen GesG, mit dem ein extrem flexibles Organisationsrecht eingeführt wurde. Es soll Gesellschaften ermöglichen, sich nach Bedarf an das zunehmend komplexe und dynamische Wirtschaftsleben anzupassen. Auch wird heute beim Gläubigerschutz verstärkt auf Publizität gesetzt; demgegenüber wurde das (allerdings erst 1990 eingeführte) Gebot eines Mindestgrundkapitals abgeschafft. Die Situation hat sich also gegenüber der MeijiZeit ins Gegenteil verkehrt. Gesellschaftsgründern stehen heute in Japan leicht zugängliche, flexible, liberale Strukturen zur Verfügung – für sie besteht heutzutage im Grunde nur wenig Anlass, zur Gründung etwa nach Hongkong auszuweichen.1 So wurde bei Erlass des GesG denn auch vorgeschlagen, die Vorschrift über Scheinauslandsgesellschaften zu löschen. In den zum Diskussionsentwurf eingeholten öffentlichen Stellungnahmen und in der Literatur wurde dies sogar mehrheitlich befürwortet. Durchsetzen konnte sich der Vorschlag dennoch nicht. Vielmehr wurde die Vorschrift in überarbeiteter Form beibehalten – gegen den Protest mehrerer ausländischer Wertpapierhäuser, die aus historischen Gründen in Hongkong gegründet worden waren und daher nach dem Gesetzeswortlaut als Scheinauslandsgesellschaft einzustufen wären. Auch von Seiten der USA und der EU wurde Kritik laut. Um diesen Widerstand zu besänftigen, veröffentlichte die Justizministerin eine Stellungnahme, die eine äußerst enge Auslegung der Vorschrift in Aussicht stellte. Sie ist kritisch zu beurteilen. Das Ergebnis der empfohlenen Auslegung ist im Einzelfall kaum zu prognostizieren, da sie teils auf subjektiven, schwer zu beweisenden Kriterien beruht. Vor allem aber ist bedenklich, dass sie äußerst weit vom Wortlaut des Gesetzes entfernt ist. Warum also diese problematische Kompromisslösung? Was genau sprach gegen eine Streichung der Vorschrift? Auch in Japan wurde die bei Geltung der Gründungstheorie allenthalben gehegte Befürchtung geäußert, dass bei unbeschränkter Möglichkeit der Wahl ausländischen Gründungsrechts der Schutz des Rechtsverkehrs, etwa durch die Umgehung von Gläubigerschutzmechanismen, zu schwach würde. Immerhin ist die schrankenlose Geltung der Gründungstheorie im internationalen Vergleich sehr selten – selbst inner1

Vergleiche dazu das Eingangszitat, Einführung, Text zu Fn. 1.

B. Internationalisierung und Liberalisierung

291

halb des relativ sicheren Rahmens der EU wurde sie nur gegen erhebliche Widerstände durchgesetzt. Auch ohne ein rechtspolitisches Reizthema wie das der Mitbestimmung, an dem der deutsche Referentenentwurf letztlich scheiterte, wäre die schrankenlose Geltung der Gründungstheorie rechtspolitisch heikel. Wie weit die angesprochenen Probleme auf andere Art, etwa durch Stärkung der Publizität (wie bei japanischen Gesellschaften), hätten gelöst werden können, wurde in der Gesetzgebungsdiskussion nicht weiter ausgelotet. Grund dafür mag auch hier gewesen sein, dass die umfassende Reform nicht speziell auf die Vorschriften zu Auslandsgesellschaften zugeschnitten war. Allerdings wäre die Ermöglichung der freien Wahl des Gründungsrechts nicht nur aus Gründen des Verkehrsschutzes brisant gewesen. Die Option für Gesellschaftsgründer, auf andere Rechtsordnungen auszuweichen, hätte auf legislativer Ebene die Möglichkeit für einen Paradigmenwechsel eröffnet. Neu wäre nicht die Auseinandersetzung mit anderen Rechtsordnungen gewesen, zu der der japanische Gesetzgeber sich, hätten Gründer die Wahlmöglichkeit verstärkt wahrgenommen, zur Verteidigung seines eigenen Gesellschaftsrechts möglicherweise genötigt gesehen hätte. Denn das japanische Gesellschaftsrecht ist durch Rezeption entstanden und wurde in dieser Tradition weiterentwickelt. Während sich in Deutschland etwa das Aktienrecht durch jahrhundertelange, Länder übergreifende „Zirkulation von Rechtsideen“2 herausbildete, schuf Japan innerhalb weniger Jahrzehnte nach dem Vorbild des deutschen, aber auch des französischen und angloamerikanischen Rechts ein gänzlich neues System des Gesellschaftsrechts. Auch die weitere Rechtsentwicklung, zuletzt der Erlass des GesG, lässt eine besondere Offenheit für die Rezeption von Rechtsinstituten bei Schaffung neuer, eigenständiger Strukturen erkennen. Die Kontrolle über diese Reformen des Gesellschaftsrechts lag allerdings beinahe ausschließlich bei den Ministerien und der Bürokratie, da fast alle gesetzlichen Neuerungen ministeriell initiiert und gesteuert sowie von der Verwaltung ausgearbeitet waren. Ein legislatorischer Wettbewerb entwickelte sich erst in den 1990er Jahren, und er fand ausschließlich zwischen den zuständigen Ministerien statt. Diese legislatorische Dynamik wäre durch einen internationalen legislatorischen Wettbewerb verändert worden. Die Rechtsanwender hätten dann Reformimpulse gegeben und die Stoßrichtung gesetzlicher Neuerungen im Gesellschaftsrecht bestimmt. – Zugespitzt formuliert: die Liberalisierung wäre von unten, nicht von oben initiiert worden. Was also zeigt diese Zusammenschau – keinerlei Fortschritt im Internationalen Gesellschaftsrecht Japans? Bei Untersuchung allein des geschriebenen Rechts sind tatsächlich keine richtungsweisenden Neuerungen zu erkennen. 2 FLEISCHER (2004) 1129 mit Darstellung der legal transplants im deutschen Aktienrecht (1129 ff.).

292

Gesamtresümee

Die veraltete Anerkennungsvorschrift im ZG wurde unverändert beibehalten. Die Vorschrift zu Scheinauslandsgesellschaften wurde zwar neu formuliert, ist jedoch durch eine begleitende ministerielle Stellungnahme konturlos und in der Durchsetzung unvorhersehbar. Ein sehr viel positiveres Bild ergibt sich allerdings mit Blick auf die wissenschaftliche Diskussion im Internationalen Gesellschaftsrecht. Die Reformen im Kollisions- und Gesellschaftsrecht waren Anlass für zahlreiche Symposien und Veröffentlichungen, häufig mit fachübergreifendem Ansatz. Ob sich dies in Zukunft fortsetzen und möglicherweise gar im geschriebenen Recht Ausdruck finden wird, ist schwer abzuschätzen. Wegen nur mäßig steigender Zahlen von ausländischen Unternehmen in Japan ist die rechtspolitische Relevanz gegenüber anderen, drängenderen Themen eher gering. Zudem waren die meisten Reformen bisher auf einzelne Gesetze zugeschnitten. Schnittstellenthemen wie das Internationale Gesellschaftsrecht haben dabei, wie gezeigt, einen schweren Stand. Andererseits könnten gesetzgeberische Aktivitäten auf Ebene der EU3 angesichts des Augenmerks des japanischen Gesetzgebers auf das europäische Gemeinschaftsrecht4 das Interesse für das Internationale Gesellschaftsrecht erneut entfachen.

3

Die Europäische Kommission hat für das Jahr 2014 die Vorlage eines Grünbuchs zum Internationalen Privatrecht einschließlich des auf Unternehmen, Vereinigungen und andere juristische Personen anwendbaren Rechts angekündigt (Aktionsplan der Europäischen Kommission vom 20. April 2010 zur Umsetzung des Stockholmer Programms, KOM(2010) 171 endgültig, 26). Dazu oben Zweiter Teil, B.I.4. 4 Dazu BAUM/BÄLZ (2011) Rn. 25.

Anhang A. Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften (Auszug) Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften Übers. d. Verf., soweit nicht anders angegeben

Zivilprozessgesetz1

I.

Buch I Allgemeine Vorschriften [...] Abschnitt 2 Gerichte Kapitel I Zuständigkeit der japanischen Gerichte (Zuständigkeit aufgrund des Wohnsitzes des Beklagten usw.) Art. 3-2 [...] (3) Die japanischen Gerichte sind für Klagen gegen eine juristische Person oder eine sonstige Körperschaft bzw. Stiftung zuständig, wenn ihre nichtgewerbliche bzw. gewerbliche Hauptniederlassung in Japan liegt, oder wenn in Ermangelung bzw. Unbekanntheit ihrer Niederlassungen der Wohnsitz ihres Hauptgeschäftsleiters oder sonstigen organschaftlichen Vertreters in Japan liegt. (Zuständigkeit für Klagen aus einer vertraglichen Verpflichtung usw.) Art. 3-3 Nachstehende Klagen können unter den jeweiligen Umständen vor japanischen Gerichten erhoben werden: [...] 4. Klagen gegen Personen, die eine nichtgewerbliche oder gewerbliche Niederlassung haben, in Bezug auf den Betrieb dieser nichtgewerblichen oder gewerblichen Niederlassung: Wenn sich die betreffende nichtgewerbliche oder gewerbliche Niederlassung in Japan befindet; 5. Klagen gegen Personen, die in Japan unternehmerische Tätigkeiten ausüben (inklusive ausländischer Gesellschaften im Sinne des Art. 2 Nr. 2 des Gesellschaftsgesetzes (Ge-

1

Übers. von Yuko Nishitani, ZJapanR 2012, 205–213, auch abgedruckt in IPRax 2013, 298–301. Gesetz Nr. 109/1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 36 vom 2. Mai 2011 (in Kraft seit 1. April 2012).

294

Anhang

setz Nr. 86 von 2005), die in Japan dauerhaft gewerbliche Tätigkeiten ausüben): Wenn sich die betreffende Klage auf die Tätigkeiten dieser Personen in Japan bezieht; [...] (Klageabweisung aufgrund besonderer Umstände) Art. 3-9 Auch wenn japanische Gerichte für die betreffende Klage zuständig sind (mit Ausnahme des Falles, dass die Klage aufgrund einer Vereinbarung erhoben worden ist, wonach die Klage lediglich vor japanischen Gerichten erhoben werden kann), können sie so lange die Klage insgesamt oder zum Teil abweisen, als sie das Vorliegen besonderer Umstände feststellen, unter denen angesichts der Natur der Streitigkeit, der Belastung des Beklagten zur Prozessführung, des Belegenheitsortes der Beweise oder sonstiger Umstände die Durchführung des Verfahrens und das Eingehen einer Entscheidung durch die japanischen Gerichte die Billigkeit zwischen den Parteien beeinträchtigen oder die Verwirklichung einer angemessenen und zügigen Durchführung des Verfahrens verhindern würden.

Gesellschaftsgesetz2

II.

Buch I Allgemeine Bestimmungen [...] (Definitionen) Art. 2 In diesem Gesetz gilt für die Bedeutung der Ausdrücke in den folgenden Nummern das in der betreffenden Nummer Festgesetzte: 1. „Gesellschaft“ [kaisha] bedeutet Aktiengesellschaft [kabushiki kaisha], Offene Handelsgesellschaft [gômei kaisha], Kommanditgesellschaft [gôshi kaisha] oder Limited Liability Company [gôdô kaisha]. 2. „Auslandsgesellschaft“ [gaikoku kaisha] bedeutet eine nach ausländischem Recht gegründete juristische Person oder andere ausländische Vereinigung, die gleichartig zu einer Gesellschaft oder ihr ähnlich ist. 3. „Tochtergesellschaft“ [ko-gaisha] bedeutet eine Aktiengesellschaft, bei der eine Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte aller Aktionäre hält, oder ein anderes Gebilde, das durch Verordnung des Justizministeriums3 als juristische Person bestimmt ist und bei der die betreffende Gesellschaft den Betrieb kontrolliert. 4. „Muttergesellschaft“ [oya-gaisha] bedeutet eine Gesellschaft, die eine Aktiengesellschaft als Tochtergesellschaft hat, oder ein anderes Gebilde, das durch Verordnung des Justizministeriums4 als juristische Person bestimmt ist und die den Betrieb der betreffenden Aktiengesellschaft kontrolliert. [...]

2

Übers. d. Verf. Kaisha-hô, Gesetz Nr. 86/2005 in der Fassung des Gesetzes Nr. 90/2014. 3 Art. 2 Abs. 3 Nr. 2, Art. 3 Abs. 1 DurchführungsVO zum GesG, VO des Justizministeriums Nr. 12/2006 i.d.F. der VO Nr. 47/2012 (siehe nachfolgende Übersetzung). 4 Art. 2 Abs. 3 Nr. 2, Art. 3 Abs. 2 DurchführungsVO zum GesG (siehe nachfolgende Übersetzung).

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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13. „Gesellschaft mit Aktiengattungen“ [shurui kabushiki hakkô kaisha] bedeutet eine Aktiengesellschaft, die Aktien von zwei oder mehr Arten ausgibt, deren Inhalt sich in Bezug auf die Verteilung des Überschusses oder anderer in den einzelnen Nummern der Art. 108 Abs. 1 aufgeführten Tatsachen unterscheidet. 14. „Versammlung der Aktionäre einer Aktiengattung“ [shurui kabushiki sôkai] bedeutet eine Versammlung der Aktionäre einer Aktiengattung (was sich hier und im Folgenden auf die Aktionäre der Aktien jeglicher Gattungen bezieht, die es in einer Gesellschaft mit Aktiengattungen gibt). [...] 21. „Bezugsrecht auf Aktien“ [shinkabu yoyaku-ken] bedeutet jedes Recht, das dazu berechtigt, durch seine Ausübung gegenüber einer Aktiengesellschaft Aktien der betreffenden Aktiengesellschaft zu erhalten. [...] 34. „Elektronische Veröffentlichung“ [denshi kôkoku] bedeutet unter den Arten der Veröffentlichung diejenigen durch die Verordnung des Justizministeriums5 bestimmten Arten, die durch eine elektromagnetische Methode (was hier und im Folgenden die in der Verordnung des Justizministeriums bestimmten Methoden bedeutet, die elektronische Datenverarbeitungssysteme oder andere Technologien der Datenübertragung verwenden) die zu veröffentlichen Informationen der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich machen. Buch VI Auslandsgesellschaft (Die Vertreter der Auslandsgesellschaft in Japan) Art. 817 (1) Wenn eine Auslandsgesellschaft beabsichtigt, in Japan dauerhaft Handel zu treiben, muss sie in Japan Vertreter bestimmen. In diesem Fall muss mindestens einer dieser Vertreter einen Wohnsitz in Japan haben. (2) Die Vertreter der Auslandsgesellschaft in Japan besitzen die Befugnis, in Bezug auf die Geschäfte der betreffenden Auslandsgesellschaft in Japan jegliche Art von gerichtlichen und außergerichtlichen Handlungen vorzunehmen. (3) Begrenzungen der im vorigen Absatz genannten Befugnis können einem gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden. (4) Eine Auslandsgesellschaft haftet dafür, dass der Schaden ersetzt wird, den ihr Vertreter in Japan bei Ausübung seiner Aufgaben einem Dritten zugefügt hat. (Verbot usw. des dauerhaften Handels vor Eintragung) Art. 818 (1) Eine Auslandsgesellschaft darf bis zur Eintragung als Auslandsgesellschaft in Japan nicht dauerhaft Handel treiben. (2) Eine Person, die unter Verstoß gegen die Vorschrift des vorigen Absatzes Handel treibt, haftet gegenüber der Gegenpartei gesamtschuldnerisch mit der Auslandsgesellschaft dafür, dass die Verbindlichkeiten, die durch den betreffenden Handel entstanden sind, erfüllt werden.

5 Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011.

296

Anhang

(Veröffentlichung von der Bilanz entsprechenden Unterlagen) Art. 819 (1) Eine Auslandsgesellschaft, die als Auslandsgesellschaft eingetragen wurde (beschränkt auf solche, für die die gleichartige oder ähnlichste japanische Gesellschaft eine Aktiengesellschaft ist), muss gemäß den Bestimmungen der Verordnung des Justizministeriums6 unverzüglich nach Abschluss eines der Anerkennung nach Art. 438 Abs. 2 gleichartigen Verfahrens oder eines diesem entsprechenden Verfahrens die Unterlagen, die der Bilanz entsprechen, in Japan veröffentlichen. (2) Ungeachtet der Vorschrift des vorigen Absatzes ist es bei einer Auslandsgesellschaft, für die das Verfahren der Veröffentlichung eine in Art. 939 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 aufgeführte Art ist, ausreichend, dass sie eine der im vorigen Absatz geregelten Bilanz entsprechende Zusammenfassung veröffentlicht. (3) Eine Auslandsgesellschaft des vorigen Absatzes kann gemäß den Bestimmungen der Verordnung des Justizministeriums7 ohne Verzögerung nach Abschluss des Verfahrens gemäß Abs. 1 diejenigen Informationen, die Inhalt der nach Abs. 1 der Bilanz entsprechenden Unterlagen sind, bis zum Tag, an dem seit dem Tag des Abschlusses des betreffenden Verfahrens fünf Jahre vergangen sind, andauernd durch elektromagnetische Methode8 der allgemeinen Öffentlichkeit in Japan zugänglich machen. In diesem Fall sind die Vorschriften der vorigen beiden Absätze nicht anwendbar. (4) Die Vorschriften der vorigen drei Absätze sind auf Auslandsgesellschaften, die nach Art. 24 Abs. 1 Finanzprodukte- und Börsengesetz9 ihren Jahres-Aktienbericht beim Premierminister einreichen müssen, nicht anwendbar. (Rücktritt von Vertretern in Japan mit Wohnsitz in Japan) Art. 820 (1) Eine Auslandsgesellschaft, die als Auslandsgesellschaft eintragen wurde, muss, wenn alle ihre Vertreter in Japan (beschränkt auf diejenigen, die einen Wohnsitz in Japan haben) beabsichtigen zurückzutreten, im Amtsblatt gegenüber den Gläubigern der betreffenden Auslandsgesellschaft die Erklärung veröffentlichen, dass sie, soweit sie Einwände haben, diese innerhalb einer bestimmten Frist erheben können, und jeden einzelnen Gläubiger, der bekannt ist, einzeln dazu auffordeRn. Jedoch darf die betreffende Frist einen Monat nicht unterschreiten. (2) Wenn Gläubiger innerhalb der Frist des vorigen Absatzes Einwände erheben, muss die im vorigen Absatz genannte Auslandsgesellschaft gegenüber den betreffenden Gläubigern erfüllen oder eine angemessene Sicherheit anbieten oder z.B. bei einer Treuhandgesellschaft eine angemessene Geldsumme hinterlegen, die dazu bestimmt ist, dass der betreffende Gläubiger die Erfüllungsleistung erhält. Jedoch gilt dies nicht, wenn trotz des Rücktritts keine Befürchtung besteht, dass der entsprechende Gläubiger geschädigt wird. (3) Der Rücktritt nach Abs. 1 wird wirksam, indem er eingetragen wird, nachdem das Verfahren gemäß den vorigen beiden Absätzen abgeschlossen wurde.

6

Art. 214 DurchführungsVO zum GesG (siehe nachfolgende Übersetzung). Art. 215 DurchführungsVO zum GesG (siehe nachfolgende Übersetzung). 8 Siehe dazu Art. 2 Nr. 34 GesG (siehe Übersetzung oben). 9 Kin’yû shôhin torihiki-hô, Gesetz Nr. 25/1948, neu gefasst durch Gesetz Nr. 65/2006 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014. 7

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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(Scheinauslandsgesellschaften) Art. 821 (1) Eine Auslandsgesellschaft, die ihren Hauptsitz in Japan errichtet oder deren Hauptziel es ist, in Japan Geschäfte zu betreiben, darf in Japan nicht dauerhaft Handel treiben. (2) Eine Person, die unter Verstoß gegen die Vorschrift des vorigen Absatzes Handel treibt, haftet gegenüber der Gegenpartei gesamtschuldnerisch mit der Auslandsgesellschaft dafür, dass die Verbindlichkeiten, die durch den betreffenden Handel entstanden sind, erfüllt werden. (Liquidation von in Japan belegenem Vermögen der Auslandsgesellschaft) Art. 822 (1) Das Gericht kann in den folgenden Fällen auf Antrag von Personen, die ein Interesse haben oder von Amts wegen über das gesamte in Japan belegene Vermögen einer Auslandsgesellschaft die Eröffnung der Liquidation anordnen: 1. in Fällen, in denen die Auslandsgesellschaft eine Anordnung nach der Vorschrift des Art. 827 erhalten hat; 2. in Fällen, in denen die Auslandsgesellschaft aufgehört hat, in Japan dauerhaft Handel zu treiben. (2) In den im vorigen Absatz aufgeführten Fällen ernennt das Gericht den Liquidator. (3) Die Vorschriften der Art. 476, Buch II Kapitel 9 Teil 1 Abschnitt 2,10 Art. 492, Abschnitt 4 desselben Teils11 und Art. 508 sowie Teil 2 desselben Kapitels12 (ausgenommen Art. 510, 511 und 514) werden auf die Liquidation gemäß der Vorschrift des Abs. 1 betreffend das in Japan belegene Vermögen der Auslandsgesellschaft entsprechend angewendet, mit Ausnahme derer, deren Natur die Anwendung nicht erlaubt. (4) Die Vorschrift des Art. 820 ist nicht anwendbar in den Fällen, in denen die Auslandsgesellschaft angewiesen wird, die Liquidation nach Abs. 1 zu eröffnen und alle Vertreter der betreffenden Auslandsgesellschaft in Japan (beschränkt auf diejenigen, die ihren Wohnsitz in Japan haben) beabsichtigen zurückzutreten. (Anwendung von anderen Gesetzen) Art. 823 In Bezug auf die Anwendung anderer Gesetze wird die Auslandsgesellschaft als diejenige Gesellschaft in Japan angesehen, zu der sie gleichartig oder der sie am ähnlichsten ist. Jedoch gilt diese Einschränkung nicht, wenn das andere Gesetz dazu besondere Bestimmungen enthält. [...]

10

Artt. 477 bis 491 GesG. Artt. 499 bis 503 GesG. 12 Artt. 510 bis 574 GesG. 11

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Anhang

Buch VII Verschiedene Bestimmungen [...] Kapitel I Anordnung der Auflösung einer Gesellschaft etc. [...] Teil 1 Anordnung der Auflösung einer Gesellschaft (Anordnung der Auflösung einer Gesellschaft) Art. 824 (1) Das Gericht kann in den folgenden Fällen auf Antrag des Justizministers oder eines Aktionärs, Gesellschafters, Gläubigers oder einer anderen Person, die ein Interesse hat, die Auflösung der Gesellschaft anordnen, wenn es der Ansicht ist, dass das Bestehen der Gesellschaft zur Sicherung des öffentlichen Interesses nicht zugelassen werden kann: 1. wenn die Gründung der Gesellschaft auf einem illegalen Zweck beruht; 2. wenn die Gesellschaft ohne angemessenen Grund ihren Geschäftsbetrieb innerhalb eines Jahres ab dem Tag der Gründung nicht eröffnet oder den Handel während eines Jahres oder länger durchgehend ruhen lässt; 3. in Fällen, in denen ein geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied, ein Geschäftsführer oder ein Gesellschafter, der die Geschäfte führt, eine Handlung vorgenommen hat, die die in Gesetzen und Verordnungen festgelegten Befugnisse der Gesellschaft überschreitet oder missbraucht oder die Strafnormen verletzt, wenn diese Person die betreffende Handlung andauernd oder wiederholt vornimmt, obwohl sie eine schriftliche Verwarnung vom Justizminister erhalten hat. (2) Wenn ein Aktionär, ein Gesellschafter, ein Gläubiger oder eine andere Person, die ein Interesse hat, den Antrag nach dem vorigen Absatz gestellt hat, kann das Gericht auf Antrag der Gesellschaft gegenüber der Person, die den Antrag nach dem vorigen Absatz gestellt hat, anordnen, eine angemessene Sicherheit zu erbringen. (3) Beim Antrag gemäß der Vorschrift des vorigen Absatzes muss die Gesellschaft glaubhaft machen, dass der Antrag nach Abs. 1 in bösem Glauben gestellt wurde. (4) Die Vorschriften der Art. 75 Abs. 5 und 7 und Artt. 76 bis 80 des Zivilprozessgesetzes (Gesetz Nr. 109/1996)13 sind auf die Sicherheit, die gemäß der Vorschrift des Abs. 2 auf den Antrag nach Abs. 1 erbracht werden soll, entsprechend anzuwenden. (Sicherungsmaßnahmen betreffend das Vermögen der Gesellschaft) Art. 825 (1) Das Gericht kann im Falle eines Antrags nach Abs. 1 des vorigen Artikels auf Antrag des Justizministers oder eines Aktionärs, Gesellschafters, Gläubigers oder einer anderen Person, die ein Interesse hat), oder von Amts wegen eine Sicherungsverfügung, die die Verwaltung durch einen Verwalter anordnet (im folgenden Absatz „Anordnung zur Verwaltung“ genannt), oder eine andere erforderliche Sicherungsmaßnahme in Bezug auf das Vermögen der Gesellschaft erlassen für den Zeitraum, bis eine Entscheidung über den Antrag nach Abs. 1 des vorigen Artikels getroffen wurde.

13

Minji soshô-hô, Gesetz Nr. 109/1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 30/2012.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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(2) Wenn das Gericht eine Anordnung zur Verwaltung trifft, muss es in der betreffenden Anordnung zur Verwaltung einen Verwalter berufen. (3) Das Gericht kann auf Antrag des Justizministers oder eines Aktionärs, Gesellschafters, Gläubigers oder einer anderen Person, die ein Interesse hat, oder von Amts wegen den im vorigen Absatz genannten Verwalter entlassen. (4) Das Gericht kann, wenn es einen Verwalter nach Abs. 2 beruft, die Höhe der Vergütung bestimmen, die die Gesellschaft an den betreffenden Verwalter zahlt. (5) Das Gericht überwacht den in Abs. 2 genannten Verwalter. (6) Das Gericht kann gegenüber dem in Abs. 2 genannten Verwalter anordnen, dass er über die Vermögenslage der Gesellschaft berichtet und über seine Verwaltung Rechenschaft ablegt. (7) Die Vorschriften der Artt. 644, 646, 647 und 650 Zivilgesetz14 werden auf den in Abs. 2 genannten Verwalter entsprechend angewendet. In diesem Fall ist in Artt. 646, 647 und 650 Zivilgesetz „Auftraggeber“ als „Gesellschaft“ zu lesen. (Pflicht von Behörden etc. zur Mitteilung an den Justizminister) Art. 826 Wenn ein Gericht oder eine andere Behörde, ein Staatsanwalt oder ein Staatsbediensteter im Rahmen ihres/seines Amtes Kenntnis davon erlangt, dass Gründe für einen Antrag nach Art. 824 Abs. 1 oder für eine Verwarnung nach Art. 824 Abs. 1 Nr. 3 gegeben sind, muss die/der Betreffende dem Justizminister dies mitteilen. Teil 2 Verbot des dauerhaften Handels der Auslandsgesellschaft oder Anordnung der Schließung ihrer Niederlassung Art. 827 (1) Das Gericht kann in den folgenden Fällen auf Antrag des Justizministers oder von Aktionären, Gesellschaftern, Gläubigern oder anderen Personen, die ein Interesse haben, das Verbot, dass die Auslandsgesellschaft in Japan dauerhaft Handel treibt, oder die Schließung der in Japan errichteten Niederlassung anordnen: 1. wenn die von der Auslandsgesellschaft betriebenen Geschäfte auf einem illegalen Zweck beruhen; 2. wenn die Auslandsgesellschaft ohne angemessenen Grund ihren Geschäftsbetrieb innerhalb eines Jahres ab dem Tag der Eintragung nicht eröffnet oder den Handel während eines Jahres oder länger durchgehend ruhen lässt; 3. wenn die Auslandsgesellschaft ohne ausreichenden Grund die Zahlungen einstellt; 4. in Fällen, in denen ein Vertreter der Auslandsgesellschaft in Japan oder eine andere Person, die ihre Geschäfte führt, eine Handlung vorgenommen hat, die die in Gesetzen und Verordnungen festgelegten Befugnisse der Auslandsgesellschaft überschreitet oder missbraucht oder die Strafnormen verletzt, wenn diese Person die betreffende Handlung andauernd oder wiederholt vornimmt, obwohl sie eine schriftliche Verwarnung vom Justizminister erhalten hat. (2) In den im vorigen Absatz geregelten Fällen sind die Vorschriften der Art. 824 Abs. 2 bis 4 und die beiden vorigen Artikel entsprechend anzuwenden. In diesen Fällen sind der Ausdruck „voriger Absatz“ in Art. 824 Abs. 2, der Ausdruck „Absatz 1“ in Art. 824 Abs. 3 und 4 sowie der Ausdruck „Abs. 1 des vorigen Artikels“ in Art. 825 Abs. 1 durch den Ausdruck „Art. 827 Abs. 1“, der Ausdruck „ Art. 824 Abs. 1“ im vo14

Minpô, Gesetz Nr. 89/1896 i.d.F. des Gesetzes Nr. 94/2013.

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Anhang

rigen Artikel durch den Ausdruck „Abs. 1 des folgenden Artikels“ sowie der Ausdruck „Nr. 3 dieses Artikels“ durch „Nr. 4 dieses Artikels“ zu ersetzen. Kapitel III Freiwillige Gerichtsbarkeit Teil 1 Allgemeine Bestimmungen (Zuständigkeit in Fällen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit) Art. 868 (1) Fälle der Freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes (mit Ausnahme der in den Vorschriften des folgenden Absatzes bis Abs. 5 geregelten Fälle) gehören zur Zuständigkeit des Distriktgerichts, das für den Ort der Hauptniederlassung der Gesellschaft zuständig ist. [...] (4) Fälle, die die Liquidation einer Auslandsgesellschaft nach der Vorschrift des Art. 822 Abs. 1, eine gerichtliche Entscheidung nach der Vorschrift des Art. 827 Abs. 1 sowie Sicherungsmaßnahmen nach der gemäß Art. 827 Abs. 2 entsprechend anwendbaren Vorschrift des Art. 825 Abs. 1 betreffen, gehören zur Zuständigkeit des Distriktgerichts, das für den Ort der Niederlassung (in Fällen, in denen keine Niederlassung in Japan errichtet wurde, für den Wohnsitz des Vertreters in Japan) zuständig ist. [...] (Anhörung von Stellungnahmen) Art. 870 In Fällen, in denen das Gericht nach den Vorschriften dieses Gesetzes (ausgenommen Buch 2 Kapitel IX Teil 2) unter den Entscheidungen über Fälle der Freiwilligen Gerichtsbarkeit die Entscheidungen in den folgenden Nummern trifft, muss es die Stellungnahme der Person, anhören, die in der jeweiligen Nummer bestimmt ist (ausgenommen den Antragsteller in den Nummern 4 und 6): [...] 2. Festlegung der Höhe der Vergütung für [...] den Verwalter gemäß Art. 825 Abs. 2 (eingeschlossen die Fälle, in denen die Vorschrift gemäß Art. 827 Abs. 2 entsprechend angewendet wird): die betreffende Gesellschaft und die Person, die die Vergütung erhält; [...] 14. eine Entscheidung nach der Vorschrift des Art. 827 Abs. 1: die betreffende Auslandsgesellschaft; [...] (Sofortige Beschwerde) Art. 872 Gegen die gerichtlichen Entscheidungen in den folgenden Nummern kann die in der betreffenden Nummer bestimmte Person die sofortige Beschwerde einlegen: 1. die gerichtliche Entscheidung über eine Sicherungsmaßnahme gemäß den Vorschriften [...] des Art. 825 Abs. 1 (einschließlich der Fälle, in denen die Vorschrift nach Art. 827 Abs. 2 entsprechend angewendet wird): eine Person, die ein Interesse hat; [...]

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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4. die in den einzelnen Nummern des Art. 870 aufgeführten gerichtlichen Entscheidungen: der Antragsteller und die Personen, die in den jeweiligen Nummern bestimmt sind [...]. [...] (Grenzen für die Einlegung des Einspruchs) Art. 874 Gegen die folgenden gerichtlichen Entscheidungen kann kein Einspruch eingelegt werden: 1. eine gerichtliche Entscheidung über die Ernennung oder Entlassung [...] eines Gutachters nach Art. 501 Abs. 1 GesG (einschließlich der Fälle, in denen die Vorschrift nach Art. 822 Abs. 3 entsprechend angewendet wird) [...]; 2. eine gerichtliche Entscheidung über die Ernennung oder Entlassung des Verwalters nach Art. 825 Abs. 2 (einschließlich der Fälle, in denen die Vorschrift nach Art. 827 Abs. 2 entsprechend angewendet wird); 3. eine gerichtliche Entscheidung nach Art. 825 Abs. 6 (einschließlich der Fälle, in denen die Vorschrift nach Art. 827 Abs. 2 entsprechend angewendet wird); [...] [...] Teil 4 Besondere Bestimmungen betreffend das Verfahren der Liquidation von Auslandsgesellschaften (Entsprechende Anwendung der Vorschriften betreffend das Sonderliquidationsverfahren) Art. 903 Die Vorschriften des vorigen Teils werden auf die Liquidation des in Japan belegenen Vermögens der Auslandsgesellschaft gemäß der Vorschrift des Art. 822 Abs. 1 entsprechend angewendet mit Ausnahme derer, deren Natur die Anwendung nicht erlaubt. (Beteiligung des Justizministers) Art. 904 (1) Im Fall, dass das Gericht eine Entscheidung über einen Antrag nach Art. 824 Abs. 1 oder 827 Abs. 1 trifft, muss es den Justizminister um seine Meinung ersuchen. (2) Der Justizminister kann, wenn das Gericht eine Befragung über einen Fall durchführt, der den Antrag des vorigen Absatzes betrifft, der betreffenden Befragung beiwohnen. (3) Das Gericht muss dem Justizminister die Tatsache, dass ein Fall betreffend einen Antrag nach Abs. 1 anhängig geworden ist, und den Termin für die Anhörung nach dem vorigen Absatz mitteilen. (4) Der Justizminister kann gegen eine gerichtliche Entscheidung, die einen Antrag nach Abs. 1 ablehnt, sofortige Beschwerde einlegen. (Besondere Bestimmungen über Sicherungsmaßnahmen betreffend das Vermögen der Gesellschaft) Art. 905 (1) In Fällen, in denen das Gericht eine Sicherungsmaßnahme nach Art. 825 Abs. 1 anordnet (einschließlich der Fälle, in denen die Vorschrift nach Art. 827 Abs. 2 entsprechend angewendet wird), werden die Kosten nach dem Hauptsatz des Art. 26 Gesetz

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Anhang

betreffend die Verfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit15 der Gesellschaft oder Auslandsgesellschaft auferlegt. Dasselbe gilt für die notwendigen Kosten in Bezug auf die betreffende Sicherungsmaßnahme. (2) In Fällen, in denen eine sofortige Beschwerde gegen die Sicherungsmaßnahme oder gegen die gerichtliche Entscheidung, die den Antrag nach der Vorschrift des Art. 825 Abs. 1 ablehnt (einschließlich der Fälle, in denen die Vorschrift nach Art. 827 Abs. 2 entsprechend angewendet wird), erfolgt ist, werden, wenn das Beschwerdegericht entscheidet, dass die betreffende sofortige Beschwerde begründet ist, und die ursprüngliche gerichtliche Entscheidung aufhebt, die Gerichtskosten, die für dieses Verfahren in der Beschwerdeinstanz erforderlich sind, sowie die vom Beschwerdeführer getragenen Gerichtskosten, die durch das Verfahren in der Vorinstanz erforderlich geworden sind, der Gesellschaft oder Auslandsgesellschaft auferlegt. Art. 906 (1) Eine Person, die ein Interesse hat, kann gegenüber dem Referenten der Geschäftsstelle des Gerichts Einsicht in Dokumente fordern, die den Bericht oder die Abrechnung des Art. 825 Abs. 6 betreffen (einschließlich der Fälle, in denen die Vorschrift nach Art. 827 Abs. 2 entsprechend angewendet wird). (2) Eine Person, die ein Interesse hat, kann gegenüber dem Referenten der Geschäftsstelle des Gerichts eine Abschrift der Dokumente des vorigen Absatzes oder die Aushändigung einer amtlichen Ausfertigung, einer Abschrift oder eines Auszugs davon fordern. (3) Die Vorschrift des vorigen Absatzes wird bei Dokumenten des Abs. 1 nicht auf Tonbänder oder Videobänder angewendet (einschließlich von Gegenständen, auf denen bestimmte Tatsachen mittels einer dem entsprechenden Methode aufgezeichnet wurden). In diesen Fällen muss der Referent der Geschäftsstelle, wenn die Person, die ein Interesse hat, dies verlangt, die Vervielfältigung dieser Gegenstände gestatten. (4) Der Justizminister kann gegenüber dem Referenten der Geschäftsstelle des Gerichts Einsicht in Dokumente des Abs. 1 fordern. (5) Die Vorschrift des Art. 91 Abs. 5 Zivilprozessgesetz wird auf die Dokumente des Abs. 1 entsprechend angewendet. Kapitel IV Eintragung Teil 1 Allgemeine Bestimmungen [...] (Wirkung der Eintragung) Art. 908 (1) Tatsachen, die nach den Vorschriften dieses Gesetzes eingetragen werden sollen, können einem Dritten, der diesbezüglich gutgläubig ist, nicht entgegengehalten werden, bis die Eintragung erfolgt ist. Das Gleiche gilt auch nach der Eintragung, wenn der Dritte aus angemessenem Grund diese Eintragung nicht kannte. [...] [...]

15

Hishô jiken tetsuzuki-hô, Gesetz Nr. 51/2011.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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Teil 2 Eintragung einer Gesellschaft Abschnitt 1 Eintragung am Ort der Hauptniederlassung (Eintragung der Gründung einer Aktiengesellschaft) Art. 911 [...] (3) Bei der Eintragung gemäß Absatz 1 müssen die folgenden Tatsachen eingetragen werden: 1. der Zweck; 2. die Firma; 3. der Sitz der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassung(en); 4. wenn Satzungsbestimmungen zur Zeitdauer oder zu Gründen für die Auflösung der Aktiengesellschaft bestehen, diese Bestimmungen; 5. die Summe des Kapitals; 6. die Zahl der insgesamt begebbaren Aktien; 7. der Inhalt der ausgegebenen Aktien (oder für Gesellschaften mit Aktiengattungen16) die Zahl der insgesamt begebbaren Aktien einer Gattung und der Inhalt der Aktien jeder Gattung); 8. wenn Satzungsbestimmungen zur Anzahl der Bruchteilsaktien bestehen, diese Anzahl der Bruchteilsaktien; 9. die Gesamtzahl der ausgegebenen Aktien sowie die Art und die Zahl jeder Art von ausgegebenen Aktien; 10. wenn es eine Gesellschaft mit Aktienurkunden17 ist, eine dahingehende Erklärung; 11. wenn ein Verwalter des Aktionärsregisters eingesetzt wurde, sein Name oder sein Titel, sein Wohnsitz und sein Geschäftssitz; 12. wenn die Aktiengesellschaft Bezugsrechte auf Aktien18 ausgegeben hat, die folgenden Tatsachen: a. die Zahl der Bezugsrechte auf Aktien; b. die in Art. 236 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 aufgeführten Tatsachen; c. zusätzlich zu den unter b. aufgeführten Tatsachen, wenn für die Ausübung von Bezugsrechten auf Aktien Bedingungen festgesetzt wurden, diese Bedingungen; d. die in Art. 236 Abs. 1 Nr. 7 und Artikel 238 Abs. 1 Nr. 2 und 3 aufgeführten Tatsachen; 13. die Namen der Verwaltungsratsmitglieder; 14. Name und Adresse des vertretungsberechtigten Verwaltungsratsmitglieds (mit Ausnahme der in Nr. 22 bestimmten Fälle); 15. wenn die Aktiengesellschaft eine Gesellschaft mit Verwaltungsrat ist, eine dahingehende Erklärung; 16. wenn die Aktiengesellschaft eine Gesellschaft mit Buch- und Rechnungsverantwortlichem19 ist, eine dahingehende Erklärung sowie sein Name oder sein Titel und der Ort gemäß Art. 378 Abs. 1;

16

Siehe Art. 2 Nr. 13 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 88. Siehe Artt. 117 Abs. 6, 214 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 93. 18 Siehe Art. 2 Nr. 21 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 116. 19 Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 134. 17

304

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17. wenn die Aktiengesellschaft eine Gesellschaft mit gesellschaftsinternem Prüfer20 ist (eingeschlossen eine Aktiengesellschaft, in deren Satzung bestimmt ist, dass der Prüfungsumfang des gesellschaftsinternen Prüfers auf die Rechnungslegung beschränkt sein soll), eine dahingehende Erklärung sowie den Namen des gesellschaftsinternen Prüfers; 18. wenn die Aktiengesellschaft eine Gesellschaft mit Prüferrat ist, eine dahingehende Erklärung sowie die Erklärung, dass diejenigen im Prüferrat, die externe Prüfer21 sind, externe Prüfer sind; 19. wenn die Aktiengesellschaft eine Gesellschaft mit Abschlussprüfer ist, eine dahingehende Erklärung und den Namen oder der Titel des Abschlussprüfers; 20. wenn eine Person eingesetzt wurde, die zeitweilig die Aufgaben eines Abschlussprüfers ausüben soll, der gemäß der Vorschrift des Art. 346 Abs. 4 eingesetzt wurde, ihren Namen oder ihren Titel; 21. wenn Bestimmungen zur Beschlussfassung durch besondere Verwaltungsratsmitglieder gemäß der Vorschrift des Art. 373 Abs. 1 bestehen, die folgenden Tatsachen: a. eine Erklärung dazu, dass Bestimmungen zur Beschlussfassung durch besondere Verwaltungsratsmitglieder gemäß der Vorschrift des Art. 373 Abs. 1 bestehen; b. die Namen der besonderen Verwaltungsratsmitglieder; und c. eine Erklärung dazu, dass diejenigen unter den Verwaltungsratsmitgliedern, die externe Verwaltungsratsmitglieder22 sind, externe Verwaltungsratsmitglieder sind; 22. wenn es eine Gesellschaft mit Ausschusssystem23 ist, eine dahingehende Erklärung sowie folgende Tatsachen: a. eine Erklärung dazu, dass diejenigen unter den Verwaltungsratsmitgliedern, die externe Verwaltungsratsmitglieder sind, externe Verwaltungsratsmitglieder sind; b. die Namen der Mitglieder jedes Ausschusses und des/der Geschäftsführer; und c. Name(n) und Wohnsitz(e) des vertretungsberechtigten Geschäftsführers/der vertretungsberechtigten Geschäftsführer; 23. wenn Satzungsbestimmungen zur Haftungsbefreiung von Verwaltungsratsmitgliedern, Buch- und Rechnungsverantwortlichem, Prüfern, Geschäftsführern oder Abschlussprüfern gemäß der Vorschrift des 426 Abs. 1 bestehen, diese Bestimmungen; 24. wenn Satzungsbestimmungen bestehen betreffend den Abschluss von Verträgen zur Beschränkung der Haftung, der gemäß Art. 427 Abs. 1 externe Verwaltungsratsmitglieder, Buch- und Rechnungsverantwortliche, externe Prüfer24 oder Abschlussprüfer unterliegen, diese Bestimmungen; 20

Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 120, 133. KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 133: „Prüfer, die weder in der Vergangenheit Verwaltungsratsmitglieder, Buch- und Rechnungsverantwortliche oder Angestellte der Gesellschaft waren noch dies gegenwärtig sind“, Art. 335 Abs. 2, Art. 2 Nr. 16 GesG. 22 Siehe Artt. 2 Nr. 15, 400. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 131. 23 Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 131. 24 KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 133: „Prüfer, die weder in der Vergangenheit Verwaltungsratsmitglieder, Buch- und Rechnungsverantwortliche oder Angestellte der Gesellschaft waren noch dies gegenwärtig sind“, Art. 335 Abs. 2, Art. 2 Nr. 16 GesG. 21

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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25. wenn die Satzungsbestimmungen der vorigen Nummer auf externe Verwaltungsratsmitglieder bezogen sind, die Erklärung, dass diejenigen Verwaltungsratsmitglieder, die externe Verwaltungsratsmitglieder sind, externe Verwaltungsratsmitglieder sind; 26. wenn die Satzungsbestimmungen der Nr. 24 auf externe Prüfer bezogen sind, die Erklärung, dass diejenigen Prüfer, die externe Prüfer sind, externe Prüfer sind; 27. wenn Maßnahmen gemäß der Vorschrift des Art. 440 Abs. 3 ergriffen werden, die in der Verordnung des Justizministeriums25 festgesetzten Angaben, die notwendig sind, um die in der Bilanz enthaltenen Informationen, die in Abs. 1 der Vorschrift geregelt sind, der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen; 28. wenn Satzungsbestimmungen zur Art der Veröffentlichung gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 1 bestehen, diese Bestimmungen; 29. wenn die Satzungsbestimmungen der vorigen Nummer festlegen, dass die Veröffentlichung auf elektronischem Weg die Art der Veröffentlichung sein soll, die folgenden Tatsachen: a. die in der Verordnung des Justizministeriums26 festgesetzten Angaben, die notwendig sind, um die Informationen, die auf elektronischem Weg veröffentlicht werden sollen, der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen; b. wenn Satzungsbestimmungen gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 3 Satz 2 bestehen, diese Bestimmungen; 30. wenn keine Satzungsbestimmungen gemäß Nr. 28 bestehen, eine Erklärung dazu, dass gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 4 die Veröffentlichung im Amtsblatt die Art der Veröffentlichung sein soll. (Eintragung der Gründung einer Offenen Handelsgesellschaft) Art. 912 Bei der Eintragung der Gründung einer Offenen Handelsgesellschaft müssen die folgenden Tatsachen am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. der Zweck; 2. die Firma; 3. der Sitz der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassung(en); 4. wenn Satzungsbestimmungen zur Zeitdauer oder zu Gründen für die Auflösung der Offenen Handelsgesellschaft bestehen, diese Bestimmungen; 5. die Namen oder Titel und die Adressen der Gesellschafter; 6. den/die Namen oder Titel des Gesellschafters/der Gesellschafter, der/die die Offene Handelsgesellschaft vertritt/vertreten (beschränkt auf den Fall, dass es (einen) Gesellschafter gibt, der/die die Offene Handelsgesellschaft nicht vertritt/vertreten); 7. wenn ein Gesellschafter, der die Offene Handelsgesellschaft vertritt, eine juristische Person ist, den Namen und den Wohnsitz der Person, die die Aufgaben des betreffenden Gesellschafters ausüben soll; 8. wenn Satzungsbestimmungen zur Art der Veröffentlichung gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 1 bestehen, diese Bestimmungen;

25 Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011. 26 Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011.

306

Anhang

9. wenn die Satzungsbestimmungen der vorigen Nr. bestimmen, dass die Veröffentlichung auf elektronischem Weg die Art der Veröffentlichung sein soll, die folgenden Tatsachen: a. die in der Verordnung des Justizministeriums27 festgesetzten Angaben, die notwendig sind, um die Informationen, die auf elektronischem Weg veröffentlicht werden sollen, der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen; b. wenn Satzungsbestimmungen gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 3 Satz 2 bestehen, diese Bestimmungen; 10. wenn keine Satzungsbestimmungen gemäß Nr. 8 bestehen, eine Erklärung dazu, dass gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 4 die Veröffentlichung im Amtsblatt die Art der Veröffentlichung sein soll. (Eintragung der Gründung einer Kommanditgesellschaft) Art. 913 Bei der Eintragung der Gründung einer Kommanditgesellschaft müssen die folgenden Tatsachen am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. der Zweck; 2. die Firma; 3. der Sitz der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassung(en); 4. wenn Satzungsbestimmungen zur Zeitdauer oder zu Gründen für die Auflösung der Offenen Handelsgesellschaft bestehen, diese Bestimmungen; 5. die Namen oder Titel und Adressen der Gesellschafter; 6. die Unterscheidung, ob die Gesellschafter beschränkt haftende Gesellschafter oder unbeschränkt haftende Gesellschafter sind; 7. der Gegenstand der Einlage der beschränkt haftenden Gesellschafter, deren Wert sowie den Wert bereits geleisteter Einlagen; 8. den/die Namen oder Titel des Gesellschafters/der Gesellschafter, der/die die Kommanditgesellschaft vertritt/vertreten (beschränkt auf den Fall, dass es (einen) Gesellschafter gibt, der/die die Kommanditgesellschaft nicht vertritt/vertreten); 9. wenn ein Gesellschafter, der die Kommanditgesellschaft vertritt, eine juristische Person ist, den Namen und den Wohnsitz der Person, die die Aufgaben des betreffenden Gesellschafters ausüben soll; 10. wenn Satzungsbestimmungen zur Art der Veröffentlichung gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 1 bestehen, diese Bestimmungen; 11. wenn die Satzungsbestimmungen der vorigen Nr. bestimmen, dass die Veröffentlichung auf elektronischem Weg die Art der Veröffentlichung sein soll, die folgenden Tatsachen: a. die in der Verordnung des Justizministeriums28 festgesetzten Angaben, die notwendig sind, um die Informationen, die auf elektronischem Weg veröffentlicht werden sollen, der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen; b. wenn Satzungsbestimmungen gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 3 Satz 2 bestehen, diese Bestimmungen;

27 Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011. 28 Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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12. wenn keine Satzungsbestimmungen gemäß Nr. 10 bestehen, eine Erklärung dazu, dass gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 4 die Veröffentlichung im Amtsblatt die Art der Veröffentlichung sein soll. (Eintragung der Gründung einer LLC) Art. 914 Bei der Eintragung der Gründung einer LLC müssen die folgenden Tatsachen am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. der Zweck; 2. die Firma; 3. der Sitz der Hauptniederlassung und der Zweigniederlassung(en); 4. wenn Satzungsbestimmungen zur Zeitdauer oder zu Gründen für die Auflösung der LLC bestehen, diese Bestimmungen; 5. die Summe des Kapitals; 6. den/die Namen oder Titel des Gesellschafters/der Gesellschafter, der/die die Geschäfte der Gesellschaft führt/führen; 7. den/die Namen oder Titel des Gesellschafters/der Gesellschafter, der/die die Gesellschaft vertritt/vertreten; 8. wenn ein Gesellschafter, der die LLC vertritt, eine juristische Person ist, den Namen und den Wohnsitz der Person, die die Aufgaben des betreffenden Gesellschafters ausüben soll; 9. wenn Satzungsbestimmungen zur Art der Veröffentlichung gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 1 bestehen, diese Bestimmungen; 10. wenn die Satzungsbestimmungen der vorigen Nr. bestimmen, dass die Veröffentlichung auf elektronischem Weg die Art der Veröffentlichung sein soll, die folgenden Tatsachen: a. die in der Verordnung des Justizministeriums29 festgesetzten Angaben, die notwendig sind, um die Informationen, die auf elektronischem Weg veröffentlicht werden sollen, der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen; b. wenn Satzungsbestimmungen gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 3 Satz 2 bestehen, diese Bestimmungen; 11. wenn keine Satzungsbestimmungen gemäß Nr. 28 bestehen, eine Erklärung dazu, dass gemäß der Vorschrift des Art. 939 Abs. 4 die Veröffentlichung im Amtsblatt die Art der Veröffentlichung sein soll. (Eintragung von Änderungen) Art. 915 (1) Wenn bei einer Gesellschaft bei einer der in Art. 911 Abs. 3 oder in den vorigen drei Artikeln aufgeführten Tatsachen eine Änderung eingetreten ist, muss die Änderung innerhalb von zwei Wochen am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden. (2) Ungeachtet der Vorschrift des vorigen Absatzes ist es im Fall, dass die Frist des Art. 199 Abs. 1 Nr. 4 festgesetzt wurde, ausreichend, eine durch Ausgabe von Aktien eingetretene Änderung innerhalb von zwei Wochen ab dem letzten Tag der betreffenden Frist einzutragen.

29 Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011.

308

Anhang

(3) Ungeachtet der Vorschrift des Abs. 1 ist bei Eintragung von Änderungen durch die folgenden Gründe die Eintragung innerhalb von zwei Wochen ab dem letzten Tag jedes Monats ausreichend: 1. die Ausübung von Bezugsrechten auf Aktien; oder 2. die Forderung gemäß der Vorschrift des Art. 166 Abs. 1 (beschränkt auf die Fälle, in denen bestimmt ist, dass die in Art. 107 Abs. 2 Nr. 2 c) oder d) oder Art. 108 Abs. 2 Nr. 5 b) aufgeführten Punkte Inhalt der Aktien sind). [...] (Eintragung des Managers) Art. 918 Ernennt die Gesellschaft einen Manager, oder ist dessen Vertretungsmacht erloschen, muss dies am Ort der Hauptniederlassung eingetragen werden. (Eintragung der Änderung der Art einer Anteilsgesellschaft) Art. 919 Wird eine Anteilsgesellschaft nach der Vorschrift des Art. 638 zu einer Anteilsgesellschaft anderer Art, muss die Auflösung der vor der Änderung bestehenden Anteilsgesellschaft und die Gründung der nach der Änderung bestehenden Anteilsgesellschaft am Ort der Hauptniederlassung innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Wirksamkeit der in Art. 638 bestimmten Satzungsänderung eingetragen werden. (Eintragung des Formwechsels) Art. 920 Führt eine Gesellschaft einen Formwechsel durch, muss die Auflösung der vor dem Formwechsel bestehenden Gesellschaft und die Gründung der nach dem Formwechsel bestehenden Gesellschaft innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag, an dem dieser wirksam wird, am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden. (Eintragung der absorbierenden Unternehmensverschmelzung) Art. 921 Führt eine Gesellschaft eine absorbierende Unternehmensverschmelzung durch, muss die Auflösung der durch die Verschmelzung erloschenen Gesellschaft und die Änderung der nach der Verschmelzung fortbestehenden Gesellschaft innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag, an dem diese wirksam wird, am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden. (Eintragung der Verschmelzung zur Neugründung) Art. 922 (1) Führen zwei oder mehr Gesellschaften eine Verschmelzung zur Neugründung durch, so muss, wenn die durch die Verschmelzung zur Neugründung gegründete Gesellschaft eine Aktiengesellschaft ist, gemäß der folgenden Einteilung die Auflösung der durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften und die Gründung der durch die Verschmelzung zur Neugründung gegründeten Gesellschaft innerhalb von zwei Wochen ab dem in der jeweiligen Nummer bestimmten Tag am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. In dem Fall, dass die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften alle Aktiengesellschaften sind, derjenige der folgenden Tage, der der späteste ist:

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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a. der Tag des Hauptversammlungsbeschlusses nach Art. 841 Abs. 1; b. falls für die Durchführung der Verschmelzung zur Neugründung ein Beschluss der Versammlung der Aktionäre einer Aktiengattung30 erforderlich ist, der Tag dieses Beschlusses; c. der Tag, an dem 20 Tage ab dem Tag der Mitteilung nach der Vorschrift des Art. 806 Abs. 3 oder der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 806 Abs. 4 vergangen sind; d. falls die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften Bezugsrechte auf Aktien31 ausgeben, der Tag, an dem 20 Tage ab dem Tag der Mitteilung gemäß der Vorschrift des Art. 808 Abs. 3 oder der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 808 Abs. 4 vergangen sind; e. der Tag, an dem die Verfahren nach der Vorschrift des Art. 810 abgeschlossen sind; f. der Tag, den die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften durch Vereinbarung bestimmt haben. 2. In dem Fall, dass die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften alle Anteilsgesellschaften sind, derjenige der folgenden Tage, der der späteste ist: a. der Tag, an dem die Gesellschaft die Zustimmung aller Gesellschafter nach Art. 813 Abs. 1 erhalten hat (in dem Fall, dass die Vorbehaltsregelung in Art. 813 Abs. 1 zutrifft, der Tag, an dem das in der Satzung bestimmte Verfahren abgeschlossen ist); b. der Tag, an dem die Verfahren gemäß der nach Art. 813 Abs. 2 entsprechend anwendbaren Vorschrift des Art. 810 abgeschlossen sind; c. der Tag, den die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften durch Vereinbarung bestimmt haben. 3. In dem Fall, dass die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften sowohl Aktiengesellschaft(en) als auch Anteilsgesellschaft(en) sind, derjenige der in den vorigen beiden Absätzen bestimmten Tage, der der späteste ist. (2) Führen zwei oder mehr Gesellschaften eine Verschmelzung zur Neugründung durch, so muss, wenn die durch die Verschmelzung zur Neugründung gegründete Gesellschaft eine Anteilsgesellschaft ist, gemäß der folgenden Einteilung die Auflösung der durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften und die Gründung der durch die Verschmelzung zur Neugründung gegründeten Gesellschaft innerhalb von zwei Wochen ab dem in der jeweiligen Nummer bestimmten Tag am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. In dem Fall, dass die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften nur Aktiengesellschaften sind, derjenige der folgenden Tage, der der späteste ist: a. der Tag, an dem die Gesellschaft die Zustimmung aller Aktionäre nach Art. 804 Abs. 2 erhalten hat; b. falls die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften Bezugsrechte auf Aktien32 ausgeben, der Tag, an dem 20 Tage ab dem Tag 30

Siehe Art. 2 Nr. 14 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 89. Siehe Art. 2 Nr. 21 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 116. 32 Siehe Art. 2 Nr. 21 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 116. 31

310

Anhang

der Mitteilung gemäß der Vorschrift des Art. 808 Abs. 3 oder der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 808 Abs. 4 vergangen sind; c. der Tag, an dem die Verfahren gemäß der Vorschrift des Art. 810 abgeschlossen sind; d. der Tag, den die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften durch Vereinbarung bestimmt haben. 2. In dem Fall, dass die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften nur Anteilsgesellschaften sind, derjenige der folgenden Tage, der der späteste ist: a. der Tag, an dem die Gesellschaft die Zustimmung aller Gesellschafter nach Art. 813 Abs. 1 erhalten hat (in dem Fall, dass die Vorbehaltsregelung in Art. 813 Abs. 1 zutrifft, der Tag, an dem das in der Satzung bestimmte Verfahren abgeschlossen ist); b. der Tag, an dem die Verfahren gemäß der nach Art. 813 Abs. 2 entsprechend anwendbaren Vorschrift des Art. 810 abgeschlossen sind; c. der Tag, den die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften durch Vereinbarung bestimmt haben. 3. In dem Fall, dass die durch die Verschmelzung zur Neugründung erloschenen Gesellschaften sowohl Aktiengesellschaft(en) als auch Anteilsgesellschaft(en) sind, derjenige der in den vorigen beiden Absätzen bestimmten Tage, der der späteste ist. (Eintragung der absorbierenden Unternehmensspaltung) Art. 923 Führt eine Gesellschaft eine absorbierende Unternehmensspaltung durch, muss die Änderung der die absorbierende Unternehmensspaltung durchführenden Gesellschaft sowie der Gesellschaft, die der betreffenden Gesellschaft in alle oder einen Teil der Rechte und Pflichten nachfolgt, die die betreffende Gesellschaft in Bezug auf ihre Geschäfte hält, innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag, an dem diese wirksam wird, am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden. (Eintragung der Spaltung zur Neugründung) Art. 924 (1) Führen eine oder mehrere Aktiengesellschaften oder LLCs eine Spaltung zur Neugründung durch, so muss, wenn die durch die Spaltung zur Neugründung gegründete Gesellschaft eine Aktiengesellschaft ist, gemäß der folgenden Einteilung die Änderung der durch die Spaltung zur Neugründung erloschenen Gesellschaft(en) und die Gründung der durch die Spaltung zur Neugründung gegründeten Gesellschaft innerhalb von zwei Wochen ab dem in der jeweiligen Nummer bestimmten Tag am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. In dem Fall, dass die die Spaltung zur Neugründung durchführenden Gesellschaften alle Aktiengesellschaften sind, derjenige der folgenden Tage, der der späteste ist: a. außer in den in Art. 805 bestimmten Fällen der Tag des Hauptversammlungsbeschlusses nach Art. 804 Abs. 1;

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

311

b. falls für die Durchführung der Spaltung zur Neugründung ein Beschluss der Versammlung der Aktionäre einer Aktiengattung33 erforderlich ist, der Tag dieses Beschlusses; c. außer in den in Art. 805 bestimmten Fällen der Tag, an dem 20 Tage ab dem Tag der Mitteilung nach der Vorschrift des Art. 806 Abs. 3 oder der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 806 Abs. 4 vergangen sind; d. falls es Inhaber von Bezugsrechten auf Aktien gibt, die eine Mitteilung gemäß der Vorschrift des Art. 808 Abs. 3 erhalten sollen, der Tag, an dem 20 Tage ab dem Tag der Mitteilung gemäß Art. 808 Abs. 3 oder der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 808 Abs. 4 vergangen sind; e. falls Verfahren nach Art. 810 durchgeführt werden müssen, der Tag, an dem diese Verfahren abgeschlossen sind; f. der von den die Spaltung zur Neugründung durchführenden Aktiengesellschaften bestimmte Tag (falls zwei oder mehr Aktiengesellschaften gemeinsam die Spaltung zur Neugründung durchführen, der Tag, den diese die Spaltung zur Neugründung durchführenden Aktiengesellschaften durch Vereinbarung bestimmt haben). 2. In dem Fall, dass die die Spaltung zur Neugründung durchführenden Gesellschaften alle LLCs sind, derjenige der folgenden Tage, der der späteste ist: a. der Tag, an dem die Gesellschaft die Zustimmung aller Gesellschafter nach Art. 813 Abs. 1 erhalten hat (in dem Fall, dass Vorbehaltsregelung in Art. 813 Abs. 1 zutrifft, der Tag, an dem das in der Satzung bestimmte Verfahren abgeschlossen ist); b. falls Verfahren gemäß der nach Art. 813 Abs. 2 entsprechend anwendbaren Vorschrift des Art. 810 durchgeführt werden müssen, der Tag, an dem diese Verfahren abgeschlossen sind; c. der von den die Spaltung zur Neugründung durchführenden LLCs bestimmte Tag (falls zwei oder mehr LLCs gemeinsam die Spaltung zur Neugründung durchführen, der Tag, den diese die Spaltung zur Neugründung durchführenden LLCs durch Vereinbarung bestimmt haben). 3. In dem Fall, dass die die Spaltung zur Neugründung durchführenden Gesellschaften sowohl Aktiengesellschaft(en) als auch LLC(s) sind, derjenige der in den vorigen beiden Absätzen bestimmten Tage, der der späteste ist. (2) Führen eine oder mehrere Aktiengesellschaften oder LLCs eine Spaltung zur Neugründung durch, so muss, wenn die durch die Spaltung zur Neugründung gegründete Gesellschaft eine Anteilsgesellschaft ist, gemäß der folgenden Einteilung die Änderung der durch die Spaltung zur Neugründung erloschenen Gesellschaft(en) und die Gründung der durch die Spaltung zur Neugründung gegründeten Gesellschaft innerhalb von zwei Wochen ab dem in der jeweiligen Nummer bestimmten Tag am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. In dem Fall, dass die die Spaltung zur Neugründung durchführenden Gesellschaften alle Aktiengesellschaften sind, derjenige der folgenden Tage, der der späteste ist: a. außer in den in Art. 805 bestimmten Fällen der Tag des Hauptversammlungsbeschlusses nach Art. 804 Abs. 1;

33

Siehe Art. 2 Nr. 14 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 89.

312

Anhang

b. falls für die Durchführung der Spaltung zur Neugründung ein Beschluss der Versammlung der Aktionäre einer Aktiengattung34 erforderlich ist, der Tag dieses Beschlusses; c. außer in den in Art. 805 bestimmten Fällen der Tag, an dem 20 Tage ab dem Tag der Mitteilung nach der Vorschrift des Art. 806 Abs. 3 oder der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 806 Abs. 4 vergangen sind; d. falls Verfahren nach Art. 810 durchgeführt werden müssen, der Tag, an dem diese Verfahren abgeschlossen sind; e. der von den die Spaltung zur Neugründung durchführenden Aktengesellschaften bestimmte Tag (falls zwei oder mehr Aktiengesellschaften gemeinsam die Spaltung zur Neugründung durchführen, der Tag, den diese die Spaltung zur Neugründung durchführenden Aktiengesellschaften durch Vereinbarung bestimmt haben). 2. In dem Fall, dass die die Spaltung zur Neugründung durchführenden Gesellschaften alle LLCs sind, derjenige der folgenden Tage, der der späteste ist: a. der Tag, an dem die Gesellschaft die Zustimmung aller Gesellschafter nach Art. 813 Abs. 1 erhalten hat (in dem Fall, dass die Vorbehaltsregelung in Art. 813 Abs. 1 zutrifft, der Tag, an dem das in der Satzung bestimmte Verfahren abgeschlossen ist); b. falls Verfahren gemäß der nach Art. 813 Abs. 2 entsprechend anwendbaren Vorschrift des Art. 810 durchgeführt werden müssen, der Tag, an dem diese Verfahren abgeschlossen sind; c. der von den die Spaltung zur Neugründung durchführenden LLCs bestimmte Tag (falls zwei oder mehr LLCs gemeinsam die Spaltung zur Neugründung durchführen, der Tag, den diese die Spaltung zur Neugründung durchführenden LLCs durch Vereinbarung bestimmt haben). 3. In dem Fall, dass die die Spaltung zur Neugründung durchführenden Gesellschaften sowohl Aktiengesellschaft(en) als auch LLC(s) sind, derjenige der in den vorigen beiden Absätzen bestimmten Tage, der der späteste ist. (Eintragung der Aktienübertragung) Art. 925 Führen eine oder mehrere Aktiengesellschaften eine Aktienübertragung durch, so muss die Gründung der durch die Aktienübertragung gegründeten Aktiengesellschaft innerhalb von zwei Wochen ab dem spätesten der folgenden Tage am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. der Tag des Hauptversammlungsbeschlusses nach Art. 804 Abs. 1; 2. falls für die Durchführung der Aktienübertragung ein Beschluss der Versammlung der Aktionäre einer Aktiengattung35 erforderlich ist, der Tag dieses Beschlusses; 3. der Tag, an dem 20 Tage ab dem Tag der Mitteilung nach der Vorschrift des Art. 806 Abs. 3 oder der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 806 Abs. 4 vergangen sind; 4. falls es Inhaber von Bezugsrechten auf Aktien gibt, die eine Mitteilung gemäß der Vorschrift des Art. 808 Abs. 3 erhalten sollen, der Tag, an dem 20 Tage ab dem Tag der Mitteilung gemäß Art. 808 Abs. 3 oder der öffentlichen Bekanntmachung nach Art. 808 Abs. 4 vergangen sind;

34 35

Siehe Art. 2 Nr. 14 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 89. Siehe Art. 2 Nr. 14 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 89.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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5. falls Verfahren nach Art. 810 durchgeführt werden müssen, der Tag, an dem dieses Verfahren abgeschlossen sind; 6. der von den die Aktienübertragung durchführenden Aktiengesellschaften bestimmte Tag (falls zwei oder mehr Aktiengesellschaften gemeinsam die Aktienübertragung durchführen, der Tag, den diese die Aktienübertragung durchführenden Aktiengesellschaften durch Vereinbarung bestimmt haben). (Eintragung der Auflösung) Art. 926 Wird eine Gesellschaft gemäß den Vorschriften der Art. 471 Nr. 1 bis Nr. 3 oder Art. 641 Nr. 1 bis Nr. 4 aufgelöst, muss die Auflösung innerhalb von zwei Wochen am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden. (Eintragung der Weiterführung) Art. 927 Wird eine Gesellschaft nach den Vorschriften der Art. 473, Art. 642 Abs. 1oder Art. 845 weitergeführt, muss die Weiterführung innerhalb von zwei Wochen am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden. (Eintragung des Liquidators) Art. 928 (1) Wird die in Art. 478 Abs. 1 Nr. 1 benannte Person Liquidator einer Aktiengesellschaft in Liquidation, müssen die folgenden Tatsachen innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Auflösung am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. Zu- und Vorname des Liquidators; 2. Zu- und Vorname und Adresse des hauptgeschäftsführenden Liquidators; 3. falls die Aktiengesellschaft in Liquidation ein Gesellschaft mit einem Gremium der Liquidatoren ist, diese Tatsache. (2) Wird die in Art. 647 Abs. 1 Nr. 1 benannte Person Liquidator einer Anteilsgesellschaft in Liquidation, müssen die folgenden Tatsachen innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag der Auflösung am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. Zu- und Vorname oder Titel sowie Adresse des Liquidators; 2. Zu- und Vorname oder Titel des Liquidators, der die Anteilsgesellschaft in Liquidation vertritt (beschränkt auf den Fall, dass es (einen) Liquidatoren gibt, der/die die Anteilsgesellschaft in Liquidation nicht vertritt/vertreten); 3. falls der Liquidator, der die Anteilsgesellschaft in Liquidation vertritt, eine juristische Person ist, Zu- und Vorname sowie Adresse der natürlichen Person, die die Aufgaben des Liquidators wahrnehmen soll; (3) Wird ein Liquidator bestellt, müssen, wenn die Gesellschaft eine Aktiengesellschaft in Liquidation ist, jede der in den Nummern in Abs. 1 aufgeführten Tatsachen, wenn sie eine Anteilsgesellschaft ist, jede der in den Nummern des vorigen Absatzes aufgeführten Tatsachen innerhalb von zwei Wochen am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden. (4) Die Vorschrift des Art. 915 Abs. 1 ist auf die Eintragung gemäß den Vorschriften der vorigen drei Absätze und die Vorschrift des Art. 917 ist auf einen Liquidator, hauptgeschäftsführenden Liquidator oder einen Liquidator, der eine Anteilsgesellschaft in Liquidation vertritt, jeweils entsprechend anzuwenden.

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(Eintragung des Abschlusses der Liquidation) Art. 929 Ist die Liquidation abgeschlossen, muss der Abschluss der Liquidation entsprechend der Einteilung der Gesellschaften in den folgenden Nummern innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag, er in der betreffenden Nummer bestimmt ist, am Ort ihrer Hauptniederlassung eingetragen werden: 1. Aktiengesellschaft in Liquidation: der Tag der Zustimmung nach Art. 507 Abs. 3; 2. Anteilsgesellschaft in Liquidation (beschränkt auf OHG und KG): der Tag der Zustimmung nach Art. 667 Abs. 1 (falls die Art der Vermögensverfügung nach Art. 668 Abs. 1 bestimmt ist, der Tag, an dem diese Vermögensverfügung abgeschlossen ist); 3. Anteilsgesellschaft in Liquidation (beschränkt auf die LLC): der Tag der Zustimmung nach Art. 667 Abs. 1. Teil 3 Eintragung einer Auslandsgesellschaft (Eintragung einer Auslandsgesellschaft) Art. 933 (1) Bestimmt eine Auslandsgesellschaft erstmals gemäß der Vorschrift des Art. 817 Abs. 1 ihren Vertreter in Japan, muss die Eintragung der Auslandsgesellschaft gemäß der Einteilung der Fälle in den folgenden Nummern an dem in der betreffenden Nummer bestimmten Ort innerhalb von drei Wochen erfolgen: 1. in Fällen, in denen keine Niederlassung in Japan errichtet wurde: der Wohnsitz/die Wohnsitze ihres Vertreters/ihrer Vertreter (beschränkt auf diejenigen, die einen Wohnsitz in Japan haben. Gleiches gilt im Folgenden für diese Vorschrift); oder 2. in Fällen, in denen eine oder mehrere Niederlassungen in Japan errichtet wurden: der Ort/die Orte der betreffenden Niederlassung(en). (2) Bei Eintragung der Auslandsgesellschaft müssen entsprechend der Art der Gesellschaft in Japan, zu der sie gleichartig oder der sie am ähnlichsten ist, die Tatsachen eingetragen werden, die in den einzelnen Nummern des Art. 911 Abs. 3 oder der Artt. 912 bis 914 aufgeführt sind, und zudem die folgenden Tatsachen: 1. das auf die Gründung der Auslandsgesellschaft anwendbare Recht; 2. Name(n) und Wohnsitz(e) ihres Vertreters/ihrer Vertreter in Japan; 3. wenn die gleichartige oder ähnlichste Gesellschaft in Japan eine Aktiengesellschaft ist, die Art der Veröffentlichung gemäß den Vorschriften des in Nr. 1 bestimmten anwendbaren Rechts; 4. in dem in der vorigen Nummer geregelten Fall, wenn [die Auslandsgesellschaft] beabsichtigt, die in Art. 819 Abs. 3 beschriebenen Maßnahmen zu ergreifen, die in der Verordnung des Justizministeriums36 festgesetzten Angaben, die nötig sind, damit die Informationen, die Inhalt der in Art. 819 Abs. 1 bestimmten, einer Bilanz entsprechenden Unterlagen sind, der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; 5. wenn Bestimmungen zur Art der Veröffentlichung gemäß der Bestimmung des Art. 939 Abs. 2 bestehen, diese Bestimmungen; 6. wenn die Bestimmungen der vorigen Nummer bestimmen, dass die Art der Veröffentlichung eine Veröffentlichung auf elektronischem Weg ist, die folgenden Tatsachen: 36 Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

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a. die in der Verordnung des Justizministeriums37 festgelegten Angaben, die nötig sind, damit die Informationen, die Inhalt der Veröffentlichung auf elektronischem Weg sind, der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden; b. wenn Bestimmungen gemäß Art. 939 Abs. 3 Satz 2 bestehen, diese Bestimmungen; 7. wenn keine Bestimmungen gemäß Nr. 5 bestehen, die Festlegung, dass Art der Veröffentlichung gemäß Art. 939 Abs. 4 die Veröffentlichung im Amtsblatt ist. (3) In Bezug auf die Anwendung der Vorschrift des vorigen Absatzes auf die Niederlassung, die eine Auslandsgesellschaft in Japan errichtet hat, wird die betreffende Niederlassung als in Art. 911 Abs. 3 Nr. 3, Art. 912 Nr. 3 oder Art. 914 Nr. 3 geregelte Zweigniederlassung angesehen. (4) Die Vorschriften der Art. 915 und Art. 918 bis 929 werden auf die Auslandsgesellschaft entsprechend angewendet. In diesem Fall ist in diesen Vorschriften „zwei Wochen“ als „drei Wochen“ und „Ort der Hauptniederlassung“ als „Ort des Wohnsitzes der Vertreter in Japan (beschränkt darauf, dass sie einen Wohnsitz in Japan haben) (oder wenn die Auslandsgesellschaft in Japan eine Niederlassung errichtet hat, der Ort der betreffenden Niederlassung)“ zu lesen. (5) Wenn eine gemäß der Vorschrift der vorigen Absätze einzutragende Tatsache im Ausland eingetreten ist, beginnt die Eintragungsfrist an dem Tag, an dem die Mitteilung hiervon einen Vertreter in Japan erreicht hat. (Eintragung etc. der Bestellung eines Vertreters in Japan) Art. 934 (1) In Fällen, in denen eine Auslandsgesellschaft, die in Japan keine Niederlassung errichtet hat, nach der Eintragung der Auslandsgesellschaft einen neuen Vertreter in Japan bestimmt hat (mit Ausnahme der Fälle, in denen der Ort des Wohnsitzes dieses Vertreters innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Registerbehörde liegt, die für den Wohnsitz eines anderen bereits eingetragenen Vertreters der Gesellschaft in Japan zuständig ist), muss die Auslandsgesellschaft innerhalb von drei Wochen auch am Wohnsitz dieses neu bestimmten Vertreters in Japan eingetragen werden. (2) In Fällen, in denen eine Auslandsgesellschaft, die in Japan eine Niederlassung errichtet hat, nach der Eintragung in Japan eine neue Niederlassung errichtet (mit Ausnahme der Fälle, in denen diese neue Niederlassung innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Registerbehörde liegt, die für den Ort einer anderen Niederlassung, an der eingetragen wurde, zuständig ist), muss die Auslandsgesellschaft innerhalb von drei Wochen auch am Ort der neu errichteten Niederlassung in Japan eingetragen werden. (Eintragung etc. der Verlegung des Wohnsitzes eines Vertreters in Japan) Art. 935 (1) Wenn der Vertreter in Japan einer Auslandsgesellschaft, die in Japan keine Niederlassung errichtet hat, nach der Eintragung der Auslandsgesellschaft seinen Wohnsitz in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Registerbehörde verlegt hat, muss innerhalb von drei Wochen am ehemaligen Wohnsitz die Verlegung und innerhalb von vier Wochen am neuen Wohnsitz die Auslandsgesellschaft eingetragen werden. Jedoch ist die Eintragung der Verlegung des Wohnsitzes am neuen Wohnsitz ausreichend, wenn der 37 Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011.

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Anhang

Wohnsitz in den Zuständigkeitsbereich einer Registerbehörde verlegt worden ist, die für den Ort des Wohnsitzes eines anderen bereits eingetragenen Vertreters in Japan zuständig ist. (2) Wenn eine Auslandsgesellschaft, die in Japan eine Niederlassung errichtet hat, nach Eintragung der Auslandsgesellschaft ihre Niederlassung in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Registerbehörde verlegt hat, muss innerhalb von drei Wochen am Ort der ehemaligen Niederlassung die Verlegung und innerhalb von vier Wochen am Ort der neuen Niederlassung die Auslandsgesellschaft eingetragen werden. Jedoch ist die Eintragung der Verlegung der Niederlassung am Ort der neuen Niederlassung ausreichend, wenn die Niederlassung in den Zuständigkeitsbereich einer Registerbehörde verlegt worden ist, die für den Ort einer anderen eingetragenen Niederlassung zuständig ist. (Eintragung etc. der Errichtung einer Niederlassung in Japan) Art. 936 (1) Wenn eine Auslandsgesellschaft, die in Japan keine Niederlassung errichtet hat, nach Eintragung der Auslandsgesellschaft in Japan eine Niederlassung errichtet, muss innerhalb von drei Wochen am Ort des Wohnsitzes/der Wohnsitze ihres Vertreters/ihrer Vertreter in Japan die Errichtung der Niederlassung und innerhalb von vier Wochen am Ort ihrer Niederlassung die Auslandsgesellschaft eingetragen werden. Jedoch ist die Eintragung der Errichtung der Niederlassung ausreichend, wenn die Niederlassung im Zuständigkeitsbereich der Registerbehörde errichtet wird, die für den Ort des Wohnsitzes eines bereits eingetragenen Vertreters in Japan zuständig ist. (2) Wenn eine Auslandsgesellschaft, die in Japan eine Niederlassung errichtet hat, nach Eintragung der Auslandsgesellschaft alle Niederlassungen in Japan schließt, muss innerhalb von drei Wochen am Ort der Niederlassung(en) dieser Gesellschaft die Tatsache, dass die Niederlassung(en) geschlossen wurde(n) und innerhalb von vier Wochen am Ort des Wohnsitzes des Vertreters in Japan die Auslandsgesellschaft eingetragen werden, mit Ausnahme der Fälle, in denen alle Vertreter dieser Auslandsgesellschaft in Japan beabsichtigen zurückzutreten. Jedoch ist die Eintragung der Tatsache, dass alle Niederlassungen in Japan geschlossen wurden, ausreichend, wenn der Ort des Wohnsitzes eines Vertreters in Japan im Zuständigkeitsbereich einer Registrierungsbehörde liegt, die für den Ort des Wohnsitzes einer eingetragenen Niederlassung zuständig ist. (Gerichtliche Beauftragung der Eintragung) Art. 937 [...] (2) Wenn eine gerichtliche Entscheidung, die gemäß der Vorschrift des Art. 827 Abs. 1 den dauerhaften Handel der Auslandsgesellschaft in Japan verbietet oder die Schließung der Niederlassung anordnet, unabänderlich geworden ist, muss der Referent der Geschäftsstelle des Gerichts von Amts wegen unverzüglich deren Eintragung gemäß der Unterteilung der folgenden Auslandsgesellschaften bei der Registerbehörde, die für den Ort zuständig ist, der in der jeweiligen Nummer bestimmt ist, beauftragen: 1. ausländische Gesellschaften, die keine Niederlassung in Japan errichtet haben: der Wohnsitz/die Wohnsitze des Vertreters/der Vertreter in Japan (beschränkt auf diejenigen, der/die einen Wohnsitz in Japan hat/haben); 2. ausländische Gesellschaften, die eine Niederlassung in Japan errichtet haben: der Ort der betreffenden Niederlassung(en). [...]

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

317

(Gerichtliche Beauftragung der Eintragung der Sonderliquidation) Art. 938 (1) In den folgenden Fällen muss der Referent der Geschäftsstelle des Gerichts von Amts wegen unverzüglich bei der Registerbehörde, die für den Ort der Hauptniederlassung (oder wenn in den in Nr. 3 aufgeführten Fällen aufgrund der Beendigung der Sonderliquidation die Entscheidung des Abschlusses der Sonderliquidation getroffen wurde, die Hauptniederlassung und die Zweigniederlassung(en)) der Aktiengesellschaft in Liquidation zuständig ist, die in der betreffenden Nummer bestimmte Eintragung beauftragen: 1. wenn die Eröffnung der Sonderliquidation angeordnet wurde: die Eröffnung der Sonderliquidation; 2. wenn eine gerichtliche Entscheidung, die die Anordnung der Eröffnung der Sonderliquidation aufhebt, bindend geworden ist: die Eintragung der Aufhebung der Eröffnung der Sonderliquidation; und 3. wenn die gerichtliche Entscheidung des Abschlusses der Sonderliquidation bindend geworden ist: die Eintragung des Abschlusses der Sonderliquidation. (2) In den folgenden Fällen muss der Referent der Geschäftsstelle des Gerichts von Amts wegen unverzüglich bei der Registerbehörde, die für den Ort der Hauptniederlassung der Aktiengesellschaft in Liquidation zuständig ist, die Eintragung beauftragen: 1. bei der nach Eröffnung der Sonderliquidation getroffenen gerichtlichen Entscheidung, eine Person einzusetzen, die gemäß den Vorschriften des gemäß Art. 346 Abs. 2 oder 483 Abs. 6 jeweils in Verbindung mit Art. 479 Abs. 4 entsprechend anwendbaren Art. 351 Abs. 2 vorübergehend die Aufgaben eines Liquidators oder eines hauptgeschäftsführenden Liquidators ausüben soll; 2. bei einer gerichtlichen Entscheidung, die die Gerichtsentscheidung der vorigen Nr. aufhebt; 3. bei einer nach Eröffnung der Sonderliquidation getroffenen gerichtlichen Entscheidung, die die Gerichtsentscheidung einer Einsetzung oder Bestellung eines Liquidators oder hauptgeschäftsführenden Liquidators aufhebt; 4. bei der nach Eröffnung der Sonderliquidation getroffenen gerichtlichen Entscheidung der Enthebung eines Liquidators; und 5. wenn eine gerichtliche Entscheidung, die eine Entscheidung nach der vorigen Nummer aufhebt, bindend geworden ist. (3) In den folgenden Fällen muss der Referent der Geschäftsstelle des Gerichts von Amts wegen unverzüglich die Eintragung der betreffenden Sicherheitsmaßnahme beauftragen: 1. bei einer Sicherungsanordnung gemäß den Vorschriften des Art. 540 Abs. 1 oder Abs. 2, die ein als zum Vermögen der Aktiengesellschaft in Auflösung gehörend eingetragenes Recht betrifft; und 2. bei einer ein eingetragenes Recht betreffenden Sicherungsanordnung gemäß den Vorschriften des Art. 542 Abs. 1 oder Abs. 2. (4) Die Vorschriften des vorigen Absatzes sind entsprechend auf Fälle der Änderung oder Aufhebung der dort geregelten Sicherungsmaßnahme oder auf Fälle anzuwenden, in denen die betreffende Sicherungsmaßnahme ihre Wirksamkeit verliert. (5) Die Vorschriften der vorigen zwei Absätze sind entsprechend auf eingetragene Rechte anzuwenden. (6) Die Vorschriften der vorigen Absätze sind entsprechend auf die Liquidation von in Japan belegenem Vermögen einer Auslandsgesellschaft nach Art. 822 Abs. 1 anzuwenden, mit Ausnahme derer, deren Natur die Anwendung nicht erlaubt.

318

Anhang

Kapitel V Veröffentlichung Teil 1 Allgemeine Bestimmungen (Arten der Veröffentlichung durch eine Gesellschaft) Art. 939 (1) Eine Gesellschaft kann in der Satzung eine der folgenden Arten als Art der Veröffentlichung wählen: 1. die Veröffentlichung im Amtsblatt; 2. die Veröffentlichung in einer Tageszeitung, die aktuelle Angelegenheiten veröffentlicht; oder 3. die Veröffentlichung auf elektronischem Weg. (2) Eine Auslandsgesellschaft kann eine der im vorigen Absatz aufgeführten Arten als Art der Veröffentlichung bestimmen. (3) In Fällen, in denen eine Gesellschaft oder eine Auslandsgesellschaft bestimmt, dass die in Absatz 1 Nr. 3 aufgeführte Art die Art der Veröffentlichung sein soll, ist es ausreichend zu bestimmen, dass die Veröffentlichung auf elektronischem Weg die Art der Veröffentlichung sein soll. In diesen Fällen kann eine der in demselben Absatz Nr. 1 oder 2 aufgeführten Arten der Veröffentlichung als Art der Veröffentlichung für Fälle bestimmt werden, in denen die Veröffentlichung auf elektronischem Weg wegen einer Störung oder aus anderen unvermeidlichen Gründen nicht möglich ist. (4) Für eine Gesellschaft oder Auslandsgesellschaft, die keine Bestimmung gemäß der Vorschrift des Absatzes 1 oder 2 getroffen hat, ist die Art der Veröffentlichung die Veröffentlichung gemäß Absatz 1 Nr. 1. (Frist der Veröffentlichung etc. bei der Veröffentlichung auf elektronischem Weg) Art. 940 [...] (2) In Fällen, in denen eine Auslandsgesellschaft gemäß der Vorschrift des Art. 819 Abs. 1 durch Veröffentlichung auf elektronischem Weg veröffentlicht, muss sie bis zum Tag, an dem seit dem Tag des Abschlusses des Verfahrens nach Art. 819 Abs. 1 fünf Jahre vergangen sind, fortlaufend durch Veröffentlichung auf elektronischem Weg veröffentlichen. (3) Ungeachtet der Vorschriften der vorigen beiden Absätze hat in den Fällen, in denen während des Zeitraums, in dem nach diesen Vorschriften durch Veröffentlichung auf elektronischem Weg veröffentlicht werden muss (in diesem Kapitel im Folgenden „Zeitraum der Veröffentlichung“ genannt), eine Unterbrechung der Veröffentlichung aufgetreten ist (was hier und im Folgenden in diesem Absatz bedeutet, dass die Informationen, die einer unbestimmten Vielzahl von Personen zugänglich gemacht wurden, nicht mehr zugänglich sind, oder dass diese Informationen, nachdem sie zugänglich gemacht wurden, geändert wurden) diese Unterbrechung der Veröffentlichung keinen Einfluss auf die Wirkungen dieser Veröffentlichung, wenn die folgenden Voraussetzungen zutreffen: 1. die Gesellschaft38 ist in Bezug auf die entstandene Unterbrechung der Veröffentlichung gutgläubig und nicht grob fahrlässig oder hat einen angemessenen Grund;

38 Dass hier – trotz der Verweisung auf Abs. 2 – die Auslandsgesellschaft nicht aufgeführt ist, scheint ein Redaktionsversehen zu sein.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

319

2. der gesamte Zeitraum, in dem die Unterbrechung der Veröffentlichung aufgetreten ist, entspricht nicht mehr als einem Zehntel des Zeitraumes der Veröffentlichung; und 3. nachdem die Gesellschaft von der Unterbrechung der Veröffentlichung Kenntnis erlangt hat, veröffentlicht die Gesellschaft dies, den Zeitraum, in der die Unterbrechung der Veröffentlichung aufgetreten ist, und die Inhalte, die von der Unterbrechung der Veröffentlichung betroffen waren, unverzüglich im Anhang der betreffenden Veröffentlichung. [...] Buch VIII Strafbestimmungen [...] (Handlungen, die mit einer Geldbuße bestraft werden) Art. 976 Wenn ein Gründer, ein Verwaltungsratsmitglied bei Gründung, ein Prüfer bei Gründung, ein Geschäftsführer bei Gründung, ein Verwaltungsratsmitglied, ein Buch- und Rechnungsverantwortlicher oder ein Gesellschafter, der dessen Aufgaben ausüben soll, ein Prüfer, ein Geschäftsführer, ein Abschlussprüfer oder ein Gesellschafter, der dessen Aufgaben ausüben soll, ein Liquidator, der Vertreter eines Liquidators, der/die Gesellschafter einer Anteilsgesellschaft, der/die ihre Geschäfte führt/führen, ein durch die Anordnung einer in Art. 56 Zivilsicherungsgesetz39 geregelten einstweiligen Verfügung eingesetztes Verwaltungsratsmitglied, ein dadurch eingesetzter Prüfer, Geschäftsführer, Liquidator oder eine dadurch eingesetzte Person, die in Vertretung eines die Geschäfte einer Anteilsgesellschaft führenden Gesellschafters die Geschäfte führt, eine Person, die gemäß Art. 960 Abs. 1 Nr. 5 vorübergehend die Aufgaben eines Verwaltungsratsmitglieds, eines Buch- und Rechnungsverantwortlichen, eines Prüfers, eines vertretungsberechtigten Verwaltungsratsmitglieds, eines Ausschussmitglieds, eines Geschäftsführers oder eines vertretungsberechtigten Geschäftsführers, eine Person, die gemäß Art. 960 Abs. 2 Nr. 3 vorübergehend die Aufgaben eines Liquidators oder eines hauptgeschäftsführenden Liquidators ausüben soll, eine Person, die nach Art. 967 Abs. 1 Nr. 3 vorübergehend die Aufgaben eines Abschlussprüfers ausüben soll, ein Revisor, das Mitglied eines Aufsichtsausschusses (im Neuordnungsverfahren), ein Mitglied im Untersuchungsausschuss, ein Verwalter des Aktionärsregisters, ein Verwalter des Verzeichnisses der Schuldverschreibungen, ein Verwalter von Schuldverschreibungen, ein Verwalter von Schuldverschreibungen, der diese Aufgabe übernommen hat, ein geschäftsführender Verwalter von Schuldverschreibungen, ein Ausführender eines Beschlusses, ein Vertreter einer Auslandsgesellschaft in Japan oder ein Manager einen der folgenden Fälle erfüllt, wird dies mit einer Geldbuße von nicht mehr als einer Million Yen40 bestraft; jedoch gilt dies nicht, wenn für diese Handlung eine Strafe verhängt werden soll: 1. wenn die Person eine Eintragung nach den Vorschriften dieses Gesetzes verabsäumt; 2. wenn die Person eine öffentliche Bekanntmachung oder Mitteilung nach den Vorschriften dieses Gesetzes verabsäumt; 3. wenn die Person eine Offenlegung nach den Vorschriften dieses Gesetzes verabsäumt; 39 40

Minji hozen-hô, Gesetz Nr. 91/1981 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74/2011. Umgerechnet ca. 7.060 Euro.

320

Anhang

4. wenn die Person ohne angemessenen Grund unter Verstoß gegen die Vorschriften dieses Gesetzes die Einsicht in oder Abschrift von Dokumenten oder von Darstellungen von Gegenständen, die in der durch Verordnung des Justizministeriums41 bestimmten Art elektromagnetisch aufgezeichnet sind, oder die Aushändigung einer Abschrift oder eines Auszugs von Dokumenten oder die Bereitstellung von elektromagnetisch aufgezeichneten Gegenständen durch elektromagnetische Methode oder die Aushändigung von Dokumenten, in denen diese Tatsachen eingetragen sind, verweigert; 5. wenn die Person eine Prüfung nach den Vorschriften dieses Gesetzes behindert; 6. wenn die Person gegenüber einer Behörde, einer Aktionärsversammlung oder einer Versammlung der Aktionäre einer Aktiengattung42 einer Gründungsversammlung oder einer Gründungsversammlung der Aktionäre einer Aktiengattung, einer Versammlung der Anleihegläubiger oder einer Gläubigerversammlung eine unwahre Erklärung abgibt oder Tatsachen unterdrückt; 7. wenn die Person Angelegenheiten, die in der Satzung, im Aktionärsregister, im Register für verloren gegangene Aktienurkunden, im Register für Bezugsrechte auf Aktien, im Register für Anleihen, im Sitzungsprotokoll, im Vermögensverzeichnis, im Rechnungslegungsbuch, in der Bilanz, in der Gewinn- und Verlustrechnung, im Unternehmensbericht, im Geschäftsführungsbericht, in der Beschreibung im Anhang nach Art. 435 Abs. 2 oder Art. 494 Abs. 1, im Bericht des Buch- und Rechnungsverantwortlichen, im Prüfbericht, im Bericht des Abschlussprüfers, im Rechnungsbericht oder in den Dokumenten oder elektromagnetischen Aufzeichnungen nach Art. 122 Abs. 1, 149 Abs. 1, 250 Abs. 1, 270 Abs. 1, 682 Abs. 1, 695 Abs. 1, 782 Abs. 1, 791 Abs. 1, 794 Abs. 1, 801 Abs. 1 oder 2, 803 Abs. 1, 811 Abs. 1, 815 Abs. 1 oder 2 eingetragen oder aufgezeichnet werden sollen, nicht einträgt oder nicht aufzeichnet oder unwahre Eintragungen oder Aufzeichnungen macht; [...] 26. wenn die Person unter Verstoß gegen die Vorschriften der 449 Abs. 2 oder 5, 627 Abs. 2 oder 5, 635 Abs. 2 oder 5, 670 Abs. 2 oder 5, 779 Abs. 2 oder 5 (eingeschlossen die Fälle, in denen sie gemäß Art. 781 Abs. 2 entsprechend angewendet werden), Art. 789 Abs. 2 oder 5 (eingeschlossen die Fälle, in denen sie gemäß Art. 793 Abs. 2 entsprechend angewendet werden), Art. 799 Abs. 2 oder 5 (eingeschlossen die Fälle, in denen sie gemäß Art. 802 Abs. 2 entsprechend angewendet werden), Art. 810 Abs. 2 oder 5 (eingeschlossen die Fälle, in denen sie gemäß Art. 813 Abs. 2 entsprechend angewendet werden) oder Art. 820 Abs. 1 oder 2 den Kapital- oder Rücklagebetrag herabgesetzt, eine Rückerstattung von Anteilen, über das Vermögen einer Anteilsgesellschaft verfügt, die Gesellschaft reorganisiert, eine (absorbierende) Unternehmensverschmelzung, eine Verschmelzung zur Neugründung, eine absorbierende Unternehmensspaltung, eine Unternehmensspaltung zur Neugründung, einen Aktientausch, eine Aktienübertragung vorgenommen oder das Ausscheiden aller Vertreter einer Auslandsgesellschaft in Japan bewirkt; [...] 34. wenn die Person gegen eine Anordnung des Gerichts nach der Vorschrift des Art. 827 Abs. 1 verstößt; [...]

41

Denshi kôkoku kisoku [VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen], VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011. 42 Siehe Art. 2 Nr. 14 GesG. Dazu KANSAKU/BÄLZ (2011) Rn. 89.

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

321

Art. 979 (1) Eine Person, die ein Geschäft abschließt, bei dem sie vor Gründung einer Gesellschaft den Namen der betreffenden Gesellschaft verwendet, wird mit einer Geldbuße bestraft, deren Höhe dem Betrag der Gebühren für Registrierung und Genehmigung bei Gründung entspricht. (2) Die Vorschrift des vorigen Absatz gilt auch für eine Person, die unter Verstoß gegen die Vorschriften der Art. 818 Abs. 1 oder Art. 821 Abs. 1 Handel treibt.

III. Durchführungsverordnung zum Gesellschaftsgesetz43 Buch II Allgemeine Bestimmungen (Definitionen) Art. 2 [...] (3) In dieser Verordnung gilt für die Definitionen der Ausdrücke in den folgenden Nummern das in der betreffenden Nummer Festgesetzte. [...] 2. „Gesellschaft usw.“ [kaisha-tô] bedeutet Gesellschaft (einschließlich Auslandsgesellschaft), zivilrechtliche Gesellschaft (einschließlich von Gebilden, die im Ausland einer zivilrechtlichen Gesellschaft entsprechen) oder eine andere dem entsprechende Körperschaft. (Tochtergesellschaft und Muttergesellschaft) Art. 3 (1) Das in Art. 2 Nr. 3 GesG geregelte „Gebilde, das durch die Verordnung des Justizministeriums bestimmt ist“, ist die andere Gesellschaft usw., wenn die in Art. 2 Nr. 3 geregelte Gesellschaft die Entscheidung über die Grundsätze der finanziellen Angelegenheiten und des Betriebs der betreffenden anderen Gesellschaft usw. beherrscht. (2) Das in Art. 2 Nr. 4 GesG geregelte „Gebilde, das durch die Verordnung des Justizministeriums bestimmt ist“, ist die Gesellschaft usw., wenn die betreffende Gesellschaft usw. die Entscheidung über die Grundsätze der finanziellen Angelegenheiten und des Betriebs der in Art. 2 Nr. 4 geregelten Aktiengesellschaft beherrscht. [...] (4) In Bezug auf die Anwendung der Vorschrift des Abs. 2 auf die Muttergesellschaft in Art. 135 Abs. 1 GesG gilt die Tochtergesellschaft des Art. 135 Abs. 1 GesG für Abs. 2 als Aktiengesellschaft, die in Art. 2 Nr. 4 GesG geregelt ist. [...] Buch VI Auslandsgesellschaft (Veröffentlichung der Buchhaltungsunterlagen) Art. 214 (1) In dem Fall, dass eine Auslandsgesellschaft nach der Vorschrift des Art. 819 Abs. 1 GesG Unterlagen veröffentlicht, die der Bilanz entsprechen (in diesem Artikel im Fol43 Übers. d. Verf. Kaisha-hô shikô kisoku [DurchführungsVO zum GesG], VO des Justizministeriums Nr. 12/2006 i.d.F. der VO Nr. 47/2012.

322

Anhang

genden „ausländische Bilanz“ genannt), kann sie den Teil, der den Vermerken (einschließlich das den Vermerken Entsprechende) zur ausländischen Bilanz entspricht, abkürzen. (2) Die Zusammenfassung der Bilanz gemäß der Vorschrift des Art. 819 Abs. 2 GesG bedeutet eine Einteilung der ausländischen Bilanz in die folgenden Tatsachen (einschließlich des diesen Tatsachen Entsprechende): 1. die Aktiva, a. das Umlaufvermögen, b. das Anlagevermögen, c. anderes Vermögen, 2. die Passiva, a. die kurzfristigen Verbindlichkeiten, b. die langfristigen Verbindlichkeiten, c. andere Verbindlichkeiten, 3. das Reinvermögen, a. das Kapital und die Kapitalrücklagen, b. der aufgelaufene Gewinn, c. anderes Reinvermögen. (3) Im Fall, dass eine Auslandsgesellschaft nach der Vorschrift des Art. 819 Abs. 1 GesG die ausländische Bilanz oder nach der Vorschrift des Art. 819 Abs. 2 eine Zusammenfassung der ausländischen Bilanz veröffentlicht, ist es nicht erforderlich, dass die betreffende Auslandsgesellschaft dies auf Japanisch veröffentlicht, wenn die betreffende ausländische Bilanz in einer anderen Sprache als auf Japanisch abgefasst ist. (4) Auf eine Auslandsgesellschaft, für die keine ausländische Bilanz besteht, ist die Vorschrift des Abs. 3 anwendbar, wobei die Unterlagen, die angefertigt werden, wenn die Vorschriften der Verordnung über die Rechnungslegung von Gesellschaften44 auf die betreffende Auslandsgesellschaft angewendet werden, als ausländische Bilanz angesehen werden. (Maßnahmen gemäß der Vorschrift des Art. 819 Abs. 3 GesG) Art. 215 Eine Maßnahme gemäß der Vorschrift des Art. 819 Abs. 3 GesG muss von den in Art. 222 Abs. 1 Nr. 1 b)45 aufgeführten Arten in einer Art durchgeführt werden, die eine mit dem Internet verbundene automatische öffentliche Übertragungsvorrichtung verwendet. 44

Kaisha keisan kisoku, VO des Justizministeriums Nr. 13/2006 i.d.F. der Verordnung Nr. 16/2013. 45 Art. 222 DurchführungsVO zum GesG: „Die in Art. 2 Nr. 34 GesG geregelten, in der Minsterialverordnung des Justizministeriums bestimmten Arten, die elektronische Datenverarbeitungssysteme oder andere Technologien der Datenübertragung verwenden, sind die folgenden: 1. bei den Arten, die elektronische Datenverarbeitungssysteme verwenden, die in a. und b. aufgeführten Arten: a. [...] b. eine Art, bei der der Inhalt der Information, die unter Verwendung eines Computers durch den Absender in einer Datei aufgezeichnet ist, mittels Telekommunikationsleitung der Person, die das Angebot der Information empfängt, dargestellt wird, und die Person, die das Angebot der betreffenden Information erhält, die betreffende Information mittels eines Computers in einer Datei aufzeichnet.“

Übersetzung japanischer Gesetzesvorschriften

323

(Gegenstände bezüglich der Liquidation von in Japan belegenem Vermögen einer Auslandsgesellschaft) Art. 216 Die Vorschriften der Art. 140, Artt. 142 bis 145 und des Buches II Kapitel VIII Teil 246 werden auf die Gegenstände, die durch Verordnung des Justizministeriums bestimmt werden sollen, nach den gemäß Art. 822 Abs. 3 GesG entsprechend anwendbaren Vorschriften der Art. 482 Abs. 3 Nr. 4 GesG, Art. 489 Abs. 6 Nr. 6, Art. 492 Abs. 1, Art. 536 Abs. 1 Nr. 2, Art. 548 Abs. 1 Nr. 4, Art. 550 Abs. 1, Art. 551 Abs. 1 und 2, Art. 556 Abs. 2, Art. 557 Abs. 1 und Art. 561 entsprechend angewendet, mit Ausnahme derer, deren Natur die Anwendung nicht erlaubt.

IV.

Zivilgesetz47

(Ausländische juristische Personen) Art. 35 (1) Abgesehen von Staaten, staatlichen Verwaltungseinheiten und Handelsgesellschaften wird die Existenz ausländischer juristischer Personen nicht anerkannt. Jedoch gilt dies nicht, wenn durch Gesetz oder Staatsvertrag etwas anderes bestimmt ist. (2) Die nach der Vorschrift des vorigen Absatzes anerkannten ausländischen juristischen Personen besitzen dieselben Privatrechte wie in Japan gegründete juristische Personen der gleichen Art. Jedoch gilt dies nicht für private Rechte, die Ausländer nicht innehaben können, und für private Rechte, für die in Gesetzen oder Staatsverträgen Sonderregelungen bestehen. (Eintragung) Art. 36 Juristische Personen und ausländische juristische Personen sollen gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes oder anderer Gesetze und Verordnungen eingetragen werden. (Eintragung ausländischer juristischer Personen) Art. 37 (1) Hat eine ausländische juristische Person (hier und im Folgenden in diesem Artikel mit Ausnahme der in Art. 35 Abs. 1 S. 2 geregelten juristischen Personen) in Japan eine Geschäftsstelle errichtet, müssen die folgenden Tatsachen innerhalb von drei Wochen am Ort ihrer Geschäftsstelle eingetragen werden: 1. das auf die Gründung der ausländischen juristischen Person anwendbare Recht; 2. der Zweck; 3. der Name; 4. der Sitz der Geschäftsstelle; 5. wenn die Zeitdauer bestimmt ist, diese Bestimmung; 6. Name(n) und Wohnsitz des Vertreters/der Vertreter. (2) Sind bei den im vorigen Absatz aufgeführten Tatsachen Änderungen eingetreten, müssen die Änderungen innerhalb von drei Wochen eingetragen werden. In diesem Fall können diese Änderungen vor der Eintragung Dritten nicht entgegengehalten werden.

46 47

Artt. 152 bis 158 DurchführungsVO zum GesG. Übers. d. Verf.; Minpô, Gesetz Nr. 89/1896 i.d.F. des Gesetzes Nr. 94/2013.

324

Anhang

(3) Wird eine einstweilige Verfügung zur Untersagung der Ausübung von Aufgaben eines Vertreters oder der Bestellung einer Person, die ihn bei Ausübung dieser Aufgaben vertritt, erlassen oder wird eine Entscheidung getroffen, die eine solche einstweilige Verfügung ändert oder aufhebt, muss dies eingetragen werden. In diesem Fall wird S. 2 des vorigen Absatzes entsprechend angewendet. (4) Sind Tatsachen, die gemäß den Vorschriften der vorigen beiden Absätze eingetragen werden sollen, im Ausland eingetreten, beginnt die Eintragungsfrist an dem Tag, an dem die betreffende Mitteilung zugegangen ist. (5) Errichtet eine ausländische juristische Person erstmals eine Geschäftsstelle in Japan, können Dritte die Existenz dieser juristischen Person bis zur Eintragung am Ort ihrer Geschäftsstelle bestreiten. (6) Verlegt eine juristische Person die Geschäftsstelle, muss die Verlegung innerhalb von drei Wochen am früheren Standort, und müssen die in den einzelnen Nummern des Abs. 1 aufgeführten Tatsachen innerhalb von vier Wochen am neuen Standort eingetragen werden. (7) Wird die Geschäftsstelle innerhalb des Zuständigkeitsbereichs derselben Registerbehörde verlegt, ist es ausreichend, nur den Ortswechsel einzutragen. (8) Verabsäumt der Vertreter einer ausländischen juristischen Person eine nach den Vorschriften dieses Artikels vorgeschriebene Eintragung, wird er mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Yen48 bestraft.

48

Umgerechnet ca. 3.530 Euro.

Verzeichnis japanischer Gesetze und VO

325

B. Verzeichnis relevanter japanischer Gesetze und Verordnungen Verzeichnis japanischer Gesetze und VO

I.

Japanisch – Deutsch Mit einem Asterisk ( ⃰ ) markierte Gesetze sind in englischer Übersetzung auf der Homepage des Justizministeriums abrufbar unter .

Japanischer Gesetzesname

Deutsche Übersetzung (Abkürzung in Klammern)

Bengo-shi hô

Rechtsanwaltsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 205/1949 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Chûshô kigyô chôsen shi’en-hô

Gesetz zur Förderung einer Wiederbelebung der wirtschaftlichen Tätigkeit von kleinen und mittelständischen Unternehmen Gesetz Nr. 110/2002

Chûshô kigyô no arata na jigyô katsudô no sokushin ni kansuru hôritsu

Gesetz zur Förderung der Neugründung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen Gesetz Nr. 18/1999 (aufgehoben)

Denpa-hô

Gesetz über die Funkwellen Gesetz Nr. 131/1950 i.d.F. des Gesetzes Nr. 96/2014

Denshi kôkoku kisoku

VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen ⃰ VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011

Fusei kyôsô bôshi-hô

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ⃰ Gesetz Nr. 47/1993 i.d.F. des Gesetzes Nr. 12/2012

Gaikoku kawase oyobi gaikoku bô‘eki-hô

Devisen- und Außenhandelsgesetz (DAHG) ⃰ Gesetz Nr. 228/1949 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014

Gaikoku tôsan shori tetsuzuki no shônin enjo ni kansuru hôritsu

Gesetz über die Anerkennung und Unterstützung ausländischer Insolvenzverfahren ⃰ Gesetz Nr. 129/2000 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74/2011

Ginkô-hô

Bankgesetz ⃰ Gesetz Nr. 59/1981 i.d. f. des Gesetzes Nr. 91/2014

Hasan-hô

Konkursgesetz ⃰ Gesetz Nr. 75/2004 i.d.F. des Gesetzes Nr. 45/2013

326

Anhang Gesetz betreffend die Verfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz Nr. 51/2011

Hishô jiken tetsuzuki-hô

Hô no teki’yô tsûsoku-hô

ni

kansuru

Rechtsanwendungsgesetz (RAG) Gesetz Nr. 78/2006 Dt. Übers. Y. SAKURADA/Y. NISHITANI/E. SCHWITTEK, in: RabelsZ 76 (2012) 86 ff.; IPRax 2007, 560 ff.; Zeitschrift für Japanisches Recht 22 (2006) 269 ff.; Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht 34 (2006) 227 ff.; Das Standesamt 2007, 246-248 (Auszug); engl. Übers. K. ANDERSON/Y. OKUDA, in: Yearbook of Private International Law 2006, 427 ff.; M. DÔGAUCHI U.A., in: Japanese Annual of International Law 50 (2007) 87 ff., auch abgedruckt in BASEDOW/BAUM/NISHITANI (Hrsg.), Japanese and European Private International Law in Comparative Perspective (2008) 405 ff.

Hôjin-zei-hô

Körperschaftssteuergesetz ⃰ Gesetz Nr. 34/1965 i.d.F. des Gesetzes Nr. 72/2014

Hoken-gyô-hô

Versicherungsgewerbegesetz ⃰ Gesetz Nr. 105/1995 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Hôrei

Hôrei Gesetz Nr. 10/1898 (aufgehoben) (ersetzte das gleichnamige, heute Altes Hôrei genannte Gesetz Nr. 97/1890) Dt. Übers. M. SCHMIDT, Die Reform des japanischen Internationalen Privatrechts (1992) 97 ff. (Stand 1989); F. MÜNZEL, Hôrei (IPR-Gesetz) i.d.F. vom 28.6.1989 (Auszug), RabelsZ 54 (1990) 579 ff.; A. MAKAROV, Quellen des internationalen Privatrechts: nationale Kodifikationen (im Institut bearbeitet von Jan Kropholler, Paul Heinrich Neuhaus und Jan Peter Waehler) (3. Aufl. 1978) 148 ff.; K. YAMAUCHI/H. MENKHAUS/F. SATÔ, Rechtsanwendungsgesetz v. 21.6.1898 i.d.F. v. 27.6.1989, in: Internationales Eheund Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht [Japan], BERGMANN/FERID/HENRICH (Hrsg.), Loseblattsammlung 139. Lieferung 2000, 34 ff.

Ippan shadan hôjin oyobi ippan zaidan hôjin ni kansuru hôritsu oyobi kô’eki zaidan hôjin no nintei-tô ni kansuru hôritsu no shikô ni tomonau kankei hôritsu no seibi-tô ni kansuru hôritsu

Gesetz über die Anpassung der von der Umsetzung des Gesetzes über die allgemeine Körperschaft und die allgemeine Stiftung und des Gesetzes über die Anerkennung gemeinnütziger Personen- und Stiftungskörperschaften betroffenen Gesetze Gesetz Nr. 50/2006

Verzeichnis japanischer Gesetze und VO

327

Jôjô kabushiki no giketsu-ken no dairi kôshi no kan’yû ni kansuru naikaku-fu-rei

VO des Kabinettsbüros zum Angebot der Ausübung des Stimmrechts für amtlich notierte Aktien durch einen Vertreter VO Nr. 21/2003 i.d.F. der VO Nr. 22/2009

Kabushiki kaisha no kansa-tô no shôhô no tokurei ni kansuru hôritsu

Gesetz über die Ausnahmen von den Vorschriften des Handelsgesetzes über die Rechnungsprüfung der Aktiengesellschaft (Rechnungsprüfungsgesetz) Gesetz Nr. 22/1974 (aufgehoben)

Kaisha keisan kisoku

RechnungslegungsVO (VO über die Rechnungslegung von Gesellschaften) VO des Justizministeriums Nr. 13/2006 i.d.F. der VO Nr. 16/2013

Kaisha kôsei-hô

Gesellschaftssanierungsgesetz Gesetz Nr. 154/2002 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014 Engl. Übers. bei EHS Law Bulletin Series Vol. II, LZ, Nr. 2350 (Stand 2003)

Kaisha-hô

Gesellschaftsgesetz (GesG) ⃰ Gesetz Nr. 86/2005 i.d.F. des Gesetzes Nr. 90/2014

Kaisha-hô no shikô ni tomonau kankei hôritsu no seibi-tô ni kansuru hôritsu

Ausführungsgesetz zum GesG Gesetz Nr. 87/2005

Kaisha-hô shikô kisoku

DurchführungsVO zum GesG VO des Justizministeriums Nr. 12/2006 i.d.F. der VO Nr. 47/2012

Kin’yû shôhin torihiki-hô

Finanzprodukte- und Börsengesetz (FBG) ⃰ (früher: Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz) Gesetz Nr. 25/1948, neu gefasst durch Gesetz Nr. 65/2006 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Kin’yû shôhin torihiki-hô shikôrei

DurchführungsVO zum Finanzprodukte- und Börsengesetz (FBG) VO des Kabinetts Nr. 321/1965 i.d.F. der VO Nr. 372/2014

Kogitte-hô

Scheckgesetz Gesetz Nr. 57/1933 i.d.F. des Gesetzes Nr. 78/2006 Engl. Übers. bei EHS Law Bulletin Series Vol. II, JC, Nr. 2220 (Stand 2010)

Kôgyô-hô

Bergbaugesetz Gesetz Nr. 289/1950 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014

328

Anhang

Kôkû-hô

Luftverkehrsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 231/1952 i.d.F. des Gesetzes Nr. 70/2014

Kyû-hôrei

Altes Hôrei Gesetz Nr. 97/1890 (aufgehoben) Dt. Übers. T. NIEMEYER, Das internationale Privatrecht im Japanischen Civilgesetzbuch, Zeitschrift für Internationales Privat- und Strafrecht 11 (1902) 197 ff.; engl. Übers. durch W. M. H. KIRKWOOD, abgedruckt in T. KAWAKAMI, Nihon-koku ni okeru kokusai shihô no seisei hatten [Entstehung und Entwicklung des Internationalen Privatrechts in Japan] (Tokyo 1967) 34 ff. sowie bei J. BASEDOW/H. BAUM/Y. NISHITANI, Japanese a and European Private International Law in Comparative Perspective (Tübingen 2008) im Anhang

Kyû-minpô

Altes Zivilgesetz (Altes ZG) Gesetze Nr. 28/1890 und Nr. 98/1890 (aufgehoben) Engl. Übers. in SHIHÔ-SHÔ KIROKU-SHA (Hrsg.), Law of Application of the Laws in General; Civil Code – Book on the Law of Person (Tokyo 1892)

Kyû-shôhô

Altes Handelsgesetz (Altes HG) Gesetz Nr. 32/1890 (aufgehoben) Engl. Übers. SHIHÔ-SHÔ KIROKU-SHA (Hrsg.), Commercial Code (Tokyo 1892)

Minji hozen-hô

Zivilsicherungsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 91/1981 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74/2011

Minji saisei-hô

Zivilsanierungsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 225/1999 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014 Dt. Übers. T. KROHE, Unternehmenssanierungsrecht in Japan (Köln 2002) 259 ff.

Minji saisei kisoku

ZivilsanierungsVO VO des Obersten Gerichtshofs Nr. 3/2000 i.d.F. der VO Nr. 2/2006

Minji soshô-hô

Zivilprozessgesetz (ZPG) ⃰ Gesetz Nr. 109/1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 30/2012 Dt. Übers. C. HEATH/A. PETERSEN, Das japanische Zivilprozeßrecht (Tübingen 2002); H. NAKAMURA/B. HUBER, Die japanische ZPO in deutscher Sprache (Köln 2006)

Minji soshô-hô oyobi minji hozen-hô no ichibu o kaisei suru hôritsu

Gesetz zur teilweisen Änderung des Zivilprozessgesetzes und des Zivilsicherungsgesetzes Gesetz Nr. 36/2011

Verzeichnis japanischer Gesetze und VO

329

Dt. Übers. Y. NISHITANI, ZJapanR 33 (2012) 205–213, auch abgedruckt in IPRax 2013, 298–301. Engl. Übers. M. DÔGAUCHI, Japanese Yearbook of International Law 54 (2011) 723 ff.; Y. OKUDA, Yearbook of Private International Law 13 (2011) 369 ff.; K. TAKAHASHI, Japanese Yearbook of Private International Law 13 (2011) 147 ff. Minpô

Ryôji-kan no kansuru hôritsu

Zivilgesetz (ZG) ⃰ Seit 2004 zusammengeführt im Gesetz Nr. 89/1896 i.d.F. des Gesetzes Nr. 94/2013, ursprünglich Gesetze Nr. 89/1896 und Nr. 91/1898 (ersetzten die gleichnamigen, heute Altes Zivilgesetz genannten Gesetze Nr. 28/1890 und Nr. 98/1890) Dt. Übers. A. KAISER, Das japanische Zivilgesetzbuch in deutscher Sprache (Köln 2008) (Stand 2008); A. ISHIKAWA/I. LEETSCH, Das japanische BGB in deutscher Sprache (Köln u.a. 1985); K. VOGT, Japanisches bürgerliches Gesetzbuch (3. Aufl. Tokyo 1956; 2. Aufl. Tokyo 1937/1938; 1. Aufl. Berlin 1927); H. LÖNHOLM, Das Bürgerliche Gesetzbuch für Japan (Tokyo 1896 und 1898) shokumu

ni

Gesetz über die Aufgaben von Konsulaten Gesetz Nr. 70/1899 (aufgehoben)

Sangyô katsuryoku no saisei oyobi sangyô katsudô no kakushin ni kansuru tokubetsu sochi-hô

Sondermaßnahmegesetz zur Wiederherstellung der Wirtschaftskraft und Erneuerung der wirtschaftlichen Aktivität Gesetz Nr. 131/1999 i.d.F. des Gesetzes Nr. 98/2013

Shisan no ryûdô-ka ni kansuru hôritsu

Verbriefungsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 105/1998 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Shiteki dokusen no kinshi oyobi kôsei torihiki no kakuho ni kansuru hôritsu

Antimonopolgesetz (Gesetz über das Verbot privater Monopolisierung und die Sicherung des freien und lauteren Wettbewerbs) ⃰ Gesetz Nr. 54/1947 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014 Dt. Übers. bei H.IYORI/A. UESUGI/C. HEATH, Das japanische Kartellrecht (2. Aufl. Köln 1994) 225 ff. (Stand 1992)

Shôgyô tôki-hô

Handelsregistergesetz ⃰ Gesetz Nr. 185/1963 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Shôgyô tôki kisoku

HandelsregisterVO VO des Justizministeriums Nr. 23/1964 i.d.F. der VO Nr. 33/2014

330

Anhang

Shôhô

Handelsgesetz (HG) Gesetz Nr. 48/1899 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014 (ersetzte das gleichnamige, heute „Altes Handelsgesetz“ (Kyû-shôhô) genannte Gesetz Nr. 32/1890) Dt. Übers. O. KLIESOW/U. EISELE/M. BÄLZ, Das japanische Handelsgesetz (Köln 2002) (Stand 2001); A. ISHIKAWA/I. LEETSCH, Das japanische Handelsrecht in deutscher Übersetzung (Köln u.a. 1988); K. VOGT, Handelsgesetzbuch für Japan (Tokyo 3. Aufl. 1940; 2. Aufl. 1927); engl. Übers. bei EHS Law Bulletin Series Vol. II, JA, Nr. 2200 (Stand 2009)

Sozei tokubetsu sochi-hô

Gesetz über spezielle Steuermaßnahmen ⃰ Gesetz Nr. 26/1957 i.d.F. des Gesetzes 91/2014

Tegata-hô

Wechselgesetz Gesetz Nr. 20/1932 i.d.F. des Gesetzes Nr. 78/2006 Engl. Übers. bei EHS Law Bulletin Series Vol. II, JB, Nr. 2210 (Stand 2010)

Tôroku menkyo-zei hô

Gesetz über die Gebühren für Eintragungen und Zulassungen Gesetz Nr. 27/1896, neu gefasst durch Gesetz Nr. 35/1967 i.d.F. des Gesetzes Nr. 92/2014

Tôshi jigyô yûgen seki’nin kumi’ai kei’yaku ni kansuru hôritsu

Gesetz betreffend solche Gesellschaftsverträge, die für Treuhandunternehmen die Haftung beschränken ⃰ Gesetz Nr. 90/1998 i.d. f. des Gesetzes Nr. 74/2011

Yûgen kaisha-hô

Gesetz über die GmbH (GmbH-Gesetz) Gesetz Nr. 74/1938 (aufgehoben)

Yûgen seki‘nin jigyô kumi‘ai kei‘yaku ni kansuru hôritsu

Gesetz über die LLP ⃰ Gesetz Nr. 40/2005 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74/2011

Verzeichnis japanischer Gesetze und VO

II.

331

Deutsch – Japanisch Mit einem Asterisk ( ⃰ ) markierte Gesetze sind in englischer Übersetzung auf der Homepage des Justizministeriums abrufbar unter .

Deutsche Übersetzung (Abkürzung in Klammern)

Japanischer Gesetzesname

Altes Handelsgesetz (Altes HG) Gesetz Nr. 32/1890 (aufgehoben) Engl. Übers. SHIHÔ-SHÔ KIROKU-SHA (Hrsg.), Commercial Code (Tokyo 1892)

Kyû-shôhô

Altes Hôrei Gesetz Nr. 97/1890 (aufgehoben) Dt. Übers. T. NIEMEYER, Das internationale Privatrecht im Japanischen Civilgesetzbuch, Zeitschrift für Internationales Privat- und Strafrecht 11 (1902) 197 ff.; engl. Übers. durch W. M. H. KIRKWOOD, abgedruckt in T. KAWAKAMI, Nihon-koku ni okeru kokusai shihô no seisei hatten [Entstehung und Entwicklung des Internationalen Privatrechts in Japan] (Tokyo 1967) 34 ff. sowie bei J. BASEDOW/H. BAUM/Y. NISHITANI, Japanese and European Private International Law in Comparative Perspective (Tübingen 2008) im Anhang.

Kyû-hôrei

Altes Zivilgesetz (Altes ZG) Gesetze Nr. 28/1890 und Nr. 98/1890 (aufgehoben) Engl. Übers. in SHIHÔ-SHÔ KIROKU-SHA (Hrsg.), Law of Application of the Laws in General; Civil Code – Book on the Law of Person (Tokyo 1892)

Kyû-minpô

Antimonopolgesetz (Gesetz über das Verbot privater Monopolisierung und die Sicherung des freien und lauteren Wettbewerbs) ⃰ Gesetz Nr. 54/1947 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014 Dt. Übers. bei H.IYORI/A. UESUGI/C. HEATH, Das japanische Kartellrecht (2. Aufl. Köln 1994) 225 ff. (Stand 1992)

Shiteki dokusen no kinshi oyobi kôsei torihiki no kakuho ni kansuru hôritsu

Ausführungsgesetz zum GesG Gesetz Nr. 87/2005

Kaisha-hô no shikô ni tomonau kankei hôritsu no seibi-tô ni kansuru hôritsu

332 Bankgesetz ⃰ Gesetz Nr. 59/1981 Nr. 91/2014

Anhang

Ginkô-hô i.d. f.

des

Gesetzes

Bergbaugesetz Gesetz Nr. 289/1950 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014

Kôgyô-hô

Devisen- und Außenhandelsgesetz (DAHG) ⃰ Gesetz Nr. 228/1949 i.d.F. des Gesetzes Nr. 69/2014

Gaikoku kawase oyobi gaikoku bô‘eki-hô

DurchführungsVO zum Finanzprodukte- und Börsengesetz (FBG) VO des Kabinetts Nr. 321/1965 i.d.F. der VO Nr. 372/2014

Kin’yû shôhin torihiki-hô shikô-rei

DurchführungsVO zum GesG VO des Justizministeriums Nr. 12/2006 i.d.F. der VO Nr. 47/2012

Kaisha-hô shikô kisoku

Finanzprodukte- und Börsengesetz (FBG) ⃰ (früher: Wertpapierbörsen- und Wertpapierhandelsgesetz) Gesetz Nr. 25/1948, neu gefasst durch Gesetz Nr. 65/2006 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Kin’yû shôhin torihiki-hô

Gesellschaftsgesetz (GesG) ⃰ Gesetz Nr. 86/2005 i.d.F. Nr. 90/2014

Kaisha-hô des

Gesetzes

Gesellschaftssanierungsgesetz Gesetz Nr. 154/2002 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014 Engl. Übers. bei EHS Law Bulletin Series Vol. II, LZ, Nr. 2350 (Stand 2003)

Kaisha kôsei-hô

Gesetz betreffend die Verfahren in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Gesetz Nr. 51/2011

Hishô jiken tetsuzuki-hô

Gesetz betreffend solche Gesellschaftsverträge, die für Treuhandunternehmen die Haftung beschränken ⃰ Gesetz Nr. 90/1998 i.d. f. des Gesetzes Nr. 74/2011

Tôshi jigyô yûgen seki’nin kumi’ai kei’yaku ni kansuru hôritsu

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ⃰

Fusei kyôsô bôshi-hô

Verzeichnis japanischer Gesetze und VO Gesetz Nr. 47/1993 Nr. 12/2012

i.d.F.

des

333

Gesetzes

Gesetz über die Anerkennung und Unterstützung ausländischer Insolvenzverfahren ⃰ Gesetz Nr. 129/2000 i.d.F. des Gesetzes Nr. 74/2011

Gaikoku tôsan shori tetsuzuki no shônin enjo ni kansuru hôritsu

Gesetz über die Anpassung der von der Umsetzung des Gesetzes über die allgemeine Körperschaft und die allgemeine Stiftung und des Gesetzes über die Anerkennung gemeinnütziger Personen- und Stiftungskörperschaften betroffenen Gesetze Gesetz Nr. 50/2006

Ippan shadan hôjin oyobi ippan zaidan hôjin ni kansuru hôritsu oyobi kô’eki zaidan hôjin no nintei-tô ni kansuru hôritsu no shikô ni tomonau kankei hôritsu no seibi-tô ni kansuru hôritsu

Gesetz über die Aufgaben von Konsulaten Gesetz Nr. 70/1899 (aufgehoben)

Ryôji-kan no shokumu ni kansuru hôritsu

Gesetz über die Funkwellen Gesetz Nr. 131/1950 i.d.F. des Gesetzes Nr. 96/2014

Denpa-hô

Gesetz über die Gebühren für Eintragungen und Zulassungen, Gesetz Nr. 27/1896, neu gefasst durch Gesetz Nr. 35/1967 i.d.F. des Gesetzes Nr. 92/2014

Tôroku menkyo-zei hô

Gesetz über die GmbH (GmbH-Gesetz) Gesetz Nr. 74/1938 (aufgehoben)

Yûgen kaisha-hô

Gesetz über die LLP ⃰ Gesetz Nr. 40/2005 Nr. 74/2011

Yûgen seki‘nin jigyô kumi‘ai kei‘yaku ni kansuru hôritsu

i.d.F.

des

Gesetzes

Gesetz über spezielle Steuermaßnahmen ⃰ Gesetz Nr. 26/1957 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Sozei tokubetsu sochi-hô

Gesetz zur Förderung der Neugründung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen Gesetz Nr. 18/1999 (aufgehoben)

Chûshô kigyô no arata na jigyô katsudô no sokushin ni kansuru hôritsu

Gesetz zur Förderung einer Wiederbelebung der wirtschaftlichen Tätigkeit von kleinen und mittelständischen Unternehmen Gesetz Nr. 110/2002

Chûshô kigyô chôsen shi’en-hô

Gesetz zur teilweisen Änderung des Zivilpro-

Minji soshô-hô oyobi minji hozen-hô no

334

Anhang

zessgesetzes und des Zivilsicherungsgesetzes Gesetz Nr. 36/2011 Dt. Übers. Y. NISHITANI, ZJapanR 33 (2012) 205–213, auch abgedruckt in IPRax 2013, 298–301. Engl. Übers. M. DÔGAUCHI, Japanese Yearbook of International Law 54 (2011) 723 ff.; Y. OKUDA, Yearbook of Private International Law 13 (2011) 369 ff.; K. TAKAHASHI, Japanese Yearbook of Private International Law 13 (2011) 147 ff.

ichibu o kaisei suru hôritsu

Handelsgesetz (HG) Gesetz Nr. 48/1899 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014 (ersetzte das gleichnamige, heute Altes Handelsgesetz genannte Gesetz Nr. 32/1890) Dt. Übers. O. KLIESOW/U. EISELE/M. BÄLZ, Das japanische Handelsgesetz (Köln 2002) (Stand 2001); A. ISHIKAWA/I. LEETSCH, Das japanische Handelsrecht in deutscher Übersetzung (Köln u.a. 1988); K. VOGT, Handelsgesetzbuch für Japan (Tokyo 3. Aufl. 1940; 2. Aufl. 1927); engl. Übers. bei EHS Law Bulletin Series Vol. II, JA, Nr. 2200 (Stand 2009)

Shôhô

Handelsregistergesetz ⃰ Gesetz Nr. 185/1963 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Shôgyô tôki-hô

HandelsregisterVO VO des Justizministeriums Nr. 23/1964 i.d.F. der VO Nr. 33/2014

Shôgyô tôki kisoku

Hôrei Gesetz Nr. 10/1898 (aufgehoben) (ersetzte das gleichnamige, heute Altes Hôrei genannte Gesetz Nr. 97/1890) Dt. Übers. M. SCHMIDT, Die Reform des japanischen Internationalen Privatrechts (1992) 97 ff. (Stand 1989); f. MÜNZEL, Hôrei (IPR-Gesetz) i.d.F. vom 28.6.1989 (Auszug), RabelsZ 54 (1990) 579 ff.; A. MAKAROV, Quellen des internationalen Privatrechts: nationale Kodifikationen (im Institut bearbeitet von Jan Kropholler, Paul Heinrich Neuhaus und Jan Peter Waehler) (3. Aufl. 1978) 148 ff.; K. YAMAUCHI/H. MENKHAUS/F. SATÔ, Rechtsanwendungsgesetz v. 21.6.1898 i.d.F.

Hôrei

Verzeichnis japanischer Gesetze und VO

335

v. 27.6.1989, in: Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht [Japan], BERGMANN/FERID/HENRICH (Hrsg.), Loseblattsammlung 139. Lieferung 2000, 34 ff. Konkursgesetz ⃰ Gesetz Nr. 75/2004 Nr. 45/2013

Hasan-hô i.d.F.

des

Gesetzes

Körperschaftssteuergesetz ⃰ Gesetz Nr. 34/1965 i.d.F. Nr. 72/2014

des

Gesetzes

Hôjin-zei-hô

Luftverkehrsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 231/1952 i.d.F. des Gesetzes Nr. 70/2014

Kôkû-hô

RechnungslegungsVO (VO über die Rechnungslegung von Gesellschaften) VO des Justizministeriums Nr. 13/2006 i.d.F. der Verordnung Nr. 16/2013

Kaisha keisan kisoku

Rechnungsprüfungsgesetz (Gesetz über die Ausnahmen von den Vorschriften des Handelsgesetzes über die Rechnungsprüfung der Aktiengesellschaft) Gesetz Nr. 22/1974 (aufgehoben)

Kabushiki kaisha no kansa-tô no shôhô no tokurei ni kansuru hôritsu

Rechtsanwaltsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 205/1949 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Bengo-shi hô

Rechtsanwendungsgesetz (RAG) Gesetz Nr. 78/2006 Dt. Übers. Y. SAKURADA/Y. NISHITANI/E. SCHWITTEK, in: RabelsZ 76 (2012) 86 ff.; IPRax 2007, 560 ff.; Zeitschrift für Japanisches Recht 22 (2006) 269 ff.; Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht 34 (2006) 227 ff.; Das Standesamt 2007, 246-248 (Auszug); engl. Übers. K. ANDERSON/Y. OKUDA, in: Yearbook of Private International Law 2006, 427 ff.; M. DÔGAUCHI U.A., in: Japanese Annual of International Law 50 (2007) 87 ff., auch abgedruckt in BASEDOW/BAUM/NISHITANI (Hrsg.), Japanese and European Private International Law in Comparative Perspective

Hô no teki’yô ni kansuru tsûsoku-hô

336

Anhang

(2008) 405 ff. Scheckgesetz Gesetz Nr. 57/1933 i.d.F. des Gesetzes Nr. 78/2006 Engl. Übers. bei EHS Law Bulletin Series Vol. II, JC, Nr. 2220 (Stand 2010)

Kogitte-hô

Sondermaßnahmegesetz zur Wiederherstellung der Wirtschaftskraft und Erneuerung der wirtschaftlichen Aktivität Gesetz Nr. 131/1999 i.d.F. des Gesetzes Nr. 98/2013

Sangyô katsuryoku no saisei oyobi sangyô katsudô no kakushin ni kansuru tokubetsu sochi-hô

Verbriefungsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 105/1998 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Shisan no ryôdô-ka ni kansuru hôritsu

Versicherungsgewerbegesetz ⃰ Gesetz Nr. 105/1995 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014

Hoken-gyô-hô

VO bezüglich elektronischer Veröffentlichungen ⃰ VO des Justizministeriums Nr. 14/2006 i.d.F. der VO Nr. 39/2011

Denshi kôkoku kisoku

VO des Kabinettsbüros zum Angebot der Ausübung des Stimmrechts für amtlich notierte Aktien durch einen Vertreter VO Nr. 21/2003 i.d.F. der VO Nr. 22/2009

Jôjô kabushiki no giketsu-ken no dairi kôshi no kan’yû ni kansuru naikaku-furei

Wechselgesetz Gesetz Nr. 20/1932 i.d.F. des Gesetzes Nr. 78/2006 Engl. Übers. bei EHS Law Bulletin Series Vol. II, JB, Nr. 2210 (Stand 2010)

Tegata-hô

Zivilgesetz (ZG) ⃰ Seit 2004 zusammengeführt im Gesetz Nr. 89/1896 i.d.F. des Gesetzes Nr. 94/2013, ursprünglich Gesetze Nr. 89/1896 und Nr. 91/1898 (ersetzten die gleichnamigen, heute Altes Zivilgesetz genannten Gesetze Nr. 28/1890 und Nr. 98/1890) Dt. Übers. A. KAISER, Das japanische Zivilgesetzbuch in deutscher Sprache (Köln 2008) (Stand 2008); A. ISHIKAWA/I. LEETSCH, Das japanische BGB in deutscher Sprache (Köln

Minpô

Verzeichnis japanischer Gesetze und VO u.a. 1985); K. VOGT, Japanisches bürgerliches Gesetzbuch (3. Aufl. Tokyo 1956; 2. Aufl. Tokyo 1937/1938; 1. Aufl. Berlin 1927); H. LÖNHOLM, Das Bürgerliche Gesetzbuch für Japan (Tokyo 1896 und 1898) Zivilprozessgesetz (ZPG) ⃰ Gesetz Nr. 109/1996 i.d.F. des Gesetzes Nr. 30/2012 Dt. Übers. C. HEATH/A. PETERSEN, Das japanische Zivilprozeßrecht (Tübingen 2002); H. NAKAMURA/B. HUBER, Die japanische ZPO in deutscher Sprache (Köln 2006)

Minji soshô-hô

Zivilsanierungsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 225/1999 i.d.F. des Gesetzes Nr. 91/2014 Dt. Übers. T. KROHE, Unternehmenssanierungsrecht in Japan (Köln 2002) 259 ff.

Minji saisei-hô

ZivilsanierungsVO VO des Obersten Gerichtshofs Nr. 3/2000 i.d.F. der VO Nr. 2/2006

Minji saisei kisoku

Zivilsicherungsgesetz ⃰ Gesetz Nr. 91/1981 i.d.F. Nr. 74/2011

Minji hozen-hô des

Gesetzes

337

338

Anhang

C. Übersicht über relevante Staatsverträge Japans49 Argentinien: Yûkô tsûshô kôkai jô’yaku [Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 16 vom 20. September 1967. Äthiopien: Yûkô jô’yaku [Freundschaftsvertrag], Staatsvertrag Nr. 8 vom 10. Mai 1958. Australien: Yûkô kyôryoku kihon jô’yaku [Freundschafts- und KooperationsGrundlagenvertrag], Staatsvertrag Nr. 3 vom 28. Juli 1977. Bangladesch: Shihon no sokushin oyobi hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen], Staatsvertrag Nr. 8 vom 28. Juli 1999. Benelux: Tsûshô ni kansuru kyôtei [Handelsabkommen], Staatsvertrag Nr. 2 vom 10. April 1962. Birma: Keizai oyobi gijutsu kyôryoku ni kansuru kyôtei [Abkommen über Wirtschaft und technische Zusammenarbeit], Staatsvertrag Nr. 32 vom 25. Oktober 1963. Bulgarien: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsabkommen], Staatsvertrag Nr. 18 vom 1. August 1970. Chile: Senryakuteki na keizai-jô no renkei ni kansuru kyôtei [Abkommen zur strategischen und finanziellen Zusammenarbeit], Staatsvertrag Nr. 8 vom 14. August 2007. China: Bô’eki ni kansuru kyôtei [Handelsabkommen], Staatsvertrag Nr. 4 vom 15. Juni 1974. China: Heiwa yûkô jô’yaku [Friedens- und Freundschaftsvertrag], Staatsvertrag Nr. 19 vom 23. Oktober 1978. China: Tôshi no shôrei oyobi sôgo hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Investitionsförderung und zur gegenseitigen Unterstützung], Staatsvertrag Nr. 3 vom 12. Mai 1989. Dänemark: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 14 vom 6. Mai 1912. Deutschland: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag vom 20. Juli 1927, RGBl. II S. 1087. EU: Sôgo shônin ni kansuru kyôtei [Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung], Staatsvertrag Nr. 11 vom 30. November 2001. Frankreich: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 13 vom 29. Februar 1912. Finnland: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 6 vom 28. Oktober 1926. Griechenland: Shôkô tsûshô kôkai jô’yaku [Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag], Kaiserlicher Erlass vom 12. Oktober 1899. Grossbritannien und Nordirland: Tsûshô kyojû oyobi kôkai jô’yaku [Handels-, Niederlassungs- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 17 vom 22. April 1963. Hongkong: Tôshi no sokushin oyobi hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen], Staatsvertrag Nr. 7 vom 18. Juni 1997. Indonesien: Yûkô tsûshô jô’yaku [Freundschafts- und Handelsvertrag], Staatsvertrag Nr. 2 vom 2. März 1963. 49 Siehe zur Auslegung der Verträge die Ausführungen oben im Dritten Teil, A.I.2.b.iv. Für einige der Verträge sind zweisprachige Textfassungen auf der Homepage des japanischen Außenministeriums unter zu finden.

Übersicht über Staatsverträge Japans

339

Indonesien: Keizai-jô no renkei ni kansuru kyôtei [Abkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit], Staatsvertrag Nr. 2 vom 5. Juni 2008. Kambodscha: Yûkô jô’yaku [Freundschaftsvertrag], Staatsvertrag Nr. 18 vom 21. August 1956. Kambodscha: Tôshi no ji’yû-ka, sokushin oyobi hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Liberalisierung, Förderung und zum Schutz von Investitionen], Staatsvertrag Nr. 7 vom 7. Juli 2008. Laos: Tôshi no ji’yû-ka, sokushin oyobi hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Liberalisierung, Förderung und zum Schutz von Investitionen], Staatsvertrag Nr. 9 vom 9. Juli 2008. Mexiko: Keizai-jô no renkei no kyôka ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Stärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit], Staatsvertrag Nr. 8 vom 4. März 2005. Mongolei: Tôshi no sokushin oyobi hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen], Staatsvertrag Nr. 2 vom 27. Februar 2002. Niederlande: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 8 vom 9. Oktober 1913. Norwegen: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 18 vom 14. Oktober 1957. Pakistan: Yûkô tsûshô jô’yaku [Freundschafts- und Handelsvertrag], Staatsvertrag Nr. 16 vom 18. August 1961. Pakistan: Tôshi no sokushin oyobi hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen], Staatsvertrag Nr. 3 vom 10. Mai 2002. Philippinen: Yûkô tsûshô kôkai jô’yaku [Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 23 vom 12. Juli 1980. Rumänien: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 17 vom 15. Juli 1970. Russland: Tôshi no sokushin oyobi hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur Förderung und zum Schutz von Investitionen], Staatsvertrag Nr. 3 vom 1. Mai 2000. Schweden: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 5 vom 12. Juli 1911. Schweiz: Kyojû tsûshô jôy‘aku [Niederlassungs- und Handelsvertrag], Staatsvertrag Nr. 14 vom 20. Dezember 1911. Singapur: Aratana jidai ni okeru keizai-jô no renkei ni kansuru kyôtei [Abkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit in der Moderne], Staatsvertrag Nr. 16 vom 12. November 2002. Sowjetunion: Tsûshô jô’yaku [Handelsvertrag], Staatsvertrag Nr. 7 vom 9. Mai 1958. Spanien: Shûkô kôtsû jô’yaku [Freundschafts- und Verkehrsabkommen], Staatsvertrag Nr. 4 vom 10. Juli 1915. Spanien: Tokubetsu tsûshô jô’yaku [Sonderhandelsvertrag], Staatsvertrag vom 30. März 1901. Südostasien: Tônan ajia ni okeru yûkô kyôryoku jô’yaku [Südostasiatischer Freundschaftsund Kooperationsvertrag], Staatsvertrag Nr. 7 vom 2. Juli 2007. Thailand: Keizai-jô no renkei ni kansuru kyôtei [Abkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit], Staatsvertrag Nr. 14 vom 12. Oktober 2007. Türkei: Tôshi no sôgo sokushin oyobi sôgo hogo ni kansuru kyôtei [Abkommen zur gegenseitigen Förderung und zum gegenseitigen Schutz von Investitionen], Staatsvertrag Nr. 2 vom 23. Februar 1993. Türkei: Tsûshô kôkai jô’yaku [Handels- und Schifffahrtsvertrag], Staatsvertrag Nr. 1 vom 26. März 1934.

340

Anhang

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Verzeichnis japanischer Gerichtsentscheidungen

341

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342

Anhang

DG Tokyo, 16. Dezember 1991, Kin’yû Shôji Hanrei 903, 39. (Engl. Übers. ). DG Tokyo, 28. Januar 1992, Hanrei Jihô 1437 (1993) 122 ff. DG Tokyo, 30. März 1998; Hanrei Jihô 1658 (1999) 117. DG Tokyo, 26. März 1999, Hanrei Jihô 1691 (2000) 3. DG Tokyo, 28. September 2001, Hanrei Taimuzu 1140, 227. OG Tokyo, 30. Januar 2002, Hanrei Jihô 1797 (2002) 27. Vorinstanz: DG Tokyo, 20. Juni 2001, Hanrei Jihô 1797 (2002) 36. DG Tokyo, 20. Juli 2007, Aktenzeichen Heisei-18 (wa) 20453-gô (erhältlich auf Westlaw Japan) DG Toyko, 30. September 2010, Hanrei Jihô 2097 (2011) 77.

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Sachverzeichnis Abwehrmaßnahmen (Anknüpfung) 275–278 Aktienausgabe (Anknüpfung) 227–229 Aktientausch (Anknüpfung) 268 Aktienübertragung (Anknüpfung) 227–229, 268 allgemeine Rechtsfähigkeit (Anknüpfung) 199–205 Altes Hôrei (Kyû-hôrei) 23–24, 84 Anerkennung ausländischer juristischer Personen  Auslandsgesellschaft (gaikoku kaisha) 144–145  Belgien 86  Definition „ausländisch“ 143  deklarative 141  dogmatische Einordnung 140–142  durch Gesetz 145  durch Staatsvertrag 145–147  England 104–105  Folge Nichtanerkennung 148–149  früheres Verständnis (Japan) 132–140  Handelsgesellschaften 138–139  heutiges Verständnis (Japan) 140–151  im Alten ZG 84, 88–90, 132–133  Japan 131–151  juristische Person 143  Kritik an Art. 35 ZG 150–151  nach Art. 35 ZG 140–151  nach Art. 36 ZG a.F. 133–140  Nichtanerkennung internationaler juristischer Personen 147  Nichtanerkennung nichtwirtschaftlicher juristischer Personen 137, 148

 Reichweite Rechtsfähigkeit 149–150  romanischer Rechtskreis 104  Staaten 137–138, 144  territorialistisches Verständnis der juristischen Person 132–140  USA 104 Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts  Abgrenzung zum Deliktsstatut 248–251  Abgrenzung zum Insolvenzstatut 255–263  Abwehrmaßnahmen 275–278  Aktienausgabe 227–229  Aktientausch 268  Aktienübertragung 227–229, 268  allgemeine Rechtsfähigkeit 199–205  Auflösung 253–254  Außenbeziehungen der Gesellschaft 195  besondere Rechtsfähigkeit 205–206  Deliktsfähigkeit 248–249  Durchgriff 239–248  Geschäftsfähigkeit 207–213  Gesellschafterhaftung gegenüber Dritten 239–248  Gesellschaftervereinbarungen 230  Gesellschaftsorgane 227  Gründung 197–198  Gründungsverfahren 198  Gründungsvoraussetzungen 198  Gründungsvorvertrag 197–198  Haftung faktischer Geschäftsführer 237  Haftung Organpersonen 230–239  Haftung Verwaltungsrat (torishimari-yaku) 231–237

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Sachverzeichnis

 Innenbeziehungen der Gesellschaft 195–196  innere Verfassung 226–230  Insolvenz – Haftung 260–262  Insolvenz – Nachrang Gesellschafterforderungen 262–263  Kapitalaufbringung 227–229  Konzern 278–290  Liquidation 253–255  Mitgliedschaft 227–229  öffentliche Übernahme 271–278  öffentliche Übernahme Durchführung 274–275  öffentliches Erwerbsangebot 272–274  Parteifähigkeit 213–226  Prozessfähigkeit 213–218, 224–226  quasideliktische Tatbestände 249–250  Rechnungslegung 251–253  Sanierungsplan 259–260  Sanierungsverfahren 257–260  Sanierungsverwalter Verwaltungsund Verfügungsrecht 258–259  Satzung 227–229  Scheckfähigkeit 206  Sitzverlegung 264–265  Spaltung 269  Umstrukturierung 265–269  unternehmerische Mitbestimmung 229  Verschmelzung 265–268  Wechselfähigkeit 206 Auflösung (Anknüpfung) 253–254 Auslandsgesellschaft (gaikoku kaisha)  Anordnung Handelsverbot für 188–190  Anordnung Schließung Niederlassung für 188–190  Anordnung Vermögensliquidation für 190–191  Anwendbarkeit des GesG auf 159–160  Art. 2 Nr. 2 GesG 155–159  Definition heute 155–159  Definition vor Erlass GesG 154–155  Eintragungspflicht (GesG) 164–167  gerichtliche Anordnungen 188–191

 Rechtsfolgen aus Einordnung als 159–160  sachrechtliche Anwendbarkeit Art. 429 GesG 238–239 auslandskontrollierte Unternehmen (Anzahl in Japan) 10–11 besondere Rechtsfähigkeit (Anknüpfung) 205–206 BGH-Rechtsprechung  Überseering 67–68 Boissonade de Fontarabie, Gustave Emile 23 Cadbury Schweppes 72 Cartesio 64  obiter dictum 76 Centros 66–67 chûzai-in jimu-sho, siehe Repräsentanzbüro Daily Mail 64 dauerhaftes Handeltreiben einer Auslandsgesellschaft (torihiki o keizoku shite suru) 166, 187 Deliktsfähigkeit (Anknüpfung) 248–249 Deliktsstatut – Abgrenzung zum Gesellschaftsstatut 248–251 Drittstaatengesellschaften, Umgang mit 79–80 Durchgriff (Anknüpfung) 239–248 Egashira, Kenjirô 241 eigyô-sho, siehe Niederlassung Eingriffsnorm (zettai teki kyôkô hôki) 31, 228, 281 Eintragung (GesG)  Antrag 168  Art der Veröffentlichung 172–173  Bußgeld bei Nichteintragung 167  Datum der Errichtung der Niederlassung 173  Eintragungstatsachen 170–173  Firma 171  Frist 168–169  Frist bei Änderungen 170  Gebühren 170  Gründungsdatum 173

Sachverzeichnis  Gründungsrecht 172  Haftung der Auslandsgesellschaft bei Nichteintragung 166–167  Hauptniederlassung (honten) 171  Pflicht zur 164–167  Rechtsfolgen bei Nichteintragung 167  Verfahren 167–170  Vertreter in Japan 172  Zweck (mokuteki) 171–172  Zweigniederlassung(en) (shiten) 171 Eintragung gemäß Art. 37 i.V.m. Art. 36 ZG 151–153 EU-Auslandsgesellschaften (Deutschland)  Grundrechtsschutz 71  Umgang mit 63–73 EuGH-Rechtsprechung 63–78  Cadbury Schweppes 72  Cartesio 64, 76  Centros 66–67  Daily Mail 64  Inspire Art 71, 69–71  National Grid Indus 73–75  Segers 64, 65  Überseering 64, 68, 70  Vale Építési 72, 77–78  Wegzug 64–65, 73–78  zu Formwechsel 77–78  Zuzug 64–73 feindliche Übernahmen – Diskussion in Japan 18 Fiktionstheorie 84, 89–90, 134 Formwechsel, grenzüberschreitend 77–78 Fremdenrecht (gaikoku(-jin)-hô)  Anerkennung (Art. 35 ZG) 140–142  Anordnung Handelsverbot (Art. 827 GesG) 188–190  Anordnung Schließung Niederlassung (Art. 827 GesG) 188–190  Anordnung Vermögensliquidation (Art. 822 GesG) 190–191  Art. 17 Bergbaugesetz 191  Art. 4 Luftverkehrsgesetz 192

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 Art. 5 Gesetz über die Funkwellen 192  DAHG 192–193  Definition 131  Definition Auslandsgesellschaft (Art. 2 Nr. 2 GesG) 155–160  Eintragung (Art. 37 ZG) 151–153  Eintragungspflicht (Art. 818 GesG) 164–167  spezialgesetzliches 191–193  Veröffentlichung der Bilanz (Art. 819 GesG) 173–175  Vertreter in Japan (Art. 817 GesG) 160–164  Vorschrift zu Scheinauslandsgesellschaften (Art. 821 GesG) 176–188 Fujita, Tomotaka 231 gaijin-hô, siehe Fremdenrecht gaikoku kaisha, siehe Auslandsgesellschaft gaikoku-jin-hô, siehe Fremdenrecht Gebhard’sche Entwürfe 25, 45, 87 Geschäftsfähigkeit (Anknüpfung) 207–213 Geschäftsstelle (jimu-sho) 151–152 Geschöpf-Theorie 73 Gesellschaft Definition (GesG) 156 Gesellschafterhaftung gegenüber Dritten (Anknüpfung) 239–248 Gesellschaftervereinbarungen (Anknüpfung) 230 Gesellschaftsgesetz  Art. 2 Nr. 2 155–160  Art. 821 178–188  Art. 822 190–191  Art. 827 188–190  Artt. 817, 820 160–164  Artt. 818, 933 173–175  Artt. 818, 979 164–167 Gesellschaftsorgane (Anknüpfung) 227 Gesellschaftsrecht (Japan) 31–41  Abschaffung Mindestgrundkapital 34–38  Deregulierung 33–38  Gesellschaftsformen 40  GesG 38–41  Gläubigerschutz 33

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 HG 31–33  Internationalisierung 33–38  Konzernrecht 40  Umwandlung 41 GesG 38–41 giji gaikoku kaisha, siehe Scheinauslandsgesellschaft Gründung (Anknüpfung) 197–198 Gründungstheorie  als h.M. in Japan 92  Anknüpfungsmoment 94–95  Ausprägungen 94  common law 80–82, 103, 104–105, 128  deutscher Referentenentwurf 109–117  dogmatische Grundlage (Japan) 96–98  England 80–82, 103, 104–105, 128  Entwicklung in Japan 82–91  Italien 104, 105–106  japanische Literatur 92  japanische Rechtsprechung 92–93  japanische Regelungsentwürfe 110, 117–126  Korea 104, 105–106  Niederlande 103  Pro und Contra 96–100  Rechtsfolgen 95–96  Schweiz 102  territorialistisches Verständnis der juristischen Person 83–90  Überwindung des territorialistischen Verständnisses 90–91  Ursprung 80–82  Urteil des OGH 92–93 Gründungsverfahren (Anknüpfung) 198 Gründungsvoraussetzungen (Anknüpfung) 198 Gründungsvorvertrag (Anknüpfung) 197–198 Haftung faktischer Geschäftsführer (Anknüpfung) 237 Haftung Organpersonen (Anknüpfung) 230–239 Haftung Verwaltungsrat (torishimariyaku) (Anknüpfung) 231–237

Hôjin kokuseki-ron, siehe Staatsangehörigkeitsprinzip für juristische Personen Hôrei 23–25 Hozumi, Nobushige 87, 88 innere Verfassung (Anknüpfung) 226–230 Insolvenz – Haftung 260–262 Insolvenz – Nachrang Gesellschafterforderungen 262–263 Insolvenzstatut – Abgrenzung zum Gesellschaftsstatut 255–263 Insolvenzstatut Reichweite 256–257 Inspire Art 69–71 Internationales Gesellschaftsrecht (kokusai kaisha-hô) - Begriff 4 Internationales Privatrecht (kokusai shihô) - Begriff 4 Internationales Zivilprozessrecht 21–23  Internationale Zuständigkeit 21–23  Parteifähigkeit 23, 213–226  Prozessfähigkeit 23, 213–218, 224–226 Investitionsanreize für ausländische Unternehmen in Japan 13–17 jimu-sho, siehe Geschäftsstelle Kapitalaufbringung (Anknüpfung) 227–229 Kodifikationenstreit 24, 32, 87 kokusai kaisha-hô, siehe Internationales Gesellschaftsrecht kokusai shihô, siehe Internationales Privatrecht Kollisionsrecht (teishoku-hô) - Begriff 4 Kontrolltheorie  Deutschland 49  Japan 90 Konzern (Anknüpfung) 278–290 Konzessionssystem (Japan) 85, 135–136 Kumano, Binzô 24 Kyû-hôrei, siehe Altes Hôrei Laurent, François 84, 86–87 legislatorischer Wettbewerb 34, 179–181

Sachverzeichnis Lehre vom gesellschaftsrechtlichen Einheitsstatuts 195 Lehre von der realen Verbandspersönlichkeit 134 Liquidation (Anknüpfung) 253–255 M&A-Aktivitäten in Japan 17 Marktaktivität ausländischer Unternehmen in Japan 9–18 Marktöffnung in Japan 7–18 Marktzugangsbarrieren in Japan 7–8 Mitgliedschaft (Anknüpfung) 227–229 Muttergesellschaft – Definition (Art. 2 Nr. 4 GesG) 280 National Grid Indus 73–75 Nichtanerkennung, siehe Anerkennung Nichtrechtsfähige Vereinigungen – Umgang mit 102 Niederlassung (eigyô-sho)  Abgrenzung zum Repräsentanzbüro 169–170  Definition 169 ninkyo, siehe Anerkennung Normativsystem (Japan) 135 öffentiche Übernahme – Durchführung (Anknüpfung) 274–275 öffentliche Übernahme (Anknüpfung) 271–278 öffentliches Erwerbsangebot (Anknüpfung) 272–274 Okano, Keijirô 32 Parteifähigkeit (Anknüpfung) 213–226 Prozessfähigkeit (Anknüpfung) 213–218, 224–226 Qualifikation 29–30 quasideliktische Tatbestände (Anknüpfung) 249–250 Rechnungslegung (Anknüpfung) 251–253 Rechtsanwendungsgesetz 25–29 Reformprogramm der japanischen Regierung 18–21  Internationales Gesellschaftsrecht im 20–21

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Regelungsbereich des Gesellschaftsstatuts, siehe Anwendungsbereich des Gesellschaftsstatuts Repräsentanzbüro (chûzai-in jimu-sho) 169–170 Roesler, Friedrich Hermann 31 Sandrock'sche Formel 51 Sanierungsplan (Anknüpfung) 259–260 Sanierungsverfahren (Anknüpfung) 257–260 Sanierungsverwalter – Verwaltungsund Verfügungsrecht (Anknüpfung) 258–259 Satzung (Anknüpfung) 227–229 Satzungssitz  Deutschland 57–58  Japan 95–96 Satzungssitzverlegung  Deutschland 264  Japan 264–265 von Savigny, Friedrich Carl 44, 58, 97 Scheckfähigkeit (Anknüpfung) 206 Scheinauslandsgesellschaft (giji gaikoku kaisha) 176–188  Art. 821 GesG 178–188  dauerhaftes Handeltreiben 187–188  Definition 183–187  Erläuterungen Justizministerium 185–187  Gesetzgebungsdiskussion Art. 821 GesG 178–183  Handelndenhaftung 187–188  Rechtsfähigkeit 181  Rechtslage vor Erlass des GesG 176–178  Stellungnahme Justizministerin 183–184  Vorschrift im HG a.F. 176–178  Wertpapierfirmen als 182–183  Zusatzbeschluss Oberhaus 184–185 Segers 64, 65 seishitsu kettei, siehe Qualifikation senketsu mondai, siehe Vorfrage Sitztheorie  allseitige Geltung 50  als h.M. in Deutschland 47–51  Anknüpfungsmoment 51–54

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Sachverzeichnis

 Belgien 42, 44, 84, 87, 108, 109  deutsche Literatur 49  deutsche Rechtsprechung 48–49  Frankreich 43, 44, 108, 109  gewohnheitsrechtliche Geltung 50  Italien 105–106  Japan 92  Korea 105–106  modifizierte Sitztheorie 54, 56  Pro und Contra 58–63  Rechtsfolgen 54–58  Rück-/Weiterverweisung 57  strenge Sitztheorie 55  Ursprung 42–43 Sitzverlegung (Anknüpfung) 264–65 Sitzverlegungsrichtlinie 77–78 sôchi, siehe Verweisung Spaltung (Anknüpfung) 269 Staatsangehörigkeitsprinzip für juristische Personen (hôjin kokusekiron) 83–90  Überwindung 90–91 Tanabe, Kaoru 32 tatsächlicher Verwaltungssitz, siehe Verwaltungssitz teishoku-hô, siehe Kollisionsrecht Tochtergesellschaft – Definition (Art. 2 Nr. 3 GesG) 279 Tomii, Masaakira 88 torihiki o keizoku shite suru, siehe dauerhaftes Handeltreiben tôroku menkyo-zei, siehe Eintragung – Gebühren Trennbankensystem (Japan) 182 Überseering 64, 67–68 ultra vires-Doktrin 199 Ume, Kenjirô 32, 87, 88 Umstrukturierung (Anknüpfung) 265–269 Umstrukturierung grenzüberschreitend – sachrechtliche Unzulässigkeit 269–271

unternehmerische Mitbestimmung (Anknüpfung) 229 Vale Építési 72, 77–78 Veröffentlichung der Bilanz  Arten der Veröffentlichung 173–174  elektronische 173–174  Inhalt 174–175  Pflicht zur 173  Rechtsfolge bei Nichtbeachtung 175 Veröffentlichung der Bilanz (GesG) 173–175 Verschmelzung (Anknüpfung) 265–268 Vertreter in Japan 160–164  Befugnisse 162–163  Eintragung 172  Haftung der Auslandsgesellschaft 163  Pflicht zur Bestimmung 161  Rücktritt 164  Verfahren der Bestimmung 162  Voraussetzungen 161–162  Wirkung der Bestimmung 163–164 Verwaltungssitz 51–54  Beweislast 53  Definition 51 Verweisung (sôchi) 30  Rückverweisung 30  Sachnormverweisung 30  Weiterverweisung 30 Vorfrage (senketsu mondai) 30–31 Wechselfähigkeit (Anknüpfung) 206 zettai teki kyôkô hôki, siehe Eingriffsnorm Zivilgesetz  Art. 35, siehe Anerkennung  Art. 37 i.V.m. Art. 36 151–53 Zweigniederlassungen von Auslandsgesellschaften (Anzahl in Japan) 9