I. A. Goncarov: Beiträge zu Werk und Wirkung 9783412307240, 3412030899, 9783412030896


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I. A. Goncarov: Beiträge zu Werk und Wirkung
 9783412307240, 3412030899, 9783412030896

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BAUSTEINE ZUR GESCHICHTE

DER LITERATUR BEI DEN SLAVEN HERAUSGEGEBEN VON H.-B. HÄRDER UND H. ROTHE IN VERBINDUNG MIT R. OLESCH Band 33

I.A. GONCAROV Beiträge zu Werk und Wirkung

Herausgegeben von Peter Thiergen

1989 BÖHLAU VERLAG K Ö L N WIEN

Gedruckt mit Unterstützung der Universität Bamberg und des Universitätsbundes Bamberg e.V. Die Druckvorlage wurde erstellt von Susanne Jaeger, Steffi Kutschke und Ingeborg Zaby.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek I.A. Goniarov: Beiträge zu Werk und Wirkung / hrsg. von Peter Thiergen. - Köln; Wien: Böhlau, 1989 (Bausteine zur Geschichte der Literatur bei den Slaven; Bd. 33) ISBN 3-412-03089-9 NE: Thiergen, Peter [Hrsg.]; GT

Copyright © 1989 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Alle Rechte vorbehalten Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages ist es es nicht gestattet, das Werk unter Verwendung mechanischer, elektronischer und anderer Systeme in irgendeiner Weise zu verarbeiten und zu verbreiten. Insbesondere vorbehalten sind die Rechte der Vervielfältigung — auch von Teilen des Werkes - auf photomechanischem oder ähnlichem Wege, der tontechnischen Wiedergabe, des Vortrags, der Funk- und Fernsehsendung, der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, der Ubersetzung und der literarischen oder anderweitigen Bearbeitung. Gesamtherstellung: H. Mühlberger GmbH, Gersthofen Printed in Germany ISBN 3-412-03089-9

Inhaltsverzeichnis

Vorwort 1

Peter Drews Zur Goncarov-Rezeption in der tschechischen Literatur

3

Horst—Jürgen Gerigk Oblomow, Baxtleby und der Hungerkünstler. Drei Beispiele für die Überwindung des agonalen Menschen

15

Edmund Heier Direct Literary Portraiture in I.A. Goncharov's The Precipice

31

Annette Huwyler - Van der Haegen Ist Oblomov ein "Heiliger"?

57

Wolfgang Kasack Ein Meister auch der kleinen Form. Ivan Goncarovs Erzählung Ein Mai in Petersburg

71

Felix Keller Die Goncarov-Rezeption in Polen bis zum Jahre 1922

79

Rudolf Neuhäuser Goncarovs Roman Obryv und der russische Roman des Realismus .. 85

Josef Rattner

Oblomow oder die Ontologie der Bequemlichkeit

107

Hans Rothe "Sympathie". Zu Thema und Aufbau von Obiyv

127

Friedrich Scholz Goncarovs Roman Oblomov und der russische Realismus

135

Vsevolod Setschkareff Andrej Stol'c in Goncarovs Oblomov: Versuch einer Reinterpretation

153

Peter Thiergen Oblomov als Bruchstück-Mensch: Präliminarien zum Problem "Goncarov und Schiller"

163

Personenverzeichnis 193

Vorwort Ivan Aleksandrovic Goncarov (1812-1891) ist in der kulturell interessierten Öffentlichkeit zwar präsent, doch beruht diese Präsenz auf einem einzigen Werk, dem opus magnum Oblomov. Selektive Wahrnehmung hat Goncarov gewissermaßen zu einem auctor unius operis gemacht. Daß zu seinem ansehnlichen Œuvre weitere Romane sowie Erzählungen, Reisebeschreibungen und Literaturkritiken gehören, spielt nur im akademischen Bereich eine (relativ untergeordnete) Rolle. Im Kulturbetrieb der Anthologien, Feuilletonbeiträge, Verfilmungen und Bühnenfassungen dominiert der Roman der "Oblomowerei" eindeutig. Doch auch die Präsenz des Oblomov, so erfreulich sie sein mag, verrät erhebliche Defizite. Wie dieser Roman nämlich zu verstehen sei, ist sowohl für Spezialisten wie für Laienleser eine crux interpretum. Nicht einmal zu den Hauptfiguren gibt es einen gewissen Grundkonsens. Oblomov wird bald als "aufgedunsener Faulpelz" und Parasit, bald als kontemplativer Weiser und sogar als "Heiliger" gedeutet. Nicht weniger frappant sind die Unsicherheiten hinsichtlich Oblomovs Gegentypus Stol'c, der einerseits als Verkörperung des idealen Menschen, andererseits als Inkarnation sterilen Robotertums angesehen wird. In grotesker Verzerrung glaubt ihn aktualisierende Kritik gar "irgendwo zwischen Professor Unrat und Joseph Goebbels" ansiedeln zu sollen 1 . Diese extremen Widersprüche sind nicht nur Ausdruck eines unausdeutbaren Meisterwerkes, dem verkümmernde Lesefähigkeiten gegenüberstehen, sondern zugleich Folge einer stagnierenden Forschung. Vor allem der deutschsprachige Raum hat Goncarov, im Gegensatz zum englischsprachigen, beklagenswert vernachlässigt, auch wenn in den siebziger Jahren ein vorübergehendes Engagement zu verzeichnen wax. Während wir zu Gogol' und Puskin, Tolstoj und Dostoevskij, Turgenev und Cechov eine durchaus beachtliche Zahl kritischer Auseinandersetzungen und sogar Gesamtwürdigungen haben, lassen sich eindringende deutschsprachige Goncarov-Untersuchungen jüngeren Datums - von Gesamtdarstellungen ganz zu schweigen - praktisch an einer Hand abzählen. Nach wie vor ist hierbei Walther Rehms Studie Gontscharow und die Langeweile aus dem Jahre 1943 (gedruckt 1947 und 1963) unübertroffen. 1

Vgl. R. Schostack, Wer weiß, was das G u t e ist. Ein "Oblomow" von K r o e t z / U r a u f f ü h r u n g in München, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7.März 1989, Nr. 56, S.29.

1

Rehm indessen wax Germanist, während Josef Rattner, der Verfasser der Oblomov-Studie Verwöhnung und Neurose von 1968, Psychologe ist. Woran liegt es, daß ausgerechnet ein Romancier, der sich zu Goethe und Schiller bekannte, der die deutsche Literatur im Original gelesen und der den Halbdeutschen Stol'c zu Oblomovs Gegenentwurf gemacht hat, bei uns so wenig slavistisches Interesse findet? Eine Antwort fällt schwer. Möglicherweise spielt eine Rolle, daß Goncarov weithin als Vertreter eines sowohl literarischen wie weltanschaulichen Konservatismus gilt. In der Tat sind Themen und poetische Verfahren seiner Werke vielfach, wenn auch nicht immer, konventionellen Fragestellungen und klassischen Erzähltraditionen verpflichtet. Der gedankliche Boden, aus dem diese Werke entstanden sind, enthält zudem nicht nur die russischen Wurzeln, sondern genauso den Humus der westeuropäischen Literatur und Philosophie. Für das Verständnis Goncarovs können Shakespeare, Rousseau, Winckelmann, Lavater, Kant, Goethe oder Schiller wesentliches beitragen. Zu Recht hat jüngst V. I. Mel'nik bemerkt, Goncarovs Schaffen liege eine "synthetische Methode" zugrunde, die von einer philosophischen Orientierung an den westlichen Klassikern und an den "ewigen Fragen" der Weltliteratur ausgehe 2 . Das aber kommt der heutigen Vorliebe für Gegenwartsliteratur, avantgardistische Strömungen und linguistisierende Methodologien nicht eben entgegen. Es stellt sich die Frage, ob ein Autor wie Goncarov vom Schwinden historischer Forschungsinteressen besonders betroffen wird. •^OxDer vorliegende Sammelband bemüht sich daher, neue Zugänge zu finden und vernachlässigte Aspekte stärker zu beachten, wobei das Interesse bewußt nicht nur dem Oblomov gilt. Zugleich mit der Belebung der Forschung soll der Band auf das Zentenarium 1991 vorbereiten. Es ist zu hoffen, daß Goncarovs lOO.Todestag nicht so unbemerkt vorübergehen möge wie der 175.Geburtstag im Jahre 1987. Zu danken habe ich allen Autoren für die Bereitschaft zur Mitarbeit. Darüber hinaus Frau Susanne Jaeger, Frau Ingeborg Zaby und besonders Frau Steffi Kutschke für die Herstellung der Druckvorlage sowie Frau Karin Zosel für die Erstellung des Registers. Dank gilt zudem der Universität Bamberg und dem Universitätsbund Bamberg e.V. für die Gewährung von Druckbeihilfen. Peter Thiergen 2

2

V . l . M e l ' n i k , R e a l i z m I . A . G o n i a r o v a , V l a d i v o s t o k 1985, p a s s i m .

ZUR GONCAROV-REZEPTION IN DER TSCHECHISCHEN LITERATUR von Peter Drews (Freiburg i. Br.)

Ivan Goncarov besuchte bekanntlich zwischen 1857 und 1872 zehnmal Nordböhmen zu längeren Kur-Aufenthalten, ja 1857 beendete er in Marienbad wesentliche Passagen des Oblomov 1 . Andere Gegenden Böhmens lernte er dagegen nie kennen, wie er sich überhaupt nicht sonderlich für das Land und seine Kultur interessierte. Entsprechend unterhielt er auch keine engeren Kontakte zu Vertretern des tschechischen Geisteslebens, sieht man etwa von einem Brief Goncarovs vom 27.2.1888 ab, in dem er einem Brünner Gymnasialprofessor namens Frantisek Chmelik für die Absicht dankt, Teile der Slugi starogo veka ins Tschechische zu übertragen 2 . Diese, aus seiner Sicht zumindest verständliche indifferente Haltung gegenüber den Tschechen erscheint gleichsam als Spiegelbild seiner Rezeption in Böhmen, wo er nie die Popularität eines Dostoevskij oder Tolstoj erreichte. So war es fast symptomatisch, daß ihn Aleksandr Pypin als sein erster "böhmischer" Wegbereiter in seinen Briefen an Vaclav Hanka hinter Turgenev und Pisemskij einordnete. In dieser, 1858 in der renommierten Zeitschrift des Böhmischen Nationalmuseums veröffentlichten Artikelserie wird Goncarov hauptsächlich als Autor des Fregat 'Pallada' vorgestellt, einer "mit leichter Feder" geschriebenen 1

Vgl. A.V. Florovskij, Russkie v Marienbade, Prag 1947, S. 53-61; ders., I.A. G o n i a r o v v MariÄnskych Läznfch, in: Praha-Moskva 1954, Nr.6, S.62-66. 2 Vgl. I.A. Goncarov, Sobranie Bofinenij, Bd.8, Moskau 1952, S. 502. Wo diese Übersetzung gegebenenfalls publiziert wurde, lieS sich nicht ermitteln (Jitrenka 1890?).

3

"meisterlichen und höchst originellen Erzählung von Natur und Menschen" ferner Länder 3 . Die Obyknovennaja istorija sowie den "im Erscheinen begriffenen" Oblomov erwähnt Pypin demgegenüber nur en passant. Gerade der Hinweis auf den Stil Goncarovs verweist dabei implizit auf ein wichtiges Moment der frühen Rezeption seines Werkes: seine bei aller Ironie nach Objektivierung strebende, rhythmisch und klanglich gegliederte Sprache korrespondierte mit den stilistischen Verfahren der "Majovci", jener damals jungen Autoren, die die tschechische Literatur im bewußten Rückgriff auf die slavische Romantik zu erneuern suchten. Gerade in ihrem Kreis fand Goncarov - scheinbar in Fortsetzung Gogol'scher Traditionen - den größten Anklang, ja Neruda und insbesondere Hälek stellten frühzeitig die Spalten der von ihnen redigierten Periodika "Obrazy zivota", "Närodni listy" und "Kvety" für Publikationen über Goncarov sowie auszugsweise Ubersetzungen zur Verfügung 4 . Die meisten Verdienste erwarb sich hierbei Emanuel Vävra (18391891), der seit den späten 50-er Jahren des 19.Jahrhunderts einen recht guten Ruf als produktiver, aber auch reichlich eklektischer Ubersetzer von Autoren wie Gogol' 5 , Lermontov, Ostrovskij, Turgenev, Fredro, Kraszewski, Dumas, Moliere und Sardou genoß 6 . Im Herbst 1860 präsentierte Vävra in einem Artikel über die neueste russische Literatur gleich zu Beginn den Oblomov als das "herausragendste und wichtigste Werk" eines Verfassers, der zu den "hervorragendsten lebenden Schriftstellern" zähle 7 . Die Titelgestalt des Romans begriff er dabei als den Typus des russischen Kleinadligen, der mangels moralischer Energie in Faulheit und Bequemlichkeit zugrunde gehe. Zugleich betonte er die Objektivität der Milieu-Darstellungen: "Das Familienleben des Landadels, seine guten und schlechten Seiten, werden in diesem Roman meisterhaft und grandios geschildert." 8 Vävra y

A. P y p i n , L i s t y o r u s k é l i t e r a t u r e I V , in: C a s o p i s M u s e a k r á l o v s t v í c e s k é h o

1858, S. 5 8 3 - 5 9 9 / S. 588. 4 V g l . im f o l g e n d e n A . D . A l e k s e e v , B i b l i o g r a f l j a I . A . G o n c a r o v a

(1832-1004),

L e n i n g r a d 1968. Die B i b l i o g r a p h i e e n t h ä l t hinsichtlich der t s c h e c h i s c h e n R e z e p t i o n nicht n u r - v e r s t ä n d l i c h e r w e i s e - L ü c k e n , s o n d e r n a u c h m a n c h e F e h l e r , die w o h l den Z u l i e f e r e r n des H e r a u s g e b e r s a n z u l a s t e n s i n d . 5 U . a . N . V . G o g o l ' , P r i b è h y C i ê i k o v a a n e b M r t v é d u ê e , P r a g 1862. 6

V g l . S l o v n i k N a u 6 n £ , H r s g . F . L . R i e g e r , B d . 9 , P r a g 1872, S.930; O t t i i v S l o v n i k

n a u C n y B d . 2 6 , P r a g 1907, S. 4 6 9 . 7 E. V á v r a , R u s k á l i t e r a t u r a , in: O b r a z y z i v o t a 1860, S. 3 9 6 - 3 9 9 / S . 3 9 7 . 8

4

Ebenda.

ist damit der erste tschechische Vertreter einer Goncarov-Sicht, die bis heute dominiert: in der Nachfolge der zeitgenössischen russischen Literaturkritik erscheint der Roman als Widerspiegelung spezifisch russischer Gesellschafts-Verhältnisse, wobei der Protagonist weniger individuellpsychologisch als vielmehr typisierend gezeichnet wird. Die Betonung des nationalen Moments impliziert zugleich eine Verständnis-Barriere, die spätere Interpreten deutlicher ansprachen 9 : das daxgestellte Milieu mußte einem tschechischen Leser eigentümlich fremd erscheinen, zumal die von Goncarov behandelten Probleme nicht jene der zeitgenössischen tschechischen Prosa waren. Letztere befaßte sich, sofern gesellschaftlich engagiert, vorwiegend mit Fragen des deutsch-tschechischen Zusammenlebens sowie mit sozialen Konflikten eines eher kleinbürgerlichen Milieus. Die Ubersetzung des Oblomov, die Vávra 1861 in der von Hálek redigierten Reihe der "Slovanské besedy" publizierte, war im übrigen kaum geeignet, dem Werk den Weg zu den tschechischen Lesern zu ebnen 10 . Zwar bemühte sich Vávra um eine korrekte Wiedergabe des Originals (was ihm zu großen Teilen auch gelang), doch leidet die Fassung unter der lexikalisch wie syntaktisch allzu wörtlichen Umsetzung des Textes, was allerdings den damals gängigen, auf "slavische Wechselseitigkeit" ausgerichteten Übersetzungs-Kriterien entsprach. Vávras Version klingt deshalb infolge der Häufung von Russizismen stellenweise äußerst un-tschechisch, ja die Edition fand in der literarischen Öffentlichkeit ein nur mäßiges Interesse, denn außer Háleks Národní noviny und dem Boleslavan brachte kaum eine Zeitschrift eine Rezension. Die wenigen Äußerungen von Kritikern waren zudem von meist lapidarer Kürze, kündigten sie doch selten mehr als allein das Erscheinen eines "interessanten Werkes" an. So vermerkt Mikovec' angesehener "Lumir" lakonisch: "Soeben erschien das dritte Heft der 'Slovanské besedy', womit einer der berühmtesten neuen Romane beginnt, nämlich der Oblomov von I.A. Goncarov in der Übertragung E. Vávras." 11 Es war schon eine löbliche Ausnahme, wenn sich Alfred Waldau bei den Lesern der "Obrazy zivota" zumindest entschuldigte, daß er keine detaillierte Rezension liefern könne. Immerhin empfahl er das Werk wärmstens als Lektüre, schildere es doch das russische Leben in seiner ganzen WahrQ

Vgl. z.B. K.Rn. ( = ? ) , Rezension der O b y k n o v e n n a j a istorija, in: Vlast 1900, S.885-886/S.886. 11

I.A. Goncarov, O b l o m o v , P r a g 1861 ( = Slovanske besedy Bd.3-6). Anon., in: Lumir 1861, S.570 (13.6.1861).

5

haftigkeit und enthalte darüber hinaus die Zeichnung eines typisch russischen Charakters 12 . Derartige wohlwollende Äußerungen verhinderten gleichwohl nicht, daß die Publikation des Oblomov zum verlegerischen Mißerfolg geriet - sie war noch zwanzig Jahre später im Buchhandel erhältlich. Dessen ungeachtet feierte Vävra in seinem für die Rieger-Enzyklopädie verfaßten Goncarov-Artikel den Russen enthusiastisch als einen der "hervorragendsten zeitgenössischen russischen Schriftsteller und Romanciers" 13 . In einem Uberblick über Goncarovs Schaffen (einschließlich des noch unvollendeten Obryv) hebt er vor allem Fregat 'Pallada' als "in der Weltliteratur einzigartige Reisebeschreibung" hervor, lobt Goncarovs Kenntnis des "russischen Nationalcharakters" und spricht ihm hinsichtlich seines "unerreichbar flüssigen Stils und seiner Sprachpräzision" gar den ersten Platz unter den zeitgenössischen russischen Autoren zu 1 4 . Dagegen vermeidet es Vavra, mögliche Kritikpunkte anzusprechen, etwa die von späteren Interpreten bemängelte "Handlungs-Armut" des Oblomov. Vor allem dank den Bemühungen Vavras erschienen in den nächsten Jahren weitere Ubersetzungen von Werken Goncarovs: Ivan Savvic Podzabrin (Kvety 1865) sowie Auszüge aus Fregat 'Pallada' (18661874, hauptsächlich in "Kvety" und "Svetozor"). An Buchausgaben war jedoch angesichts der geringen Verkaufszahlen des Oblomov kaum zu denken, und so erschien erst 1872 in Pilsen eine Übertragung der Obyknovennaja istorija. Als erstes - und letztes - Werk der neugegründeten Reihe "Matice slovanskä" erwies sie sich allerdings als ein verlegerisches wie übersetzerisches Fiasko 15 . Die tschechische Version folgt dem Original derart sklavisch-wörtlich, daß ein anonymer Kritiker in den "Kvety" beklagte, sie sei so schwach und stellenweise unverständlich, daß sie "die Lektüre eines solch interessanten Werkes über die Maßen 12

A. Waldau, L i t e r a t u r a / R e z e n s i o n s - B l o c k / , in: Obrazy zivota 1861, S.320.

13 E. Vävra, G o n i a r o v , in: Slovnik Naucny, Bd.3, P r a g 1863, S.441. Als G e b u r t s j a h r Goncarovs ist fälschlich "1823" angegeben (offensichtlich Druckfehler). Dies ü b e r n a h m u.a. J. Miks, V e t e r Ä n i rusk