Herbert Marcuse: Nachgelassene Schriften, Band 1: Das Schicksal der bürgerlichen Demokratie 3924245835, 9783924245832

Die westliche Demokratie ist heute jeder kritischen Diskussion entzogen. Sie scheint das politische Ziel der Geschichte

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German Pages 176 [178] Year 1999

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Table of contents :
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Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort
Einleitung. Marcuses dialektisches Verständnis von Demokratie (Oskar Negt)
Abbildungen
Antidemokratische Volksbewegungen
Das Problem des sozialen Wandels in der technologischen Gesellschaft
Jenseits des Eindimensionalen Menschen
Kulturrevolution
Eine Revolution der Werte
Das historische Schicksal der bürgerlichen Demokratie
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Herbert Marcuse: Nachgelassene Schriften, Band 1: Das Schicksal der bürgerlichen Demokratie
 3924245835, 9783924245832

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Herbert Marcuse Nachgelassene Schriften

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Herbert Marcuse Nachgelassene Schriften Band 1: Das Schicksal der bürgerlichen Demokratie H e ra u s g e g e b e n u n d m it e in e m V o rw o rt vo n P e te r-E rw in J a n s e n E in le itu n g vo n O s k a r N e g t A us d e m A m e rik a n is c h e n

^ zuKlampen!

vo n M ic h a e l H a u p t

Erste Auflage 1999 Dietrich zu Klampen Verlag GbR Postfach 19 63, D-21309 Lüneburg © für die deutsche Ausgabe bei zu Klampen Verlag

Druck: Clausen & Bosse, Leck Umschlagentwurf: Groothuis & Consorten, Hamburg Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme: Marcuse, Herbert : Nachgelassene Schriften / Herbert Marcuse. Hrsg. v. Peter-Erwin Jansen. Aus dem Amerikan. von Michael Haupt. - Lüneburg : zu Klampen Bd. 1. Das Schicksal der bürgerlichen Demokratie / Einl. von Oskar Negt. -1. Aufl. -1999 ISBN 3-924245-83-5

Inhalt

Vorwort von Peter-Erwin Jansen

7

Einleitung. Marcuses dialektisches Verständnis von Demokratie von Oskar Negt

12

Abbildungen

26

Antidemokratische Volksbewegungen

29

Das Problem des sozialen Wandels in der technologischen Gesellschaft

37

Jenseits des Eindimensionalen Menschen

67

Kulturrevolution

81

Eine Revolution der Werte

135

Das historische Schicksal der bürgerlichen Demokratie

145

V o rw o rt

Im Jahre 1970 erschien die zweite Auflage von Leo Löwenthals und Norbert Gutermanns Untersuchung Prophets of Deceit. A Study of the Techniques of the American Agitator,1 Diese Studie war Teil der Forschungsarbeit zum autoritären Charakter, die von den Mitarbeitern des emigrierten Instituts für Sozialforschung 1944 begonnen und 1950 beendet wurde. Herbert Marcuse verfaßte damals den ideengeschichtlichen Teil der Studie und schrieb zur Neuauflage ein Vorwort, in dem seine Skepsis gegenüber der Entwick­ lung der amerikanischen Gesellschaft im besonderen sowie seine Kritik an den demokratisch-kapitalistischen Ländern des Westens im allgemeinen prägnant zusammengefaßt sind: »Wenn wir den Agitator der dreißiger oder vierziger Jahre [...] mit den legitimierten Politikern von heute vergleichen, so scheint die Verschiebung von Ziel, Ton und Vokabular nur minimal zu sein. Die Unterschiede zeigen aber, wohin diese Modifizierungen in Wortwahl, Tonlage und Taktik führen. Sie zeigen den Weg, den diese Gesellschaft in den letzten zwei Jahrzehnten zurückgelegt hat. Was auf diesem Weg geschah, ist die Einverleibung des Agitators in den legitimierten Politik­ apparat. [...] Heute hat das politische Establishment einige wesentliche Grundzüge des Agitators angenommen.«2 Das Zitat zeigt den politisch-historischen Hintergrund, der Marcuses Kritik an den demokratischen Gesellschaften immer motiviert hat: die Erfah­ rung der nationalsozialistischen Barbarei, durch die das Denken des Kriti­ schen Theoretikers wie durch keine zweite geprägt war. Weder die hoff­ nungsvollen Anfänge der Novemberrevolution von 1918/1919 noch die demokratischen Gehversuche der Weimarer Republik konnten den Natio­ nalsozialismus verhindern. Marcuses Blick auf die Entwicklungstendenzen in den demokratisch verfaßten kapitalistischen Gesellschaften war auch nach dem Krieg durch die Katastrophenerfahrung geschärft. Weil der Zivili­ sationsbruch (Dan Diner) von Auschwitz für Marcuse kein irrationaler Fehl­ tritt der Moderne war, sondern selbst Bestandteil moderner Rationalität, analysierte er die Bedrohung der menschlichen Freiheit aus dem Blickwin­ kel der »totalen Unfreiheit« auch in den demokratisch verfaßten Gesell­ schaften. 7

Die den Menschen in einer »total verwalteten Gesellschaft« zugestan­ denen politischen Rechte und demokratischen Freiheiten galten Marcuse als ineffektiv. Seine provokante These lautet: Solange nicht wahrhaft freie Individuen die ihnen zugestandenen Wahlmöglichkeiten ausüben, ist eine demokratische Gesellschaft nur dem Schein nach demokratisch. Die Kompromißlosigkeit, mit der Marcuse diese These ausführte, ließ ihn die Spiel­ räume innerhalb der bestehenden demokratischen Institutionen, die in Näherungsgraden bereits erreichte Freiheit, geringschätzen. Diese leichte Unschärfe in Marcuses Analyse ist auf der anderen Seite wiederum eine seiner ungebrochenen Stärken. Als »kritischer Theoretiker der Emanzipati­ on« (Hans Jürgen Krahl) rücken bei Marcuse die uneingelösten Freiheits­ versprechen und unverwirklichten Ideen von Gerechtigkeit und Solidarität wieder an eine exponierte Stelle. Sie dürfen der politischen Ideologie, gleich welcher Couleur, nicht geopfert werden. Wenn der ungezügelte Kapitalismus im Kleide demokratischer Institutionen Unfreiheit, Ausbeutung und Elend produziert, dann gewinnt Marcuses großes theoretisches Anlie­ gen, den »Spuren der Befreiung«3 nachzugehen, wieder an Attraktivität. In den sechziger Jahren besaßen Denken und Person Herbert Marcuses diese Attraktivität. Während dieser Zeit galt er als einer der wichtigsten lebenden Theoretiker. Seine Bücher wurden von der Öffentlichkeit viel beachtet, wurden gleichermaßen heftig attackiert wie euphorisch gefeiert. Das rechte Lager bedrohte ihn, viele aus der Studenten- und Menschen­ rechtsbewegung jubelten ihm zu. Seine Theorie der Befreiung, seine kriti­ sche Solidarität mit der außerparlamentarischen Opposition, sein öffentli­ ches Auftreten übten starken Einfluß auf die Rebellen in Paris, Berlin, Berkeley und Mexiko aus. Das Bild ist im Gedächtnis geblieben: ein weißhaariger alter Herr, Anfang siebzig, weltbekannter Sozialphilosoph, spricht vor einer großen und beeindruckten Zuhörerschaft junger Studentinnen und Studenten im größten Hörsaal der Freien Universität von Berlin. Das Thema des am 10. Juli 1967 gehaltenen Vortrags von Herbert Marcuse lautete »Das Ende der Utopie«, ein Ende, das den Beginn der realisierten Utopie begründen soll­ te. Die Versuche über die Befreiung hatten Hoffnungen auf eine gesell­ schaftliche Veränderung aufkeimen lassen. Schon bevor Marcuse nach Berlin kam, glaubten die Medien in ihm den Mentor der Studentenbewe­ gung entdeckt zu haben. Der Amerikaner, der hier sprach, war Berliner aus jüdischem Eltern­ haus, geboren 1898, von den Nazis 1933 ins Exil gezwungen und 1940 in

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den USA eingebürgert. Marcuse, neben Max Horkheimer, Theodor W. Ador­ no und Leo Löwenthal einer der wichtigsten Mitarbeiter des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt, war Mitbegründer der Kritischen Theorie der Gesellschaft. Marcuse arbeitete während des zweiten Weltkriegs erst im Office of War Information, dann im Office of Strategie Services in Washing­ ton. Dort erstellte er »Feindanalysen«, die helfen sollten, das nationalsoziali­ stische Deutschland zu besiegen und ein demokratisch verfaßtes Deutsch­ land aufzubauen.4 Nach 1945 arbeitete er im State Department. Er ließ sich 1951 zu Forschungszwecken beurlauben. Nach einer Lehrtätigkeit an der Brandeis Universität in Waltham Massachusetts, von 1954 - 1965, wech­ selte er zur Universität nach San Diego. Seine Lehrtätigkeit endete 1968. Bei einem Deutschlandbesuch im Jahr 1979 starb Herbert Marcuse am 19. Juli in Starnberg. Seit 1984 befindet sich der Nachlaß Herbert Marcuses im Archivzentrum der Stadt- und Universitätsbibliothek in Frankfurt am Main. Nach einer ersten Sichtung und Erfassung des 40.000 Blatt umfassenden Materials, ermöglicht mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgesell­ schaft, ist das Marcuse-Archiv nun seit einigen Jahren für Forschungs­ zwecke nutzbar und der Öffentlichkeit zugänglich.5 Bis zum Jahr 1998 erschienen in vereinzelten Publikationen hin und wieder unveröffentlichte Dokumente aus dem Nachlaß. Darüberhinaus wurden in den letzten Jahren vermehrt Briefe von Marcuse in anderen Editionen abgedruckt.6 Neben den zahlreichen Briefen finden sich überwiegend Notizen, Entwürfe, ausformu­ lierte, meist aber in Stichpunkten verfaßte Vortragsskripte, Vorlesungen, Vorlesungsnachschriften, Reden, Interviews, schließlich die Buchmanu­ skripte zu den Werken, die zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurden. Eine ausführliche Bibliographie zu den bereits erschienenen Werken Marcuses sowie die wohl umfangreichste und kommentierte Bibliographie mit Arbei­ ten über Marcuse bietet der Band Kritik und Utopie im Werk von Herbert Marcuse.7 Mit dem nun vorliegenden Band beginnen wir eine Reihe mit ausgewählten Schriften aus dem Nachlaß Marcuses. Wie schon die Feindanalysen, so erscheinen die weiteren Bände in lockerer Anlehnung an die auf sechs Bände konzipierte Marcuse-Ausgabe, die in den Vereinigten Staaten publi­ ziert wird. Verantwortlicher Herausgeber dieser Bände ist der an der Univer­ sität von Los Angeles lehrende Philosoph Douglas Kellner.8

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Die Texte für die einzelnen Bände sind nach thematischen Gesichts­ punkten zusammengestellt worden. Ausgangspunkt sind die Themenberei­ che, die Marcuses Denken bestimmten: die Kapitalismus- und Demokratie­ kritik, Philosophie und Geschichte der Philosophie, Psychoanalyse, die Politik der Studentenbewegung, Ästhetik, Kritik am Marxismus. Die jeweils ausgewählten Arbeiten sind weitgehend ausformulierte und eigenständige Texte, die bisher unveröffentlicht oder - wie bei wenigen der ausgewählten Texte - in deutscher Sprache noch nicht erschienen sind. Innerhalb der Bände wurde ein chronologisches Ordnungsprinzip gewählt. Den einzelnen Texten sind, typographisch abgesetzt, Kommentare des Herausgebers vor­ angestellt. Sie verweisen auf den Entstehungszusammenhang und den historischen Kontext der Arbeiten und berücksichtigen in der Regel eben­ falls nicht veröffentlichtes Material aus dem Marcuse-Archiv. Zahlreiche Materialien aus dem Marcuse-Archiv bleiben in der vorlie­ genden Ausgabe leider unberücksichtigt. Die Auswahl der nachgelassenen Texte möchte den Marcusekennern neue Einsichten in sein Werk vermitteln und bei einem allgemeinen Publikum Interesse an den umfangreichen Schriften dieses bedeutenden Kritischen Theoretikers wecken. Was darü­ ber hinaus für Forscher und Wissenschaftler von Bedeutung ist, kann jeder­ zeit im Archiv eingesehen werden. Bedanken möchte ich mich bei denjenigen, die mich in diesem Vorhaben unterstützt haben. Uns alle einte der Wille, weitere Arbeiten aus dem Nach­ laß Herbert Marcuses einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Peter Marcuse sei an erster Stelle genannt. Ohne seine Unterstützung und Zustim­ mung wäre die Ausgabe nicht zustande gekommen. Professor Douglas Kellner gilt Dank für seine stetige Hilfe. Besonderer Dank gilt auch dem Archivzentrum der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, ins­ besondere dessen Leiter Jochen Stollberg. Peter-Erwin Jansen, Frankfurt am Main, August 1999

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Nachweise und Anmerkungen 1 Wiederveröffentlicht unter dem Titel »Falsche Propheten. Studien zur faschistischen Agitation«, in: Leo Löwenthal, Zur politischen Psychologie des Autoritarismus, Schrif­ ten, Bd. 3, Frankfurt/Main 1982. 2 Peter-Erwin Jansen, »Propheten der Täuschung. Zum Tode von Leo Löwenthal am 21.1.1993« und die deutsche Übersetzung des Vorworts von Herbert Marcuse, in: links, 1/1993, S. 4 0 -42 . 3 Detlev Claussen (Hg.), Spuren der Befreiung, Darmstadt 1981. 4 Herbert Marcuse, Feindanalysen. Über die Deutschen, Lüneburg 1998. 5 Großen Anteil daran hat Barbara Brick, die den Nachlaß Ende der achtziger Jahre bearbeitete und katalogisierte. 6 U. a.: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften, herausgegeben von Alfred Schmidt und Gunzelin Schmid Noerr, Bde. 15-18, Frankfurt/Main 1995/1996; Wolfgang Kraus­ haar (Hg.), Frankfurter Schule und Studentenbewegung: Von der Flaschenpost zum Molotowcocktail 1946 - 1995, 3 Bde., Hamburg 1998. Unveröffentlichte Dokumente diskutiert auch Stefan Bundschuh in seiner Dissertation Und well der Mensch ein Mensch ist. Anthropologische Aspekte der Sozialphilosophie Herbert Marcuses, Lüneburg 1998. Besondere Beachtung fand vor zehn Jahren der Briefwechsel zwi­ schen Martin Heidegger und Herbert Marcuse aus den Jahren 1947/48, der häufig nachgedruckt wurde, vgl. Peter-Erwin Jansen (Hg.), Befreiung Denken - ein politi­ scher Imperativ. Materialien Band zu Herbert Marcuse, Offenbach 1990. 7 Institut für Sozialforschung (Hg.), Kritik und Utopie im Werk von Herbert Marcuse, Frankfurt/Main 1992. 8 Herbert Marcuse, Technology, War and Fascism, herausgegeben von Douglas Kell­ ner, London/New York 1998.

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Ein le itu n g M a rcu se s dialektisches V e rstä nd n is vo n D e m o kra tie von Oskar Negt

Herbert Marcuse fand in der Emigration Schutz vor Terror und Gewalt durch die bürgerlichen Institutionen der Vereinigten Staaten, wo er auf ein Minimum von Bürger- und Menschenrechten verläßlich setzen konnte. Diese Erfahrung zu leugnen wäre einem drastischen Realitätsverlust gleichgekommen. Unter den vielen schutzflehenden Intellektuellen aus Europa, die in den USA auf die eine oder andere Weise wieder Boden unter die Füße bekamen, hat es mancher gewagt, der bürgerlichen Demokratie den Prozeß zu machen, obwohl sie doch gerade jenseits des Atlantik seit Jefferson und den berühmten Federalists (Hamilton, Madison, Jay) größere Haltbarkeit bewiesen hatte als alles, was unter diesem Namen auf dem europäischen Konti­ nent hervorgetreten war. Daher könnte es leicht in den Verdacht der Undankbarkeit geraten und klingt uns ein wenig befremdlich, wenn Marcuse 1973 festhält: »Die Wahlen von 1972 haben erneut, und deutlicher als zuvor, das historische Schicksal der bürgerlichen Demokratie offengelegt: ihre Transformation von einer dynamischen in eine statische, von einer liberal-progressiven in eine reaktionär­ konservative Gesellschaft. Diese Demokratie ist das stärkste Hinder­ nis für jede Veränderung geworden - mit Ausnahme der Veränderung zum Schlimmeren. Auf dem Weg vom Laissez-faire- zum Monopolund Staatskapitalismus ist die bürgerliche Demokratie in ein Stadium eingetreten, das nur noch zwei Alternativen übrigzulassen scheint: Neofaschismus im globalen Maßstab oder Übergang zum Sozialis­ mus. Dabei ist der Neofaschismus die wahrscheinlichere Alternative; er würde das etablierte System nicht abschaffen, sondern noch inten­ sivieren und ihm weitere Luft zum Atmen verschaffen, die ausreicht, um unwiderrufliche Zerstörungen ins Werk zu setzen. Die regressive 12

Entwicklung der bürgerlichen Demokratie, der von ihr selbst vollzo­ gene Übergang in einen Polizei- und Kriegsstaat, muß im Rahmen der globalen US-Politik erörtert werden.« (»Das historische Schicksal der bürgerlichen Demokratie«, S. 146) Marcuse spielt auf die Wiederwahl Nixons zum Präsidenten der Vereinigten Staaten im November 1972 an, die trotz des sich abzeich­ nenden Watergate-Skandals und der Behinderung der Untersuchung durch den Präsidenten erfolgte. In Deutschland bringt die Bundes­ tagswahl zum ersten Mal die SPD an die Spitze der Parteien. Brandt wird wiedergewählt zum Bundeskanzler. Es sind sehr zwiespältige Ereignisse, die das Jahr 1972 beherrschen. Um die Atmosphäre dieser spannungsreichen Jahre des beginnen­ den Jahrzehnts fassen zu können und für die Gefahren Gehör zu fin­ den, spitzt Marcuse Widersprüche zu und polarisiert, wodurch mögli­ che Umschlagspunkte faßbar werden. Immer ist die von Rosa Luxemburg als unvermeidlich erachtete Alternative im Hintergrund spürbar: Sozialismus oder Barbarei. Und in der Tat wird diese Zeit durch einen Zwiespalt charakterisiert. Die Kraft der von Marcuse Mitte der sechziger Jahre prognostizierten Großen Weigerung läßt nach, ganz verschiedene Protestbewegungen, die der Studenten und der Jugendlichen, die der Civil-Rights-Aktivitäten beginnen sich zu verlaufen und proletarische Ersatzparteien schießen weltweit wie Pilze aus dem Boden und prägen, zusammen mit Stadtguerillagrup­ pen, das politische Widerstandsbild. Zugleich aber sind die rechts­ staatlichen Elemente des bürgerlichen Systems demokratischer Insti­ tutionen, die sich dem klassischen Liberalismus verdanken, im Verfall. Marcuse glaubt hier ganz neue Frontstellungen dingfest machen zu können; der Vietnamkrieg befindet sich an einem Kulmi­ nationspunkt; es ist gerade der konservative Richard Nixon, der 1972 letzte Kampftruppen aus Vietnam abzieht, 1972 das SALT-Abkom­ men zwischen den USA und der Sowjetunion über die Begrenzung strategischer Waffen und Waffensysteme abschließt, auch eine neue China-Politik einleitet, aber innenpolitisch den Einbruch ins demo­ kratische Hauptquartier veranlaßt und verschleiert. Watergate ist das Symbol dieses Verfalls republikanischer Sitten. Die Großmächte untereinander sind dabei, eine Art Rüstungsfrieden miteinander zu schließen, gleichzeitig jedoch wächst die Repressionsgewalt gegen abweichendes Verhalten im Innern der kapitalistischen Länder und 13

gegen revolutionäre Strömungen und Bewegungen in der ganzen Welt durch versteckte konterrevolutionäre Aktionen. Aktiv sind die Vereinigten Staaten am Sturz Allendes beteiligt. Was nach Marcuse die bürgerlich-repräsentativen Systeme der Demokratie unter autoritären, ja totalitären Veränderungsdruck setzt, sind die Befreiungsbewegungen in den Ländern der Dritten Welt. Er sieht die nationalen Befreiungsbewegungen aus zwei mitein­ ander zusammenhängenden Gründen als Bedrohung für das globale kapitalistische System. Erstens ist da die sogenannte Domino-Theo­ rie, die zur kollektiven Paranoia angewachsene Vorstellung, daß revo­ lutionäre Brandherde, wie klein sie anfangs auch sein mögen, sofort und gnadenlos gelöscht werden müssen; von Schneeball-Effekten ist dabei die Rede, von Flächenbränden, die durch kleine Funkenschläge Zustandekommen. Ist auf diese Weise der >Lebensraum< des Kapita­ lismus gefährdet, wird Ökonomie im strikten Sinne zur politischen Ökonomie, die ihre ganze Kraft darauf gerichtet hat, ein Anwachsen des kommunistischen oder revolutionären Handlungspotentials in der Welt zu verhindern. Dieser Druck ist nach Marcuse von solch vitalem Interesse, daß kurzfristige ökonomische Belange überlagert werden und innenpolitisch jetzt eine zweite strategische Linie ent­ steht, die das demokratische Gefüge zu instrumentalisieren beginnt. »Diese weltgeschichtliche Perspektive ist das Gespenst, das in den kapitalistischen Metropolen umgeht, wo der Irrsinn des etablierten Systems das >normale< Verhalten (am Arbeitsplatz wie in der Frei­ zeit), das für den Fortbestand und das Wachstum des Kapitalismus erforderlich ist, bereits zu beeinträchtigen beginnt. Das System rea­ giert auf höchst wirksame Weise. Die bürgerliche Demokratie ver­ schafft sich selbst eine erweiterte Grundlage in der Bevölkerung, die die Beseitigung der Überreste der liberalen Epoche - wie etwa der Kontrolle der Regierung durch das Volk - unterstützt und die Fortset­ zung der imperialistischen Politik ermöglicht. Das Erkennungszei­ chen der Demokratie - Herrschaft des Volkes und durch das Volk (Selbstherrschaft) - nimmt jetzt die Form einer umfassenden Identifi­ kation der Menschen mit denen an, die sie regieren - das ist die Kari­ katur demokratischer Souveränität. [...] Die bürgerliche Demokratie hat eine angemessene Instinktgrundlage für ihre regressive und destruktive Entwicklung gefunden.« (A.a.O., S. 148 f.)

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Ich habe Marcuses Kritik der bürgerlich-repräsentativen Demo­ kratie so ausführlich zitiert, um auch in der Sprache die Zeitverhält­ nisse deutlich zu machen, von denen seine Argumentation geprägt ist. Von der Transformation der D em okratie ist auch in Deutschland viel die Rede; eins der prägenden Bücher dieser Zeit, von Johannes Agnoli und Peter Brückner verfaßt, trug diesen Titel. Immer ging es dabei um Probleme des Abbaus der liberalen Substanz des Staates, um Ein­ schränkungen der Demonstrationsrechte, Entmachtung der Volks­ souveränität durch Beschneidung der plebiszitären Elemente, die im deutschen Grundgesetz ja ohnehin nur in minimalen Formen vorge­ sehen sind. Die wachsende Bedeutung der Exekutive gegenüber den zwei anderen Gewalten ist eine Hauptthese dieses Buches. Es hat auf vielfältige Weise die Überzeugung der verschiedenen Zweige Außer­ parlamentarischer Opposition bis zum heutigen Tage geprägt (und fortlaufende Erfahrungen haben es immer wieder bestätigt), daß es angesichts der bestehenden Machtverhältnisse sinnlos ist, sich in den bestehenden Institutionen einzusetzen. Zwar schätzt Marcuse den institutioneilen Öffentlichkeitsrahmen der bürgerlichen Demokratie, das durch die Medien gestützte und gelenkte parlamentarische Forum der Massenbeeinflussung, keineswegs gering ein; hat aber die Instru­ mentalisierung bürgerlicher Einrichtungen und Rechtsgarantien, die sich in den militärisch-industriellen Komplex eingliedern, und in sub­ tilen strategischen Anstrengungen eine Identifikation von Regieren­ den und Volk herzustellen bemüht sind, einmal eingesetzt, ist sie nicht mehr rückgängig zu machen, sondern nur umzudrehen. Wie auf der einen Seite herrschende Eliten sich ausbilden und etablieren, so entstehen auf der anderen Seite strukturlose Massen, das Volk als manipulierbares Objekt. Es ist für Marcuse diese politische Entstrukturierung, die Zerstörung kollektiver Widerstandsorganisationen der Massen, die Auflösung von Gemeinwesenvorstellungen, wodurch am Ende das Schicksal der bürgerlichen Demokratie besiegelt wird. »Die konturlosen Massen, die heute die Grundlage der US-amerikani­ schen Demokratie bilden, sind die Vorboten ihrer konservativ-reak­ tionären wo nicht gar neofaschistischen Tendenzen.« (A.a.O., S. 150) Bliebe Marcuses Zeitdiagnose der Demokratie ganz im Rahmen einer Systemanalyse von Kapitalinteressen und institutioneilen Machtverschiebungen der Herrschaftsapparate, dann könnte man heute nur noch wenig daraus lernen. Die gerade in den siebziger Jah15

ren geführten Kämpfe um Recht und Verfassungspositionen in fast allen europäischen Ländern und in den Vereinigten Staaten haben häufig genug auch die Herrschenden in Bedrängnis gebracht; da ist nicht nur die Watergate-Äffare zu erwähnen. Auch in Deutschland haben die obersten Verfassungsgerichte und hat die Rechtsprechung insgesamt keineswegs in allen Fällen zur Einschränkung von Frei­ heitsrechten geführt. Zwar bestand in der Zeit des zur kollektiven Paranoia ausgewachsenen Kampfes gegen den Terrorismus der RAF für Augenblicke die Gefahr, daß das westdeutsche Verfassungs- und Rechtssystem umkippt; der damalige BKA-Präsident Herold vertrat die Ansicht, man müsse zunächst die gesamte Bevölkerung in der Kri­ minalstatistik erfassen, um dann die wirklich Kriminellen durch Rasterfahndungen und andere Maßnahmen dingfest machen zu kön­ nen. Aber dieser Verfolgungswahn staatlicher Behörden, der in der damaligen DDR ja zum System ausgebaut wurde, ist hier niemals staatstragend und zu einer verbindlichen Doktrin geworden. Marcuse hat diese Entwicklung teilweise selber noch wahrnehmen können und auf der großen Demonstration vor dem Opernplatz in Frankfurt anläßlich des Angela Davis-Kongresses, wo wir beide redeten und gemeinsam gegen den RAF-Terror Stellung bezogen, auch immer Hoffnungen auf die innere Liberalität der Rechtsprechung und der parlamentarischen Institutionen ausgedrückt. Insoweit war er kein dogmatischer Anti-Parlamentarier; parlamentarische Einflußmög­ lichkeiten der widerständigen Oppositionskräfte hat Marcuse nie gering eingeschätzt; aber diese haben nicht die Funktion, das System zu verändern, sondern die Veränderungsbedingungen zu verbessern und den Geist des revolutionären Wandels im Denken und in der see­ lischen Verfassung der Menschen zu erweitern, indem sie die Men­ schen aus dem System der Abhängigkeiten löst. Was ist es, das Marcuse so skeptisch, ja pessimistisch stimmt gegenüber der emanzipativen Haltbarkeit formal-demokratischer Institutionen angesichts der expandierenden kapitalistischen Trieb­ dynamik? Wenn er die Spannung zwischen bürgerlicher Demokratie und Kapitalismus ins Zentrum der Kritik rückt, dann ist der exempla­ rische Fall der Selbstauflösung der Weimarer Republik durch eine legale Volksbewegung faschistischer Prägung, die dann diese bürgerli­ chen Institutionen zur blutigen Karikatur werden läßt, stets im Erfah­ rungshintergrund Marcuses; das teilt er mit den meisten der politisch 16

wach gebliebenen Emigranten-Intellektuellen, denen Rettung in den bürgerlichen Demokratien zuteil wurde, die deshalb meist aber nicht zu deren Apologeten sich entwickelten. Wenn Marcuse 1951 Überle­ gungen darüber anstellt, welche Chancen anti-demokratische Volks­ bewegungen in Deutschland haben, dann steht wieder diese Frage der Haltbarkeit bürgerlich-demokratischer Institutionen im Vorder­ grund. Außerhalb von Splittergruppen und abgesehen von unbelehr­ baren Einzelnen glaubt Marcuse nicht, daß anti-demokratische Bewegungen Aussicht auf Erfolg haben. Er fragt sich: »Welche Grup­ pen in Deutschland könnten willens und fähig sein, demokratische Formen und Institutionen zu beseitigen, wenn diese ihren vitalen politischen und ökonomischen Interessen im Wege stehen? Dabei verstehe ich unter demokratischen Institutionen < das, was sich nach unseren westlichen Vorstellungen in Parlamentarismus, Repräsenta­ tivsystem, garantierten Bürgerrechten und freien Gewerkschaften verkörpert. Welche Gruppen sind vor dem Hintergrund dieser verän­ derten Problemstellung potenziell antidemokratisch ausgerichtet?« (»Antidemokratische Volksbewegungen«, S. 31) Daß die Kommuni­ sten zu den möglichen Antidemokraten gehören, ist für Marcuse selbstverständlich; aber sie sind zu einer Randgruppe geworden, jedenfalls außerhalb des Machtzugriffs der Sowjetunion in Deutsch­ land. Die deutschen Kommunisten dürften in nächster Zukunft, sagt Marcuse, kaum Aussicht auf Erfolg haben. Aber auch der zweiten Gruppe, die willens und fähig wäre, die gegenwärtigen demokrati­ schen Formen und Institutionen zu beseitigen, spricht er die politi­ sche Zukunft ab. Das Heer von Vertriebenen, Flüchtlingen, Arbeitslo­ sen und verarmten Angehörigen der Mittelklasse in Westdeutschland ist zu heterogen zusammengesetzt, als daß sie zu einer politisch ins Gewicht fallenden Kraft des Nachkriegsdeutschland werden könnte. Marcuse hat, wie wir heute sehen, mit der politischen Relativierung aller dieser gegen die bürgerliche Demokratie opponierenden Kräfte Recht gehabt. Auch eine mögliche Wiedervereinigung Deutschlands bezieht er ein, wenn er sich skeptisch darüber äußert, daß Deutsch­ land erneut zu einer mitteleuropäischen oder sogar kontinental-west­ europäischen Hegemonialkraft aufsteigen könnte. Daß ein westlich-parlamentarisches System in Deutschland Fuß fassen könnte, ist für Marcuse aber nicht Produkt eines demokrati­ schen Sinneswandels der Deutschen und einer Aufarbeitung der kata17

strophalen Vergangenheit. Demokratie ist nicht zu einer eigenen Angelegenheit des deutschen Volkes geworden, sondern steht im wesentlichen unter dem Machtdiktat der westlichen Alliierten. »Die Demokratie in Westdeutschland ist zur Zeit ein höchst artifizielles Konstrukt, das den tatsächlichen sozialen und politischen Kräften in keiner Weise entspricht. [...] Würde man die westdeutschen Gesell­ schaft sich selber überlassen, wären die Parteien der Mittelschichten allein nicht stark genug, um der wachsenden Radikalisierung zu widerstehen.« (A.a.O., S. 35 f.) Auch hier zeigt sich wiederbei Marcuse der tiefe Skeptizismus gegenüber bloßen institutioneilen Regelun­ gen demokratischen Verhaltens. David Riesman hatte vom »außen­ geleiteten Menschen« gesprochen, der gegenüber den Mächtigen Gehorsamsverweigerungen nicht riskiert, aber in sich eine zweite rebellische Schicht aufbaut; eine Demokratie kann nach Marcuse langfristig jedoch nur Bestand haben, wenn der innengeleitete, kri­ tisch realitätsfähige Mensch der Prototyp des Demokraten ist. Hier sind wir am entscheidenden Punkt der Demokratie-Theorie von Marcuse, wie er sich in den hier veröffentlichten Schriften, aber auch in seinem gesamten Werk zeigt. Demokratie ist die einzige poli­ tische Lebensform, die sich nicht von selbst herstellt und die auf Dauer von den institutioneilen Regelungen nicht zehren kann. Es ist ein Erfahrungstatbestand, der sich zur bestimmenden Verhaltens­ norm, ja zum kategorischen Imperativ verfestigt, daß es eine Demo­ kratie ohne Demokraten nicht geben könne. Das haben die demokra­ tischen Emigranten aus der Selbstauflösung der Weimarer Republik gelernt. So sind die Subjektausstattungen, die Erziehung, das Bewußt­ sein, die Haltungen der Menschen, die sich ihre Vorstellungen vom Gemeinwesen machen, für eine kritische Theorie der Demokratie, die die bloßen Institutionenlehren überschreiten soll, von entscheidender Bedeutung. Das politische Denken Marcuses befindet sich in einem Wechsel­ spiel zwischen den neuen Erfahrungszusammenhängen, die gewon­ nen sind aus dem Umwandlungsprozeß des Kapitalismus in den Ver­ einigten Staaten, dessen krisenhafte Zuspitzungen eben den New Deal und nicht den Faschismus erzeugt haben, und den kontinental­ europäischen Entwicklungen, insbesondere den deutschen Zustän­ den. Im Faschismus ist der bürgerliche Liberalismus, der fortwährend unter Schwächeanfällen litt, zu sich selbst gekommen. Von dieser 18

extremen Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaftsordnung richtet Marcuse den Blick auf die in den normalen Institutionen der bürgerli­ chen Gesellschaft immer auch enthaltenen faschistischen Potentiale. Diese liegen eher in den Ambivalenzzonen der Subjekte, den zwie­ spältigen Gefühlslagen, welche die Menschen in das bestehende System verwickeln, mit Ausgrenzungen und befriedigenden Teilinte­ grationen. Ein Herrschaftssystem von der Stabilität des Kapitalismus kann auf Dauer nicht überleben, ohne daß die Massen in ihren Gefühlen und Bedürfnissen an diesem System teilhaben, ja von ihm auch profitieren. Marcuse sieht schon in den Schriften der fünfziger Jahre, daß die Gesellschaft sich zunehmend eindimensional entwickelt. Trotzdem läßt er nicht locker in der Suche nach Spuren des rebellischen Poten­ tials in den Menschen und hält damit die Idee aufrecht, daß die unter­ drückten Befreiungspotentiale des vor Reichtum überquellenden Kapitalismus eines Tages aufbrechen werden. Zum ersten Mal in der Geschichte ist die Gesellschaft objektiv imstande, durch gewaltige Entfaltung ihrer Produktivkräfte den Hunger abzuschaffen und die materielle Not in allen Lebenssituationen zu beseitigen. Aber je deut­ licher diese revolutionäre Umgestaltung objektiv sich abzeichnet, desto subtiler werden die Verschleierungsmechanismen und die Inte­ grationsbemühungen des bestehenden Herrschaftssystems. Seit Marcuses großartiger Deutung der Pariser Manuskripte von 1932, ganz noch unter dem Einfluß Heideggerscher Daseinsanalytik, die ihm jedoch den Weg aus den akademischen Fragestellungen der Philoso­ phie zur Lebenswelt von Zeit, Tod, Sorge, Angst eröffnet hat, arbeitet Marcuse am Problem der Subjektivität, also an den durch Subjekte vermittelten Konstitutionsbedingungen einer befreiten und vernünfti­ gen Gesellschaft. Selbst dann, wenn es, wie in den Schlußsätzen zum Eindim ensionalen Menschen sehr pessimistisch klingt: Von der Hoff­ nung der Hoffnungslosen ist hier die Rede, immer noch ist es der Kopf der Leidenschaft, der Theorie ausmacht und der wesentlich ist für die Aufdeckung der gesellschaftlichen Widersprüche. Welche Bedeutung hat nun die Subjektivität der Menschen für die Gestaltung demokratischer Verhältnisse? Denn durch welche versier­ ten Psychotechniken, Gewalt und Manipulation die Herrschenden auch immer die Massen für Ausbeutung und imperiale Abenteuer ver­ fügbar machen: es kann ihnen nur gelingen, wenn die Individuen ein 19

Element ihres Selbstinteresses darin wiedererkennen. Bereits 1941 hatte Marcuse, wie ein Typoskript im Horkheimer-Archiv zeigt, über diese Korrespondenz von Herrschaftssystem und Individuum ge­ schrieben. Er untersucht hier die äußerst wirkungsvolle Kombination von individuellen Interessen und Gemeinschaftsbedürfnissen der Menschen, was der Erziehung zum Herrenmenschen dienen soll. Fabriken, Schulen, Ausbildungslager, Sportstätten, die kulturellen Institutionen und Freizeitorganisationen sind, wie Marcuse sagt, »wahre Laboratorien des Individualismus. Jedem Mitglied der deut­ schen Rasse wird unabhängig von seiner sozialen Stellung bei­ gebracht, sich wie ein einzigartiges und selbstsicheres Wesen zu füh­ len und zu verhalten, als der autonome Herr seines Lebens. [...] Die Partei regt den Bau von Siedlungen an, in denen der Arbeiter sein eigenes Haus, Garten und ein eigenes Haustier hat. >Der national­ sozialistische Staat ist ein Staat der Massen AvantgardeIntellektuelle