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German Pages 1019 [1020] Year 2016
Blaurock (Hrsg.)
Handbuch Stille Gesellschaft
Handbuch Stille Gesellschaft Gesellschaftsrecht . Steuerrecht herausgegeben von
Prof. Dr. Uwe Blaurock Universitätsprofessor, Freiburg
bearbeitet von Prof. Dr. Uwe Blaurock Universitätsprofessor, Freiburg
Prof. Dr. Peter Jung, Maître en droit Ordinarius, Basel
Dr. Hans-Georg Kauffeld Rechtsanwalt, Stuttgart
Prof. Dr. Philipp Lamprecht Universitätsprofessor, Frankfurt a.M.
Dr. Christian Levedag, LL.M. Richter am Bundesfinanzhof, München
Dr. Tobias Teufel Rechtsanwalt und Steuerberater, Frankfurt a.M.
Dr. Thomas Wachter Notar, München
8. neu bearbeitete und erweiterte Auflage
2016
Zitierempfehlung: Autor in Blaurock (Hrsg.), Handbuch Stille Gesellschaft, 8. Aufl. 2016, Rz. …
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-33527-4 ©2016 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort Gegenüber der im Jahre 2009 erschienenen 7. Auflage hat das Handbuch erhebliche Änderungen erfahren. Bis zur Vorauflage lag die Bearbeitung in einer Hand; die vorliegende 8. Auflage ist dagegen nunmehr ein Gemeinschaftswerk. Als Bearbeiter sind hinzugekommen Prof. Dr. Peter Jung (Basel), RA Dr. Hans-Georg Kauffeld (Stuttgart), Prof. Dr. Philipp Lamprecht (Frankfurt a.M.), RiBFH Dr. Christian Levedag (München), RA/StB Dr. Tobias Teufel (Frankfurt a.M.) und Notar Dr. Thomas Wachter (München). Die neuen Autoren haben die von ihnen jeweils übernommenen Abschnitte des Handbuchs nicht einfach nur auf den aktuellen Stand gebracht, obwohl schon dies angesichts der umfangreichen Rechtsprechung der letzten Jahre sowie einiger Gesetzesänderungen einigen Aufwand bedeutet hat. Die Autoren haben ihre Abschnitte vielmehr großenteils völlig neu geschrieben. Die Grundstrukturen des Werkes sind dabei gleich geblieben, jedoch haben sich in den Einzelbereichen teilweise deutliche Veränderungen ergeben, die – wie wir hoffen – das Werk noch praxisnäher machen. Neu aufgenommen wurden zudem die Kapitel zum Bankrecht (§ 19a) sowie zur Umwandlungssteuer (§ 26). Insgesamt hat sich dadurch inhaltlich gegenüber der Vorauflage eine deutliche Erweiterung ergeben. Die Umstellung von einer Alleinautorschaft zu einer Gemeinschaftsarbeit bringt naturgemäß einen erhöhten Abstimmungsbedarf mit sich. So lässt sich trotz aller Bemühungen nicht ausschließen, dass vor dem Hintergrund der neuen Schwerpunktsetzungen zwischen den Kapiteln vereinzelt noch Unschärfen in der Abgrenzung bestehen. Die Abstimmung weiter zu optimieren, wird Aufgabe der nächsten Auflage sein. Das Handbuch gibt nunmehr den Stand von Gesetzgebung, Schrifttum und Rechtsprechung bis Juli 2016 wieder. Nicht mehr abgewartet werden konnte die Verabschiedung der Erbschaftsteuerreform, die sich mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat weiter verzögert hat. Ihr Inkrafttreten wird aber Anlass für eine erneute Aktualisierung des § 27 sein, die dann unter Berücksichtigung der einschlägigen Änderungen des Erbschaftsteuergesetzes auf der Homepage des Verlages kostenlos abrufbar sein wird. Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle dem Verlag Dr. Otto Schmidt und hier insbesondere Frau Nadja Röhling für die intensive Betreuung, fachliche Hilfe und – nicht zuletzt – die Geduld gegenüber einem Team von Individualisten. Viele Benutzer des Handbuchs haben durch Hinweise und Anfragen zu Detailproblemen zur Weiterentwicklung beigetragen. Hierfür danke ich vielmals und bitte erneut herzlich um Kritik und Anregung (Kontakt siehe unten). Für eher technische Hinweise wenden Sie sich auch gerne an den Verlag unter [email protected]. Freiburg, im August 2016
Uwe Blaurock
V
Vorwort
Anschrift des Herausgebers: Prof. Dr. Uwe Blaurock, Universität Freiburg, Institut für Wirtschaftsrecht, Wilhelmstraße 26, 79098 Freiburg i. Br., Fax: 0761-203 2287, E-Mail: [email protected] Es haben bearbeitet: Blaurock
Jung
Kauffeld
Lamprecht Levedag
Wachter
Teufel
VI
§§ 1–2, 4–5, 10–11, 15, 30: Wesen und Bedeutung der Unternehmensform, Rechtsformwahl, Erscheinungsformen, Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten, Inhalt und Mängel des Gesellschaftsvertrags, Auflösung, Unterbeteiligung (Zivilrecht) §§ 3, 6–9, 12, 18: Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht, beteiligte Personen, Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters, Gewinn- und Verlustbeteiligung, Errichtung der Gesellschaft, Geschäftsführung, Umwandlung §§ 13–14, 16–17, 19, Vertragsmuster: Buchführung und Jahresabschluss, Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust, Auseinandersetzung, Insolvenz, stille Publikumsgesellschaft §§ 23–25, 31 II–IV: Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Unterbeteiligung (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer) §§ 20–22, 26, 31 I–II: Grundlagen der Besteuerung, Sonderfälle stille Familiengesellschaft und GmbH & Still, Einkommensteuer, Umwandlungssteuer, Unterbeteiligung (Ertragsteuerrecht) §§ 27–28, 31 V: Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer, Grund- und Grunderwerbsteuer, Unterbeteiligung (Erbschaft- und Schenkungsteuer) §§ 19a, 29: Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft; Internationales Steuerrecht
Inhaltsübersicht Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
Allgemeines Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XLIII
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XLIX
Einführung § 1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen (Blaurock) . . . . . . . .
1
§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
§ 3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht (Jung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht § 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
§ 5 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
§ 6 Die beteiligten Personen (Jung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters (Jung) . . . . . . . .
114
§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung (Jung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
139
§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft (Jung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
157
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
191
§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
209
§ 12 Geschäftsführung (Jung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
228
§ 13 Buchführung und Jahresabschluss (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
259
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust (Kauffeld) . . . . . .
294
§ 15 Auflösung der stillen Gesellschaft (Blaurock) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
320
§ 16 Auseinandersetzung (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
339
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . .
364
VII
Inhaltsbersicht Seite
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung (Jung) . . . . . . . . . . . . . . . .
401
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft (Kauffeld) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
428
§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft (Teufel) . . . . . . . . . . . . .
490
II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft § 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft (Levedag) . . . . . . .
499
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still) (Levedag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
535
§ 22 Einkommensteuer (Levedag) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
589
§ 23 Körperschaftsteuer (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
693
§ 24 Gewerbesteuer (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
727
§ 25 Umsatzsteuer (Lamprecht) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
758
§ 26 Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht (Levedag) . . . . . . .
772
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer (Wachter) . . . . . . . .
813
§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer (Wachter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
846
§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht (Teufel) . . . . . . .
854
III. Teil: Die Unterbeteiligung § 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht (Blaurock) . . . . . . . . . . .
873
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht (Levedag, Lamprecht, Wachter) . .
898
IV. Teil: Vertragsmuster (Kauffeld) M1
Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft . . . . . .
929
M2
Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft . . . . . .
936
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
943
VIII
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VII
Allgemeines Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XLIII
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XLIX
Einführung Rz. Seite
§ 1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen I. Die Wahl der Unternehmungsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1
1
1. Gesichtspunkte für die Wahl der Unternehmungsform . . . . . . .
1.1
1
2. Die zur Wahl stehenden Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . . . .
1.7
3
3. Die verschiedenen Gesellschaftszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.11
4
II. Die Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . .
1.16
6
1. Typenwahlfreiheit und Typengestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . .
1.16
6
2. Typenzwang und Typenbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.18
6
3. Weitere Grenzen der Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.26
8
4. Typenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.27
9
III. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Recht der stillen Gesellschaft . .
1.28
9
1. Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . .
1.28
9
2. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Atypische Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft . . . b) Zulässigkeit der atypischen Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB auf die atypischen Gestaltungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.. ..
1.30 1.30
10 10
..
1.32
11
..
1.35
12
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.36
12
§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl I. Beweggründe auf Seiten des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . .
2.2
14
II. Beweggründe auf Seiten des Inhabers des Handelsgeschäfts . . . . . .
2.7
16
1. Zivilrechtliche Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.7
16
2. Steuerrechtliche Beweggründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.12
17
III. Die stille Gesellschaft als Familiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . .
2.18
18
IV. Die stille Gesellschaft als Form der Mitarbeiterbeteiligung . . . . . .
2.24
20
1. Die Beweggründe zur Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . .
2.24
20 IX
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
2. Die Formen der Mitarbeiterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Mitunternehmerschaft (atypische stille Gesellschaft) c) Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vermögensbeteiligungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
2.27 2.27 2.29 2.33 2.37
21 21 21 23 24
V. Die stille Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.45
26
VI. Die stille Gesellschaft als Beteiligungsinstrument für den Venture-Capital-Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.46
26
VII. Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.48
27
VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.51
28
I. Die Wurzeln der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1
29
II. Ausländisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8
31
§ 3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht
1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8
31
2. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.20
34
3. Liechtenstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.30
37
4. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.31
37
5. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.38
39
6. Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.42
42
7. Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.62
46
8. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.69
47
9. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.74
48
10. Griechenland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.78
49
11. Anglo-amerikanischer Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.83
51
12. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.84
51
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.91
53
4.1
55
I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht § 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft I. Der Begriff der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
X
II. Das Wesen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6
56
1. Die stille Gesellschaft als echte Gesellschaft . . . . . . . . . . . .
4.6
56
2. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft . . . . . . . . . . . . .
4.10
58
3. Die stille Gesellschaft als Personengesellschaft . . . . . . . . . . .
4.17
60
III. Die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . .
4.24
62
1. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.25
62
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
2. Atypische Formen der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . a) Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft . . . . . . b) Die stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die stille Gesellschaft mit Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts . . .
.. ..
4.26 4.27
63 63
..
4.28
63
.. ..
4.32 4.33
65 65
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.34
65
I. Stille Gesellschaft und andere Formen der internen Beteiligung . .
5.2
67
1. Stille Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.2
67
2. Stille Gesellschaft und Geschäfte auf gemeinsame Rechnung . .
5.4
68
§ 5 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten
3. Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.5
68
II. Stille Gesellschaft und Gesellschaft des bürgerlichen Rechts . . . .
5.6
69
III. Stille Gesellschaft und Personenhandelsgesellschaften . . . . . . . .
5.8
69
IV. Partiarische Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.16
71
1. Begriff und Wesen der partiarischen Verträge . . . . . . . . . . . . . .
5.16
71
2. Das partiarische Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Unterscheidung zwischen partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterscheidungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.20
72
5.21 5.32
73 75
3. Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.38
79
4. Der partiarische Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.39
79
5. Partiarische Miet-, Pacht- und Verlagsverträge . . . . . . . . . . . .
5.49
82
V. Kommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.52
83
VI. Stille Gesellschaft und Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.54
84
VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.58
84
6.1
86
§ 6 Die beteiligten Personen I. Der Inhaber des Handelsgewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.1
86
2. Natürliche Personen als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . a) Gewerbeeigenschaft des betriebenen Unternehmens . . . . b) Handelsgewerbeeigenschaft des betriebenen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Handelsgewerbe kraft Unternehmenszuschnitts nach § 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.. ..
6.4 6.5
88 88
..
6.12
91
..
6.12
91
XI
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
bb) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 2 HGB cc) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 3 HGB dd) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 5 HGB c) Betreibereigenschaft des Geschäftsinhabers . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
6.13 6.14 6.15 6.16
91 92 92 93
3. Gesellschaften als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Handelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Personenhandelsgesellschaften kraft Betriebs eines Handelsgewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) EWIV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit . . . . . . . . . . . . . . d) Gesellschaften in Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Europäische Auslandsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . .
6.17 6.17 6.17
93 93 93
. . . . . . .
6.18 6.23 6.24 6.27 6.29 6.30 6.31
94 95 96 97 98 99 99
4. Erbengemeinschaften als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . .
6.35
101
5. Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.36
102
II. Der stille Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.37
102
. . . . . . . . . .
6.37 6.38 6.39 6.39 6.40 6.41 6.42 6.43 6.44 6.45
102 102 103 103 103 103 104 104 104 104
.... ....
6.47 6.47
105 105
.... ....
6.50 6.53
106 107
3. Status des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.54
108
4. Mehrheit von still Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unmittelbare Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mehrheit von unverbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mehrheit von verbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mehrgliedrige stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mittelbare Beteiligung mehrerer Gesellschafter an einem Handelsgewerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.
6.55
108
.
6.55
108
.
6.55
108
. .
6.57 6.61
109 110
.
6.62
111
1. Beteiligungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Natürliche Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gesellschaften in Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gesellschafter von still beteiligten Gesellschaften . c) Stiftungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Erbengemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Juristische Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . . . .
2. Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen . . . . . . . . . a) Verschiedenheit von Geschäftsinhaber und Stillem . . . . b) Stille Beteiligung an mehreren Handelsgewerben und an Teilen eines Handelsgewerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XII
. . . .
. . . . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
aa) Beteiligung mehrerer über eine still beteiligte BGBAußengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unterbeteiligung an einer stillen Beteiligung . . . . . . . . .
6.62 6.63
111 112
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.64
112
I. Die Pflicht zur Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.1
114
1. Beitrag und Einlageleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.1
114
2. Umfang der Beitragspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.3
115
II. Die Erbringung der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.6
116
1. Arten der Beitragsleistung und ihre rechtliche Behandlung . . a) Beitragsleistung durch bilanzierungsfähige Einlage . . . . . . aa) Persönliche Leistung einer Geldeinlage . . . . . . . . . . . bb) Persönliche Leistung einer Sacheinlage . . . . . . . . . . . cc) Schenkweise Einbuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beitragsleistung durch nicht bilanzierungsfähige Beiträge . aa) Gebrauchsüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einbringung eines Vermögensgegenstandes dem Werte nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einräumung eines Geld- oder Warenkredits . . . . . . . . ee) Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Immaterielle Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
. . . . . . .
. . . . . . .
7.6 7.7 7.10 7.15 7.18 7.31 7.31
116 116 117 118 119 123 123
. . . . .
. . . . .
7.36 7.38 7.43 7.44 7.45
124 125 126 126 126
2. Zeitpunkt der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.46
127
3. Störungen der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . b) Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Mängelgewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonstige Pflichtverletzungen des stillen Gesellschafters f) Störungen von Seiten des Geschäftsinhabers . . . . . . . .
. . . . . . .
7.50 7.50 7.51 7.54 7.56 7.59 7.60
128 128 128 129 129 130 130
III. Die Folgen der Beitragsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.61
130
1. Begründung des Beteiligungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . .
7.61
130
2. Gutschrift auf dem Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Gutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Höhe der Gutschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz der freien Bewertung der Beitragsleistung bb) Über- und Unterbewertung der Beitragsleistung . . . . cc) Probleme bei der Bewertung der Beitragsleistung . . . c) Variables Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
7.65 7.65 7.68 7.68 7.70 7.74 7.78
132 132 132 132 133 134 135
3. Einlage und Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.80
136
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.84
137
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
XIII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung I. Die Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.1
140
1. Begriff der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.2
140
2. Möglichkeiten der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.8
142
.. ..
8.18 8.18
144 144
..
8.18
144
.. ..
8.22 8.25
146 147
.. .. ..
8.25 8.30 8.31
147 151 151
..
8.35
153
II. Die Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.37
154
1. Ausschluss der Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.37
154
2. Möglichkeiten der Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.40
155
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.42
156
9.1
158
3. Konzernrechtliche Voraussetzungen der Gewinnbeteiligung . a) Anwendbarkeit der konzernrechtlichen Sonderregelungen aa) Objektive Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG auf die stille Gesellschaft als Gewinnabführungsvertrag . . . . bb) Subjektive Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG – Geltung für AG und KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolgen der Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG . . . . aa) Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zum schriftlichen stillen Gesellschaftsvertrag . . bb) Notwendigkeit der Handelsregistereintragung . . . . . . cc) Höchstgrenze der Gewinnabführung . . . . . . . . . . . . . dd) Kollision von Gewinnabführungsvertrag und stiller Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft I. Errichtung durch Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bedeutung des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.1
158
2. Wesentlicher Inhalt des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . .
9.3
158
3. Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.4
159
. . . . . . .
9.12 9.12 9.12 9.18 9.20 9.21 9.23
162 162 162 162 164 164 165
5. Mängel des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Formmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Formerfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundstücksbezogene Verpflichtungen . . . . . . . . . . . (2) Schenkungsversprechen und Verfügungen von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sonstige bedeutsame Formerfordernisse . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolgen von Formmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.24 9.24 9.24 9.25
165 165 165 166
9.27 9.28 9.29
166 167 167
4. Abschluss des Gesellschaftsvertrags a) Beteiligte . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundkonstellation . . . . . . . bb) Besondere Konstellationen . . b) Vorvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konsensbildung . . . . . . . . . . . . . d) Zeitpunkt des Wirksamwerdens .
XIV
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
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. . . . . . .
. . . . . . .
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
b) Willensmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Inhaltsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verstöße gegen zwingende Vorschriften des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verstöße gegen die guten Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verstöße gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
... ...
9.30 9.31
168 168
... ...
9.31 9.32
168 168
...
9.33
169
6. Widerruf des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.34
169
II. Besonderheiten der Errichtung durch Vertreter . . . . . . . . . . . . . . .
9.35
170
1. Allgemeine Probleme des Vertragsschlusses durch Stellvertreter a) Missbrauch der handelsrechtlichen Vertretungsmacht . . . . . . b) Insichgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.35 9.35 9.39
170 170 172
2. Der Vertragsschluss unter Mitwirkung gesetzlicher Vertreter . . a) Fälle der notwendigen Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesellschafterstellung von geschäftsunfähigen natürlichen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesellschafterstellung von beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gesellschafterstellung von Betreuten unter Einwilligungsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besondere Anforderungen an die Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bestellung eines Ergänzungspflegers . . . . . . . . . . . . . . . bb) Genehmigung des Familiengerichts . . . . . . . . . . . . . . .
.
9.40
172
.
9.40
172
.
9.40
172
.
9.41
172
.
9.44
173
. . .
9.45 9.45 9.46
174 174 175
3. Der Vertragsschluss durch Vertreter kraft Amtes . . . . . . . . . . . .
9.54
178
4. Der Vertragsschluss durch rechtsgeschäftliche Vertreter . . . . . . a) Anwendungsbereich der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertretung speziell durch Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.55
178
9.55
178
9.56
178
. . . . . . . . . . . .
9.58 9.58 9.58 9.60 9.61 9.61 9.63 9.64 9.64 9.65 9.66 9.66
179 179 179 180 181 181 182 182 182 182 182 182
.
9.71
184
5. Der Vertragsschluss durch organschaftliche Vertreter . . . . . . . a) Vertragsschluss durch eine AG oder KGaA . . . . . . . . . . . . . aa) Die AG oder KGaA als Geschäftsinhaberin . . . . . . . . . . bb) Die AG oder KGaA als stille Gesellschafterin . . . . . . . . b) Vertragsschluss durch eine GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die GmbH als Geschäftsinhaberin . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die GmbH als stille Gesellschafterin . . . . . . . . . . . . . . c) Vertragsschluss durch eine Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . aa) Die Genossenschaft als Geschäftsinhaberin . . . . . . . . . bb) Die Genossenschaft als stille Gesellschafterin . . . . . . . d) Vertragsschluss durch eine Personenhandelsgesellschaft . . . aa) Die Personenhandelsgesellschaft als Geschäftsinhaberin bb) Die Personenhandelsgesellschaft als stille Gesellschafterin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
e) Vertragsschluss durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Vertragsschluss durch eine Gesellschaft in Liquidation . . . . . g) Vertragsschluss durch eine Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . .
9.73 9.74 9.75
185 185 185
III. Wirtschaftsrechtliche Errichtungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . .
9.76
185
.. .. ..
9.76 9.77 9.78
185 186 186
.. ..
9.79 9.80
187 187
2. Finanzmarktrechtliche Errichtungsschranken . . . . . . . . . . . . .
9.81
188
3. Kartellrechtliche Errichtungsschranken . . . a) Anwendbares Kartellrecht . . . . . . . . . . b) Stille Gesellschaft und Kartellverbot . . . c) Stille Gesellschaft und Fusionskontrolle
. . . .
9.82 9.82 9.83 9.87
188 188 188 189
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.88
190
I. Der Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . .
10.1
191
II. Der sonstige Inhalt des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . .
10.4
192
10.5 10.6 10.13 10.15
192 192 194 195
1. Gewerbe- und berufsrechtliche Errichtungsschranken . . . . . a) Stille Beteiligungen an Apotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligungen an Rechtsberatungsunternehmen . . . c) Stille Beteiligungen an Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonstige gewerberechtliche Einschränkungen . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
1. Firma, Sitz und Gegenstand des Unternehmens a) Die Firma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Gegenstand des Unternehmens . . . . . . c) Der Sitz des Unternehmens . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
2. Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.17
195
3. Beitragsleistung, Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . . . . .
10.21
196
4. Auseinandersetzungsguthaben, schwebende Geschäfte . . . . . .
10.23
197
5. Übertragung der Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.29
199
6. Dauer der stillen Gesellschaft, Kündigung . . . . . . . . . . . . . . .
10.40
202
7. Geheimhaltung der stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.41
202
8. Gewährung von Sicherheiten an den stillen Gesellschafter . . .
10.43
202
9. Vereinbarung eines Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.44
203
10. Regelung der Erbfolge beim Tode des Inhabers . . . . . . . . . . . . a) Die erbrechtliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die gesellschaftsvertragliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . .
10.55 10.55 10.62
205 205 206
11. Weitere Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.65
207
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10.66
208
XVI
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags I. Die Lehre von der Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.1
209
II. Der fehlerhafte stille Gesellschaftsvertrag im Besonderen . . . . . . .
11.5
212
1. Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.5 11.6 11.12
212 212 216
2. Grenzen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzes- und Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen . . . . . . . c) Minderjährigenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung . e) Fehlende Gesellschaft und Scheingesellschaft . . . . .
. . . . . .
11.19 11.20 11.23 11.24 11.26 11.27
221 221 223 223 225 225
3. Anwendbare Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.28
226
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.33
227
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.1
228
II. Geschäftsführungsbezogene Rechte und Pflichten des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
§ 12 Geschäftsführung
12.2
229
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
12.2 12.2 12.2 12.5 12.6 12.7 12.13 12.18 12.20 12.22 12.23 12.26
229 229 229 230 230 230 232 234 235 236 236 237
2. Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgrund der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt der Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Pflicht zur Zweckförderung und Rücksichtnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pflicht zur zweckentsprechenden Verwendung der Beitragsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wettbewerbsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . .
12.29 12.29 12.30
238 238 239
.
12.30
239
. .
12.32 12.33
240 240
1. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . a) Recht und Pflicht zum Betrieb des Handelsgewerbes . aa) Übernahme der Geschäftsinhaberschaft . . . . . . . . bb) Aufnahme der Geschäftstätigkeit . . . . . . . . . . . . cc) Vornahme von Inhabergeschäften . . . . . . . . . . . . dd) Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts . . ee) Fortführung des Handelsgeschäfts . . . . . . . . . . . . b) Recht und Pflicht zur sonstigen Geschäftsführung . . . c) Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . d) Entzug der Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . e) Vergütung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . f) Folgen pflichtwidriger Geschäftsführungsmaßnahmen
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . .
XVII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
III. Geschäftsführungsbezogene Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.36
242
.. .. ..
12.36 12.36 12.37
242 242 242
.. .. ..
12.38 12.39 12.40
243 243 244
2. Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.41
244
3. Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verfügbarkeit der Kontrollrechte . . . . . . . . . . bb) Unübertragbarkeit der Kontrollrechte . . . . . . cc) Gestaltbarkeit der Kontrollrechte . . . . . . . . . b) Einzelne gesetzliche Kontrollrechte . . . . . . . . . . . aa) Das ordentliche Informationsrecht nach § 233 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das außerordentliche Informationsrecht nach § 233 Abs. 3 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Kontrolle von Beteiligungen . . . . . . . . . . dd) Weitere gesetzliche Kontrollrechte . . . . . . . .
. . . . . .
12.43 12.43 12.43 12.44 12.45 12.47
245 245 245 246 246 247
........
12.47
247
........ ........ ........
12.50 12.53 12.60
248 249 252
. . . .
12.61 12.61 12.63 12.64
252 252 253 253
5. Haftung des stillen Gesellschafters für die im Handelsgewerbe begründeten Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.65
254
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12.72
257
I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.1
260
1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.1
260
2. Abgrenzung zur internen Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . .
13.4
261
3. Behandlung im Überschuldungsstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.5
262
4. Die steuerliche Gesamtbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.6
262
II. Keine Rechnungslegungspflicht der stillen Gesellschaft . . . . . . . .
13.9
263
III. Die stille Gesellschaft in der Rechnungslegung des Inhabers nach HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.13
264
1. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . a) Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung . . . . . . . . . . b) Vertretung durch den stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . c) Entzug der vertraglich übertragenen Geschäftsführungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vergütung der vertraglich übertragenen Geschäftsführung e) Haftung für pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen . . . . . .
. . . . . .
4. Zustimmungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich des Zustimmungserfordernisses b) Modalitäten und Wirkungen der Zustimmung . . . . . c) Missachtung des Zustimmungserfordernisses . . . . .
. . . . . .
. . . .
. . . . . .
. . . .
. . . . . .
. . . .
. . . . . .
. . . .
. . . . . .
. . . .
§ 13 Buchführung und Jahresabschluss
XVIII
1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des Inhabers . . . . . . . .
13.13
264
2. Passivierung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.18
265
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
a) Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bilanzierung stiller Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bilanzierung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen . . . .
13.21
267
13.32 13.36
270 271
3. Aktivierung der Beitragsleistung des stillen Gesellschafters . . . a) Aktivierungsfähigkeit des Beitrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung der Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.39 13.40 13.46
272 272 274
4. Bilanzielle Behandlung von Gewinnen, Verlusten und Entnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.48
275
5. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Typisch stille Gesellschaft mit Fremdkapitalcharakter . . . . . b) Atypisch stille Gesellschaft mit Eigenkapitalcharakter . . . . .
13.61 13.61 13.62
278 278 279
6. Ergebnisänderungen aufgrund Betriebsprüfung . . . . . . . . . . . . . a) Handelsbilanz als Ergebnisverteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . b) Steuerbilanz als Ergebnisverteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . .
13.63 13.64 13.65
279 279 279
7. Bilanzieller Ausweis von Abfindungszahlungen an atypische stille Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Steuerbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Handelsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.66 13.69 13.71
280 280 281
IV. Die stille Gesellschaft in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.75
282
1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.75
282
2. Aktivierung der Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft . . . . .
13.76
283
3. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13.83
285
V. Behandlung der stillen Gesellschaft nach IFRS/IAS . . . . . . . . . . .
13.85
285
1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bilanzierungsgrundsätze nach IFRS/IAS . . . . . . . . . . . . . . . .
13.85 13.85 13.87
285 285 286
. 13.89 . 13.90 . 13.95 . 13.101
287 287 289 291
2. Erfassung der stillen Beteiligung in der Rechnungslegung des Inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bilanzierung nach IAS 32 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) IAS 32-Amendment (IAS 32.16A und 16B) . . . . . . . . . . . . c) Bewertung der Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
3. Erfassung der stillen Beteiligung in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.103
292
4. Angaben im Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.104
292
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13.105
293
XIX
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust I. Mehrstufiges Verfahren: Ermittlung, Verteilung und Ausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.1
294
II. Ermittlung der Bemessungsgrundlage (Ertragsermittlung) . . . . . . .
14.5
295
1. Gesetzliche Regelung – interne Rechnungslegung als Grundlage der Ergebnisberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.5
295
14.8
297
. . . .
14.8 14.10 14.11 14.14
297 297 297 298
.. ..
14.26 14.26
301 301
..
14.33
303
..
14.34
304
..
14.36
304
..
14.38
305
2. Vereinbarungen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage . a) Die Berechnung von Gewinn und Verlust in der Vertragspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausgangspunkt: Handels- oder Steuerbilanz . . . . . . . . . . aa) Handelsbilanzgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Steuerbilanzgewinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
... . . . .
3. Durchführung der Ertragsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bemessungsgrundlage bei typisch stiller Beteiligung . . . . . b) Unterschiede der Gewinnberechnung bei typischer und atypischer stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ertragsberechnung bei der atypischen stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ertragsberechnung bei der stillen Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ertragsberechnung bei der typischen stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Jahresergebnis des Inhabers als Grundlage für die Gewinnberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
..
14.45
308
III. Die Feststellung der Ergebnisberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.48
309
IV. Bestimmung des Verteilungsschlüssels (Ertragsverteilung) . . . . . .
14.54
311
1. Gewinnverteilungsschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.54
311
2. Verlustverteilungsschlüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.61
313
V. Auszahlung des Gewinnanteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.66
314
1. Der Auszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters . . . . . . . .
14.66
314
2. Auszahlungsanspruch und Einlage des stillen Gesellschafters . .
14.75
316
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14.82
319
15.1
320
II. Die Auflösungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15.8
322
1. Auflösung durch Vereinbarung der Gesellschafter . . . . . . . . . . .
15.10
322
2. Zeitablauf, Bedingungseintritt, Erreichen und Unmöglichwerden des Zwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit . . . . . . .
15.11 15.11
323 323
§ 15 Auflösung der stillen Gesellschaft I. Das Wesen der Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XX
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
b) Eintritt einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erreichen des vereinbarten Zwecks (§ 726 BGB) . . . . . . . . . . d) Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB) . . . .
15.13 15.14 15.15
323 323 323
3. Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die ordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die außerordentliche Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15.20 15.21 15.30
324 325 327
4. Kündigung durch einen Privatgläubiger des stillen Gesellschafters (§§ 234, 135 HGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15.39
329
5. Tod oder Todeserklärung eines Gesellschafters, Auflösung von Handelsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tod des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tod des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auflösung von Inhaber-Handelsgesellschaften . . . . . . . . . .
. . . .
15.42 15.42 15.49 15.58
330 330 332 334
6. Insolvenz eines Gesellschafters (§ 728 BGB) . . . . . . . . . . . . . . .
15.62
335
7. Sonstige mögliche Auflösungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15.66
336
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15.73
337
16.1
339
1. Die gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.1
339
2. Zeitpunkt der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.13
345
II. Auseinandersetzungsguthaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.15
346
1. Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens . . . . . . . . . . . .
16.15
346
2. Höhe des Auseinandersetzungsguthabens . . . . . . . . . . . . . . . . a) Höhe bei typischen stillen Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Höhe bei atypischen stillen Beteiligungen mit schuldrechtlicher Vermögensbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.18 16.19
347 348
16.27
351
3. Sonderfälle der Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dienstleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters . . . . b) Sachleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters . . . . . .
16.29 16.31 16.34
352 352 353
III. Auszahlungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.37
353
1. Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.39
354
2. Durchsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs . . . . . . . . . .
16.42
355
3. Kontrollrechte des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . .
16.46
356
IV. Das passive Einlagekonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.49
356
1. Grundsätzliche Bedeutung als Auszahlungssperre . . . . . . . . . .
16.49
356
§ 16 Auseinandersetzung I. Begriff und Wesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Vertragliche Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.57
358
V. Abwicklung schwebender Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.58
359
1. Begriff der schwebenden Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.58
359
XXI
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
2. Beteiligung des stillen Gesellschafters am Ergebnis schwebender Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.63
360
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16.71
362
I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.1
365
1. Auflösung der stillen Gesellschaft durch Insolvenz . . . . . . . . . . a) Auflösung durch Insolvenz des Geschäftsinhabers . . . . . . . . b) Auflösung durch Insolvenz des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.6 17.7 17.10
366 366 367
2. Insolvenzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.12
367
. . .
17.15 17.16 17.17
368 368 368
. .
17.23 17.30
369 372
4. Insolvenzantragspflicht des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . .
17.31
372
5. Anwendbarkeit der Vorschriften über nachrangige Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.33
373
II. Insolvenz des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17.40
375
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
3. Berücksichtigung stiller Beteiligungen in der Überschuldungsbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die stille Beteiligung als Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . b) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter . . . . . . . . c) Die „eigenkapitalersetzende“ stille Beteiligung mit Nachrang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Altfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Die Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . a) Durchführung der Auseinandersetzung . . b) Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs c) Auseinandersetzungsguthaben . . . . . . . .
XXII
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
17.40 17.40 17.46 17.49
375 375 377 378
2. Ansprüche des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . a) Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlage . . . . . . . aa) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter . . bb) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter . . cc) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung . . . . . dd) Der stille Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren b) Schadensersatz für den Verlust der stillen Einlage . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
17.50 17.51 17.51 17.55 17.58 17.68 17.70
379 379 379 380 381 383 383
3. Ansprüche gegen den stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . a) Keine Haftung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anspruch des Geschäftsinhabers auf Einzahlung rückständiger Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter . . . . bb) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter . . . . cc) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung . . . . . . .
.. ..
17.71 17.71
384 384
. . . .
. . . .
17.74 17.74 17.80 17.82
384 384 386 387
4. Die Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Sonderregelung des § 136 InsO . . . . . . . . aa) Unabdingbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verhältnis zu anderen Anfechtungsregeln
. . . .
. . . .
17.84 17.90 17.91 17.92
387 388 388 389
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
cc) Voraussetzungen der besonderen Insolvenzanfechtung gemäß § 136 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Vorliegen einer stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . ee) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . . . ff) Besondere Vereinbarung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . gg) Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Ausschluss der Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Durchführung der Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . c) Rückforderungsansprüche bei stillen Beteiligungen als Surrogat für Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Innerhalb des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . bb) Außerhalb des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . .
.. .. ..
17.94 17.95 17.96
389 389 390
. 17.97 . 17.106 . 17.107 . 17.115
390 392 392 395
. . 17.118 . . 17.118 . . 17.121
396 396 397
III. Insolvenz des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.124
398
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17.126
399
. . . .
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung I. Die stille Gesellschaft und die Umwandlung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.2
402
..
18.3
402
..
18.4
403
..
18.7
404
..
18.10
405
.
18.11
405
. . . . . .
18.11 18.12 18.14 18.17 18.24 18.25
405 406 407 408 410 411
.
18.28
412
.
18.34
414
3. Stille Gesellschaft und Spaltung des Geschäftsinhabers . . . . . . a) Stille Beteiligung am übertragenden Rechtsträger . . . . . . . . . aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung in der Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.35 18.36
414 415
18.36
415
1. Stille Gesellschaft und klassische Unternehmensübertragung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Unternehmensübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Überleitung des stillen Gesellschaftsverhältnisses auf den neuen Unternehmensträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn der Unternehmensübertragung . . . . . . . . . . . . . .
2. Stille Gesellschaft und Verschmelzung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung . bb) Informationspflichten des Geschäftsinhabers . . . . . . . . cc) Zustimmungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die Rechtslage bei Zustimmung des Stillen . . . . . . . . . ee) Die Rechtslage bei fehlender Zustimmung des Stillen . ff) Rechtsformabhängiges Zustimmungserfordernis des übernehmenden Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
bb) Information des Stillen und Zustimmungsbedürftigkeit . b) Stille Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger . . . . . . .
18.39 18.41
415 416
4. Stille Beteiligung und Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft . . . . . . . . .
18.42
416
5. Stille Gesellschaft und Formwechsel des Geschäftsinhabers . . . a) Formwechsel im Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im Umwandlungsgesetz nicht geregelte Formwechsel . . . . .
18.43
416
18.44 18.49
417 419
II. Die Umwandlung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . .
18.52
419
1. Umwandlung mit Universalsukzession . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.53
420
2. Formwechsel des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.55
420
III. Die Umwandlung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.56
420
18.57
421
18.58
421
1. Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil an der Inhabergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Personengesellschaftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Kapitalgesellschaftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.59
421
2. Der Wechsel zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.61
422
IV. Die Umwandlung eines Gesellschaftsanteils in eine stille Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.62
422
V. Die stille Gesellschaft in der grenzüberschreitenden Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.64
423
1. Verschmelzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.64
423
2. Spaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.66
425
3. Formwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.67
425
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18.69
426
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19.1
430
1. Begriff und Zulässigkeit der stillen Publikumsgesellschaft . . . .
19.9
433
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
2. Geschichtliche Entwicklung und Perspektive . . . . . . . . . . . . .
19.14
434
3. Die geeignete Rechtsform für Publikumsgesellschaften . . . . . .
19.21
437
4. Emission am „grauen Kapitalmarkt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19.26
439
II. Das Sonderrecht der stillen Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . . . .
19.29
440
19.29 19.29 19.38 19.40 19.40
440 440 443 444 444
1. Die Errichtung der stillen Publikumsgesellschaft a) Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beitritt zu einer stillen Publikumsgesellschaft c) Der Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIV
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
19.41
444
19.44 19.45
445 446
19.50 19.51
448 448
19.53
449
19.56
451
19.59
452
19.59 19.63 19.64 19.69 19.69 19.74 19.76 19.77
452 453 454 456 456 458 459 460
... ... ...
19.80 19.80 19.81
461 461 461
... ...
19.82 19.86
462 463
. 19.89 . 19.90 . 19.91 . 19.97 . 19.104
464 465 465 467 469
4. Auseinandersetzung und Abfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.105 a) Vereinbarung von Abfindungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . 19.110 b) Inhaltskontrolle der Abfindungsvereinbarung . . . . . . . . . . . 19.112
469 470 470
III. Anlegerschutz im Recht der Publikumsgesellschaft . . . . . . . . . . . 19.116
472
d) e)
f)
g)
h)
bb) Auslegung und Inhaltskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . Binnenorganisation der stillen Publikumsgesellschaft . . . . . Die stille Publikumsgesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausgangsüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Folgen bei zweigliedriger Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Folgen bei Mehrgliedrigkeit des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Abschluss stiller Beteiligungen außerhalb von Geschäftsräumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge nach §§ 312b, 312g BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Widerruf nach §§ 355 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Höhe des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der finanzierte Beteiligungserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Das verbundene Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nicht verbundene Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verstöße gegen Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . Stellvertretung und Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge . . . . . . . . . . . . . . a) Rechte und Pflichten der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . aa) Einlagepflicht des Anlegers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Informations- und Kontrollrechte der stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftungsverfassung der stillen Publikumsgesellschaft . .
3. Ausscheiden des Anlegers und Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenz eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kündigung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kündigung durch den Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Liquidationsbeschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . b) Spezialgesetzliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Neuregelung durch das Vermögensanlagengesetz und das Kapitalanlagegesetzbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendungsbereich des VermAnlG und Abgrenzung zum KAGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 19.117 . . . 19.119 . . . 19.125
472 473 474
. . . 19.126
474
. . . 19.130
476
XXV
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
cc) Verkaufsprospekt und Vermögensanlagen-Informationsblatt nach dem VermAnlG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.139 dd) Ausnahmen und Befreiungen nach dem VermAnlG . . . . 19.149 ee) Haftungsvoraussetzungen nach dem VermAnlG . . . . . . . 19.152
478 480 481
2. Aufsichtsrechtliche Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.160 a) Stille Beteiligungen als Einlagengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . 19.162 b) Stille Beteiligungen als Kreditgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.167
484 484 486
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19.168
487
§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19a.1
490
II. Aufsichtsrechtlicher Rechtsstand bis zum 30.12.2010 . . . . . . . . . .
19a.5
491
1. Qualifikation als unbegrenzt anrechenbares Kernkapital nach KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19a.5
491
2. Qualifikation als begrenzt anrechenbares hybrides Kernkapital bei international tätigen Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19a.7
491
3. Qualifikation als Ergänzungskapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19a.9
492
4. Steuerliche Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a.10
492
III. Aufsichtsrechtlicher Rechtsstand vom 31.12.2010 bis zum 31.12.2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a.12
493
IV. Aufsichtsrechtlicher Rechtsstand ab dem 1.1.2014 . . . . . . . . . . . . 19a.14
493
1. Hartes Kernkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a.16
494
2. Zusätzliches Kernkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a.18
495
3. Ergänzungskapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a.20
495
4. Steuerliche Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a.21
496
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19a.25
496
II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft § 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft I. Die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften . . . . . . .
20.1
500
II. Steuerliche Einordnung und Anerkennung eines Rechtsverhältnisses als stille Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.5
501
1. Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Steuerrecht . . . . . . . . . .
20.5
501
2. Unwirksame Gesellschaftsverträge/Treuhandfälle . . . . . . . . . a) Begriff des Scheingeschäfts gemäß § 41 Abs. 2 AO . . . . . . . b) Unwirksame und rückwirkend geänderte Gesellschaftsverträge (§§ 38, 41 Abs. 1 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Treuhandfälle (§ 39 Abs. 2 AO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. .
20.9 20.9
503 503
. .
20.11 20.13
503 504
3. Nebeneinander von Rechtsverhältnissen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.14
504
XXVI
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
a) Zuordnung von Vergütungen zu den verschiedenen Einkunftsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abgrenzung von Arbeitslohn und Einkünften aus Kapitalvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) GmbH & Still/Personengesellschaft & (a)typisch still . . . . . .
20.14
504
20.16 20.22
505 508
20.24 20.24 20.29
509 509 511
20.40 20.47
515 517
5. Gestaltungsmissbrauch, § 42 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 42 AO a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 42 AO in der aktuellen Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.50 20.50 20.52
518 518 518
III. Die Unterscheidung von typischer und atypischer stiller Gesellschaft im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.59
521
1. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.59
521
4. Der Streit um das Vorliegen der stillen Gesellschaft im Veranlagungs- und Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfahrensrechtliche Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . . . . . b) Verdeckte Innengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umqualifizierung eines Rechtsverhältnisses in einen Gesellschaftsvertrag über eine typisch stille Beteiligung . . . . . . . . . d) Streit um die Einkünftezurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.66
522
3. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.67
523
IV. Die atypische stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft . . . . .
20.70
524
1. Voraussetzung der Mitunternehmerstellung des Stillen . . . . . .
20.70
524
2. Sonderfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) GmbH & (a)typisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligung an einer GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . .
20.78 20.78 20.81
529 529 530
V. Steuerliche Motive für die Begründung von stillen Beteiligungen .
20.85
532
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20.91
533
I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21.1
537
II. Vertragsartenübergreifende Voraussetzungen der steuerlichen Anerkennung von Angehörigenverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21.2
537
.. .. ..
21.2 21.2 21.6
537 537 539
..
21.7
540
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still)
1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gestaltungsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzliche Regelungen zu Angehörigenverträgen . . . . . . c) Richterrechtliche Anerkennungsvoraussetzungen von Angehörigenverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bedeutung der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Vertragsschlusses im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
..
21.14
543
2. Rechtsfolgen bei der Nichtanerkennung eines Angehörigenvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21.19
545
3. Verhältnis der „Anerkennungsvoraussetzungen“ zu § 42 AO . .
21.20
546 XXVII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
III. Persönlicher Anwendungsbereich der Angehörigenrechtsprechung
21.23
547
1. Verträge zwischen natürlichen Personen . . . . . . . . . . . . . . . . .
21.23
547
2. Mittelbare Angehörigenverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21.26
549
IV. Die Anerkennung der stillen Familiengesellschaft als solche . . . . .
21.27
550
1. Anerkennungsprüfung bei Gesellschaftsverträgen über stille Beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21.27
550
21.30 21.30
551 551
21.33 21.36 21.36 21.41 21.44
552 553 553 555 556
21.46
557
21.53
559
21.53
559
21.54 21.62
560 563
. . . . . . . .
21.63 21.64 21.68 21.69 21.70 21.71 21.72 21.73
563 564 565 565 566 566 567 567
4. Die Rechtsfolgen einer Nichtanerkennung der Gewinnverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21.74
567
V. Die GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21.76
568
21.76 21.76 21.78 21.78 21.81 21.82 21.83 21.84
568 568 568 568 570 570 570 570
2. Die Anwendung der einzelnen Kriterien bei der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Klare und eindeutige Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zivilrechtliche Wirksamkeit, Anwendbarkeit von § 41 Abs. 1 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fremdvergleich dem Inhalt nach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abstrakter Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verfügungsrecht über die stille Beteiligung . . . . . . . . . . cc) Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vertragsgemäße Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonderproblem: Schenkung einer typischen Beteiligung mit Verlustausschluss durch den Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zivilrechtlich unwirksame Schenkung der Einlageforderung als Anerkennungsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorherige Schenkung der Mittel durch den Geschäftsherrn, um die Einlage des stillen Gesellschafters zu leisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Folgen der Nichtanerkennung des Gesellschaftsverhältnisses . 3. Die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung . . . . . a) Maßstäbe und Zeitpunkt der Angemessenheitsprüfung . . . b) Die Angemessenheit der Gewinnverteilung im Einzelnen . aa) Die geschenkte typisch stille Beteiligung . . . . . . . . . . bb) Die typisch stille Beteiligung aus Eigenmitteln . . . . . cc) Die geschenkte atypisch stille Beteiligung . . . . . . . . . dd) Die entgeltlich erworbene atypisch stille Beteiligung . ee) Die teilweise geschenkte Beteiligung . . . . . . . . . . . . .
1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Steuerliche Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verlusttransfer auf die Gesellschafterebene bb) Thesaurierungsvorteile der GmbH . . . . . . cc) Veräußerung der GmbH-Beteiligung . . . . . dd) Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXVIII
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
2. Die Anerkennung der GmbH & Still als solcher . . . . . . . . . . . a) Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses . . . . . . . . . . . b) Erhöhte Anerkennungsvoraussetzungen bei beherrschenden Gesellschaftern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der von den erhöhten Anforderungen betroffene Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Anerkennungsvoraussetzungen im Einzelnen . . . . . . . aa) Klare und eindeutige Vereinbarung, Üblichkeit . . . . . . bb) Zivilrechtliche Wirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Vertragsgemäße Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Folgen der Nichtanerkennung der stillen Beteiligung . . . . .
. .
21.85 21.85
571 571
.
21.87
571
. 21.89 . 21.94 . 21.95 . 21.99 . 21.101 . 21.102
572 574 574 575 576 576
. 21.103 . 21.103
576 576
. 21.113 . 21.113
579 579
. 21.114
579
. 21.115 . 21.118
579 580
. 21.118 . 21.120
580 582
. 21.129 . 21.130
586 586
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21.134
587
3. Die Anerkennung des Leistungsaustauschs und der Gewinnund Verlustbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtliche Korrekturmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) VGA im Leistungsaustausch zwischen GmbH & stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) VGA aus dem Leistungsaustausch in der typisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) VGA aus dem Leistungsaustausch in der GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) VGA aufgrund einer unangemessenen Gewinnverteilung . . aa) Gleiche Maßstäbe für GmbH & typisch Still und GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Maßstäbe der Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Angemessenheitsgrenzen bei der Gewinnverteilung in der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rechtsfolgen einer unangemessenen Gewinnverteilung
§ 22 Einkommensteuer I. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22.3
593
1. Die Eingehung der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . .
22.3
593
2. Besteuerung laufender Geschäftsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . a) Subjektive Steuerpflicht der Mitunternehmer . . . . . . . . . . . b) Gewinnanteile aus der atypisch stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Behandlung der atypisch stillen Gesellschaft als gewerbliche Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Nur teilweise gewerbliche Tätigkeit: Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die gewerbliche Prägung der GmbH & atypisch Still (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gewinnermittlung und Umfang des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22.5 22.5
594 594
22.6
594
22.6
594
22.10
596
22.16
598
22.22
600 XXIX
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
aa) Freiwillige Gewinnermittlung im Wege einer Handelsund Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft . . . . . . . bb) Einnahmenüberschussrechnung oder Betriebsvermögensvergleich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers als fiktives Gesamthandsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kapitalkonto und Ergänzungsbilanz des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderbetriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) GmbH-Beteiligung als Sonderbetriebsvermögen eines atypisch stillen Gesellschafters in der GmbH & Still . . . . . Gewinnanteil und Sondervergütungen des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Behandlung des Geschäftsführergehalts des Stillen bei der GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Behandlung von Pensionszusagen auf Ebene der GmbH in der GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzierungsaufwendungen des stillen Gesellschafters und Zinsschranke nach § 4h EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . aa) Die Regelungen der §§ 10d, 15b EStG . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beschränkung des Verlustabzugs bei stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . cc) Beschränkung des Verlustausgleichs nach § 15a EStG . . . . Einlageminderung i.S. von § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG . . . . . . . . . Die Tarifbegünstigung des § 34a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . .
..
22.22
600
..
22.24
600
..
22.31
603
.. .. ..
22.33 22.40 22.40
605 607 607
..
22.42
608
.. ..
22.50 22.50
612 612
..
22.52
613
..
22.54
614
.. .. ..
22.57 22.65 22.66
616 619 620
. . . .
22.68 22.69 22.83 22.88
620 620 625 626
3. Besonderheiten bei einzelnen Formen der atypisch stillen Gesellschaft 22.98 a) Mitunternehmerschaft & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.98 b) Betriebsaufspaltung mit einer GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . 22.102
630 630 631
4. Behandlung von Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 5 EStG) . . . . b) Veräußerung des Anteils an einen neuen Gesellschafter . . . . . . aa) Entgeltliche Veräußerung bei positivem Kapitalkonto des atypisch Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Behandlung beim Veräußerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Exkurs: Nachträglicher Ausfall der Kaufpreisforderung . (3) Behandlung beim Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entgeltliche Veräußerung bei negativem Kapitalkonto des atypisch Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Behandlung beim ausscheidenden Gesellschafter . . . . . (2) Behandlung beim Erwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils und Teilmitunternehmeranteils (§ 6 Abs. 3 EStG) . . . . . . aa) Unentgeltlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragung gegen Versorgungsleistungen . . . . . . . . . . . .
. . 22.107 . . 22.107 . . 22.114
633 633 636
. . . .
22.114 22.114 22.118 22.120
636 636 638 638
. . 22.122 . . 22.122 . . 22.124
639 639 639
. . 22.125 . . 22.125 . . 22.126
640 640 641
d) e)
f)
g) h)
i) j)
XXX
. . . .
. . . .
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
d) Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft gegen Abfindung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausscheiden gegen Barabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ausscheiden gegen Sachwertabfindung in das Privatvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausscheiden gegen Sachwertabfindung in ein Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Anwendung auf das Ausscheiden des atypisch stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Ausscheiden des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . e) Besonderheiten bei der Auflösung einer GmbH & atypisch Still: Einbringung des Anteils an der atypisch stillen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Veräußerung des Geschäftsbetriebs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4, 34 EStG . . . . . . . . . aa) Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sondertarife nach § 34 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. 22.131 . 22.131
643 643
. 22.133
644
. 22.134
645
. 22.135 . 22.138
646 646
. . . . .
22.140 22.142 22.145 22.145 22.147
647 647 648 648 648
. . . . . .
22.152 22.152 22.156 22.157 22.157 22.162
649 649 650 651 651 653
6. Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG – sog. Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.165
654
II. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.166
654
1. Steuerrechtliche Behandlung beim Inhaber des Handelsgeschäfts . 22.167
654
5. Die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung . . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beteiligtenfähigkeit der atypisch stillen Gesellschaft c) Einspruchs- und Klagebefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einspruchsbefugnis (§ 352 AO) . . . . . . . . . . . . . bb) Klagebefugnis (§ 48 Abs. 1 FGO) . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
2. Die Einkunftsart beim stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . 22.181
656
3. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . a) Der Gewinnanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besonderheit: Mehrgewinne aufgrund Betriebsprüfung aa) Handelsbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab . . . bb) Steuerbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab . . . . c) Das Zufließen der Gewinnanteile . . . . . . . . . . . . . . . aa) Stille Beteiligung im Privatvermögen . . . . . . . . . bb) Stille Beteiligung im Betriebsvermögen . . . . . . . . cc) Sonderfragen des Zuflusses . . . . . . . . . . . . . . . .
22.184 22.184 22.186 22.186 22.187 22.188 22.188 22.196 22.198
656 656 657 657 658 658 658 662 662
. . . 22.201
663
. . . .
663 663 665 665
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
4. Gewinne aus Auflösung und Veräußerung der typisch stillen Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewinne aus Auflösung von typisch stillen Altgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Stille Beteiligung im Privatvermögen . . . . . . . . . . . . bb) Stille Beteiligung im Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . cc) Sachwertabfindung des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . .
. . . . . . . . .
. . . .
22.202 22.202 22.208 22.209
XXXI
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
b) Gewinne aus der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 begründeten oder erworbenen Altbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . aa) Typisch stille Beteiligung im Privatvermögen . . . . . . . . bb) Anwendung des § 23 EStG a.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Typisch stille Beteiligung im Betriebsvermögen . . . . . . c) Veräußerungs- und Auflösungsgewinne bei Neugesellschaften, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG n.F. . . . . . . . . . . . . .
22.210 22.210 22.215 22.217
666 666 667 668
. . . 22.218
668
5. Werbungskostenabzug außerhalb der Verlustzuweisung . . . . . . . . . 22.231 a) Werbungskostenabzug in Veranlagungszeiträumen bis Ende 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.231 b) Beschränkung des Werbungskostenabzuges nach § 20 Abs. 9 EStG n.F. ab 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.235
671
6. Behandlung der Verlustzuweisung an den Stillen . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verlustzuweisungsbeträge sind Werbungskosten im Verlustentstehungsjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG . . . . . . . . . . . . . . aa) Fehlende Belastung des Stillen durch Verlustzuweisung bei negativem Kapitalkonto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sinngemäße Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . e) Verlustanteile bei typisch stillen Beteiligungen im Betriebsvermögen (vor und nach 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
671 672
. . . 22.238 . . . 22.238
673 673
. . . 22.239 . . . 22.242
674 676
. . . 22.242
676
. . . 22.244 . . . 22.251
676 679
. . . 22.256
679
7. Beschränkung der Verlustnutzung nach § 20 Abs. 6 EStG . . . . . . . . 22.261
680
8. Ausschluss der Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus der Abgeltungsteuer gemäß § 32d Abs. 2 EStG . . . . . . . . . . a) Das besondere Näheverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gläubiger und Schuldner sind einander nahestehende Personen, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG n.F. . bb) Qualifizierte Beteiligung an der auszahlenden Kapitalgesellschaft, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG n.F. . cc) Schädliche Back-to-Back-Finanzierung, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG n.F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folgen des Vorliegens der Ausnahmetatbestände . . . . . . . . . c) Gestaltungsüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einlagen aus geschenkten Mitteln . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Refinanzierung stiller Einlagen in der GmbH & Still . . . cc) Bewusste Strukturierung von typisch stillen Beteiligungen mit Angehörigen statt mit dem Gesellschafter in der GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 22.266 . . . 22.267
681 681
. . . 22.267
681
. . . 22.270
682
. . . . .
22.275 22.276 22.278 22.278 22.280
685 685 685 685 686
. . . 22.281
686
. . . . .
. . . . .
9. Tarif . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.283
687
10. Die Kapitalertragsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.287 a) Der Steuerabzug vom Kapitalertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.287 b) Die abgeltende Wirkung der Kapitalertragsteuer bei Privatinvestoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.288
688 688
XXXII
688
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
11. Kapitaleinkünfte in der Veranlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pflichtveranlagung zum Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Veranlagungswahlrecht zur Überprüfung des Kapitalertragsteuereinbehalts, § 32d Abs. 4 EStG . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag auf Günstigerprüfung, § 32d Abs. 6 EStG n.F. . . . .
. . 22.293
689
. . 22.294
689
. . 22.296 . . 22.300
690 690
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.304
691
§ 23 Körperschaftsteuer I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.1
694
1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verweis auf die Einkommensermittlung nach dem EStG b) Die GmbH & Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Typische und atypische stille Gesellschaften bei Beteiligung von KSt-Subjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
... ... ...
23.1 23.1 23.3
694 694 694
...
23.5
695
2. Stille Gesellschaften und subjektive Körperschaftsteuerpflicht .
23.8
697
3. Trennungsprinzip und stille Beteiligung von Anteilseignern . . .
23.14
698
4. Teileinkünfteverfahren, Abgeltungsteuer und stille Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.16
699
..
23.22
701
..
23.23
701
..
23.27
703
..
23.30
704
..
23.37
706
..
23.40
707
6. Stille Beteiligungen als Eigenkapital des Geschäftsinhabers – Rangrücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.41
707
7. Stille Beteiligungen und Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stille Beteiligungen am Organträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stille Beteiligungen an der Organgesellschaft . . . . . . . . . . . .
23.44 23.49 23.53
708 709 711
II. Atypische stille Gesellschaften unter der Beteiligung von KStSubjekten – Die GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.56
713
1. Einkünfteermittlung bei der Mitunternehmerschaft . . . . . . . . .
23.56
713
2. Die Besteuerung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . a) Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters . . . . b) Untergang von Verlustvorträgen gemäß § 8c KStG . . . . c) Laufende Besteuerung bei Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
.... .... ....
23.59 23.59 23.61
714 714 714
....
23.63
715
5. Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Einlage – Zum Debt-Mezzanine-Swap . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Errichtung stiller Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters als verdeckte Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei sonstigen Geschäftsvorfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXIII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
3. Die Besteuerung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . a) Erwerb der atypischen stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . b) Untergang von Verlustvorträgen gemäß § 8c KStG . . . . c) Einschränkung des Verlustausgleichs gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Regelungsgehalt von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . bb) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG – Einzelheiten . . . . . . . .
.... .... ....
23.64 23.64 23.65
715 715 716
.... ....
23.66 23.67
716 716
.... ....
23.68 23.71
717 719
III. Typische stille Gesellschaften unter der Beteiligung von KStSubjekten – Die GmbH & typisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.75
720
1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.75
720
2. Die Besteuerung des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters . . . . . . . . b) Laufende Besteuerung bei Beteiligung eines typischen stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.76 23.76
721 721
23.78
721
3. Die Besteuerung des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . a) Übernahme der typischen stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . b) Laufende Besteuerung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . c) Eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen i.S. von § 17 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen aus stillen Beteiligungen gemäß § 8b Abs. 3 KStG und § 3c Abs. 2 Satz 2–5 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gemäß § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2–4 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Einschränkung des Verlustausgleichs gemäß §§ 15 Abs. 4 Satz 6–8; 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG . . . . . . . . . . . .
. . .
23.80 23.80 23.81
721 721 722
.
23.82
722
.
23.85
723
.
23.86
723
.
23.88
724
.
23.90
725
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23.91
725
I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.1
727
1. Typische und atypische stille Gesellschaften bei der Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.1
727
2. Wesentliche Änderungen der Gewerbesteuer für stille Gesellschaften in der Vergangenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.3
728
3. Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe . . .
24.5
729
§ 24 Gewerbesteuer
II. Die atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.6
730
1. Die atypische stille Gesellschaft als Gewerbebetrieb . . . . . . . . a) Atypische stille Gesellschaften am gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.6
730
24.6
730
XXXIV
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
b) Atypische stille Gesellschaften an Teilen des Gewerbebetriebs des Inhabers – Tracking-Stock-Strukturen . . . . . . . . c) Atypische stille Beteiligungen im Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.13
732
24.21
736
2. Subjektive Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.22
736
3. Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage – Hinzurechnungen und Kürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.26
737
4. Gewerbesteuerliche Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.33
739
5. Gewerbeverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verlustverrechnung lediglich bei Unternehmens- und Unternehmeridentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inkurs: Doppelstöckige Personengesellschaften . . . . . . . . . . c) Verlustvortrag und Mindestbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Anwendbarkeit von § 8c KStG auf die Gewerbesteuer . . .
24.35
740
24.35 24.45 24.49 24.52
740 743 745 745
6. Freibetrag, Steuermesszahl, Steuermessbetrag Hebesatz . . . . . .
24.54
746
7. Anrechnung der Gewerbesteuer gemäß § 35 EStG . . . . . . . . . .
24.59
747
8. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Festsetzung von Gewerbesteuer-Messbetrag und Gewerbesteuer sowie Feststellung des vortragsfähigen Verlusts zur Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesonderte und einheitliche Feststellung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.65
749
24.65
749
24.73
752
III. Die typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.74
752
1. Allgemeines – Vor- und Nachteile gegenüber atypischen stillen Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.74
752
2. Die Hinzurechnung von Gewinn- und Verlustanteilen des stillen Gesellschafters zum Gewerbeertrag . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG . . . . b) Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. (bis 2007) . . .
24.76 24.78 24.88
753 753 756
IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24.89
757
§ 25 Umsatzsteuer I. Keine Unternehmereigenschaft von stillen Gesellschaften . . . . . .
25.1
758
II. Der Geschäftsinhaber als Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25.5
759
III. Der stille Gesellschafter in der Umsatzsteuer . . . . . . . . . . . . . . . .
25.9
761
1. Ein- und Ausgangsumsätze des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . .
25.9
761
..... ..... .....
25.12 25.12 25.17
762 762 763
.....
25.18
764
2. Unternehmerische Tätigkeit des stillen Gesellschafters – Zum Vorsteuerabzug bei stiller Beteiligung . . . . . . . . . . a) Erwerb und Halten stiller Beteiligungen . . . . . . . . . . b) Der stille Gesellschafter als Unternehmer . . . . . . . . . c) Die stille Beteiligung als Teil der unternehmerischen Tätigkeit des stillen Gesellschafters . . . . . . . . . . . . .
XXXV
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
IV. Leistungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25.24
765
1. Mangelnde Umsatzsteuerbarkeit der Leistungen bei gesetzestypischer stiller Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25.24
765
25.25 25.26
765 765
2. Sacheinlagen und Sacheinbringungen des stillen Gesellschafters sowie Sachleistungen des Geschäftsinhabers . . . . . . . . . . . a) Rechtsprechung des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsauffassung der deutschen Finanzgerichte und Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25.31
767
3. Leistungen gegen Sonderentgelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25.37
769
V. Veräußerung der stillen Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25.41
770
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25.42
771
26.2
772
26.2 26.2
772 772
. . . . .
26.5 26.6 26.7 26.8 26.10
773 774 774 774 775
. . . .
26.13 26.13 26.14 26.14
776 776 776 776
. .
26.17 26.24
777 779
.
26.24
779
. .
26.29 26.32
781 781
.
26.36
782
II. Wechsel von Mitunternehmerstellung an der Außengesellschaft in die Stellung als atypisch Stiller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.44
784
1. Ausscheiden aus Gesellschaft unter Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter . . . . . . .
26.44
784
§ 26 Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht I. Gründung atypisch stiller Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Funktion des § 24 UmwStG 2006 . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfragen zur Ausübung des Bewertungswahlrechts gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG . . . . . . . . . . . . . . c) Ausübungsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Maßgebliche Schlussbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Antragstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Antragsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
..... ..... . . . . .
. . . . .
. . . . .
. . . . .
2. Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft durch Bar- oder Sacheinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers . . . . . . . . a) Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gründung eines Einzelunternehmens & atypisch Still . . . . aa) Realisationstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übergang des Betriebsvermögens in das Quasi-Gesamthandsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gründung einer Personengesellschaft & atypisch Still . . . . aa) Gründung mit einem Nichtgesellschafter der Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gründung einer Personengesellschaft & atypisch Still mit einem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gründung einer GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . e) Eintritt eines Neugesellschafters in eine bestehende GmbH & atypisch Still unter Leistung eines Aufgelds in die Kapitalrücklage der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXXVI
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
a) Ausscheiden aus einer Personengesellschaft gegen Baroder Sachwertabfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.44
784
26.48
787
2. Ausscheiden des Komplementärs einer KGaA unter Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.54
790
3. Umwandlung einer GmbH & Co. KG in eine GmbH & atypisch Still . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.55
790
III. Mehrfache Anwendung von Bewertungswahlrechten bei Umwandlungsvorgängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.65
793
26.65 26.65
793 793
1. Sacheinlagen des atypisch stillen Gesellschafters aus einem Betriebsvermögen im Rahmen der Gründung . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendbarkeit des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG . . . . . . . . . . . . . . b) Behandlung paralleler Sacheinlagen des Geschäftsinhabers und des Stillen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.66
793
2. Gründung einer GmbH & atypisch Still bei Einbringung einer Sachgesamtheit in die GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtslage bis einschließlich 31.12.2014 . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtslage ab dem 1.1.2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.71 26.71 26.74
794 794 795
3. Einbringung einer Sachgesamtheit in eine Personengesellschaft unter Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft . . .
26.75
795
.... ....
26.79 26.79
796 796
....
26.80
797
....
26.83
798
5. Umwandlungen unter Beteiligung des Geschäftsinhabers bei bestehender atypisch stiller Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.86
799
IV. Umwandlung einer atypisch stillen Beteiligung in eine Beteiligung am Geschäftsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26.90
800
26.90
800
26.90 26.93
800 801
26.98
803
V. Verschmelzung der GmbH auf eine atypisch still beteiligte Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.101
803
4. Atypisch stille Beteiligung an einem Teilbetrieb oder einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . a) Teilbetriebsbegriff des UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . b) 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begründung einer atypisch stillen Beteiligung im Wege des Anteilstauschs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Umwandlung der GmbH & atypisch Still in eine GmbH unter Ausgabe neuer GmbH-Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einbringung von Mitunternehmeranteilen durch die atypisch stillen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Billigkeitsregelung in Tz. 20.09 des UmwStE 2011 . . . . . . . . 2. Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung in eine Mitunternehmerstellung an der Außen-Personengesellschaft . . . . .
XXXVII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
VI. Begründung einer Kapitalgesellschaft & typisch Still bei Einbringungen gemäß §§ 20, 21 UmwStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.107
805
1. Einräumung einer typisch stillen Beteiligung als sonstige Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.107
805
2. Rechtslage für Einbringung und Anteilstausch bis zum 31.12.2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.109
805
3. Rechtslage für Einbringung und Anteilstausch nach dem 31.12.2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhalt der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Absolute und relative Schädlichkeitsgrenze . . . . . . . . . . c) Wirkungsweise der Neuregelung bei schädlicher sonstiger Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ansatz des Mindestwerts (§§ 20 Abs. 2 Satz 4, 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 26.114 . . 26.114 . . 26.116
807 807 808
. . 26.117
809
. . 26.124
810
VII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26.133
812
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer I. Erbschaft- und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.1
814
27.1
814
. . . .
27.4 27.4 27.6 27.15
815 815 815 818
3. Entstehung der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.20
819
4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundlagen und Rechtsentwicklung . . . . . b) Typisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . aa) Besteuerung des stillen Gesellschafters . bb) Besteuerung des Inhabers . . . . . . . . . . . c) Atypisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . .
2. Steuertatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Freigebige Zuwendungen unter Lebenden c) Fiktive Zuwendungen unter Lebenden . .
. . . .
. . . .
. . . . . . . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
27.27 27.27 27.30 27.30 27.46 27.47
821 821 822 822 825 826
5. Verschonung von unternehmerischem Vermögen a) Grundlagen und Rechtsentwicklung . . . . . . . b) Typisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . c) Atypisch stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . aa) Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anteile an Kapitalgesellschaften . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
27.59 27.59 27.69 27.70 27.70 27.76
828 828 830 830 830 832
6. Freibeträge und Steuertarif . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.79
832
II. Vermögensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.91
833
1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.91
835
2. Aktuelle Reformüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27.96
838
III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27.113
844
XXXVIII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer I. Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.1
846
1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.1
846
2. Steuerpflichtige Erwerbsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.3
846
3. Steuerbefreiungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.10
848
4. Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.15
849
5. Steuerberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.17
850
6. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.19
850
II. Grundsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28.21
850
I. Die beschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.1
855
1. Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.1 29.6 29.16
855 856 858
2. Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.22
859
3. Vermögensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.23
859
4. Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.24
860
II. Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung . . . . . . . . . .
29.26
860
1. Unilaterale Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.27
860
2. Bilaterale Maßnahmen (Doppelbesteuerungsabkommen) . . . . . a) Typische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Atypische stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.30 29.31 29.36
861 862 863
III. Das Außensteuergesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.42
866
IV. Negative ausländische Einkünfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.47
869
V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29.51
870
I. Wesen der Unterbeteiligung und wirtschaftliche Bedeutung . . . . .
30.1
873
II. Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.8
875
III. Arten der Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.15
877
IV. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.21
879
V. Der Unterbeteiligungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.26
880
1. Rechtsnatur des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.26
880
2. Formbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.29
881
3. Mängel des Gesellschaftsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.38
885
§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
III. Teil: Die Unterbeteiligung § 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
XXXIX
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
VI. Beitrag und Einlage in der Unterbeteiligungsgesellschaft . . . . . .
30.39
885
VII. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . .
30.41
886
VIII. Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . .
30.58
892
IX. Die Einlage des Unterbeteiligten in der Insolvenz des Hauptgesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.65
895
X. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30.66
896
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.1
899
II. Unterbeteiligungen natürlicher Personen im Ertragsteuerrecht . .
31.2
900
1. Die typische Unterbeteiligung im Privat- oder Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die steuerliche Behandlung beim Unterbeteiligten . . . b) Die steuerliche Behandlung beim Hauptbeteiligten . . . c) Die abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuerabzugs
. . . .
31.2 31.2 31.14 31.15
900 900 903 904
.
31.18
905
. .
31.18 31.18
905 905
.
31.19
906
.
31.23
907
. .
31.26 31.30
909 911
3. Besonderheiten bei Unterbeteiligungen im Familienverband . a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die steuerliche Anerkennung der Unterbeteiligungsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Anerkennung der Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . .
31.33 31.33
912 912
31.34 31.49
912 916
31.53 31.53
917 917
31.57
918
31.61
919
31.68
921
31.68 31.72
921 922
. . . .
. . . .
2. Die atypische Unterbeteiligung natürlicher Personen an einem Mitunternehmeranteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die atypische Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Definition der atypisch stillen Unterbeteiligung . . . . bb) Anforderungen an die Mitunternehmerstellung des atypisch Unterbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Folgerungen aus dem Vorliegen einer doppelstöckigen Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einräumung, Auflösung und Veräußerung der Unterbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung . . . .
4. Besonderheiten bei der Unterbeteiligung an einem GmbHAnteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erscheinungsformen und Einsatzfelder . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Besteuerung bei typischer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Besteuerung bei atypischer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einräumung, Veräußerung und Beendigung der Unterbeteiligung an einer Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einräumung der Unterbeteiligung durch den Hauptbeteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beendigung und Veräußerung der Unterbeteiligung . . . XL
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
III. Körperschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.80
924
IV. Gewerbesteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.83
924
V. Erbschaft- und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.90
925
VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31.95
927
IV. Teil: Vertragsmuster M 1 Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft . . . . . . .
929
M 2 Vertrag über die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft . . . . . . .
936
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
943
XLI
Allgemeines Literaturverzeichnis Soweit andere als die aufgeführten Auflagen im Text zitiert werden, ist dies jeweils angegeben. Im Übrigen findet sich spezielle Literatur vor jedem Kapitel. Aulinger
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Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2006 Kommentar zur Insolvenzordnung (Loseblatt) Genossenschaftsgesetz, 38. Aufl. 2016 Gewerbesteuergesetz (Loseblatt) Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Aufl. 2010 Das Einkommensteuerrecht, Kommentar (Loseblatt) Haufe IFRS-Kommentar, 12. Aufl. 2014 Umwandlungsgesetz, Kommentar, 5. Aufl. 2014 GmbH-Gesetz, Kommentar, 18. Aufl. 2012; 19. Aufl. 2016 SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015
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Westermann/Wertenbruch Widmann/Mayer Wiedemann Wiedemann/Frey Wilms/Jochum
XLVIII
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.E. a.F. ABGB ABl. EG ABl. EU Abs. AcP AdV AEUV AfA AG AK AktG AnfG Anh. Anm. AnSVG AO ApoG Art. AStG Aufl. Az.
anderer Ansicht am Ende alte Fassung Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ab 1.2.2003: ABl. EU) Amtsblatt der Europäischen Union (vormals ABl. EG) Absatz Archiv für die civilistische Praxis Aussetzung der Vollziehung Vertrag über die Arbeitsweisen der Europäischen Union Absetzung für Abnutzung Aktiengesellschaft Anschaffungskosten Aktiengesetz Anfechtungsgesetz Anhang Anmerkung Anlegerschutzverbesserungsgesetz Abgabenordnung Apothekengesetz Artikel Außensteuergesetz Auflage Aktenzeichen
B.W. Ba.-Wü. BaFin BAG BAKred BankbilanzRL BayLfSt BayObLG BB BBiG Bd. BdB Bearb. BeitrRLUmsG BeSt betr. BewG BFH
Bürgerliches Gesetzbuch (Belgien) Baden-Württemberg Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bankbilanzrichtlinie Bayerisches Landesamt für Steuern Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater Berufsbildungsgesetz Band Bundesverband deutscher Banken e.V. Bearbeitung Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz Beratersicht zur Steuerrechtsprechung betreffend Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof
XLIX
Abkrzungsverzeichnis
BFHE BFuP BGB BGBl. BGH BGHZ BilMoG BIS BMF BörsG BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. Buchst. BV BVerfG BVerfGE BW bzw. Cass. CRD IV CRR
Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofes Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz Bank for International Settlements Bundesminister der Finanzen Börsengesetz Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Buchstabe Betriebsvermögen Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Baden-Württemberg beziehungsweise Belgischer Kassationshof Capital Requirements Directive IV (Kapitaladäquanzrichtlinie) Capital Requirements Regulations (Kapitaladäquanzverordnung)
d.h. DB DBA dHGB Diss. DM DNotZ DR DStR DStRdsch. DStRE DStZ dtBGB DVR
das heißt Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen Deutsches Handelsgesetzbuch Dissertation Deutsche Mark Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Recht Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerrundschau Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst Deutsche Steuer-Zeitung Teil A deutsches Bürgerliches Gesetzbuch Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau
e.G. e.K. EFG Einl. eKomm. ErbStG ErbStRG
eingetragene Genossenschaft eingetragener Kaufmann Entscheidungen der Finanzgerichte Einleitung eKommentar (Bestandteil der Stotax-First-Datenbank) Erbschaftsteuergesetz Erbschaftsteuerreformgesetz
L
Abkrzungsverzeichnis
ESMA EStDV EStG EStR evtl. EWS
Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Richtlinien eventuell Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht
f., ff. FA FamFG
folgend, folgende Finanzamt Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Finanzgericht Finanzgerichtsordnung Finanzminister Finanzverwaltung Finanzmarktstabilisierungsfonds Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz Finanzmarktstabilisierungsgesetz Finanzmarktstabilisierungsgesetz-Änderungsgesetz Fußnote Finanz-Rundschau Festschrift Zeitschrift für Familienunternehmen und Stiftungen
FamRZ FG FGO FinMin FinVerw. FMS FMStBG FMStFG FMStG FMStGÄndG Fn. FR FS FuS GbR GenG GewO GewSt GewStDV GewStG GewStR GG ggf. GmbH GmbHG GmbHR GmbH-StB GmbH-Stpr. GoB GrEStG grHGB Großkomm/AktG Großkomm/HGB
Gesellschaft bürgerlichen Rechts Genossenschaftsgesetz Gewerbeordnung Gewerbesteuer Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung Gewerbesteuergesetz Gewerbesteuer-Richtlinien Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau GmbH-Steuerberater GmbH-Steuerpraxis Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Grunderwerbsteuergesetz Griechisches Handelsgesetzbuch Hopt/Wiedemann, Aktiengesetz (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Großkommentar zum Handelsgesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis)
LI
Abkrzungsverzeichnis
GrS GrStG grZGB GStB GuV GVBl. GVG
Großer Senat Grundsteuergesetz griechisches Zivilgesetzbuch Gestaltende Steuerberatung Gewinn und Verlust Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz
h.A. h.L. h.M. Halbs. Heidelberger Komm/HGB
herrschende Ansicht herrschende Lehre herrschende Meinung Halbsatz Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Heidelberger Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Hessen Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer/in Deutschland e.V., Düsseldorf Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch Herrrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Herausgeber, herausgegeben Haustürwiderrufsgesetz
Heidelberger Komm/InsO Heidelberger Komm/KStG Hess. HFA HFR HGB HHR HHSp. Hrsg., hrsg. HWiG i.d.F. i.H. i.S. i.V.m. IAS IASB IASC
INF InsO
in der Fassung in Höhe im Sinne in Verbindung mit International Accounting Standards International Accounting Standards Board International Accounting Standards Committee (Vorgängerorganisation des IASB) Institut der Wirtschaftsprüfer International Financial Reporting Standards (Internationale Rechnungslegungsstandards) Verordnung betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards Die Information Insolvenzordnung
JbFStR jHGB
Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Japanisches Handelsgesetzbuch
IDW IFRS IFRS-VO
LII
Abkrzungsverzeichnis
JR JStG JuS JW JZ
Juristische Rundschau Jahressteuergesetz Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung
KAGB KapStDV
Kapitalanlagegesetzbuch Verordnung zur Durchführung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) Steuerrechtsprechung in Karteiform (1919–1944) Kleinanlegerschutzgesetz Kommanditgesellschaft/Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kosten-, Stempel- und Strafsachen Kölner Steuer-Dialog Amtsblatt des Kontrollrates kritisch Körperschaftsteuer Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinien Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand und Schiedsgerichtswesen Kapitalverkehrsteuergesetz Kreditwesengesetz
Kartei KASG KG KGaA KGJ
KÖSDI KRABl. krit. KSt KStG KStR KTS KVStG KWG LAG Lfg. LG LM LS LSt LStDV LSW LZ m. Anm. m.E. m.N. m.w.N. m.W.v. MDR Mio. MoMiG MünchHdb.GesR
Lastenausgleichsgesetz Lieferung Landgericht Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs von Lindenmaier/Möhring Leitsatz Lohnsteuer Lohnsteuerdurchführungsverordnung Lexikon für Steuer- und Wirtschaftsrecht Leipziger Zeitschrift mit Anmerkung meines Erachtens mit Nachweisen mit weiteren Nachweisen mit Wirkung vom Monatsschrift für Deutsches Recht Millionen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) LIII
Abkrzungsverzeichnis
MünchKomm/AktG MünchKomm/BGB MünchKomm/HGB MV MwStR
Münchener Kommentar zum Aktiengesetz (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch (siehe Allgemeines Literaturverzeichnis) Mecklenburg-Vorpommern MehrwertSteuerrecht
n.F. n.rkr. NDBW Nds. NJW npor Nr. NW/NRW NWB NZI
neue Fassung nicht rechtskräftig Niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch Niedersachsen Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Wirtschaftsbriefe
OFD OHG öHGB OLG OLGE OR
Oberfinanzdirektion Offene Handelsgesellschaft Österreichisches Handelsgesetzbuch Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte Schweizer Obligationenrecht
PersGes. PGR
Personengesellschaft(en) Personen- und Gesellschaftsrecht (Liechtenstein)
R. RBerG RdF RechKredV Recht RefE RegE REIT RFH RFHE
Rechtsspruch Rechtsberatungsgesetz Recht der Finanzinstrumente Kreditinstituts-Rechnungslegungsverordnung Das Recht, begründet von Soergel Referentenentwurf Regierungsentwurf Real-Estate-Investment-Trust Reichsfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofes Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinland-Pfalz Recht der internationalen Wirtschaft rechtskräftig Richtlinie Rechnungslegungsstandard
RG RGZ Rh.-Pf. RIW rkr. RL RS
LIV
Abkrzungsverzeichnis
Rs. Rspr. RStBl. RWP-Bl. Rz.
Rechtssache Rechtsprechung Reichssteuerblatt Rechts- und Wirtschaftspraxis, Blattei-Handbuch Randziffer
S. S.A.R.L. Schl.-Holst. SeuffA SJZ SoFFin sog. SolvV Sp. SRM
StAnpG Stbg. StbJb. StBp StEntlG SteuerStud SteuK str. StRK StSenkErgG StSenkG StuW StVereinfG StVergAbG StW
Seite société à responsabilité limitée Schleswig-Holstein Seufferts Archiv Schweizer Juristenzeitung Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung so genannte(r/s) Solvabilitätsverordnung Spalte Single Resolution Mechanism (Einheitlicher Europäischer Bankenabwicklungsmechanismus) ständige Rechtsprechung Stellungnahme des Hauptfachausschusses der Wirtschaftsprüfer Steueranpassungsgesetz Steuerberatung Steuerberater-Jahrbuch Die steuerliche Betriebsprüfung Steuerentlastungsgesetz Steuer und Studium Steuerrecht kurzgefasst (Zeitschrift) streitig Steuerrechtsprechung in Karteiform (ab 1944) Steuersenkungsergänzungsgesetz Steuersenkungsgesetz Steuer und Wirtschaft Steuervereinfachungsgesetz Steuervergünstigungsabbaugesetz Steuer-Warte
tokumei kumiai Tz.
Stille Gesellschaft (Japan) Textziffer
u. u.a. u.Ä. u.U. UBGG UGB UmwG UmwStG UntStFG
und und andere, unter anderem und Ähnliches unter Umständen Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften Unternehmensgesetzbuch (Österreich) Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz
st. Rspr. St/HFA
LV
Abkrzungsverzeichnis
UntStRG UR Urt. UStAE UStG UStR usw.
Unternehmensteuerreformgesetz Umsatzsteuer-Rundschau Urteil Umsatzsteuer-Anwendungserlass Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuerrichtlinien und so weiter
v. VerbrKrG VerbrR-RL VerfGH VerkProspG VermAnlG VermBG Vfg. VG vGA vgl. VIB Vorbem. VStG VStR VZ
vom/vor Verbraucherkreditgesetz Verbraucherrechte-Richtlinie Verfassungsgerichtshof Verkaufsprospektgesetz Vermögensanlagengesetz Vermögensbeteiligungsgesetz Verfügung Verwaltungsgericht verdeckte Gewinnausschüttung vergleiche Vermögensanlagen-Informationsblatt Vorbemerkung Vermögensteuergesetz Vermögensteuer-Richtlinien Veranlagungszeitraum
W.Venn/V.Soc. WG WM WP WPg WpPG
Gesetzbuch der Gesellschaften (Belgien) Wechselgesetz/Wirtschaftsgut/Wirtschaftsgüter Wertpapier-Mitteilungen Der Wirtschaftsprüfer Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierprospektgesetz
z.B. ZBB ZfB ZfBR
zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen Zivilgesetzbuch (Griechenland) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zivilprozessordnung zustimmende Anmerkung
ZfG ZGB ZGR ZHR ZInsO ZIP zit. ZPO zust. Anm.
LVI
Einführung § 1 Wesen und Bedeutung der Unternehmungsformen Schrifttum: Armbrüster, Christian, Grenzen der Gestaltungsfreiheit im Personengesellschaftsrecht, ZGR 2014, 333; Breuninger, Gottfried/Prinz, Ulrich, DStR-Fachliteratur: Besteuerung von Personengesellschaften, DStR 1996, 1761; Brönner, Herbert, Die Besteuerung der Gesellschaften, des Gesellschafterwechsels und der Umwandlungen, 18. Aufl. 2007; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, Teil 1: Die Personengesellschaft, 1977; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2007; Litfin, Martin/App, Michael, Unternehmensform nach Maß, 3. Aufl. 1994; Nitschke, Manfred, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft, 1970; Ott, Walter, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, dargestellt am Beispiel des schweizerischen Aktienrechts, 1972; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Reuter, Dieter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973; Sack, Rolf, Typusabweichung und Institutsmissbrauch im Gesellschaftsrecht, DB 1974, 369; Schulze-von Lasaulx, Hermann, Zur Frage der Gestaltungsfreiheit für Gesellschaftsverträge. Eine Bestandsaufnahme. Abschied von Illusionen, ZfG 21 (1971), 325; Teichmann, Arndt, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaft, 1970.
I. Die Wahl der Unternehmungsform 1. Gesichtspunkte für die Wahl der Unternehmungsform Auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts stellt die Rechtsordnung den Beteiligten eine Vielzahl von Gesellschaftstypen zur Verfügung, aus der sie – je nach den handelsrechtlichen, wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Gegebenheiten – denjenigen Typus auswählen können, der zur Verwirklichung ihrer Ziele im einzelnen Falle am zweckmäßigsten und geeignetsten erscheint. Von entscheidender Bedeutung für die Wahl der Unternehmungsform sind die Kapitalaufbringung und Kapitalbeschaffung, die Haftung der Beteiligten für die im Rahmen des gesellschaftlichen Geschäftsbetriebes begründeten Verbindlichkeiten, der Zweck und Gegenstand des Unternehmens, die Auflösung im Falle des Todes, der Insolvenz oder des sonstigen Ausscheidens eines Gesellschafters und die Übertragbarkeit und Vererblichkeit der Anteile am Gesellschaftsvermögen. Immer stärker rückte aber bei der Wahl der Unternehmungsform auch die Frage der steuerlichen Belastung in den Vordergrund, seitdem sich die Besteuerung des gewerblichen Ertrags in der Form der progressiv ausgestalteten Einkommensteuer bei natürlichen Personen und den Gesellschaftern von Personengesellschaften und in der Form der proportional ausgestalteten Körperschaftsteuer bei Körperschaften, insbesondere bei den juristischen Personen, vollzieht. Die Rücksichtnahme auf die steuerlichen Verhältnisse führte je nach dem Stand der Steuergesetzgebung dazu, bald der Kapitalgesellschaft, bald der Personengesellschaft den Vorzug zu geben oder sich den jeweils bestehenden Bestimmungen dadurch anzupassen, dass im Wege der Umwandlung von der einen zur anderen Rechtsform gewechselt wird oder dass neue Typen geschaffen werden wie die GmbH & Co. KG, die GmbH & Still, die „kapitalistische“ Kommanditgesellschaft oder die „atypische“ stille GesellBlaurock
1
1.1
§ 1 Wesen und Bedeutung
schaft. Der Gedanke, eine Unternehmungsform zu finden, die nicht der steuerlichen Doppelbelastung ausgesetzt ist, hatte mit der Einführung des Vollanrechnungsverfahrens durch die Körperschaftsteuerreform 1977 seine Bedeutung verloren. Auch das StSenkG1 führte mit der Einführung des stark herabgesetzten Körperschaftsteuersatzes und des Halbeinkünfteverfahrens faktisch nicht zu einer erneuten Doppelbesteuerung. Das Halbeinkünfteverfahren wurde für Veranlagungsjahre ab 2009 durch das Unternehmensteuerreformgesetz 20082 wieder aufgehoben und im betrieblichen Bereich durch das vergleichbare Teileinkünfteverfahren ersetzt. Im privaten Bereich führt die Unternehmensteuerreform 2008 teilweise zu einer Doppelbesteuerung bei den Kapitaleinkünften. Dem wurde jedoch durch einen nochmals stark gesenkten Körperschaftsteuersatz und einen pauschalen Abgeltungsteuersatz auf Kapitalerträge Rechnung getragen. Trotzdem sind eine ständige an der Steuergesetzgebung orientierte steuerliche Optimierung der gewählten Gesellschaftsform und damit gegebenenfalls Umwandlungen notwendig.
1.2 Während die Zivilgerichtsbarkeit bereits frühzeitig die Freiheit der Beteiligten bei der Wahl und der Ausgestaltung der Unternehmungsform im einzelnen Falle anerkannt hatte3, stand die Finanzrechtsprechung derartigen Bestrebungen zunächst kritisch gegenüber. So sah der Reichsfinanzhof im Rahmen eines Besteuerungsverfahrens einer GmbH & Co. KG die gesamte KG als körperschaftsteuerpflichtiges Subjekt gemäß § 5 AO der damaligen Fassung an, da die Steuerpflicht sich erhöhe, wenn man die KG und nicht die GmbH als Körperschaftsteuersubjekt betrachte. Die Gründung einer GmbH & Co. KG bedeute in diesem Falle daher eine Umgehung der Körperschaftsteuerpflicht4.
1.3 Diese aus steuerpolitischen Gesichtspunkten getroffene Maxime wurde jedoch dann in der Entscheidung vom 13.3.1929 fallen gelassen, in der der Reichsfinanzhof formulierte, es bestünde keine vom Steuerpflichtigen zu widerlegende Vermutung dafür, dass die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. ohne Weiteres unter § 5 AO a.F. falle. Wenn eine Finanzbehörde die Rechtsform der GmbH & Co. KG steuerlich nicht gelten lassen wolle, so müsse sie feststellen, welche konkreten Ziele der Steuerpflichtige mit der von ihm gewählten Gesellschaftsform verfolgt habe, und nachweisen, dass zur Erreichung dieser Zwecke die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Co. nicht die gegebene Form war5.
1.4 Der Bundesfinanzhof hat sich diese Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes zu eigen gemacht und fortgeführt. In einer Entscheidung vom 20.8.1954 führt er aus, dass es den Steuerpflichtigen freigestellt sei, welche Rechtsform sie wählten, gerade auch im Hinblick auf die Wirkung der Besteuerung. Von den Steuerbehörden müsste sie in der konkret gewählten Form akzeptiert werden, selbst wenn sie vom wirtschaftlichen Standpunkt aus unzweckmäßig sein sollte. Nur wenn nach rechtlichen Gesichtspunkten
1 StSenkG v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433. 2 UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 3 RG v. 4.7.1922 – IIb 2/22, RGZ 105, 101; BayObLG v. 16.2.1912, OLGE 27, 331 = KGJ 44, 341, jeweils zur Anerkennung einer GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin einer KG. 4 RFH v. 15.7.1925 – I A 18/25, RFHE 17, 91; RFH v. 24.2.1927 – I B 83/26, RFHE 21, 92. 5 RFH v. 13.3.1929 – I A 174 – 176/28, RStBl. 1929, 329 (Nr. 474).
2
Blaurock
§ 1 Wesen und Bedeutung
eine andere als die gewählte Rechtsform zwingend sei, könnten die Steuerbehörden die gewählte Form beanstanden und die zwingende ihrer Besteuerung zugrunde legen1. § 42 AO sieht allerdings vor, dass der Steuerpflichtige beachtliche außersteuerliche Gründe für die Wahl der Gestaltung nachweisen muss, um sich von dem Vorwurf einer „unangemessenen“ rechtlichen Gestaltung entlasten zu können. Hierzu hat der BFH jedoch mit Urteil vom 18.6.20152 festgestellt, dass es „einem Steuerpflichtigen grundsätzlich unbenommen [sei], das angestrebte wirtschaftliche Ergebnis (…) durch entsprechende zivilrechtliche Vereinbarungen möglichst optimierend zu gestalten“, und das FG Hamburg3 verneinte einen Missbrauch i.S. des § 42 Abs. 2 AO, sofern der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Das alleinige Motiv, Steuern zu sparen, mache eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Eine rechtliche Gestaltung sei erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll. Zur Gesamtproblemtik und der Position des Schrifttums näher Rz. 20.50 ff.
1.5
Gleichwohl muss davor gewarnt werden, die Wahl der Unternehmensform ausschließlich unter steuerlichen Gesichtspunkten zu treffen. Die besten Erfolgsmöglichkeiten kann sich nämlich nur derjenige Betrieb versprechen, der bei seiner konkreten rechtlichen Ausgestaltung die in Betracht kommenden wirtschaftlichen Belange maßgebend berücksichtigt hat. Hier sind die Probleme der Finanzierung, des Vertrauens, der Übersichtlichkeit und der Vereinfachung der Geschäftshandhabung, der Haftung, der Vererblichkeit des Gesellschaftsvermögens und vieles mehr in Rechnung zu stellen4.
1.6
Richtig ist es allein, diejenige Unternehmensform als auf Dauer gesehen günstigste und zweckmäßigste zu wählen, die im einzelnen Falle organisch und betriebswirtschaftlich dem Unternehmen und den von ihm verfolgten Zwecken angemessen ist. 2. Die zur Wahl stehenden Gesellschaftsformen Die handelsrechtlichen, wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Erwägungen, die in ihrer Gesamtheit für die Wahl der zweckmäßigsten und geeignetsten Gesellschaftsform bestimmend sind, lassen zugleich erkennen, warum sich der Gesetzgeber nicht mit der Normierung einer einzigen Gesellschaftsform oder einiger weniger Gesellschaftsformen begnügt hat, sondern der Wirtschaft eine Vielzahl von Gesellschaftstypen zu ihrer Wahl stellt, von denen jeder einzelne Typus nach Zwecksetzung und Inhalt für eine jeweils ganz bestimmte Art wirtschaftlicher Betätigung charakteristisch ist.
1 2 3 4
BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BFHE 59, 329 = BStBl. III 1954, 336. BFH v. 18.6.2015 – IV R 11/13 DStR 2015, 2424. FG Hamburg v. 25.11.2015 – 2 K 258/14, BB 2016, 1123. Brönner, Besteuerung der Gesellschaften, G Rz. 6; Litfin/App, Unternehmensform nach Maß, S. 484.
Blaurock
3
1.7
§ 1 Wesen und Bedeutung
1.8 So stellt das BGB für Zusammenschlüsse von Personen zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks den nichtwirtschaftlichen (ideellen) Verein (§ 21 BGB), den wirtschaftlichen Verein (§ 22 BGB) und den nicht rechtsfähigen Verein (§ 54 BGB) zur Verfügung. Es regelt die Verhältnisse der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft (§§ 705 ff. BGB) und der schlichten Rechtsgemeinschaft in Gestalt der Gemeinschaft nach Bruchteilen (§§ 741 ff. BGB).
1.9 Das Handelsrecht kennt neben den im HGB geregelten Personengesellschaften – der OHG, der KG und der stillen Gesellschaft, die allerdings keine Handelsgesellschaft ist, weil sie nach außen hin nicht in Erscheinung tritt – als Körperschaften die AG, die KGaA, die GmbH, die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft und den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Für die grenzüberschreitende unternehmerische Tätigkeit innerhalb der europäischen Union stehen die SE, die SEC sowie die EWIV zur Verfügung, und freiberufliche Verbindungen können in der Form der Partnerschaft gestaltet werden.
1.10 Allen diesen Gemeinschaftsformen – mit Ausnahme der schlichten Rechtsgemeinschaft – ist das Ziel eigen, durch die Zusammenfassung von Personen und Mitteln die Stellung ihrer Mitglieder als Einzelpersönlichkeiten – sei es unmittelbar, sei es mittelbar – zu stärken und einem bestimmten wirtschaftlichen oder ideellen Zweck zu dienen, dessen Verwirklichung in der Regel über die wirtschaftlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten des Einzelnen hinausgeht. Sie alle sind ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform dadurch gekennzeichnet, dass sich mehrere Personen zur Verfolgung eines gemeinschaftlichen Zwecks vereinigen, indem sie in vertragsmäßig vereinbarter oder satzungsmäßig festgelegter Weise zusammenwirken. 3. Die verschiedenen Gesellschaftszwecke
1.11 Haben alle gesellschaftlichen Unternehmungsformen einen gemeinsamen Gesamtzweck, der durch das Zusammenwirken der Beteiligten im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel verwirklicht werden soll, so sind andererseits die Zwecke, denen die einzelnen Gesellschaftstypen zu dienen bestimmt sind, durchaus unterschiedlich. Die Verschiedenheit der Zwecke und die Verschiedenheit der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen und die Lebensentfaltung der einzelnen Gesellschaftstypen bilden die Grundlage für ihre Unterscheidung, gegenseitige Abgrenzung und praktische Verwendbarkeit. Der jeweilige Zweck bestimmt den wirtschaftlichen und rechtlichen Inhalt des einzelnen Gesellschaftstypus und beeinflusst damit maßgebend die Wahl der Gesellschaftsform im konkreten Falle.
1.12 So genügt für die Errichtung einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, dass die Gesellschafter sich durch den Gesellschaftsvertrag gegenseitig verpflichten, „die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern“ (§ 705 BGB). Der Zweck kann ein dauernder oder vorübergehender, ein wirtschaftlicher, gemeinnütziger oder ideeller sein, sofern er nur gemeinsam in dem Sinne ist, dass jeder Gesellschafter an seiner Verwirklichung in irgendeiner Weise Anteil hat.
4
Blaurock
§ 1 Wesen und Bedeutung
Ähnlich verhält es sich, wenn man auf den Zweck bei der Aktiengesellschaft, der Kommanditgesellschaft auf Aktien und bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung abstellt. Das Aktiengesetz erwähnt den Gesellschaftszweck als solchen überhaupt nicht (§§ 1 und 278 AktG). Es bestimmt nur, dass die Satzung den Gegenstand des Unternehmens, d.h. das Mittel, durch das der Zweck gefördert und verwirklicht werden soll, zu bestimmen hat (§§ 23 Abs. 3 Nr. 2, 281 Abs. 1 AktG)1. Wenn auch aus dem Charakter dieser Gesellschaften als Handelsgesellschaften (§§ 3 Abs. 1, 278 Abs. 3 AktG) der Wille des Gesetzgebers zu erkennen ist, dass ihr Zweck in der Regel auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet sein soll, so braucht doch der Gegenstand des Unternehmens kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu sein. Kraft ausdrücklicher Bestimmung in den §§ 3 Abs. 1 und 278 Abs. 3 AktG gelten Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien auch dann als Handelsgesellschaften, wenn der Gegenstand des Unternehmens nicht im Betrieb eines Handelsgewerbes besteht. Jeder erlaubte Zweck, mag er wirtschaftlicher oder ideeller Art sein, genügt, wohingegen ein gesetzlich unzulässiger – unsittlicher oder verbotener – Zweck die Gründung nichtig macht. § 1 GmbHG hebt dies ausdrücklich hervor, indem er bestimmt, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach Maßgabe der Bestimmungen des Gesetzes zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck errichtet werden können.
1.13
Ist bei diesen Gesellschaften jeder erlaubte Zweck möglich und zulässig, so ist der Zweck, zu dessen Verwirklichung eine OHG oder KG errichtet werden kann, wesentlich enger umgrenzt. Bei diesen Gesellschaften genügt nicht jeder Zweck, auch nicht wie beim Verein i.S. des § 22 BGB ein wirtschaftlicher Zweck schlechthin, sondern nur ein Zweck, der auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma (§§ 105 Abs. 1, 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. §§ 2 Satz 1, 161 Abs. 1 HGB) oder auf die Vermögensverwaltung (§ 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 HGB) gerichtet ist. Lediglich bei Vermögensverwaltungsgesellschaften i.S. von § 105 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 HGB besteht nicht die Notwendigkeit zum Betrieb eines Gewerbes i.S. der §§ 1 bis 3 HGB, mit dem nach h.M. das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht unlösbar verknüpft ist. Wo es an dem Gewinnstreben fehlt, wo also nur eine Deckung der Selbstkosten beabsichtigt ist, ist für die Errichtung einer OHG oder KG grundsätzlich kein Raum; ebenso wenig dort, wo die Absicht der Gesellschafter nur auf ein einzelnes oder mehrere einzelne Geschäfte und nicht auf einen für die Dauer unternommenen Kreis von Geschäften als Ganzes, als dauernde Einnahmequelle, gerichtet ist.
1.14
Bei der stillen Gesellschaft muss sich jemand, ohne dass er nach außen hin als Gesellschafter in Erscheinung tritt, am Handelsgewerbe eines anderen mit einer Vermögenseinlage, die in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht, gegen notwendige Teilnahme am Gewinn beteiligen. Die Verlustbeteiligung der stillen Gesellschafter kann durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.
1.15
1 Die Bedeutung des Gesellschaftszwecks einer AG insbesondere im Hinblick auf die Auslagerung von Geschäftsbereichen auf gemeinnützige Gesellschaften wird von Kort, NZG 2011, 929 eingehend behandelt.
Blaurock
5
§ 1 Wesen und Bedeutung
II. Die Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht 1. Typenwahlfreiheit und Typengestaltungsfreiheit
1.16 Die vom Gesetzgeber vorgenommene Typengestaltung ist regelmäßig nicht zwingend. Die Beteiligten haben infolge zahlreicher nachgiebiger Bestimmungen die Möglichkeit, über die im Gesetz vorgegebenen Typen hinaus neue Formen und Spielarten zu schaffen und ihren Inhalt abweichend von der gesetzlichen Regelung zu gestalten1. Die Gründe dafür liegen in der Funktion des Rechts, den wirtschaftlichen Interessen und Notwendigkeiten die Möglichkeit zu ihrer Entfaltung zu geben. Dieses Bedürfnis ist auf dem Gebiet des die wirtschaftliche Betätigung ordnenden Gesellschaftsrechts in einem weit stärkeren Maße vorhanden als auf denjenigen Rechtsgebieten, auf denen die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr nicht in diesem Ausmaße gegeben ist. Deshalb wird das Gesellschaftsrecht genauso wie das Schuldrecht von den Grundsätzen der Vertragsfreiheit und der Gestaltungsfreiheit beherrscht. Damit trägt es der Differenziertheit der Lebenssachverhalte und Lebensverhältnisse und der Differenziertheit der jeweiligen Interessenlage der Beteiligten Rechnung, wahrt eine gewisse Elastizität der Rechtsform und beugt damit einer den Rechtsverkehr behindernden Erstarrung der Typen vor.
1.17 Die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit findet in der Typenfreiheit im weiteren Sinne ihre Verwirklichung. Sie bietet den Beteiligten bei der Wahl und Ausgestaltung ihrer gesellschaftsrechtlichen Unternehmungsform folgende rechtliche Möglichkeiten: a) die freie Typenwahl als die Befugnis der Beteiligten, aus einer Vielzahl im Gesetz geregelter verkehrstypischer Gesellschaftsformen diejenige auszuwählen, die ihren Zwecken und Interessen im Einzelfall am besten entspricht; b) die inhaltliche Gestaltungsfreiheit als die Befugnis der Beteiligten, den Inhalt gesetzlich normierter Gesellschaftstypen abweichend von dem im Gesetz normierten Inhalt zu gestalten. 2. Typenzwang und Typenbeschränkung
1.18 Typenfreiheit und inhaltliche Gestaltungsfreiheit dürfen aber nicht dahin aufgefasst werden, dass der Dispositionsfreiheit der Beteiligten völlig freier Lauf gelassen wäre. Die Freiheit der Typenwahl findet ihre Grenzen im gesetzlichen Typenzwang und in der gesetzlichen Typenbeschränkung. Schreibt das Gesetz die Verwendung einer bestimmten Rechtsform zwingend vor, haben sich die Beteiligten zur Erreichung ihrer Ziele der vorgeschriebenen Rechtsform zu bedienen (gesetzlicher Typenzwang). In anderen Fällen ordnet das Gesetz an, dass bestimmte Vergemeinschaftungsformen, wie z.B. die Rechtsform des eingetragenen Vereins, der eingetragenen Genossenschaft oder der Partnerschaft, nur verwendet werden dürfen, wenn die Beteiligten in dieser Rechtsform ganz bestimmte genau umschriebene Zwecke – nichtwirtschaftliche Zwecke, Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs, Zusammenschluss zur Ausübung eines freien Berufs – verfolgen, so
1 Dazu insbesondere in Bezug auf Personengesellschaften: Armbrüster, ZGR 2014, 333 (334 ff.).
6
Blaurock
§ 1 Wesen und Bedeutung
dass diese Rechtsformen für die Verfolgung anderer – wirtschaftlicher oder gewinnstrebender – Zwecke nicht zur Verfügung stehen (gesetzliche Typenbeschränkung)1. Setzen somit gesetzlicher Typenzwang und gesetzliche Typenbeschränkung der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit Grenzen, so entsteht die Frage, ob durch typologische Argumentation der Gestaltungsfreiheit für Gesellschaftsverträge Grenzen dahingehend gesetzt werden können, dass ein gesetzlich normierter Gesellschaftstyp nicht willkürlich im Wege der Entlehnung von Bauelementen aus anderen Gesellschaftsformen atypisch gestaltet werden darf. Diese Frage war vor allem in den 1970er-Jahren Gegenstand zahlreicher Publikationen2.
1.19
In diesem Zusammenhang sollte festgehalten werden, dass unser Gesellschaftsrecht einen Typenzwang i.S. der Typenauswahl kennt. Es steht den Gesellschaftern nach allgemeiner Anschauung nicht frei, Gesellschaftsrechtsformen zu wählen, die ganz außerhalb des Typenkatalogs liegen. So ist die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft mit beschränkter Haftung unzulässig. Die Fragestellung beschränkt sich also darauf, ob sich eine Beschränkung der Gestaltungsfreiheit durch die Annahme der Unzulässigkeit von Abweichungen von einem aus den gesetzlichen Regelungen entwickelten Typus einer Gesellschaftsform ergibt.
1.20
Eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit aufgrund der Unzulässigkeit einer Abweichung von einem „Typus“ einer Gesellschaftsform kann jedoch nicht anerkannt werden. Dafür spricht allein die Tatsache, dass die Leitbegriffe wie Wesen, Typus, Institution etc. bisher nicht scharf genug umrissen worden sind, um sie als Abgrenzungskriterien verwenden zu können3. Auch die historische Zufälligkeit, mit der unser Gesellschaftsrecht entstanden ist, kann die Überlegenheit und den Geltungsanspruch des gesetzlich normierten „Typus“ gegenüber der atypischen Ausgestaltung nicht rechtfertigen4. Die Stellung der Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts im achten Abschnitt des zweiten Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches, also unter den Vorschriften über die einzelnen Schuldverhältnisse, deuten darauf hin, dass – unabhängig davon, ob man die Einbindung in das Schuldrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches als glücklich oder unglücklich ansieht – der Gesetzgeber auch für die gesellschaftsrechtlichen Verträge nur die allgemeinen Grenzen für Schuldverträge ziehen wollte5.
1.21
Neben dieser eher formalen Argumentation lässt sich die hier vertretene Ansicht aber auch mit einem Hinweis auf die Grundlagen der Vertragsfreiheit begründen. Diese stellt eines der grundlegenden Prinzipien unserer Rechtsordnung dar, weil sie den
1.22
1 Vgl. dazu grundlegend Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung; allgemein: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 II 4, S. 106 ff. 2 H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit; Nitschke, Die körperschaftlich strukturierte Personengesellschaft; Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen; W. Ott, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen; Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 ff.; Sack, DB 1974, 369 ff. Zusammenfassend: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III, S. 109 ff. 3 Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 (332); Flume, BGB AT I/1, § 13 I, S. 189 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 IV 2 a) bb), S. 138 f. 4 Weick in Staudinger, 13. Bearb. 2005, Vorbem. zu §§ 21 ff. BGB Rz. 15. 5 Auf die Wertigkeit dieses Arguments weisen auch Schulze-von Lasaulx, ZfG 21 (1971), 325 und Sack, DB 1974, 369 (372) hin.
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§ 1 Wesen und Bedeutung
Menschen als selbständig handelndes Wesen anerkennt und es ihm ermöglicht, seine Rechtsbeziehung mitzugestalten und selbst eine Regelung seiner Lebensverhältnisse zu treffen. Insoweit stellt sich die Privatautonomie als ein Korrelat der menschlichen Freiheit dar. Sie ist nicht auf bilaterale Geschäfte beschränkt, sondern muss auch dort ihre Wirkung zeitigen, wo in multilateralen Konnexionen eine Vergemeinschaftung eines gemeinsamen Zweckes erfolgen soll. Eine Einschränkung dieses Freiheitsrechtes kann aus übergeordnetem Interesse nur dort erfolgen, wo aufgrund gesetzlicher Bestimmungen Beschränkungen gegeben sind, oder wo allgemeine Grenzen für die privatautonome Gestaltung von Rechtsverhältnissen vorliegen.
1.23 Allein diese Betrachtungsweise wird auch den praktischen Bedürfnissen gerecht. Eine interessengerechte Rechtsfortbildung auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts würde auf Grundlage der Typuslehre erschwert, wenn nicht gar überhaupt abgeschnitten, ohne dass dabei den berechtigten Bedürfnissen der Rechtsunterworfenen, die auf den Wandel der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse reagieren wollen, Rechnung getragen würde. Eine starre Typuslehre würde im Gesellschaftsrecht damit in eine bedenkliche Nähe zur Begriffsjurisprudenz geraten, ohne auf die den tatsächlichen Lebenssachverhalten zugrunde liegenden Interessen einzugehen1.
1.24 Hiermit wird nicht einer missbräuchlichen Vertrags- und Gestaltungswillkür das Wort geredet, denn die Gestaltungsfreiheit kann nur in den gesetzlich zugelassenen Grenzen ausgeübt werden. Neben den Normen des zwingenden Rechts können sich solche aber auch aus den allgemeinen Grenzen für die privatautonome Gestaltung von Rechtsverhältnissen ergeben. So ist im Rahmen von (Personen-)Gesellschaftsverträgen die sich aus dem Grundsatz der Privatautonomie ergebende Unverzichtbarkeit der Selbstbestimmung zu beachten. Daneben kommt aber auch den Normen des dispositiven Rechts eine beschränkende Wirkung zu. Nach neuerem Verständnis sind diese nicht mehr generell abdingbar2, sondern haben relative Geltungswirkung. Bei Vorliegen eines Machtgefälles kann die Abbedingung einer dispositiven Norm, die zwischen gleichgeordneten Partnern zulässig ist, einen institutionellen Missbrauch enthalten. In diesem Rahmen wäre dann die Abbedingung dispositiven Rechts unzulässig.
1.25 Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit von Gesellschaftsverträgen sind daher den Wertentscheidungen des Gesetzgebers zu entnehmen, die auch in dispositiven Normen zum Ausdruck gekommen sein können. Die allgemeinen Regeln des Vertrags- und Schuldrechts sind ausreichend, um diesen gesetzgeberischen Wertungen Rechnung zu tragen. Sie erfassen alle Abweichungen, die einen Missbrauch einer Gesellschaftsform enthalten und daher von Rechts wegen nicht hingenommen werden können. 3. Weitere Grenzen der Gestaltungsfreiheit
1.26 Ergeben sich aus diesen Überlegungen die allgemeinen Schranken der Typen- und Gestaltungsfreiheit, so finden diese Freiheiten weiterhin ihre Grenzen in den zwingenden Rechtssätzen, die die Parteidisposition ausschließen, in den Formvorschriften, von deren Beachtung die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts abhängig ist, sowie in den 1 Sack, DB 1974, 369 (372); im Ergebnis ähnlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 3, S. 119 f. 2 Busche in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, Vor § 145 BGB Rz. 6 ff. m.w.N.
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Grundsätzen der §§ 134, 138, 242 BGB. Darüber hinaus ist für die Typenfreiheit kein Raum, wo der Gesetzgeber die Verwendung einer bestimmten Rechtsform bindend vorschreibt, wo also an die Stelle der Typenfreiheit der gesetzliche Typenzwang tritt. Aber auch die mehr oder weniger spezifizierte Umschreibung des Zwecks, der mit Hilfe der jeweiligen Gesellschaftsform erreicht werden kann und darf, ist insofern von erheblicher Bedeutung, als damit nicht nur die rechtliche Ausgestaltung des jeweiligen Gesellschaftstypus, die Art und Weise der Errichtung, die Regelung der Haftungsverhältnisse, die Wahrung der Interessen der Gesellschaftsgläubiger und die Sicherheit im Rechtsverkehr im engsten Zusammenhange stehen. Aus der Verschiedenartigkeit des Zwecks ergeben sich vor allem die Grenzen für die Verwendbarkeit der einzelnen Gesellschaftsformen im Rechtsleben und die Beschränkung der Freiheit der Typenwahl. Indem die Verwendung bestimmter Rechtsformen vom Vorhandensein eines gesetzlich festgelegten Zwecks abhängig gemacht und die Errichtung dieser Gesellschaften nur beim Vorliegen gerade dieses Zwecks oder der wesenseigenen sonstigen Merkmale gestattet werden, übt der Gesetzgeber auf die Wahl dieser Typen seinen durch rechtspolitische Erwägungen bestimmten Einfluss aus. Die Beteiligten dürfen diese ihrem Zweck oder ihren sonstigen Merkmalen nach begrenzten Gesellschaftsformen nur wählen, wenn sie auch tatsächlich den im Gesetz für ihre Verwendung festgelegten Zweck zu verwirklichen suchen und die wesensbestimmenden Merkmale beachten. 4. Typenwechsel Andererseits schließen sich die einzelnen Typen hinsichtlich ihrer Verwendbarkeit gegenseitig nicht aus. Sie sind in der Regel beliebig auswechselbar und geeignet, sich bei der Verwirklichung des nämlichen Zwecks gegenseitig zu ersetzen. Die Beteiligten sind – abgesehen von den Fällen des gesetzlichen Typenzwangs – nicht an einen bestimmten Typus gebunden. Ihnen ist es überlassen, ob sie eine einfachere, kompliziertere oder organreichere Gesellschaft ins Leben rufen wollen, wobei die Fragen der Kapitalbeschaffung und Kapitalaufbringung, der Haftung, des Verhältnisses der Gesellschafter untereinander, aber auch die Fragen, in welchem Ausmaß das Gesetz inhaltliche Gestaltungsfreiheit gewährt, wie hoch sich die Gründungskosten und die mit der in Aussicht genommenen Rechtsform verbundene steuerliche Belastung belaufen, und ähnliche rechtliche und betriebswirtschaftliche Erwägungen die Wahl der Unternehmungsformen beeinflussen.
1.27
III. Die Gestaltungsmöglichkeiten im Recht der stillen Gesellschaft 1. Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft Die Rechtsform der stillen Gesellschaft kann im Wirtschaftsleben aus den verschiedensten Beweggründen gewählt werden. Auch für die rechtliche Ausgestaltung bieten die gesetzlichen Vorschriften einen weiten Spielraum. Unabdingbar sind lediglich die Bestimmungen, nach denen eine stille Beteiligung nur an einem Handelsgewerbe zulässig und möglich ist (Rz. 4.1 f., 6.2), die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen muss (Rz. 7.1 ff.) und die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden darf (Rz. 8.1 ff.). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, bleibt die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags Blaurock
9
1.28
§ 1 Wesen und Bedeutung
und damit des Gesellschaftsverhältnisses im Übrigen den Beteiligten überlassen. Tatsächlich sind die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft im Wirtschaftsleben in ihrer Mannigfaltigkeit kaum übersehbar.
1.29 Nach der gesetzlichen Regelung ist die stille Gesellschaft typischerweise eine Gesellschaft, bei der nach außen nur der Inhaber des Handelsgeschäfts in Erscheinung tritt. Er allein wird aus den im Rahmen seines Handelsgeschäfts abgeschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet; er allein haftet demzufolge den Geschäftsgläubigern mit seinem gesamten Vermögen (§ 230 Abs. 2 HGB). Der stille Gesellschafter, dessen Leistung sich im gesetzlichen Regelfalle in der Erbringung seiner Vermögenseinlage erschöpft und der idealtypisch keinen Einfluss auf die Geschäftsführung und das Tätigwerden nach außen hat, ist den Gläubigern gegenüber von jeder Verantwortung und Haftung frei – im Gegensatz zum Kommanditisten auch dann, wenn er mit seiner Vermögenseinlage rückständig ist (vgl. § 171 Abs. 1 HGB). 2. Die atypische stille Gesellschaft a) Atypische Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft
1.30 Die stille Beteiligung braucht sich nicht auf die Gewinnbeteiligung zu beschränken. Der stille Gesellschafter kann sich in weitem Umfang am Geschäft des Kaufmanns beteiligen. So ist neben der unabdingbaren Gewinnbeteiligung (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) an eine Beteiligung am Verlust, an den Anlagewerten, an den offenen und stillen Rücklagen oder an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert zu denken. Dem stillen Gesellschafter können auch Verwaltungsrechte eingeräumt werden, die über die Informationsrechte des § 233 HGB weit hinausgehen (siehe Rz. 12.45 ff.). Die Verwaltungsrechte müssen sich nicht auf ein allgemeines oder nur für bestimmte Geschäfte geltendes Zustimmungs- oder Widerspruchsrecht beschränken, sondern es können auch Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden. Die Geschäftsführungsbefugnis kann dem stillen Gesellschafter zusammen mit oder neben dem Geschäftsinhaber, aber auch allein zustehen (siehe näher Rz. 12.36 ff.)1. Im Innenverhältnis kann die Stellung des stillen Gesellschafters der eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG oder eines Kommanditisten angeglichen werden; so, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, dass im Verhältnis der Beteiligten untereinander das Recht der OHG oder KG gelten soll. Nach den im Innenverhältnis getroffenen Abmachungen kann der stille Gesellschafter sogar der eigentliche Betreiber und Leiter des Handelsgeschäftes sein, während der nach außen allein in Erscheinung tretende Inhaber tatsächlich die Stellung eines Strohmanns einnimmt, der über keine eigenen Mittel verfügt. Nach den internen Vereinbarungen ist er dann verpflichtet, den Weisungen des stillen Gesellschafters Folge zu leisten, was jedoch auf seine Befugnis, nach außen zu handeln, keinen Einfluss hat. Diese Befugnis beruht auf seiner Eigenschaft als Geschäftsinhaber und kann ihm daher nicht durch den Gesellschaftsvertrag entzogen werden2. Es kann auf diese Weise die stille Gesellschaft im Innenverhältnis in mehr oder weniger starkem Ausmaße der OHG oder KG angenähert werden. Bestehen an einem Handelsgewerbe mehrere stille Gesellschaften, so können sich die mehreren Gesellschafter im Innenverhältnis eine körperschaftliche Verfassung geben und ihren Zusammenschluss in seiner inneren Struktur einer Kapitalgesellschaft an1 Vgl. zu den Einzelheiten Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 68, 185. 2 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 195, 215 ff.
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nähern (Rz. 4.27 f.). Die mehreren stillen Gesellschafter können eine Gesellschafterversammlung bilden und Beschlüsse fassen, die für den Inhaber verbindlich sind. Sie können seine Geschäftsführung durch einen aus ihren Reihen gebildeten Ausschuss nach Art des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft überwachen lassen, wobei dem Inhaber wiederum nur die Stellung eines im Innenverhältnis weisungsgebundenen Geschäftsführers zukommen kann (siehe Rz. 6.59). In der Praxis wird mitunter auch nach Gestaltungen gesucht, um Vermögensrechte in diversifizierten Unternehmensgruppen auf die Ergebnisse von bestimmten Geschäftsbereichen zu beschränken. Der stille Gesellschafter kann sich auf eine Beteiligung an einem bestimmten Unternehmenssegment beschränken (sog. partielle atypische stille Beteiligung) und braucht sich nicht an dem ganzen Handelsgeschäft zu beteiligen1. Dies erfordert – neben entsprechenden gesellschaftsrechtlichen Konstrukten – eine separate Rechnungslegung für die jeweiligen Bereiche mit einer Vielzahl von Zuordnungsfragen im Gemeinkostenbereich.
1.31
b) Zulässigkeit der atypischen Gestaltungsformen der stillen Gesellschaft Obwohl in diesen Fällen die Rechtsgestaltung von der Regelung der §§ 230 ff. HGB erheblich abweicht und die Rollen, die das Gesetz dem Inhaber des Handelsgewerbes und dem stillen Gesellschafter zugedacht hat, im Innenverhältnis völlig vertauscht sein können, hält die h.M. derartige „atypische“ Gebilde im Rahmen des nachgiebigen Rechts für möglich und zulässig und wendet auch auf sie grundsätzlich die für die stille Gesellschaft geltenden Vorschriften an (Rz. 4.26 ff., 20.59 ff.). Es liegt bei solcher Vertragsgestaltung nämlich weder ein Scheingeschäft (§ 117 BGB) noch ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) vor.
1.32
Ein Scheingeschäft ist nicht gegeben, weil der übereinstimmende Wille der Beteiligten ernstlich auf die Errichtung einer solchen vom Normaltypus abweichenden stillen Gesellschaft gerichtet ist. Der Gesellschaftsvertrag wird nicht „nur zum Schein“ abgeschlossen. Auch wird durch ihn in Ermangelung eines gesamthänderisch gebundenen Vermögens und einer gemeinschaftlichen Firma kein anderes Gesellschaftsverhältnis – etwa das einer OHG oder KG – verdeckt (§ 117 Abs. 2 BGB), denn gerade der in der Form einer so ausgestalteten stillen Gesellschaft erstrebte Erfolg – der Ausschluss jeglicher Haftung des stillen Gesellschafters trotz Mitwirkung an der Unternehmensleitung und das Nichtbekanntwerdenlassen der Beteiligten nach außen – entspricht dem im Gesellschaftsvertrag verbindlich niedergelegten wirklichen Willen der Beteiligten, die sich der Abweichung der von ihnen geschaffenen Rechtsform vom Normaltypus durchaus bewusst sind.
1.33
Auch die §§ 134 und 138 BGB können zur Bekämpfung der geschilderten Typenabwandlung nicht herangezogen werden; § 134 BGB nicht, weil das Gesellschaftsrecht nicht verbietet, Personenvereinigungen in anderer als in der im Gesetz vorgesehenen Form und Ausgestaltung zu errichten. Das wäre nur der Fall, wenn der gesetzlichen Regelung der einzelnen Gesellschaftstypen die Tragweite beizumessen wäre, dass ihre Errichtung nur nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erfolgen dürfe und dass nach
1.34
1 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, DStR 1996, 463 f. = GmbHR 1996, 378; Breuninger/Prinz, DStR 1996, 1761 (1764); Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2007, S. 203 ff.
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dem Willen des Gesetzgebers jede andere Gestaltung ausgeschlossen sein soll. Nur dann könnte geltend gemacht werden, dass die gewählte Form eine Umgehung des Gesetzes darstelle oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoße und deshalb nichtig sei. Ein solcher, jegliche Gestaltungsfreiheit ausschließender Typenzwang gilt nicht für die stille Gesellschaft. Ebenso wenig verstößt die Errichtung einer „atypischen“ stillen Gesellschaft nach Beweggrund, Zweck und Inhalt gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), es sei denn, dass sie im einzelnen Falle zum Zwecke des Kreditschwindels oder der Gläubigerschädigung vorgenommen wird. Deshalb entfällt regelmäßig die Anwendbarkeit der §§ 226, 826 BGB. Diese Vorschriften können nur zum Zuge kommen, wenn es sich um einen die vorsätzliche Schädigung anderer Personen bezweckenden, sittenwidrigen Gesellschaftsvertrag handelt. c) Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB auf die atypischen Gestaltungsformen
1.35 Lassen sich hiernach – von Ausnahmefällen abgesehen – gegen Abwandlungen des stillen Gesellschaftsvertrags keine Bedenken erheben, so bleibt zu prüfen, ob auf die atypische stille Gesellschaft die Vorschriften der §§ 230 ff. HGB uneingeschränkt angewendet werden können oder ob nicht im einzelnen Falle eine davon abweichende Beurteilung geboten ist. Das soll im Zusammenhang mit den Einzelfragen des Rechts der stillen Gesellschaft untersucht werden. Schon hier aber sei vermerkt, dass im Steuerrecht die atypische stille Gesellschaft nicht als stille Gesellschaft, sondern als „Mitunternehmerschaft“ behandelt und damit den handelsrechtlichen Personengesellschaften gleichgestellt wird (Rz. 20.59).
IV. Zusammenfassung
1.36 Für die Wahl der Unternehmungsform sind wirtschaftliche, betriebswirtschaftliche, handelsrechtliche und steuerrechtliche Erwägungen bestimmend. Dabei treten die Erwägungen über die „steuerlich günstigste“ Unternehmungsform immer stärker in den Vordergrund. Es sollte jedoch für ihre Wahl die Frage nach der Höhe der steuerlichen Belastung nicht allein ausschlaggebend sein. Auf längere Sicht gesehen erweist sich nur diejenige Unternehmungsform als die betriebswirtschaftlich „richtige“, die im konkreten Fall organisch dem Unternehmen und den von ihm verfolgten wirtschaftlichen Zwecken angepasst ist. Die Beteiligten können nicht nur aus einer Vielzahl im Gesetz geregelter typischer Gesellschaftsformen diejenige auswählen, die ihren Zwecken und Interessen am besten entspricht (freie Typenwahl); sie können auch den Inhalt der Gesellschaftsformen abweichend von der gesetzestypischen Regelung gestalten (inhaltliche Gestaltungsfreiheit) und neue atypische Formen schaffen (Typenfreiheit im engeren Sinne), wobei jedoch die Parteiautonomie in zwingenden gesetzlichen Vorschriften ihre Schranken findet. Besonders gestaltungsfähig ist die Rechtsform der stillen Gesellschaft, weil die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen nachgiebiges Recht enthalten und der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten einen weiten Spielraum lassen. Durch entsprechende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag kann die stille Gesellschaft – beschränkt auf das Innenverhältnis – den handelsrechtlichen Personengesellschaften
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weitgehend angenähert werden. Aber auch eine Annäherung an die Körperschaften ist möglich, indem ihr im Innenverhältnis eine körperschaftliche Verfassung gegeben wird. Die im Wirtschaftsleben am weitesten verbreitete Abwandlung liegt vor, wenn der stille Gesellschafter nicht nur am laufenden Gewinn, sondern auch an der Geschäftsführung und an den Anlagewerten, an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert beteiligt wird. Auch auf solche atypischen stillen Gesellschaften wendet die h.M. im Wesentlichen die Vorschriften über die typische stille Gesellschaft an. Es liegt weder ein Scheingeschäft noch ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten vor. Im Steuerrecht dagegen wird die atypische stille Gesellschaft als „Mitunternehmerschaft“ angesehen und zufolge der das Steuerrecht beherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise den handelsrechtlichen Personengesellschaften gleichgestellt.
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§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform, insbesondere die Gründe für ihre Wahl Schrifttum: Curtius-Hartung, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 223; v. Einem, Christoph, Stock-Options: Eine aktuelle Gestaltungsform der Mitarbeiterbeteiligung für Wachstumsunternehmen, in Haarmann, Hemmelrath & Partner, Gestaltung und Analyse der Rechts-, Wirtschafts- und Steuerberatung von Unternehmen, 1998, S. 389; Esch, Günter/Baumann, Wolfgang/ Schulze zur Wiesche, Dieter, Handbuch der Vermögensnachfolge, 7. Aufl. 2009; Felix, Günther, Beteiligungsformen nichttätiger Abkömmlinge an Familien-Personenunternehmen, DStZ 1988, 73; Felix, Günther/Streck, Michael, Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren, DStR 1977, 42; Fella, Günter, Die stille Gesellschaft im ESt-Recht, StWa 1992, 101; Fox, Thomas/Hüttche, Tobias/ Lechner, Florian, Mitarbeiterbeteiligung an der GmbH, GmbHR 2000, 521; Kußmaul, Heinz, Unternehmenskinder, 1983; Lasa, Franziska, Die stille Beteiligung als Gestaltungsmittel der Vermögensnachfolge, ZEV 2010, 433; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Mayen, Thomas, Privatisierung öffentlicher Aufgaben: Rechtliche Grenzen und rechtliche Möglichkeiten, DOV 2001, 110; Rams, Andreas/Remmen, Jan, Perspektiven der Venture-Finanzierung in Deutschland, Die Bank 1999, 687; Rieble, Volker, Wegfall der steuerrechtlichen Sperrfrist für die Vermögensbildung von Arbeitnehmern, BB 2002, 731; Robisch, Martin, Optimale Schütt-aus-Hol-zurück-Politik von Kapitalgesellschaften und Wandel der Tarifstruktur, DStR 1994, 334; Schanz, Kay-Michael, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, NZA 2000, 626; Schlitt, Michael/Beck, Markus, Spezielle Probleme bei stillen Beteiligungen im Vorfeld eines Börsengangs, NZG 2001, 688; Siddiqui, Sikandar, Die stille Gesellschaft als Instrument der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung, in Henselmann, Steuerpolitik und Steuerreform im Spiegel ökonomischer Analysen, 2001, S. 69; Sturm, Friedrich, Das neue Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbildungen (Vermögensbeteiligungsgesetz), WM 1984, 753; Vollmer, Lothar/Maurer, Torsten, Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgenussscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, 1173; Wittkowski, Ansas/Westmeier, Christian, Steuerliche Auswirkungen der stillen Gesellschaft, BC 2010, 422; Zacharias, Erwin/ Hebig, Michael, Die Auswirkungen des Haushaltsbegleitgesetzes 1989 auf das 5. VermBG und auf § 19a EStG, FR 1989, 317.
2.1 Bei der Errichtung einer stillen Gesellschaft spielen wirtschaftliche, handelsrechtliche und steuerrechtliche Erwägungen eine wichtige Rolle. Es sind vor allem Finanzierungsfragen und haftungsrechtliche sowie steuerrechtliche Überlegungen, die zur Wahl dieser in der Praxis durchaus häufig anzutreffenden Rechtsform führen.
I. Beweggründe auf Seiten des stillen Gesellschafters
2.2 Auf Seiten des stillen Gesellschafters wird für die Übernahme einer stillen Beteiligung in der Regel der Wunsch nach einer günstigen Kapitalanlage bestimmend sein, die einen größeren Ertrag als Bankzinsen oder Aktiendividenden abwirft und die zugleich in der persönlichen Tüchtigkeit und Verantwortlichkeit des Inhabers des Handelsgeschäfts eine relative Sicherheit bietet.
2.3 Ist dem Geldgeber darüber hinaus an einer Sachwertsicherung gelegen, so kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass seine Beteiligung sich nicht auf den laufenden Jahresgewinn beschränken, sondern sich auf das Anlagevermögen, insbesondere
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§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
auf die offenen und stillen Rücklagen und auf einen etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert erstrecken soll (sog. atypische stille Beteiligung; Rz. 4.26 ff.). Auch der Wunsch, die Kapitalanlage vor der Öffentlichkeit geheim zu halten, ein möglichst geringes Risiko einzugehen, am Verlust des Geschäfts entweder überhaupt nicht teilzunehmen oder die Verlustgefahr auf den Betrag der Vermögenseinlage zu beschränken, bestimmt häufig die Wahl der stillen Gesellschaft. Diese Wünsche lassen sich in der Form einer Kapitalgesellschaft, einer handelsrechtlichen Personengesellschaft oder eines schuldrechtlichen Darlehensvertrags nicht immer verwirklichen. Die mit der Beteiligung an einer handelsrechtlichen Personengesellschaft notwendig verbundene Publizität, die unbeschränkte gesamtschuldnerische Haftung der Komplementäre und die grundsätzlich persönliche Mitwirkung aller Gesellschafter bei der Geschäftsführung und Vertretung einerseits, die mangelnde Einflussmöglichkeit auf die Verwendung und Erhaltung des Beteiligungskapitals beim Darlehen, aber auch bei der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft andererseits, entsprechen oftmals nicht den Absichten der Beteiligten.
2.4
Der Wunsch nach sicherer Kapitalanlage ist jedoch nicht der einzige Beweggrund für den stillen Gesellschafter. Vielfach sind es auch wirtschaftliche Gründe, die für die Übernahme einer stillen Beteiligung bestimmend sind. In Fällen, wo jemand aus Gründen, die in seiner Person oder in seiner beruflichen oder gesellschaftlichen Stellung liegen, ein Handelsgewerbe nicht selbst betreiben darf, kann oder will, wird eine andere Person als Geschäftsführer vorgeschoben, wohingegen der stille Gesellschafter im Innenverhältnis der eigentliche Herr und Leiter des Unternehmens ist. Die stille Beteiligung wird auch dort gewählt, wo jemand mit Konkurrenten des Geschäftsinhabers in geschäftlichen Beziehungen steht, die durch das Bekanntwerden des Beteiligungsverhältnisses gefährdet werden könnten. Zu denken ist weiter an die im Wirtschaftsleben, insbesondere im Lebensmittelgroßhandel und bei Brauereien, nicht seltenen Fälle, in denen sich ein Unternehmer mit Hilfe von stillen Beteiligungen einen bestimmten Abnehmerkreis oder feste Bezugsquellen sichern oder den Wettbewerb ausschalten will. Auch die Möglichkeit, die stille Beteiligung bei diversifizierten Unternehmen auf einen selbständig abgrenzbaren Geschäftszweig (vgl. Rz. 6.51) beschränken zu können, entspricht oftmals dem Interesse der Anleger, an der Entwicklung einzelner Geschäftszweige unmittelbar zu partizipieren.
2.5
Viele Ziele, die der Geldgeber mit der typischen stillen Beteiligung verfolgt, lassen sich auch mit der Gewährung eines partiarischen Darlehens erreichen. Steuerliche Vorteile gegenüber dem partiarischen Darlehen bietet die stille Gesellschaft kaum noch. Die ehemals attraktiven Verlustnutzungsmöglichkeiten wurden in den letzten Jahren sukzessive eingeschränkt und die beiden Rechtsformen zuletzt durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 auch gewerbesteuerlich angeglichen1. Der Geschäftsherr wird zudem durch höhere Informations- und Mitspracherechte des Geldgebers belastet2.
2.6
1 Eine unterschiedliche Behandlung erfahren stille Beteiligungen und partiarische Darlehen nach wie vor in den meisten Doppelbesteuerungsabkommen. 2 Lienau/Lotz, DStR 1991, 622.
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§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
II. Beweggründe auf Seiten des Inhabers des Handelsgeschäfts 1. Zivilrechtliche Beweggründe
2.7 Ebenso vielfältig sind die Gründe, die den Inhaber eines Handelsgeschäfts zur Aufnahme eines stillen Gesellschafters bewegen können. Er will auf längere Zeit mit der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters arbeiten, ohne befürchten zu müssen, dass ihm diese kurzfristig gekündigt wird. Er will geheim halten, dass er genötigt ist, mit fremdem Geld zu arbeiten. Der Name des Geldgebers soll aus Wettbewerbsgründen nicht bekannt werden, oder der Geschäftsinhaber, der eine Konzession nur auf seinen Namen erhalten hat, kann sein Handelsgewerbe aus diesem Grunde nicht unter der Firma einer OHG oder KG betreiben und nimmt deshalb einen stillen Gesellschafter auf, der ihm das erforderliche Betriebskapital zur Verfügung stellt (vgl. dazu Rz. 9.74).
2.8 Die stille Beteiligung kann für den Geschäftsinhaber insofern vorteilhafter als die Aufnahme eines Darlehens sein, als sie zu einer Herabsetzung der fixen Kosten für die Fremdkapitalverzinsung führen kann, was wiederum für die Liquidität des Unternehmens günstig ist, weil sich der stille Gesellschafter je nach dem Geschäftsergebnis des betreffenden Jahres mit einer geringeren Gewinnquote begnügen muss. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen hat die ertragsabhängige Ergebnisbelastung und die einfache Anpassung der Kapitalausstattung entscheidende Bedeutung1. Bei Banken führt die unter Umständen erhöhte Eigenkapitalquote zu einer Ausweitung der Kreditvergabemöglichkeit (§§ 10 Abs. 3, 4 KWG; vgl. dazu auch Rz. 7.82). Auch für Sanierungszwecke kann die stille Gesellschaft eine geeignete Rechtsform sein, um einem finanziell Not leidenden Unternehmen neues Kapital zuzuführen2. Die stille Beteiligung an nicht börsennotierten mittelständischen Unternehmen wird durch die Errichtung von Unternehmensbeteiligungsgesellschaften gefördert (§ 1a Abs. 1 und 2 UBGG).
2.9 Häufig entsteht eine stille Gesellschaft im Zusammenhang mit der Auflösung einer handelsrechtlichen Personengesellschaft oder mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters, der der Gesellschaft seinen bisherigen Kapitalanteil weiterhin als Vermögenseinlage belässt. Das hat für den nunmehr nur noch still Beteiligten den Vorteil, dass seine persönliche Haftung für nach seinem Ausscheiden entstandene Verbindlichkeiten entfällt (§§ 159, 160 HGB) und dass er seine Einlage zurückfordern kann, ohne sich – wie als Kommanditist – der Gefahr einer erneuten persönlichen Haftung aussetzen zu müssen (§§ 172 Abs. 4, 171 Abs. 1 HGB).
2.10 Bei Kapitalgesellschaften kann durch die Begründung einer stillen Gesellschaft gelegentlich eine sonst erforderliche Kapitalerhöhung ersetzt werden. Gleichzeitig bietet die stille Beteiligung den Vorteil, dass die Einlage des stillen Gesellschafters leichter rückzahlbar ist als der Anteil am Gesellschaftsvermögen; es bedarf nicht der förmlichen Kapitalherabsetzung.
2.11 Insbesondere mittelständischen Unternehmen wird durch stille Beteiligungen an einzelnen Geschäftsbereichen die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Projekte und Innova1 Curtius-Hartung, StbKRep 1987, 225. 2 Vgl. dazu näher Vollmer/Maurer, DB 1994, 1173.
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§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
tionen zu finanzieren. Auch können sie wichtige Lieferverhältnisse oder Geschäftsbeziehungen durch Bindung der Geschäftspartner mittels stiller Beteiligung sichern. 2. Steuerrechtliche Beweggründe Vor allem bietet die Form der stillen Gesellschaft nicht unbeachtliche steuerliche Vorteile. Nachdem im Steuerrecht heute auch die stille Beteiligung von Aktionären oder GmbH-Gesellschaftern an ihrer Gesellschaft, ja sogar die stille Beteiligung des Einmanngesellschafters an seiner eigenen Gesellschaft anerkannt wird, eröffnen sich Möglichkeiten und Wege für wirtschaftliche Verflechtungen und gegenseitige Beteiligungen, die zu durchaus legalen Steuerersparnissen führen können (Rz. 23.1 ff.).
2.12
Wesentliche steuerrechtliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft als Gestaltungsmittel zur Verlagerung von Einkünften. Ziel ist es, durch die Nutzung von Freibeträgen und Progressionsvorbehalten eine niedrigere Steuerbelastung für die Familie insgesamt zu erreichen. So können Einzel- und Mitunternehmer Einkünfte beispielsweise auf nahe Angehörige progressionsmindernd verlagern. Bei Eingreifen der Abgeltungsteuer für Kapitaleinkünfte führt die Verlagerung von Einkünften aufgrund des einheitlichen Abgeltungsteuersatzes nicht mehr zu einer Progressionsminderung. Bei Verlagerung von Einkünften auf Verwandte dürfte jedoch regelmäßig der Ausnahmetatbestand nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG gegeben sein, so dass eine Progressionsminderung auch weiterhin genutzt werden kann.
2.13
Die stille Gesellschaft kann aber auch als Verlusttransfervehikel genutzt werden, um beispielsweise Anlaufverluste einer GmbH von der Gesellschafts- auf die Gesellschafterebene zu transferieren und dadurch der sog. Verlustfalle der Kapitalgesellschaft zu entgehen. Dort können die Verluste dann mit positiven Einkünften steuermindernd verrechnet werden. Hierbei sind allerdings die Grenzen der Verlustverrechnung (§§ 2 Abs. 3, 10d, 15 Abs. 4 Sätze 6 bis 8 und 15a EStG) und der Abziehbarkeit von Finanzierungsaufwendungen (§ 4h EStG und § 8a KStG) zu berücksichtigen. Die stille Gesellschaft kommt somit wie die GmbH & Co. KG als Gestaltungsmittel in Betracht, wenn die Vorteile der Kapitalgesellschaft (insbesondere die Haftungsbegrenzung) mit denen der Personengesellschaft (insbesondere die angesprochene direkte Gewinn- und Verlustzurechnung) kombiniert werden sollen.
2.14
In gewerbesteuerlicher Hinsicht können sich Vorteile daraus ergeben, dass für die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG ein Freibetrag von 100 000 Euro besteht. Dem gewerbesteuerlichen Vorteil steht allerdings der Nachteil gegenüber, dass beispielsweise Geschäftsführervergütungen, die ein atypisch stiller Gesellschafter erhält, zum Gewerbeertrag zählen. Gewerbesteuerliche Vorteile können sich auch durch die Vereinbarung von atypisch stillen Gesellschaften an einzelnen Geschäftsbereichen des Geschäftsinhabers ergeben. Jede Sparte, an der eine atypische stille partielle Beteiligung besteht, stellt nach Ansicht der Rechtsprechung1 einen eigenen Gewerbebetrieb dar, so dass der Freibetrag mehrfach zur Anwendung kommt. Allerdings ist im Gegenzug ein Ergebnisausgleich zwischen den verschiedenen Sparten nicht möglich.
2.15
1 Hierzu grundlegend BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 (686) = GmbHR 1996, 378.
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§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
2.16 Bei der Gestaltung der Gesellschaftsverträge ist allerdings darauf zu achten, dass alle Mindestanforderungen der stillen Gesellschaft berücksichtigt werden. Besondere Sorgfalt sollte darauf verwendet werden, dass die steuerrechtlichen Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft je nach Wunsch vermieden oder geschaffen werden. Gerade diese Frage führt in der Praxis zu Streitigkeiten mit der Finanzverwaltung und letztlich zu langwierigen Gerichtsverfahren. Im Übrigen ergibt sich ein weites Feld individueller Gestaltungsmöglichkeiten, die den besonderen wirtschaftlichen, psychologischen und rechtlichen, aber auch steuerrechtlichen Situationen des Einzelfalles gerecht werden können.
2.17 Keine Bedeutung hat die stille Gesellschaft mehr als Gestaltungsmittel für die Bewirkung der Rückleistung der im Rahmen des „Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahrens“1 an die Anteilseigner ausgeschütteten Beträge.
III. Die stille Gesellschaft als Familiengesellschaft
2.18 Weit verbreitet ist die stille Gesellschaft als Mittel zur Sicherung der Familienangehörigen, zur Vorsorge für den Todesfall des Geschäftsinhabers, zur Verhinderung einer Zersplitterung des Anteilsbesitzes und damit als Mittel zur Abwendung der Gefahr einer Überfremdung durch den Eintritt von nicht zur Familie gehörigen Personen oder der Gefahr der Entziehung flüssiger Mittel aus dem Unternehmen. Mit Hilfe stiller Beteiligungen können der Familie die wirtschaftlichen Grundlagen des Unternehmens erhalten bleiben und kann im Falle des Todes des Inhabers der ungehinderte Fortbestand des Unternehmens gewährleistet werden. Besondere Bedeutung erlangt dieser letzte Gesichtspunkt, wenn eine Übergangszeit überbrückt werden muss, weil die als Nachfolger bestimmten Abkömmlinge erst heranwachsen oder sich noch in der Ausbildung befinden, oder weil die Last der Arbeit und Verantwortung nur allmählich auf jüngere Schultern gelegt werden soll2. In solchen Fällen können die Kinder zunächst als stille Gesellschafter beteiligt werden, indem ihnen der zur Leistung der Vermögenseinlage erforderliche Betrag vom Inhaber schenkungsweise zur Verfügung gestellt wird (Rz. 7.18 ff.). Auf diese Weise wird durch die stille Beteiligung die Anwartschaft derjenigen Erben sichergestellt, die als künftige Geschäftsinhaber ausersehen sind. Zu denken ist auch an den Fall, dass Abkömmlinge des Geschäftsinhabers pflichtteils-, aber nicht nachfolgeberechtigt sind. Hier kann die Einräumung einer stillen Beteiligung am Unternehmen die Entstehung von Pflichtteilsansprüchen verhindern, deren Erfüllung einem Unternehmen in erheblicher Weise Kapital entziehen kann3.
2.19 Die stille Gesellschaft eignet sich aber auch zur Sicherung derjenigen Erben, die von der Übernahme des Handelsgeschäfts ausgeschlossen sein sollen. Sie können für ihre Erbansprüche dadurch abgefunden werden, dass ihnen der Geschäftsinhaber stille Beteiligungen einräumt, wodurch die Fortführung des Unternehmens als Einzelfirma ermöglicht wird. Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit lassen sich die berechtigten Belange und Interessen der weichenden Erben hinreichend wahren. So können die Überwachungs- und Kontrollrechte, die ihnen als stille Gesellschafter zustehen, er1 Felix/Streck, DStR 1977, 42; Robisch, DStR 1994, 334; vgl. 6. Aufl. Rz. 2.14. 2 Vgl. Kußmaul, Unternehmenskinder, S. 283 ff. 3 Lasa, ZEV 2010, 433 (433).
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weitert, aber auch eingeschränkt werden. Ihre Vermögenseinlage kann – anders als die Einlage des Kommanditisten – durch Bestellung von Hypotheken oder Pfandrechten oder im Wege der Sicherungsübereignung gesichert werden (Rz. 10.43). Sollen die Erben nicht nur am laufenden Jahresgewinn, sondern auch an der Substanz des Unternehmens beteiligt werden, so wird zweckmäßigerweise im Testament oder im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass sie bei der Auseinandersetzung an den offenen und stillen Rücklagen des Unternehmens teilhaben. Sie sind dann zwar nicht dinglich am Geschäftsvermögen beteiligt; sie haben aber gegenüber dem oder den Erben, die das Geschäft übernehmen, einen schuldrechtlichen Anspruch auf Beteiligung an der Unternehmenssubstanz. Dass sich in solchen Fällen die Beteiligung auch auf den Geschäftswert (goodwill) erstrecken soll, wird regelmäßig nicht dem Willen der Beteiligten entsprechen und ist auch nicht zweckmäßig, weil sich dieser Wert erfahrungsgemäß nur schwer feststellen lässt und es dabei vielfach zu Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten unter den beteiligten Erben kommt. Soll die Aufstellung einer besonderen Auseinandersetzungsbilanz vermieden werden, so kann der Erblasser bestimmen, dass als Abfindung für die Beteiligung an den Rücklagen des Unternehmens zu dem buchmäßigen Kapitalanteil, der sich aus der dem Todestag vorangehenden Bilanz ergibt, ein angemessener Aufschlag zu machen ist. Es empfiehlt sich auch, die Abfindungsraten an die Leistungsfähigkeit des Geschäftsinhabers anzupassen, damit dem Unternehmen nicht auf einmal größere Beträge entzogen werden und dadurch seine Liquidität gefährdet wird (Rz. 16.40 ff.).
2.20
Die Begründung einer stillen Gesellschaft mit dem Ehepartner oder mit den Kindern kann schon zu Lebzeiten des Geschäftsinhabers als „vorweggenommene Erbfolge“ vor allem unter steuerlichen Gesichtspunkten vorteilhaft sein, weil weder die stille Beteiligung noch die aus ihr fließenden Gewinnanteile dem Inhaber zugerechnet werden (Rz. 21.4 ff.). Bei steuermotivierten Beteiligungen nichttätiger Angehöriger hat die stille Beteiligung gegenüber der typischen Kommanditbeteiligung zudem den Vorteil, dass sie keine langfristige Mitinhaberschaft begründet, die später häufig den endgültigen Unternehmensnachfolger behindert1.
2.21
Überlässt der Inhaber seinem Ehepartner oder seinen Kindern die Vermögenseinlage im Wege der Schenkung, so bleibt diese seit Inkrafttreten des ErbStRG2 beim Ehepartner bis zu einem Betrag von 500 000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG) und bei den Kindern bis zu den Beträgen von je 400 000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) schenkungsteuerfrei3. Auch die Schenkung an den Lebenspartner ist seit 2010 durch den neugefassten § 16 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 ErbStG privilegiert4. Die schenkungsweise überlassenen Beträge scheiden aus dem Vermögen des Schenkers aus.
2.22
Die Gewinne, die aufgrund der typischen stillen Beteiligung auf den Ehepartner und die Kinder entfallen, werden von diesen selbst versteuert und bilden bei dem Geschäftsinhaber Betriebsausgaben, die den Gewinn mindern. Als typisch still beteiligter Gesellschafter erzielt das Kind Einkünfte aus Kapitalvermögen. Es kommt somit
2.23
1 Vgl. dazu auch Felix, DStZ 1988, 73 (74). 2 Erbschaftsteuerreformgesetz v. 24.12.2008, BGBl. I 2008, 3018. 3 Zur Höhe der Freibeträge vor Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes siehe Rz. 27.81. 4 § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG neu gefasst durch Gesetz v. 8.12.2010, BGBl. I 2010, 1768.
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in den Genuss des Sparerfreibetrages zzgl. Werbungskostenpauschale bzw. des Sparerpauschbetrages i.H. von 801 Euro (§ 20 Abs. 9 EStG). Der Unternehmer kann mehr an Einkünften auf seine Angehörigen verlagern als beim Darlehen. Der steuerlich abzugsfähige Gewinnanteil des still Beteiligten darf um einiges über dem marktüblichen Zinssatz für Kredite liegen. Die Verlustpartizipation darf in diesem Fall allerdings nicht ausgeschlossen sein, wenn die Einlage, wie üblich, aus geschenkten Mitteln erbracht wird (vgl. hierzu Rz. 21.54 ff.). Der durch die Bildung offener oder stiller Rücklagen entstehende Mehrwert des Unternehmens wächst den Familienangehörigen, wenn sie nach dem Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis auch am Geschäftsvermögen beteiligt sind, im Verhältnis ihrer Anteile schenkungsteuerfrei zu. Zugleich verringert sich insoweit das Vermögen des Geschäftsinhabers, so dass bei seinem Ableben ein geringerer Nachlasswert vorhanden und zu versteuern ist. Diese legalen Steuervorteile haben ihren Teil dazu beigetragen, die stille Gesellschaft zu einer immer stärker bevorzugten Gesellschaftsform zu machen, die im Wirtschaftsleben eine weit größere Rolle spielt als die Kommanditgesellschaft. Ausführlich zur steuerlichen Anerkennung Rz. 21.2 ff., 21.27 ff.
IV. Die stille Gesellschaft als Form der Mitarbeiterbeteiligung 1. Die Beweggründe zur Mitarbeiterbeteiligung
2.24 Auch in arbeitsvertraglicher Hinsicht kommt der stillen Gesellschaft Bedeutung zu. Hier ist vor allem an die Beteiligung von Arbeitnehmern am Erfolg des Unternehmens zu denken. Die Motive für die Einführung von Erfolgsbeteiligungen sind mannigfacher Art. Sie entspringen sozialen, betriebstechnischen und betriebswirtschaftlichen Erwägungen, indem durch die Ergebnisbeteiligung eine Besserung des Betriebsklimas erwartet oder eine stärkere innere Bindung der Arbeitnehmer an den Betrieb erhofft wird. In betriebswirtschaftlicher Hinsicht erwartet man von den am Betriebsergebnis beteiligten Arbeitnehmern ein stärkeres kostenorientiertes Denken und Handeln in der Richtung, dass sie die betrieblichen Einrichtungen schonend behandeln und mit dem Material sorgfältig umgehen. Man erhofft sich schließlich auch eine Mitarbeit in Organisationsfragen und eine gegenseitige Erziehung zu betrieblichem Denken sowie zunehmendes Interesse an der Steigerung der Produktivität des Betriebs. Durch die Erfolgsbeteiligung sollen also die Belange von Unternehmer und Arbeitnehmern sinnvoll miteinander verkoppelt werden.
2.25 Dabei werden jedoch die Verfahren und Möglichkeiten einer Gewinnbeteiligung vielfach überschätzt, und die wahre Bedeutung des Problems wird zu leicht vergessen. Es kommt zum einen darauf an, eine betriebswirtschaftlich richtige, für den Betrieb tragbare Lösung der Gewinnzurechnung auf Arbeit und Kapital zu finden, und zum anderen darauf, dass die Gewinnbeteiligung auf die Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Betrieb einwirkt, was letztlich dem Betrieb selbst wirtschaftliche Vorteile und Erfolge bringt.
2.26 Unternehmer, Arbeitnehmer und Kapitalgeber arbeiten gemeinsam an der Weiterentwicklung des Betriebs. Ihr Interesse an seiner Erhaltung ist bedingt durch die Sicherung der eigenen Existenzgrundlage. So wird auch ein dauerhafter wirtschaftlicher Gesamterfolg wesentlich nur durch das harmonische Zusammenwirken aller im Be-
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trieb Tätigen herbeigeführt werden können. Da der Gewinn aus der Zusammenarbeit aller im Betrieb Tätigen entstanden ist, wird man ihn niemals ursachgemäß auf die Wirkung der beiden Faktoren Kapital und Arbeit zurückführen können. Es ist daher auch unmöglich, anzugeben, welchen Gewinn der Faktor Arbeit und welchen Gewinn der Faktor Kapital verursacht hat. Das entscheidende Problem liegt deshalb nicht – wie vielfach angenommen wird – in der Frage nach der „rechnerischen“ Verteilung des Gewinnes auf Kapital und Arbeit, sondern in der Frage, wie die zwischenmenschlichen Beziehungen durch irgendeine der möglichen Arten und Formen von Gewinnbeteiligungen zu bessern sind, und im Falle einer Beteiligung der Arbeitnehmer am entstandenen Gewinn in der Frage nach seiner zweckgerechten Verteilung im Hinblick auf die Erhaltung, Erweiterung und auf den Fortschritt des Betriebs zugunsten der Gesamtwirtschaft1. 2. Die Formen der Mitarbeiterbeteiligung a) Die Gewinnbeteiligung Die einfachste Form einer Mitarbeiterbeteiligung liegt vor, wenn die Arbeitnehmer neben ihrem Arbeitslohn eine Beteiligung an dem im Unternehmen erwirtschafteten Gewinn erhalten, ohne dass es zwischen ihnen und dem Unternehmer zu einem gesellschaftlichen Zusammenschluss kommt. Es handelt sich hierbei um einen Arbeitsvertrag mit Gewinnbeteiligung (partiarischer Dienstvertrag; Rz. 5.39 ff.). Der an den Arbeitnehmer auszuschüttende Anteil kann dabei pauschaliert oder an bestimmte Ertrags- oder Kostenfaktoren gebunden werden.
2.27
Da nach den Vorschriften des Lohnsteuerrechts alles, was aus einem gegenwärtigen oder früheren Dienstverhältnis an Geld oder Geldeswert dem Arbeitnehmer zufließt, zu versteuernder Arbeitslohn ist, gehören die dem Arbeitnehmer zufließenden Gewinnanteile als Ausfluss des Arbeitsverhältnisses zu seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, die dem Lohnsteuerabzug unterliegen. Entscheidend ist einzig und allein der Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Auf die Bezeichnung und auf die Bemessungsgrundlage für die Gewinnbeteiligung kommt es nicht an. Die an die Arbeitnehmer gezahlten Gewinnanteile sind für den Unternehmer Betriebsausgaben, die den Gewinn mindern (zur Abgrenzung von Arbeitslohn und Einkünften aus Kapitalvermögen siehe Rz. 20.16 ff.).
2.28
b) Die Mitunternehmerschaft (atypische stille Gesellschaft) Stärkere Wirkungen als die bloße Gewinnbeteiligung erzeugt die Begründung einer Mitunternehmerschaft zwischen dem Unternehmer und seinen Arbeitnehmern. Hier wird der Arbeitsvertrag mit einem Gesellschaftsvertrag verbunden. Die Arbeitsleistung steht damit nicht allein im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, sondern bildet zugleich einen Beitrag zu einem gemeinsamen übergeordneten Zweck. Das Zusammenwirken von Arbeit im Betrieb und Unternehmensleitung soll den Unternehmenserfolg und damit den Nutzen für beide Teile erhöhen2. 1 Vgl. dazu Haas, Wesen und Formen der Gewinnbeteiligung, Veröffentlichungen der Wirtschaftshochschule Mannheim, Reihe 2: Reden, Heft 1, 1957, S. 8 ff. 2 Vgl. hierzu Reinhardt in FS Nipperdey, 1955, S. 235 (246 ff.); so auch Schanz, NZA 2000, 626 (628).
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2.30 Nicht nur der durch gemeinsame Arbeit geschaffene wirtschaftliche Erfolg des Betriebs soll allen mit dem Betrieb Verbundenen zugutekommen; vielmehr sollen alle im Betrieb Tätigen eine unternehmerische Stellung erhalten und an den Risiken, Rechten und Pflichten des Unternehmers in irgendeiner Form teilhaben, wodurch das Bewusstsein der Verbundenheit und Zusammengehörigkeit besonders gestärkt wird. Das gilt insbesondere auch für Zeiten einer schlechten Ertragslage.
2.31 Die Mitunternehmerschaft wird dadurch begründet, dass die Arbeitnehmer Bareinlagen leisten oder ihre Arbeitskraft in den Betrieb einbringen. Dafür werden sie an den Anlagewerten des Unternehmens sowie an den offenen und stillen Rücklagen beteiligt. Außerdem können ihnen Gesellschaftsrechte gewährt werden. Schwierigkeiten ergeben sich häufig daraus, dass den Arbeitnehmern regelmäßig der Einblick in das Unternehmen fehlt. Deshalb muss eine Einrichtung geschaffen werden, die ihrer Zusammensetzung und Aufgabenstellung nach geeignet ist, die Information und Kontrolle zu gewährleisten. Es müssen aber auch die Grenzen der Informations- und Kontrollrechte festgelegt werden, wenn diese das Unternehmen im Konkurrenzkampf nicht gefährden sollen1.
2.32 Die atypisch stille Gesellschaft ist als solche weder einkommen- noch körperschaftsteuerpflichtig2. Daher muss in den Fällen der Mitunternehmerschaft für den Unternehmer und für alle mit Einlagen beteiligten Arbeitnehmer eine einheitliche Gewinnfeststellung durchgeführt werden, bei der für alle Beteiligten die Höhe der auf sie entfallenden Gewinn- oder Verlustanteile festgestellt wird (Rz. 22.152 ff.). Übersteigt der Gewinnanteil allein oder mit anderen Einkünften, die nicht dem Steuerabzug unterlagen, im Jahr den Betrag von 410 Euro, so ist der Arbeitnehmer aufgrund einer von ihm abzugebenden Einkommensteuererklärung zu veranlagen (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Der atypisch still beteiligte Mitarbeiter erzielt gewerbliche Einkünfte (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EStG). Einen eventuellen Anteil am Verlust darf gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 EStG weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden, soweit ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Soweit der Verlust nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgeglichen oder abgezogen werden darf, mindert er jedoch die Gewinne, die in späteren Wirtschaftsjahren zuzurechnen sind (§ 15a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 EStG). Der Freibetrag von 360 Euro gemäß § 3 Nr. 39 EStG3 begünstigt anders als § 19a Abs. 1 EStG a.F. allein die Vermögensbeteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers, während die Begünstigung von MitarbeiterbeteiligungsSondervermögen ab 2014 entfallen ist4. Gewinne aus der Veräußerung der atypisch stillen Beteiligung sind stets steuerpflichtig5. Zu beachten ist außerdem, dass die atypisch stille Beteiligung eines Mitarbeiters aufgrund der steuerlichen Mitunternehmerschaft die Folge hat, dass nicht nur die Gewinnanteile, sondern auch das Gehalt des beteiligten Arbeitnehmers für Gewerbe-
1 Reinhardt in FS Nipperdey, 1955, S. 235 (247 ff.). 2 Wittkowski/Westmeier, BC 2010, 422 (424). 3 § 3 Nr. 39 EStG ersetzt § 19a EStG a.F., der m.W.v. Kalenderjahr 2009 durch das MitarbeiterkapitalbeteiligungsG v. 7.3.2009 (BGBl. I 2009, 451) aufgehoben wurde. 4 Levedag in L. Schmidt, § 3 EStG Rz. 133. 5 Fox/Hüttche/Lechner, GmbHR 2000, 521 (527).
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steuerzwecke nicht mehr abzugsfähig ist1. Aufgrund dieser steuerlichen Konsequenzen, die sich sowohl für den Begünstigten als auch für das jeweilige Unternehmen in der Regel als nachteilig erweisen, kommen in der Praxis Mitarbeiter-Beteiligungsmodelle mit atypisch stillen Gesellschaften so gut wie nicht vor2. Hinsichtlich der Verschonung von Erbschaftsteuer beim Übergang betrieblichen Vermögens nach §§ 13a, 13b ErbStG wird es künftig eine Änderung geben. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber für eine verfassungsgemäße Korrektur der übermäßigen Bevorzugung des Übergangs von Betriebsvermögen in §§ 13a, 13b ErbStG eine Frist bis zum 30.6.2016 eingeräumt. Da die Mitunternehmerschaft gegenwärtig zum begünstigten Vermögen i.S. der §§ 13b, 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zählt, ist insoweit mit einer Änderung zu rechnen (hierzu Rz. 27.1 f.). c) Die typische stille Gesellschaft Die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen dem Unternehmer und seinen Arbeitnehmern ist steuerlich am günstigsten. Zu beachten ist, dass die Vermögenseinlage der stillen Gesellschafter auch in der Einbringung ihrer Arbeitskraft bestehen kann (Rz. 7.38 ff.).
2.33
Die auf die Arbeitnehmer entfallenden Gewinnanteile mindern als Betriebsausgaben den einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn des Inhabers. Sie sind bei den Arbeitnehmern Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG der Kapitalertragsteuer unterliegen. Dabei sind gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 sowohl § 15 Abs. 4 Satz 6 bis 8 und § 15a EStG entsprechend anzuwenden (dazu Rz. 22.239 ff.). Der Geschäftsinhaber hat also einen Steuerabzug vorzunehmen und die einbehaltene Kapitalertragsteuer an das Finanzamt abzuführen (Rz. 22.276 bzw. 22.287). In Veranlagungsjahren ab 2009 hat der Kapitalertragsteuerabzug abgeltende Wirkung, § 43 Abs. 5 EStG. Die stille Beteiligung mindert weiterhin beim Inhaber als echte Schuld das erbschaftsteuerliche Betriebsvermögen; beim Arbeitnehmer ist sie als Kapitalforderung zu berücksichtigen (Rz. 27.25 ff.).
2.34
In Veranlagungsjahren bis 2008 führte die Rückzahlung der Einlage des stillen Gesellschafters mit einem über das steuerliche Kapitalkonto hinausgehenden Betrag beim Stillen zu steuerpflichtigen Einnahmen, weil der Mehrbetrag regelmäßig eine Abfindung für zukünftige Gewinnanteile darstellt. Zu den Einzelheiten wird auf die Vorauflage verwiesen.
2.35
Aufgabe- oder Veräußerungsgewinne aus typischen stillen Beteiligungen, welche nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben wurden, sind in jedem Fall als Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG zu versteuern. Liegt kein Ausnahmetatbestand nach § 32d Abs. 2 EStG vor, unterliegen Kapitaleinkünfte ab dem Veranla-
2.36
1 v. Einem in Gestaltung und Analyse der Rechts-, Wirtschafts- und Steuerberatung von Unternehmen, S. 389 (393); differenzierend: Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 170, die Arbeitslohn aus „echten“ Arbeitsverhältnissen im Gegensatz zu Geschäftsführervergütungen nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ansehen, sondern als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Differenzierend für die GmbH & Still: Schulze zur Wiesche, DStZ 1999, 285 (287 f.). 2 Siddiqui in Steuerpolitik und Steuerreform im Spiegel ökonomischer Analysen, S. 69 (74).
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gungsjahr 2009 der Abgeltungsteuer i.H. von 25 %. Die pauschale Besteuerung von Kapitaleinkünften hat zur Folge, dass der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten gemäß § 20 Abs. 9 EStG nicht zulässig ist. Stattdessen wird ein Sparer-Pauschbetrag i.H. von 801 Euro berücksichtigt. Verluste können nicht mit anderen Einkunftsarten ausgeglichen, sondern nur noch im Rahmen der Kapitaleinkünfte vorgetragen und ausgeglichen werden, § 20 Abs. 6 EStG. Unterliegen die Einkünfte aus der typischen stillen Beteiligung der Abgeltungsteuer, ist die Fremdfinanzierung der Beteiligung steuerlich daher nicht mehr vorteilhaft. Bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung wird in Veranlagungsjahren ab 2008 kein Unterschied mehr zwischen gewerblichem und privatem Empfänger gemacht. Eine (teilweise) Hinzurechnung findet in beiden Fällen statt. d) Vermögensbeteiligungsgesetz
2.37 Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch Kapitalbeteiligungen (Erstes VermBG)1 erfährt die typische stille Beteiligung eine Förderung durch den Gesetzgeber. Von der Absicht getragen, das Hauptgewicht der Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand unter Abkehr von der Förderung des reinen Geldsparens auf die Förderung von Beteiligungen am Produktivkapital zu verlagern, hat der Gesetzgeber einerseits den Anlagekatalog der vermögenswirksamen Leistungen u.a. auf typische stille Beteiligungen erweitert und andererseits durch Einfügung des § 19a EStG a.F. steuerliche Vorteile für die Einräumung solcher Beteiligungsverhältnisse geschaffen. § 19a EStG wurde durch das Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz2 mit Wirkung für das Kalenderjahr 2009 aufgehoben und durch einen neuen § 3 Nr. 39 EStG ersetzt (siehe dazu Rz. 2.32).
2.38 Das fünfte Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung (Fünftes VermBG3) sieht eine differenzierte Regelung der Zulagenförderung vor. Danach können die Verträge über die Erbringung von vermögenswirksamen Leistungen als Sparvertrag (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. i i.V.m. § 4 des Fünften VermBG), Beteiligungs-Vertrag (§ 6 des Fünften VermBG) und Beteiligungs-Kaufvertrag (§ 7 des Fünften VermBG) ausgestaltet sein. Von den Vergünstigungen sind GmbH-Geschäftsführer nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 des Fünften VermBG ausdrücklich ausgeschlossen, sofern sie die vom Gesetzgeber gezogenen Einkommensgrenzen nicht ohnehin überschreiten.
2.39 Bei einem Sparvertrag handelt es sich gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 des Fünften VermBG um einen Vertrag mit einem Kreditinstitut, in dem sich der Arbeitnehmer verpflichtet, zum Erwerb typischer stiller Beteiligungen einmalig oder für die Dauer von sechs Jahren laufend vermögenswirksame Leistungen einzahlen zu lassen oder andere Beträge einzuzahlen.
2.40 Ein Beteiligungs-Vertrag i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 6 des Fünften VermBG ist ein Vertrag mit dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber über die Begründung einer typischen stillen Beteiligung am Arbeitgeberbetrieb, wobei vereinbart wird, die vom
1 Erstes VermBG v. 22.12.1983, BGBl. I 1983, 1592 = BStBl. I 1984, 23. 2 Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz v. 7.3.2009, BGBl. I 2009, 451. 3 Neufassung des VermBG durch das Zweite VermBG v. 19.12.1986, BGBl. I 1986, 2595 = BStBl. I 1987, 231.
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Arbeitnehmer für die Begründung geschuldete Geldsumme mit vermögenswirksamen Leistungen zu verrechnen oder mit anderen Beträgen zu zahlen. Der stillen Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers steht nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2, Satz 4 des Fünften VermBG die stille Beteiligung an einem Unternehmen, das als herrschendes Unternehmen gemäß § 18 AktG mit dem arbeitgebenden Unternehmen verbunden ist oder an diesem oder dem herrschenden gesellschaftsrechtlich beteiligt ist, gleich. Ein Beteiligungs-Kaufvertrag schließlich liegt vor, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber (§ 7 Abs. 1 des Fünften VermBG) oder mit einer dem Arbeitgeberbetrieb verbundenen GmbH (§ 7 Abs. 2 des Fünften VermBG) einen Kaufvertrag zum Erwerb einer typischen stillen Beteiligung abschließt, und vereinbart wird, den vom Arbeitnehmer geschuldeten Kaufpreis mit vermögenswirksamen Leistungen oder anderen Beträgen zu zahlen.
2.41
Die Förderung dieser Anlageformen erfolgt nach § 13 Abs. 2 Halbs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Fünften VermBG bis zu einer Höhe von 400 Euro pro Kalenderjahr mit einer Arbeitnehmersparzulage von 20 % der erbrachten Leistung. Voraussetzung für die Gewährung der Sparzulage ist neben der Einhaltung der Einkommensgrenzen in § 13 Abs. 1 des Fünften VermBG, dass bis zum Ablauf einer Frist von sechs Jahren über die einmal begründete oder erworbene stille Teilhaberschaft nicht durch Rückzahlung, Abtretung, Beleihung oder in anderer Weise verfügt wird (Sperrfrist)1. Dabei ist hervorzuheben, dass anders als bei den traditionellen Anlageformen der Vermögensbildung eine Ausgestaltung als Ratensparvertrag nicht vorgesehen ist, so dass die Sperrfrist für jede einzelne Aufwendung getrennt läuft. Werden also einmal aufgewendete Beträge später aufgestockt, die Beteiligung beispielsweise erhöht, so beginnt für den Aufstockungsbetrag die sechsjährige Sperrfrist mit dem Zeitpunkt2 der Anlage neu zu laufen3. Eine vorzeitige Verfügung ist nur dann zulagenunschädlich, wenn eine der Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Nr. 1–6 des Fünften VermBG vorliegt. Bei Sparverträgen i.S. von § 4 des Fünften VermBG ist darüber hinaus die Unschädlichkeitsbestimmung des § 4 Abs. 5 des Fünften VermBG anwendbar.
2.42
Neben der Erweiterung des Vermögensbildungsgesetzes besteht ein steuerlicher Anreiz zum Erwerb von stillen und anderen Kapitalbeteiligungen durch § 3 Nr. 39 EStG4. Diese Vorschrift gewährt einen steuerfreien Vorteil für vom Arbeitnehmer im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses unentgeltlich oder verbilligt erworbene typische stille Beteiligungen. Steuerfrei ist die Hälfte des Wertes der Vermögensbeteiligung, höchstens jedoch 360 Euro5 im Kalenderjahr. Der Wert der stillen Beteiligung ist mit dem gemeinen Wert anzusetzen, § 3 Nr. 39 Satz 4 EStG. Die steueroptimale Beteiligungshöhe nach § 3 Nr. 39 EStG liegt bei einem Betrag für die Beteiligung von 720 Euro, der jeweils hälftig vom Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgebracht wird. An-
2.43
1 Im Einzelnen siehe § 4 Abs. 2, § 6 Abs. 3, § 7 Abs. 3 des Fünften VermBG. 2 Anfangszeitpunkt kann nur der 1.1. sein, siehe § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 des Fünften VermBG einerseits und § 6 Abs. 3 Nr. 2, § 7 Abs. 3 des Fünften VermBG andererseits. 3 Sturm, WM 1984, 753 (761). 4 Bis zum Kalenderjahr 2008 nach § 19a EStG, Änderung durch das Mitarbeiterkapitalbeteiligungsgesetz v. 7.3.2009, BGBl. I 2009, 451. 5 Bis zum Kalenderjahr 2008 nach § 19a EStG a.F.
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ders als für die Zulagenförderung nach dem Fünften VermBG gilt für die Beurteilung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 39 EStG weder eine Sperrfrist1 noch eine Verdienstgrenze.
2.44 § 3 Nr. 39 EStG setzt wie schon § 19a EStG a.F. voraus, dass allein der Erhalt einer stillen Beteiligung als Sachzuwendung, nicht aber Zuschüsse des Arbeitgebers zum Erwerb einer stillen Beteiligung an fremden Unternehmen in Form von Geldleistungen gefördert werden2. Im Übrigen kann der Arbeitnehmer die steuerliche Förderung neben der Förderung nach dem Fünften VermBG gegebenenfalls in Anspruch nehmen3.
V. Die stille Publikumsgesellschaft
2.45 Da die Zahl der stillen Gesellschafter nicht begrenzt ist, eignet sich die stille Gesellschaft auch zur Kapitalaufnahme auf dem „grauen Kapitalmarkt“. Hier bieten Unternehmen (üblicherweise in der Rechtsform einer AG oder GmbH) dem anlagesuchenden Publikum Beteiligungsmöglichkeiten, die steuerliche Vorteile bieten können. So lassen sich Prospektionskosten, Anlaufverluste etc. auf die stillen Gesellschafter verteilen, die diese „Verlustzuweisungen“ mit anderen gleichartigen Einkünften verrechnen können. Zwar sind mit der Beschränkung des Ausgleichs bzw. Abzugs von Verlusten bzw. von den sonstigen Einkünften des Anlegers durch Einführung des § 15a EStG die Gründungen von sog. Verlustzuweisungsgesellschaften zurückgegangen, dennoch werden auf dem „grauen Kapitalmarkt“ weiterhin stille Beteiligungen angeboten4. Die Publikumsgesellschaften in Form der AG & Still oder GmbH & Still übertreffen diejenigen der früher bevorzugten GmbH & Co. KG inzwischen in ihrer Bedeutung hinsichtlich der am Kapitalmarkt aufgenommenen Mittel. Die Vorzüge der stillen Publikumsgesellschaft liegen in der flexiblen Gestaltungsmöglichkeit der Gesellschaftsverträge, die Nachteile für die Kapitalanleger unter Umständen in den gegenüber der KG geringeren Rechten (zu den Einzelheiten Rz. 19.1 ff.).
VI. Die stille Gesellschaft als Beteiligungsinstrument für den Venture-Capital-Markt
2.46 Wesentliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument für Venture-Capital-Gesellschaften. Als Wagniskapital (Venture Capital) wird eine Form der Unternehmensfinanzierung durch Eigenkapital oder eigenkapitalähnliche Surrogate bezeichnet. Venture-Finanzierungen etablieren sich bei immer mehr Unternehmen neben der Kreditfinanzierung, denn die Möglichkeiten zur Stärkung der Ei-
1 Für die Gewährung der Steuerfreiheit wurde die Sperrfrist von 6 Jahren durch das Steueränderungsgesetz 2001 v. 20.12.2001, BStBl. I 2001, 3794, abgeschafft. Vgl. hierzu Rieble, BB 2002, 731. 2 Dreher, EWiR 1993, 815 f. zu BGH v. 24.5.1993 – II ZR 136/92, ZIP 1993, 1089; Fella, StWa 1992, 101 (104). 3 Heinicke in L. Schmidt, 34. Aufl. 2015, § 3 EStG, Mitarbeiterbeteiligung, § 3 Nr. 39, S. 110; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 217 mit Gestaltungsbeispiel. 4 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, Rz. 1.
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genkapitalbasis sind bei nicht-emissionsfähigen Unternehmen und damit der Mehrheit des Mittelstandes begrenzt. Dominierende Beteiligungsart ist hierbei die stille Beteiligung (35 %). Auf nachrangige Darlehen und Genussrechte entfällt lediglich ein Anteil von ca. 10 %. Auch findet in weiteren 20 % aller Wagnisfinanzierungen zumindest eine mit einer stillen Beteiligung kombinierte Finanzierung statt1. Hierbei beteiligen sich die Geldgeber oftmals als atypisch stille Gesellschafter, um ihren Einfluss im Unternehmen zu wahren. Ziel ist häufig die Umwandlung der „Start-up-GmbH“ in eine börsenfähige AG und damit der Zugang zum Börsenkapital2. Bei der Umwandlung des Wachstumsunternehmens werden die stillen Gesellschafter mit Aktien abgefunden, die sie dann frei am Markt veräußern können (siehe hierzu Rz. 18.59 f.).
2.47
VII. Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben Häufig wird bei Privatisierungen, bei denen der Staat Träger der Verwaltungsaufgabe bleibt und sich für die Aufgabenerfüllung der Instrumente des privaten Rechts bedient – sog. formelle Privatisierungen3 die stille Beteiligung Privater an einer Anstalt oder Körperschaft des öffentlichen Rechts gewählt4. Für die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit muss zwischen typisch und atypisch stiller Beteiligung unterschieden werden:
2.48
Bei der typisch stillen Beteiligung erlangt der stille Gesellschafter keine Mitunternehmerstellung, er hat auf den Inhalt der Entscheidungen des Geschäftsinhabers keinen Einfluss. Daher ist durch die Einräumung typisch stiller Beteiligungsrechte der Anforderungsbereich des Demokratieprinzips nicht berührt. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die gebotene staatliche Freiheit bei der Erfüllung der Verwaltungsaufgaben eingeschränkt sein könnte.
2.49
Anders verhält es sich hingegen bei der atypisch stillen Beteiligung, die – im Gegensatz zur typisch stillen Beteiligung – eine mitunternehmerische Beteiligung am Geschäft des Inhabers vermitteln kann. Dem stillen Gesellschafter können Verwaltungsrechte eingeräumt werden, die über die Informationsrechte des § 233 HGB weit hinausgehen (siehe Rz. 12.43 ff.). Es können auch Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden. Thematisch ist hierdurch der Schutzbereich des Demokratieprinzips berührt. Den Anforderungen des Demokratieprinzips muss daher bei der Ausgestaltung der atypisch stillen Gesellschaft Rechnung getragen werden5. Darüber hinaus muss nach einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs von Berlin die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen in vollem Umfang der Kontrolle der Rechtsaufsichts-
2.50
1 Rams/Remmen, Die Bank 1999, 687 (690). Eine neue Untersuchung zur zahlenmäßigen Bedeutung der einzelnen Beteiligungsarten liegt nicht vor; an den genannten Prozentsätzen dürfte sich allerdings nur wenig geändert haben. 2 Vgl. dazu auch Schlitt/Beck, NZG 2001, 688 ff. 3 Mayen, DÖV 2001, 110 (111). 4 Vgl. hierzu VerfGH Berlin v. 21.10.1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51. 5 VerfGH Berlin v. 21.10.1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51 (52 f.).
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§ 2 Die stille Gesellschaft als Unternehmungsform
behörde unterliegen und allen Mitgliedern des Parlaments die Möglichkeit eingeräumt werden, Einsicht in die entsprechenden Verträge zu nehmen1.
VIII. Zusammenfassung
2.51 Für die Wahl der stillen Gesellschaft als Unternehmungsform können für den Inhaber des Handelsgewerbes wie für den stillen Gesellschafter die vielfältigsten wirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen, handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Erwägungen bestimmend sein (Rz. 2.2 ff. und Rz. 2.7 ff.). Die stille Gesellschaft eignet sich besonders auch als Unternehmungsform für Familiengesellschaften, weil mit ihrer Hilfe der Bestand des Unternehmens für den Todesfall des Inhabers und die Versorgung der Erben, die nicht an der Erbfolge in das Unternehmen teilnehmen, gesichert werden können (Rz. 2.18 ff.). Die schenkungsweise Einräumung stiller Beteiligungen durch den Geschäftsinhaber zu seinen Lebzeiten an seine Ehefrau und an seine Kinder führt in der Regel als „vorweggenommene Erbfolge“ zu steuerlichen Vorteilen auf den Gebieten der Einkommen- und der Erbschaft-(Schenkung-)Steuer. In arbeits- und sozialrechtlicher Hinsicht kann die Rechtsform der stillen Gesellschaft – sei es als atypische stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft), sei es als typische stille Gesellschaft – zur Mitarbeiterbeteiligung Verwendung finden, um die Arbeitnehmer an den Ergebnissen des Betriebs zu beteiligen, wobei die dispositiven gesetzlichen Vorschriften die Ausgestaltung ermöglichen, die den Zwecken des einzelnen Betriebs am besten entspricht (Rz. 2.24 ff.). Jedes Mittel der Bessergestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen im Betrieb trägt letztlich zu einer günstigeren wirtschaftlichen Entwicklung des Betriebs bei. Typische stille Beteiligungen von Arbeitnehmern werden darüber hinaus vom Gesetzgeber über Arbeitnehmersparzulagen und Einräumung von Steuervorteilen unter bestimmten Voraussetzungen sowohl auf Seiten des Geschäftsinhabers als auch auf Seiten des stillen Gesellschafters gefördert. Auch dieser Umstand kann Beweggrund für die Errichtung einer (typischen) stillen Gesellschaft sein. Atypische stille Beteiligungen von Arbeitnehmern werden aufgrund der steuerlichen Folgen nur in Ausnahmefällen vereinbart werden können. Wesentliche Bedeutung erlangt die stille Gesellschaft auch als Finanzierungsinstrument für Venture-Capital-Gesellschaften und als Unternehmungsform zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben.
1 VerfGH Berlin v. 21.10.1999 – VerfGH 42/99, DVBl. 2000, 51 (53).
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§ 3 Wurzeln der stillen Gesellschaft und Stellung im ausländischen Recht
I. Die Wurzeln der stillen Gesellschaft Schrifttum: Dusil, Stephan, Die Soester Stadtrechtsfamilie – Mittelalterliche Quellen und neuzeitliche Historiographie, Diss. Frankfurt/M., 2007; Endemann, Wilhelm, Handbuch des Deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Erster Band, 1881, S. 710 ff.; Engler, Carsten, Die Kommanditgesellschaft (KG) und die stille Gesellschaft im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1861, 1999; von Gierke, Julius, Handelsrecht und Schiffahrtsrecht, 8. Aufl. 1958, § 37 II; Goldschmidt, Levin, Universalgeschichte des Handelsrechts, 1891; Lübbert, Erich, Die rechtliche Natur der stillen Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung ihrer historischen Entwickelung, ZHR 58 (1906), 464 ff.; Müller-Erzbach, Rudolf, Deutsches Handelsrecht, 2. und 3. Aufl. 1928, S. 226 ff. m.w.N.; Rehme, Paul, Die Lübecker Handelsgesellschaften in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, ZHR 42 (1894), 367; Renaud, Achilles, Das Recht der stillen Gesellschaft und der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung, 1885; Schimke, Martin, Die historische Entwicklung der Unterbeteiligungsgesellschaft in der Neuzeit, 1991; Servos, Rüdiger, Die Personenhandelsgesellschaften und die stille Gesellschaft in den Kodifikationen und Kodifikationsentwürfen vom ALR bis zum ADHGB, Diss. Köln, 1984; Silberschmidt, Willy, Die Commenda in ihrer frühesten Entwicklung bis zum XIII. Jahrhundert – Ein Beitrag zur Geschichte der Commandit- und der stillen Gesellschaft, 1884; Silberschmidt, Willy, Kumpanie und Sendeve, ABR 23 (1904), 1; Silberschmidt, Willy, Das Sendegeschäft im Hansagebiet, ZHR 68 (1910), 405 und ZHR 69 (1911), 1.
Die stille Gesellschaft ist eine der ältesten Formen kaufmännischer Betätigung. Ihre Wurzeln reichen bis in das Mittelalter auf die in den italienischen Quellen als „commenda“ bezeichnete Beteiligungsform zurück1. Bereits im Soester Stadtrecht aus dem Jahre 1120 wird sie erwähnt2. Dort ist davon die Rede, dass einem ausreisenden Kaufmann, der selbst nur seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (tractator), von einem Mitbürger – dem commendator – bei Gelegenheit der Ausreise Waren oder Geld (bona) zum Betrieb eines Handelsgewerbes (ad negociandum) mitgegeben werden, damit er mit diesen Gütern zum gemeinsamen Nutzen, d.h. auf gemeinsame Rechnung, Handel treibt. Der Gewinn oder Verlust aus diesen Geschäften wurde unter den Beteiligten verteilt. Der commendator hatte im Innenverhältnis nur mit seiner „Einlage“ in Waren oder Geld einzustehen, wohingegen der tractator mit seinem gesamten Vermögen haftete.
3.1
Bestimmend für die Entwicklung und weite Verbreitung dieses als commenda, accomodatio oder sendeve3 bezeichneten Rechtsverhältnisses waren vor allem die Zinsverbote des kanonischen Rechts, welche die Geldgeber veranlassten, nach anderen Wegen als dem Darlehen zu suchen, wenn sie ihr Geld gewinnbringend anlegen wollten4. Als eine sich auf das Innenverhältnis der beiden Beteiligten beschränkende Ge-
3.2
1 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 256 ff.; Lübbert, ZHR 58 (1906), 464 (465 ff.); Silberschmidt, Commenda, S. 19 ff.; Renaud, Das Recht der stillen Gesellschaft, S. 6 ff. 2 Zum Soester Stadtrecht und seiner Ausstrahlung auf weitere Hansestädte wie namentlich Lübeck Dusil, Die Soester Stadtrechtsfamilie, S. 77 ff. und S. 141 ff. 3 Zur sendeve näher Silberschmidt, ABR 23 (1904), 1 (32 ff.). 4 Renaud, Das Recht der stillen Gesellschaft, S. 5 f.
Jung 29
§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
legenheitsgesellschaft erinnert sie an das heutige Kommissionsgeschäft (§§ 383 ff. HGB)1, von dem sie sich dadurch unterscheidet, dass der tractator zwar im eigenen Namen, aber nicht auf alleinige Rechnung des Geldgebers, sondern auf gemeinschaftliche Rechnung handelte, woraus sich ihr gesellschaftsrechtlicher Charakter ergab.
3.3 Häufig legte auch der tractator seinerseits Kapital ein, das ihm vielfach von dem commendator vorgestreckt wurde. Diese als wedderlegginge oder collegantia2 bezeichnete Gesellschaft beschränkte sich ebenfalls auf das Innenverhältnis der beiden Beteiligten zueinander3. Nach außen trat wiederum nur der tractator im eigenen Namen auf. Ursprünglich nur als Gelegenheitsgesellschaft in Erscheinung tretend, wurde sie später auf längere Dauer errichtet und wandelte sich damit zur Erwerbsgesellschaft um. Die Gewinne oder Verluste wurden unter den beiden Gesellschaftern verteilt. Solche Beteiligungsverhältnisse spielten im Überseehandel der Hansestädte eine große Rolle4. Sie bildeten den Ursprung der heutigen Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft.
3.4 Der Ursprung der Kommanditgesellschaft war gegeben, als auch der commendator nach außen hervortrat. Das geschah durch die Führung einer gemeinschaftlichen Firma. Geschäftsführung und Vertretung oblagen dem tractator, der für die Verbindlichkeiten mit seinem gesamten Vermögen haftete, während sich die Haftung des commendators auf seine Einlage beschränkte. Trat der commendator nach außen nicht hervor, wurde also das Handelsgewerbe nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma betrieben, dann lag eine stille Gesellschaft (societas per modum participationis, compagnia secreta) vor, bei der der stille Gesellschafter für die Verbindlichkeiten nicht haftete5.
3.5 Daneben gab es die Form der heutigen offenen Handelsgesellschaft als eine auf Dauer angelegte Erwerbsgesellschaft, die unter einer gemeinschaftlichen Firma am Rechtsverkehr teilnahm, deren Geschäftsführung und Vertretung von den Gesellschaftern als Mitunternehmern gemeinsam übernommen wurden und die auf dem Gesamthandsprinzip beruhte.
3.6 Als „geheime“ oder „heimliche“ Gesellschaft ging die participatio in das Recht der Neuzeit ein6. Das Preußische Allgemeine Landrecht (Th. II Tit. 8 § 651) bezeichnet die stille Gesellschaft mit dem französischen Namen der Kommanditgesellschaft7. Selbst im Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die preußischen Staaten von 1857, der Aus-
1 Zur Geschichte des Kommissionsgeschäfts näher Schmidt-Rimpler, Zur Geschichte des Kommissionsgeschäftes in Deutschland, Habil. Halle, Bd. 1, 1915. 2 Näher zur collegantia als commenda mit „zweiseitiger Kapitalbeteiligung“ Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 260 ff. und Lübbert, ZHR 58 (1906), 464 (480 ff.). 3 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 260 ff.; Rehme, ZHR 42 (1894), 367 (369 ff.). 4 Dazu m.w.N. Silberschmidt, ZHR 68 (1910), 405 ff. und ZHR 69 (1911), 1 ff. 5 Renaud, Das Recht der stillen Gesellschaft, S. 6 ff.; zur zunehmend getrennten Entwicklung von stiller Gesellschaft und Kommanditgesellschaft auch Lübbert, ZHR 58 (1906), 464 (476 ff.). 6 Renaud, Das Recht der stillen Gesellschaft, S. 6 ff. (Italien) und S. 22 ff. (Deutschland); Lübbert, ZHR 58 (1906), 464 (496 f.). 7 Zur stillen Gesellschaft im ALR näher Servos, Personenhandelsgesellschaften und die stille Gesellschaft, S. 61 ff.
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
gangspunkt für das ADHGB war und sich an den Code de commerce anlehnte, wurde nicht zwischen Kommanditgesellschaft und stiller Gesellschaft unterschieden1. Erst auf der Nürnberger Konferenz zur Ausarbeitung des Entwurfs eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für die deutschen Bundesstaaten war eine Trennung der beiden Gesellschaftsformen Gegenstand der Gesetzesberatungen2. Die Entwicklung hin zur Trennung und Konkurrenz von stiller Gesellschaft und Kommanditgesellschaft fand ihren Abschluss erst mit dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, das zwischen der stillen Gesellschaft (Art. 250–265 ADHGB) und der Kommanditgesellschaft (Art. 150–172 ADHGB) unterschied, und mit dem Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (HGB). In der Denkschrift zum Entwurf dieses Handelsgesetzbuches heißt es: „Der stille Gesellschafter betheiligt sich an dem Handelsgeschäfte, das ein Anderer betreibt, gegen Antheil am Gewinne und regelmäßig auch am Verluste; die Einlage ist so zu leisten, daß sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht, und der Inhaber, der die Geschäfte nur unter seiner eigenen, nicht unter einer Gesellschaftsfirma betreiben darf […], wird aus diesen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.“3
II. Ausländisches Recht Schrifttum: Hohloch, Gerhard (Hrsg.), EU-Handbuch Gesellschaftsrecht, Loseblatt: Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext – Eine Analyse unter steuergestalterischen Aspekten, Diss. Hohenheim, 2014, S. 155 ff.; Schlegelberger, Franz (Hrsg.), Rechtsvergleichendes Handwörterbuch für das Zivil- und Handelsrecht des In- und Auslandes, 6. Band, Nachdruck 1938, S. 448 ff.; weiterführende Literaturangaben in Kirchner, Hildebert, Bibliographie zum Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, Band 1986/1995, ZGR Sonderheft 8/Teil 2, 1998.
1. Frankreich Schrifttum: Le Cannu, Paul/Dondero, Bruno, Droit des sociétés, 5. Aufl. 2013; Cozian, Maurice/ Viandier, Alain/Deboissy, Florence, Droit des sociétés, 28. Aufl. 2015; Dekeuwer-Défossez, Françoise, L’indivision dans les sociétés en participation, JCP 1980.1.2970; Germain, Michel/Magnier, Véronique, in Ripert, Georges/Roblot, René, Traité de droit des affaires, Bd. 2 (Les sociétés commerciales), 20. Aufl. 2011; von Holleben, Horst, Die rechtliche Struktur der Handelsgesellschaften im französischen Recht unter besonderer Berücksichtigung der Einmanngesellschaft, Diss. Hamburg, 1969; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. II, Frankreich 30.50; Magnier, Véronique, Droit des sociétés, 7. Aufl. 2015; Merle, Philippe/Fauchon, Anne, Droit Commercial: sociétés commerciales, 18. Aufl. 2015; Sonnenberger, Hans/Dammann, Reinhard, Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2008; Storp, Roger/Bissinger, Maximilian, Änderungen im französischen Gesellschaftsrecht, RIW 1978, 421; Vidal, Dominique, Droit des sociétés, 7. Aufl. 2010.
1 Servos, Personenhandelsgesellschaften und die stille Gesellschaft, S. 276 ff. 2 Vgl. hierzu Engler, Kommanditgesellschaft, S. 33 ff. 3 Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgesetzes, abgedruckt in Hahn/Mugdan (Hrsg.), Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 6. Band: Materialien zum Handelsgesetzbuch, Berlin 1897, S. 343.
Jung 31
3.7
§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
3.8 Das Recht der stillen Gesellschaft (société en participation) war bis zum 1.7.1978 in den Art. 419–422 des Gesetzes Nr. 66-537 vom 24.7.1966 über die Gesellschaften geregelt. Durch das Änderungsgesetz Nr. 78/9 vom 4.1.1978 wurden diese Vorschriften aufgehoben (Art. 53 des bezeichneten Gesetzes) und durch die Art. 1871–1873 des 3. Kapitels des 9. Titels des 3. Buches des Code civil ersetzt1. Dort finden sich nun die Regelungen über die société en participation, die insgesamt eher mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts des BGB als mit der stillen Gesellschaft des HGB vergleichbar ist2.
3.9 Kennzeichnend für die société en participation ist die Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern, die Gesellschaft nicht einzutragen (Art. 1871 Abs. 1 Satz 1 Code civil). Mangels Eintragung ist die société en participation keine juristische Person (vgl. auch noch Art. 1842 Abs. 1 Code civil)3 und unterliegt auch nicht den Veröffentlichungsvorschriften (Art. 1871 Abs. 1 Satz 3 Code civil). Sie hat weder eine Firma noch einen Gesellschaftssitz.
3.10 Der Vertrag zur Gründung einer derartigen société en participation bedarf keiner besonderen Form. Die Zahl der Gesellschafter ist nicht auf zwei beschränkt. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Vorschrift des Art. 1832 Abs. 1 Code civil, nach der der Gesellschaftsvertrag zwischen zwei oder mehreren Personen geschlossen wird. Diese Bestimmung ist auch auf die société en participation anwendbar (Art. 1871 Abs. 2 Code civil).
3.11 Anders als im deutschen Recht der stillen Gesellschaft ist die société en participation nicht auf die Beteiligung an einem Handelsgewerbe beschränkt. Die Gesellschaft kann vielmehr auch bürgerlichrechtliche Aktivitäten zum Gegenstand haben. Der Gegenstand des Gesellschaftsvertrags ist nur für die Frage von Bedeutung, welchen Regelungen das Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern in Ermangelung besonderer vertraglicher Vereinbarungen unterliegt. Die Gesellschaft untersteht gemäß Art. 1871-1 Code civil den Regeln der société civile, wenn es sich um eine Gesellschaft bürgerlichrechtlichen Charakters handelt, und den Regeln der société en nom collectif, wenn der handelsrechtliche Charakter im Vordergrund steht.
3.12 Unabhängig von ihrem handelsrechtlichen oder bürgerlichrechtlichen Charakter hat die Gesellschaft mangels eigener Rechtspersönlichkeit kein eigenes Gesellschaftsvermögen. Grundsätzlich bleibt jeder Gesellschafter Eigentümer der von ihm der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Gegenstände (Art. 1872 Abs. 1 Code civil), während bei der deutschen stillen Gesellschaft der stille Gesellschafter seine Einlage so zu leisten hat, dass sie in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht (§ 230 Abs. 1 HGB). Nach Art. 1872 Abs. 2 und 3 Code civil ist jedoch auch die Bildung von Miteigentum (indivision) möglich4. Darüber hinaus können die Gesellschafter vereinbaren, dass der Geschäftsführer im Interesse einer erleichterten Geschäftsabwicklung gegenüber Dritten als Alleineigentümer der Einlagen angesehen wird.
1 2 3 4
Germain/Magnier, Traité de droit des affaires, Bd. 2, Rz. 1239. Storp/Bissinger, RIW 1978, 421, sprechen von einer Art „Stillen Gesellschaft“. Germain/Magnier, Traité de droit des affaires, Bd. 2, Rz. 1245. Dekeuwer-Défossez, JCP 1980.1.2970.
32
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
Die société en participation kann nicht nur als stille Innengesellschaft (société occulte), sondern seit der Reform von 1978 auch als Außengesellschaft (société ostensible) konzipiert werden1. Der Unterschied ist namentlich im Hinblick auf die Geschäftsführung und die Gesellschafterhaftung von Bedeutung.
3.13
Die Vorschriften über die Geschäftsführung sind im Wesentlichen den Regelungen der société à responsabilité limitée (S.A.R.L.) angeglichen. Die Geschäftsführung obliegt im Allgemeinen einem oder mehreren Teilhabern, die einstimmig ernannt werden. Der Geschäftsführer kann vorbehaltlich satzungsmäßiger Beschränkungen alle Maßnahmen treffen, die im Interesse der Gesellschaft liegen (Art. 1871-1 Code civil i.V.m. Art. 1846 Code civil bzw. Art. L. 221-4 Abs. 1 Code de commerce). Ist die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft, handelt der Geschäftsführer wie bei einem höchstpersönlichen Geschäft im eigenen Namen. Die Gesellschafter haben gegen den oder die Geschäftsführer Anspruch auf Rechnungslegung und Gewinnverteilung, wohingegen der oder die Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern einen Entschädigungsanspruch für die im gemeinsamen Interesse eingegangenen Verpflichtungen haben. Sind mehrere Gesellschafter vorhanden, so haften sie dem Geschäftsführer nicht als Gesamtschuldner. Gegen jeden von ihnen kann nur bis zur Höhe seines Anteils an der Schuld vorgegangen werden.
3.14
Für die Haftung im Außenverhältnis sieht Art. 1872-1 Abs. 1 Code civil vor, dass jeder Gesellschafter auf eigene Rechnung handelt. Handelt ein Gesellschafter jedoch mit Wissen und Kenntnis Dritter in seiner Eigenschaft als Gesellschafter, wird also das Vorhandensein der Gesellschaft Dritten offenbart, so haften alle Gesellschafter für diese Handlung; im Falle einer société en participation handelsrechtlichen Charakters solidarisch, im Falle einer bürgerlichrechtlichen Gemeinschaft im Verhältnis ihrer Anteile am Gesellschaftskapital am Tage der Fälligkeit der Schuld oder der Zahlungseinstellung (Art. 1872-1 Abs. 2 Code civil). Dieselben Grundsätze greifen nach Art. 1872-1 Abs. 3 Code civil ein, wenn zwar die Gesellschaft nicht offenbart wird, aber entweder ein Gesellschafter durch seine Einmischung den Vertragspartner glauben lässt, dass er sich ihm gegenüber verpflichten wolle, oder wenn das Geschäft zu seinen Gunsten endet. Im Gegensatz zum deutschen Recht, das in § 230 Abs. 2 HGB die ausschließliche Haftung des Inhabers für die im Betrieb geschlossenen Geschäfte vorsieht, können im französischen Recht die Gesellschafter mithin auch für die Handlung eines ihrer Mitgesellschafter haften.
3.15
Die Gesellschafter können unter Beachtung des Verbots der leoninischen Abmachung (Art. 1844-1 Abs. 2 Code civil) die Verteilung der Gewinne und Verluste frei bestimmen. Fehlt eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, erfolgt eine anteilsmäßige Verteilung im Verhältnis zu den Einlagen (Art. 1844-1 Abs. 1 Code civil). Bei Gesellschaften von kurzer Dauer wird die Verteilung nur einmal nach Beendigung aller Geschäfte, d.h. bei der Auflösung, vorgenommen.
3.16
Jeder Gesellschafter kann seine gesellschaftsvertraglichen Rechte nach der in Art. 1690 Code civil für Forderungsabtretungen getroffenen Regelung abtreten. Hierfür ist jedoch vorbehaltlich anderer gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen die Zustimmung aller Mitgesellschafter erforderlich.
3.17
1 Germain/Magnier, Traité de droit des affaires, Bd. 2, Rz. 1244.
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3.18 Gründe für eine Auflösung der société en participation finden sich zunächst in der für alle Gesellschaften geltenden Vorschrift des Art. 1844-7 Code civil. Ist die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit gegründet worden, kann darüber hinaus jeder Gesellschafter jederzeit die Auflösung verlangen, indem er die anderen Gesellschafter über diesen Entschluss informiert (Art. 1872-2 Abs. 1 Code civil). Das Auflösungsverlangen darf jedoch nicht böswillig oder zur Unzeit gestellt werden. Sofern nicht ausnahmsweise gemäß Art. 1872 Abs. 2 und 3 Code civil Miteigentum gebildet wurde, ist im Falle der Auflösung eine Liquidation entbehrlich.
3.19 Gemäß Art. 1873 Code civil finden die Vorschriften der société en participation auch auf die société créé de fait, also die faktische Gesellschaft, die bisher nach den Vorschriften über die société en nom collectif behandelt worden war, Anwendung. 2. Italien Schrifttum: Campobasso, Gianfranco, Diritto commerciale, Bd. 2 (Diritto delle società), 8. Aufl. 2012; Cian, Marco (Hrsg.), Diritto Commerciale, Bd. 2, 2013; Caroselli, Oscar, L’associazione in partecipazione, 1930; Frignani, Aldo/Giancarlo, Elia, Italian company law, 1992; Ghidini, Mario, L’associazione in partecipazione, 1959; Giriodi, Associazione in partecipazione, in Nuovo Digesto Italiano, 1937, vo. I, S. 1022; Grandi, Salvatore Giovanni, L’associazione in partecipazione, 1939; Hofmann, Michael, Gesellschaftsrecht in Italien, 3. Aufl. 2006; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. III, Italien 40.50; Kindler, Peter, Italienisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2002; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext – Eine Analyse unter steuergestalterischen Aspekten, Diss. Hohenheim, 2014, S. 159 f.; Oelkers, Janine, Das patrimonio destinato zur Verfolgung besonderer Geschäftsvorhaben – eine rechtsökonomische Bewertung der neuen Möglichkeiten einer Haftungssegmentierung im italienischen Aktienrecht, in Zetzsche, Dirk (Hrsg.), Recht und Wirtschaft, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2007, 2008, S. 235 ff.; Silberschmidt, Wilhelm, Das partiarische Rechtsverhältnis in rechtsvergleichender und geschichtlicher Darstellung, ZHR 96 (1931), 267; Steinhauser, Carsten, Die Reform des Gesellschaftsrechts in Italien, EuZW 2004, 364; Viviante, Cesare, L’oggetto e la durata dell’associazione in partecipazione, Foro it. 1933, I, 13.
3.20 Auch das italienische Recht kennt die in den Art. 2549 ff. Codice civile geregelte stille Gesellschaft (associazione in partecipazione). Art. 2549 Codice civile definiert sie als einen Vertrag, durch den der Unternehmer dem stillen Gesellschafter einen Anteil am Gewinn seines Unternehmens oder eines oder mehrerer Geschäfte gegen einen bestimmten Beitrag gewährt. Somit gestattet der stille Gesellschafter dem Unternehmer, seine Einlage, die in das Vermögen des Inhabers übergeht, gegen eine entsprechende Gegenleistung wirtschaftlich zu nutzen.
3.21 Die associazione in partecipazione ist eine reine Innengesellschaft, die keine eigene Rechtspersönlichkeit, keinen selbständigen Sitz und keine eigene Firma hat. Dem Inhaber des Unternehmens obliegt die Geschäftsführung liegt beim. Er handelt nach außen im eigenen Namen, wird aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet und haftet mit seinem ganzen Vermögen.
3.22 Der stille Gesellschafter muss sich mit einer Einlage beteiligen. Er haftet beschränkt auf diese Einlage und hat einen Anspruch gegen den Unternehmer auf einen Anteil am Gewinn und auf Rückzahlung der Einlage, wenn diese nicht durch Verluste aufgezehrt wird. Soweit die Einlage des stillen Gesellschafters nicht durch Verluste aufgezehrt ist, kann sie in der Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung geltend ge34
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macht werden. Ist sie noch nicht oder nur zum Teil geleistet, so braucht sie im Insolvenzfall nur bis zum Betrag des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils erbracht zu werden. Gegenüber dem Inhaber des Unternehmens stehen dem stillen Gesellschafter bestimmte Mindestrechte zu. Zunächst hat der Inhaber die vereinbarten Leistungen zu erbringen und das Unternehmen so zu führen, dass der gemeinsame Zweck erreicht wird. Ihm obliegt dabei eine weitgehende Sorgfaltspflicht, bei deren Verletzung der stille Gesellschafter zur sofortigen Vertragsauflösung und zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen berechtigt ist. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht liegt insbesondere vor, wenn der Inhaber vertragswidrig Konkurrenzgeschäfte betreibt, seine Bücher nicht ordnungsgemäß führt, den Sitz des Unternehmens eigenmächtig verlegt, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters an der Börse spekuliert und dessen Empfehlungen bzw. Einwendungen nicht würdigt oder leichtfertig übergeht. Die Kontrollrechte des stillen Gesellschafters sind begrenzt. Grundsätzlich hat er nur Anspruch auf einen jährlichen Rechenschaftsbericht (Art. 2252 Abs. 3 Codice civile). Auch wenn der Gesellschaftsvertrag weitere Kontrollrechte enthalten kann, darf dies keinesfalls dazu führen, dass dem Stillen echte Entscheidungsbefugnisse im Hinblick auf die Geschäftsführung eingeräumt werden.
3.23
Die Verteilung des Gewinns oder Verlustes bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag mit der Maßgabe, dass sich mangels anderweitiger vertraglicher Vereinbarungen die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auf den Betrag seiner Einlage beschränkt. Die leoninische Abrede ist auch im italienischen Recht unzulässig (Art. 2265 Codice civile).
3.24
Die Beteiligten haben weitgehende Vertragsfreiheit bei der Regelung ihrer Beziehungen. Sie können die stille Gesellschaft für eine bestimmte Dauer eingehen, aber auch als Gelegenheitsgesellschaft zur Durchführung einzelner Geschäfte errichten. Die Einlagen können zu Eigentum oder zur Nutzung überlassen werden; sie können auch im Einsatz der persönlichen Arbeitskraft bestehen. Für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags ist keine Form erforderlich, es sei denn, dass die Art der Einlagen eine solche verlangt. Der stille Gesellschafter darf weitere stille Gesellschaftsverhältnisse jedoch nur mit Zustimmung des Geschäftsinhabers eingehen.
3.25
Eine nicht unumstrittene Sonderform der stillen Beteiligung stellt die seit der Reform des italienischen Gesellschaftsrechts von 20041 mögliche stille Beteiligung an einem Zweckvermögen (patrimonio destinato) dar (Art. 2447-bis ff. Codice civile)2, welche als „Gesellschaft in der Gesellschaft“ bezeichnet werden kann3. Die Möglichkeit der Bildung von patrimoni destinati ist nur bei italienischen Aktiengesellschaften unter Beachtung der entsprechenden formellen (ordnungsgemäßer Vorstandsbeschluss etc.) und materiellen Voraussetzungen möglich.
3.26
1 Zur Reform im italienischen Gesellschaftsrecht siehe auch den einführenden Überblick von Steinhauser, Die Reform des Gesellschaftsrechts in Italien, EuZW 2004, 364. 2 Dazu näher Santagata, in Cian, Diritto commerciale, Bd. II, § 67. 3 Zu dieser Neuerung im italienischen Gesellschaftsrecht ausführlich: Oelkers, Das patrimonio destinato zur Verfolgung besonderer Geschäftsvorhaben – eine rechtsökonomische Bewertung der neuen Möglichkeiten einer Haftungssegmentierung im italienischen Aktienrecht, in Jb.J.ZivRWiss. 2007, 235–262.
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
3.27 Das patrimonio destinato darf nicht mehr als 10 % des Eigenkapitals der Aktiengesellschaft betragen und muss einer besonderen Geschäftstätigkeit (ad uno specifico affare) gewidmet sein. Diese Geschäftstätigkeit darf mit dem Unternehmensgegenstand der Aktiengesellschaft zwar nicht identisch sein, muss jedoch von diesem inhaltlich umfasst werden. Die Folge der Widmung ist der Zerfall des ursprünglich einheitlichen Gesellschaftsvermögens in zwei haftungsmäßig voneinander getrennte Vermögensmassen: Auf der einen Seite steht das patrimonio destinato und auf der anderen das verbleibende Gesellschaftsvermögen (patrimonio residuo). Diese Vermögenstrennung ermöglicht somit innerhalb einer Aktiengesellschaft die Beschränkung des Haftungsrisikos. Den Gläubigern des besonderen Geschäftsvorhabens haftet grundsätzlich – bei entsprechender Mitteilung beim Abschluss des Rechtsgeschäfts – nur das Zweckvermögen; den regulären Gläubigern der Gesellschaft ist hingegen der Zugriff auf das patrimonio destinato verwehrt.
3.28 In der gesetzlichen Grundform besteht das Zweckvermögen ohne Beteiligung Dritter und kann so z.B. als Alternative zur Bildung einer Tochtergesellschaft oder als Alternative zu Spartenaktien eingesetzt werden. Jedoch besteht zudem die Möglichkeit für Dritte, sich an diesem Zweckvermögen zu beteiligen: Zum einen kann der Dritte als schlichter Kapitalgeber fungieren, zum anderen kann dem Dritten eine aktivere Rolle mit weitergehenden Vermögens- und Verwaltungsrechten eingeräumt werden. Dadurch tritt neben den Gedanken der Haftungsbeschränkung u.a. der Anreiz der separaten Finanzierung bestimmter Vorhaben der Aktiengesellschaft. Der Dritte kann sich somit ganz gezielt beteiligen. Entscheidet sich der Vorstand für eine Beteiligung Dritter am Zweckvermögen, so muss der Gründungsbeschluss entsprechende Angaben – etwa über die zu leistenden Beiträge – enthalten, wobei die Rechte des Dritten weitgehend frei gestaltbar sind. Die einzige gesetzliche Vorgabe an die Beitragsleistung Dritter besteht darin, dass sie vermögensrechtlicher Natur (natura patrimoniale) sowie einer wirtschaftlichen Bewertung zugänglich sein muss. Das heißt, dass sowohl die typischen Geldleistungen als Beiträge möglich sind, aber auch Sachen, Rechte und sogar Dienstleitungen als konforme Beitragsleistungen in Betracht kommen. Diese Anforderungen an den Beitrag Dritter sind erheblich geringer als diejenigen, die an die Aktionärseinlage gestellt werden, da das Zweckvermögen kein Mindestkapitalerfordernis kennt.
3.29 In Bezug auf die stille Beteiligung ist hervorzuheben, dass der Stille sich nicht wie üblich am Unternehmen selbst, sondern an einer gegenüber dem sonstigen Vermögen der Aktiengesellschaft verselbstständigten Vermögensmasse beteiligt. Die zwingende Gewinnbeteiligung des Stillen wird nicht am Gesamtunternehmen, sondern ausschließlich am besonderen Geschäftsvorhaben bemessen. Allerdings ist auch die Gewinnausschüttung an den Stillen unabhängig von einer etwaigen Gewinnausschüttung auf der Ebene des Gesamtunternehmens. Dies kann durchaus vorteilhaft für den stillen Gesellschafter sein, etwa wenn das besondere Vorhaben im Gegensatz zum Gesamtunternehmen besonders floriert. Zudem besteht zwar eine synallagmatische Verknüpfung zwischen der Beteiligung und der Einlageleistung, jedoch entsteht weder ein neues Rechtssubjekt noch ein gemeinsames Vermögen, aus dem die Gesellschaft und der Dritte berechtigt sind. Die Geschäftsführung obliegt allein dem Vorstand, wobei dem Stillen aber Teilhaberechte bzw. Zustimmungsvorbehalte für bestimmte Maßnahmen eingeräumt werden können. Im Außenverhältnis haftet hingegen allein die Aktiengesellschaft. 36
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
3. Liechtenstein Schrifttum: Gassner, Arthur/Gassner, Cornelia (Hrsg.), PGR 2015 – Das Personen und Gesellschaftsrecht des Fürstentums Liechtenstein, 7. Aufl. 2015; Marxer & Partner, Liechtensteinisches Wirtschaftsrecht, 2009; Wagner, Jürgen/Plüss, Adrian/Dermühl, Sabine, Handels- und Wirtschaftsrecht in der Schweiz und in Liechtenstein, 3. Aufl. 2006.
Das Liechtensteinische Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) aus dem Jahre 1926 enthält in dem Titel über die stille Gesellschaft (Art. 768–778) im Wesentlichen eine Wiedergabe des deutschen Rechts. Während nach französischem, italienischem und schweizerischem Recht die stille Gesellschaft auch die Rechtsform für eine Gelegenheitsgesellschaft sein kann, steht sie im liechtensteinischen Recht nur für Erwerbsgesellschaften von einer gewissen Dauer zur Verfügung. Das Recht der Gelegenheitsgesellschaft wird – losgelöst von dem der stillen Gesellschaft – in einem besonderen Titel geregelt (Art. 756–767).
3.30
4. Österreich Schrifttum: Bauer, David Christian, Die stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, Diss. Wien, 2001; Bydlinski, Peter, Die stille Gesellschaft als Kapitalanlage, 1988; Egger, Anton/Prugg, Konrad, Einführung in das österreichische Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 1975; Fritz, Christian, Gesellschafts- und Unternehmensformen in Österreich – Praxishandbuch unter Berücksichtigung der Änderungen durch das UGB, 3. Aufl. 2007, S. 499 ff.; Hämmerle, Hermann/Wünsch, Horst, Handelsrecht, Bd. 2: Gesellschaftsrecht, Genossenschaftsrecht, Unternehmensverbindungen, 4. Aufl. 1993, S. 193 ff.; Hebig, Michael/Heuer, Frank, Besteuerung einer grenzüberschreitenden stillen Beteiligung an einer österreichischen Kapitalgesellschaft, RIW 1985, 797; Jabornegg, Peter/Artmann, Eveline/Apathy, Peter (Hrsg.), Kommentar zum UGB, Bd. 1 (Unternehmensgesetzbuch mit Firmenbuchgesetz, CMR, AÖSp), 2. Aufl. 2010; Kalss, Susanne/Nowotny, Christian/ Schauer, Martin, Österreichisches Gesellschaftsrecht – Systematische Darstellung sämtlicher Rechtsformen, 2008; Kastner, Walther, Gesellschafterwechsel und ähnliche Änderungen bei der stillen Gesellschaft, in Gesellschafts- und Unternehmensrecht – gesammelte Aufsätze von 1946–1981, 1982, S. 214 ff.; Kastner, Walther/Doralt, Peter/Nowotny, Christian, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 1990, S. 137 ff.; Kohlhammer, Richard/Drmola, Christian, Die atypisch stille Beteiligung an einer Organgesellschaft, Öst. Recht der Wirtschaft 1993, S. 262; Krejci, Heinz (Hrsg.), Kommentar zu den durch das HaRÄG 2005 eingeführten Neuerungen im Unternehmensgesetzbuch und im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch, 2007; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext – Eine Analyse unter steuergestalterischen Aspekten, Diss. Hohenheim, 2014, S. 155 f.; Maultauschl, Ferdinand/ Schuppich, Walter/Stagel, Friedrich, Rechtslexikon, Handbuch des österreichischen Rechts für die Praxis, Bd. 9 (Loseblattsammlung, 1956–1971); Maximus, Alexander, Mezzaninkapitalpolitik, Diss. Wien, 2013; Neuner, Kurt, Die stille Gesellschaft im Abgabenrecht; 4. Aufl. 1998; Paschinger, Oskar, Die Gesellschaften und Genossenschaften im Zivilprozess, 1979, 176 ff.; Ratka, Thomas/Rauter, Roman Alexander/Völkl, Clemens, Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, 2. Aufl. 2013; Straube, Manfred (Hrsg.), Kommentar zum Handelsgesetzbuch mit einschlägigen Rechtsvorschriften, Bd. 1 (§§ 1–188, 343–453), 3. Aufl. 2003; Straube, Manfred (Hrsg.), Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch (Loseblattsammlung); Torggler, Ulrich (Hrsg.), Unternehmensgesetzbuch – Kommentar, 2013.
Rechtsgrundlage sind seit dem 1.1.2007 die §§ 179–188 des Bundesgesetzes über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen (Unternehmensgesetzbuch – UGB), welche die §§ 178 bis 188 des österreichischen Handelsgesetzbuches ersetzten. Den Anstoß für die Reform des österreichischen Handelsrechts gab die Novelle des
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dHGB 19981, wobei die Änderungen im österreichischen Recht jedoch wesentlich umfangreicher ausgefallen sind2. Kernstück der Neuerungen ist die Abschaffung des Kaufmannsbegriffs zugunsten eines Unternehmerbegriffs, der größenunabhängig ist. In der Folge erfasst das UGB nunmehr auch Klein(st)unternehmen sowie teilweise die freien Berufe und die Land- und Forstwirtschaft. Der Anwendungsbereich des Rechts der stillen Gesellschaft wird durch diese Erweiterung des Grundtatbestands des UGB auf alle Unternehmer stark ausgedehnt. Im Übrigen wurde das Recht der stillen Gesellschaft keiner grundlegenden Revision unterzogen, so dass auch ältere Literatur durchaus nicht an Relevanz verloren hat. Eine wesentliche Neuerung in Bezug auf die alte Rechtslage enthält § 179 UGB (vormals § 178 öHGB): Der in § 178 öHGB statuierte Ausschluss der Anwendung der Regelungen des ABGB wurde nunmehr aufgehoben, womit die Vorschriften über die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts im Bereich der stillen Gesellschaft unstreitig ergänzend herangezogen werden können. Weiterhin wurde § 180 Abs. 2 öHGB (der § 708 BGB entsprach) ersatzlos gestrichen, weil die Haftung für diligentia quam in suis als mit den haftpflichtrechtlichen Grundsätzen des ABGB unvereinbar angesehen wurde. Ferner sind auch die Unternehmer, welche nicht dem Dritten Buch des UGB unterfallen und auch nicht aus steuerrechtlichen Gründen einen Jahresabschluss erstellen müssen, dem stillen Gesellschafter gegenüber gemäß § 183 Abs. 1 UGB rechnungslegungspflichtig.
3.32 Eine stille Gesellschaft liegt vor, wenn sich jemand an dem Unternehmen eines anderen mit einer Vermögenseinlage beteiligt, ohne dass diese Beteiligung nach außen hin in Erscheinung tritt (§ 179 Abs. 1 UGB)3. Der Geschäftsinhaber wird aus den in dem Betrieb abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 179 Abs. 2 UGB). Die stille Gesellschaft hat daher keine eigene Firma und ist nicht im Firmenbuch eingetragen; sie ist eine Gesellschaft des Handelsrechts, aber keine Handelsgesellschaft. Da die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft ist, wird sie häufig dann gewählt, wenn der Name und die Einlage des stillen Gesellschafters anderen Personen nicht bekannt werden sollen.
3.33 Zur Gründung einer stillen Gesellschaft kommt es oft im Erbfalle, wenn der Übernehmer des Betriebs seine Verwandten (z.B. Geschwister) als stille Teilhaber aufnimmt, oder aus steuerlichen Gründen, wenn der Unternehmer seine Kinder als stille Gesellschafter beteiligt, um dadurch sowohl einkommensteuerliche als auch erbschaftsteuerliche Ersparnisse zu erzielen. Minderjährige bedürfen zur stillen Beteiligung grundsätzlich der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters und des Vormundschaftsgerichtes, da die Beteiligung in der Regel nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb des Pflegebefohlenen gehören wird. Gleiches gilt für den Abschluss von stillen Beteiligungsverträgen durch minderjährige Geschäftsinhaber. Mangels Differenzierung in § 167 Abs. 3 ABGB gilt das auch bei vereinbartem Verlustausschluss.
1 Vgl. hierzu das Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz – HRefG) v. 22.6.1998, BGBl. I 1998, 1474 ff. 2 Ausführlich zur Reform in Österreich – auch in Bezug auf Änderungen im ABGB – siehe Krejci (Hrsg.), Kommentar zu den durch das HaRÄG 2005 eingeführten Neuerungen im Unternehmensgesetzbuch und im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 2007. 3 Zur Abgrenzung vom (partiarischen) Darlehen vgl. OGH v. 28.2.1988, ÖWB 1988, 369.
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Die Rechtsverhältnisse werden in erster Linie durch den Gesellschaftsvertrag geregelt. Der stille Gesellschafter hat kein Geschäftsführungs- und Vertretungsrecht. Er hat Anspruch auf Beteiligung am Gewinn und nimmt am Verlust, soweit die Verlustbeteiligung nicht ausgeschlossen ist, nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Er ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen. Solange jedoch seine Einlage durch Verluste gemindert ist, wird der jährliche Gewinn zur Deckung dieses Verlustes verwendet (§§ 181 f. UGB). Der stille Gesellschafter ist berechtigt, die abschriftliche Mitteilung der jährlichen Bilanz zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen (§ 183 UGB).
3.34
Die Auflösung der stillen Gesellschaft erfolgt durch Vereinbarung, durch Zeitablauf, durch den Tod des Geschäftsinhabers, nicht aber des stillen Gesellschafters, durch Konkurs des Geschäftsinhabers oder des Stillen sowie durch Kündigung (§§ 184 f. UGB). Nach der Auflösung der Gesellschaft hat der Geschäftsinhaber das Guthaben des stillen Gesellschafters auszuzahlen. An Gewinnen und Verlusten aus zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäften nimmt der stille Gesellschafter teil. Er kann am Schluss jedes Geschäftsjahres Rechenschaft über die inzwischen abgewickelten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen (§ 186 UGB).
3.35
Im Falle des Konkurses über das Vermögen des Geschäftsinhabers kann der stille Gesellschafter wegen seiner Einlage, soweit sie seinen Verlustanteil übersteigt, seine Forderung als Konkursgläubiger geltend machen. Bei nicht vollständiger Einzahlung der Einlage hat sie der stille Gesellschafter bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist, zur Konkursmasse einzuzahlen (§ 187 UGB).
3.36
Der stille Gesellschafter wird bei der vorstehend erörterten typischen stillen Gesellschaft (echte stille Gesellschaft) nicht Miteigentümer des „Gesellschafts“-Vermögens, das rechtlich allein dem Geschäftsinhaber zugeordnet ist. Im Falle seines Ausscheidens hat er neben seinem Gewinnanspruch grundsätzlich nur Anspruch auf den Nominalwert seiner Einlage. Daneben kennt aber auch das österreichische Recht die atypische Gesellschaft (unechte stille Gesellschaft), bei der der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Vermögen des Geschäftsinhabers und damit an den stillen Reserven und am Firmenwert des Unternehmens beteiligt sein kann. Eine dingliche Bindung wird dadurch nicht erzeugt. Der stille Gesellschafter erwirbt nur einen schuldrechtlichen Anspruch darauf, dass er im Falle der Auseinandersetzung auch an den Wertsteigerungen des Geschäftsvermögens teilnimmt. Atypisch ist ferner eine stille Gesellschaft, bei der die Geschäftsführung in den Händen des Stillen liegt oder diesem zumindest ein entscheidendes Mitbestimmungsrecht in Geschäftsführungsangelegenheiten zusteht oder dem Stillen Sonderrechte ohne Beteiligung am Anlagevermögen eingeräumt werden.
3.37
5. Schweiz Schrifttum: Druey, Jean Nicolas/Druey Just, Eva/Glanzmann, Lukas, Gesellschafts- und Handelsrecht, 11. Aufl. 2015; Fellmann, Walter/Müller, Karin, Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht (BK), Band VI (Das Obligationenrecht), 8. Teilband (Die einfache Gesellschaft – Art. 530–544 OR), 2006; Graf, Peter, Das Darlehen mit Gewinnbeteiligung oder das partiarische
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht Darlehen, besonders seine Abgrenzung von der Gesellschaft, Diss. Zürich 1951; Guery, Michael, Die Abgrenzung des partiarischen Darlehens von der Gesellschaft – mit Vergleichen zum deutschen und französischen Recht, Diss. Zürich 1999; Flüge, Die sog. „stille Beteiligung“ im deutschen und schweizerischen Zivil- und Steuerrecht, Archiv für schweizerisches Abgabenrecht 1966/67, 281; Habermas, Hans Joachim, Die stille Gesellschaft im deutschen und schweizerischen Recht, Diss. Bern und Heidelberg 1961; Handschin, Lukas/Vonzun, Reto, Zürcher Kommentar zum schweizerischen Zivilrecht (ZK), Bd. V/4a (Art. 530–551 OR), 2009; Jung, Peter/Kunz, Peter V./Bärtschi, Harald, Gesellschaftsrecht, 2016; Jung, Peter, Kommentierung der Art. 530–551 OR (Recht der einfachen Gesellschaft), in Amstutz et al. (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizer Privatrecht (CHK) – Personengesellschaften und Aktiengesellschaft (Art. 530–771 OR) inkl. VegüV, 3. Aufl. 2016; Meier-Hayoz, Arthur/Forstmoser, Peter, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, 11. Aufl. 2012; Naef, Frank, Kennt das schweizerische Recht die stille Gesellschaft?, Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins, 96. Jahrg. (1960), 257, 305; Pedrazzini, Mario M., Stille Gesellschaft oder (offene) einfache Gesellschaft?, SJZ 1956, 369; Sethe, Rolf, Kommentierung der Art. 530–551 OR, in Honsell, Heinrich (Hrsg.), Kurzkommentar OR – Obligationenrecht (KUKO OR), 2014; Sommer, Ueli, Die stille Gesellschaft, Diss. Zürich 2000; Vonzun, Reto, Rechtsnatur und Haftung der Personengesellschaften, Diss. Basel 2000; Wespi, Conrad, Die stille Gesellschaft im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1930.
3.38 Das schweizerische Recht kennt keine spezielle gesetzliche Regelung der stillen Gesellschaft1. Sofern ein Vertragsverhältnis jedoch einerseits die Charakteristika einer Gesellschaft nach Art. 530 Abs. 1 OR (privatvertragliche Personenverbindung zu einem gemeinsamen Zweck) aufweist und andererseits nicht die Voraussetzungen einer anderen Gesellschaftsform erfüllt, handelt es sich stets um eine sog. einfache Gesellschaft, welche die subsidiäre Gesellschaftsform des schweizerischen Rechts bildet2. Insofern bestehen auch stille Innengesellschaften nach dem Recht der einfachen Gesellschaft (Art. 530–551 OR)3, weil sie die Voraussetzungen von Art. 530 Abs. 1 OR, nicht jedoch diejenigen einer anderen Personengesellschaft (Kollektivgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen) oder Körperschaft (Aktiengesellschaft, Kommanditaktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, SICAV, Genossenschaft) erfüllen4. Das gilt unabhängig davon, ob sich der stille Gesellschafter an einem nichtkaufmännischen Unternehmen (freiberufliches Unternehmen, Kleingewerbe) oder an dem Unternehmen eines Einzelkaufmanns bzw. einer Handelsgesellschaft, Genossenschaft oder kaufmännischen einfachen Gesellschaft5 beteiligt. Da Gegenstand der einfachen Gesellschaft jeder rechtlich erlaubte Zweck sein kann, gleichgültig, ob es sich um einen vorübergehenden oder dauernden, um einen ideellen oder wirtschaftlichen Zweck handelt, kann die 1 Regelungsvorschläge aus den Jahren 1919 und 1923 wurden nicht Gesetz. 2 Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 12 Rz. 34 f.; CHK-Jung, Art. 530 OR Rz. 12. 3 Zu Anwendungsbeispielen Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 15 Rz. 51 ff. und Kunz in Jung/Kunz/Bärtschi, Gesellschaftsrecht, § 7 Rz. 204 ff. 4 Näher zum System der schweizerischen Gesellschaftsformen Jung in Jung/Kunz/Bärtschi, Gesellschaftsrecht, § 3. 5 Zu der nach h.M. gemäß Art. 530 Abs. 2 OR als einfache Gesellschaft zu duldenden und per Analogie einzelnen handelsrechtlichen Schutzvorschriften zu unterwerfenden Personengesellschaft, welche wegen des Betriebs eines kaufmännischen Gewerbes eigentlich als Kollektivgesellschaft oder Kommanditgesellschaft zu behandeln wäre, dies aber nach Art. 552 Abs. 1 OR bzw. 594 Abs. 2 OR (Verbot der Beteiligung von juristischen Personen oder rechtsfähigen Personengesamtheiten als unbeschränkt haftende Gesellschafter) nicht kann, näher Jung in Mélanges Roland Ruedin, 2006, S. 3 ff. (zugleich krit.); Vonzun, Rechtsnatur und Haftung, Rz. 574 ff.; Meier-Hayoz/Forstmoser, Schweizerisches Gesellschaftsrecht, § 4 Rz. 50 ff.
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stille Gesellschaft auch als bloße Gelegenheitsgesellschaft bestehen1. Wie im deutschen Recht ist die stille einfache Gesellschaft als nicht rechtsfähige Innengesellschaft anhand des Kriteriums der gemeinsamen Zweckverfolgung in besonderer Weise von den partiarischen Austauschverträgen abzugrenzen2. Auch bei der stillen Gesellschaft des schweizerischen Rechts beteiligen sich ein oder mehrere stille Gesellschafter an einem allein vom sog. Hauptgesellschafter in Form eines Einzelunternehmens oder einer Gesellschaft betriebenen Unternehmen3. Der Gesellschaftsvertrag kann formlos geschlossen werden (Art. 11 Abs. 1 OR), sofern sich nicht der stille Gesellschafter zur Einbringung eines Grundstücks verpflichtet (Art. 657 Abs. 1 ZGB). Die stillen Gesellschafter können, müssen aber nicht im Verborgenen bleiben. Das prinzipiell anwendbare und weitgehend dispositive Recht der einfachen Gesellschaft erfährt gewisse Modifikationen durch die analoge Anwendung einzelner Regelungen des Rechts der Kommanditgesellschaft (Art. 601 Abs. 2, Art. 605 OR). Auch im Innenverhältnis ist dem Hauptgesellschafter die Geschäftsführung abweichend von Art. 535 Abs. 1 OR grundsätzlich (ggf. stillschweigend) allein übertragen4. Wird dem Hauptgesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grund entzogen, führt dies zur Auflösung der Gesellschaft5. Im Aussenverhältnis wird allein der das Unternehmen im eigenen Namen betreibende Hauptgesellschafter berechtigt und verpflichtet (Art. 543 Abs. 1 OR). Da eine vermögensmässige Beitragsleistung des stillen Teilhabers grundsätzlich (Ausnahme: seltene und umstrittene Bildung eigenen Vermögens der stillen Gesellschaft, Einbringung quoad usum oder quoad sortem) in das Vermögen des Hauptgesellschafters übergeht, kann dieser dann auch über diese Vermögensgegenstände im Aussenverhältnis alleine verfügen6. Ob er dies auch im Innenverhältnis gegenüber dem stillen Gesellschafter darf, ist eine Frage der gesellschaftsvertraglichen Regelung.
3.39
Eine Haftung des stillen Gesellschafters gegenüber Dritten besteht auch dann nicht, wenn seine Beteiligung dem Dritten bekannt gewesen ist7 oder es sich um eine sog atypische stille Gesellschaft mit einer internen Vorrangstellung des stillen Gesellschafters handelt8, sofern der Stille nicht im eigenen Namen (Art. 543 Abs. 1 OR) oder zwar im Namen der Gesellschaft, aber nicht ausdrücklich als rechtsgeschäftlicher Vertreter gehandelt hat (Art. 605 OR analog)9. Sofern der stille Teilhaber zudem einen vermögenslosen Hauptgesellschafter lediglich vorschiebt und faktisch die Geschäfte führt, kann es bei einer formellen oder materiellen Unterkapitalisierung ebenfalls zu einer ausnahmsweisen Aussenhaftung des stillen Gesellschafters kommen10.
3.40
1 ZK-Handschin/Vonzun, Art. 530 OR Rz. 27 ff. 2 BGer v. 11.3.2011 – 4A_509/2010 E. 5.2 f.; BGer v. 18.9.1973 – BGE 99 II 303 E. 3 ff.; BK-Fellmann/Müller, Art. 530 OR Rz. 73 f. 3 Kunz in Jung/Kunz/Bärtschi, Gesellschaftsrecht, § 7 Rz. 203. 4 Sommer, Die stille Gesellschaft, S. 130. 5 CHK-Jung, Art. 539 OR Rz. 4. 6 OGer OW, SJZ 1987, 218 f. (keine Wegnahme einer fremden Sache). 7 BGer v. 18.10.1955 – BGE 81 II 520 E. 2. 8 OGer OW, SJZ 1987, 218 f. 9 KGer VS, ZWR 1994, 268. 10 von Steiger, SPR VIII/1, S. 662 ff.; a.A. KUKO OR-Sethe, Art. 530 OR Rz. 16.
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3.41 Der stille Gesellschafter wird lediglich im Innenverhältnis schuldrechtlich am Gewinn und Verlust beteiligt. Die Einlage des stillen Gesellschafters bildet dann vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung die Obergrenze seiner Verlustbeteiligung. Haben die Gesellschafter ausnahmsweise überhaupt keine Regelung über die Gewinn- und Verlustbeteiligung getroffen, würde dies gemäß Art. 533 Abs. 1 OR zu einer Verteilung zu gleichen Teilen führen. Da die typische stille Gesellschaft als Gesellschaft mit zwei unterschiedlichen Gesellschaftertypen insoweit strukturell aber eher der Kommanditgesellschaft entspricht, wird eine analoge Anwendung von Art. 601 Abs. 2 OR (Gewinn- und Verlustverteilung nach freiem Ermessen des Richters) der generellen Gleichbehandlung grundsätzlich ungleicher Gesellschafter nach Art. 533 Abs. 1 OR überwiegend vorgezogen1. 6. Belgien Schrifttum: Ballon, Gabriel Luc/Geens, Koen/Stuyck, Jules, Handels- en vennootschapsrecht, 9. Aufl. 2005; Benoît-Moury, Anne/Caprasse, Olivier/Tilleman, Bernard, Droit des sociétés – Code des sociétés annoté, 2010; Dabin, Léon/Benoît-Moury, Anne, in Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. II, Belgien 20.50; De Pelsmaeker, Des associations en participations et des syndicats financiers, 4. Aufl. 1934; Malherbe, Jacques/De Cordt, Yves/Lambrecht, Philippe/Malherbe, Philippe, Droit des sociétés – Droit communautaire, Droit belge, 4. Aufl. 2011; Tilquin & Simonart, Traité des sociétés, III, 2005; Vananroye in Vennootschappen en verenigingen: artikelsgewijze commentaar met overzicht van rechtspraak en rechtsleer, 2002; Wallemacq, Traité et formulaire des associations momentanées et en participation – Étude théorique et pratique, 1973.
3.42 Historisch findet die belgische stille Gesellschaft ihre Wurzeln in der „commenda“ (Rz. 3.1 f.) des altitalienischen Rechts. Über die „société anonyme“ des französischen Rechts und über die „association en participation“ des Code de Commerce (1807) hat die stille Gesellschaft ihren Weg in das belgische Gesellschaftsrecht gefunden. Seit 1873 waren die betreffenden Regelungen im „Gesetz über die Handelsgesellschaften“ (Buch IX des Code de Commerce) zu finden. Durch das Gesetz vom 7.5.1999 ist dieses aufgehoben und das komplette belgische Gesellschaftsrecht in einem Gesetzbuch kodifiziert worden. Dieses „Gesetzbuch der Gesellschaften“ (W. Venn./C. Soc.) ist am 6.2.2001 in Kraft getreten.
3.43 Das W. Venn. spricht nicht mehr von „Handelsvereinigung“ (handelsvereniging/association), sondern bezeichnet die in Art. 48 W. Venn. definierte stille Gesellschaft als „stille Handelsgesellschaft“ (stille handelsvennootschap/société interne). Gemäß Art. 2 § 1 und Art. 48 W. Venn. fehlt ihr – wie auch der Gelegenheitsgesellschaft (tijdelijke handelsvereniging/société momentanée) und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (maatschap/société de droit commun) – die Rechtspersönlichkeit.
3.44 Die auf die stille Gesellschaft anwendbaren Regeln befinden sich in Buch II (Art. 18–45: Gemeinsame Regeln für alle Gesellschaften) sowie in Buch III (Art. 46–55: Regeln über die maatschap, de tijdelijke handelsvennootschap en de stille handelsvennootschap/société de droit commun, société momentanée et la société interne) des W. Venn. Sie stimmen zum größten Teil mit den bisher geltenden Artikeln des Code Civil über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts überein und sind überwiegend dispositives Recht. 1 BK-Fellmann/Müller, Art. 533 OR Rz. 94 ff.; Meier-Hayoz/Forstmoser, § 15 Rz. 27; a.A. BSKHandschin, Art. 530 OR Rz. 15.
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Neben diesen finden auch die Artikel des Code Civil, die für jeden Vertrag gelten (Art. 1101 f. B.W.), Anwendung. Konstruktiv handelt es sich bei der stillen Gesellschaft in Belgien im Grunde um eine Sonderform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (maatschap/société de droit commun). Seit dem 1995 eingeführten Registerzwang für Handelsgesellschaften zur Erlangung der Rechtspersönlichkeit kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowohl bürgerliche als auch kommerzielle Zwecke verfolgen und ist somit zur Grundform aller Gesellschaften geworden. Ihre Regeln gelten für alle nicht eingetragenen Gesellschaften. Nur wenn sie als reine Innengesellschaft ausgestaltet wird, finden grundsätzlich die Sonderregelungen der stillen Gesellschaft Anwendung. Gleiches gilt übrigens für die Gelegenheitsgesellschaft.
3.45
Art. 48 W. Venn. definiert die stille Gesellschaft als eine Gesellschaft, in der sich eine oder mehrere Personen an Geschäften beteiligen, die andere Personen im eigenen Namen führen. Anders als in Deutschland sieht in Belgien also bereits das Gesetz mehrgliedrige stille Gesellschaften vor, und zwar auch in der für Deutschland ungewohnten Weise, dass mehrere nach außen handelnde Gesellschafter – also gleichsam mehrere Inhaber – zusammen mit einem oder mehreren stillen Gesellschaftern eine stille Gesellschaft bilden. Insofern setzt das belgische Recht konsequent den Ansatz um, die stille Gesellschaft lediglich als eine Modifikation der – unter Umständen auch mehrgliedrigen – Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen. Im Ergebnis nähert sich die belgische stille Gesellschaft auf diese Weise zugleich der deutschen Kommanditgesellschaft an.
3.46
Die stille Gesellschaft kann in Belgien sowohl zeitlich begrenzte als auch dauerhafte Aktivitäten zum Zweck haben. Der gemeinsame Zweck bestimmt ihren bürgerlichen oder kommerziellen Charakter, aus dem sich u.a. Unterschiede hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit (Zivil- oder Handelsgerichte) sowie hinsichtlich des anwendbaren Beweisrechts (Art. 49 W. Venn.) ergeben. Als kommerziell bezeichnet man diejenigen Gesellschaften, die Handelsaktivitäten i.S. von Art. 2 und 3 W. Kh. ausüben. In der Praxis findet die Stille Gesellschaft in Belgien einen weiten Anwendungsbereich. Sie ist sowohl Mittel zur Finanzierung von Gesellschaften als auch Instrument wirtschaftlicher Kooperation (z.B. das Befrachten eines Schiffes im eigenen Namen, aber für gemeinsame Rechnung).
3.47
Die Gründung einer stillen Gesellschaft ist durch einen formlosen Gesellschaftsvertrag möglich. Der Beweis für ihre Existenz wird je nach Gesellschaftszweck entweder gemäß den bürgerlichrechtlichen oder den weniger strikten handelsrechtlichen Regeln geliefert (Art. 49 W. Venn.).
3.48
Auch materiell lässt der dispositive Charakter der Regelungen im W. Venn. den Gesellschaftern viel Spielraum bei der Ausgestaltung der stillen Gesellschaft. Sie muss nur die typischen Merkmale des Vertrages einer Personengesellschaft aufweisen: Pluralität der Gesellschafter, Erbringen einer Einlage zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes, Gewinnerzielung und Gewinnverteilung (Art. 1 Abs. 1 W. Venn.). Diese vier Elemente bilden die notwendige „affectio societatis“. Das Teilen von Gewinnen und Verlusten ist damit unabdingbar. Ein kompletter Ausschluss der Verlustbeteiligung ist gemäß Art. 32 Abs. 2 W. Venn. nichtig.
3.49
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3.50 Kaufmannseigenschaft kommt in Belgien lediglich dem bzw. ggf. auch den nach außen handelnden Gesellschaftern zu. Der stille Gesellschafter ist selbst kein Kaufmann, da er notwendigerweise nicht nach außen hin handelt. Mangels eigener Rechtspersönlichkeit (Art. 2 § 1, Art. 48 W. Venn.) ist auch die stille Gesellschaft als solche kein Kaufmann.
3.51 Der Umstand, dass in Belgien die stille Gesellschaft lediglich eine Sonderform der bürgerlichen Gesellschaft ist und daher ggf. auch über mehrere nach außen auftretende Gesellschafter verfügt, macht es – anders als in Deutschland – erforderlich, auch für die stille Gesellschaft die Geschäftsführung und bei Vorhandensein mehrerer nach außen auftretender Gesellschafter auch die Frage, ob und wie diese sich gegenseitig vertreten, eigens zu regeln. Dabei gelten für beide Aspekte grundsätzlich die Bestimmungen über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, denen zufolge Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht grundsätzlich parallel laufen (Art. 50–52 W. Venn.).
3.52 Regelmäßig sind die Geschäftsführung in der Gesellschaft und – bei Vorhandensein mehrerer nach außen auftretender Gesellschafter – auch deren Vertretung Gegenstand besonderer vertraglicher Regelung. Der Geschäftsführer kann im Gesellschaftsvertrag oder in einem späteren Akt ernannt werden. Im ersten Fall kann er nur aus wichtigem Grund abberufen werden. Im zweiten Fall ist dies jederzeit möglich. Wenn der Vertrag nichts Weiteres bestimmt, ist er berechtigt, alle Geschäftsführungsmaßnahmen vorzunehmen. Sind mehrere Geschäftsführer ohne weitere vertragliche Bestimmungen ernannt, kann jeder alle Geschäftsführungsmaßnahmen auch ohne Einvernehmen der übrigen vornehmen (Art. 34 W. Venn.). Gegenüber dem stillen Gesellschafter ist der Geschäftsführer verpflichtet, die Bestimmungen über den Umfang seiner Befugnisse zu beachten d.h. er muss immer im Interesse der stillen Gesellschaft (Art. 19 Abs. 1 W. Venn.), d.h. dem gemeinsamen Zweck entsprechend handeln.
3.53 Fehlt im Gesellschaftsvertrag eine Regelung, betrifft die Geschäftsführungsbefugnis alle Gesellschafter. Jeder ist berechtigt, die der Gesellschaft zur Verfügung gestellten Güter zu benutzen (Art. 36 Ziff. 2 W. Venn.) und jeder kann die anderen Mitgesellschafter verpflichten, mit ihm die Ausgaben zu tragen, die notwendig sind, um die Geschäfte der Gesellschaft aufrecht zu erhalten (Art. 36 Ziff. 3 W. Venn.). Das Handeln im Interesse der Gesellschaft (Art. 19 W. Venn.) und gemäß dem Gesellschaftszweck ist auch hier der Leitfaden. Die Gesellschafter sind sich untereinander Rechenschaft schuldig. In Immobilienangelegenheiten besteht allerdings selbst dann keine Alleingeschäftsführungsbefugnis, wenn das fragliche Geschäft vorteilhaft für die Gesellschaft sein sollte (Art. 36 Ziff. 4 W. Venn.).
3.54 Da der stille Gesellschafter definitionsgemäß ein Gesellschafter ist, der nicht nach außen handelt, kann er auch keine originäre Vertretungsmacht haben. Ihm ist es jedoch nicht untersagt, sich intern an der Geschäftsführung der Gesellschaft zu beteiligen. Er kann sogar als Bevollmächtigter den (oder die) nach außen auftretenden Gesellschafter gegenüber Dritten vertreten, solange er weder unter einer besonderen Firma handelt noch seine Eigenschaft als Gesellschafter herausstellt (vgl. Art. 54 W. Venn.)1. Überschreitet der stille Gesellschafter diese Grenzen, wird er als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts behandelt. Er haftet dann unmittelbar und
1 Cass. v. 18.3.1954, Pas., I, 629.
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
unbeschränkt, mit seinem ganzen Vermögen, in gleichen Teilen oder solidarisch gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, je nach dem bürgerlichen oder dem kommerziellen Charakter der Gesellschaft (Art. 52 W. Venn.). Hingegen führt die Kenntnis eines Dritten von der stillen Gesellschaft allein nicht zur Haftung des stillen Gesellschafters. Der stille Gesellschafter hat das Recht, die Handlungen des Geschäftsinhabers insbesondere durch Einsichtnahme in die Bücher und alle Schriftstücke der Gesellschaft zu kontrollieren, sofern er hierdurch die Geschäftsführung nicht stört.
3.55
Im Übrigen ist eine Haftung des stillen Gesellschafters für die im Interesse der Gesellschaft vom Inhaber eingegangenen Verbindlichkeiten ausgeschlossen. Art. 54 W. Venn. räumt Dritten keine unmittelbaren Ansprüche gegen ihn ein, soweit er sich auf eine reine Beteiligung beschränkt. Sie können sich allein an den Geschäftsinhaber halten. Als Ausnahme sind der mittelbare Anspruch des Art. 1166 B.W. und die außervertragliche Haftung (Art. 1382–1383 B.W.) zu erwähnen.
3.56
Da die stille Gesellschaft keine Rechtspersönlichkeit besitzt, hat sie auch kein Gesellschaftsvermögen. Die von jedem Gesellschafter zu erbringende Einlage (Art. 1 I, 19 und 22–24 W. Venn.) bleibt mit dem Vermögen der Gesellschafter verbunden. Das Eigentum von Geld oder mischbaren Gütern geht regelmäßig in das Vermögen des Geschäftsinhabers über. Bei anderen beweglichen und unbeweglichen Gütern entscheidet der Wille der Parteien, ob sie nur zur Nutzung eingebracht werden, ob ein zweckgebundenes Miteigentum entsteht oder ob sie in das Eigentum des Geschäftsführers übertragen werden1. Die höchstrichterliche Rechtsprechung befürwortet eine Vermutung zugunsten einer Einlage zur Nutzung von nicht in Bargeld bestehenden Vermögensgütern2. In einem solchen Fall würde sich die stille Gesellschaft im Innenverhältnis auf eine einfache Gewinn- und Verlustrechnung beschränken. Die Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern können jedoch nicht die Rechte Dritter gegenüber dem Geschäftsführer beeinträchtigen. So kann der Geschäftsführer Dritten gegenüber über ihm zur Verfügung gestellte bewegliche Aktiva wirksam verfügen3.
3.57
Die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn und Verlust ist zwischen den Vertragsparteien zu vereinbaren, wobei die Beteiligung am Verlust nach Art. 32 Abs. 2 W. Venn. zwingend ist. Soweit der Gesellschaftsvertrag hierüber keine Bestimmung enthält, ist die Verteilung entsprechend den Einlagen vorzunehmen (Art. 30 Abs. 1 W. Venn.).
3.58
Die Übertragung der Gesellschafteranteile setzt grundsätzlich die Zustimmung der anderen Gesellschafter voraus (Art. 38 W. Venn.).
3.59
Für die stille Gesellschaft sind die für alle Gesellschaften geltenden allgemeinen Auflösungsgründe, z.B. Tod eines Gesellschafters, maßgebend (Buch II, Titel III, Art. 39–45 W. Venn.). Soweit im Gesellschaftsvertrag keine Zeit vereinbart ist, gilt die stille Gesellschaft als auf Lebenszeit der Gesellschafter geschlossen (Art. 21 W. Venn.). Die Gesellschaft kann dennoch durch einseitige Erklärung eines Gesellschafters aufgelöst
3.60
1 Cass. v. 4.3.1943, Pas., I, 84. 2 Cass. v. 4.2.1954, Pas., 1954, I, 488 f.; Cass. v. 18.2.1976, Pas., I, 691 f. 3 Cass. v. 4.2.1954, Pas., I, 488 f.
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
werden, es sei denn, die Auflösung erfolgt böswillig oder zu einem ungünstigen Zeitpunkt (Art. 39 Ziff. 5 und 43–44 W. Venn.). Bei einer für eine bestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft kann dies nur vorzeitig aus einem wichtigem Grund erfolgen (Art. 45 W. Venn.).
3.61 Bei Auflösung wird ein Rechnungsabschluss (règlement de comptes) vorgenommen, keine eigentliche Liquidation. Im Falle eines Miteigentums finden mangels einer vertraglichen Regelung die Bestimmungen über die Verteilung eines Nachlasses Anwendung (Art. 55 W. Venn.). Die Umwandlung einer stillen Gesellschaft bedingt notwendigerweise ihre Auflösung und die Errichtung einer neuen Gesellschaft. 7. Luxemburg Schrifttum: Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. III, Luxemburg 50.50; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext – Eine Analyse unter steuergestalterischen Aspekten, Diss. Hohenheim, 2014, S. 161 f.
3.62 Das luxemburgische Gesetz vom 10.8.1915 (loi du 10 août 1915 concernant les sociétés commerciales: LSC) unterteilt die Handelsgesellschaften in die Handelsgesellschaften im engeren Sinne und in sog. Handelsvereinigungen, zu denen auch die stille Gesellschaft (association en participation) gehört. Diese letztere Gesellschaftsart wird durch Art. 2 Abs. 1 und Art. 138 ff. des Gesetzes vom 10.8.1915 näher umrissen.
3.63 Die Handelsvereinigung ist eine nach außen nicht in Erscheinung tretende Gesellschaft ohne Rechtsfähigkeit (Art. 2 LSC). Sie ist eine Personenvereinigung in der Form einer organisierten Gemeinschaft, welche die Gesellschafter nur in ihren Beziehungen untereinander bindet. Der Geschäftsinhaber muss von dritten Personen unmittelbar und persönlich in Anspruch genommen und verklagt werden (Art. 139 LSC).
3.64 Das luxemburgische Gesetz unterscheidet zwischen handelsrechtlichen Gelegenheitsgesellschaften, deren Zweck in der Abwicklung eines einzigen Geschäfts besteht, und den stillen Gesellschaften, die auf längere Zeit angelegt sind (Art. 138–140 LSC). Der Vertrag, durch den eine Handelsvereinigung geschaffen wird, muss weder besonderen Formerfordernissen genügen noch veröffentlicht werden. Eine Handelsvereinigung kann daher auch durch mündliche Vereinbarung der Beteiligten gegründet werden.
3.65 Das Gesellschaftsvermögen setzt sich aus den Einlagen der Beteiligten zusammen. Diese legen ihre Beiträge zum Zwecke der Gewinnerzielung zusammen. Die Gewinne kommen allen Gesellschaftern zugute, ebenso wie die Verluste zu Lasten aller Gesellschafter gehen. Klauseln, die die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auf die Höhe seines Beitrags beschränken, sind zulässig. Die Verteilung der Gewinne und Verluste erfolgt aufgrund freier Vereinbarung der Beteiligten.
3.66 Der Geschäftsinhaber handelt im Außenverhältnis wie ein Einzelkaufmann im eigenen Namen. Die Gesellschafter treffen jedoch untereinander alle die Gesellschaft betreffenden Beschlüsse in gemeinsamer Übereinkunft. Für die Handelsvereinigungen besteht weder eine interne noch eine externe Kontrolle der Geschäftsführung. Ge46
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
schäftsinhaber und stiller Gesellschafter sind an allen Entscheidungen beteiligt, so dass eine interne Kontrolle überflüssig ist. Da der stille Gesellschafter als solcher nach außen nicht in Erscheinung tritt, haben Dritte keine unmittelbare Klagemöglichkeit gegen ihn, auch wenn er ihnen bekannt sein sollte.
3.67
Die stille Gesellschaft endet mit der Erreichung des Gesellschaftszwecks, mit dem Untergang des Gesellschaftsgegenstandes sowie durch einseitige Willenserklärung des Geschäftsinhabers oder des stillen Gesellschafters. Diese Erklärung darf allerdings nicht gegen Treu und Glauben verstoßen oder zur Unzeit erfolgen. Eine Handelsvereinigung kann nicht in eine Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit umgewandelt werden.
3.68
8. Niederlande Schrifttum: Gotzen, Paul, Niederländisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2000, 94 ff.; Haarhuis, Koen, Gesellschaftsrecht in den Niederlanden, 1995; Huizink, J.B., Rechtspersoon, vennootschap en onderneming, 3. Aufl. 2013; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. III, Niederlande 60.50; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext – Eine Analyse unter steuergestalterischen Aspekten, Diss. Hohenheim, 2014, S. 162 f.; Mohr, A.L., Van Personenvennootschappen, 7. Aufl. 2013; Pitlo, A./Raaijmakers, M.J.G.C., Vennootschaps- en rechtspersonenrecht, 4. Aufl. 2000; Raaijmakers, M.J.G.C., Ondernemingsrecht, 5. Aufl. 2009.
Die stille Gesellschaft (stille vennootschap) war in den Niederlanden auch schon vor der ausdrücklichen Erwähnung im neuen Bürgerlichen Gesetzbuch (Art. 7. 13. 1. 2 Abs. 1 Satz 1 und 7. 13. 1. 7 Abs. 1 NDBW) bekannt. Es wurde darunter der Zusammenschluss eines nach außen hin unbeschränkt mit seinem Privatvermögen haftenden Gesellschafters mit einem anderen Gesellschafter verstanden, der nur zur Erbringung einer Einlage verpflichtet war und dessen Mitwirkung nach außen hin nicht offenkundig wurde. Da insoweit unter rechtlichen Gesichtspunkten Affinitäten zur Kommanditgesellschaft bestanden, andererseits aber durch den Wegfall jeglicher Firmierung die Offenkundigkeit einer KG fehlte, bildete sich im niederländischen Schrifttum folgerichtig die Bezeichnung stille Kommanditgesellschaft (stille commanditaire vennootschap) heraus.
3.69
Die stille Gesellschaft wird im NDBW aber lediglich erwähnt und keinerlei Sonderregelungen unterworfen. Es gelten mithin die allgemeinen Regeln über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft. Danach liegt eine stille Gesellschaft dann vor, wenn sich mehrere Personen vertraglich zum Betrieb eines gemeinsamen Gewerbes für gemeinsame Rechnung unter Leistung von Einlagen zusammenschließen, ohne dabei jedoch unter einer gemeinsamen Firma zu handeln. Mangels eigener Rechtspersönlichkeit der stillen Gesellschaft steht das Eigentum an den eingebrachten Einlagen nicht der stillen Gesellschaft, sondern den Gesellschaftern gemeinsam zu. Diese haben an den von ihnen eingebrachten Sachen ein gesellschaftlich gebundenes Miteigentum.
3.70
Vertretungsbefugt ist nur derjenige Gesellschafter, der eine entsprechende Vollmacht seiner Mitgesellschafter besitzt. Handelt ein Gesellschafter für die Gesellschaft, ohne eine entsprechende Vollmacht der Mitgesellschafter zu besitzen und wird dieses Handeln nicht nachträglich genehmigt, dann werden die Gesellschafter aus dem rechts-
3.71
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
geschäftlichen Handeln regelmäßig nicht mitverpflichtet. Der Außenstehende kann sich lediglich an denjenigen Gesellschafter halten, der ihm gegenüber tätig geworden ist. In diesem Falle haftet für seine Forderung nicht das Gesellschaftsvermögen, sondern nur das private Vermögen des ihm gegenüber handelnden Gesellschafters. Soweit jedoch eine Vollmacht vorlag oder ein vollmachtloses Handeln nachträglich genehmigt worden ist, kann der Außenstehende sowohl auf das Gesellschaftsvermögen als auch das Privatvermögen der Gesellschafter zugreifen. Dabei haften ihm die Gesellschafter jedoch nicht als Gesamtschuldner, sondern nur zu gleichen Teilen.
3.72 Zwischen den Gesellschaftern wird Gewinn und Verlust der Gesellschaft, soweit nichts anderes vereinbart worden ist, gleichberechtigt verteilt. Darunter ist jedoch nicht eine gleichmäßige Pro-Kopf-Verteilung zu verstehen, sondern jeder wird bei Gewinn- und Verlustbeteiligung entsprechend seiner quotenmäßigen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen berücksichtigt.
3.73 Die Auflösung der Gesellschaft kann durch einstimmigen Beschluss der Gesellschafter oder auch einseitige Kündigung eines der Mitgesellschafter vorgenommen werden. Dritte können die Auflösung der Gesellschaft und damit die Zugriffsmöglichkeit auf den Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen entweder über einen Gesellschaftskonkurs oder den Konkurs eines der Gesellschafter betreiben. 9. Schweden Schrifttum: Fischler, Josef/Vogel, Heinrich, Schwedisches Handels- und Wirtschaftsrecht mit Verfahrensrecht, 3. Aufl. 1978; Lindskog, Stefan, Lagen om handelsbolag och enkla bolag: en kommentar, 2010; Ring, Gerhard/Olsen-Ring, Line, Einführung in das skandinavische Recht, 2. Aufl. 2014, S. 172 ff.
3.74 In Schweden ist die stille Gesellschaft zwar allgemein anerkannt, aber nicht positivrechtlich geregelt. Vergleichbar dem deutschen Recht liegt eine stille Gesellschaft dann vor, wenn jemand gegen Beteiligung am Gewinn oder auch am Verlust eine Geld- oder Sacheinlage in das Gewerbe eines anderen so leistet, dass sie in das Vermögen des anderen übergeht. Wegen dieser Kreditierungs- und Verzinsungsfunktion der Einlage wurde nach früherer Auffassung diese Rechtsbeziehung ausschließlich nach Darlehensregeln beurteilt. Die heutige h.A. hat jedoch die gesellschaftsrechtlichen Elemente hervorgehoben und betrachtet auch die stille Gesellschaft als echtes Gesellschaftsverhältnis. Wie im deutschen Recht bleiben jedoch die Grenzen zu Darlehen und anderen Gesellschaftsformen fließend.
3.75 Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner besonderen Form. Wegen des Fehlens einer gesetzlichen Regelung und der mangelnden Abklärung der Probleme der stillen Gesellschaft in der schwedischen Rechtsprechung ist es jedoch empfehlenswert, im Vertrag die Beziehungen zwischen den Gesellschaftern ausführlich zu regeln. Soweit keine besonderen Bestimmungen getroffen worden sind, wird die Gewinnquote des stillen Gesellschafters proportional seiner Einlage zum gesamten Betriebskapital des Gewerbetreibenden bestimmt. Für Verluste beschränkt sich im Innenverhältnis seine Haftung auf die Einlage. Zur Überprüfung seines Gewinn- oder Verlustanteiles hat der stille Gesellschafter Anspruch auf Mitteilung einer vollständigen Jahresbilanz, ist aber nicht ohne weiteres zur Prüfung unter Einsicht der Bücher und Papiere berechtigt. Ebenso steht ihm regelmäßig kein Verwaltungsrecht zu. Gerade im Innenverhältnis 48
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
dürfte sich jedoch, wie auch im deutschen und schweizerischen Recht diskutiert, oftmals eine entsprechende Anwendung der Regeln über die Kommanditgesellschaft rechtfertigen. Im Außenverhältnis trifft den stillen Gesellschafter keine Haftung für die durch den Inhaber zum Zwecke des Betriebs des Gewerbes eingegangenen Geschäfte. Er haftet nicht einmal mit seiner Einlage; vielmehr wird er – selbst im Konkurs – als gewöhnlicher Gläubiger behandelt.
3.76
Es kann mitunter schwierig sein, zwischen einer stillen und einer einfachen bürgerlichen Gesellschaft zu unterscheiden, weil bei der letzteren die Rollen auch so verteilt sein können, dass der eine die Geschäfte führt und der andere Kapital zuschießt. Im Einzelfall kann daher zweifelhaft sein, ob und inwieweit die gesamten Betriebsmittel für die Betriebsschulden in Anspruch genommen werden können.
3.77
10. Griechenland Schrifttum: Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. IV, Griechenland 100.50; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext – Eine Analyse unter steuergestalterischen Aspekten, Diss. Hohenheim, 2014, S. 158 f.; Pánou, Georgios, Die Stille Gesellschaft im griechischen Recht unter Berücksichtigung des deutschen Rechts, 1995; Papathoma-Baetge, Anastasia, Gesellschaftsrecht in Griechenland, 1995.
Das Recht der stillen Gesellschaft (azamr etairea)1, die in der griechischen Praxis weit verbreitet ist, wurde im Rahmen einer allgemeinen Reform des Unternehmensrechts von 2012 behutsam modernisiert2. Seither kommt neben den speziellen Regelungen in Art. 285–292 N. 4072/2012 nicht mehr subsidiär das Recht der Kollektivgesellschaft zur analogen Anwendung. Vielmehr finden nunmehr hilfsweise die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft (Art. 741 ff. grZGB) direkte Anwendung, sofern und soweit sie mit der Natur der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft vereinbar sind (Art. 285 Abs. 3 N. 4072/2012). Die gesetzlichen Bestimmungen sind dabei weitgehend dispositiv, so dass die Gesellschafter eine große Gestaltungsfreiheit besitzen und auch eine „atypische“ oder „unechte“ stille Gesellschaft mit einer Beteiligung des stillen Gesellschafters am Vermögen und/oder der Geschäftsführung vorsehen können.
3.78
Art. 285 N. 4072/2012 umschreibt die typische Ausgestaltung der Gesellschaftsform durch eine Nennung ihrer wichtigsten Merkmale. Wie im deutschen Recht unterscheidet sich die stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft von den partiarischen Rechtsgeschäften durch die gemeinsame Zweckverfolgung der Gesellschafter. Dabei räumt der Geschäftsinhaber, eine natürliche oder juristische Person, dem stillen Gesellschafter, ebenfalls eine natürliche oder juristische Person, eine Beteiligung am Gewinn und Verlust eines oder mehrerer Handelsgeschäfte bzw. Handelsunternehmen
3.79
1 Die Hinweise zum (neuen) griechischen Recht der stillen Gesellschaft verdankt der Autor Herrn Prof. Dr. Michael-Theodoros Marinos, Professor an der Juristischen Fakultät der Demokritus Universität Thrazien und Managing Partner von Marinos & Partners, Athen. 2 N. 4072/2012 über die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen, die neue private Kapitalgesellschaft, Marken, Immobilien etc., Regierungsanzeiger Blatt A 86/11-042012.
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
ein, die der Geschäftsinhaber im „gemeinsamen Interesse der Partner“ im eigenen Namen abgeschlossen hat bzw. allein betreibt. Die Geheimhaltung des Gesellschaftsverhältnisses gehört nicht zu den konstitutiven Merkmalen der stillen Gesellschaft. Sie kann zweigliedrig oder mit mehreren stillen Gesellschaftern mehrgliedrig bestehen. Zum Beweis ihrer Existenz und einzelner vertraglicher Regelungen muss der Gesellschaftsvertrag schriftlich abgeschlossen werden (Art. 285 Abs. 2 Satz 2 N. 4072/2012).
3.80 Als Innengesellschaft besitzt die stille Gesellschaft keine Rechtspersönlichkeit und kann auch nicht in das Handelsregister eingetragen werden (Art. 285 Abs. 2 Satz 1 N. 4072/2012). Sie hat kein Vermögen und keine Firma. Sie ist weder partei- noch insolvenzrechtsfähig. Der stille Gesellschafter erfüllt seine Beitragspflicht gegenüber dem Geschäftsinhaber, indem er einen Vermögensgegenstand ganz oder teilweise in das Vermögen des Geschäftsinhabers überträgt oder diesem die Nutzung daran überlässt (Art. 286 N. 4072/2012). Der Geschäftsinhaber führt die Geschäfte der Gesellschaft im eigenen Namen (Art. 288 N. 4072/2012), sofern im Innenverhältnis nicht etwas anderes (atypische stille Gesellschaft) vereinbart wird. Der stille Gesellschafter besitzt selbst bei außergewöhnlichen Geschäften kein Widerspruchsrecht. Beide Parteien unterliegen einer Treupflicht und einem Wettbewerbsverbot (Art. 747 grZGB). Sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, erfolgt die Verteilung von Gewinn und Verlust unabhängig von den Beitragsleistungen nach Köpfen (Art. 289 Abs. 1 N. 4072/2012). Zur Verteilung ist der Geschäftsinhaber am Schluss jedes Geschäftsjahrs oder zum vereinbarten Zeitpunkt oder nach Abschluss der Liquidation verpflichtet bzw. berechtigt (Art. 289 Abs. 3 N. 4072/2012). Der stille Gesellschafter ist nicht verpflichtet, wegen späterer Verluste den bezogenen Gewinn zurückzuzahlen (Art. 289 Abs. 4 N. 4072/2012). Die Parteien können die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters auf seine Einlage beschränken (Art. 289 Abs. 2 Satz 2 N. 4072/ 2012). Der stille Gesellschafter besitzt ein § 716 dtBGB entsprechendes Informationsund Kontrollrecht bezüglich der Handelsgeschäfte bzw. des Unternehmens, welche den Gegenstand der stillen Gesellschaft bilden (Art. 755 grZGB). Das Kontrollrecht betrifft nur die Bücher und die Urkunden mit Bezug zu den betreffenden Handelsgeschäften bzw. Unternehmen (Art. 290 N. 4072/2012).
3.81 Im Außenverhältnis wird in jedem Fall nur der Geschäftsinhaber aus den abgeschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet (Art. 287 N. 4072/2012). Er handelt im eigenen Namen, vertritt den stillen Gesellschafter nicht und haftet mit seinem ganzen Vermögen. Den oder die stillen Gesellschafter trifft hingegen keine Haftung für die durch den Geschäftsinhaber zum Zwecke der Gesellschaft eigegangenen Geschäfte.
3.82 Die Übertragung der Gesellschafterstellung setzt grundsätzlich die Zustimmung der anderen Partei voraus (Art. 256 N. 4072/2012). Für die Auflösungsgründe verweist das Gesetz auf das Recht der BGB-Gesellschaft (Art. 760 grZGB), wonach der Tod (Art. 773 grZGB), die Kündigung oder die Insolvenz eines Gesellschafters zur Auflösung der Gesellschaft führen. Die sich anschließende Liquidation besteht lediglich in der Auszahlung des Wertes der Einlage an den stillen Gesellschafter (Art. 291 N. 4072/2012). Schließlich werden die Insolvenz des Geschäftsinhabers und die Stellung des stillen Gesellschafters in der Insolvenz geregelt (Art. 292 N. 4072/2012). Im Falle eines über das Vermögen des Geschäftsinhabers eröffneten Insolvenzverfahrens kann der stille Gesellschafter seine Forderung für die entrichtete Einlage und den 50
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Rest seines Gewinnanteils aus der Geschäftsführung der stillen Gesellschaft als Insolvenzgläubiger anmelden (Art. 292 Abs. 1 N. 4072/2012). Hat der stille Gesellschafter seine Einlage nicht vollständig geleistet, muss er den ausstehenden Betrag an die Insolvenzmasse bis zu dem Betrag entrichten, welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist (Art. 292 Abs. 2 Satz 2 N. 4072/2012). Falls die Einlage in einer Arbeitsleistung oder in der Einräumung von Nutzungsmöglichkeiten besteht, ist dies nicht erforderlich (Art. 292 Abs. 2 Satz 2 N. 4072/2012). 11. Anglo-amerikanischer Rechtskreis Schrifttum: Bennett, James M., Die US-Limited Partnership, RIW 1992, 276; Blaurock, Uwe, Die Limited & Still – Bemerkungen zur Stillen Gesellschaft im deutschen Kollisionsrecht, in Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 821; Davies, Paul/Worthington, Sarah, Gower & Davies, Principles of Modern Company Law, 9. Aufl. 2012; Dignam, Alan/Lowry, John, Company Law, 7. Aufl. 2012; Güthoff, Julia, Gesellschaftsrecht in Großbritannien – Eine Einführung mit vergleichenden Tabellen, 3. Aufl. 2004; Jura Europae, Das Recht der Länder der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft – Gesellschaftsrecht, Loseblatt, Bd. IV, Vereinigtes Königreich 90.4060; Banks, Roderick I’Anson, Lindley & Banks on Partnership, 19. Aufl. 2013; Triebel, Volker/Illmer, Martin/Ringe, Wolf-Georg/Vogenauer, Stefan/Ziegler, Katja, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2012; Ullmann-Czubak, Hertha, „Association“ oder „Partnership“? – Steuerliche Qualifikation einer deutschen GmbH & Still in den USA, RIW 1980, 634; Walter, Otto L./Conston, Henry S., Steuerliche Entwicklungen in den USA, StuW 1981, 388; Weisser, Peter, A Comparison of the Société simple with the English partnership and unincorporated association, Diss. Bern 1958.
Im anglo-amerikanischen Recht gibt es eine stille Gesellschaft als bloße Innengesellschaft nicht1. Gesellschafter, die nach außen nicht in Erscheinung treten (sleeping partner), haften gleichwohl für Gesellschaftsschulden solidarisch2. Lediglich in der Form der Kommanditgesellschaft (limited partnership) kann eine Beschränkung der Haftung herbeigeführt werden.
3.83
12. Japan Schrifttum: Baum, Harald (Hrsg.), Japanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 1994; Baum, Harald/Takahashi, Eiji, Commercial and Corporate Law in Japan: Legal and Economic Developments after 1868, in Röhl, Wilhelm (Hrsg.), History of Law in Japan since 1868, 2005, S. 330 ff.; Dernauer, Marc, Die japanische Gesellschaftsrechtsreform 2005/2006, ZJapanR 2005, No. 20, 123; Ishikawa, Akira/Leetsch, Ingo, Das japanische Handelsrecht in deutscher Übersetzung, 1988; Rehme, Das japanische Handelsrecht, ZHR 51 (1901), 1 und ZHR 54 (1904), 347; Thoens, Nikolaus M., Die steuerrechtliche Gestaltung von Unternehmenskäufen in Japan aus Sicht deutscher Investoren, IStR 1999, 161; Witty, Thomas, Das neue Gesellschaftsrecht in Japan, ZJapanR 2007, No. 23, 185; Yoost/Mc Ginnis, International Tax Review 1996, 15.
Das überwiegend um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geschaffene japanische Gesellschaftsrecht3 orientierte sich sehr stark am deutschen Recht4. Diesen Einfluss verdankt es dem deutschen Juristen Carl Friedrich Hermann Roesler (1834–1894), der 1 Lipp, Die stille Gesellschaft im nationalen und internationalen Kontext, S. 165. 2 Banks, Lindley & Banks on Partnership, Rz. 5– 30; Blaurock in FS Westermann, S. 821 (825 ff.). 3 Ergänzende Hinweise zum japanischen Recht verdanke ich Herrn Prof. Dr. Eiji Takahashi, Städtische Universität Osaka. 4 Rehme, ZHR 51 (1901), 1 (4).
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3.84
§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
von der japanischen Regierung mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für das japanische Handelsgesetz beauftragt wurde, das nach längeren Diskussionen am 1.7.1898 als Ganzes in Kraft trat1. Dies erklärt auch das Vorhandensein der international relativ seltenen Rechtsform der stillen Gesellschaft (tokumei kumiai) im japanischen Handelsrecht2.
3.85 Das japanische Gesellschaftsrecht unterscheidet sich mittlerweile jedoch erheblich von dem deutschen Recht und wurde in einer großen Reform, die in dem Gesellschaftsgesetz (kaisha hô, in Kraft seit dem 1.5.2006) kulminierte, modernisiert. Das Gesellschaftsgesetz sieht vier Typen von Handelsgesellschaften vor: Die offene Handelsgesellschaft (gômei kaisha), die Kommanditgesellschaft (gôshi kaisha) und die neue Hybridgesellschaft (godo kaisha, auch LLC genannt) sowie die Aktiengesellschaft (kabushiki kaisha). Die frühere Gesellschaft mit beschränkter Haftung (yûgen kaisha) wurde abgeschafft und existiert allenfalls noch übergangsweise als eine Sonderform von AG. Neben dem Gesellschaftsgesetz bestehen das Zivilgesetzbuch und das Handelsgesetz jedoch weiterhin fort, so dass in Bezug auf die stille Gesellschaft keine grundlegenden Änderungen erfolgten3.
3.86 Die tokumei kumiai gehört auch nach dem japanischen Handelsgesetz (jHGB) nicht zu den Handelsgesellschaften im technischen Sinne; sie ist nicht einmal im Anschluss an diese, vielmehr im dritten Buch unter den Handelsgeschäften geregelt. Wie bei der stillen Gesellschaft erbringt bei der tokumei kumiai der Einlegende aufgrund der vertraglichen Verpflichtung seine Einlage dergestalt, dass diese unmittelbar in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht (Art. 536 Abs. 1 jHGB). Dieser führt das Handelsgeschäft unverändert im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fort. Der Einleger erhält einen bestimmten Anteil am Gewinn oder Verlust für einen bestimmten Zeitraum auf seine Einlage.
3.87 Aus den von dem Inhaber geschlossenen Geschäften erwirbt der stille Gesellschafter Dritten gegenüber keine Rechte und übernimmt ihnen gegenüber keine Pflichten (Art. 536 Abs. 4 jHGB). Von dem Grundsatz, dass der stille Gesellschafter zu Dritten in keine Beziehungen tritt, ihnen insbesondere in keiner Weise haftet, macht das jHGB in Anlehnung an Art. 299 ADHGB (1861) unter dem Gesichtspunkt der Rechtsscheinhaftung eine Ausnahme: Wenn der Name des stillen Gesellschafters in der Firma des Geschäftsinhabers enthalten ist, haftet jener mit diesem persönlich und solidarisch. In Art. 537 jHGB heißt es sinngemäß: Hat der stille Gesellschafter dem Gebrauch seines Familiennamens oder seines Familien- oder Vornamens in der Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts oder der Verwendung seiner Firma als Firma des Inhabers des Handelsgeschäfts zugestimmt, so haftet er neben dem Inhaber gesamtschuldnerisch für alle aufgrund des Gebrauchs der Firma entstehenden Verbindlichkeiten.
3.88 Steuerrechtlich kann der Geschäftsinhaber den dem Einleger zugewiesenen Gewinnanteil voll abziehen bzw. muss einen Verlustanteil versteuern. Der Einleger erzielt 1 Baum/Takahashi in Röhl (Hrsg.), History of Law in Japan since 1868, S. 354. 2 Art. 535 bis 542 Handelsgesetz; vgl. hierzu Yoost/Mc Ginnis, International Tax Review 1996, 15. 3 Zu den Neuerungen der Gesellschaftsrechtsreform in Japan Dernauer, ZJapanR 2005, No. 20, 123; Witty, ZJapanR 2007, No. 23, 185.
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§ 3 Wurzeln und Stellung im auslndischen Recht
steuerlich Einkünfte aus einer besonderen Form von Kapitalvermögen, die er gegenüber dem japanischen Fiskus zu erklären hat. Sofern der Einleger nicht über eine Betriebsstätte in Japan verfügt, sind die Einkünfte aus einer tokumei kumiai von entscheidendem Vorteil. Dann nämlich unterliegen sie entweder lediglich der nationalen Körperschaftsteuer, nicht aber präfekturaler und lokaler Körperschaftsteuer sowie Unternehmensteuer, oder aber überhaupt keiner japanischen Besteuerung1. Die potentiellen Vorteile einer Besteuerung der Einkünfte aus einer tokumei kumiai sind allerdings für deutsche Investoren nicht direkt zu erlangen. Da die stille Gesellschaft sowohl der japanischen als auch der deutschen Jurisdiktion bekannt war, wurden bei Abschluss des DBA in Art. 10 Abs. 5 Halbs. 2 auch die Einkünfte des stillen Gesellschafters ausdrücklich unter den Dividendenbegriff subsumiert. Daher scheidet ein Abzug der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters beim japanischen Geschäftsinhaber aus. Auch wird in Japan eine zusätzliche Quellensteuer von 10–15 % erhoben. Um dieser Quellensteuer zu entgehen, müssten deutsche Investoren auf Gesellschaften beispielsweise aus den Niederlanden oder der Schweiz zurückgreifen, womit die Einkünfte aus einer tokumei kumiai unter die sonstigen Einkünfte subsumiert und von der japanischen Besteuerung freigestellt werden würden2.
3.89
Zuletzt hat die tokumei kumiai als Alternative zur Beteiligung an einem joint venture und im Zusammenhang mit Unternehmenskäufen an Bedeutung gewonnen.
3.90
III. Zusammenfassung Die geschichtlichen Wurzeln der heutigen stillen Gesellschaft reichen bis in das Mittelalter zurück (Rz. 3.1 ff.). Ihre Vorzüge lagen damals wie heute darin, dass sie als solche nach außen nicht in Erscheinung tritt und dass der stille Gesellschafter für die im Handelsgewerbe des Inhabers begründeten Verbindlichkeiten nicht haftet. Insofern findet sich die stille Gesellschaft als Innengesellschaft in praktisch allen kontinentaleuropäischen Rechten und den von diesen beeinflussten Rechtsordnungen (Rz. 3.8 ff.). Sie hat dabei aber nicht immer wie in den §§ 230 ff. dtHGB eine positivrechtliche Sonderregelung erfahren. Die Nähe der zumeist als Sonderform der einfachen bzw. bürgerlichrechtlichen Gesellschaft behandelten stillen Gesellschaft zum partiarischen Darlehen einerseits und zur Kommanditgesellschaft andererseits sowie ihre ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen sorgen dann nicht nur für Probleme und Unsicherheiten in der systematischen Einordnung und der Rechtsanwendung, sondern auch für sehr vielfältige Lösungen in den einzelnen Rechtsordnungen.
1 Thoens, IStR 1999, 161 (167). 2 Vgl. Art. 11, 22 DBA Japan-Schweiz; Art. 11, 23 DBA Niederlande-Japan.
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3.91
I. Teil: Die stille Gesellschaft im Zivil- und Handelsrecht § 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft Schrifttum: Aulinger, Leonhard, Die atypische stille Gesellschaft, 1955; Beuthien, Volker, Ist die Innengesellschaft nicht rechtsfähig?, NZG 2011, 161; Blaurock, Uwe, Einfluss im Unternehmen und die gesellschaftsrechtliche Haftungsstruktur, in Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag, 1985, S. 553; Düringer, Adelbert/Hachenburg, Max/Flechtheim, Julius, Das Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (unter Ausschluss des Seerechts) auf der Grundlage des bürgerlichen Gesetzbuches, 3. Aufl. 1930 bis 1932; Enneccerus, Ludwig/Lehmann, Heinrich, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl. 1958; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für Heinrich Lehmann, 1937, S. 239; Janzen, Harald, Die Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, Marburg 1979; Knoche, Martin, Selbständige Bilanzierung bei atypischer stiller Beteiligung am Betrieb einer Kapitalgesellschaft, BB 1972, 656; Kühnle, Horst, Stille Gesellschaft und partiarisches Darlehen, Köln 1967; Post, Manfried/Hoffmann, Günther F., Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, 3. Aufl. 1997; Rasner, Henning, Die atypische stille Gesellschaft, 1961; Schneider, Uwe H., Sonderrecht für Publikumspersonengesellschaften, ZHR 142 (1978), 228; Siebert, Wolfgang, Zur atypischen stillen Gesellschaft, NJW 1953, 806; Siebert, Wolfgang, Die faktische Innengesellschaft, BB 1958, 1065; Sudhoff, Heinrich, Die GmbH & Co. StG, DB 1969, 2069; Werner, Horst S., Die stille Unternehmensbeteiligung, 1990; Wiedemann, Herbert, Stille Publikumsgesellschaften, WM 2014, 1985.
I. Der Begriff der stillen Gesellschaft Das HGB enthält im Gegensatz zum ADHGB keine gesetzliche Definition des Begriffs der stillen Gesellschaft1. Es umschreibt aber in § 230 HGB ihr Wesen dahin: „Wer sich als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, mit einer Vermögenseinlage beteiligt, hat die Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht. Der Inhaber wird aus den in dem Betriebe geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet.“ Ergänzend fügt § 231 Abs. 2 HGB hinzu: „Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verluste beteiligt sein soll; seine Beteiligung am Gewinne kann nicht ausgeschlossen werden.“ Allein der Gebrauch des Begriffs „stille Gesellschaft“ besagt nicht, dass hinsichtlich der rechtlich zutreffenden Qualifizierung tatsächlich ein stilles Gesellschaftsverhältnis vorliegt2.
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 2 definiert die stille Gesellschaft folgendermaßen: „Ist aufgrund des zwischen einem Unternehmensträger … und einem anderen (stillen Gesellschafter) zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden, kraft dessen der stille Gesellschafter ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage am Unternehmen … beteiligt ist und eine Gewinnbeteiligung erhält, so liegt eine stille Gesellschaft vor.“ 2 FG Rh.-Pf. v. 11.8.1997 – 5 K 2052/96, EFG 1997, 1384.
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4.1
§ 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
4.2 Ob mit den genannten Vorschriften das Gesetz die Entstehungsvoraussetzungen der stillen Gesellschaft regelt, ihre unerlässlichen und insoweit zwingenden Merkmale sowie eine Umschreibung ihres rechtlichen Wesens und damit bindend ihren Wirkungsbereich festlegt, ist umstritten. Ob und inwieweit Gebilde, die von den in den §§ 230 und 231 Abs. 2 HGB festgelegten Merkmalen abweichen, nach dem Recht der stillen Gesellschaft oder nach anderen Vorschriften zu beurteilen sind, wird an anderer Stelle erörtert (Rz. 8.1 ff.).
4.3 Die stille Gesellschaft ist eine echte Gesellschaft i.S. des § 705 BGB1, bei der der stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers mit einer in dessen Vermögen befindlichen Einlage beteiligt ist und dafür am Gewinn – nicht notwendig auch am Verlust – teilnimmt. Daraus ergibt sich, dass die stille Gesellschaft – anders als die OHG oder KG – kein von dem Privatvermögen der Gesellschafter abgesondertes, gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen hat. Der stille Gesellschafter ist, wenn nichts anderes vereinbart ist, an den Anlagewerten und ihren Wertsteigerungen, an den Rücklagen, an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert und damit an der Entwicklung des Unternehmens, das rechtlich allein dem Inhaber zugeordnet ist, nicht beteiligt2. Er hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf den vertraglich vereinbarten anteiligen Gewinn. Kaufmannseigenschaft kommt dem stillen Gesellschafter allein aufgrund seiner stillen Beteiligung nicht zu.
4.4 Da es an einer gemeinsamen Firma und an einem Gesellschaftsvermögen fehlt, erzeugt die Errichtung einer stillen Gesellschaft nach außen keine Rechtswirkungen. Der Inhaber wird aus den in dem Unternehmen geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Damit wird die stille Gesellschaft vom Gesetzgeber als ein auf das Verhältnis der Beteiligten untereinander beschränktes Gesellschaftsverhältnis charakterisiert. Als reine Innengesellschaft enthält sie eine gesellschaftliche Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen mit notwendigem Anteil am Gewinn und einer Einlage im Vermögen des Geschäftsinhabers.
4.5 Aus dieser Umschreibung ergeben sich die typischen Merkmale, durch die sich die stille Gesellschaft von allen anderen Gesellschaftsformen und ähnlichen Rechtsverhältnissen des geltenden Rechts unterscheidet. Da sie auf den engen persönlichen Beziehungen der Gesellschafter untereinander beruht, ist sie zugleich als Personengesellschaft zu charakterisieren.
II. Das Wesen der stillen Gesellschaft 1. Die stille Gesellschaft als echte Gesellschaft
4.6 Durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks, zu dessen Erreichung jeder Teil einen Beitrag leisten muss. Der stille Gesellschafter leistet seinen Beitrag dadurch, dass er dem Unternehmen des Inhabers Kapital, andere Vermögenswerte oder seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Der Inhaber des Handelsgewerbes verpflichtet sich dagegen, sein Unternehmen nach besten Kräften auf gemeinschaftliche Rechnung, aber nach wie 1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 4. 2 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 4 a), S. 881.
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§ 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
vor unter seiner alleinigen Verantwortung zu führen. Diesem Verhältnis entspricht es, wenn dem stillen Gesellschafter Informations- und Kontrollrechte sowie der seiner Kapitalbeteiligung entsprechende angemessene Anteil am Erfolg zustehen (§§ 230 Abs. 1, 233 HGB). Der gemeinsame Zweck ist, wenn auch auf das Innenverhältnis beschränkt, auf den Abschluss von Handelsgeschäften auf gemeinschaftliche Rechnung gerichtet. Dadurch wird die stille Gesellschaft zu einer echten Gesellschaft, auch wenn kein Gesellschaftsvermögen vorhanden ist1. Das Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens gehört nach h.L.2 nicht zu den Wesensmerkmalen einer Gesellschaft. Bei der stillen Gesellschaft darf gar kein Gesellschaftsvermögen gebildet werden3.
4.7
Die Bestimmung des § 718 BGB, nach der die Beiträge der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter werden, ist auf die stille Gesellschaft, für die gerade das Fehlen eines gemeinschaftlichen Vermögens typisch ist, nicht anwendbar.
4.8
Die Frage der Vermögensgemeinschaft ist gegenüber der gemeinschafts- und rechtsbildenden Kraft der gemeinsamen Tätigkeit von nachgeordneter Bedeutung4. Die wichtigste und zugleich unabdingbare Voraussetzung einer stillen Gesellschaft ist die gegenseitige Verpflichtung der Beteiligten zur Förderung des gemeinsamen Zwecks, der auf die Erzielung von Gewinn im Rahmen des auf gemeinschaftliche Rechnung betriebenen Handelsgewerbes des Inhabers gerichtet ist. Der Zweck muss beiden Gesellschaftern gemeinsam sein – es dürfen nicht lediglich die Interessen des einen durch den anderen gefördert werden. Das wäre der Fall, wenn der eine nur am Verlust, nicht auch am Gewinn des anderen beteiligt wäre. In solchen Fällen liegt möglicherweise ein Garantieversprechen oder eine vertragliche Risikoübernahme vor, aber keine Gesellschaft. Dass es sich bei der stillen Gesellschaft um ein Gemeinschaftsverhältnis und nicht nur um ein bloßes schuldrechtliches Kreditverhältnis (Darlehen) handelt, zeigt sich darin, dass selbst beim Fehlen jeder anderen Gemeinschaftsorganisation zumindest gewisse gesellschaftsrechtliche Kontroll- und Informationsrechte des stillen Gesellschafters gegeben sind (§ 233 HGB). Aber auch sein Recht auf Beteiligung am Geschäftsgewinn (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB), das durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden kann, seine etwaige Verlustbeteiligung und sein Recht zur Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB) sind als sozialrechtliche Elemente zu nennen.
4.9
1 RG v. 30.9.1911 – V 591/10, RGZ 77, 223; RG v. 25.10.1912 – II 326/12, RGZ 80, 268; RG v. 10.10.1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (21). 2 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 15; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 729; Sprau in Palandt, § 705 BGB Rz. 33; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 3; Siebert, BB 1958, 1065 (1068); Habermeier in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 705 BGB Rz. 12 und 59 f. 3 OLG Hamm v. 10.1.1994 – 8 U 106/93, NJW-RR 1994, 1382; BGH v. 25.4.2006 – 1 StR 519/05, NJW 2006, 1984 (1985); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 9; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 4, S. 876; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 16. 4 Siebert, BB 1958, 1066 (1068).
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§ 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
2. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft
4.10 Das kennzeichnende Merkmal für eine Innengesellschaft besteht darin, dass die Gesellschaft nach außen hin nicht auftritt, dass also eine direkte Vertretung der Gesellschaft durch die Gesellschafter fehlt. Die Geschäfte der Innengesellschaft werden durch den Geschäftsinhaber im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis für Rechnung der Gesellschaft geführt, so dass die Beteiligung der Gesellschafter nach außen nicht erkennbar wird1. Auch aus der Erteilung einer Vollmacht an den stillen Gesellschafter kann nichts für das Bestehen einer Außengesellschaft hergeleitet werden2.
4.11 Während für die Handelsgesellschaften charakteristisch ist, dass sie sich als solche, d.h. unter ihrer Gesellschaftsfirma, am Rechtsverkehr beteiligen, besteht das Wesen der stillen Gesellschaft darin, dass sie ihr Dasein nach außen nicht zu erkennen gibt oder zumindest nicht zu erkennen zu geben braucht. Sie tritt nicht unter einer Gesellschaftsfirma auf. Sie hat, da die Einlage des stillen Gesellschafters notwendig in das Vermögen des Inhabers übergehen muss, kein ihr als solcher zustehendes Gesellschaftsvermögen. Es gibt keine Gesellschaftsforderungen und keine Gesellschaftsverbindlichkeiten. Aus den im Rahmen des Handelsgeschäfts abgeschlossenen Geschäften wird allein der Inhaber des Handelsgewerbes, das dieser unter seiner eigenen Firma betreibt, berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Ihm allein ist das Geschäftsvermögen zugeordnet; er allein haftet für die Geschäftsschulden mit seinem gesamten Vermögen. Eine Haftung des stillen Gesellschafters gegenüber den Geschäftsgläubigern ist ausgeschlossen, auch wenn er seine Einlage noch nicht geleistet hat. Hier liegt ein wichtiger Unterschied zum Kommanditisten, der den Gesellschaftsgläubigern unmittelbar bis zur Höhe der rückständigen Einlage haftet (§ 171 Abs. 1 HGB).
4.12 Die stille Gesellschaft besitzt keine Rechtsfähigkeit; sie hat als solche keine eigenen Rechte und Pflichten3. Sie kann nicht Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben; sie kann nicht vor Gericht klagen und verklagt werden4. Ihr kommt weder aktive noch passive Parteifähigkeit i.S. des § 50 ZPO zu; auch ist sie weder insolvenzfähig noch zivilrechtlich deliktsfähig. Sie ist, weil sie sich nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma am Wirtschaftsleben beteiligt, keine Handelsgesellschaft. Der Gesetzgeber bringt das in der Überschrift des zweiten Buches des HGB zum Ausdruck, indem er es „Handelsgesellschaften und die stille Gesellschaft“ nennt. Es kommt ihr als solche keine Kaufmannseigenschaft zu. Kaufmann ist nur der Inhaber des Handelsgeschäfts. Nur auf ihn sind die Vorschriften des HGB über die
1 BGH v. 24.2.1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308 (314); OLG Frankfurt a.M. v. 3.10.1969 – 10 U 253/68, BB 1969, 1411; BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101. 2 BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476. Zur Abgrenzung der Rechtsbegriffe „Außengesellschaft“ und „Innengesellschaft“ und zur Haftung kraft Rechtscheins vgl. BGH v. 23.6.1960 – II ZR 172/59, DB 1960, 912. Ob eine Außen- oder Innengesellschaft vorliegt, beurteilt sich in erster Linie nach dem erklärten Willen der Gesellschafter; nach dem objektiven Sachverhalt nur dann, wenn er sich als Auswirkung einer gesellschaftsvertraglichen Regelung darstellt, BGH v. 11.10.1965 – II ZR 45/63, DNotZ 1966, 502. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 7 f.; Beuthien, NZG 2011, 161 (165). 4 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 3, S. 879.
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kaufmännische Firma, über die Führung von Handelsbüchern und alle anderen auf Kaufleute bezogenen Vorschriften anwendbar. So betrachtet, erschöpft sich die stille Gesellschaft als Innengesellschaft hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen in den durch den Gesellschaftsvertrag festgelegten rein schuldrechtlichen Beziehungen zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und seinem stillen Teilhaber. Es fehlt an der Publizität. Das Gesellschaftsverhältnis erzeugt keine Wirkungen gegenüber dritten Personen; weder eine Haftung des stillen Gesellschafters für die Schulden des Inhabers noch seine dingliche Mitberechtigung an der Substanz des Handelsgewerbes. Der Zweck der stillen Gesellschaft ist lediglich darauf gerichtet, die von dem Inhaber des Handelsgeschäfts allein und im eigenen Namen abgeschlossenen Geschäfte im Verhältnis der Gesellschafter untereinander auf gemeinschaftliche Rechnung zu führen.
4.13
Auch wenn die stille Gesellschaft kein Gesellschaftsvermögen besitzt, an dem die Gesellschafter zur gesamten Hand beteiligt sind, kann im Rahmen einer atypischen Ausgestaltung der stillen Gesellschaft der stille Teilhaber insbesondere bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses wirtschaftlich so gestellt werden, als ob er an dem Geschäftsvermögen beteiligt wäre. Eine solche Vereinbarung hat rein schuldrechtlichen Charakter. Sie erzeugt keine dingliche Mitberechtigung. So steht rechtlich das Geschäftsvermögen auch bei einer atypischen stillen Gesellschaft dem Inhaber des Handelsgewerbes zu, der allein verfügungsberechtigt bleibt. Die Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern hat aber bei vertraglich vereinbarter Substanzbeteiligung so zu erfolgen, als ob das Geschäftsvermögen gemeinschaftliches Vermögen beider Gesellschafter wäre. Insoweit hat der Geschäftsinhaber hinsichtlich des wirtschaftlich dem stillen Gesellschafter zustehenden Anteils am Gesellschaftsvermögen die Stellung eines Treuhänders1.
4.14
Dritten Personen, insbesondere den Gläubigern gegenüber ist eine solche Absprache ohne rechtliche Wirkung. Die Privatgläubiger des stillen Gesellschafters können deshalb seinen „Anteil“ am Geschäftsvermögen, der in Wirklichkeit nicht vorhanden ist, nicht wie bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§ 725 BGB) pfänden. Sie können nur seinen Anspruch auf das pfänden, was er von dem Geschäftsinhaber als „Auseinandersetzungsguthaben“ zu fordern hat (§ 234 i.V.m. § 135 HGB). Hat der Gläubiger die Pfändung des Anspruchs des stillen Gesellschafters auf das, was diesem bei der Auseinandersetzung zukommt, erwirkt, so kann er die Gesellschaft sechs Monate vor dem Ende des Geschäftsjahrs für diesen Zeitpunkt kündigen (Rz. 15.39). Eine wirtschaftliche Vermögensbeteiligung wird häufig vereinbart, wenn der stille Gesellschafter der eigentliche Kapitalgeber und im Innenverhältnis „die Seele des Unternehmens“ ist oder wenn ein Treuhandverhältnis vorliegt.
4.15
Unter der Voraussetzung, dass Ehegatten einen Gesellschaftszweck i.S. des § 705 BGB verfolgen, hat die Rechtsprechung auch eine Ehegatten-Innengesellschaft anerkannt. Hinsichtlich des gemeinsamen Gesellschaftszwecks genügt es jedoch nicht, wenn die Ehegatten den gesetzlichen Zweck der ehelichen Lebensgemeinschaft i.S. des § 1353 BGB verwirklichen oder lediglich ihren Pflichten gemäß § 1360 BGB nachkommen. Voraussetzung für die Anerkennung einer Ehegatten-Innengesellschaft ist vielmehr,
4.16
1 OLG Frankfurt a.M. v. 3.10.1969 – 10 U 253/68, BB 1969, 1411; Enneccerus/Lehmann, Recht der Schuldverhältnisse, S. 729.
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dass die Partner über die Familiengemeinschaft und über den Rahmen des § 1360 BGB hinaus eine besondere Bindung gesellschaftsrechtlicher Art zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks eingehen1. 3. Die stille Gesellschaft als Personengesellschaft
4.17 Die stille Gesellschaft unterscheidet sich von den Handelsgesellschaften nicht durch ihren wirtschaftlichen Zweck, sondern durch ihre rechtstechnische Ausgestaltung als Innengesellschaft. Das hindert aber nicht, sie den Personengesellschaften zuzurechnen, da sie deren Wesen teilt2. Sie steht damit im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften, bei denen die Personen der Gesellschafter gegenüber ihrer kapitalmäßigen Beteiligung zurücktreten.
4.18 Wenn in den vorhergehenden Abschnitten betont wurde, das Verhältnis der Beteiligten zueinander erschöpfe sich in rein schuldrechtlichen Beziehungen nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags, so könnte dies den Anschein erwecken, als handele es sich bei der stillen Gesellschaft lediglich um ein Verhältnis gegenseitiger Verpflichtungen, d.h. um ein Schuldverhältnis i.S. eines gegenseitigen Vertrags. Das trifft nicht zu. Dass sich die Gesellschafter – wenn auch nur im Innenverhältnis – zur Erreichung eines gemeinschaftlichen Zwecks verpflichten, bedeutet mehr als nur die Begründung wechselseitiger Leistungspflichten. Es bedeutet, dass gewisse Angelegenheiten, die sich aus der Verfolgung des gemeinsamen Zwecks ergeben, fortan nicht nur Angelegenheiten jedes einzelnen Gesellschafters, sondern gemeinsame Angelegenheiten beider Vertragspartner sind. Sie fallen nicht mehr in die Einzelsphäre der Gesellschafter, sondern in ihre gemeinschaftliche, d.h. gesellschaftliche Sphäre.
4.19 Grundlage der stillen Gesellschaft ist der Gesellschaftsvertrag, der die gemeinsamen Angelegenheiten der Beteiligten regelt und bestimmt, von wem und wie diese Angelegenheiten wahrgenommen werden sollen und in welcher Weise der Einzelne daran beteiligt ist. Das Gesetz selbst enthält neben den zwingenden Merkmalen der stillen Gesellschaft auch dispositive Vorschriften über die Geschäftsführung, über das Handeln nach außen (§ 230 Abs. 2 HGB), über die Teilnahme des stillen Gesellschafters an Gewinn und Verlust (§§ 231, 232 HGB), über sein Kündigungsrecht (§ 234 HGB), über die von ihm anzuwendende Sorgfaltspflicht (§ 708 BGB) und über sein Recht zur Einsichtnahme in die Geschäftsbücher und zur Nachprüfung der Gewinnabrechnung (§ 233 HGB). Alle diese Vorschriften – mögen sie im Einzelnen auch abdingbar sein – spiegeln in ihrer Gesamtheit das Wesen der Gesellschafterstellung des stillen Gesellschafters wider. Sie lassen erkennen, dass die stille Gesellschaft nicht nur ein Schuldverhältnis ist, sondern zugleich eine sozialrechtlich verbundene Personengemeinschaft darstellt, die als solche im Innenverhältnis eines Mindestmaßes an Organisation bedarf und als organisierte Gesamtheit von ihren einzelnen Mitgliedern zu unterscheiden ist. Unter diesem Blickpunkt betrachtet, muss die stille Gesellschaft in das Recht der Gemeinschaften und Verbände eingeordnet werden. Sie unterscheidet sich von ihnen durch das 1 BGH v. 20.12.1952 – II ZR 44/52, BGHZ 8, 249; BGH v. 28.10.1959 – IV ZR 91/59, BGHZ 31, 197; BGH v. 22.2.1967 – IV ZR 331/65, BGHZ 47, 157, (162); OLG Karlsruhe v. 19.1.2009 – 1 U 175-08, RNotZ 2009, 335; BGH v. 9.10.1974 – IV ZR 164/73, NJW 1974, 2278; BGH v. 30.6.1999 – XII ZR 230/96, BGHZ 142, 137; BGH v. 28.9.2005 – XII ZR 189/02, DNotZ 2006, 531 (532); BGH v. 19.9.2012 – XII ZR 136/10, NZFam 2014, 327 (327). 2 So auch Bezzenberger/Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 72 Rz. 17.
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Fehlen eigener Rechtsfähigkeit, einer körperschaftlichen Verfassung sowie eines Gesellschaftsvermögens. Die stille Gesellschaft verfügt nicht über ein Gesellschaftsvermögen i.S. des nominell festgelegten Grund- oder Stammkapitals einer Kapitalgesellschaft oder des Gesellschaftsvermögens einer handelsrechtlichen Personengesellschaft. Es gibt nur ein Geschäftsvermögen, das rechtlich dem Inhaber zugeordnet ist und das die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters umfasst. Diese Einlage führt zu keiner Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen mit dinglicher Wirkung; sie stellt – wirtschaftlich gesehen – nur einen „Betriebsvorschuss“ dar, den der stille Gesellschafter für die Dauer der Gesellschaft dem Inhaber treuhänderisch zur Verfügung stellt, um ihn im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses von diesem in Höhe des tatsächlich geleisteten Betrags zurückzuerhalten, falls er nicht am Verlust beteiligt ist (§ 235 Abs. 1 HGB).
4.20
Wenn sich auch im Regelfall der Beitrag des stillen Gesellschafters in der Leistung der vereinbarten Einlage erschöpft, besteht doch aufgrund des gemeinschaftlichen Zwecks eine mehr oder weniger stark ausgeprägte persönliche Verbundenheit der Beteiligten. Das zeigt sich nicht nur darin, dass sie verpflichtet sind, den gemeinsamen Zweck zu fördern und alles zu unterlassen, was geeignet ist, diesen Zweck zu vereiteln oder zu beeinträchtigen, sondern vor allem darin, dass die Ansprüche der Gesellschafter wie bei jeder echten Gesellschaft grundsätzlich nicht übertragbar sind, ausgenommen die Ansprüche auf den Gewinnanteil und auf das, was dem stillen Gesellschafter bei der Auflösung der Gesellschaft zusteht (§ 717 BGB; Rz. 10.29 ff.). Die Unübertragbarkeit gilt insbesondere für die Beteiligung als solche. Dadurch unterscheidet sie sich vom partiarischen Darlehen, das beliebig übertragbar ist. Auch wenn die Beteiligung des stillen Gesellschafters auf die Leistung der vertraglich übernommenen Vermögenseinlage beschränkt ist und ihm nach dem Gesellschaftsvertrag Mitwirkungsrechte aller Art bei der Führung der Geschäfte versagt sind, ändert das nichts an der Tatsache, dass die stille Gesellschaft im Innenverhältnis von der gesellschaftlichen Verbundenheit der Beteiligten beherrscht wird. Der stille Gesellschafter hat gesellschaftsrechtliche Befugnisse, die ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers nicht auf einen anderen übertragen werden können.
4.21
Auf der anderen Seite kann aber auch der Inhaber des Handelsgeschäfts im Zusammenhang mit der Veräußerung des Unternehmens die Beteiligung des stillen Gesellschafters nicht ohne dessen Zustimmung so übertragen, dass dieser künftig am Handelsgewerbe des Erwerbers still beteiligt ist. Die stille Beteiligung beruht nicht nur auf dem Vertrauen zu einem bestimmten Unternehmen, sondern vor allem auf dem Vertrauen des stillen Gesellschafters zu der persönlichen Leistungsfähigkeit dieses Unternehmers. Aus diesem Grund braucht sich der stille Gesellschafter gegen seinen Willen keinen anderen Gesellschafter aufdrängen zu lassen, zu dem er nicht das gleiche Vertrauen entwickeln kann, auch wenn das Unternehmen als solches unverändert bleibt1 (vgl. dazu auch die Ausführungen zur Spaltung Rz. 18.36 ff.).
4.22
Schließlich zeigt sich der personengesellschaftsrechtliche Charakter der stillen Gesellschaft darin, dass beim Tode des Inhabers die stille Gesellschaft aufgelöst wird, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht (Rz. 15.42 f.) – eine Vorschrift,
4.23
1 A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (251).
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die den Schutz der berechtigten Interessen des stillen Gesellschafters bezweckt. Beim Tod des stillen Gesellschafters dagegen wird der Fortbestand der Gesellschaft im Zweifel nicht berührt (§ 234 Abs. 2 HGB). Diese unterschiedliche Regelung erklärt sich aus der Wertung der Interessen der Beteiligten durch den Gesetzgeber. Dem stillen Gesellschafter soll beim Tode des Inhabers kein Vertragspartner aufgezwungen werden, zu dem er kein Vertrauen hat. Stirbt der stille Gesellschafter, so sieht der Gesetzgeber in der Fortsetzung der Gesellschaft mit dessen Erben regelmäßig keine Gefährdung der Interessen des Inhabers, vor allem dann nicht, wenn der stille Gesellschafter, wie es dem vom Gesetzgeber geregelten Normalfall entspricht, nicht zur persönlichen Mitarbeit verpflichtet, sondern nur kapitalmäßig beteiligt ist.
III. Die Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
4.24 Das gesetzliche Recht der stillen Gesellschaft enthält nur wenige zwingende Regelungen, da angesichts ihres Charakters als reine Innengesellschaft auf Vertretungsund Gläubigerschutzbestimmungen sowie auf Regelungen bezüglich des Gesellschaftsvermögens verzichtet werden konnte. Die damit weitgehend herrschende Vertragsfreiheit bedingt die große Typenvielfalt der stillen Gesellschaft. Im Allgemeinen wird dabei zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften unterschieden1, wobei diese Bezeichnung teilweise für unglücklich gehalten wird.2 Von eminent praktischer Bedeutung ist dabei insbesondere die steuerrechtliche Unterscheidung zwischen der stillen Gesellschaft ohne und der stillen Gesellschaft mit Mitunternehmerschaft des Stillen (siehe dazu Rz. 20.70 ff.). Dieser Unterscheidung kommt auch Bedeutung für die Anwendung des § 236 HGB zu3. Soweit die atypischen Formen der stillen Gesellschaft im Vergleich zur typischen stillen Gesellschaft einer rechtlichen Sonderbehandlung unterworfen sind, wird darauf jeweils im Sachzusammenhang eingegangen. 1. Die typische stille Gesellschaft
4.25 Die typische stille Gesellschaft entspricht dem als solchem allgemein unterstellten4 gesetzlichen Leitbild der §§ 230 ff. HGB und enthält sämtliche soeben (Rz. 4.6 ff.) skizzierten Wesensmerkmale. Sie ist in Abgrenzung zu den als atypisch bezeichneten Formen insbesondere durch ihre Zweigliedrigkeit ohne verbandsmäßige Organisation, das Fehlen jeglicher Beteiligung des Stillen am Vermögen des Handelsgewerbes und das Fehlen einer Beteiligung des Stillen an der Geschäftsführung gekennzeichnet. Die typische stille Gesellschaft ist in der Praxis nicht unbedingt die am häufigsten vorkommende Form der stillen Gesellschaft. Angesichts der sich bei der typischen
1 Intensive Diskussion der Abgrenzung vgl. aus jüngerer Zeit BFH v. 26.11.2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436; FG Münster v. 5.12.2003 – 11 K 1478/02 F, EFG 2004, 404; FG BW v. 3.12.2004 – 10 K 225/01, EFG 2005, 530; FG Düsseldorf v. 25.10.2006 – 7 K 2887/05 G, EFG 2007, 704; FG Hess. v. 7.12.2011 – 13 K 367/07, BeckRS 2012, 94473. 2 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 65. 3 LG Berlin v. 29.10.2003 – 100 O 124/03, ZInsO 2004, 689. 4 Weder der Gesetzestext noch die Entstehungsgeschichte des ADHGB bzw. HGB belegen allerdings die gesetzgeberische Entscheidung für einen bestimmten Typus der stillen Gesellschaft.
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stillen Gesellschaft stellenden Probleme der Gewinnbeteiligung (Rz. 8.1 ff.) erscheint es ohnehin ratsam, die stille Gesellschaft zumindest hinsichtlich der schuldrechtlichen Beteiligung des Stillen am Vermögen des Handelsgewerbes (siehe dazu Rz. 4.28 ff.) atypisch auszugestalten. 2. Atypische Formen der stillen Gesellschaft Je nach Art der Abweichung vom gesetzlichen Idealtypus unterscheidet man die folgenden Formen einer atypischen stillen Gesellschaft im zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Sinne. Hierbei handelt es sich wiederum um bestimmte, in der Praxis häufig vorkommende Typen, die ihrerseits verschiedene Ausprägungen annehmen und insbesondere auch kombiniert vorliegen können.
4.26
a) Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft Beteiligt sich eine Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten stillen Anlegern kapitalistisch an einer körperschaftlich verfassten Personengesellschaft, so spricht man von einer stillen Publikumspersonengesellschaft. Eine stille Publikumsgesellschaft entsteht durch die Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter auf der Grundlage mehrerer selbständiger, aber gleichlautender Gesellschaftsverträge oder auf der Grundlage eines einheitlichen Gesellschaftsvertrags (siehe dazu näher Rz. 19.29). Häufig ist in diesem Zusammenhang auch die Kombination von stiller Beteiligung und Kommanditbeteiligung (zur sog. gesplitteten Einlage siehe auch Rz. 17.19). Die Ausgestaltung als stille Publikumsgesellschaft ist nicht notwendig gleichbedeutend mit einer „atypischen“ stillen Gesellschaft. Hierbei bedarf es einer Entscheidung nach dem konkreten Einzelfall, ob besondere Umstände die Einordnung des Gesellschafters als „atypisch“ rechtfertigen1. In der stillen Publikumsgesellschaft entsteht regelmäßig ein Bedürfnis nach Koordination der verschiedenen Rechtsverhältnisse mit den einzelnen Stillen in Form einer eigenen Verbandsstruktur. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit die stille Publikumsgesellschaft aufgrund ihrer körperschaftsähnlichen Struktur einer Sonderbehandlung im Hinblick auf den Vertragsschluss durch den Geschäftsinhaber, die Form des Vertragsschlusses, die Vertragsauslegung, die Anwendbarkeit des § 708 BGB zu unterwerfen ist und inwieweit die Bestimmungen des Anlegerschutzes insbesondere betreffend die vertragliche Inhaltskontrolle und den Kündigungsschutz bei ihr zum Tragen kommen (dazu ausführlich § 19).
4.27
b) Die stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des Stillen Bei der atypischen stillen Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung wird auf schuldrechtlichem Wege eine echte Wertbeteiligung des Stillen an der Substanz des Handelsgewerbes geschaffen2. Der Grund für solche von dem Normaltypus der stillen Ge-
1 Vgl. zur Abgrenzung zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung LG Berlin v. 29.10.2003 – 100 O 124/03, ZInsO 2004, 689. 2 Vgl. BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157; Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 34 f.; Siebert, StbJb. 1955/56, 299 (304); Siebert, NJW 1953, 806; Post/ Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 29, Böttcher/ Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 130 ff.
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§ 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
sellschaft abweichende Vereinbarungen liegt meist in dem Drang nach Sachwerten und nach Teilhabe an der Sachwertsicherung. Auch bei derartigen Vertragsgestaltungen entsteht jedoch kein Gesamthandsvermögen. Der stille Gesellschafter wird lediglich obligatorisch so gestellt, als ob tatsächlich zwischen ihm und dem Inhaber des Handelsgeschäfts eine dingliche Vermögensgemeinschaft bestanden habe1. Dieser Anspruch bedingt für den Stillen die Erweiterung seines Anteils am Gewinn und seines mit Auflösung der Gesellschaft entstehenden Auseinandersetzungsguthabens (Rz. 14.33 f.).
4.29 Den Gläubigern des Inhabers gegenüber kann sich der stille Gesellschafter jedoch nicht auf seine obligatorische Mitberechtigung berufen – auch dann nicht, wenn er allein das gesamte Geschäftsvermögen eingebracht hat. Auch in diesem Falle hat er keinen Anspruch auf Herausgabe des Geschäftsvermögens, sondern nur einen Anspruch auf Auseinandersetzung gemäß § 235 HGB. Der Auseinandersetzungsanspruch beschränkt sich aber nicht wie im Falle der typischen stillen Gesellschaft auf die Rückzahlung der gegebenenfalls durch Verluste verminderten Vermögenseinlage. Es wird vielmehr das gesamte Geschäftsvermögen aufgrund einer Liquidationsbilanz ermittelt und aufgrund dieser Bilanz das Auseinandersetzungsguthaben unter Berücksichtigung des vereinbarten Beteiligungsschlüssels festgestellt, weil anders der Anteil des stillen Gesellschafters an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert nicht ermittelt werden kann. Eine tatsächliche Liquidation findet regelmäßig nicht statt. Vielmehr führt der Inhaber nach dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters das Handelsgewerbe auf eigene Rechnung weiter.
4.30 Gegen die schuldrechtliche, auf das Innenverhältnis beschränkte Vermögensbeteiligung des Stillen bestehen keine rechtlichen Bedenken, wenn nur das Handelsgewerbe nach außen allein auf den Namen des Inhabers geführt wird und dementsprechend eine etwaige Vertretungsbefugnis des stillen Gesellschafters sich als Vertretung des Geschäftsinhabers und nicht als Vertretung der Gesellschaft darstellt. Eine schuldrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen und an der Geschäftsführung steht mit dem Wesen der stillen Gesellschaft nicht im Widerspruch.
4.31 In aller Regel wird die Vereinbarung einer schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung mit einer Erweiterung der Kontrollrechte des Stillen und einer gesteigerten Treuepflicht der Gesellschafter verbunden sein2. Entgegen einer älteren Auffassung3 ist damit jedoch keine Änderung des Gesellschaftszwecks von der bloßen Gewinnerzielung hin zu einer Vermehrung des Gesellschaftsvermögens verbunden, da sich beides nicht voneinander trennen lässt4.
1 Vgl. RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (390); FG BW v. 26.9.1973 – V 99/73, EFG 1974, 118; BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178); Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 60 ff.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 50; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 335 HGB Anm. 28; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 80 (aber: „Innen-KG“). 2 Vgl. dazu Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 73 Rz. 35. 3 Vgl. dazu Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 72. 4 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 73 Rz. 36.
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§ 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
c) Die stille Gesellschaft mit Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen Die Geschäftsführungsbeteiligung des Stillen setzt seine Mitwirkung an Geschäftsführungsmaßnahmen des Geschäftsinhabers zumindest in Gestalt von Zustimmungsbzw. Widerspruchsrechten voraus1. Die bloße Erweiterung seiner in § 233 HGB normierten Kontrollrechte ist hierfür nicht ausreichend. Die Mitwirkung des Stillen kann durchaus so weitgehend ausgestaltet sein, dass ihm unmittelbare Geschäftsführungsund Entscheidungsbefugnisse zustehen. Allerdings gilt auch hier, dass sich diese Rechte nur auf das Innenverhältnis beschränken. Daher ist eine Geschäftsführungsmaßnahme des Geschäftsinhabers, die aufgrund des Gesellschaftsvertrags im Innenverhältnis nur mit Zustimmung des Stillen durchgeführt werden darf, im Außenverhältnis auch ohne Erteilung der Zustimmung wirksam.
4.32
d) Die atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts Um eine atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts handelt es sich, wenn das stille Gesellschaftsverhältnis die Kriterien der steuerlichen Mitunternehmerschaft (§§ 20 Abs. 1 Nr. 4 und 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) erfüllt (siehe dazu näher Rz. 22.3 ff.). Eine atypische stille Gesellschaft im zivilrechtlichen Sinne kann, muss aber nicht auch eine atypische stille Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne sein.
4.33
IV. Zusammenfassung Durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags entsteht zwischen den Beteiligten ein auf Beitragsleistung, Gewinnverteilung und Auseinandersetzung nach der Beendigung der stillen Gesellschaft gerichtetes echtes Gesellschaftsverhältnis. Im Gegensatz zu den handelsrechtlichen Personengesellschaften und zur Gesellschaft des bürgerlichen Rechts führt die Errichtung der stillen Gesellschaft nicht zu einer Vergemeinschaftung des Geschäftsvermögens. Es gibt weder bei der typischen noch bei der atypischen stillen Gesellschaft ein Gesellschaftsvermögen, das als Sondervermögen beiden Gesellschaftern zur gesamten Hand zusteht. Das Geschäftsvermögen und die einzelnen Rechte, aus denen es sich zusammensetzt, sind allein dem Geschäftsinhaber zugeordnet. Der stille Gesellschafter ist daran nicht beteiligt. Seine Privatgläubiger können sich somit nur aus dem befriedigen, was ihm als anteiliger Gewinn oder bei einer Auseinandersetzung zufällt. Die stille Gesellschaft als solche kann weder klagen noch verklagt werden. Den stillen Gesellschafter trifft keine Haftung für die Geschäftsschulden. Es gibt keine Sonderinsolvenz der stillen Gesellschaft. Gleichwohl ist sie als Innengesellschaft eine echte Gesellschaft i.S. von § 705 BGB. Entscheidend dafür ist der gemeinsame Zweck, zu dessen Erreichung sich die Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag verpflichten. Die stille Gesellschaft ist nicht nur ein Schuldverhältnis unter den Gesellschaftern, sondern zugleich eine sozialrechtlich verbundene Personengemeinschaft, aus der sich für die Beteiligten echte gesellschaftsrechtliche Rechte und Pflichten ergeben. Die stille Gesellschaft hat die Wesensmerkmale einer Personengesellschaft, die auf der persönlichen Verbundenheit der Gesellschafter beruht, wenn sich auch im Falle der vom Gesetzgeber geregelten typischen stillen Gesellschaft die Beteiligung des stillen Gesellschafters in seiner Vermögenseinlage erschöpft. 1 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 35 f.
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4.34
§ 4 Begriff, Wesen und Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft
Der personenrechtliche Charakter zeigt sich vor allem in der grundsätzlichen Unübertragbarkeit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung auf einen anderen sowie darin, dass das Gesellschaftsverhältnis, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, durch den Tod des Geschäftsinhabers, nicht dagegen durch den Tod des stillen Gesellschafters beendet wird. Da die meisten Vorschriften aus dem Recht der stillen Gesellschaft dispositiver Natur sind, können die Beteiligten von dem Normaltypus abweichen und atypische Gebilde schaffen. Die Abweichungen liegen in der Erweiterung der Rechte des stillen Gesellschafters. Er kann über die im Gesetz vorgesehene Gewinn-(Verlust-)Beteiligung hinaus – wenn auch nur mit schuldrechtlicher, auf das Innenverhältnis beschränkter Wirkung – am Geschäftsvermögen (an den stillen Rücklagen, am Geschäfts- oder Firmenwert) beteiligt werden mit der Maßgabe, dass bei Beendigung der stillen Gesellschaft die Auseinandersetzung so stattzufinden hat, als ob zwischen ihm und dem Inhaber in Ansehung des Geschäftsvermögens eine Vermögensgemeinschaft bestanden habe. Ihm können, obwohl das Gesetz es nicht vorsieht, Geschäftsführungsbefugnisse übertragen werden, die ihm eine Stellung verschaffen, die wirtschaftlich der eines Unternehmers gleicht oder zumindest angenähert ist. Beide Gestaltungen können je für sich vereinbart werden; sie können aber auch miteinander verbunden sein. Das Steuerrecht unterscheidet aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ebenfalls zwischen der typischen und der atypischen stillen Gesellschaft und stellt letztere als „Mitunternehmerschaft“ den handelsrechtlichen Personengesellschaften gleich.
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§ 5 Abgrenzung der stillen Gesellschaft gegenüber verwandten Rechtsinstituten Schrifttum: Bauer, David Christian, Die Stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, 2000; Blaurock, Uwe, Haftung eines atypischen stillen Gesellschafters, NZG 2010, 974; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil I), GmbHR 1990, 11; Derleder, Peter/Wosnitza, Rüdiger, Auskunftspflichten der Banken beim Teilzahlungskredit, ZIP 1990, 901; Dötsch, Franz, Erfassung der von der Verwalterin eines Termin-Sammelkontos (hier: Ambros S.A.) den Anlegern ausgezahlten sowie von den Anlegern zwecks Erhöhung ihres Einlagekapitals stehen gelassenen „Renditen“ als Einkünfte aus Kapitalvermögen, DStZ 1997, 837; Feddersen, Dieter/Knauth, Klaus-Wilhelm, Eigenkapitalbildung durch Genussscheine, 2. Aufl. 1992; Haas, Ulrich, Abgrenzung von Stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen, DStR 2000, 649; Habersack, Mathias, Genussrechte und sorgfaltswidrige Geschäftsführung, ZHR 155 (1991), 387; Habersack, Mathias/Mülbert, Peter O./ Schlitt, Michael (Hrsg.), Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 3. Aufl. 2013; Kaltenhäuser, Nicola, Partiarische Darlehen zur Unternehmensfinanzierung, GmbH-StB 2013, 86; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Martinek, Michael, Franchising: Grundlagen der zivil- und wettbewerbsrechtlichen Behandlung der vertikalen Gruppenkooperation beim Absatz von Waren und Dienstleistungen, 1987; Martinek, Michael, Moderne Vertragstypen, Bd. II: Franchising, Know-how-Verträge, Management- und Consultingverträge, 1992; Meilicke, Heinz, Inwieweit können Verluste aus Genussscheinen steuerlich geltend gemacht werden?, BB 1989, 465; Mylich, Falk, Die Einlage des atypischen Gesellschafters und die zur Rückzahlung bestellten Sicherheiten im Insolvenzverfahren der Handelsgesellschaft, WM 2013, 1010; Pauka, Dietmar, Gewerbesteuer 1990, DB 1991, 1402; Schmidt, Harry, Stille Gesellschaft und AGB-Gesetz, ZHR 159 (1995), 734; Schmidt, Karsten, Die Vertragsparteien bei der stillen Gesellschaft, DB 1976, 1705; Schön, Wolfgang, Ein Allgemeiner Teil der Genussrechte, JZ 1993, 925; Schön, Wolfgang, Gibt es das partiarische Darlehen?, ZGR 1993, 210; Leonhardt, Peter/ Smid, Stefan/Zeuner, Mark, Insolvenzordnung, Kommentar, 3. Aufl. 2010; Sosnitza, Olaf, Zur Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen, NZG 2000, 303; Vögele, Alexander/Kircher, Markus, Im Blickpunkt: Partiarischer Dienstvertrag im internationalen Konzern, BB 2000, 1581.
Aus den in den §§ 6 bis 8 herausgearbeiteten Merkmalen, die in ihrer Gesamtheit das Wesen der stillen Gesellschaft ausmachen, ergibt sich zugleich ihre Abgrenzung gegenüber verwandten Rechtsinstituten. Theoretisch bereitet diese Abgrenzung kaum Schwierigkeiten; praktisch ist sie nicht immer einfach. Die von den Beteiligten gewählten Bezeichnungen sind für die rechtliche Beurteilung des jeweiligen Verhältnisses nicht entscheidend; sie können aber ein Anhaltspunkt für das sein, was sie gewollt haben. Von Bedeutung für die rechtliche Wertung ist einzig und allein der von ihnen im Einzelfall verfolgte Zweck.
5.1
I. Stille Gesellschaft und andere Formen der internen Beteiligung 1. Stille Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts Der rechtliche Unterschied zwischen der stillen Gesellschaft i.S. von §§ 230 ff. HGB und der stillen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts besteht allein darin, dass der Geschäftsinhaber im zweiten Fall kein Handelsgewerbe betreibt. Eine stille Gesellschaft Blaurock 67
5.2
§ 5 Abgrenzung gegenber verwandten Rechtsinstituten
des bürgerlichen Rechts besteht daher nach geltendem Recht beispielsweise dann, wenn sich der Stille an einem künstlerischen, freiberuflichen oder nicht eingetragenen landwirtschaftlichen Gewerbe beteiligt. Auch die stille Beteiligung an einem einzigen oder mehreren einzelnen Geschäften des Geschäftsinhabers (sog. Metageschäft) ist ein Anwendungsfall der stillen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Es handelt sich hier um eine Gelegenheitsgesellschaft, der das gemeinsame dauernde Gewinnstreben durch Betreiben eines Handelsgeschäfts fehlt. Die §§ 230 ff. HGB sind daher auch in diesem Fall nicht unmittelbar anwendbar1. Schließlich entsteht beim Koalitions-Franchising ebenfalls eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts, da der von den Parteien dieses Vertragstyps verfolgte gemeinsame Zweck nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes schlechthin, sondern allein auf die Absatzoptimierung im Hinblick auf die systemspezifischen Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung der gemeinsamen Marketingkonzeption gerichtet ist und darüber hinaus das Koalitions-Franchising durch eine Umsatz- und nicht durch die für die stille Gesellschaft wesensnotwendige Gewinnbeteiligung gekennzeichnet ist2.
5.3 Auch auf die stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts finden jedoch die Regelungen der §§ 230 ff. HGB entsprechende und vor den §§ 705 ff. BGB vorrangige Anwendung, soweit sie eine abweichende Regelung enthalten3. Während dabei § 236 HGB auch für die stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt, greift der in § 136 InsO geregelte Anfechtungstatbestand allerdings nur bei einer handelsgewerblichen Beteiligung ein4. Was die subsidiäre Anwendung der §§ 705 ff. BGB betrifft, so können die §§ 709, 711 f., 714 f. sowie 718 f. BGB bei Innengesellschaften bereits aus strukturellen Gründen keine Anwendung finden. Hinsichtlich der Mitwirkungsrechte des Stillen wird zudem die Regelung des § 716 BGB durch § 233 Abs. 2 HGB ausgeschlossen. Schließlich wird § 722 BGB in aller Regel durch die interessengerechteren §§ 231 Abs. 1 und 232 Abs. 2 HGB verdrängt. 2. Stille Gesellschaft und Geschäfte auf gemeinsame Rechnung
5.4 Von der stillen Gesellschaft zu unterscheiden ist auch der Verkauf auf gemeinsame Rechnung, bei dem bei jedem Verkauf Einzelabrechnungen über die Kosten aufgestellt werden, das Rechtsverhältnis nach jeder Lieferung gelöst werden kann, eine Vermögenseinlage nicht vorhanden ist und ein Eigentumsübergang der Ware nicht erfolgt5. 3. Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung
5.5 Bei der Unterbeteiligung beteiligt sich der Unterbeteiligte an dem Gesellschaftsanteil eines anderen und nicht an einem Handelsgewerbe. Sowohl Unterbeteiligung als auch 1 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 33; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 19; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 26. 2 Vgl. dazu eingehend Martinek, Moderne Vertragstypen Bd. II, S. 113 und Martinek, Franchising, S. 397 ff. 3 Vgl. dazu auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 12; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 73 Rz. 5 ff. 4 So auch Zeuner in Leonhardt/Smid/Zeuner, § 136 InsO Rz. 3; a.A. K. Schmidt, DB 1976, 1705 (1707 f.). 5 BFH v. 29.10.1969 – I R 80/67, BStBl. II 1970, 180.
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§ 5 Abgrenzung gegenber verwandten Rechtsinstituten
stille Gesellschaft sind Innengesellschaften, sie weisen deshalb eine gewisse Ähnlichkeit auf. Auf die Unterbeteiligung lassen sich einige der Regelungen für die stille Gesellschaft entsprechend anwenden. In einer Reihe von Punkten ist jedoch eine unterschiedliche Handhabung geboten. Im Einzelnen wird die Unterbeteiligung in § 30 und § 31 näher behandelt.
II. Stille Gesellschaft und Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Die stille Gesellschaft ist eine Abart der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Von dieser unterscheidet sie sich dadurch, dass sie nur an einem Handelsgewerbe begründet werden kann, dass der stille Gesellschafter stets am Gewinn beteiligt sein muss, dass sie anders als eine BGB-Außengesellschaft kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen besitzt1 und dass sie sich als Innengesellschaft in ihren Rechtswirkungen auf das Verhältnis der Gesellschafter untereinander beschränkt, nach außen also als Personenvereinigung nicht in Erscheinung tritt.
5.6
Immerhin ergibt sich aus der engen Verwandtschaft zwischen beiden Gesellschaftsformen, dass die §§ 705 ff. BGB ergänzend auf die stille Gesellschaft anwendbar sind, soweit sie nicht das Außenverhältnis und das Vorhandensein eines Gesamthandsvermögens betreffen oder ausdrücklich durch die Sonderregelung der §§ 230 ff. HGB verdrängt werden (siehe dazu auch Rz. 9.2).
5.7
III. Stille Gesellschaft und Personenhandelsgesellschaften Die Formen der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft sind im Wirtschaftsleben zur Verwirklichung der von den Beteiligten verfolgten Zwecke oftmals weniger geeignet als die Form der stillen Gesellschaft (Rz. 2.2 ff.). Die Gesellschaftereigenschaft und das Beteiligungsverhältnis müssen im Handelsregister eingetragen werden (§§ 106 Abs. 2, 162 Abs. 1 HGB) und sind deshalb der Öffentlichkeit bekannt. Alle persönlich haftenden Gesellschafter sind zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet (§§ 114 Abs. 1, 125 Abs. 1 HGB) und haften als Gesamtschuldner für die Gesellschaftsverbindlichkeiten mit ihrem gesamten Vermögen (§ 128 Abs. 1 HGB, §§ 161 Abs. 2, 128 Abs. 1 HGB). Sie treten unter einer gemeinschaftlichen Firma auf und sind an dem Gesellschaftsvermögen gesamthänderisch berechtigt.
5.8
Trotz dieser rechtlichen Wesensunterschiede zwischen den handelsrechtlichen Personengesellschaften und der stillen Gesellschaft, liegt – wirtschaftlich gesehen – ein Vergleich der Rechtsstellung des stillen Gesellschafters mit der des Kommanditisten nahe, weil beide mit einer „Einlage“ beteiligt sind, weil der Kommanditist, sobald er seine Einlageverpflichtung erfüllt hat, für die Gesellschaftsverbindlichkeiten ebenso wenig haftet wie der stille Gesellschafter und weil die Mitwirkung beider grundsätzlich auf Kontrollrechte beschränkt ist. Trotz dieser Gemeinsamkeiten bestehen gewichtige Unterschiede:
5.9
1 Vgl. dazu auch OLG Hamm v. 10.1.1994 – 8 U 106/93, NJW-RR 1994, 1382.
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§ 5 Abgrenzung gegenber verwandten Rechtsinstituten
5.10 Solange der Kommanditist seine Einlage nicht geleistet hat, haftet er den Gesellschaftsgläubigern bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar (§ 171 Abs. 1 HGB). Der stille Gesellschafter haftet den Gläubigern des Geschäftsinhabers nicht – auch nicht, wenn er mit seiner Einlage im Rückstand ist.
5.11 Da es sich bei der Vertretung durch die persönlich haftenden Gesellschafter um eine echte Vertretung kraft Gesetzes handelt, werden aus den von ihnen abgeschlossenen Geschäften alle Gesellschafter, auch die Kommanditisten, mitberechtigt und mitverpflichtet. Bei der stillen Gesellschaft handelt der Inhaber nach außen im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis für gemeinsame Rechnung. Er vertritt dabei nicht den stillen Gesellschafter, dessen Name im Handelsregister nicht erscheint, und wird deshalb aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Es bestehen weder unmittelbare noch mittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem stillen Gesellschafter und den Geschäftsgläubigern.
5.12 Obwohl der Kommanditist von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, kann er Handlungen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, widersprechen (§ 164 HGB); er hat also für die Grundlagenbeschlüsse ein vollwertiges Mitwirkungsrecht. Für den stillen Gesellschafter sieht das Gesetz ein solches Recht grundsätzlich nicht vor. Allerdings können auch hier bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht oder aufgrund ausdrücklicher gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung die Mitwirkung des Stillen erfordern (Rz. 12.61 ff.; vgl. auch zur Umwandlung Rz. 18.17 ff., 18.39 f.).
5.13 Aufgrund seiner Beteiligung ist der Kommanditist an dem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen mitberechtigt. In der dinglichen Rechtslage des gemeinsam betriebenen Handelsgewerbes liegt der Hauptunterschied zwischen der Kommanditgesellschaft und der stillen Gesellschaft. Sie ist von Bedeutung dafür, wer über das Vermögen zu verfügen berechtigt ist, wer die sachen- und besitzrechtlichen Abwehransprüche erlangt und auf welche Gegenstände sich die Beteiligung erstreckt. Der Kommanditist hat nicht wie der stille Gesellschafter nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung seiner Einlage im Falle der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses. Er ist kraft Gesetzes am gesamten Vermögen der Gesellschaft beteiligt, auch an den offenen und stillen Rücklagen und an einem etwaigen Geschäfts- oder Firmenwert. Andererseits ist im Falle einer Insolvenz die Stellung des stillen Gesellschafters günstiger als die des Kommanditisten, weil er in gleicher Weise wie die anderen Insolvenzgläubiger für seine Vermögenseinlage entsprechend der vorhandenen Insolvenzmasse Befriedigung beanspruchen kann. Hat der stille Gesellschafter hingegen die Stellung eines atypischen inne, z.B. weil er wie ein Gesellschafter der Handelsgesellschaft steht, und fordert er im Fall der Insolvenz der Gesellschaft seine Einlage zurück, so soll dieser Rückzahlungsanspruch gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als nachrangig gelten1.
1 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 = GmbHR 2012, 1181; Mylich, WM 2013, 1010 (1012); im Fall der Gleichstellung des Stillen mit einem GmbH-Gesellschafter vgl. OLG Köln v. 27.10.2011 – 18 U 34/11, I-18 U 34/11, ZIP 2011, 2208.
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§ 5 Abgrenzung gegenber verwandten Rechtsinstituten
Während der Kommanditist stets an den Verlusten der Gesellschaft beteiligt ist, kann die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 231 Abs. 2 HGB).
5.14
Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit lässt sich die Rechtsform der stillen Gesellschaft weitgehend der Kommanditgesellschaft annähern, besonders dadurch, dass der stille Gesellschafter außer am Gewinn auch am Vermögen des Geschäftsinhabers beteiligt oder dass ihm im Innenverhältnis hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten geradezu die Rechtsstellung eines Kommanditisten zuerkannt wird. Wo solche Vereinbarungen getroffen werden, haben sie nur schuldrechtliche Wirkung. Dritten Personen gegenüber kommt ihnen keine Bedeutung zu, es sei denn, es besteht ein besonderer Haftungsgrund wie etwa ein Schuldbeitritt oder ein Rechtsschein1. Sie führen nicht zu einer dinglichen Mitberechtigung des stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen des Inhabers. Vielmehr erlangt der Stille nur den schuldrechtlichen Anspruch, im Falle der Beendigung der Gesellschaft so gestellt zu werden, als ob zwischen ihm und dem Inhaber eine Vermögensgemeinschaft bestanden hätte2. Zulässig ist allerdings die Bildung eines gemeinsamen Vermögens zwischen den Gesellschaftern außerhalb des stillen Gesellschaftsverhältnisses, etwa in Form einer Bruchteilsgemeinschaft3.
5.15
IV. Partiarische Rechtsverhältnisse 1. Begriff und Wesen der partiarischen Verträge Partiarische Rechtsverhältnisse sind Austauschverträge nichtgesellschaftsrechtlicher Art, durch die jemand einem anderen eine Leistung gegen einen Anteil an dem Gewinn, den der andere erzielt, verspricht.
5.16
Beispiele hierfür sind die Verpachtung eines Grundstücks gegen eine Quote der darauf zu gewinnenden Früchte, die Leistung von Diensten in einem Handelsgeschäft gegen Gewinnbeteiligung (commis interessé) oder die Darlehensgewährung gegen Beteiligung an dem vom Darlehensnehmer erwirtschafteten Gewinn. In diesen Fällen schwebt den Beteiligten ein gemeinschaftliches wirtschaftliches Ziel vor, das auf die Erzielung eines möglichst hohen Ertrags, an dem beide Teile gleichermaßen interessiert sind, gerichtet ist. Aber dieser Ertrag soll nicht durch die Tätigkeit beider, sondern allein durch die Tätigkeit eines Teils hervorgebracht werden, wozu ihn die Leistung des anderen vielfach erst befähigt. Die Beteiligten vereinigen sich nicht zu gemeinschaftlichem Erwerb und Gewinn, sondern der eine macht den Erwerb und Gewinn für sich allein und tauscht nur einen Teil desselben gegen die Leistungen des anderen aus. Es fehlt an der Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Der Darlehensgeber, der Verpächter, der am Gewinn beteiligte Angestellte haben an dem Unternehmen selbst keinen Anteil; sie sind – insoweit deckt sich ihre Rechtsstellung mit der des stillen Gesellschafters – nicht Teilhaber des Unternehmens, sondern nur Teilhaber am Gewinn. Die Gewinnbeteiligung bildet die Entschädigung für die von 1 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814; Blaurock, NZG 2010, 974 (975). 2 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (177). 3 Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 230 HGB Rz. 3.
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5.17
§ 5 Abgrenzung gegenber verwandten Rechtsinstituten
ihnen zu erbringende Leistung. Mit dem Anspruch auf Gewinn verbindet sich ein Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung, soweit es zur Feststellung des Gewinnanteils erforderlich ist. Über einzelne Geschäftsvorfälle kann keine Auskunft verlangt werden. § 716 BGB ist nicht anwendbar. Wohl aber verpflichtet die Zusage der Gewinnbeteiligung den Unternehmer zu einer dem Vertrag entsprechenden Förderung seiner Geschäfte. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflicht berechtigt den Vertragspartner zur Klage auf Erfüllung und zur Geltendmachung des ihm erwachsenen Schadens.
5.18 Durch das Fehlen eines gemeinsam zu verfolgenden Zweckes unterscheiden sich die partiarischen Verträge von der stillen Gesellschaft. Sie sind bloße Dienst-, Miet-, Pacht- oder Darlehensverträge. Der partiarisch Beteiligte hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Herbeiführung des erstrebten wirtschaftlichen Erfolgs. Während es für die stille Gesellschaft typisch ist, dass die Gesellschafter als Gleichberechtigte für den gemeinsamen Zweck zusammen, unter gemeinsamer Verantwortung und auf gemeinsame Rechnung tätig werden, wird beim partiarischen Rechtsverhältnis der eine Teil unter eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung tätig und schuldet dem Beteiligten nur eine Abrechnung über die von ihm erzielten Ergebnisse1.
5.19 Auch die dem stillen Gesellschafter gesetzlich zustehenden Kontrollrechte (§ 233 HGB) sind für die Abgrenzung der stillen Beteiligung von den partiarischen Geschäften bedeutsam. Bei den partiarischen Geschäften tritt das Moment der Gewinnbeteiligung zu einem nicht gesellschaftlichen Rechtsverhältnis hinzu. Sie erfolgt als Gegenleistung für die Leistung von Arbeit oder Kapital, jedoch nicht aufgrund gesellschaftlicher Beteiligung. Deshalb ist der commis interessé nicht Gesellschafter, sondern Angestellter. Der Prinzipal schließt die Geschäfte für sich allein als Unternehmer ab und handelt dabei nach seinem Belieben. Der Angestellte hat kein Kontrollrecht; er kann die Vorlage der Bilanz und der Geschäftsbücher nur insoweit verlangen, als es zur Prüfung seines Tantiemeanspruchs erforderlich ist. Es liegt ein partiarischer Arbeitsvertrag, keine Gesellschaft vor, auch wenn dem Angestellten eine gewisse Mitwirkung bei Festsetzung der Verkaufspreise eingeräumt ist2. 2. Das partiarische Darlehen
5.20 Gegenstand des Darlehensvertrages sind Geld oder andere vertretbare Sachen, die der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten hat (§§ 488 Abs. 1, 607 Abs. 1 BGB). Die Darlehensvaluta geht ebenso wie die Einlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Darlehensnehmers über. Wirtschaftlich betrachtet besteht deshalb zwischen dem Darlehen und der stillen Gesellschaft eine enge Verwandtschaft, die dazu geführt hat, dass auf dem Gebiete des von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise beherrschten Steuerrechts die Einlage des typischen stillen Gesellschafters im Wesentlichen wie ein Darlehen behandelt wird.
1 Vgl. BFH v. 10.2.1978 – III R 115/76, BFHE 124, 374; BFH v. 22.10.1987 – IV R 17/84, BStBl. II 1988, 62 (64) = FR 1988, 77 = GmbHR 1988, 157; BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, FR 1988, 81 = DB 1988, 262; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 28 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 53. 2 RG v. 1.11.1922 – I 572/21, RGZ 105, 315; RG v. 10.10.1933 – II 148/33, RGZ 142, 13.
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§ 5 Abgrenzung gegenber verwandten Rechtsinstituten
a) Bedeutung der Unterscheidung zwischen partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft Beide Rechtsinstitute sind jedoch streng zu unterschieden, weil mit ihnen unterschiedliche Folgewirkungen verknüpft sind1:
5.21
Im Gegensatz zum Darlehensgeber kann der stille Gesellschafter aufgrund des Gesellschaftsvertrags verlangen, dass seine Einlage dem gemeinschaftlichen Zweck entsprechend im Handelsgeschäft des Inhabers verwendet wird (Rz. 12.32). Er hat einen Rechtsanspruch darauf, dessen Durchführung er überwachen und erzwingen kann. Je umfassender die Kontroll- und Überwachungsrechte des Geldgebers sind, umso mehr deutet dies auf das Vorhandensein eines Gesellschaftsverhältnisses hin. Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit von der vorgängigen Kündigung des Gläubigers oder Schuldners ab (§§ 488 Abs. 3 Satz 1, 608 Abs. 1 BGB). Die Kündigungsfrist beträgt bei Darlehensverträgen über die Überlassung von Geld drei Monate, Sachdarlehensverträge sind jederzeit kündbar (§§ 488 Abs. 3 Satz 2, 608 Abs. 2 BGB). Bei der stillen Gesellschaft bestimmen sich die Kündigungsmöglichkeiten und Kündigungsfristen hingegen nach § 234 HGB. Wird die Kündigungsfrist des § 234 HGB gleichwohl abbedungen und verkürzt, so kann dies als Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft gewertet werden2. Es ist nach § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB auch eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde zulässig (Rz. 15.30).
5.22
Während der stille Gesellschafter regelmäßig am Verlust teilnimmt (allerdings ist ein Ausschluss der Beteiligung am Verlust möglich, § 230 Abs. 2 HGB), widerspricht eine Verlustbeteiligung dem Wesen des Darlehens (§§ 488 Abs. 1, 607 Abs. 1 BGB). Tritt deshalb zur Gewinnbeteiligung die Verlustbeteiligung hinzu, so liegt eine Zweckgemeinschaft in der Form einer Innengesellschaft vor. Dem Geldgeber stehen die in § 233 HGB vorgesehenen Kontrollrechte zu. Eine Verlustbeteiligung führt zur Teilnahme am Risiko des Geschäftsinhabers und steht damit der Annahme eines partiarischen Darlehens zwingend entgegen3. Eine Ausnahme hiervon gilt allerdings bei Genussrechten (siehe hierzu Rz. 5.36). Auch eine eingeschränkte Verlustbeteiligung des Stillen dergestalt, dass seine Ansprüche nur Drittgläubigeransprüchen im Rang nachgehen, im Verhältnis zu den Gesellschafteransprüchen aber vorrangig sind, weist einen Eigenkapitalcharakter auf und spricht damit für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft4.
5.23
1 Nicht überzeugend ist hier Bauer, Die Stille Gesellschaft als Finanzierungsinstrument, S. 48 ff., der aufgrund der gleichen Zwecksetzung und der Möglichkeit einer vertraglichen Annäherung beider Rechtsinstitute die strenge Unterscheidung für nicht aussagekräftig hält. Eine faktische Annäherung durch vertragliche Gestaltung in Einzelfällen kann aber keine Aufhebung der Unterscheidung der ungleichartigen Rechtsinstitute im Generellen rechtfertigen. Auch ist fraglich, ob nicht trotz entgegenstehenden Wortlauts die Auslegung für die Annahme eines stillen Beteiligungsverhältnisses spricht, wenn eine vertragliche Ausgestaltung, insbesondere die Einräumung von Kontrollrechten, nach dem Vorbild der stillen Beteiligung erfolgt. 2 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943. 3 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943. 4 BFH v. 15.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334.
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5.24 Auch eine getroffene Regelung über eine Mindestverzinsung spricht nicht entscheidend gegen ein stilles Gesellschaftsverhältnis, wenn neben dieser Festvergütung der Stille auch an dem verbleibenden Gewinn der Inhaberin beteiligt ist1. Ein Ausschluss von der Gewinnbeteiligung liegt erst dann vor, wenn der stille Gesellschafter von jeglicher Beteiligung am Gewinn ausgeschlossen ist.
5.25 Der Darlehensgeber kann seine Forderung im Wege der Abtretung auf einen anderen übertragen. Bei der stillen Beteiligung ist das wegen der im Innenverhältnis bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bindungen ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters nicht zulässig (Rz. 10.29). Haben die Beteiligten vereinbart, dass der Geldgeber seinen Rückzahlungsanspruch nicht abtreten darf oder er dazu der Zustimmung des Inhabers bedarf, so spricht das, wenn auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, im Zweifel für das Vorhandensein einer stillen Gesellschaft.
5.26 Wer die Hingabe eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel den Darlehensvertrag außerordentlich kündigen, wenn in den Vermögensverhältnissen des anderen Teils eine wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf Rückzahlung gefährdet wird (§ 490 BGB). Allerdings ergibt sich in diesem Fall auch für den stillen Gesellschafter ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 273 BGB (Rz. 7.47).
5.27 Wird über das Vermögen des Darlehensnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der Gläubiger des partiarischen Darlehens die volle Darlehensforderung als Insolvenzforderung geltend machen. Ist der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt, so kann er nur seine um die Verlustbeteiligung geminderte Einlage zur Insolvenztabelle anmelden (§ 236 Abs. 1 HGB). Ist er mit seiner Einlage im Rückstand, muss er sie insoweit zur Masse leisten, als er am Verlust teilnimmt (§ 236 Abs. 2 HGB; Rz. 17.75 ff.). Darüber hinaus kommt auch eine Behandlung der Einlage des Stillen als haftendes Eigenkapital in Betracht (Rz. 17.50, 17.55 ff.).
5.28 Stirbt der Darlehensnehmer, wird die Rechtsbeziehung mit den Erben fortgesetzt. Der Tod des Geschäftsinhabers hingegen hat nach gesetzlicher Regel (§ 727 Abs. 1 BGB, § 234 Abs. 2 HGB) die Auflösung der Gesellschaft zu Folge2.
5.29 Die Bereichsausnahmeregelung des § 310 Abs. 4 BGB erfasst nur die auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts getroffenen Vereinbarungen und mithin den stillen Gesellschaftsvertrag3. Eine gerichtliche Inhaltskontrolle von standardisierten stillen Gesellschaftsverträgen kann mithin nur über den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) erfolgen. Auch eine teleologische Reduktion des § 310 Abs. 4 BGB ist im Hinblick auf die stille Gesellschaft nicht angebracht, da trotz der bloßen Erwähnung der „Handelsgesellschaften“ in der Gesetzesbegründung zur Vorläuferregelung in § 23 1 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (180 f.) = GmbHR 1995, 224; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 60. 2 Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, Vor §§ 705 ff. BGB Rz. 108; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 34. 3 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; OLG Hamburg v. 22.12.1993 – 5 U 149/93, WM 1994, 499; differenzierend nach der Art des Beitritts Basedow in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, § 310 BGB Rz. 86; vgl. auch H. Schmidt, ZHR 159 (1995), 734 und Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl. 2016, § 310 BGB Rz. 128 f., der für die typische stille Gesellschaft wegen Überwiegens schuldrechtlicher Beziehungen kein Eingreifen der Bereichsausnahme annimmt.
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Abs. 1 AGBG ein dahingehender Gesetzeszweck nicht feststellbar ist. Schließlich handelt es sich bei der stillen Gesellschaft nicht um ein Austausch- sondern um ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis, auf das die Inhaltskontrolle der §§ 307 ff. BGB nicht zugeschnitten ist (siehe auch Rz. 9.33). Außerdem kann, wie erwähnt, ein hinreichender Schutz des Stillen über die Inhaltskontrolle nach § 242 BGB gewährleistet werden1. Steuerrechtlich war die Unterscheidung bis zum Veranlagungsjahr 2008 für die Gewerbesteuer von Interesse, da die Hinzurechnung der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. im Gegensatz zur hälftigen Hinzurechnung beim partiarischen Darlehen in voller Höhe erfolgte2. Ab dem Veranlagungsjahr 20093 werden die stille Beteiligung und das partiarische Darlehen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a und c GewStG n.F. bei der Hinzurechnung jedoch gleich behandelt. Für die beschränkte Steuerpflicht und für die Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen ist der Unterschied zwischen Darlehen und stiller Gesellschaft aber weiterhin rechtserheblich (Rz. 29.4).
5.30
Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen war bis zum 9.7.2015 auch auf dem Gebiet des Kapitalmarktrechts von Bedeutung. Werden stille Beteiligungen im Inland öffentlich angeboten, trifft den Anbieter nach § 6 VermAnlG die Pflicht, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen; ist der Prospekt fehlerhaft oder wurde ein Prospekt gar nicht erstellt, kommt eine Haftung nach § 20 Abs. 1 VermAnlG in Betracht (näher hierzu Rz. 19.52, 19.117). Ursprünglich galt diese Prospektpflicht für partiarische Darlehen nicht. Durch das Kleinanlegerschutzgesetz vom 3.7.20154 wurden in den Katalog von § 1 Abs. 2 VermAnlG mit Wirkung vom 10.7.2015 nunmehr jedoch auch partiarische Darlehen aufgenommen.
5.31
b) Unterscheidungskriterien Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen stellt sich als schwierig dar und muss anhand des Einzelfalls vorgenommen werden. Die partiarischen Darlehen (Beteiligungsdarlehen) sind nach teilweise vertretener Ansicht Sonderfälle stiller Beteiligungen und sollen den §§ 230 ff. HGB unterliegen5. Die Abgrenzungsschwierigkeiten werden damit allerdings nicht behoben, sondern nur auf eine andere Ebene verlagert – die der Unterscheidung von partiarischem und einfachen Darlehen. Es kann zwar nicht geleugnet werden, dass sich die Zweckverfolgung bei der stillen Gesellschaft ebenso wie beim partiarischen Darlehen primär in der Gewinnerzielung verwirklicht6. Andererseits muss sich das Betreiben des Handels1 Wie hier BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847 (1849); BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270 (1271); BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708); vgl. zum Meinungsstand wie hier Schmidt in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, 6. Aufl. 2013, § 310 Abs. 4 BGB Rz. 11; vgl. auch H. Schmidt, ZHR 159 (1995), 734 (737) und K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 122 f., der allerdings §§ 307 ff. BGB für anwendbar hält, ebenso Ulmer/Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 12. Aufl. 2016, § 310 BGB Rz. 128 f. 2 Vgl. dazu Pauka, DB 1991, 1402. 3 Änderung durch das UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 4 BGBl. I 2015, 1114. 5 Schön, ZGR 1993, 210 (217 ff.). 6 Schön, ZGR 1993, 210 (220 f.).
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geschäfts nicht in jedem Falle als bloßer Reflex dieses Gewinnstrebens erweisen. Abhängig von Art und Umfang der Rechte des Beteiligungsinhabers kann dieser in einem Fall mehr, im anderen Fall weniger an dem Handelsgeschäft beteiligt sein und je nachdem an der Zweckverfolgung partizipieren. Das zeigt sich beispielsweise in der Frage, ob der Geschäftsinhaber zur Unternehmensführung primär verpflichtet ist1. Der Vertrag muss daher einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden, wobei einzelne vertraglich geregelte Elemente auf einen Willen der Parteien schließen lassen können, die nicht explizit geregelten Fragen den §§ 230 ff. HGB zu unterwerfen. Es ist daher entscheidend, ob die Parteien sich durch den Vertrag zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und ihre schuldrechtlichen Beziehungen ein gesellschaftsrechtliches Element in sich tragen oder ob die Parteien ohne jeden gemeinsamen Zweck lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre Beziehungen zueinander ausschließlich durch die Verschiedenheit ihrer eigenen Interessen bestimmt werden2. Trotz dieses rechtlichen Unterschieds ist es in der Praxis bisweilen schwierig, ein Vertragsverhältnis dem einen oder anderen Rechtsinstitut zuzuordnen, wenn aussagekräftige Anzeichen für den Willen der Parteien fehlen. Denn beim partiarischen Darlehen sind die Interessen beider Vertragspartner auf die Erzielung eines möglichst hohen Gewinns gerichtet und auch bei der stillen Gesellschaft erschöpft sich die Mitwirkung des stillen Gesellschafters an der Verwirklichung des gemeinsamen Zwecks vielfach in der Erbringung seiner Einlage.
5.33 Die Abgrenzung bereitet keine Schwierigkeiten, wenn für das hingegebene Geld keine Zinsen oder sonstigen Nutzungen ausbedungen sind oder eine feste, von den wechselnden Geschäftsergebnissen unabhängige Verzinsung oder sonstige Vergütung vereinbart wurde3. In diesen Fällen fehlt es an dem für das stille Gesellschaftsverhältnis notwendigen Erfordernis der Gewinnbeteiligung (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). Haben die Beteiligten vertraglich vereinbart, dass der Geldgeber seine Vermögenseinlage nicht auf einen anderen übertragen darf4 oder dass er an der Substanz des Vermögens und damit am Risiko des Unternehmens schuldrechtlich beteiligt sein soll, so spricht das für das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses. Betreibt der Empfänger des Geldes kein Handelsgewerbe, so liegt zumindest keine handelsrechtliche stille Gesellschaft, sondern allenfalls eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vor. Ebenso scheidet bei vertraglich vereinbarter Beteiligung des Geldgebers am Verlust des „Darlehensnehmers“ die Annahme eines partiarischen Rechtsgeschäfts aus5; denn einer Verlustbeteiligung
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 58. 2 Vgl. BGH v. 10.6.1965 – II ZR 6/63, DB 1965, 1589; BGH v. 9.2.1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; OLG Nürnberg v. 4.12.1967 – 5 U 35/67, DB 1968, 166; BGH v. 26.6.1989 – II ZR 128/88, NJW 1990, 573; BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, GmbHR 1992, 747 = NJW 1992, 2696, m. Anm. Blaurock, EWiR 1992, 1111; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; OLG Hamburg v. 22.12.1993 – 5 U 149/93, WM 1994, 499, Böttcher/Zartmann/ Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 53; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 28 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 ff. 3 Vgl. OLG Dresden v. 8.9.1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 4 So auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 54. Zu beachten ist aber, dass auch Kredite mit einem Abtretungsverbot versehen werden können (§ 399 BGB). 5 Vgl. BFH v. 22.6.2010 – I R 78/09; OLG Dresden v. 8.9.1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza.
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stehen die §§ 488 Abs. 1, 607 Abs. 1 BGB entgegen, wonach der Empfänger des Darlehens verpflichtet ist, das Darlehen bzw. das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich jedoch, wenn dem Geldgeber neben oder an Stelle einer festen Verzinsung eine Gewinnbeteiligung unter Ausschluss der Verlustbeteiligung zugesagt ist. Da die Vertragspartner es oft daran fehlen lassen, ihren Willen eindeutig zum Ausdruck zu bringen – sie sprechen von stiller Beteiligung, meinen aber ein Darlehen mit Gewinnbeteiligung und umgekehrt –, muss ihr Wille im Wege der Auslegung ermittelt werden1. Bei diesen fließenden Grenzen lassen sich keine allgemein gültigen Regeln aufstellen. Es kommt auf den im Wege der Auslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsschließenden, die wirtschaftlichen Ziele und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an2. Die von den Parteien gewählte Bezeichnung hat lediglich indizielle Bedeutung und schließt somit eine abweichende Beurteilung nicht aus3.
5.34
Zu berücksichtigen sind insbesondere die wirtschaftlichen Ziele der Vertragsparteien4 (insbesondere steuerrechtliche Aspekte5), die geplante Dauer des Vertragsverhältnisses6, das Fehlen einer Kreditsicherung7, die Einschränkung der Möglichkeiten zur Kündigung oder Anteilsübertragung8, die Kontroll- und Mitspracherechte9, die Verpflichtung des Geschäftsinhabers zur bestimmungsgemäßen Verwendung der Einlage10, Art und Umfang der Kontrollrechte11, sowie die Risikobereitschaft des Geld-
5.35
1 BGH v. 9.2.1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; OLG Frankfurt v. 1.12.1981 – 5 U 114/81, WM 1982, 198. 2 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; BFH v. 10.2.1978 – III R 115/76, BFHE 124, 374; OLG Dresden v. 8.9.1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 3 RG v. 14.12.1892 – I 303/92, RGZ 30, 57; RG v. 15.3.1893 – I 451/92, RGZ 31, 33; RG v. 11.3.1904 – VII 498/03, RGZ 57, 175; RG v. 8.3.1918 – II 409/17, RGZ 92, 292; BGH v. 19.9.1951 – II ZR 20751, BB 1951, 849; BGH v. 9.2.1967 – II ZR 226/64, BB 1967, 349; BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, FR 1983, 539 = BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743 = GmbHR 1983, 281; BFH v. 8.3.1984 – I R 31/80, FR 1984, 423 = BB 1984, 1473 = WM 1984, 1207; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 30 ff.; Kaltenhäuser, GmbH-StB 2013, 86 (87). 4 BMF v. 16.11.1986 – IV C 5 – S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 5 So ist der BFH vom Vorliegen einer stillen Gesellschaft ausgegangen, weil nur die Gründung einer stillen Gesellschaft für den Stillen steuerlich von Vorteil war, vgl. BFH v. 19.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334 = GmbHR 2006, 215 = FR 2006, 386. 6 Vgl. dazu BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847 sowie Lienau/ Lotz, DStR 1991, 618 (620). 7 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 12/96, BStBl. II 1997, 761. 8 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847. 9 Vgl. dazu BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, GmbHR 1992, 747 = NJW 1992, 2696; m. Anm. Blaurock, EWiR 1992, 1111; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; BFH v. 15.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 73 Rz. 13. 10 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755. = FR 1997, 943 Nach FG BW v. 3.12.2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 f.), kann sich eine solche Verpflichtung aus Prospektangaben zur geplanten Verwendung der Einlagen ergeben. 11 BFH v. 15.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334.
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gebers1. Bei dieser Abwägung aller nach dem Vertragsinhalt maßgebenden Umstände können auch außerhalb des Wortlauts liegende Umstände von Bedeutung sein2. So können u.a. auch die bisherigen wirtschaftlichen Beziehungen der Parteien Anhaltspunkte vermitteln3. Weitere Indizien für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sind die Ergänzung der Berufe von stillem Gesellschafter und Unternehmen, das Zurverfügungstellen einer Konzession oder die mögliche Eingliederung von Nebenbetrieben. Andererseits kann eine große räumliche Entfernung des Stillen gegen das Vorhandensein einer Gesellschaft sprechen4.
5.36 Ein besonderes Gewicht dürfte unter den genannten Indizien die für das stille Beteiligungsverhältnis sprechende Existenz von weitergehenden Kontroll-, Mitspracheund Überwachungsrechten haben5. Wer ein Darlehen gibt, überlässt es in der Regel dem Darlehensnehmer, den besten Weg zu suchen, um die Mittel zu verdienen, mit denen er die Zinsen zahlen kann. Kommt es dem Geldgeber lediglich darauf an, dem Unternehmer einen Kredit zu einem vom Geschäftsgewinn abhängigen Zinssatz zur Verfügung zu stellen, so wird regelmäßig ein Darlehensverhältnis mit Gewinnbeteiligung im Willen der Vertragspartner gelegen haben6. Das Interesse des Geldgebers ist hier im Wesentlichen darauf gerichtet, die zur Verfügung gestellte Valuta ungeschmälert zurückzuerhalten und an dem im Geschäftsbetrieb des Darlehensnehmers erzielten Gewinn beteiligt zu sein.
5.37 Allerdings kommt auch der Existenz von Kontroll- und Mitwirkungsrechten nur Indizfunktion zu. Auch wenn der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber gegenüber zur Rechenschaftslegung nicht verpflichtet ist und das Recht zur Bucheinsicht nur aus einer (entsprechenden) Anwendung des § 810 BGB abgeleitet werden kann und die Kontrollrechte des Darlehensgebers daher grundsätzlich sehr beschränkt sind7, ist die vertragliche Vereinbarung weiterer Mitwirkungsmöglichkeiten des Darlehensgebers durchaus möglich, ohne dass dadurch zwingend eine stille Gesellschaft begründet würde. Andererseits kann aus dem Fehlen vertraglich geregelter Überwachungsrechte nicht ohne weiteres auf ein partiarisches Darlehen geschlossen werden, wenn sich die Vertragspartner zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben; mit der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft hängen die gesetzlich angeordneten Informationsrechte zwingend zusammen8.
1 Vgl. dazu BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943 sowie Pauka, DB 1991, 1402 (1407). 2 So auch BFH v. 16.7.1986 – I R 78/79, GmbHR 1987, 449 = BFH/NV 1987, 326 u. BMF v. 16.11.1986 – IV C 5 – S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 3 BMF v. 16.11.1986 – IV C 5 – S 1300-331/87, BStBl. I 1987, 740. 4 Vgl. zu diesen Indizien Immenga, GmbHR 1988, 506. 5 RG v. 11.3.1904 – VII 498/03, RGZ 57, 175 (176); RG v. 11.5.1920 – VII 311/19, 374/19, RGZ 99, 161 (163); RG v. 15.6.1922 – VI 370/21, RGZ 105, 32; RG v. 28.9.1928 – III 523/27, RGZ 122, 70 (72); RG v. 6.12.1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387; BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, GmbHR 1992, 747 = NJW 1992, 2696, m. Anm. Blaurock, EWiR 1992, 1111; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, GmbHR 1995, 224 = ZIP 1994, 1847; BFH v. 15.10.2005 – I R 48/04, BStBl. II 2006, 334; OLG Dresden v. 8.9.1999 – 19 U 101/99, DStR 2000, 649 m. Anm. Haas u. NZG 2000, 302 m. Anm. Sosnitza. 6 RG v. 29.1.1942 – II 118/41, RGZ 168, 284. 7 Vgl. hierzu Derleder/Wosnitza, ZIP 1990, 901. 8 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943.
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3. Genussrechte Genussrechte werden fast ausschließlich von Kapitalgesellschaften als Finanzierungsinstrument eingesetzt. Der Genussrechtsinhaber kann dabei für seine Kapitaleinlage eine Gegenleistung erhalten, die sich nach dem Ergebnis oder dem zu verteilenden Jahresabschluss des Genussrechtsschuldners bemisst. Auch eine Beteiligung des Genussrechtsinhabers am Liquidationserlös der Gesellschaft und die Einräumung von Kontrollrechten sind denkbar. Hierdurch kann die wirtschaftliche Stellung des Genussrechtsinhabers derjenigen eines stillen Gesellschafters weitgehend angenähert sein. Die Abgrenzung muss im Einzelfall anhand einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden: Kriterien sind die Beteiligung an Gewinn und Verlust, das Ausfallrisiko des Stillen, die Verpflichtung des Geschäftsinhabers, den Gesellschaftszweck durch eine bestimmte Verpflichtung zu fördern, die Mindestdauer des Rechtsverhältnisses sowie Mitwirkungs- und Kontrollrechte1. Allerdings schließen sich Verlustteilnahme und Genussrecht nicht gegenseitig aus: Es gibt Genussrechte, die am Verlust partizipieren2. Wegen des unternehmerischen Risikos des Genussrechtsinhabers wird allerdings teilweise davon ausgegangen, dass solche Genussrechte gleichzeitig ein stilles Gesellschaftsverhältnis begründen3. Dem tritt die h.M.4 jedoch zu Recht entgegen: Rechtlich bleibt das Genussrecht ein einfaches schuldrechtliches Gläubigerrecht auf der Basis eines bloßen Austauschvertrages, dem es an der personalistischen Verbindung zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks mangelt. Der Unterschied kommt auch etwa darin zum Ausdruck, dass die stille Beteiligung nur unter eingeschränkten Voraussetzungen, das Genussrecht hingegen frei übertragbar5 ist. Die Vorschriften über die stille Gesellschaft mögen Schutzvorschriften zugunsten des Stillen enthalten; doch zwingt dies nicht zu einer Umqualifizierung des Genussrechts in eine stille Beteiligung6: Die Wertungen der §§ 230 ff. HGB können bei der Inhaltskontrolle des Genussrechts7 berücksichtigt werden.
5.38
4. Der partiarische Dienstvertrag Der stille Gesellschafter kann seine persönliche Arbeitskraft als Beitrag gegen Gewinnbeteiligung in das Handelsgewerbe des Inhabers einbringen (Rz. 7.38 ff.). Hier entstehen häufig Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen der stillen Gesellschaft und dem partiarischen Dienstvertrag, bei dem den Arbeitnehmern in Ergänzung oder an Stelle der laufenden Lohn- bzw. Gehaltsbezüge Gewinnbeteiligungen gewährt werden. Maßgeblich sind in diesem Zusammenhang die gleichen Grundsätze, die für die
1 Vgl. FG BW v. 3.12.2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 ff.). 2 Berghaus/Bardelmeier in Habersack/Mülbert/Schlitt, § 14 Rz. 15. 3 Habersack, ZHR 155 (1991), 378 (395); Habersack in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 221 AktG Rz. 88 f.; Meilicke, BB 1989, 465 (466); Schön, JZ 1993, 925 (929 f.); Schön, ZGR 1993, 210 (235). 4 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); FG BW v. 3.12.2004 – 10 K 225/01, DStRE 2006, 15 (16 ff.); FG Köln v. 25.3.1998 – 12 K 1927/92, EFG 1998, 1214; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 53; Feddersen/Knauth, Eigenkapitalbildung durch Genussscheine, S. 17 f. 5 Habersack in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 221 AktG Rz. 210. 6 In diese Richtung aber Habersack in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 221 AktG Rz. 89. 7 Zur Inhaltskontrolle von Genussrechten siehe Habersack in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2011, § 221 AktG Rz. 254 ff.
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5.39
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Abgrenzung der stillen Beteiligung vom partiarischen Darlehen angeführt wurden (Rz. 5.21 ff.; 5.32). Für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sprechen die zusätzliche Leistung einer Kapitaleinlage, die Verlustbeteiligung sowie die Personenverschiedenheit von Arbeitgeber und Geschäftsinhaber1.
5.40 Zunächst muss auch hier das Erfordernis der Gewinnbeteiligung (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) erfüllt sein. Erhalten die Arbeitnehmer ausschließlich feste, vom Geschäftsergebnis unabhängige Bezüge, so fehlt es an diesem Erfordernis und folglich an einer stillen Gesellschaft. Eine bloße Umsatzbeteiligung begründet ebenfalls keine stille Gesellschaft2. Deshalb ist ein Angestellter, der neben einem festen Gehalt nur eine Umsatzbeteiligung bezieht, steuerrechtlich auch dann kein stiller Gesellschafter, wenn er eine unternehmergleiche Stellung innehat und erhebliche kapitalmäßige Bindungen zu dem Unternehmen eingegangen ist3.
5.41 Bezieht der Arbeitnehmer kein festes Gehalt, sondern lediglich eine Gewinnbeteiligung, spricht andererseits vieles für eine stille Gesellschaft. So bejahte der BFH das Vorliegen einer stillen Gesellschaft in einem Fall, in dem die Leitung eines Unternehmens, in welchem die Betriebsinhaberin selbst nicht tätig war, zwei Prokuristen oblag, die kein festes Gehalt, sondern eine Gewinnbeteiligung von je einem Drittel erhielten und denen die Aufnahme als Gesellschafter in Aussicht gestellt war, was später auch geschah4. Den tragenden Grund für die Annahme einer stillen Gesellschaft sah der BFH in der alleinigen Unternehmensleitung der Prokuristen ohne festes Gehalt sowie darin, dass die Entnahmen der Betriebsinhaberin von der Zustimmung der Prokuristen abhängig waren.
5.42 Ist der Arbeitnehmer auch am Verlust beteiligt, wird regelmäßig ebenfalls eine stille Gesellschaft anzunehmen sein, da eine Verlustbeteiligung dem Wesen des Arbeitsverhältnisses fremd ist.
5.43 Unvereinbar mit einem Dienstvertrag, aber durchaus vereinbar mit der stillen Beteiligung wäre die Abrede, dass die Beteiligung des Arbeitnehmers im Falle seines Todes auf seine Erben übergehen soll (§ 234 Abs. 2 HGB). Daher hat der BFH zu Recht eine stille Gesellschaft für den Fall angenommen, dass der Prokurist gegen eine garantierte Entnahme von monatlich 1500 DM und eine Gewinnbeteiligung von 35 % unter Ausschluss der Verlusttragung wie ein Arbeitnehmer tätig ist und dieses Vertragsverhältnis, das dem Prokuristen zwar keine Beteiligung am Anlagevermögen, aber ein Anhörungsrecht bei Abschluss bestimmter Geschäfte und ein Zustimmungsrecht bei Maßnahmen wie der Gesellschafteraufnahme und Prokuraerteilung einräumt, mit seinen Erben fortzusetzen ist5. Neben der vereinbarten Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit den Erben tritt hier als Argument für eine stille Gesellschaft auch die Gewinnbeteiligung gegenüber den festen Bezügen in den Vordergrund. Unter Berücksichtigung des Vertragsinhaltes und des in dem entschiedenen Fall vorhandenen Ein-
1 FG Nds. v. 25.6.2003 – 3 K 38/02, DStRE 2003, 1338 (1339). 2 BFH v. 11.11.1965 – IV 82/62, BStBl. III 1966, 95; vgl. auch BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611. 3 BFH v. 11.11.1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95; BFH v. 8.5.1962 – I 145/61, HFR 1962, 270 = StRK GewStG § 8 Nr. 2– 9 R. 81; OLG Dresden v. 24.2.2010 – 13 W 132/10. 4 BFH v. 8.7.1965 – IV 30/63 U, BStBl. III 1965, 558. 5 BFH v. 5.8.1965 – IV 138/63, BStBl. III 1965, 560.
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flusses sowie der Gestaltungsmöglichkeiten des Prokuristen auf das Betriebsergebnis ist zu schließen, dass sich die Beteiligten zu einer wirklichen Zweckgemeinschaft zusammenschließen wollten und auch zusammengeschlossen haben. Als die eigentlich problematischen Abgrenzungsfälle verbleiben diejenigen, in denen vertraglich eine Kombination von festem Grundgehalt und Gewinnbeteiligung unter Ausschluss der Verlustbeteiligung des Arbeitnehmers vereinbart wurde.1 Hier ist für die Annahme einer stillen Beteiligung entscheidend, dass sich aus einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls ergibt, dass ein auf die Verwirklichung eines gemeinsamen Zwecks gerichtetes gesellschaftliches Verhältnis vorliegt. Die Arbeitsleistung des stillen Gesellschafters steht hier nicht nur im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, sondern bildet zugleich einen Beitrag zu dem gemeinsamen übergeordneten Zweck. Das Zusammenwirken von Arbeit im Betrieb und Unternehmensleitung soll den Unternehmenserfolg und damit den Nutzen für beide Teile erhöhen, sodass von einem partnerschaftlichen Zusammenwirken von Geschäftsinhaber und stillen Gesellschafter gesprochen werden kann2. Die gemeinsame Zweckverfolgung kann sich dabei bereits aus den näheren vertraglichen Vereinbarungen der Parteien insbesondere über die Bezüge des Arbeitnehmers ergeben3. Allerdings kommt es nicht allein auf einzelne Bestimmungen oder Vereinbarungen eines Vertrags an. Vielmehr ist es notwendig, diese im Zusammenhang mit dem gesamten Vertragszweck und mit den von den Parteien verfolgten wirtschaftlichen Zielen einer umfassenden rechtlichen Beurteilung und Würdigung zu unterziehen4.
5.44
Eine stille Gesellschaft ist danach in der Regel anzunehmen, wenn es sich um eine erhebliche Gewinnbeteiligung insbesondere auch im Verhältnis zur Gesamtvergütung5 handelt, wenn das Dienstverhältnis für die Beteiligten für längere Zeit verbindlich ist und wenn für den Arbeitnehmer nicht nur ein Anspruch auf Entlohnung für seine Dienste besteht6. Eine Gewinnbeteiligung von nur 5 % spricht dabei weniger für eine stille Gesellschaft als eine solche von 30 oder 40 %. Auch die später geplante Übernahme des Betriebs, die fehlende Vereinbarung über Arbeitszeit, Urlaub usw. oder der Ausschluss einer vollständigen Entnahme der Bezüge legen die Existenz einer stillen Gesellschaft nahe. Es kommt aber immer auf die Vertragsgestaltung und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an. So kann neben der Gewinnbeteiligung durchaus auch eine feste Arbeitsvergütung vereinbart werden. Die Gewährung einer hohen Gewinnbeteiligung begründet andererseits für sich allein noch keine stille Gesellschaft, wenn dem Beteiligten daneben ein festes Gehalt gezahlt wird7.
5.45
Ein besonders wichtiges Indiz bei der Abgrenzung bildet die Feststellung, ob und in welchem Umfange dem Arbeitnehmer Mitwirkungs-, Kontroll- und Überwachungs-
5.46
1 Für eine formale Abgrenzung anhand eines Einlagenkontos, K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 55 m.w.N., a.A. Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 51. 2 Vgl. Reinhardt, Die für die Ordnung der Wirtschaft maßgebenden Rechtsgrundsätze und die Rechtsform der Mitbestimmung, in FS Nipperdey, 1955, S. 235 (246 ff.); BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79. 3 BFH v. 28.7.1971 – I R 78/68, BStBl. II 1971, 815. 4 Vögele/Kircher, BB 2000, 1581 (1582 f.). 5 FG Nds. v. 24.9.1987 – XII 83/86, GmbHR 1988, 367 = EFG 1988, 303 (304). 6 Vgl. dazu auch RFH v. 16.3.1938 – VI 154/38, RStBl 1938, 556. 7 BFH v. 5.6.1964 – IV 108/63, BStBl. III 1965, 51.
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rechte vertraglich vorbehalten sind. Die bloße Gewinnbeteiligung gibt für sich allein keine Befugnis zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung. Wo aber Mitwirkungs-, Kontroll- und Überwachungsrechte vertraglich vereinbart worden sind, besteht zumindest eine Vermutung, dass die Beteiligten eine stille Gesellschaft begründen wollten. Dies gilt auch dann, wenn durch den Gesellschaftsvertrag ein Verhältnis der Gleichordnung hinsichtlich der Geschäftsführung und Gewinnbeteiligung zwischen den Beteiligten geschaffen worden ist1; denn dies deutet auf eine gemeinsame und gleichberechtigte Zweckverfolgung hin, da der Dienstvertrag gerade durch ein Abhängigkeitsverhältnis, ein Verhältnis der Über- und Unterordnung gekennzeichnet ist2. Der NurArbeitnehmer ist von dem Geschäftsherrn abhängig. Er ist in den Organismus seines Betriebes eingegliedert und verpflichtet, seinen Weisungen zu folgen. Er nimmt eine Rechtsstellung ein, mit der Mitwirkungs-, Überwachungs- und Kontrollbefugnisse gegenüber dem Geschäftsherrn regelmäßig nicht vereinbar sind. Allerdings ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass auch der im Rahmen eines partiarischen Dienstverhältnisses am Gewinn beteiligte Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der für die Gewinnberechnung notwendigen Auskünfte an sich oder einen unparteiischen Wirtschaftsprüfer hat.
5.47 Ergibt sich das Vorliegen einer stillen Gesellschaft aufgrund anderer Umstände, so kann sich der stille Gesellschafter für die Behauptung, er sei nur Angestellter gewesen, allerdings nicht darauf berufen, dass er kein Mitsprache- oder Überwachungsrecht gehabt habe. Aus § 233 HGB, wonach der stille Gesellschafter lediglich berechtigt ist, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Papiere und Bücher zu prüfen, ergibt sich, dass die Entscheidungsbefugnis über die Geschicke des Unternehmens dem Geschäftsinhaber grundsätzlich verbleibt.
5.48 Andererseits ist ein am Gewinn beteiligter Geschäftsführer nicht allein deshalb als stiller Gesellschafter anzusehen, weil der Unternehmer mit ihm wichtige, den Betrieb betreffende Entscheidungen erörtert und ihm Einsicht in die Bilanzen und Bücher gewährt3. Dies kann sich bereits aus der Geschäftsführertätigkeit ergeben. Eine stille Beteiligung lässt sich vielmehr erst dann annehmen, wenn die Geschäftsführungstätigkeit mit weiteren Leistungen zusammentrifft, die in dieser Form von einem Nichtgesellschafter nicht erbracht zu werden pflegen4. 5. Partiarische Miet-, Pacht- und Verlagsverträge
5.49 Die Beitragsleistung des stillen Gesellschafters kann in der Weise erbracht werden, dass er bestimmte Gegenstände (Gebäude, bewegliche Sachen, Patente, Lizenzen) nicht in das Eigentum des Geschäftsinhabers überträgt, sondern ihm nur zum Gebrauch überlässt (Rz. 7.31). Es können aber auch Miet- oder Pachtverträge mit Ge1 BFH v. 7.2.1968 – I 233/64, BFHE 91, 373; BFH v. 28.1.1982 – IV R 197/79, BStBl. II 1982, 389 = FR 1982, 332; BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290 = BB 1984, 1028 = DB 1984, 967. 2 RG v. 10.10.1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (21 ff.); BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, FR 1984, 290 = BB 1984, 1028 = DB 1984, 967; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 56 ff. 3 BFH v. 6.10.1971 – I R 215/69, DStZ/A 1972, 197. 4 So auch FG Nds. v. 24.9.1987 – XII 83/86, GmbHR 1988, 367 = EFG 1988, 303 (304).
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winnbeteiligung abgeschlossen werden, wobei die Gewinnbeteiligung des Vermieters, Verpächters oder Patentinhabers in Ergänzung oder an Stelle fester Miet- oder Pachtzinsen oder Lizenzgebühren gewährt wird. Für die rechtliche Abgrenzung und Beurteilung1 gilt dasselbe wie für die anderen partiarischen Verträge. Nicht jede Gebrauchsüberlassung gegen Gewinnbeteiligung führt zu einer stillen Gesellschaft. Entscheidend ist auch hier die Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes2. Ein Indiz dafür ist eine erhebliche Gewinnbeteiligung – nicht hingegen eine Beteiligung lediglich am Umsatz3 –, verbunden mit der Tatsache, dass das Rechtsverhältnis auf beiden Seiten für längere Zeit verbindlich ist. Der Umstand, dass der den Gebrauch Überlassende auch an dem Risiko der Neuinvestitionen und an dem Geschäftsrisiko in hohem Maße teilnimmt und dass ihm Kontroll-, Überwachungsund Mitwirkungsrechte zustehen, spricht für ein gesellschaftliches Verhältnis und gegen die Annahme eines mit Gewinnbeteiligung ausgestatteten Miet- oder Pachtvertrags. Dasselbe gilt für mit Gewinnbeteiligung ausgestattete Verlagsverträge.
5.50
Allerdings hat der BFH4 im Falle einer Betriebsüberlassung durch eine Mutter an ihren Sohn Kontrollbefugnisse für unbeachtlich angesehen und das Vorliegen eines Pachtvertrags bejaht. Das FG Schleswig-Holstein5 stellte bei der Bejahung einer stillen Gesellschaft darauf ab, dass nicht nur eine zeitlich begrenzte Nutzungsüberlassung vorlag.
5.51
V. Kommissionsgeschäft Gemäß § 383 Abs. 1 HGB ist Kommissionär, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen – des Kommittenten – im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Die wesentliche Voraussetzung, die das Kommissionsgeschäft kennzeichnet, ist die Übernahme eines Geschäftsabschlusses im Namen des Kommissionärs für Rechnung des Kommittenten.
5.52
Soweit der Kommissionär im eigenen Namen handelt, gleicht seine Rechtsstellung der des Inhabers eines Handelsgeschäfts. Anders als dieser wird jedoch der Kommissionär stets für Rechnung des Kommittenten tätig, wohingegen der Inhaber des Handelsgeschäfts zur Verwirklichung des gemeinschaftlichen Zwecks für gemeinschaftliche Rechnung tätig wird. Die Interessenlage ist beim Kommissionsgeschäft eine andere als bei der stillen Gesellschaft. Das eigene Interesse des Kommissionärs beschränkt sich auf den Erwerb seines Provisionsanspruchs. Im Übrigen handelt er im Interesse des Kommittenten, der letztlich den Abschluss mit dem Dritten erstrebt und als der wirkliche Geschäftsherr kaufen oder verkaufen und den Preis zahlen oder empfangen will. Insoweit handelt der Kommissionär im fremden Interesse. Was er
5.53
1 Vgl. dazu auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 73 Rz. 16 ff. 2 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 56, der auf die Einrichtung eines Einlagenkontos abstellt. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 55, Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 73 Rz. 16. 4 BFH v. 5.6.1964 – IV 213/60, BStBl. III 1965, 49. 5 FG Schl.-Holst. v. 24.10.1963 – IV 80 – 82/62, EFG 1964, 273.
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von dem Dritten erwirbt, kommt wirtschaftlich dem Kommittenten zu. Die praktische Bedeutung des Kommissionsgeschäfts liegt darin, dass der Kommissionär als mittelbarer Stellvertreter seinen eigenen Namen und seinen Kredit für den Kommittenten einsetzt. Bei der stillen Gesellschaft dagegen wird der Geschäftsinhaber nicht nur im Interesse des stillen Gesellschafters, sondern im beiderseitigen Interesse auf gemeinschaftliche Rechnung tätig, wobei die Beteiligten in gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit einen gemeinsamen Zweck zu erreichen versuchen.
VI. Stille Gesellschaft und Treuhand
5.54 Nach der Rechtsprechung schließen sich stille Gesellschaft und Treuhand gegenseitig aus1. Wesentliches Merkmal der Treuhand ist das Handeln des Treuhänders im Interesse und für Rechnung des Treugebers. Dagegen wird der Geschäftsinhaber der stillen Gesellschaft zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks für gemeinschaftliche Rechnung tätig.
5.55 Die Bezeichnung des jeweils zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts als Gesellschaftsvertrag oder Treuhandabrede hat bei der Abgrenzung lediglich indizielle Bedeutung. Maßgeblich ist der materielle Gehalt.
5.56 Wichtigstes Abgrenzungskriterium ist dabei die Dispositionsbefugnis. Obwohl dem Stillen Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte zustehen können, verbleibt dem Geschäftsinhaber ein großer kaufmännischer Handlungsspielraum. Demgegenüber ist der Treuhänder an die konkreten Weisungen des Treugebers gebunden. Dieser übt die tatsächliche Sachherrschaft über das Treuhandvermögen aus. Der Treugeber kann jederzeit Herausgabe seines Vermögens verlangen. Die stille Gesellschaft ist hingegen als Dauerschuldverhältnis mit mitgliedschaftsrechtlichem Einschlag ausgestaltet, wobei jedoch auch eine kurzfristige Kündigungsmöglichkeit vereinbart werden kann2.
5.57 Im Gegensatz zur Gewinnbeteiligung und Risikogemeinschaft bei der stillen Gesellschaft trägt der Treuhänder das Verlustrisiko allein, stehen ihm demgegenüber aber auch etwaige Gewinne zu. Die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung des Treuhänders ist möglich3.
VII. Zusammenfassung
5.58 Abzugrenzen von der stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB sind zunächst die anderen Formen einer internen Unternehmensbeteiligung wie die stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die Vornahme von Geschäften für gemeinsame Rechnung
1 Vgl. BFH v. 10.7.2001 – VIII R 35/00, BStBl. II 2001, 646 = FR 2001, 958; bestätigt von BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, DStR 2008, 2305 (2308). 2 Für die Möglichkeit des Zusammentreffens von Treuhand und stiller Gesellschaft siehe Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 60, m.w.N. 3 Vgl. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; Dötsch, DStZ 1997, 837.
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und die Unterbeteiligung am Gesellschaftsanteil des Gesellschafters einer Handelsgesellschaft oder eines stillen Gesellschafters. Von den handelsrechtlichen Personengesellschaften unterscheidet sich die stille Gesellschaft, die keine Handelsgesellschaft ist, dadurch, dass ihre Wirkungen sich auf das Innenverhältnis der Beteiligten zueinander beschränken und dass es – auch bei atypischer Ausgestaltung – an einem gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögen, an dem der stille Gesellschafter dinglich mitberechtigt ist, fehlt. Hierdurch unterscheidet sich der stille Gesellschafter trotz äußerlicher Ähnlichkeit der Rechtsstellung vom Kommanditisten. Von der stillen Beteiligung scharf zu trennen sind wegen der andersartigen Rechtsfolgen die partiarischen Verträge, bei denen der eine Vertragspartner als Entgelt für die von ihm erbrachten Leistungen am Gewinn des anderen beteiligt wird. Die Abgrenzung gegenüber der stillen Gesellschaft ist in der Praxis oft schwierig. Allgemein gültige Regeln lassen sich nicht aufstellen. Es kommt stets auf die Vertragsgestaltung und auf das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall an. Entscheidend für die Annahme einer stillen Gesellschaft ist der animus contrahendae societatis, d.h. der Wille der Beteiligten, zur Verwirklichung eines gemeinschaftlichen Zwecks zusammenzuwirken. Wichtige Anhaltspunkte für das Vorliegen einer stillen Gesellschaft sind die dem Vertragspartner eingeräumten Kontroll- und Mitwirkungsrechte, die Dauer des Vertragsverhältnisses, die Höhe der Gewinn- und Verlustbeteiligung und die Risikobereitschaft des Geldgebers, die Unübertragbarkeit bzw. bei Dienstleistungen die Vererblichkeit der Beteiligung, die Einschränkung der Möglichkeiten zur Kündigung oder Anteilsübertragung sowie die Stellung der Gesellschafter zueinander (Gleichordnung oder Über- und Unterordnung). Vom Kommissionsgeschäft unterscheidet sich die stille Gesellschaft durch die völlig andere Interessenlage. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird zwar ebenso wie der Kommissionär nach außen hin im eigenen Namen tätig. Er handelt aber nicht auf fremde Rechnung, sondern in Verfolgung des gemeinsamen gesellschaftlichen Zwecks auf gemeinschaftliche Rechnung. Das Rechtsverhältnis zwischen dem schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligten Stillen und dem Geschäftsinhaber ist schließlich weder ein reines Treuhandverhältnis noch ein bloßer Gewinnabführungsvertrag.
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§ 6 Die beteiligten Personen Schrifttum: von Bar, Christian, Internationales Privatrecht, 2. Band: Besonderer Teil, 1991; Beuthien, Volker, Die atypische stille Gesellschaft – Ein Weg zu mehr Eigenkapital für eingetragene Genossenschaften, NZG 2003, 849; Bicker, Eike Thomas, Gläubigerschutz in der grenzüberschreitenden Konzerngesellschaft, 2007; Blaurock, Uwe, Zur stillen Beteiligung mehrerer Personen an einer Apotheke, NJW 1972, 1119; Blaurock, Uwe, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 1981; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Blaurock, Uwe, Die Limited & Still – Bemerkungen zur Stillen Gesellschaft im deutschen Kollisionsrecht, in Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 821; Bujotzek, Peter/Mocker, Felix, Kleinanlegerschutzgesetz – offene Fragen beim Crowdinvesting BKR 2015, 358; Canaris, Claus-Wilhelm, Handelsrecht, 24. Aufl. 2006; Ebert, Sabine, The Law Applicable to Groups of Companies Involving European Companies (Societas Europea), 25 Company Lawyer 2004, 108; Eidenmüller, Horst, Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; Eidenmüller, Horst, Mobilität und Restrukturierung von Unternehmen im Binnenmarkt – Entwicklungsperspektiven des europäischen Gesellschaftsrechts im Schnittfeld von Gemeinschaftsgesetzgeber und EuGH, JZ 2004, 24; Hadding, Walther, Zur gesellschaftsrechtlichen Vereinbarkeit von stillen Vermögenseinlagen und Genussrechten mit dem Förderungszweck eingetragener Kreditgenossenschaften, ZIP 1984, 1295 (Teil I), 1298 (Teil II); Herr, Sascha/Bantleon, Ulrich, Crowdinvesting als alternative Unternehmensfinanzierung – Grundlagen und Marktdaten in Deutschland, DStR 2015, 532; Horn, Norbert, Unternehmensbeteiligung der Arbeitnehmer und Gesellschaftsrecht, ZGR 1974, 133; Janzen, Harald, Die Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, Diss. Marburg, 1979; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2007; König, Johannes, Die subjektive Steuerpflicht der Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nach dem deutschen Körperschaftsteuerrecht, Diss. Münster, 1958; Lentner, Anton J., Das Gesellschaftsrecht der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV), 1994; Lindley, Nathaniel/Banks, Roderick C. I’Anson, Partnership, 18th ed. 2002; Möhle, Fritz, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, 2. Aufl. 1957; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Paulick, Heinz, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, 1956; Paulick, Heinz, Die Einmann-GmbH Stille Gesellschaft (StG) im Steuerrecht, GmbHR 1982, 237; Reuter, Dieter, Verbesserung der Risikokapitalausstattung der Unternehmen durch Mitarbeiterbeteiligung?, NJW 1984, 1849; Schmidt, Karsten, Die Vertragsparteien bei der stillen Beteiligung, DB 1976, 1705; Schmidt, Karsten, Sozialansprüche und actio pro socio bei der „GmbH & Still“ – Zur Binnenverfassung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft, in Festschrift für Gerold Bezzenberger, 2000, S. 401; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Einmann-GmbH & Still und Mitunternehmerschaft, GmbHR 1983, 202; Sudhoff, Heinrich, Die GmbH & Co. StG, DB 1969, 2069; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind – Zugleich eine Besprechung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 9.7.1987 IV R 95/85, BB 1988, 946; Werner, Rüdiger, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Wiedemann, Herbert, Stille Publikumsgesellschaften, WM 2014, 1985.
I. Der Inhaber des Handelsgewerbes 1. Überblick
6.1 Taugliches Beteiligungssubjekt i.S. der §§ 230 ff. HGB ist auf der einen Seite nur eine Person, die ein „Handelsgewerbe“ betreibt1. Das Gesetz nennt diese Person in § 230 1 Vgl. allerdings auch noch zur stillen Beteiligung an dem Unternehmen einer Kapitalgesellschaft mit ideeller oder gemeinnütziger Zwecksetzung (Rz. 6.24), einer Genossenschaft (Rz. 6.27 f.), einer Gesellschaft in Liquidation (Rz. 6.30) und einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (Rz. 6.36).
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§ 6 Die beteiligten Personen
Abs. 1 HGB den Inhaber des Handelsgeschäfts. Da mit dem Betrieb eines Handelsgewerbes nach § 1 Abs. 1 HGB die Kaufmannseigenschaft einhergeht, ist der Geschäftsinhaber einer stillen Gesellschaft stets auch Kaufmann i.S. der §§ 1 ff. HGB1. Auch im Rahmen von § 230 Abs. 1 HGB hat man zwischen den eigentlichen Handelsgewerben, bei denen der Gewerbebetrieb (Rz. 6.5 ff.) nach Art und Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert (vgl. § 1 Abs. 2 HGB; Rz. 6.12), und den uneigentlichen Handelsgewerben kraft Handelsregistereintragung (§§ 2, 3, 5 HGB) zu unterscheiden (Rz. 6.13 ff.). Diese zunächst für Einzelpersonen konzipierten Regelungen gelten nach § 6 Abs. 1 HGB auch für die Personengesellschaften (Rz. 6.18 ff.). Körperschaften, denen das Gesetz ohne Rücksicht auf den Gegenstand des Unternehmens die Eigenschaft eines Kaufmanns beilegt (Kapitalgesellschaften, eingetragene Genossenschaften), betreiben schließlich auch dann kraft Gesetzes ein Handelsgewerbe i.S. des § 230 Abs. 1 HGB, wenn ihr Unternehmen kein Handelsgewerbe oder nicht einmal ein Gewerbe sein sollte (§ 6 Abs. 2 HGB; Rz. 6.24 ff.). Die EWIV ist zwar keine Körperschaft i.S. des § 6 Abs. 2 HGB, gilt jedoch unmittelbar nach § 1 EWIVAG als eine subsidiär dem Recht der OHG (§§ 105 ff. HGB) unterworfene Handelsgesellschaft i.S. des HGB (Rz. 6.23). Auch der Personengesellschaft, die nur eigenes Vermögen verwaltet und daher kein Gewerbe und erst recht kein Handelsgewerbe betreibt (sog. Vermögensverwaltungsgesellschaft), aber nach § 105 Abs. 2 HGB freiwillig in das Handelsregister eingetragen wurde, kommt als OHG die Eigenschaft als Handelsgesellschaft kraft Gesetzes zu. Wird jedoch von diesen bloßen Formkaufleuten nach § 6 Abs. 2 HGB, § 1 EWIV-AG oder § 105 Abs. 2 HGB eine nicht auf Gewinnerzielung angelegte Tätigkeit ausgeübt, stellt sich gleichwohl noch die Frage, ob es sich um ein Handelsgewerbe handelt, an dem eine stille Beteiligung i.S. des § 230 Abs. 1 HGB begründet werden kann (dazu für die Genossenschaft Rz. 6.27 f. und für die EWIV Rz. 6.23). § 230 Abs. 1 HGB schließt somit grundsätzlich die stille Beteiligung an Unternehmen aus, die wie freiberufliche Unternehmen (Rz. 6.11 und Rz. 6.22)2, nur vorübergehend betriebene Unternehmen einer Gelegenheitsgesellschaft (Rz. 6.7) oder nicht auf Gewinnerzielung angelegte bzw. nicht nach wirtschaftlichen Grundsätzen betriebene Unternehmen eines Idealvereins (Rz. 6.9 f.) schon gar keine Gewerbe sind. Vorbehalten bleibt insofern lediglich § 6 Abs. 2 HGB (Rz. 6.24). Auch an Kleingewerben sowie an land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen und deren Nebengewerben kann eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB nicht begründet werden, sofern deren Inhaber nicht nach §§ 2 f. HGB im Handelsregister eingetragen sind (Rz. 6.13 f.).
6.2
Fehlt dem Geschäftsinhaber die Kaufmannseigenschaft, so kann eine stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB nicht entstehen. Daraus folgt aber nicht, dass der Ge-
6.3
1 So Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 6 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 45; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 34 ff.; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 5; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 32; so nun auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 19; a.A. K. Schmidt, DB 1976, 1707 (1708), der die §§ 230 ff. HGB auch auf nichtkaufmännische Unternehmen anwenden wollte; vgl. dazu auch Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 25 f., 38 f. 2 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 25, 121 (analoge Anwendung der §§ 230 ff. HGB); wie hier BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH-NV Nr. 11/90, 692 und Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 1.
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§ 6 Die beteiligten Personen
sellschaftsvertrag nichtig wäre. Das Vertragsverhältnis wird vielmehr in der Regel nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu beurteilen sein, wobei es den Beteiligten im Rahmen des dispositiven Rechts vorbehalten ist, zu vereinbaren, dass sich ihre Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis nach den Vorschriften über die stille Gesellschaft bestimmen sollen, soweit sie passen1. Für die §§ 233 Abs. 3 HGB und 136 InsO gilt das jedoch im Zweifel nicht2. Auf die stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts können zudem einzelne Vorschriften des HGB analog zur Anwendung gelangen (Rz. 5.2 f.). Entfällt die Kaufmannseigenschaft nachträglich, so besteht die stille Gesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts fort, sofern dies dem übereinstimmenden Willen der Gesellschafter entspricht3. 2. Natürliche Personen als Geschäftsinhaber
6.4 Natürliche Personen werden dadurch zu Geschäftsinhabern i.S. von § 230 Abs. 1 HGB, dass sie ein Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 1 HGB; Rz. 6.5 ff.) betreiben (Rz. 6.16). Dieser tätigkeitsbezogene Grundtatbestand setzt den Betrieb eines Gewerbes (Rz. 6.5 ff.) voraus, das gemäß § 1 Abs. 2 HGB wegen des Bedürfnisses nach kaufmännischer Einrichtung (Rz. 6.12) bzw. gemäß §§ 2, 3 und 5 HGB kraft Eintragung in das Handelsregister ein Handelsgewerbe ist bzw. als solches gilt (Rz. 6.13 ff.). Der Betreiber ist (§§ 1, 2, 3 HGB) bzw. gilt (§ 5 HGB) als Einzelkaufmann. a) Gewerbeeigenschaft des betriebenen Unternehmens
6.5 Die Geschäftsinhaberschaft nach § 230 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 HGB setzt zunächst die Existenz eines Gewerbes voraus. Im HGB findet sich allerdings keine gesetzliche Definition des Gewerbebegriffs. Auch im Gewerbeordnungsrecht wird er als historisch gewachsen vorausgesetzt und nur durch den Negativkatalog des § 6 Abs. 1 GewO für die spezifischen Bedürfnisse des Gewerbeordnungsrechts genauer eingegrenzt. Eine steuerrechtliche Definition des Gewerbebetriebs enthält § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG (vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG), der ebenfalls durch positive und negative Katalogtatbestände (z.B. §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 18 Abs. 1 EStG) und Steuerrichtlinien (z.B. R 2.1 GewStR 2009) konkretisiert wird. Für den handelsrechtlichen Gewerbebegriff werden hierdurch allerdings nur unverbindliche Anhaltspunkte gegeben4. So betreibt etwa auch ein Apotheker ein Gewerbe i.S. des HGB5, obwohl er nach § 6 Abs. 1 GewO nicht der GewO unterfällt, weil für ihn insbesondere die Sonderbestimmungen des Apothekengesetzes gelten, die allerdings eine stille Beteiligung an einer Apotheke ausdrücklich untersagen (§ 8 Satz 2 ApoG; dazu Rz. 9.77)6.
1 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 32. 2 Vgl. BGH v. 22.6.1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99 m. Anm. K. Schmidt, JuS 1982, 139; Klauss/ Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 40. 3 Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 4; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 79. 4 BGH v. 16.3.2000 – VII ZR 324/99, NJW 2000, 1940 (1941). 5 Vgl. zur möglichen Eigenschaft einer Apotheke als Handelsgewerbe BGH v. 20.1.1983 – I ZR 13/81, NJW 1983, 2085 (2086). 6 Siehe zur stillen Beteiligung an einer Apotheke vor Einführung von § 8 Satz 2 ApoG Blaurock, NJW 1972, 1119 ff.
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§ 6 Die beteiligten Personen
Nach der teilweise umstrittenen traditionellen Rechtsprechung und Lehre wird unter einem Gewerbe eine selbständige1 Tätigkeit verstanden, die nach außen erkennbar und auf Dauer angelegt ist sowie in erlaubter Weise2 mit Gewinnerzielungsabsicht3 und nicht als freier Beruf4 betrieben wird5. Keine Gewerbe sind daher neben den unselbständigen Tätigkeiten (z.B. Tätigkeit eines angestellten Handelsreisenden) zunächst die nach außen nicht erkennbaren Tätigkeiten wie insbesondere die Verwaltung des eigenen Vermögens6. Die bloße innere Absicht, ein Gewerbe zu betreiben, reicht nicht aus. Allerdings kann eine Gesellschaft, die nur ihr eigenes Vermögen verwaltet, nach § 105 Abs. 2 HGB trotz fehlender Gewerbeeigenschaft in das Handelsregister eingetragen und auf diese Weise zur möglichen Partnerin einer stillen Gesellschaft werden.
6.6
Ein Gewerbe muss zudem auf Dauer angelegt sein7. Die Absicht, nur einmalig oder gelegentlich Geschäfte zu tätigen, ist danach nicht ausreichend. Keine Gewerbe sind daher die von einer Einzelperson oder einer Gelegenheitsgesellschaft des bürgerlichen Rechts nur vorübergehend betriebenen Unternehmen. Jedoch ist auch eine regelmäßig (Saisonbetrieb) oder gelegentlich unterbrochene Tätigkeit sowie eine schon bald nach ihrer Begründung planwidrig wieder eingestellte Tätigkeit als Gewerbe zu qualifizieren, sofern sie auf Dauer angelegt ist bzw. war8. Entscheidend ist letztlich, ob nach außen eher der Eindruck einer gewöhnlichen oder einer außergewöhnlichen Tätigkeit entsteht.
6.7
Die Tätigkeit muss nach traditioneller Auffassung erlaubt sein9. Dies ist jedoch nicht im Sinne einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis zu verstehen, da hiervon die Kaufmannseigenschaft nach § 7 HGB gerade unabhängig sein soll. Vielmehr geht es um die Ausgrenzung der von der Rechtsordnung geächteten Gewerbe, deren Betreibern der Zugang zu den Vorteilen und zum Prestige der Kaufmannsstellung (z.B. Ernennung eines Prokuristen nach §§ 48 ff. HGB oder Ernennung zum Handelsrichter nach § 109 GVG) versperrt werden soll10. Unerlaubt sind diejenigen Gewerbe, die insgesamt auf eine gesetz- oder sittenwidrige Tätigkeit gerichtet sind (§§ 134, 138 BGB).
6.8
Nach der früher h.M. musste die Tätigkeit zumindest auch darauf gerichtet sein, einen den Aufwand übersteigenden Ertrag (Gewinn) zu erwirtschaften11. Wer nur mit
6.9
1 Zur Selbständigkeit vgl. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB. 2 Mit Recht kritisch dazu K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 Rz. 32 f. 3 Mit Recht kritisch dazu Hopt in Baumbach/Hopt, § 1 HGB Rz. 15 f.; offengelassen durch BGH v. 24.6.2003 – XI ZR 100/02, BGHZ 155, 240 (245 f.). 4 Mit Recht kritisch dazu K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 Rz. 21 ff. 5 Näher dazu Oetker in Großkomm/HGB, § 1 HGB Rz. 14 ff. 6 ROHGE 22, 303: heimliches Spekulieren an der Börse; BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 97/78, BGHZ 74, 273 (276 f.): Halten eines GmbH-Anteils; OLG Düsseldorf v. 12.3.2002 – 23 U 113/01, NJOZ 2002, 1442 (1444): Halten eines GmbH-Anteils; zur Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerbe instruktiv Schön, DB 1998, 1169 ff. 7 RG v. 5.7.1910 – VII 252/1, RGZ 74, 150. 8 RG v. 12.11.1930 – I 208/30 RGZ 130, 233 (235). 9 Vgl. Oetker in Großkomm/HGB, § 1 HGB Rz. 40 ff. 10 Mit Recht kritisch dazu K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 Rz. 32 f. 11 St. Rspr. seit RG v. 11.6.1907 – III 21/07, RGZ 66, 143 (148); generell offengelassen jedoch durch BGH v. 24.6.2003 – XI ZR 100/02, BGHZ 155, 240 (245 f.); vgl. zum Diskussionsstand Oetker in Großkomm/HGB, § 1 HGB Rz. 37 ff.
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dem Ziel der Kostendeckung arbeitet, betreibt danach kein Gewerbe. Es genügt aber die Absicht der Gewinnerzielung. Ob tatsächlich und dauerhaft ein Gewinn erzielt wird, ist unerheblich. Der erzielte Gewinn braucht auch nicht die Haupteinnahmequelle des Betreibers zu sein1. Die Gewinnerzielung muss weder das einzige Motiv der Tätigkeit bilden noch eigennützig erfolgen. Gemeinnützigkeit und Gewinnerzielungsabsicht schließen sich daher nicht aus. Die Absicht der Gewinnerzielung ist bei privaten Unternehmen zu vermuten, bei Unternehmen der öffentlichen Hand im Einzelfall festzustellen2.
6.10 Das traditionelle Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht gilt mit Recht zunehmend als überholt. Auch für das Bestehen einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB sollte es nicht auf die innere Tatsache der Gewinnerzielungsabsicht, sondern auf einen äußerlich erkennbaren Umstand ankommen. Hierfür bietet sich am ehesten das Kriterium der entgeltlichen Tätigkeit am Markt an3. Denkbar wäre es zudem, auf eine Betriebsführung nach wirtschaftlichen Grundsätzen abzustellen4. Auch der BGH hat zuletzt auf das Erfordernis einer Gewinnerzielungsabsicht verzichtet, wenn er diesen Verzicht auch ausdrücklich auf das Verbraucherkreditrecht beschränkt und die Frage für das Handelsrecht (noch) offen gelassen hat5.
6.11 Die Ausgrenzung der freien Berufe einschließlich der künstlerischen und wissenschaftlichen Tätigkeiten aus dem Gewerbebegriff (vgl. auch § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 PartGG, § 6 Abs. 1 GewO und § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) ist traditionell bedingt. Sachliche Rechtfertigungsgründe wie z.B. die Reglementierung durch das jeweilige Standesrecht, die Personenbezogenheit oder die idealistischen Zielsetzungen freiberuflicher Tätigkeit sind zumindest im Handelsrecht wenig tragfähig6. Trotz der immer wieder geäußerten Kritik hat das HRefG von 1998 an der traditionellen Rechtsstellung der freiberuflich Tätigen und damit an ihrer fehlenden Kaufmannseigenschaft festgehalten7. Eine stille Beteiligung an einem freiberuflichen Unternehmen i.S. der §§ 230 ff. HGB ist damit nur möglich, wenn neben der freiberuflichen Tätigkeit noch eine das Unternehmen prägende handelsgewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (z.B. Krankenhausbetrieb) oder das Unternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben wird (dazu Rz. 6.24). Anderenfalls handelt es sich im Falle gemeinsamer Zweckverfolgung um eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts, auf die einzelne Regelungen der §§ 230 ff. HGB nur kraft Parteivereinbarung oder Analogie zur Anwendung kommen können (dazu Rz. 5.2 f.).
1 OLG Frankfurt a.M. v. 13.11.1990 – 11 U 26/90, NJW-RR 1991, 243 (246). 2 BGH v. 18.1.1968 – VII ZR 101/65, BGHZ 49, 258 (260); eine Gewinnerzielungsabsicht der Sparkassen bejahend RG v. 1.3.1927 – II 371/26, RGZ 116, 227 (228 f.). 3 K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 Rz. 37 ff. 4 Hopt in Baumbach/Hopt, § 1 HGB Rz. 15 f. 5 BGH v. 24.6.2003 – XI ZR 100/02, BGHZ 155, 240 (245 f.). 6 Siehe dazu nur K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 Rz. 21 ff. 7 Röhricht in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, Einleitung Rz. 38; Canaris, Handelsrecht, § 2 Rz. 8 ff.; hierzu kritisch: K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 Rz. 21; K. Schmidt, ZIP 1997, 909 (911).
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b) Handelsgewerbeeigenschaft des betriebenen Unternehmens aa) Handelsgewerbe kraft Unternehmenszuschnitts nach § 1 HGB Handelsgewerbe ist nach der 1998 Gesetz gewordenen Definition des § 1 Abs. 2 HGB „jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert“. Damit hat der Begriff des Handelsgewerbes seit 1998 nichts mehr mit dem klassischen Warenhandel zu tun. § 1 Abs. 2 HGB ist vielmehr eine Generalklausel, die neben den eigentlichen Handelsgewerben (z.B. Groß- und Einzelhandel) auch die verschiedenen Dienstleistungs- und Handwerksgewerbe erfasst. Maßgeblich ist, ob bei einer wertenden Gesamtbetrachtung nach qualitativen („Art“; z.B. Komplexität der Waren, Produkte, Dienstleistungen und Geschäfte, Kundenstruktur) und quantitativen („Umfang“; z.B. Umsatz, Anlage- und Umlaufvermögen, Anzahl der Beschäftigten und Betriebsstätten, Kreditbedarf) Kriterien eine kaufmännische Einrichtung (z.B. geordnete Buchführung und Korrespondenz, arbeitsteiliges Vorgehen mit dem Einsatz kaufmännischen Personals, Firmenführung) objektiv erforderlich (nicht notwendig vorhanden) ist. Im Interesse der Rechtssicherheit hat der Gesetzgeber § 1 Abs. 2 HGB als widerlegliche Vermutung („es sei denn“) ausgestaltet, so dass bei Vorliegen eines Gewerbes – gleich welcher Art – von der Eigenschaft als Handelsgewerbe und damit vom Kaufmannsstatus ausgegangen werden kann. Die Vermutung spricht auch für das Vorliegen eines Rechtssubjekts, mit dem eine stille Gesellschaftsbeteiligung eingegangen werden kann. Wer ein anderes behauptet, trägt dafür die Darlegungs- und Beweislast (§ 292 ZPO). Die Handelsregistereintragung der Firma ist für den Betreiber eines Handelsgewerbes i.S. von § 1 Abs. 2 HGB zwar obligatorisch (§ 29 HGB), hat aber lediglich deklaratorische Wirkung, sodass der Geschäftsinhaber bereits vor der Eintragung tauglicher Partner einer stillen Gesellschaft ist. Der Gesellschaftsvertrag über die stille Beteiligung wird schon mit Vertragsabschluss wirksam.
6.12
bb) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 2 HGB Kaufleute sind auch diejenigen Kleingewerbetreibenden, die von der Option in § 2 Satz 1 HGB zur Handelsregistereintragung Gebrauch gemacht haben. Als solche unterliegen sie dann zur Gänze den Regelungen des Handelsrechts1, insbesondere der Buchführungspflicht nach § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB. Da in diesen Fällen die Handelsregistereintragung konstitutive Bedeutung hat, liegt vor der Eintragung kein Handelsgewerbe vor. Das schließt nicht aus, dass ein auf Errichtung einer stillen Gesellschaft gerichteter Vertrag, in dem sich der künftige Inhaber und der stille Gesellschafter verpflichten, einerseits die Eintragung im Handelsregister herbeizuführen und den Geschäftsbetrieb aufzunehmen und andererseits die vereinbarte Vermögenseinlage zu leisten, schon vor der Eintragung rechtswirksam abgeschlossen werden kann. Die stille Gesellschaft als solche wird jedoch gemäß § 2 HGB erst mit der Eintragung wirksam2. Kommt der Inhaber seiner gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung zur 1 Canaris, Handelsrecht, § 3 Rz. 16; Roth in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 2 HGB Rz. 1. 2 So jetzt auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 23; a.A. noch K. Schmidt, DB 1976, 1707. Da es für K. Schmidt im Ergebnis nicht auf die Kaufmannseigenschaft des Geschäftsinhabers, sondern auf das Vorhandensein eines Unternehmens ankam, konnte jeder Sollkaufmann unabhängig davon, ob er im Handelsregister eingetragen war oder nicht, ein stilles Beteiligungsverhältnis begründen.
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6.13
§ 6 Die beteiligten Personen
Herbeiführung der Registereintragung und zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs nicht nach, kann der stille Gesellschafter auf Erfüllung klagen. Außerdem sind die §§ 230 ff. HGB in diesen Fällen bis zur angestrebten Eintragung im Handelsregister entsprechend anwendbar1. cc) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 3 HGB
6.14 Die Inhaber eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens sind auch dann keine Kaufleute gemäß § 1 HGB, wenn ihr Unternehmen eine kaufmännische Einrichtung erfordert (§ 3 Abs. 1 HGB). Sie können sich aber freiwillig in das Handelsregister eintragen lassen, wodurch sie die Kaufmannseigenschaft nach § 3 Abs. 2 i.V.m. § 2 HGB erlangen und dem gesamten Handelsrecht unterworfen werden. Im Gegensatz zu den Kaufleuten nach § 2 HGB, die ihre Eintragung bei fortdauerndem kleingewerblichem Zuschnitt wieder rückgängig machen können (§ 2 Satz 3 HGB), bleiben die Inhaber eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens mit kaufmännischem Zuschnitt jedoch bis zur Geschäftsaufgabe zwingend dem Handelsrecht unterstellt (§ 3 Abs. 2 HGB a.E.). Das ansonsten nur Kleingewerbetreibenden zustehende Privileg einer freiwilligen Handelsregistereintragung kommt dem Betreiber eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens auch für ein kaufmännisches Nebengewerbe zugute (§ 3 Abs. 3 HGB). Eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB besteht damit an einem land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen bzw. an dem Nebengewerbe eines solchen Unternehmens nur dann, wenn sich der Betreiber freiwillig nach § 2 HGB (kleingewerblicher Zuschnitt) bzw. § 3 Abs. 2, Abs. 3 HGB (handelsgewerblicher Zuschnitt) in das Handelsregister hat eintragen lassen. Auch hier kommt dem Registereintrag konstitutive Bedeutung zu, sodass im Übrigen die Ausführungen zu Rz. 6.13 entsprechend gelten. dd) Handelsgewerbe kraft Eintragung nach § 5 HGB
6.15 Hat jemand, der ein Gewerbe betreibt2 und im Handelsregister eingetragen ist, in Wirklichkeit aber kein Handelsgewerbe i.S. von § 1 HGB betreibt, einen stillen Gesellschafter an seinem Gewerbe beteiligt, so kann gegenüber demjenigen, welcher sich auf die Eintragung beruft, nicht geltend gemacht werden, dass das unter der Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei (§ 5 HGB). Das gilt nicht nur im Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter, sondern auch im Verhältnis zu dritten Personen, z.B. für die Zulässigkeit der besonderen Insolvenzanfechtung gegenüber dem stillen Gesellschafter gemäß § 136 InsO. Seit der Reform des Handelsrechts von 1998 ist § 5 HGB in seinem Anwendungsbereich zumindest stark eingeschränkt, wenn nicht gar überflüssig3, da zum einen das Vertrauen in die Kaufmannseigenschaft eines eingetragenen Gewerbetreibenden auch voll1 So auch BFH v. 10.7.2001 – VIII R 45/98, DB 2001, 2072 und nunmehr K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 19, 23 f.; noch weitergehend und für eine direkte Anwendung K. Schmidt, DB 1976, 1705 (1707). 2 Siehe zu diesem sich aus dem Wortlaut von §§ 2, 105 Abs. 2 HGB ergebenden Erfordernis nur Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 Rz. 88. 3 So zutreffend K. Schmidt, JZ 2003, 585 (588 f.) sowie speziell im Hinblick auf die Möglichkeit echter stiller Beteiligungen K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 21 und Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 88; generell a.A. Canaris, Handelsrecht, § 3 Rz. 49 f.
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§ 6 Die beteiligten Personen
ständig durch die §§ 2, 3 Abs. 2 und 105 Abs. 2 HGB geschützt werden könnte1 und zum anderen die Vorschrift dort nicht weiterhilft, wo es am Betrieb eines Gewerbes überhaupt fehlt (z.B. freiberufliche Tätigkeit), da auch § 5 HGB nach allgemeiner Ansicht den Betrieb eines Gewerbes voraussetzt2. c) Betreibereigenschaft des Geschäftsinhabers Geschäftsinhaber i.S. des Grundtatbestands ist schließlich nur derjenige, der das Handelsgewerbe i.S. des § 1 Abs. 1 HGB „betreibt“. Dabei kommt es nur darauf an, dass das Handelsgewerbe in seinem Namen geführt wird und er als rechtsfähige natürliche oder juristische Person bzw. als rechtsfähige Personenhandelsgesellschaft aus den in dem Handelsgewerbe wirksam geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet wird. Danach ist es unerheblich, ob der Geschäftsinhaber als natürliche Person in „seinem“ Handelsgewerbe auch selbst tätig ist. Er kann sich nicht nur bei einzelnen Geschäften, sondern bei der Führung des Gewerbes überhaupt vertreten lassen. Andererseits ist damit der Vertreter (z.B. Eltern, Geschäftsführer, Insolvenzverwalter) kein Geschäftsinhaber, mit dem eine stille Gesellschaft begründet werden könnte. Der Betreiber muss seine Handelsgeschäfte auch nicht für eigene Rechnung abschließen und kann daher z.B. als Kommissionär auch für fremde Rechnung handeln. Der Betreiber braucht auch nicht der Inhaber des Geschäftsvermögens zu sein, so dass auch der Pächter oder Nießbraucher eines Handelsgewerbes Geschäftsinhaber i.S. des § 230 Abs. 1 HGB sein kann. Ein Geschäftsunfähiger oder beschränkt Geschäftsfähiger kann ebenfalls Betreiber eines Handelsgewerbes sein. Der Geschäftsinhaber muss schließlich über keine besondere Eignung verfügen und kann insbesondere auch ohne eine öffentlich-rechtliche Gewerbeerlaubnis (§ 7 HGB) Geschäftsinhaber sein.
6.16
3. Gesellschaften als Geschäftsinhaber a) Handelsgesellschaften aa) Überblick Nach § 6 Abs. 1 HGB gelten das gesamte Handelsrecht und damit die §§ 230 ff. HGB auch für die Handelsgesellschaften. Zu den Handelsgesellschaften zählen mit Ausnahme des VVaG (§§ 171 ff. VAG; dazu Rz. 6.29)3 zunächst alle Gesellschaften, die in das Handelsregister eingetragen werden, d.h. die Personenhandelsgesellschaften des HGB (OHG, KG; dazu Rz. 6.18 ff.), die EWIV (Rz. 6.23) und die Kapitalgesellschaften 1 So etwa K. Schmidt, ZHR 163 (1999), 87 (91 ff.) mit dem zutreffenden Hinweis, dass § 2 HGB allein auf die objektive Tatsache der Eintragung im Handelsregister abstellt und nicht danach differenziert, ob die Eintragung auch subjektiv freiwillig erfolgte oder nicht; a.A. Canaris, Handelsrecht, § 3 Rz. 49 f., der die Anwendung der §§ 2, 3 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB auf eine bereits anfänglich auch subjektiv freiwillige Eintragung beschränken möchte und damit dem § 5 HGB eine Bedeutung in Fällen verschafft, in denen die Handelsregistereintragung lediglich aufgrund einer vermeintlichen Eintragungspflicht nach § 29 HGB erfolgte (siehe dazu näher Jung, Handelsrecht, N 26 f.). 2 Siehe zur ganz h.M. nur BGH 19.5.1960 – II ZR 72/59 AZ BGHZ 32, 307 (313 f.) und speziell im Hinblick auf die Möglichkeit echter stiller Beteiligungen; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 88; a.A. K. Schmidt Handelsrecht, § 10 Rz. 28 ff. 3 Nach § 172 VAG gelten für den VVaG zwar u.a. die Vorschriften des Ersten und Vierten Buchs des HGB, doch sind davon ausdrücklich die §§ 1–7 HGB ausgenommen.
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6.17
§ 6 Die beteiligten Personen
(AG, KGaA, SE, GmbH). Diesen Gesellschaften sind ferner alle entsprechenden ausländischen Kapital- und Personenhandelsgesellschaften gleichgestellt (Rz. 6.31 ff.). Nicht zu den Handelsgesellschaften gehören die nicht eintragungsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB), die als reine Innengesellschaft nicht eintragungsfähige stille Gesellschaft selbst (§§ 230 ff. HGB; vgl. auch die terminologische Unterscheidung in der Überschrift des Zweiten Buches des HGB) sowie die in das Genossenschaftsregister einzutragenden Genossenschaften eG und SCE (vgl. §§ 10, 17 Abs. 2 GenG; Rz. 6.27 f.). An den von diesen Gesellschaften allenfalls betriebenen Unternehmen kann mit Ausnahme von Genossenschaftsunternehmen (Rz. 6.27 f.) nur eine stille Beteiligung in Form der BGB-Gesellschaft erfolgen (Rz. 5.2 f.). bb) Personenhandelsgesellschaften kraft Betriebs eines Handelsgewerbes
6.18 Personengesellschaften können nur als Handelsgesellschaften i.S. des § 6 Abs. 1 HGB stille Gesellschafter an ihrem Unternehmen i.S. der §§ 230 ff. HGB beteiligen (dazu auch noch Rz. 9.66 ff.)1. Eine Personengesellschaft ist zunächst dann Handelsgesellschaft, wenn sie gleich einem Einzelkaufmann ein Handelsgewerbe i.S. des § 1 HGB betreibt. Dies ist der Fall, wenn sie ein Gewerbe betreibt, das nach Art und Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert (dazu bereits Rz. 6.5 ff.) und kein landoder forstwirtschaftliches Unternehmen darstellt (dazu bereits Rz. 5.14). Derartige Gesellschaften sind dann allein kraft dieses Betriebs und unabhängig von der in diesen Fällen zwar obligatorischen, aber lediglich deklaratorischen Handelsregistereintragung eine rechtsfähige (§ 124 Abs. 1 HGB) offene Handelsgesellschaft (§ 105 Abs. 1 HGB) oder Kommanditgesellschaft (§ 161 HGB). Auf den stillen Gesellschaftsvertrag sind auch vor der Handelsregistereintragung die §§ 230 ff. HGB direkt anwendbar.
6.19 Sofern von einer Personengesellschaft ein die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HGB nicht erfüllendes sog. Kleingewerbe betrieben wird, können die Gesellschafter die Gesellschaft freiwillig zur Eintragung in das Handelsregister anmelden. Mit der in diesem Fall konstitutiven Eintragung wird die bisherige BGB-Gesellschaft zur Personenhandelsgesellschaft (§§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB) oder gilt zumindest als solche (§ 5 HGB). Die stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. entsteht in diesen Fällen erst mit der Eintragung der Personengesellschaft, wobei allerdings bereits zuvor die §§ 230 ff. HGB kraft Parteivereinbarung oder Analogie zur Anwendung kommen können (dazu Rz. 6.13 und Rz. 5.2 f.). Entsprechendes gilt für die Personengesellschaft, die ihr eigenes Vermögen verwaltet. Eine solche BGB-Gesellschaft betreibt zwar nicht einmal ein Gewerbe (dazu Rz. 6.6), kann jedoch nach §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB durch eine freiwillige konstitutive Handelsregistereintragung zur Personenhandelsgesellschaft werden2.
6.20 Wird von der Personengesellschaft ein sonstiges Unternehmen betrieben, das weder in der Verwaltung des eigenen Vermögens besteht noch sonst ein Gewerbe ist (z.B. freiberufliches Unternehmen), ist die Gesellschaft nicht eintragungsfähig und kann auch durch eine irrtümliche Eintragung im Handelsregister nicht die Eigenschaft einer Handelsgesellschaft erlangen. Eine stille Beteiligung an dem von der Gesellschaft 1 RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 386; RG v. 8.1.1937 – II 122/36, RGZ 153, 371; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 5; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 80 ff. 2 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 80; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 5.
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§ 6 Die beteiligten Personen
als BGB-Gesellschaft betriebenen Unternehmen ist dann nur in der Form einer BGBInnengesellschaft möglich (dazu Rz. 5.2 f.). Personengesellschaften, die als Innengesellschaften nach außen hin nicht in Erscheinung treten, sind keine tauglichen Unternehmensträger. Sie sind im Übrigen auch aufgrund ihrer fehlenden Rechtsfähigkeit nicht in der Lage, Gesellschafter einer stillen Gesellschaft zu sein. Das gilt auch für die stille Gesellschaft selbst1.
6.21
Fraglich ist, ob eine stille Beteiligung an einer Partnerschaftsgesellschaft möglich ist. Dagegen spricht in erster Linie die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 PartGG, der zufolge die Partnerschaftsgesellschaft kein Handelsgewerbe ausübt, da sie nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PartGG einen Zusammenschluss zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit darstellt und derartige Tätigkeiten traditionell nicht als Gewerbe i.S. des § 1 HGB darstellt. Andererseits ist die Partnerschaft als rechtsfähige Personengesellschaft eine strukturgleiche Variante der offenen Handelsgesellschaft (sog. Schwesterfigur zur OHG). Für die Bejahung der Möglichkeit einer Beteiligung als stiller Gesellschafter spricht auch, dass einige Berufsgruppen (z.B. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) Handelsgesellschaften gründen können, obwohl sie kein Handelsgewerbe betreiben. Somit können Zusammenschlüsse, welche die Voraussetzungen von § 2 HGB und § 1 Abs. 2 PartGG erfüllen, zwischen der Handelsgesellschaft und der Partnerschaftsgesellschaft wählen. Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist aber nur im ersten Fall eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB möglich2. Dieses Ergebnis mag insofern unbefriedigend erscheinen, als die Möglichkeit einer Beteiligung als stiller Gesellschafter allein von der Rechtsformwahl abhängen würde, obwohl die Gesellschaft in beiden Fällen die gleiche Tätigkeit ausübt und im Wesentlichen die gleichen gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden. In Fällen, in denen sich jemand still am Unternehmen einer Partnerschaftsgesellschaft beteiligt und eine stille Gesellschaft des bürgerlichen Rechts entsteht, müssen deshalb die §§ 230 ff. HGB analog anwendbar sein (siehe dazu näher Rz. 5.3).3 Gewährt der Gesellschaftsvertrag dem stillen Gesellschafter Rechte, die ihm eine maßgebliche Einflussnahme auf Leitung und Verwaltung der Partnerschaft ermöglichen (atypisch stille Gesellschaft), sind berufsständische Beschränkungen, insbesondere bei der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, zu beachten (siehe dazu näher Rz. 9.76 ff.).4
6.22
cc) EWIV Die EWIV ist zwar kraft Gesetzes (§ 1 EWIV-AG) eine Handelsgesellschaft, doch ist zweifelhaft, ob sich stille Gesellschafter an ihrem Unternehmen beteiligen können. Nach Art. 3 Abs. 1 EWIV-VO ist es der EWIV nämlich ausdrücklich untersagt, Gewinne für sich selbst zu erzielen. Angesichts der Tatsache, dass die Tätigkeit der EWIV im Gegensatz selbst zur Genossenschaft ausdrücklich auf die Unterstützung ihrer Mitglieder, also auf Hilfstätigkeiten beschränkt ist und die Gewinnerzielung allen1 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 47, Roth in Baumbach/ Hopt, § 230 HGB Rz. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 32; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 35. 2 So auch Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 9; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 82. 3 Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 9 m.w.N. auch zu abweichenden Ansichten. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 82, 138 ff.
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6.23
§ 6 Die beteiligten Personen
falls als Nebenzweck verfolgt wird, dürfte die stille Beteiligung an einer EWIV mit ihrem Wesen und ihrer Aufgabenstellung nur schwer zu vereinbaren sein1. Dies zeigt sich auch daran, dass ein etwaiges Ergebnis der Tätigkeit der Vereinigung bei ihren Mitgliedern besteuert wird. Zudem erhebt der Fiskus die Gewerbesteuer nach § 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG nicht bei der EWIV, sondern bei deren Mitgliedern. Da sich Gewinne aus der Tätigkeit der EWIV lediglich als Nebeneffekt ergeben können, dürfte jedenfalls kaum ein praktisches Bedürfnis bestehen, sich an einer EWIV still zu beteiligen. dd) Kapitalgesellschaften
6.24 Aktiengesellschaften (§ 3 Abs. 1 AktG), Europäische Aktiengesellschaften mit Sitz in Deutschland (Art. 10 SE-VO 2157/2001 i.V.m. § 3 Abs. 1 AktG; zu SE mit Satzungssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR Rz. 6.31 f.), Kommanditgesellschaften auf Aktien (§§ 3 Abs. 1 und 278 Abs. 3 AktG) und GmbH (§ 13 Abs. 3 GmbHG) können als Handelsgesellschaften kraft Rechtsform nach § 6 HGB stille Gesellschafter an dem von ihnen betriebenen Unternehmen beteiligen. Sie sind auch dann dem Handelsrecht und mithin prinzipiell den §§ 230 ff. HGB unterstellt, wenn sie kein Handelsgewerbe betreiben2. Da eine stille Beteiligung nach § 231 Abs. 2 HGB jedoch zwingend auf Gewinnverteilung angelegt ist, entspricht die stille Gesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft aber nur dann dem Wesen einer stillen Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB, wenn das von der Kapitalgesellschaft betriebene Unternehmen (nicht notwendig auch die Kapitalgesellschaft selbst) auf Gewinnerzielung angelegt ist.
6.25 Kapitalgesellschaften können auch im Stadium zwischen ihrer Errichtung und der Erlangung der Rechtspersönlichkeit durch konstitutive Eintragung im Handelsregister stille Gesellschafter beteiligen. Das gilt insbesondere für die Vor-Aktiengesellschaft und die Vor-GmbH3. Die Vorgesellschaften entsprechen nämlich bereits insofern den späteren Kapitalgesellschaften, als es nicht gerade auf die noch fehlende Rechtspersönlichkeit ankommt. Als eine das Beteiligungsunternehmen betreibende Außengesellschaft verfügt die Vorgesellschaft andererseits bereits über die notwendige Verselbständigung gegenüber den Gründergesellschaftern, um selbst Partnerin des stillen Gesellschaftsvertrags sein zu können.
6.26 Prinzipiell sind auch Kapitalverwaltungsgesellschaften entsprechender Rechtsform (§§ 17 ff. KAGB), Investmentaktiengesellschaften mit veränderlichem Kapital (§ 108 Abs. 2 Satz 1 KAGB i.V.m. § 3 Abs. 1 AktG) und REIT-Aktiengesellschaften (§ 1 1 So auch Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 11; kritisch hierzu Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 98 unter Verweis auf § 1 EWIV-Ausführungsgesetz, wonach die EWIV Formkaufmann ist. 2 Vgl. BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743 = GmbHR 1983, 281 und BMF v. 26.11.1987 – IV B 2 – S 2241-61/87, BStBl. I 1987, 765; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 20; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 89 (anders noch Zutt in der 4. Aufl.); a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 13, der davon ausgeht, dass die Formkaufleute gemäß § 6 HGB nicht schon deshalb stille Gesellschaftsverhältnisse begründen können, weil sie Kaufmannseigenschaft kraft Rechtsform besitzen; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 10, der eine planmäßige Gewinnerzielung fordert. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 27; mit der Einschränkung einer bestehenden Gewinnerzielungsabsicht Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 10 und Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 89.
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§ 6 Die beteiligten Personen
Abs. 3 REITG) als Kapitalgesellschaften Handelsgesellschaften. Eine Kapitalverwaltungsgesellschaft darf jedoch nach § 199 KAGB (OGAW-Kapitalverwaltungsgesellschaft) bzw. § 221 Abs. 6 KAGB (AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft) für die gemeinschaftliche Rechnung der Anleger kurzfristige Kredite nur bis zur Höhe von 10 % bzw. 20 % des Wertes des inländischen OGAW bzw. des sonstigen Investmentvermögens aufnehmen. Auch eine Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital kann als intern verwaltete Publikumsinvestmentaktiengesellschaft nach § 112 Abs. 3 Satz 3 KAGB Kredite maximal i.H. von bis zu 10 % ihres Gesellschaftsvermögens aufnehmen, soweit dies den Erwerb von unbeweglichem Vermögen ermöglichen soll, das für die Ausübung ihrer Tätigkeit notwendig ist, wobei die Kreditaufnahme jedoch zusammen mit der Kreditaufnahme gemäß § 199 KAGB nicht mehr als 15 % oder zusammen mit der Kreditaufnahme gemäß § 221 Abs. 6 KAGB nicht mehr als 25 % des Gesellschaftsvermögens betragen darf. Es handelt sich bei diesen Regelungen des KAGB um Verbotsgesetze i.S. von § 134 BGB, da die unzulässige Darlehensaufnahme gemäß § 340 Abs. 1 Nr. 2 KAGB ordnungswidrig ist. Daraus ergibt sich, dass langfristige Kreditbeziehungen bzw. solche oberhalb der Schwellenwerte nicht eingegangen werden dürfen. Deshalb muss aufgrund der wirtschaftlichen Nähe der stillen Beteiligung zum partiarischen Darlehen in den betreffenden Fällen auch die Aufnahme stiller Gesellschafter ausgeschlossen sein. Bei der REIT-AG muss schließlich darauf geachtet werden, dass das Eigenkapital 45 % des unbeweglichen Vermögens im Einzel- oder Konzernabschluss nicht unterschreitet. Die übermäßige Fremdkapitalaufnahme ist steuerschädlich gemäß § 18 Abs. 4 i.V.m. § 15 REITG. b) Genossenschaften Ob an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften i.S. des Genossenschaftsgesetzes eine stille Beteiligung begründet werden kann, war lange Zeit umstritten1. Die Bedenken ergaben sich aus der arteigenen Förderungsaufgabe der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, denen es gemäß § 1 Abs. 1 GenG obliegt, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder mittels gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs zu fördern, nicht aber zum Zwecke der Gewinnerzielung am allgemeinen Güteraustausch teilzunehmen. Aus diesem Grund wurde überwiegend die Auffassung vertreten, eine stille Beteiligung an einer Genossenschaft sei mit dem Wesen und der Aufgabenstellung der e.G. nicht vereinbar; außerdem regelten die §§ 19, 20 i.V.m. § 18 Satz 2 GenG zwingend und abschließend die Gewinnverwendung, so dass eine Gewinnausschüttung an Nichtmitglieder unmöglich sei2. Diese Bedenken gegen die Zulässigkeit einer stillen Beteiligung an einer eingetragenen Genossenschaft sind heute, nachdem sich die Genossenschaften zu echten Unternehmen entwickelt haben, die zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit auf Gewinnerzielung nicht verzichten können und deshalb wegen ihrer gesetzlich beschränkten Kapitalverhältnisse mehr als andere Unternehmen auf die Stärkung ihres Betriebskapitals bedacht sein müssen, unbegründet und überholt. 1 Vgl. dazu Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 13; Hadding, ZIP 1984, 1295. 2 Vgl. zu dieser Ansicht Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, S. 144; Paulick, Das Recht der eingetragenen Genossenschaft, S. 134 ff.; Schnorr von Carolsfeld, ZfG 9 (1959), 50; K. Schmidt, DB 1976, 1705 (1707); so auch noch Metz in Lang/Weidmüller, 32. Aufl. 1988, § 1 GenG Rz. 269; siehe jetzt aber Schulte in Lang/Weidmüller, § 1 GenG Rz. 100 f.
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§ 6 Die beteiligten Personen
6.28 Zumindest die typisch stille Beteiligung an einer Genossenschaft begegnet heute keinen Bedenken1. Die Gewinnerzielungsabsicht ist für die eingetragene Genossenschaft inzwischen ebenso selbstverständlich wie für eine Kapitalgesellschaft. Lediglich die Art und Weise der Gewinnverwendung muss dem gesetzlichen Förderungszweck der eingetragenen Genossenschaft entsprechen. Auf die Gefahr der Unterwanderung des Genossenschaftszwecks durch Nichtmitgliedergeschäfte kommt es nach der Änderung des § 8 Abs. 1 Nr. 5 GenG nicht mehr an, da solche Geschäfte seither uneingeschränkt zulässig sind. Auch § 19 Abs. 1 GenG, der eine Verteilung des Jahresgewinns auf die Genossen vorsieht, regelt nur die Verteilung des Bilanzgewinns, von dem der Gewinnanteil des Stillen bereits zuvor abzuziehen ist2. § 19 GenG soll auch nicht generell die Ausschüttung an Dritte verhindern, sondern lediglich die Rücklagenbildung zu Lasten der Genossen vermeiden. Problematisch ist allenfalls die atypisch stille Beteiligung, wenn der atypisch stille Gesellschafter kein Genosse ist. Allerdings hat auch der atypisch stille Gesellschafter weniger Rechte als ein Genosse. Da sich das Abfindungsguthaben des atypisch stillen Gesellschafters zudem nach dem anteilig erzielten Wirtschaftsergebnis bemisst, erfolgt auch kein Zugriff auf von Genossen erwirtschaftete Rücklagen3. Geschäftspolitische Teilhaberechte stiller Gesellschafter schmälern weder die Selbstverwaltungsbefugnis der Genossen, noch die Organkompetenz der Generalversammlung4. § 48 GenG ist eine Vorschrift, welche die Zuständigkeit der Generalversammlung für die Feststellung des Jahresabschlusses festlegt, jedoch keine Vorgaben zur Art und Weise der Gewinnermittlung enthält5. Gleiches gilt für Vorgenossenschaften6 und für Europäische Genossenschaften (Art. 9 SCE-VO 1435/2003 i.V.m. § 17 Abs. 2 GenG und § 6 Abs. 2 HGB). c) Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit
6.29 Fraglich ist, ob der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (§§ 171 ff. VAG) ein tauglicher Geschäftsinhaber i.S. der §§ 230 ff. HGB ist7. Zwar verweist § 172 VAG auf Teile des Handelsrechts, doch sind davon ausdrücklich weder die §§ 1–7 HGB noch der Dritte Abschnitt des Zweiten Buches mit den Bestimmungen über die stille Gesellschaft erfasst. Es besteht auch keine gesetzliche Regelung, welche dem VVaG unmittelbar die Qualität einer Handelsgesellschaft kraft Rechtsform zubilligen würde. Für die Möglichkeit einer stillen Beteiligung sprechen gleichwohl die strukturellen Parallelen zur eingetragenen Genossenschaft8 und die Tatsache, dass das (wenn auch nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit) betriebene Versicherungsgeschäft ein klassisches
1 Dazu auch Beuthien, NZG 2003, 849 (850). 2 So auch Beuthien, § 19 GenG Rz. 24; Beuthien, NZG 2003, 849 (851); Hadding, ZIP 1984, 1298 (1302); jetzt auch Schulte in Lang/Weidmüller, § 1 GenG Rz. 100; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 20 m.w.N. 3 Beuthien, § 19 GenG Rz. 25; Beuthien, NZG 2003, 849 (853); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 97. 4 Beuthien, NZG 2003, 849 (851). 5 Beuthien, NZG 2003, 849 (852). 6 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 97; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 Rz. 27. 7 Verneinend Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 15; bejahend Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 99 sowie K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 20. 8 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 99.
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kaufmännisches (Hilfs-)Gewerbe darstellt. Eine stille Beteiligung an dem Unternehmen eines VVaG ist jedenfalls in Form der BGB-Gesellschaft möglich (dazu Rz. 5.2 f.). d) Gesellschaften in Liquidation An dem Unternehmen einer Gesellschaft, die als Handelsgesellschaft (dazu Rz. 6.17 ff.) oder Genossenschaft (dazu Rz. 6.27 f.) Geschäftsinhaberin in einer stillen Gesellschaft ist, können stille Beteiligungen auch dann bestehen, wenn sich die Gesellschaft in Liquidation befindet1. Das wird schon daraus deutlich, dass im Rahmen der Liquidation auch das stille Gesellschaftsverhältnis abgewickelt werden muss (dazu Rz. 15.58 ff.), da eine Vollbeendigung ohne Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses nicht möglich ist. Umstritten ist jedoch, ob an Handelsgesellschaften, die sich im Zustand der Abwicklung befinden, neue stille Beteiligungen begründet werden können. Diese Gesellschaften betreiben zwar auch noch während des Liquidationsstadiums ein Handelsgewerbe, ihr Zweck ist jedoch auf Abwicklung und nur noch begrenzt auf Gewinnerzielung gerichtet. Somit ist die Neuaufnahme eines stillen Gesellschafters regelmäßig mit dem Liquidationszweck nicht vereinbar, wenn man berücksichtigt, dass die stille Gesellschaft als Beteiligung an dem Gewinn eines werbenden Geschäftsbetriebs konzipiert ist2. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Aufnahme des stillen Gesellschafters die Absicht der Sanierung durch eine Beschaffung neuen Kapitals zugrunde liegt, mit der die Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft ermöglicht werden soll. Der stille Gesellschafter ist hier an der fortgesetzten und wieder werbenden Gesellschaft beteiligt3.
6.30
e) Europäische Auslandsgesellschaften Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, inwieweit eine stille Gesellschaft deutschen Rechts mit einer europäischen Auslandsgesellschaft begründet werden kann. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die englische Limited4. Dabei hängt die Anwendbarkeit deutschen Rechts zunächst davon ab, ob ein international zuständiges deutsches Gericht die stille Gesellschaft kollisionsrechtlich als Vertrag (dann Anwendbarkeit der Art. 3 ff. Rom-I-VO) oder als Gesellschaft (dann Geltung der Bereichsausnahme von Art. 1 Abs. 2 Buchst. f. Rom-I-VO und Anwendung des autonomen deutschen Gesellschaftskollisionsrechts) zu qualifizieren hat. Eine vertragliche Qualifikation würde die Möglichkeit der grundsätzlich freien Rechtswahl eröffnen (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Rom-I-VO). Die h.M. geht davon aus, dass die stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft vertraglich zu qualifizieren ist5. Diese Ansicht 1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 29; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 85. 2 So die h.M., vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 14; grds. auch Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 86; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 29; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 33. 3 So auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 86. 4 Vgl. hierzu näher Blaurock in FS Westermann, S. 821 ff. 5 BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708); Martiny in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2015, Art. 1 Rom-I-VO Rz. 64; Spickhoff in Bamberger/Roth, Art. 1 Rom-I-VO Rz. 31; Hohloch in Erman, Art. 37 EGBGB Rz. 5; v. Hoffmann in Soergel, 12. Aufl. 1996, Art. 37 EGBGB Rz. 48– 50; Blaurock in FS Westermann, S. 821 (837); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 94; für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation aber von Bar, Internationales Privatrecht, Bd. 2, Rz. 617 f., 645.
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§ 6 Die beteiligten Personen
scheint deshalb vorzugswürdig, weil anders als bei Außengesellschaften kein Grund besteht, die Parteiautonomie der Gesellschafter einzuschränken.
6.32 Haben die Parteien keine wirksame Rechtswahl getroffen, ist nach Art. 4 Abs. 2 Rom-IVO grundsätzlich das Recht desjenigen Staates anwendbar, in dem der Vertragspartner, der die vertragscharakteristische Leistung erbringt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, d.h. seinen Lebensmittelpunkt und seine hauptsächlichen sozialen Kontakte hat. Insoweit kann fraglich sein, wer bei einer stillen Beteiligung die charakteristische Vertragsleistung erbringt1. Leistet der typisch beteiligte stille Gesellschafter nur eine Geldeinlage, erbringt der Geschäftsinhaber die charakteristische Leistung, da Geldleistungen regelmäßig unspezifisch sind und die Pflicht zur Führung des Handelsgewerbes bei interner Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters dem Vertrag das Gepräge gibt. Insofern ist die stille Beteiligung nicht mit einem (partiarischen) Darlehen vergleichbar, bei dem der Darlehensgeber die vertragscharakteristische Leistung schuldet. Dasselbe dürfte auch noch für den Fall der typischen Beteiligung mit einer Sacheinlage gelten. Wird der stille Gesellschafter jedoch unter Zurückdrängung des Geschäftsinhabers atypisch still beteiligt, wird er in aller Regel die vertragscharakteristische Leistung erbringen, sofern er entsprechende vertragliche Pflichten z.B. zur Geschäftsführung eingegangen ist und die Gesellschaft nicht nur faktisch beherrscht. Zu berücksichtigen ist in allen Fällen aber auch noch Art. 4 Abs. 3 Rom-I-VO, wonach ggf. eine Korrektur der Verweisung vorzunehmen und das Recht desjenigen Staates anzuwenden ist, mit dem der Vertrag nach der Gesamtheit der Umstände eine offensichtlich engere Verbindung als zu dem nach Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO bestimmten Staat aufweist. Unter Umständen kann bei der atypischen stillen Gesellschaft eine vertragscharakteristische Leistung sogar überhaupt nicht bestimmt werden, so dass dann nach Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO eine freie Schwerpunktsuche nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen ist2.
6.33 Ist das deutsche Recht entweder aufgrund einer wirksamen Rechtswahl oder kraft objektiver Anknüpfung anwendbar, muss die ausländische Gesellschaft, um an der Gründung einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB mitwirken zu können, Kaufmann i.S. des HGB sein, was im Wege der Substitution zu beurteilen ist3. Als eine der GmbH vergleichbare Kapitalgesellschaft ist insbesondere auch die englische Limited Kaufmann4. Auch die Societas Europaea (SE) mit Satzungssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR betreibt ein Handelsgewerbe i.S. des § 230 Abs. 1 HGB (zur SE mit Satzungssitz in Deutschland bereits Rz. 6.24). Sollte auf die atypisch stille Beteiligung an einer englischen Limited allerdings kraft Rechtswahl oder objektiver Anknüpfung englisches Recht zur Anwendung gelangen, wäre noch zu beachten, dass das englische Gesellschaftsrecht auch einen nur im Innenverhältnis Beteiligten als partner (sleeping partner) ansieht, wenn dieser eine gesellschafterähnliche Stellung
1 Näher zum Ganzen Blaurock in FS Westermann, S. 821 (833 ff.); Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 95. 2 So generell (noch zu Art. 27 EGBGB) Blaurock in FS Westermann, S. 821 (835 f.). 3 Vgl. Rehberg in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 5 Rz. 13 f.; Kindler in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rz. 199 m.w.N.; allgemein zur Substitution: v. Hein in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2015, Einl. IPR Rz. 227 ff. 4 Blaurock in FS Westermann, S. 821 (840 f.); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 94.
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innehat1. Will daher der atypisch stille Gesellschafter eine drohende persönliche Haftung als partner bereits im Ansatz vermeiden, muss er die Anwendung des englischen Rechts kollisionsrechtlich verhindern. Von der kollisionsrechtlichen Anknüpfung des stillen Gesellschaftsverhältnisses zu unterscheiden ist die Frage, inwieweit Schutzvorschriften aus dem Recht der Auslandsgesellschaft zur Geltung kommen. So sind nach deutschem Recht stille Beteiligungen an einer Aktiengesellschaft als Teilgewinnabführungsvertrag einzuordnen und bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung (siehe Rz. 8.18 ff.). Konzernrechtliche Sachverhalte werden nach h.M. nach dem Statut der betroffenen Gesellschaft beurteilt2. Dabei dürfte sich das Statut der abhängigen Gesellschaft im Hinblick auf Konzernfragen nach dem statutarischen Sitz und nicht nach dem Verwaltungssitz der Gesellschaft bestimmen3. Ob die stille Gesellschaft im internationalen Privatrecht konzernrechtlich zu qualifizieren ist, steht nicht ohne Weiteres fest. Aber auch wenn man das stille Gesellschaftsverhältnis nicht konzernrechtlich qualifiziert, sondern als Unternehmensbeteiligung sui generis, müssen die Schutzvorschriften des ausländischen Gesellschaftsrechts zur Anwendung gelangen. Für gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen ist international-privatrechtlich grundsätzlich auf das Statut der betroffenen Gesellschaft abzustellen4. Eine Anwendung des deutschen Konzernrechts auf die europäische Auslandsgesellschaft erscheint so wenig sachgerecht, wie den Gesellschaftern der ausländischen Gesellschaft jeglichen Schutz zu versagen. Die Vorfrage, welche Gesellschafterschutzvorschriften bei der Einräumung stiller Beteiligungen deutschen Rechts zum Tragen kommen, ist an das Gesellschaftsstatut des Satzungssitzes der Auslandsgesellschaft anzuknüpfen. Wenn das ausländische Recht keine stillen Beteiligungen kennt, bedarf es möglicherweise einer Substitution.
6.34
4. Erbengemeinschaften als Geschäftsinhaber Erbengemeinschaften können in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit Inhaber eines Handelsgeschäftes und als solche prinzipiell Partner einer stillen Gesellschaft sein. Bei langfristiger Fortsetzung des Handelsgeschäfts unter der bisherigen Firma ohne Nachfolgezusatz und ohne Eintragung der neuen Inhaber im Handelsregister müssen sich die Erben allerdings zumindest so behandeln lassen, als würden sie das Unternehmen in der Rechtsform der OHG fortführen. Der Abschluss eines stillen Beteiligungsvertrages kann dabei als Indiz für einen derartigen Fortsetzungswillen der Erben herangezogen werden5. Führt ein Teil der Erben das Handelsgeschäft eines Einzelkaufmanns gemeinschaftlich fort, so ist eine stille Beteiligung der abzufindenden Erben nur an der neu entstandenen Handelsgesellschaft zulässig. An den Anteilen der 1 Lindley/Banks, Partnership, Rz. 5–30; zum Ganzen Blaurock in FS Westermann, S. 821 (825 ff.). 2 Vgl. OLG Frankfurt v. 23.3.1988 – 9 U 80/84, AG 1988, 267; Großfeld in Staudinger, 13. Bearb. 1998, IntGesR, Rz. 556; Ebert, 25 Company Lawyer 2004, 108 (110). 3 Kindler in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2006, IntGesR Rz. 556; Eidenmüller, JZ 2004, 24 (30); eingehend zum Ganzen Bicker, Gläubigerschutz in der grenzüberschreitenden Konzerngesellschaft, S. 71 ff. 4 Thorn in Palandt, Art. 12 EGBGB Rz. 17 m.w.N. 5 Vgl. zum Ganzen BGH v. 21.5.1955 – IV ZR 7/55, BGHZ 17, 299 (302); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 14; K. Schmidt, DB 1976, 1706; vgl. auch BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BFHE 150, 539 = BStBl. II 1988, 245 = BB 1988, 43; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 8.
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6.35
§ 6 Die beteiligten Personen
einzelnen Gesellschafter ist nur eine Unterbeteiligung möglich, letztere insbesondere dann, wenn nur einer der übernehmenden Erben Ausgleichsverpflichtungen gegenüber dem oder den abzufindenden Erben hat. 5. Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Geschäftsinhaber
6.36 Stille Gesellschafter können sich auch an dem Unternehmen einer Gebietskörperschaft beteiligen1. Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass mit dem Betrieb des Unternehmens eine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt wird. Der Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht steht dabei die Wahrnehmung gemeinnütziger Aufgaben nicht entgegen, sofern der Betrieb des Unternehmens von der Absicht der Gewinnerzielung beherrscht wird. Dies gilt insbesondere für die Sparkassen, die zwar nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften gehalten sind, ihre Geschäfte „ohne Gewinnstreben“ zu betreiben, ihre Tätigkeit aber dennoch auf die Erzielung von Überschüssen „zur Verwendung für öffentliche, mit dem gemeinnützigen Charakter der Sparkasse in Einklang stehende Zwecke“ ausrichten. Möglicherweise verbietet jedoch das öffentliche Recht eine stille Beteiligung2.
II. Der stille Gesellschafter 1. Beteiligungsfähigkeit
6.37 Prinzipiell kann jede Person oder Personengesamtheit, die nach geltendem Recht fähig ist, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, stiller Gesellschafter werden. Daneben hat die Rechtsprechung auch nichtrechtsfähigen Gebilden diese Fähigkeit zuerkannt (z.B. nichtrechtsfähigen Vereinen i.S. des § 54 BGB, nicht eingetragenen Genossenschaften, Erbengemeinschaften). Im Einzelnen gilt: a) Natürliche Personen
6.38 Natürliche Personen können stiller Gesellschafter werden, gleichgültig, ob sie geschäftsunfähig, geschäftsfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind. Nicht voll geschäftsfähige Personen müssen lediglich beim Abschluss des Gesellschaftsvertrages durch ihre gesetzlichen Vertreter vertreten werden (Eltern, Vormund, Pfleger) bzw. bedürfen insoweit deren Zustimmung (§§ 104 ff. BGB). Handelt es sich um eine stille Beteiligung mit Verlustbeteiligung bedarf es zudem der Zustimmung des Familiengerichts zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags (§ 1822 Nr. 3 i.V.m. § 1643 Abs. 1 BGB)3. Wenn der Gesellschaftsvertrag in einer Gesellschaft modifiziert werden muss, in der sowohl der Minderjährige bzw. Geschäftsunfähige wie auch dessen Vertreter, Vormund oder Pfleger Gesellschafter sind, muss für jeden Minderjährigen oder Geschäftsunfähigen ein Ergänzungspfleger bestellt werden, um Interessenkonflikte zu vermeiden (§ 181 i.V.m. §§ 1629 Abs. 2, 1795 und 1908i Abs. 1 BGB).
1 Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 18; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 31. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 31. 3 BGH v. 28.1.1957 – III ZR 155/55, NJW 1957, 672.
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§ 6 Die beteiligten Personen
b) Gesellschaften aa) Körperschaften Eingetragenen Vereine (§§ 21 ff. BGB), Kapitalgesellschaften (AG, SE, KGaA, GmbH), Genossenschaften (GenG) und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§§ 171 ff. VAG) verfügen als juristische Personen prinzipiell über die Fähigkeit, sich als stille Gesellschafter zu beteiligen. Als körperschaftlich strukturierte Außengesellschaften können auch der nicht rechtsfähige Verein (§ 54 BGB) und die nicht eingetragene Genossenschaft stille Gesellschafter sein. Bei einer eingetragenen Genossenschaft muss die Beteiligung allerdings der Förderung des Erwerbs oder der Wirtschaft der Mitglieder der Genossenschaft zu dienen bestimmt sein (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 GenG). Eine Beteiligung ist weiterhin zulässig, wenn sie gemeinnützigen Bestrebungen der Genossenschaft dient. In diesem Falle darf die Beteiligung jedoch nicht den alleinigen oder überwiegenden Zweck der Genossenschaft bilden (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 GenG). Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 GenG stellt allerdings kein Verbotsgesetz i.S. des § 134 BGB dar, so dass eine unter Verstoß gegen diese Norm gebildete Gesellschaft aus Verkehrsschutzgründen gesellschaftsrechtlich wirksam ist1.
6.39
bb) Personengesellschaften Personengesellschaften, die wie die offene Handelsgesellschaft (§ 124 Abs. 1 HGB), die Kommanditgesellschaft (§ 161 Abs. 2 HGB), die EWIV (§ 1 EWIV-AG i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB) und die Partnerschaftsgesellschaft (§ 7 Abs. 2 PartGG i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB)2 kraft Gesetzes oder wie die BGB-Außengesellschaft kraft Richterrechts3 rechtsfähig sind, können sich prinzipiell als stiller Gesellschafter beteiligen. Bei der EWIV muss die Beteiligung allerdings zur Erreichung des Ziels der EWIV notwendig sein und für Rechnung ihrer Mitglieder erfolgen. Außerdem darf es sich dabei nicht um eine Beteiligung an einem Mitgliedsunternehmen oder einer von der EWIV abhängigen Tochtergesellschaft handeln, da sonst ein Verstoß gegen das Kreditgewährungs-, Konzernleitungs- bzw. Holdingverbot vorliegen würde (vgl. Art. 3 Abs. 2 Buchst. a), b) und d) EWIV-VO)4. Eine stille Gesellschaft als solche kann sich in Ermangelung eigener Verpflichtungsfähigkeit nicht am Handelsgewerbe eines anderen beteiligen. Dazu sind nur der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter je für ihre Person in der Lage.
6.40
cc) Gesellschaften in Liquidation Tritt eine Gesellschaft in Liquidation, bleibt sie bis zur Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses stille Gesellschafterin. Die Neubegründung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses ist einer Gesellschaft in Liquidation allerdings nur möglich, wenn dies mit dem Abwicklungszweck vereinbar ist.
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 102. 2 Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 22; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 101 ff.; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 16. 3 St. Rspr. seit BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; weitere Nachweise bei K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 34. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 103.
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6.41
§ 6 Die beteiligten Personen
dd) Gesellschafter von still beteiligten Gesellschaften
6.42 Soweit rechtsfähige Gesellschaften als solche am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligt sind, werden nicht zugleich auch die einzelnen Gesellschafter zu still Beteiligten. Das führt dazu, dass ein Gesellschafterwechsel den Bestand der stillen Beteiligung grundsätzlich nicht berührt1. Etwas anderes gilt jedoch zunächst, wenn der Gesellschafterwechsel zur Auflösung der still beteiligten Gesellschaft führt (z.B. § 727 BGB), da die Beteiligung dann nur noch bis zum Abschluss der Abwicklung der stillen Gesellschaft fortbesteht. Sofern zudem bei der Aufnahme neuer Gesellschafter die Identität der Gesellschaft als solche nicht gewahrt bleibt (Personengesellschaften), besteht die stille Gesellschaft in ihrer bisherigen Zusammensetzung als allein berechtigt und verpflichtet fort, es sei denn, dass der Inhaber des Handelsgewerbes der Neuaufnahme zugestimmt hat. Mit der Zustimmung wird – vorbehaltlich abweichender (ggf. auch stillschweigender) Vereinbarung – die bisherige stille Gesellschaft aufgelöst, und es tritt eine neue, grundsätzlich inhaltsgleiche stille Gesellschaft in neuer Zusammensetzung an ihre Stelle (Rz. 10.34 ff.). c) Stiftungen
6.43 Im Rahmen ihres Stiftungszwecks können sich zudem Stiftungen (§§ 80 ff. BGB) still beteiligen. d) Erbengemeinschaften
6.44 Die schlichte auf Auseinandersetzung angelegte Erbengemeinschaft kann als solche nicht stille Gesellschafterin sein2. Dies sind nur die einzelnen Erben in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit. Die fortgesetzte Erbengemeinschaft kann jedoch als Gesellschaft qualifiziert und als ggf. sogar unternehmenstragende Außengesellschaft eine stille Beteiligung halten. e) Juristische Personen des öffentlichen Rechts
6.45 Besonderheiten gelten für die stille Beteiligung juristischer Personen des öffentlichen Rechts an Handelsunternehmen (zu Steueraspekten siehe auch noch Rz. 23.12). Es sind insbesondere die jeweiligen haushaltsrechtlichen Vorgaben zur Zulässigkeit einer solchen Beteiligung zu beachten3. Für den Bund bestimmt § 65 BHO die Voraussetzungen für Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen. Den nordrhein-westfälischen Gemeinden wird in § 108 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.d.F. der Bekanntmachung vom 14.7.1994 (GV. NW. S. 270) zur Pflicht gemacht, sich an wirtschaftlichen Unternehmen nur zu beteiligen, wenn für die Beteiligung eine Form gewählt wird, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt. § 103 Abs. 1 Nr. 4 der Gemeindeordnung für BadenWürttemberg i.d.F. der Bekanntmachung vom 24.7.2000 (GBl. S. 581) lässt die Betei1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 101. 2 A.A. RGZ 126, 386 (392); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 101; vgl. zur fehlenden Mitgliedschaftsfähigkeit in einer OHG BGH v. 22.11.1956 – II ZR 222/55, BGHZ 22, 186 (192), wobei dort allerdings von einer anteilige Vererbung des Gesellschaftsanteils auf die einzelnen Gesellschafter gemäß ihrer Erbquote ausgegangen wird. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 105.
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§ 6 Die beteiligten Personen
ligung von Gemeinden an einem rechtlich selbständigen Unternehmen zu, wenn für die Beteiligung eine Form gewählt wird, bei der die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird. Nach Art. 92 Abs. 1 Nr. 3 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern i.d.F. der Bekanntmachung vom 22.8.1998 (GVBl. Bayern S. 796) dürfen sich die Gemeinden an wirtschaftlichen Unternehmen u.a. nur beteiligen, wenn die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird, wobei die Rechtsaufsichtsbehörde in begründeten Fällen Ausnahmen zulassen kann. Zweck dieser Vorschriften, die auch in den meisten anderen Gemeindeordnungen anzutreffen sind, ist die Vermeidung einer unbeschränkten Haftung, die mit der Beteiligung verbunden ist. Da der stille Gesellschafter jedoch für die im Rahmen des Handelsgewerbes des Inhabers begründeten Verbindlichkeiten im Außenverhältnis überhaupt nicht haftet und die etwaige Verlusttragung durch den stillen Gesellschafter (vgl. § 231 HGB) keine Haftung darstellt, stehen die erwähnten öffentlich-rechtlichen Bestimmungen der stillen Beteiligung einer Gemeinde oder sonstigen Körperschaft des öffentlichen Rechts am Handelsgewerbe eines anderen nicht entgegen (siehe auch noch zum massenweisen Einsatz stiller Beteiligungen des FMS/SoFFin an notleidenden Kreditinstituten in der Finanzkrise ab 2008 Rz. 7.83).
6.46
frei 2. Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen a) Verschiedenheit von Geschäftsinhaber und Stillem Gemäß § 230 Abs. 1 HGB liegt eine stille Gesellschaft vor, wenn sich jemand mit einer Vermögenseinlage am Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt, beteiligt. Daraus ergibt sich, dass der Inhaber des Handelsgewerbes nicht zugleich dessen stiller Gesellschafter sein kann. Dies ergibt sich auch aus dem Grundsatz, dass niemand sein eigener Gläubiger und Schuldner sein kann. Beerbt der Geschäftsinhaber den stillen Gesellschafter oder dieser jenen, so führt das zwangsläufig zur Beendigung der stillen Gesellschaft (Rz. 15.68), da diese nicht als Einmanngesellschaft denkbar ist1.
6.47
Ist eine Körperschaft (Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit) Inhaberin des Handelsgewerbes (dazu Rz. 6.24 ff.) können allerdings deren Gesellschafter zugleich still beteiligt sein (Kombination von Außen- und Innengesellschaft). Das trifft auch für die Einmanngesellschaften zu, bei der eine stille Beteiligung des einzigen Gesellschafters an seiner eigenen Gesellschaft denkbar und zulässig ist2. Von besonderer praktischer Bedeutung ist die Tatsache, dass sich die Gesellschafter der GmbH neben ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung am Stammkapital zugleich auch still am Handelsgewerbe der GmbH beteiligen können. Das gilt auch für den Alleingesellschafter der GmbH, der sich an dem Unternehmen seiner GmbH gleichzeitig still beteiligt (zur GmbH & Still näher Rz. 21.76 ff.). Man
6.48
1 Siehe auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 100. 2 BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 = BStBl. II 1983, 563; BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BFHE 130, 268 = BStBl. II 1980, 477; BFH v. 9.9.1952 – I 55/52 U, BStBl. III 1952, 276 = StRK DMBilG § 30 R. 3; BFH v. 20.8.1954 – I 103/53 U, BStBl. III 1954, 336 = StRK EStG § 15 R. 22; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 35; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 25; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 37.
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§ 6 Die beteiligten Personen
spricht insoweit von einer Einmann-GmbH & Still1. Ist der Stille gleichzeitig Gesellschafter der GmbH, sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten, damit die Beteiligung steuerrechtlich anerkannt wird (Rz. 21.85 ff.). Die Zulässigkeit dieser Beteiligungsformen ist eine Folge der rechtlichen Trennung der juristischen Person von ihren Gesellschaftern sowie der Tatsache, dass sich die außergesellschaftlichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern nach individualrechtlichen Grundsätzen bestimmen. Zu den „außergesellschaftlichen“ Beziehungen gehören in diesem Falle auch die Beziehungen, die sich aufgrund eines stillen Beteiligungsverhältnisses ergeben.
6.49 Bei den Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft) folgt die handelsrechtliche Möglichkeit einer stillen Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft aus § 124 Abs. 1 HGB. Das Steuerrecht betrachtet die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft hingegen als Mitunternehmer des gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebs, die steuerlich ebenso wenig wie Einzelkaufleute stille Gesellschafter ihres eigenen (Teil-)Handelsgewerbes sein können (vgl. Rz. 20.23). b) Stille Beteiligung an mehreren Handelsgewerben und an Teilen eines Handelsgewerbes
6.50 Im Regelfall beteiligt sich ein stiller Gesellschafter an einem einzigen Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers als Ganzes. Dies ist jedoch nicht wesensnotwendig. Betreibt eine natürliche Person mehrere Gewerbe, was ihr nach h.M. bei einer hinreichenden organisatorischen Trennung möglich ist2, kann sich die stille Gesellschaft auch auf mehrere Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers beziehen. Im Gesellschaftsvertrag sollte dann genau bestimmt werden, an welchem bzw. welchen dieser Handelsgewerbe die stille Beteiligung bestehen soll. Ansonsten ist dies durch Auslegung zu ermitteln.
6.51 Auf der anderen Seite kann sich die stille Gesellschaft mit einem Geschäftsinhaber, der nur ein einziges Handelsgewerbe betreibt, wie dies bei Gesellschaften nach h.M. zwingend der Fall ist3, auch nur auf Teile eines Handelsgewerbes erstrecken4. Voraussetzung ist allerdings, dass die einzelnen Unternehmensteile hinreichend getrennt sind und auch für sich genommen aufgrund ihres Zuschnitts (Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung; dazu Rz. 6.12) ein eigenes Handelsgewerbe darstellen könn1 BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336; BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = BB 1980, 1087; BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 563 = BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743; wiederholend: BFH v. 25.5.1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258; BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 = BFHE 170, 345 = FR 1993, 436; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841; BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; vgl. auch Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 79; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 119; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1983, 202; Blaurock, BB 1992, 1969; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 92; Paulick, GmbHR 1982, 237. 2 K. Schmidt, Handelsrecht, § 12 Rz. 68 m.w.N. 3 K. Schmidt, Handelsrecht, § 12 Rz. 74 m.w.N. 4 Eingehend dazu Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 203 ff.; ferner K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 39; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 15.
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§ 6 Die beteiligten Personen
ten. Eine hinreichende organisatorische Abgrenzung und Verfestigung ist bei einzelnen Niederlassungen, Betrieben oder abgegrenzten Betriebsteilen bzw. Geschäftszweigen gegeben (stille Beteiligung nur an dem Produktionsbetrieb, nicht auch am Vertrieb; nur an den Großhandels-, nicht an den Einzelhandelsgeschäften; nur an Geschäften mit bestimmten Warengattungen oder nur an einzelnen Zeitschriften eines Verlages1). So hat auch der BFH etwa in den Finanzgeschäften einer GmbH, die Inhaberin des Handelsgewerbes war, einen selbständig abgrenzbaren Geschäftszweig gesehen, an dem eine stille Beteiligung möglich sei2. In diesen Fällen müssen die Beteiligten im Gesellschaftsvertrag die Geschäfte, für welche die stille Beteiligung begründet werden soll, von den anderen Geschäften eindeutig abgrenzen. Auch eine eindeutige Trennung der Buchhaltung und eine klare Absprache über die Verteilung der Gemeinkosten sind erforderlich, um Meinungsverschiedenheiten über die Höhe und den Umfang des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinns oder Verlustes von vornherein auszuschließen. Erfüllt der Gegenstand der Beteiligung die vorstehenden Voraussetzungen nicht, besteht lediglich eine stille Beteiligung in Form der BGB-Innengesellschaft. Erfolgt die Beteiligung sogar nur an einzelnen Geschäften, handelt es sich allenfalls um Gesellschaften bürgerlichen Rechts in Form der Gelegenheitsgesellschaft3 oder des zweigliedrigen Konsortiums (auch sog. Metaverbindung). Häufig wird sogar gar keine Gesellschaft, sondern ein partiarisches Austauschverhältnis (Rz. 5.16 ff.) oder ein Kommissionsgeschäft (§ 383 HGB; Rz. 5.52 ff.) vorliegen. Eine Anwendung der §§ 230 ff. HGB kommt nur im Rahmen einer Analogie in Betracht (Rz. 5.2 f.). So fehlt es etwa an einer stillen Gesellschaft des HGB, wenn jede einzelne Warensendung einzeln abgerechnet wird und auch die Möglichkeit besteht, das Rechtsverhältnis nach jeder Lieferung zu lösen. Gegen die Bedeutung der Einzelabrechnung kann nicht eingewandt werden, die Gewinne seien zwar entgegen § 232 HGB zum jeweiligen Bilanzstichtag nicht festgestellt, immerhin aber doch feststellbar gewesen. Denn gerade die Art der tatsächlichen Handhabung und nicht die alternativ bestehenden Möglichkeiten kennzeichnen ein Vertragsverhältnis. Die Ablehnung der Qualifikation des Rechtsverhältnisses als stille Gesellschaft i.S. des HGB steht der teilweisen Anwendung der §§ 230 ff. HGB kraft (stillschweigender) Parteivereinbarung oder Analogie allerdings nicht in jedem Fall entgegen (dazu Rz. 5.2 f.).
6.52
c) Unterbeteiligung Haben die Beteiligten vereinbart, dass der eine an dem Gewinn beteiligt sein soll, den der andere als Gesellschafter einer Gesellschaft erzielt, so fehlt es auch dann an der Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen, wenn die Gesellschaft ein Handelsgewerbe betreibt. Es handelt sich um eine Unterbeteiligung in Form einer Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts (Rz. 30.1 ff.), deren Gesellschaftszweck in der Förderung der Beteiligung an der Hauptgesellschaft liegt4. Es bestehen nur Rechtsbeziehungen zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten, nicht auch zwischen diesem 1 RFH v. 16.3.1938 – VI 167/38, RStBl. 1938, 508. 2 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BFHE 115, 518 = BStBl. II 1975, 611 = StRK GewStG § 8 Nr. 2–9 R. 121 m. Anm. Paulick. 3 BFH v. 27.5.1982 – V R 110 u. 111/81, BStBl. II 1982, 678. 4 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 72.
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6.53
§ 6 Die beteiligten Personen
und der Zielgesellschaft. Nicht anders ist es, wenn sich jemand an dem Anteil eines Gesellschafters einer offenen Handelsgesellschaft oder an dem Anteil eines Komplementärs beteiligt. Zwar sind die persönlich haftenden Gesellschafter in der Regel Kaufleute i.S. des HGB. Das Handelsgewerbe wird aber nach den Bestimmungen des Handelsrechts von der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft unter ihrer eigenen Firma betrieben. In Betracht kommt jedoch eine analoge Anwendung der §§ 230 ff. HGB (Rz. 30.24 f.)1. 3. Status des stillen Gesellschafters
6.54 Der stille Gesellschafter muss nicht selbst Kaufmann sein. Ist er nicht Kaufmann, erlangt er durch die Übernahme der stillen Beteiligung keine Kaufmannseigenschaft, da er nach außen nicht in Erscheinung tritt, insbesondere kein Handelsgewerbe betreibt und der Inhaber des Handelsgeschäfts aus den im Betrieb geschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet wird (§ 230 Abs. 2 HGB). Die für Kaufleute geltenden Vorschriften betreffen den stillen Gesellschafter daher nur, wenn er aus anderen Gründen Kaufmann ist. Der stille Gesellschafter untersteht auch nicht dem besonderen Gerichtsstand der Mitgliedschaft, da die stille Gesellschaft als Innengesellschaft nicht zu den Gesellschaften i.S. des § 22 ZPO gehört2. 4. Mehrheit von still Beteiligten a) Unmittelbare Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe aa) Mehrheit von unverbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften
6.55 Hat der Inhaber mit mehreren Personen Gesellschaftsverträge abgeschlossen, gilt der Grundsatz der Zweigliedrigkeit. Danach liegen regelmäßig so viele voneinander unabhängige, selbständige Gesellschaften vor, wie stille Gesellschafter beteiligt sind3. Die stille Gesellschaft ist nach der Vorstellung des Gesetzes üblicherweise eine zweigliedrige Gesellschaft. Zwischen den mehreren stillen Gesellschaften bestehen regelmäßig keine Rechtsbeziehungen. Das gilt nicht etwa nur für das sog. Crowdfunding mittels stiller Beteiligungen4, sondern bildet auch die Regel, wenn die stillen Gesellschafter gleichzeitig aufgenommen und die stillen Beteiligungen in einem einzigen Vertrag gebündelt werden. So bestehen auch dann, wenn ein Erbe, der das Handelsgeschäft des Erblassers allein fortführt, seine Miterben in der Weise abfindet, dass er sie an dem Handelsgeschäft still beteiligt, grundsätzlich mehrere stille Gesellschaften, ohne dass die Erben-Gesellschafter untereinander in gesellschaftsrechtlichen Beziehungen stehen. Der Inhaber des Handelsgeschäfts bedarf, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, zur Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter nicht der
1 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 72; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 269. 2 Patzina in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. 2013, § 22 ZPO Rz. 2 f. 3 Vgl. RG v. 1.2.1890 – I 304/89, RGZ 25, 41 (45); Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 59; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 106; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen, § 230 HGB Rz. 71. 4 Zur Eignung stiller Beteiligungen im Rahmen des „Crowdfunding“ siehe Bujotzek/Mocker, BKR 2015, 358 ff. und Herr/Bantleon, DStR 2015, 532 (533).
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§ 6 Die beteiligten Personen
Zustimmung der bereits vorhandenen Gesellschafter. Wird die zur Begründung eines weiteren stillen Gesellschaftsverhältnisses gesellschaftsvertraglich erforderliche Zustimmung nicht eingeholt bzw. verweigert, ist die neue stille Gesellschaft gleichwohl wirksam; der Geschäftsinhaber ist allenfalls einem Schadensersatzanspruch oder einer Kündigung aus wichtigem Grund ausgesetzt1. Die Beendigung einer stillen Gesellschaft berührt nicht den Fortbestand der anderen. Stehen dem Inhaber mehrere stille Gesellschafter gegenüber, so kann jeder von ihnen die ihm kraft Gesetzes (§ 233 HGB) zustehenden Kontroll- und Überwachungsrechte für sich allein ausüben. Das kann zu einer für den Geschäftsinhaber lästigen, unzumutbaren Behinderung des Geschäftsbetriebs führen. Es wird deshalb in solchen Fällen häufig vereinbart, dass nicht jeder Einzelne für sich befugt sein soll, von den ihm zustehenden Kontrollrechten Gebrauch zu machen, sondern dass die mehreren Gesellschafter ihre Rechte dem Inhaber gegenüber nur gemeinsam aufgrund gemeinschaftlicher Beschlussfassung ausüben dürfen, wobei das Stimmrecht in den Gesellschaftsverträgen zu regeln ist (Mehrheitsbeschluss, Ausübung des Stimmrechts nach Maßgabe der Vermögenseinlagen usw.). Es kann auch vereinbart werden, dass der einzelne Gesellschafter ihm über die gesetzlichen Mindestkontrollrechte hinaus eingeräumte Rechte nur ausüben darf, wenn eine bestimmte Zahl der anderen Gesellschafter oder Gesellschafter mit einer bestimmten Höhe ihrer Einlagen die gleichen Rechte geltend machen. Der Gesellschaftsvertrag kann weiter vorsehen, dass mehrere stille Gesellschafter ihre Rechte nur durch einen gemeinsamen Vertreter oder durch einen gemeinsamen bestellten Vertrauensrat auszuüben berechtigt sein sollen. Solche und ähnliche Vereinbarungen halten sich im Rahmen der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit. Sie erweisen sich im Interesse der Aufrechterhaltung einer geordneten Geschäftsführung als zweckmäßig, da sie den Geschäftsinhaber gegen eine mehrmalige Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht jedem einzelnen Gesellschafter gegenüber schützen. Derartige Vereinbarungen werden dann regelmäßig aber auch dazu führen, dass die stillen Beteiligten ihre Interessen in einer gesonderten BGB-Gesellschaft koordinieren und damit eine Mehrheit von über die BGB-Gesellschaft verbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften bilden (dazu Rz. 6.57).
6.56
bb) Mehrheit von verbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften Die Zweigliedrigkeit der mehreren stillen Gesellschaften bleibt auch dann bestehen, wenn sich die stillen Gesellschafter zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen gegenüber dem Inhaber von sich aus zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammenschließen, so bleibt jeder einzelne auch in Zukunft dem Inhaber gegenüber stiller Gesellschafter, soweit nichts anderes vereinbart ist2. Der Inhaber behält insbesondere sein Kündigungsrecht. Auch der Zusammenschluss der mehreren Gesellschafter in der Rechtsform eines nicht eingetragenen Vereins zur Wahrung ihrer im Wesentlichen gleichgerichteten Interessen gegenüber dem Inhaber ist rechtlich zulässig. Es bestehen dann mehrere stille Gesellschaften; daneben existiert eine interne Vereinigung der stillen Gesellschafter, die zu dem Geschäftsinhaber keine unmittelbaren Beziehungen zu haben braucht3. Verglichen werden kann diese Konstruktion 1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 106. 2 Beispiel: BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, BB 2006, 792 = GmbHR 2006, 531. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 85.
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6.57
§ 6 Die beteiligten Personen
mit einem Interessenpool verschiedener Aktionäre, die nicht ihre Aktien einbringen, sondern diese GbR nur zur Koordinierung ihrer Interessen gründen.
6.58 Die mehreren stillen Gesellschafter können unter sich und mit dem Inhaber Verpflichtungen vermögensrechtlicher Natur eingehen, z.B. zur Leistung oder zur Erhöhung ihrer Einlagen oder zur Aufrechterhaltung der Einlagen für eine bestimmte Zeit. Dann hat nicht nur der Inhaber aufgrund des stillen Gesellschaftsvertrags einen Anspruch auf Bewirkung der Einlage; es kann auch jeder einzelne Gesellschafter aufgrund der zwischen den Gesellschaftern bestehenden besonderen Vereinbarungen von jedem anderen die Leistung der Vermögenseinlage an den Geschäftsinhaber fordern und klageweise durchsetzen.
6.59 Die Interessenkoordination der mehreren stillen Gesellschafter kann sehr straff organisiert werden. Das ist besonders dann der Fall, wenn eine größere Zahl von stillen Gesellschaftern beteiligt ist, das Geschäftsvermögen im Wesentlichen aus ihren Vermögenseinlagen gebildet wurde und der Geschäftsinhaber nur die Funktionen eines Geschäftsführers wahrzunehmen hat (siehe auch noch eingehend zur sog. stillen Publikumsgesellschaft Rz. 19.1 ff.). In solchen Fällen wird dem Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander oft eine Organisation mit körperschaftlicher Verfassung gegeben, die derjenigen einer Aktiengesellschaft weitgehend angeglichen werden kann. So können die stillen Gesellschafter zu Gesellschafterversammlungen zusammentreten und nach Maßgabe ihrer Vermögenseinlagen oder aufgrund von Mehrheitsbeschlüssen über alle wichtigen Angelegenheiten entscheiden. Sie können aus ihrer Mitte einen Aufsichtsrat bestellen, der die Geschäftsführung des Inhabers überwacht, dem oft nur die Rechtsstellung eines weisungsgebundenen, vielleicht sogar jederzeit abrufbaren Angestellten zukommt. Auch bei derartigen Vertragsgestaltungen bestehen, wenn nichts anderes vereinbart ist, im Verhältnis zum Geschäftsinhaber mehrere selbständige, voneinander unabhängige stille Gesellschaften.
6.60 Durch einen Interessenzusammenschluss der stillen Gesellschafter darf allerdings das Kündigungsrecht jedes einzelnen nicht weiter eingeschränkt werden, als es das Gesetz in § 234 HGB zulässt. Die Kündigung des einzelnen für seine Person kann also nicht an die Zustimmung der anderen Gesellschafter oder an einen Mehrheitsbeschluss gebunden oder mit erschwerenden Nachteilen für den Kündigenden verknüpft werden. cc) Mehrgliedrige stille Gesellschaft
6.61 Die Zweigliedrigkeit der stillen Gesellschaft ist jedoch nicht zwingend1. Da Vertragsfreiheit herrscht, kann der Wille der Beteiligten auch darauf gerichtet sein, nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern – ähnlich einer Kommanditgesellschaft mit mehreren Kommanditisten2 – zu errichten (sog. mehrgliedrige stille
1 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12 BGHZ 199, 104 Rz. 27; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (179); a.A. RG v. 1.2.1890 – I 304/89, RGZ 25, 41 (45) und Reuter, NJW 1984, 1849 (1851); ausführlich zum früheren Streitstand Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 23 f. 2 K. Schmidt spricht daher bei einer entsprechend organisierten GmbH & Still auch von einer „virtuellen KG“ mit „virtuellem Gesamthandsvermögen“: K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (405 f.); so nun auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 81 ff.
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§ 6 Die beteiligten Personen
Gesellschaft)1. Ob das dem Willen der Beteiligten entspricht, ist im Wege der Vertragsauslegung zu ermitteln2. Mehrere stille Beteiligungen können so in einem Gesellschaftsvertrag zusammengefasst werden, dass sich die Beteiligten gegenseitig zur Förderung eines gemeinsamen Zweckes verpflichten, wobei der eine das Unternehmen als Inhaber betreibt und die anderen als stille Gesellschafter Einlagen leisten. Bei dieser Vertragsgestaltung besteht nicht nur eine gesellschaftliche Bindung zwischen jedem stillen Gesellschafter und dem Inhaber; es liegt auch nicht nur eine interne Bindung der stillen Gesellschafter untereinander vor, sondern es ist ein alle Beteiligten verbindendes gesellschaftliches Band vorhanden, das eine einheitliche Gesellschaft umschließt3. Die mehrgliedrige stille Gesellschaft besteht nicht selten aus einer Vielzahl von stillen Gesellschaftern. Für eine derartige sog. stille Publikumsgesellschaft (dazu Rz. 19.1 ff.) gelten die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft mit der Maßgabe, dass der stille Publikumsgesellschafter von dem Inhaber des Handelsgewerbes wegen eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens nicht im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung seiner Beteiligung durch Rückgewähr seiner Einlage Zug um Zug gegen Übertragung seiner Rechte aus der stillen Beteiligung, sondern nur die Leistung eines etwaigen Abfindungsbetrags verlangen kann (dazu Rz. 11.5 ff.)4. b) Mittelbare Beteiligung mehrerer Gesellschafter an einem Handelsgewerbe aa) Beteiligung mehrerer über eine still beteiligte BGB-Außengesellschaft Die mehreren stillen Gesellschafter können sich auch von Anfang an zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zusammenschließen, die ihrerseits – anstelle der einzelnen Gesellschafter – als rechtsfähige Außengesellschaft die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters in einer einzigen zweigliedrigen stillen Gesellschaft erwirbt5. Scheidet ein Gesellschafter aus der BGB-Gesellschaft aus, so berührt das nicht den Bestand der stillen Gesellschaft, sofern das Ausscheiden nicht zur Auflösung der BGB-Gesellschaft und in Ermangelung einer Fortsetzungsvereinbarung bzw. eines Fortsetzungsbeschlusses zur Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses führt. Bei Fortsetzung der BGB-Gesellschaft findet die Auseinandersetzung nur zwischen
1 Siehe dazu etwa den Fall BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12 BGHZ 199, 104 Rz. 26 ff. 2 So auch Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 75 Rz. 24. 3 Vgl. BGH v. 10.7.1958 – II ZR 320/56, WM 1958, 1336; BGH v. 15.11.1971 – II ZR 130/69, NJW 1972, 338; BGH v. 21.4.1980 – II ZR 144/79, BB 1980, 958; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 228; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 7; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 48; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 44; Blaurock, NJW 1972, 1119; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 100 ff.; Horn in Heymann, § 230 HGB Rz. 61; Horn, ZGR 1974, 133 (157); Sudhoff, DB 1969, 2069 (2070); Janzen, Übertragung und Belastung von Mitgliedschaften in der stillen Gesellschaft, S. 7 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 83 und K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (403), stellt entscheidend auf die Unterscheidung zwischen dem stillen Einlageverhältnis auf der einen und dem Gesellschaftsverhältnis auf der anderen Seite ab. Das stille Einlageverhältnis besteht seiner Ansicht nach aus nur zwei Parteien, dem stillen Gesellschafter und dem Geschäftsinhaber, lediglich das stille Gesellschaftsverhältnis kann ein Organisationsstatut darstellen und somit mehrgliedrig sein. 4 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12 BGHZ 199, 104; Mock, DStR 2014, 536 ff. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 86; K. Schmidt, DB 1976, 1705; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 43.
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dem Ausscheidenden und den übrigen an der BGB-Gesellschaft Beteiligten statt. In diesen Fällen ist nur der BGB-Gesellschaft eine Bilanzabschrift zu erteilen und es gibt nur eine gemeinsame Bucheinsicht der BGB-Gesellschafter. Es wird zudem nur eine gemeinschaftliche Einlage geleistet und nur ein Gewinnanteil ausgewiesen. Eine Kündigung ist lediglich einheitlich für alle Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts möglich. Dem Geschäftsinhaber gegenüber handeln die vertretungsberechtigten Gesellschafter der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. bb) Unterbeteiligung an einer stillen Beteiligung
6.63 Der stille Gesellschafter kann seinerseits an seiner Beteiligung einen anderen unterbeteiligen. Rechtsbeziehungen bestehen nur zwischen ihm und dem Unterbeteiligten, nicht zwischen diesem und dem Inhaber des Handelsgeschäfts. Es handelt sich um eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts, für welche grundsätzlich die §§ 705 ff. BGB gelten. Die Vorschriften über die stille Gesellschaft können unmittelbar keine Anwendung finden, weil keine Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen vorliegt. Ihrer entsprechenden Anwendung steht allerdings nichts entgegen, soweit sie auf die Unterbeteiligung passen und soweit dies dem Willen der Vertragspartner entspricht.
III. Zusammenfassung
6.64 Voraussetzung für die Errichtung einer stillen Gesellschaft ist, dass der eine Gesellschafter ein Handelsgewerbe betreibt, also Kaufmannseigenschaft i.S. des HGB besitzt. Über die Fähigkeit, stiller Gesellschafter zu werden, verfügen alle natürlichen und juristischen Personen des privaten und öffentlichen Rechts sowie die rechtsfähigen Personengesellschaften unter Einschluss der nicht eingetragenen Vereine und Genossenschaften. Der stille Gesellschafter wird durch die Übernahme der stillen Beteiligung nicht Kaufmann, es sei denn, dass er selbst ein Handelsgewerbe betreibt. Da die Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen stattfinden muss, kann sich der Inhaber eines Einzelunternehmens an seinem eigenen Unternehmen nicht still beteiligen. Dagegen können die Gesellschafter einer Handelsgesellschaft – auch der Einmann-Gesellschafter – zugleich stille Gesellschafter ihrer Gesellschaft sein. Das gilt indessen, soweit es sich um handelsrechtliche Personengesellschaften handelt, nur für den Bereich des Handelsrechts. Steuerrechtlich gelten die Gesellschafter der handelsrechtlichen Personengesellschaften aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Mitunternehmer. Eine stille Beteiligung der Mitunternehmer an ihrem eigenen Unternehmen wird deshalb mit steuerlicher Wirkung nicht anerkannt (Rz. 6.47 ff. und Rz. 20.23). Bestehen an einem Handelsgewerbe mehrere stille Gesellschaften, so bleibt, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, jede einzelne Gesellschaft in ihrem Bestand unberührt. Zwischen den mehreren Gesellschaften bestehen keine Rechtsbeziehungen. Aufgrund der Vertragsfreiheit können die stillen Gesellschafter aber auch untereinander in Rechtsbeziehungen treten, sei es, dass sie sich von vornherein oder später zu einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts oder zu einem Verein zusammenschließen und dem Inhaber des Handelsgewerbes in dieser Rechtsform gegenübertreten (dann kann die Gesellschaft oder der Verein allein die Gesellschaftereigenschaft besit-
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zen), sei es, dass sie ihrem Zusammenschluss im Innenverhältnis eine Organisation mit körperschaftlicher Verfassung geben, d.h. zu einer Gesellschafterversammlung, die über die Durchführung der geschäftlichen Maßnahmen beschließt, zusammentreten und einen Aufsichtsrat bilden, der die Geschäftsführung des Inhabers überwacht. Schließlich ist es auch möglich, dass zwischen dem Geschäftsinhaber und allen stillen Gesellschaftern nur ein einziger Gesellschaftsvertrag mit wechselseitigen Verpflichtungen besteht. Das alles liegt im Rahmen des dispositiven Rechts und wird durch die gesetzlichen Vorschriften gedeckt, obwohl auf diese Weise im Innenverhältnis die Beziehungen zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter völlig anders gestaltet werden können, als es dem Normaltypus der stillen Gesellschaft entspricht.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters Schrifttum: Berninger, Axel, Die Societas Quoad Sortem – Eine Einbringungsform im Personengesellschaftsrecht, 1994; Berninger, Axel, Vermögenszuordnung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter bei der Einbringung quoad sortem (dem Werte nach) – Zugleich eine Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 15.6.2009, II ZR 242/08, DStR 2009, 2015, DStR 2010, 874; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Kapitalkonto und Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten bei der Anwendung von § 15a EStG – Zugleich eine Besprechung des Urteils des BFH v. 14.5.1991, VIII R 31/88, JZ 1992, 614; Bork, Reinhard, Die Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte, ZHR 154 (1990), 205; Brandner, Hans Erich/Bergmann, Alfred, Die Schenkung von Gesellschaftsanteilen, in Festschrift für Walter Sigle, 2000, S. 327; Hengeler, Hans Peter, Sogenannte Schenkung stiller Beteiligungen – Erwiderung, ZHR 147 (1983), 329; Herrmann, Elke, Sogenannte Schenkung stiller Beteiligungen, ZHR 147 (1983), 313; Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts, 1970; Hueck, Alfred, Die Übertragung von Geschäftsanteilen, ZHR 83 (1920), 1; Mock, Sebastian, Stille in MoMiG zur stillen Gesellschaft? – Das neue (Eigen-)Kapitalersatzrecht und seine Auswirkungen auf das Recht der stillen Gesellschaft, DStR 2008, 1645; Mylich, Falk, Probleme und Wertungswidersprüche beim Verständnis von § 135 Abs. 1 Alt. 2 Nr. 2 InsO n.F., ZGR 2009, 474; Nodoushani, Manuel, Hilfe für die Banken: Die stille Gesellschaft auf dem Gebiet des Finanzsektors, ZBB 2009, 110; Nodoushani, Manuel, Umwandlung stiller Beteiligungen in Aktien zur Erhaltung des Kernkapitals, NZG 2010, 491; Petzoldt, Rolf, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 2. Aufl. 1986; Reinhardt, Bärbel, Die Einlage quoad sortem und ihre Darstellung in der Handelsbilanz, DStR 1991, 588; Schmidt, Karsten, Die Kreditfunktion der stillen Einlage, ZHR 140 (1976), 475; Schmidt, Karsten, Obligatorische Nutzungsrechte als Sacheinlagen?, ZHR 154 (1990), 237; Schmidt, Karsten, Formfreie Schenkung von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen? – Nachdenken über eine fünfzig Jahre alte Rechtsprechungstradition, DB 2002, 829; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind – Zugleich eine Besprechung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 9.7.1987 IV R 95/85, BB 1988, 946; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaft, 1970; Würdinger, Hans, Anmerkung zu BGH v. 29.10.1952, JZ 1953, 226.
I. Die Pflicht zur Beitragsleistung 1. Beitrag und Einlageleistung
7.1 Wie jeder andere Gesellschafter unterliegt auch der stille Gesellschafter der Pflicht des § 705 BGB, die Erreichung des Gesellschaftszwecks durch einen eigenen Beitrag zu fördern. Eine stille Gesellschaft ohne Pflicht des Stillen zur Beitragsleistung ist nicht denkbar1. Der Beitrag des Stillen ist streng von der Einlage (dazu Rz. 7.7 ff.) und der Beteiligung des Stillen (dazu Rz. 7.61 ff.) zu trennen2. Hierdurch kann zunächst eine Ausweitung des üblicherweise im Gesellschaftsrecht zugrunde gelegten Begriffs der Einlage als der bilanzierungsfähigen Vermehrung des Unternehmensvermögens vermieden werden. Anderenfalls ist man nämlich gezwungen, die Einlage des Stillen als jeden ver1 Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 1; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 10. 2 Vgl. auch BFH v. 23.2.2000 – VIII R 40/98, BStBl. II 2001, 24; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d und III 2a; K Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 37, 143; Horn in Heymann, § 230 HGB Rz. 20; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224 (anders noch Zutt in der Vorauflage).
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
mögenswerten Vorteil, der mit einem Geldbetrag geschätzt werden kann, zu definieren1, um die Beitragsleistung in der Form von Dienstleistungen, Gebrauchsüberlassungen sowie der Überlassung von Kundschaft oder Know-how als mögliche Gegenstände einer Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zu erfassen2. Darüber hinaus wäre die Anerkennung einer Beitragsleistung durch Einbuchung oder durch in der Vergangenheit erbrachte Dienstleistungen dogmatisch erschwert. Auch die Vereinbarung einer bedingten Einlagepflicht, die nach der hier vertretenen Differenzierung bei sofortiger Einbuchung des Stillen fraglos zulässig ist, könnte sonst in der Praxis nur mit Hilfe einer großzügigen Feststellung der Unbedingtheit der Einlagepflicht anerkannt werden3. Schließlich erweist sich die Differenzierung zwischen Beitrag und Einlageleistung auch in Bilanzierungsfragen als überlegen (siehe dazu § 13). Aus der hier zugrunde gelegten Differenzierung folgt zudem, dass die Leistung einer Einlage keine notwendige Voraussetzung für die Existenz einer stillen Gesellschaft darstellt. Dies bedeutet, dass es zwar keine stille Gesellschaft ohne Beitragspflicht und ohne Beteiligung des Stillen, wohl aber eine stille Gesellschaft ohne eine persönliche Einlageleistung des Stillen geben kann (näher Rz. 7.31 ff.). Die Einlagepflicht ist mithin kein unabdingbares „Strukturmerkmal“ der stillen Beteiligung.
7.2
2. Umfang der Beitragspflicht Der Umfang der Beitragspflicht wird einzig und allein durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt, zu dessen essentiali negotii die Bestimmung bzw. Bestimmbarkeit der Beitragsleistung gehört. § 706 Abs. 1 BGB, wonach die Gesellschafter in Ermangelung anderer Vereinbarungen gleiche Beiträge zu leisten haben, ist auf die stille Gesellschaft nicht anwendbar.
7.3
Die Beitragsleistung braucht jedoch nicht ziffernmäßig festzustehen, weil ihr im Gegensatz zur Kommanditeinlage nicht die Eigenschaft einer Haftsumme zukommt. Es genügt, dass sie objektiv bewertbar ist und bestimmt werden kann4. So genügt es, wenn sich ihre Höhe nach dem jeweiligen Bedarf an Betriebskapital bemessen soll5.
7.4
Die Beitragsleistungspflicht kann Veränderungen unterliegen. Der ursprünglich im Gesellschaftsvertrag festgelegte Beitrag braucht einerseits nicht das Maximum der Leistungen des stillen Gesellschafters zu repräsentieren. Zur Erhöhung seines Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist er aber nur berechtigt und verpflichtet, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist (§ 707 BGB). Auf der anderen Seite kann dem stillen Gesellschafter die Beitragsleistungspflicht auch (teilweise) erlassen6 oder ein geleisteter Beitrag wieder zurückgewährt werden (dazu Rz. 7.79). All dies können die Gläubiger des Inhabers grundsätzlich nicht verhindern.
7.5
1 Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 20; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 15. 2 Beispiele nach Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 3 Vgl. dazu auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 3. 4 RG v. 30.9.1927 – II 85/27, Recht 1928, Nr. 39; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 235 f. 5 RG v. 30.9.1927 – II 85/27, Recht 1928, Nr. 39. 6 OLG Frankfurt v. 1.12.1981 – 5 U 114/81, WM 1982, 198 (199); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 146, 153.
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II. Die Erbringung der Beitragsleistung 1. Arten der Beitragsleistung und ihre rechtliche Behandlung
7.6 Als Beitrag des stillen Gesellschafters zur stillen Gesellschaft kommt jede Förderung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks i.S. von § 705 BGB in Betracht1. Die Art der Beitragsleistung wird im Gesellschaftsvertrag festgelegt. Der Stille wird seine Beitragspflicht zwar zumeist durch eine eigene bilanzierungsfähige Einlageleistung nach § 230 Abs. 1 HGB erfüllen (dazu Rz. 7.7 ff.). Daneben hat er aber auch die Möglichkeit, seine Beitragspflicht durch schenkweise Einbuchung (Rz. 7.18 ff.) oder andere Maßnahmen zur Förderung des Gesellschaftszwecks (Rz. 7.31 ff.) zu erfüllen. Hieraus können Abgrenzungsprobleme zu anderen Vertragstypen entstehen (dazu Rz. 5.1 ff.). a) Beitragsleistung durch bilanzierungsfähige Einlage
7.7 Zu den Einlagen zählen sämtliche Beiträge, die der Stille unmittelbar zur bilanzierungsmäßigen Vermehrung des Vermögens des Geschäftsinhabers erbringt. Derartige Beiträge müssen nach § 230 Abs. 1 HGB in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie notwendig auch in dessen Eigentum bzw. Inhaberschaft übergehen müssen. Vielmehr genügt es, wenn dem Geschäftsinhaber die rechtliche Verfügungsmöglichkeit über den Gegenstand der Einlage zusteht2. Der Anspruch auf Leistung der Einlage ist daher auch ohne Weiteres abtretbar3. Dass der Beitrag an den Zessionar gezahlt wird, schadet nicht. Durch den Übergang der Vermögenseinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers unterscheidet sich die stille Gesellschaft von der OHG, KG und GbR, für die das Vorhandensein eines den Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehenden Gesellschaftsvermögens kennzeichnend ist4.
7.8 Die in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergegangene Einlage ist dem Zugriff der Geschäfts- und Privatgläubiger des Geschäftsinhabers ausgesetzt. Die Einlage ist jedoch nicht Haftungsobjekt und Realsicherung in dem Sinne, dass sich die Gläubiger des Inhabers unmittelbar an den stillen Gesellschafter halten könnten, sofern er die vertraglich geschuldete Einlage noch nicht vollständig erbracht oder ganz bzw. teilweise wieder zurückerhalten haben sollte. Der stille Gesellschafter haftet anders als der Kommanditist (vgl. §§ 171 f. HGB) auch in diesem Falle nicht für die Geschäftsverbindlichkeiten (§ 230 Abs. 2 HGB). Die Gläubiger des Inhabers können aber dessen Anspruch auf die rückständige Einlage pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen5.
1 So auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 4; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 144; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 322. 2 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 37. 3 Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 230 HGB Rz. 21; vgl. zur Abtretbarkeit von Einlageansprüchen in der Kommanditgesellschaft BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 = NJW 1975, 1022. 4 Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist das allerdings nicht zwingend. 5 Seffer/Erhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 28; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 85 ff.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
Der Stille kann eine bilanzierungsfähige Einlage entweder durch persönliche Leistung (Rz. 7.10 ff.) oder im Anschluss an eine schenkweise Einbuchung dadurch erbringen, dass er die Einlage dem Geschäftsinhaber belässt (Rz. 7.18 ff.)1.
7.9
aa) Persönliche Leistung einer Geldeinlage Die wichtigste Unterart der persönlichen und bilanzierungsfähigen Einlageleistung ist die der Geldeinlage. Dabei geht es um eine effektive Geldleistung zur freien Verfügung der Gesellschaft, die zunächst in Form einer Barzahlung oder bargeldlose Zahlung (Überweisung, Scheck-, Debit- oder Kreditkartenzahlung) erbracht werden kann.
7.10
Bringt der stille Gesellschafter Forderungen gegen den Geschäftsinhaber ein, so handelt es sich ebenfalls um eine Geldeinlage. Das ist unstreitig für den Fall, dass der stille Gesellschafter Forderungen gegen den Geschäftsinhaber besitzt und mit seinen Forderungen gegen die Einlageforderung des Inhabers aufrechnet. Anders soll es zu bewerten sein, wenn die Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber auf die Einlage nur angerechnet und die Forderung in ein Einlageguthaben umgewandelt wird2. Zwar soll dann als Gegenleistung für die Einlagegutschrift auch die Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber erlöschen, doch sei dies als Sach-, nicht als Geldeinlage zu werten. Diese Betrachtung ist aber rein begrifflich und verkennt, dass in beiden Fällen der wesentliche Tatbestand der gleiche ist. Es wird in beiden Fällen eine Forderung eingebracht, die gegen den Geschäftsinhaber besteht und zugunsten der Einlagegutschrift erlischt. Diese Wesensgleichheit erfordert eine einheitliche Behandlung. Ob die Forderung nun aufgerechnet oder angerechnet wird, kann nicht dafür maßgeblich sein, sie als Geld- oder Sacheinlage zu behandeln3.
7.11
Durch die Festsetzung eines Entgelts und die anschließende Verrechnung können zudem eine Sacheinlage (dazu Rz. 7.15 ff.) und nicht bilanzierungsfähige Beiträge wie Gebrauchsüberlassungen oder Dienstleistungen (dazu Rz. 7.31 ff.) in eine Geldeinlage umgewandelt werden4. Besteht die Vermögenseinlage beispielsweise in einem Grundstück, dann liegt grundsätzlich eine Sacheinlage vor, die gemäß §§ 873 Abs. 1, 925 BGB in das Eigentum des Geschäftsinhabers zu übertragen ist. Es kann aber auch nach dem Willen der Beteiligten ein Kaufvertrag über das Grundstück abgeschlossen werden, bei dem die Kaufsumme als Geldeinlage im Wege der Aufrechnung als Gesellschaftsbeitrag des Veräußerers und künftigen stillen Gesellschafters erbracht wird. Die Unterscheidung ist wichtig für den Fall der Mängelrüge, die bei der Sacheinlage zu anderen Rechtsfolgen führt als beim Kaufvertrag (dazu Rz. 7.56).
7.12
Unter den jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen sind auch die einseitige Aufrechnung und die Tilgung von Geldschulden des Geschäftsinhabers gegenüber Dritten5
7.13
1 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d. 2 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174; vgl. auch BFH v. 29.5.2001 – VIII R 10/00, BFHE 195, 486 = DB 2001, 2023 (2026) unter III.2.b) aa) der Gründe. 3 So auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 225. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149, 152; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 227, 229; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 43. 5 Vgl. OLG Frankfurt v. 20.5.1977 – 10 U 215/76, DB 1977, 1841 und RG v. 19.5.1909 – I 294/08, Recht 1909, Nr. 2635.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
durch den stillen Gesellschafter möglich. Obwohl es unzulässig ist, frühere Geldleistungen nachträglich als Einlageleistungen gemäß § 230 Abs. 1 HGB anzusehen oder solche Leistungen rückwirkend in Einlageleistungen umzuwandeln1, kann eine Beteiligung etwa durch Einbuchung oder durch nachträgliche Festsetzung eines Entgelts eingeräumt werden2.
7.14 Solange die Einlage nicht vollständig geleistet ist, können bei entsprechender Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag die dem stillen Gesellschafter zustehenden anteiligen Gewinne zur Erfüllung der Einlagepflicht verwendet werden3. bb) Persönliche Leistung einer Sacheinlage
7.15 Es ist für die Leistung einer Einlage gemäß § 230 Abs. 1 HGB nicht notwendig, dass sie in Geld erbracht wird; erforderlich ist nur, dass es sich um einen bilanzierungsfähigen, d.h. übertragbaren und bewertbaren Vermögenswert handelt4. Die Einlage kann deshalb neben oder anstelle von Geldeinlagen in Form von Sacheinlagen aller Art erbracht werden. Demnach können Gegenstand der Einlage des stillen Gesellschafters sein: bewegliche Sachen, Grundstücke, Wertpapiere, Forderungen gegen Dritte, Beteiligungen, Urheberrechte, Patente5, Lizenzen, Erbbaurechte, Nießbrauchsrechte6 und auch Sachgesamtheiten wie ein Handelsunternehmen7.
7.16 Die Sacheinlage wird durch Übertragung in das Eigentum des Geschäftsinhabers geleistet (sog. Einbringung quoad dominium; vgl. auch § 230 Abs. 1 HGB). Die Übertragung vollzieht sich dabei nach den allgemeinen sachenrechtlichen Grundsätzen: Einigung und Übergabe (bzw. Übergabesurrogate) bei Geld, Inhaberpapieren und sonstigen beweglichen Sachen (§ 929 BGB), Auflassung und Eintragung bei Grundstücken (§§ 873 Abs. 1, 925 BGB), Abtretung bei Forderungen (§ 398 BGB), Indossierung und Übergabe bei Orderpapieren (Art. 11 ff. WG, Art. 14 ff. ScheckG) und Namensaktien (§ 68 Abs. 1 AktG) sowie bei sonstigen Vermögensrechten nach Sondervorschriften (z.B. § 15 GmbHG, § 15 PatG, § 13 GebrMG, § 27 MarkenG) oder § 413 BGB. Auf die Sachmängelgewährleistung des Stillen wird unten eigens eingegangen (siehe Rz. 7.56).
7.17 Mit der Übergabe beweglicher Sachen, bei Grundstücken mit erfolgter Übergabe oder mit der Eintragung, wenn sie der Übergabe vorausgeht, geht die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Inhaber über (§ 446 BGB analog). § 447 BGB ist entsprechend anwendbar, wenn der stille Gesellschafter auf Verlangen des Inhabers die einzubringenden Sachen an einen anderen Ort als den Erfüllungsort versendet. An dem Verlust, der durch den zufälligen Untergang entsteht, ist der stille Gesellschafter beteiligt, so1 RG v. 30.10.1907 – I 16/07, LZ 1908, 158; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 9; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 151; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 228; nur scheinbar a.A. OLG Hamburg v. 12.8.1998 – 11 U 247/96, NZG 1999, 66. 2 Für die h.M. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 151; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 228. 3 So auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 8. 4 RG v. 2.10.1924 – II 600/23, Recht 1925, 28 Nr. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 230. 5 RG v. 28.9.1928 – III 523/27, RGZ 122, 70 (72). 6 Zur Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte vgl. Bork, ZHR 154 (1990), 205 und K. Schmidt, ZHR 154 (1990), 237. 7 RG v. 24.3.1888 – I 29/88, RGZ 20, 163; RG v. 14.12.1892 – I 303/92, RGZ 30, 57.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
weit durch den Verlust der laufende Jahresgewinn gemindert wird oder der stille Gesellschafter an den Verlusten des Handelsgeschäfts teilnimmt. cc) Schenkweise Einbuchung Häufig wird die Einlage des stillen Gesellschafters dadurch geleistet, dass der Geschäftsinhaber einen bestimmten Betrag auf dem Einlagekonto des stillen Gesellschafters unentgeltlich gutschreibt und das eigene Geschäftskonto entsprechend belastet. Die rechtliche Beurteilung dieses Verfahrens ist in zweierlei Hinsicht umstritten1:
7.18
Zunächst wurde im Zusammenhang mit der schenkweisen Einbuchung die Frage aufgeworfen, ob es eine Stille Gesellschaft ohne eine persönliche Einlageleistung des Stillen überhaupt geben könne2. Früher wurde kaum bestritten, dass durch eine bloße Umbuchung sowohl die Schenkung der Einlage an den Stillen als auch die stille Gesellschaft begründet wurde3. Von Herrmann4 wurden hiergegen jedoch Bedenken erhoben. Da der Schenkungsempfänger keinerlei Leistungen erbringe, fördere er nicht den gemeinsamen Zweck der Gesellschaft i.S. von § 705 BGB5, was zur Folge habe, dass eine stille Gesellschaft nicht angenommen werden könne. Der Vertrag begründe nur Ansprüche des vermeintlichen stillen Gesellschafters auf Zahlung von Gewinnanteilen und eines Betrages für den Fall der Vertragsbeendigung. Ausschließlich diese Ansprüche – und nicht etwa eine Gesellschafterposition – seien Schenkungsobjekt. Dem hat Hengeler6 entschieden widersprochen, da es ein unnötiges „Hin- und Herzahlen“ darstellte, wenn der Geschäftsinhaber dem Stillen zunächst Bargeld übereignen und dieser es anschließend als Einlage in die Gesellschaft einbringen würde7. Die einfache Umbuchung verkürze diesen wirtschaftlich gewollten Vorgang nur. Aber auch rechtlich ließe sich die Einlageleistung des stillen Gesellschafters darstellen: Der Geschäftsinhaber verspricht dem Stillen schenkweise den Einlagebetrag, und dieser rechnet die Forderung mit der aus dem geschlossenen Gesellschaftsvertrag entspringenden Einlageverpflichtung auf8.
7.19
Maßgeblich ist auch hier die oben vorgenommene Unterscheidung zwischen Einlage und Beitrag und die Feststellung, dass es keine beitragslose, wohl aber eine stille Gesellschaft ohne persönliche Einlageleistung des Stillen geben kann. Es ist nämlich nicht erforderlich, dass die Leistung der Einlage durch den stillen Gesellschafter selbst zu erfolgen hat. Entscheidend ist nur, dass der Stille eine Einlage hält, und nicht, dass er sie auch persönlich leistet9. Der in diesem Zusammenhang etwas miss-
7.20
1 Vgl. dazu für die h.M. auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 15 ff. und Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 m.w.N.; Übersicht bei Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 126 ff.; a.A. Herrmann, ZHR 147 (1983), 313. 2 Verneinend RG v. 8.1.1896 – I 294/96, ZHR 48 (1899), 344 und Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 8; dagegen Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 194. 3 BGH v. 29.10.1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378; BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558; ausdrücklich bereits A. Hueck, ZHR 83 (1920), 1 (9). 4 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313. 5 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313 (321, 327). 6 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329. 7 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 (332). 8 Ähnlich bereits A. Hueck, ZHR 83 (1920), 1 (11 f.). 9 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d; vgl. auch K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 143.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
verständlich formulierte § 230 HGB besagt lediglich, dass eine von Seiten des Stillen erfolgende Einlageleistung der Natur der stillen Gesellschaft als reiner Innengesellschaft entsprechend nicht in das Vermögen der Gesellschaft, sondern das Vermögen des Geschäftsinhabers übergeht1. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die Einlageleistung stets durch den stillen Gesellschafter selbst vorgenommen werden muss. Der Beitrag des Stillen besteht in den Fällen der schenkweisen Einbuchung darin, dass er die ihm zugewandte Vermögenseinlage im Handelsgewerbe belässt2.
7.21 Darüber hinaus herrscht Streit in der Frage, inwieweit der Einbuchungsvorgang dem notariellen Beurkundungserfordernis des § 518 BGB unterliegt. Der BGH3, dem sich die Steuerrechtsprechung4 angeschlossen hat, geht insoweit davon aus, dass es sich bei der Einbuchung um eine unentgeltliche Zuwendung des Geschäftsinhabers an den Dritten handele, die der Form des § 518 BGB bedürfe. Da in der Einbuchung des Anteils keine Bewirkung der versprochenen Leistung zu sehen sei, müsse dieses Versprechen, um Rechtswirksamkeit zu erlangen, notariell beurkundet werden. Maßgebend für das Erfordernis der notariellen Beurkundung soll der Charakter der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen sein. Bei derartigen Innengesellschaften liege das Vermögen in der Hand eines der Gesellschafter ohne dingliche Beteiligung des anderen; dessen Rechte seien allein schuldrechtlicher Natur und eine dingliche Vermögensübertragung sei nicht gewollt. Ein auf die Einräumung einer stillen Beteiligung gerichtetes Schenkungsversprechen des Inhabers könne daher durch die buchmäßige Berücksichtigung nicht geheilt werden, da hier nur die eine schuldrechtliche Verpflichtung aus dem Schenkungsversprechen durch die andere schuldrechtliche Verpflichtung aus der stillen Gesellschaft ersetzt werde.
7.22 Im Schrifttum ist die Ansicht des BGH nur von wenigen begrüßt5, von anderen zumindest eingeschränkt6 und von den meisten abgelehnt7 worden. Kritisch wurde zunächst angemerkt, dass die unentgeltliche Beteiligung an einer Außengesellschaft (OHG, KG) mit Abschluss des Vertrages vollzogen sei, sodass – auch wenn eine Schenkung vorliege – Heilung der Nichtigkeit nach § 518 Abs. 2 BGB eintrete. Zwar bedeute bei der Innen1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 16, 237; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 21; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 28; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 11. 2 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 143; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 130; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 24. 3 BGH v. 29.10.1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378 (380); BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (179) = DB 1952, 947; bestätigt durch BGH v. 6.3.1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685 = DB 1967, 1258. 4 Vgl. dazu BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558 (563) sowie Rz. 9.25 ff. 5 Herrmann, ZHR 147 (1983), 313 (317 ff.); Hadding/Kießling in Soergel, 13. Aufl. 2012, § 705 BGB Rz. 12; Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 154 ff.; Klauss/ Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 106. 6 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 III 1a. (Einschränkung auf die typische stille Gesellschaft, welche sich in einem qualifizierten Kreditverhältnis erschöpfe und keine dem Kommanditisten ähnliche Beteiligung verschaffe); K. Schmidt, DB 2002, 829 sowie im Folgenden auch K. Schmidt, DB 2002, 829 (834) und K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 100 ff. (Formbedürftigkeit allein der schenkweisen Einbuchung des typisch stillen Gesellschafters durch einen Einzelunternehmer, da es nur dann an einem echten Vermögenstransfer fehle). 7 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 128; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 45; Würdinger, JZ 1953, 226 (227); Hengeler, ZHR 147 (1983), 329; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 37; Cremer in Staudinger, 13. Bearb. 1995, § 518 BGB Rz. 25.
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gesellschaft die Umbuchung des Vermögensanteils noch nicht die Bewirkung der versprochenen Leistung, wohl aber die Einräumung des Gesellschaftsverhältnisses. Mit der Begründung der Mitgliedschaft sei die Schenkung vollzogen1. Zum Zweiten wird angeführt, dass der Stille durchaus eine Einlage leiste. Das Gesetz verbiete ihm nämlich nicht, seine Einlagen aus Vermögenswerten zu bestreiten, die ihm von Dritten – so auch vom Geschäftsinhaber – zur Verfügung gestellt worden seien. So könne er z.B. auch Geldbeträge, die ihm vom Geschäftsinhaber schenkweise überlassen wurden, als Einlage in die Gesellschaft einbringen. Es sei purer Formalismus, den unnötigen Umweg über eine derartige doppelte Übereignung des Einlagebetrages zu verlangen. Es müsse dem Stillen auch gestattet werden, diesen Geldbetrag gleich in der Gesellschaft zu belassen2. Weiterhin wird darauf verwiesen, dass mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags und der Umbuchung des Einlagebetrages vom Kapitalkonto des Geschäftsinhabers auf das Einlagekonto des Stillen nicht nur ein Schenkungsversprechen seitens des Geschäftsinhabers gegenüber dem Stillen abgegeben, sondern diesem auch gleichzeitig die mitgliedschaftliche Rechtsstellung eines Gesellschafters vermittelt werde. Diese Stellung werde bereits durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags geschaffen und nicht erst, wie der BGH meine, versprochen. Der Geschäftsinhaber könne nicht mehr tun, als die stille Beteiligung durch die Einbuchung einzuräumen. Hierin liege daher der Vollzug des Schenkungsversprechens, so dass eine fehlende notarielle Beurkundung geheilt werde3. Der h.L. ist zuzustimmen. Der BGH verneint im Ergebnis für Innengesellschaften schlechthin eine Heilungsmöglichkeit. Damit setzt er sich in Widerspruch zu seiner sonstigen Rechtsprechung, mit der er etwa bei der Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf die atypische4 und die typische5 stille Gesellschaft durchaus eine gesellschaftliche Verfestigung der stillen Gesellschaft anerkannt hat. Schließlich ist auch vom Schutzgedanken des § 518 BGB her die Verneinung der Heilungsmöglichkeit nicht geboten, da die Einbuchung der Beteiligung des Stillen (insbesondere gegenüber der Finanzverwaltung) durchaus einen Publizitätsakt darstellt, in dem sich der Erfüllungswille des Schenkers dokumentiert.
7.23
Ein Widerspruch ergibt sich nunmehr auch zu der die Unterbeteiligung betreffenden Entscheidung des BGH im Fall Suhrkamp, wonach bei der schenkweisen Zuwendung einer Unterbeteiligung von einem heilenden Vollzug auszugehen sei, wenn nicht nur schuldrechtliche Ansprüche, sondern auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte eingeräumt würden6. Der BFH hat diese Entscheidung bestätigt, fortentwickelt und die Möglichkeit der Heilung explizit auch auf die atypisch stille Gesellschaft übertragen7. Insofern sollte zumindest die schenkweise Einbuchung eines atypisch stillen Gesellschafters einen möglichen Formmangel durch Vollzug i.S. von § 518 Abs. 2
7.24
1 So z.B. Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 128. 2 Hengeler, ZHR 147 (1983), 329 (332). 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 128; Würdinger, JZ 1953, 226 (227); Ulmer/ Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 45; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 37. 4 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157. 5 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5. 6 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, NZG 2012, 222 (224 f.) mit Anm. Blaurock, NZG 2012, 521 sowie Strnad, ZEV 2012, 394; ähnlich bereits BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, NJW-RR 2008, 986. 7 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, DStR 2014, 2111.
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BGB heilen, weil auch bei ihr eine über das rein schuldrechtliche Verhältnis hinausgehende mitgliedschaftliche Rechtsposition eingeräumt wird1.
7.25 Angesichts der noch nicht aufgegebenen Rechtsprechung des BGH werden die Beteiligten jedoch einstweilen gut daran tun, den Gesellschaftsvertrag gemäß § 518 Abs. 1 BGB notariell beurkunden zu lassen, wenn jemand in der vorerwähnten Weise unentgeltlich beteiligt werden soll. Es empfiehlt sich auch, unter diesem Gesichtspunkt die Verhältnisse der Vergangenheit zu überprüfen, damit nicht wie im Fall Suhrkamp aus Anlass von Erbfällen die formlos eingeräumte Beteiligung hinsichtlich ihrer gesellschaftsrechtlichen Auswirkungen angezweifelt werden kann.
7.26 Eine gemischte Schenkung2 ist gegeben, wenn der Inhaber, was handelsrechtlich zulässig ist (vgl. Rz. 7.68 ff.), die Vermögenseinlage höher bewertet, als es ihrem Verkehrswert entspricht, wie umgekehrt eine Schenkung des stillen Gesellschafters an den Inhaber anzunehmen ist, wenn seine Vermögenseinlage zu gering bewertet wird. Eine gemischte Schenkung kann auch darin gesehen werden, dass dem stillen Gesellschafter eine Gewinnbeteiligung zugesprochen wird, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wert der von ihm erbrachten Einlage steht.
7.27 Auch die Aufnahme eines lediglich seine Arbeitskraft (hierzu Rz. 7.38 ff.) einbringenden stillen Gesellschafters unter Beteiligung am Gewinn kann, wie bereits der Reichsfinanzhof feststellte, eine Schenkung sein3.
7.28 Aus der Entscheidung des RFH, die in erster Linie eine atypische stille Beteiligung betrifft, aber auch für die typische stille Gesellschaft gilt, ergibt sich, dass eine freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters auf Kosten des Inhabers gegeben ist, wenn die Gewinnbeteiligung so hoch ist, dass sie durch den Wert der Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet. Die Bereicherung besteht in dem Recht des stillen Gesellschafters auf den Teil der Gewinnbezüge, dem keine Beitragsleistung gegenübersteht. Hinzukommen muss als weitere Voraussetzung für die Feststellung einer Schenkung in subjektiver Hinsicht, dass der Inhaber das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg seines Handelns gewollt hat. Dass dem stillen Gesellschafter die Früchte seiner Arbeit teilweise selbst zufallen und dass er auch von der Arbeit des Inhabers Vorteile hat, spielt für die Beurteilung keine Rolle. Solche Verhältnisse sind immer gegeben, wenn sich mehrere zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammenschließen. Entscheidend ist einzig und allein, ob jeder Vertragsteil zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks wertmäßig so viel beisteuert, wie ihm Vorteile erwachsen, oder ob über den Zweck des Zusammenschlusses hinaus eine besondere vermögensrechtliche Bevorzugung eines Beteiligten auf Kosten des anderen gewollt und erreicht wird. Nur dann kann von einer Schenkung gesprochen werden.
7.29 Bei Einräumung einer atypischen stillen Beteiligung durch Einbringung der Arbeitskraft wird also das Gewinnbezugsrecht in der Regel nicht geschenkt, da regelmäßig die Arbeitsleistung als angemessene Beitragsleistung anzusehen ist4. 1 So bereits K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 III 1a; im Lichte der jüngsten Rspr. auch Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 11 f. („konsequenterweise“). 2 Hierzu Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rz. 13 ff. 3 RFH v. 7.11.1940 – IIIe 18/40, RStBl. 1941, 71; vgl. auch Petzoldt, § 7 ErbStG Rz. 163. 4 FG München v. 21.3.1967 – II 53/66, EFG 1967, 523; vgl. auch Petzoldt, § 7 ErbStG Rz. 201.
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Gemäß § 1624 Abs. 1 BGB gilt nicht als Schenkung, was einem Kinde mit Rücksicht auf seine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung zur Begründung oder Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird (Ausstattung). Demgemäß bedarf ein Ausstattungsversprechen keiner notariellen Beurkundung. Gegenstand einer Ausstattung oder eines Ausstattungsversprechens kann auch die Einräumung einer stillen Beteiligung oder einer Unterbeteiligung sein. Ausstattung oder Ausstattungsversprechen können aber nur vorliegen, wenn die Verheiratung oder die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung in Aussicht steht oder in greifbare Nähe gerückt ist, denn vorher können die Eltern nicht übersehen, was das Kind zur Begründung oder Erhaltung der Wirtschaft oder der Lebensstellung künftig einmal benötigen wird1. Daraus ergibt sich, dass die Zuwendung einer stillen Beteiligung oder einer Unterbeteiligung an ein noch nicht volljähriges Kind – von besonderen Ausnahmefällen abgesehen – keine Ausstattung i.S. des § 1624 Abs. 1 BGB darstellt.
7.30
b) Beitragsleistung durch nicht bilanzierungsfähige Beiträge aa) Gebrauchsüberlassung Der vom stillen Gesellschafter zu leistende Beitrag kann auch in einer Gebrauchsüberlassung (sog. Einbringung quoad usum) liegen. Sie stellt entgegen der h.M.2 grundsätzlich keine Vermögenseinlage dar3. Im Falle der Gebrauchsüberlassung findet die Übertragung eines Gegenstandes auf den Geschäftsinhaber zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes nicht durch eine Übertragung des Eigentums statt, sondern dadurch, dass ihm der Besitz oder zumindest ein Anspruch auf Überlassung der Sache oder des Rechts, soweit dies zum Gebrauch notwendig ist, eingeräumt wird. Hierdurch wird der Inhaber zumindest in die Lage versetzt, im Interesse der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks von den ihm zum Gebrauch überlassenen Vermögenswerten jederzeit ungehindert Gebrauch zu machen.
7.31
Der Geschäftsinhaber darf aber von der Sache oder dem Recht nur den durch den Gesellschaftszweck gestatteten Gebrauch machen. Anderenfalls muss der stille Gesellschafter zustimmen. Die Unterhaltungspflicht bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Veräußert der stille Gesellschafter ein dem Inhaber zum Gebrauch überlassenes Grundstück während der Dauer der Gesellschaft, so braucht dieser das Grundstück dem Erwerber nicht herauszugeben, solange das Gesellschaftsverhältnis fortbesteht (§§ 566 Abs. 1, 986 Abs. 1 BGB).
7.32
Inwieweit der stille Gesellschafter seine Rechte an dem eingelegten Gegenstand aufgeben muss, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. So kann der stille Gesellschafter, wenn dem Geschäftsinhaber zur Verfolgung des Gesellschaftszweckes nur ein Mitbenutzungsrecht eingeräumt worden ist, weiterhin das Grundstück oder den Gegenstand als Mitbenutzungsberechtigter nutzen4.
7.33
1 KG v. 30.10.1962 – 6 U 1003/62, FamRZ 1963, 449. 2 Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 108; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 52. 3 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Seffer/Ehrhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 12. 4 Zur Zulässigkeit des Bruchteilseigentums von Inhaber und stillem Gesellschafter an einzelnen Gegenständen vgl. BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157.
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7.34 Bei der Gebrauchsüberlassung trägt der stille Gesellschafter die Gefahr des zufälligen Untergangs. Er ist aber, wenn er seine vereinbarte Einlage ordnungsgemäß erbracht hat, nicht verpflichtet, anstelle des untergegangenen oder verschlechterten Gegenstandes einen anderen Gegenstand als Ersatz einzubringen (§ 707 BGB). Dass er deswegen seinen Gewinnanteil zu einem entsprechenden Teil verliert, ist nach dem vermutlichen Willen der Beteiligten nicht anzunehmen. Nach Sinn und Zweck des Gesellschaftsvertrags trifft der Verlust des Gebrauchs daher auch den Inhaber des Handelsgeschäfts. Auf die Sachmängelgewährleistung des Stillen wird unten noch eigens eingegangen (siehe Rz. 7.57).
7.35 Werden Gegenstände in Vollziehung der Einlageverpflichtung dem Inhaber zum Gebrauch überlassen, so können sich Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber anderen Rechtsinstituten ergeben, insbesondere gegenüber den partiarischen Verträgen (dazu Rz. 5.16 ff.). Entstehen Zweifel darüber, ob die Einlage zu Eigentum übertragen oder nur zum Gebrauch überlassen worden ist, so findet die Auslegungsvorschrift des § 706 Abs. 2 BGB sinngemäße Anwendung. Danach ist eine Eigentumsübertragung anzunehmen, wenn es sich um vertretbare oder verbrauchbare Sachen handelt oder wenn Gegenstand der Einlage nicht vertretbare oder nicht verbrauchbare Sachen sind, denen eine Schätzung beigefügt ist, die nicht nur der Gewinnverteilung dienen soll. Es ist ratsam, im Gesellschaftsvertrag eindeutige Vereinbarungen darüber zu treffen, ob die einzubringenden Gegenstände dem Recht oder nur dem Gebrauch nach auf den Geschäftsinhaber übertragen werden sollen. bb) Einbringung eines Vermögensgegenstandes dem Werte nach
7.36 Die Einbringung dem Werte nach (sog. Einbringung quoad sortem)1 richtet sich darauf, der stillen Gesellschaft ohne Eigentumsübertragung den wirtschaftlichen Wert einer Sache zur Verfügung zu stellen. Der im Eigentum des Stillen verbleibende Gegenstand wird nicht nur zur Nutzung und zum Gebrauch überlassen, sondern zusätzlich dem Werte nach in die Gesellschaft eingebracht, d.h. der Stille ist zudem verpflichtet, im Innenverhältnis den Wert der Vermögensgegenstände zur Verfügung zu stellen. So tritt eine Wertsteigerung bzw. ein Wertverlust des eingebrachten Vermögensgegenstands wie bei der Einbringung quoad usum zunächst im Vermögen des in der Eigentumsposition verbliebenen stillen Gesellschafters ein. Der Stille ist jedoch schuldrechtlich verpflichtet, den Inhaber durch eine Ausgleichszahlung so zu stellen, als hätte dieser von Wertsteigerung profitiert bzw. den Wertverlust erlitten2. Die Einbringung quoad sortem stellt mithin eine Zwischenform zwischen Gebrauchsüberlassung und Übereignung dar3. Bei ihr fallen die dingliche und die schuldrechtliche bzw. wirtschaftliche Lage auseinander.
7.37 Praktische Bedeutung hat diese Form der Beitragsleistung insbesondere für die Einbringung von Grundstücken erlangt, da hierdurch wegen der unterbleibenden Eigentumsübertragung Kosten und Steuern gespart werden können. Fehlt es bei der Leis1 Vgl. dazu insgesamt Berninger, Die Societas Quoad Sortem; Blaurock/Berninger, JZ 1992, 614 (621) und Schäfer in MünchKomm/BGB, § 706 BGB Rz. 12; zur Darstellung der Einlage in der Handelsbilanz siehe Reinhardt, DStR 1991, 588. 2 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 3 Für die Behandlung der aus dieser „Zwitterstellung“ folgenden Probleme ist hier kein Raum. Ausführlich zur Einbringung quoad sortem: Berninger, Die Societas Quoad Sortem.
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tung einer Grundstückseinlage an der erforderlichen notariellen Beurkundung des Gesellschaftsvertrags und wurde dieser Mangel nicht nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, ist darüber hinaus eine Umdeutung der Einbringung quoad dominium in eine Einbringung quoad sortem denkbar (§ 140 BGB). cc) Dienstleistungen Der Beitrag des stillen Gesellschafters kann auch in Dienstleistungen bestehen. Dieser Beitrag stellt entgegen der h.M.1 ebenfalls grundsätzlich keine Vermögenseinlage dar2. Um eine Vermögenseinlage handelt es sich nur, wenn für die zu erbringende Dienstleistung ein Entgelt festgesetzt wird, das als Einlage des stillen Gesellschafters verrechnet werden kann (Rz. 7.12)3. Aufgrund vergangener Dienstleistungen kann dem Stillen eine Beteiligung nur durch eine Geldeinlage, die durch Verrechnung mit einer offenen Gehaltsforderung oder einem nachträglich vereinbarten Gehalt erbracht wird, eingeräumt werden4. Neben der Gewinnbeteiligung kann für die Tätigkeit des stillen Gesellschafters schließlich auch eine Sondervergütung vereinbart werden.
7.38
Nicht jede Dienstleistung zur Förderung eines fremden Handelsgeschäftes begründet jedoch eine stille Gesellschaft. So kann auch ein nicht formbedürftiges Gehaltsversprechen vorliegen, ein Dienstvertrag mit Gewinnbeteiligung oder ein aufschiebend bedingter Beteiligungsvertrag. Die Abgrenzung dieser Typen untereinander und zur stillen Gesellschaft muss aufgrund der besonderen Umstände des einzelnen Falles getroffen werden (siehe dazu Rz. 5.39 ff.).
7.39
Soweit die Dienstleistungen allein zum Zwecke der Verrechnung mit der Einlage erbracht werden, ist der Stille ausschließlich in der Eigenschaft eines gewinnbeteiligten Gesellschafters tätig; er ist weder Arbeitnehmer noch Angestellter. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem jeweiligen Geschäftsergebnis richten soll, also eine schwankende Vergütung bezogen wird. Ist hingegen ein fester Arbeitslohn vereinbart und soll dieser zur Tilgung der Vermögenseinlage übertragen, also nicht ausgezahlt werden, so liegen Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis nebeneinander vor. Aus dem Arbeitsverhältnis ergeben sich dann die üblichen beiderseitigen Rechte und Pflichten.
7.40
Bei Verpflichtungen zu nur gelegentlichen Dienstleistungen oder zur Übernahme einer Aushilfstätigkeit ist genauestens zu prüfen, ob ein Gesellschaftszweck gegeben ist und dieser Beitrag den Gesellschaftszweck fördern kann. Bei der Beteiligung von Familienangehörigen als stillen Gesellschaftern bedarf es der besonderen Prüfung, ob deren Tätigkeit dem gemeinsamen Gesellschaftszweck zu dienen bestimmt ist und
7.41
1 Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 108; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 52. 2 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 3 So nun auch BFH v. 10.7.2001 – VIII R 45/98, BFHE 196, 103 = DB 2001, 2072; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 4 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 151; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 20; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224.
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diesem objektiv förderlich ist. Dies ist auch Voraussetzung der Anerkennung der stillen Familiengesellschaft im Steuerrecht (vgl. hierzu Rz. 21.7 ff.).
7.42 Der Stille wird durch eine Beitragsleistung in der Form von Dienstleistungen nicht zu einem Arbeitnehmer i.S. des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts, so dass die Regelungen über den Kündigungsschutz, die Arbeitnehmerhaftung, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, die Arbeitnehmerprivilegien in der Insolvenz, die Sozialversicherungspflicht und die Lohnsteuer zunächst keine Anwendung finden. Die Geltung arbeitsrechtlicher Vorschriften kann sich aber aus einem Nebeneinander von Arbeitsverhältnis und Gesellschaftsverhältnis ergeben1. Darüber hinaus kann die Anwendung einzelner arbeitsrechtlicher Vorschriften im Gesellschaftervertrag vereinbart werden2. Insbesondere ist insoweit an die Schutzvorschriften des § 618 BGB zu denken, während die Kündigungsvorschriften der §§ 621 ff. BGB durch § 234 HGB abgelöst werden. Die Haftung des aufgrund des Gesellschaftsvertrags zu Dienstleistungen verpflichteten stillen Gesellschafters bestimmt sich nach § 708 BGB; damit ist in der Regel die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen. Das Unmöglichwerden der Dienste kann zur Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde führen. Ein Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses besteht nicht. dd) Einräumung eines Geld- oder Warenkredits
7.43 Des Weiteren kann der Beitrag des Stillen in der Einräumung eines Geld- oder Warenkredits bestehen, wenn dieser eine gesellschaftsrechtliche Leistung des stillen Gesellschafters darstellt. Von einem selbständigen, in Geld abschätzbaren Vermögenswert kann insbesondere dann ausgegangen werden, wenn dieser Kredit zu besonders günstigen Konditionen eingeräumt wird. Entscheidend werden hier immer die Umstände des jeweiligen Einzelfalles sein. ee) Unterlassungen
7.44 Als Beitrag des Stillen kommt weiterhin die Übernahme der Verpflichtung, ein bestimmtes Geschäft nicht zu beliefern3 oder auf Wettbewerb zu verzichten, in Betracht. ff) Immaterielle Beiträge
7.45 Schließlich ist die Beitragsleistung durch die Überlassung von Bezugsquellen4, Geschäftsgeheimnissen, Kundschaft, Know-how5 und des Firmenrechts, soweit es übertragbar ist (§ 23 HGB), zulässig.
1 Vgl. BSG v. 24.1.2007 – B 12 KR 31/06 R, NZS 2007, 648: Zur Sozialversicherungspflicht eines stillen Gesellschafters mit Anstellungsvertrag. 2 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 224. 3 RG v. 2.10.1924 – II 600/23, Recht 1925, 28 Nr. 5. 4 RG v. 14.3.1919 – II 393/18, RGZ 95, 147 (150). 5 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BFHE 115, 518 = BStBl. II 1975, 611 = StRK GewStG § 8 Nr. 2–9 R. 121 m. Anm. Paulick.
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2. Zeitpunkt der Beitragsleistung Wann die Vermögenseinlage zu leisten ist, bestimmt sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Enthält dieser keine Bestimmungen, so ist sie im Zweifel sofort zu leisten (§ 271 Abs. 1 BGB)1. Für die Folgen des Verzugs mit der Beitragsleistung gelten die allgemeinen Regelungen (Rz. 7.54 f.). Den stillen Gesellschafter kann auch eine Vorleistungspflicht treffen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn seine Einlage nach dem Gesellschaftsvertrag zum Erwerb des Handelsgeschäfts verwendet werden soll. Der Anspruch auf die Beitragsleistung verjährt – sowohl bei der typischen als auch bei der atypischen stillen Gesellschaft – nach den §§ 195, 199 BGB. § 159 HGB findet mangels planwidriger Regelungslücke und Vergleichbarkeit keine analoge Anwendung2. Bei stillen Beteiligungen am Handelsgewerbe einer GmbH (GmbH & Still) bzw. Aktiengesellschaft (AG & Still) wird zwar teilweise die analoge Anwendung von § 19 Abs. 6 GmbHG bzw. § 54 Abs. 4 AktG in Erwägung gezogen, doch besteht auch insoweit kein Gleichbehandlungsgebot, weil die Beitragsleistung des Stillen nicht Teil einer unter Kapitalschutzüberlegungen im Aktien- und GmbH-Recht besonders geregelten Kapitalaufbringung ist3.
7.46
Verschlechtern sich die Vermögensverhältnisse des Inhabers, bevor der stille Gesellschafter seine Vermögenseinlage geleistet hat, so steht ihm in der einem Austauschvertrag nahekommenden zweigliedrigen Gesellschaft ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis der Inhaber das Handelsgeschäft mit den im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Mitteln ausgestattet oder ihm für seine Einlage Sicherheit bestellt hat (§ 321 BGB analog)4.
7.47
Verschlechtert sich die Vermögenslage des Inhabers erst, nachdem der stille Gesellschafter seine Vermögenseinlage erbracht hat, so kann er den Gesellschaftsvertrag aus wichtigem Grunde kündigen (§ 234 Abs. 1 HGB). Da jedoch die Kündigung das Gesellschaftsverhältnis nur für die Zukunft beendet, muss er einen bereits entstandenen Verlust nach Maßgabe seiner Verlustbeteiligung tragen.
7.48
Im Übrigen bleibt es dem stillen Gesellschafter unbenommen, sich gegen das Risiko abzusichern, das mit der Übertragung seiner Einlage in das Alleinvermögen des Geschäftsinhabers entsteht. Als Sicherungsmaßnahme kann alles vereinbart werden, was nur die Einlage als Vermögenswert in der Hand des Geschäftsinhabers belässt, solange er sich vertragstreu verhält5.
7.49
1 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 36; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 78. 2 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, NZG 2010, 823; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 5 U 66/08, NZG 2009, 256 (258); Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 78; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 36. 3 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, NZG 2010, 823; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 106; a.A. K. Schmidt, NZG 2009, 361 (363); Berninger, DStR 2010, 2359 (2362 f.); Partikel in Heidel/Schall, § 230 HGB Rz. 31. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 157 f. 5 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 54.
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3. Störungen der Beitragsleistung a) Gesetzwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit
7.50 Die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit der Beitragsleistung führt zur Nichtigkeit (§§ 134, 138 BGB). Nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft (Rz. 11.5 ff.) kommt es dadurch allerdings grundsätzlich nicht zur Rückabwicklung der Gesellschaft, sondern nur zu deren Auflösung und Abwicklung ex nunc. b) Unmöglichkeit
7.51 Die Unmöglichkeit der Beitragsleistung führt zum Erlöschen der primären Leistungspflicht (§ 275 Abs. 1 BGB). Im Falle des § 285 BGB hat der stille Gesellschafter auf Verlangen des Geschäftsinhabers den Ersatz bzw. Ersatzanspruch (stellvertretendes commodum) zur Verfügung zu stellen. Er ist hierzu zum Erhalt seiner eigenen Ansprüche auch berechtigt, sofern die Annahme des Surrogats dem Geschäftsinhaber zumutbar ist. Zum Schadensersatz ist der Stille nur verpflichtet, wenn er die Unmöglichkeit nach Maßgabe von § 708 BGB zu vertreten hat (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB)1. Bei einer beiderseits nicht zu vertretenden Unmöglichkeit ohne Ersatzleistung stellt sich die Frage, ob der Stille seine Ansprüche auf Einlagegutschrift und Gewinnbeteiligung nach § 326 Abs. 1 BGB analog verliert oder ob er statt der unmöglich gewordenen Sacheinlage zur Leistung eines entsprechenden Geldbetrags oder eines anderen tauglichen Surrogats berechtigt und verpflichtet ist. Das Zweite ist jedenfalls anzunehmen, wenn der stille Gesellschafter nach dem Parteiwillen einen bestimmten Vermögenswert einlegen sollte und die unmöglich gewordene Leistung nur die in erster Linie vorgesehene Beitragsform war. Es sollte auch gelten, wenn der leistungspflichtige stille Gesellschafter ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Gesellschaft hat und daher bereit ist, statt seiner unmöglich gewordenen Leistung eine andere Sach- oder Geldleistung zu erbringen, deren Annahme dem Geschäftsinhaber zuzumuten ist. Das Recht zur fristlosen Kündigung nach § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB2 bietet dem Geschäftsinhaber dabei einen ausreichenden Schutz seiner Interessen3. Die zur Auflösung ex nunc führende Kündigung hat zudem den Vorteil, dass sie die Rückabwicklung einer bereits in Vollzug gesetzten Gesellschaft vermeidet (vgl. dazu auch Rz. 11.5 ff.). Daher wird jedenfalls in diesen Fällen der Rücktritt nach § 326 Abs. 5 i.V.m. § 323 Abs. 1 BGB verdrängt4.
7.52 Hat der Geschäftsinhaber die Unmöglichkeit zu vertreten (auch hier gilt § 708 BGB), bleibt er nicht nur zur Gewinnbeteiligung des Stillen verpflichtet (§ 326 Abs. 2 BGB analog), der stille Gesellschafter kann auch aus wichtigem Grunde fristlos kündigen (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB) und Schadensersatz verlangen (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB).
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 160. 2 RG v. 20.10.1934 – I 264/33, RGZ 145, 274 (283); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 160. 3 Hierzu Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 71 m.w.N. 4 RG v. 11.2.1913 – II 461/12, RGZ 81, 303 (305 ff.); RG v. 16.1.1917 – II 345/16, RGZ 89, 333 ff.; RG v. 5.1.1926 – II 153/24, RGZ 112, 280 (283); vgl. auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 70.
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Vereitelt die Unmöglichkeit einer zentralen Beitragsleistung des stillen Gesellschafters gar die Verfolgung des Gesellschaftszwecks, wird die Gesellschaft ohnehin nach § 726 BGB ipso iure aufgelöst (Rz. 15.15 ff.).
7.53
c) Verzug Bei Verzug mit der Beitragsleistung haftet der säumige Gesellschafter dem anderen für den Verzugsschaden (§ 280 Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 286, 288 BGB, § 352 HGB). Außerdem kann der Verzug wichtiger Grund zur Kündigung sein, ein Lösungsrecht nach § 323 BGB besteht nicht1.
7.54
Insbesondere in der zweigliedrigen stillen Gesellschaft stellt sich die Frage, ob dem Geschäftsinhaber hinsichtlich seiner Pflichten zur Einlagegutschrift und Gewinnbeteiligung die Einrede des nicht erfüllten Vertrages analog § 320 BGB zusteht, solange der Stille seine Beitragsleistung noch nicht (vollständig) erbracht hat, und ob diese Einrede umgekehrt dem stillen Gesellschafter zusteht, solange der Geschäftsinhaber seiner Geschäftsführungspflicht nicht nachkommt. Zwar ist die stille Gesellschaft im Gegensatz zum partiarischen Darlehen kein Austauschvertrag, sondern auf eine gemeinsame Zweckverfolgung hin angelegt, doch kommt gerade die zweigliedrige stille Gesellschaft einem Austauschvertrag sehr nahe. Die Analogie ist jedoch deshalb abzulehnen, weil sich der Betroffene bereits mit Hilfe des allgemeinen Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB hinreichend schützen kann und es damit an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz fehlt2.
7.55
d) Mängelgewährleistung Weil das Einbringen einer Sache zu Eigentum Teil einer Leistungsvereinigung zur Erreichung des Gesellschaftszwecks und nicht Teil eines Leistungsaustauschs ist, kann das Kaufrecht nur entsprechende Anwendung finden. So sind auch die Vorschriften über die Mängelgewährleistung der Natur des Gesellschaftsverhältnisses entsprechend nur sinngemäß anwendbar. Danach kann im Falle einer mangelhaften Sacheinlage zunächst nur Nacherfüllung verlangt werden (§ 439 BGB). Im Übrigen sollte der Rücktritt (Wandelung) nur bei sehr erheblichen Mängeln in Betracht kommen, wobei dann die mangelhafte Sache zurückzugeben und an ihrer Stelle der Wert der mangelfreien Sache einzubringen ist. Im Falle der Minderung findet keine relative Herabsetzung der Einlagegutschrift statt; vielmehr ist der Minderwert durch eine zusätzliche Geldeinlage auszugleichen. Es kommen die §§ 437 ff. BGB sinngemäß zur Anwendung. Es gelten die Verjährungsfristen bei der Gewährleistung nach Kaufrecht (§ 438 BGB analog), nach dem sich auch der Gefahrübergang bestimmt (§ 446 BGB analog)3. Hat der Stille handelbare bewegliche Sachen (Waren) zu Eigentum eingebracht, sollte den Geschäftsinhaber zudem die Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB analog treffen, sofern auch der stille Gesellschafter Kaufmann ist – er ist es noch nicht allein aufgrund der stillen Beteiligung an dem Handelsgewerbe des anderen – und er den stillen Gesellschaftsvertrag für die Zwecke seines eigenen Handelsgewerbes abgeschlossen hat. 1 OLG München v. 28.7.2000 – 23 U 4359/99, BB 2000, 2120 (2121); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 161. 2 Larenz, Schuldrecht II/2, § 60 I b m.w.N. 3 Wie hier Schäfer in MünchKomm/BGB, § 706 BGB Rz. 24 ff.; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 162: Vorrang des Gesellschaftsrechts.
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7.56
§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
7.57 Ist der zum Gebrauch überlassene Gegenstand mit Mängeln behaftet, die den Gebrauch unmöglich machen oder beeinträchtigen, können grundsätzlich die §§ 536 ff. BGB analog herangezogen werden. Fraglich ist allerdings, ob die historisch bedingte strenge Garantiehaftung des Vermieters nach § 536a Abs. 1 Var. 1 BGB analogiefähig ist1. Die Minderung ist wie bei der analogen Anwendung des Kaufrechts zudem durch eine Ausgleichszahlung des stillen Gesellschafters zu ersetzen (Rz. 7.56). In jedem Fall sind schließlich die Kündigungsvorschriften des Mietrechts durch § 234 HGB und § 723 BGB verdrängt2.
7.58 Der Geschäftsinhaber kann den Stillen auf die Erfüllung seiner Pflichten verklagen. Steht der Bestand der Gesellschaft in Streit und war die Einlageverpflichtung in Raten zu erfüllen, so ist gemäß § 3 ZPO als Streitwert die Höhe der gesamten Einlageverpflichtung zugrunde zu legen3. e) Sonstige Pflichtverletzungen des stillen Gesellschafters
7.59 Eine sonstige Pflichtverletzung des Stillen (vgl. § 241 BGB) kann den Geschäftsinhaber ebenfalls zur Kündigung aus wichtigem Grund nach § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB oder zum Schadensersatz nach § 280 BGB berechtigen. f) Störungen von Seiten des Geschäftsinhabers
7.60 Zu Störungen der Beitragsleistung von Seiten des Geschäftsinhabers kommt es namentlich in Fällen des Gläubigerverzugs, für den die allgemeinen Regeln gelten (§§ 293 ff. BGB). Besteht eine vertragliche Vereinbarung, nach der der Beitrag an einen Treuhänder zu leisten ist, der sicherstellen soll, dass der Beitrag zu einem bestimmten vereinbarten Zweck verwendet wird, und kündigt der Geschäftsinhaber seinerseits das Treuhandverhältnis, so ist der stille Gesellschafter zur Erbringung des Beitrags nicht mehr verpflichtet. Denn die Einschaltung des Treuhänders als Sicherung der vertragsmäßigen Verwendung des Beitrags ist in der Regel wesentliche Voraussetzung für die Beitragspflicht des stillen Gesellschafters. Durch die Kündigung des Treuhandverhältnisses ist diese Bedingung vom Geschäftsinhaber vereitelt worden. Zu einer Beteiligung ohne die vorgesehene Sicherung hat sich der stille Gesellschafter aber nicht verpflichtet4.
III. Die Folgen der Beitragsleistung 1. Begründung des Beteiligungsverhältnisses
7.61 Aufgrund seiner Beitragsleistung ergibt sich für den stillen Gesellschafter ein schuldrechtliches Beteiligungsverhältnis, das zu den unabdingbaren Wesensmerkmalen der
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 162; a.A. Schäfer in MünchKomm/BGB, § 706 BGB Rz. 28. 2 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 162; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 232; a.A. Schäfer in MünchKomm/BGB, § 706 BGB Rz. 28. 3 OLG München v. 23.6.2005 – 7 U 1590/05, DB 2005, 1567. 4 OLG Hamm v. 5.3.1979 – 8 U 22/79, GmbHR 1979, 255.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
stillen Gesellschaft gehört1. Das Beteiligungsverhältnis ist im Gesellschaftsvertrag nach Art und Umfang zu bestimmen. Die Gesellschafter haben dabei insbesondere festzulegen, ob sich die schuldrechtliche Beteiligung auf den Gewinn und Verlust, nur auf den Gewinn oder auch auf Wertveränderungen des Geschäftsvermögens erstrecken soll. Die Ansprüche des stillen Gesellschafters auf Rückgewähr der Einlage und Gewinnbeteiligung können durch Bestellung einer Hypothek, eines Pfandrechts, durch Sicherungsübereignung oder Bürgschaft sichergestellt werden (Rz. 10.43). Eine Abtretung der Beteiligung durch den stillen Gesellschafter ist nur mit Zustimmung des Geschäftsinhabers zulässig (§ 717 Satz 1 BGB)2. Um Unklarheiten auszuschließen, sollte für den Fall der zulässigen Abtretung durch den stillen Gesellschafter vereinbart werden, dass die Abtretung dem Inhaber gegenüber nur wirksam ist, wenn sie ihm von beiden Vertragsparteien gemeinsam angezeigt wird.
7.62
Da die stille Gesellschaft nicht als solche nach außen auftreten kann, fehlt es bei ihr an einem gemeinschaftlichen Gesellschaftsvermögen3. Demzufolge sind die §§ 718, 719, 738 BGB, die das Vorhandensein eines Gesellschaftsvermögens voraussetzen, auf die stille Gesellschaft nicht anwendbar. Der stille Gesellschafter erlangt daher durch seine Beitragsleistung bzw. die stille Beteiligung keine dingliche Mitberechtigung am Vermögen des Geschäftsinhabers oder auch nur an dem im Handelsgeschäft gebundenen und dem Geschäftsinhaber zugeordneten Vermögen. Hinsichtlich dieser Vermögensmassen besteht weder eine gesamthänderische Berechtigung noch eine solche nach Bruchteilen. Auch der atypisch stille Gesellschafter hat wie ein Gläubiger lediglich obligatorische Ansprüche für den Zeitpunkt der Auseinandersetzung4, sodass auch er nicht intervenieren kann, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Geschäftsinhabers betrieben wird. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass auch bei der stillen Gesellschaft beiden Gesellschaftern an einzelnen Gegenständen Bruchteilseigentum zusteht, wenn nur das Geschäft selbst auf den Namen des Inhabers geführt wird und dieser als der alleinige Träger des Unternehmens erscheint5.
7.63
Die Beteiligung des stillen Gesellschafters ist mithin unabhängig von der dinglichen Vermögenslage zu betrachten. Für die Annahme einer Gesellschaft spielt es keine Rolle, dass es an einer Vermögensgemeinschaft fehlt. Wesensnotwendig ist für die Gesellschaft lediglich der gemeinsame Zweck und die Förderungspflicht6. Entscheidend ist also die Personengemeinschaft; sie ist gegenüber der Vermögensgemeinschaft primär. Im Rahmen einer Gesellschaft ist zwar die Vermögensgemeinschaft die Regel, sie ist aber nicht unentbehrlich und gegenüber der Personengemeinschaft sekundär7.
7.64
1 RG v. 8.1.1896 – I 294/96, JW 1896, 76 = ZHR 48 (1899), 344; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 37. 2 Vgl. Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 230 HGB Rz. 26. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 9; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 16; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 103. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 80. 5 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (161); K Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 9; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 16, 22; H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 322. 6 Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 128 f. 7 Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 280; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 14.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
2. Gutschrift auf dem Einlagekonto a) Bedeutung der Gutschrift
7.65 Die Beitragsleistung ist von der Gutschrift des Einlagewertes auf dem Einlagekonto (auch Kapitalkonto) des Stillen zu unterscheiden1. Die Höhe der Gutschrift des Wertes der Einlage auf dem Einlagekonto des Stillen ist unabhängig vom tatsächlichen Wert der Beitragsleistung und kann als solche von den Gesellschaftern grundsätzlich frei vereinbart werden (dazu näher Rz. 7.68 ff.). Die im Gesellschaftsvertrag getroffene Bewertung der Vermögenseinlage müssen die Gesellschafter gegen sich gelten lassen. So können sie weder eine objektiv gerechtfertigte Erhöhung beanspruchen, noch brauchen sie sich eine Anpassung ihres Beteiligungswertes an die wirklichen Verhältnisse gefallen zu lassen.
7.66 Die freie Vereinbarkeit des Wertes der Einlage beruht auf der Natur der stillen Gesellschaft als einer Innengesellschaft, bei der die Einlage des Stillen lediglich interne Bedeutung hat und anders als die Einlage des Kommanditisten keine für die Gesellschaftsgläubiger maßgebliche Haftsumme darstellt2. Aus diesem Grund findet auch keine Belastung des Einlagekontos im Falle teilweiser Rückständigkeit oder Rückgewähr der Beitragsleistung statt.
7.67 Der Höhe der Gutschrift auf dem Einlagekonto kommt für das interne Beteiligungsverhältnis des Stillen jedoch regelmäßig eine besondere Bedeutung zu, da nach dem Gesellschaftsvertrag die Gewinnverteilung vielfach auf der Grundlage der Kapitalkonten vorgenommen werden wird. Dies gilt auch für den Auseinandersetzungsanspruch, der dem stillen Gesellschafter im Falle der Auflösung zusteht, und für die Feststellung etwaiger Ersatzansprüche, wenn die Einlage in einer Gebrauchsüberlassung bestand und der Wert des überlassenen Gegenstandes durch ein vom Geschäftsinhaber zu vertretendes Verhalten beeinträchtigt worden ist.3 b) Höhe der Gutschrift aa) Grundsatz der freien Bewertung der Beitragsleistung
7.68 Die Gutschrift des Wertes der Einlage des Stillen auf dessen Einlagekonto kann von den Gesellschaftern ohne Rücksicht auf den wirklichen Wert des Beitrags oder irgendwelche Bewertungsvorschriften grundsätzlich frei vereinbart werden4. Dies gilt auch für Bareinlagen, bei denen sich die Gutschrift auf dem Einlagekonto ebenfalls nicht mit dem Nominalbetrag der geleisteten Zahlung zu decken braucht. Die Grenze für die Wertfestsetzung wird allein durch § 138 BGB gezogen. Dritte Personen, insbesondere die Gläubiger des Inhabers, haben keine Möglichkeit, die von den Beteilig1 So auch Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 21; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1d. 2 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.); Seffer/Ehrhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 17; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 38. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 233. 4 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.); BGH v. 21.4.1955 – II ZR 227/53, BGHZ 17, 130 (134); Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 22; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 234; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 16; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 150; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 38; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 111.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
ten vorgenommene Bewertung anzufechten. Im Insolvenzfall kann jedoch unter Umständen nach §§ 129 ff. InsO ein Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters bestehen (dazu Rz. 17.84 ff.). Auch bei der Bewertung nicht bilanzierungsfähiger Beiträge (Rz. 7.31 ff.) sind die Gesellschafter ebenso frei wie in der Entscheidung, ob und in welcher Höhe dem Stillen hierfür eine Gutschrift auf dem Einlagekonto gutgebracht wird. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die nicht bilanzierungsfähigen Beiträge des Stillen wie Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen regelmäßig durch eine vom Einlagekonto unabhängige Gewinnbeteiligung des Stillen abgegolten werden1. Deshalb werden hierfür Gutschriften auf dem Einlagekonto nur bei ausdrücklicher Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag vorzunehmen sein. Aus der Nichtberücksichtigung von nicht bilanzierungsfähigen Beiträgen auf dem Einlagekonto kann jedoch nicht gefolgert werden, dass damit regelmäßig auch die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ausgeschlossen ist. Auch insoweit ist die stille Gesellschaft eine Risikogemeinschaft, so dass der Stille mangels anderweitiger Vereinbarungen auch in diesem Falle am Verlust beteiligt ist. Die Höhe der Verlustbeteiligung ergibt sich dann aus § 231 Abs. 1 HGB und § 722 Abs. 2 BGB2.
7.69
bb) Über- und Unterbewertung der Beitragsleistung Bei der Über- oder Unterbewertung der Einlage ist dennoch Vorsicht geboten. Zum einen sollten die Gesellschafter beachten, dass in der Überbewertung der Vermögenseinlage unter Umständen in Höhe des Mehrwerts eine gemischte Schenkung oder ein Schenkungsversprechen des Geschäftsinhabers an den stillen Gesellschafter, in der Unterbewertung in Höhe des Minderwerts eine solche des stillen Gesellschafters an den Geschäftsinhaber liegen kann3. Insofern droht nicht nur die etwaige Pflicht zur Entrichtung der Schenkungsteuer. Nach Ansicht des BGH bedarf der Gesellschaftsvertrag dann auch prinzipiell unabhängig von der Höhe des Schenkungsanteils der in § 518 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen notariellen Beurkundung (vgl. hierzu und zur Kritik an der Ansicht des BGH Rz. 7.21 ff.), sofern dem Schenkungsanteil nicht nur ganz geringfügige Bedeutung zukommt. Im Falle einer formunwirksamen gemischten Schenkung kann die stille Beteiligung dann allenfalls aufgrund einer Umdeutung nach § 140 BGB in Höhe des formfreien Teils aufrecht erhalten werden, sofern dies dem hypothetischen Willen der Parteien entspricht4. Diesen Gefahren des Schenkungsrechts können die Gesellschafter bei einer Unterbewertung jedoch durch die Vereinbarung begegnen, dass der Unterschiedsbetrag als Darlehen des stillen Gesellschafters angesehen werden soll.
7.70
Werden von dem stillen Gesellschafter geleistete Dienste mit Rücksicht auf die günstige Entwicklung des Unternehmens höher bewertet, so ist die Sachlage ähnlich wie bei einem Arbeitgeber zu beurteilen, der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einem Arbeitnehmer ohne rechtliche Verpflichtung, aber im Hinblick auf den Erfolg
7.71
1 Vgl. dazu BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181). 2 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 21. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 150; allgemein zur gemischten Schenkung Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rz. 13 ff. 4 Seffer/Ehrhardt in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 83 Rz. 17; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 235.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
seiner Arbeitsleistung eine besondere Zuwendung macht. Eine solche Zuwendung ist nach dem Willen der Vertragspartner keine unentgeltliche Zuwendung und fällt daher als Entlohnung nicht unter § 516 BGB1. Eine Schenkung liegt deshalb auch nicht in der Höherbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters, wenn sie als nachträgliches Entgelt für seine bisherige erfolgreiche Tätigkeit gewollt war2. Allerdings können sich im Einzelfall schwierige Abgrenzungen zur Belohnung (remuneratorische Schenkung) ergeben3.
7.72 Im Falle der Unterbewertung können sich Nachteile bei der Beendigung der Gesellschaft ergeben. Dies gilt insbesondere für die atypische stille Gesellschaft. Ist nämlich bei der atypischen stillen Gesellschaft für den Fall der Auseinandersetzung nichts Abweichendes vereinbart, so ist jeder Gesellschafter im Verhältnis seiner Einlage an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt. Eine Unterbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters kommt damit allein dem Geschäftsinhaber zugute, da der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nominal- oder Verkehrswert der Einlage und dem im Gesellschaftsvertrag angenommenen niedrigen Wert zu den stillen Reserven gehört. Auch hier steht es den Gesellschaftern jedoch frei, etwas anderes zu vereinbaren.
7.73 Die Beteiligten können die Einlage auch so bewerten, dass sie diese in einem bestimmten Verhältnis zu dem vorhandenen Geschäftsvermögen des Inhabers ansetzen und ihre Höhe von der betragsmäßigen Bewertung des Geschäftsvermögens abhängig machen. Wegen der damit verbundenen Unsicherheiten ist in diesen Fällen die Gefahr einer Überbewertung der Einlage des stillen Gesellschafters oder der Unterbewertung des Geschäftsvermögens des Inhabers besonders groß. Daher sollte man hier angesichts der Auffassung des BGH, wonach in der bloßen Gutschrift auf dem Einlagekonto noch nicht der Vollzug der Schenkung liegen soll, von mündlichen oder privatschriftlichen Vereinbarungen absehen und statt dessen die Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB beachten. cc) Probleme bei der Bewertung der Beitragsleistung
7.74 Ist im Gesellschaftsvertrag über die Bewertung der Vermögenseinlage nichts vereinbart, so ist sie nach objektiven Maßstäben vorzunehmen, d.h. die Einlage ist regelmäßig mit dem gemeinen Wert im Einbringungszeitpunkt anzusetzen. Als Zeitpunkt der Einbringung ist der Zeitpunkt des Gefahrübergangs zu betrachten, wenn die Beteiligten nicht eine andere Regelung getroffen haben, was ihnen ebenso wie bei der Wertfestsetzung unbenommen bleibt.
7.75 Kommt es zwischen den Beteiligten über die Einlagebewertung zum Streit, muss diese – die Vereinbarung eines Schiedsgutachtens oder eines Schiedsgerichts vorbehalten – durch ein staatliches Gericht erfolgen. Kann die Bewertung unter Zugrundelegung objektiver Maßstäbe nicht vorgenommen werden, ist ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft nicht zustande gekommen, weil über einen wesentlichen Punkt des Gesellschaftsvertrags keine Einigung besteht.
1 Für die h.M. siehe Weidenkaff in Palandt, § 516 BGB Rz. 9a m.w.N. 2 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181). 3 Hierzu J. Koch in MünchKomm/BGB, § 516 BGB Rz. 31 f.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
Deshalb ist bei der Behandlung dieser Bewertungsfragen schon im Stadium des Vertragsabschlusses größte Sorgfalt geboten. Insbesondere sollten zumindest möglichst genaue Maßstäbe vereinbart werden, nach denen die etwa erst in Zukunft mögliche Fixierung des an sich schon gegenwärtig vorhandenen Vermögenswerts der Einlage erfolgen soll. Dies gilt vor allem auch für die Bewertung von Dienstleistungen, bei der sich oft Schwierigkeiten ergeben, die bei der Ermittlung des Gewinnanteils des Stillen und bei der Beendigung der Gesellschaft akut werden. Es empfiehlt sich daher auch hier eine sorgfältige Klärung der Bewertungsfragen im Gesellschaftsvertrag.
7.76
Kommt es beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags noch nicht zu einer Einigung über die Bewertung der von den Gesellschaftern einzubringenden Gegenstände, setzen die Gesellschafter aber gleichwohl in Kenntnis dieser noch ausstehenden Einigung ihre Gesellschaft im allseitigen Einverständnis in Vollzug, so findet die Auslegungsvorschrift des § 154 Satz 1 BGB keine Anwendung. Die in Vollzug gesetzte Gesellschaft ist keine fehlerhafte Gesellschaft, sondern eine rechtlich voll wirksame Gesellschaft1.
7.77
c) Variables Einlagekonto Das in der Regel vom Geschäftsinhaber als Kreditorenkonto geführte Einlagekonto (auch Kapitalkonto) des stillen Gesellschafters weist nach der Beitragsleistung und der Einlagegutschrift die durch die Auflösung der stillen Gesellschaft aufschiebend bedingte Forderung des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber wegen seiner Beteiligung aus2. Einlage und Gutschrift bleiben grundsätzlich unverändert (festes Einlaggekonto). Nur sofern die Parteien dies im Gesellschaftsvertrag vereinbaren (vgl. auch für nicht entnommene Gewinne ausdrücklich § 232 Abs. 3 HGB), kann der stille Gesellschafter seine Einlage erhöhen oder herabsetzen. Namentlich kann auch der dem stillen Gesellschafter zugewiesene und nicht entnommene bzw. anderweitig ausgeglichene Gewinn- oder Verlustanteil bei entsprechender Vereinbarung vom Geschäftskonto (auch Darlehenskonto) auf das Einlagekonto übertragen werden (variables Einlagekonto). Nur dann können auch die Gewinne früherer Jahre zur Abdeckung späterer Verluste verwendet werden. Durch entsprechende Gut- oder Lastschriften verändert sich so der ursprünglich ausgewiesene Betrag der Einlage. Durch auflaufende und auf das variable Einlagekonto zu übertragende Verluste kann die Einlage ihren ursprünglichen und im Gesellschaftsvertrag festgelegten Wert unterschreiten (verminderte Einlage) oder gar mehr als aufgezehrt werden (negatives Einlagekonto). Eine verminderte Einlage bzw. ein passives Einlagekonto hat dann allerdings nur die Bedeutung einer Gewinnauszahlungssperre (§ 232 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 HGB). Hat der stille Gesellschafter die Einlage voll geleistet, so kann er weder während des Bestehens der Gesellschaft noch bei ihrer Beendigung zur Abdeckung des passiven Einlagekontos herangezogen werden3.
7.78
Die Einlage muss nicht unbedingt für die Dauer des Gesellschaftsverhältnisses im Handelsgeschäft des Inhabers belassen werden. Es kann im Gesellschaftsvertrag vor-
7.79
1 BGH v. 23.11.1959 – II ZR 187/58, NJW 1960, 430 = BB 1960, 15; OLG Bremen v. 13.7.2001 – 4 U 6/01, NZG 2002, 173 (174). 2 RG v. 20.4.1934 – II 39/34, RGZ 144, 246 (249 f.). 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 22 ff.; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 125.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
gesehen werden, dass sie nach einer bestimmten Zeit zurückzugewähren ist, ohne dass das Gesellschaftsverhältnis davon berührt würde. Dies ergibt sich aus § 136 InsO, in dem die vollständige oder teilweise Rückgewähr der Einlage bei fortbestehender Gesellschaft ausdrücklich erwähnt wird. Selbst wenn man in der Leistung einer Vermögenseinlage eine unerlässliche Voraussetzung für die Errichtung der Gesellschaft erblickt, kann die Zulässigkeit von deren zeitweiser Rückgewähr nicht bestritten werden. Der Rückgewähr der Einlage stehen andere Leistungen des Inhabers gleich, soweit sie ihren Rechtsgrund in dem stillen Gesellschaftsverhältnis haben. Inwieweit die Rückgewähr der Einlage die Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses kennzeichnet, richtet sich folglich ausschließlich nach dem Parteiwillen. Ohne besondere Vereinbarung wird man allerdings von der Rückgewähr auf die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses schließen dürfen. 3. Einlage und Haftung
7.80 Eine von dem stillen Gesellschafter als Beitrag geleistete Einlage geht in das Vermögen des Inhabers über und unterliegt somit uneingeschränkt der Zwangsvollstreckung durch dessen Geschäfts- und Privatgläubiger. Insoweit haftet sie mithin für die Schulden des Inhabers. Hingegen stellt die Beteiligung des stillen Gesellschafters nach der gesetzlichen Regelung des § 236 Abs. 1 HGB grundsätzlich kein haftendes Kapital dar, so dass sie der stille Gesellschafter in der Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung geltend machen kann, soweit sie nicht durch Verluste aufgebraucht ist. Dies wird insbesondere bei Ausschluss der Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters bedeutsam. Dass die Beteiligung des stillen Gesellschafters nicht zum haftenden Kapital gehört, zeigt sich auch daran, dass er eine rückständige oder wieder zurückerstattete Einlage nur insoweit in die Insolvenzmasse zu leisten hat, als dies zur Deckung seines Anteils am Verlust notwendig ist (§ 236 Abs. 2 HGB). Insofern muss er sich wegen des nicht durch Verluste aufgezehrten Teils seiner Beteiligung nicht auf die Quote verweisen lassen.
7.81 Zu der gesetzlichen Regel des § 236 Abs. 1 HGB, wonach stille Beteiligungen kein haftendes Kapital darstellen, besteht aber eine in der Praxis wichtige Ausnahme: Gemäß § 39 Abs. 4, 5 InsO wird der Anspruch des Stillen auf Rückgewähr seiner Einlage unter den gleichen Voraussetzungen wie der Anspruch auf Rückzahlung sog. eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen1 in der Insolvenz als nachrangig behandelt (sog. eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen). Da die daraus resultierenden Rechtsfolgen vornehmlich in der Insolvenz des Inhabers eine Rolle spielen, werden die damit zusammenhängenden Fragen unter Rz. 17.17 ff. behandelt.
7.82 Der Begriff des „haftenden Eigenkapitals“ spielt auch für stille Beteiligungen an Kreditinstituten und Wertpapierfirmen in der Capital Requirements Regulation (CRR)2 und im Gesetz über das Kreditwesen (KWG) eine Rolle (näher § 19a). Die Kreditinstitute müssen im Interesse der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern, insbesondere zur Sicherung der ihnen anvertrauten Vermögenswerte, ein angemessenes haftendes Eigenkapital aufweisen. Nach den aktuell maßgeblichen internationalen 1 Mylich, ZGR 2009, 474 (500); a.A. Mock, DStR 2008, 1645 (1647 f.). 2 Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.6.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. EU L 176 v. 27.6.2013, S. 1–337.
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§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
Standards (sog. Basel III) können die Einlagen der stillen Gesellschafter dem zusätzlichen Kernkapital (Additonal Tier 1 Capital) zugerechnet werden, wenn sie die zahlreichen Voraussetzungen nach dem unmittelbar geltenden Art. 52 CRR erfüllen. Hierzu müssen sie insbesondere zeitlich unbefristet sein, nur bedingt gewinnausschüttungsberechtigt und vor Ablauf von fünf Jahren kündbar und rückzahlbar sein, bis zur vollen Höhe am Verlust teilnehmen und in der Insolvenz des Geschäftsinhabers nachrangig gegenüber Instrumenten des Ergänzungskapitals zu bedienen sein. Die anfänglichen Bedingungen dürfen auch nicht nachträglich zu Lasten der Gläubiger der Geschäftsinhaberin verändert werden. Unter den genannten sehr strengen Voraussetzungen bilden stille Beteiligungen für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen ein wichtiges Instrument zur Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis. Dies gilt erst recht, wenn in den stillen Gesellschaftsverträgen vereinbart wurde, die stillen Beteiligungen bei bestimmten Auslöseereignissen in hartes Kernkapital (z.B. Aktien) umwandeln zu können1. Die Bedeutung stiller Beteiligungen im Finanzsektor wurde auch daran deutlich, dass sich der Ende 2015 durch den Abwicklungsfonds des Einheitlichen Europäischen Bankenabwicklungsmechanismus (SRM) abgelöste Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS; auch Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung, SoFFin) in der Finanzkrise ab 2008 nach § 7 Abs. 1 FMStFG auch und gerade durch stille Beteiligungen an der Rekapitalisierung von Unternehmen des Finanzsektors beteiligen durfte. Um Verzögerungen, welche den Erfolg von Stabilisierungsmaßnahmen hätten gefährden können, zu vermeiden, wurden stille Beteiligungen an einem Unternehmen des Finanzsektors nach § 15 Abs. 1 FMStBG insofern gegenüber anderen stillen Beteiligungen privilegiert, als sie nicht als Unternehmensvertrag angesehen wurden und ausnahmsweise weder der Zustimmung der Hauptversammlung noch der Eintragung in das Handelsregister bedurften2. Die vom SoFFin massenweise erworbenen stillen Beteiligungen wurden von ihm anschließend nach Möglichkeit wieder veräußert3.
7.83
IV. Zusammenfassung Mit der Beitragsleistung beteiligt sich der stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers (Rz. 7.1 ff.). Diese Beteiligung bildet die Grundlage für die Ansprüche des stillen Gesellschafters auf anteiligen Gewinn und etwaigen Liquidationserlös und für seine sonstigen Rechte und Pflichten gesellschaftsrechtlicher Art (Rz. 7.61 ff.). Gegenstand der Beitragsleistung kann alles sein, was der Förderung des gemeinsamen Gesellschaftszwecks dienlich ist (Rz. 7.6 ff.). Hierzu gehören die bilanzierungsfähigen Einlageleistungen wie die Geldzahlung oder die Sachleistung, aber auch sonstige Beiträge wie Gebrauchsüberlassungen, Dienstleistungen oder die Bereitstellung immaterieller Werte. Bei der Bewertung der sich aus der Beitragsleistung ergebenden Einlage des Stillen haben die Beteiligten freie Hand (Rz. 7.68 ff.). Sie können den Wert nach ihrem Ermessen festsetzen und brauchen dabei auf den objektiven Verkehrswert keine Rücksicht zu 1 Dazu näher Nodoushani, NZG 2010, 491 ff. 2 Vgl. dazu BT-Drs. 16/10600, 12; zur Bedeutung stiller Beteiligungen für die staatlichen Hilfsmassnahmen in der Finazkrise nach 2007 Nodoushani, ZBB 2009, 110 ff. 3 Dazu etwa Zimmer/Bueren, NZG 2011, 405 ff.
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7.84
§ 7 Beitragsleistung und Einlage des stillen Gesellschafters
nehmen. Der Wert der Vermögenseinlage ist dem stillen Gesellschafter auf seinem Einlagekonto gutzubringen (Rz. 7.65 ff.). Da die nicht bilanzierungsfähigen Beiträge des Stillen wie Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen regelmäßig durch eine vom Einlagekonto unabhängige Gewinnbeteiligung des Stillen abgegolten werden, werden hierfür Gutschriften auf dem Einlagekonto nur bei ausdrücklicher Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag vorgenommen (Rz. 7.78). Gewinnanteile, die der stille Gesellschafter nicht entnommen hat, erhöhen in Ermangelung abweichender Vereinbarungen nicht seine Vermögenseinlage und sind deshalb wie sonstige Forderungen und Schulden, die aus außergesellschaftlichen Rechtsgeschäften herrühren, nicht auf dem Einlagekonto, sondern auf einem besonderen Darlehenskonto des Stillen auszuweisen. Von Bedeutung ist die Vermögenseinlage grundsätzlich nur im Innenverhältnis zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter. Ihr kommt im Gegensatz zur Kommanditeinlage gegenüber den Gläubigern des Inhabers grundsätzlich keine Garantiefunktion zu (Rz. 7.80 ff.). Wird sie vorzeitig zurückgezahlt, so ändert das nichts an dem Fortbestand der stillen Gesellschaft, wenn nur der stille Gesellschafter weiterhin am Gewinn beteiligt bleibt (Rz. 7.79). Die Gläubiger des Inhabers haben darauf keinen Einfluss (vgl. aber § 136 InsO).
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§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung Schrifttum: Berninger, Axel, Errichtung einer stillen Gesellschaft an einer Tochter-AG bei bestehendem Beherrschungsvertrag und Gewinnabführungsvertrag zwischen Mutter- und Tochter-AG, DB 2004, 297; Bitsch, Herbert, Gewinnverteilung der GmbH & Stille Gesellschaft, GmbHR 1983, 56; Blaurock, Uwe, Die stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Unternehmensvertrag, in Festschrift für Bernhard Großfeld zum 65. Geburtstag, 1999, S. 83; Breidenbach, Berthold, Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familien-Personengesellschaften, DB 1980, Beilage 20; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Habersack, Mathias, Festvergütung des stillen Gesellschafters – Ein Problem des § 301 AktG?, in Liber amicorum Wilhelm Happ, 2006, S. 49; Häger, Michael/Elkemann-Reusch, Manfred, Mezzanine Finanzierungsinstrumente, 2. Aufl. 2007; Hoffmann, Ralf, Sind stille Beteiligungen zwingend Teilgewinnabführungsverträge?, Finanz-Betrieb 2005, S. 373; Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften des Handelsrechts, 1970; Huber, Ulrich, Gesellschafterkonten in der Personengesellschaft, ZGR 1988, 1; Jebens, Philipp, Die stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, BB 1996, 701; Kauffeld, HansGeorg, Die partielle Unternehmensbeteiligung – Gesellschaftsrechtliche Teilhabe an Unternehmensbereichen, 2007; Kropff, Bruno, Textausgabe des Aktiengesetzes vom 6.9.1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1089) und des Einführungstextes zum Aktiengesetz vom 6.9.1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1185) mit Begründung des Regierungsentwurfs, Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Verweisungen und Sachverzeichnis, im Anhang: Aktiengesetz von 1937, 1965; Märkle, Rudi W., Zur Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften, DStR 1973, 131; Mertens, Klaus Peter, Die Entscheidungsautonomie des Vorstands und die „Basisdemokratie“ in der Aktiengesellschaft, ZHR 147 (1983), 377; Mertens, Kai, Die stille Beteiligung an der GmbH und ihre Überleitung bei Umwandlungen in die AG, AG 2000, 32; Morshäuser/Dietz-Vellmer, Formelle und inhaltliche Anforderungen bei stiller Beteiligung an einer GmbH, NZG 2011, 1135; Mylich, Falk, Ansprüche gegen stille Gesellschafter nach Auszahlung von Scheingewinnen, ZIP 2011, 2182; Nodoushani, Manuel, Hilfe für die Banken: Die stille Gesellschaft auf dem Gebiet des Finanzsektors, ZBB 2009, 110; Pluskat, Sorika, Zum Anwendungsbereich des § 301 AktG – Anmerkung zu LG Bonn v. 10.1.2006, EWiR 2006, 261; Priester, Hans-Joachim, Zusammentreffen von Gewinnabführungsvertrag und stiller Gesellschaft – Dissonanz oder Konkordanz?, in Festschrift für Arndt Raupach zum 70. Geburtstag, 2006, S. 391; Rust, Walter, Die Vereinbarkeit einer gewinnunabhängigen Festvergütung zugunsten eines stillen Gesellschafters mit § 301 AktG, AG 2006, 563; Schmidt, Karsten, Konzernrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für typische stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften? – Zugleich zur systematischen Einordnung des Teilgewinnabführungsvertrages, ZGR 1984, 297; Schmidt, Karsten, Register-Unfähigkeit der GmbH & Still, NZG 2014, 881; Schmidt-Ott, Justus, Publizitätserfordernisse bei atypisch stillen Beteiligungen an dem Unternehmen einer GmbH, GmbHR 2001, 182; Schmidt-Ott, Justus, Nochmals: Publizität und stille Beteiligung am Unternehmen einer GmbH, Replik zu Weigl, GmbHR 2002, 778, GmbHR 2002, 784; Schneider, Uwe H./Rensch, Peter, Die Vertretung und Mitwirkung der Gesellschafter bei der Gründung einer GmbH & Still – Der „Supermarkt-Beschluss“ und seine Bedeutung für die stille Gesellschaft, DB 1989, 713; Schulte, Christian/Waechter, Thomas, Atypische stille Beteiligungen und § 294 AktG – neue Fassung, alte Probleme?, GmbHR 2002, 189; SchulzeOsterloh, Joachim, Das Recht der Unternehmensverträge und die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZGR 1974, 427; Semler, Johannes, Vorfinanzierung künftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für Winfried Werner, 1984, S. 855; Stimpel, Walter, Anlegerschutz durch Gesellschaftsrecht in der Publikumskommanditgesellschaft, in Festschrift für Robert Fischer, 1979, S. 771; Weigl, Gerald, Anwendungs- und Problemfelder der stillen Gesellschaft, DStR 1999, 1568; Weigl, Gerald, Zur Eintragungspflicht einer GmbH & Still im Handelsregister, Zugleich: Anmerkungen zu Schmitt-Ott, GmbHR 2001, 182, GmbHR 2002, 778; Weitnauer, Gewinnabhängige mezzanine Unternehmensfinanzierung: Ein Anwendungsbereich der konzernrechtlichen Regeln des Unternehmensvertrags?, GWR 2014, 383.
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§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung
I. Die Gewinnbeteiligung
8.1 Drittes unerlässliches Erfordernis für das Zustandekommen einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB ist neben der Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen und neben der Beitragsleistung des stillen Gesellschafters die Beteiligung desselben am Gewinn. Sie kann nicht ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB). 1. Begriff der Gewinnbeteiligung
8.2 Der Gewinn ist das positive Ergebnis eines Handelsgewerbes innerhalb eines Wirtschaftsjahres, das einen Zeitraum von nicht mehr als 12 Monaten umfasst. Er wird regelmäßig im Rahmen des handelsrechtlichen Jahresabschlusses (Handelsbilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung) der Gesellschaft ermittelt. Kommt es aufgrund einer fehlerhaften Rechnungslegung zur Ausschüttung von Scheingewinnen, können die entsprechenden Zuwendungen als rechtsgrundlos kondiziert werden (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB), sofern nicht ein Fall der arglistigen Bilanzfälschung (vgl. § 814 BGB) vorliegt oder sich der stille Gesellschafter nach § 818 Abs. 3 BGB auf Entreicherung berufen kann1. Es bleibt den Beteiligten jedoch unbenommen, als Grundlage für die Gewinnbeteiligung des Stillen auch den Gewinn zu vereinbaren, der sich aus der Steuerbilanz ergibt. Es empfiehlt sich daher, im Gesellschaftsvertrag in jedem Falle eine eindeutige Regelung darüber zu treffen, welcher Gewinn zugrunde gelegt werden soll. Ist das nicht geschehen, so wird es regelmäßig dem Willen der Beteiligten entsprechen, dass der Gewinn maßgebend sein soll, der sich aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluss ergibt (Rz. 14.10 ff.)2.
8.3 Die Gewinnbeteiligung braucht sich nicht auf den Gesamtgewinn des Handelsgewerbes zu beziehen. Sie kann auf die Ergebnisse einer Niederlassung, einer Zweigstelle, einzelner Abteilungen oder bestimmter Geschäftssparten beschränkt sein (dazu Rz. 6.50 f.)3. Hierin liegt kein nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB im Rahmen einer stillen Gesellschaft unzulässiger (Teil-)Ausschluss von der Gewinnbeteiligung. Dagegen genügt die Beteiligung nur an einzelnen – auch mehreren – Handelsgeschäften nicht (Rz. 6.51 und Rz. 5.2)4.
8.4 Die nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB erforderliche Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist dann gegeben, wenn der Anteil des stillen Gesellschafters von dem Ergebnis des Geschäftsbetriebes abhängig ist, wenn er also die Gefahr, dass kein Gewinn erzielt wird, mitzutragen hat5. Das ist nicht der Fall, wenn er einen festen, vom
1 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07 BGHZ 179, 137, Rz. 14 ff.; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, § 232 HGB Rz. 20; a.A. Mylich, ZIP 2011, 2182 ff. (einseitiger unbeachtlicher Kalkulationsirrtum des Geschäftsinhabers). 2 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 232 HGB Rz. 2 weisen insoweit auch auf den systematischen Zusammenhang der stillen Gesellschaft mit den handelsrechtlichen Bilanzvorschriften hin. 3 Eingehend hierzu Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 203 ff.; ferner Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 63; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 39. 5 BGH v. 22.12.1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238).
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wechselnden Geschäftsergebnis unabhängigen, stets gleich bleibenden Anteil erhält1, wenn er auf von ihm gelieferte Waren einen Zuschlag zum Verkaufspreis erhebt2 oder wenn ihm eine feste Verzinsung seiner Einlage zugesagt wird3. Fehlt es an einer Gewinnbeteiligung, dann bedeutet dies freilich nicht die Nichtigkeit der Vereinbarung, sondern lediglich, dass die Vereinbarung keine stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB begründet4. Insoweit stellt die Vorschrift des § 231 Abs. 2 HGB kein Verbotsgesetz i.S. des § 134 BGB dar. Liegt dem Rechtsverhältnis ein gemeinsamer Zweck i.S. von § 705 BGB zugrunde, wird es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handeln, während in den Fällen der festen Verzinsung der Einlage in der Regel von einem Darlehensverhältnis auszugehen sein wird5. Auch eine bloße Umsatzbeteiligung ist keine Gewinnbeteiligung6. Die Umsatzbeteiligung hat nicht die Erzielung eines Gewinns zur Voraussetzung und muss deshalb auch in Verlustjahren gewährt werden. Für den Umsatzbeteiligten ist die neben dem Gehalt gezahlte Umsatzprovision regelmäßig eine zusätzliche Entlohnung, um seinen Einsatz und sein Interesse zu fördern7. Wird die Umsatzprovision gegen feste Verzinsung im Geschäft des Inhabers belassen, so liegt ein Darlehen vor, das in eine stille Beteiligung umgewandelt werden kann, wenn eine Gewinnbeteiligungsabrede hinzutritt. Eine Umsatzbeteiligung ist allerdings dann einer Gewinnbeteiligung gleichzustellen, wenn die Umsatzbeteiligung mittelbar auf eine Beteiligung am Unternehmenserfolg hinausläuft8.
8.5
Dagegen wird das Merkmal der Gewinnbeteiligung nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Gewinnbeteiligung auf einen Höchst- oder Mindestbetrag festgesetzt wird, da auch hier der stille Gesellschafter die Gefahr des Unternehmens mit trägt9. Ist der garantierte Mindestbetrag allerdings so hoch bemessen, dass der Gewinn im Verhält-
8.6
1 RG v. 1.3.1893 – I 426/92, RGZ 31, 72 (73 f.); RG v. 16.9.1930 – III 381/29, RGZ 130, 1 (4); RG v. 6.12.1935 – II 86/35, JW 1936, 921; BGH v. 22.12.1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BFH v. 9.7.1969 – I R 188/67, BFHE 96, 397 (402) = BStBl. II 1969, 690 (692); BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238); OLG Hamburg v. 22.8.1949 – 1 U 218/49, MDR 1950, 229; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 24; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 52, § 231 HGB Rz. 11; Roth in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rz. 2; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 39. 2 RG v. 1.3.1893 – I 426/92, RGZ 31, 72 (73 f.). 3 RG v. 6.12.1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387 (390); RG v. 16.9.1930 – III 381/29, RGZ 130, 1 (4). 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11 mit zusätzlichem Hinweis auf die mögliche analoge Anwendung der §§ 230 ff. HGB. 5 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 41 und § 231 HGB Rz. 24; Roth in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rz. 2; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 40. 6 Vgl. Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 24. 7 RFH v. 23.2.1944 – VI 312/43, RStBl. 1944, 405 (406); BFH v. 11.11.1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95. 8 BFH v. 22.10.1987 – IV R 17/84, BFHE 151, 163 (167); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 38. 9 RG v. 6.12.1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387 (390); RG v. 6.12.1935 – II 86/35, JW 1936, 921; BGH v. 22.12.1953 – IV ZR 87/53, LM Nr. 8 zu § 139 BGB; BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238); OLG Hamburg v. 22.8.1949 – 1 U 218/49, MDR 1950, 229; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 231 HGB Rz. 24; Roth in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rz. 2.
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nis zu ihr als unmaßgeblich zurücktritt, liegt keine Gewinnbeteiligung i.S. des § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB vor1. In der Garantie eines Mindestgewinns wird man regelmäßig zugleich den Ausschluss der Verlustbeteiligung zu sehen haben2.
8.7 Da § 232 HGB nachgiebiges Recht enthält3, ist die Gewinn- und Verlustberechnung sowie die Auszahlung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinns nicht unbedingt zum Schlusse jedes Geschäftsjahres vorzunehmen. Daher ist eine Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern zulässig, nach welcher der stille Gesellschafter in den einzelnen Jahren keine anteiligen Gewinne erhält, sondern nur an dem sich bei der künftigen Auseinandersetzung ergebenden Überschuss teilnehmen soll4. Dabei ist jedoch zu beachten, dass mangels besonderer Vereinbarung die Beteiligung am Geschäftsgewinn nicht ohne weiteres auch die Beteiligung am Liquidationsgewinn umfasst, wenn der Inhaber sein Handelsgeschäft vertragswidrig liquidiert. Denn der Gewinnanspruch bezieht sich nur auf operative Gewinne5. Es können dem stillen Gesellschafter dann nur Schadensersatzansprüche wegen seines ihm entgangenen Gewinns erwachsen6. 2. Möglichkeiten der Gewinnbeteiligung
8.8 Die Art und Weise der Gewinnverteilung und die Festsetzung des Gewinnverteilungsschlüssels werden von den Beteiligten im Wege gegenseitiger Vereinbarung grundsätzlich frei bestimmt. Allfällige Grenzen ergeben sich aus § 138 BGB (siehe dazu etwa Rz. 8.15 und generell Rz. 9.32).
8.9 Zumeist wird vereinbart, dass der stille Gesellschafter einen bestimmten Prozentsatz des Gewinns7 erhalten soll oder dass die Gewinnverteilung auf der Grundlage des Verhältnisses der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zum Betriebsvermögen des Inhabers vorzunehmen ist. Soweit nicht etwas anderes vereinbart ist und der stille Gesellschafter seine Einlage erhöhen oder herabsetzen kann (zum variablen Einlagekonto Rz. 7.78), ist im zweiten Fall von der ursprünglichen Vermögenseinlage auszugehen, da die jeweiligen Buchwerte der Vermögenseinlage am Ende eines jeden Geschäftsjahres als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverteilung zu sehr der Manipulation durch den Geschäftsinhaber unterworfen sind8.
8.10 Üblich ist auch die Absprache, dass jeder Gesellschafter aus dem vorhandenen Reingewinn vorweg eine bestimmte Dividende auf sein Kapital erhält und dass erst der restli1 Vgl. BGH v. 19.9.1951 – II ZR 20/51, LM § 335 HGB Nr. 1; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11. 2 Wie hier: K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 21; Roth in Baumbach/Hopt, § 231 HGB Rz. 3. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 2; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 2; Schubert in Oetker, § 232 HGB Rz. 1. 4 RG v. 6.12.1928 – IV 93/28, RGZ 122, 387 (390). 5 OLG Frankfurt a.M. v. 15.3.2001 – 12 U 219/99, NZG 2001, 696; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 232 HGB Rz. 4; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 5. 6 Vgl. Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 55; so bereits schon OLG Rostock v. 27.6.1908, OLGE 22, 37. 7 Vgl. z.B. BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, NZG 2013, 53. 8 Vgl. dazu eingehend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 42; vgl. ferner Partikel in Heidel/ Schall, § 231 HGB Rz. 3 mit Vorschlägen einer gesellschaftsvertraglichen Gestaltung.
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che Gewinn verteilt wird, wobei die Kapitaldividende freilich nur gezahlt wird, wenn ein Gewinn erwirtschaftet worden ist. Wird dagegen dem stillen Gesellschafter neben der Gewinnbeteiligung eine feste Verzinsung seiner Einlage zugesagt, sind die Zinsen im Zweifel auch dann zu zahlen, wenn ein Gewinn nicht erzielt worden ist oder wenn der erzielte Gewinn gerade nur zur Erfüllung der Zinsverpflichtung ausreicht. Es kann ferner vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter in bestimmten Grenzen zu Entnahmen aus seiner Vermögenseinlage berechtigt sein soll. Eine solche Vereinbarung kommt in der Praxis selten vor. Sie kann dann aber ein Indiz dafür sein, dass der stille Gesellschafter atypisch beteiligt und einkommensteuerrechtlich als Mitunternehmer zu qualifizieren ist.
8.11
Belässt der stille Gesellschafter seine anteiligen Gewinne im Handelsgewerbe des Inhabers, erhöht er seine Einlage hierdurch nur, wenn dies zwischen den Gesellschaftern vereinbart wurde (§ 232 Abs. 3 HGB). Wird eine solche Vereinbarung getroffen, ist das Einlagekonto variabel ausgestaltet (zum variablen Einlagekonto Rz. 7.78). Es ist dann der jeweilige Stand des Einlagekontos maßgeblich, sofern die Gewinnbeteiligung nach der Parteivereinbarung vom Verhältnis zwischen der Einlage und dem Betriebsvermögen abhängen soll, wofür im Zweifel gerade auch die variable Ausgestaltung des Einlagekontos spricht. Verbleibt der Gewinnanteil hingegen wie im gesetzlichen Regelfall als Darlehen im Handelsgewerbe, so bedarf es für eine Verzinsung des Darlehenskontos der zusätzlichen Vereinbarung, da die für die Einlage gegebenenfalls vereinbarte Mindestdividende keineswegs zwingend auch für die Verzinsung eines Darlehens gilt1.
8.12
Ein Gesellschafter, der nicht mit einer Bar- oder Sacheinlage beteiligt ist, erfährt durch die Einräumung der Gewinnbeteiligung keine unentgeltliche Bereicherung, wenn die Gewinnbeteiligung in angemessenem Verhältnis zu den von ihm übernommenen Pflichten, insbesondere zum Wert seiner Mitarbeit und seines Risikos, steht. Ist jedoch die Gewinnbeteiligung so hoch, dass sie durch den Wert der übernommenen Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet, so liegt in dem Teil der Gewinnbezüge, dem keine Gegenleistung gegenübersteht, eine freigebige und möglicherweise schenkungsteuerpflichtige sowie nach § 518 Abs. 1 BGB beurkundungsbedürftige Zuwendung an den stillen Gesellschafter. Voraussetzung für die Annahme einer solchen gemischten Schenkung ist in subjektiver Hinsicht, dass die Beteiligten das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg ihres Handelns gewollt haben (zum Ganzen näher Rz. 7.26 ff.).
8.13
Ob der stille Gesellschafter auch an dem Gewinn aus den im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäften oder nur am Gewinn aus den während des Bestehens der Gesellschaft abgeschlossenen Geschäften beteiligt sein soll, muss im Wege der Vertragsauslegung ermittelt werden. Zur Vermeidung von Streitigkeiten empfiehlt sich eine eindeutige Regelung. Fehlt es an einer solchen, wird im Zweifel davon auszugehen sein, dass der stille Gesellschafter nach dem Willen der Beteiligten an allen Gewinnen teilnehmen soll, die während des Bestehens der Gesellschaft realisiert werden (vgl. Rz. 14.45).
8.14
Während die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden darf (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB), kann die Beteiligung des Geschäftsinhabers
8.15
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 29.
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am Gewinn unter Umständen ausgeschlossen werden1. Diese Konstellation ist gelegentlich anzutreffen, wenn der stille Gesellschafter im Innenverhältnis der eigentliche Träger des Unternehmens ist. Der Inhaber erhält dann gewöhnlich ein festes Gehalt. Eine derartige Konstruktion wird man aber nur anerkennen dürfen, wenn die stille Gesellschaft Treuhandcharakter trägt und der Inhaber im Innenverhältnis von den Verlusten befreit ist. Sollte dieses nicht der Fall sein, ist der Vertrag wegen Knebelung sittenwidrig und nach § 138 BGB unwirksam2.
8.16 Geht die Vereinbarung dahin, dass jemand am Gewinn, den ein anderer als Gesellschafter einer Handelsgesellschaft erzielt, beteiligt sein soll, so liegt keine Beteiligung am Handelsgewerbe eines anderen und demzufolge keine stille Gesellschaft vor. Es handelt sich vielmehr um eine Unterbeteiligung, deren Rechtsverhältnisse sich nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestimmen (Rz. 30.1).
8.17 Sollte ausnahmsweise der Gesellschaftsvertrag keine Regelung im Hinblick auf die Gewinnverteilung enthalten, gilt abweichend vom allgemeinen Kopfprinzip (vgl. § 722 Abs. 1 BGB) nach § 231 Abs. 1 HGB ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen. Als angemessen gilt dabei eine Gewinnverteilung, die sich aus dem Verhältnis der Werte der Beitragsleistungen ergibt3. Ist nur der Anteil am Verlust bestimmt, so gilt dieser im Zweifel auch für die Gewinnbeteiligung (§ 722 Abs. 2 BGB). 3. Konzernrechtliche Voraussetzungen der Gewinnbeteiligung a) Anwendbarkeit der konzernrechtlichen Sonderregelungen aa) Objektive Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG auf die stille Gesellschaft als Gewinnabführungsvertrag
8.18 Die Sonderregelungen über Unternehmensverträge einer AG oder KGaA (§§ 291 ff. AktG) gelten auch für Teilgewinnabführungsverträge. Ein Teilgewinnabführungsvertrag liegt gemäß § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG dann vor, wenn sich eine Aktiengesellschaft verpflichtet, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen. Dabei ist gemäß § 292 Abs. 2 AktG davon auszugehen, dass Verträge über eine Gewinnbeteiligung von Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrats oder von einzelnen Arbeitnehmern der Gesellschaft sowie eine Abrede über eine Gewinnbeteiligung im Rahmen von Verträgen des laufenden Geschäftsverkehrs (zu dieser Einschränkung und ihrer Bedeutung für die stille Publikumsgesellschaft näher Rz. 8.27 f.) oder von Lizenzverträgen keine Teilgewinnabführungsverträge sind.
8.19 Der Frage4, ob und in welchem Umfang das Recht der Unternehmensverträge5 auf die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft mit einer Aktiengesellschaft anzuwenden ist,
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 12; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 25. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 40. 3 Ausführlich Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 8; Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 86 Rz. 37. 4 Zum Folgenden näher Blaurock in FS Großfeld, S. 83 ff. 5 Zur rechtspolitischen Angreifbarkeit der Regelung vgl. K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (305 f.).
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kommt grundsätzliche Bedeutung zu, zumal das Problem berührt wird, ob und gegebenenfalls welche Verbindungslinien zwischen dem Recht der Personengesellschaften und dem Recht der Unternehmensverbindungen bestehen. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob mit Hilfe gesellschaftsrechtlicher Gestaltungen der Beziehungen zu einer Aktiengesellschaft die für Unternehmensverträge geltenden Vorschriften unterlaufen werden können oder ob das Recht der Unternehmensverträge das Gesellschaftsrecht überlagert1. Auf der anderen Seite wird durch die Behandlung der stillen Beteiligung als Unternehmensvertrag der Abschluss stiller Gesellschaftsverträge mit einer Aktiengesellschaft (zur GmbH Rz. 8.23 f.) inhaltlich und verfahrensmäßig erschwert, was sich auch darin zeigt, dass nach § 15 Abs. 1 FMStBG jedenfalls stille Beteiligungen an einem Unternehmen des Finanzsektors nicht als Unternehmensvertrag gelten sollen, um Verzögerungen zu vermeiden, welche den Erfolg von Stabilisierungsmaßnahmen gefährden könnten2. Teilweise wurde die Anwendung der §§ 291 ff. AktG auf das stille Beteiligungsverhältnis mit der Begründung verneint, dass der stille Gesellschafter zusammen mit seinem Partner einen gemeinsamen von dem Ertrag der AG zu unterscheidenden Gewinn erziele, so dass es an einer Abführung des Gewinns der Aktiengesellschaft an den stillen Teilhaber fehle3. Demgegenüber steht die heute ganz überwiegende Auffassung auf dem gegenteiligen Standpunkt und nimmt an, es liege ein Unternehmensvertrag entweder nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG4 oder (bei einer Geschäftsführungsbefugnis des Stillen) nach § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG5 vor. Der letztgenannten Auffassung ist mit der Maßgabe beizupflichten, dass in jedem Falle ein Vertrag nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG gegeben ist. Das Gegenargument, die stille Gesellschaft erziele einen eigenen, von der Aktiengesellschaft zu unterscheidenden Gewinn, kann nicht überzeugen. Es lässt sich mit der Rechtsnatur der stillen Gesellschaft als einer Innengesellschaft ohne eigenes Vermögen nicht vereinbaren. Die Eigenart der stillen Gesellschaft besteht gerade darin, dass der Teilhaber sich an dem Unternehmen eines anderen beteiligt und mit diesem nicht ein gemeinsames Unternehmen gründet. Die vertragliche Vereinbarung bezieht sich demzufolge auf die Partizipation an dem vom Partner erwirtschafteten Gewinn als dem Ertrag ausschließlich dieses anderen Unternehmens. Damit erfüllt der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags das Merkmal der Abführung selbst erwirtschafteten Gewinns an einen anderen. Da in aller Regel nicht der gesamte Gewinn abgeführt werden soll (Rz. 8.9), ist die stille Beteiligung grundsätzlich einem Teilgewinnabführungsvertrag gleichzustellen.
1 Vgl. dazu Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427. 2 Vgl. dazu BT-Drucks. 16/10600, S. 12 und Nodoushani, ZBB 2009, 110 (113). 3 So etwa noch Nirk in Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, Rz. I 2277; diese Ansicht wird seit der Neubearbeitung durch Ziemons (siehe 72. Lfg. 2016, Rz. 12.1456) nicht mehr aufrechterhalten. 4 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, NZG 2013, 53; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NJW-RR 2005, 627 (628); OLG Celle v. 15.5.1996 – 9 U 40/95, WiB 1996, 1052 m. Anm. Notthoff; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (297); Weitnauer, GWR 2014, 383 (383); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 116; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 64 ff.; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 154. 5 So Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427.
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8.21 Diese Gleichstellung gilt unabhängig davon, ob es sich um eine typische oder atypische stille Beteiligung handelt1. Die Vereinbarung insbesondere von erweiterten Geschäftsführungsbefugnissen des Stillen ändert nämlich nichts daran, dass die Sonderregelung der Gewinnabführungsvereinbarungen ihren Bezugspunkt einzig in dem Gewinn der Aktiengesellschaft als solcher hat2. Der Umstand, dass steuerlich der Gewinn auch dem atypisch still beteiligten Gesellschafter als Mitunternehmer als zugerechnet wird, ist auf die zivilrechtliche Beurteilung in diesem Punkt ohne Einfluss. Die steuerliche Bewertung kann kein gemeinschaftliches Vermögen, und damit keinen Gewinn der stillen Gesellschaft, den es zu verteilen gäbe, konstituieren. Eine Partizipation an der Geschäftsführung kann auch nicht dazu führen, einen Betriebsüberlassungsvertrag i.S. von § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG zu begründen, da die Geschäftsführung des Stillen noch immer vorrangig auf Rechnung der Aktiengesellschaft erfolgt, der Betriebsüberlassungsvertrag aber das Handeln des Übernehmenden auf seine Rechnung – wenn auch im Namen der AG – erfordert3. Die Gewinnbeteiligung des Stillen hat nicht zur Folge, dass er nunmehr die Geschäfte gänzlich auf eigene Rechnung führt. Außerdem ist die Ansicht, der Betrieb werde von der stillen Gesellschaft geführt4, mit deren Rechtsnatur als Innengesellschaft nicht zu vereinbaren (dazu bereits Rz. 8.20). An einen Betriebsüberlassungsvertrag mit dem stillen Gesellschafter als Übernehmendem wäre allenfalls zu denken, wenn dieser allein für die Aktiengesellschaft die Geschäfte führen würde, wobei die Aktiengesellschaft ihrerseits den Status einer sog. „Rentengesellschaft“ hätte. bb) Subjektive Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG – Geltung für AG und KGaA
8.22 Die Sonderregelungen über Unternehmensverträge (§§ 291 ff. AktG) gelten nach dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes unmittelbar nur für Verträge, in denen sich eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien zur Gewinnabführung etc. verpflichtet (AG & Still, KGaA & Still).
8.23 Im sog. „Supermarkt-Beschluss“5 hat der BGH jedoch auch für den Abschluss von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen durch eine GmbH Zustimmungs- und Formerfordernisse aufgestellt, welche den §§ 293, 299 AktG weitgehend ähneln. Bisweilen wird zudem die analoge Anwendung von § 296 AktG auf den Gewinnabführungsvertrag bei einer GmbH befürwortet6. Damit stellt sich die Frage, ob diese Rechtsprechungsgrundsätze bzw. die §§ 291 ff. AktG analog auch für den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags durch eine GmbH gelten sollen. Für die GmbH & Still wird die von § 292 AktG angeordnete Gleichstellung der Teilgewinnabführungsverträge mit den Unternehmensverträgen i.S. des § 291 AktG allerdings ganz überwiegend abgelehnt, da es sich bei einem solchen Vertrag nicht um einen echten Unternehmensvertrag mit organisationsrechtlicher Wirkung, sondern einen schuldrechtlichen Aus-
1 Jebens, BB 1996, 701; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (302 ff.); Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 69. 2 A.A. Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427 (447). 3 Vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rz. 43 f. 4 Schulze-Osterloh, ZGR 1974, 427 (453 f.). 5 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324. 6 OLG München v. 20.11.2013 – 7 U 5025/11, GmbHR 2014, 535 = mit zust. Anm. Fröhlich, GWR 2014, 217 (m.w.N.).
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tauschvertrag handele1. Auch seien die GmbH-Gesellschafter weniger schutzwürdig als die Aktionäre, da die Geschäftsführung ihren Weisungen unterliege2. Der h.M. ist sowohl für die typische als auch die atypische stille Gesellschaft zuzustimmen: Bei der dem partiarischen Darlehen nahestehenden typischen stillen Gesellschaft fehlt das für Unternehmensverträge charakteristische organisatorische Element, so dass eine Gleichstellung nicht gerechtfertigt ist. Bei der atypischen GmbH & Still, bei der dem stillen Gesellschafter erweiterte Mitspracherechte und/ oder obligatorische Substanzbeteiligungen eingeräumt werden, fehlt es, wenn nicht schon an einer planwidrigen Regelungslücke, dann doch zumindest an einem Analogiebedürfnis. Der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags bedarf dort nämlich einer Ermächtigung im GmbH-Gesellschaftsvertrag oder einer Zustimmung aller Gesellschafter (dazu näher Rz. 9.61 f.). Dies entspricht funktional dem Schutz, den der BGH im Supermarkt-Beschluss3 gewährt hat. Einer Eintragung im Handelsregister und einer Einreichung des stillen Gesellschaftsvertrags beim Handelsregister4 bedarf es bei der GmbH jedoch nicht5. Bei einer Aktiengesellschaft dient die Eintragung auch und gerade dem Schutz künftiger Aktionäre. Dieses Bedürfnis ist bei einer GmbH nicht in gleichem Maße gegeben6. Außerdem wäre es mit dem Gedanken der Rechtssicherheit unvereinbar, wenn das Registergericht eine Beurteilung der Beeinträchtigung der beteiligten Gesellschafter im Einzelfall vornehmen müsste7.
8.24
b) Rechtsfolgen der Anwendbarkeit der §§ 291 ff. AktG aa) Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zum schriftlichen stillen Gesellschaftsvertrag Nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 1 und 3 AktG bedürfen typische und atypische stille Gesellschaftsverträge als Verträge, in denen sich eine AG oder KGaA 1 Vgl. BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534; LG Darmstadt v. 24.8.2004 – 8 O 96/04, AG 2005, 488 (489 f.) = ZIP 2005, 402; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (309); Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 75 ff.; Jebens, BB 1996, 701 (702 f.); Schneider/Reusch, DB 1989, 713 (715 f.); Priester in FS Raupach, S. 391 (401); Schmidt-Ott, GmbHR 2001, 182; Schmidt-Ott, GmbHR 2002, 784 (785); Morshäuser/Dietz-Vellmer, NZG 2011, 1135 (1136); a.A. jedoch Casper in Ulmer/Habersack/Winter, Anh. zu § 77 GmbHG Rz. 195 u. 203; Weigl, DStR 1999, 1568; Weigl, GmbHR 2002, 778; Mertens, AG 2000, 32; Schulte/Waechter, GmbHR 2002, 189 (190); differenzierend Mertens, AG 2000, 32 (37), der eine entsprechende Anwendung der Grundsätze des Supermarkt-Beschlusses des BGH bei unangemessen hoher Gewinnbeteiligung oder uneingeschränkten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen des Stillen annimmt; zur mangelnden Eintragungsfähigkeit der stillen Beteiligung an einer GmbH im Handelsregister OLG München v. 17.3.2011 31 Wx 68/11 DStR 2011, 1139. 2 Jebens, BB 1996, 701 (703). 3 BGH v. 24.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324. 4 Vgl. BGH v. 30.1.1992 – II ZB 15/91, GmbHR 1992, 253 = ZIP 1992, 395 (Siemens). 5 Ebenso BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534; AG Berlin-Charlottenburg v. 29.11.2005 – HRB 96299 B, GmbHR 2006, 258; weitergehend OLG München v. 17.3.2011 – 31 Wx 68/11, DStR 2011, 1139 f. („nicht eintragungsfähig“); KG v. 34.3.2014 – 12 W 43/12, NZG 2014, 668 („nicht eintragungsfähig“); K. Schmidt, NZG 2014, 881 („Register-Unfähigkeit der GmbH & Still“); a.A. Mertens, AG 2000, 32 (37); Weigl, GmbHR 2002, 778. 6 Hierzu näher Blaurock in FS Großfeld, S. 83 (90 ff.). 7 BayObLG v. 18.2.2003 – 3Z BR 233/02, NJW-RR 2003, 908 (909) = GmbHR 2003, 534.
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zur Teilgewinnabführung verpflichtet, zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform und der Zustimmung von mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung in der Hauptversammlung vertretenen Grundkapitals. Dabei kann die Satzung noch eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen (§ 293 Abs. 1 Satz 3 AktG). Der Vorstand bzw. die Komplementäre der haben der Hauptversammlung ihrer Gesellschaft zudem einen ausführlichen schriftlichen Bericht über den Abschluss und Inhalt des Gewinnabführungsvertrags zu erstatten sowie eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in die Wege zu leiten (§§ 293a ff. AktG). Das alles gilt auch für spätere Änderungen des stillen Gesellschaftsvertrags, ohne dass zwischen wesentlichen und unwesentlichen Änderungen zu unterscheiden wäre (§ 295 AktG)1. Bis zur Zustimmung durch die Hauptversammlung und bis zur Eintragung in das Handelsregister (§ 294 AktG) ist der stille Gesellschaftsvertrag bzw. dessen Änderung schwebend unwirksam (§§ 293 Abs. 1 Satz 1, 294 Abs. 2 AktG). Sollte sich die Geschäftsinhaberin ausnahmsweise dazu verpflichten, ihren gesamten Gewinn abzuführen (zu dieser Möglichkeit Rz. 8.15) und wäre die stille Gesellschafterin ebenfalls eine AG oder KGaA, müsste auch deren Hauptversammlung dem stillen Gesellschaftsvertrag entsprechend zustimmen (§ 293 Abs. 2 AktG). Die Bindungswirkung des Vertrags ist aber bereits vor der Zustimmung der Hauptversammlung gegeben2. Sind die aktienkonzernrechtlichen Vorgaben nicht erfüllt worden, entsteht ein fehlerhafter Unternehmensvertrag, auf den die Regeln zur fehlerhaften (stillen) Gesellschaft anzuwenden sind (siehe Rz. 19.44 und Rz. 11.1 ff.).
8.26 Bei einer stillen Publikumsgesellschaft, bei der die stillen Gesellschafter entweder parallel durch zahlreiche zweigliedrige Gesellschaftsverhältnisse oder über eine mehrgliedrige Gesellschaft mit vielen stillen Gesellschaftern an dem Handelsgewerbe einer AG oder KGaA beteiligt sind, erweist sich die nach § 293 AktG bestehende Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung(en) zu jedem Vertragsschluss bzw. jeder Änderung als eine praktische Hürde, weil es bei ihr entweder permanent zu Neuabschlüssen zweigliedriger Gesellschaftsverhältnisse oder zu Änderungen des Vertrags über die mehrgliedrige stille Gesellschaft kommt.
8.27 Eine in § 292 Abs. 2 AktG angelegte Möglichkeit, die Zustimmungspflicht der Hauptversammlung auszuschließen, wäre die Annahme, dem Abschluss der stillen Gesellschaftsverträge lägen Abreden über eine Gewinnbeteiligung durch Verträge des laufenden Geschäftsverkehrs zugrunde. Diesen Fall nimmt das Gesetz von der Anwendung des Rechts der Unternehmensverträge und damit von der Zustimmungspflicht der Hauptversammlung explizit aus, obwohl es sich auch hierbei um Gewinnbeteiligungen handelt. Unter welchen Voraussetzungen die Abrede über eine Gewinnbeteiligung im Rahmen von Verträgen des laufenden Geschäftsverkehrs getroffen ist, sagt das Gesetz nicht. Es liegt nahe, hierin Geschäfte zu erblicken, die regelmäßig oder zumindest häufig wiederkehren und sich in dem Bereich bewegen, mit dem die Geschäftsführung nach dem Betrieb des Unternehmens ständig befasst ist3. Unter diesem Aspekt könnten die stillen Beteiligungen als Gegenstand des laufenden Geschäftsverkehrs angesehen werden4. Es erscheint allerdings fraglich, ob mit dieser Argumentation dem Sinn 1 2 3 4
BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, NZG 2013, 53 Rz. 25 ff. OLG Braunschweig v. 3.9.2003 – 3 U 140/02, ZIP 2003, 1793 (1795). In diese Richtung Semler in FS Winfried Werner, S. 855 (861). So Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (376 ff.); differenzierend zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft Weitnauer, GWR 2014, 383 (384 f.).
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der Befreiungsvorschrift in § 292 Abs. 2 AktG entsprochen wird. Es muss auch berücksichtigt werden, dass der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags für ein Unternehmen in der Regel nicht Gegenstand des üblichen Geschäftsverkehrs ist. Er stellt vielmehr im Personengesellschaftsrecht ein ungewöhnliches Geschäft i.S. des § 116 HGB dar1. Nach der Gesetzesbegründung sollten mit der Vorschrift des § 292 Abs. 2 AktG aber lediglich unbedeutende Gewinnabführungen in üblichen Formen der Gewinnbeteiligung zur Entlastung der Hauptversammlung ausgenommen werden2. Der Gesetzgeber hat keine quantitativen Kriterien als Abgrenzungsmerkmale normiert, sondern stellt, wie auch der Vergleich zu den anderen Alternativen des § 292 Abs. 2 AktG zeigt, qualitativ auf die Art des Vertrags ab3. Außerhalb von engen Ausnahmefällen darf deshalb die Höhe der Gewinnbeteiligung grundsätzlich keine Rolle spielen4, zumal das Gewinnrecht der Aktionäre auch durch mehrere einzelne Teilgewinnabführungsverträge ausgehöhlt werden könnte. Inwieweit die Vereinbarung einer stillen Beteiligung eine nach den Vorstellungen des Gesetzgebers im Wirtschaftsleben übliche Gewinnbeteiligung ist, lässt sich nicht ohne weiteres in dem einen oder anderen Sinne zweifelsfrei bestimmen. Immerhin spricht die Einordnung als ungewöhnliches Geschäft i.S. von § 116 HGB eher dagegen. Entscheidend dürfte jedoch der Gesichtspunkt sein, dass die stillen Beteiligungen bei den Publikumsgesellschaften in der Regel keinen unbedeutenden Charakter tragen. Sie sind vielmehr ein einkalkuliertes, wesentliches Instrument der Kapitalbeschaffung und als solches ein tragender Pfeiler der gesamten Finanzverfassung der Gesellschaft. Damit erhält die Entscheidung über den Abschluss stiller Gesellschaftsverträge den Charakter eines Grundlagenbeschlusses5. Ein solcher kann nicht nach § 292 Abs. 2 AktG von der Zustimmungspflicht der Hauptversammlung ausgenommen werden. Nicht zuletzt spricht auch die Vorschrift des § 294 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AktG gegen die Anwendbarkeit von § 292 Abs. 2 AktG, da der Gesetzgeber dort implizit davon ausgeht, dass auch Massengeschäfte unter § 292 Abs. 1 AktG fallen können6. Über mehrere Unternehmensverträge kann grundsätzlich im Wege der Sammelabstimmung beschlossen werden, wenn kein Aktionär Einspruch gegen dieses Verfahren einlegt und darauf hingewiesen worden ist, dass bei mehrheitlicher Ablehnung eine gesonderte Abstimmung über jeden einzelnen Vertrag zu erfolgen hat7. Denkbar ist auch, die Festschreibung des Zwecks der Einräumung stiller Beteiligungen in der Satzung als Unternehmensgegenstand für ausreichend zu erachten. Man könnte nämlich argumentieren, dass in diesen Fällen der Abschluss der einzelnen Verträge auf einem von der Hauptversammlung gebilligten Unternehmensgegenstand beruhe und im Weiteren eine reine „Routinesache“, in diesem Sinne also „laufender Geschäftsverkehr“ sei. Eine solche Argumentation widerspräche aber der aktien-
1 K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (302) m.w.N. in Fn. 38; Priester in FS Raupach, S. 391 (396); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 154. 2 Amtl. Begr. abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 379. 3 Emmerich in Emmerich/Habersack, § 292 AktG Rz. 33 m.w.N. 4 So aber Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (380). 5 A.A. Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (381), der davon ausgeht, dass es bei im Verhältnis zu Risikoprofil und Gegenleistung angemessener Gewinnbeteiligung keiner Hauptversammlungsentscheidung bedarf. 6 Zutreffend Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (53 f.). 7 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (41).
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rechtlichen Kompetenzordnung, wie sie sich aus der Auslegung der Kompetenzvorschriften des Aktiengesetzes durch die Rechtsprechung ergibt. Danach ist die Aufnahme eines bestimmten Tätigkeitsfeldes in die Satzung von der Frage der Zustimmung zu dem Geschäft durch die Hauptversammlung strikt zu trennen. Die Festlegung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung umschreibt lediglich den Geschäftsbereich, in dem der Vorstand tätig sein darf. Soweit er darüber hinaus in diesem festgelegten Bereich Maßnahmen durchführen will, die nach den Vorschriften des Aktiengesetzes von der Zustimmung der Hauptversammlung abhängig sind, ist diese gesondert einzuholen, da sie die Satzungsbestimmung wegen des zwingenden Charakters der aktienrechtlichen Vorschriften (§ 23 Abs. 5 AktG) nicht ersetzen kann1. Auch die eine Publikums-KG betreffende Entscheidung des BGH2, nach welcher der Kommanditist sich die durch Beitritt weiterer Kommanditisten mittelbar entstehende Veränderung der Gewinnverteilung und Stimmgewichte gefallen lassen müsse, weil eben die Gesellschaft auf den Beitritt von möglichst vielen Anlegern ausgerichtet gewesen sei, kann für die Gegenmeinung nicht ins Feld geführt werden, da der Gesetzgeber den stillen Gesellschaftsvertrag als Teilgewinnabführungsvertrag nun einmal der speziellen Regelung in den §§ 291 ff. AktG unterworfen hat3.
8.29 Ist demnach die Zustimmung der Hauptversammlung einer AG oder KGaA auch im Hinblick auf stille Publikumsgesellschaften unentbehrlich, kann man sich noch fragen, ob ein Zustimmungsbeschluss auch schon vor Abschluss der Verträge gefasst werden kann. Hierfür spricht, dass § 293 Abs. 2 AktG nur eine „Zustimmung“ fordert und damit nach allgemeiner zivilrechtlicher Terminologie sowohl die Einwilligung als auch die Genehmigung ermöglicht (§§ 183, 184 Abs. 1 BGB). Dennoch wird man die Möglichkeit einer Einwilligung nur dann befürworten können, wenn sie im Hinblick auf die Funktion der Kompetenzzuweisung einer aktuellen Genehmigung gleichwertig ist. Das ist sie jedoch nur, wenn der einwilligenden Hauptversammlung im Wesentlichen die gleichen Tatsachen bekannt sind wie einer aktuell aus Anlass eines bestimmten Vertragsschlusses zustimmenden Hauptversammlung. Gerade die aktuelle Entscheidungsmacht aufgrund der im Einzelfall zu berücksichtigenden Umstände und Auswirkungen des Vertrages auf die Gewinnbeteiligung der Aktionäre ist es, die § 293 AktG der Hauptversammlung sichern will und die bei einer generellen „Erlaubnis“ in Form einer Satzungsbestimmung in der Regel ebenso wenig gegeben ist wie bei einem vorherigen Zustimmungsbeschluss4. Hinzu kommt, dass die §§ 293a–293g AktG ein bestimmtes Procedere der Aktionärsinformation bei der Beschlussfassung vorschreiben, das ohne ein bestimmtes Vertragswerk nicht einzuhalten ist. Auch der BGH hat in dem ähnlich liegenden Fall der Vermögensübertragung ausdrücklich hervorgehoben, dass die vollständige Unterrichtung der Aktionäre ein essentieller Bestandteil sei, der als Grundlage der dem Aktionärsschutz dienenden Kompetenzausübung durch die Hauptversammlung unabdingbar sei, und in diesen Grundsatz explizit die Entscheidung über Unternehmensverträge einbezogen5. Aus 1 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 (130 f.) und BGH v. 16.11.1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188 (197), wo hervorgehoben wird, dass die Entscheidungszuständigkeit der Hauptversammlung unabdingbar ist; vgl. auch Mertens, ZHR 147 (1983), 389. 2 BGH v. 24.11.1975 – II ZR 89/74, BGHZ 66, 82 (86 f.). 3 Zur rechtspolitischen Angreifbarkeit dieser Regelung vgl. K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (305 f.). 4 Vgl. K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (306). 5 BGH v. 16.11.1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188, (195 f.).
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dem Gesagten ergibt sich, dass etwa die Abstimmung über einen Vertragsentwurf zulässig ist, der später unverändert abgeschlossen werden soll1. Sofern die Beteiligungshöhe im Einzelnen oder zumindest bis zu einer Höchstgrenze feststeht, dürfte auch das fehlende Wissen um die Personen der Vertragspartner kein Hindernis darstellen, da die Person des Stillen bei Massengesellschaften für die betreffende Zustimmungsentscheidung kaum eine Rolle spielt. Im Übrigen wird es darauf ankommen, ob die Judikatur bereit ist, im Interesse der verbesserten Funktionsfähigkeit einer Publikums-AG ihre bisherige strenge Handhabung des als Schutz der Aktionäre gedachten Zustimmungsvorbehaltes zumindest dann zu lockern, wenn die Aktionäre die Initiatoren des Anlagemodells sind, also keinen „Schutz“ in Anspruch nehmen wollen. bb) Notwendigkeit der Handelsregistereintragung Der Vorstand bzw. die Komplementäre der das Handelsgewerbe betreibenden AG bzw. KGaA haben nach § 294 Abs. 1 AktG das Bestehen und die Art des stillen Gesellschaftsvertrags sowie den Namen des stillen Gesellschafters zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Beim Bestehen einer Vielzahl von Teilgewinnabführungsverträgen kann anstelle des Namens des Stillen auch eine andere Bezeichnung eingetragen werden, die den jeweiligen Teilgewinnabführungsvertrag konkret bestimmt. Der Anmeldung sind der Vertrag sowie, wenn er nur mit Zustimmung auch der Hauptversammlung des stillen Gesellschafters wirksam wird (vgl. § 293 Abs. 2 AktG), die Niederschrift dieses Beschlusses und ihre Anlagen in Urschrift, Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen. Das zuständige Registergericht hat nicht nur eine formelle, sondern auch eine materielle Prüfung der angemeldeten Verträge durchzuführen (§ 294 AktG)2. Der stille Gesellschaftsvertrag wird erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam (§ 294 Abs. 2 AktG).
8.30
cc) Höchstgrenze der Gewinnabführung Nach § 301 Satz 1 AktG kann eine Gesellschaft höchstens den ohne die Gewinnabführung entstehenden und um den Verlustvortrag sowie die gesetzliche Rücklage geminderten (§ 300 AktG) Jahresüberschuss als Gewinn abführen. Dies könnte der Zusage einer Mindestgewinnabführung entgegenstehen. Die Anwendung speziell dieser Vorschrift auf stille Beteiligungen wird allerdings unter zwei Gesichtspunkten – im Ergebnis wiederum zu Unrecht – in Frage gestellt:
8.31
Zum einen wurde teilweise die Anwendung von § 301 AktG auf Teilgewinnabführungsverträge und damit auch auf stille Gesellschaften überhaupt mit der Begründung abgelehnt, die gewinnabführende AG oder KGaA erhalte eine Gegenleistung für das Versprechen der Abführung und diese Gegenleistung trage erst dazu bei, dass Gewinne überhaupt erwirtschaftet werden könnten. Wegen der vereinbarten Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung dürfe es auf einen tatsächlichen Gewinn der AG nicht ankommen, da diese mit der dann gegebenen Möglichkeit, zu Lasten des Vertragspartners erst ihre eigenen Verluste vorzutragen und die gesetzliche Rücklage aufzufüllen, „über-
8.32
1 BGH v. 16.11.1981 – II ZR 150/80, BGHZ 82, 188, (194 f.); Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 293 AktG Rz. 34. 2 Zum Eintragungsverfahren Schulte/Waechter, GmbHR 2002, 189.
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kompensiert“ sei1. Die überwiegende Meinung2 spricht sich zutreffend gegen diesen Standpunkt aus und wendet § 301 AktG auf Teilgewinnabführungsverträge an. Dies gebietet bereits der eindeutige Wortlaut der Vorschrift: § 301 AktG verweist ausdrücklich auf § 300 AktG, der die Vorschriften über die gesetzliche Rücklage auf den Teilgewinnabführungsvertrag für anwendbar erklärt.3 Ebenso sprechen Sinn und Zweck dafür, dass auch bei Abführung von Teilgewinnen nicht mehr als der erwirtschaftete Gewinn abgeführt wird. Dies dient der Kapitalerhaltung, die auch Ziel der §§ 300 ff. AktG ist. Die Konsequenz, dass die Aktiengesellschaft zu Lasten des Vertragspartners zunächst ihre Verluste vortragen darf, entspricht diesem Schutzgedanken, weil anderenfalls möglicherweise zu Lasten der Gläubiger und der Aktionäre das Unternehmen der Aktiengesellschaft die Verluste nicht aufholen könnte. Dementsprechend hat auch die Gesetzesbegründung die Einbeziehung der Teilgewinnabführungsverträge in § 301 AktG angenommen4. Die vereinbarte Gegenleistung führt zu keiner anderen Beurteilung, da der durch sie ermöglichte Gewinn bei Nichtanwendung des § 301 AktG vollständig dem Berechtigten zufließen könnte. Mithin entspricht es dem Schutzzweck des § 301 AktG auch die Erträgnisse der Einlage der Kapitalbindung zu unterwerfen. Die Gegenleistung ist daher allenfalls bei der Berechnung des höchstens abzuführenden Gewinns zu berücksichtigen. Sie führt aber nicht zur Unanwendbarkeit von § 301 AktG.
8.33 Zum anderen ist zweifelhaft, ob § 301 AktG auch dann Anwendung findet, wenn eine gewinnunabhängige Festvergütung an den stillen Gesellschafter über den Jahresüberschuss hinaus gezahlt wird. Das LG Bonn hat diese Frage verneint5. Die überwiegende Ansicht in der Literatur stimmt diesem Ergebnis zu6. Gegen eine Anwendbarkeit des § 301 AktG wird vorwiegend angeführt, § 301 AktG setze voraus, dass sich die Zahlung gerade als „Abführung eines Gewinnes“ darstelle; dies sei bei der Zahlung einer Festvergütung nicht der Fall; eine Festvergütung sei als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen und sei Grundlage der Gewinnermittlung7. Richtig hieran ist, dass eine Festvergütung für sich genommen keinen Gewinn i.S. des § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB darstellt (siehe Rz. 8.4). Ausweislich des Wortlauts („gleichgültig welche Vereinbarung über die Berechnung des abzuführenden Gewinns getroffen worden sind“) und der Gesetzesbegründung8 soll § 301 AktG jedoch der Dis1 So früher Koppensteiner in KölnKomm/AktG, 1. Aufl. 1985, § 301 AktG Rz. 9 ff.; ähnlich auch Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 301 AktG Rz. 7 f.; anders Koppensteiner in KölnKomm/ AktG, 2. Aufl. 1987, § 301 AktG Rz. 5. 2 Vgl. LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 = Der Konzern 2006, 557; Hüffer, § 301 AktG Rz. 2; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (56). 3 Vgl. die Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 389 (390). 4 Vgl. dazu die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 301 AktG, S. 389. 5 LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (465 f.) = Der Konzern 2006, 557. 6 Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (57 ff.); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 301 AktG Rz. 9a; Rust, AG 2006, 563 (565 f.); Weitnauer, GWR 2014, 383 (383); a.A. Elkemann-Reusch in Häger/Elkemann-Reusch, Mezzanine Finanzierungselemente, Rz. 273; Hoffmann, Finanz-Betrieb 2005, 373 (375). 7 LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (465 f.) = Der Konzern 2006, 557; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (59); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (565). 8 Vgl. die Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 389 (389 f.): Die Gesellschaft soll vor dem Ausweis von Verlusten geschützt werden, die durch eine unbeschränkte Vertragsfreiheit bei der Gewinnberechnung entstehen können. Anders aber Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (58); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (565).
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positionsfreiheit Grenzen setzen, um das gebundene Gesellschaftskapital unabhängig von der Art der Gewinnberechnung zu schützen. Der von § 301 AktG intendierte Schutz würde leer laufen, könnte die Gewinnhöhe auf der ersten Stufe der Gewinnund Verlustrechnung durch Berücksichtigung von Zuwendungen an den Gesellschafter herabgesetzt werden. Wenn § 301 AktG das Eigenkapital der Gesellschaft schützen soll, muss diese Vorschrift erst recht gelten, wenn gar kein Gewinn gemacht worden ist. Insoweit formalistisch zwischen „Gewinn“ und „Festvergütung“ zu trennen, erscheint nicht sachgerecht. So müssen auch verdeckte Gewinnausschüttungen in den Anwendungsbereich des § 301 AktG fallen. Zwar unterliegt der stille Gesellschafter grundsätzlich weder mit seiner Einlage (vgl. § 236 Abs. 2 HGB) noch gar generell dem Gebot der Kapitalerhaltung1, doch folgt gerade aus § 301 AktG, dass er als Vertragspartner eines Gewinnabführungsvertrags zumindest einer partiellen Kapitalbindung unterliegt2. Seine Leistung wird insoweit Risikokapital, als es um den mit Hilfe seiner Einlage erzielten Gewinn geht. Beide sind gleichsam gesellschaftsrechtlich bedingte Gegenleistung der Beitragsleistung. Eine einheitliche Behandlung ist schließlich geboten, um Umgehungen zu unterbinden. Der Einwand, § 302 AktG regele abschließend die Konstellation gewinnunabhängiger Zuwendungen3 und sehe eine Ausgleichspflicht gerade nicht für den Teilgewinnabführungsvertrag vor, ist nicht durchschlagend. Denn § 302 AktG schützt nicht nur das Gesellschaftsvermögen, sondern normiert als Kompensation für die weitergehenden Eingriffsrechte4 auch eine über § 301 AktG hinausgehende pauschale Verlustausgleichspflicht. Ist eine Zahlung entgegen § 301 AktG an den stillen Gesellschafter erfolgt, hat die Gesellschaft einen Anspruch auf Rückzahlung dieser Summe. Dieser ergibt sich nicht aus dem Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB, sondern bereits aus einer (analogen) Anwendung von § 62 AktG, da die Auszahlung einen Verstoß gegen die mit § 301 AktG bezweckte Vermögensbindung darstellt5. Entsprechende Zahlungen begründen zudem einen Pflichtverstoß des Vorstandes und machen ihn allenfalls schadenersatzpflichtig nach § 93 AktG6.
8.34
dd) Kollision von Gewinnabführungsvertrag und stiller Beteiligung Mit der Qualifikation der stillen Beteiligung als Teilgewinnabführungsvertrag stellt sich schließlich noch die Frage nach ihrem Verhältnis zu einem bereits bestehenden Gewinnabführungsvertrag7. So wurde teilweise vertreten, dass Gewinnabführungsund Teilgewinnabführungsvertrag zueinander in Widerspruch stünden und deswegen 1 Zutreffend LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (466) = Der Konzern 2006, 557. 2 Vgl. auch zu der ähnlichen Frage, ob bei Geschäftsführungsverträgen gemäß § 291 Abs. 1 Satz 2 AktG der Anspruch gegen die abhängige Gesellschaft gemäß § 667 BGB dazu führt, dass bereits kein Gewinn entsteht und § 301 AktG nicht anwendbar ist, Emmerich in Emmerich/Habersack, § 301 AktG Rz. 6 und wohl auch BGH v. 1.12.2003 – II ZR 202/01, NZG 2004, 185 (186). 3 LG Bonn v. 10.1.2006 – 11 O 79/05, AG 2006, 465 (466) = Der Konzern 2006, 557; Habersack in Liber amicorum Happ, S. 49 (58); Pluskat, EWiR 2006, 261 (262); Rust, AG 2006, 563 (566). 4 Vgl. zu den Grundgedanken des § 302 AktG Emmerich in Emmerich/Habersack, § 302 AktG Rz. 16 f. 5 Vgl. Hirte in Großkomm.AktG, 4. Aufl. 2005, § 301 AktG Rz. 25 m.w.N. 6 Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 301 AktG Rz. 23. 7 Hierzu Berninger, DB 2004, 297; Priester in FS Raupach, S. 391 ff.
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8.35
§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung
die Einräumung einer stillen Beteiligung bei bestehendem Gewinnabführungsvertrag unzulässig sei1. Ganz überwiegend wird inzwischen jedoch angenommen, dass eine stille Beteiligung trotz eines bestehenden Gewinnabführungsvertrags eingeräumt und umgekehrt ein Gewinnabführungsvertrag bei bestehender stiller Beteiligung geschlossen werden kann2. Es ist nämlich nicht von der Hand zu weisen, dass der Teilgewinnabführungsvertrag das Element eines schuldrechtlichen Austauschgeschäfts in sich trägt3 und stille Beteiligungen ein Mittel der Unternehmensfinanzierung sind. Während daher die stille Beteiligung als Aufwand in der Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen ist (vgl. § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB), umfasst der Gewinnabführungsvertrag nur den Residualgewinn4. Von diesem sind grundsätzlich die Teilgewinnabführungen abzuziehen.
8.36 Selbst wenn Gewinn- und Teilgewinnabführungsvertrag in Widerspruch zueinander stünden, würde dies gleichwohl nicht zur Nichtigkeit der Verträge, sondern nur zu Sekundäransprüchen wegen Vertragsverletzungen führen. So kann eine Pflichtverletzung des Gewinnabführungsvertrags5 darin gesehen werden, dass der Beitrag des Stillen in keinem angemessenen Verhältnis zum Gewinnanspruch steht6. Eine im Innenverhältnis wirkende Pflicht, die Zustimmung des Vertragspartners des Gewinnbeteiligungsvertrags vor Einräumung stiller Beteiligungen einzuholen, dürfte mangels gesetzlicher Grundlage allerdings nicht bestehen7. Den Vorstand trifft insbesondere auch nur eine Pflicht, die Zustimmung der Hauptversammlung zu dem neu hinzutretenden Gewinnabführungsvertrag nach § 293 Abs. 1 AktG und nicht auch zur Änderung des vorbestehenden Vertrags nach § 295 Abs. 1 Satz 1 AktG einzuholen, da sich aufgrund der Relativität der Verträge der Inhalt bestehender Verträge durch den Abschluss weiterer Gewinnabführungsverträge nicht ändert8.
II. Die Verlustbeteiligung 1. Ausschluss der Verlustbeteiligung
8.37 Die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust kann durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB). Das kann auch stillschweigend geschehen. Ein stillschweigender Verlustausschluss wird in der Regel anzunehmen sein, wenn dem stillen Gesellschafter ein Mindestgewinn garantiert ist9.
1 So Berninger, DB 2004, 297 (299). 2 Altmeppen in MünchKomm/AktG, § 292 AktG Rz. 65 [Fn. 100]; Koch in Hüffer, § 292 AktG Rz. 15 (Aufgabe der Ansicht in der Voraufl.); Schmich, GmbHR 2008, 464; Hageböke, Der Konzern 2013, 334 (343). 3 Vgl. Begründung des RegE, abgedruckt bei Kropff, Aktiengesetz, 1965, S. 378 f. 4 Priester in FS Raupach, S. 391 (397). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass auch dieser als Aufwand zu verbuchen ist. 5 Zur Anwendbarkeit der §§ 280 ff. BGB siehe OLG Frankfurt v. 29.6.1999 – 5 U 251/97, NZG 2000, 603 (604). 6 Priester in FS Raupach, S. 391 (398). 7 So aber Priester in FS Raupach, S. 391 (399). 8 So aber Berninger, DB 2004, 297 (299). 9 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 21; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 14.
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§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung
Es handelt sich auch hier um eine Frage der Vertragsauslegung, bei der der wirkliche Wille der Beteiligten zu erforschen ist. Dagegen bedeutet die Vereinbarung, der stille Gesellschafter solle bei der Auflösung der Gesellschaft seine Einlage in voller Höhe zurückerhalten, nicht unbedingt den Ausschluss der Verlustbeteiligung. Sie wird regelmäßig dahin zu verstehen sein, dass er während des Bestehens der Gesellschaft am Verlust beteiligt wird, aber bei Beendigung der Gesellschaft seine Vermögenseinlage auch dann in voller Höhe zurückerhalten soll, wenn sein abweichend von der gesetzlichen Regellage variabel geführtes Einlagekonto unter den Betrag der ursprünglichen Einlage gesunken ist1. Der stille Gesellschafter hat bei dieser Vertragsauslegung praktisch einen Teil des Verlustes mitzutragen, da die in den einzelnen Jahren auf ihn entfallenden Gewinne zunächst zur Wiederauffüllung seines durch die Verluste geminderten Einlagekontos zu verwenden sind, mithin zur Ausschüttung an ihn nicht zur Verfügung stehen (§ 232 Abs. 2 Satz 2 HGB).
8.38
Ist im Gesellschaftsvertrag nur von der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters die Rede, so ist damit nicht gesagt, dass seine Verlustbeteiligung ausgeschlossen sein soll2. Es gilt vielmehr die Auslegungsregel des § 722 Abs. 2 BGB: Ist nur der Anteil am Gewinn bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust3.
8.39
2. Möglichkeiten der Verlustbeteiligung Für Ausmaß und Schlüssel der Verlustbeteiligung sind in erster Linie die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen maßgebend (Rz. 14.61 ff.). Es können dabei für die Verteilung von Gewinn und Verlust verschiedene Maßstäbe zugrunde gelegt werden. Auch eine nur beschränkte Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters ist etwa in der Form möglich, dass er nur bis zu einem bestimmten Betrag oder nur in Höhe eines bestimmten Hundertsatzes seiner Einlage zur Verlusttragung verpflichtet sein soll. Es kann auch vorgesehen werden, dass in späteren Jahren der Verlust vorab aus den gemeinsamen Gewinnen zu decken ist. Zulässig ist schließlich die Abrede, dass der stille Gesellschafter mit seiner Einlage zwar am Verlust teilnimmt, aber nicht verpflichtet ist, spätere Gewinne zur Verlustdeckung zu verwenden, oder dass er berechtigt ist, einen bestimmten Teil seines Gewinnanteils ohne Rücksicht auf etwaige Verluste zu entnehmen.
8.40
Im Gesellschaftsvertrag kann schließlich vereinbart werden, dass der Inhaber des Handelsgeschäfts von der Verlusttragung befreit sein soll, dass also der stille Gesellschafter im Innenverhältnis allein den Verlust zu tragen hat4. Solche Vereinbarungen sind häufig bei atypischen stillen Gesellschaften anzutreffen, wenn der Inhaber nur eine vorgeschobene Person, der stille Gesellschafter aber der Kapitalgeber und Träger des Handelsgeschäfts ist. Das Außenverhältnis wird dadurch nicht berührt; insbesondere beeinflussen solche Abreden nicht die persönliche Haftung des Inhabers für die
8.41
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 21; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 15. 2 BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696 (2697); OLG Brandenburg v. 8.2.1995 – 7 U 101/94, NJW-RR 1996, 156 (157); Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 14. 3 BGH v. 30.11.1959 – II ZR 204/57, DB 1960, 261 = BB 1960, 14; OLG Brandenburg v. 8.2.1995 – 7 U 101/94, NJW-RR 1996, 156 (157). 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 19.
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§ 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung
Geschäftsverbindlichkeiten1. Er kann aber, wenn er von den Gläubigern in Anspruch genommen wird, von dem stillen Gesellschafter Freistellung sowie unter Umständen Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.
III. Zusammenfassung
8.42 Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist zwingendes Merkmal der stillen Gesellschaft. Sein Gewinnanteil muss von den wechselnden Ergebnissen des Handelsgewerbes abhängig sein, d.h. er muss das Risiko, dass kein Gewinn erzielt wird, mittragen (Rz. 8.2 ff.). Eine Umsatzbeteiligung ist der Gewinnbeteiligung grundsätzlich nicht gleichzustellen (Rz. 8.5). Für den Inhaber des Handelsgewerbes gilt diese Regelung nicht, er kann durch den Gesellschaftsvertrag von der Teilnahme am Gewinn ausgeschlossen werden (Rz. 8.15). Meist wird dann aber ein partiarisches Dienstverhältnis vorliegen. Wie der Gewinn unter den Gesellschaftern zu verteilen ist, ob dies aufgrund der Handelsbilanz oder der Steuerbilanz zu geschehen hat, ist ebenso der Parteidisposition überlassen wie die Festlegung des Gewinnverteilungsschlüssels und der Gewinnbeteiligungsmodalitäten (Rz. 8.8 ff.). Der stille Beteiligungsvertrag mit einer Aktiengesellschaft als Geschäftsinhaber unterliegt aufgrund der Gewinnbeteiligung des Stillen als (Teil-)Gewinnabführungsvertrag den §§ 291 ff. AktG (Rz. 8.18 ff.). Sein Abschluss bedarf daher der Zustimmung der Hauptversammlung (Rz. 8.25 ff.) und der Eintragung in das Handelsregister (Rz. 8.30). Die Auszahlung einer Festvergütung über den Gewinn hinaus stellt einen Verstoß gegen § 301 AktG dar (Rz. 8.31 ff.). Eine stille Beteiligung kann auch bei bestehendem Gewinnabführungsvertrag eingeräumt werden; es kommen aber Schadensersatzansprüche des herrschenden Unternehmens in Betracht (Rz. 8.35 f.). Auf die stille Beteiligung an einer GmbH sind die §§ 291 ff. AktG jedoch nicht anwendbar (Rz. 8.23 f.). Im Gesellschaftsvertrag kann bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt sein soll. Das kann auch stillschweigend geschehen, etwa dadurch, dass ihm ein Mindestgewinn garantiert wird (Rz. 8.37 ff.). Mit auf das Innenverhältnis beschränkter Wirkung kann die Teilnahme des Inhabers am Geschäftsverlust ausgeschlossen werden (Rz. 8.41). Seine Rechtsstellung dritten Personen gegenüber wird davon aber nicht berührt. Wird er von Geschäftsgläubigern in Anspruch genommen, ist ihm der stille Gesellschafter zum Ersatz seiner Aufwendungen verpflichtet.
1 Schubert in Oetker, § 231 HGB Rz. 11; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 231 HGB Rz. 7.
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§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Beuthien, Volker, Die atypische stille Gesellschaft – Ein Weg zu mehr Eigenkapital für eingetragene Genossenschaften?, NZG 2003, 849; Beyer-Petz, Ines, Der stille Gesellschafter in der Steuerberatungsgesellschaft – Berufsrechtliche Zulässigkeit, arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen, DStR 2008, 73; Blaurock, Uwe, Zur stillen Beteiligung mehrerer Personen an einer Apotheke, NJW 1972, 1119; Boos, Karl-Heinz/Fischer, Reinfried/Schulte-Mattler, Hermann, Kreditwesengesetz, Kommentar zum KWG und Ausführungsvorschriften, 4. Aufl. 2012; Bornemann, Alexander, Stille Publikumsgesellschaft im Spannungsfeld von Gesellschaftsund Bankenaufsichtsrecht, ZHR 166 (2002), 211; Brox, Hans, Die unentgeltliche Aufnahme von Kindern in eine Familien-Personengesellschaft, in Festschrift für Bosch, 1976, S. 75; Buchwald, Friedrich, Die geschenkte Aufnahme in eine Personengesellschaft, GmbHR 1953, 81; Demgensky, Sascha/Erm, Andreas, Der Begriff der Einlagen nach der 6. KWG-Novelle, WM 2001, 1445; Enneccerus, Ludwig/Lehmann, Heinrich, Recht der Schuldverhältnisse, 15. Aufl. 1958; Fichtelmann, Helmar, Stille Gesellschaft mit (minderjährigen) Kindern – Zivilrechtliche Problembereiche und deren steuerrechtliche Behandlung, EStB 2000, 202; Fischer, Robert, Fragen aus dem Recht der stillen Gesellschaft, JR 1962, 201; Florstedt, Tim, Der „stille Verband“, 2007; Fromm, Rüdiger, Einbeziehung einer stillen Beteiligung, insbesondere im Familienunternehmen, StBp. 1977, 251; Gastmann, Günter, Vormundschaftsgerichtliche Genehmigung bei stiller Beteiligung eines Minderjährigen am Gewerbebetrieb seines Vaters, StBp 1969, 255; Gernhuber, Joachim/ Coester-Waltjen, Dagmar, Lehrbuch des Familienrechts, 6. Aufl. 2010; Godin, Reinhard Freiherr von, Die unentgeltliche Aufnahme eines Innengesellschafters, JR 1953, 171; Hueck, Alfred, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl. 1971; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für H. Lehmann, 1937, S. 239; Hundertmark, Dedo, Gründung einer so genannten Innengesellschaft mit Minderjährigen, BB 1970, 165; Klamroth, Sabine, Zur Anerkennung von Verträgen zwischen Eltern und minderjährigen Kindern – Zivilrechtliche Gültigkeit und tatsächliche Durchführung als Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung, BB 1975, 525; Knopp, Werner, Gründung stiller Gesellschaften bei Beteiligung Minderjähriger, NJW 1962, 2181; Kropff, Bruno, Textausgabe des Aktiengesetzes vom 6.9.1965 (Bundesgesetzblatt I S. 1089) und des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz vom 6.9.1965 (Bundesgesetzblatt I S. 1185), 1965; Larenz, Karl, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II, Besonderer Teil, Teilband 2, 13. Aufl. 1994; Löhnig, Martin, Treuhand: Interessenwahrnehmung und Interessenkonflikte, Habil. 2006; Nagel, Manfred, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, 1968; Natschke, Thomas, Die stille Gesellschaft als Gestaltungsinstrument, StB 1998, 181; Petzoldt, Rolf, Die stille Gesellschaft im Gesellschafts- und Steuerrecht, NWB Fach 18, S. 2975 (32/1988); Rosenau, Heinz, Beteiligung Minderjähriger an gesellschaftsrechtlichen Unternehmensformen, BB 1965, 1393; Rosenau, Heinz, Die Gründung einer stillen Gesellschaft mit Minderjährigen, BB 1969, 1080; Roth, Wulf-Henning, Nichtigkeit von Gesellschaftsverträgen bei Verstoß gegen das europäische Kartellverbot, in Grundmann et al. (Hrsg.), Festschrift für Klaus J. Hopt zum 70. Geburtstag am 24. August 2010, S. 2881; Schmidt, Harry, Stille Gesellschaft und AGB-Gesetz – Bemerkungen zum Urteil des BGH vom 10. Oktober 1994 (II ZR 32/94, Hamburg), ZHR 159 (1995), 734; Schmidt, Karsten, Konzernrechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen für typische stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften – Zugleich zur systematischen Einordnung des Teilgewinnabführungsvertrags, ZGR 1984, 297; Schmidt, Karsten, Register-Unfähigkeit der GmbH & Still, NZG 2014, 881; Schneider, Uwe H., Die Vertretung und die Mitwirkung der Gesellschafter bei der Gründung einer GmbH & Still – Der „Supermarkt-Beschluss“ und seine Bedeutung für die stille Gesellschaft, DB 1989, 713; Schubert, Claudia, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und das Haustürwiderrufsrecht – Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz im Konflikt, WM 2006, 1328; Schulze-Osterloh, Joachim, Das Recht der Unternehmensverträge und die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZGR 1974, 427; Semler, Johannes, Vorfinanzierung zukünftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für W. Werner, 1984, S. 855; Stürner, Rolf, Der lediglich rechtliche Vorteil, AcP 173 (1973), 402; Sudhoff, Heinrich, Die Beteiligung der Kinder am väterlichen Unternehmen, DB 1965, 1545; Tiedtke, Klaus, Unentgeltliche Beteiligung eines Kindes als stiller Gesellschafter, DB 1977, 1064; Tiedtke, Klaus, Zur steuerlichen Anerkennung von stillen Beteiligungen minderjähriger Kinder – Eine Besprechung des
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§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft BFH-Urteils vom 1979-12-19 I R 176/77, FR 1980, 421; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind – Zugleich eine Besprechung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 9.7.1987 IV R 95/85, BB 1988, 946; Weigl, Gerald, Anwendungsund Problemfelder der stillen Gesellschaft, DStR 1999, 1568; Würdinger, Hans, Gesellschaften I, Recht der Personengesellschaften, 1937.
I. Errichtung durch Gesellschaftsvertrag 1. Bedeutung des Gesellschaftsvertrags
9.1 Die stille Gesellschaft entsteht – vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung – mit dem Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags, da sie nicht in das Handelsregister eingetragen wird. Dies gilt auch dann, wenn der stille Gesellschafter seinen Beitrag noch nicht geleistet oder der Inhaber den Betrieb seines Handelsgeschäfts noch nicht begonnen hat1.
9.2 Der Gesellschaftsvertrag bildet angesichts der weitreichenden Gestaltungsfreiheit der Parteien die inhaltliche Grundlage der stillen Gesellschaft. Er ist bestimmend und richtungweisend für das gesellschaftsrechtliche Verhältnis des Inhabers und des stillen Gesellschafters und enthält die Vorschriften, die dieses Verhältnis regeln. Soweit er keine Vereinbarungen über die Beziehungen der Vertragspartner zueinander enthält, greifen ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB ein – letztere jedoch nur insoweit, als sie mit dem Wesen der stillen Gesellschaft vereinbar sind2. Nicht anwendbar sind die Vorschriften, die das Außenverhältnis betreffen oder sich auf das Vorhandensein eines Gesamthandsvermögens beziehen3. Da die stille Gesellschaft keine Handelsgesellschaft ist, kann das Recht der Handelsgesellschaften, insbesondere das der OHG und KG, nicht einmal ergänzend zur Anwendung kommen4. 2. Wesentlicher Inhalt des Gesellschaftsvertrags
9.3 Durch den Gesellschaftsvertrag (siehe zu Vertragsmustern den IV. Teil (M 1, 2, S. 929 ff.); zum Inhalt näher Rz. 10.1 ff.) verpflichten sich der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter, die Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten (vgl. § 705 BGB). Zu den wesentlichen Vertragspunkten (essentialia negotii), über die sich die Parteien zwingend zu einigen haben, gehört daher zunächst der gemeinsame Zweck. Er besteht in dem Streben nach Erzielung von Gewinn durch das von dem Geschäftsinhaber auf gemeinsame Rechnung betriebene Handelsgewerbe5. Ein gemeinsamer, jedoch nicht auf Gewinnerzielung gerichteter Zweck führt ebenso wenig zu einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB wie ein gemeinsames Streben nach Gewinn durch den Betrieb eines Unternehmens, das 1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 119; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 124. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 6; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 3. 3 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 13. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 20; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas, § 230 HGB Rz. 6. 5 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz: 13.
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§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft
kein Handelsgewerbe (dazu Rz. 6.1 ff.) ist. Keine stille Gesellschaft liegt vor, wenn jeder Partner nur den eigenen Zweck verfolgt und einen Vertrag nur abschließt, um im Austausch für die eigene Leistung eine Gegenleistung zu erhalten, ohne sich zur gemeinschaftlichen Förderung eines den Eigeninteressen vorgehenden gemeinsamen Zwecks zu verpflichten (Rz. 9.7, 5.17 ff.). Darüber hinaus müssen die Parteien eines stillen Gesellschaftsvertrages (Rz. 6.1 ff.) und der Gegenstand der Beteiligung, d.h. das von einer Partei betriebene Handelsgewerbe als Ganzes oder zu einem abgrenzbaren Teil (Rz. 6.1 ff.), ebenso bestimmt sein wie die Beitragsleistung bzw. Einlage des stillen Gesellschafters (Rz. 7.1 ff.). Aus dem Gesellschaftsvertrag muss zudem erkennbar sein, dass sich die Gesellschaft auf das Innenverhältnis beschränkt und der stille Gesellschafter keine dingliche Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen erhält (Rz. 10.2). Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist zwar zwingend (§ 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB), kann hilfsweise aber auch nach § 231 Abs. 1 HGB festgelegt werden („den Umständen nach angemessener Anteil“), so dass eine Vereinbarung über die Art und den Schlüssel der Gewinnverteilung (Rz. 8.8 ff., 14.54 ff.) nicht zu den unabdingbaren Vertragspunkten gehört. 3. Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrags Die typische stille Gesellschaft ist noch mehr als die typische Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Schuldvertrag, bei dem die organisationsrechtlichen Elemente hinter der individuellen schuldrechtlichen Verpflichtung der Gesellschafter zurücktreten, weil die Gesellschaft nach außen hin nicht in Erscheinung tritt, von den Gesellschaftern in dinglicher Hinsicht kein Gesellschaftsvermögen gebildet wird und die Gesellschaft regelmäßig zweigliedrig ausgestaltet ist. Durch die schuldvertragliche Grundlage unterscheidet sich die stille Gesellschaft einerseits von den Körperschaften, die auf einem sozialrechtlichen Gesamtakt beruhen, und andererseits von der schlichten Rechtsgemeinschaft, die keinen Vertrag, sondern die Tatsache gemeinsamen Rechtserwerbs bzw. des gemeinsamen Haltens und Verwaltens eines Vermögensgegenstands zur Grundlage hat.
9.4
Insbesondere bei der typischen stillen Gesellschaft ist der Gesellschaftsvertrag seinem Wesen nach zwar vor allem Schuldvertrag, er enthält mit seinen gemeinschaftsbegründenden, sozial- und personenrechtlichen Regelungen aber auch organisationsrechtliche Elemente1. Wenn in § 705 BGB nur die schuldrechtliche Seite betont wird, so darf nicht übersehen werden, dass die Verpflichtung zur gegenseitigen Förderung eines gemeinsamen Zwecks auch den personenrechtlichen Zusammenschluss mit umfasst. Deshalb enthält der Gesellschaftsvertrag regelmäßig nicht nur Bestimmungen über die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Gesellschafter, sondern er regelt auch die Organisation, die mitgliedschaftlichen Rechte auf Mitwirkung, Aufsicht und Unterrichtung, auf Teilnahme am Gewinn und am Verlust, auf das Auseinandersetzungsguthaben sowie die Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses.
9.5
Der stille Gesellschaftsvertrag ist zumindest ein einseitiges Handelsgeschäft, da der Geschäftsinhaber kraft des zwingend von ihm zu betreibenden Handelsgewerbes Kaufmann ist und der stille Beteiligungsvertrag wesensnotwendig einen Bezug zu diesem Handelsgewerbe hat (§ 343 Abs. 1 i.V.m. § 230 Abs. 1 HGB). Da der stille Gesellschafter
9.6
1 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 6.
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§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft
jedoch allein aufgrund seiner stillen Beteiligung an dem Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers noch nicht die Kaufmannseigenschaft i.S. der §§ 1 ff. HGB erwirbt, besteht ein beidseitiges Handelsgeschäft nur, wenn die stille Beteiligung zum Betrieb eines von dem stillen Gesellschafter selbst betriebenen Handelsgewerbes (zu den Anforderungen Rz. 6.4 ff.) gehört1. Selbst wenn der Stille Kaufmann ist, ist die stille Gesellschaft jedoch keine Handelsgesellschaft (vgl. den Titel des Zweiten Buchs des HGB).
9.7 Der Gesellschaftsvertrag, der seine rechtliche Grundlage in § 705 BGB hat, ist ein schuldrechtlicher Vertrag, aber kein gegenseitiger Vertrag i.S. der §§ 320 ff. BGB2. Wenn § 705 BGB den Inhalt des Gesellschaftsvertrags dahin umschreibt, dass sich die Gesellschafter „gegenseitig“ verpflichten, die Erreichung des gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten, so besagt das, dass aufgrund des Gesellschaftsvertrags jeder von dem anderen bestimmte Leistungen, die als „Beiträge“ bezeichnet werden, und darüber hinaus ein Verhalten verlangen kann, das die Erreichung des gemeinsamen Zwecks fördert. Das Wort „gegenseitig“ besagt aber nicht, dass jeder für sich Leistungen des anderen zu empfangen hätte, d.h. dass die Leistung des einen die Gegenleistung für die Leistung des anderen wäre. Der Gesellschaftsvertrag ist nicht auf einen Leistungsaustausch, sondern auf eine Leistungsvereinigung zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks gerichtet. Für den Austauschvertrag ist kennzeichnend, dass er erfüllt ist, wenn die gegenseitigen Leistungen erbracht sind, wohingegen die durch die Begründung einer stillen Gesellschaft geschaffene Organisation die Gesellschafter auch noch und erst recht verbindet, wenn die Beiträge geleistet sind. Was der einzelne Gesellschafter aus der Gesellschaft für sich erlangt, erlangt er nicht unmittelbar von seinem Mitgesellschafter, sondern in Gestalt seines Gewinnanteils aus dem Ertrag der gemeinsamen Tätigkeit.
9.8 Die §§ 320 ff. BGB sowie einzelne Regelungen des Besonderen Teils des Schuldrechts (z.B. §§ 434 ff., 446 f. BGB) können auf die stille Gesellschaft jedoch unter Umständen analog angewendet werden. Die stille Gesellschaft ist nämlich zumeist eine zweigliedrige Gesellschaft. Sie wird auch nur im Innenverhältnis in Vollzug gesetzt. Außerdem steht die typische stille Gesellschaft einem partiarischen Austauschverhältnis sehr nahe, weil der stille Gesellschafter seinen Beitrag leistet, um im Gegenzug am Gewinn des von dem Geschäftsinhaber zwingend zu betreibenden Handelsgewerbes beteiligt zu werden. Gerade bei der typischen zweigliedrigen stillen Gesellschaft sind mithin die Analogievoraussetzungen im Einzelfall genau zu prüfen3: 1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 123; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas, § 230 HGB Rz. 7. 2 So auch RG v. 5.4.1935 – II 327/34, RGZ 147, 340 (342); RG v. 27.9.1938 – I 36/38, RGZ 158, 321 (326); OLG München v. 28.7.2000 – 23 U 4359/99, BB 2000, 2120 (2121); Habermeier in Staudinger, Neubearb. 2003, § 706 BGB Rz. 16 ff.; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, § 705 BGB Rz. 155 ff.; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 121 (mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes, Rz. 116 ff.; anders noch Zutt in der Vorauflage); Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 6 Rz. 3 ff.; a.A. (allerdings mit starken Einschränkung bezüglich der Anwendbarkeit der §§ 320 ff. HGB) Grüneberg in Palandt, Einführung vor § 320 BGB Rz. 6; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 27 f.; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 9; offengelassen: BGH v. 19.12.2005 – II ZR 234/04, ZIP 2006, 279; differenzierend K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 157 f. 3 Für eine Differenzierung zwischen typischer und mehrgliedriger stiller Gesellschaft K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 158.
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§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft
Die zumindest bei der zweigliedrigen stillen Gesellschaft wertungsmäßig denkbare analoge Anwendung der Einrede des nichterfüllten Vertrags (§ 320 BGB analog) ist generell abzulehnen, weil sich der Betroffene bereits mit Hilfe des allgemeinen Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB hinreichend schützen kann und es damit an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz fehlt1. Im Verzugsfalle genügen die §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 ff. BGB und das Kündigungsrecht gemäß § 723 BGB i.V.m. § 234 HGB. Ein Lösungsrecht nach § 323 BGB besteht nicht2.
9.9
Wird dem stillen Gesellschafter die von ihm geschuldete Sacheinlage durch Umstände unmöglich, die weder er noch der Geschäftsinhaber zu vertreten hat, richtet sich der Gefahrübergang auf den Geschäftsinhaber nach §§ 446 f. BGB analog, da es an einer speziellen gesellschaftsrechtlichen Regelung in diesem Punkt fehlt und die kaufrechtlichen Vorschriften eine auch für die auf Leistungsvereinigung gerichteten Verträge eine angemessene Problemlösung enthalten. Trägt danach noch der stille Gesellschafter die Gefahr, bleibt zu prüfen, ob er damit nach dem Parteiwillen insgesamt von seiner Leistungspflicht gemäß § 275 BGB befreit sein und seine Ansprüche auf Einlagegutschrift und Gewinnbeteiligung nach § 326 Abs. 1 BGB analog verlieren sollte oder ob er statt der unmöglich gewordenen Sacheinlage zur Leistung eines entsprechenden Geldbetrags oder eines anderen tauglichen Surrogats verpflichtet ist, weil er nach dem Parteiwillen einen bestimmten Vermögenswert einlegen sollte und die unmöglich gewordene Leistung nur die in erster Linie vorgesehene Beitragsform war. Dies ist zunächst der Fall, wenn der stille Gesellschafter aufgrund des Untergangs der Sache einen Ersatz bzw. Ersatzanspruch erlangt und der Geschäftsinhaber dieses stellvertretende commodum verlangt (§ 285 BGB). Ferner ist dies regelmäßig anzunehmen, wenn auch der leistungspflichtige stille Gesellschafter ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Gesellschaft hat und daher bereit ist, statt seiner unmöglich gewordenen Leistung eine andere Sach- oder Geldleistung zu erbringen, deren Annahme dem Geschäftsinhaber zuzumuten ist. Das Kündigungsrecht des § 723 BGB bietet dem anderen Gesellschafter in jedem Fall einen ausreichenden Schutz seiner Interessen3. Die zur Auflösung ex nunc führende Kündigung hat zudem den Vorteil, dass es die Rückabwicklung einer bereits in Vollzug gesetzten Gesellschaft vermeidet und daher jedenfalls in diesen Fällen den Rücktritt nach § 326 Abs. 5 i.V.m. § 323 Abs. 1 BGB verdrängen4. Vereitelt die Unmöglichkeit einer zentralen Beitragsleistung des stillen Gesellschafters gar die Verfolgung des Gesellschaftszwecks, wird die Gesellschaft ohnehin nach § 726 BGB ipso iure aufgelöst. Hat der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten, kann der andere Gesellschafter nach den allgemeinen Grundsätzen des Schuldrechts einen Schadensersatzanspruch wegen Vertragsverletzung geltend machen (§§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB). Hat der stille Gesellschafter die Unmöglichkeit nach Maßgabe von § 708 BGB zu vertreten, ist er unter den weiteren Voraussetzungen (Schaden, Kausalität) zum Schadensersatz verpflichtet (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB)5. Hat hingegen der Geschäftsinhaber die Unmöglichkeit zu vertreten (auch hier gilt § 708 BGB), bleibt er nicht nur zur Gewinn-
9.10
1 Larenz, Schuldrecht II/2, § 60 I b m.w.N. 2 OLG München v. 28.7.2000 – 23 U 4359/99, BB 2000, 2120 (2121); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 161. 3 Hierzu Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 71 m.w.N. 4 RG v. 11.2.1913 – II 461/12, RGZ 81, 303 (305 ff.); RG v. 16.1.1917 – II 345/16, RGZ 89, 333 ff.; RG v. 5.1.1926 – II 153/24, RGZ 112, 280 (283); vgl. auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 70. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 160.
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beteiligung des Stillen verpflichtet (§ 326 Abs. 2 BGB analog), der stille Gesellschafter kann auch aus wichtigem Grunde fristlos kündigen (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB) und Schadensersatz verlangen (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB).
9.11 Bei Sach- und Rechtsmängeln einer von dem stillen Gesellschafter quoad dominium bzw. quoad usum eingebrachten Sache können prinzipiell die Sach- und Rechtsmängelgewährleistungsvorschriften des Kauf- bzw. Mietrechts entsprechend zur Anwendung gelangen (dazu Rz. 7.56 f.). Dies gilt auch deshalb, weil mit dem im Kaufrecht seit 2002 primär zu beschreitenden Weg der Nacherfüllung (§ 439 BGB) nunmehr auch ein im Gesellschaftsrecht passender Rechtsbehelf besteht. Im Übrigen sollte der Rücktritt (Wandelung) nur bei sehr erheblichen Mängeln in Betracht kommen, wobei dann die mangelhafte Sache zurückzugeben und an ihrer Stelle der Wert der mangelfreien Sache einzubringen ist. Im Falle der Minderung findet keine relative Herabsetzung der Einlagegutschrift statt; vielmehr ist der Minderwert durch eine zusätzliche Geldeinlage auszugleichen (dazu auch schon Rz. 7.56). Es gelten die Verjährungsfristen bei der Gewährleistung nach Kaufrecht (§ 438 BGB analog), nach dem sich auch der Gefahrübergang bestimmt (§ 446 BGB analog)1. Hat der Stille handelbare bewegliche Sachen (Waren) zu Eigentum eingebracht, sollte den Geschäftsinhaber zudem die Rügeobliegenheit nach § 377 Abs. 1 HGB analog treffen, sofern auch der stille Gesellschafter Kaufmann ist – er ist es noch nicht allein aufgrund der stillen Beteiligung an dem Handelsgewerbe des anderen – und er den stillen Gesellschaftsvertrag für die Zwecke seines eigenen Handelsgewerbes abgeschlossen hat. 4. Abschluss des Gesellschaftsvertrags a) Beteiligte aa) Grundkonstellation
9.12 Die Grundkonstellation bildet der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags durch zwei voll geschäftsfähige natürliche Personen als Parteien einer zweigliedrigen Gesellschaft (zum Grundsatz der Zweigliedrigkeit Rz. 6.55). Diese können den Vertrag selbst und allein, d.h. ohne die Mitwirkung von gesetzlichen bzw. organschaftlichen Vertretern (Rz. 9.40 ff. bzw. Rz. 9.58 ff.) und/oder von (weiteren) Gesellschaftern (Rz. 9.58 ff.) wirksam abschließen, wobei es ihnen aber auch freisteht, bevollmächtigte Stellvertreter einzuschalten (dazu Rz. 9.55 ff.). Der Vertrag über eine derartige zweigliedrige Gesellschaft kommt dann grundsätzlich nach den allgemeinen Regelungen der §§ 145 ff. BGB und allenfalls der rechtsgeschäftlichen Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB, §§ 48 ff. HGB) zustande.
9.13–9.17 frei bb) Besondere Konstellationen
9.18 Besondere Konstellationen des Vertragsschlusses bestehen zunächst beim Abschluss durch Stellvertreter. So werden Geschäftsunfähige als Partei eines stillen Gesellschaftsvertrages durch ihre gesetzlichen Vertreter repräsentiert (dazu Rz. 9.40). Min1 Schäfer in MünchKomm/BGB, § 706 BGB Rz. 24 ff.; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 162: Vorrang des Gesellschaftsrechts.
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derjährige über sieben Jahre (dazu Rz. 9.41 ff.) und Betreute unter Einwilligungsvorbehalt (dazu Rz. 9.44) können den Gesellschaftsvertrag zwar selbst schließen, bedürfen hierfür aber der Zustimmung (Einwilligung oder Genehmigung) ihres gesetzlichen Vertreters. Eine besondere Situation entsteht zudem vor allem dadurch, dass die im rechtsgeschäftlichen Verkehr verselbständigten Gesellschaften (Körperschaften, Personenhandelsgesellschaften, Außengesellschaften bürgerlichen Rechts, ggf. Erbengemeinschaften) als solche nicht rechtsgeschäftlich handeln können, sondern durch ihre Organe (dazu Rz. 9.58 ff.) oder durch bevollmächtigte Personen (dazu Rz. 9.55 f.) vertreten werden müssen. Auch voll geschäftsfähige natürliche Personen können schließlich einen Dritten mit der rechtsgeschäftlichen Vertretung beim Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags betrauen. In den Fällen der Testamentsvollstreckung, Nachlasspflegschaft und Insolvenzverwaltung können durch den Amtsvertreter hingegen keine stillen Gesellschaftsverträge abgeschlossen werden (Rz. 9.54). Im Übrigen kommt der Vertrag unter Mitwirkung des im fremden Namen eine eigene Willenserklärung abgebenden Vertreters bzw. seine Zustimmung erteilenden gesetzlichen Vertreters nicht allein nach den allgemeinen Regelungen der §§ 145 ff. BGB, sondern auch den allgemeinen (§§ 164 ff. BGB) und besonderen (teilweise familien-, handels- und gesellschaftsrechtlichen) Regeln der gesetzlichen, organschaftlichen und rechtsgeschäftlichen Stellvertretung zustande (dazu näher Rz. 9.35 ff.). Eine zweite besondere Situation entsteht, wenn mehrere stille Gesellschafter abweichend vom Grundsatz der Zweigliedrigkeit (dazu Rz. 6.55) gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber eine stille Gesellschaft bilden (sog. mehrgliedrige stille Gesellschaft). Das ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn sich mehrere stille Gesellschafter jeweils gesondert und sei es auch zur gleichen Zeit mit dem einen Geschäftsinhaber zu mehreren zweigliedrigen stillen Gesellschaften zusammenschließen (zur Mehrheit von sog. unverbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften Rz. 6.55 f.). Dies gilt auch, wenn sich die mehreren stillen Gesellschafter untereinander koordinieren (zur Mehrheit von sog. verbunden zweigliedrigen stillen Gesellschaften Rz. 6.57 ff.) oder eine von ihnen gegründete Gesellschaft zwischenschalten, die den zweigliedrigen stillen Gesellschaftsvertrag dann mit dem Geschäftsinhaber durch einen Stellvertreter abschließt (dazu Rz. 6.62; zur Stellvertretung von Gesellschaften Rz. 9.58 ff.) oder wenn der stille Gesellschafter eines zweigliedrigen stillen Gesellschaftsvertrages einen anderen an seiner stillen Beteiligung unterbeteiligt (dazu Rz. 6.63). Von einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft kann daher nur die Rede sein, wenn sich mehrere stille Gesellschafter durch einen einzigen Gesellschaftsvertrag koordiniert und durch ein einigendes gesellschaftsrechtliches Band mit dem Geschäftsinhaber verbunden an dessen Handelsgewerbe beteiligen (dazu Rz. 6.61)1. Der entsprechende Vertragsschluss muss nicht gemeinschaftlich am selben Ort und zur selben Zeit erfolgen, sodass auch ein Umlaufverfahren möglich ist bzw. der Qualifikation als mehrgliedrige Gesellschaft nicht entgegensteht. Möglich ist zudem die notwendige oder freiwillige Einschaltung von Stellvertretern (dazu Rz. 9.35 ff.). Die Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter erfolgt nach personengesellschaftlichen Regeln durch Vertrag mit dem
1 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 Rz. 27; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (179); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 83 f.; a.A. RG v. 1.2.1890 – I 304/89, RGZ 25, 41 (45) und Reuter, NJW 1984, 1849 (1851); ausführlich zum früheren Streitstand Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rz. 23 f.
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Geschäftsinhaber und allen anderen Stillen1. Eine Bevollmächtigung des Geschäftsinhabers bzw. seiner Organe zum Abschluss von Aufnahmeverträgen ist jedoch möglich (näher zur stillen Publikumsgesellschaft § 19)2. b) Vorvertrag
9.20 Der Inhalt eines erst künftig abzuschließenden Gesellschaftsvertrags kann in einem Vorvertrag, für dessen Formbedürftigkeit die gleichen Vorschriften wie für den Gesellschaftsvertrag selbst gelten, festgelegt werden. Er gibt den Beteiligten einen klagbaren Anspruch auf Abschluss des Gesellschaftsvertrags. c) Konsensbildung
9.21 Für den Austausch der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärungen der Parteien bzw. ihrer Stellvertreter gelten die allgemeinen Regelungen der §§ 145 ff. BGB. Die Lehre vom kaufmännischen Bestätigungsschreiben ist in ihrer herkömmlichen Lesart nur anwendbar, wenn auch der stille Gesellschafter kraft Betriebs eines anderweitigen Handelsgewerbes oder kraft Gesellschaftsform Kaufmann ist3. Die Willenserklärungen müssen zumindest in allen objektiv wesentlichen Vertragspunkten übereinstimmen (zu den sog. essentialia negotii Rz. 9.3, 10.2). Solange sich die Beteiligten zudem nicht über alle subjektiv wesentlichen Vertragspunkte, d.h. diejenigen Punkte geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur eines Partners eine Vereinbarung getroffen werden sollte, ist der Gesellschaftsvertrag im Zweifel ebenfalls nicht zustande gekommen (§ 154 Abs. 1 BGB). Eine Einigung nur über die objektiv wesentlichen Punkte genügt regelmäßig nicht, es sei denn, dass für die übrigen Punkte die gesetzliche Regelung vereinbart oder Feststellung durch ein Schiedsgericht, einen Dritten oder einen Gesellschafter vorgesehen ist (§§ 315 ff., 319 BGB). Allerdings ist in Anlehnung an die Lehre von der Gesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage ein jederzeit kündbarer vorläufiger Gesellschaftsvertrag anzunehmen, wenn die Gesellschafter in Kenntnis des unvollständigen Gesellschaftsvertrags die Errichtung der Gesellschaft geplant und sich mit der Aufnahme der Tätigkeit vor einer vollständigen Vereinbarung einverstanden erklärt haben4. Bei fehlerhafter Vertragsgrundlage muss auch in diesem Fall nur nach § 723 BGB gekündigt werden, da die stille Gesellschaft selbst dann keine Handelsgesellschaft ist, wenn auch der stille Gesellschafter kraft Betriebs eines anderweitigen Handelsgewerbes oder kraft Gesellschaftsform Kaufmann sein sollte, sodass § 133 HGB (Notwendigkeit der Auflösungsklage) nicht zum Tragen kommt. 1 Zum Ganzen Florstedt, Der „stille Verband“, S. 30 ff.; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 80 ff. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 84 a.E. 3 Die Lehre vom kaufmännischen Bestätigungsschreiben beruht auf Handelsbräuchen, die nach § 346 HGB („unter Kaufleuten“) nur für beidseitige Handelsgeschäfte gelten. Zu erwägen ist allerdings noch eine analoge Anwendung, wenn der stille Gesellschafter z.B. aufgrund des Betriebs eines freiberuflichen Unternehmens über eine einem Kaufmann vergleichbare Geschäftserfahrung verfügt, sodass die Kenntnis der entsprechenden Handelsbräuche erwartet werden kann (dazu Jung, Handelsrecht, Kap. 9 Rz. 19 m.w.N.). 4 Vgl. dazu allg. BGH v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190 (192); vgl. dazu auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 3 sowie ausführlich Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas, § 230 HGB Rz. 18 ff.
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Liegt ein versteckter Einigungsmangel vor, so gilt gemäß § 155 BGB das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über den Punkt, über den in Wirklichkeit keine Einigung besteht, geschlossen sein würde. Das wird regelmäßig angenommen werden können, wenn die Beteiligten den gemeinsamen Zweck in der vorgesehenen Weise verfolgen. Die tatsächliche Durchführung des Vertrags kann dann dahingehend ausgelegt werden, dass er nach dem Willen der Parteien im Übrigen Gültigkeit haben soll.
9.22
d) Zeitpunkt des Wirksamwerdens Grundsätzlich wird der Gesellschaftsvertrag im Zeitpunkt des Zugangs (siehe zum Zugang unter Abwesenden § 130 BGB) der letzten für sein Zustandekommen erforderlichen Willenserklärung wirksam. Eine gesetzliche Ausnahme bildet die stille Gesellschaft an einer Aktiengesellschaft, welche als Unternehmensvertrag erst mit der Zustimmung der Hauptversammlung und der konstitutiven Eintragung in das Handelsregister wirksam wird (§§ 293 Abs. 1 Satz 1, 294 Abs. 2 AktG). Außerdem kann durch Parteivereinbarung eine Befristung (künftiges gewisses Ereignis) oder aufschiebende Bedingung (künftiges ungewisses Ereignis) für das Inkrafttreten des Gesellschaftsvertrags vorgesehen werden1. So kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass der persönlich haftende Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft zugunsten seiner Kinder eine stille Beteiligung eingeht, die mit seinem Tode wirksam werden soll (Befristung), wobei als Einlage der künftigen stillen Gesellschafter das gelten soll, was dem Ausgeschiedenen als Abfindung zugekommen wäre. Vereinbarungen, dass der Gesellschaftsvertrag rückwirkend ab einem bestimmten, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt Gültigkeit haben soll, sind handelsrechtlich zulässig2. Steuerlich werden sie jedoch – soweit spezialgesetzlich nichts anderes bestimmt ist – nicht anerkannt (Rz. 20.12)3.
9.23
5. Mängel des Gesellschaftsvertrags a) Formmängel aa) Formerfordernisse Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags ist grundsätzlich formfrei möglich. Er kann daher auch stillschweigend durch schlüssiges Handeln zustande kommen4. Es empfiehlt sich jedoch in jedem Falle aus Gründen der Beweissicherung, den Vertrag zumindest privatschriftlich abzufassen, um zudem von vornherein Meinungsverschiedenheiten über seinen Inhalt soweit wie nur irgend möglich auszuschließen. Der Einhaltung einer bestimmten Form bedarf es nur ausnahmsweise aufgrund spezieller Vorschriften: 1 Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 40; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 20; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 124. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 119. 3 BFH v. 5.3.1981 – IV R 150/76, BFHE 132, 563; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 119. 4 BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, OLGE 38, 195 (196) = NJW 1951, 237 (238); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 79; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 10; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 95; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 18.
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(1) Grundstücksbezogene Verpflichtungen
9.25 Nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf die Verpflichtung zur Übertragung und zum Erwerb von Grundstücken der notariellen Beurkundung. Verpflichtet sich etwa der stille Gesellschafter zur Übertragung eines Grundstücks in das Vermögen des Geschäftsinhabers oder der Geschäftsinhaber zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück an den stillen Gesellschafter nach Auflösung der Gesellschaft, so bedarf daher der Vertrag der notariellen Beurkundung. Sind der Inhaber und der stille Gesellschafter Miteigentümer eines zum Betriebsvermögen gehörenden Grundstücks und soll für den Fall der Auflösung der Gesellschaft der Anteil des einen an den das Handelsgeschäft weiterführenden Gesellschafter übertragen werden, so ist auch hier die Formvorschrift des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB zu beachten. Die Einhaltung der gleichen Form ist erforderlich, wenn der Gesellschaftsvertrag die schuldrechtliche Verpflichtung zur Veräußerung von Grundstücken an Dritte enthält. Der Formmangel wird geheilt, wenn die in den Formvorschriften vorgesehenen Handlungen vorgenommen werden (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB).
9.26 Keiner Beurkundung bedarf der Gesellschaftsvertrag hingegen aufgrund der bloßen Tatsache, dass sich im Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers ein Grundstück befindet, weil durch die Errichtung der stillen Gesellschaft die Rechtszuständigkeit des Inhabers keine Änderung erfährt, insbesondere kein Gesamthandsvermögen entsteht1. Die notarielle Beurkundung ist grundsätzlich2 auch entbehrlich, wenn sich ein Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag bloß zur Belastung eines Grundstücks verpflichtet, weil diese Verpflichtung weder von § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB3 noch von § 873 Abs. 2 BGB4 erfasst wird. Verpflichtet sich der stille Gesellschafter nur zur Gebrauchsüberlassung (Rz. 7.31 f. f.) oder zur Einbringung quoad sortem (Rz. 7.36 f.) eines in seinem Alleineigentum stehenden Grundstücks, so ist § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB mangels einer Eigentumsübertragung nicht anwendbar. Etwas anderes gilt dagegen, wenn sich der stille Gesellschafter verpflichtet, das Eigentum an dem zunächst nur zur Benutzung überlassenen Grundstück auf den Inhaber zu übertragen, wenn das Geschäft eine Reihe von Jahren ohne Verlust gearbeitet hat. Hier ist § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB wiederum einschlägig. (2) Schenkungsversprechen und Verfügungen von Todes wegen
9.27 Schenkungsversprechen bedürfen gemäß § 518 Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung. So ist auch nach umstrittener Ansicht insbesondere des BGH ein Vertrag, in dem der Inhaber dem stillen Gesellschafter einen Teil seines eigenen Kapitalkontos zur Bewirkung der Vermögenseinlage schenkungsweise überlässt, nur mit notarieller
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 125; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 10. 2 Ausnahmen bilden die Verpflichtung zur Bestellung eines Erbbaurechts (§ 11 Abs. 2 ErbbauRG) und eines dinglichen Vorkaufsrechts (dazu nur Grüneberg in Palandt, § 311b BGB Rz. 11). 3 Siehe nur Grüneberg in Palandt, § 311b BGB Rz. 7. 4 § 873 Abs. 2 BGB betrifft nur die dingliche Verfügung und auch insoweit ist die Beurkundung der dinglichen Einigung oder die Abgabe der Erklärungen vor dem Grundbuchamt oder deren Einreichung beim Grundbuchamt oder die Aushändigung einer entsprechenden Eintragungsbewilligung durch den Berechtigten nur erforderlich, damit eine Bindung an die dingliche Einigung gegeben ist.
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Beurkundung wirksam, weil diese sog. schenkweise Einbuchung nicht als ein den Formmangel heilender Vollzug angesehen werden könne (dazu eingehend und kritisch Rz. 7.18 ff.)1. In solchen Fällen ist jedoch regelmäßig zu prüfen, ob nicht eine formlos gültige Ausstattung i.S. von § 1624 BGB vorliegt. Wenn die stille Beteiligung durch letztwillige Verfügung zugewendet wird, hat der Begünstigte nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Einräumung der stillen Beteiligung. Im Rahmen der Erfüllung dieses Anspruchs bedarf die Vermögenszuwendung grundsätzlich nur dann der Beurkundung, wenn gleichzeitig nebenher eine schenkweise Übertragung erfolgt2. (3) Sonstige bedeutsame Formerfordernisse Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags ist weiterhin notwendig, wenn sich der stille Gesellschafter zur Einbringung seines gegenwärtigen Vermögens oder eines Bruchteils seines gegenwärtigen Vermögens (§ 311b Abs. 3 BGB) oder zur Abtretung eines GmbH-Anteils verpflichtet (§ 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG). Auch bei der Abtretung eines GmbH-Anteils wird der Formverstoß durch Vollzug geheilt (§ 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG)3, der aber seinerseits notarieller Form bedarf (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Ein Schriftformerfordernis besteht zudem unabhängig von seinem konkreten Inhalt für den stillen Gesellschaftsvertrag mit einer AG oder KGaA nach § 293 Abs. 3 AktG (zur Qualifikation der stillen Gesellschaft als Unternehmensvertrag i.S. der §§ 291 ff. AktG näher Rz. 8.18 ff.).
9.28
bb) Rechtsfolgen von Formmängeln Ist die vorgeschriebene Form nicht beachtet und der Formmangel nicht geheilt worden, so ist im Zweifel der ganze Gesellschaftsvertrag fehlerhaft (Rz. 11.2 ff.). Bei der Wichtigkeit, die den formgeschützten Verträgen im Allgemeinen zukommt, wird man in der Regel davon ausgehen müssen, dass der Gesellschaftsvertrag ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden wäre (§ 139 BGB; siehe dazu auch Rz. 11.2 ff.). Um Zweifeln nach Möglichkeit aus dem Wege zu gehen, empfiehlt es sich, in den Gesellschaftsvertrag eine salvatorische Erhaltungsklausel des Inhalts aufzunehmen, dass seine Wirksamkeit im Falle der Nichtigkeit einzelner (ggf. bestimmt bezeichneter) Bestimmungen im Übrigen nicht berührt werden soll4. Eine solche Klausel stellt eine wirksame Abbedingung der dispositiven Regelung des § 139 BGB dar. Sie schließt die Gesamtnichtigkeit zwar nicht definitiv aus, führt aber zu einer Umkehrung der Vermutung des § 139 BGB in ihr Gegenteil, sodass die Nichtigkeit des gesamten Vertrags nur dann eintritt, wenn die Aufrechterhaltung des Rechtsgeschäfts im Einzelfall von dem durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Parteiwillen nicht mehr getragen wird5.
1 BGH v. 29.10.1952 – II ZR 16/52, BGHZ 7, 378 (380); BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (179) = DB 1952, 947; bestätigt durch BGH v. 6.3.1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685 = DB 1967, 1258; OLG Düsseldorf v. 17.12.1998 – 6 U 193/97, NZG 1999, 652; BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558 (563). 2 Petzoldt, NWB Fach 18, S. 2975 (2979) m.w.N. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 96. 4 Vgl. dazu auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 22. 5 BGH v. 15.3.2010 – II ZR 84/09, NJW 2010, 1660.
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b) Willensmängel
9.30 Das Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrags kann schließlich durch Willensmängel vereitelt werden. Ist die Beitrittserklärung eines Gesellschafters wegen Geschäftsunfähigkeit oder beschränkter Geschäftsfähigkeit (§§ 104 bis 113 BGB) oder aus einem anderen Grunde (§§ 116 bis 118 BGB) nichtig, so hat das regelmäßig die Fehlerhaftigkeit des Gesellschaftsvertrags zur Folge. Ferner können die Parteien ihre Willenserklärungen wegen Irrtums (§§ 119 bis 122 BGB) oder wegen arglistiger Täuschung bzw. Drohung (§ 123 BGB) mit Wirkung ex tunc (§§ 142 f. BGB) anfechten. In sämtlichen Fällen greifen dann die von der Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft ein (Rz. 11.2 ff.). c) Inhaltsmängel aa) Verstöße gegen zwingende Vorschriften des Gesellschaftsrechts
9.31 Die gesellschaftsvertraglichen Regelungen sind zunächst aus inhaltlichen Gründen unwirksam, wenn sie gegen zwingende gesellschaftsrechtliche Bestimmungen verstoßen (§ 134 BGB). Das Gesetzesrecht der stillen Gesellschaft ist jedoch weitgehend dispositiv. Außerdem führt die Missachtung der zwingenden Wesensmerkmale der stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB (Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks durch Beitragsleistung nach § 230 Abs. 1 HGB i.V.m. § 705 BGB, Beteiligung an einem nach § 230 Abs. 1 Betrieb eines Handelsgewerbes durch den Geschäftsinhaber, Gewinnbeteiligung des Stillen nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages, sondern nur zur Umqualifikation des Vertrags als partiarisches Austauschverhältnis bzw. BGB-Gesellschaft. Neben etwaigen auch den Gesellschaftsvertrag berührenden Formvorschriften (dazu Rz. 9.25 ff.) sind nur die ohnehin beschränkten Informations- und Kontrollrechte des stillen Gesellschafters nach §§ 233, 235 Abs. 3 HGB (näher Rz. 12.43 ff.) und das Kündigungsrecht (vgl. § 723 Abs. 3 BGB; näher Rz. 15.20 ff.) generell zwingend. Die stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft ist zudem als Unternehmensvertrag nur wirksam, wenn die Hauptversammlung der schriftlichen Vereinbarung auf der Grundlage eines geprüften Berichts zustimmt und der Vertrag in das Handelsregister eingetragen wird (§§ 293 ff. AktG; dazu Rz. 8.18 ff.). bb) Verstöße gegen die guten Sitten
9.32 Der stille Gesellschaftsvertrag ist zudem nichtig, wenn er den guten Sitten zuwiderläuft (§ 138 BGB). Eine inhaltliche Grenze der Vertragsfreiheit bildet daher etwa die sittenwidrige Knebelung eines Gesellschafters durch den Ausschluss der Gewinnbeteiligung des Geschäftsinhabers (für den Stillen vgl. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB) bei Fortbestand der Verlusttragung1 oder bei übermäßigen Einschränkungen des Kündigungsrechts des Stillen („Einmauerungsverbot“). Da im Falle der Sittenwidrigkeit gewichtige Interessen der Allgemeinheit berührt sind, sind zumindest die einzelnen Klauseln und unter Umständen der gesamte Vertrag von Anfang an nichtig (zur Teilnichtigkeit und salvatorischen Klauseln siehe Rz. 9.29). Die Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft kommt bei Sittenwidrigkeit nicht in Betracht (dazu näher Rz. 11.19 ff.).
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 40.
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cc) Verstöße gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Handelt es sich bei dem stillen Gesellschaftsvertrag oder seinen Anhängen um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S. des § 305 Abs. 1 BGB, stellt sich die Frage der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB. Zwar sind nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB Gesellschaftsverträge vom Anwendungsbereich der Vorschriften über die Einbeziehungs-, Auslegungs- und Inhaltskontrolle von AGB ausdrücklich ausgenommen, doch ist die Geltung von § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB für die stille Gesellschaft umstritten. So wird bisweilen gleichwohl von einer prinzipiellen Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB ausgegangen, wenn wie bei der typischen stillen Gesellschaft das schuldrechtliche Element überwiegt und eine Verwandtschaft zum partiarischen Darlehen gegeben ist1. Der Begriff „Gesellschaftsrecht“ des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB ist jedoch weit zu verstehen und daher auch auf die stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB anwendbar2. Auch eine teleologische Reduktion der Vorschrift kommt weder hinsichtlich der typischen noch gar der atypischen stillen Gesellschaft in Betracht, da es sich bei dem Gesellschaftsvertrag auch bei typischer Ausgestaltung nicht um einen reinen Austauschvertrag handelt. Außerdem unterliegen die von einem Geschäftsinhaber für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit stillen Gesellschaftern vorformulierten Vertragsbedingungen insbesondere nach §§ 242 und 315 BGB sowie §§ 134 und 138 BGB einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie AGB3. Dadurch werden die Unanwendbarkeit des AGB-Rechts kompensiert und die stillen Gesellschafter hinreichend geschützt4. Zwar können von der Gegenansicht Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen partiarischem Austauschvertrag und typischem stillem Gesellschaftsvertrag ins Feld geführt werden5, doch bestehen solche Abgrenzungsschwierigkeiten auch bei einer Differenzierung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften.
9.33
6. Widerruf des Gesellschaftsvertrags Wenn dem stillen Gesellschafter beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags die Eigenschaft eines Verbrauchers zukommt, kann ihm bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen unter den allgemeinen Voraussetzungen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB6 zustehen (§ 312g Abs. 1 i.V.m. §§ 312b, 312c BGB)7. Ein für die Anwendbarkeit dieser Widerrufsrechte nach § 312 1 Harry Schmidt, ZHR 159 (1995), 734 (744); Hubert Schmidt in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht, § 310 BGB Abs. 4 Rz. 11 (insbesondere bei Einschränkung von Zustimmungsrechten des stillen Gesellschafters); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 124; Ulmer/ Schäfer in Ulmer/Brandner/Hensen, § 310 BGB Rz. 128 f. 2 So auch etwa BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847 (1849); KG v. 17.2.2004 – 14 U 334/02, KGR Berlin 2004, 477. 3 BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, ZIP 2004, 2095. 4 BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270 (1271); BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, ZIP 1994, 1847 (1849); OLG Hamburg v. 22.12.1993 – 5 U 149/93, WM 1994, 499; LG Koblenz v. 14.1.1982 – 2 HO 207/81, ZIP 1982, 165; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 10; Goette, DStR 1995, 108; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 136; teilweise ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 125. 5 So etwa K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 124. 6 Zum Widerrufsrecht nach Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU) in das deutsche Recht Wendehorst, NJW 2014, 577 ff. 7 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, DB 2005, 332; KG v. 17.2.2004 – 14 U 334/02, KGR Berlin 2004, 477.
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Abs. 1 BGB erforderliches entgeltliches Geschäft liegt aber nur dann vor, wenn bei der stillen Beteiligung nicht die Mitgliedschaft in der Innengesellschaft, sondern die Kapitalanlage im Vordergrund steht (näher Rz. 19.59 ff.)1. Für die Rückabwicklung nach Widerruf finden die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung (dazu Rz. 11.2 ff.)2. Die Widerrufsbelehrung hat auch einen Hinweis darauf zu enthalten, dass im Falle des Widerrufs die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft zur Anwendung gelangen3.
II. Besonderheiten der Errichtung durch Vertreter 1. Allgemeine Probleme des Vertragsschlusses durch Stellvertreter a) Missbrauch der handelsrechtlichen Vertretungsmacht
9.35 Der aus Gründen des Verkehrsschutzes typisierte Umfang der organschaftlichen Vertretungsmacht (§ 126 HGB, § 82 AktG, § 37 GmbHG, § 27 GenG, § 7 Abs. 3 PartGG) und der handelsrechtlichen Vollmachten (§§ 49 f., 54 HGB) kann in der Person des Vertreters zu einer Diskrepanz zwischen gesetzlichem Können im Außenverhältnis und vertraglich geregeltem Dürfen im Innenverhältnis führen. Bei internen Beschränkungen der Vertretungsmacht besteht dann eine nicht unerhebliche Missbrauchsgefahr, welche sich auch auf die Wirksamkeit des Abschlusses von stillen Gesellschaftsverträgen auswirken kann.
9.36 Zwar können die intern zwischen Einzelkaufmann bzw. Gesellschaft und Vertreter festgelegten Grenzen nach den genannten Vorschriften einem Dritten im Außenverhältnis grundsätzlich nicht entgegengehalten werden, so dass der stille Gesellschaftsvertrag in der Regel auch dann wirksam ist, wenn der Vertreter hierzu im Innenverhältnis nicht befugt war, da der zwingend definierte Umfang der Vertretungsmacht eines organschaftlichen Vertreters oder eines Prokuristen bzw. Handlungsbevollmächtigten das entsprechende Geschäft grundsätzlich deckt (dazu näher Rz. 9.55 ff.). Die wichtigste gesetzlich anerkannte Ausnahme von diesem Grundsatz bildet die Gesamtvertretung, welche auch dann, wenn sie nicht die dispositive gesetzliche Regel darstellt (vgl. § 78 Abs. 2 Satz 1 AktG, § 35 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, § 25 Abs. 1 Satz 1 GenG), von den Parteien vereinbart werden kann (§ 125 Abs. 2 Satz 1 HGB, § 7 Abs. 3 PartGG, § 278 Abs. 2 i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 2 Satz 1 HGB). Die Möglichkeit, die Vertretungsmacht eines Prokuristen auf den Wirkungskreis der Hauptniederlassung oder einer Zweigniederlassung zu beschränken (sog. Filialprokura nach § 50 Abs. 3 HGB), so dass dieser dann auch eine stille Beteiligung vertretungsweise nur an der betreffenden Niederlassung einräumen könnte, spielt demgegenüber eine untergeordnete Rolle.
9.37 Andere einschränkende Vereinbarungen sind grundsätzlich nur im Innenverhältnis zwischen Vertreter und Prinzipal von Bedeutung. Ein Dritter muss sie nur dann aus-
1 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 17; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 27. 2 BGH v. 18.3.2014 – II ZR 119/13, NJW 2014, 2022; a.A. OLG Jena v. 26.2.2003 – 4 U 786/02, ZIP 2003, 1444 (1446 ff.). 3 BGH v. 18.3.2014 – II ZR 119/13, NJW 2014, 2022.
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nahmsweise gegen sich gelten lassen, wenn es sich um einen offensichtlichen Missbrauch der Vertretungsmacht handelt. Nach teilweise vertretener Ansicht ist ein Missbrauch der Vertretungsmacht entsprechend dem Wortsinn nur dann gegeben, wenn sich der Vertreter der Pflichtwidrigkeit seines Handelns bewusst ist1. Richtigerweise sollte es jedoch nicht auf die einem Erklärungsgegner nicht erkennbare innere Einstellung des Vertreters, sondern allein auf die objektive Pflichtwidrigkeit und die Bösgläubigkeit des Dritten ankommen2. Danach muss sich die Berufung des Partners des stillen Gesellschaftsvertrages auf die Vertretungsmacht im konkreten Fall wegen seiner Bösgläubigkeit als ein Verstoß gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben darstellen (§§ 138 und 242 BGB). Dies ist zunächst bei einem arglistigen Zusammenwirken zwischen Vertreter und Geschäftspartner zum Nachteil des Prinzipals (sog. Kollusion) und bei positiver Kenntnis des Geschäftspartners vom Missbrauch der Vertretungsmacht gegeben. Außerdem kann sich der Partner eines stillen Gesellschaftsvertrages auch dann nicht auf die Vertretungsmacht berufen, wenn er von den im Innenverhältnis bestehenden Grenzen der Vertretungsmacht zwar keine Kenntnis hatte, seine Unkenntnis jedoch auch grober Fahrlässigkeit beruhte, weil der Missbrauch offensichtlich zu Tage trat (sog. Evidenztheorie)3. Erforderlich sind daher massive Verdachtsmomente für einen Missbrauch4. Anderenfalls würde der von §§ 49 f., 54, 126 HGB, § 82 AktG, § 37 GmbHG, § 27 GenG und § 7 Abs. 3 PartGG bezweckte Verkehrsschutz zu sehr unterlaufen. Handelt der Vertreter ersichtlich und objektiv zum Nachteil des Prinzipals, so ist dies ein Indiz dafür, dass sich der Missbrauch dem Geschäftspartner hat aufdrängen müssen5. Die Rechtsfolgen eines Missbrauchs der Vertretungsmacht sind umstritten. Nach einer Auffassung handelt der Vertreter zwar im Außenverhältnis mit Vertretungsmacht, doch kann der Prinzipal dem Geschäftspartner, der sich auf die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags beruft und etwa einen vertraglichen Erfüllungsanspruch geltend macht, den Einwand der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB bei Kollusion) bzw. des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB bei Kenntnis oder Evidenz) entgegenhalten6. Teilweise wird dieser Einwand als Einrede betrachtet7, so dass der entsprechende Anspruch des Geschäftspartners nur dann nicht durchsetzbar ist, wenn der Vertretene, dem damit im Ergebnis nach Art von § 177 Abs. 1 BGB ein Wahlrecht zusteht, die Einrede erhebt. Nach allgemeiner Dogmatik müsste der Einwand des Rechtsmissbrauchs bzw. der Sittenwidrigkeit jedoch von Amts wegen beachtet werden. Nach h.L. steht das missbräuchliche Vertreterhandeln hingegen einem Handeln ohne Vertretungsmacht
1 So für den Missbrauch der Prokura BGH v. 3.10.1989 – XI ZR 154/88, NJW 1990, 384 (385); Canaris, Handelsrecht, § 12 Rz. 37. 2 So auch für die einfache rechtsgeschäftliche Vollmacht BGH v. 18.5.1988 – IVa ZR 59/87, NJW 1988, 3012 (3013) und für die organschaftliche Vertretungsmacht BGH v. 14.3.1988 – II ZR 211/87, NJW 1988, 2241 (2243) sowie für die Prokura K. Schmidt, Handelsrecht, § 16 Rz. 73. 3 Siehe dazu generell für Fälle des Missbrauchs nur BGH v. 25.10.1994 – XI ZR 239/93, BGHZ 127, 239 (241) und BGH v. 29.6.1999 – XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883 f.; sich hingegen sogar mit einer den gebotenen Verkehrsschutz missachtenden einfachen Fahrlässigkeit begnügend BGH v. 25.3.1968 – II ZR 208/64, BGHZ 50, 112 (114). 4 Vgl. dazu den Fall BGH v. 29.6.1999 – XI ZR 277/98, NJW 1999, 2883 f. 5 Vgl. für einen GmbH-Geschäftsführer BGH v. 19.6.2006 – II ZR 337/05, ZIP 2006, 1391. 6 So etwa BGH v. 25.3.1968 – II ZR 208/64, BGHZ 50, 112 (114 f.). 7 Löhnig, Treuhand, S. 655.
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gleich. Die Rechtsfolgen des Vertreterhandelns bestimmen sich nach dieser Ansicht mithin in Analogie zu den §§ 177 ff. BGB1. b) Insichgeschäfte
9.39 Nach § 181 BGB kann ein Vertreter grundsätzlich kein Rechtsgeschäft im Namen des Prinzipals mit sich im eigenen Namen (sog. Selbstkontrahieren) oder mit sich als Vertreter eines Dritten (sog. Doppelvertretung) vornehmen (zur besonderen Problematik von Insichgeschäften eines gesetzlichen Vertreters siehe noch Rz. 9.45). Die Vorschrift findet analoge Anwendung auf vergleichbare Interessenkonflikte2. So gilt § 181 BGB auch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 GmbHG für die Rechtsgeschäfte des Alleingesellschaftergeschäftsführers einer GmbH, was wiederum in Analogie auch ohne eigene gesetzliche Regelung für den Alleinaktionär als Vorstand einer AG zutrifft. Nach den allgemeinen Grundsätzen betreffend Insichgeschäfte ist der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags etwa zwischen dem Alleingesellschaftergeschäftsführer und „seiner“ GmbH nur zulässig, wenn ihm das Selbstkontrahieren vorab gestattet wurde. Die entsprechende Befreiung von § 181 BGB ist zumindest eintragungsfähig3 und als nachträgliche Änderung der Vertretungsmacht nach § 39 Abs. 1 GmbHG (ähnlich auch § 107 HGB, § 81 Abs. 1 AktG, § 28 GenG und § 7 Abs. 3 PartGG) sogar eintragungspflichtig. Auch wenn der Alleingesellschafter nicht zugleich alleiniger Geschäftsführer sein sollte, hat er den stillen Gesellschaftsvertrag unverzüglich in eine Niederschrift aufzunehmen (§ 35 Abs. 3 Satz 2 GmbHG). 2. Der Vertragsschluss unter Mitwirkung gesetzlicher Vertreter a) Fälle der notwendigen Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters aa) Gesellschafterstellung von geschäftsunfähigen natürlichen Personen
9.40 Ist einer der Vertragspartner geschäftsunfähig i.S. des § 104 BGB, so hat für ihn der gesetzliche Vertreter den Gesellschaftsvertrag abzuschließen (vgl. § 105 Abs. 1 BGB). So müssen insbesondere Kinder unter sieben Jahren beim Vertragsschluss von ihren Eltern (§§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1, 2 BGB) oder hilfsweise einem Vormund (§ 1793 Abs. 1 Satz 1 BGB) vertreten werden. bb) Gesellschafterstellung von beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen
9.41 Minderjährige über sieben Jahre können den Gesellschaftsvertrag aufgrund ihrer beschränkten Geschäftsfähigkeit zwar selbst abschließen, bedürfen hierfür aber grundsätzlich der Zustimmung (Einwilligung oder Genehmigung) ihres gesetzlichen Vertreters (§§ 106, 107, 108 Abs. 1 BGB). Keiner Zustimmung bedarf der Minderjährige jedoch u.a. zu einer Willenserklärung, durch die er lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt. Insofern ist umstritten, ob die stille Beteiligung dem Minderjährigen dann lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt und damit einer Zustimmung nicht bedarf, wenn ihm die stille Beteiligung durch Einbuchung oder die Einlageleistung geschenkt wird, dem 1 Zum Ganzen Canaris, Handelsrecht, § 12 Rz. 40 ff. und K. Schmidt, Handelsrecht, § 16 Rz. 67 ff. 2 Siehe dazu m.w.N. Frensch in Bamberger/Roth, § 181 BGB Rz. 10 ff. 3 BGH v. 28.2.1983 – II ZB 8/82 BGHZ 87, 59 (60 f.).
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Minderjährigen hieraus auch keine weiteren Verpflichtungen erwachsen und er am Verlust keinen Anteil hat. Die Rechtsprechung hat sich unter Hinweis auf die zumeist langfristige Bindung der Einlage des Minderjährigen auch in diesen Fällen für eine Zustimmungsbedürftigkeit ausgesprochen1. Die h.L. ist dem entgegengetreten2. Dabei ist zwar richtig, dass sowohl Rechte als auch Pflichten in einer Innengesellschaft wie der stillen Gesellschaft gerade für den stillen Gesellschafter einen anderen Charakter haben als bei einem Mitglied einer Außengesellschaft und insbesondere die Pflichtengebundenheit durch den Verlustausschluss stark reduziert wird. Dennoch bleibt eine rechtliche Bindung des Beteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag erhalten. Diese Mitgliedschaftspflichten reichen aus, um ein nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft annehmen zu können3. Hat der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Familiengerichts einen Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ermächtigt, so ist dieser für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Das kann auch die Aufnahme eines stillen Gesellschafters oder die Beteiligung als stiller Gesellschafter sein, es sei denn, dass dazu der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf (§ 112 Abs. 1 Satz 2 BGB; dazu Rz. 9.46 ff.).
9.42
Hat der gesetzliche Vertreter einen Minderjährigen ermächtigt, in Dienst oder in Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen. Ausgenommen sind Verträge, zu denen der gesetzliche Vertreter der Genehmigung des Familiengerichts bedarf (§ 113 Abs. 1 Satz 2 BGB; dazu Rz. 9.46 ff.). Die für einen einzelnen Fall erteilte Ermächtigung gilt im Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur Eingehung von Verhältnissen derselben Art (§ 113 Abs. 4 BGB). Im Rahmen dieser Vorschrift kann der Minderjährige auch ein partiarisches Dienstverhältnis (Rz. 5.39 ff.) eingehen. Ob er auch eine stille Gesellschaft begründen kann, in die er seine Arbeitskraft einbringt, lässt sich nur anhand der Umstände des Einzelfalls beantworten. Wenn seine Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist und ihm durch den Gesellschaftsvertrag keine besonderen Pflichten, insbesondere zur Geschäftsführung, auferlegt werden, bestehen keine rechtlichen Bedenken, die Frage zu bejahen.
9.43
cc) Gesellschafterstellung von Betreuten unter Einwilligungsvorbehalt Sofern für den grundsätzlich voll geschäftsfähigen Betreuten ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist (§ 1903 BGB), findet das Minderjährigenrecht mit Ausnahme der in § 107 BGB getroffenen Einschränkung hinsichtlich der lediglich vorteilhaften Geschäfte entsprechende Anwendung. Auf die Ausführungen unter Rz. 9.41 ff. kann mithin im Übrigen verwiesen werden. 1 BFH v. 28.11.1973 – I R 101/72, BStBl. II 1974, 289 (290); OLG Hamm v. 22.1.1974 – 15 W 36/73, OLGZ 1974, 158 (162). 2 Klamroth, BB 1975, 525; Tiedtke, DB 1977, 1065; Stürner, AcP 173 (1973), 402 (436); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 105; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 157; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 23. 3 So auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 52.
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b) Besondere Anforderungen an die Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters aa) Bestellung eines Ergänzungspflegers
9.45 Für den gesetzlichen Vertreter, der am Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags als Vertreter eines Geschäftsunfähigen (§ 104 BGB) oder als Zustimmender an Willenserklärungen eines Minderjährigen (§§ 107 ff. BGB) bzw. unter Einwilligungsvorbehalt stehenden Betreuten (§ 1903 BGB) mitwirken muss, gelten grundsätzlich die allgemeinen Regelungen über die gesetzliche Stellvertretung (§§ 164 ff. BGB: Abgabe einer eigenen Willenserklärung in fremdem Namen mit gesetzlicher Vertretungsmacht) bzw. die Zustimmung (§§ 182 ff. BGB). Daher hat auch ein gesetzlicher Vertreter das Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB zu beachten, wenn er selbst Partner des Gesellschaftsvertrags oder dessen Vertreter ist (dazu Rz. 9.39)1. Familienrechtliche Vertretungsverbote ergeben sich zudem aufgrund der §§ 1629 Abs. 2 und 1795 Abs. 1 Nr. 1 BGB, wenn der Gesellschaftsvertrag mit dem Ehegatten oder einem in gerader Linie Verwandten des gesetzlichen Vertreters abgeschlossen wird. Insoweit sind mithin insbesondere die Eltern von der Vertretung ihrer Kinder ausgeschlossen. Die Gründung einer typischen stillen Gesellschaft zwischen Eltern und ihren minderjährigen Kindern bedarf daher der Mitwirkung eines Ergänzungspflegers. Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrags zwischen einem Elternteil und seinen noch minderjährigen Kindern ist nämlich grundsätzlich kein Rechtsgeschäft, das den Kindern lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Auch bei der Gründung einer typischen stillen Gesellschaft – selbst unter Ausschluss der Beteiligung der Kinder am Verlust – bleibt die Tatsache bestehen, dass die Kinder verpflichtet sind, die schenkweise überlassenen Beträge als Einlage so zu leisten, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes übergehen. Damit sind die schenkweise überlassenen Beträge dem wirtschaftlichen Schicksal des Unternehmens wieder verbunden. Der Abschluss eines solchen Vertrags begründet für die Kinder die Verpflichtung zur Leistung einer Einlage in das Unternehmen des Elternteils, bringt ihnen also nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil. Das gilt nach der hier vertretenen Ansicht auch dann, wenn etwa ein Elternteil ihnen die zur Leistung ihrer Einlagen erforderlichen Mittel selbst schenkt oder die stille Beteiligung durch schenkweise Einbuchung einräumt und das Kind auch nicht am Verlust beteiligt ist2. Deshalb ist die Zuziehung eines für jedes der Kinder besonders zu bestellenden Ergänzungspflegers sowohl für den Abschluss als auch für die Änderungen des Gesellschaftsvertrags (§ 1909 BGB) geboten, da andernfalls der Vertrag infolge Verstoßes gegen das Verbot des § 181 BGB rechtsunwirksam wäre3.
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 156; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas, § 230 HGB Rz. 29. 2 Vgl. BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 unter Bezugnahme auf BFH v. 19.12.1979 – I R 176/77, BB 1980, 762. Vertritt man dagegen die Auffassung, bei Ausschluss der Verlustteilnahme handele es sich bei der Einräumung einer stillen Gesellschaft um ein rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft, so braucht für diesen Fall kein Ergänzungspfleger bestellt zu werden, vgl. z.B. Tiedtke, DB 1977, 1064. 3 BFH v. 28.11.1973 – I R 101/72, BFHE 111, 85 = BStBl. II 1974, 289; BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, FR 1987, 623 (624); BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245; Groh, BB 1987, 1505 (1507); Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 23; a.A. Tiedtke, BB 1988, 946 (948) mit dem Argument, in der Sache liege die Schenkung einer stillen Beteiligung als solcher vor, worin lediglich ein rechtlicher Vorteil zu sehen sei, § 181 BGB finde daher keine Anwendung.
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bb) Genehmigung des Familiengerichts Der gesetzliche Vertreter des Geschäftsinhabers, der am Vertragsschluss als Vertreter eines Geschäftsunfähigen nach §§ 164 ff. BGB oder als Zustimmender an Willenserklärungen eines Minderjährigen nach §§ 107 ff. BGB mitwirken muss, bedarf zur Aufnahme eines stillen Gesellschafters regelmäßig nicht der familiengerichtlichen Genehmigung (vgl. § 1822 BGB)1. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich um einen Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, oder um einen Gesellschaftsvertrag handelt, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird (§§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB). Unter welchen Voraussetzungen auf der Seite des Geschäftsinhabers ein Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Handelsgewerbes i.S. des § 1822 Nr. 3 BGB vorliegt, ist im Einzelnen zweifelhaft:
9.46
Der Vertrag über die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft als solcher ist nicht auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts gerichtet. Der Geschäftsbetrieb ist hier lediglich Voraussetzung und Mittel zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks, und zwar als Beitrag des Geschäftsinhabers, im Gegensatz zum Beitrag des stillen Gesellschafters, der in der Regel in seiner Vermögenseinlage besteht2. Die Erwägung, dass der Kaufmann nach Eingehung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses nicht mehr frei ist hinsichtlich der Entscheidungen über Fortführung, Einstellung oder Veräußerung des Unternehmens3, ändert hieran als bloß mittelbare Konsequenz des Gesellschaftsverhältnisses nichts4.
9.47
Fraglich ist allerdings, ob dies nach dem Schutzgedanken, der dem § 1822 Nr. 3 BGB zugrunde liegt, auch für atypische stille Beteiligungen gelten kann5. Hier ist zu differenzieren. Bei der atypischen stillen Gesellschaft, bei welcher der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist, bedarf es ebenfalls keiner familiengerichtlichen Genehmigung gemäß § 1822 Nr. 3 BGB6. Etwas anderes muss aber für die atypische stille Gesellschaft gelten, bei der der stille Gesellschafter Aufgaben der Geschäftsführung wahrnimmt, da hier dem Geschäftsinhaber weitgehend die Herrschaft über sein Unternehmen entzogen werden kann. Insoweit liegt dann ein
9.48
1 Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 8; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 22; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 44. 2 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 35, 38; Fischer, JR 1962, 202; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 108; a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 83 ff.; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 147 ff.; Zimmermann in Soergel, 13. Aufl. 2000, § 1822 BGB Rz. 25; Knopp, NJW 1962, 2181 (2185). 3 Vgl. Knopp, NJW 1962, 2181 (2185). 4 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 108; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 166. 5 Nagel, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, S. 75 ff., lehnt jede teleologische Auslegung des § 1822 Nr. 3 BGB und jede Anwendung auf stille Gesellschaftsverhältnisse ab; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 108 will dagegen § 1822 Nr. 3 BGB bereits anwenden, sobald der stille Gesellschafter Kommanditistenrechte erhält (so auch Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 22; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 44). Danach würde eine schuldrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters aus Gesellschaftsvermögen für die Anwendung des § 1822 Nr. 3 BGB regelmäßig ausreichen. 6 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 108; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 166.
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§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft
Gesellschaftsvertrag zum gemeinsamen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts i.S. des § 1822 Nr. 3 BGB vor.
9.49 Gehören Grundstücke zum Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers, kommen die §§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht zur Anwendung, weil durch die Begründung der stillen Gesellschaftsverhältnisse keine Änderung in den Eigentumsverhältnissen des Inhabers eintritt. Dagegen kann der Gesellschaftsvertrag nur mit familiengerichtlicher Genehmigung abgeschlossen werden, wenn darin die Verpflichtung zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstück (§ 1821 Abs. 1 Nr. 4 BGB) eingegangen wird oder wenn der Vertrag auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks, eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks oder eines Rechts an einem Grundstück gerichtet ist (§ 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB)1.
9.50 Es ist umstritten, ob der gesetzliche Vertreter des stillen Gesellschafters zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags der familiengerichtlichen Genehmigung nach den §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB bedarf. Mit der Begründung, der stille Gesellschafter werde nicht Mitinhaber und es liege nur ein Akt der Vermögensanlage vor, verneint ein Teil der Literatur das Erfordernis der familiengerichtlichen Genehmigung2. Andere dagegen bejahen eine generelle Genehmigungsbedürftigkeit, da die konkreten Risiken der jeweiligen Beteiligung vom Familiengericht zu überprüfen seien3. Vorzug verdient eine teleologische, auf den gesetzlichen Schutzzweck und das Schutzbedürfnis des stillen Gesellschafters abstellende Betrachtungsweise, die im Einzelnen zu differenzierenden Ergebnissen führt: Eine atypische stille Gesellschaft mit schuldrechtlicher Beteiligung am Geschäftsvermögen, mit Geschäftsführungsbefugnissen sowie Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters, stellt für diesen einen Gesellschaftsvertrag zum Betrieb eines Handelsgewerbes gemäß § 1822 Nr. 3 BGB dar4. Dasselbe muss auch für die typische stille Beteiligung gelten, wenn der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist5. Dabei ist gleichgültig, ob der Stille die Beteiligung schenkweise erhalten hat und die Verluste somit nach § 232 Abs. 2 HGB auf die geschenkte Einlage begrenzt sind6.
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 167. 2 Nagel, Familiengesellschaft und elterliche Gewalt, S. 73 ff.; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 36 ff.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts, § 60 Rz. 110; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 92, für die typische stille Gesellschaft; Fischer, JR 1962, 202; Rosenau, BB 1965, 1393. 3 LG München II v. 6.11.1998 – 1 O 4221/98, NJW-RR 1999, 1018; Zutt in Großkomm/HGB, 4. Aufl., § 230 HGB Rz. 64 f.; differenzierend aber und nunmehr wie hier Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 161 ff.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 82 f.; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 34; Zimmermann in Soergel, 13. Aufl. 2000, § 1822 BGB Rz. 25; Brüggemann, FamRZ 1990, 124 (127); Wagenitz in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, § 1822 BGB Rz. 26. 4 Vgl. Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 93; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 62, 134; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 105; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 163; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 24. 5 LG Bielefeld v. 25.10.1968 – 3a T 193/68, NJW 1969, 753; so auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 55; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 162. 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 106.
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Hat dagegen der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nur eine einmalige Kapitaleinlage zu zahlen, ohne am Verlust, am Geschäftsvermögen oder an der Geschäftsführung beteiligt zu sein, so bedarf der Vertragsabschluss nicht der familiengerichtlichen Genehmigung i.S. der §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB1. Die Genehmigungspflicht des § 1822 Nr. 3 BGB ist im Interesse und zum Schutz des Vertretenen für die Fälle geschaffen, in denen dem Minderjährigen aus der Beteiligung an einem Erwerbsgeschäft und aus dem Abschluss eines Gesellschaftsvertrags, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, Schulden oder Nachteile drohen. Das ist aber nicht zu befürchten, wenn der Minderjährige nur eine einmalige Kapitaleinlage leistet und darüber hinaus weder am Risiko noch am Verlust des Betriebs beteiligt ist. Gegen diese Auffassung wird eingewandt, dass sie zu Rechtsunsicherheit führe, da die Beteiligten bei der Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten nicht mit hinreichender Sicherheit das Vorliegen der oben genannten Kriterien beurteilen könnten. Somit könne auch nicht die Notwendigkeit einer familiengerichtlichen Genehmigung und damit die Wirksamkeit der Vereinbarung selbst abgeschätzt werden. Daher soll eine generelle, von der Selbsteinschätzung der Beteiligten unabhängige familiengerichtliche Prüfung des Gesellschaftsvertrags erforderlich sein2. Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass es keine Anhaltspunkte für eine fehlende Eindeutigkeit oder Bestimmtheit der genannten Kriterien gibt. Eine Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit durch die Beteiligten ist insofern auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ausreichend. Im Übrigen würde die Attraktivität derartiger stiller Beteiligungen bei Annahme einer generellen familiengerichtlichen Genehmigungsbedürftigkeit ohne zureichenden Grund geschmälert. Daneben wird der Genehmigungsvorbehalt des § 1822 Nr. 1 BGB nur ganz selten einschlägig sein. Diese Vorschrift betrifft nach Ansicht des BGH nämlich nur solche Rechtsgeschäfte, bei denen der Wille beider Vertragspartner auf eine Verpflichtung zur Verfügung über das Vermögen eines Beteiligten im Ganzen geht. Dabei genügt ein auf die Übertragung einzelner bestimmter Vermögensgegenstände gerichteter Vertrag selbst dann nicht, wenn diese Vermögensstücke tatsächlich das ganze Vermögen des Vertretenen ausmachen3.
9.51
Die familiengerichtliche Genehmigung kann aber auch noch aus anderen Gründen zur Errichtung einer stillen Gesellschaft erforderlich sein (§§ 1807 ff., 1811, 1821 Abs. 1 Nr. 1–4, 1822 Nr. 5, 1643 Abs. 1 BGB).
9.52
Der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, an der Geschäftsunfähige, Minderjährige oder unter Einwilligungsvorbehalt stehende Betreute beteiligt sind, kann eine stille Gesellschaft im Namen der Gesellschaft ohne familiengerichtliche Genehmigung eingehen4. Aus dem Umstand, dass an einer Personen-
9.53
1 BGH v. 28.1.1957 – III ZR 155/55, JZ 1957, 382 = FamRZ 1957, 121 = NJW 1957, 672; Fichtelmann, EStB 2000, 202 (205); Saar in Erman, § 1822 BGB Rz. 17; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 106; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 164; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 55; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 24. 2 LG München II v. 6.11.1998 – 1 O 4221/98, NJW-RR 1999, 1018; Zutt in Großkomm/HGB, 4. Aufl., § 230 HGB Rz. 65; Wagenitz in MünchKomm/BGB, § 1822 BGB Rz. 26. 3 Götz in Palandt, § 1822 BGB Rz. 2 m.w.N. 4 Vgl. BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, GmbHR 1971, 47.
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handelsgesellschaft nicht voll geschäftsfähige Personen beteiligt sind, folgt nicht, dass der Abschluss des Gesellschaftsvertrags über eine stille Gesellschaft nach § 1822 Nr. 3 BGB der familiengerichtlichen Genehmigung bedarf und mangels einer solchen Genehmigung unwirksam ist. Die Befugnis des persönlich haftenden Gesellschafters, die Gesellschaft zu vertreten, wird durch die Beteiligung eines Minderjährigen an der Gesellschaft nicht eingeschränkt1. Die Beteiligung eines Minderjährigen an einer Personenhandelsgesellschaft bewirkt nicht, dass die Rechtsgeschäfte, zu denen Minderjährige der familiengerichtlichen Genehmigung bedürfen, auch für die Gesellschaft selbst nicht ohne Genehmigung des Familiengerichts abgeschlossen werden können. Die vertretungsberechtigten Gesellschafter können solche Geschäfte vielmehr ohne weiteres im Namen der Gesellschaft vornehmen. Jede andere Entscheidung würde die ganze Personengesellschaft unter die Kontrolle des Familiengerichts stellen. Das aber wäre praktisch untragbar, denn damit würde dem Familiengericht in weitem Umfang die Entscheidung kaufmännischer Zweckmäßigkeitsfragen bei der Führung des Gesellschaftsunternehmens aufgebürdet2. 3. Der Vertragsschluss durch Vertreter kraft Amtes
9.54 Testamentsvollstrecker, Nachlasspfleger und Insolvenzverwalter können in ihrer jeweils besonderen Eigenschaft mit Wirkung für die von ihnen vertretenen Personen keine stillen Gesellschaftsverträge abschließen. 4. Der Vertragsschluss durch rechtsgeschäftliche Vertreter a) Anwendungsbereich der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht
9.55 Der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags durch Vertreter, die nach §§ 167 ff. BGB über eine entsprechende Vollmacht i.S. des § 166 Abs. 2 Satz 1 BGB verfügen ist generell möglich. So können sich natürliche Privatpersonen ebenso beim Abschluss des Vertrages rechtsgeschäftlich vertreten lassen wie Einzelkaufleute oder Gesellschaften. b) Vertretung speziell durch Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte
9.56 Als eine nach ihrem zwingenden gesetzlichen Umfang (§§ 49 f. HGB) besonders weitreichende Art der rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht kann die Prokura nur von einem Kaufmann, d.h. dem Inhaber eines Handelsgewerbes (dazu Rz. 6.1 ff.), erteilt werden (§ 48 Abs. 1 HGB). Möglich ist dies mithin in jedem Fall dem Geschäftsinhaber einer stillen Gesellschaft, weil dieser per Definition ein auf gemeinsame Rechnung mit dem stillen Gesellschafter geführtes Handelsgewerbe betreibt (vgl. § 230 HGB). Der künftige stille Gesellschafter kann sich hingegen nur dann von einem Prokuristen bei Vertragsschluss vertreten lassen, wenn er aufgrund anderer Umstände als seiner Beteiligung, welche ihm die Kaufmannseigenschaft nicht vermittelt (dazu Rz. 6.53), Kaufmann ist. Im Rahmen seiner Vertretungsmacht (§ 49 HGB) kann der Prokurist grundsätzlich einen stillen Gesellschafter an dem Handelsgewerbe seines
1 Vgl. BGH v. 20.9.1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (30). 2 A. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, S. 309.
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Prinzipals beteiligen oder über die Kaufmannseigenschaft verfügenden stillen Gesellschafter eine stille Beteiligung eingehen. Die Grenzen der Vertretungsmacht des Prokuristen liegen dort, wo durch den Vertragsabschluss die rechtliche Organisation des eigenen Handelsgeschäfts tief greifende Änderungen erfahren würde (sog. Grundlagen- oder Inhabergeschäfte). Das kann bei der Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters der Fall sein, dem aufgrund des Gesellschaftsvertrags Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens zustehen soll. Hierin könnte eine so wesentliche Veränderung der rechtlichen Grundlagen des Handelsgeschäfts liegen, dass für sie die allgemeine Vertretungsmacht des Prokuristen nicht ausreicht1. Vor diesem Hintergrund sollte der Geschäftsinhaber dem Prokuristen zur Sicherheit eine die Begründung der atypischen stillen Gesellschaft deckende Spezialvollmacht erteilen. Dem Handlungsbevollmächtigten steht die Aufnahme eines stillen Gesellschafters nicht zu. Seine Vollmacht erstreckt sich nur auf Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb des Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt (§ 54 Abs. 1 HGB). Da bereits die Darlehensaufnahme nach § 54 Abs. 2 HGB nicht mehr zu diesen gewöhnlichen Geschäften gehört, muss dies erst recht für eine auch nur typische, geschweige denn atypische stille Gesellschaft gelten. Zum Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags bedarf daher auch der Generalhandlungsbevollmächtigte einer besonderen Vollmacht.
9.57
5. Der Vertragsschluss durch organschaftliche Vertreter a) Vertragsschluss durch eine AG oder KGaA aa) Die AG oder KGaA als Geschäftsinhaberin Die stille Beteiligung an dem Handelsgewerbe einer AG bzw. KGaA kommt durch einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem stillen Gesellschafter einerseits und der AG bzw. KGaA, regelmäßig vertreten durch den Vorstand (§ 78 AktG) bzw. die Komplementäre (§ 278 Abs. 2 AktG i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 125 HGB), andererseits zustande. Besteht der Vorstand aus mehreren Personen, gilt vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung der Grundsatz der Gesamtvertretung (§ 78 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die Komplementäre der KGaA haben hingegen vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung Einzelvertretungsmacht (§ 278 Abs. 2 i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 125 Abs. 2 HGB).
9.58
Fraglich ist, ob der Vorstand bzw. die Komplementäre einer sich als Geschäftsinhaberin beteiligenden AG bzw. KGaA zum Abschluss des Vertrags der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen und ob ein etwaiges Zustimmungserfordernis nur interne oder auch externe Bedeutung hat. In jedem Fall sind der Vorstand bzw. die Komplementäre gegenüber ihrer Gesellschaft verpflichtet, die internen Beschränkungen einzuhalten, welche die Satzung oder der Aufsichtsrat für den Umfang seiner Vertretungsbefugnis festgesetzt hat oder die sich aus einem Beschluss der Hauptversammlung nach § 119 Abs. 2 AktG ergeben (§ 82 Abs. 2 AktG). Anzunehmen ist zudem, dass der Vorstand nach § 119 Abs. 2 AktG verpflichtet ist, vor dem Abschluss eines bedeutenden (insbesondere auch atypischen) stillen Gesellschaftsvertrages, die Zustimmung der Haupt-
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1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 89; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 118.
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versammlung einzuholen (sog. Holzmüller-Doktrin)1. Das gilt etwa dann, wenn sich die Aktiengesellschaft als stille Gesellschafterin verpflichtet, einen bedeutenden Betriebsteil als Sacheinlage in das Vermögen der Geschäftsinhaberin einzubringen. Ähnliches dürfte für das Erfordernis der Zustimmung durch die Gesamtheit der Kommanditaktionäre zu außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen nach § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 164 Satz 1 Halbs. 2 HGB gelten. Da die Vertretungsbefugnis Dritten gegenüber allerdings nicht beschränkt werden kann (§ 82 Abs. 1 AktG), wirken diese Beschränkungen grundsätzlich2 nur im Innenverhältnis. Nach zutreffender h.M. (dazu eingehend Rz. 8.18 ff.) bedarf der Abschluss eines atypischen oder auch nur typischen stillen Gesellschaftsvertrages durch eine Aktiengesellschaft als Geschäftsinhaberin jedoch als Teilgewinnabführungsvertrag der Zustimmung der Hauptversammlung nach § 293 Abs. 1 AktG. Sollte sich die Geschäftsinhaberin ausnahmsweise dazu verpflichten, ihren gesamten Gewinn abzuführen (zu dieser Möglichkeit Rz. 8.15) und wäre die stille Gesellschafterin ebenfalls eine AG oder KGaA, müsste auch deren Hauptversammlung dem stillen Gesellschaftsvertrag entsprechend zustimmen (§ 293 Abs. 2 AktG). Dieses konzernrechtliche Zustimmungserfordernis hat nicht nur eine interne Bedeutung, sondern ist neben der konstitutiven Handelsregistereintragung des Vertrags (§ 294 Abs. 2 AktG) Wirksamkeitsvoraussetzung (§ 293 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 293 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die Bindungswirkung des Vertrags ist aber bereits vor der Zustimmung der Hauptversammlung gegeben3. Sind die aktienkonzernrechtlichen Vorgaben nicht erfüllt worden, entsteht ein fehlerhafter Unternehmensvertrag, auf den die Regeln zur fehlerhaften (stillen) Gesellschaft anzuwenden sind (siehe Rz. 11.2 ff., 19.50 ff.). bb) Die AG oder KGaA als stille Gesellschafterin
9.60 Die Zustimmung der Hauptversammlung einer sich still beteiligenden AG bzw. KGaA ist abgesehen von dem eher theoretischen Fall des § 293 Abs. 2 AktG (Rz. 8.25) nach dem Gesetz nur erforderlich, wenn das gesamte Gesellschaftsvermögen in das Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers eingebracht werden soll (§ 179a AktG)4. Die sog. Holzmüller-Doktrin (Rz. 9.59) gilt aber auch insoweit, so dass der Vorstand einer AG verpflichtet ist, die Beteiligung als stille Gesellschafterin der Hauptversammlung nach § 119 Abs. 2 AktG zur Zustimmung zu unterbreiten, wenn sich die AG vertraglich zur Einbringung eines bedeutenden Unternehmensteils verpflichtet. Entsprechendes dürfte für die KGaA nach § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 164 Satz 1 Halbs. 2 HGB gelten. Die entsprechenden Beschlüsse bedürfen dann einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Die Satzung kann diese Mehrheit durch eine größere Kapitalmehrheit ersetzen und weitere Erfordernisse aufstellen (§§ 179a Abs. 1, 179 Abs. 2 AktG). Die Zustimmungserfordernisse nach der Holzmüller-Doktrin und nach § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 164 Satz 1 Halbs. 2 HGB ha1 Zu dieser in st. Rspr. seit BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 für Strukturmaßnahmen begründeten ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit siehe nur Reger in Bürgers/Körber, 3. Aufl. 2014, § 119 AktG Rz. 12 ff. 2 Vorbehalten bleibt nach allgemeiner Stellvertretungslehre der sog. Missbrauch der Vertretungsmacht in Fällen der Kollusion sowie der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Stillen (dazu Rz. 9.35 ff.). 3 OLG Braunschweig v. 3.9.2003 – 3 U 140/02, ZIP 2003, 1793 (1795). 4 BGH v. 25.2.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122; konkretisiert durch BGH v. 26.4.2004 – II ZR 155/02, BGHZ 159, 30; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 147.
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ben im Gegensatz zu denjenigen nach §§ 179a, 293 Abs. 2 AktG (Wirksamkeitsvoraussetzung) allerdings nur interne Wirkung (Verantwortlichkeit der pflichtwidrig handelnden Exekutivorganmitglieder) und lassen daher die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags grundsätzlich1 unberührt (§ 82 Abs. 1 AktG bzw. § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB). b) Vertragsschluss durch eine GmbH aa) Die GmbH als Geschäftsinhaberin Die stille Beteiligung an dem Handelsgewerbe einer GmbH kommt durch einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem stillen Gesellschafter einerseits und der GmbH, regelmäßig vertreten durch den oder die Geschäftsführer, andererseits zustande2. Die mehreren Geschäftsführern vorbehaltlich abweichender Satzungsbestimmung nur gemeinschaftlich zustehende organschaftliche Vertretungsmacht gemäß §§ 35, 37 GmbHG deckt jedenfalls den Abschluss eines typischen stillen Gesellschaftsvertrags. Der Mitwirkung der Gesellschafterversammlung bedarf es insoweit nicht3. Zwar könnte man dagegen einwenden, dass der Stille „nicht unerhebliche Einflussmöglichkeiten“ erhalte und daher für die Wirksamkeit des Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft ein Beschluss der Gesellschafterversammlung notwendig sei4. Auf der anderen Seite erschöpfen sich die Möglichkeiten der Einflussnahme jedoch im schuldrechtlichen Bereich. Es ist eine stille Beteiligung „an [einem] Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt“ (§ 230 Abs. 1 HGB). Der Einfluss bleibt also stets mittelbar. Die Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses sind insofern nicht betroffen. Lediglich im Innenverhältnis wird man im Zweifel davon ausgehen, dass der Abschluss des stillen Beteiligungsvertrags durch den oder die Geschäftsführer der Zustimmung der Gesellschafter bedarf5. Schließt der Geschäftsführer der GmbH pflichtwidrig einen stillen Beteiligungsvertrag ab, ergeben sich in der Regel keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit im Außenverhältnis. Die interne Pflichtwidrigkeit schlägt nur nach den allgemeinen Grundsätzen über den Missbrauch der Vertretungsmacht auf das Außenverhältnis durch (dazu Rz. 9.35 ff.).
9.61
Zweifelhaft ist dagegen die Vertretungsmacht des Geschäftsführers, wenn eine atypische stille Beteiligung an dem Handelsgewerbe einer GmbH begründet werden soll. Hier wird man eine besondere Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag oder, falls eine solche fehlt, die Zustimmung aller GmbH-Gesellschafter verlangen müssen, da Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses betroffen sind6. Fehlt es an einer solchen Ermäch-
9.62
1 Vorbehalten bleibt nach allgemeiner Stellvertretungslehre der sog. Missbrauch der Vertretungsmacht in Fällen der Kollusion sowie der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Geschäftsinhabers (dazu Rz. 9.35 ff.). 2 Vgl. ausführlich zu diesem Thema Schneider/Reusch, DB 1989, 713. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 88; K. Schmidt, ZGR 1984, 295 (307 ff.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 114 m.w.N.; anders inzwischen Weigl, DStR 1999, 1568 (1572); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 151. 4 Vgl. Weigl, DStR 1999, 1568 (1572). 5 So auch Morshäuser/Dietz-Vellmer, NZG 2011, 1135 (1136); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 114. 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 115; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 230 HGB Rz. 30; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 152.
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tigung bzw. Zustimmung, haben der oder die Geschäftsführer als Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt, sodass eine fehlerhafte atypische stille Gesellschaft entsteht (dazu Rz. 11.2 ff.). bb) Die GmbH als stille Gesellschafterin
9.63 Die Geschäftsführer einer GmbH verfügen jedenfalls nach §§ 35, 37 GmbHG über die entsprechende Vertretungsmacht, ihre GmbH still an dem Handelsgewerbe eines anderen zu beteiligen. Regelmäßig wird der stille Gesellschaftsvertrag auch intern von der Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer gedeckt sein. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn es sich um ein ungewöhnliches Geschäft handelt oder der Gesellschaftsvertrag bzw. Gesellschafterbeschlüsse die Geschäftsführungsbefugnis einschränken (§ 37 Abs. 1 GmbHG)1. Diese internen Beschränkungen schlagen aber nur in den Fällen des Missbrauchs der Vertretungsmacht auf das Außenverhältnis und damit die Wirksamkeit des stillen Gesellschaftsvertrages durch (Rz. 9.35 ff.). c) Vertragsschluss durch eine Genossenschaft aa) Die Genossenschaft als Geschäftsinhaberin
9.64 An dem Unternehmen einer Genossenschaft sind sowohl typisch stille Beteiligungen als auch atypisch stille Beteiligungen möglich (dazu Rz. 6.27 f.). Dabei deckt die Vertretungsmacht des Vorstands nach §§ 26 f. GenG zumindest die Begründung typischer stiller Beteiligungsverhältnisse mit der Genossenschaft als Geschäftsinhaberin. Wie bei der GmbH sind auch bei der Genossenschaft weitreichende Beschränkungen der internen Vertretungsbefugnis möglich (§ 27 Abs. 1 Satz 2 GenG), die auf das Außenverhältnis aber nur im Falle des Missbrauchs der Vertretungsmacht durchschlagen (Rz. 9.35 ff.). Fraglich ist die Macht des Vorstands, einen atypisch stillen Gesellschaftsvertrag mit der Genossenschaft als Geschäftsinhaberin zu schließen. Angesichts der Diskussion um die Zulässigkeit stiller Beteiligungen an einer Genossenschaft überhaupt (dazu Rz. 6.27 f.) sollte diese die genossenschaftliche Selbstverwaltung und Selbsthilfe berührende Beteiligung vom Vorstand nur mit der Zustimmung der Generalversammlung bewilligt werden können. bb) Die Genossenschaft als stille Gesellschafterin
9.65 Der Abschluss typischer und atypischer stiller Gesellschaftsverträge für die Genossenschaft als stille Gesellschafterin bereitet dem Vorstand im Außenverhältnis keine Probleme. Allenfalls hat er interne Beschränkungen zu beachten (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 GenG). d) Vertragsschluss durch eine Personenhandelsgesellschaft aa) Die Personenhandelsgesellschaft als Geschäftsinhaberin
9.66 Die Errichtung der stillen Gesellschaft ist ein Rechtsgeschäft, das die OHG oder KG als nach §§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB rechtsfähige Einheit mit dem Dritten abschließt. Der stille Gesellschafter begründet ein Gesellschaftsverhältnis nur mit dem Geschäfts1 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 84.
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inhaber, d.h. mit der offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft als in sich geschlossener Einheit und tritt nicht in die Gesamthandsgemeinschaft der Gesellschafter ein. Die Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters bedeutet keine Änderung der Grundlagen der OHG oder KG1. Seit der Entscheidung des Reichsgerichts vom 8.1.19372 hat sich demgemäß in Rechtsprechung und Lehre die Auffassung durchgesetzt, dass ein Vertrag über die Gründung einer stillen Gesellschaft im Außenverhältnis rechtswirksam von dem oder den vertretungsberechtigten Gesellschaftern abgeschlossen werden kann und die Zustimmung der übrigen Gesellschafter hierzu nicht erforderlich ist. Zum Abschluss eines solchen Rechtsgeschäfts ist daher jeder Gesellschafter befugt, der nicht von der Vertretung ausgeschlossen ist, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag eine Gesamtvertretung vorschreibt (§§ 125, 126 HGB).
9.67
Soll der stille Gesellschafter jedoch aufgrund des Gesellschaftsvertrags Einfluss auf die Geschäftsführung haben, selbst Geschäftsführungsbefugnisse wahrnehmen, in der Gesellschafterversammlung Stimmrechte ausüben oder schuldrechtlich an der Vermögensentwicklung beteiligt werden, ist eine andere Beurteilung notwendig. In diesen Fällen der Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters reicht die Vertretungsmacht des einzelnen Gesellschafters nicht aus. Hier werden die Grundlagen der Gesellschaft als solche berührt, was einer Änderung des Gesellschaftsvertrags gleichkommt. Dazu ist der einzelne vertretungsberechtigte Gesellschafter aber nicht berechtigt (§ 126 Abs. 1 HGB). Er kann die Gesellschaft auch nicht schuldrechtlich in dieser Richtung binden3. Möglich ist es aber, die Vertretungsmacht der organschaftlichen Vertreter bereits im Gesellschaftsvertrag auf die Gründung einer solchen Gesellschaft zu erweitern. Rechtsdogmatisch liegt hierin eine Einwilligung der anderen Gesellschafter4.
9.68
Weigern sich die anderen Gesellschafter oder auch nur einer von ihnen, dem atypischen stillen Gesellschaftsvertrag zuzustimmen, so erhält der Dritte keine Gesellschafterstellung. Damit fällt im Zweifel der ganze auf die Gründung der stillen Gesellschaft gerichtete Vertrag wegen Unmöglichkeit der Erfüllung in sich zusammen. Waren dem Dritten schon bindende Zusicherungen gemacht worden, so können für ihn Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschafter entstehen, die ihre Vertretungsbefugnis überschritten haben.
9.69
1 RG v. 8.1.1937 – II 122/36, RGZ 153, 371; BGH v. 14.2.1957 – II ZR 190/55, WM 1957, 543; BGH v. 11.1.1960 – II ZR 69/59, WM 1960, 187; BGH v. 18.10.1962 – II ZR 12/61, WM 1962, 1353; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 32; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 95; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff.; A. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, S. 293 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 247; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 111; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149. 2 RG v. 8.1.1937 – II 122/36, RGZ 153, 371. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 126 HGB Rz. 11; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 150; a.A.: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 87; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 95, soweit dem Stillen die vermögensrechtliche Stellung eines OHG-Gesellschafters eingeräumt werden soll (anders dagegen für die Einräumung von Mitverwaltungsrechten an den stillen Gesellschafter); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 42 ff., wonach allein durch die schuldrechtliche Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters die Grundlagen der Gesellschaft nicht berührt werden. Für den Fall der Beteiligung an der Geschäftsführung bejaht auch er zur Wirksamkeit des Vertrags das Zustimmungserfordernis sämtlicher Gesellschafter; zustimmend insoweit A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (249 ff.). 4 Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 41.
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9.70 Im Innenverhältnis ist die Frage von Bedeutung, ob der Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags ein Rechtsgeschäft ist, das der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt, oder ob eine Handlung vorliegt, die darüber hinausgeht, so dass zu ihrer Vornahme ein Beschluss sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist (§§ 116 Abs. 2, 164 HGB) bzw. den Kommanditisten ein Widerspruchsrecht zusteht (§ 164 HGB). Die Entscheidung ist von den Verhältnissen der einzelnen Gesellschaft und von der Bedeutung und Tragweite des einzelnen Geschäfts abhängig. In der Regel stellt die Aufnahme eines stillen Gesellschafters eine so einschneidende Maßnahme dar, dass sie nicht mehr zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gerechnet werden kann und deshalb die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist1. Fehlt es daran, so wird der von den vertretungsberechtigten Gesellschaftern abgeschlossene Vertrag in seiner Rechtswirksamkeit allerdings nicht berührt (§ 126 Abs. 2 HGB), sofern nicht ein Missbrauch der Vertretungsmacht gegeben ist (dazu Rz. 9.35 ff.)2. In jedem Fall sind die vertretungsberechtigten Gesellschafter den anderen Gesellschaftern gegenüber für die aus der schuldhaften Überschreitung ihrer internen Geschäftsführungsbefugnisse entstehenden Schäden ersatzpflichtig. In der Regel wird auch ein wichtiger Grund zur Entziehung der Geschäftsführung (§ 117 HGB) und Vertretung (§ 127 HGB) und zur Klage auf vorzeitige Auflösung der Gesellschaft (§ 133 HGB) gegeben sein3. bb) Die Personenhandelsgesellschaft als stille Gesellschafterin
9.71 Will sich eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligen, so können die vertretungsberechtigten Gesellschafter im Rahmen ihrer Vertretungsmacht den Gesellschaftsvertrag nach außen hin auch ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter rechtswirksam abschließen (§ 126 Abs. 1 HGB), es sei denn, dass es um die Verpflichtung zur Übertragung des Unternehmens geht. Zu einer Veräußerung des Unternehmens berechtigt die gesetzliche Vertretungsbefugnis des § 126 HGB nicht. Sie würde nämlich eine Änderung des Gesellschaftsverhältnisses bewirken und geht deshalb über den Rahmen des § 126 HGB hinaus4. Es bedarf daher in diesem Falle des Zusammenwirkens aller Gesellschafter.
9.72 Ob in der Beteiligung einer Personenhandelsgesellschaft am Handelsgeschäft eines anderen als stiller Gesellschafter ein ungewöhnliches Geschäft zu sehen ist, für das es im Innenverhältnis der Beschlussfassung durch sämtliche OHG-Gesellschafter bedarf (§ 116 Abs. 2 HGB), bzw. bei dem die Kommanditisten ein Widerspruchsrecht haben (§ 164 HGB), richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Jedenfalls dann,
1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff.; A. Hueck in FS Lehmann, S. 239 (249); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 111; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 40 ff.; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 56; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, § 230 HGB Rz. 28. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 57; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; allgemein zum Missbrauch der Vertretungsmacht Schramm in MünchKomm/BGB, § 164 BGB Rz. 106 ff. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149. 4 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 45; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 126 HGB Rz. 11; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 145.
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§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft
wenn eine langfristige Bindung flüssiger Mittel erfolgt oder eine erhebliche Einlagepflicht begründet wird, wird der Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags zu den ungewöhnlichen Geschäften zu rechnen sein1. Das gilt auch bei Begründung einer atypisch stillen Beteiligung. e) Vertragsschluss durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts Da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts per Definition kein Handelsgewerbe betreibt, kann sie sich nur als rechtsfähige Außengesellschaft still an dem Handelsgewerbe eines anderen beteiligen. Die Macht der geschäftsführenden Gesellschafter zur Vertretung der Gesellschaft bei derartigen Gesellschaftsverträgen ist dann nach § 714 BGB von der Reichweite ihrer Befugnis zur Geschäftsführung abhängig. Danach gilt der Grundsatz der Gesamtvertretungsmacht.
9.73
f) Vertragsschluss durch eine Gesellschaft in Liquidation Die Liquidatoren einer Handelsgesellschaft können grundsätzlich keine stillen Gesellschaftsverträge schließen, da darin eine Wiederaufnahme der werbenden Tätigkeit der Handelsgesellschaft zu sehen sein würde. Eine Ausnahme gilt lediglich im Fall der Aufnahme von stillen Gesellschaftern mit ihrer Einlage zu Zwecken der Sanierung (siehe Rz. 6.30).
9.74
g) Vertragsschluss durch eine Erbengemeinschaft Die Erbengemeinschaft ist als solche nach h.M. nicht rechtsfähig2 und kann daher nur als sog. fortgesetzte Erbengemeinschaft in der Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft ein Handelsgewerbe betreiben und an diesem stille Gesellschafter nach den für die OHG geltenden Vertretungsregeln beteiligen (dazu bereits Rz. 9.66 ff.). Bei der schlicht auf Abwicklung angelegten Erbengemeinschaft sind es hingegen die einzelnen Miterben, welche der Begründung einer stillen Gesellschaft an dem ererbten Handelsgewerbe sämtlich zustimmen müssen3, wobei die Begründung der stillen Gesellschaft auch als ein Indiz für den Fortsetzungswillen der Miterben betrachtet werden kann.
9.75
III. Wirtschaftsrechtliche Errichtungsschranken 1. Gewerbe- und berufsrechtliche Errichtungsschranken Bei der stillen Gesellschaft, insbesondere der atypischen stillen Gesellschaft, bei der dem Stillen Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden, ergeben sich besondere Probleme, wenn ein Handelsgewerbe wegen seiner Bedeutung für die Allgemeinheit nur mit einer dem Geschäftsinhaber persönlich erteilten öffentlich-rechtlichen Kon-
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 145; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 63. 2 Siehe nur Edenhofer in Palandt, vor § 2032 BGB Rz. 1 m.w.N. 3 BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 117.
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9.76
§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft
zession betrieben werden darf und/oder in wirtschaftlich unabhängiger Weise auszuüben ist. a) Stille Beteiligungen an Apotheken
9.77 Durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Apothekenwesen vom 4.8.19801 wurde § 8 Satz 2 ApoG dahingehend geändert, dass die bis dahin2 grundsätzlich zulässige stille Beteiligung an einer Apotheke in Form einer stillen Gesellschaft seit 1980 unzulässig ist3. Hiermit soll verhindert werden, dass die öffentlichrechtliche Verantwortung des Geschäftsinhabers für die ordnungsgemäße Führung des Betriebs durch privatrechtliche Bindungen berührt wird. Angesichts der Tatsache, dass eine nationale Regelung nach Meinung des EuGH einer Person, die kein Apotheker ist, die Inhaberschaft und den Betrieb einer Apotheke verwehren kann4, ist das Verbot mit EU-Recht vereinbar5. Rechtsgeschäfte, die ganz oder teilweise gegen § 8 Satz 2 ApoG verstoßen, sind nichtig (§ 12 ApoG). Die erbrachten Leistungen sind nach Bereicherungsgrundsätzen zurückzugewähren6. Wer vorsätzlich oder fahrlässig aufgrund einer nach § 8 Satz 2 ApoG unzulässigen Vereinbarung Leistungen erbringt oder annimmt oder eine solche Vereinbarung in sonstiger Weise ausführt, handelt ordnungswidrig und muss mit einer Geldbuße von bis zu 20 000 Euro rechnen (§ 25 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ApoG). b) Stille Beteiligungen an Rechtsberatungsunternehmen
9.78 Sofern die Rechtsberatung im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit als Einzelanwalt oder in Partnerschaft (GbR, PartG) erfolgt, ist eine stille Beteiligung i.S. der §§ 230 ff. HGB schon deshalb ausgeschlossen, weil ein freiberufliches Unternehmen unabhängig von seiner Größe noch immer nicht als Gewerbe und damit auch nicht als Handelsgewerbe gilt, die Beteiligung an einem Handelsgewerbe aber eine zwingende Voraussetzung für das Bestehen einer stillen Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB darstellt. Rechtsanwälte können allerdings nach § 59c Abs. 1 BRAO auch eine Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH gründen, wobei dieser dann nach § 13 Abs. 3 GmbHG i.V.m. § 6 Abs. 1 HGB die Eigenschaft als Formkaufmann zukommt, so dass stille Beteiligungen insoweit nicht per se ausgeschlossen sind. Aber auch insoweit kann eine stille Beteiligung nur mit Gesellschaftern in Form einer sog. gesplitteten Einlage begründet werden, da es nach § 59e Abs. 3 Alt. 2 BRAO unzulässig ist, Dritte am Gewinn einer Rechtsanwaltsgesellschaft zu beteiligen, was
1 BGBl. I 1980, 1142 ff.; Neufassung S. 1993 ff. 2 Siehe zur Rechtslage vor 1980 Blaurock, NJW 1972, 1119 ff. sowie die Vorauflage Rz. 9.75. 3 Zu europarechtlichen Bedenken an § 8 Satz 2 ApoG Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 138, der sich aber letztlich unter Berufung auf die Entscheidung EuGH v. 19.5.2009 – C-171/07 bzw. C-172/07, NJW 2009, 2112 ff. – wonach eine nationale Regelung einer Person, die kein Apotheker ist, den Besitz und den Betrieb einer Apotheke verwehren kann –, für eine Europarechtskonformität ausspricht. 4 EuGH v. 19.5.2009 – C-171/07 bzw. C-172/07, NJW 2009, 2112 ff. („DocMorris“). 5 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 138. 6 Vgl. dazu für Fälle der vor 1980 nur unter besonderen Voraussetzungen angenommenen Nichtigkeit BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 = WM 1980, 12 (14) = NJW 1980, 638 (639); BGH v. 3.11.1982 – IVa ZR 47/81, WM 1982, 1439 (1440).
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wiederum der zwingenden Gewinnbeteiligung eines stillen Gesellschafters nach § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB widerspricht. Eine Ausnahme von dem Drittbeteiligungsverbot an Rechtsanwaltsgesellschaften ist zudem nach dem Sinn und Zweck der Regelung für die in der Rechtsanwalts-GmbH beschäftigten Berufsträger zu machen (teleologische Reduktion). Während die erste Alternative von § 59e Abs. 3 BRAO auch nicht stimmberechtigte Rechtsanwälte erfassen soll, sind von der zweiten Alternative zumindest die in der GmbH beschäftigten Berufsträger ausgenommen1. Damit kann der in dem Unternehmen einer Rechtsanwalts-GmbH tätige Berufsträger entweder GmbH-Gesellschafter mit allen Vermögens- und Mitverwaltungsrechten sein, sich als stiller Gesellschafter zumindest an dem von den GmbH-Gesellschaftern festgestellten und ggf. auch nur an dem zur Ausschüttung freigegebenen Gewinn der GmbH beteiligen oder ein Angestellter der GmbH sein. c) Stille Beteiligungen an Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Die stille Beteiligung an Steuerberatungsunternehmen, die i.S. des § 1 StBerG Hilfe in Steuersachen leisten, ist nicht prinzipiell ausgeschlossen. Einschränkungen ergeben sich aber zunächst daraus, dass die Steuerberatung als freiberufliche Tätigkeit gilt und damit eine stille Beteiligung an dem Unternehmen eines einzelnen Berufsträgers i.S. des § 3 Nr. 1 StBerG, einer GbR i.S. der §§ 705 ff. BGB oder einer Partnerschaftsgesellschaft i.S. des § 3 Nr. 2 StBerG bzw. des PartGG nicht möglich ist. Zwar können sich Steuerberater als Steuerberatungsgesellschaft (§§ 3 Nr. 3, 49 ff. StBerG) durchaus in einer für die stille Beteiligung tauglichen Rechtsform (AG, KGaA, GmbH, OHG und KG) organisieren (§ 49 Abs. 1 StBerG), doch ist auch dann noch zu differenzieren: Berufsträger können sowohl typische als auch atypische stille Beteiligungen an dem Unternehmen einer als Steuerberatungsgesellschaft anerkannten AG, KGaA, GmbH, OHG oder KG eingehen2. Nichtberufsträgern kann aber auch insoweit nur eine typisch stille Beteiligung gewährt werden, die ihnen keinen Einfluss auf die Gesellschaft und deren Gesellschafter und damit auf die Berufsträger ermöglicht3. Vergleichbares gilt auch für die stille Beteiligung an Wirtschaftsprüfungsunternehmen bzw. stille Gesellschaftsverhältnisse mit Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (§§ 27 f. WiPrO)4. Die Gegenansicht, die Nichtberufsträgern grundsätzlich die stille Beteiligung versagen will, kann nicht überzeugen5. Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf die Urteile des Bundesgerichtshofs zur stillen Beteiligung an einer Apotheke nur im Apothekengesetz ein ausdrückliches Verbot der stillen Beteiligung verankert. Dieses kann nicht verallgemeinert werden.
9.79
d) Sonstige gewerberechtliche Einschränkungen Sofern Gewerbe wie beispielsweise das Versteigerungsgewerbe (§ 34b GewO) lediglich in der Form eines Einzelkaufmanns, einer GbR oder einer aus natürlichen Personen 1 Feuerich/Weyland, § 59e BRAO Rz. 10 f. 2 Vorausgesetzt wohl von OLG Düsseldorf v. 14.3.1996 – StO 6/93, NJW-RR 1997, 313; vgl. auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 77 Rz. 11; keine Diskussion in BSG v. 24.1.2007 – B 12 KR 31/06 R, NZS 2007, 648. 3 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 77 Rz. 11 f.; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 140. 4 Vgl. dazu näher Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 77 Rz. 12. 5 Beyer-Petz, DStR 2008, 73 (75).
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9.80
§ 9 Errichtung der stillen Gesellschaft
bestehenden OHG betrieben werden dürfen, finden die für die Zulässigkeit stiller Beteiligungen an Apotheken vor der Änderung des Apothekengesetzes entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze1 entsprechende Anwendung2. Danach ist eine typische stille Beteiligung grundsätzlich möglich. Nichtig und nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen abzuwickeln ist eine stille Beteiligung an den genannten Gewerben jedoch dann, wenn der Betreiber durch die stille Gesellschaft in der Führung seines Gewerbes in einer nicht mehr hinnehmbaren Weise beeinflusst bzw. behindert wird und/oder in eine wirtschaftliche Abhängigkeit (z.B. durch einen sehr ungünstigen Gewinnverteilungsschlüssel) gerät. 2. Finanzmarktrechtliche Errichtungsschranken
9.81 Durch die Sechste KWG-Novelle vom 5.6.1997 wurde eine kapitalmarktrechtliche Schranke für stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften aufgestellt: Der Kreis der nach dem Gesetz über das Kreditwesen erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte (§ 1 Abs. 1 KWG) wurde in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG (Einlagengeschäft) durch einen Auffangtatbestand erweitert, dem auch typische stille Beteiligungen unterliegen können (näher Rz. 19.160 ff.)3. 3. Kartellrechtliche Errichtungsschranken a) Anwendbares Kartellrecht
9.82 Kartellrechtliche Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft können sich sowohl aus dem Kartellverbot (§§ 1 ff. GWB, Art. 101 Abs. 1 AEUV) als auch aus den Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle (§§ 35 ff. GWB, VO (EG) Nr. 139/2004) ergeben. Beide kartellrechtlichen Normenkomplexe sind nebeneinander anwendbar4. Im Bereich des Kartellverbots gelten die Vorschriften des GWB und des AEUV parallel, wobei allerdings Art. 101 AEUV für das deutsche Recht sowohl den Mindest- als auch den Maximalstandard vorgibt. Im Bereich der Zusammenschlusskontrolle sind die Vorschriften des GWB nur anwendbar, soweit die Europäische Kommission nach der VO (EG) Nr. 139/2004 nicht zuständig ist. b) Stille Gesellschaft und Kartellverbot
9.83 Bei einer stillen Gesellschaft sind wettbewerbsbeschränkende Zwecke oder Wirkungen selten5. Bei Anwendung der §§ 1 ff. GWB und des Art. 101 Abs. 1 AEUV auf 1 BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 = WM 1980, 12 (14) = NJW 1980, 638 (639); BGH v. 3.11.1982 – IVa ZR 47/81, WM 1982, 1439 (1440); dazu auch bereits Blaurock, NJW 1972, 1119 ff. 2 Vgl. dazu näher Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 77 Rz. 5. 3 VG Berlin v. 22.2.1999 – 25 A 276/95, DB 1999, 1377 (1378 ff.); Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 34; Demgensky/Erm, WM 2001, 1445 (1449); Bornemann, ZHR 166 (2002), 211 (215 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 88; zur etwaigen Bankerlaubnispflicht von Gesellschafterdarlehen in Personenhandelsgesellschaften im Lichte von BGH v. 19.3.2013 – VI ZR 56/12 und des aktualisierten Merkblatts der BaFin Fischer/Nicolai, WM 2014, 1709 und Galla/Müller, ZIP 2015, 1862. 4 Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rz. 2; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 141. 5 Hoffman/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rz. 3 ff.
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eine stille Gesellschaft ist aber stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalls zu achten. Der Wettbewerb i.S. von § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV wird durch die gemeinsame Verfolgung einer Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen einer typischen stillen Gesellschaft regelmäßig nicht spürbar beeinflusst. Ausnahmen können sich allerdings bei hohen stillen Beteiligungen ergeben, wenn das damit verbundene erhebliche Interesse des Stillen am wirtschaftlichen Erfolg des Geschäftsinhabers negative Folgen für den Wettbewerb erwarten lässt. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang eine etwaige Pflicht des stillen Gesellschafters, auf dem Markt des vom Geschäftsinhaber betriebenen Handelsgewerbes Wettbewerb zu unterlassen. Auch die Vereinbarung eines solchen Wettbewerbsverbots stellt jedoch bei gegebener Funktionsnotwendigkeit für die stille Gesellschaft keinen Verstoß gegen § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV dar (siehe dazu auch Rz. 12.35)1.
9.84
Bei der Gründung einer atypischen stillen Gesellschaft, bei der der stille Gesellschafter am Geschäftsvermögen und/oder der Geschäftsführung beteiligt wird, ist im Hinblick auf § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV immer genauestens zu untersuchen, ob durch die gesellschaftliche Bindung wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen bezweckt oder zumindest bewirkt werden.
9.85
Ein Verstoß gegen § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV führt, sofern nicht die Legalisierungsmöglichkeiten der §§ 2 f. GWB bzw. Art. 101 Abs. 3 AEUV eingreifen, zur Nichtigkeit (§ 134 BGB i.V.m. § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 2 AEUV) oder Teilnichtigkeit (§ 139 BGB). Umstritten ist, ob im Falle der Nichtigkeit die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft (Rz. 11.2 ff.) anzuwenden sind2. Nach Auffassung der Rechtsprechung ist das zu verneinen, weil es sich bei dem Kartellverbot um ein im öffentlichen Interesse zur institutionellen Sicherung der Wettbewerbsfreiheit erlassenes Gesetz handele3.
9.86
c) Stille Gesellschaft und Fusionskontrolle Voraussetzung für die Anwendung der §§ 35 ff. GWB bzw. der VO (EG) Nr. 139/20044 auf die stille Gesellschaft ist, dass diese sich als Zusammenschluss (§ 37 GWB bzw. Art. 3 VO (EG) Nr. 139/2004) zweier Unternehmen darstellt und dabei die entsprechenden Umsatzgrenzwerte (§ 35 GWB bzw. Art. 1 VO (EG) Nr. 139/2004) erreicht werden5. Aufgrund der sehr hohen Umsatzgrenzwerte bei der europäischen Fusionskontrollverordnung dürfte die europäische Zusammenschlusskontrolle bei stillen Gesellschaften keine nennenswerte Bedeutung erlangen. Im Übrigen ist der Zusammenschlusstat-
1 Anders wohl für die einvernehmliche Einstellung der bisherigen Tätigkeit des Stillen Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 142 („liegt ein Verstoß gegen das Kartellverbot nahe“). 2 Ausführlich dazu Roth in FS Hopt, 2881 (2881 ff.). 3 BGH v. 13.11.1990 – KZR 2/89, NJW-RR 1991, 1002 (1003). 4 VO (EG) Nr. 139/2004 des Rates v. 20.1.2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung“). 5 Vgl. dazu auf der Grundlage des GWB a.F. v. 22.12.1989, näher Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rz. 11 m.w.N.; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 143; vgl. zu § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB bei der stillen Gesellschaft: OLG Düsseldorf v. 6.7.2005 – VI-Kart 26/04(V) WuW/E 2005, 1271 ff.
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bestand des europäischen Rechts verglichen mit § 35 GWB enger und beschränkt sich auf den Kontrollerwerb1. Sowohl der Vermögenserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB als auch der Anteilserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB sind regelmäßig ausgeschlossen2. Der Kontrollerwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB und der Einflusserwerb gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB kommen aber bei der atypisch stillen Gesellschaft beim Vorhandensein von Veto- und Weisungsrecht in Betracht3.
IV. Zusammenfassung
9.88 Der Gesellschaftsvertrag bildet die Grundlage der stillen Gesellschaft (Rz. 9.1 ff.). Soweit in ihm das Verhältnis der Gesellschafter nicht vollständig geregelt ist, finden ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB mit Ausnahme der Vorschriften, die ein Außenverhältnis und ein Gesellschaftsvermögen voraussetzen, Anwendung, nicht dagegen die Vorschriften über die handelsrechtlichen Personengesellschaften. Bei dem stillen Gesellschaftsvertrag handelt es sich nicht um einen Austauschvertrag i.S. der §§ 320 ff. BGB (Rz. 9.7 ff.). Es liegt kein Leistungsaustausch, sondern eine Leistungsvereinigung zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes vor. Die Vorschriften über gegenseitige Verträge sind deshalb nicht anwendbar – auch nicht entsprechend. Auch ohne diese Vorschriften lassen sich sachgerechte, dem Gesellschaftszweck Rechnung tragende Ergebnisse sichern. Der Gesellschaftsvertrag bedarf keiner Form, soweit sich nicht die Formbedürftigkeit aus anderen gesetzlichen Bestimmungen (§§ 311b Abs. 1 und 3, 518 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3, 4 GmbHG, § 293 Abs. 3 AktG) ergibt (Rz. 9.24 ff.). Die Errichtung einer stillen Gesellschaft muss unter Umständen bzw. kann durch gesetzliche, rechtsgeschäftliche oder organschaftliche Vertreter erfolgen (Rz. 9.35 ff.). Das wirft regelmäßig Fragen der Vertretungsmacht im Außenverhältnis und der Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis auf. Ob bei Minderjährigkeit eines Vertragspartners zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich ist, ist für die atypische stille Gesellschaft regelmäßig zu bejahen, für die typische stille Gesellschaft regelmäßig zu verneinen (Rz. 9.46 ff.). Will eine OHG oder KG einen stillen Gesellschafter aufnehmen oder sich am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligen, so handelt es sich im Innenverhältnis zumeist um ungewöhnliche Geschäfte, die der Beschlussfassung aller Gesellschafter unterliegen. Nach außen sind sie regelmäßig wirksam, auch wenn nicht alle Gesellschafter zugestimmt haben. Die Gesellschafter, die ihre Geschäftsführungsbefugnis überschritten haben, sind aber den anderen Gesellschaftern für die ihnen entstandenen Schäden ersatzpflichtig (Rz. 9.66 ff.). Der Vorstand und die Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften haben ebenfalls die im Innenverhältnis bestehenden Beschränkungen ihrer Geschäftsführungsbefugnis zu beachten (Rz. 9.58 ff.). Die Errichtung einer stillen Gesellschaft kann gewerberechtlichen, kapitalmarktrechtlichen und kartellrechtlichen Beschränkungen unterliegen (Rz. 9.1 ff.).
1 So auch Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rz. 22. 2 Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rz. 12 und 16 f. 3 Hoffmann/Doehner in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 78 Rz. 15 und 20.
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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags Schrifttum: Jung, Peter, Firmen von Personenhandelsgesellschaften nach neuem Recht, ZIP 1998, 677; Koenigs, Folkmar, Die stille Gesellschaft, Hamburg 1956; Kort, Michael, Das Informations- und Prüfungsrecht des stillen Gesellschafters gemäß § 233, DStR 1997, 1372; Lörcher, Gino, Das neue Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, DB 1998, 245; Schmidt, Karsten, Neues Schiedsverfahrensrecht und Gesellschaftsrechtspraxis, ZHR 162 (1998), 265.
I. Der Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrags Das Gesetz enthält keine Bestimmungen darüber, welchen Inhalt im Einzelnen der Gesellschaftsvertrag haben muss. Es überlässt die Ausgestaltung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen weitgehend der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten. Ihr zufolge können sie ihre rechtlichen Beziehungen im Innenverhältnis so ordnen, wie es ihnen am zweckmäßigsten erscheint. Verwiesen sei an dieser Stelle auf die sich im Anhang befindenden Musterverträge einer typischen stillen Gesellschaft und einer atypischen stillen Gesellschaft i.S. des Steuerrechts.
10.1
Immerhin müssen sich aus dem Gesellschaftsvertrag die wesentlichen Merkmale einer stillen Gesellschaft eindeutig ergeben. Es muss aus ihm ersichtlich sein,
10.2
– dass eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung des stillen Gesellschafters am Handelsgewerbe eines anderen gewollt ist (animus contrahendae societatis), – dass der stille Gesellschafter sich verpflichtet, einen Beitrag zu leisten, der, sofern er in einer Vermögenseinlage besteht, in das Vermögen des Inhabers übergeht, – dass der stille Gesellschafter keine dingliche Mitberechtigung am Geschäftsvermögen erhält, – dass die Vereinigung sich auf das Innenverhältnis beschränkt und – dass der stille Gesellschafter am Gewinn beteiligt ist. Soll er am Verlust nicht beteiligt sein, so muss die Verlustbeteiligung vertraglich ausgeschlossen werden. Für die rechtliche Qualifikation des Vertrages als Vertrag über eine stille Gesellschaft ist der Rechtsfolgewille maßgeblich, den die Beteiligten in den Vertragsklauseln zum Ausdruck gebracht haben. Ihre eigene Bezeichnung ist dagegen unerheblich, wenn diese im Widerspruch zum dokumentierten Rechtsfolgewillen steht1. So ist etwa die von ihnen gewählte Bezeichnung für die rechtliche Beurteilung des Vertrages nicht entscheidend, wenn sich aus dem Vertragsinhalt ein Widerspruch mit dem Gesellschaftsrecht im Allgemeinen oder mit dem Recht der stillen Gesellschaft im Besonderen ergibt. Soll nach dem Gesellschaftsvertrag der „stille“ Gesellschafter auch dinglich am Geschäftsvermögen beteiligt sein oder soll das Handelsgewerbe unter einer gemeinschaftlichen Firma betrieben werden, so liegt niemals eine stille Gesellschaft vor, auch wenn der Personenzusammenschluss als solche bezeichnet wird. Andererseits steht der Gebrauch einer unrichtigen Vertragsbezeichnung der Annahme einer stillen Ge-
1 BFH v. 10.2.1978 – III R 115/76, WM 1978, 994 (995).
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10.3
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
sellschaft nicht entgegen, wenn der Vertrag in seinen wesentlichen Grundlagen die Merkmale der stillen Gesellschaft aufweist.
II. Der sonstige Inhalt des Gesellschaftsvertrags
10.4 Die Beteiligten sollten es niemals bei dem Mindestinhalt, der das Wesen der stillen Gesellschaft ausmacht, bewenden lassen. Sie sollten darüber hinaus weitere Regelungen in den Gesellschaftsvertrag aufnehmen, um von vornherein in jeder Hinsicht klare und eindeutige Rechtsverhältnisse zu schaffen. 1. Firma, Sitz und Gegenstand des Unternehmens
10.5 Es ist an sich nicht erforderlich, in den Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung zum Gegenstand des Unternehmens aufzunehmen. Die Aufnahme einer diesbezüglichen vertraglichen Regelung ist in jedem Falle aber zweckmäßig und ratsam, weil der Inhaber des Handelsgeschäfts mit der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters dann nicht nach seinem Belieben verfahren kann, sondern verpflichtet ist, sie im Rahmen des vereinbarten und genau umschriebenen Gegenstandes des Unternehmens einzusetzen. Das ist wichtig, wenn der Inhaber mehrere Handelsgeschäfte unter verschiedenen Firmen betreibt, der stille Gesellschafter aber nur an den Ergebnissen eines Unternehmens oder einzelner Geschäftszweige beteiligt sein soll. Aus denselben Gründen ist die genaue Festlegung der Firma und des Sitzes des Handelsgeschäfts zu empfehlen. a) Die Firma
10.6 Die stille Gesellschaft nimmt nicht unter einer gemeinschaftlichen Firma am Rechtsverkehr teil. Als Innengesellschaft tritt sie nach außen nicht in Erscheinung. Es gibt nur die Firma des Inhabers des Handelsgewerbes, für die die §§ 17 ff. HGB gelten.
10.7 Wesentliche Funktionen der Firma sind die Firmenunterscheidbarkeit, die Ersichtlichkeit der Gesellschaftsform und der Haftungsverhältnisse (§§ 18, 19 HGB). Die Firmenbildung des Einzelkaufmanns folgt den allgemeinen Regeln: Die Firma muss zur Kennzeichnung geeignet sein, Unterscheidungskraft besitzen (§ 18 Abs. 1 HGB) und darf nicht gegen das Irreführungsverbot verstoßen (§ 18 Abs. 2 HGB). Es besteht vorbehaltlich der genannten Einschränkungen die Wahl zwischen Personen-, Sach- und Phantasiefirmen. Die Firma darf keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse irrezuführen, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind (§ 18 Abs. 2 Satz 1 HGB). Der Name des stillen Gesellschafters darf also in der Firma grundsätzlich nicht erscheinen. Dies würde fälschlicherweise auf das Vorhandensein einer Außengesellschaft (OHG oder KG) hinweisen. Auch können ein Kaufmann und ein stiller Gesellschafter nicht zusammen als „Kaufmann & Stiller e.K.“ firmieren, da ein derartiges Auftreten nach außen in sich widersprüchlich und auch irreführend wäre1.
1 Canaris, Handelsrecht, § 11 Rz. 7.
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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
Es ist aber auch denkbar, dass jemand ein bestehendes Handelsgeschäft unter Lebenden erwirbt und dass der bisherige Inhaber daran still beteiligt bleibt. In diesem Falle darf für das Geschäft die bisherige Firma, in der der Name des nunmehr still Beteiligten enthalten ist, mit oder ohne Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes fortgeführt werden, wenn der bisherige Geschäftsinhaber und nunmehrige stille Gesellschafter in die Fortführung der Firma ausdrücklich einwilligt (§ 22 Abs. 1 HGB)1. Wird dies richtig eingetragen und bekannt gemacht, so ist Vertrauensschutz nur noch in den neben § 15 Abs. 2 HGB verbleibenden Grenzen möglich, also dann, wenn besondere Aufklärungspflichten verletzt wurden. Eine allgemeine Rechtsscheinhaftung des stillen Gesellschafters durch seine Namensnennung in der Firma wird in keinem Fall begründet2. Entsprechendes gilt, wenn ein Handelsgeschäft aufgrund eines Nießbrauchs, eines Pachtvertrags oder eines ähnlichen Verhältnisses übernommen wird (§ 22 Abs. 2 HGB). Ferner kann der still Beteiligte sein bisher selbst betriebenes Handelsgewerbe zusammen mit der Firma als Vermögenseinlage in das Handelsgewerbe des Inhabers einbringen (§ 23 HGB). Es gehört dann die Firma zum Vermögen des Inhabers.
10.8
Eine abgeleitete Firma kann also weitergeführt werden, auch wenn in ihr der Name des stillen Gesellschafters enthalten ist. Um jedoch kein Missverständnis über die Haftungsverhältnisse aufkommen zu lassen, ist es zweckmäßig, durch Beifügung eines das Nachfolgeverhältnis andeutenden Zusatzes klarzustellen, dass der stille Gesellschafter nicht Mitinhaber des Handelsgeschäfts ist.
10.9
Auf die Firma einer OHG, KG, AG, KGaA, GmbH oder eG hat die stille Beteiligung keinen Einfluss. Ob zur Vermeidung von möglichen Irrtümern ein Hinweis auf das Vorliegen einer stillen Gesellschaft in der Firma grundsätzlich zu unterbleiben hat (§ 18 Abs. 2 HGB), ist strittig3. Die Namen anderer Personen als der persönlich haftenden Gesellschafter durften vor der HGB-Reform 1998 nicht in die Firma einer OHG oder KG aufgenommen werden (§ 19 Abs. 4 HGB a.F.). Ob nunmehr die Namen von Kommanditisten aufgenommen werden dürfen oder ob ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB vorliegt, ist umstritten4. Der Gesetzgeber wollte das Firmenrecht durch die Abschaffung des § 19 Abs. 4 HGB a.F. gerade liberalisieren, so dass über § 18 Abs. 2 HGB n.F. nicht die aufgegebenen alten Wertungen wiederhergestellt werden dürfen5. Hingegen ist es zutreffend, wenn trotz der Liberalisierung des Firmenrechts weiterhin unter Verweis auf § 18 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aufnahme der Namen von Nichtgesellschaftern in die Firma abgelehnt wird. Es muss wenigstens eine mittelbare Unternehmensbeteiligung gegeben sein6. Für die Aufnahme des Stillen in die Firma ergibt sich folgende Lösung: Der Stille ist mittel-
10.10
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 15. 2 Anders noch Art. 299 ADHGB (1861). Heute allgemeine Meinung, vgl. nur Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 236; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 15. 3 Ablehnend noch die 6. Aufl., Rz. 10.10. 4 Für die Möglichkeit der Aufnahme zusätzlicher Personen: Heidinger in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2010, § 18 HGB Rz. 175, 178; Hopt in Baumbach/Hopt, § 19 HGB Rz. 22; Canaris, Handelsrecht, § 11 Rz. 5; a.A. Jung, ZIP 1998, 677 (682). 5 Canaris, Handelsrecht, § 11 Rz. 5. 6 Canaris, Handelsrecht, § 11 Rz. 6; a.A. in Bezug auf Personengesellschaften mit einem Rechtsformzusatz nach § 19 Abs. 2 HGB: Heidinger in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2010, § 18 HGB Rz. 179; OLG Karlsruhe v. 24.2.2010 – 11 Wx 15/09, RNotZ 2010, 482.
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bar durch seine Einlage am Geschäft der Handelsgesellschaft beteiligt. Handelt es sich um eine KG, weiß der Außenstehende ohnehin nicht, ob alle Namensträger in der Firma persönlich haftende Gesellschafter sind. Der Name des stillen Gesellschafters kann folglich in die Firma aufgenommen werden. Handelt es sich um eine OHG, erschließt sich aus dem Verbot der Aufnahme von Nichtgesellschaftern, dass alle Namensgeber der Firma persönlich haften. Die Aufnahme des Namens eines stillen Gesellschafters ist in diesem Fall irreführend gemäß § 18 Abs. 2 HGB. Ob in die Firma der GmbH die Namen anderer Personen als der Gesellschafter aufgenommen werden dürfen, ist ebenfalls am Maßstab des Irreführungsverbots des § 18 Abs. 2 HGB zu ermitteln. Da den Gläubigern gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG nur die GmbH mit ihrem Vermögen haftet, kann aus Sicht der Gläubiger kein Vertrauen entstehen, dass eine in der Firma aufgeführte Person persönlich haftet. Die Aufnahme des Namens des stillen Gesellschafters in die Firma der GmbH ist daher zulässig. Nichts anderes gilt für die AG. Der Rechtsformzusatz „GmbH & Still“ ist dagegen aufgrund der Eignung zur Irreführung über die Haftungsverhältnisse firmenrechtlich unzulässig1.
10.11 Verstöße gegen die Vorschriften über die Handelsfirma berechtigen das Registergericht zum Einschreiten gemäß § 37 Abs. 1 HGB i.V.m. § 392 FamFG und können für den stillen Gesellschafter eine Haftung für die Verbindlichkeiten des Inhabers begründen. Soweit ein stiller Gesellschafter unzulässig in die Firma des e.K. oder der OHG aufgenommen worden ist, kommt eine Haftung gegenüber Gläubigern als Scheinhandelsgesellschafter in Betracht.
10.12 Zum Schutz des stillen Gesellschafters und im Interesse der ordnungsgemäßen Verwendung seiner Vermögenseinlage ist es zulässig, im Innenverhältnis zu vereinbaren, dass der Inhaber die Firma, die im Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft bestand, ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters nicht ändern darf. Aber auch ohne ausdrückliche Vereinbarung wird man im Wege der Vertragsauslegung in der Regel zu demselben Ergebnis kommen müssen, insbesondere dann, wenn der Inhaber noch unter einer anderen Firma Handelsgeschäfte betreibt oder an anderen Firmen beteiligt ist. b) Der Gegenstand des Unternehmens
10.13 Gegenstand des Unternehmens einer stillen Gesellschaft kann jedes Handelsgewerbe sein (Rz. 5.2 ff.). Auch hier werden die Beteiligten gut daran tun, im Gesellschaftsvertrag das Handelsgewerbe, an dem die stille Gesellschaft stattfinden soll, nach Art, Geschäftszweig und Umfang so genau wie möglich zu umschreiben und zu vereinbaren, dass der Geschäftsinhaber den Gegenstand des Unternehmens nicht ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters verändern darf. Auch diese Vereinbarung beschränkt sich in ihrer Wirkung auf das Innenverhältnis. Handelt ihr der Inhaber zuwider, so liegt darin eine Verletzung des Gesellschaftsvertrags, die den stillen Gesellschafter zum Ersatz des ihm entstandenen Schadens berechtigt und ihm einen wichtigen Grund zur fristlosen Lösung des Gesellschaftsverhältnisses geben kann (Rz. 12.7 ff. und 15.30 ff.).
1 Vgl. Heider in MünchKomm/AktG, 3. Aufl. 2008, § 4 AktG Rz. 30.
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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
Wird in der Form der stillen Gesellschaft ein erlaubtes Glücksspiel betrieben, so verstößt das nicht gegen § 134 BGB1. Wegen atypischer stiller Gesellschaften an Unternehmen, für deren Betrieb eine persönliche Konzession erforderlich ist, siehe Rz. 9.76 ff.
10.14
c) Der Sitz des Unternehmens Da die stille Gesellschaft keine Außengesellschaft ist, hat sie keinen Sitz im handelsrechtlichen Sinne. Der Sitz des Handelsgewerbes, d.h. der Ort, wo die Verwaltung geführt wird, bestimmt sich nach den für den Inhaber geltenden Bestimmungen. Im Gesellschaftsvertrag kann – wiederum beschränkt auf das Innenverhältnis – vereinbart werden, dass der Inhaber zur Verlegung des Sitzes seines Handelsgeschäfts der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf. Ist eine solche Bestimmung nicht in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen, wird man in der Regel aufgrund der gegebenen Interessenlage im Wege der Auslegung zu demselben Ergebnis kommen.
10.15
Der Sitz ist maßgebend für den Gerichtsstand (§ 17 ZPO). Bei Rechtsstreitigkeiten ist die stille Gesellschaft weder aktiv noch passiv parteifähig2. Nur der Inhaber des Handelsgeschäfts ist Partei. In den von ihm oder gegen ihn geführten Prozessen kann der stille Gesellschafter Zeuge sein. Die stille Gesellschaft hat keinen eigenen Gerichtsstand. § 22 ZPO ist nicht anwendbar. Für Streitigkeiten der Gesellschafter untereinander ist sowohl während des Bestehens als auch nach Auflösung der Gesellschaft die Kammer für Handelssachen zuständig (§§ 95 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a, 96, 98 GVG).
10.16
2. Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte des stillen Gesellschafters § 233 Abs. 1 HGB, wonach der stille Gesellschafter berechtigt ist, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und ihre Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen, enthält nachgiebiges Recht3. In den Gesellschaftsverträgen werden häufig Vereinbarungen getroffen, durch die die Kontrollrechte des stillen Gesellschafters erweitert oder beschränkt werden (siehe dazu näher Rz. 12.45 ff.)4. Eine Erweiterung wird regelmäßig vereinbart, wenn es sich um eine hohe Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters handelt, wenn er auch an den Anlagewerten, an den Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert beteiligt sein soll oder wenn er im Innenverhältnis der eigentliche Geschäftsherr ist.
10.17
Eine Beschränkung der Informations- und Kontrollrechte ist zweckmäßig, wenn mehrere stille Gesellschafter vorhanden sind und der Inhaber daran interessiert ist, dass nicht jeder einzelne seine Rechte selbständig und unabhängig von den anderen ausübt (dazu Rz. 5.56), wenn die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters für das Handelsgeschäft nur geringe Bedeutung hat oder wenn er selbst ein Handelsgewerbe betreibt und mit dem Geschäftsinhaber im Wettbewerb steht.
10.18
1 BGH v. 19.9.1963 – II ZR 76/61, MDR 1963, 988. 2 Für den Fall einer notwendigen Beiladung der stillen Gesellschaft erfolgt die Vertretung durch den Empfangsberechtigten, vgl. BFH v. 21.12.2011 – IV B 101/10, BFH/NV 2012, 598. 3 Vgl. Kort, DStR 1997, 1372. 4 Zum Umfang eines gesellschaftsvertraglich vereinbarten Einsichtsrechts des stillen Gesellschafters bei Beteiligung des Geschäftsinhabers an weiteren Gesellschaften vgl. BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, ZIP 1984, 702.
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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
10.19 Bei einer aus diesen Gründen erfolgenden Beschränkung der Informations- und Kontrollrechte im Gesellschaftsvertrag ist allerdings darauf zu achten, dass die vertraglichen Regelungen die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters nicht zu sehr beschneiden, denn eine zu starke Beschränkung seiner Informations- und Kontrollrechte kann die Existenz einer stillen Gesellschaft überhaupt in Frage stellen oder sittenwidrig bzw. nichtig sein (Rz. 12.46)1.
10.20 Obgleich der stille Gesellschafter kraft Gesetzes keine Mitwirkungsbefugnisse hat, können ihm solche durch den Gesellschaftsvertrag übertragen werden (Rz. 12.36, 12.45 ff., 12.61 ff.). Hier ist wiederum der Privatautonomie ein weiter Spielraum gelassen. Bestimmte Rechtshandlungen (Änderung der Firma, des Sitzes) oder bestimmte Rechtsgeschäfte (Grundstücksgeschäfte, Erwerb und Veräußerungen von Betrieben und Beteiligungen, Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter, wesentliche Anstellungsverträge) können zu ihrer Wirksamkeit im Innenverhältnis von der Zustimmung oder Genehmigung des stillen Gesellschafters abhängig gemacht werden. Er kann an der Geschäftsführung beteiligt werden, sei es zusammen mit dem Inhaber, sei es neben ihm oder unter seinem gänzlichen Ausschluss; er kann mit Wirkung nach außen zum Handlungsbevollmächtigten oder Prokuristen bestellt werden (Rz. 12.36 ff.). 3. Beitragsleistung, Gewinn- und Verlustbeteiligung
10.21 Art und Höhe der Beitragsleistung sowie ihre Bewertung sind im Gesellschaftsvertrag festzulegen. Dasselbe gilt für die Höhe des Gewinn- und Verlustanteils, für den der Gewinn- und Verlustverteilung zugrunde zu legenden Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel (vgl. Rz. 7.1 ff.), sowie dafür, ob die Gewinn- und Verlustverteilung auf der Grundlage der Handelsbilanz (Jahresabschluss) oder der Steuerbilanz vorgenommen werden soll (vgl. Rz. 14.18 ff.)2. Soll der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt sein, so bedarf dies der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB; vgl. dazu Rz. 7.61).
10.22 Sofern der Stille seine Beitragsleistung erbracht hat3, ist er zu weiteren Leistungen an den Inhaber nur verpflichtet, wenn im Gesellschaftsvertrag eine solche „Nachschusspflicht“ vorgesehen ist (§ 707 BGB)4. Dasselbe gilt für die nachträgliche Erhöhung der Vermögenseinlage. Insbesondere vermehrt der von dem Stillen der Gesellschaft belassene Gewinn dessen Einlage nur dann, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde (§ 232 Abs. 3 HGB). Selbst dann, wenn eine „Nachschussverpflichtung“ oder eine Verpflichtung zur Einlagenerhöhung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, beschränkt sich diese Vereinbarung ebenso wie die Verpflichtung zur Leistung des ursprünglichen Beitrags auf das Innenverhältnis. Die Gläubiger des Inhabers können daraus keine unmit1 Vgl. Kort, DStR 1997, 1372 (1375). 2 Zur Auslegung einer Verlustbeteiligungsregelung in stiller Gesellschaft und in atypisch stiller Gesellschaft in Abgrenzung zur persönlichen Nachschusspflicht des stillen Gesellschafters vgl. OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916. 3 Zur Frage, wann eine Einlage geleistet ist, vgl. BFH v. 24.4.2014 – IV R 18/10, GmbHR 2014, 1113. 4 Zur Bestimmtheit der Nachschusspflicht vgl. BGH v. 4.7.2005 – II ZR 354/03, ZIP 2005, 1455; BGH v. 23.1.2006 – II ZR 306/04, ZIP 2006, 562; BGH v. 23.1.2006 – II ZR 126/04, ZIP 2006, 754; BGH v. 19.3.2007 – II ZR 73/06, ZIP 2007, 812; BGH v. 21.5.2007 – II ZR 96/06, ZIP 2007, 1458.
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telbaren Ansprüche gegen den stillen Gesellschafter herleiten, wohl aber die Forderung des Inhabers gegen ihn auf Leistung des rückständigen Beitrags pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. 4. Auseinandersetzungsguthaben, schwebende Geschäfte In jedem Fall sollte der Gesellschaftsvertrag die Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs des stillen Gesellschafters bei Beendigung der stillen Gesellschaft regeln. Das Gesetz bestimmt in § 235 Abs. 1 HGB hierzu lediglich, dass das Guthaben des stillen Gesellschafters in Geld zu berichtigen ist, lässt die näheren Modalitäten aber offen. Dies birgt den Keim für Streit bei der Auseinandersetzung in sich, da mit ihr zu klären ist, inwieweit der stille Gesellschafter für in dem Handelsgewerbe vorhandene stille Reserven abzufinden ist. Dies gilt in jedem Fall für die atypische stille Gesellschaft, die sich gerade durch die umfassende Abfindung für solche stille Reserven auszeichnet (vgl. Rz. 4.28 ff.), aber auch für die typische stille Gesellschaft. Denn auch bei ihr kommt eine solche Abfindung in Betracht, soweit während des Bestehens der stillen Gesellschaft stille Reserven (ggf. auch Verluste) gelegt wurden, an denen der stille Gesellschafter zwar nicht im Jahr ihrer wirtschaftlichen Verursachung, wohl aber bei Beendigung der stillen Gesellschaft partizipieren soll (vgl. Rz. 16.19 ff., 16.21). Die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens ist deswegen zentraler Bestandteil jedes Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft.
10.23
Empfehlenswert ist es, die letzte Jahresschlussbilanz vor der Auflösung der stillen Gesellschaft zur Grundlage der Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs zu bestimmen, um auf diese Weise die gesonderte Erstellung einer Bilanz im Falle der Beendigung der stillen Gesellschaft zu vermeiden. Dies entspricht ohnehin der Regelung in §§ 132, 234 Abs. 1 Satz 1 HGB, sollte darüber hinaus aber auch für alle anderen Fälle des Ausscheidens gelten. Für die darüber hinausgehende Berechnung des Abfindungsguthabens sind verschiedene Regelungen denkbar (vgl. hierzu im Einzelnen Rz. 16.25 f.). Dem Gestaltungswillen der Gesellschafter sind insoweit nur geringe Grenzen gesetzt. Insbesondere können die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen bei Gesamthandsgesellschaften nur sehr bedingt auf die stille Gesellschaft übertragen werden, da bei der typischen stillen Gesellschaft der stille Gesellschafter ohnehin nur in sehr eingeschränktem Maße über den Buchwert seiner Einlage hinaus abzufinden ist (vgl. Rz. 16.19 ff.), der Vergleichsmaßstab für Abfindungsbeschränkungen bei stillen Gesellschaften also von vornherein ein anderer ist als bei Gesamthandsgesellschaften. Dennoch können auch bei stillen Gesellschaften Abfindungsbeschränkungen unter Umständen unwirksam sein.
10.24
Unwirksam können bei typischen stillen Gesellschaften vor allem Abfindungsklauseln sein, die die Abfindung unter den Buchwert der Einlage des stillen Gesellschafters senken. In diesem Fall wird noch von der gesetzlichen Regelung des § 235 Abs. 1 HGB nach unten abgewichen. Hierin liegt zumindest dann ein Verstoß gegen § 138 BGB, wenn die Klausel Gläubiger unangemessen benachteiligt, weil sie nur für den Fall der Gläubigerkündigung gilt1, oder wenn sie den stillen Gesellschafter unange-
10.25
1 BGH v. 7.4.1960 – II ZR 69/58, BGHZ 32, 151 (155); BGH v. 12.6.1975 – II ZB 12/73, BGHZ 65, 22 (26 ff.).
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messen benachteiligt, weil sie auch dann anzuwenden ist, wenn der Geschäftsinhaber die stille Gesellschaft kündigt, ohne dass der stille Gesellschafter hierfür einen wichtigen Grund gesetzt hat1. Entsprechend der Rechtslage bei Gesamthandsgesellschaften wird man auch sonst eine Abfindung unter dem Buchwert regelmäßig als unwirksam ansehen müssen, sofern sie nicht ausnahmsweise durch besondere Interessen des Geschäftsführers gerechtfertigt ist2. Insofern kommt insbesondere in Betracht, dass Liquiditätsinteressen des Geschäftsinhabers zumindest die Fälligkeit des Abfindungsguthabens hinausschieben3. Hingegen hat die Rechtsprechung lediglich in dem Umstand, dass die Beteiligung dem Gesellschafter von dem Inhaber zuvor geschenkt war, keine Rechtfertigung für eine Abfindungsbeschränkung gesehen4. Ob ein gänzlicher Ausschluss der Abfindung im Falle des Todes eines Gesellschafters wie bei Gesamthandsgesellschaften unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt sein kann, dass die Regelung für alle Gesellschafter gleichmäßig gilt, erscheint wegen der unterschiedlichen Struktur von Gesamthands- und Innengesellschaften zweifelhaft. Unwirksam können bei typischen stillen Gesellschaften ferner Klauseln sein, die das unentziehbare Kündigungsrecht nach § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB schwerwiegend beeinträchtigen, weil sie speziell für den Fall der Kündigung im Verhältnis zum Buchwert der Einlage entweder eine unverhältnismäßig niedrige oder eine unverhältnismäßig hohe Abfindung bestimmen. Hingegen ist für die bei Gesamthandsgesellschaften im Zusammenhang mit Abfindungsbeschränkungen bedeutsame ergänzende Vertragsauslegung nur sehr eingeschränkt Raum, da typische stille Gesellschafter anders als Gesamthandsgesellschafter per definitionem grundsätzlich nur an dem buchmäßig ausgewiesenen Erfolg des Handelsgewerbes partizipieren. Anderes kann nur dann gelten, wenn während des Bestehens der stillen Gesellschaft im Übermaß stille Reserven gelegt wurden, an denen der stille Gesellschafter sonst – entgegen der Intention des Gesellschaftsvertrags – gar nicht teilhaben würde. Selbst in diesem Fall werden aber häufig die Interessen an einer einfachen Berechnung des Abfindungsguthabens die Abfindung zum Buchwert rechtfertigen.
10.26 Für atypische stille Gesellschaften gilt insofern prinzipiell nichts anderes als für typische stille Gesellschaften, da gerade die Regelung des Abfindungsguthabens für die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften von Bedeutung ist5. Eine Übertragung der Grundsätze über Abfindungsbeschränkungen bei 1 BGH v. 29.5.1978 – II ZR 52/77, NJW 1979, 104; vgl. auch BGH v. 9.1.1989 – II ZR 83/88, ZIP 1989, 770 (772). 2 BGH v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, BGHZ 116, 359 (376). 3 Vgl. OLG München v. 8.10.2014 – 15 U 756/14 (bestätigt durch Beschluss des BGH v. 22.9.2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 mit der Folge der Revisionsrücknahme). Hier verlangten die stillen Gesellschafter einer KG nach fristgerechter und wirksamer Kündigung klageweise die Auszahlung ihrer vertraglich vereinbarten Abfindung. Die beklagte KG hingegen verweigerte unter Berufung auf eine entsprechende Klausel die Auszahlung, da bei einer Auszahlung der Abfindung auch mit der Geltendmachung von Ansprüchen weiterer stiller Gesellschafter zu rechnen sei, die die Beklagte in ihrer Gesamtsumme nicht erfüllen könne, was dann ihre Insolvenz zur Folge habe. Der Klage wurde stattgegeben, da die Klausel einen Zahlungsausschluss nur für den Fall der Insolvenzgefährdung durch die Rückzahlung der konkreten Einzeleinlage vorsah. Die Berufung blieb ohne Erfolg. 4 BGH v. 9.1.1989 – II ZR 83/88, ZIP 1989, 770 (772) (Gesamthandsgesellschaft). 5 Vgl. OLG München v. 8.7.1992 – 7 U 1562/91, NJW-RR 1994, 161; zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften: Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262–268.
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Gesamthandsgesellschaften auf atypische stille Gesellschaften scheidet aus, weil eben bei Vereinbarung einer Abfindungsbeschränkung insoweit keine atypische, sondern eine typische stille Gesellschaft vorliegt. Nur wenn sich aus dem Inbegriff aller übrigen Vertragsbestandteile deutlich ergibt, dass die Vertragsparteien doch eine volle Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters vereinbaren wollten, der Vertrag also insofern perplex und zugunsten einer vollen Vermögensbeteiligung auszulegen ist, können die Grundsätze über Abfindungsbeschränkungen bei Gesamthandsgesellschaften angewandt werden1. Gemäß § 235 Abs. 2 HGB nimmt der stille Gesellschafter an dem Gewinn und Verlust der zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte teil. Für die Gewinne und Verluste aus den im Zeitpunkt der Errichtung der Gesellschaft schwebenden Geschäften sieht das Gesetz keine Regelung vor. Im Zweifel ist der stille Gesellschafter daran zu beteiligen, da sie einen Teil der regulären Geschäftsergebnisse bilden (siehe näher Rz. 16.59 ff.).
10.27
In beiden Fällen handelt es sich um nachgiebiges Recht. Es kann deshalb die Beteiligung des stillen Gesellschafters an den Gewinnen der bei Beginn der Gesellschaft schwebenden Geschäfte, die dann aber eindeutig gekennzeichnet werden müssen, ausgeschlossen werden. Dasselbe gilt für die Beteiligung an den bei Auflösung der Gesellschaft schwebenden Geschäften. Es kann auch so verfahren werden, dass dem stillen Gesellschafter ohne Rücksicht auf das Ergebnis der endgültig abgewickelten Geschäfte vertraglich ein Pauschalabfindungsbetrag zuerkannt wird (Rz. 16.65).
10.28
5. Übertragung der Beteiligung Der Charakter der stillen Gesellschaft als Personengesellschaft gestattet grundsätzlich keine Übertragung der Mitgliedschaft und der nichtvermögensrechtlichen Ansprüche, die den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis gegeneinander zustehen, auf dritte Personen. Es würde ihrer personenrechtlichen Verbundenheit widersprechen, wenn ein Gesellschafter seine Beteiligung ohne Zustimmung des anderen auf eine dritte Person übertragen könnte, mit der der andere nun fortan zusammenarbeiten müsste2. Damit ist die freie Übertragbarkeit für den personenrechtlichen Teil der Mitgliedschaft ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters ausgeschlossen, und zwar sowohl hinsichtlich einzelner Befugnisse als auch hinsichtlich der Summe der Einzelrechte, die zu dem personenrechtlichen Teil der Mitgliedschaft gehören.
10.29
Unübertragbar sind deshalb auf Seiten des stillen Gesellschafters das ihm vertraglich eingeräumte Recht auf Teilnahme an der Geschäftsführung, ihm vertraglich zustehende Zustimmungs-, Widerspruchs- und Informationsrechte und die Kontrollrechte aus § 233 HGB (vgl. § 717 Satz 1 BGB). Auf Seiten des Inhabers sind die ihm zustehenden Rechte und Pflichten zur Förderung des gemeinschaftlichen Zweckes sowie die vermögensrechtlichen Sozialansprüche wie etwa der Anspruch auf eine vereinbarte Vermögenseinlage von der Übertragung ausgeschlossen.
10.30
1 Zu diesen vgl. Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 131 HGB Rz. 61 ff. 2 Allgemein zur Frage der Abspaltbarkeit von mitgliedschaftlichen Rechten mit und ohne Zustimmung des Mitgesellschafters vgl. BGH v. 10.11.1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, 354 (357).
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10.31 Auch die vermögensrechtliche Beteiligung kann während des Bestehens der Gesellschaft nicht einseitig auf Dritte übertragen werden, da auch sie einen integrierten Bestandteil der Mitgliedschaft bildet und von ihr nicht ohne Zustimmung des anderen Gesellschafters gelöst werden kann.
10.32 Dagegen sind die Ansprüche auf den anteiligen Gewinn und auf das künftige Auseinandersetzungsguthaben übertragbar (§ 717 Satz 2 BGB)1. Es handelt sich um vermögensrechtliche Geldansprüche, die übertragen werden können, weil sie nicht mehr in den Gesellschaftsbereich gehören, sondern bereits der vermögensrechtlichen Individualsphäre des stillen Gesellschafters zugeordnet sind. Soweit die Ansprüche übertragbar sind, können sie gepfändet oder verpfändet werden. Eine Pfändung ist auch möglich, wenn im Gesellschaftsvertrag die Nichtabtretbarkeit vereinbart worden ist (§ 851 Abs. 2 ZPO).
10.33 Mit der Abtretung des Gewinnanspruchs geht grundsätzlich nur das Recht auf Auszahlung des festgestellten Gewinns auf den Abtretungsempfänger über. In Übereinstimmung mit dem im Recht der Personengesellschaft allgemein geltenden Grundsatz (§ 717 BGB), wonach die Rechte der Gesellschafter unübertragbar sind und einzelne Rechte im allgemeinen nur insoweit abgetreten und vom Gesellschaftsanteil abgespalten werden können, als das Gesetz selbst Ausnahmen zulässt, können auch die dem stillen Gesellschafter nach § 233 HGB zustehenden Informations- und Überwachungsrechte nicht übertragen werden. Der Abtretungsempfänger kann deshalb weder die Mitteilung des Jahresabschlusses noch die Einsicht in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere verlangen. Es würde der Höchstpersönlichkeit der gesellschaftsrechtlichen Informations- und Überwachungsrechte widersprechen, sie einem Dritten zur Ausübung im eigenen Namen zu überlassen. Wenn hiernach auch kein allgemeines Informations- und Überwachungsrecht übertragen werden kann, so kann doch nicht an der Tatsache vorbeigegangen werden, dass durch die Abtretung auch das Recht auf Auszahlung des Gewinnanteils erworben wurde. Hierbei handelt es sich um einen Zahlungsanspruch, der seinem Inhalt nach unbestimmt ist. Er entsteht nur dann und soweit, als ein Gewinn festgestellt wird. In einem solchen Fall enthält die Verpflichtung, den jeweils festgestellten Gewinnanteil des übertragenden Gesellschafters dem Abtretungsempfänger auszuzahlen, nach Treu und Glauben auch das Gebot, diesem den errechneten Gewinnanteil der Höhe nach mitzuteilen2.
10.34 Selbstverständlich kann jeder Gesellschafter mit Zustimmung des anderen seine Beteiligung und die damit verbundenen Gesellschaftsrechte auf einen anderen übertragen. Das kann auch schon im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden. Anhand des Gesellschaftsvertrags ist dann zu ermitteln, welche Form der Beteiligungsübertragung im Einzelnen dem Willen der Beteiligten entspricht.
10.35 Danach kann es sein, dass die stille Gesellschaft zwischen den bisher beteiligten Personen im Zeitpunkt der Übertragung enden soll. Dann kommt zwischen dem verbleibenden Gesellschafter und dem Erwerber der Beteiligung ein neuer Gesellschaftsvertrag – im Zweifel zu den bisherigen Bedingungen – zustande.
1 BGH v. 3.11.1975 – II ZR 98/74, NJW 1976, 189 = GmbHR 1976, 37. 2 BGH v. 3.11.1975 – II ZR 98/74, NJW 1976, 189 = GmbHR 1976, 37; Habermeier in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 717 BGB Rz. 19.
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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
Dem im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Willen der Beteiligten wird es allerdings in der Regel entsprechen, einen Übergang der Mitgliedschaft als Ganzes unter Wahrung der Identität der bestehenden stillen Gesellschaft anzunehmen1. Diese Form der Beteiligungsübertragung vollzieht sich zwischen ausscheidendem und neu eintretendem Gesellschafter, und bei ihr tritt der neue Geschäftsinhaber oder stille Gesellschafter im vollen Umfang in die Rechtsstellung seines Vorgängers ein2. Bei einem Wechsel des Geschäftsinhabers erhält der neue Geschäftsinhaber damit einen wirtschaftlichen Ausgleich für die gegenüber dem stillen Gesellschafter übernommenen Verpflichtungen vom alten Geschäftsinhaber. Bei einem Wechsel des stillen Gesellschafters findet diesen der neue stille Gesellschafter ab.
10.36
Eine Sonderregelung gilt für den Fall des Todes eines Beteiligten. Während die stille Gesellschaft durch den Tod des Inhabers aufgelöst wird, führt der Tod des stillen Gesellschafters nicht die Auflösung herbei (§ 234 Abs. 2 HGB). Den Gesellschaftern bleibt es jedoch unbenommen, zu vereinbaren, dass beim Tod des Inhabers die Gesellschaft mit seinen Erben fortgesetzt oder dass sie beim Tod des stillen Gesellschafters aufgelöst werden soll (Rz. 15.43 ff., 15.49 ff.).
10.37
Die grundsätzliche Unübertragbarkeit der stillen Beteiligung lässt den Unterschied gegenüber dem Darlehen deutlich erkennen. Obwohl sich im Regelfalle die Verpflichtung des stillen Gesellschafters in der Leistung der übernommenen Vermögenseinlage erschöpft und deshalb dem Darlehen wirtschaftlich nahe kommt, ist die Interessenlage eine wesentlich andere. Dem Inhaber des Handelsgeschäfts kann es nicht gleichgültig sein, wer ihm als stiller Gesellschafter gegenübersteht, ebenso wie es dem stillen Gesellschafter nicht gleichgültig sein kann, mit wem er es als Inhaber zu tun hat. Für den Inhaber ist das Interesse an der Unübertragbarkeit der Beteiligung besonders offensichtlich, wenn der stille Gesellschafter seine Einlage noch nicht oder noch nicht voll geleistet oder wenn er sich zur Einbringung persönlicher Dienstleistungen verpflichtet hat, wenn er an der Geschäftsführung beteiligt ist oder über weitgehende Mitwirkungs-, Zustimmung- und Kontrollrechte verfügt. Aber auch bei normaler Gestaltung des Gesellschaftsverhältnisses verbietet der gemeinsam zu verfolgende Gesellschaftszweck, dass dem Inhaber ohne oder gegen seinen Willen ein anderer stiller Gesellschafter aufgezwungen wird. Will dagegen der stille Gesellschafter an seiner Beteiligung einen anderen unterbeteiligen, bedarf es dazu nicht der Zustimmung des Inhabers, weil zwischen diesem und dem Unterbeteiligten keine Rechtsbeziehungen entstehen (hierzu näher Rz. 30.27 f.).
10.38
Andererseits hat auch der stille Gesellschafter ein berechtigtes Interesse daran, dass ohne seinen Willen kein Inhaberwechsel stattfindet. Es kann deshalb im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Inhaber sein Handelsgeschäft, an dem die Beteiligung besteht, nicht oder nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters veräußern oder in eine andere Rechtsform umwandeln darf (Rz. 12.15 ff., 18.1 ff.). Mit einer derartigen Klausel würde noch einmal ausdrücklich festgeschrieben, dass es der gemeinsam zu verfolgende Gesellschaftszweck verbietet, dem stillen Gesellschafter ohne oder gegen seinen Willen einen anderen Geschäftsinhaber aufzuzwingen. Darü-
10.39
1 So allgemein für Personengesellschaften BGH v. 28.4.1954 – II ZR 8/53, BGHZ 13, 179 (185); zu den Motiven der Beteiligten im Einzelnen Reinhardt/Schultz, Gesellschaftsrecht, S. 53. 2 BGH v. 8.11.1965 – II ZR 223/64, BGHZ 44, 229 (231); Schäfer in MünchKomm/BGB, § 719 BGB Rz. 17 ff.
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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
ber hinaus kann aber auch die Aufnahme weiterer Gesellschafter von der Zustimmung des still Beteiligten abhängig gemacht werden. 6. Dauer der stillen Gesellschaft, Kündigung
10.40 Soll die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen werden, muss dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart sein. Mit dem Ablauf der vorgesehenen Zeit löst sich dann die Gesellschaft auf (Rz. 15.11 f.). Soll sie weiterhin fortbestehen, bedarf es eines neuen Vertrags, der auch stillschweigend geschlossen werden kann1. In der Fortführung des Handelsgeschäfts durch den Inhaber über die vorgesehene Zeit hinaus ist eine solche stillschweigende Vereinbarung nicht zu sehen. Es muss vielmehr zwischen den Beteiligten eine Einigung darüber bestehen, dass das Gesellschaftsverhältnis fortbestehen soll. Das den Gesellschaftern zustehende Kündigungsrecht kann im Gesellschaftsvertrag abweichend von den nachgiebigen gesetzlichen Vorschriften geregelt werden (Rz. 15.23 ff.). 7. Geheimhaltung der stillen Gesellschaft
10.41 Das Bestehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses braucht an sich vor der Öffentlichkeit nicht geheim gehalten zu werden. Häufig macht der Inhaber mit Einwilligung des stillen Gesellschafters seinen Gläubigern im Interesse seiner Kreditwürdigkeit davon Mitteilung. Rechtsbeziehungen zwischen diesen und dem stillen Gesellschafter werden dadurch nicht erzeugt. Insbesondere haftet der stille Gesellschafter nicht für die im Rahmen des Handelsgeschäfts begründeten Verbindlichkeiten. Hierzu bedarf es gesonderter Vereinbarungen (siehe näher Rz. 12.65 ff.). Eine Rechtsscheinhaftung des Stillen wird lediglich dann begründet, wenn er den Anschein hervorruft oder unterhält, er sei Geschäftsinhaber oder persönlich haftender Gesellschafter2.
10.42 Die Beteiligten können aber auch daran interessiert sein, dass die stille Gesellschaft nach außen nicht bekannt wird. Sie können dann diesbezügliche Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag treffen. Bei schuldhafter Zuwiderhandlung ergeben sich Schadensersatzverpflichtungen. Auch ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses kann gegeben sein (Rz. 12.31, dort auch zur Geheimhaltung als Ausfluss der Treuepflicht des Geschäftsinhabers). 8. Gewährung von Sicherheiten an den stillen Gesellschafter
10.43 Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass der Abfindungsanspruch des stillen Gesellschafters durch Pfandrechte, Hypotheken oder im Wege der Sicherungsübereignung gesichert werden soll. Die hypothekarische Sicherung der Einlage führt, da der Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters erst mit der Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses entsteht, zunächst zur Entstehung einer Eigentümergrundschuld, die sich im Zeitpunkt der Auflösung in eine Fremdhypothek verwandelt3. Aber auch der künftige Auseinandersetzungsanspruch muss bereits der 1 BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238). 2 RG v. 15.3.1893 – I 451/92, RGZ 31, 33 (39); BAG v. 16.3.1955 – 2 AZR 28/54, JZ 1955, 582; BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, WM 1964, 296 (297). 3 BayObLG v. 2.1.1951 – UmstBeschwReg. 12/50, NJW 1951, 237 (238).
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Höhe nach bestimmbar sein, um die (vorläufige) Eigentümergrundschuld einzutragen zu können1. Auch Vereinbarungen darüber, dass der Abfindungsanspruch in angemessenen Raten zurückzuzahlen ist, um nicht die Liquidität des Unternehmens zu gefährden, haben sich in der Praxis als zweckmäßig erwiesen. 9. Vereinbarung eines Schiedsgerichts Die Vereinbarung eines Schiedsgerichts, also eines privaten Gerichts, das im schiedsrichterlichen Verfahren entscheidet, hat den Vorteil, dass Streitigkeiten nicht in der Öffentlichkeit ausgetragen werden müssen; die stille Beteiligung wird also auch im Falle eines Rechtsstreits nicht publik. Dazu kommt, dass Meinungsverschiedenheiten in aller Regel auf diese Weise verhältnismäßig schnell beigelegt werden können.
10.44
Durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz 1997 wurden die im Wesentlichen noch aus dem Jahr des Inkrafttretens der ZPO (1879) stammenden Vorschriften des zehnten Buchs der ZPO einer grundlegenden Reform unterworfen, die sich weitgehend an dem UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit orientiert. Während jedoch das Modellgesetz nur für die internationale Schiedsgerichtsbarkeit gedacht war, gelten die geänderten Vorschriften des deutschen Rechts ohne Unterschied, ob es sich um ein internationales oder nationales Verfahren handelt2. Die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die vor dem Inkrafttreten am 1.1.1998 geschlossen worden sind, beurteilt sich gemäß § 33 EGZPO nach dem bis dahin geltenden Recht3.
10.45
§ 1029 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass durch eine Schiedsvereinbarung alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen den Parteien in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden können. Gegenstand der Schiedsvereinbarung kann jeder vermögensrechtliche Anspruch sein; auch Schiedsvereinbarungen über nichtvermögensrechtliche Ansprüche haben insoweit Wirkung, als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen (§ 1030 Abs. 1 ZPO). Grundsätzlich kann also eine Schiedsvereinbarung über alle Probleme, die sich im Zusammenhang mit einer stillen Beteiligung ergeben, getroffen werden. Die Schiedsrichter treffen in freier Beweiswürdigung eine billige Entscheidung, gegen die allerdings grundsätzlich kein Rechtsmittel gegeben ist (§ 1055 ZPO).
10.46
Die Schiedsklausel könnte etwa lauten4:
10.47
„Alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag sollen unter Ausschluss des Rechtswegs durch ein Schiedsgericht entschieden werden. Den Schiedsvertrag haben die Parteien in einer besonderen Urkunde als Bestandteil dieses Gesellschaftsvertrags niedergelegt.“ Die Schiedsvereinbarung bedarf der Dokumentenform. Eine mündliche Vereinbarung genügt den Anforderungen des § 1031 ZPO auch dann nicht, wenn kein Verbraucher
1 2 3 4
Bassenge in Palandt, § 1113 BGB Rz. 9 und 18. Lörcher, DB 1998, 245 (245). Vgl. hierzu Münch in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. 2013, Vor §§ 1025 ff. ZPO Rz. 149. So Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 30.
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10.48
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
(§ 13 BGB) an der Vereinbarung beteiligt ist; hingegen müssen die Voraussetzungen von § 126a BGB nur bei der Beteiligung von Verbrauchern erfüllt sein1.
10.49 Ohne Beteiligung eines Verbrauchers ist lediglich eine Form erforderlich, die einen Nachweis der Schiedsvereinbarung zulässt2. In welchen Fällen ein Nachweis des Bestehens einer solchen Vereinbarung gesichert ist, ist beispielhaft in § 1031 ZPO aufgezählt. Ausreichend ist es danach, wenn die Schiedsvereinbarung in einem beiderseitig unterzeichneten Dokument oder in zwischen den Parteien gewechselten Dokumenten enthalten ist (§ 1031 Abs. 1 Alt. 1 und 2 ZPO). Daneben genügt auch eine einseitige schriftliche Erklärung, wenn der andere Teil nicht rechtzeitig einen nach der Verkehrssitte erforderlichen Widerspruch erklärt (§ 1031 Abs. 2 ZPO); weiterhin ist die Bezugnahme auf ein eine Schiedsklausel enthaltendes Dokument zulässig, wenn der bezugnehmende Vertrag den Formerfordernissen genügt (§ 1031 Abs. 3 ZPO). Eine Schiedsvereinbarung wird auch durch Begebung eines Konnossements begründet, in dem ausdrücklich auf die in einem Chartervertrag enthaltene Schiedsklausel Bezug genommen wird (§ 1031 Abs. 4 ZPO). Der Mangel der Form wird jedoch durch die Einlassung auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt (§ 1031 Abs. 6 ZPO).
10.50 Ist dagegen ein Verbraucher beteiligt (hierzu gehören nicht Existenzgründer3), was in aller Regel bei stillen Beteiligungen an einer Publikumsgesellschaft der Fall sein wird, so unterliegt die Schiedsvereinbarung bezüglich der Form strengeren Anforderungen. Die Abrede muss in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthalten sein (§ 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Diese Urkunde darf keine anderen Vereinbarungen als diejenige über das Schiedsgericht enthalten, es sei denn die Vereinbarung ist notariell beurkundet (§ 1031 Abs. 5 Satz 3 ZPO).
10.51 Weitere Mechanismen zum Schutz des Verbrauchers, wie eine allgemeine Überlegenheitsklausel nach dem Vorbild des § 1025 Abs. 2 ZPO, sind nach heutiger Rechtslage im Gesetz nicht angelegt. Ein ausreichender Schutz wird durch das Formerfordernis des § 1031 Abs. 5 ZPO und durch das Gleichbehandlungsgebot des § 1042 Abs. 1 ZPO gewährleistet4.
10.52 Ist einer der beiden Vertragspartner minderjährig und wird ein Schiedsvertrag vorgesehen, so bedarf der Vormund der Genehmigung des Familiengerichtes zu dem Schiedsvertrag, es sei denn, dass der Gegenstand des Streits in Geld schätzbar ist und den Wert von 3000 Euro nicht übersteigt (§ 1822 Nr. 12 BGB). Handeln für das minderjährige Kind die Eltern, so bedürfen diese der familiengerichtlichen Genehmigung nicht (§ 1643 Abs. 1 BGB).
10.53 Abweichend von der früheren Rechtslage, die in § 1028 ZPO a.F. zwei Schiedsrichter vorsah, sofern keine anderen Parteivereinbarungen bestand, bestimmt der geltende § 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO das Dreier-Schiedsgericht als den gesetzlichen Regelfall5.
1 2 3 4 5
Voit in Musielak/Voit, § 1031 ZPO Rz. 4. Vgl. Geimer in Zöller, § 1031 ZPO Rz. 5. BGH v. 24.2.2005 – III ZB 36/04, SchiedsVZ 2005, 157. Vgl. Geimer in Zöller, Vor § 1025 ZPO Rz. 10. So auch schon früher die überwiegende Praxis; Lörcher, DB 1998, 245 (246).
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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
Die weitere Verfahrensregeln zu der Bildung des Schiedsgerichts in §§ 1035–1039 ZPO sichern nicht zuletzt die Ausgewogenheit des Schiedsgerichts1. Für die Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten unter den Beteiligten über die Höhe des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, über die Höhe seines Auseinandersetzungsguthabens, über Fragen der Gewinnermittlung, über Abschreibungs-, Buchführungs- und Bilanzierungsfragen wird häufig unter Ausschluss des Rechtswegs die Zuständigkeit eines öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters vereinbart.
10.54
10. Regelung der Erbfolge beim Tode des Inhabers a) Die erbrechtliche Regelung Will der Inhaber für den Fall seines Todes, dass sein Unternehmen nur von einem Erben fortgeführt wird, dass aber die anderen Erben daran beteiligt sein sollen, so kann er sie zu gleichen Teilen als Erben einsetzen und bestimmen, dass das Unternehmen ungeteilt von dem als Nachfolger Ausersehenen als Einzelunternehmen fortzuführen ist, wohingegen die anderen Erben mit ihren Erbteilen an dem Unternehmen still beteiligt werden.
10.55
Beispiele für die Errichtung von Testamenten:
10.56
„Meine Erben sind mein Sohn und mein Enkel zu gleichen Teilen. Meiner Ehefrau vermache ich meinen Hausrat und mein gesamtes außerbetriebliches Vermögen. Sie erhält ferner von den Erben eine lebenslängliche Rente von monatlich … Euro, die bei Wiederverheiratung fortfällt. Mein Unternehmen soll zunächst als Einzelunternehmen durch meinen Sohn fortgesetzt werden. Mein Enkel ist mit seinem Anteil am Geschäftsvermögen still beteiligt, aber im Falle einer Auseinandersetzung wie der Gesellschafter einer OHG zu behandeln. Er hat das Recht, als gleichberechtigter Teilhaber in das alsdann als OHG weiterzuführende Unternehmen einzutreten.“ „Zu meinem Alleinerben bestimme ich meinen Neffen Fritz. Meine Ehefrau erhält zur Abfindung ihrer Erbansprüche eine stille Beteiligung in Höhe der Hälfte des Nachlasswertes. Diese endet im Falle ihrer Wiederverheiratung, sonst bei ihrem Ableben. Im Falle ihrer Wiederverheiratung erhält sie nur den Buchwert ihres Anteils in zehn gleichen Jahresraten ausgezahlt. Erlischt die stille Beteiligung durch ihren Tod, so hat der Geschäftsinhaber das Guthaben zuzüglich eines Aufschlags von … v.H. in zehn gleichen Jahresraten an ihre Erben auszuzahlen. Auf die stille Beteiligung ist nach Abzug eines angemessenen Unternehmergewinns eine Gewinnbeteiligung von mindestens einem Viertel des verbleibenden Gewinns auszuschütten.“ Der Erblasser kann auch durch Vermächtnisanordnung den Erben verpflichten, den überlebenden Ehegatten oder andere Familienangehörige als stille Gesellschafter in das von ihm fortzuführende Unternehmen aufzunehmen. Besteht an dem Unternehmen bereits eine stille Gesellschaft, so müssen die getroffenen Vereinbarungen und die durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen Bindungen beachtet werden. Lässt der Gesellschaftsvertrag die Aufnahme der Erben als stille Gesellschafter zu, so entstehen keine Schwierigkeiten. Dagegen können vertragliche Einschränkungen der 1 Münch in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. 2013, § 1034 ZPO Rz. 1.
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10.57
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
Übertragbarkeit bei Weigerung der anderen Beteiligten die Erfüllung des Vermächtnisses unmöglich machen. Hier bietet sich oft als Ausweg die Einsetzung eines Erben oder Vermächtnisnehmers, der seinerseits verpflichtet wird, die anderen Angehörigen an seiner Beteiligung unterzubeteiligen (Rz. 30.3 f.).
10.58 Zur Verhinderung des Eindringens familienfremder Personen kann bestimmt werden, dass beim Ableben eines Beteiligten, der keine Abkömmlinge hinterlässt, die Beteiligung gegen oder ohne Abfindung an die eigene Familie zurückfallen soll.
10.59 Setzt der Inhaber für den Fall seines Todes seinen Ehegatten als Alleininhaber ein, so ist es zweckmäßig, den Abkömmlingen zur Abgeltung ihres Pflichtteils wenigstens die Hälfte des gesetzlichen Erbteils als Erben zuzuwenden; auch hier bietet sich die Errichtung einer stillen Gesellschaft in vielen Fällen als zweckmäßige Lösung an, sei es in typischer oder in atypischer Form.
10.60 Auch als Übergangsregelung zur Überbrückung eines vorläufigen Zustandes ist die Form der stillen Gesellschaft geeignet, z.B. wenn minderjährige, als Nachfolger ausersehene Kinder erst heranwachsen oder sich noch in der Ausbildung befinden. Hier findet meist eine Beteiligung an den Rücklagen und am Geschäftswert des Unternehmens statt (Rz. 2.18 ff.).
10.61 Ist der Erblasser selbst am Handelsgewerbe eines anderen still beteiligt, so endet bei seinem Tode das Gesellschaftsverhältnis regelmäßig nicht (§ 234 Abs. 2 HGB). Er kann deshalb durch letztwillige Verfügung anordnen, wer von seinen Erben an seine Stelle als stiller Gesellschafter treten und die Gesellschaft fortsetzen soll. Es müssen aber auch hier die getroffenen Vereinbarungen und die durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen Bindungen beachtet werden (vgl. zum Tod des stillen Gesellschafters im Einzelnen Rz. 15.49 ff.). b) Die gesellschaftsvertragliche Regelung
10.62 Um den reibungslosen Übergang des Unternehmens vom Erblasser auf seine Erben zu gewährleisten und das Unternehmen den Zufälligkeiten des Erbgangs zu entziehen, wird vielfach die Übertragung auf die künftigen Erben bereits unter Lebenden vollzogen. Die Beteiligung der pflichtteilsberechtigten Erben an dem Unternehmen schon zu Lebzeiten des Geschäftsinhabers und ihre gleichzeitige Bindung durch den Gesellschaftsvertrag stellen eine geeignete Möglichkeit dar. Dabei werden die Erben, die im Geschäft nicht selbst tätig sein sollen, zweckmäßig als stille Gesellschafter beteiligt, während der oder die zur Nachfolge bestimmten Erben die Stellung von Kommanditisten oder persönlich haftenden Gesellschaftern erhalten. Damit ist eine Einflussnahme der abzufindenden Erben auf die Geschäftsführung ausgeschlossen. Auch das Entstehen einer Erbengemeinschaft beim Tode des Geschäftsinhabers wird vermieden. Die Beziehungen der Erben richten sich hinsichtlich des Unternehmens nach dem Gesellschaftsvertrag. Die stillen Gesellschafter können sich den Bestimmungen des Vertrags nicht dadurch entziehen, dass sie den Pflichtteil fordern, weil ihre Gesellschafterstellung nicht auf Erbrecht, sondern auf dem unter Lebenden geschlossenen Gesellschaftsvertrag und der darin vorweggenommenen Erbfolge beruht.
10.63 Ist im Gesellschaftsvertrag festgelegt, dass beim Tode des Inhabers seine Beteiligung den übrigen Gesellschaftern anteilmäßig zuwachsen soll, so fällt sein Kapitalanteil 206 Blaurock
§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
nicht in den Nachlass. Die Erben, die nur als stille Gesellschafter beteiligt sind, werden in einem solchen Falle sowohl von der Erbfolge in das Unternehmen als auch von den auf dem Gesellschaftsvertrag beruhenden Zuwendungen ausgeschlossen, da sie mit einer festen Einlage, nicht aber als Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind und ihnen infolgedessen die Zuwendung nicht zugutekommt. Sie haben allenfalls einen Anspruch gegen die Miterben auf Ergänzung ihres Pflichtteils (§ 2325 BGB), wenn die vertragliche Bestimmung, der zufolge der Kapitalwert der Beteiligung des Erblassers unmittelbar auf die Erben-Gesellschafter übergeht, nicht länger als zehn Jahre vor dem Erbfall festgelegt wurde (vgl. zum Tod des Geschäftsinhabers im Einzelnen Rz. 15.42 ff.). Diese Gestaltung bietet die Möglichkeit, die Ansprüche der zum Ausscheiden bestimmten Erben auf ein Mindestmaß zu beschränken und die Wirkung der Abfindung auf die Liquidität des Unternehmens durch entsprechende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags abzuschwächen. Gleichzeitig bietet diese Regelung steuerliche Vorteile. Liegt nämlich die schenkweise Kapitalübertragung vom Vater auf die Kinder länger als zehn Jahre vor dem Erbfall, so werden die Erwerbe bei der Errechnung der Erbschaftsteuer nicht zusammengerechnet (§ 14 ErbStG). Auf diese Weise kommen die Erben zweimal in den Genuss der Freibeträge. Gleichzeitig wird die Gesamtbelastung durch die progressive Erbschaftsteuer vermindert. Bei solcher Vertragsgestaltung empfiehlt es sich, weitere Bestimmungen in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, z.B. über die Dauer der stillen Gesellschaft, über Kündigungsmöglichkeiten, über die Teilnahme der stillen Gesellschafter am Gewinn und Verlust (Beschränkung der Gewinnbeteiligung auf einen bestimmten Teil des Gesamtgewinns oder auf einen VomHundertsatz ihrer Einlagen), über ihr Recht zur Gewinnentnahme (nur insoweit, als es die Geschäftslage zulässt), über eine etwaige Substanzbeteiligung, über die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens (Ratenzahlungen zur Verhinderung einer Beeinträchtigung der Liquidität des Unternehmens) usw.
10.64
11. Weitere Regelungen
10.65
Als weitere Regelungen im Gesellschaftsvertrag kommen in Betracht: – Festlegung der Mindestanforderungen, die an die Buchführung des Inhabers zu stellen sind (vgl. Rz. 13.1 ff.), – Bestimmungen über die Höhe der vorzunehmenden Abschreibungen (vgl. Rz. 13.80 ff.), – Behandlung des Geschäfts- und Firmenwertes bei der Auseinandersetzung (vgl. Rz. 16.25), – Vereinbarung von Wettbewerbsbeschränkungen und Wettbewerbsverboten (vgl. Rz. 12.35 ff.), – Vereinbarung von Vertragsstrafen für den Fall, dass einer der Beteiligten gegen die ihm obliegenden Verpflichtungen verstößt, sowie – Vereinbarung, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, als offener Teilhaber in das Handelsgeschäft einzutreten oder bei Veräußerung des Handelsgeschäfts ein Vorkaufsrecht auszuüben.
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§ 10 Inhalt des Gesellschaftsvertrags
III. Zusammenfassung
10.66 Über den Inhalt des Gesellschaftsvertrags enthält das Gesetz keine Vorschriften. Es muss aus dem Vertrag jedoch eindeutig hervorgehen, dass eine stille Gesellschaft errichtet werden soll. Die gesetzlichen Merkmale, die in ihrer Gesamtheit das Wesen der stillen Gesellschaft ausmachen, müssen deshalb als Mindestinhalt im Gesellschaftsvertrag niedergelegt sein. Darüber hinaus sollten es aber die Beteiligten nicht bei der Festlegung des Mindestinhalts bewenden lassen. Sie sollten alle ihre Beziehungen so erschöpfend und umfassend wie nur irgend möglich regeln, um Meinungsverschiedenheiten über ihre Rechte und Pflichten weitestgehend auszuschalten. Welche Punkte im Gesellschaftsvertrag zweckmäßig berücksichtigt werden, ergibt sich beispielhaft aus der obigen Übersicht. Soweit der Gesellschaftsvertrag Lücken aufweist, greifen ergänzend die §§ 230 ff. HGB und die §§ 705 ff. BGB ein, letztere jedoch nur insoweit, als sie sich nicht auf das Außenverhältnis und auf das Vorhandensein eines gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftsvermögens beziehen.
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§ 11 Mängel des Gesellschaftsvertrags Schrifttum: Blaurock, Uwe, Zur Anwendung der für die fehlerhafte Gesellschaft geltenden Grundsätze auf die stille Gesellschaft, WuB II H. § 230 HGB 1.05; Blaurock, Uwe/Gimmler, Milena, Zur Gewährung von Schadensersatzansprüchen bei fehlerhafter (stiller) Beteiligung an Publikumsgesellschaften, ZGR 2014, 371; Canaris, Claus-Wilhelm, Bankvertragsrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1988; Fischer, Robert, Die faktische Gesellschaft, NJW 1955, 849; Fischer, Robert, Anmerkung zu BGH Urt. v. 29.11.1952 – II ZR 25/52, BGH LM Nr. 4 zu § 335 HGB; Florstedt, Tim, Der „stille Verband“, 2007; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. I, Teil 1: Die Personengesellschaft, 1977; Ganßmüller, Helmut, Einzelfragen zum Recht der Gesellschaft auf mangelhafter Vertragsgrundlage, DB 1955, 257; Grunewald, Barbara, Gesellschaftsrecht, 9. Aufl. 2014; Habscheid, Walther J., Faktische Innengesellschaften? BB 1955, 50; Konzen, Horst, Fehlerhafte stille Beteiligungen an Kapitalanlagegesellschaften, in Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133; Mock, Sebastian, Die fehlerhafte mehrgliedrige stille Gesellschaft, DStR 2014, 536 (Teil I) und 598 (Teil II); Möhle, Fritz, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, 2. Aufl. 1957; Rödig, Jürgen, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, 1972; Röwer, Heinz-Hugo, Fehlerhafte Innengesellschaften, Freundesgabe für Willi Weichler zum 70. Geburtstag, 1997, S. 115 ff.; Schäfer, Carsten, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002; Schäfer, Carsten, Zur Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband bei Schadensersatzansprüchen atypischer stiller Gesellschafter, GWR 2014, 25; Schmidt, Karsten, „Fehlerhafte Gesellschaft“ und allgemeines Verbandsrecht, AcP 186 (1986), 421; Schulze-Osterloh, Joachim, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, 1972; Schumann, Hans, Handelsrecht, Bd. I: Handelsgesellschaften, 1954; Siebert, Wolfgang, Die faktische Innengesellschaft, BB 1958, 1065; Stimpel, Walter, Aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Gesellschaftsrecht, ZGR 1973, 73; Tettinger, Peter W., Die fehlerhafte stille Gesellschaft – Zivilrechtlicher Anlegerschutz durch bankrechtliche Erlaubnisvorbehalte? (Teil II), DStR 2006, 903; Ulmer, Peter, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft – gesicherter Bestand des Gesellschaftsrechts oder methodischer Irrweg?, in Festschrift für Werner Flume, Bd. II, 1978, S. 301; Weber, Hansjörg, Zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, 1978; Wiesner, Georg, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, 1980 (mit Besprechung von Blaurock, Uwe, AcP 181 (1981), 451).
I. Die Lehre von der Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage Entspricht ein an sich wirksamer Gesellschaftsvertrag nicht den an eine stille Gesellschaft zu stellenden Anforderungen – findet die Beteiligung nicht an dem Handelsgewerbe eines anderen statt, fehlt es an der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters oder wird vereinbart, dass das Geschäftsvermögen den Gesellschaftern zur gesamten Hand zustehen oder dass die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen werden soll –, so ist der Gesellschaftsvertrag nicht unwirksam. Er vermag nur nicht eine stille Gesellschaft i.S. der §§ 230 ff. HGB zu begründen. Es wird regelmäßig eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts vorliegen. Auch eine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft kann gegeben sein.
11.1
Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn der Gesellschaftsvertrag an Mängeln leidet, die nach den allgemeinen Vorschriften des BGB dessen Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit bedingen. Hier ist daran zu denken, dass ein Gesellschafter im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geschäftsunfähig war, dass der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstößt oder der im Ein-
11.2
Blaurock 209
§ 11 Mngel des Gesellschaftsvertrags
zelfall erforderlichen Form1 entbehrt. In Betracht kommen weiterhin die Fälle der Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrags wegen Irrtums, Täuschung oder Drohung sowie die Fälle des versteckten Einigungsmangels (§ 155 BGB). In jüngerer Zeit werden dem auch die Fälle gleichgestellt, in denen ein Verbraucher in Bezug auf seine Beitrittserklärung zum Gesellschaftsvertrag wirksam einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag widerrufen hat (§§ 312g Abs. 1, 312b Abs. 1 i.V.m. § 355 Abs. 1 BGB)2 (siehe Näheres unter Rz. 19.59 ff.).
11.3 Es gehört zu den mittlerweile gesicherten Erkenntnissen des Gesellschaftsrechts3, dass mit derartigen Mängeln behaftete Gesellschaftsverträge nicht ohne Weiteres nach den allgemeinen, für die Rückabwicklung von nichtigen bzw. unwirksamen Schuldverhältnissen geltenden Vorschriften zu behandeln sind. Die sog. Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft erkennt vielmehr an, dass auch rechtsfehlerhaft begründete Gesellschaften als bestehende angesehen werden können und nicht ex tunc als inexistent betrachtet werden müssen4. Hintergrund dieser überwiegend anerkannten Lehre5 ist das Bedürfnis nach Verkehrsschutz einerseits und Bestandsschutz andererseits. So soll beispielsweise eine ins Leben getretene Gesellschaft sich etwaigen Gläubigern gegenüber nicht darauf berufen können, sie sei wegen eines nach den §§ 116 ff. BGB zur Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit führenden Mangels niemals zur Entstehung gelangt (Verkehrsschutz)6. Darüber hinaus wird für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander eine rückwirkende Abwicklung der fehlerhaften Gesellschaft für nicht interessengerecht sowie insbesondere bei Vorliegen von Gesamthandsvermögen für undurchführbar gehalten und stattdessen lediglich die Auflösung für die Zukunft unter Maßgabe gesellschaftsrechtlicher Abwicklungsvorschriften zugelassen (Bestandsschutz).
11.4 Auf diesen beiden Anliegen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft beruhen deren nachstehend zusammengefasste Grundsätze7. Es wird im Verhältnis der Gesellschafter zueinander davon ausgegangen, dass aufgrund des mangelhaften Vertrages eine tatsächliche Gemeinschaft begründet worden ist, zu
1 Z.B. Schriftformerfordernis bei stillen Beteiligungsverträgen an einer AG gemäß § 293 Abs. 3 AktG; vgl. BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05. 2 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05. 3 So BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8). 4 Zum Verhältnis von Vertragsauslegung einerseits und dem Institut der fehlerhaften Gesellschaft andererseits als Instrumente zur Aufrechterhaltung einer fehlerhaft zustande gekommenen Gesellschaft siehe Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 106 ff. 5 Kritisch aber Rödig, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, S. 61 ff.; Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 272 ff.; Weber, Zur Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 102 ff., 159 ff.; vgl. hierzu auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I 3. 6 In diesem Bereich trifft sich die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft mit der allgemeinen Rechtsscheinhaftung. Nach dem heutigen Stand der Dogmatik stehen beide Rechtsinstitute aber selbständig nebeneinander und sind scharf zu trennen. Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I 3; für die Abgrenzung zur Scheingesellschaft vgl. Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 367. 7 Ausführlich Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009 § 105 HGB Rz. 315 ff.; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 BGB Rz. 322 ff.
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deren Beseitigung es im Falle der handelsrechtlichen Personengesellschaft einer besonderen Auflösungsklage bedarf1, für die jeder Grund genügt, der nach den allgemeinen Regeln die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags zur Folge hat2. Bis zur Rechtskraft des Auflösungsurteils wird die Gesellschaft als bestehend behandelt. Die Gesellschafter sind zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet, wie wenn der Gesellschaftsvertrag gültig wäre. Gewinn und Verlust sind nach den getroffenen Vereinbarungen zu verteilen. Es gelten für die Gesellschafter alle Rechte und Pflichten, wie sie sich aus einem gültigen Vertrag ergeben. Ist das Auflösungsurteil ergangen, so richtet sich die Auseinandersetzung nach den Vorschriften über die Auflösung einer gültigen Gesellschaft3. Im Außenverhältnis gelten für die Beziehungen zu Dritten die Vorschriften des Gesellschaftsrechts. Die Gesellschafter können sich den Gläubigern gegenüber nicht auf die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags berufen. Sie müssen sich ihnen gegenüber so behandeln lassen, als ob auch nach außen hin eine gültige Gesellschaft bestünde. Das gilt vor allem hinsichtlich der Haftung für die Gesellschaftsverbindlichkeiten4. Positive Voraussetzung für den Eintritt dieser Rechtsfolgen ist das Vorliegen eines nach den allgemeinen Regeln anfechtbaren oder nichtigen Gesellschaftsvertrags5, der in Vollzug gesetzt worden ist6. Für das Merkmal des Vollzuges genügen nach wohl h.M. bereits interne Vollzugshandlungen wie z.B. die Leistung der Beiträge7. Nicht ausreichend ist die Leistung von Beiträgen, die lediglich auf das vom Beteiligten zu zahlende Agio angerechnet worden sind8. Ist der Gesellschaftsvertrag zur Begründung der stillen Gesellschaft mit einer Aktiengesellschaft als Unternehmensträger abgeschlossen, so bedarf er zwar als Teilgewinnabführungsvertrag gemäß §§ 293 Abs. 1 Satz 1, 294 Abs. 2, 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Hauptversammlung und der Eintragung in das Handelsregister9. Nach der Rechtsprechung des BGH hindert die fehlende Zustimmung aber weder die Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesell1 RG v. 13.11.1940 – II 44/40, RGZ 165, 193; BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (289). 2 BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (292). 3 RG v. 13.11.1940 – II 44/40, RGZ 165, 193 (199); BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (289); Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 V 4. 4 BGH v. 8.11.1965 – II ZR 267/64, BGHZ 44, 235 (237). 5 Die früher auf dem Boden der Theorie der faktischen Vertragsverhältnisse vertretene Lehre von der faktischen Gesellschaft, wonach auch rein tatsächliche gemeinschaftliche Betätigung ausreichen sollte, ist heute überwunden. Nachdem der BGH sich von dieser Lehre schon in der Entscheidung v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190 distanziert hatte, vollzog BGH v. 5.3.1964 – II ZR 208/61, LM Nr. 19 zu § 105 HGB (m. Anm. Fischer) zur Klarstellung auch eine terminologische Wendung von der „faktischen“ zur „fehlerhaften“ Gesellschaft. 6 Kritisch zu diesem Erfordernis Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 117 ff. 7 BGH v. 25.5.1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (321); BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (2. LS); Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 BGB Rz. 331; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2011, § 105 HGB Rz. 236; Wiedemann Gesellschaftsrecht II, § 2 V 3; Hadding in Soergel, 13. Aufl. 2011, § 705 BGB Rz. 75; a.A. C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 157 ff. 8 OLG Hamburg v. 14.7.1999 – 11 U 15/99, DStR 1999, 2043. 9 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43).
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schaft noch ist die Eintragung eine Voraussetzung des Vollzugs, auch in diesem Fall genügt die Leistung der Einlage durch den Stillen1. Negatives Erfordernis ist, dass die Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft nicht mit gewichtigen Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzwürdiger Personen in Widerspruch tritt2. So können Verstöße gegen § 134 BGB oder § 138 BGB die Annahme einer bis zur Geltendmachung des Mangels als bestehend zu behandelnden Gesellschaft ausschließen3. Auch der Minderjährigenschutz geht dem Interesse an der Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft vor4. Die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft werden hingegen nicht zugunsten des Schutzes arglistig getäuschter Personen verdrängt5. Auch verbraucherschutzrechtliche Erwägungen stehen einer Anwendung der Grundsätze bisher nicht entgegen6.
II. Der fehlerhafte stille Gesellschaftsvertrag im Besonderen 1. Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf die stille Gesellschaft
11.5 Da die oben genannten Grundsätze hauptsächlich im Rahmen der Beurteilung von Außengesellschaften entwickelt worden sind, versteht es sich nicht von selbst, dass sie auch auf Innengesellschaften, insbesondere auf die stille Gesellschaft Anwendung finden. Zur Beantwortung der Frage, ob die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch für das stille Beteiligungsverhältnis gelten, ist allein der Aspekt des Bestandsschutzes von Interesse. Da die stille Gesellschaft als solche nicht nach außen auftritt, spielt der Gesichtspunkt des Verkehrsschutzes nur eine eingeschränkte Rolle (vgl. Rz. 11.5). Es geht dementsprechend um die Frage, ob es gerechtfertigt bzw. erforderlich ist, bei mangelhaften stillen Beteiligungsverhältnissen statt einer Rückabwicklung nach den allgemeinen Grundsätzen des BGB aus Gründen des Bestandsschutzes für die fehlerhaft zustande gekommene stille Gesellschaft den gesellschaftsrechtlichen Abwicklungsnormen den Vorzug zu geben. a) Meinungsstand
11.6 Hierzu finden sich in Rechtsprechung und Schrifttum einander widerstreitende Stellungnahmen7. 1 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (2. LS); Wälzholz, DStR 2003, 1533; a.A. Koch in Hüffer, § 291 AktG Rz. 21 m.w.N. 2 BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (288); BGH v. 6.2.1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (334); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9). 3 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (241); BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217 f.). 4 BGH v. 30.9.1982 – II ZR 58/81, NJW 1983, 748; LAG Hamm v. 17.2.2000 – 4 Sa 1150/99, NZARR 2001, 177. 5 St. Rspr. BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345 f.). 6 Früher st. Rspr. BGH v. 2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 (207) (HWiG); nun jedoch BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 mit Vorlage an den EuGH, dazu Näheres unter Rz. 19.50 f. 7 Einen Überblick zu den verschiedenen dogmatischen Ansätzen geben Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 42 ff.; C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 120 ff.; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 BGB Rz. 326 ff.
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Ein Teil der Literatur geht davon aus, für die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft sei das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen unabdingbare Voraussetzung; für die stille Gesellschaft komme dieses Rechtsinstitut mithin schon von vornherein nicht in Betracht1. Insbesondere die ältere Literatur stellt hierbei darauf ab, dass die Wiederherstellung des früheren Zustandes durch Abwicklung nach Bereicherungsrecht nur bei gesamthänderisch gebundenem Vermögen Schwierigkeiten bereite. Bei der stillen Gesellschaft, bei der die Einlage in das alleinige Vermögen des Inhabers gelange, bestünden hier jedoch keine Probleme2. Zum gleichen Ergebnis gelangen Teile des Schrifttums, die freilich von einem anderen Ausgangspunkt her argumentieren, indem sie an die Doppelnatur des Gesellschaftsverhältnisses als Schuldverhältnis und Organisation3 anknüpfen und dem Gesamthandsvermögen zur Begründung dieser Doppelnatur zentrale Bedeutung beimessen4. Erst die einverständliche Schaffung von Gesamthandsvermögen führe zur Überlagerung des bis dahin uneingeschränkt den Nichtigkeits- und Anfechtungsregeln unterliegenden Schuldverhältnisses durch die gesellschaftliche „Organisation“, weil allein die Gesamthandsgemeinschaft eine eigene im Rechtsverkehr erhebliche Handlungsorganisation und damit ein besonderes über das reine Schuldverhältnis hinausgehendes Organisationsmoment aufweise5. Mit der einverständlichen Schaffung von Gesamthandsvermögen und damit der gesellschaftlichen Organisation sei den Gesellschaftern die uneingeschränkte Dispositionsbefugnis bezüglich ihrer das Innenverhältnis nunmehr überschreitenden Beziehungen entzogen; sie müssten sich für den Zeitraum bis zur Geltendmachung des Mangels grundsätzlich an der Gesamthandsgemeinschaft und deren Vertragsgrundlage festhalten lassen. Eine Abänderung der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen könne daher abweichend von den allgemeinen Grundsätzen nur ex nunc erfolgen6. Mit dem Merkmal der Gesamthand stehe überdies ein eindeutiges Abgrenzungskriterium für den Anwendungsbereich der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zur Verfügung, wohingegen die grundsätzliche Ausdehnung auf Innengesellschaften ohne Gesamthandsvermögen mit der schwierigen und oft zu Zufallsergebnissen führenden Frage der Abgrenzung zwischen Innengesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis belastet sei7. Schließlich könne ein sachgerechter Ausgleich bei Auseinandersetzung durch die flexiblen Wertmaßstäbe des § 818 Abs. 1 bis 3 BGB8 oder durch Annahme eines gesetzlichen Vertrauens1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 90 ff., 111; Möhle, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, S. 28, 315; Schumann, Handelsrecht, Bd. I, S. 294; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 166. 2 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 99, 104 f., 111 f.; Schumann, Handelsrecht, Bd. I, S. 294. 3 Hierzu Flume, BGB AT I/1, § 2 III, S. 13 ff.; Ulmer in FS Flume II, S. 301 (308 ff., 318). 4 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 81 ff., 162 ff.; Röwer in FS Weichler, S. 120 (127); Schäfer in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 HGB Rz. 326; ebenso im Grundsatz K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 I 3 sowie K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 132 f. mit abweichenden Folgerungen, die unter Rz. 11.19 ff. dargestellt sind. 5 Ulmer in FS Flume II, S. 301 (311 ff.); Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 89 ff.; insoweit anders K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3, dazu Rz. 11.19 ff. 6 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 114 ff.; Ulmer in FS Flume II, S. 301 (312 ff.); Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 BGB Rz. 359a. 7 Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 BGB Rz. 356. 8 Ulmer in FS Flume II, S. 301; siehe auch Rödig, Bereicherung ohne Rechtfertigung durch Gesellschaftsvertrag, S. 61 ff.
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11.7
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schuldverhältnisses1 hergeleitet werden, ohne dass es der Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen bedürfe. Ebenfalls auf organisationsrechtliche Momente stellt eine weitere Ansicht ab, die jedoch die notwendige Organisation als Voraussetzung für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nur bei Körperschaften und rechtsfähigen Personengesellschaften und folglich nicht bei der stillen Gesellschaft als gegeben sieht2. Ausdifferenzierter und daher auch schwieriger in ihrer Handhabung ist eine weitere Ansicht aus der jüngeren Literatur, die bei stillen Gesellschaften zwischen „stillen Kreditgesellschaften“ und „stillen Verbänden“ unterscheidet3. Nur bei stillen Verbänden soll wegen dort bestehender Rückabwicklungsschwierigkeiten die Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung finden4. Kennzeichnend für einen solchen stillen Verband soll wiederum sein, dass der Geschäftsinhaber den Nutzen der Unternehmung für Rechnung der Innen-Gesellschafter zieht5.
11.8 Eine andere, in der Literatur vor allem in Anschluss an BGHZ 8, 157 vertretene Ansicht sieht die Rechtfertigung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft darin, dass die Rechtsordnung die Tatsache der Schaffung gemeinsamer Werte durch gemeinsame Tätigkeit nicht rückwirkend negieren könne. Sie hält dementsprechend die Anwendung dieses Rechtsinstitutes nur in den Fällen der atypischen stillen Gesellschaft für zulässig, in denen die internen Rechtsverhältnisse denjenigen bei den Personenhandelsgesellschaften angenähert sind6. Entscheidend sei nicht das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen, sondern das Vorliegen einer auf gewisse Dauer angelegten, werteschaffenden Arbeitsgemeinschaft7.
11.9 Auch innerhalb dieser Auffassung finden sich verschiedene Akzentuierungen. So wird einerseits eine vermögensrechtliche Beteiligung am Handelsgeschäft in Kombination mit tätiger Mitwirkung im Unternehmen gefordert8. Andere Autoren legen entscheidendes Gewicht auf die obligatorische Beteiligung am Wert des Unternehmens9 oder heben wesentlich auf die Geschäftsführungstätigkeit des Stillen ab10. Eine dritte Ansicht lässt es genügen, wenn alternativ eines dieser beiden Merkmale gegeben ist11. Fehle es dagegen an diesen Kriterien, so sollen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht eingreifen, da die typische stille Gesellschaft keine werteschaffende Arbeitsgemeinschaft sei, vielmehr den Dauerschuldverhältnissen nahe stehe und ebenso wie diese keinen Bestandsschutz genießen könne12.
1 2 3 4 5 6
7 8 9 10 11 12
Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff. Bälz in MünchHdb.GesR Bd. 1, 3. Aufl. 2009, § 100 Rz. 337 ff. Florstedt, Der „stille Verband“, S. 1 ff. Florstedt, Der „stille Verband“, S. 78 ff. Florstedt, Der „stille Verband“, S. 30 ff., 257. So zunächst BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (167); OLG Nürnberg v. 28.4.1961 – 1 U 12/61, BB 1961, 1341 (1342); Siebert, BB 1958, 1065; Fischer, NJW 1955, 849; Habscheid, BB 1955, 50; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 106. Siebert, BB 1958, 1065 (1068); Habscheid, BB 1955, 50 (52). So schon BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (167). Fischer, Anm. zu BGH LM Nr. 4 zu § 335 HGB. Habscheid, BB 1955, 50 (52); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 55 f. Siebert, BB 1958, 1065 (1070). Siebert, BB 1958, 1065 (1067); Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 51 f.
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Eine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nur auf atypische stille Gesellschaftsformen befürwortet im neueren Schrifttum auch Karsten Schmidt1, wobei auch er sich in der Begründung von der zuerst genannten Lehre unterscheidet. Er schließt sich im Grundsatz der Auffassung an, dass die Rechtfertigung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in der Doppelnatur der Personengesellschaft als Schuldverhältnis und Organisation gesehen werden müsse2. Mit der Berücksichtigung organisationsrechtlicher Elemente lasse die Lehre ferner ein allgemeines verbandsrechtliches Prinzip erkennen, das gleichermaßen für Kapital- und Personengesellschaften gelte3. Als zentrales Merkmal für das organisatorische Element sieht er allerdings nicht die Gesamthand, sondern die für Handelsgesellschaften kennzeichnende Kombination von Vermögensgemeinschaft und Mitgliedschaftsrechten an, die bei einer typischen stillen Gesellschaft nicht vorliege, vielmehr nur angenommen werden könne, wenn der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Unternehmensvermögen beteiligt sei und ihm mitgliedschaftliche Mitverwaltungsrechte mindestens in Gestalt eines Widerspruchsrechtes nach Art des § 164 HGB oder eines Stimmrechtes zugestanden seien. Das Vorliegen nur eines dieser Merkmale reiche nicht aus4.
11.10
Die höchstrichterliche Rechtsprechung wendet die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf alle stillen Gesellschaftsverhältnisse an, und differenziert dabei in zweigliedrige, mehrgliedrige und Publikumsgesellschaften5. Große Teile des Schrifttums haben sich dem angeschlossen6. Am Anfang dieser zum Teil durch die Obergerichte widersprochenen7, inzwischen jedoch gefestigten8 Rechtsprechung steht die
11.11
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 131 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3. 2 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 132. 3 K. Schmidt AcP 186 (1986), 421 (424 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 6 I 3; ebenso C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 137 ff. 4 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 II 3; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 133 f.; a.A. C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 144 f. (gegen Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf jegliche Form der Innengesellschaft). 5 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 ff. 6 Stimpel, ZGR 1973, 73 (101); Habermeier in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 705 BGB Rz. 59; Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 II 3; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 11; Sprau in Palandt, § 705 BGB Rz. 19a; Konzen in FS Westermann, S. 1133 (1144 ff.); Grunewald, Gesellschaftsrecht, § 4 Rz. 31 jedoch mit Ausnahme bei „problemlos möglicher Rückabwicklung“. 7 OLG Schleswig v. 13.6.2002 – 5 U 78/01, ZIP 2002, 1244 (1247); OLG Jena v. 26.2.2003 – 4 U 786/02, ZIP 2003, 1444; OLG Hamm v. 11.3.2009 – 8 U 21/08, juris. 8 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.); BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (237); BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217); BGH v. 12.2.1973 – II ZR 133/70, WM 1973, 900 (901); BGH v. 25.11.1976 – II ZR 187/75, WM 1977, 196 (197), BGH v. 14.10.1991 – II ZR 212/90, WM 1992, 490 (491); BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, WM 1992, 1576; BGH v. 24.5.1993 – II ZR 136/92, WM 1993, 1277 (1278); BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 149/03, NZG 2005, 472; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 (58); BGH v. 1.8.2014 – II ZR 411/13, juris; BGH v. 11.2.2014 – II ZR 219/13; BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 = AG 2014, 41; OLG Hamburg v. 23.8.2013 – 11 U 11/13, NZG 2013, 1391; OLG Köln v. 7.8.2013 – 18 U 90/13, juris; BGH v. 23.7.2013 – II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761; OLG Dresden v. 30.1.2013 – 13 U 1683/12, NZG 2013, 1142; OLG München v. 28.11.2012 – 20 U 2232/12, ZIP 2013, 414; OLG Dresden v. 30.12.2009 – 12 U 825/09, juris.
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Erstreckung des Anwendungsbereichs von den Außengesellschaften auf die atypische stille Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung und Geschäftsführungsbefugnissen des Stillen durch die Entscheidung des BGH vom 29.11.19521. Der BGH hob in diesem Urteil noch auf die faktische Begründung gemeinsamer Werte durch beiderseitige Tätigkeit der Gesellschafter auf der Grundlage eines dem Recht der Personenhandelsgesellschaften angeglichenen Innenverhältnisses ab. Später2 erachtete der BGH als tragenden Grund für die Rechtfertigung des Instituts der fehlerhaften Gesellschaft den Charakter des Gesellschafterverbundes als Leistungs- und Risikogemeinschaft. Den Vollzug dieser Gemeinschaft könne die Rechtsordnung nicht ignorieren. Da auch die stille Gesellschaft ungeachtet der schwächeren Bindung der Partner und ohne Rücksicht auf die Gestaltung im Einzelfall wegen der langfristig vereinbarten Teilung von Gewinn und Verlust des Unternehmens in Verbindung mit einer Einlageleistung des Stillen als Leistungs- und Risikogemeinschaft angesehen werden könne, müssten auch hier die allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften zugunsten des Bestandsschutzes durch Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen zurücktreten. Nach dem Urteil des BGH vom 19.11.2013 soll die Lehre der fehlerhaften Gesellschaft auf die mehrgliedrige stille Publikumsgesellschaft mit der Maßgabe Anwendung finden, dass ein stiller Gesellschafter einen ihm im Zuge des Beitritts entstandenen Vermögensschaden unter Anrechnung seiner gegebenenfalls bestehenden Abfindungsanspruchs geltend machen kann, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung von Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüchen der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährdet werde3. Anderenfalls gelange man zu dem grob unbilligen Ergebnis, dass in Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs das Risiko der Betriebsführung entgegen dem im Gesellschaftsvertrag erklärten Willen der Gesellschafter allein dem Geschäftsinhaber zugewiesen werde, und andererseits die in einer Phase wirtschaftlichen Aufschwungs auch auf dem Kapitalbeitrag des stillen Gesellschafters beruhenden Erfolge des Unternehmens allein dem Inhaber zugute kämen, während der Stille mit einem geringerwertigen Bereicherungsanspruch abgefunden werde. Eine sachgerechte Risikoverteilung erfordere daher die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf alle stillen Beteiligungsverhältnisse, ohne Unterschied, ob diese gesetzestypisch oder atypisch ausgestaltet seien4. b) Stellungnahme
11.12 Der Auffassung der Rechtsprechung ist zuzustimmen. Sie berücksichtigt zutreffend den Umstand, dass die Gesellschafter zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks eine Leistungs- und Risikogemeinschaft eingehen wollen. Diesem Gesichtspunkt kann das Bereicherungsrecht nur sehr bedingt Rechnung tragen. Bei einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nach den §§ 812, 818 BGB nimmt der Stille am Verlust nur insoweit teil, als tatsächlich gezogene Nutzungen i.S. von § 818 Abs. 1 BGB nicht vorliegen werden. An Gewinnen partizipiert er lediglich, soweit sie sich als tatsächlich gezogene Nutzungen der Einlage darstellen5. Dieser auf rechtsgrundlose Ver1 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157. 2 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 3 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104 = AG 2014, 41. Hierzu eingehend Blaurock/ Gimmler, ZGR 2014, 371; Mock, DStR 2014, 536 und 598; Schäfer, GWR 2014, 25. 4 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 5 Vgl. hierzu Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 166 ff.
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mögensverschiebungen im Rahmen von reinen Austauschverträgen zugeschnittene Rückabwicklungsmodus kann die bei einer Personengesellschaft regelmäßig komplexere Interessenlage nicht immer hinreichend berücksichtigen. So kann insbesondere bei atypischen stillen Gesellschaften die Tatsache, dass die Gesellschafter etwa einverständlich in dem Unternehmen tätig waren, unter Umständen dessen Wert gemeinsam geschaffen sowie sich während der Dauer der Vertragsdurchführung im Vertrauen auf dessen Wirksamkeit an den vereinbarten Modalitäten zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks ausgerichtet haben, auch in der rechtlichen Beurteilung nicht unberücksichtigt bleiben. Eine von den Parteien gewollte und bewusst durchgeführte Risikogemeinschaft rückwirkend als inexistent zu betrachten und eine auf Austauschverhältnisse zugeschnittene Rückabwicklung mit einer vom erklärten Parteiwillen abweichenden Risikoverteilung vorzunehmen, erscheint nicht sachgerecht. Zwar trifft es zu, dass im Rahmen eines rückwirkend abzuwickelnden fehlerhaften Vertragsverhältnisses die Beziehungen der Parteien zueinander regelmäßig nach anderen Maßstäben als den von den Parteien ursprünglich vereinbarten beurteilt werden. Dies ist an sich keine Besonderheit allein der Gesellschaftsverträge. Eine Sonderstellung der Gesellschaftsverträge insbesondere gegenüber sonstigen Dauerschuldverhältnissen rechtfertigt sich aber aus dem Aspekt der Leistungs- und Risikogemeinschaft und der zu ihrem Funktionieren bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bindung, die sich beispielsweise in der Zustimmungspflicht bei Veränderungen der Grundlagen des Handelsgeschäftes äußert (vgl. dazu näher Rz. 12.9 ff.)1, ihren Ausdruck aber auch in der Behandlung der Einlage des Stillen in der Insolvenz findet, indem diese in Höhe des Verlustanteils als haftendes Kapital angesehen wird (vgl. dazu auch Rz. 17.16 ff., 17.74 ff.)2. Zwar ist es im Einzelfall nicht immer einfach, ein stilles Gesellschaftsverhältnis von einem partiarischen Dienst- oder Darlehensvertrag zu trennen. Hier gibt es die bekannten Abgrenzungsprobleme, die zu schwer prognostizierbaren Einzelfallentscheidungen der Gerichte führen können (vgl. hierzu Rz. 5.1 ff.). Hierbei handelt es sich indessen um ein allgemeines Problem, aus dessen Schwierigkeit und der zu einzelfallorientierten Ergebnissen führenden Behandlung nichts gegen die Anwendung der Regeln der fehlerhaften Gesellschaft auf alle Erscheinungsformen der stillen Gesellschaft hergeleitet werden kann. Für die Anwendbarkeit dieser Lehre ist vielmehr auf das Ergebnis einer solchen Abgrenzung zurückzugreifen. Die Grenze der Anwendbarkeit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft verläuft dort, wo die stille Gesellschaft in ein partiarisches Rechtsverhältnis übergeht. Da sich die Abgrenzung beider Gestaltungsformen ungeachtet der im Detail anzuwendenden Maßstäbe an dem für ein Gesellschaftsverhältnis charakteristischen gemeinsam verfolgten Zweck orientiert (siehe Rz. 5.16 ff.) und dieser auch den Ausgangspunkt für die Korrektur der allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften im Rahmen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft darstellt, erscheint diese Grenzziehung auch folgerichtig. Im Übrigenhat sie gegenüber der Auffassung, die eine Anwendung lediglich auf bestimmte atypische stille Gesellschaftsformen befürwortet, den Vorteil, dass keine zusätzlichen Abgrenzungsprobleme hinsichtlich der Bestimmung der Gesellschaftsformen auftauchen, die im Unterschied zu anderen Bestands1 Dort auch ausführlich zu den gesellschaftsrechtlichen Bindungen; vgl. auch Steckhan, Die Innengesellschaft, S. 119 ff. allgemein zu Innengesellschaften. 2 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 V 2, meint, aus der gesetzlichen Regelung eine Beurteilung der Einlage als qualifizierten Kredit herleiten zu können. Damit drängt er den gesellschaftsrechtlichen Aspekt als Regelungsgrund für die § 236 HGB, § 136 InsO zurück. Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 236 HGB Rz. 5.
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schutz verdienen und so keine über die allgemeine Abgrenzung zu partiarischen Rechtsverhältnissen hinausgehenden Rechtsunsicherheiten schafft.
11.13 Es ist den von der Rechtsprechung abweichenden Stimmen in der Literatur zuzugeben, dass sich in bestimmten Fällen, vor allem im Grenzbereich zwischen partiarischem Rechtsverhältnis und stiller Gesellschaft, mit bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung ebenfalls interessengerechte Ergebnisse erzielen lassen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Praxis durch Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten dem Bereicherungsrecht eine gewisse Flexibilität verleiht1. Auch mit der Annahme eines gesetzlichen Vertrauensschuldverhältnisses mögen sachgerechte Ergebnisse zu erzielen sein2. Der von der Rechtsprechung eingeschlagene Weg hat diesen Lösungen gegenüber jedoch den Vorzug, dass er eine im Gesellschaftsrecht weitgehend anerkannte Rechtsfigur zur Gewinnung sachgerechter Ergebnisse einsetzt und so ein zur Beurteilung aller fehlerhaften Gesellschaften einheitliches Instrument zur Verfügung stellt, das ein typisch gesellschaftsrechtliches Bedürfnis nach Modifizierung der bürgerlichrechtlichen Nichtigkeits- und Anfechtungsfolgen befriedigt und auch dann zu interessengerechten Rechtsfolgen führt, wenn ein Bedürfnis für eine solche Modifikation im Einzelfall nicht hervortritt. Dies trägt wesentlich zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei3.
11.14 Auch wenn man wie Wiesner4 das Hauptaugenmerk auf den Vertrauensschutz unter den Gesellschaftern legt, ist die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft der Konstruktion eines spezifischen Vertrauensschuldverhältnisses vorzuziehen. Denn das schutzwürdige Interesse der Gesellschafter im Hinblick auf die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags kann sich nur auf die Geltung der gesetzlichen Normen bzw. des vertraglich Vereinbarten erstrecken. Gerade diesen Regeln verhilft aber das Institut der fehlerhaften Gesellschaft zur Anerkennung, indem es das Gesellschaftsverhältnis – grundsätzlich – als bestehend behandelt und so die gesellschaftsrechtlichen Normen zur Anwendung bringt sowie die nicht fehlerhaften Vertragsbestimmungen unberührt lässt.
11.15 Zudem gelangt man mit der Ansicht der Rechtsprechung auch zu sachgerechten Ergebnissen im Fall der Insolvenz des Handelsunternehmens, einem Bereich, bei dem das reine Innenverhältnis der Gesellschafter verlassen wird und auch Folgen für außenstehende Gläubiger des Inhabers zu bedenken sind. Nur wenn man die auf fehlerhaftem Gesellschaftsvertrag vollzogene stille Gesellschaft grundsätzlich als bestehend behandelt und dadurch die Anwendung der §§ 236 HGB und 136 InsO eröffnet, kann die Einlage des Stillen in der Insolvenz des Geschäftsinhabers dem Gedanken der bewusst durchgeführten Leistungs- und Risikogemeinschaft entsprechend nach 1 In der Literatur wird darüber hinaus teilweise versucht, den Bestandsschutz auch im Bereicherungsrecht durch eine entsprechende Anwendung des in § 346 Satz 2 BGB a.F. enthaltenen Gedankens, die Vergangenheit möglichst unangetastet zu lassen, zu berücksichtigen; hierzu Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 170 f. 2 So Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff. 3 So auch Stimpel, ZGR 1973, 73 (101 f.). 4 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 171 ff., 177 ff. Der Umstand, dass Wiesner zur sachgerechten Behandlung fehlerhafter Innengesellschaften auf ein gesetzliches Vertrauensschuldverhältnis angewiesen ist, verdeutlicht die Fragwürdigkeit seines Ausgangspunktes, die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft sei nur bei Vorliegen einer Gesamthand anzuwenden.
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Maßgabe des § 236 HGB als haftendes Kapital angesehen werden. Soweit man Bestandsschutz für die fehlerhafte stille Gesellschaft nicht gewähren will, wirkt dies zum Nachteil der Insolvenzgläubiger, da der Stille in diesem Fall auch in der Höhe seiner Einlage, in der er nach dem Gesellschaftsvertrag am Verlust beteiligt sein soll, mit ihnen konkurriert. Den Gläubigern würde die nach dem Vertrag am Verlust teilnehmende Einlage als haftendes Kapital entzogen. Weiterhin ist auch die Anwendung des in § 136 InsO geregelten besonderen Insolvenzanfechtungstatbestandes (dazu ausführlich Rz. 17.90 ff.) von der Annahme eines bestehenden Gesellschaftsverhältnisses bzw. eines Gesellschaftsverhältnisses, das mindestens im Jahr vor Insolvenzeröffnung rechtswirksam bestanden hat (siehe Rz. 17.95), abhängig1. Nimmt man die stille Gesellschaft aus dem Anwendungsbereich der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft heraus, so führt das zu einem Ausschluss des besonderen Insolvenzanfechtungsrechts für die Gläubiger des Inhabers. Sieht man die ratio des § 136 InsO darin, den Informationsvorsprung des stillen Gesellschafters vor den anderen Unternehmensgläubigern zu sanktionieren2, so ist nicht einzusehen, warum die Gläubiger bei einer fehlerhaften stillen Gesellschaft schlechter stehen sollen, denn bei tatsächlicher Durchführung des stillen Beteiligungsverhältnisses kommt dem Stillen der Insidervorteil ebenfalls zugute. Auch eine Einschränkung auf atypische stille Gesellschaften ist nicht angezeigt3, weil nach dem Gesetz schon die Interessenlage bei einer typischen stillen Gesellschaft für ein besonderes Insolvenzanfechtungsrecht ausreicht. Nichts anderes kann dann für die durchgeführte fehlerhafte stille Gesellschaft gelten.
11.16
Schließlich eröffnet die Anwendung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft auch die Möglichkeit, dem wegen des Vertragsmangels kündigenden Gesellschafter ein Recht auf Überprüfung des vom Geschäftsinhaber errechneten Auseinandersetzungsguthabens nach Maßgabe des § 233 HGB zu geben, wenn man zutreffenderweise diese Norm auch auf den ausscheidenden Gesellschafter anwendet (zur anders lautenden h.M. siehe Rz. 16.46 ff., 16.67 ff.). Das führt zu dem sachgerechten Ergebnis, dass der wegen des Vertragsmangels Kündigende ebenso wie der aus einer fehlerfrei zustande gekommenen stillen Gesellschaft Ausscheidende sich zur Kontrolle seiner Auseinandersetzungsansprüche auf die gesellschaftsrechtliche Norm des § 233 HGB stützen kann und nicht auf das allgemeine Auskunfts- oder Einsichtsrecht aus §§ 810, 242 BGB beschränkt ist.
11.17
Von dem so dargelegten Standpunkt aus versteht es sich, dass es für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf das Vorliegen von Gesamthandsvermögen entgegen anderen Auffassungen in der Literatur nicht ankommen kann. Es ist nicht so, dass sich nur bei Bildung von gesamthänderisch gebundenem Vermögen die Schwierigkeiten ergeben, die zu einer Modifikation der allgemeinen Regeln führen müssen; und es ist auch nicht so, dass sich die Funktion des Rechtsinstituts der feh-
11.18
1 Harbarth in Großkomm/HGB, Anh. § 236 HGB Rz. 41; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 236 HGB Anh. Rz. 9; siehe auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 V 2a, wo eine analoge Anwendung auf sonstige Fälle langfristiger Unternehmensfinanzierung befürwortet wird. 2 Hierzu K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, Anh. § 236 HGB Rz. 3. 3 So aber im Ergebnis K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, Anh. § 236 HGB Rz. 9, 19; § 230 HGB Rz. 134.
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lerhaften Gesellschaft allein in der adäquaten Rückabwicklung von gesamthänderischem Eigentum einer werbenden Personengesellschaft erschöpft; vielmehr müssen die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft auch als Instrument zur sachgerechten Abwicklung bewusst durchgeführter Leistungs- und Risikogemeinschaften verstanden werden1. Wenn in der neueren Literatur der Gesamthand zentrale Bedeutung für die Annahme eines gesellschaftlichen Organisationsstatuts beigemessen und allein bei Vorliegen einer solchen „Organisation“ die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft befürwortet, für stille Gesellschaften also generell ausgeschlossen wird, so ist dem nicht zu folgen. Wäre dies richtig, so müsste sowohl der BGB-Gesellschaft mit Bruchteilsvermögen als auch der BGB-Außengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen ein organisationsrechtliches Element abgesprochen werden, was nicht zutrifft. Sowohl die vermögenslose BGB-Außengesellschaft als auch die BGB-Gesellschaft mit Bruchteilsvermögen ist ein auch personenrechtlich relevantes Gebilde, bei dem jeweils eine über ein bloßes Schuldverhältnis hinausgehende Verfestigung vorhanden ist. Die gesamthänderische Bindung betrifft lediglich die Bildung eines gesellschaftlichen Sondervermögens, die zu dem selbst bereits Organisationscharakter tragenden Gesellschaftsverhältnis hinzutritt2. Überzeugender ist demgegenüber schon die Argumentation von Karsten Schmidt3, der die entscheidenden Merkmale für ein genügend verfestigtes Organisationsstatut in einer den Personenhandelsgesellschaften angenäherten Vermögens- und Organisationsstruktur sieht. Letztlich vermag aber auch diese Ansicht die Interessenlage bei typischen stillen Gesellschaften nicht hinreichend zu berücksichtigen, da sie das gesetzestypische stille Beteiligungsverhältnis lediglich als qualifiziertes Kreditverhältnis begreift und so die gesellschaftsrechtlichen Aspekte, die einen Bestandsschutz auch für typische stille Gesellschaften rechtfertigen, in den Hintergrund drängt. Zudem kann auch diese Auffassung nicht begründen, warum die in § 236 HGB und § 136 InsO für typische stille Gesellschaften geregelte Behandlung der Einlage in der Insolvenz bei einem stillen Beteiligungsverhältnis auf fehlerhafter Vertragsgrundlage nur bei atypischer Ausgestaltung zum Zuge kommen soll. Schließlich ist auch in Rechnung zu stellen, dass eine Beschränkung des Bestandsschutzes auf atypische stille Gesellschaftsformen zusätzliche Abgrenzungsprobleme mit sich brächte. Neben die Trennung von Gesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis träte die Abgrenzung derjenigen Gesellschaftsform, die Bestandsschutz verdient, von derjenigen, bei welcher eine Rückabwicklung nach allgemeinen Regeln vorzunehmen ist. Da hier die Abgrenzungskriterien nicht abschließend bestimmt und gleichfalls fließende Übergänge denkbar sind4, wären die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zusätzlich belastet. Dies wird durch die von der Rechtsprechung vertretene Auffassung vermieden5. Ihr ist aus diesem und aus den zuvor genannten Gründen zu folgen. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist somit auf die stille Gesellschaft generell anwendbar, ohne dass es auf die Ausgestaltung im Einzelfall ankommt.
1 2 3 4
Vgl. Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 2 V 2. Blaurock, AcP 181 (1981), 451 (453). K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 132 ff. Siehe nur K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 133; Siebert, BB 1958, 1065 (1068 ff.). 5 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 107, der eine fehlende Einzelfallgerechtigkeit bemängelt, verkennt, dass sich die gefestigte Rechtsprechung des BGH gerade an Einzelfällen zu orientieren hatte.
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2. Grenzen der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft Die rechtliche Anerkennung einer fehlerhaften stillen Gesellschaft findet jedoch entsprechend den eingangs (Rz. 11.1 ff.) dargestellten allgemeinen Grundsätzen dieser Lehre dort ihre Grenze, wo gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter, besonders schutzwürdiger Personen entgegenstehen1. Dies sind die Fälle der Gesetzwidrigkeit i.S. von § 134 BGB2, der groben Sittenwidrigkeit i.S. von § 138 BGB3 sowie solche Konstellationen, bei denen ein Gesellschafter durch Täuschung oder Drohung zum Beitritt bewogen wird und die bloße Auflösung dem Täuschenden bzw. Drohenden ungerechtfertigte Vorteile brächte4. Schließlich ist auch der Minderjährigenschutz hier zu nennen5. Letztlich soll die Anwendbarkeit der Lehre ihre Grenze auch in der zweigliedrigen stillen Publikumsgesellschaft finden, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts gleichzeitig verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht beigetreten wäre6.
11.19
a) Gesetzes- und Sittenwidrigkeit Im Falle der Gesetzes- bzw. Sittenwidrigkeit ist danach zu unterscheiden, ob lediglich einzelne, den Gesellschaftszweck nicht unmittelbar betreffende Klauseln der Nichtigkeitssanktion der §§ 134, 138 BGB unterfallen oder ob der Gesellschaftszweck selbst mit dem Gesetz oder den guten Sitten nicht vereinbar ist. Die Unvereinbarkeit nur einzelner Klauseln mit den §§ 134, 138 BGB lässt die Gültigkeit des übrigen Gesellschaftsvertrags in der Regel unberührt7. Die mangelhafte Vertragsbestimmung ist nicht anzuwenden, die dadurch entstandene Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen8. Nur ausnahmsweise ist Totalnichtigkeit des Gesellschaftsvertrags anzunehmen, etwa wenn die betreffende Klausel für die Gesellschafter von fundamentaler Bedeutung ist oder der wirksame Restvertrag zu von den Gesellschaftern offensichtlich nicht gewollten Ergebnissen führt9. Die Regel des § 139 BGB kann angesichts der Bestrebungen nach Bestandsschutz bei mangelbehafteten Gesellschafts-
1 BGH v. 24.10.1951 – II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (288); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9). 2 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (241); BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214. 3 BGH v. 9.2.1970 – II ZR 76/68, LM Nr. 18 zu § 138 (Cd) BGB; OLG Dresden v. 30.12.2009 – 12 U 825/09, juris. 4 BGH v. 12.5.1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (323); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10). 5 BGH v. 30.4.1955 – II ZR 202/53, BGHZ 17, 160 (167); BGH v. 20.9.1962 – II ZR 209/61, BGHZ 38, 26 (29); BGH v. 30.9.1982 – III ZR 58/81, NJW 1983, 748. 6 BGH 19.7.2004 – II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706 (bestätigt durch OLG Düsseldorf v. 26.4.2013 – I 16 U 144/12, juris; OLG Dresden v. 30.1.2013 – 13 U 1683/12, NZG 2013, 1142; OLG München v. 28.11.2012 – 20 U 2232/12, ZIP 2013, 414); einschränkend: wenn das Vermögen des Geschäftsinhabers im Wesentlichen aus Einlagen stiller Gesellschafter besteht OLG Hamburg v. 23.8.2013 – 11 U 11/13, NZG 2013, 1391; OLG Köln v. 7.8.2013 – 18 U 90/13, juris. 7 BGH v. 9.2.1970 – II ZR 76/68, LM Nr. 18 zu § 138 (Cd) BGB; BGH v. 12.2.1973 – II ZR 69/70, WM 1973, 900 (901); BGH v. 16.11.1981 – II ZR 213/80, NJW 1982, 877 (879). 8 Schäfer in Großkomm/HGB, § 132 HGB Rz. 39. 9 Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 107, 108; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 BGB Rz. 53.
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11.20
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verträgen allenfalls sehr eingeschränkte Anwendung finden1. Dennoch ist es zur Vermeidung von Zweifeln sinnvoll, eine salvatorische Klausel in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.
11.21 Ist dagegen der Gesellschaftszweck selbst mit den §§ 134, 138 BGB nicht vereinbar, so führt dies zur Totalnichtigkeit des Gesellschaftsvertrags2. Im Recht der stillen Gesellschaft sind in diesem Zusammenhang vor allem Fälle praktisch geworden, in denen es um berufsspezifische Anforderungen (Konzessionen, Sachkunde etc.) zum Betrieb des Unternehmens geht3. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass die berufsspezifischen Anforderungen grundsätzlich nur für den Geschäftsinhaber gelten, da er allein das Geschäft betreibt. Ein Verstoß berührt deshalb nicht zwingend den Bestand des Gesellschaftsvertrages4. Dessen Nichtigkeit ist vielmehr erst anzunehmen, wenn die konkrete Ausgestaltung und Durchführung des Gesellschaftsvertrages dem Sinn und Zweck der Verbotsnorm zuwiderläuft. Dies hat der BGH beispielsweise bejaht, wenn der stille Gesellschafter eines Inkassounternehmens nicht die Erlaubnis nach dem früheren Art. 1 § 1 RBerG besaß, aber maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Geschäfte ausüben konnte5. Nichtigkeit nach § 134 BGB hat der BGH auch für den Fall angenommen, dass die stille Beteiligung an einer Apotheke den Apotheker als Erlaubnisinhaber entgegen den Intentionen des Apothekengesetzes in persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit bringt6.
11.22 Handelt es sich bei dem Abschluss stiller Beteiligungsverträge um konzessionspflichtige Einlagengeschäfte, d.h. um solche typisch stillen Gesellschaften, bei denen die Verlustbeteiligung ausgeschlossen wurde und die durch Publikumsbeteiligungsgesellschaften vertrieben werden, stellt sich die Frage, ob ein Verstoß gegen § 32 KWG zum Ausschluss der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft und zur Nichtigkeit gemäß § 134 BGB führt (siehe Rz. 19.50 ff.). Nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG sind Bankgeschäfte ohne die nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis verboten. Das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis berührt jedoch nach Ansicht des BGH die Wirksamkeit der mit den Kunden geschlossenen Verträge nicht7. Denn das Verbot des § 54 KWG richte sich nur gegen eine der beiden Vertragsparteien8. Dem ist zuzustimmen. Dem Schutzbedürfnis desjenigen, der sein Geld auf der Grundlage eines Einlagengeschäfts aus der Hand gegeben hat, wird dadurch am besten Rechnung getragen, dass man von einem wirksamen Geschäft ausgeht; die 1 Schäfer in Großkomm/HGB, § 132 HGB Rz. 39; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 106 f. 2 Schäfer in Großkomm/HGB, § 105 HGB Rz. 332. 3 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234; BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214; BGH v. 15.10.2013 – II ZR 112/11. 4 Die Führung des Geschäftes ohne Konzession kann aber die Auflösung der Gesellschaft nach § 726 BGB zur Folge haben, wenn der Geschäftsinhaber die Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession nicht erfüllen kann. 5 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (239 ff.). 6 BGH v. 24.9.1979 – II ZR 95/78, BGHZ 75, 214 (217 ff.). Nach heutiger Rechtslage ist die stille Beteiligung eines Nichtapprobierten an einer Apotheke generell untersagt, Art. 1 Nr. 3 des Änderungsgesetzes zum ApothG, BGBl. I 1980, 1142, dazu Rz. 9.75 f. 7 BGH v. 14.7.1966 – II ZR 240/64, WM 1966, 1101 (1102); BGH v. 18.10.1978 – VIII ZR 278/77, WM 1978, 1268 f. 8 BGH v. 14.7.1966 – II ZR 240/64, WM 1966, 1101 (1102); vgl. hierzu Sack in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 134 BGB Rz. 258.
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Annahme einer Nichtigkeit derartiger Geschäfte nach § 134 BGB verbunden mit einem zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB und seinen rechtlichen Nachteilen stellt keine sachgerechte Lösung zum Schutz des stillen Gesellschafters dar. Es genügt vielmehr nach dem Schutzzweck des § 32 KWG und analog § 15 Abs. 5 KWG, dass der Kunde seine Einlage sofort zurückfordern kann1. Bereits dem Gesellschafterkonto zugewiesene Gewinne sind zurückzugewähren. b) Verstoß gegen berufsrechtliche Regelungen Auch bei Verstoß gegen eine berufsrechtliche Regelung hat der BGH die Nichtigkeit der Gesellschaft bejaht, wenn durch ihre Anerkennung der gesetzlich verbotene Zustand der Sache nach legitimiert würde2. In diesen Fällen verdient die stille Gesellschaft keinen Bestandsschutz. Die Rechtsordnung kann nicht ein von ihr verbotenes und für nichtig erklärtes Rechtsverhältnis anerkennen, das laufend neue Rechte und Pflichten begründet. Das Interesse der Gesellschafter an der Anerkennung des von ihnen gewollten und tatsächlich begründeten Zustandes muss hinter die entgegenstehenden Belange der Allgemeinheit zurücktreten. Der BGH hat allerdings eine Ausnahme für den Fall zugelassen, dass die Gesellschafter nicht bewusst gegen das Verbotsgesetz verstoßen sondern vielmehr ihre – wegen Fehlens einer behördlichen Genehmigung – gesetzwidrige Geschäftstätigkeit in Übereinstimmung mit der Konzessionsbehörde ausgeübt haben3. Von dieser Ausnahme abgesehen bewirkt die unheilbare Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags, dass an die Stelle der Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Gesellschaftsvertrag die im allgemeinen Vertragsrecht geltenden Nichtigkeitsfolgen treten, wonach die aufgrund eines nichtigen Rechtsverhältnisses erbrachten gegenseitigen Leistungen nach Bereicherungsgrundsätzen abzurechnen und zurückzugewähren sind, wobei namentlich § 817 BGB zu beachten ist4.
11.23
c) Minderjährigenschutz Die Fälle des Vorrangs schutzwürdiger Interessen einzelner betreffen vor allem die Eingehung einer stillen Gesellschaft durch Minderjährige. Die Rechtsordnung des BGB stellt den Schutz der in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkten oder geschäftsunfähigen Personen generell über den allgemeinen Vertrauens- und Verkehrsschutz, er muss daher auch Vorrang vor dem gesellschaftsrechtlichen Bestandsschutzinteresse haben, das für den Minderjährigen Verpflichtungen und damit rechtliche Nachteile mit sich brächte5. Liegt demnach eine auf Eingehung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses gerichtete, infolge von Geschäftsunfähigkeit aber von Anfang an nichtige Willenserklärung vor (§ 105 Abs. 1 BGB), so entsteht keine, insbesondere auch keine als bestehend zu behandelnde fehlerhafte stille Gesellschaft. Der Geschäftsunfähige erlangt aus dem nichtigen Gesellschaftsvertrag weder Rechte noch binden ihn Pflich1 Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 1173; Sack in Staudinger, 13. Bearb. 2003, § 134 BGB Rz. 258; Tettinger, DStR 2006, 903 (904). 2 BGH v. 28.9.1995 – II ZR 257/94, DStR 1995, 1722 m. Anm. Goette. 3 BGH v. 24.4.1954 – II ZR 35/53, LM Nr. 8 zu § 105 HGB; m.w.N., der betont, dass es auf subjektive Kriterien bei der Prüfung des Vorrangs öffentlicher Interessen nicht ankommt. 4 BGH v. 25.3.1974 – II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (242). 5 Vgl. u.a. BGH v. 17.2.1992 – II ZR 100/91, NJW 1992, 1503 (1504); kritisch dazu: K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III 3a; LAG Hamm v. 17.2.2000 – 4 Sa 1150/99, NZA-RR 2001, 177.
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11.24
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ten. Er kann die Rückerstattung bereits geleisteter Beiträge und Einlagen in Anwendung der §§ 812, 818, 985 ff. BGB verlangen. Handelt es sich um einen beschränkt Geschäftsfähigen, so treten diese Rechtsfolgen nur ein, wenn die erforderliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters fehlt (hierzu Rz. 9.41).
11.25 Streitig ist indessen, ob zum Schutz des nur beschränkt oder überhaupt nicht Geschäftsfähigen die allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften mit der Folge partiell modifiziert werden sollen, dass zwar das Verlustrisiko ausgeschlossen, die Gewinnbeteiligung aber aufrecht zu erhalten ist. Von der früher überwiegenden Auffassung wurde dies im Hinblick auf den so zu erreichenden optimalen Schutz der betreffenden Personen bejaht1. Dagegen wird jedoch geltend gemacht, dem Gesellschaftsrecht sei die Position eines Gesellschafters, der nur Rechte, aber keine Pflichten habe, unbekannt; die Anerkennung einer solchen Position sei auch nicht vertretbar, da das in der Führung eines kaufmännischen Unternehmens liegende Risiko unzulässigerweise in vollem Umfang auf die andere Partei abgewälzt werde2. Für die stille Gesellschaft muss dieses Argument freilich relativiert werden, da § 231 Abs. 2 HGB den Ausschluss von der Beteiligung am Verlust ausdrücklich zulässt. Die Verlagerung des Verlustrisikos auf den Inhaber des Unternehmens ist dem Recht der stillen Gesellschaft also nicht grundsätzlich unbekannt. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass für den Fall der vereinbarten Nichtteilnahme am Verlust der Gesellschaftsvertrag in seiner Gesamtheit auf diese Risikoverteilung durch entsprechende Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Gesellschafter zugeschnitten wird. Dem nicht oder nur beschränkt Geschäftsfähigen das Verlustrisiko abzunehmen und die Gewinnverteilungsabrede, die auf der Grundlage auch einer Verlustteilnahme vereinbart wurde, aufrechtzuerhalten, ist ein schwer wiegender Eingriff in das Vertragsgefüge, der auch unter dem Aspekt des Minderjährigenschutzes nicht zwingend erscheint. Diesem Schutzbedürfnis ist Genüge getan, wenn der Minderjährige keine Nachteile zu erleiden hat und so gestellt wird, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen. Darüber hinausgehend Gewinnanteile außerhalb von § 818 Abs. 1 BGB generell zuzusprechen, erfordert der Minderjährigenschutz dagegen nicht. Soweit Dienstleistungen eingebracht werden, können auch diese im Rahmen einer bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung berücksichtigt werden3. Für die in der Praxis wichtigen Fälle des Minderjährigenschutzes stellt sich das Problem ohnehin in abgeschwächter Schärfe. Es sind dies die Konstellationen, in denen beschränkt Geschäftsfähige beteiligt sind, deren Willenserklärungen bei Fehlen etwa erforderlicher vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung oder bei mangelnder, aber notwendiger Einschaltung eines besonderen Pflegers nicht nichtig, sondern schwebend unwirksam sind. Hier bleibt es den gesetzlichen Vertretern und dem Vormundschaftsgericht vorbehalten, durch Erteilung der Genehmigung bzw. deren Verweigerung den Vertrag in seiner Wirksamkeit endgültig zu beeinflussen. Im Rahmen dieser Entscheidung kann eine Orientierung an der geschäftlichen Entwicklung des Unternehmens vorgenommen und damit das Interesse des Minderjährigen an einer Gewinn bringenden Beteiligung berücksichtigt werden. Dadurch dürfte seinem Schutzinteresse hinreichend Rech-
1 Ganßmüller, DB 1955, 257 (260); Keßler in Staudinger, 12. Bearb. 1979, § 705 BGB Rz. 134. 2 Schäfer in Großkomm/HGB, § 105 HGB Rz. 337; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 BGB Rz. 337. 3 Hierzu Lieb in MünchKomm/BGB, 4. Aufl. 2004, § 818 BGB Rz. 46 ff.; einschränkend nunmehr Schwab in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 818 BGB Rz. 82 ff.
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nung getragen sein. Ein weiter gehender Eingriff in den Vertrag dergestalt, dass allein die Gewinnabrede Bestand hat, der Restvertrag aber unwirksam sein soll, ist nicht angezeigt1. d) Arglistige Täuschung und widerrechtliche Drohung Für den Fall der arglistigen Täuschung oder widerrechtlichen Drohung ist im Prinzip keine allgemeine Ausnahme von den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft anzuerkennen2. Der getäuschte bzw. bedrohte Gesellschafter ist vielmehr auf das außerordentliche Kündigungsrecht zu verweisen. Bei der hierauf folgenden Auseinandersetzung können Schadensersatzansprüche des benachteiligten Gesellschafters (etwa aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB [culpa in contrahendo] oder aus § 826 BGB) berücksichtigt werden, so dass dessen schützenswerten Interessen hinreichend Rechnung getragen wird3. Der BGH hat allerdings verschiedentlich ausgesprochen, dass er auch von diesem Grundsatz eine Ausnahme zulassen will, wenn eine besonders grobe Sittenwidrigkeit vorliegt, oder ein Sachverhalt gegeben ist, in dem sich ein Gesellschafter durch Drohung oder Täuschung einen überaus günstigen Gewinn- und Liquidationsanteil einräumen lässt und ein deswegen in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellender Schadensersatzanspruch keinen genügenden Ausgleich schafft4. Bisher ist ein solcher Sachverhalt jedoch noch nicht praktisch geworden. Allerdings wirkt die neuere Rechtsprechung des BGH, nach der in zweigliedrigen stillen Publikumspersonengesellschaften der Hauptgesellschafter den getäuschten Stillen ohne Berücksichtigung des aktuellen Wertes der Beteiligung im Wege des Schadensersatzes so zu stellen hat, als sei der Stille niemals Gesellschafter geworden, im Ergebnis wie eine Abkehr vom Vorrang des Bestandsschutzes vor den Interessen des Getäuschten (siehe dazu Rz. 19.53 ff.)5.
11.26
e) Fehlende Gesellschaft und Scheingesellschaft Schließlich kommt die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht zum Zuge, falls es überhaupt an einem – wenn auch fehlerhaften – Gesellschaftsvertrag fehlt. Sind sich die Beteiligten von vornherein darüber im klaren, eine Gesellschaft nicht errichten zu wollen, können sie nicht verlangen, im Verhältnis zueinander als Gesellschafter behandelt zu werden6, so z.B. auch bei der nur zum Schein eingegangenen stillen Gesellschaft7. 1 Schäfer in Großkomm/HGB, § 105 HGB Rz. 337 ff. 2 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9 f.); BGH v. 30.3.1967 – II ZR 102/65, BGHZ 47, 293 (300); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III 3; Ulmer/Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 705 BGB Rz. 340; C. Schäfer, Die Lehre vom fehlerhaften Verband, S. 279 ff.; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 134 f. 3 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 6 III 3. 4 BGH v. 12.5.1954 – II ZR 167/53, BGHZ 13, 320 (323); BGH v. 6.2.1958 – II ZR 210/56, BGHZ 26, 330 (335); BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (9 f.); ablehnend das überwiegende Schrifttum. 5 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock; WuB II H. § 230 HGB 1.05. 6 BGH v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190. 7 BGH v. 27.5.1953 – II ZR 171/52, BGH LM Nr. 4 zu § 105 HGB; Schäfer in Großkomm/HGB, § 105 HGB Rz. 367 ff.
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11.27
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3. Anwendbare Regelungen
11.28 Ist entsprechend dem Ausgeführten nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft zu verfahren, so sind die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter bis zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses durch fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde im Ganzen gesehen den für die gültige Gesellschaft maßgebenden Normen zu unterstellen. Für ihre Rechte und Pflichten ist neben dem Gesetz der Gesellschaftsvertrag heranzuziehen, soweit nicht gerade seine mangelhaften Teile die Grundlage bieten müssten. Die Gesellschafter können also alle Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag gegeneinander geltend machen, z.B. den Anspruch auf Leistung der vereinbarten Beiträge und auf Erfüllung der Pflicht zur Geschäftsführung. Im Einzelfall kann jedoch die Rechtsausübung aus dem Vertrag gegen Treu und Glauben verstoßen und dann unzulässig sein.
11.29 Die Beendigung der stillen Gesellschaft führt zur Auseinandersetzung unter den Beteiligten gemäß § 235 HGB (siehe Rz. 16.1 ff.). Das Auseinandersetzungsguthaben ist bei der typischen stillen Gesellschaft aufgrund einer Erfolgsermittlungsbilanz, bei der atypischen stillen Gesellschaft aufgrund einer Liquidationsbilanz zu ermitteln, obwohl es in der Regel nicht zu einer Liquidation des Handelsgewerbes kommt. Bei der Auseinandersetzung sind etwaige Schadensersatzansprüche der Gesellschafter wegen der Vertragsmängel zu berücksichtigen. Hier kommen etwa Ansprüche desjenigen in Betracht, der die Auflösung der Gesellschaft wegen Wuchers oder Betrugs verlangt. Bei der Auflösung wegen Irrtums hat nach § 122 Abs. 2 BGB derjenige, der sich geirrt hat, dem anderen Teil den Vertrauensschaden zu ersetzen1.
11.30 Einer Auflösungsklage bedarf es zur Beendigung der stillen Gesellschaft nicht. Es genügt formlose Kündigung – auch bei der atypischen stillen Gesellschaft. Beim Vorliegen eines im öffentlichen Interesse gegebenen Nichtigkeitsgrundes kann sich jeder ohne Weiteres auf die Nichtigkeit berufen.
11.31 Die Rechtsprechung hat die Anwendung der §§ 133, 140 HGB auf die stille Gesellschaft auch in den Fällen abgelehnt, in denen vereinbart war, dass im Innenverhältnis das Recht der offenen Handelsgesellschaft gelten soll2. Es genügt erforderlichenfalls eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO. Ist der Mangel nach Vertragsschluss, aber vor seiner Geltendmachung fortgefallen, so hat der kündigende Gesellschafter kein schutzwürdiges Interesse mehr an der Beendigung der stillen Gesellschaft. Der Vertragsmangel muss noch im Zeitpunkt der Kündigung bestehen.
11.32 Ein möglichweise bestehender Schadensersatzanspruch des stillen Gesellschafters gegen den Geschäftsinhaber wegen arglistiger Täuschung, widerrechtlicher Drohung oder wegen eines Prospektfehlers wird durch die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft nicht ausgeschlossen. Diese Regeln entfalten insoweit keine Sperrwirkung. Dies hat der BGH zunächst bei der zweigliedrigen stillen Publikumsgesellschaft angenommen3, dann mit seinem Urteil vom 19.11.2013 aber auch für die mehrgliedrige
1 Vgl. dazu BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (10). 2 RG v. 27.11.1940 – II 67/40, RGZ 165, 260. 3 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock; WuB II H. § 230 HGB 1.05.
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stille Publikumsgesellschaft bejaht1. Allerdings gilt hierbei eine Einschränkung: Im Wege des Schadensersatzanspruchs kann im Interesse der übrigen stillen Gesellschafter nur auf solche Vermögenswerte zugegriffen werden, die nicht für die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft benötigt werden2.
III. Zusammenfassung Nach ständiger Rechtsprechung sind sowohl auf die typische wie auf die atypische stille Gesellschaft die Grundsätze über die Gesellschaft mit fehlerhafter Vertragsgrundlage anwendbar, d.h. dem Gesellschaftsvertrag anhaftende Mängel führen grundsätzlich nicht zu seiner Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit, sondern nur zur Möglichkeit der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde. Die Annahme ursprünglicher Nichtigkeit würde sowohl bei der typischen wie bei der atypischen stillen Gesellschaft nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen, vor allem dann, wenn die stille Gesellschaft schon längere Zeit bestanden hat und mit Hilfe der stillen Beteiligung Werte geschaffen worden sind, die bei Vernichtung des Gesellschaftsverhältnisses ex tunc allein dem Geschäftsinhaber verbleiben, während sich der stille Gesellschafter mit der Rückforderung seiner ursprünglichen Vermögenseinlage begnügen muss und auf mehr oder weniger unsichere Schadensersatzansprüche3 angewiesen ist. Wenn die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft zur Anwendung kommen, tritt an die Stelle anfänglicher Nichtigkeit die nur in die Zukunft wirkende Kündigung aus wichtigem Grunde, die zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses und zur anschließenden Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten führt. Einer Auflösungsklage bedarf es nicht. Bis zur Auflösung bestimmen sich die Rechtsbeziehungen der Gesellschafter nach den für die gültige Gesellschaft maßgebenden Vorschriften und nach den im Gesellschaftsvertrag getroffenen Vereinbarungen, soweit sie nicht gerade mit dem die Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit begründenden Mangel behaftet sind. Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft finden keine Anwendung, wenn eine Willenseinigung der Beteiligten über die Errichtung einer stillen Gesellschaft nicht vorliegt, wenn der Gesellschaftsvertrag gegen im öffentlichen Interesse erlassene Vorschriften verstößt, sich als Scheingeschäft darstellt oder von einem Geschäftsunfähigen abgeschlossen worden ist. Ist der Vertrag von einem in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten abgeschlossen, so hängt seine Wirksamkeit von der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters ab. §§ 108, 109 BGB finden Anwendung.
1 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104; bestätigt durch BGH v. 11.2.2014 – II ZR 219/13; BGH v. 1.8.2014 – II ZR 411/13, juris. 2 Eingehend zur Berücksichtigung von Schadensersatzansprüchen und einer möglichen Sperrwirkung der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Blaurock/Gimmler, ZGR 2014, 371; Mock, DStR 2014, 536 und 598. 3 Bspw. die Schadensersatzansprüche des Gesellschafters gegen den täuschenden Mitgesellschafter (bei Gelingen des Kausalitätsbeweises).
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11.33
§ 12 Geschäftsführung Schrifttum: Blaurock, Uwe, Einfluss im Unternehmen und die gesellschaftliche Haftungsstruktur, in Festschrift für W. Simpel, 1985, S. 553; Blaurock, Uwe, Haftung eines atypischen stillen Gesellschafters, NZG 2010, 974; Erkens, Michael, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen bei der Unternehmensübertragung und Unternehmensumwandlung – Eine Untersuchung zur stillen Gesellschaft und zur Unterbeteiligung, Diss. Bonn, 2000; Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Haupt, Günter/Reinhardt, Rudolf, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 1952; Hepting, Reinhard, Die Personengesellschaft als Konzernobergesellschaft: Informationsrechte des außenstehenden Gesellschafters, in Festschrift für K. Pleyer, 1986, S. 301; Hofmann, Paul, Unbeschränkte Kommanditistenhaftung und gesetzliche Wertung, NJW 1969, 577; Hueck, Alfred, Die stille Beteiligung bei Handelsgesellschaften, in Festschrift für H. Lehmann, 1937, S. 239; Hueck, Götz, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, Habil. Münster, 1958; Immenga, Ulrich, Die personalistische Kapitalgesellschaft, Habil. Bielefeld, 1970; Limbach, Jutta, Die beschränkte Haftung in Theorie und Praxis, GmbHR 1967, 71; Löffler, Joachim, Zur Reichweite des gesetzlichen Wettbewerbsverbots in der Kommanditgesellschaft, NJW 1986, 223; Paulick, Heinz, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, zugleich ein Beitrag zur Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1954; Schlitt, Michael, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters in der typischen stillen Gesellschaft und in der stillen Publikumsgesellschaft, Diss. Mainz, 1996; Schmidt, Karsten, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden – Ein Beitrag zur gesellschaftsrechtlichen Institutionenbildung, 1984; Schmidt, Karsten, Zur Gesellschafterhaftung in der „Innen-KG“ – Bemerkungen zur typisch-atypischen Gesellschaft, NZG 2009, 361; Schneider, Uwe H., Sonderrecht für Publikumspersonengesellschaften – Überlegungen zum Anlegerschutz im Gesellschaftsrecht, ZHR 142 (1978), 228; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei der Umwandlung des „Hauptunternehmens“ in eine GmbH oder GmbH & Co., GmbHR 1981, 235; Windbichler, Christine, Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters – Besprechung der Entscheidung BGH WM 1987, 1193 ff., ZGR 1989, 434.
I. Überblick
12.1 Kraft des Gesellschaftsvertrags sind die Gesellschafter verpflichtet, für die Erreichung des gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise tätig zu werden. Danach hat der Inhaber des Handelsgeschäfts zwingend das Recht und die Pflicht zum Betrieb des Handelsgewerbes (Rz. 12.2 ff.) sowie in aller Regel zu weiteren Maßnahmen der Geschäftsführung (Rz. 12.18 f.). Der stille Gesellschafter ist hingegen zur Geschäftsführung nur berechtigt und verpflichtet, wenn sich dies zumindest konkludent aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt (Rz. 12.36). Im Hinblick auf die Geschäftsführung durch den Geschäftsinhaber stehen dem stillen Gesellschafter jedoch gewisse gesetzliche Kontroll- und Zustimmungsrechte zur Verfügung, welche durch den Gesellschaftsvertrag erweitert oder beschränkt werden können (Rz. 12.43 ff., 12.61 ff.). Aus der schuldvertraglichen und personenrechtlichen Bindung sowie insbesondere als Folge der gemeinsamen Zweckverfolgung ergibt sich für alle Gesellschafter einer stillen Gesellschaft zudem eine Treuepflicht, die nicht nur die Geschäftsführung maßgeblich prägt (Rz. 12.29 ff., 12.41 ff.). Aufgrund der nach der gesetzlichen Regellage unterschiedlichen Stellung der Gesellschafter im Hinblick auf die Geschäftsführung und der im Wesentlichen nur kapitalmäßigen Beteiligung des stillen Gesellschafters spielt der das gesamte Gesellschaftsrecht beherrschende Gleichbehandlungsgrundsatz bei der typischen stillen Gesellschaft regelmäßig keine Rolle. Ausnahmen gelten für das Verhältnis mehrerer stiller Gesellschafter insbesondere in einer Publikumsgesellschaft 228 Jung
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untereinander1 sowie in der atypischen stillen Gesellschaft, in welcher der stille Gesellschafter im Innenverhältnis ausnahmsweise gleichberechtigt an der Geschäftsführung mitwirkt2.
II. Geschäftsführungsbezogene Rechte und Pflichten des Geschäftsinhabers 1. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung a) Recht und Pflicht zum Betrieb des Handelsgewerbes aa) Übernahme der Geschäftsinhaberschaft Der Geschäftsinhaber ist begriffsnotwendig zum Betrieb eines Handelsgewerbes auf gemeinsame Rechnung der Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Seine Unternehmerstellung wird hiervon nicht berührt; er behält seine Kaufmannseigenschaft und nach außen die volle Verfügungsfreiheit über das Handelsgeschäft. Die Pflicht zum Betrieb erfüllt der Geschäftsinhaber dadurch, dass das Handelsgewerbe in seinem Namen geführt wird und er als rechtsfähige natürliche oder juristische Person bzw. als rechtsfähige Personenhandelsgesellschaft aus den in dem Handelsgewerbe wirksam geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet wird. Der Geschäftsinhaber muss hingegen nicht persönlich in „seinem“ Handelsgewerbe tätig sein. Er kann sich nicht nur bei einzelnen Geschäften, sondern bei der Führung des Gewerbes überhaupt vertreten lassen, sofern es sich nicht um dem Inhaber vorbehaltene Geschäfte handelt (dazu Rz. 12.6) und er sich nicht im Gesellschaftsvertrag wie regelmäßig auch zur persönlichen Geschäftsführung verpflichtet hat (dazu Rz. 12.18 f.). Der Geschäftsinhaber braucht auch nicht der Inhaber des Geschäftsvermögens zu sein, so dass er auch als Pächter oder Nießbraucher seine Betriebspflicht erfüllen kann. Die Geschäftsfähigkeit ist ebenfalls nicht vorausgesetzt, sodass auch ein Geschäftsunfähiger oder beschränkt Geschäftsfähiger seine Betriebspflicht erfüllen kann, sofern nur prinzipiell dafür Sorge getragen ist, dass die in seinem Namen geschlossenen Geschäfte wirksam sind bzw. werden können.
12.2
Da der Geschäftsinhaber im Außenverhältnis der alleinige Betreiber des Handelsgewerbes ist, gibt es bei der der stillen Gesellschaft keine Vertretung im rechtstechnischen Sinne. Als Innengesellschaft betreibt die stille Gesellschaft kein Handelsgewerbe und tätigt selbst keine Geschäfte. Nach außen tritt allein der Inhaber unter seiner Firma auf. Willenserklärungen sind allein ihm gegenüber abzugeben. Er wird aus den von ihm abgeschlossenen Geschäften allein berechtigt und verpflichtet (§ 230 Abs. 2 HGB). Seine Rechtsstellung im Außenverhältnis ist die gleiche, wie wenn die stille Gesellschaft nicht vorhanden wäre. Sie kann auch durch Vereinbarungen im Innenverhältnis nicht beschränkt werden. Deshalb sind Handlungen des Geschäftsinhabers, die ihm durch den Gesellschaftsvertrag untersagt sind oder zu denen er der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf, Dritten gegenüber voll wirksam, es sei denn, dass der Geschäftsinhaber und der Dritte vorsätzlich zusammenwirken, um den stillen Gesellschafter zu schädigen (§§ 138, 826 BGB). Da der Inhaber weder die Gesellschaft noch den stillen Gesellschafter vertritt, kann er weder von der „Vertretung“ aus-
12.3
1 Wiedemann, Gesellschaftsrecht II, § 10 I 4 b), S. 882; zur stillen Publikumsgesellschaft näher unten § 19. 2 Näher G. Hueck, Der Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung im Privatrecht, S. 42 ff.
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geschlossen noch kann ihm diese entzogen werden. Die Gründe, die bei der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft zur Entziehung der Vertretungsmacht berechtigen (vgl. § 127 HGB), führen bei der stillen Gesellschaft in der Regel zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde.
12.4 Kommt es für die Anwendung einer Rechtsnorm (z.B. §§ 116 ff., 530, 932 BGB, § 35 GewO) auf die persönlichen Umstände der ein Handelsgewerbe betreibenden Personen an (z.B. Kenntnis, Unkenntnis, Kennenmüssen, Arglist, Gesinnungen, Irrtümer, Zuverlässigkeit, Sachherrschaft, Nähebeziehungen, Reichtum), ist grundsätzlich allein auf den Geschäftsinhaber abzustellen. So kann auch der stille Gesellschafter in Prozessen, die von dem Geschäftsinhaber oder gegen ihn geführt werden, mangels Parteistellung Zeuge sein. Ausnahmen ergeben sich nur dann, wenn der stille Gesellschafter das Verhalten des Geschäftsinhabers generell bestimmt oder im maßgeblichen Einzelfall gesteuert hat, wie dies bei einer atypischen Ausgestaltung der stillen Gesellschaft oder bei konkreten Weisungen denkbar ist (vgl. auch für den Fall der Stellvertretung § 166 Abs. 2 BGB). bb) Aufnahme der Geschäftstätigkeit
12.5 Hat der Geschäftsinhaber bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags den Geschäftsbetrieb noch nicht begonnen, so ist er zur alsbaldigen Aufnahme berechtigt und verpflichtet. Kommt er der Verpflichtung nicht nach, kann der stille Gesellschafter auf Aufnahme des Geschäftsbetriebs klagen1. Vollstreckt wird gemäß § 888 Abs. 1 ZPO. § 888 Abs. 3 ZPO ist nicht anwendbar, da diese Vorschrift zum Schutze der abhängigen Arbeitnehmer eingeführt worden ist und nur das Erzwingen der aus einem Vertrag i.S. des § 611 BGB geschuldeten Dienste verhindern soll. Insoweit fehlt es für eine entsprechende Anwendung auf Gesellschafter an einer vergleichbaren Interessenlage2. Sofern für den Betrieb des betreffenden Handelsgewerbes eine öffentlich-rechtliche Gewerbeerlaubnis erforderlich ist, hat der Geschäftsinhaber diese aufgrund seiner Betriebspflicht einzuholen. cc) Vornahme von Inhabergeschäften
12.6 Der Betrieb des Handelsgewerbes umfasst auch die Vornahme der hierzu erforderlichen und allein dem Inhaber vorbehaltenen Geschäfte. Zu diesen Geschäften gehören die obligatorische Anmeldung der Firma zur Eintragung in das Handelsregister (§ 29 HGB), die Unterschrift unter den Jahresabschluss (§ 245 HGB) und die Erteilung der Prokura (§ 48 Abs. 1 HGB). dd) Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts
12.7 Aus dem Recht und der Verpflichtung, den Geschäftsbetrieb fortan auf gemeinschaftliche Rechnung so zu führen, wie es dem gemeinschaftlichen Zweck entspricht, er1 Vgl. Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 194, 210; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 137, 156; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 80 Rz. 22; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151; a.A. KG v. 15.11.1900, DJZ 1901, 50; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 131 ff. 2 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151 Fn. 126; a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 35.
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geben sich für den Inhaber mannigfache Beschränkungen, die er dem stillen Gesellschafter gegenüber einzuhalten verpflichtet ist. Er muss auf die berechtigten Interessen seines Teilhabers Rücksicht nehmen und sich bei allen seinen Entscheidungen, Maßnahmen und Handlungen von dem Gesellschaftszweck leiten lassen, dem er nicht zuwiderhandeln darf. Keinesfalls darf er dem Unternehmen Mittel entziehen, die zu seiner unbehinderten Fortführung und zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks erforderlich sind1. Auf der anderen Seite kann der stille Gesellschafter vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen oder eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht verlangen, dass der Geschäftsinhaber das Handelsgewerbe abweichend von den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen auf bestimmte z.B. weniger risikoreiche Tätigkeitsfelder beschränkt. Dazu gehört, dass sich der Betrieb des Handelsgeschäfts in den Grenzen halten muss, die bei gleichartigen, mit gleichen Mitteln ausgestatteten Unternehmen üblich sind2. Diese Feststellung ist allerdings derart weit und so allgemein gefasst, dass sie der unternehmerischen Initiative des Inhabers einen erheblichen Spielraum lässt. Dabei ist zu beachten, dass sich feste, allgemeingültige Regeln für ein dem Gesellschaftszweck entsprechendes Verhalten des Inhabers nicht aufstellen lassen. Stets muss das Verhalten auf seine Übereinstimmung mit dem Gesellschaftszweck hin unter Berücksichtigung aller Umstände und Verhältnisse des einzelnen Falles gewürdigt werden3. Es lassen sich jedoch einige äußerste Grenzen feststellen, jenseits derer das Verhalten des Geschäftsinhabers mit dem Zweck der stillen Gesellschaft nicht mehr vereinbar ist.
12.8
Ohne Zustimmung seines Teilhabers darf der Geschäftsinhaber das Handelsgeschäft in seinen Grundlagen, wie sie im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft bestanden haben, nicht umgestalten, erweitern oder einschränken, weil dadurch die Interessen des stillen Gesellschafters – insbesondere im Hinblick auf den ihm zugesicherten Gewinnanteil, auf seine vertraglich nicht ausgeschlossene Verlustbeteiligung und auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens – beeinträchtigt werden können. Der stille Gesellschafter hat Anspruch darauf, dass das Handelsgeschäft gegenüber dem Zeitpunkt der Gesellschaftsgründung in seinen wesentlichen Grundlagen nicht verändert wird4. Eine Änderung der Art oder des Umfangs des Handelsgeschäfts ohne seine Zustimmung ist nur in engen Grenzen möglich und zulässig, soweit sie handelsüblich ist und der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt5. Dasselbe gilt für eine Änderung des Gegenstandes des Unternehmens, eine Firmenänderung oder Sitzverlegung, weil auch durch derartige Grundlagengeschäfte das Wagnis des Handelsgeschäfts und damit die Gewinnaussichten des stillen Gesellschafters ungünstig beeinflusst werden können (siehe auch Rz. 10.12 ff.)6.
12.9
1 Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 67. 2 RG v. 8.3.1918 – II 409/17, RGZ 92, 292; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 137; Seffer/Ehrhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 80 Rz. 8; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 68. 3 So auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 199; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 80 Rz. 8. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 199; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 137; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 51. 5 BGH v. 25.9.1963 – V ZR 133/61, DB 1963, 1604 = BB 1963, 1277. 6 Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 68; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 51.
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12.10 Hier zeigen sich der Wert und die Bedeutung eindeutiger Vereinbarungen, weil bei den fließenden Grenzen bezüglich dessen, was dem Inhaber noch erlaubt und was – weil dem gemeinsamen Zweck zuwiderlaufend – als unzulässig anzusehen ist, keine festen Regeln aufgestellt werden können. Ob eine Änderung der wesentlichen Grundlagen des Handelsgeschäfts vorgenommen worden ist, lässt sich stets nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben, der Handelsüblichkeit und der Verkehrssitte feststellen. Dabei kommt gerade bei der stillen Gesellschaft dem Grundsatz von Treu und Glauben wegen der beschränkten Kontrollrechte des stillen Gesellschafters eine gesteigerte Bedeutung zu (dazu näher Rz. 12.29 ff.).
12.11 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass eine Änderung der Grundlagen des Handelsgeschäfts ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zulässig sein soll. Derartige Fälle lagen den Gerichten verschiedentlich zur Entscheidung vor1.
12.12 Während die Rechtsprechung hier zunächst die Auffassung vertrat, die Verpflichtung des Unternehmers zur unveränderten Fortführung des Betriebes sei konstitutives Merkmal einer stillen Gesellschaft, ihr vertraglicher Ausschluss2 verhindere daher das Entstehen einer stillen Beteiligung3, gab sie diese Ansicht später zu Recht auf. Nunmehr geht die Spruchpraxis dahin, dass der Ausschluss der Verpflichtung zur Fortführung des Betriebes durch den Unternehmer im Gesellschaftsvertrag lediglich in Zweifelsfällen bei der Abgrenzung zwischen einer stillen Gesellschaft und anderen Rechtsverhältnissen entscheidende Bedeutung erlangen kann, der Annahme einer stillen Gesellschaft aber nicht schon grundsätzlich entgegensteht. Das gilt insbesondere für die Abgrenzung der stillen Gesellschaft vom partiarischen Arbeitsverhältnis, weil hier der Ausschluss der Verpflichtung, den Betrieb unverändert fortzuführen, ein Indiz für das Abhängigkeitsverhältnis des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber sein kann, wie es gerade das partiarische Arbeitsverhältnis kennzeichnet4. ee) Fortführung des Handelsgeschäfts
12.13 Aus der Verpflichtung des Geschäftsinhabers zu einem den Gesellschaftszweck fördernden Betrieb des Handelsgewerbes ergibt sich, dass er ohne Zustimmung seines Teilhabers weder zur ganzen oder teilweisen Veräußerung des Geschäfts noch zu dessen Einstellung berechtigt ist, weil hierdurch die Erreichung des Gesellschaftszwecks 1 BFH v. 10.3.1971 – I R 73/67, BFHE 102, 242 = BStBl. II 1971, 589 = StRK FGO § 40 R. 24 mit Anm. Paulick/Salch; FG Nürnberg v. 17.12.1975 – V 187/73, EFG 1976, 303; BFH v. 16.8.1978 – I R 28/76, BFHE 126, 51 = BStBl. II 1979, 51. 2 Der dem FG Nürnberg v. 17.12.1975 – V 187/73, EFG 1976, 303 zur Beurteilung vorliegende Vertrag bestimmte Folgendes: „Die stillen Gesellschafter können keinen Handlungen der persönlich haftenden Gesellschafter widersprechen, auch nicht der Umwandlung, dem Verkauf oder der Auflösung der Gesellschaft. Auch gegen den Eintritt weiterer persönlich haftender Gesellschafter, Kommanditisten oder stiller Gesellschafter sowie gegen Erhöhung oder Verminderung der Einlage eines anderen stillen Gesellschafters, Kommanditisten oder persönlich haftenden Gesellschafters können keine Einwendungen erhoben werden. Diese Akte unterliegen lediglich der Beschlussfassung der persönlich haftenden Gesellschafter.“ 3 So ausdrücklich FG Nürnberg v. 17.12.1975 – V 187/73, EFG 1976, 303; auch BFH v. 10.3.1971 – I R 73/67, BFHE 102, 242 unter unrichtiger Auslegung von BGH v. 25.9.1963 – V ZR 133/61, BB 1963, 1277 und BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614). 4 BFH v. 16.8.1978 – I R 28/76, BFHE 126, 51 = BStBl. II 1979, 51.
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zumindest maßgeblich beeinträchtigt oder gar unmöglich wird1. Auf der anderen Seite kann auch der stille Gesellschafter vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen nicht verlangen, dass der Geschäftsinhaber das Handelsgewerbe ganz bzw. teilweise veräußert oder einstellt. Ist im Falle der Einstellung des Handelsgeschäfts dessen Fortführung möglich, so kann der stille Gesellschafter die Erfüllung des Vertrags begehren2. Wird das Handelsgeschäft nur vorübergehend eingestellt und besteht Aussicht, den Geschäftsbetrieb in absehbarer Zeit im Wesentlichen in unveränderter Form wieder aufzunehmen, wird der Fortbestand der stillen Gesellschaft nicht berührt. Der stille Gesellschafter kann, sobald die Gründe für die vorübergehende Betriebseinstellung weggefallen sind, die Erfüllung des Vertrags in der vereinbarten Form verlangen. Unter den Voraussetzungen von § 281 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB verpflichtet die unberechtigte Einstellung des Geschäftsbetriebs den Inhaber dem stillen Gesellschafter gegenüber auch zum Schadensersatz statt der Leistung. Hätte der Geschäftsinhaber jedoch das Recht gehabt, die Gesellschaft wegen dauernder Unrentabilität des Unternehmens fristlos zu kündigen, so wird der stille Gesellschafter in der Regel nicht geschädigt sein, es sei denn, dass der Inhaber die Unrentabilität zu vertreten hat3. In Anlehnung an § 43 Abs. 1 GmbHG, § 93 Abs. 1 AktG kann bloßes Missmanagement allerdings nicht als „Vertretenmüssen“ eingestuft werden4.
12.14
Im Falle der Veräußerung des Handelsgeschäfts setzt sich das Gesellschaftsverhältnis nicht ohne Weiteres mit dem Erwerber fort. Für den Eintritt des neuen Unternehmensinhabers in die gesellschaftsrechtliche Position des Veräußernden bedarf es einer gesonderten Übertragung dieser Gesellschafterstellung. Zur Wirksamkeit einer solchen Übertragung ist neben dem Einvernehmen von Alt- und Neuunternehmer das Einverständnis des stillen Gesellschafters erforderlich. Rechtstechnisch kann der erforderliche Konsens in einem dreiseitigen Vertrag zwischen allen Beteiligten oder in einer Vereinbarung zwischen dem veräußernden Geschäftsinhaber und dem Erwerber unter Zustimmung des stillen Gesellschafters hergestellt werden (siehe auch Rz. 10.36). Dabei kann die Zustimmung des stillen Gesellschafters auch schon vorab im Gesellschaftsvertrag erklärt werden. Hinsichtlich der schuldrechtlichen Bindung ist der Geschäftsinhaber im Verhältnis zum stillen Gesellschafter bei einer Veräußerung des Unternehmens als verpflichtet anzusehen, bei der Übertragung seiner Gesellschafterstellung auf Verlangen des Stillen mitzuwirken. Demgegenüber unterliegt grundsätzlich weder der Stille noch der Erwerber des Handelsgeschäfts einer rechtlichen Bindung, das Gesellschaftsverhältnis mit dem jeweils anderen fortzusetzen. Einschränkungen können sich aber namentlich für den stillen Gesellschafter aus seiner Treuebindung ergeben5.
12.15
1 Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 4; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 137. 2 Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 54 (ggf. Vollstreckung nach § 888 Abs. 2 ZPO). 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 200. 4 OLG Oldenburg v. 22.6.2006 – 1 U 34/03, GmbHR 2006, 1263. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 39; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 80 Rz. 12; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 94.
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12.16 Fehlt das erforderliche Einverständnis des stillen Gesellschafters oder des Erwerbers zur Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses, so tritt der neue Inhaber trotz erfolgter Geschäftsübernahme insoweit nicht in die Position des Veräußernden ein. Hinsichtlich des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Altunternehmer wird teilweise angenommen, dieses werde wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks aufgelöst1. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen2, weil hierdurch dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit genommen würde, die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den früheren Geschäftsinhaber zu verlangen. An einem solchen Verlangen, gegebenenfalls auch an einer Geltendmachung durch Klageerhebung, kann der stille Gesellschafter ein Interesse haben. Die Weiterführung des Handelsgeschäfts und damit die Rückübertragung des Unternehmens sind auch nicht grundsätzlich unmöglich. Daher ist anstelle der Auflösung der stillen Gesellschaft gemäß § 726 BGB anzunehmen, dass dem stillen Gesellschafter die Wahl bleibt, ob er das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen oder die Fortführung des Unternehmens durch seinen Mitgesellschafter verlangen will3. Im Falle der Kündigung ist ihm sein Partner in der Regel zum Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) verpflichtet.
12.17 Die Wirksamkeit der Geschäftsveräußerung wird in diesem Fall nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Erwerber von dem Bestehen der stillen Gesellschaft Kenntnis hatte. Nur wenn er mit dem Veräußerer in einer die guten Sitten verletzenden Weise zusammenwirkte, um den stillen Gesellschafter zu schädigen (sog. Kollusion), ist er zur Wiederherstellung des früheren Zustandes verpflichtet (§§ 826, 249 BGB). Im Innenverhältnis ist der Inhaber dem stillen Gesellschafter gegenüber schadensersatzpflichtig. Der stille Gesellschafter kann aber nicht auch einen Anteil an dem bei der Veräußerung des Geschäfts erzielten Gewinn, insbesondere an dem für den ideellen Wert des Geschäfts gezahlten Entgelt beanspruchen. Daran hat er ebenso wenig Anteil wie an dem Geschäft selbst. Ihm ist nur derjenige Gewinn zu ersetzen, der ihm bei ertragsmäßiger Fortführung des Geschäfts voraussichtlich zugeflossen wäre. b) Recht und Pflicht zur sonstigen Geschäftsführung
12.18 Der Beitrag, welchen der Geschäftsinhaber zur Förderung des gemeinsamen Zwecks zu leisten hat, wird sich regelmäßig nicht allein im schlichten Betrieb des Handelsgewerbes auf gemeinsame Rechnung und in der Vornahme der hierzu erforderlichen Inhabergeschäfte erschöpfen. Vielmehr ist der Geschäftsinhaber nach dem Gesellschaftsvertrag in aller Regel und im Zweifel auch dazu berechtigt und verpflichtet, selbst an der sonstigen Geschäftsführung „seines“ Handelsgewerbes mitzuwirken. Insofern ist der Inhaber dann nicht nur berechtigt, für die Gesellschaft tätig zu werden, sondern auch dazu verpflichtet, persönlich Geschäftsführungshandlungen (z.B. Vornahme von Rechtsgeschäften, Buchführung, Erteilung von Weisungen) sorgfältig vorzunehmen und dabei die Interessen der Gesellschaft bestmöglich wahrzunehmen. Die Verfolgung eigener, gesellschaftsfremder Interessen ist nur bei einer ausdrück-
1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 255. 2 Ebenso Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 202. 3 Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (236); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 202 nimmt eine Auflösung nach § 726 BGB allerdings dann an, wenn der Erwerber eine Rückübertragung strikt ablehnt.
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lichen Gestattung im Gesellschaftsvertrag zulässig. Auf der anderen Seite ist der Geschäftsinhaber zur Erbringung weiterer zweckfördernder Beiträge und insbesondere auch zur Leistung einer Einlage nur verpflichtet, wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Das gilt zudem für allfällige Nachschusspflichten des Geschäftsinhabers (§ 707 BGB). Die Geschäftsführung umfasst zwar alle gewöhnlichen und außergewöhnlichen bzw. rechtsgeschäftlichen und tatsächlichen Tätigkeiten zur Förderung des Gesellschaftszwecks. Der stille Gesellschafter kann auch einer außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahme weder widersprechen (vgl. demgegenüber für den Kommanditisten § 164 HGB) noch kann er verlangen, dass bestimmte, von ihm gewünschte Geschäfte vorgenommen oder unterlassen werden. Der Geschäftsinhaber ist jedoch im Innenverhältnis gegenüber dem stillen Gesellschafter dazu verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, die für den Umfang seines Handelns nach außen durch Gesetz oder Vertrag festgesetzt sind. So darf er insbesondere nicht die Grundlagen des Handelsgewerbes ändern (dazu Rz. 12.7 ff.). Durch den Gesellschaftsvertrag können zudem bestimmte Geschäfte untersagt oder intern von der Zustimmung des stillen Gesellschafters abhängig sein (dazu Rz. 12.61 ff.)1. Auf die Einhaltung dieser Schranken ist gerade bei der stillen Gesellschaft besonderes Gewicht zu legen, weil die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters gegenüber dem Inhaber im Regelfalle außerordentlich schwach ist. Eine Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnisse hat nur im Innenverhältnis rechtliche Bedeutung und kann zu Schadensersatzverpflichtungen des Inhabers führen. Im Außenverhältnis sind die Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen voll wirksam. Es kann sich also ein Dritter, der mit dem Inhaber ein Rechtsgeschäft abgeschlossen hat, nicht darauf berufen, dieses sei unwirksam, weil der Inhaber die ihm gegenüber dem stillen Gesellschafter obliegenden Verpflichtungen bezüglich der Ausübung seiner Geschäftsführungsbefugnis verletzt habe2. Dasselbe gilt für den stillen Gesellschafter im Verhältnis zu dem Dritten.
12.19
c) Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Es steht den Beteiligten frei, in welcher Weise sie im Innenverhältnis ihre Rechtsbeziehungen regeln wollen. Sie können demgemäß auch das Recht und die Pflicht des Geschäftsinhabers zur Geschäftsführung beschränken. Dies kann zunächst in der Weise geschehen, dass dem stillen Gesellschafter Kontroll-, Zustimmungs- und Widerspruchsrechte zugebilligt werden. So kann im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass der Inhaber bestimmte Geschäfte nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen darf (Rz. 12.61 ff.) oder bestimmte Geschäfte (z.B. Spekulationsgeschäfte) zu unterlassen hat. Schließlich kann im Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, dem Inhaber die Geschäftsführung zu entziehen, an seiner Stelle selbst die Geschäfte zu führen oder einen anderen damit zu beauftragen. Auf diese Weise kann die Leitung des Handelsgeschäfts in die Hand von Personen gelegt werden, die nicht die volle vermögensrechtliche Verantwortung für das Unternehmen tragen (Rz. 12.36 ff., 12.68 ff.).
1 Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 66. 2 Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 53; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 71; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 47.
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12.20
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12.21 Derartige Vereinbarungen stehen der Annahme einer stillen Gesellschaft grundsätzlich nicht entgegen1. Ist der Inhaber im Innenverhältnis von der Geschäftsführung ausgeschlossen, so fragt es sich allerdings, ob überhaupt noch eine stille Gesellschaft oder nur ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag vorliegt. Zur Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis des Geschäftsinhabers durch den stillen Gesellschafter bedarf es zudem einer ausdrücklichen Vertragsbestimmung. Eine so weit gehende Maßnahme kann nicht allein auf § 712 BGB gestützt werden, weil dem Geschäftsinhaber durch die Entziehung der Geschäftsführungsbefugnis praktisch verboten würde, sein ihm ausschließlich gehörendes Handelsgeschäft zu betreiben. Fehlt es an einer ausdrücklichen Vertragsbestimmung, bleibt dem Stillen nur die Kündigung des Gesellschaftsvertrags aus wichtigem Grunde2. d) Entzug der Geschäftsführungsbefugnis
12.22 Gemäß § 712 BGB kann einem Gesellschafter die ihm zustehende Geschäftsführungsbefugnis durch Beschluss der anderen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Da der Inhaber bei normaler Gestaltung des Gesellschaftsvertrags (zu Sonderformen Rz. 12.36 ff.) die Geschäftsführung allein innehat und im eigenen Namen ausübt, kann ihm der stille Gesellschafter die Geschäftsführung jedoch nicht entziehen. § 712 BGB ist nicht anwendbar. Der stille Gesellschafter kann nur das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen (§ 723 BGB) und den ihm durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft entgehenden Gewinn als Schadensersatzforderung geltend machen, wenn den Inhaber ein Verschulden trifft3. Die Schadensersatzforderung besteht in der Vergütung des Gewinns, den der stille Gesellschafter bei vertragsmäßiger Weiterführung des Geschäfts mit Wahrscheinlichkeit erwarten konnte (§ 252 BGB). e) Vergütung der Geschäftsführung
12.23 Der Inhaber erhält für seine Geschäftsführungstätigkeit kraft Gesetzes keine Vergütung. Er kann, wenn nichts anderes vereinbart ist, lediglich für Aufwendungen, die er in Angelegenheiten der Gesellschaft aus seinem Privatvermögen gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, Ersatz verlangen (§§ 713, 670 BGB), d.h. er kann diese Beträge entnehmen oder sich gutschreiben. Das gilt jedoch nicht für Verluste, die er an seinem Privatvermögen aus der Geschäftsführung erleidet. Die weiter gehende Ersatzpflicht gemäß § 110 HGB gilt nicht für die typische stille Gesellschaft. Bei der im Innenverhältnis an eine handelsrechtliche Personengesellschaft angeglichenen atypischen stillen Gesellschaft ist allerdings eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift in Betracht zu ziehen4.
1 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (160); BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476. 2 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 154; Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 65. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 211 ff.; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas, § 230 HGB Rz. 95; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 71 f. 4 Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 18; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 180.
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Die Beteiligten können vereinbaren, dass dem Inhaber als Gegenleistung für seine Geschäftsführungstätigkeit vorab ein bestimmter Teil des Gewinns zur Verfügung gestellt wird, sei es in der Form eines „festen Gehalts“ oder eines Vorzugsgewinnanteils. Während das „Gehalt“ den Gesamtgewinn verringert und deshalb je nach dem Gewinnanteil des Inhabers auch zu seinen Lasten geht, verringert ein Vorzugsgewinnanteil allein den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters1. Soll dem Geschäftsinhaber eine Vergütung für die Führung der Geschäfte der stillen Gesellschaft unabhängig vom Gewinn, d.h. auch in Jahren, in denen kein Gewinn zu verzeichnen ist, gezahlt werden, so müssen die entsprechenden Beträge von den Einlagekonten der stillen Gesellschafter zugunsten des Kapitalkontos des Geschäftsinhabers abgebucht werden. Beteiligt sich jemand still an einer handelsrechtlichen Personengesellschaft, so gehen die Vergütungen, die im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft für die Geschäftsführung vorgesehen sind, nur dann zu Lasten des stillen Gesellschafters, wenn es in dem stillen Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Andernfalls muss der Berechnung des auf ihn entfallenden anteiligen Gewinns der Gesamtgewinn der Personengesellschaft zugrunde gelegt werden.
12.24
Da der Inhaber des Handelsgewerbes sein eigenes Geschäft betreibt, ist er grundsätzlich zu Privatentnahmen zur Bestreitung der Lebenshaltungskosten für sich und seine Familie berechtigt. Aber er muss, was die Höhe der Entnahmen anbelangt, auf das Vorhandensein des stillen Gesellschafters und auf die Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes Rücksicht nehmen. Keinesfalls darf er dem Unternehmen Mittel entziehen, die zu seiner unbehinderten Fortführung und zur Verwirklichung des Gesellschaftszwecks erforderlich sind2. Zweckmäßigerweise wird im Gesellschaftsvertrag das Entnahmerecht des Inhabers näher geregelt.
12.25
f) Folgen pflichtwidriger Geschäftsführungsmaßnahmen Verletzt der Inhaber schuldhaft die ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Pflichten, so macht er sich dem stillen Gesellschafter gegenüber schadensersatzpflichtig. Das gilt auch, wenn er die Auflösung der Gesellschaft schuldhaft herbeiführt oder dem stillen Gesellschafter einen Grund zur vorzeitigen Kündigung gegeben hat. Nur wenn der Betrieb des Handelsgewerbes unter ein gesetzliches oder polizeiliches Verbot fällt oder wenn das Handelsgewerbe wegen einer Erkrankung des Inhabers nicht fortgeführt werden kann oder sich als dauernd unrentabel erweist, so fehlt es an einem die Schadensersatzpflicht ausschließenden Verschulden des Inhabers. Der Schadensersatzanspruch umfasst den entgangenen Gewinn, mit dessen Entstehen bei Fortführung des Geschäfts nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen voraussichtlich gerechnet werden konnte3. Dagegen hat der stille Gesellschafter auf den Gewinn, den der Inhaber durch die unberechtigte Geschäftsveräußerung erzielt hat, keinen Anspruch, da dieser Veräußerungsgewinn seine Ursache nicht in dem laufenden Betrieb des Handelsgeschäfts hat. Ein Schadensersatzanspruch des stillen Gesellschafters wegen entgangenen Gewinns bleibt auch in diesem Falle unberührt4. 1 2 3 4
Dazu auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 196. So auch Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 67. Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 71. Windbichler, ZGR 1989, 434.
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12.26
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12.27 Die Beteiligten haften einander aus dem Gesellschaftsvertrag für die Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen (§ 708 BGB: diligentia quam in suis)1. Für seine Angestellten trifft den Inhaber dem stillen Gesellschafter gegenüber die Haftung für Erfüllungsgehilfen. Er hat jedoch deren Verschulden auch nur im Rahmen des § 708 BGB zu vertreten (§ 278 BGB). Dieser gemilderte Haftungsmaßstab erklärt sich aus dem zwischen den Gesellschaftern bestehenden Vertrauensverhältnis. Für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haften sie in jedem Falle (§ 277 BGB). Die gemilderte Haftung besteht jedoch nur, wenn es um die Nichterfüllung gesellschaftsrechtlicher Verpflichtungen, insbesondere auch der Einlageverpflichtung geht, nicht aber, wenn der stille Gesellschafter als Dritter, z.B. als Verkäufer, Vermieter oder Angestellter aufgrund besonderen Dienstvertrags, auftritt oder tätig wird. Auch die Handlungen, die der Inhaber außerhalb seiner Geschäftsführungsbefugnis für die stille Gesellschaft vornimmt, können nicht als Erfüllung einer gesellschaftsrechtlichen Verpflichtung angesehen werden. Der Inhaber haftet insoweit für jedes Verschulden2. Keine Anwendung findet § 708 BGB ferner in den Fällen stiller Publikumsgesellschaften oder der stillen Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft3. Hier haften der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt (näher Rz. 19.86 ff.)4. Die Beweislast dafür, dass ein nachlässiges Verhalten dem in eigenen Angelegenheiten beobachteten Verhalten entspricht, trifft den Gesellschafter, der sich auf die gemilderte Haftung beruft5. Da § 708 BGB nachgiebiges Recht enthält, ist die Einführung einer strengeren oder noch milderen Haftung möglich. Die Haftung wegen Vorsatzes kann nicht im Voraus erlassen werden (§ 276 Abs. 3 BGB).
12.28 Der stille Gesellschafter ist, wenn der Inhaber schuldhaft den getroffenen Vereinbarungen zuwiderhandelt, darüber hinaus berechtigt, das Gesellschaftsverhältnis fristlos zu kündigen (§ 723 BGB) und vom Inhaber wegen Verletzung des Gesellschaftsvertrags Ersatz seines Schadens zu verlangen. 2. Treuepflicht a) Rechtsgrund der Treuepflicht
12.29 Unmittelbarer Ausfluss des personenrechtlichen stillen Gesellschaftsverhältnisses ist die aus dem Gesellschaftszweck sich ergebende Treuepflicht6. Der Zusammenschluss zum Betrieb eines Handelsgewerbes auf gemeinschaftliche Rechnung bedingt ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis und steht in besonderem Maße unter dem Grundsatz von Treu und Glauben, ohne den ein Zusammenwirken nicht denkbar ist und der gemeinsame Zweck nicht verwirklicht werden kann. Im Vergleich zu den anderen Personengesellschaften sind im Hinblick auf die Entstehung konkreter Treue-
1 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 100; Partikel in Heidel/Schall, § 230 HGB Rz. 42. 2 RG v. 22.10.1938 – II 58/38, RGZ 158, 302 (312). 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 164. 4 Zur Publikums-KG: BGH v. 4.7.1977 – II ZR 150/75, BGHZ 69, 207 (209 ff.); BGH v. 12.11.1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 (328) = GmbHR 1980, 127. 5 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 193. 6 BGH v. 11.7.1951 – II ZR 45/50, BGHZ 3, 75 (81); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 185; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 140, 154.
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pflichten die Besonderheiten der stillen Gesellschaft zu berücksichtigen. Auf der einen Seite darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die persönlichen Bindungen zwischen den Beteiligten im Regelfall schwächer ausgeprägt sind als bei den zumeist auf der persönlichen Mitarbeit der Gesellschafter beruhenden anderen Personengesellschaften und dass der typische stille Gesellschafter an der Geschäftsführung nicht beteiligt ist. Das führt dazu, dass rein persönliche Differenzen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten nur in Ausnahmefällen unter dem Blickpunkt der Verletzung der Treuepflicht einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung geben können. Auf der anderen Seite sind aber auch die nur geringen Einflussmöglichkeiten des stillen Gesellschafters auf die Geschäftsführung bei der Bewertung der auf dem Spiele stehenden Interessen einzubeziehen, sodass ein Verhalten des Inhabers, das bei den anderen Personengesellschaften wegen der wesentlich weitergehenden Überwachungs- und Mitwirkungsrechte der Gesellschafter nicht als Treuepflichtverletzung zu werten ist, bei der stillen Gesellschaft geeignet sein kann, das Vertrauen des stillen Gesellschafters zur Person des Inhabers zu erschüttern. b) Inhalt der Treuepflicht aa) Allgemeine Pflicht zur Zweckförderung und Rücksichtnahme Die Treuepflicht begründet allgemein eine Pflicht des Geschäftsinhabers, den Gesellschaftszweck über seine geschuldeten Beitragsleistungen hinaus nach besten Kräften zu fördern und auf die gesellschaftsbezogenen (nicht: privaten) Interessen des stillen Gesellschafters Rücksicht zu nehmen. Aufgrund der Treuepflicht ist der Inhaber verpflichtet, nicht nur alles zu unterlassen, was dem gemeinsamen Zweck schädlich sein könnte, sondern auch alles zu tun, was den Umständen nach erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann, um den gemeinsamen Zweck zu fördern. Die Treuepflicht findet jedoch ihre Grenzen an der Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen, namentlich wenn es um Rechte aus dem Gesellschaftsverhältnis geht, die dem Inhaber in seinem Interesse gewährt worden sind. Wo diese Grenzen zwischen einem noch mit der Treuepflicht zu vereinbarenden Verhalten und einer schuldhaften Verletzung der Treuepflicht liegen, lässt sich nur unter Berücksichtigung und Abwägung aller Umstände des Einzelfalls feststellen.
12.30
Konkret kann sich aus der Treuepflicht für den Geschäftsinhaber zunächst die Verpflichtung ergeben, das Bestehen der stillen Gesellschaft dritten Personen gegenüber geheim zu halten1. Das folgt zwar nicht schon aus dem Wesen der stillen Gesellschaft, kann aber in der Regel als stillschweigend vereinbart und von den Beteiligten gewollt unterstellt werden (§§ 157, 242 BGB). Wird einer solchen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung zuwider von einem Beteiligten das Bestehen der Gesellschaft nach außen hin offenbart, können sich für den anderen Teil Schadensersatzansprüche und das Recht zur fristlosen Kündigung ergeben. Mit der Treuepflicht unvereinbar ist auch ein Verhalten, das ohne hinreichenden Grund die vermögensrechtlichen Ansprüche des stillen Gesellschafters beeinträchtigt oder zu beeinträchtigen droht. Die insoweit zentrale Pflicht zur im Wesentlichen unveränderten Fortführung des Handelsgewerbes ergibt sich für den Geschäftsinhaber allerdings nicht allein aus der Treuepflicht, sondern in erster Linie aus seiner Pflicht zur Geschäftsführung
12.31
1 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 49.
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(dazu bereits Rz. 12.2 ff.). Die Treuepflicht begründet für den Geschäftsinhaber jedoch nicht die Pflicht, einer Änderung des Gesellschaftsvertrags nur deshalb zuzustimmen, weil der Gewinn des Stillen sich anders entwickelt als erwartet1. Eine solche Pflicht kann sich nur unter den Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben. Insofern ist namentlich in Erinnerung zu rufen, dass der Gesellschaftsvertrag für den Geschäftsinhaber nicht nur die Pflicht, sondern auch das Recht zur im Wesentlichen unveränderten Fortführung des Handelsgewerbes begründet. bb) Pflicht zur zweckentsprechenden Verwendung der Beitragsleistungen
12.32 Aufgrund der Treuepflicht des Geschäftsinhabers hat der stille Gesellschafter insbesondere auch einen Rechtsanspruch darauf, dass der Inhaber die Beitragsleistungen nur zu dem im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Zweck einsetzt und das Geschäftsvermögen nicht in einer dem Gesellschaftszweck zuwiderlaufenden Weise schmälert2. Auch darf der Inhaber dem Unternehmen keine wesentlichen Vermögensgegenstände entfremden3. Verwendet der Geschäftsinhaber die Beitragsleistung anders, als es im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, kann der stille Gesellschafter auf Erfüllung klagen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen bzw. das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde vorzeitig kündigen. Der Geschäftsinhaber darf dem Handelsgeschäft auch nicht unzulässig Mittel entziehen, da ein Gesellschafter einen Beitrag, den er nach dem Gesellschaftsvertrag zur Erreichung des gemeinsamen Zweckes zu erbringen hat, nicht einseitig zu mindern oder wieder zurückzuerhalten vermag. Anderenfalls kann der stille Gesellschafter auf Wiederzuführung entsprechender Mittel oder auf Schadensersatz klagen4. cc) Wettbewerbsverbot
12.33 Für die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (§§ 113 f. HGB) und einer Partnerschaftsgesellschaft (§ 6 Abs. 3 PartGG) sowie die Komplementäre einer Kommanditgesellschaft (§§ 161 Abs. 2, 165 HGB) enthält das Gesetz anders als für die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer stillen Gesellschaft Regelungen zum Wettbewerbsverbot der Gesellschafter. Danach dürfen diese ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter weder in dem Handelszweig der Gesellschaft Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafter teilnehmen (§§ 112 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB, § 6 Abs. 3 PartGG). Verletzt ein Gesellschafter diese Verpflichtung, so kann die Gesellschaft Schadensersatz fordern oder stattdessen von dem Gesellschafter verlangen, dass er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf sie abtrete (§§ 113 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB, § 6 Abs. 3 PartGG). Das Recht der stillen Gesellschaft enthält zwar keine derartigen Vorschriften, es stellt sich jedoch die Frage der analogen Anwendung der §§ 112 f., 165
1 So aber FG Bremen v. 1.9.2005 – 1 K 53/05, DStRE 2007, 939 (943). 2 Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 67; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 50. 3 RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (391). 4 Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 13.
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HGB. Während eine solche Analogie für die typische stille Gesellschaft abzulehnen ist, weil es an den engen persönlichen Beziehungen, welche die Grundlage derart einschneidender Wettbewerbsbeschränkungen bilden, zwischen den Beteiligten fehlt, ist bei einer atypischen stillen Gesellschaft die für eine Analogie erforderliche Vergleichbarkeit des geregelten und des ungeregelten Sachverhalts gegeben1. Es steht dann nicht mehr der die typische stille Gesellschaft kennzeichnende kapitalistische Aspekt im Vordergrund. Vielmehr gewinnen hier wie bei einer Personenhandelsgesellschaft die engen persönlichen Beziehungen an Bedeutung. Den Geschäftsinhaber einer atypischen stillen Gesellschaft trifft dann wie den Komplementär einer Kommanditgesellschaft ein allgemeines Wettbewerbsverbot, bei dessen Verletzung das Eintrittsrecht des § 113 Abs. 1 HGB zum Zuge kommt2. Gegen das Wettbewerbsverbot getätigte Geschäfte gelten dann als auf gemeinsame Rechnung abgeschlossen, sodass der stille Gesellschafter an deren Ertrag partizipiert. Die Ablehnung einer analogen Anwendung der §§ 112 f. HGB auf die typische stille Gesellschaft bedeutet jedoch nicht, dass der Inhaber unbehindert Wettbewerbsgeschäfte vornehmen könnte. Die Schranken ergeben sich aus der Treuepflicht3. Richtungweisend und entscheidend dafür, was er in dieser Hinsicht tun und lassen darf, ist seine Verpflichtung, das Handelsgeschäft für gemeinschaftliche Rechnung zu führen, die Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes zu fördern und die im gemeinsamen Interesse der Beteiligten liegenden Gewinnaussichten nicht durch Wettbewerbsgeschäfte zu schmälern. Er darf deshalb keine Geschäfte, die nach dem Gesellschaftszweck in den Rahmen seines Handelsgewerbes fallen und auf gemeinsame Rechnung vorzunehmen sind, auf eigene Rechnung abschließen. Tätigt er solche Geschäfte außerhalb seines Handelsgewerbes unter seinem bürgerlichen Namen, unter der Firma eines anderen von ihm betriebenen Handelsgeschäfts oder durch einen Strohmann, so ist das eine Verletzung der Treuepflicht, die Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters auslösen kann. Ein Eintrittsrecht steht diesem jedoch nicht zu. Dagegen kann der Inhaber alle Geschäfte für eigene Rechnung abschließen, die nicht in den Rahmen seines Handelsgewerbes fallen, die ihm nach dem Gesellschaftsvertrag gestattet sind, denen der stille Gesellschafter zugestimmt oder nicht widersprochen hat, vorausgesetzt, dass durch den Abschluss dieser Geschäfte die stille Gesellschaft als solche nicht geschädigt wird4.
12.34
Zur Vermeidung von Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten über die Wettbewerbsverhältnisse ist deren ausführliche Regelung im Gesellschaftsvertrag zu empfehlen. Der Inhaber kann von allen Wettbewerbsbeschränkungen befreit werden, ihm kann aber auch jeglicher Wettbewerb in dem Handelszweig der stillen Gesellschaft und jede sonstige Betätigung untersagt werden. Auch eine Sicherung dieser Vereinbarung für den Fall ihrer Verletzung durch Vertragsstrafen ist zulässig. Der Vertrags-
12.35
1 Zur Vereinbarkeit derartiger Analogien mit der Berufsfreiheit der betroffenen Gesellschafter Nicolin, Berufsfreiheit, S. 137 ff. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 141; vgl. auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 188 (anders noch Zutt in der 4. Aufl.); Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 82 Rz. 9 ff. 3 Vgl. dazu auch Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 82 Rz. 3; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 190. 4 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 225.
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freiheit sind allerdings Schranken durch die Berufsfreiheit des betroffenen Gesellschafters (Art. 12 Abs. 1 GG)1 und das Kartellrecht (§ 1 GWB und Art. 101 AEUV)2 gesetzt. Ein vertragliches Wettbewerbsverbot ist daher nur zulässig, wenn es funktionsnotwendig, d.h. zur Durchsetzung des Gesellschaftszwecks erforderlich ist.
III. Geschäftsführungsbezogene Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters 1. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung a) Erfordernis einer vertraglichen Vereinbarung
12.36 Nach dem Gesetz ist der stille Gesellschafter zur Geschäftsführung weder berechtigt noch verpflichtet. Hat er den von ihm übernommenen Beitrag vertragsgemäß geleistet (dazu Rz. 7.1 ff.), kann er, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht, zu weiteren Leistungen nicht herangezogen werden. Zur einseitigen Erhöhung der übernommenen Beitragsleistung ist er weder verpflichtet noch berechtigt (§ 707 BGB). In der Regelung ihrer Innenbeziehungen sind die Parteien des stillen Gesellschaftsvertrags jedoch grundsätzlich frei. Der stille Gesellschafter kann daher vertraglich zusammen mit dem Inhaber, neben ihm oder an seiner Stelle zur Geschäftsführung berechtigt oder verpflichtet sein. Die (teilweise) Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf den stillen Gesellschafter kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen3. Derartige Vereinbarungen stehen der Annahme einer (atypischen) stillen Gesellschaft grundsätzlich nicht entgegen4. Ist der Inhaber im Innenverhältnis von der Geschäftsführung ausgeschlossen, stellt sich allerdings die Frage, ob überhaupt noch eine stille Gesellschaft oder nur ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag vorliegt. b) Vertretung durch den stillen Gesellschafter
12.37 Alle diese und ähnliche Absprachen, die in der Regel zur Annahme einer atypischen stillen Gesellschaft führen, haben nur im Innenverhältnis Bedeutung. Nach außen hin kann die alleinige Handlungsbefugnis des Inhabers weder ausgeschlossen noch rechtswirksam beschränkt werden5. Soll der stille Gesellschafter auch im Außenverhältnis mit Wirkung für und gegen das Handelsgewerbe des Inhabers handeln können, muss ihm von dem Geschäftsinhaber als Prinzipal eine Prokura oder Handlungsvollmacht erteilt werden6. Die Vertretungsbefugnis des Stillen muss sich stets auf die
1 Dazu eingehend Nicolin, Berufsfreiheit, S. 132 ff., 142 f. und 148 f. 2 Dazu nur BGH v. 6.12.1962, BGHZ 38, 306 (311 ff.); BGH v. 21.2.1978 – KZR 6/77, BGHZ 70, 331 (334 ff.); BGH v. 5.12.1983 – II ZR 242/82, BGHZ 89, 162 (169) = GmbHR 1984, 203; Wiedemann, Gesellschaftsrecht Bd. 1, S. 730 ff.; Beuthien, ZHR 142 (1978), 259, 289. 3 BGH v. 18.10.1965 – II ZR 232/63, DB 1966, 187; OLG Nürnberg v. 26.1.1968 – 6 W 10/68, DB 1968, 479; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 217. 4 BGH v. 29.11.1952 – II ZR 15/52, BGHZ 8, 157 (160); BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, DB 1964, 476; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 217. 5 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 217. 6 Partikel in Heidel/Schall, § 230 HGB Rz. 36.
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Vertretung des Geschäftsinhabers beschränken; sie darf sich nicht als eine Vertretung der Gesellschaft selbst darstellen1, weil sonst der Rechtsschein einer Außengesellschaft erweckt würde. Wird die Prokura oder Handlungsvollmacht mit Rücksicht auf die Gesellschafterstellung des Stillen aufgrund einer im Gesellschaftsvertrag verankerten Verpflichtung des Geschäftsinhabers erteilt2, so bildet die Vollmacht einen Bestandteil der Mitgliedschaft des Stillen mit der Folge, dass der Widerruf der Prokura oder Handlungsvollmacht sich nach den Bestimmungen des Gesellschaftsrechts richtet und eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses erforderlich macht. § 52 Abs. 1 HGB passt nicht für die gesellschaftsrechtliche Regelung der Prokura oder Handlungsvollmacht eines Gesellschafters und ist deshalb in diesen Fällen nicht anwendbar3. Im Gesellschaftsvertrag kann jedoch etwas anderes vereinbart werden. Es können insbesondere die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen dem stillen Gesellschafter die Prokura oder Handlungsvollmacht entzogen werden kann. c) Entzug der vertraglich übertragenen Geschäftsführungsbefugnis Bei einer dem stillen Gesellschafter vertraglich eingeräumten Geschäftsführungsberechtigung ist § 712 Abs. 1 BGB analog anzuwenden, so dass der Geschäftsinhaber bei Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt ist, dem stillen Gesellschafter die Befugnis zur Führung der Geschäfte zu entziehen und die Geschäftsführung wieder selbst zu übernehmen4. Lag kein wichtiger Grund vor, hat der stille Gesellschafter einen Anspruch auf Wiedereinräumung der Geschäftsführungsbefugnis5.
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d) Vergütung der vertraglich übertragenen Geschäftsführung Der stille Gesellschafter, dem Geschäftsführungsbefugnisse übertragen wurden, hat ebenso wenig wie der Inhaber einen Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit6, sofern nicht im Gesellschaftsvertrag eine Geschäftsführervergütung oder neben dem Gesellschaftsvertrag ein gesonderter Dienstvertrag vereinbart wurde. In dem zuletzt genannten Fall genießt der stille Gesellschafter in arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht den besonderen Schutz des abhängigen Angestellten und das Konkursvorrecht des verdienten Lohnes. Das Arbeitsverhältnis kann nur unter Beachtung der Kündigungsschutzbestimmungen gekündigt werden. Für die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses kommen dagegen die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zur Anwendung7.
1 BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 217. 2 Fashe/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 58; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 84. 3 BGH v. 27.6.1955 – II ZR 232/54, BGHZ 17, 392; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 217. 4 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 158; Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, S. 64; Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 84; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 58; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 217. 5 Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 84. 6 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 196, 219. 7 RG v. 10.10.1933 – II 148/33, RGZ 142, 13 (16); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 160.
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e) Haftung für pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen
12.40 Der zur Geschäftsführung berechtigte stille Gesellschafter hat dem Inhaber gegenüber nach § 708 BGB nur für die Sorgfalt einzustehen, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, wenn seine Geschäftsführungsbefugnis oder seine Bestellung zum Prokuristen bzw. Handlungsbevollmächtigten auf dem Gesellschaftsvertrag beruht. Ist er aufgrund besonderen Dienstvertrags Geschäftsführer, Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter, so haftet er nach den allgemeinen Vorschriften für jedes Verschulden (vgl. dazu Rz. 12.26 ff.)1. Handlungen, welche der stille Gesellschafter ohne die erforderliche Ermächtigung durch den Inhaber oder unter Überschreitung seiner Zuständigkeit vornimmt, fallen ebenso wie die entsprechenden Handlungen des Inhabers unter den Begriff der Geschäftsführung ohne Auftrag und lösen eine verschärfte Haftung aus. Sie können durch den Inhaber genehmigt werden und gelten dann im Innenverhältnis als im Rahmen des Handelsgeschäfts abgeschlossen. 2. Treuepflicht
12.41 Im Rahmen des gemeinsam zu verfolgenden Zwecks ist auch der stille Gesellschafter gehalten, auf die gemeinschaftlichen Interessen Rücksicht zu nehmen und nicht zum Nachteil der Gesellschaft zu handeln2. Dazu gehört im Zweifel die Geheimhaltung des Gesellschaftsverhältnisses. Auch bei der Ausübung der ihm vertraglich eingeräumten Zustimmungs- und Widerspruchsrechte werden seine Entscheidungen durch den Grundsatz von Treu und Glauben bestimmt3. Er muss sich dabei von sachgerechten, die Verwirklichung des gemeinschaftlichen Zwecks fördernden Erwägungen leiten lassen. Eine Pflicht zur Zustimmung wird anzunehmen sein, wenn durch die Ablehnung das Gemeinschaftsinteresse oder der Gesellschaftszweck beeinträchtigt werden würde. Der stille Gesellschafter, der durch willkürliche Verweigerung seiner Zustimmung zu notwendigen sachdienlichen Maßnahmen der Geschäftsführung seine Treuepflicht gröblich vernachlässigt, macht sich schadensersatzpflichtig. Der Schaden kann darin bestehen, dass sich der andere Teil zur fristlosen Kündigung gezwungen sieht und diese ihm Nachteile bringt. Ist nach dem Gesellschaftsvertrag für ein Rechtsgeschäft des Geschäftsinhabers die Zustimmung des stillen Gesellschafters erforderlich und wird die Zustimmung treuwidrig verweigert, ist das Geschäft nicht nur wie generell gegenüber dem Dritten gleichwohl wirksam. Der Geschäftsinhaber handelte auch im Innenverhältnis nicht pflichtwidrig, weil er sich über den treuwidrigen Widerspruch hinwegsetzen durfte4. Ist die Verweigerung der erforderlichen Zustimmung hingegen mit der Treuepflicht zu vereinbaren, geht das von dem Geschäftsinhaber gleichwohl vorgenommene Geschäft allein auf Rechnung und Gefahr des Inhabers.
12.42 Intensive Treuepflichten können bestehen, wenn der stille Gesellschafter ausnahmsweise an der Geschäftsführung beteiligt ist. Je nach Art und Umfang dieser Beteiligung können sich für ihn dann auch ohne eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung die gleichen Treuebindungen wie für den Geschäftsinhaber ergeben (vgl. 1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 191 f. 2 Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 56; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 90; Partikel in Heidel/Schall, § 230 HGB Rz. 37. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 154; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 186. 4 RG v. 22.10.1938 – II 58/38, RGZ 158, 302 (310 f.).
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Rz. 12.29 ff.)1. Das gilt insbesondere für das gesetzliche Wettbewerbsverbot. Ein solches besteht für den typischen stillen Gesellschafter nämlich nicht2. Es wäre bei zutreffender Wertung der beiderseitigen Interessen sachlich nicht gerechtfertigt, weil er nur mit seiner Vermögenseinlage beteiligt ist und an der Geschäftsführung nicht teilnimmt, so dass er regelmäßig auch keinen tieferen Einblick in den Geschäftsbetrieb des Inhabers hat. Er steht insoweit einem Kommanditisten gleich, für den ebenfalls kein gesetzliches Wettbewerbsverbot besteht (§ 165 HGB). Der typische stille Gesellschafter kann demzufolge Geschäfte, die in den Handelszweig der Gesellschaft fallen, auf eigene Rechnung abschließen, auch wenn er dabei die ihm aus seiner Beteiligung zugeflossenen Kenntnisse und Erfahrungen benutzt. Nur darf er nicht geradezu die Interessen des Inhabers schädigen3. Eine andere Beurteilung kann aber gerechtfertigt sein, wenn er als atypischer stiller Gesellschafter Einfluss auf die Geschäftsführung hat oder wenn er selbst Kaufmann ist und sich in dem Handelszweig des Inhabers geschäftlich betätigt. Hier ergibt sich auch für ihn aus dem Grundsatz von Treu und Glauben die Verpflichtung, sich eines den Gesellschaftszweck schädigenden oder beeinträchtigenden Wettbewerbs zu enthalten4. Für seine wettbewerbsrechtliche Stellung gilt in diesem Falle dasselbe, was oben (Rz. 12.33 ff.) für den Inhaber ausgeführt worden ist. Ist der stille Gesellschafter alleiniger Geschäftsführer, ist § 112 HGB entsprechend anwendbar, wenn nichts Abweichendes vereinbart wird5. Darüber hinaus können dem stillen Gesellschafter im Rahmen des kartellrechtlich Zulässigen6 vertragliche Wettbewerbsbeschränkungen, deren Einhaltung durch Vertragsstrafen gesichert werden kann, auferlegt werden. 3. Kontrollrechte a) Allgemeine Grundsätze aa) Verfügbarkeit der Kontrollrechte Das Gesetz und insbesondere § 233 HGB, der teils wörtlich (Abs. 1 und 3), teils sachlich (Abs. 2) der Regelung in § 166 HGB entspricht, gewährt dem stillen Gesellschafter verschiedene Informations- und Kontrollrechte. Durch diese nur eingeschränkt beschränkbaren Kontrollbefugnisse unterscheidet sich die stille Gesellschaft von den partiarischen Geschäften (vgl. hierzu Rz. 5.16 ff., 12.46). Ob der stille Gesellschafter seine eigenen Verpflichtungen erfüllt, insbesondere seine vereinbarte Einlage geleistet hat, ist für die Geltendmachung der Rechte aus § 233 HGB unerheblich7. Nach h.M. stehen 1 Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 74 ff. 2 Vgl. dazu insgesamt Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 82 Rz. 2; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 155; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 190. 3 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 110; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 190. 4 Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 82 Rz. 9. 5 BGH v. 5.12.1983 – II ZR 242/82, DB 1984, 495 (496) = GmbHR 1984, 203; Böttcher/Zartmann/ Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 134; Löffler, NJW 1986, 223 (227); siehe auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 155; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 110; Fehse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 230 HGB Rz. 57. 6 Doehner/Hoffmann in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 82 Rz. 13 f. 7 Roth in Baumbach/Hopt, § 233 HGB Rz. 1.
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12.43
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die Rechte aus § 233 HGB, wenn nichts anderes vereinbart ist, dem stillen Gesellschafter allerdings nur zu, solange die Gesellschaft besteht, nicht mehr dagegen nach ihrer Auflösung zum Zwecke der Nachprüfung des Auseinandersetzungsguthabens und in Ansehung der schwebenden Geschäfte1. Später kann die Vorlage der Bücher und Geschäftspapiere nur unter den Voraussetzungen des § 810 BGB verlangt werden2. bb) Unübertragbarkeit der Kontrollrechte
12.44 Die gesetzlichen und vertraglichen Kontrollrechte stehen dem stillen Gesellschafter grundsätzlich nur persönlich zu3. Der im Recht der Personengesellschaft geltende Grundsatz des § 717 Satz 1 BGB, wonach die Rechte der Gesellschafter unübertragbar sind und einzelne Rechte im allgemeinen nur insofern abgetreten werden können, als das Gesetz selbst Ausnahmen zulässt, gilt auch für die Informations- und Überwachungsrechte des stillen Gesellschafters nach § 233 HGB (siehe Rz. 10.29 f.). Im Falle der gemäß § 717 Satz 2 BGB zulässigen Abtretung des Anspruchs auf den Gewinnanteil kann der Abtretungsempfänger daher vom Geschäftsinhaber weder die Mitteilung des Jahresabschlusses noch die Einsicht in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere verlangen4. Allerdings enthält die Verpflichtung, den jeweils festgestellten Gewinnanteil des stillen Gesellschafters dem Abtretungsempfänger auszuzahlen, nach Treu und Glauben auch das Gebot, diesem den errechneten Gewinnanteil der Höhe nach mitzuteilen5. Das Abspaltungsverbot schließt allerdings nicht aus, dass sich der stille Gesellschafter bei der Wahrnehmung seiner Informations- und Kontrollrechte durch einen anderen stillen Gesellschafter oder einen zur Verschwiegenheit verpflichteten Dritten vertreten oder unterstützen lässt (dazu auch noch Rz. 12.49). So werden insbesondere in einer stillen Publikumsgesellschaft die Informations- und Kontrollrechte der einzelnen stillen Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsinhaber zumeist durch einen Vertreter oder Beirat wahrgenommen (dazu näher Rz. 19.46, 19.82). cc) Gestaltbarkeit der Kontrollrechte
12.45 Im Gesellschaftsvertrag können die Kontrollrechte des stillen Gesellschafters gegenüber der gesetzlichen Regellage grundsätzlich erweitert oder beschränkt werden. Eine Erweiterung der Kontrollrechte des stillen Gesellschafters ist vor allem anzutreffen, wenn ihm Geschäftsführungsbefugnisse eingeräumt werden oder wenn er im Innenverhältnis an dem Geschäftsvermögen und an den Rücklagen beteiligt sein soll. Häufig werden in diesem Zusammenhang dem stillen Gesellschafter zusätzlich die durch § 233 Abs. 2 HGB verdrängten Kontrollrechte nach § 716 BGB sowie verschiedene Zustimmungs- und Widerspruchsrechte zugebilligt. Darüber hinaus kann im Gesell1 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (324); OLG Hamburg v. 4.3.2004 – 11 U 200/03, NZG 2004, 715 (715); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 233 HGB Rz. 31; Erhardt/Seffert in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 81 Rz. 18; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 233 HGB Rz. 5; Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 139 ff. 2 RG v. 17.3.1926 – II 304/25, JW 1926, 1812; BGH v. 8.4.1976 – II ZR 203/74, DB 1976, 2106 (2107); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 233 HGB Rz. 31; Erhardt/Seffert in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 81 Rz. 18; Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 233 HGB Rz. 5; Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 140. 3 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 141 ff. 4 BGH v. 8.7.1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (122 ff.). 5 BGH v. 3.11.1975 – II ZR 98/74, GmbHR 1976, 37.
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schaftsvertrag vorgesehen werden, dass der stille Gesellschafter berechtigt sein soll, dem Inhaber die Geschäftsführung zu entziehen oder einen anderen mit der Geschäftsführung zu beauftragen. Auf diese Weise kann die Leitung des Handelsgeschäfts in die Hand von Personen gelegt werden, die nicht die volle vermögensrechtliche Verantwortung für das Unternehmen tragen (Rz. 12.36 ff., 12.68 ff.). Die Durchsetzung solcher vertraglich eingeräumten Kontrollrechte kann jedoch nicht im Verfahren nach § 233 Abs. 3 HGB erfolgen. Der stille Gesellschafter muss insoweit ordentlich klagen1. Auf der anderen Seite ist auch eine Einschränkung der in § 233 Abs. 1 HGB vorgesehenen Kontrollrechte möglich und zulässig2. Sie wird zu erwägen sein, wenn der stille Gesellschafter selbst Kaufmann und in demselben Handelszweig tätig ist oder wenn die stille Beteiligung im Rahmen des Handelsgeschäfts des Inhabers nicht ins Gewicht fällt. Die Beschränkung kann darin bestehen, dass der stille Gesellschafter nicht alle Bücher oder dass er die Bücher nicht selbst einsehen darf, sondern einen Buchsachverständigen damit betrauen muss, oder dass beim Vorhandensein mehrerer stiller Gesellschafter die Kontrollrechte nur durch einen Ausschuss oder einen Vertrauensmann ausgeübt werden dürfen. Bei der Beschränkung der Kontrollrechte ist indessen Zurückhaltung geboten, weil bei zu starker Einschränkung Zweifel am Vorliegen eines echten Gesellschaftsverhältnisses entstehen können. Dieser Gesichtspunkt spielt insbesondere in steuerlicher Hinsicht eine wichtige Rolle (Rz. 20.1 ff.). Auch kann eine zu starke Beschränkung sittenwidrig und nichtig sein, besonders wenn der Verdacht einer unredlichen Geschäftsführung besteht. Das außerordentliche Kontrollrecht aus wichtigen Gründen nach § 233 Abs. 3 HGB ist allerdings ohnehin zwingender Natur (Rz. 12.50).
12.46
b) Einzelne gesetzliche Kontrollrechte aa) Das ordentliche Informationsrecht nach § 233 Abs. 1 HGB Der stille Gesellschafter ist gemäß § 233 Abs. 1 HGB berechtigt, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses, d.h. der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 3 HGB), zu verlangen und deren Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen3. Unter „Bilanz“ versteht das Gesetz zwar grundsätzlich die Handelsbilanz. Soweit für die Berechnung des Gewinn- und Verlustanteils des stillen Gesellschafters nach dem Gesellschaftsvertrag jedoch die Steuerbilanz maßgeblich ist, muss auch diese abschriftlich mitgeteilt werden4. Wird neben dem alljährlich nach den allgemeinen Vorschriften aufzustellenden Jahresabschluss eine besondere Abrechnung über den auf den stillen Gesellschafter entfallenden anteiligen Gewinn erstellt, so kann er stets auch die Mitteilung des Jahresabschlusses verlangen. Zwischenabschlüsse und Prüfungsberichte sind jedoch nicht mitzuteilen. In Bezug auf diese Dokumente hat der stille Gesellschafter jedoch ein Einsichtsrecht. Aus § 233 Abs. 1 HGB ergibt sich für 1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 233 HGB Rz. 37. 2 Differenzierend Harbarth in Großkomm/HGB, § 233 HGB Rz. 36 m.w.N., nach dem es einen uneinschränkbaren Kernbereich des Informationsrechts gibt (z.B. Überlassung einer Kopie des Jahresabschlusses sowie dessen Prüfung). 3 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 85 ff. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 233 HGB Rz. 6; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 233 HGB Rz. 3; weitergehend und für eine generelle Pflicht zur Vorlage der Steuerbilanz Roth in Baumbach/Hopt, § 233 HGB Rz. 3.
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12.47
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den stillen Gesellschafter ein notfalls im Klagewege gegen den Inhaber durchsetzbarer Anspruch auf ordnungsgemäße Buchführung und Bilanzierung1. Das gilt auch, wenn der Inhaber als Einzelkaufmann mit kleinem Handelsgewerbe von einer Befreiung von der handelsrechtlichen Buchführung und Rechnungslegung nach §§ 241a, 242 Abs. 4 HGB profitiert, da er auch dann für ordnungsgemäße Aufzeichnungen, die eine geeignete Grundlage für die Gewinnermittlung abgeben, sorgen muss.
12.48 Das Recht des stillen Gesellschafters zur Einsicht in die Bücher und Papiere ist im Gegensatz zu § 118 HGB funktional auf das zur Kontrolle des mitgeteilten Jahresabschlusses erforderliche Maß beschränkt2. Zu den Büchern und Papieren gehören sämtliche für den Jahresabschluss relevanten Unterlagen des Handelsgewerbes. Zeit, Ort und Art der Einsicht werden im Einzelfall durch die Treuepflicht bestimmt. Mitnahme oder Versendung der entsprechenden Dokumente kann der Stille regelmäßig nicht verlangen3.
12.49 Der stille Gesellschafter kann sich, wenn es sich als notwendig erweist und wenn nicht berechtigte Belange des Inhabers entgegenstehen, der Hilfe eines Buchsachverständigen bedienen. Erhebt der Inhaber gegen den vom stillen Gesellschafter beauftragten Sachverständigen begründete Bedenken, so ist die Bucheinsicht einem vom Gericht zu bestellenden Buchsachverständigen zu übertragen. War die Zuziehung des Sachverständigen wegen der Mangelhaftigkeit der Buchführung objektiv erforderlich, so kann der Stille Ersatz der ihm dadurch entstandenen Kosten verlangen4. Soweit ihm die Kosten nicht erstattet werden, liegen steuerlich Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen vor. bb) Das außerordentliche Informationsrecht nach § 233 Abs. 3 HGB
12.50 Auf Antrag des stillen Gesellschafters kann das Gericht, wenn wichtige Gründe vorliegen, die Mitteilung des Jahresabschlusses oder sonstige Aufklärungen sowie die Vorlage der Bücher und Papiere jederzeit anordnen (§ 233 Abs. 3 HGB). Diese Vorschrift, die über die Rechte nach § 233 Abs. 1 HGB hinaus auch die Anordnung sonstiger Aufklärungen ermöglicht, ist zudem zwingendes Recht und kann daher im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden5. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn ein berechtigtes Misstrauen gegen die Geschäftsführung und insbesondere der Verdacht auf unredliche Verhaltensweisen besteht. Dies kann namentlich der Fall sein, wenn die Bucheinsicht nach § 233 Abs. 1 HGB ohne triftigen Grund verweigert wurde. Ebenso kann eine formal unzureichende Rechnungslegung die Notwendigkeit sonstiger, d.h. über das ordentliche Mitteilungs- und Einsichtsrecht nach § 233 Abs. 1 1 A.A. OLG Hamburg v. 4.3.2004 – 11 U 200/03, ZIP 2004, 1099 (1100), wonach nur ein Anspruch auf Übermittlung eines aufgestellten Jahresabschlusses besteht. Andernfalls soll sich der Stille mit seinen Informationsrechten aus § 810 BGB behelfen. 2 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 150 ff. 3 Vgl. dazu Roth in Baumbach/Hopt, § 233 HGB Rz. 4. 4 OLG München v. 1.4.1954 – 6 U 1895/53, BB 1954, 669; Roth in Baumbach/Hopt, § 118 HGB Rz. 5; zum Kostenersatz a.A. OLG Düsseldorf v. 13.6.1929 – 6 U 36/29, JW 1929, 2169. 5 Zum Verständnis von § 233 Abs. 3 HGB im Verhältnis zu Abs. 1 siehe K. Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, S. 74 i.V.m. S. 79; vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 100 ff.; zur zwingenden Natur von § 233 Abs. 3 HGB auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 233 HGB Rz. 39 und Fahse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 233 HGB Rz. 9.
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HGB hinausgehender Aufklärungen begründen und daher einen wichtigen Grund bilden1. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist keine Ermessensfrage. Es handelt sich vielmehr um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dagegen liegt es im pflichtgemäßen Ermessen des Richters, welche Anordnungen er treffen will (Vorlage von Bilanzen oder Zwischenbilanzen, Umfang der Buchvorlage, Zuziehung von Sachverständigen usw.). Behauptet der Inhaber, er habe keine Bilanzen aufgestellt, so steht das einer gerichtlichen Anordnung gemäß § 233 Abs. 3 HGB nicht entgegen. Die Anordnung braucht sich nicht auf die Bilanzen und Bücher der dem Antrag vorhergehenden zehn Jahre (§ 257 Abs. 4 HGB) zu beschränken. Sind dem stillen Gesellschafter jedoch durch den Gesellschaftsvertrag Geschäftsführungsbefugnisse übertragen worden, so kann er in der Regel nicht das Einschreiten des Gerichts verlangen, da er bereits die Möglichkeiten hat, die ihm die gerichtliche Anordnung verschaffen soll.
12.51
Der Antrag ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu stellen. Antragsgegner ist der Inhaber des Handelsgeschäfts2. Die Entscheidung erfolgt im Beschlussverfahren (§ 375 Nr. 1 FamFG) oder bei entsprechender Vereinbarung durch ein Schiedsgericht (siehe Rz. 10.44 ff.). Da das Recht aus § 233 Abs. 3 HGB nur einem stillen Gesellschafter zusteht, ist die Frage, ob ein stilles Beteiligungsverhältnis oder etwa ein partiarisches Darlehen vorliegt, als Sachurteilsvoraussetzung auch in diesem Verfahren zu klären. Wahlweise kann der Anspruch auch im Streitverfahren durchgesetzt werden, wenn der wichtige Grund in der Verweigerung des allgemeinen oder vertraglichen Prüfungsrechts besteht3.
12.52
cc) Die Kontrolle von Beteiligungen Ist der Inhaber seinerseits an einem weiteren Unternehmen beteiligt, so kann es für den stillen Gesellschafter von Interesse sein, sich auch über die Beziehungen zu dem mit dem Geschäftsinhaber verbundenen Unternehmen sowie über dessen Geschäftstätigkeit zu informieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn laut Gesellschaftsvertrag die Einlage in das Unternehmen fließen soll, an welchem der Geschäftsinhaber beteiligt ist. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit sich das Kontrollrecht des stillen Gesellschafters auf ein Unternehmen erstreckt, an dem nicht er, sondern der Inhaber im Rahmen seines Handelsgeschäfts beteiligt ist4. Zur Beantwortung bedarf es einer Differenzierung:
12.53
Vom Kontrollrecht sind grundsätzlich alle Unterlagen des Inhabers betreffend die Geschäftsvorgänge zwischen den verbundenen Unternehmen erfasst, da es sich hierbei um Angelegenheiten handelt, die in den Bereich der Geschäftsführung des Unternehmens fallen, an dem der stille Gesellschafter beteiligt ist5. Es handelt sich um Ge-
12.54
1 Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 233 HGB Rz. 15; Harbarth in Großkomm/HGB, § 233 HGB Rz. 34. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 233 HGB Rz. 13; siehe aber auch OLG Köln v. 30.5.1967 – 2 Wx 217/66, OLGZ 1967, 362, wo ausnahmsweise als Antragsgegner auch der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH zugelassen wird. 3 OLG Köln v. 30.5.1967 – 2 Wx 217/66, OLGZ 1967, 362; OLG Stuttgart v. 18.2.1970 – 8 W 350/69, OLGZ 1970, 262; OLG Hamm v. 27.2.1970 – 15 W 4/70, MDR 1970, 594. 4 Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 80 ff. 5 BGH v. 20.6.1983 – II ZR 85/82, ZIP 1983, 935 (936); BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470.
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schäftsmaßnahmen, deren Kontrolle dem stillen Gesellschafter durch § 233 HGB gerade ermöglicht werden soll. Eine Einschränkung erfährt dieses Recht lediglich insoweit, als es dem Zweck dienen muss, eine sachgerechte Prüfung der Bilanzen zu ermöglichen1.
12.55 Demgegenüber kommt nach der Rechtsprechung eine Erstreckung des Informationsrechts auch auf Unterlagen des mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens selbst prinzipiell nicht in Betracht. Es wird vielmehr grundsätzlich an der Eigenständigkeit der Rechtsbeziehungen zwischen dem Stillen und dem Geschäftsinhaber einerseits sowie zwischen letzterem und dem Drittunternehmen andererseits festgehalten. Folglich werden gesellschaftsrechtliche Kontrollbefugnisse bezüglich der Geschäftsführung des mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens allein dem Inhaber und nicht dem stillen Gesellschafter gewährt. Die bloße Beteiligung des Geschäftsinhabers an einem dritten Unternehmen könne für diesen in der Regel auch nicht die Pflicht begründen, dem stillen Gesellschafter Einsicht in die Unterlagen jenes Unternehmens zu verschaffen2. Zur Rechtfertigung dieser Auffassung wird neben dem formellen Aspekt der Verschiedenheit der Rechtssubjekte angeführt, dass ein Informationsrecht des mit der zu kontrollierenden Gesellschaft nicht in unmittelbaren Rechtsbeziehungen stehenden stillen Gesellschafters den schutzwürdigen Interessen der übrigen an dem Unternehmen beteiligten Gesellschafter zuwiderliefe3.
12.56 Aus dem Gesichtspunkt des Interessenkonfliktes leitet der BGH auch Ausnahmetatbestände zu dem von ihm aufgestellten Grundsatz ab. Haben grundsätzlich die Belange der an dem Drittunternehmen neben dem Inhaber beteiligten Gesellschafter Vorrang vor den Informationsinteressen des stillen Gesellschafters, so sollen dessen Belange dann ein Übergewicht gewinnen, wenn sein unverzichtbar geschützter Bereich tangiert wird. Der unverzichtbar geschützte Bereich wird dabei vom BGH in Anlehnung an den wichtigen Grund des § 233 Abs. 3 HGB bestimmt. Liegt ein wichtiger Grund i.S. dieser Regelung vor, so ist der unverzichtbar geschützte Bereich des stillen Gesellschafters berührt, womit sein außerordentliches Informationsrecht dann auch die Geschäftsunterlagen des mit dem Inhaber verbundenen Unternehmens umfasst4. Wann ein solcher wichtiger Grund vorliegt, der eine Ausweitung des Kontrollrechts rechtfertigt, hat die Rechtsprechung nicht abschließend festgelegt. Diese Frage dürfte nur nach einer einzelfallbezogenen, umfassenden Interessenabwägung zu beantworten sein. Hierbei verbietet sich eine zu enge Anlehnung an die Vorschrift des § 233 Abs. 3 HGB und der zu dieser ergangenen Rechtsprechung. Das gesetzlich geregelte außerordentliche Informationsrecht ist auf den internen Interessenausgleich der Partner des stillen Gesellschaftsverhältnisses zugeschnitten. Bei der Prüfung einer Ausweitung des Informationsrechts auf Beteiligungsunternehmen sind zusätzliche Drittinteressen mit zu berücksichtigen, was in der Regel dazu führen wird, dass an den wichtigen Grund, der eine Erstreckung des Informationsrechts rechtfertigen soll, höhere Anforderungen zu stellen sind, als dies im Zweipersonenverhältnis nötig ist. § 233 Abs. 3 HGB ist in diesem Zusammenhang eher als positivrechtlicher Ansatzpunkt zur Rechtfertigung eines 1 BGH v. 8.7.1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (120). 2 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470; zu dieser Entscheidung Hepting in FS Pleyer, S. 301 ff. 3 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470; BGH v. 20.6.1983 – II ZR 85/82, ZIP 1983, 935 (936). 4 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470.
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Mindestschutzbereichs für den stillen Gesellschafter zu verstehen, wenn der Inhaber im Rahmen seines Handelsgeschäftes Beteiligungen an anderen Unternehmen hält, wodurch er auch deren Interessen in bestimmter Weise verpflichtet ist1. Entsprechend diesem Zweck, einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten herbeizuführen, muss das Merkmal „wichtiger Grund“ ausgelegt werden. Der BGH2 hat einen wichtigen Grund in einem Fall angenommen, in welchem des stillen Gesellschafters Einlage in die Beteiligungsgesellschaft floss und diese auch diejenigen Geschäfte tätigte, die Zweck des stillen Gesellschaftsvertrags waren, so dass sie auch die Gewinne erwirtschaftete, die dem Stillen zugutekommen sollten. Ein weiteres Gefährdungsmoment bestand zudem in einer besonderen personellen und finanziellen Verflechtung des Geschäftsinhabers mit dem Beteiligungsunternehmen. Bei dieser Konstellation sah der BGH den Zugang des stillen Gesellschafters zu Informationen über die wesentlichen mit seiner Einlage finanzierten Geschäfte versperrt und damit die schützenswerten Belange des Stillen – insbesondere auch durch die Gefährdungslage wegen der Verflechtung – nicht mehr hinreichend gewahrt. Er erweiterte daher das außerordentliche Informationsrecht auch auf Unterlagen des Beteiligungsunternehmens3.
12.57
Die gleichen Erwägungen bestimmen auch den Umfang des Kontrollrechtes, wenn der Geschäftsinhaber im Rahmen seines Handelsbetriebes eine hundertprozentige Beteiligung an einer anderen Gesellschaft hält, wie dies bei einer Betriebsaufspaltung in der Regel der Fall ist. Bei einer solchen Konstellation, bei der die Beteiligungsgesellschaft ein hundertprozentiges Tochterunternehmen des Inhabers ist, werden Interessen Dritter, die gegenüber dem Informationsinteresse des stillen Gesellschafters abzuwägen wären, überhaupt nicht berührt. Da der Inhaber alle Anteile an dem Beteiligungsunternehmen hält, stehen letztlich nur seine Belange denen des stillen Gesellschafters gegenüber. Dieser gesellschaftsinterne Interessenkonflikt wird in § 233 HGB geregelt. Der in § 233 HGB dem Inhaber auferlegten Pflicht darf sich dieser nicht unter Hinweis auf die formale Verschiedenheit zwischen sich und der Tochtergesellschaft entziehen. Der stille Gesellschafter kann vielmehr auch Einsicht in die Unterlagen des Tochterunternehmens verlangen4.
12.58
Die ausnahmsweise Erstreckung des Informationsrechts auf Bilanzen und Geschäftsunterlagen des Beteiligungsunternehmens geht nicht so weit, dass der stille Gesellschafter gegen dieses einen Anspruch auf Ausübung seines Kontrollrechts hätte. Informationsschuldner bleibt vielmehr der Geschäftsinhaber5. Daraus folgt vor allem, dass das Recht des Stillen auf Information durch die entsprechende Rechtsstellung des Geschäftsinhabers im Beteiligungsunternehmen begrenzt ist.
12.59
1 So wohl auch Hepting in FS Pleyer, S. 301 (307). 2 BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = NJW 1984, 2470 (2471). 3 Zustimmend Hepting in FS Pleyer, S. 301 (306 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 233 HGB Rz. 13; Harbarth in Großkomm/HGB, § 233 HGB Rz. 30. 4 BGH v. 8.7.1957 – II ZR 54/56, BGHZ 25, 115 (117 f.); Hepting in FS Pleyer, S. 301 (302, 306); Harbarth in Großkomm/HGB, § 233 HGB Rz. 30; Ehrhardt/Seffert in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 81 Rz. 15. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 233 HGB Rz. 13; Fehse/Gesmann-Nuissl in Ensthaler, § 233 HGB Rz. 7; Hepting in FS Pleyer, S. 301 (302).
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dd) Weitere gesetzliche Kontrollrechte
12.60 Der stille Gesellschafter verfügt nicht über die weiteren Rechte, welche durch § 716 BGB und § 118 HGB dem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter eingeräumt werden (§ 233 Abs. 2 HGB). Das Recht, sich von den Angelegenheiten der Gesellschaft jederzeit persönlich zu unterrichten, die Geschäftsbücher und die Papiere der Gesellschaft einzusehen und sich aus ihnen eine Übersicht über den Stand des Gesellschaftsvermögens anzufertigen, kann ihm lediglich vertraglich eingeräumt werden (Rz. 12.45)1. Aus der Beschränkung von § 233 Abs. 2 HGB ergibt sich zugleich, dass der stille Gesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft nicht die Vorlage der Geschäftsbücher nach § 810 BGB verlangen kann. Anderenfalls könnte er über diese Vorschrift die beschränkte Einsicht nach § 233 HGB vereiteln2. So ist er auch nicht berechtigt, selbst eine Inventur aufzunehmen, den Kassenbestand zu prüfen oder Auskunft über den Stand der einzelnen Geschäfte zu verlangen. Nicht ausgeschlossen wird durch § 233 hingegen das Recht des Prozessgerichts, nach §§ 258, 260 HGB die Vorlage der Handelsbücher anzuordnen. Einen Anspruch auf Rechnungslegung gemäß § 259 BGB hat der stille Gesellschafter nur, wenn die Handelsbücher, die er zur Nachprüfung der Richtigkeit der Bilanz einzusehen berechtigt ist, keinen hinreichenden Aufschluss zu geben vermögen3. 4. Zustimmungsrechte a) Anwendungsbereich des Zustimmungserfordernisses
12.61 Im Außenverhältnis ist der Geschäftsinhaber alleiniger Betreiber des Handelsgewerbes und kann sämtliche Geschäfte auch ohne eine Zustimmung des stillen Gesellschafters wirksam vornehmen (vgl. auch Rz. 12.2 ff.)4. Nach dem Gesellschaftsvertrag ist der Geschäftsinhaber allerdings gegenüber dem stillen Gesellschafter im Innenverhältnis verpflichtet, seine gesamte Geschäftsführung so einzurichten, dass der gemeinsame Zweck gefördert wird und dabei den berechtigten gesellschaftsbezogenen Interessen des Stillen Rechnung getragen wird. Dies bedingt nicht nur bei Grundlagengeschäften, welche zu einer Änderung des stillen Gesellschaftsvertrags führen, sondern auch bei Geschäften, welche den im Wesentlichen unveränderten Fortbestand des Handelsgewerbes berühren oder nicht zu den üblicherweise in einem solchen Handelsgewerbe getätigten Geschäften gehören (sog. außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen) ein Bedürfnis nach interner Zustimmung des stillen Gesellschafters. Lediglich bei gewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen, welche die Verfolgung des gemeinsamen Zweckes regelmäßig mit sich bringt (Miete von Geschäftsräumen, Wareneinkauf und -verkauf, Einstellung des Personals, Buchführung usw.) ist seine Zustimmung auch im Innenverhältnis entbehrlich, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes vorsieht.
12.62 Die Abgrenzung der gewöhnlichen von den außergewöhnlichen Geschäften bereitet häufig Schwierigkeiten. Eine eindeutige Grenzziehung ist nicht möglich. Die Ent1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 233 HGB Rz. 37. 2 Vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 132. 3 RG v. 2.11.1926 – II 594/25, JW 1927, 368; vgl. auch Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 132. 4 Schubert in Oetker, § 230 HGB Rz. 66.
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scheidung kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles getroffen werden, wobei der Gegenstand des Handelsgewerbes, seine Größe, die Handelsüblichkeit, die kaufmännische Verkehrsauffassung und der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen sind. Ungewöhnlich sind Geschäfte, die nicht dem Gesellschaftszweck entsprechen oder die Grundlagen des Handelsgewerbes ändern (z.B. Übergang vom Einzelhandel zum Großhandel oder von der Fabrikation zum Handel und umgekehrt), welche das Geschäftsvermögen so beanspruchen, dass die Erreichung des Gesellschaftszwecks gefährdet wird (z.B. Beeinträchtigung der Liquidität), oder welche sich nicht mehr in den Grenzen dessen halten, was bei Unternehmen gleicher Art und gleicher Kapitalverhältnisse handelsüblich ist (z.B. landesweite Werbekampagne für ein bislang regional tätiges Unternehmen)1. b) Modalitäten und Wirkungen der Zustimmung Will der Inhaber außergewöhnliche Geschäfte auch für Rechnung des stillen Gesellschafters abschließen bzw. wesentliche Änderungen im Handelsgewerbe auch mit Wirkung für und gegen den stillen Gesellschafter vornehmen, so muss er im Innenverhältnis dessen Einwilligung oder Genehmigung einholen. Ob der stille Gesellschafter einwilligen oder genehmigen will, hängt von seiner grundsätzlich freien Entschließung ab. Er braucht diese Geschäfte nicht gegen sich gelten zu lassen, kann sie aber auch genehmigen, so dass sie für und gegen ihn wirken. Er muss jedoch, sobald er von einem solchen Geschäft Kenntnis erlangt, seine Entscheidung unverzüglich treffen. Das gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben. Er darf also nicht abwarten, wie sich das Geschäft entwickelt, ob es Gewinn oder Verlust bringen wird, um es im ersten Falle zu genehmigen und seinen Anteil an dem erzielten Gewinn zu verlangen und es im letzteren Falle als für ihn unverbindlich zurückzuweisen. Ist ihm der Abschluss eines Geschäfts, das gegen den Gesellschaftszweck verstößt oder über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgeht, bekannt geworden und erhebt er dagegen keinen Widerspruch, so ist darin unter Umständen eine stillschweigende Genehmigung zu sehen2. Hatte er das Geschäft schon vorher abgelehnt, ist eine spätere Genehmigung ausgeschlossen. Ausnahmsweise kann der stille Gesellschafter kraft seiner Treuepflicht zur Zustimmungserteilung verpflichtet sein (Rz. 12.41).
12.63
c) Missachtung des Zustimmungserfordernisses Außergewöhnliche Geschäfte, welchen der stille Gesellschafter nicht zugestimmt hat, entfalten ihm gegenüber keine Wirkungen, so dass er an den durch sie verursachten Gewinnen und Verlusten nicht teilnimmt3. Der stille Gesellschafter kann zudem, wenn der Inhaber schuldhaft dem Gesellschaftsvertrag zuwiderhandelt oder gegen den Gesellschaftszweck verstößt, Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung verlangen. Er kann schließlich den Gesellschaftsvertrag aus wichtigem Grunde kündigen und die Gesellschaft vorzeitig zur Auflösung bringen. Auch hier bleibt ihm die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen vorbehalten.
1 RG v. 8.3.1918 – II 409/17, RGZ 92, 292 (293). 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 178; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 208. 3 RG v. 8.3.1918 – II 409/17, RGZ 92, 292 (294).
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12.64
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5. Haftung des stillen Gesellschafters für die im Handelsgewerbe begründeten Verbindlichkeiten
12.65 Da die stille Gesellschaft keine Außengesellschaft ist, sind die §§ 709 bis 712 BGB nicht anwendbar. Der stille Gesellschafter wird aus den Rechtsgeschäften, die vom Inhaber des Handelsgeschäfts abgeschlossen werden, weder berechtigt noch verpflichtet. Das wäre nur der Fall, wenn die Geschäfte auch in seinem Namen abgeschlossen worden wären. Im Verhältnis zu den Gläubigern des Inhabers entspricht die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters – abgesehen von dem Sonderfall der Insolvenz (dazu Rz. 17.1 ff.) – der eines Darlehensgebers. Daher darf § 171 Abs. 2 HGB selbst dann nicht zulasten eines stillen Gesellschafters analog herangezogen werden, wenn dieser kraft Gesellschaftsvertrags atypisch dieselben Rechte und Pflichten wie ein Kommanditist erhalten soll (sog. „Innen-KG“)1. Nach außen tritt nämlich auch dann nur der Geschäftsinhaber in Erscheinung. Auf die Eintragung der Haftsumme des stillen Gesellschafters wird im Gegensatz zur Eintragung der Haftsumme des Kommanditisten bewusst verzichtet.
12.66 Der stille Gesellschafter kann den Gläubigern des Geschäftsinhabers allerdings aus anderen Gründen haften, wenn er sich ihnen gegenüber verbürgt, eine Schuldmitübernahme vereinbart oder einen Garantievertrag abgeschlossen hat2. Darüber hinaus kann sich eine Haftung aus Rechtsschein ergeben, wenn der stille Gesellschafter wie der Geschäftsinhaber oder Gesellschafter einer OHG aufgetreten ist3. Hingegen wird seine Haftung nicht schon dadurch begründet, dass das stille Gesellschaftsverhältnis nach außen bekannt gegeben wurde (siehe auch Rz. 10.41)4.
12.67 Betrachtet man unter dem Blickpunkt der Haftung die einzelnen Gesellschaftsformen des geltenden Rechts, so ist deutlich das Streben des Gesetzgebers zu erkennen, einen Ausgleich zwischen den in jedem Unternehmen vorhandenen wirtschaftlichen Grundelementen, repräsentiert durch das Kapital und die Arbeit (den Unternehmensbesitz und die Unternehmensleitung), und der Verantwortlichkeit, ausgedrückt durch die Haftung, herbeizuführen5. Dem Verhältnis von Unternehmensbesitz und Unternehmensleitung, von persönlicher Einflussnahme auf das Schicksal des Unternehmens und bloßer kapitalmäßiger Beteiligung (sog. Korrespondenz von Herrschaft und Haftung) entspricht die gesetzliche Ordnung der Haftungsverhältnisse bei der stillen Gesellschaft: Dem Geschäftsinhaber obliegen Geschäftsführung und Handeln nach außen; ihn trifft deshalb die Verantwortung für sein Tun in Gestalt der unbeschränkten und unbeschränkbaren persönlichen Haftung, wohingegen den von Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossenen, nur mit seiner Vermögenseinlage beteiligten stillen Gesellschafter keine Haftung trifft (§ 230 Abs. 2 HGB). Er kann, wenn er am Verlust teilnimmt, im ungünstigsten Falle die für den Beteiligungszweck aus seinem Ver1 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, NZG 2010, 823 (823) = GmbHR 2010, 814; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 5 U 66/08, NZG 2009, 256; zustimmend Blaurock, NZG 2010, 974 (975); Berninger, DStR 2010, 2359; K. Schmidt, NZG 2009, 361 (362); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 13. 2 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, NZG 2010, 823 (823) = GmbHR 2010, 814; Blaurock, NZG 2010, 974 (975); Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 122. 3 BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, BB 1964, 327; vgl. auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 268; Berninger, DStR 2010, 2359 (2362). 4 BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, NZG 2002, 741 (743); Berninger, DStR 2010; 2359 (2362). 5 Vgl. dazu Blaurock in FS Stimpel, S. 553 ff.
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mögen ausgesonderte Einlage verlieren, darüber hinaus aber zu weiteren Leistungen nicht herangezogen werden (§ 707 BGB). Diese Regelung soll nach h.M. auch gelten, wenn das im Gesetz festgelegte Verhältnis von wirtschaftlicher Macht (Unternehmensbesitz) und Verantwortung (Unternehmensleitung) zwischen den Beteiligten dergestalt verlagert wird, dass der stille Gesellschafter der eigentliche Leiter des Unternehmens ist und die Form der stillen Gesellschaft nur dazu benutzt, sich trotz tatsächlicher Unternehmensleitung der unbeschränkten persönlichen Haftung zu entziehen1. In der Literatur wurde aber auch die Auffassung vertreten, dass zwischen unternehmerischer Leitungsmacht und gesellschaftsrechtlicher Verantwortung ein notwendiger Zusammenhang bestehe. Man sprach von einem „Ausdruck des wirtschaftsverfassungsrechtlichen Prinzips, dass der leitende Unternehmer voll für den geschäftlichen Einfluss seiner Betätigung im Wirtschaftsverkehr einstehen soll“2. Wenn nun entgegen der gesetzlich vorgesehenen Verteilung der Funktionen dem stillen Gesellschafter im Innenverhältnis tatsächlich die Leitung des Unternehmens obliege, stelle sich die Frage, ob es nicht folgerichtig wäre, ihn auch mit der unbeschränkten persönlichen Haftung zu belasten, zumal sich seine Tarnung als stiller Gesellschafter unter solchen Umständen als Missbrauch der Gesellschaftsform darstellen könne3.
12.68
Der BGH ist dieser Auffassung nicht gefolgt4. Auch aus der Erteilung einer Generalvollmacht und aus der Übertragung von Geschäftsführungsbefugnissen auf den stillen Gesellschafter könne kein Haftungsgrund hergeleitet werden. Selbst dann, wenn der Geschäftsherr und Geschäftsinhaber nur die vom Stillen vorgeschobene Person zur Führung seiner Geschäfte ist, ist nach Meinung des BGH die Haftung des stillen Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausgeschlossen. Die unmittelbare Haftung widerspreche der Haftungsregelung, wie sie für handelsrechtliche Gesellschaften und deren Gesellschafter im HGB vorgeschrieben sei. Sie würde unter bestimmten Voraussetzungen zu einer gefahrvollen Aufweichung des Rechts führen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung müsste sich bei der Abgrenzung der Tatbestände in einer überaus bedenklichen Kasuistik verlieren und der Rechtssicherheit in einem unvertretbaren Umfange Abbruch tun5. Der stille Gesellschafter hafte den Geschäftsgläubigern daher unmittelbar nur aufgrund einer besonderen Verpflichtung. Außerdem könne eine Haftung kraft Rechtsscheins in Betracht kommen, wenn der
12.69
1 BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, BB 1964, 327; bestätigend für den Fall einer sog. „Innen-KG“ BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 = NZG 2010, 823; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 5 U 66/08, NZG 2009, 256; K. Schmidt, NZG 2009, 361; Blaurock, NZG 2010, 974; Berninger, DStR 2010, 2359; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 237; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 18; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 136. 2 Haupt/Reinhardt, Gesellschaftsrecht, S. 79; Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S. 419. 3 Vgl. dazu Haupt/Reinhardt, Gesellschaftsrecht, S. 79; Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, S. 39; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 136. 4 BGH v. 6.11.1963 – IV ZR 32/63, BB 1964, 327. 5 Vgl. auch die „Rektor-Entscheidung“ des 2. Zivilsenats des BGH v. 17.3.1966 – II ZR 282/63, BGHZ 45, 204 (hier ging es allerdings um eine KG). Die Rspr. des BGH ist in der Literatur überwiegend auf Zustimmung gestoßen, vgl. Limbach, GmbHR 1967, 71 (73); Hofmann, NJW 1969, 577; Blaurock in FS Stimpel, S. 553 (569).
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stille Gesellschafter sich den Geschäftsgläubigern gegenüber als Gesellschafter einer OHG bezeichnet habe.
12.70 Die gleiche Auffassung hatte zuvor bereits das BAG1 in einem Fall vertreten, in dem der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nicht nur über weitreichende Aufsichtsrechte verfügte, sondern auch alle Geschäfte zu genehmigen hatte. Ihm stand darüber hinaus die unbeschränkte und unwiderrufliche Vertretungsmacht zu. Er allein bestimmte die abzuschließenden Geschäfte, zeichnete unter der Firma, verfügte über das Bankkonto und hatte auch die für die Geschäftsführung erforderlichen Geldmittel zur Verfügung gestellt. Daraus hatte das LAG den Schluss gezogen, dass er nicht nur stiller Teilhaber, sondern der wahre Inhaber des Geschäfts sei und deshalb für alle Schulden aufkommen müsse. Das BAG ist dieser Ansicht nicht gefolgt. Es führte aus, das LAG verkenne, dass nach der Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung der Rechtslehre auch bei einer atypischen stillen Gesellschaft, bei der dem stillen Gesellschafter weit gehende Geschäftsführungsrechte eingeräumt sind, der Grundsatz des § 230 Abs. 2 HGB nicht gänzlich ausgeschaltet sei und dass sich die stille Gesellschaft nicht gegen den Willen der Vertragspartner automatisch in eine OHG verwandle mit der Folge, dass der stille Gesellschafter nunmehr für alle Schulden der Gesellschaft hafte. Es handle sich vielmehr nur darum, ob im einzelnen Falle der mit der Gesellschaft in Geschäftsverkehr tretende Dritte aus dem Verhalten der Gesellschafter gutgläubig annehmen könne, dass der andere Gesellschafter auch mithaftender Gesellschafter sei. Diese Grundsätze des sog. Rechtsscheins, die dem Schutz des redlichen Handelsverkehrs dienten und die Erfüllung der einzelnen schuldrechtlichen Verträge gegenüber dem Vertragspartner sichern sollten, seien aber nicht ohne Weiteres auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar, da dieses nach den heutigen Rechtsanschauungen überwiegend personenrechtlicher Art sei und von dem Grundsatz der gegenseitigen Treuepflicht beherrscht werde. Die Frage sei also, ob der stille Gesellschafter gegenüber den Angestellten des Geschäftsinhabers eine solche Treuepflicht habe und ihm deshalb eine Mitverpflichtung zur Zahlung der Gehälter obliege. Dagegen komme es weniger darauf an, ob die Angestellten bei Abschluss des Arbeitsvertrags oder während seines Bestehens über die Rechtsverhältnisse genau Bescheid wüssten, ob sie den stillen Gesellschafter für einen dem Geschäftsinhaber gleichberechtigten Gesellschafter gehalten hätten und hätten halten dürfen. Entscheidend müsse vielmehr sein, ob er zu ihnen in personenrechtliche Beziehungen arbeitsvertraglicher Art getreten sei. Ob das allerdings schon der Fall ist, wenn der stille Gesellschafter der maßgebende Leiter der Gesellschaft ist, Weisungsrechte gegenüber den Angestellten ausübt und der eigentliche Geschäftsinhaber nur eine vorgeschobene Person ist, die im Wesentlichen nur die Stellung eines Angestellten hat, brauchte das BAG nicht zu entscheiden, da in dem zu beurteilenden Fall besondere Verhältnisse vorlagen, die eine Mitverpflichtung des stillen Gesellschafters für das Gehalt des Klägers rechtfertigten. Zu beachten ist jedenfalls, dass auch bei starken Mitverwaltungs- und Geschäftsführungsbefugnissen, der stille Gesellschafter grundsätzlich nicht als mithaftender Arbeitgeber anzusehen ist. Sein Auftreten kann aber unter Umständen geeignet sein, ihn gegenüber den Arbeitnehmern als Arbeitgeber erscheinen zu lassen. Spielt sich z.B. der mitverwaltungsberechtigte stille Gesellschafter als Mitinhaber auf, haftet er gegenüber den Arbeitnehmern des Inhabers2.
1 BAG v. 16.3.1955 – 2 AZR 28/54, JZ 1955, 582 m. Anm. v. Molitor. 2 Vgl. Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 137.
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Eine unmittelbare Haftung des stillen Gesellschafters kommt damit nicht schon allein aufgrund einer atypischen Ausgestaltung der Geschäftsführungsverhältnisse in Betracht. Sie ist andererseits aber auch nicht auf die Fälle der eigenen vertraglichen Mitverpflichtung oder des Rechtsscheins zu beschränken. Vielmehr ist sie auch dann zu bejahen, wenn der stille Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis bewusst dazu missbraucht, sich auf Kosten redlicher Dritter in sittenwidriger Weise Vorteile zu verschaffen, wenn er also z.B. einen kreditwürdig erscheinenden, aber mittellosen Geschäftsinhaber vorschiebt und zugleich seine Haftung für Verluste im Innenverhältnis auf seine Einlage oder auf einen Betrag beschränkt, der im Missverhältnis zu Art, Umfang und Risiko der auf seine Weisung abgeschlossenen Rechtsgeschäfte steht1.
12.71
IV. Zusammenfassung Aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben sich für die Beteiligten zahlreiche auf die gemeinsame Zweckverfolgung und damit die Geschäftsführung bezogene Rechte und Pflichten. So ist der Geschäftsinhaber begriffsnotwendig zum im Wesentlichen unveränderten Betrieb des Handelsgewerbes im eigenen Namen (Rz. 12.2 ff.) sowie zumeist zu weiteren Geschäftsführungsmaßnahmen in „seinem“ Handelsgewerbe (Rz. 12.18 f.) verpflichtet. Da er als Inhaber des Handelsgewerbes im eigenen Namen auftritt und das dem Handelsgewerbe dienende Betriebsvermögen rechtlich ihm allein zugeordnet ist, ist seine Rechtsstellung im Außenverhältnis die gleiche, wie wenn die stille Gesellschaft nicht bestünde. Im Innenverhältnis ergeben sich jedoch daraus, dass der Geschäftsbetrieb auf gemeinschaftliche Rechnung geht, Beschränkungen und Bindungen mannigfacher Art. Der Inhaber hat das Geschäft so zu führen, dass der gemeinsame Zweck erreicht wird. Er ist verpflichtet, die wesentlichen Grundlagen des Handelsgewerbes, wie sie im Zeitpunkt der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses bestanden, zu erhalten, das Handelsgeschäft weder zu veräußern noch einzustellen noch seine Rechtsform ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zu verändern (Rz. 12.7 ff.). Außergewöhnliche Maßnahmen und Geschäfte, die außerhalb des Handelsgewerbes liegen, braucht dieser nicht gegen sich gelten zu lassen; er nimmt an den daraus resultierenden Gewinnen und Verlusten nicht teil, es sei denn, dass er diese Geschäfte genehmigt hat (Rz. 12.61 ff.). Weitere Verpflichtungen und Beschränkungen ergeben sich für den Inhaber aus seiner Treuepflicht hinsichtlich der Verwendung der Vermögenseinlage, hinsichtlich der Privatentnahmen und in Bezug auf die Vornahme von Wettbewerbsgeschäften (Rz. 12.30 ff.). Verstöße verpflichten den Inhaber zum Schadensersatz, wobei seine Haftung nur eine solche für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten ist, und berechtigen den stillen Gesellschafter unter Umständen zu vorzeitiger Kündigung des Gesellschaftsvertrags. Im Außenverhältnis haben diese Beschränkungen jedoch keine Bedeutung. Für den stillen Gesellschafter besteht wegen seiner in der Regel nur kapitalmäßigen Beteiligung und wegen seines nur geringen Einflusses auf die Geschäftsführung kein 1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 239; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 122; im Ergebnis ähnlich Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 267, der für eine unmittelbare Haftung des stillen Gesellschafters verlangt, dass dieser den Tatbestand einer unerlaubten Handlung (§ 826 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB) erfüllt.
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allgemeines Wettbewerbsverbot. Aber auch er hat nach Treu und Glauben alles zu unterlassen, was der Verwirklichung des gemeinsamen Zweckes abträglich sein könnte. Zur Wahrung seiner Interessen gibt ihm § 233 HGB gewisse – wenn auch nur schwache – Kontrollrechte, die durch den Gesellschaftsvertrag erweitert, aber auch beschränkt werden können (Rz. 12.43 ff.). Den stillen Gesellschafter trifft nur eine Haftung für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten. Da das Verhältnis der Gesellschafter untereinander durch nachgiebige Bestimmungen geregelt ist, bleibt ihnen ein weiter Spielraum, ihre beiderseitigen Rechte und Pflichten vertraglich so festzulegen, wie es ihren Zielen im einzelnen Falle am besten entspricht. Derartige Vereinbarungen können auch das Recht und die Pflicht des stillen Gesellschafters zur Geschäftsführung bedingen (Rz. 12.36 ff.). Eine persönliche Außenhaftung des stillen Gesellschafters für die von dem Geschäftsinhaber in seinem Handelsgewerbe begründeten Verbindlichkeiten kommt allerdings auch in solchen Konstellationen nur bei einem Missbrauch in Betracht (Rz. 12.65 ff.).
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§ 13 Buchführung und Jahresabschluss Schrifttum: Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff.; Bächer, Christian, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital nach HGB, IFRS und US-GAAP, 2009; Baetge, Jörg/Winkeljohann, Norbert/Haenelt, Timo, Die Bilanzierung des gesellschaftsrechtlichen Eigenkapitals von Nicht-Kapitalgesellschaften nach der novellierten Kapitalabgrenzung des IAS 32 (rev. 2008), DB 2008, 1518; Berninghaus, Jochen, Feststellung des Jahresabschlusses in der stillen Gesellschaft? – Zugleich ein Beitrag zur Bilanzfeststellung im Personengesellschaftsrecht, in Festschrift für Volker Röhricht zum 65. Geburtstag, 2005, S. 747; Birke, Alfons, Die Behandlung von Barabfindungen an ausscheidende Gesellschafter (§§ 738 ff. BGB) im Jahresabschluss der Personengesellschaft nach Handels- und Steuerrecht, Pfaffenweiler 1990; Bösl, Konrad/Sommer, Michael (Hrsg.), Mezzanine Finanzierung, 2006; Felix, Günther, Zur Angabepflicht stiller Beteiligungen im Anhang des Jahresabschlusses, BB 1987, 1495; Glade, Anton, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 2. Aufl. 1995; Groh, Manfred, Eigenkapitalersatz in der Bilanz, BB 1993, 1882; Groh, Manfred, Das negative Kapitalkonto des stillen Gesellschafters, in Ertragsbesteuerung, Festschrift für Ludwig Schmidt, 1993, S. 439; Groh, Manfred, Ausscheiden eines Gesellschafters in der Bilanz der Personengesellschaft, BB 1994, 540; Groh, Manfred, Nutzungseinlage, Nutzungsentnahme und Nutzungsausschüttung, DB 1988, 514; Groh, Manfred, Die Bilanz der Unterbeteiligungsgesellschaft, in Festschrift für Hans-Joachim Priester zum 70. Geburtstag, 2007, S. 107; Heinen, Edmund, Handelsbilanzen, 12. Aufl. 1986; Heinz, Peter, Die GmbH und die atypisch stille Gesellschaft – Handels- und steuerrechtliche Fragen, in Steuerrecht Gesellschaftsrecht Berufsrecht, Festschrift für Berufsakademie Villingen, 1995, S. 54; Hense, Heinz H., Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990; Herrmann, Horst, Zur Bilanzierung bei Personenhandelsgesellschaften – Die Überarbeitung der HFA-Stellungnahme 1/1976; WPg 1994, 500; Herrmann, Horst, Auswirkungen von Veränderungen im Gesellschafterbestand in der Bilanz der Personenhandelsgesellschaft, in Personengesellschaft und Bilanzierung, IDW, Düsseldorf 1990, S. 167; Heuser, Paul/Theile, Carsten (Hrsg.), IFRS-Handbuch – Einzel- und Konzernabschluss, 5. Aufl. 2012; Jacob, Harald, Eigenkapital deutscher Personengesellschaften nach IFRS/IAS, 2010; Kaldenbach, Peter, Bilanzierung stiller Beteiligungen bei negativem Kapitalkonto im Konzernabschluss, BB 1997, 1089; Knobbe-Keuk, Brigitte, Stille Beteiligung und Verbindlichkeiten mit Rangrücktrittsvereinbarungen im Überschuldungsstatus und in der Handelsbilanz des Geschäftsinhabers, ZIP 1983, 127; Knobbe-Keuk, Brigitte, Die gesetzliche Regelung des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten – eine Missgeburt, NJW 1980, 2557; Kormann, Berthold, Das negative Kapitalkonto, BB 1974, 893; Korn, Christian, Der stille Gesellschafter in Handels- und Steuerbilanz, SteuK 2011, 428; Kuhn, Steffen/Scharpf, Paul (Hrsg.), Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, 3. Aufl. 2006; Küting, Karlheinz/Dürr, Ulrike, Mezzanine-Kapital – Finanzierungsentscheidung im Sog der Rechnungslegung, DB 2005, 1529; Küting, Karlheinz/Pfitzer, Norbert/Weber, Claus-Peter, Handbuch der Rechnungslegung, Loseblattwerk, Bd. 1a; Küting, Karlheinz/Kessler, Harald, Eigenkapitalähnliche Mittel in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus, BB 1994, 2103; Küting, Karlheinz/Kessler, Harald/Harth, Hans-Jörg, Genussrechtskapital in der Bilanzierungspraxis, BB 1996, Beilage 4; Langholz, Hans-Georg/Vahle, Peter, Handels- und steuerrechtliche Behandlung des Abfindungsguthabens des ausscheidenden atypisch stillen Gesellschafters für einen Geschäfts- oder Firmenwert, DStR 2000, 763; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter, Kein Eigenkapital in der IAS/IFRS-Bilanz von Personengesellschaften und Genossenschaften?, BB 2004, 1042; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter, IFRSRechnungslegung für Personengesellschaften als Theater des Absurden, DB 2005, 404; Lüdenbach, Norbert/Hoffmann, Wolf-Dieter, Die Neuregelung des IASB zum Eigenkapital bei Personengesellschaften, DB 2006, 1797; Memento Bilanzrecht für die Praxis 2009 Handelsrecht, Steuerrecht und IFRS, 3. Aufl. 2009; Mock, Sebastian, Stille im MoMiG zur stillen Gesellschaft? Das neue (Eigen)Kapitalersatzrecht und seine Auswirkungen auf das Recht der stillen Gesellschaft, DStR 2008, 1645; Müller, Welf, Wohin entwickelt sich der bilanzrechtliche Eigenkapitalbegriff?, in Rechnungslegung im Wandel, Festschrift für Wolfgang Dieter Budde, 1995, S. 445; Schaber, Mathias/Kuhn, Steffen/Eichhorn, Sonja, Eigenkapitalcharakter von Genussrechten in der Rechnungslegung nach HGB und IFRS, BB 2004, 315; Scheffler, Eberhard, Eigenkapital im
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss Jahres- und Konzernabschluss nach IFRS, 2006; Schmidt, Karsten, Quasi-Eigenkapital als haftungsrechtliches und als bilanzielles Problem, in Bilanz- und Konzernrecht – Festschrift für Reinhard Goerdeler, 1987, S. 487; Schmidt, Martin, Eigenkapital nach IAS 32 bei Personengesellschaften: aktueller IASB-Vorschlag und Aktivitäten anderer Standardsetzer, BB 2006, 1563; Schmidt, Martin, IAS 32 (rev. 2008): Ergebnis- statt Prinzipienorientierung, BB 2008, 434; Schulze-Osterloh, Joachim, Die Personengesellschaft als Bilanzierungssubjekt und Bilanzierungsobjekt, in Personengesellschaft und Bilanzierung, IDW, Düsseldorf 1990, S. 129; Schulze zur Wiesche, Dietrich W., Zur Bilanzierung von typischen stillen Beteiligungen, in Rechnungslegung im Wandel, Festschrift für Wolfgang Dieter Budde, 1995, S. 579; Stollenwerk, Arnd, Steuerneutralität bei GmbH & Still – GmbH & Co. KG & Still, GmbH-StB 2001, 48; Thiel, Jochen/Lüdtke-Handjery, Alexander, Bilanzrecht, 6. Aufl. 2010; Thömmes, Otmar, Die Auswirkungen des Eintritts und Ausscheidens von Gesellschaftern in Personenhandelsgesellschaften auf die Handelsbilanz, 1991; Vollmer, Lothar/ Maurer, Torsten, Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgutscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, 1173; Wahl, Adalbert, Die Vermögenseinlage des atypischen stillen Gesellschafters in der Handelsbilanz und im Überschuldungsstatus der GmbH, GmbHR 1975, 169; Wahl, Adalbert, Einkommensteuerliche Gleichwertigkeit von Mitunternehmerschaften mit und ohne Gesamthandsvermögen, in Handelsbilanzen und Steuerbilanzen, Festschrift für Heinrich Beisse, 1997, S. 521; Werner, Horst, Stilles Gesellschaftskapital und Genussrechtskapital als stimmrechtsloser Eigenkapitalersatz, 4. Aufl. 2004; Werner, Horst, Mit Mezzanine-Finanzierung die Eigenkapitalquote erhöhen, 2. Aufl. 2007; Westerfelhaus, Herwarth, Die stille Gesellschaft im Bilanzrecht, DB 1988, 1173.
I. Überblick 1. Grundlagen
13.1 Für die Buchführung und den Jahresabschluss relevant ist mangels „eigener“ Rechnungslegung der stillen Gesellschaft (hierzu Rz. 13.9 ff.) die Erfassung der stillen Gesellschaft in der Buchhaltung und im Jahresabschluss des Inhabers des Handelsgewerbes (eingehend hierzu Rz. 13.13 ff. und Rz. 13.89 ff.) und die Behandlung der stillen Gesellschaft in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters (eingehend hierzu Rz. 13.75 ff. und Rz. 13.103 ff.). In beiden Fällen stellt sich damit die Frage nach der Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht.
13.2 Für die Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht ist maßgeblich, ob die stille Beteiligung als Eigenkapital oder als Fremdkapital zu qualifizieren ist. Neben der Qualifizierung der stillen Einlage nach insolvenzrechtlichen Maßstäben (vgl. Rz. 17.3 ff.) und der steuerrechtlichen Einstufung der stillen Einlage als steuerrechtliches Eigenkapital (vgl. Rz. 20.70 ff.; 22.31) handelt es sich bei der bilanzrechtlichen Qualifikation als eigenkapitalähnliche stille Beteiligung oder als Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter um die dritte für die Rechtspraxis zentrale Fragestellung im Recht der der stillen Gesellschaft.
13.3 Die Bedeutung der Qualifikation stiller Beteiligungen als Eigenkapital oder Fremdkapital beruht darauf, dass der bilanzielle Ausweis einer stillen Beteiligung im Eigenkapital gegenüber dem Ausweis einer stillen Beteiligung als Verbindlichkeit erhebliche Bedeutung für die Rechte und Pflichten der Beteiligten hat. Nachfolgend ist in der Tabelle „Überblick über die Rechtsstellung der Beteiligten“ diese Bedeutung der Qualifikation der stillen Einlage als Eigenkapital/Fremdkapital für die rechtliche Ausgestaltung der stillen Beteiligung exemplarisch aufgezeigt:
260 Kauffeld
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss Auswirkung
Einlage mit Eigenkapitalcharakter
Einlage mit Fremdkapitalcharakter
Ausweis Bilanz
Ausweis im Eigenkapital
Nach § 266 Abs. 3 Satz 8 HGB als „sonstige Verbindlichkeit“
Ausweis ausstehender offener Einlagen
Offen vom Gesellschaftskapital abzusetzen (§ 272 Abs. 2 Satz 2 u. 3 HGB); wenn eingefordert: Forderung gegen Gesellschafter
Kein Ausweis
Auswirkung von Gewinnauszahlungen auf die Ermittlung des handelsrechtlichen Jahresüberschusses
Ergebnisneutral, da Gewinnverwendung
GuV-wirksam, da Betriebsausgabe
Ausstehende Einlagen in Insolvenz
Stiller Gesellschafter schuldet rückständige Einlagen für Schulden des Geschäftsinhabers
(–)
Aufrechnungsverbot
§ 19 Abs. 2 Satz 2 GmbHG analog im Fall der GmbH & Co. KG & Still für den atypisch stillen Gesellschafter mit Gegenforderungen (z.B. Schadensersatzansprüchen)
(–)
Insolvenzanfechtung
§ 136 Abs. 1 InsO
– § 136 Abs. 1 InsO – § 135 InsO
Behandlung im Überschuldungstatus
Rückzahlungsanspruch des Stillen bleibt unberücksichtigt
Rückzahlungsanspruch des Stillen Verbindlichkeit, es sei denn Nachrang vereinbart
Gläubigerstellung
(–), damit keine Schadensersatzansprüche gegen Organe
(+)
§ 236 HGB
(–)
(+), Anmeldung zur Insolvenztabelle
Bestellung Sicherheiten
(–), nicht möglich, nur Liquidati(+) onspräferenz
Außenhaftung (§§ 128, 171 HGB analog)
(–)
Verjährung Einlageverpflichtung
Regelverjährung nach § 195 BGB: 3 Jahre (§§ 161 Abs. 2, Regelverjährung nach 159 Abs. 1 HGB (–), BGH v. § 195 BGB: 3 Jahre 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 [815])
(–)
2. Abgrenzung zur internen Rechnungslegung Von der Frage nach einem Jahresabschluss der stillen Gesellschaft zu trennen ist die Berechnung des Gewinns und Verlustes des stillen Gesellschafters. Hierzu bedarf es in der Regel einer internen Rechnungslegung, die aber nicht eine Bilanz i.S. des HanKauffeld
261
13.4
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
delsrechts ist1. Sie ist regelmäßig von dem Inhaber durchzuführen, um den Gewinnund Verlustanteil des stillen Gesellschafters zu errechnen. Zwar greift sie in der Regel auf die gleiche Buchhaltung des Inhabers zurück, die Unterscheidung zwischen beiden Formen der Rechnungslegung ist aber schon deswegen geboten, weil das Bilanzrecht zwingendes öffentliches Recht darstellt, während die interne Rechnungslegung zur Disposition der Gesellschafter steht. Im Folgenden wird nur auf die Bilanzierung im erstgenannten Sinne eingegangen. Die Erörterung der internen Rechnungslegung bleibt hingegen § 14 (Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust) vorbehalten (vgl. Rz. 14.5 ff.). 3. Behandlung im Überschuldungsstatus
13.5 Neben der Abgrenzung von der internen Rechnungslegung ist die Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht von der Behandlung der stillen Gesellschaft im Überschuldungsstatus zu unterscheiden. Ob der Inhaber rechnerisch überschuldet ist, wird an Hand einer gesonderten Überschuldungsbilanz (Überschuldungsstatus) festgestellt, die nicht der Handelsbilanz entspricht2. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit die stille Beteiligung in den Überschuldungsstatus Eingang findet. Die Erörterung der Behandlung der stillen Gesellschaft im Überschuldungsstatus bleibt § 17 (Die stille Gesellschaft in der Insolvenz) vorbehalten (vgl. Rz. 17.15 ff.). 4. Die steuerliche Gesamtbilanz
13.6 Schließlich ist die Behandlung der stillen Gesellschaft im Bilanzrecht auch noch von der Behandlung der stillen Gesellschaft nach steuerrechtlichen Grundsätzen zu unterscheiden. Ob sich aus den steuerlichen Regelungen die Verpflichtung einer originären Buchführungs- und Bilanzierungspflicht der atypisch stillen Gesellschaft herleiten lässt, wird nicht einheitlich gesehen3 (vgl. Rz. 22.25 ff.). Der BFH hat jüngst ausdrücklich offengelassen, ob es aufgrund der Steuerrechtssubjektivität der atypisch stillen Gesellschaft einer Gewinnermittlung im Wege einer „eigenen“ Steuerbilanz bedarf4.
13.7 Seit der Bundesfinanzhof die mitunternehmerische atypisch stille Gesellschaft als „Subjekt der Gewinnerzielung“ anerkennt5, wird von einer steuerrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungspflicht zwar nicht „der“ stillen Gesellschaft, aber doch „für die“ (atypische) stille Gesellschaft auszugehen sein. Ermittelt der Geschäftsinhaber den Gewinn im Wege der Bilanzierung (wie in der GmbH & atypisch Still), ist zur Gewinnermittlung eine steuerliche Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft aufzustellen. Diese Gesamtbilanz besteht aus der Handels- und Steuerbilanz des Ge-
1 I.S. der internen Rechnungslegung der stillen Gesellschaft sind auch die Ausführungen zur „Jahresrechnungslegung bei typischer stiller Beteiligung“ bei K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 232 HGB Rz. 11–21 zu verstehen. 2 BGH v. 18.12.2000 – II ZR 191/99, GmbHR 2001, 197 (198). 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 188. 4 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 5 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = GmbHR 1997, 563 = DB 1997, 1060; BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101 = BStBl. II 2002, 464 = FR 2002, 770; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447; BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328.
262 Kauffeld
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
schäftsinhabers und aus einer Sonderbilanz des stillen Gesellschafters; hieraus ist der steuerliche Gesamtgewinn abzuleiten1. Keine Gewinnermittlung im Wege einer Gesamtbilanz, sondern eine additive Gesamtgewinnermittlung der Ergebnisse der Steuerbilanz und der Ergebnisse aus Ergänzungsund Sonderbilanzen des atypisch Stillen verlangt die Finanzverwaltung. Gesamtbilanz der Rechtsprechung und additive Gewinnermittlung der Finanzverwaltung führen jedoch zu denselben Ergebnissen (Rz. 22.29 f.).
13.8
Zur Erörterung der steuerrechtlichen Gesamtbilanz bei atypisch stiller Gesellschaft und den notwendigen Ergänzungen vgl. Rz. 22.26 f.
II. Keine Rechnungslegungspflicht der stillen Gesellschaft Die stille Gesellschaft ist definitionsgemäß eine reine Innengesellschaft und kann demzufolge weder eigenes Vermögen bilden, das sie bilanzieren könnte, noch Adressat einer Bilanzierungspflicht sein. Daher ist die stille Gesellschaft nach Handelsrecht weder buchführungs- noch bilanzierungspflichtig. Dies ist jedenfalls für die typische stille Gesellschaft unstrittig.
13.9
Umstritten ist, ob die atypische stille Gesellschaft buchführungs- und bilanzierungspflichtig ist. Eine Ansicht in der Literatur geht davon aus, dass bei der atypischen stillen Gesellschaft, jedenfalls in der Form der „Innen-KG“, eine Pflicht zur Buchführung und Bilanzerstellung besteht. Begründet wird dies damit, dass sich eine geordnete Abrechnung nur erreichen lasse, wenn der stillen Gesellschaft eine eigene Buchführung und damit auch eine eigene Bilanz zugebilligt werden2. Es sei analog §§ 167 Abs. 1, 120 Abs. 1 HGB eine „Als-ob-Handelsbilanz“ einer „virtuellen Kommanditgesellschaft“ aufzustellen3. Bestätigt sieht sich diese Meinung auch durch die Rechtsprechung des BFH, der die atypisch stille Gesellschaft als „Subjekt der Gewinnerzielung und -ermittlung“ ansieht, die eine eigene Steuerbilanz aufzustellen hat4.
13.10
Richtigerweise ist auch für die atypische stille Gesellschaft keine Ausnahme von dem Grundsatz angezeigt, dass stille Gesellschaften als reine Innengesellschaften nicht buchführungs- oder bilanzierungspflichtig sind5. Eine handelsrechtliche Buchführungspflicht ergibt sich jedenfalls nicht aus dem Gesetz. Weder ist die stille Gesellschaft Kaufmann i.S. des § 238 Abs. 1 HGB, noch verweist § 232 HGB für die Ermittlung des Jahresergebnisses auf § 120 HGB, wie dies bei § 167 Abs. 1 HGB für die Kommanditgesellschaft der Fall ist.
13.11
1 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 2 Groh in FS Priester, S. 107 (108). 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 39 f. Etwas missverständlich insofern Berninghaus in FS Röhricht, S. 747 ff., der von der Feststellung des Jahresabschlusses der stillen Gesellschaft spricht, darunter aber offensichtlich keinen Jahresabschluss i.S. der §§ 242 ff. und 262 ff. HGB, sondern eine interne Rechnungslegung versteht, siehe Berninghaus in FS Röhricht, S. 751 f. 4 BFH v. 2.2.1999 – II B 112/97, BFH/NV 1999, 912; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060. Auf die Frage, inwieweit eine Steuerbilanz der stillen Gesellschaft anzuerkennen ist, wird unter Rz. 22.22 ff. eingegangen. 5 Ebenso Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 426; BFH v. 3.5.2000 – IV B 46/99, BFH/NV 2000, 1014 (unter 2.b).
Kauffeld
263
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
13.12 Die Erstellung einer eigenen Handelsbilanz der atypischen stillen Gesellschaft ist auch gesellschaftsrechtlich nicht zwingend geboten. Zwar ist dies eine Möglichkeit, den zu verteilenden Gewinn zu ermitteln, dieser kann jedoch mittels einer internen Nebenrechnung aus der Bilanz des Inhabers ermittelt werden. Zwingend notwendig dürfte eine eigene Handelsbilanz der atypischen stillen Gesellschaft nur sein, wenn der Gesellschaftsvertrag die Aufstellung einer solchen als Grundlage für die Gewinnermittlung und Verteilung zwingend vorsieht.
III. Die stille Gesellschaft in der Rechnungslegung des Inhabers nach HGB 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des Inhabers
13.13 Als Kaufmann ist der Inhaber grundsätzlich zur Buchführung und zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet (§§ 238 Abs. 1 Satz 1, 242 Abs. 1 Satz 1 HGB). An diese handelsrechtliche Bilanzierungspflicht knüpft in § 140 AO auch das Steuerrecht an1. Dabei hat sich der BFH ausdrücklich dagegen ausgesprochen, dass sich die Verpflichtung zur Buchführung und die Aufbewahrungspflichten mit der Liquidation der stillen Gesellschaft auf die stillen Gesellschafter verlagern2.
13.14 Eine größenabhängige Ausnahme von der Koinzidenz zwischen Kaufmannseigenschaft und handelsrechtlicher Bilanzierungspflicht sehen die durch das BilMoG3 eingeführten §§ 241a, 242 Abs. 4 HGB vor. Einzelkaufleute, die an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 600 000 Euro Umsatzerlöse und 60 000 Euro Jahresüberschuss aufweisen, sind nicht bilanzierungspflichtig (§§ 241a Abs. 1 Satz 1, 242 Abs. 4 HGB). Im Fall der Neugründung treten die Rechtsfolgen schon ein, wenn die Voraussetzungen des § 241a Abs. 1 Satz 1 HGB am ersten Abschlussstichtag nach der Neugründung nicht überschritten werden (§ 241a Abs. 1 Satz 2 HGB). Kleinere Unternehmen können sich daher auf die deutlich einfachere Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG beschränken. Das Erfordernis der Führung von Bestandskonten, Inventarisierung und Kassenführung entfällt. Um festzustellen, ob die Schwellenwerte eingehalten sind, genügt es, dass nach überschlägiger Ermittlung unter Berücksichtigung der handelsrechtlichen Vorschriften zum Jahresabschluss ein Überschreiten der Schwellenwerte nicht zu erwarten ist. In entsprechender Weise ist fortdauernd zu überwachen, ob die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen4. Die Erleichterungen gelten nicht für Personenhandelsgesellschaften und Genossenschaften.
13.15 Die Buchführungspflicht bedeutet für den Inhaber insbesondere auch die Aufgabe, alle Geschäftsvorfälle, die sich aus der stillen Beteiligung ergeben, in den Konten seiner Finanzbuchhaltung zu erfassen. Hierzu ist die Bildung eines Einlagekontos für die Darstellung der Beteiligung des stillen Gesellschafters und die eines Privatkontos für die Darstellung seines Gewinnanteils erforderlich. Das Einlagekonto wird zweckmäßigerweise in die Unterkonten „Pflichteinlage“, „Verlustvortrag“ und ggf. „Entnahmen“ untergliedert. Hat der stille Gesellschafter seine Einlage noch nicht vollständig er1 2 3 4
Zur Steuerbilanz der atypischen stillen Gesellschaft vgl. Rz. 22.22 ff. BFH v. 4.10.1991 – VII B 93/90, BStBl. II 1992, 59. BGBl. I 2009, 1102. Vgl. Begründung zum RegE, BR-Drucks. 344/08, S. 100.
264 Kauffeld
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
bracht, ist unter Umständen zur Darstellung dieses Sachverhaltes außerdem ein Konto für eingefordertes, noch nicht eingezahltes Kapital zu schaffen. Die Salden dieser Konten sind in die Bilanz zu übernehmen. Bei der Auf- und Feststellung sowie der Unterzeichnung der Bilanz wirkt der stille Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung nicht mit. Für die Unterzeichnung nach § 245 HGB lässt sich auch vertraglich nichts anderes vereinbaren, da diese Vorschrift öffentlich-rechtlicher Natur ist und deswegen nicht zur Disposition der Gesellschafter steht. Hinsichtlich der Aufund Feststellung sind abweichende vertragliche Vereinbarungen zulässig, aber nicht ratsam. Ist die Inhaberin ihrerseits eine Gesellschaft, stellt die Einräumung eines Mitwirkungsrechts des stillen Gesellschafters an der Bilanzfeststellung ein Grundlagengeschäft dar. Ein solches Mitwirkungsrecht kann deswegen nur von allen Mitgliedern der Gesellschaft gewährt werden. Der Geschäftsführer allein ist hierzu nicht befugt.
13.16
Bei der Gründung einer stillen Gesellschaft ist bilanz- und gesellschaftsrechtlich die Leistung der Einlage durch den stillen Gesellschafter von der Einräumung der stillen Beteiligung durch den Inhaber zu unterscheiden1. Die bilanzrechtliche Diskussion konzentriert sich auf die Passivierung der Beteiligung und damit des Einlageguthabens des stillen Gesellschafters. Sie wird deswegen im Folgenden vor der Aktivierung der Einlageleistung dargestellt.
13.17
Dabei ist zuerst Stellung zu nehmen, ob die mannigfaltigen zivilrechtlichen Ausgestaltungsformen der stillen Gesellschaft dazu zwingen, hinsichtlich der Bilanzierung stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter von eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen zu unterscheiden, und wenn ja, nach welchen Kriterien die Abgrenzung zu erfolgen hat. Erst dann kann auf den konkreten Ausweis der Beteiligung in der Bilanz eingegangen werden. Hinsichtlich der Bewertung steht schließlich die Frage nach der Möglichkeit negativer Einlagekonten des stillen Gesellschafters im Vordergrund. Auf der Aktivseite der Bilanz des Inhabers ist insbesondere auf die Bewertung der Einlageleistung und ihr Verhältnis zur Höhe der Beteiligung einzugehen. 2. Passivierung der stillen Beteiligung Durch die Gründung der stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe des Inhabers beteiligt. Aus der Definition der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft folgt, dass dieser Beteiligung kein dinglicher Anteil an dem Geschäftsvermögen des Inhabers entspricht. Die Beteiligung erschöpft sich vielmehr in obligatorischen Ansprüchen des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber, nämlich insbesondere in dem Auseinandersetzungsanspruch, der mit der Gründung der stillen Gesellschaft entsteht und nach Auflösung der stillen Gesellschaft von dem Inhaber zu erfüllen ist, § 235 Abs. 1 HGB. Dieser Anspruch entspricht auch schon vor Auflösung der Gesellschaft den Anforderungen an eine passivierungsfähige Schuld des Inhabers und stellt damit die Grundlage für die Bilanzierung der stillen Beteiligung dar2. Deren Bilanzierung richtet sich folglich nach Höhe und Ausgestaltung dieses Anspruchs.
1 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 92 f. 2 Groh, BB 1993, 1882 (1891); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 144 ff.
Kauffeld
265
13.18
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
13.19 Das Konto, das diese Beteiligung in der Finanzbuchhaltung dokumentiert, wird als „Einlagekonto“ bezeichnet1. Unter welcher Position dieses Konto in der Bilanz des Inhabers auszuweisen ist, ist umstritten. Ursache hierfür ist, dass nach überwiegender Meinung die stille Beteiligung abweichend von der Regelung der §§ 230 ff. HGB vertraglich so sehr Eigenkapital angenähert sein kann, dass der Ausweis als Schuld des Inhabers nicht mehr dem Gebot der Bilanzklarheit gemäß § 243 Abs. 2 HGB entspricht2. Unter welchen genauen Voraussetzungen bilanziell eine solche eigenkapitalähnliche stille Beteiligung angenommen werden kann, ist allerdings innerhalb dieser h.M. ebenso umstritten wie die Frage, wie sie ggf. dann in der Bilanz des Inhabers darzustellen ist.
13.20 Hingegen wollen Westerfelhaus und Groh alle Formen stiller Beteiligungen einheitlich in der Bilanz erfassen. Groh begründet seine Auffassung damit, dass eine stille Beteiligung nie hinreichend dem bilanziellen Eigenkapital angenähert werden könne, weil die stille Beteiligung immer Innengesellschaft bleibe3. Konsequenterweise will Groh sie deswegen immer als Verbindlichkeit in der Bilanz darstellen. Hingegen erkennt Westerfelhaus an, dass stille Beteiligungen eigenkapitalähnliche Züge annehmen können. Um aber Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen einzelnen Formen zu vermeiden, will er jede stille Gesellschaft in eine neu zu schaffende Bilanzposition „stille Einlagen“ einstellen, die der des Eigenkapitals folgen und noch vor etwaigen Sonderposten mit Rücklagenanteil in der Bilanz stehen solle4. Beide Ansichten haben zu Recht keine Gefolgschaft gefunden. Sie vermeiden zwar Abgrenzungsfragen, werden aber der Informationsfunktion der Bilanz nicht gerecht. Sowohl für die Gläubiger des Unternehmens als auch für dessen Gesellschafter ist nämlich nicht die Eigenschaft der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft hinsichtlich ihrer Bilanzierung entscheidend, sondern vielmehr die Teilnahme der stillen Beteiligung an einem Verlust, an einem Liquidationsüberschuss sowie ggf. an einem Insolvenzverfahren des Unternehmens. Gerade darin unterscheiden sich aber stille Beteiligungen, abhängig von ihrer Ausgestaltung wesentlich voneinander. Die bilanzielle Differenzierung zwischen eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen und solchen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter ist deswegen mit § 25 RechKredV5 auch in das Recht der Rechnungslegung eingegangen. Mit der
1 Die Bezeichnung „Einlagekonto“ darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Konto bilanziell nicht die „Einlage“ des stillen Gesellschafters i.S. des § 230 HGB repräsentiert, sondern dessen wertmäßig nicht unbedingt gleich hohe stille Beteiligung. Im Folgenden wird der allgemein üblichen Terminologie „Einlagekonto“ (vgl. Seffen/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 83 Rz. 21; Schubert/Waubke in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rz. 192; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 166; vgl. auch Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 18 zur Terminologie „negativen Einlagekonto“ bei Verlusten) gefolgt und auf die Einführung des Begriffs „Beteiligungskonto“ verzichtet. 2 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (130); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 183 ff.; Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 7; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (491, 498 f.); Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91 f.; Schubert/Waubke in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rz. 192 und Schubert in Beck’scher BilanzKomm, § 247 HGB Rz. 235 f.; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582; Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2111, 2114). 3 Groh, BB 1993, 1882 (1891 f.). 4 Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178). 5 Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute v. 10.2.1992, BGBl. I 1992, 203.
266 Kauffeld
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
überwiegenden Meinung ist diese differenzierende Betrachtungsweise auf alle Handelsgewerbe, an denen eine stille Beteiligung besteht, anzuwenden. a) Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter Die Abgrenzung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen von solchen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter hat an den bilanzrechtlichen Begriff des Eigenkapitals anzuknüpfen1. Insoweit kann die steuerrechtliche Unterscheidung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft nicht übernommen werden, da diese nur auf den Begriff der Mitunternehmerschaft, nicht aber auf den des bilanziellen Eigenkapitals abzielt2. Nicht ohne Weiteres anwendbar sind auch die Kriterien, die nach dem Gesetz bzw. der Rechtsprechung dazu führen, dass stille Beteiligungen in der Krise und der Insolvenz des Unternehmens haftungsrechtlich als „nachrangig“ nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (bzw. nach Rechtslage vor Umsetzung des MoMiG3 als „Eigenkapitalersatz“) behandelt werden, denn der bilanzrechtliche Eigenkapitalbegriff ist auch insoweit selbständig4.
13.21
Allerdings herrscht in der Literatur noch kein Konsens darüber, welche positiven Merkmale eine stille Beteiligung erfüllen muss, um in der Bilanz nicht als Schuld des Inhabers, sondern als eigenkapitalähnlicher Posten zu erscheinen. Die verschiedenen Meinungen hierzu spiegeln dabei die Uneinigkeit über den genauen bilanzrechtlichen Begriff des Eigenkapitals wider5. Weitgehende Übereinstimmung besteht nur insoweit, dass zumindest solchen stillen Beteiligungen, die nicht am Verlust des Handelsgewerbes teilnehmen oder die bei Insolvenz des Inhabers als Insolvenzforderung geltend gemacht werden können, Fremdkapitalcharakter zukommt. Gerade die Teilnahme am Insolvenzverfahren und eine gewinnunabhängige Vergütung zeichnen nämlich Fremdkapital als solches aus6. Verlustbeteiligung und Nachrangigkeit stellen deswegen die Mindestanforderungen an eine eigenkapitalähnliche stille Beteiligung dar.
13.22
1 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2114); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 144. 2 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (128); Wahl, GmbHR 1975, 169 (170–173) und Müller in FS Budde, S. 445 (462), verwenden zwar zur Unterscheidung unterschiedlich zu bilanzierender Formen stiller Gesellschaften das Begriffspaar „typische“ und „atypische“ stille Gesellschaft, allerdings nicht i.S. des Bestehens bzw. Nichtbestehens einer Mitunternehmerschaft. Unklar insoweit Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 579 (580 ff.), der nur die Bilanzierung typischer stiller Gesellschaften behandelt, aber offen lässt, ob er den Begriff der atypischen stillen Gesellschaft im steuerrechtlichen Sinne versteht. 3 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v. 23.10.2008, BGBl. I 2008, 2026. 4 Vgl. auch Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 12. 5 Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 7; Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 287; Küting/Kessler, BB 1994, 2103; Müller in FS Budde, S. 445 (455 ff.). 6 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105); Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 90; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (490); Groh, BB 1993, 1882; so auch Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (129), auf S. 129 allerdings mit missverständlichem Hinweis auf die gesetzliche Regelung in § 231 HGB (§ 336 HGB a.F.), klarstellend auf S. 130; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4c, S. 110 (insoweit ebenfalls missverständlich); Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 8; teilweise abweichend Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 105–115.
Kauffeld
267
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
13.23 Der stille Gesellschafter nimmt in diesem Sinne am Verlust teil, wenn sich sein Auseinandersetzungsanspruch um den Betrag seiner Verlustanteile mindert und er keine festen Ansprüche gegen den Inhaber wegen der Einlageleistung hat. Eine Grundverzinsung eigenkapitalähnlicher Beteiligungen ist folglich ausgeschlossen. Sie würde eine latente Bedrohung der den Gläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsmasse bedeuten1. Hingegen ist mit Verlustbeteiligung nicht gemeint, dass der stille Gesellschafter im Innenverhältnis unbeschränkt haftet.
13.24 Nachrangigkeit stellt ein zusätzliches Merkmal eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen dar, weil aus § 236 Abs. 1 HGB folgt, dass auch stille Beteiligungen mit Verlustbeteiligung unter Umständen als Insolvenzforderungen angemeldet werden können. Mit der h.M. spielt es dabei keine Rolle, ob die Nachrangigkeit auf einer besonderen Nachrangabrede oder auf der Anwendung von gesetzlichen Vorschriften bzw. von der Rechtsprechung entwickelten Regeln beruht2. Allerdings wird man ohne besondere Nachrangabrede besondere Vorsicht bei der Klassifizierung der stillen Beteiligung als nachrangig walten lassen müssen.
13.25 Teile der Literatur gehen allerdings nicht ausdrücklich auf Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung ein, sondern geben stattdessen die schuldrechtliche Gleichstellung des stillen Gesellschafters mit einem Kommanditisten als Kriterium für die Eigenkapitalähnlichkeit seiner stillen Beteiligung an3. Dieses Kriterium sollte aber zur Abgrenzung nicht verwendet werden. Zwar entspricht es in der Regel den genannten Mindestanforderungen, für die genaue Unterscheidung erweist es sich aber als zu eng, weil die Gleichstellung mit einem Kommanditisten bedingt, dass der stille Gesellschafter bei der Auseinandersetzung auch an etwaigen stillen Reserven beteiligt wird. Diese positive Teilhabe am gesamten Geschäftsvermögen ist aber für die maßgeblichen Gläubiger- und Gesellschafterinteressen und damit für die Behandlung der stillen Beteiligung in der Bilanz unerheblich.
13.26 Während Teile des Schrifttums es bei Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung als Kriterien belassen4, fordern andere darüber hinaus, dass die Einlage des stillen Gesellschafters längerfristig dem Handelsgewerbe zur Verfügung steht. Sie verweisen zu Recht darauf, dass erst die Längerfristigkeit die Gläubiger des Inhabers davor sichert, dass ihre Haftungsmasse auch in Zukunft nicht durch die Auszahlung der stillen Beteiligung geschmälert wird. Untereinander besteht dabei allerdings keine Einigkeit, wann dies der Fall ist. Die Anforderungen an die Beteiligung reichen von „unkünd1 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105). 2 HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420); Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2105); Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91; a.A. Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 12, die im Falle gesetzlich angeordneter Nachrangigkeit von Fremdkapital ausgehen; vgl. auch Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 129 (130 f.): Nachrangabrede erforderlich. 3 Müller in FS Budde, S. 445 (462); Wahl, GmbHR 1975, 169 (172 f.), geht von der Gleichstellung mit einem Kommanditisten aus, lässt aber ausdrücklich offen, inwieweit geringere Anforderungen genügen. 4 Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (130); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 250, mit Differenzierungen nach der Rechtsform des Unternehmens; Polzer/ Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 14; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (491), 498 f.
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bar“1 über „quasi unkündbar“2 bis zu „längerfristig nicht kündbar“3. Nur vereinzelt wird § 10 Abs. 4 KWG als genauerer Maßstab für die Längerfristigkeit der Beteiligung herangezogen4. Längerfristigkeit bedeutete dann, dass die Einlage mindestens fünf Jahre zur Verfügung steht und der Auseinandersetzungsanspruch frühestens zwei Jahre nach dem Bilanzstichtag fällig werden kann. Ein Teil des Schrifttums spricht statt von einer Längerfristigkeit der Beteiligung von einer Nachhaltigkeit, da der Begriff „Längerfristigkeit“ bereits die Möglichkeit einer Befristung unterstelle5. Nachhaltigkeit ist nach dieser Auffassung jedenfalls dann gegeben, wenn der Einlage des Stillen eine Auszahlungsverpflichtung gegenüberstehe oder wenn ein Auseinandersetzungsguthaben in Abweichung von § 236 HGB erst bei Liquidation des Geschäfts nachrangig gegenüber den Gläubigern auszuzahlen sei. Auch nach dieser Auffassung schließt allerdings das bei der stillen Gesellschaft stets bestehende Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde (§ 234 HGB i.V.m. § 723 BGB) die Nachhaltigkeit nicht aus6.
13.27
Auch das Institut der Wirtschaftsprüfer hat in seiner Stellungnahme HFA 1/94 zur Bilanzierung von Genussrechten bei Kapitalgesellschaften, die insoweit mit stillen Beteiligungen vergleichbar sind, gefordert, dass Genussrechtskapital langfristig zur Verfügung gestellt worden sein muss, um als eigenkapitalähnliches Kapital bilanziert zu werden. Es hat allerdings zugleich zutreffend auf den abweichenden Regelungszweck des KWG hingewiesen und es deswegen abgelehnt, dessen Maßstäbe für die Langfristigkeit der Kapitalzuführung zu übernehmen. Es hat vielmehr auf die Angabe bestimmter Mindestzeiträume verzichtet und stattdessen nur gefordert, die Restlaufzeit im Anhang anzugeben7.
13.28
Hinsichtlich der Langfristigkeit ist weiterhin zu beachten, dass gemäß § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB i.V.m. § 723 BGB die Kündbarkeit zumindest wegen wichtigen Grundes nicht vertraglich ausgeschlossen werden kann, so dass es „unkündbare“ stille Beteiligungen nicht gibt. Gegen die Bestimmung fester Mindestzeiträume der Unkündbarkeit spricht hingegen, dass dies unter Umständen dazu nötigt, dieselbe stille Beteiligung während ihres Bestehens von eigenkapitalähnlichem zu Fremdkapital umzuqualifizieren. Darüber hinaus können sich die Gläubiger auch bei anderen Eigenkapitalposten nicht darauf verlassen, dass diese dem Unternehmen dauernd erhalten bleiben.
13.29
Angesichts dieser Schwierigkeiten erscheint es vorzugswürdig, zumindest bei stillen Beteiligungen auf unbestimmte Zeit auf die gesetzliche Wertung des § 136 InsO zurückzugreifen. Der Schutz der Gläubiger des Inhabers vor Schmälerung ihrer Haf-
13.30
1 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91. 2 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582. 3 Schubert in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 235. 4 Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2111, 2114); Schimpfky in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 149. 5 Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 259 ff. (zum Genussrechtskapital), Rz. 287 (zur stillen Gesellschaft). 6 Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 287. 7 HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420) Zur Bilanzierungspraxis bei Genussrechten aufschlussreich: Küting/Kessler/Harth, BB 1996, Beilage 4.
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tungsmasse wird danach dadurch gewährleistet, dass eine Rückgewähr der stillen Beteiligung in der Krise des Unternehmens anfechtbar ist. Da bei stillen Beteiligungen auf unbestimmte Zeit zudem die Vermutung besteht, dass eine längerfristige Kapitalzufuhr beabsichtigt ist, sollten sie als eigenkapitalähnlich bilanziert werden, soweit sie auch die Kriterien der Nachrangigkeit und Verlustbeteiligung erfüllen1.
13.31 Bestehen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Zweifel, ob eine stille Beteiligung die genannten Kriterien erfüllt, so ist nach dem Vorsichtsprinzip von einer Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter auszugehen2. b) Bilanzierung stiller Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter
13.32 Nach h.M. sind stille Beteiligungen, die die Kriterien der Eigenkapitalähnlichkeit nicht erfüllen, als Verbindlichkeiten des Inhabers auszuweisen3. Der abweichenden Ansicht Glades, selbst stille Beteiligungen, die dem gesetzlichen Regelungsmodell entsprechen, seien in einen Sonderposten zwischen dem Eigenkapital und den Rückstellungen zu bilanzieren4, widerspricht die Erkenntnis, dass gerade solche Beteiligungen qualifizierte Kreditverhältnisse (vgl. § 236 HGB) darstellen und deswegen als solche in der Bilanz erscheinen müssen. Dem wird aber nur der Ausweis als Verbindlichkeit gerecht. Im Interesse der Bilanzklarheit und der Praktikabilität der Bilanzierung ist auch den Meinungen nicht zu folgen, die weitere grundsätzliche Differenzierungen hinsichtlich der Bilanzposition stiller Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter vornehmen wollen5.
13.33 Innerhalb der Verbindlichkeiten erscheinen stille Beteiligungen grundsätzlich unter der Position des § 266 Abs. 3 C. 8. HGB „sonstige Verbindlichkeiten“. Die Einlagenrückzahlungsverpflichtung des Inhabers gegenüber dem Stillen stellt eine passivierungspflichtige Verbindlichkeit dar, die gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB mit dem Erfüllungsbetrag zu bewerten ist6. Besitzt der stille Gesellschafter aber seinerseits Unternehmenseigenschaft, kommt als speziellere Position insbesondere § 266 Abs. 3 C. 7. HGB „Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht“ in Betracht7. Ist der stille Gesellschafter gleichzeitig ein verbundenes Unternehmen, ist die Einlagenrückzahlungsverpflichtung unter der Position des § 266 Abs. 3 C. 6 HGB „Ver1 Auf die Möglichkeit der Minderung der Haftungsmasse im nächsten Geschäftsjahr stellt auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (420) ab, soweit es sich um grundsätzlich als Eigenkapital zu bilanzierende Genussrechte handelt. 2 Küting in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 272 HGB Rz. 29. 3 Schubert in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 235, § 266 HGB Rz. 187; Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91; Reinhard in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 247 HGB Rz. 97; Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 8, 11; Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 579 (588), jeweils m.w.N. 4 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582. 5 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 62: ggf. Sonderposten zwischen Eigenkapital und Rückstellungen; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 171 ff.: ggf. Ausweis unter den Rückstellungen, ihm folgend Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 102 f. 6 Korn, SteuK 2011, 428 (431). 7 Zur Frage, ob ein Beteiligungsverhältnis besteht, vgl. Rz. 13.77 ff.
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bindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen“ zutreffend. In allen drei Fällen ist die Bildung eines Unterbilanzpostens für die Darstellung der stillen Beteiligung gemäß § 265 Abs. 5 Satz 1 HGB zulässig. Nicht anzugeben sind die Namen der stillen Gesellschafter1. Besteht das Unternehmen in der Rechtsform der GmbH oder der AG und ist der stille Gesellschafter seinerseits GmbH-Gesellschafter bzw. Aktionär, sind zusätzlich bei der Bilanzierung die Anforderungen des § 42 Abs. 3 GmbHG zu beachten, der in der Alternative „Verbindlichkeiten“ auch stille Beteiligungen erfasst2.
13.34
Die Bewertung der stillen Beteiligung in der Bilanz richtet sich nach der Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs, wie er nach den vertraglichen Vereinbarungen zum Bilanzstichtag besteht. Bestehen keine besonderen Vereinbarungen, ist zu Beginn der stillen Gesellschaft der Verkehrswert der Einlage des stillen Gesellschafters anzusetzen3. Soll nach dem Gesellschaftsvertrag die Beteiligung absichtlich höher sein als der Wert der Einlage, so ist danach zu unterscheiden, ob der Auseinandersetzungsanspruch erst über die vereinbarte Dauer der stillen Gesellschaft oder sofort in Höhe des Betrages der Beteiligung entstehen soll, was insbesondere bei einer gemischten Schenkung anzunehmen ist. Im ersten Fall ist die Höhe der Beteiligung in der Bilanz ratierlich aufzustocken, im zweiten von Anfang an in voller Höhe auszuweisen4.
13.35
c) Bilanzierung eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen Für die Position, unter denen stille Beteiligungen mit eigenkapitalähnlichem Charakter in der Bilanz auszuweisen sind, werden zwei Posten diskutiert. Entweder soll hierfür ein Untergliederungspunkt in der Passivposition „A. Eigenkapital“ gebildet werden5; oder es wird die Schaffung eines neuen Hauptgliederungspunktes, z.B. mit der Bezeichnung „Nach A.“, für die Darstellung eigenkapitalähnlicher Beteiligungen vorgeschlagen6. Zutreffend wird dabei allerdings darauf hingewiesen, dass es sich hierbei eher um ein Detailproblem handelt, nämlich welche Darstellungsweise funktionsgerechter ist7. Wichtiger als die Position in der Bilanz ist eine aussagekräftige Bezeichnung des entsprechenden gemäß § 265 Abs. 5 HGB zu bildenden Postens. Auch die Stellungnahme HFA 1/94 des Instituts der Wirtschaftsprüfer zur Bilanzie1 Bezzenberger in MünchHdb.GesR Bd. 2, 1. Aufl. 1991, § 18 Rz. 12. 2 Crezelius in Scholz, § 42 GmbHG Rz. 27. 3 Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 6; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 167; für die Fälle eines Differenzbetrages zwischen Rückzahlungsanspruch und aktivierter Einlageleistung siehe Rz. 13.38. 4 So auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (421) zur Bilanzierung von Genussscheinen. 5 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 91; § 266 HGB Rz. 179; Küting/Kessler, BB 1994, 2103 (2114); Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582; K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (496); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 251–264; Wahl, GmbHR 1975, 169 (173); Vollmer/Maurer, DB 1994, 1173 (1175); Reinhard in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 247 HGB Rz. 97; Dusemond/Knop in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, § 266 HGB Rz. 121 f.; so nun auch Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 16. 6 Schubert/Waubke in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rz. 192; Knobbe-Keuk, Bilanzund Unternehmenssteuerrecht, § 4 V, S. 107 f. 7 K. Schmidt in FS Goerdeler, S. 487 (499).
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rung von Genussrechtskapital hat die genaue Stellung in der Bilanz freigestellt, sich aber zumindest für den Ausweis unter der Position „A. Eigenkapital“ ausgesprochen. Angesichts der divergierenden Meinungen, welchen Inhalt ein neuer Hauptgliederungspunkt „Nach A.“ haben soll, erscheint deswegen ein Ausweis als Untergliederungspunkt der Position „A. Eigenkapital“ vorzugswürdig1.
13.37 Wird die Einlage des stillen Gesellschafters im Eigenkapital ausgewiesen, muss dies auch bei verkürztem Ausweis nach § 266 Abs. 1 Sätze 2–4 HGB in einer besonderen Position geschehen. Kleinstkapitalgesellschaften sollten eine in das Eigenkapital einbezogene wesentliche Einlage unter der Bilanz angeben, weil die gesetzliche Vermutung, dass der Abschluss auch ohne die Angabe ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild ergibt, bei wesentlichen Einlagen zu entkräften sein wird (§ 264 Abs. 1 Satz 4 HGB).
13.38 Die Höhe der Bewertung ergibt sich bilanztechnisch aus der Bewertung der aktivierten Einlageleistung. Dies bedeutet in der Regel die Passivierung zum Nennbetrag. Probleme können sich aber ergeben, wenn der Rückzahlungsbetrag die Höhe der Einlageleistung übersteigt. Beispielhaft sei der Fall genannt, dass ein Investor anstatt einen Zero-Bond2 zu gewähren, eine eigenkapitalähnliche stille Beteiligung übernimmt. Als Entgeltleistung wird ihm die Differenz zwischen Einlageleistung und Rückzahlungsanspruch als Rendite gewährt. Bei Behandlung der stillen Beteiligung als Fremdkapital kann für den Unterschiedsbetrag ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden (§ 250 Abs. 3 HGB; siehe im Einzelnen Rz. 13.46). Bei der Qualifikation als Eigenkapitalposten ist dies nicht möglich. Bei der Beantwortung der Frage, wie das Disagio auszugleichen ist, ist zu berücksichtigen, dass der Differenzbetrag zwischen Einlage und stiller Beteiligung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine nachträgliche – im Rückzahlungszeitpunkt zu zahlende – Vergütung für die Übernahme der stillen Beteiligung darstellt. Es erscheint daher sachgerecht, diesen Unterschiedsbetrag als gesonderten Aufwandsposten auszuweisen. 3. Aktivierung der Beitragsleistung des stillen Gesellschafters
13.39 Während die Beteiligung des stillen Gesellschafters auf der Passivseite der Bilanz erscheint, ist seine Beitragsleistung unter demjenigen Bilanzposten zu aktivieren, der der Art des durch den stillen Gesellschafter geleisteten Gegenstandes entspricht3. Dies gilt freilich nur, sofern der geleistete Gegenstand als Einlage überhaupt aktivierungsfähig ist. Neben der Aktivierungsfähigkeit des Beitrags des stillen Gesellschafters wirft auch die Bewertung einer geleisteten Einlage besondere Fragen auf. a) Aktivierungsfähigkeit des Beitrages
13.40 Konstituierendes Merkmal jeder stillen Gesellschaft ist, dass der stille Gesellschafter die Erreichung des gemeinsamen Zwecks der stillen Gesellschaft durch eine hierzu 1 Vgl. die jeweils unterschiedlichen Auffassungen zu einem neuen Hauptgliederungspunkt bei Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 266 HGB Rz. 582; Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1177) und Knobbe-Keuk, ZIP 1983, 127 (131). 2 Nullkuponanleihe, Darlehen ohne laufende Zinszahlung mit Verzinsung am Ende der Laufzeit. 3 Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 4.
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geeignete Beitragsleistung fördert. Nicht erforderlich ist hingegen, dass er in eigener Person eine Einlage leistet, die als aktivierungsfähiger Vermögensgegenstand in das Vermögen des Inhabers übergeht1. Vielmehr kann seine Beteiligung im Rahmen einer Schenkung des Inhabers auch durch Einbuchen entstehen2. Damit stellt sich die Frage, welche Beitragsleistungen als Einlage des stillen Gesellschafters in der Bilanz des Inhabers konkret aktiviert werden können. Das Kriterium der Bilanzierungsfähigkeit wird zunächst bedeutsam bei Leistung von Nutzungen und Nutzungsrechten als Beitrag des stillen Gesellschafters. Diese haben zwar beide einen schätzbaren Vermögenswert, aber nur die Leistung eines Nutzungsrechts kann als Einlage aktiviert werden, weil nur dieses einen Vermögensgegenstand darstellen kann. Letzteres setzt allerdings seinerseits voraus, dass das Nutzungsrecht entweder gegen einen Dritten besteht oder aber von dem Gesellschaftsverhältnis so gelöst ist, dass es selbständig verwertbar ist3.
13.41
Ansprüche auf Dienstleistungen stellen keine verwertbaren und greifbaren Vermögensgegenstände dar und können deswegen nie aktiviert werden; dies stellt § 27 Abs. 2 Halbs. 2 AktG für die Aktiengesellschaft klar, gilt aber darüber hinaus bei Dienstleistungsversprechen für jede Gesellschaftsform4.
13.42
In beiden Fällen ist es aber möglich, als Einlage eine Geldschuld des stillen Gesellschafters zu bestimmen, mit der vereinbarte Entgelte für Nutzungen oder Dienstleistungen verrechnet werden, nachdem diese geleistet worden sind5.
13.43
Für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2010 begonnen haben, ergab sich dies daraus, dass die gleichzeitige Gewährung einer Beteiligung die Entgeltlichkeit des Erwerbes i.S. des § 248 Abs. 2 HGB bedeutet6. Für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben, wurde das Aktivierungswahlrecht durch das BilMoG ohnehin auch auf selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände erweitert, § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB. Zwar sind bestimmte Vermögensgegenstände in § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB vom Aktivierungswahlrecht ausgenommen, doch auch hier gilt weiterhin, dass diese wegen der Entgeltlichkeit des Erwerbes aufgrund Gewährung einer Beteiligung nicht selbst geschaffen sind.
13.44
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 37. 2 Vgl. hierzu Rz. 7.18 ff. und wegen der einzuhaltenden Formvorschriften bei einer Schenkung Rz. 7.21 ff. 3 Wobei nach h.M. nur dingliche Nutzungsrechte zu aktivieren sind. Obligatorische Nutzungsrechte werden bei der Auflösung der stillen Gesellschaft regelmäßig entfallen und stellen daher keinen greifbaren Vermögenswert dar, vgl. Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 4; ferner Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 4 IV 2, S. 88 f.; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 112 ff.; Groh, DB 1988, 514 (519 ff.). 4 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 118; vgl. auch Schubert/Gadek in Beck’scher BilanzKomm., § 255 HGB Rz. 156 f. mit Einschränkungen u.a. bei Personengesellschaften; Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 4. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 149; Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 4; Groh, DB 1988, 514 (519). 6 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 248 HGB Rz. 21.
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13.45 Die Aktivierung ausstehender Einlageverpflichtungen stiller Gesellschafter unterscheidet sich nicht von der bei anderen Gesellschaftsformen, denn dass die stille Gesellschaft vor Leistung der Einlage wieder aufgelöst werden kann, bedeutet nicht, dass die Einlageverpflichtung nur eine nicht zu aktivierende Eventualforderung wäre1. Auch auflösend bedingte Forderungen sind zu aktivieren2. Da gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist, widerspricht der Aktivierung auch nicht die Möglichkeit, dass in der Insolvenz die Einlageverpflichtung wegen § 236 Abs. 2 HGB nur bedingt bestehen kann. Je nach Rechtsform des Handelsgewerbes finden folglich § 272 Abs. 1 HGB oder die entsprechenden Regelungen für einzelkaufmännische Unternehmungen und Personengesellschaften Anwendung für die Aktivierung der ausstehenden Einlageforderung3. Sowohl bei der typisch als auch bei der atypisch stillen Gesellschaft sind eingeforderte, noch ausstehende Einlagen von stillen Gesellschaftern als Forderungen des Geschäftsinhabers auszuweisen4. b) Bewertung der Einlage
13.46 Die geleistete Einlage des stillen Gesellschafters wird grundsätzlich mit ihrem Zeitwert angesetzt5. Liegt dieser unter der Höhe der eingeräumten Beteiligung, so ist der Differenzbetrag entweder als Aufwand oder als Entnahme des Inhabers zu verbuchen. Im ersten Fall besteht gemäß § 250 Abs. 3 HGB zumindest bei stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter auch die Möglichkeit, den Differenzbetrag in einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten einzustellen und diesen über die vereinbarte Laufzeit der stillen Gesellschaft als Aufwand abzuschreiben6. Steuerrechtlich ist Letzteres geboten7.
13.47 Liegt der Zeitwert der Einlageleistung über dem Wert der eingeräumten Beteiligung, so kann wahlweise auch der niedrigere Beteiligungswert angesetzt werden mit der Folge, dass eine stille Reserve entsteht. Dies entspricht der h.M. zu Gesellschaftereinlagen bei anderen Rechtsformen8. Sind stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter allerdings auf Zeit eingegangen worden, ist § 250 Abs. 2 HGB zu beachten, 1 So aber Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 138. 2 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 54. 3 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 247 HGB Rz. 69 f.; enger Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 96: Aktivierung nur soweit der stille Gesellschafter auch in der Insolvenz seiner Einlageverpflichtung nachkommen muss. 4 Stollenwerk, GmbH-StB 2011, 48 (49). 5 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 255 HGB Rz. 96 f.; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, I Rz. 480; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 124 ff. 6 HFA 1/94, WPg 1994, 419, 421 zur Bilanzierung von Genussrechten. Zur Abschreibung bei unbestimmter Laufzeit vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 250 HGB Rz. 95. Man beachte die komplementäre Möglichkeit, die Höhe der Beteiligung in Raten zu erhöhen, vgl. Rz. 13.38. 7 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 7 V 2, S. 282. 8 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 255 HGB Rz. 97; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 6; a.A. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 131 mit Nachweisen zur Gegenmeinung.
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der zwingend die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens für Einnahmen vorsieht, soweit sie Ertrag für eine bestimmte1 Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen2. 4. Bilanzielle Behandlung von Gewinnen, Verlusten und Entnahmen Über die Einlage und die Beteiligung hinaus sind auch Gewinne, Verluste und Entnahmen des stillen Gesellschafters sowie sonstige Forderungen und Verbindlichkeiten ihm gegenüber zu bilanzieren.
13.48
Die Gewinnansprüche des stillen Gesellschafters erhöhen grundsätzlich nicht seine Beteiligung, § 232 Abs. 3 HGB; sie stellen vielmehr selbständige Forderungsrechte dar, die ein von der Beteiligung unterschiedliches Schicksal haben. Sie sind deswegen auf einem gesonderten Passivkonto (Gewinn- oder Darlehenskonto) zu verbuchen und in den Abschluss des Jahres einzustellen, in dem der Gewinn erwirtschaftet und damit der Gewinnanspruch wirtschaftlich verursacht wurde3. Dieses gilt auch dann, wenn sich die tatsächliche Höhe des Gewinnanspruchs noch durch die Bilanzpolitik des Geschäftsinhabers verändern kann. Besteht die Auszahlungspflicht gegenüber Kreditinstituten, gegenüber verbundenen Unternehmen oder gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, ist sie unter den entsprechenden Sonderposten auszuweisen4.
13.49
Bestehen weitere Verbindlichkeiten des Unternehmens gegenüber dem stillen Gesellschafter, bietet es sich an, diese und die Gewinnansprüche jeweils als Unterkonten zu einem allgemeinen „Privatkonto“ des stillen Gesellschafters zu führen. Das Gewinnkonto geht in der Bilanz in den Posten „C. 8. Sonstige Verbindlichkeiten“ bzw. in den jeweils spezielleren Posten ein. Ist im Gesellschaftsvertrag die Erhöhung der stillen Beteiligung durch stehen gelassene Gewinnanteile vereinbart, so sind die Gewinnanteile dem Einlagekonto gutzuschreiben5. Gleiches gilt, solange die Höhe des Einlagekontos durch frühere Verluste unter dem Wert der vereinbarten stillen Beteiligung liegt. Bei Ungewissheit über die Auszahlungshöhe ist die Auszahlungspflicht als Rückstellung zu passivieren6. Verlustanteile des stillen Gesellschafters werden zu Lasten seines Einlagekontos gebucht, auch wenn das Unternehmen weitere Verbindlichkeiten gegenüber dem stillen 1 Zu den Anforderungen vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 250 HGB Rz. 31 ff., 115. 2 So auch HFA 1/94, WPg 1994, 419 (421) zur Bilanzierung von Genussrechten. 3 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 283; so auch BFH v. 19.2.1991 – VIII R 106/87, BStBl. II 1991, 569 zur Bilanzierung des Gewinnanspruchs in der Bilanz des stillen Gesellschafters; richtigerweise führt auch die neuere Rspr. des Großen Senats des BFH v. 7.8.2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339 = BStBl. II 2000, 632 nicht zu einer phasengleiche Aktivierung, vgl. Rz. 22.43. 4 Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 286. 5 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rz. 65. 6 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 246 HGB Rz. 90; Kropff in MünchKomm/BilanzR, § 272 HGB Rz. 286; Schubert/Waubke in Beck’scher BilanzKomm., § 266 HGB Rz. 192; Küting/Kessler BB 1994, 2103 (2114).
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13.50
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
Gesellschafter hat. Dies geschieht, indem in seinem Einlagekonto ein „Verlustvortragskonto“ als Korrekturunterkonto gebildet wird, das die entsprechenden Verlustanteile aufnimmt1. Dieses Vorgehen erleichtert das Feststellen einer Sperre für die Auszahlung zukünftiger Gewinnanteile des stillen Gesellschafters. In der Bilanz findet es hingegen keinen Niederschlag, wenn der stille Gesellschafter gemäß § 231 Abs. 2 HGB vertraglich vereinbart hat, dass er nur mit einem Teil seiner Beteiligung am Verlust des Unternehmens teilnimmt2.
13.51 Überschreiten die Verluste die Höhe der Beteiligung, müssen ohne besondere vertragliche Regelung zukünftige Gewinne auch diese Verluste abdecken, bevor sie wieder an den stillen Gesellschafter auszuzahlen sind. Das Einlageguthaben des stillen Gesellschafters hat dann folglich einen negativen Wert.3
13.52 Die bilanzielle Behandlung eines solchen sog. negativen Einlageguthabens ist umstritten. Die Aktivierung einer Forderung des Inhabers gegen den stillen Gesellschafter in Höhe des negativen Einlageguthabens scheidet aus, weil der stille Gesellschafter gemäß § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB am Verlust nur bis zur Höhe seiner Einlage teilnimmt, folglich der Inhaber gegen den stillen Gesellschafter auch keine verwertbare Forderung hat, was Voraussetzung für die Aktivierung eines entsprechenden Vermögensgegenstandes wäre4. Anderes kann nur in den Fällen gelten, in denen der stille Gesellschafter gegenüber dem Inhaber zur unbeschränkten Übernahme von Verlusten verpflichtet ist (vgl. zu solchen Fällen Rz. 8.41).
13.53 Zur bilanziellen Behandlung negativer Einlageguthaben wird deshalb einerseits die Auffassung vertreten, sie schlicht durch negative Einlagekonten auszudrücken. Der Passivsaldo soll dann in der Bilanz des Einzelkaufmanns oder der Personengesellschaft als nicht durch Einlagen gedeckter Verlustanteil des stillen Gesellschafters am Ende der Aktivseite ausgewiesen werden5. Sollte die stille Gesellschaft vor Wiederauffüllung des Einlagekontos durch Gewinne aufgelöst werden, so müsste in diesem Fall der Betrag des negativen Kapitalkontos als Verlust des entsprechenden Jahres zu Lasten des Inhabers gebucht werden6. In Betracht kommt andererseits, negative Einlagekonten nicht zuzulassen und den Verlustanteil des stillen Gesellschafters als zusätzlichen Verlust des Inhabers zu verbuchen. Zukünftige Gewinne sind in diesem Fall ebenfalls nur dem Kapitalkonto des Inhabers zuzuführen, solange nicht die Beteiligung rechnerisch wieder einen positiven Wert erreicht7.
1 Grottel/Staudacher in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 709; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 232 HGB Rz. 49 f.; Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 17, sprechen sich im Gegensatz zur Vorauflage nicht mehr für die Möglichkeit eines bilanziellen Ausweises auf der Aktivseite (Verlustvortragskonto) aus. 2 So Grottel/Staudacher in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 709; Adler/Düring/ Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rz. 72 für eine von der Pflichteinlage abweichende Hafteinlage eines Kommanditisten. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49 m.w.N. 4 Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 18. 5 Bezzenberger in MünchHdb.GesR Bd. 2, 1. Aufl. 1991, § 18 Rz. 14; offen dagegen Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 18. 6 Kormann, BB 1974, 893 (894) für atypische stille Gesellschaften. 7 So Zutt in Großkomm/HGB, 4. Aufl. 2004, § 232 HGB Rz. 30; unentschieden K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 31.
276 Kauffeld
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Für stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften sind negative Einlagekonten in der Bilanz nicht zuzulassen. Verlustanteile, die auf den stillen Gesellschafter entfallen, sind vielmehr hier in die Position „A. V. Jahresfehlbetrag“ bzw. „A. V. Bilanzverlust“ zu übernehmen. Andernfalls bestände bei Aktiengesellschaften die Möglichkeit, dass Gewinne um den Betrag des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustes entgegen den gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften an die Aktionäre ausgeschüttet werden1.
13.54
Bei Kapitalgesellschaften ist der Ausweis von negativen Einlagekonten atypischer stiller Gesellschafter jedoch möglich, wenn ausstehende Einlagen bestehen und in der Bilanz ein Nettoausweis nach der ausstehenden stillen Einlage vorgenommen wurde. In Geschäftsjahren, die vor dem 1.1.2010 begannen, konnte noch zwischen Netto- und Bruttoausweis gewählt werden, § 272 Abs. 1 Satz 3 HGB a.F. Aufgrund der Änderung durch das BilMoG2 ist für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen, allein der Nettoausweis zulässig, § 272 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 HGB. Soweit eine bedungene Einlage noch nicht eingefordert ist, ist sie offen vom gezeichneten Kapital bzw. Kapitalanteil abzusetzen3. Entsteht lediglich durch den saldierten Ausweis der ausstehenden Einlagen mit dem gezeichneten stillen Einlagekapital und dem Verlustanteil ein negatives Einlagekonto, so ist ein Ausweis negativer Einlagekonten bis zur Höhe der gezeichneten Einlage zulässig, wenn die ausstehenden Einlagen den Gläubigern als Verlustdeckungspotential zur Verfügung stehen. Damit die Erträge aus den Verlustzuweisungen, soweit sie die geleisteten Einlagen der stillen Gesellschafter übersteigen, den Aktionären nicht als Ausschüttungspotential zur Verfügung stehen, ist, um der Funktion der gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften Rechnung zu tragen, eine Ausschüttungssperre durch Bildung einer Rücklage herzustellen.
13.55
Auch bei stillen Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter dürfen unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens keine negativen Einlagekonten gebildet werden. Grund hierfür ist, dass sonst der Verlust des Geschäftsinhabers nicht mehr periodengerecht ermittelt werden kann.
13.56
Hingegen bestehen bei eigenkapitalähnlichen Beteiligungen an einzelkaufmännischen Unternehmen und Personengesellschaften nicht in gleichem Maße Bedenken gegen negative Einlagekonten wie bei Kapitalgesellschaften, da bei diesen Rechtsformen das Eigenkapitalkonto variabel geführt wird. Eigenkapitalähnliche stille Beteiligungen ähneln hier folglich stark Einlagen von Kommanditisten. Die Bildung negativer Kapitalkonten für Kommanditeinlagen ist aber anerkannt4 und wird in § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG vorausgesetzt. Die gegen diese Anerkennung vorgebrachten Argumente sind zwar nicht unbeachtlich5, es geht aber nicht an, bei insoweit gleicher Problemlage die mit Kommanditeinlagen vergleichbaren stillen Beteiligun-
13.57
1 2 3 4
Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 18. BGBl. I 2009, 1102. Stollenwerk, GmbH-StB 2011, 48 (49). Vgl. BFH v. 13.3.1964 – VI 343/61 S, BStBl. III 1964, 359; BFH v. 10.11.1980 – GrS 1/79, BStBl. II 1981, 164. 5 Vgl. Knobbe-Keuk, NJW 1980, 2557 (2558).
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
gen anders zu behandeln als diese1. Solange deswegen Kommanditeinlagen mit negativem Wert bilanziert werden dürfen, muss das auch für stille Beteiligungen gelten2. Andernfalls wäre auch die Verweisung für atypische stille Beteiligungen auf § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG in § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG unverständlich.
13.58 Zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter können unabhängig vom Gesellschaftsverhältnis weitere Forderungen und Verbindlichkeiten bestehen. Sie lassen bilanzrechtlich die Beteiligung des stillen Gesellschafters unberührt. Vielmehr sind sie auf gesonderte Forderungs- bzw. Verbindlichkeitenkonten zu verbuchen; letztere stellen ggf. ein Unterkonto zu einem allgemeinen Privatkonto des stillen Gesellschafters dar. Eine Saldierung verbietet sich.
13.59 Von solchen Forderungen des Inhabers gegen den stillen Gesellschafter zu unterscheiden ist die Gewährung einer zeitweiligen Entnahme des stillen Gesellschafters von seiner Beteiligung. Sie wird von seinem Einlagekonto über das Entnahmenunterkonto abgebucht. Abgrenzungskriterium ist insoweit, ob spätere Gewinne zur Auffüllung des Einlagekontos bis zur Höhe der vereinbarten Einlage dienen oder ausgeschüttet werden sollen3.
13.60 frei 5. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang a) Typisch stille Gesellschaft mit Fremdkapitalcharakter
13.61 Der stille Gesellschaftsvertrag stellt bilanziell grundsätzlich einen Teilgewinnabführungsvertrag dar (vgl. Rz. 8.20)4. Dies bedingt auch die Behandlung der stillen Beteiligung in der Gewinn- und Verlustrechnung des Inhabers. Der Gewinn ist im Posten „Erträge und Aufwendungen aus Teilgewinnabführungsverträgen“ auszuweisen5. Verlustanteile des stillen Gesellschafters, die von seinem Einlagekonto abgebucht werden, sind als Erträge aus Teilgewinnabführungsverträgen auszuweisen und damit als „Ertrag aus Verlustübernahme“. Bei Wiederauffüllung der Einlage ist der Gewinnanteil als „Aufwand aus Verlustübernahme“ zu behandeln6. Im Anhang des Jahresabschlusses des Inhabers ist die stille Beteiligung nicht anzugeben7. Bei fremdkapitalähnlichen typisch stillen Gesellschaften ist eine jährlich feste Vergütung als Zinsaufwand nach § 275 HGB Bestandteil der Gewinn- und Verlustrechnung.
1 2 3 4
So aber Groh in FS L. Schmidt, S. 439 (443 ff.). Kormann, BB 1974, 893 (894). Vgl. Schulze-Osterloh in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 129 (136). Für die Gewinn- und Verlustrechnung unbestritten; Wirtschaftsprüfer-Handbuch, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, Bd. 1, 14. Aufl. 2012, T Rz. 262 m.w.N. 5 Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178); Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 275 HGB Rz. 214; Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 277 HGB Rz. 58; Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 124; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 292 ff. (mit Darstellung von Sonderfällen). 6 Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 45. 7 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 285.
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
b) Atypisch stille Gesellschaft mit Eigenkapitalcharakter Bei einer Qualifizierung als Eigenkapital darf der Gewinn- und Verlustanteil des Stillen den Jahresüberschuss des Geschäftsinhabers nicht mehr beeinflussen. Zahlungen sind Teil der Ergebnisverwendung und berühren die Gewinn- und Verlustrechnung nicht. Ein Gewinnanteil ist daher in der Gewinn- und Verlustrechnung bei eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligung nach dem Jahresüberschuss abzuziehen. Ein Verlustanteil ist an gleicher Stelle hinzuzurechnen, wodurch sich der Bilanzgewinn entsprechend verändert. Die Gegenbuchung erfolgt auf dem im Eigenkapital ausgewiesenen Kapitalkonto des stillen Gesellschafters1. Anders sieht dieses die h.M. in der Literatur, die entsprechend der Behandlung von Genussrechten unabhängig von der Bilanzierung als Eigen- oder Fremdkapital die Vergütung des Stillen erfolgswirksam in der GuV erfasst2. Die erfolgswirksame Behandlung der Vergütung von eigenkapitalähnlichen stillen Gesellschaftern ist aber kritisch zu beurteilen, da es für ein nach § 264 HGB den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertragslage nicht angebracht ist, Vergütungen für Eigenkapital erfolgswirksam zu behandeln.
13.62
6. Ergebnisänderungen aufgrund Betriebsprüfung Kommt es infolge einer Betriebsprüfung beim Geschäftsinhaber zur Festsetzung eines Mehr- oder Mindergewinn für ein früheres Jahr, so führt dieses steuerlich zu einer Berichtigung der Veranlagung und zur Berücksichtigung des Mehr- oder Mindergewinns im Jahr der Fehlerquelle oder in den Fällen der Bilanzberichtigung im ersten offenen Jahr (vgl. Rz. 22.186 ff.). Das Ergebnis der Betriebsprüfung muss sich aber nicht zwangsläufig auf den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters auswirken.
13.63
a) Handelsbilanz als Ergebnisverteilungsmaßstab Ist im Gesellschaftsvertrag die Handelsbilanz zum alleinigen Ergebnisverteilungsmaßstab bestimmt worden (vgl. Rz. 14.11 ff.), bleibt der Ergebnisanteil des stillen Gesellschafters von steuerlichen Ergebniskorrekturen unberührt, wenn sich aufgrund der Außenprüfung nur der Steuerbilanzgewinn, nicht aber der Handelsbilanzgewinn ändert (vgl. Rz. 22.185 f.).
13.64
b) Steuerbilanz als Ergebnisverteilungsmaßstab Ist die Steuerbilanz Ergebnisverteilungsgrundlage (siehe Rz. 14.14), ist der stille Gesellschafter grundsätzlich an allen Ergebnisänderungen nach der Außenprüfung zu beteiligen. Erhöht sich aufgrund einer Außenprüfung der Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters, ist er in der Prüferbilanz insoweit als Verbindlichkeit zu bilanzieren. Der Mehrgewinn kann nicht als bereits durch die Betriebsprüfung festgestellt angesehen werden, sondern sein Zufluss erfolgt erst mit der Gutschrift des Mehrgewinns (siehe Rz. 22.187).
1 Korn, SteuK 2011, 428 (432); Werner, Mezzanine-Finanzierung, S. 104; Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 45. 2 Vgl. hierzu Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 46.
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279
13.65
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
7. Bilanzieller Ausweis von Abfindungszahlungen an atypische stille Gesellschafter
13.66 Handelsbilanzrechtlich ist Anspruchsverpflichteter der Abfindungsbeträge der Geschäftsinhaber. Er muss diese Abfindungsverbindlichkeit auf der Passivseite seiner Bilanz ausweisen. Fraglich ist jedoch, welche Gegenbuchung vorzunehmen ist.
13.67 Die Gegenbuchung ist unproblematisch, solange die Abfindung dem Nominalwert des Kapitalkontos des ausscheidenden atypischen stillen Gesellschafters entspricht. Dann findet ein bloßer Passivtausch statt. An die Stelle des Kapitalanteils des ausscheidenden stillen Gesellschafters tritt die Abfindungsverbindlichkeit.
13.68 Hieran ändert sich auch nichts, wenn die Abfindungsverbindlichkeit höher ist als das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters. Auch hier ist zunächst das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters auszubuchen. Nur hinsichtlich der Gegenbuchung für den Mehrbetrag besteht keine gesicherte Rechtsauffassung1. a) Steuerbilanz
13.69 Unter einkommensteuerrechtlichen Gesichtspunkten hat der BFH diese Frage schon wiederholt zugunsten eines Gleichklangs der Lösungen beim Ausscheiden atypischer stiller Gesellschafter und Personenhandelsgesellschafter entschieden2. Übersteigt das nach Maßgabe der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen unter Einbeziehung der stillen Reserven sowie des Geschäfts- und Firmenwerts zu ermittelnde Abfindungsguthaben die Buchkapitalkonten des atypischen stillen Gesellschafters, so wird mit dem übersteigenden Betrag der Anteil des atypischen stillen Gesellschafters an den stillen Reserven des Unternehmensvermögens, gegebenenfalls mit einem die stillen Reserven übersteigenden Teilbetrag der Anteil des atypischen stillen Gesellschafters an dem Geschäfts- und Firmenwert des Handelsgewerbes des Inhabers des Handelsgeschäfts vergütet. Mit dieser Abgeltung hat der Inhaber des Handelsgeschäfts ein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut erworben.
13.70 Begründet wird dieses Ergebnis damit, dass der Geschäftsinhaber einkommensteuerrechtlich die schuldrechtlichen wertmäßigen Anteile des stillen Gesellschafters an den ihm zivilrechtlich und wirtschaftlich selbst gehörenden Wirtschaftsgütern erworben hat3. In der Steuerbilanz müssen daher die über den Buchwert des Kapitalkontos gezahlten Geldabfindungen für stille Reserven und/oder den Geschäftswert unabhängig davon, ob ein Mitunternehmer mit oder ohne Gesamthandsvermögen ausscheidet, anteilig als Anschaffungskosten bei den jeweiligen Vermögenswerten aktiviert werden4. 1 Herrmann in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 167 (184). 2 BFH v. 30.3.1989 – I R 130/85, BFH/NV 1989, 780 ff.; BFH v. 3.6.1997 – VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 f. 3 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 496; insoweit mit unzutreffender Begründung Langholz/ Vahle, DStR 2000, 763 (765), die eine Einzelfallbegründung des BFH v. 10.8.1978 – IV R 54/74, DStR 1979, 116 f. zum Maßstab der Rspr. erheben. Der BFH betonte in der genannten Entscheidung, dass die Besonderheit jenes Falles darin lag, dass der ausscheidende stille Gesellschafter keinen ausdrücklichen vertraglichen Anspruch auf eine Vergütung der stillen Reserven und des Geschäftswerts hatte. Die besondere Einzelfallqualität der Entscheidung hebt auch das FG Ba.-Wü. in der Entscheidung v. 25.6.1998 – 14 K 290/96, EFG 1998, 647, hervor. 4 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 482 (488).
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
b) Handelsbilanz Eine Wertaufstockung in der Handelsbilanz der Geschäftsinhaberin ist bei Abfindung der schuldrechtlichen Vermögensansprüche von atypischen stillen Gesellschaftern grundsätzlich unzulässig1. Der Inhaber des Handelsgeschäfts hat mit der Abgeltung des Geschäfts- oder Firmenwerts kein unter handelsbilanziellen Aspekten aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut i.S. des § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB2 erworben. Die Gesellschaft nimmt die Abfindungsverbindlichkeit nicht auf sich, um zusätzliche Vermögensgegenstände zu erlangen (§ 255 Abs. 1 HGB). Auch um nachträgliche Anschaffungskosten handelt es sich nicht, weil hiervon nur gesprochen werden kann, wenn die Aufwendungen den Wert der Vermögensgegenstände tatsächlich erhöhen3 oder hierzu doch geeignet sind4: Beides trifft hier nicht zu5. Eine Wertaufstockung im Rahmen des § 253 Abs. 5 HGB6, an die man denken mag, führt nicht zum gewünschten Ergebnis, da sie die historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten der einzelnen Vermögensgegenstände nicht überschreiten darf und außerdem angemessene planmäßige Abschreibungen berücksichtigen muss7. Wenn dadurch lediglich in der Vergangenheit vorgenommene Abschreibungen, die entweder überhöht waren oder nicht mehr notwendig sind, rückgängig gemacht werden, dem Ausscheidenden also ihm durch Bilanzierungsmaßnahmen bisher vorenthaltene Gewinnanteile nunmehr gutgebracht werden, ist sie zulässig, soweit nicht die Anschaffungskosten der Gesellschaft für den betreffenden Vermögensgegenstand überschritten werden.
13.71
Damit scheint es sich bei der Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters, jedenfalls insoweit, als sie das Nominalkapital des Ausscheidenden übersteigt, um Aufwand der Gesellschaft zu handeln8. Dabei würde aber übersehen werden, dass es durch das Gesellschaftsverhältnis bedingte Vermögensmehrungen oder -minderungen gibt, die als Einlagen und Entnahmen auch in der Handelsbilanz den Gewinn der Gesellschaft weder erhöhen noch verringern9. Die Auszahlung des Kapitalkontos oder die Begründung der Abfindungsschuld zu Lasten eben dieses Kontos ist offenbar eine solche Entnahme des Gesellschafters. Dies gilt auch für die Mehrabfindung, denn in Wahrheit darf die Abfindung, unabhängig von ihrem Umfang, den Gesellschafts-
13.72
1 Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (764); Wahl in FS Beisse, S. 521 (526); so ohne Begründung im Ergebnis auch Heinz in FS Berufsakademie Villingen, S. 54 (58). 2 Entspricht § 255 Abs. 4 Satz 1 HGB vor Inkrafttreten des BilMoG v. 25.5.2009, BGBl. I 2009, 1102. 3 BGH v. 31.10.1978 – KZR 5/77, BB 1979, 387. 4 BFH v. 16.11.1982 – VIII R 167/78, BFHE 137, 55. 5 Groh, BB 1994, 540 (540); so im Ergebnis auch Thömmes, Die Auswirkungen des Eintritts und Ausscheidens von Gesellschaftern in Personengesellschaften auf die Handelsbilanz, S. 53. 6 Entspricht § 280 Abs. 1 HGB a.F., der durch das BilMoG v. 25.5.2009, BGBl. I 2009, 1102, für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 beginnen, aufgehoben wurde. 7 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 280 HGB Rz. 9 zu § 280 HGB a.F. 8 So im Fall des Ausscheidens aus einer Personenhandelsgesellschaft Heinen, Handelsbilanzen, S. 416 ff.; Birke, Behandlung von Barabfindungen an ausscheidende Gesellschafter im Jahresabschluss, S. 378 ff.; so auch vertreten im Fall des Ausscheidens eines atypischen stillen Gesellschafters von Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (764); Heinz in FS Berufsakademie Villingen, S. 54 (58). 9 Groh, BB 1994, 540 (540).
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
gewinn in keinem Fall beeinflussen. Das Ausscheiden eines Gesellschafters ist kein betrieblicher, sondern ein gesellschaftsrechtlich bedingter Vorgang, so dass sich die Abfindung im Ganzen als Entnahme darstellt1.
13.73 Tätigt der stille Gesellschafter Entnahmen während des Bestehens der Laufzeit, so werden diese seinem Kapitalkonto belastet. Entnahmen führen während des Bestehens des stillen Beteiligungsverhältnisses nicht zu einem ertragswirksamen Vorgang. Das Einlagekonto des stillen Gesellschafters, das durch zulässige Entnahmen negativ geworden ist und für das keine Einlageverpflichtung besteht, hat den Charakter eines gesellschaftsrechtlichen Verrechnungspostens. Es darf dabei keinen Unterschied machen, ob vor Ausscheiden Entnahmen in Höhe des potentiellen Anteils an den stillen Reserven gestattet werden oder diese erst nach Ausscheiden ausgeglichen werden.
13.74 Daher ist der Ausweis der Abfindung unter einem Korrekturposten zum Eigenkapital vorzunehmen. Der Korrekturposten könnte etwa bezeichnet werden als „Sonderposten aus der Abfindung ausscheidender atypischer stiller Gesellschafter“ und kann zwar nicht allgemein aus Überschüssen späterer Jahre aufgelöst werden, sondern nur aus dem Teil des Überschusses, der aus der Auflösung der bezahlten stillen Reserven stammt2. Kann bei einer späteren Veräußerung kein Veräußerungsgewinn in entsprechender Höhe erzielt werden, so ist der fehlende Deckungsbetrag als Verlust des Geschäftsjahres zu verbuchen. Zur Wahrung der Kapitalerhaltungsvorschriften ist auch für diesen Sonderposten bei einer Kapitalgesellschaft die Bildung einer Rücklage in entsprechender Höhe unumgänglich.
IV. Die stille Gesellschaft in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters 1. Buchführungs- und Bilanzierungspflicht des stillen Gesellschafters
13.75 Ist der stille Gesellschafter selbst Kaufmann, so kommt auch für ihn eine Buchführungs- und Bilanzierungspflicht hinsichtlich der stillen Beteiligung in Betracht. Voraussetzung hierfür ist, dass die stille Beteiligung zum Geschäftsvermögen des stillen Gesellschafters zählt. Bei Gesellschaften stimmt dieses mit dem Gesellschaftsvermögen überein; beim Einzelkaufmann hingegen muss zwischen seinem Privat- und seinem Unternehmensvermögen unterschieden werden. Nur die Vermögensgegenstände, die seiner unternehmerischen Tätigkeit dienen, sind zu bilanzieren. Ist eine klare Zuordnung nicht möglich, was bei stillen Beteiligungen häufig vorkommen wird, so ist der nach außen erkennbar gewordene Wille des stillen Gesellschafters maßgeblich. Steuerrechtlich entspricht dies der Unterscheidung zwischen notwendigem Betriebs- und Privatvermögen sowie gewillkürtem Betriebsvermögen3.
1 Vgl. hierzu Groh, BB 1994, 540 (541); Herrmann in IDW, Personengesellschaft und Bilanzierung, S. 167 (187); Herrmann, WPg 1994, 500 (509). 2 Insoweit ungenau Groh, BB 1994, 540 (542), der die Auflösung des Korrekturpostens allgemein aus Überschüssen der Folgejahre zulassen will. 3 Zur handels- und steuerrechtlichen Abgrenzung des Privatvermögens vom Betriebsvermögen vgl. Schmidt/Ries in Beck’scher BilanzKomm., § 246 HGB Rz. 55 ff.
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
2. Aktivierung der Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft Der bilanzierungspflichtige stille Gesellschafter hat die Vermögensgegenstände, die ihm aus dem Gesellschaftsvertrag zustehen, zu aktivieren. Hierzu gehört vornehmlich die Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters selbst. Als Inbegriff aller gesellschaftsvertraglichen Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters stellt sie nämlich einen einheitlichen Vermögensgegenstand dar und bildet das Stammrecht, auf dem die einzelnen verselbständigten Gewinnansprüche gründen1.
13.76
An welcher Stelle die Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters in der Bilanz auszuweisen ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Gemäß § 247 Abs. 2 HGB erscheint sie unter dem Gliederungspunkt „A. Anlagevermögen“, wenn sie bestimmt ist, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen, andernfalls unter dem Gliederungspunkt „B. Umlaufvermögen“. Der jeweilig einschlägige Untergliederungspunkt hängt seinerseits davon ab, ob die Mitgliedschaft bilanzrechtlich als Anteil oder als Ausleihung bzw. Forderung anzusehen ist. Schließlich ist umstritten, unter welchen Umständen die Mitgliedschaft in einer stillen Gesellschaft unter den Begriff der Beteiligung i.S. des § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB fällt.
13.77
Die Zuordnung der Mitgliedschaft in das Anlage- oder in das Umlaufvermögen richtet sich als Finanzanlage vornehmlich nach der beabsichtigten Zeitdauer der Beteiligung2. Finanzanlagen mit einer gesamten Laufzeit unter einem Jahr gelten dabei stets als Umlaufvermögen, solche mit einer Laufzeit von über vier Jahren stets als Anlagevermögen. Bei Laufzeiten zwischen ein und vier Jahren ist die Absicht des Inhabers maßgeblich3. Diese Kriterien können auf stille Gesellschaften mit befristeter Vertragsdauer übernommen werden. Bei unbefristeten stillen Gesellschaften kann es hingegen nur auf den Willen des stillen Gesellschafters ankommen, die stille Beteiligung über einen längeren Zeitraum zu halten. Angesichts der geringen Fungibilität der Beteiligung und der Verpflichtung des stillen Gesellschafters, den Gesellschaftszweck zu fördern, ist eine solche Absicht regelmäßig zu vermuten4.
13.78
Im Umlaufvermögen wird die stille Beteiligung unter „B. II. 4. sonstige Vermögensgegenstände“ bilanziert5. Im Anlagevermögen ist für Mitgliedschaften, die dem gesetzlichen Typus entsprechen, ein Ausweis unter „A. III. 6. sonstige Ausleihungen“ zu verlangen6, auch wenn die Beteiligung grundsätzlich als Anteil i.S. des Bilanzrechts zu qualifizieren ist7. Die Bezeichnung des Gliederungspunktes kann an die
13.79
1 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 313; Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 23. 2 Hoyos/F. Huber in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 356 f.; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 333, 351; vgl. auch Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 247 HGB Rz. 105 ff. 3 Hoyos/F. Huber in Beck’scher BilanzKomm., § 247 HGB Rz. 357. 4 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 336. 5 Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 351; Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 23. 6 Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 379 (392). 7 Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 271 HGB Rz. 13; mit Einschränkungen Grottel/Kreher in Beck’scher BilanzKomm., § 271 HGB Rz. 15; a.A.: Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 580 (592); Groh, BB 1993, 1882 (1892); Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 271 HGB Rz. 7 m.w.N., der für die stille Gesellschaft als Innengesellschaft hierfür erweiterte Kontrollrechte des stillen Gesellschafters
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Tatsache angepasst werden, dass er auch stille Beteiligungen erfasst. Dem abweichenden Vorschlag von Westerfelhaus und Hense, die Mitgliedschaft als Beteiligung i.S. des § 271 Abs. 1 HGB zu bilanzieren1, ist hingegen dann zu folgen, wenn der Anteil vom stillen Gesellschafter gehalten wird, um eine dauernde Verbindung zu dem Unternehmen, an dem der Anteil besteht, zu schaffen. Als hinreichendes Indiz für ein solches unternehmerisches Interesse des stillen Gesellschafters am Unternehmen des Inhabers können Art und Umfang der stillen Beteiligung ausreichen2.
13.80 Die Bewertung der Mitgliedschaft erfolgt nach den allgemeinen Regeln zu den Anschaffungskosten3. Zu diesen sind neben dabei anfallenden Steuern und Provisionen als Anschaffungsnebenkosten auch später stehen gelassene Gewinne des stillen Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten zu zählen4. Vermindern Verlustanteile das Einlagekonto des stillen Gesellschafters oder wird seine Mitgliedschaft auf andere Weise in ihrem Wert vermindert, so ist von ihrem Bilanzwert gemäß § 253 Abs. 3 bzw. Abs. 4 HGB5 eine entsprechende Abschreibung vorzunehmen6. Hingegen kommen planmäßige Abschreibungen nicht in Betracht, da die Mitgliedschaft in ihrer Nutzbarkeit nicht i.S. des § 253 Abs. 3 Satz 1 HGB zeitlich begrenzt ist. In einer Verlustsituation besteht bei Bilanzierung im Umlaufvermögen (§ 253 Abs. 4 Satz 1 HGB) eine Abschreibungspflicht. Bei Bilanzierung im Anlagevermögen ist diese Pflicht bei einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung gegeben, wenn die Anschaffungskosten höher als der beizulegende Wert sind (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB).
13.81 Bei voraussichtlich nicht dauerhaften Wertminderungen besteht bei Ausweis im Anlagevermögen für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2010 begonnen haben, ein Abschreibungswahlrecht, § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. Aufgrund der Änderungen durch das BilMoG7 besteht dieses Wahlrecht in Geschäftsjahren, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben, nur noch bei Finanzanlagen (§ 253 Abs. 3 Satz 4 HGB). Da aber die stille Beteiligung im Anlagevermögen stets entweder als sonstige Ausleihung (§ 266 Abs. 2 A. III. 6. HGB) oder Beteiligung (§ 266 Abs. 2 A. III. 3. HGB) zu bilanzieren ist, stellt sie stets eine Finanzanlage dar. Insoweit besteht auch weiterhin ein Bewertungswahlrecht.
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verlangt, einschränkend aber Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 266 HGB Rz. 72, 81. Dagegen zu Recht Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 321 ff. Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1178); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 329 ff. Vgl. Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 271 HGB Rz. 11; Grottel/ Kreher in Beck’scher BilanzKomm., § 271 HGB Rz. 16 ff.; weiter gehend Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 130: Dauerhaftigkeit der stillen Beteiligung genügt. Polzer/Gaffron in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 84 Rz. 26; zu dem genauen Umfang der Anschaffungskosten einer stillen Beteiligung vgl. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 351 ff. Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 356. Entsprechen inhaltlich § 253 Abs. 2 bzw. Abs. 3 HGB in der bis zum Inkrafttreten des BilMoG gültigen Fassung. So mit unterschiedlichen Begründungen: Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 358 ff.; Groh, BB 1993, 1882 (1892); Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 392 ff.; Kaldenbach, BB 1997, 1089 (1090). BGBl. I 2009, 1102.
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
Soweit Abschreibungen wegen dauernder oder vorübergehender Wertminderung der Mitgliedschaft vorgenommen werden, bestimmt sich der niedrigere beizulegende Wert nach dem voraussichtlichen Ertragswert der stillen Beteiligung1. Das bisher nur für Kapitalgesellschaften bestehende Wertaufholungsgebot nach § 280 HGB ist nach Einführung des § 253 Abs. 5 HGB durch das BilMoG für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben, rechtsformunabhängig zu beachten. Ein niedrigerer Wertansatz darf dann grundsätzlich nicht mehr beibehalten werden, soweit die Gründe für die außerordentliche Abschreibung der Mitgliedschaft in späteren Geschäftsjahren entfallen.
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3. Die stille Gesellschaft in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie im Anhang Gewinne des stillen Gesellschafters stellen für ihn Erträge aus Teilgewinnabführungsverträgen, Verluste Aufwendungen aus Verlustübernahme dar2. Gesellschaftsrechtlich entstehen diese Gewinnansprüche grundsätzlich erst mit der Bilanzaufstellung des Unternehmens, an dem die Beteiligung besteht. Nach allgemeinen Regeln sind sie auch erst zu diesem Zeitpunkt zu bilanzieren. In Fällen, in denen zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter aber wirtschaftliche Verflechtungen bestehen, ist nach der Rechtsprechung der Gewinn beim Stillen in der gleichen Periode zu bilanzieren wie in der Bilanz des Inhabers (vgl. Rz. 14.67).
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Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 285 Nr. 11 i.V.m. § 271 Abs. 1 HGB im Anhang Angaben über Anteile an anderen Unternehmen machen, wenn die Anteile mindestens 20 % des Kapitals des Unternehmens betragen. Allerdings gelten stille Beteiligungen mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter nicht als Anteile i.S. dieser Vorschrift, so dass mit der h.M. eine Angabepflicht nur für eigenkapitalähnliche stille Beteiligungen anzuerkennen ist3.
13.84
V. Behandlung der stillen Gesellschaft nach IFRS/IAS 1. Allgemeines a) Bedeutung und Anwendungsbereich In den letzten Jahren haben internationale Rechnungslegungsstandards immer mehr an Bedeutung gewonnen. Nicht nur international aufgestellte Unternehmen sind heute gezwungen, sich mit dieser Materie zu befassen. Mit Verordnung vom 19.7.20024 hat der europäische Gesetzgeber einheitliche Rechnungslegungsstandards für die konsolidierten Jahresabschlüsse börsennotierter Unternehmen erlassen (Art. 4 1 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 134. 2 Schmidt/Peun in Beck’scher BilanzKomm., § 275 HGB Rz. 207, § 277 Rz. 23; Glade, Praxishandbuch der Rechnungslegung und Prüfung, § 275 HGB Rz. 300; Westerfelhaus, DB 1988, 1173 (1179); Schulze zur Wiesche in FS Budde, S. 580 (594); a.A. Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 136. 3 Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 285 HGB Rz. 226; a.A. Felix, BB 1987, 1495, der aber verkennt, dass in § 286 Abs. 3 Satz 2 HGB nicht über die stille Gesellschaft, sondern über das Unternehmen des Inhabers zu berichten ist. 4 Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 v. 19.7.2002 – IFRS-VO, ABl. EU Nr. L 243, S. 1, zuletzt geändert durch Art. 1 ÄndVO (EG) 297/2008 v. 11.3.2008, ABl. EU Nr. L 97, S. 62.
Kauffeld
285
13.85
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
IFRS-VO). Die Verordnung ist unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht (Art. 288 AEUV) und verpflichtet die kapitalmarktorientierten Unternehmen dazu, ihren Konzernabschluss nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) aufzustellen. Relevanz erlangen die IFRS aber nicht nur bei konsolidierten Abschlüssen börsennotierter Gesellschaften. Der nationale Gesetzgeber hat mit § 315a Abs. 3 HGB, beruhend auf Art. 5 IFRS-VO, ein Wahlrecht für Konzernabschlüsse nicht börsennotierter Unternehmen geschaffen. Die IFRS verfolgen dabei das Ziel, Investoren am Kapitalmarkt mit aktuellen, entscheidungsrelevanten Informationen über die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu versorgen und international vergleichbar zu machen1. Die weltweite Verständlichkeit und Anerkennung wird dadurch verstärkt, dass die IFRS stark an die in den Vereinigten Staaten verbindlichen US-GAAP angenähert sind.
13.86 Einzelabschlüsse müssen weiterhin nach nationalen Rechnungslegungsstandards aufgestellt werden. Dies ist schon deshalb verständlich, weil die Bilanzierung nach IFRS anderen Bewertungsprinzipen folgt und damit nicht als Grundlage für die Gewinnausschüttung (§§ 58 Abs. 4 AktG, 29 Abs. 1 GmbHG, 120 Abs. 1, 167 Abs. 1 HGB) oder die steuerliche Gewinnermittlung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) geeignet ist2. Fakultativ können Unternehmen daneben einen Abschluss auf IFRS-Basis erstellen. Dies kann vor allem zur besseren Information potentieller Anleger empfehlenswert sein und wird vom Gesetzgeber dadurch begünstigt, dass dieser Abschluss statt des HGBAbschlusses veröffentlicht werden kann (§ 325 Abs. 2a HGB). Für Zwecke der Ausschüttungsbemessung und der Besteuerung ist aber auch weiterhin ein HGB-Einzelabschluss aufzustellen. b) Bilanzierungsgrundsätze nach IFRS/IAS
13.87 Die IFRS verfolgen einen stark objektivierten Maßstab. Das Informationsinteresse von Anlegern (decision usefulness) steht stärker im Vordergrund als das in Deutschland traditionell stark ausgeprägte Vorsichtsprinzip zum Schutz der Gläubiger. Daher unterscheiden sich die Prinzipien der internationalen Rechnungslegung bzw. deren Gewichtung teilweise erheblich von den deutschen Bilanzierungsgrundsätzen. Systemtragendes Prinzip ist – neben dem auch im deutschen Recht vorherrschenden Prinzip der Periodenabgrenzung (§ 242 Abs. 1 Satz 1 HGB bzw. IASC-F. 223, accrual basis) und Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB bzw. IASC-F. 23, going concern) – der Grundsatz der fair presentation (IAS 1.7). In erster Linie soll die Bilanz eine wirklichkeitsgetreue Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens für den Anleger darstellen (true and fair view, IASC-F. 46). Hierzu müssen die Infor1 Vgl. den zweiten Erwägungsgrund zur IFRS-VO. 2 Vgl. RegE zum BilReG, BR-Drucks. 326/04, S. 44 f. 3 Das sog. Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements (Rahmenkonzept des ehem. IASC für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen) beinhaltet Rahmengrundsätze und Leitlinien der Rechnungslegung, ist aber kein eigener Standard (IASC-F. 2). Es ist, von Ausnahmefällen abgesehen (z.B. bei ausdrücklichem Verweis, IAS 8.11 (b)), nicht unmittelbar für die Bilanzierung maßgeblich. Bei Divergenzen zu IFRS/IAS gehen die Standards vor (IASC-F. 2, 3). Es dient vor allem als Grundlage für die Neu- und Weiterentwicklung eines einheitlichen Konzepts durch das IASB und den nationalen Gesetzgeber (IASC-F. 1 (a)–(c)), aber auch als Leitlinie für die Aufstellung (IASC-F. 1 (d)) und Interpretation (IASC-F. 1 (e), (f)) von Abschlüssen nach internationalen Standards.
286 Kauffeld
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
mationen im Jahresabschluss verständlich (understandability, IASC-F. 25), entscheidungserheblich (relevance and materiality, IASC-F. 26–30), zuverlässig und vollständig (reliability and completeness, IASC-F. 31, 32 und 38) sowie mit früheren Abschlüssen und Abschlüssen anderer Unternehmen vergleichbar sein (comparability, IASC-F. 39–42). Das Vorsichtsprinzip (prudence, IASC-F. 37) spielt im Vergleich zum deutschen Bilanzrecht eine eher untergeordnete Rolle1. Geschäfte sind nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach formaljuristischen Kriterien zu beurteilen (substance over form, IASC-F. 35). Unterschiede zeigen sich vor allem in den weniger strikten Aktivierungs-, Passivierungs- und Bewertungsvorschriften der IFRS, die im Vergleich zum nationalen Recht weitere Gestaltungsspielräume eröffnen, u.a. bei der Bewertung von immateriellen Vermögenswerten und Zeitwerten2. Eine gewisse Annäherung in diesem Punkt hat durch das BilMoG stattgefunden (siehe Rz. 13.30). Detailliertere Vorschriften enthalten die IFRS/IAS über Angabe und Darstellung sowie Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten. Für die bilanzielle Erfassung der stillen Beteiligung stellen sich wiederum zwei Fragen: zum einen, wie die stille Beteiligung im Jahresabschluss des Inhabers (vgl. Rz. 13.89 ff.), zum anderen wie sie im Abschluss eines rechnungslegungspflichtigen stillen Gesellschafters zu bilanzieren ist (vgl. Rz. 13.103 ff.).
13.88
2. Erfassung der stillen Beteiligung in der Rechnungslegung des Inhabers Auch bei Bilanzierung nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften IFRS/ IAS ist zu bestimmen, ob die jeweiligen stille Beteiligung als Fremd- oder Eigenkapital auszuweisen ist. Die Qualifikation der stillen Einlage als Fremd- oder Eigenkapital richtet im Fall der stillen Einlage nach IAS 32 „Finanzinstrumente: Darstellung“ und IAS 39 „Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung“.
13.89
a) Bilanzierung nach IAS 32 Obwohl IAS 32 detaillierte Regelungen über Angabe und Darstellung von Finanzinstrumenten enthält, sucht man eine Vorschrift über die Bilanzierung stiller Beteiligungen vergeblich, was sich schon dadurch erklären lässt, dass diese hybride Finanzierungsform den meisten europäischen Staaten (insbesondere dem englischen Recht) unbekannt ist. Ob die Beteiligung nach IFRS/IAS als Eigenkapital ausgewiesen werden kann, richtet sich demnach nach den allgemeinen Vorschriften. Eine positive Definition von Eigenkapital existiert nicht. Nach der Konzeption der IFRS-Rechnungslegung stellt das Eigenkapital den Restwert der Vermögenswerte des Unternehmens nach Abzug aller Schulden dar (vgl. IASC-F. 49 (c)). Die stille Beteiligung kann daher nur dann als Eigenkapital bilanziert werden, wenn sie nicht als (unter Umständen langfristige) Verbindlichkeit zu erfassen ist.
13.90
Nach IAS 32.17 hängt die Einordnung eines Finanzinstruments (IAS 32.16) maßgeblich davon ab, ob eine vertragliche Verpflichtung des Emittenten zur Abgabe flüssiger Mittel an den Inhaber des Finanzinstruments besteht. In dieser Hinsicht sind bei der stillen Gesellschaft zwei Gestaltungsmöglichkeiten denkbar. Zum einen kann die
13.91
1 Memento Bilanzrecht für die Praxis, Rz. 2.123. 2 Thiel/Lüdtke-Handjery, Bilanzrecht, Rz. 64.
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287
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
Gesellschaft auf bestimmte Zeit geschlossen werden, dann existiert der Anspruch des Gesellschafters auf sein Auseinandersetzungsguthaben bereits von Anfang an. Dabei führt die Nachrangigkeit oder Langfristigkeit der Kapitalüberlassung nach der Konzeption des IAS 32 zu keinem anderen Ergebnis1. Die stille Gesellschaft ist deshalb eine finanzielle Verbindlichkeit nach IAS 32.11.
13.92 Die stille Gesellschaft kann aber auch auf unbestimmte Zeit eingegangen werden. Der Auseinandersetzungsanspruch entsteht in diesem Fall erst mit Auflösung der Gesellschaft. Aus IAS 32.18 (b) und 32.19 (b) f.olgt aber, dass der Rückzahlungsanspruch nicht zwingend von Beginn an bestehen muss, sondern ein Finanzinstrument bereits dann als Fremdkapital zu qualifizieren ist, wenn dem Inhaber ein Kündigungsrecht zusteht (puttable instruments) bzw. sich der Emittent dem Rückzahlungsanspruch nicht entziehen kann. Ein gesetzliches Kündigungsrecht steht bilanziell einem vertraglichen Kündigungsrecht gleich (vgl. auch IAS 32.13)2. Demnach sind alle Finanzinstrumente, die pflichtgemäß oder wahlweise einen Rückzahlungsanspruch begründen können, als Verbindlichkeiten zu behandeln3. Unberücksichtigt bleibt dabei, ob der vom Unternehmen zu zahlende Betrag noch nicht feststeht (z.B. weil es sich um eine Residualgröße handelt), ob das Kündigungsrecht langen Kündigungsfristen unterliegt oder ob der Inhaber sein Kündigungsrecht bereits ausgeübt hat4. Aus der Tatsache wiederum, dass das ordentliche Kündigungsrecht bei der auf unbestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft nicht ausgeschlossen, sondern höchstens modifiziert werden kann (Rz. 15.23), ergibt sich, dass die stille Beteiligung auch bei Eingehung auf unbestimmte Zeit grundsätzlich als Verbindlichkeit ausgewiesen werden muss5. Für die typisch stille Gesellschaft hat ein Ausweis als Verbindlichkeit auch deswegen zu erfolgen, weil der typisch stille Gesellschafter nicht an den stillen Reserven des Geschäftsinhabers beteiligt ist und es dem Stillen damit für einen Ausweis seiner Einlage als Eigenkapital an einem beteiligungsproportionalen Anspruch an dem Nettovermögen der Gesellschaft fehlt6. Prinzipiell ist es nach IAS/IFRS aber nicht relevant, ob es sich um eine typisch stille Gesellschaft gemäß §§ 230–236 HGB oder um eine atypisch stille Gesellschaft handelt. In beiden Fällen wir die stille Beteiligung als finanzielle Verbindlichkeit qualifiziert. Dabei erfolgt der Ausweis gemäß IAS 1.88 (j) unter den sonstigen Verbindlichkeiten. Um das Verständnis der Finanzlage des Geschäftsinhabers zu verbessern, kann gemäß IAS 1.69 und IAS 1.74 ein gesonderter Posten für die stille Beteiligung gebildet werden.
13.93 Nach der Gegenansicht von Werner7 soll hingegen eine Bilanzierung als Eigenkapital möglich sein, wenn der stille Gesellschafter an den Verlusten des Geschäftsbetriebs
1 M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1563); Kuhn/Scharpf, Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, Rz. 3880. 2 Kuhn/Scharpf, Rechnungslegung von Financial Instruments nach IFRS, Rz. 3720. 3 So auch Küting/Dürr, DB 2005, 1529 (1530); Schaber/Kuhn/Eichhorn, BB 2004, 315 (318); Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152. 4 M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1563). 5 So auch Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152; Scheffler, Eigenkapital im Jahres- und Konzernabschluss nach IFRS, S. 59, 45; Lüdenbach in Lüdenbach/ Hoffmann, IFRS-Kommentar, § 20 Rz. 8, LS: Wirt 762/8; Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rz. 2060 (Mezzanine Kapital); Küting/Dürr, DB 2005, 1529 (1532 f.). 6 Jacob, Eigenkapital deutscher Personengesellschaften nach IFRS/IAS, S. 60. 7 Werner, Stilles Gesellschaftskapital, S. 78 f.
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
beteiligt ist1. Bei einer entsprechenden Vereinbarung und tatsächlich eingetretenen Verlusten habe der Gesellschafter nämlich gerade keinen Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens. Eine Lösung, wonach je nach momentan bestehendem Auseinandersetzungsanspruch die Beteiligung als Eigen- oder Fremdkapital qualifiziert wird, erscheint aber nicht praktikabel. Zielführender erscheint der Einwand, dass bereits bei Eingehung der Gesellschaft der Rückzahlungsanspruch nicht unbedingt ist. Insbesondere unter Berücksichtigung des substance over form-Prinzips (IASC-F. 35) könnte die Einordnung als Eigenkapital treffender sein; immerhin ist dies nach deutschem Recht bei entsprechender Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags anerkannt (vgl. Rz. 13.21 ff.). Zu betonen ist aber, dass der Grundsatz des IASC-F. 35 keine unmittelbare Geltung beansprucht, sondern durch IAS 32 ausgeformt wird. Zwar enthält IAS 32.18 einen entsprechenden Hinweis auf die Maßgeblichkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wird aber in IAS 32.18 (b) weiter konkretisiert. Danach ist ein Finanzinstrument selbst dann als finanzielle Verbindlichkeit zu qualifizieren, wenn die Höhe des Betrags an abfließenden finanziellen Mitteln durch die Vermögenswerte des Emittenten (Residualanspruch) bestimmt wird. Insofern ist die stille Beteiligung grundsätzlich als Verbindlichkeit zu bilanzieren.
13.94
b) IAS 32-Amendment (IAS 32.16A und 16B) Die Qualifikation von Finanzinstrumenten als Fremdkapital bei einer (gesetzlichen) Kündigungsmöglichkeit des Investors führte aber auch zu dem aus deutscher Sicht befremdlichen Ergebnis, dass sogar die Einlagen der Gesellschafter von Personengesellschaften – nach HGB ein eindeutiger Fall von Eigenkapital – in der IFRS-Bilanz als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden mussten. Auch hier kann ein Kündigungsrecht der Gesellschafter nicht ausgeschlossen werden (§ 723 Abs. 3 BGB). Dies wurde zwar zum Teil in der Literatur bestritten2; IAS 32 lässt aber insofern keinen Raum für eine „berichtigende“ Auslegung3. Zu Recht wurde die Sachrichtigkeit dieses Ergebnisses bezweifelt4. Neben den für deutsche Bilanzadressaten ungewohnten Bezeichnungsvorgaben führte die geltende Rechtslage zu evident sachwidrigen Bewertungsfolgen. Die potentielle Rückzahlungsverpflichtung war mit dem Verkehrswert (fair value) zu bewerten, die Wertänderung als Ertrag oder Aufwand zu erfassen. Je positiver sich der anteilige Unternehmenswert entwickelte, je besser es also dem Unternehmen ging, desto schlechter fiel die Abbildung der wirtschaftlichen Situation in der Bilanz aus5.
1 Der von Werner, Stilles Gesellschaftskapital, S. 78 vorgeschlagene Ausschluss des Kündigungsrechts ist nach der hier vertretenen Auffassung (Rz. 15.23) nicht möglich. 2 Lüdenbach/Hoffmann, BB 2004, 1042; Hoffmann, DB 2005, 404 sowie Hoffmann, DB 2006, 1797. 3 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rz. 2052; Hoffmann IDW, RS HFA 9, Tz. 49; wovon im Übrigen auch das IASB ausgeht, vgl. nur die Begründung zum Reformentwurf des IASB. 4 Heuser/Theile, IFRS-Handbuch, Rz. 2050, das IASB habe sich mit der Regelung „ohne Not in eine Sackgasse manövriert“. 5 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann, BB 2004, 1042 (1047).
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289
13.95
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
13.96 Das IASB hat hierauf reagiert und am 22.6.2006 einen Reformentwurf1 in Form eines Zusatzes zu IAS 32 (IAS 32-Amendment) zur Diskussion gestellt. Am 14.2.2008 hat das IASB mit Wirkung zum 1.1.2009 die Amendments to IAS 32 (Financial Instruments: Presentation and IAS 1 Presentation of Financial Statements: Puttable Financial Instruments and Obligations Arising on Liquidation) formell verabschiedet, welche sich vom Reformentwurf aus dem Jahre 2006 jedoch erheblich unterscheiden2. Die Änderung führt dazu, dass wenigstens die Einlagen von Personengesellschaftern als Eigenkapital bilanziert werden können3. Zu untersuchen ist daher, ob es Ausgestaltungsformen der stillen Gesellschaft geben kann, die einen Ausweis der stillen Beteiligung als Eigenkapital ermöglichen.
13.97 Regelungskern des Zusatzes ist die Modifikation des Begriffs der finanziellen Verbindlichkeit (financial liability). Danach können auch vertraglich wie gesetzlich kündbare Finanzinstrumente (puttable financial instruments) unter bestimmten Bedingungen als Eigenkapital (equity) klassifiziert werden. Damit soll sichergestellt werden, dass auch solche Finanzinstrumente dem Eigenkapital unterfallen, die zwar durch individuelle Kündigung des Kapitalgebers dem Unternehmen entzogen werden können, jedoch in voller Höhe an Risiken und Chancen der Unternehmenstätigkeit partizipieren (sog. risk and reward approach). Rechtstechnisch realisiert dies der Entwurf weniger durch eine prinzipielle Begriffsmodifikation des Fremdkapitals4, sondern durch eine detaillierte, stark kasuistische Aufzählung der Fälle, die als kündbare Finanzinstrumente dem Eigenkapital unterfallen sollen.
13.98 Der Reformentwurf aus dem Jahre 2006 verfolgte den risk and reward approach konsequent dadurch, dass er entscheidend auf die letztrangige Haftung im Insolvenzfalle abstellte. Maßgeblich war danach, ob der Inhaber des Finanzinstruments bei Kündigung oder Liquidation nur einen Rückzahlungsanspruch zum fair value des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens hatte5. Dies wurde dadurch konkretisiert, dass das Finanzinstrument zur letztrangigen Kapitalklasse (most subordinated class) der emittierten Finanzinstrumente gehören musste. Das trifft zwar für die typische stille Beteiligung nicht zu (vgl. §§ 238 Abs. 1 HGB, 38 InsO). Nach dem Entwurf erschien es aber zumindest denkbar, dass die stille Beteiligung als Eigenkapitalinstrument ausgestaltet werden konnte. Nicht ausreichend ist hierfür, dass der stille Gesellschafter im Rang nach den übrigen Insolvenzgläubigern haftet (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Damit
1 Exposure Draft of Proposed Amendments to IAS 32 Financial Instruments: Presentation and IAS 1 Presentation of Financial Statements: Financial Instruments Puttable at Fair Value and Obligations Arising on Liquidation, abrufbar unter https://www.iasb.org. 2 Anerkennungsverfahren (Endorsement) der Europäischen Kommission abgeschlossen durch Kommissionsverordnung v. 21.1.2009, ABl. EU Nr. L 17, S. 23. 3 Baetge/Winkeljohann/Haenelt, DB 2008, 1518; M. Schmidt, BB 2008, 434. 4 Aus diesem Grund bereits zum Reformentwurf kritisch M. Schmidt, BB 2006, 1563 (1565); das IASB betont aber selbst, dass es sich bei dem Zusatz zu IAS 32 nur um kurzfristige Änderungen handelt und langfristige Projekte des IASB davon nicht berührt werden. 5 Kumulativ mussten hierzu folgende Voraussetzungen erfüllt sein (vgl. ED IAS 32.11): (a) Das Finanzinstrument muss zum beizulegenden Zeitwert (fair value) des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens (pro rata share of the net assets of the entity) emittiert werden. (b) Das Instrument verpflichtet den Emittenten bei Kündigung nur zur Rückzahlung zum fair value des anteiligen Nettovermögens des Unternehmens. (c) Im Fall der Liquidation ist der Inhaber nur i.H. seines anteiligen Nettovermögenswerts berechtigt.
290 Kauffeld
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
der Gesellschafter in die letztrangige Kapitalklasse (most subordinated class) fällt, muss er insolvenzrechtlich gleichrangig (§ 199 InsO) neben dem Inhaber des Handelsgeschäfts aus dem verbleibenden Überschuss befriedigt werden (vgl. Rz. 17.57). Anders als nach HGB (Rz. 13.26) kam es dagegen nicht auf die Langfristigkeit der Kapitalüberlassung an. Der Reformentwurf unterschied gerade zwischen unkündbaren Instrumenten (perpetual instruments), die bereits bisher als Eigenkapital zu qualifizieren waren, und den kündbaren Finanzinstrumenten (puttable instruments), die ausnahmsweise dem Eigenkapital unterfallen. In seinen Erwägungsgründen zu dem Reformentwurf (ED IAS 32-Basis for Conclusions 22) stellte das IASB zudem ausdrücklich fest, dass die (neue) Eigenkapitalklasse der instruments puttable at fair value nicht dem Prinzip der Dauerhaftigkeit der Kapitalüberlassung folgt, sondern ging davon aus, dass mit einer Abfindung zum fair value des anteiligen Nettovermögenswerts eine Schädigung der übrigen Kapitalgeber ausgeschlossen wird. Im Standard Setting-Verfahren ist der Reformentwurf erheblich modifiziert und durch eine Vielzahl weiterer Kriterien erweitert worden. Nach IAS 32.16A kann ein kündbares Finanzinstrument dann als Eigenkapital klassifiziert werden, wenn es (a) den Inhaber des Instruments im Falle der Liquidation berechtigt, seinen anteiligen Nettovermögenswert einzufordern, (b) zur letztrangigen Kapitalklasse gehört, (c) alle kündbaren Finanzinstrumente der letztrangigen Kapitalklasse dieselben Merkmale aufweisen, (d) außer der Verpflichtung des Unternehmens im Falle der Kündigung das Instrument zurückzunehmen, den Emittenten zu keinen anderen finanziellen Leistungen verpflichtet und (e) der erwartete Zahlungsstrom über dessen Laufzeit substanziell auf dem Jahresergebnis, den Änderungen des Buchwerts des Nettovermögens oder der Änderung des Unternehmenswerts basiert.
13.99
Insbesondere das Merkmal, dass alle Instrumente der letztrangigen Kapitalklasse dieselben Merkmale (identical features) aufweisen müssen, erweist sich bei der Ausgestaltung der stillen Beteiligung als schwierig. Ob hierfür bereits die unterschiedliche Form der Haftung im Außenverhältnis ausreicht, erscheint zweifelhaft. Für eine rein bilanzielle – am risk and reward approach orientierte – Betrachtungsweise kann dies sinnvollerweise keinen Unterschied machen. Ebenso verhält es sich mit Regelungen über die Geschäftsführung und Vertretung. Bezeichnenderweise enthalten auch die Beispiele in IAS 32.16A (c) lediglich einen Verweis auf die Kündbarkeit und die Berechnungsmethode für den Abfindungsanspruch und betreffen damit ausschließlich finanzielle Gestaltungsmerkmale1. Die Stellung des stillen Gesellschafters ist aber auch in finanzieller Hinsicht praktisch immer unterschiedlich zur Stellung des Inhabers ausgestaltet. Die stille Beteiligung dürfte sich daher auch in Zukunft nicht als Mezzanines Finanzierungsinstrument zur Aufbesserung des Eigenkapitals in IFRS-Bilanzen eignen.
13.100
c) Bewertung der Einlage Sobald die stille Einlage dem Geschäftsinhaber zufließt, ist sie zu bewerten. Die Bewertung hat beim Zufluss mit dem fair value gemäß IAS 39.43 zu erfolgen2. Nach 1 Ebenso Baetge/Winkeljohann/Haenelt, DB 2008, 1518 (1519); insbesondere zu Buchwertklauseln bei der Abfindung M. Schmidt, BB 2008, 434 (435 f.). 2 Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 47.
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291
13.101
§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
IAS 39.48 entspricht der beizulegende Zeitwert dem Wert der Gegenleistung bzw. dem erhaltenen Betrag an flüssigen Mitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten.
13.102 Als finanzielle Verbindlichkeiten ist die stille Einlage entweder in der Kategorie „other liabilities“ oder in der Kategorie „financial liabilities at fair value through profit or loss“ zuzuordnen. Im letzteren Fall erfolgt bei jeder Folgebewertung der stillen Einlage die Bewertung zum beizulegenden Zeitwert. Üblicherweise ist die stille Einlage aber als „other liabilities“ einzuordnen, sodass dann gemäß IAS 39.47 die Bewertung mit den fortgeführten Anschaffungskosten unter Beachtung der Effektivzinsmethode erfolgt. Die Bilanzierung der stillen Gesellschaft als Fremdkapital hat zur Folge, dass die Ergebnisanteile des Stillen erfolgswirksam im Periodenergebnis erfasst werden1. 3. Erfassung der stillen Beteiligung in der Rechnungslegung des stillen Gesellschafters
13.103 Beim stillen Gesellschafter stellt die Beteiligung einen finanziellen Vermögenswert i.S. von IAS 32.11 (financial asset) dar. Die Darstellung in der Bilanz richtet sich nach der beabsichtigten Verwendung und Haltedauer unter Angabe der Bezeichnung des Finanzinstruments2. Nach IAS 39.45 wird zwischen vier verschiedenen Kategorien für Finanzinstrumente unterschieden: (a) Finanzielle Vermögenswerte, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden (financial assets at fair value through profit or loss), (b) bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen (held-to-maturity Investments), (c) Kredite und Forderungen (loans and receivables) und (d) zur Veräußerung verfügbare Vermögenswerte (available-for-sale financial assets). Die erstmalige Bewertung erfolgt nach IAS 39.43 bei allen Instrumenten mit dem beizulegenden Zeitwert (fair value). Unterschiede ergeben sich bei der Folgebewertung des Vermögenswerts. Nach IAS 39.46 ist bei finanziellen Vermögenswerten, die erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet werden sowie bei zur Veräußerung verfügbaren Vermögenswerten auch bei der Folgebewertung der beizulegende Zeitwert maßgeblich, während bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen und Kredite und Forderungen mit den fortgeführten Anschaffungskosten anzusetzen sind. 4. Angaben im Anhang
13.104 Zu den finanziellen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten sind im Anhang des Jahresabschlusses umfangreiche Angaben zu machen. Gemäß IAS 32.51-95 sind die Adressaten des Abschlusses insbesondere über Umfang und Art des Finanzinstruments sowie wesentliche Vertragsbedingungen, die Einfluss auf die Höhe, den Zeitpunkt und die Wahrscheinlichkeit des Eintritts künftiger Cash-Flows haben, zu informieren3. Zudem sind Angaben über die angewendeten Bilanzierungs- und Bewertungskriterien sowie die Bewertungsmethoden zu machen.
1 Bächer, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 48. 2 Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 152. 3 Schimpfky/Schneider in Bösl/Sommer, Mezzanine Finanzierung, S. 154.
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§ 13 Buchfhrung und Jahresabschluss
VI. Zusammenfassung Zur Buchführung und Bilanzierung ist regelmäßig nur der Inhaber verpflichtet; den stillen Gesellschafter treffen entsprechende Pflichten nur, wenn er selbst Kaufmann ist. Die stille Gesellschaft als solche ist hingegen nie Trägerin von Buchführungsund Bilanzierungspflichten. Inhaber und gegebenenfalls stiller Gesellschafter haben die Geschäftsvorfälle, die sich aus der stillen Beteiligung ergeben, in ihrer Finanzbuchhaltung zu erfassen und die entsprechenden Vermögensgegenstände und rechtlichen Verpflichtungen in ihrer Bilanz darzustellen. In der Bilanz des Inhabers hängt der Ausweis der Beteiligung des stillen Gesellschafters von ihrer zivilrechtlichen Ausgestaltung ab. Grundsätzlich sind unbefristete, nachrangige Beteiligungen mit Verlustbeteiligung als eigenkapitalähnlich anzusehen. Ihre Darstellung erfolgt in einem Untergliederungspunkt des Eigenkapitals. Andere Beteiligungen haben überwiegenden Fremdkapitalcharakter. Sie werden regelmäßig unter den „sonstigen Verbindlichkeiten“ erfasst. Die Höhe des Ausweises der Beteiligung in der Bilanz richtet sich grundsätzlich nach dem Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters1. Aktivierungsfähige Einlageleistungen des stillen Gesellschafters sind unter dem Bilanzposten auszuweisen, der der Art des geleisteten Vermögensgegenstandes entspricht. Gewinne des stillen Gesellschafters erhöhen ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht seine Einlage und sind deshalb auf einem gesonderten Verbindlichkeitenkonto zu verbuchen. Verluste gehen zu Lasten seines Einlagekontos. Eigenkapitalähnliche Beteiligungen an einzelkaufmännisch betriebenen Unternehmen oder Personengesellschaften können auf Grund vorheriger Verluste ein negatives Einlagekonto aufweisen. In der Gewinn- und Verlustrechnung stellt der stille Gesellschaftsvertrag einen Teilgewinnabführungsvertrag dar. Soweit der stille Gesellschafter eine Bilanz aufstellt, erfolgt der Ausweis seiner Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft grundsätzlich unter dem Posten „A. III. Finanzanlagen“. Sie ist unter dem Unterposten „A. III. 6. sonstige Ausleihungen“ darzustellen, wenn der stille Gesellschafter mit seiner stillen Beteiligung keine unternehmerischen Interessen verfolgt, andernfalls unter dem Posten „A. III. 3. Beteiligungen“. Die Höhe des Ausweises richtet sich nach den Anschaffungskosten, zu denen auch auf dem Einlagekonto stehen gelassene Gewinnanteile des stillen Gesellschafters gehören. Ist der Wert der Mitgliedschaft des stillen Gesellschafters durch Verluste oder auf sonstige Weise gemindert, sind entsprechende außerordentliche Abschreibungen zu tätigen. Prinzipiell ist es nach IAS/IFRS nicht relevant, ob es sich um eine typisch stille Gesellschaft gemäß §§ 230–236 HGB oder um eine atypisch stille Gesellschaft handelt. In beiden Fällen wir die stille Beteiligung als finanzielle Verbindlichkeit qualifiziert. Die stille Beteiligung dürfte sich daher auch in Zukunft nicht als Mezzanines Finanzierungsinstrument zur Aufbesserung des Eigenkapitals in IFRS-Bilanzen eignen.
1 Ausnahme bei eigenkapitalähnlichem Charakter: Höhe der Bilanzierung als Eigenkapital hängt von der Höhe der Einlageleistung ab. Bei Differenzbetrag Passivierung des Disagios als Aufwendung, siehe Rz. 13.38.
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293
13.105
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust Schrifttum: Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995 ff.; Berninger, Axel, Keine Haftung des atypisch stillen Gesellschafters im Außenverhältnis für Verbindlichkeiten des Handelsgeschäftsinhabers nach §§ 128, 171 HGB – Zugleich Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 1.3.2010, II ZR 249/08, DStR 2010, 1480, DStR 2010, 2359; Berninghaus, Jochen, Feststellung des Jahresabschlusses in der stillen Gesellschaft?, in Festschrift für Volker Röhricht, 2005, S. 747; Binz, Mark/Mayer, Gerd, Bilanzierungsentscheidungen und Jahresabschlussfeststellung in Personengesellschaften, DB 2007, 1739; Bormann, Michael/Hellberg, Claus, Ausgewählte Probleme der Gewinnverteilung in der Personengesellschaft, DB 1997, 2415; Coenenberg, Adolf/Haller, Axel/Schultze, Wolfgang, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 24. Aufl. 2016; Costede, Jürgen, Besonderheiten der mitunternehmerischen Stillen Gesellschaft, StbKRep 1987, 239; Döllerer, Georg, Die Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStR 1984, 383; Gebhardt, Joachim, Kapitalersetzende Gesellschafterdarlehen: Stehenlassen als Gewähren i.S. des § 32a GmbHG?, DB 1984, 1385; Geißler, Markus, Aktuelle und fortdauernde Rechtsprobleme bei der GmbH & Still, GmbHR 2008, 515; Goette, Wulf, Stille Gesellschaft: Investitionszulage als Teil des dem Stillen zustehenden nach steuerlichen Regeln zu ermittelnden Gewinns?, DStR 1995, 1843; Habersack, Mathias, Der praktische Fall: Der lästige Gesellschafter, JuS 1989, 739; Hense, Heinz Hermann, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, 1990; Hillers, Klaus, Personengesellschaft und Liquidation, 1988; Kormann, Berthold, Das negative Kapitalkonto, BB 1974, 893; Kulemann, Grit/Harle, Georg, Die Gewinnverteilung in der GmbH & Still, GStB 2000, 14; Manz, Gerhard/Lammel, Stefan, Stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften; Eigenkapitalcharakter und Rang in der Insolvenz nach Inkrafttreten des MoMiG, GmbHR 2009, 1121; Mylich, Falk, Ansprüche gegen stille Gesellschafter nach Auszahlung von Scheingewinnen, ZIP 2011, 2182; Priester, Hans-Joachim, Jahresabschlussfeststellung bei Personengesellschaften, DStR 2007, 28; Schulze-Osterloh, Joachim, Der atypische stille Gesellschafter ist der typische stille Gesellschafter, in Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, 2001, S. 377; Sudhoff, Heinrich, Gewinnanteil und Auseinandersetzungsquote des stillen Gesellschafters, NJW 1960, 2121; Thöne, Wolfgang A., Behandlung der Gesellschafterdarlehen im Konkurs der Gesellschaft nach der GmbH-Novelle, DB 1980, 2179; Ulmer, Peter, Die Mitwirkung der Kommanditisten an der Bilanzierung der KG, in Festschrift für Wolfgang Hefermehl, 1976, S. 207; Wachter, Stephan, Die Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, 1996; Weigl, Gerald, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012; Weimar, Robert, Die GmbH & Still im Fortschritt des Gesellschaftsrechts, ZIP 1993, 1509; Wertenbruch, Johannes, Beschlussfassung in Personengesellschaft und KG-Konzern, ZIP 2007, 798; Zinkeisen, Klaus, Der Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, 1972.
I. Mehrstufiges Verfahren: Ermittlung, Verteilung und Ausschüttung
14.1 Zur Beantwortung der Frage, ob einem stillen Gesellschafter im Hinblick auf seine Beteiligung am Handelsgeschäft des Geschäftsinhabers ein Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils zusteht, sind drei Prüfungsebenen zu unterscheiden: Zunächst einmal ist auf einer ersten Stufe das im Verhältnis zum stillen Gesellschafter maßgebende Geschäftsergebnis festzustellen. Es geht also um die Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Das Gesetz befasst sich hiermit in § 232 HGB. Auf einer zweiten Stufe stellt sich dann die Frage, mit welchem Anteil der stille Gesellschafter an diesem für ihn relevanten Geschäftsergebnis partizipiert, es geht mithin um die Frage der Verteilung, also des Verteilungsschlüssels. Hierauf gibt das Gesetz in § 231 HGB eine Antwort. Ist der Anteil des stillen Gesellschafters an Gewinn und Verlust nicht bestimmt, so gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen. Schließlich hat der stille Gesell294 Kauffeld
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
schafter nur dann einen Anspruch auf Auszahlung seines nach den Stufen 1 und 2 ermittelten Gewinnanteils, wenn ihm dieser auch ausgeschüttet werden kann. Auf einer dritten Stufe geht es daher um die Frage des Auszahlungsanspruchs, mithin der Ausschüttung. Hiermit befasst sich wiederum § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB. Grundsätzlich kann der stille Gesellschafter die Ausschüttung des auf ihn entfallenden Gewinnanteils verlangen, soweit dieser nicht nach § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB zur Deckung von Verlusten verwendet wird. Sowohl die Bestimmung der Bemessungsgrundlage, also des im Verhältnis zum stillen Gesellschafter maßgebenden Gewinnanteils, als auch die Bestimmung des Verteilungsschlüssels, also des Anteils des stillen Gesellschafters an dem maßgebenden Gewinnanteil, bereiten in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Dieses gilt für Fälle typischer und atypischer Ausgestaltung der stillen Beteiligung gleichermaßen. Daher sollte bei Begründung der stillen Beteiligung der sorgfältigen Ausgestaltung der notwendigen Regelungen im stillen Gesellschaftsvertrag sowohl im Hinblick auf die Bestimmung der Bemessungsgrundlage als auch im Hinblick auf die Bestimmung des Verteilungsschlüssels besonderes Augenmerk geschenkt werden. Nur so sind spätere, oftmals gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
14.2
Im Rahmen der vertraglichen Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage der Ergebnisbeteiligung und des Verteilungsschlüssels ist zu beachten, dass unabdingbares Merkmal der stillen Gesellschaft die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ist. Daher dürfen die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter auch nicht auf einen Ausschluss der Gewinnbeteiligung hinauslaufen. Dieses wäre etwa der Fall, wenn dem Stillen lediglich eine Verzinsung seiner Einlage oder ein an andere Kriterien als den Gewinn anknüpfendes Entgelt gewährt würde, beispielsweise eine bloße Umsatzbeteiligung. Keinen Ausschluss von der Gewinnbeteiligung stellt es aber dar, wenn sich die Parteien auf eine bestimmte Mindestverzinsung der Einlage oder einen Mindestgewinn der Höhe nach verständigen.
14.3
Wird die Gewinnbeteiligung des Stillen vertraglich ausgeschlossen, so ist eine solche Vereinbarung allerdings nicht nichtig. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB besagt nur, dass das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dann keine stille Gesellschaft ist1. Regelmäßig handelt es sich dann um eine Innen-GbR oder um ein Darlehen2. Die Gewinnbeteiligung des Geschäftsinhabers kann dagegen auch im Rahmen einer stillen Gesellschaft ausgeschlossen werden (vgl. Rz. 8.15).
14.4
II. Ermittlung der Bemessungsgrundlage (Ertragsermittlung) 1. Gesetzliche Regelung – interne Rechnungslegung als Grundlage der Ergebnisberechnung Nach § 232 Abs. 1 HGB sind am Schluss jedes Geschäftsjahres Gewinn und Verlust zu berechnen. Eine Bezugnahme auf die Bemessungsgrundlage „Bilanz“ wie in § 120 1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 23; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 40. 2 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 231 HGB Rz. 14; Kindler in Koller/Kindler/ Roth/Morck, § 231 HGB Rz. 2; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 40; zu den Parallelen zum Darlehen vgl. auch Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121.
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14.5
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
Abs. 1 HGB fehlt. Dies liegt daran, dass die stille Gesellschaft selbst keine Bilanz i.S. des § 242 Abs. 1 HGB aufstellt (vgl. Rz. 13.79 f.) und sich ihr Gewinn und Verlust auch nicht unmittelbar aus der Bilanz des Inhabers ergeben. Vielmehr bedarf deren Ermittlung ohne besondere vertragliche Vereinbarung grundsätzlich einer eigenen, internen Berechnung durch den Inhaber1.
14.6 Nach der gesetzlichen Regelung ist deswegen der Inhaber grundsätzlich zur Vornahme einer solchen internen Rechnungslegung zur Berechnung des Gewinns und des Verlustes der stillen Gesellschaft verpflichtet. Die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung zur Rechnungslegung umfasst dabei auch die Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, soweit sie für die Gewinnberechnung des stillen Gesellschafters erforderlich sind2. Dennoch ist ohne Festlegung der Grundsätze für die Ergebnisberechnung im Gesellschaftsvertrag höchst unklar, welche Berechnungsparameter, die das Gesetz offen lässt oder nur sehr offen regelt, im Einzelfall in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage, also des für den stillen Gesellschafter maßgeblichen Gewinns, einzufließen haben.
14.7 Den Beteiligten ist zur Vermeidung von Unklarheiten daher dringend anzuraten, die maßgeblichen Parameter zur Bestimmung der Bemessungsgrundalge der Ergebnisbeteiligung genau zu vereinbaren. Zwar ist auch eine stillschweigende Regelung denkbar; so z.B. wenn dem Stillen bei den Vertragsverhandlungen Bilanzen vorgelegt werden und es sich ihm aufdrängen musste, dass diese der Gewinnberechnung zugrunde gelegt werden3. Eine stillschweigende Regelung wird auch dann angenommen, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts und der stille Gesellschafter vereinbart haben, dass für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters von dem Gewinn auszugehen ist, der sich aus dem testierten handelsbilanziellen Jahresabschluss des Inhabers ergibt. In diesem Fall soll nämlich die Bezugsgröße für den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters der Jahresüberschuss vor Körperschaftsteuer und vor Abzug des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters sein4. Gegen die Annahme, dass mit dem Wortlaut der Vereinbarung als Bezugsgröße für die Ermittlung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters der Handelsbilanzgewinn, also der Gewinn nach Abzug der Körperschaftsteuer und des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, gemeint sei, sprechen tatsächlich das Wesen und die Besonderheiten der stillen Gesellschaft. Der stille Gesellschafter will mit seiner Beteiligung am Betrieb weder Einfluss auf die steuerlichen Verhältnisse des Geschäftsinhabers nehmen noch selbst von diesen beeinflusst werden. So würde die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters nach Körperschaftsteuer den Geschäftsinhaber doppelt begünstigen: Zum einen aufgrund der nach Berücksichtigung des Gewinnanteils geringeren Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer und zum anderen aus der Abwälzung eines Teils der Körperschaftsteuer auf den stillen Gesellschafter. Zu einem solchen Begründungsaufwand sollte es jedoch erst gar nicht
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 3; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 12; S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 41; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 11 ff.; zur Frage, inwieweit eine Korrekturrechnung in der Praxis tatsächlich jährlich vorzunehmen ist, vgl. Rz. 14.45 ff. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 13; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 19; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2 § 85 Rz. 1. 3 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 25. 4 Vgl. hierzu FG Nürnberg v. 15.6.1999 – I 118/97, EFG 1999, 917, GmbHR 1999, 995.
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kommen müssen, da in einem solchen Fall erhebliche Unsicherheiten bestehen, die das Gesellschaftsverhältnis von Anfang an unnötig schwer belasten. 2. Vereinbarungen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage a) Die Berechnung von Gewinn und Verlust in der Vertragspraxis Die gängige Vertragspraxis weicht von der gesetzlichen Regelung insoweit ab, als sie durchweg den handels- oder steuerrechtlichen Jahresabschluss des Inhabers zur Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung des Inhabers macht und von diesem einzelne Korrekturen vornimmt, um den Gewinn- und Verlust des Inhabers zu berechnen. Es empfiehlt sich dringend, dieser Praxis zu folgen, da andernfalls die Gewinn- und Verlustberechnung nicht nur einen erheblichen zusätzlichen Aufwand bedeutet, sondern auch leicht zu mannigfaltigen Streitigkeiten zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter führt.
14.8
Diese Vertragspraxis entbindet allerdings nicht von der Notwendigkeit, Handels- und Steuerbilanz des Inhabers einerseits und interne Rechnungslegung der stillen Gesellschaft andererseits zu unterscheiden. Während die ersten beiden auf zwingendem Recht beruhen und nur in gewissem Maße dem Inhaber Wahlrechte und Beurteilungsspielräume zur Verfügung stellen, steht die interne Berechnung des Gewinns des stillen Gesellschafters vollständig zur Disposition des Vertrages zwischen ihm und dem Inhaber. Sieht der Gesellschaftsvertrag deshalb eine bestimmte Rechnungslegung vor, z.B. die Einschränkung der Bildung stiller Reserven, so ist im Zweifelsfall durch Auslegung festzustellen, ob damit nur die interne Rechnungslegung der stillen Gesellschaft oder auch die externe des Inhabers gemeint ist. Zu berücksichtigen ist dabei einerseits, dass an einer entsprechenden Beeinflussung der externen Rechnungslegung häufig beide Gesellschafter kein Interesse haben; der Sinn solcher Vertragsklauseln besteht regelmäßig nur darin, den Umfang des Gewinnrechts des stillen Gesellschafters näher zu umschreiben, hingegen sollen sie nicht dem Fiskus Vorteile hinsichtlich der Rechnungslegung des Unternehmens verschaffen. Andererseits sollten die internen Korrekturen des Jahresergebnisses des Inhabers aber auch auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt bleiben, um die Berechnung von Gewinn und Verlust nicht unnötig zu erschweren.
14.9
b) Ausgangspunkt: Handels- oder Steuerbilanz Als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters kommt in der Praxis – wie bereits erwähnt – sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz in Betracht. Ob der handelsrechtlich ermittelte oder der steuerrechtlich ermittelte Gewinn der Gewinnverteilung zugrunde gelegt werden soll, bedarf der Festlegung im Gesellschaftsvertrag. Fehlt eine solche Festlegung, ist der Handelsbilanzgewinn zugrunde zu legen.
14.10
aa) Handelsbilanzgewinn Die handelsrechtlichen Anforderungen an die Bilanz sind durch das Prinzip der Vorsicht gekennzeichnet. Wegen der Risiken, mit denen jede wirtschaftliche Betätigung behaftet ist, sollen die Kapitalgeber und die außenstehenden Dritten vermögensKauffeld
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14.11
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
mäßig gesichert werden – ein Ziel, das durch den Grundsatz der vorsichtigen Bewertung der Vermögensposten des Umlaufvermögens erreicht werden soll. Die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften sollen sicherstellen, dass der Unternehmer seine Vermögenslage nicht günstiger darstellt, als sie in Wirklichkeit ist.
14.12 Die Berechnung des Gewinnanteils auf der Grundlage der Handelsbilanz bringt für den stillen Gesellschafter deshalb Gefahren mit sich. Diese bestehen darin, dass der Geschäftsinhaber insbesondere durch handelsrechtlich zulässige Unterbewertungen auf der Aktivseite stille Reserven zulasten des jährlichen Gewinns bildet, an denen der lediglich gewinnbeteiligte stille Gesellschafter ohne entsprechende interne Korrektur nicht partizipieren würde.
14.13 Soll trotz dieser Bedenken der Handelsbilanzgewinn der Gewinnverteilung zugrunde gelegt werden, so empfiehlt es sich insbesondere bei Eingehen einer typischen stillen Gesellschaft dringend, durch Festlegung von Bewertungsrichtlinien die interne Korrektur genau zu umschreiben. Andernfalls gelten grundsätzlich die bewertungsrechtlichen Vorschriften des HGB (vgl. Rz. 13.61 ff.), die durch das Bestehen der stillen Gesellschaft ohne ausdrückliche vertragliche Bestimmung nur in gewissem Maße eine interne Modifizierung erfahren. bb) Steuerbilanzgewinn
14.14 Dass anstatt der Handelsbilanz als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverteilung auch die Steuerbilanz herangezogen werden kann, ist seit dem Urteil des BFH vom 9.7.19691 unbestritten.
14.15 Unter Steuerbilanzgewinn ist grundsätzlich der nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Gewinn zu verstehen. Dabei ist Gewinn nach der Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.
14.16 Bei Gewerbetreibenden, die aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung freiwillig Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Dabei sind die steuerlichen Bewertungsvorschriften in § 6 EStG zu beachten.
14.17 Liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 EStG vor, kann statt der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG wahlweise als Gewinn der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden. Für den einheitlich und gesondert festzustellenden Gewinn der handelsrechtlichen Personengesellschaften gelten die gleichen Gewinnermittlungsvorschriften. Ist eine Körperschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so bestimmt sich die Gewinnermittlung ebenfalls nach den Vorschriften des EStG (§ 8 Abs. 1 KStG).
1 BFH v. 9.7.1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690; Goette, DStR 1995, 1844.
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§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
Wenn für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz vereinbart ist, so bedarf es der Auslegung im Einzelfall, ob damit die Steuerbilanz der Kapitalgesellschaft vor oder nach Abzug der Körperschaftsteuer gemeint ist. Obwohl der körperschaftsteuerliche Gewinnbegriff die Körperschaftsteuer und Vermögensteuer bei Kapitalgesellschaften mit einbezieht, ist bei der Bemessungsgrundlage für die stille Gesellschaft nicht ohne Weiteres von diesem auszugehen. Nach Ansicht des BFH1 soll mit der Vereinbarung der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters lediglich der Vorrang der steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften über die Bilanz bezweckt werden. Somit kann nur die Auslegung im Einzelfall ergeben, was die Parteien mit der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz hinsichtlich der Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters gemeint haben. Dabei kommt der ständigen Übung der Vertragspartner eine entscheidende Bedeutung zu.
14.18
Wer sich als stiller Gesellschafter an einem Unternehmen beteiligen will, wird dazu neigen, die Zahlung der Körperschaftsteuer und der Vermögensteuer bei Kapitalgesellschaften als eine private Angelegenheit zu betrachten, die keinen Einfluss auf die Höhe seines Gewinnanteils haben dürfe. Sein Interesse geht dahin, dass die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Berechnung seines Gewinnanteils auch die Nichtabzugsfähigkeit der Körperschaftsteuer, der Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch und der Vermögensteuer2 nach § 10 Nr. 2 KStG einschließt. Im Gegensatz dazu könnte die Kapitalgesellschaft darauf hinweisen, dass ihre Gesellschafter ebenfalls nur einen Gewinn nach Abzug dieser Steuern beanspruchen können und dass daher eine Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters nach dem Steuerbilanzgewinn „vor Steuern“ den stillen Gesellschafter besser stellen würde als die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft.
14.19
Hierzu ist jedoch Folgendes zu bemerken: Eine Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters nach Abzug der Körperschaftsteuer würde dazu führen, dass der stille Gesellschafter indirekt die Körperschaftsteuerbelastung der Kapitalgesellschaft mitzutragen hätte. Dies erschien bislang nicht gerechtfertigt, da der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters im Fall der typischen stillen Beteiligung den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der Kapitalgesellschaft gerade mindern soll oder im Fall der atypischen stillen Beteiligung der Kapitalgesellschaft nicht zugerechnet wird.
14.20
Im Ergebnis war somit davon auszugehen, dass bei Vereinbarung der Maßgeblichkeit der Steuerbilanz hinsichtlich der Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters im Zweifel der Steuerbilanzgewinn vor Abzug der Körperschaftsteuer zugrunde zu legen war3. Nach der Unternehmenssteuerreform 2008 gilt der Grundsatz fort, dass der stille Gesellschafter nicht indirekt die Körperschaftsteuer mittragen soll. Er bedarf allerdings wegen des neu eingeführten § 4h EStG, der gemäß § 8a Abs. 1 KStG auch für Körperschaften gilt, einer Einschränkung. Soweit die Steuerbilanz Maßstab ist, kommt es auf die steuerrechtlichen Ansatzvorschriften an. An-
14.21
1 BFH v. 14.8.1974 – I R 35/74, BFHE 113, 298 = BStBl. II 1974, 774. 2 Nach Paetsch in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 10 KStG, Rz. 44 ist insoweit nur die im Ausland anfallende Vermögenssteuer praktisch relevant, da in Deutschland diese Steuer seit 1996 nach der verfassungsgerichtlichen Entscheidung nicht mehr erhoben wird. 3 So auch Costede, StbKRep 1987, 239 (261).
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schließend ist die durch Anwendung von § 4h EStG entstehende zusätzliche Steuerbelastung zu berechnen und der Gewinn insoweit zu mindern. Diese zusätzliche Gewinnminderung beruht darauf, dass die zusätzliche Steuerbelastung durch die Einordnung der typischen stillen Gesellschaft als Fremdfinanzierung durch die stille Gesellschaft selbst mit verursacht wird.
14.22 Soll die Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des anteiligen Gewinns gewählt werden, so ist zu berücksichtigen, dass die steuerrechtlichen Anforderungen an die Bilanz auf den Ausweis des richtigen, d.h. eines den Tatsachen entsprechenden Ergebnisses gerichtet sind1. Die Bewertung beruht auf objektiven Maßstäben, wobei der Teilwert die unterste Grenze bildet, die nicht unterschritten werden darf. Die Steuerbilanz soll ein möglichst getreues Bild der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse vermitteln. Im Gegensatz zur Handelsbilanz ist sie reservenfeindlich, so dass sich insoweit die Ziele des Steuergesetzgebers und die Wünsche des stillen Gesellschafters decken.
14.23 Haben sich die Parteien der stillen Beteiligung auf die Steuerbilanz als Bemessungsgrundlage verständigt, so sind steuerrechtlich zugelassene Abschreibungsmöglichkeiten als auch Investitionsrücklagen nach § 7g Abs. 1 EStG gewinnmindernd zu berücksichtigen. Bei der Frage, ob als Mittel der Steuerersparnis beispielsweise eine Investitionsrücklage gebildet wird, handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung des Inhabers des Unternehmens, die der stille Gesellschafter auch dann dulden muss, wenn sich diese Abschreibungsmöglichkeit für ihn gewinnmindernd auswirkt2. Der Geschäftsinhaber darf die Investitionsrücklage natürlich nicht ohne jegliche (potentielle) Investitionsabsicht bilden, allein um dem stillen Gesellschafter vorsätzlich zu schaden. Soweit plausible betriebswirtschaftliche Gründe für die Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags gegeben sind, genügt dieses. Die Interessen des stillen Gesellschafters sind dadurch geschützt, dass nach der Beendigung der stillen Gesellschaft für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens eine noch nicht in Anspruch genommene Investitionsrücklage aufzulösen ist3.
14.24 Bedenken gegen die Verwendung der Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters ergeben sich allerdings daraus, dass eine Reihe von Ausgaben, die handelsrechtlich und betriebswirtschaftlich Aufwand darstellen, steuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden4. Das gilt 1 So auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 61. 2 OLG Koblenz v. 22.8.2013 – 6 U 1010/1, BeckRS 2015, 09487, unter Hinweis auf OLG Bremen v. 9.12.1999 – 2 U 57/99, NZG 2000, 949 (950). 3 OLG Bremen v. 9.12.1999 – 2 U 57/99, NZG 2000, 949. 4 Die gegen diese Bedenken von Post/Hoffmann, Die stille Beteiligung am Unternehmen der Kapitalgesellschaft, S. 59, sowie von Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 219 ff., geäußerte Kritik beruht auf einem Missverständnis. Sie verwechseln die Bedenken, die gegen die Verwendung der Steuerbilanz als Grundlage für die Berechnung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters erhoben werden, mit der Frage, ob sich der Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft nach dem Gewinn vor oder nach Abzug der Körperschaftsteuer richtet. Wenn die genannten Autoren zutreffend die übrigen nach § 10 KStG nicht abziehbaren Aufwendungen (gemeint sind die dort genannten Aufwendungen mit Ausnahme der Körperschaftsteuer) als abzugsfähig behandelt wissen wollen und somit notwendigerweise den Steuerbilanzgewinn zwecks Berechnung des stillen Gewinnanteils modifizieren müssen, stimmen sie doch der hier vertretenen Auffassung zu.
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z.B. für die Körperschaftsteuer bei juristischen Personen, für nicht belegte Spenden, für die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch, für die Hälfte der Aufsichtsratsvergütungen und für in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen. Diese Aufwendungen sind für die Zwecke der Besteuerung dem Handelsbilanzgewinn wieder hinzuzurechnen (§ 10 KStG). Sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz des Inhabers bedürfen also gewisser Korrekturen um als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung für die stille Gesellschaft zu dienen. Die Kautelarpraxis bevorzugt die Steuerbilanz und nimmt die dargestellten Korrekturen vor1. Dies hat den Vorzug, dass die Steuerbilanz einer Kontrolle durch die Finanzbehörden unterliegt und insoweit dem stillen Gesellschafter eine erhöhte Richtigkeitsgewähr bietet. Die Unterschiede zwischen der Handels- und Steuerbilanz nivellieren sich in der Praxis freilich, da die meisten Unternehmen eine Einheitsbilanz aufstellen, also die Handelsbilanz soweit wie zulässig der Steuerbilanz anpassen. Im Übrigen hat auch das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG), etwa durch die Abschaffung der handelsrechtlichen Rückstellungswahlrechte oder die Einschränkung außerplanmäßiger Abschreibungen, zu einer weiteren Angleichung der Handelsbilanz an die Steuerbilanz geführt.
14.25
3. Durchführung der Ertragsberechnung a) Bemessungsgrundlage bei typisch stiller Beteiligung Zur Berechnung von Gewinn und Verlust des stillen Gesellschafters ist das Jahresergebnis des Inhabers um die Erträge und Aufwendungen zu bereinigen, an denen der stille Gesellschafter nicht teilnimmt. Dies gilt unabhängig davon, ob als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung der handelsrechtliche oder der steuerrechtliche Jahresabschluss herangezogen wird. Die Korrektur ist dabei dem Gegenstande, der Herkunft und der zeitlichen Entstehung nach vorzunehmen. Der stille Gesellschafter partizipiert nur an demjenigen Erfolg, der seit Bestehen der stillen Beteiligung im Handelsgewerbe des Inhabers realisiert worden ist. Das Jahresergebnis des Inhabers weist hingegen auch Erfolge aus solchen Geschäften aus, die aus früheren Zeiten stammen oder die einem Geschäftsbereich zuzuordnen sind, an dem der stille Gesellschafter nicht beteiligt ist. Umgekehrt sind Erfolge, an denen der stille Gesellschafter teilnimmt und die nicht in den Jahresabschluss des Inhabers Eingang gefunden haben, dem Gewinn des stillen Gesellschafters hinzuzurechnen. Schließlich spielt die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft eine erhebliche Rolle bei der Gewinn- und Verlustberechnung.
14.26
Die Beteiligung jedes stillen Gesellschafters erstreckt sich zunächst nur auf die Ergebnisse, die im Rahmen des vereinbarten Gesellschaftszwecks entstanden sind. Ergebnisse aus vertragswidriger Geschäftsführung des Inhabers sind deshalb bei der Gewinnermittlung für den stillen Gesellschafter nicht zu berücksichtigen. Hierzu gehören alle Geschäfte, die nicht dem Gesellschaftszweck entsprechen oder außerhalb der Geschäftsführungsbefugnis des Inhabers liegen2. Maßstab für die Abgrenzung ist im Zwei-
14.27
1 Vgl. von der Heydt in Münchener Vertragshandbuch, Bd. 1, IX.1 Anm. 10 f.; Kolberg in Formularbuch Recht und Steuern, A. 14.00 Rz. 39 ff.; nunmehr aber a.A. Weigl in Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, S. 63 f. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 12, 15.
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felsfall das, was bei vergleichbaren Unternehmen üblich ist. Hat der stille Gesellschafter solchen Geschäften allerdings zuvor – gegebenenfalls konkludent – zugestimmt oder genehmigt er diese nachträglich (vgl. Rz. 12.61 f.), so wirken Erfolg und Misserfolg auch für und gegen ihn1.
14.28 Aus dem gleichen Grund haben auch Erträge und Aufwendungen aus privaten Geschäften des Inhabers keinen Einfluss auf den verteilungspflichtigen Gewinn eines stillen Gesellschafters. So sind Gewinne, die auf dem schenkweisen Schulderlass von Seiten eines Familienmitglieds oder auf dem Wegfall von Schulden durch Erbfolge beruhen, von der Verteilung an den stillen Gesellschafter ausgeschlossen2.
14.29 In zeitlicher Hinsicht nimmt der stille Gesellschafter hingegen auch an Ergebnissen teil, die aus vor dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags liegenden Handelsgeschäften resultieren, aber erst während des Bestehens der stillen Gesellschaft realisiert werden, sofern nichts anderes vereinbart ist. Es handelt sich insoweit um Ergebnisse aus dem laufenden Geschäftsbetrieb. Wollte man nur Gewinne und Verluste zugrunde legen, die im Zeitraum nach der Gründung der stillen Gesellschaft verursacht wurden, würden sich schwierige Abgrenzungsprobleme ergeben, auf welchen Zeitpunkt (z.B. Vertragsschluss oder Zeitpunkt der Vornahme der Leistungshandlung als Verursachung des Gewinns) man abstellen soll3.
14.30 Aus dem Jahresergebnis des Inhabers sind weiterhin diejenigen Posten herauszurechnen, die nicht das Ergebnis der Geschäftstätigkeit des Inhabers darstellen, sondern die der Gewinnverwendung zuzurechnen sind. Hierzu gehört insbesondere die Bildung offener Rücklagen durch den Inhaber. Sie geht nicht zulasten des stillen Gesellschafters4. Auch Veränderungen des Kapitals des Inhabers gehören nicht zu seiner Geschäftstätigkeit und berühren deswegen nicht den Gewinn und Verlust des stillen Beteiligten. So partizipiert dieser z.B. nicht an dem Agio aus Aktienemissionen5. Gleiches gilt für Gewinn- und Verlustvorträge aus der Zeit vor Gründung einer typischen stillen Gesellschaft6. Anders zu behandeln sind dagegen grundsätzlich Rückstellungen. Sind diese rechtmäßig, wo wirken sie sich gewinnmindernd aus. Werden diese in der Folgezeit aufgelöst, so wird dadurch das Betriebsergebnis zugunsten des stillen Gesellschafters gesteigert. Dies gilt auch dann, wenn die Rückstellungen vor dem Eintritt des stillen Gesellschafters gebildet wurden7.
14.31 Der Gewinnverwendung sind solche Bilanzierungsmaßnahmen gleichzusetzen, die zwar bilanzrechtlich zur Ergebnisermittlung gehören, der Sache nach aber Ergebnis1 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 16; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB, Rz. 11. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 3, 17; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 12. 3 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 29. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 13. 5 A.A. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 30 für Fälle, in denen die Kapitalveränderungen des Inhabers den prozentualen Gewinnanteil des stillen Gesellschafters berühren. Richtigerweise ist dies aber keine Frage der Gewinnverteilung, sondern der Zulässigkeit einseitiger Kapitaländerungen. 6 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 31 f. 7 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB, Rz. 13; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/ Haas, § 232 HGB Rz. 4.
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verwendung bedeuten. Die Rechtslage zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter kann insoweit nicht anders beurteilt werden als die zwischen Komplementär und Kommanditist. In der Kommanditgesellschaft bedürften solche Bilanzierungsmaßnahmen der Zustimmung aller Gesellschafter1. Allerdings lässt der BGH in Personengesellschaften eine allgemeine Mehrheitsklausel für die Bilanzfeststellung genügen2. Er hat zwar die Frage, inwieweit Maßnahmen der Bilanzfeststellung erfasst sind, die sich als (verdeckte) Maßnahmen der Gewinnverwendung erweisen, bislang noch nicht entschieden. Man wird aber auch die Ausübung derartiger Wahlrechte unter eine allgemeine Mehrheitsklausel fassen können, weil die minutiöse Festlegung der von einer Mehrheitsentscheidung gedeckten Wahlrechte wenig tunlich ist3. Mit Blick auf § 29 Abs. 1 GmbHG werden auch allgemeine Klauseln in Personengesellschaftsverträgen zur Gewinnthesaurierung für zulässig erachtet4; wird ein Wahlrecht bereits bei der Aufstellung bzw. Feststellung des Jahresabschlusses ausgeübt, kann das Ergebnis nicht anders lauten. Eine derartige Mehrheitsklausel muss im Vertrag zur stillen Gesellschaft selbst enthalten sein. Der Inhaber kann nicht einseitig den Gewinn des stillen Gesellschafters durch Ermessensabschreibungen gemäß § 253 Abs. 4 HGB drücken5. Schließlich kann die Beteiligung des stillen Gesellschafters nur an einem Teilbereich des Unternehmens bestehen, z.B. nur an einer Filiale. Der Inhaber hat dann seine Rechnungslegung so zu organisieren, dass der Erfolg der unterschiedlichen Unternehmenseinheiten isoliert festgestellt werden kann6. Bei Eingehen einer so gearteten stillen Beteiligung sind im Gesellschaftsvertrag diejenigen Handelsgeschäfte genau zu bestimmen, an deren Erfolg der stille Gesellschafter teilnimmt. Zur Vorbeugung von Streitigkeiten sollte auch die Bewertung des internen Leistungsaustauschs zwischen den Unternehmensteilen und die Verteilung von Gemeinkosten von vornherein vertraglich geregelt werden.
14.32
b) Unterschiede der Gewinnberechnung bei typischer und atypischer stiller Gesellschaft Große praktische Bedeutung für die Gewinnberechnung hat der Unterschied zwischen typischer und atypischer stiller Gesellschaft. Ohne besondere vertragliche Vereinbarung nimmt ein stiller Gesellschafter nämlich nicht ohne Weiteres an dem gesamten Erfolg des Unternehmens so teil, wie dies der Inhaber tut. Seine Gewinnbeteiligung ist vielmehr auf solche Gewinne und Verluste beschränkt, die aus dem Betrieb des Handelsgewerbes herrühren7. Dies ist aber nach h.A. nicht bei allen Unternehmensgewin-
1 2 3 4
BGH v. 29.3.1996 – II ZR 263/94, GmbHR 1996, 456 = BB 1996, 1105 (1108). BGH v. 15.1.2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 (288 ff.) = GmbHR 2007, 437. So auch Binz/Mayer, DB 2007, 1739 (1743). So z.B. Binz/Mayer, DB 2007, 1739 (1742); Priester, DStR 2007, 28 (31); a.A. z.B. Wertenbruch, ZIP 2007, 798 (801). 5 Zutt in Großkomm/HGB, 4. Aufl. 2004, § 232 HGB Rz. 10. 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 39. 7 Nur hierauf beruht die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer Gesellschaft hinsichtlich der Gewinnverteilung. Hingegen kann aus der Eigenschaft der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft für die Gewinnberechnung nichts entnommen werden, zutreffend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 4.
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14.33
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
nen der Fall. Vom Gewinn des stillen Gesellschafters sind danach insbesondere solche Vermögenszuwächse ausgeschlossen, die auf die Veränderung des Marktwertes des Anlagevermögens zurückzuführen sind. Gleiches gilt für Verluste. Beide sind nach h.A. nicht dem Handelsgewerbe des Inhabers zuzurechnen, sondern beruhen auf unternehmensexternen Ursachen. An ihnen partizipiert der stille Gesellschafter deswegen nicht, weil seine Beteiligung sich nur auf das Handelsgewerbe des Inhabers erstreckt, § 230 Abs. 1 HGB. Für die Gewinnberechnung der typischen stillen Gesellschaft bedeutet dies, dass das Jahresergebnis des Inhabers um solche Erträge und Aufwendungen zu bereinigen ist, die ihre Herkunft nicht im Handelsgewerbe des Inhabers haben1. aa) Ertragsberechnung bei der atypischen stillen Gesellschaft
14.34 Einer Abweichung von den nachstehend für die typische stille Gesellschaft dargestellten Regelungen bedarf es nicht generell bei jeder atypischen Form stiller Beteiligungen. Erschöpft sich die Atypizität der stillen Beteiligung in bloßen Mitspracherechten, besteht kein Grund, von den Regelungen zur Ermittlung des Gewinns bei typischer stiller Beteiligung abzuweichen.
14.35 Anderes gilt nur, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag der stille Gesellschafter zwar nicht dinglich, wohl aber schuldrechtlich an dem Geschäftsvermögen des Inhabers – atypisch – beteiligt ist. Denn das Jahresergebnis des Inhabers entspricht der Wertveränderung des bilanzierten Geschäftsvermögens. Bei der atypischen stillen Gesellschaft mit schuldrechtlicher Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters bedarf es deswegen keiner Unterscheidung der Erträge und Aufwendungen danach, ob sie ihre Ursache in dem Handelsgewerbe des Inhabers haben oder nicht. Dies vereinfacht die Gewinn- und Verlustberechnung für den stillen Gesellschafter erheblich. Der atypische stille Gesellschafter hat Anteil auch an solchen Gewinnen, die nicht im Jahresabschluss ausgewiesen, sondern als stille Reserven thesauriert werden. Sie erhöhen seinen Auseinandersetzungsanspruch, da sie spätestens bei der Auflösung der stillen Gesellschaft im Rahmen einer Bewertung des Geschäftsvermögens aufgedeckt werden. Die Gewinnbeteiligung des atypischen stillen Gesellschafters gleicht damit der eines Kommanditisten2. Identisch ist die Bestimmung der Bemessungsgrundlage mit der eines Kommanditisten bei sogenannter gesplitteter Einlage, wenn also der Beteiligte einen Teil seiner Einlageverpflichtung als Kommanditist und den anderen Teil als stiller Gesellschafter erbringt. bb) Ertragsberechnung bei der stillen Publikumsgesellschaft
14.36 Ist die atypische stille Gesellschaft als stille Publikumsgesellschaft in Form des mehrgliedrigen Innenverbands strukturiert, bei dem den stillen Gesellschaftern die einem Kommanditisten entsprechenden Rechte eingeräumt werden, so erfolgt für die stillen Gesellschafter in gleicher Weise wie für Kommanditisten die Ergebnisermittlung.
1 H.M. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 2 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 5 ff., insb. Rz. 9; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 10; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 32; Sudhoff, NJW 1960, 2122; Aulinger, Die atypische stille Gesellschaft, S. 23 ff. 2 Vgl. hierzu auch Geißler, GmbHR 2008, 515 (517).
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§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
Anstatt der Handelsbilanz als Bemessungsgrundlage für die Gewinnverteilung ist bei der „Innen-KG“ die Steuerbilanz heranzuziehen, da die Handelsbilanz des Geschäftsinhabers für die Feststellung des verteilbaren Gewinns nicht maßgeblich ist. Denn die Handelsbilanz des Geschäftsinhabers gleicht bei einer „Innen-KG“ lediglich der Bilanz der Komplementärgesellschaft. Unberücksichtigt bleibt der Umstand des den Geschäftsinhaber und die stillen Gesellschafter umschließenden gesellschaftsrechtlichen Bands, das es rechtfertigt, von einer „virtuellen Kommanditgesellschaft“ zu sprechen. Eine solche Bilanz, die sowohl den Geschäftsinhaber als auch die stillen Gesellschafter umfasst, ist die Steuerbilanz der atypischen stillen Gesellschaft1. Bei der stillen Publikumsgesellschaft erfolgt die Feststellung des verteilbaren Gewinns wie bei einer Kommanditgesellschaft bilanziell. Der Jahresabschluss wird vom Geschäftsinhaber in seiner Funktion als „Quasi-Komplementär“ aufgestellt. Wie bei einer Kommanditgesellschaft bedürfen Rücklagenbildung, Abschreibungen, Aufwandsrückstellungen, also alle Bilanzierungsentscheidungen, die der Sache nach Gewinnverwendungsentscheidungen sind, der Zustimmung der stillen Gesellschafter2. Entsprechend hat auch die Feststellung des Jahresabschluss als Grundlage der Ergebnisberechnung durch die stillen Gesellschafter gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber zu erfolgen. Damit gibt es neben der Rechnungslegung durch den Geschäftsinhaber eine Bilanzaufstellung und Bilanzfeststellung der stillen Gesellschaft. Durch die Mitwirkung bei der Feststellung entfaltet die Bilanz dann auch Bindungswirkung für die stillen Gesellschafter. Hierbei haben die stillen Gesellschafter das Bedürfnis der „Innen-KG“ gegen ihre eigenen Ausschüttungsinteressen abzuwägen3.
14.37
cc) Ertragsberechnung bei der typischen stillen Gesellschaft Bei der typischen stillen Gesellschaft bereitet die genaue Berechnung des Gewinns und des Verlustes Schwierigkeiten. Drei Fragen sind zu unterscheiden: Welche Erträge und Aufwendungen sind dem Handelsgewerbe des Inhabers zuzurechnen und sind deshalb Bestandteil des Gewinns und des Verlustes des stillen Gesellschafters, wie sind diese Erträge und Aufwendungen aus dem Jahresabschluss des Inhabers zu entnehmen und wann sind die Gewinne und Verluste dem stillen Gesellschafter auszuzahlen?
14.38
Für den Umfang der Erfolgsbeteiligung des typischen stillen Gesellschafters kommt es auf die Herkunft der Gewinne und Verluste an4. Auf dem Betrieb des Unternehmens des Inhabers beruht der Erfolg aus Umsatzgeschäften, aus Wertveränderungen im Umlaufvermögen5, aus Verjährung von Geschäftsverbindlichkeiten sowie aus Sanierungsverzichten von Gläubigern6. Auch an Wertveränderungen infolge von Währungsumstellungen hat die Rechtsprechung den typischen stillen Gesellschafter par-
14.39
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 39. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 40. Für die KG: BGH v. 29.3.1996 – II ZR 263/94, GmbHR 1996, 456 = DNotZ 1997, 577. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 41. 4 Allg. Meinung: K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 5; Flechtheim in Düringer/ Hachenburg, § 337 HGB Anm. 6; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 3. 5 RG v. 18.4.1901 – VI 53/1901, JW 1901, 404 (405); K. Schmidt in Schlegelberger, 5. Aufl. 1986, § 232 HGB Rz. 4; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2 § 86 Rz. 28; Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 1. 6 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (412); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 7 f.; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 3.
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tizipieren lassen, weil auch sie mittelbar dem Betrieb des Handelsgewerbes zuzurechnen sind1.
14.40 Nicht zum Betrieb des Unternehmens gehört die Veräußerung desselben. Gewinne und Verluste gegenüber dem Buchwert (stille Reserven, Firmenwert) gehen grundsätzlich nicht zugunsten und zulasten des stillen Gesellschafters. Dies gilt grundsätzlich auch für die Veräußerung von Teilen des Handelsgewerbes. Eine andere Betrachtung ist hingegen geboten, wenn die Größe des Unternehmens eine Veräußerung von einzelnen Unternehmensteilen als üblich erscheinen lässt. Letzteres wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn der Geschäftsinhaber zu einer solchen Veräußerung gegenüber dem stillen Gesellschafter berechtigt ist. Verletzt der Inhaber durch die Veräußerung des Handelsgewerbes schuldhaft seine gesellschaftsvertragliche Geschäftsführungspflicht gegenüber dem stillen Gesellschafter, so hat er ihm Schadensersatz zu leisten. Die Höhe bestimmt sich gemäß § 252 BGB danach, welcher Gewinn dem stillen Gesellschafter durch die Vertragsverletzung wahrscheinlich entgangen ist. Hierbei ist eine etwaige Kündigungsmöglichkeit des Inhabers ebenso zu berücksichtigen wie das nach allgemeinen Grundsätzen zu berechnende Auseinandersetzungsguthaben, das dem still Beteiligten nach einer Auflösung der stillen Gesellschaft zugestanden hätte2.
14.41 Keinen Anteil hat der stille Gesellschafter grundsätzlich zudem an marktbedingten Werterhöhungen und -minderungen im Anlagevermögen3. Diese stehen nach h.A. nicht in hinreichendem Zusammenhang mit dem Handelsgewerbe des stillen Gesellschafters. Die Ungleichbehandlung gegenüber marktbedingten Wertveränderungen im Umlaufvermögen wird damit begründet, dass dieses ohne besondere Vereinbarung Gegenstand der Gewinn- und Verlustgemeinschaft zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter sei, während davon beim Anlagevermögen nicht ohne Weiteres ausgegangen werden könne4. Der stille Gesellschafter partizipiert deswegen an der Veräußerung von Anlagevermögen nur insoweit, als dies zur Betriebstätigkeit des Inhabers gehört. Ob hierzu der Austausch alter Maschinen gegen neue gerechnet werden kann, wird unterschiedlich beurteilt5, sollte aber bejaht werden. Grundstücksveräußerungen werden hingegen in aller Regel nicht von der Betriebstätigkeit umfasst6. Grundsätzlich ist der typische stille Gesellschafter auch nicht am Firmenwert beteiligt.
14.42 Der grundsätzliche Ausschluss des stillen Gesellschafters von Wertveränderungen des Anlagevermögens und des Firmenwertes erfährt eine gewichtige Einschränkung: 1 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (412); BGH v. 11.7.1951 – II ZR 45/50, BGHZ 3, 75 (81); BGH v. 30.1.1952 – II ZR 200/51, BGHZ 4, 364 (367); zustimmend K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 8; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 19. 2 Zur Rechtslage bei unzulässiger Veräußerung des Handelsgewerbes durch den Inhaber vgl. allgemein Habersack, JuS 1989, 739. 3 A.A. hierzu Schulze-Osterloh in FS Kruse, S. 377 (379), der davon ausgeht, dass grundsätzlich auch Wertveränderungen im Anlagevermögen bei der Ermittlung des Ausgangsbetrages für die Ergebnisverteilung Berücksichtigung finden. Im Einzelfall gelangen aber beide Ansichten oftmals zu gleichen Ergebnissen. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 9. 5 Für den Regelfall dafür Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 10; für den Regelfall dagegen Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 1. 6 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 10; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 22, unklar aber § 86 Rz. 23 f.
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Immer muss die Wertveränderung ihre Ursache außerhalb des Handelsgewerbes des Inhabers haben. Betriebsbedingte Wertänderungen sind hingegen auch gegenüber dem stillen Beteiligten relevant1. So vermindern Abschreibungen für Abnutzungen auch im Anlagevermögen seinen Gewinn, nicht aber außerplanmäßige Abschreibungen auf den niedrigeren Wert (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB2, soweit sie auf ein Sinken der Marktpreise zurückzuführen sind. Umgekehrt gilt, dass Mehrwerte, die erst durch die Aufwendung von Gesellschaftsmitteln geschaffen wurden, auch dem stillen Gesellschafter gebühren3. In der viel zitierten Entscheidung des Reichsgerichts vom 17.4.1928 heißt es hierzu: „Ohne Frage nimmt der stille Gesellschafter an den Wertsteigerungen der während der Dauer der Gesellschaft und mit ihren Mitteln erworbenen oder verbesserten Anlage-Gegenstände teil“4. Gleiches muss auch für den Firmenwert gelten. Zu solchen Werterhöhungen sind die Bebauung eines Grundstücks aus Gesellschaftsmitteln und unter Umständen auch die planmäßige, langfristig gedachte Erhöhung des Firmenwertes durch Werbeaufwendungen zu zählen5. Die genaue Abgrenzung, was von der Betriebstätigkeit umfasst wird, kann Schwierigkeiten bereiten6. Dies rechtfertigt allerdings nicht die generelle Aufgabe der Unterscheidung zwischen betriebsbedingten und unternehmensexternen Erfolgen7. Maßgeblich sind vielmehr die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter. Sie sind an Hand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Ist z.B. das Anlagevermögen oder der Firmenwert erst durch die Einlage des stillen Gesellschafters vom Inhaber erworben worden, so ist dies ein Indiz dafür, dass der stille Gesellschafter auch an allen Wertveränderungen des entsprechenden Gegenstandes teilnimmt8.
1 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 21 f.; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 2, § 235 HGB Rz. 11, vgl. aber auch § 235 HGB Rz. 12. 2 Für Geschäftsjahre, die vor dem 1.1.2010 beginnen, finden sich die außerplanmäßigen Abschreibungen auf dem niedrigeren Wert in § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB a.F. 3 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (411); OLG Frankfurt v. 15.3.2001 – 12 U 214/99, NZG 2001, 696; Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 1. 4 RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410 (411). Zu dem Geschäftswert äußert sich das RG nicht. 5 Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 337 HGB Anm. 6. 6 Eine eher weite Auffassung der Betriebstätigkeit vertritt insbesondere Keul in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 86 Rz. 8 ff., 21 f. 7 So aber insbesondere Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 46, und neuerdings wieder S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 87. S. Wachter möchte deswegen konsequenterweise den stillen Gesellschafter auch an der Auflösung von stillen Reserven beteiligen, soweit sie vor Eingehen der stillen Gesellschaft gelegt wurden, Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 102 Fn. 271. Gerade insoweit weicht er aber wesentlich von der hier vertretenen Auffassung ab. Entscheidend gegen die Ansicht von Wachter spricht, dass ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht anzunehmen ist, dass der Inhaber durch das Eingehen der stillen Gesellschaft dem stillen Gesellschafter einen Teil des Wertes der zu diesem Zeitpunkt in dem Handelsgeschäft vorhandenen stillen Reserven übertragen will. Dies ergibt sich schon daraus, dass regelmäßig weder Inhaber noch stiller Gesellschafter sich zu diesem Zeitpunkt darüber Klarheit verschaffen, inwieweit stille Reserven im Handelsgeschäft vorhanden sind. 8 RG v. 11.11.1930 – II 102/30, HRR 1931 Nr. 527; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 9 sieht daneben darin auch ein mögliches Indiz für eine atypische stille Beteiligung.
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14.43
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
14.44 Neben der Frage, welche Erträge und Aufwendungen genau von der Betriebstätigkeit des Inhabers erfasst werden, bereitet im Rahmen der Gewinn- und Verlustberechnung vor allem die Frage Schwierigkeiten, wie der abstrakt bestimmte Gewinn des stillen Gesellschafters konkret aus dem Jahresabschluss des Inhabers zu entnehmen ist. Die Erfolgsspaltung, die der Inhaber in seiner Gewinn- und Verlustrechnung vornimmt, ist nämlich nicht mit der Spaltung des Erfolges danach, ob der stille Gesellschafter an ihm teilnimmt oder nicht, identisch. Insbesondere kann nicht das in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesene Betriebsergebnis ohne Weiteres als Maßstab für die Erfolgsbeteiligung des stillen Gesellschafters zugrunde gelegt werden, auch wenn der Umfang der Erfolgsbeteiligung gesellschaftsrechtlich als „Betriebsergebnis“ bezeichnet wird. Denn unter dem Betriebsergebnis wird bilanzrechtlich nicht das Gleiche verstanden wie gesellschaftsrechtlich1. So fallen z.B. Erträge und Aufwendungen aus der Gewährung oder Aufnahme von Krediten nicht unter den Begriff des Betriebsergebnisses im bilanzrechtlichen Sinne, sie sind vielmehr als „sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ bzw. „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ Teil des Finanzergebnisses. Gleichwohl partizipiert an ihnen der stille Gesellschafter2. Andererseits gehören Erträge und Aufwendungen aus dem Verkauf von Gegenständen des Anlagevermögens handelsbilanzrechtlich zum Betriebsergebnis, sofern sie nicht unter außergewöhnlichen Umständen stattfinden, wie z.B. bei der Schließung ganzer Unternehmensteile. Keinen Niederschlag findet schließlich im Jahresabschluss die Unterscheidung, ob Buchgewinne auf eine Veränderung der Marktlage oder darauf zurückzuführen sind, dass die vorangegangenen Abschreibungen für Abnutzung den tatsächlichen abnutzungsbedingten Werteverzehr übertroffen haben. Im letzteren Falle gebührte – nimmt man die oben dargestellte Unterscheidung nach der Herkunft des Erfolges ernst – ein Teil des Buchgewinns dem stillen Gesellschafter. Aus den dargestellten Beispielen ergibt sich, dass der Gewinn und Verlust des typischen stillen Gesellschafters nicht aus dem Jahresabschluss exakt abzulesen ist3. c) Jahresergebnis des Inhabers als Grundlage für die Gewinnberechnung
14.45 Eine exakte Berechnung des Gewinns und Verlustes des typischen stillen Gesellschafters erforderte im Grunde deswegen eine gesonderte Buchhaltung beim Inhaber. Dieser Aufwand wird aber in der Praxis nicht getätigt und entspricht auch nicht dem mutmaßlichen Willen des Inhabers und des stillen Gesellschafters. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in der Praxis der Gewinn und Verlust auch des typischen stillen Gesellschafters häufig schlicht auf Grundlage des Jahresergebnisses des Inhabers ohne Differenzierung nach der Herkunft des Ergebnisses errechnet wird4. Abweichungen von einer solchen Praxis sind insbesondere dann gerechtfertigt, wenn in dem Jahresergebnis offensichtlich in erheblichem Maße Gewinne enthalten sind, die nur dem
1 Zutreffend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 8 f.; so auch S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 48 f., zu den betriebswirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der Erfassung des Betriebsergebnisses vgl. Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, S. 675 ff. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 9. 3 So auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 11; S. Wachter, Gewinnermittlung und Gewinnverteilung in der stillen Gesellschaft, S. 62. 4 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 7; Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2123); Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 40.
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§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
Inhaber zustehen. Dies ist z.B. der Fall, wenn durch den Verkauf des Geschäftsgebäudes in hohem Maße stille Reserven aufgedeckt werden. Wird der Gewinn und der Verlust des typischen stillen Gesellschafters jährlich ausgezahlt, ohne dass eine Differenzierung nach der Herkunft des Erfolges vorgenommen wird, stellt sich schließlich die Frage, ob diese Gewinnverteilung endgültig ist oder eine nachträgliche Korrektur im Rahmen der Auseinandersetzung nach Auflösung der stillen Gesellschaft erfolgt1. Bei einer endgültigen Gewinnverteilung erhält der stille Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung nur sein Einlageguthaben und eventuell weitere vorhandene Forderungen gegen den Inhaber in Höhe des jeweiligen Buchwertes ausgezahlt. Dies macht die Auseinandersetzung einfach, entspricht aber regelmäßig nicht dem Interesse des stillen Gesellschafters. In diesem Fall sind nämlich die während des Bestehens der stillen Gesellschaft zu seinen Lasten gelegten stillen Reserven für ihn endgültig verloren. Dies wiegt umso schwerer, als der Inhaber in weitem Maße den Umfang der stillen Thesaurierung beeinflussen kann. Angesichts dieser Manipulationsmöglichkeiten durch den Inhaber kann ohne besondere vertragliche Vereinbarung nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche endgültige Gewinnverteilung von dem stillen Gesellschafter bei Eingehen der Beteiligung gewollt war2. Regelmäßig hat deswegen bei der typischen stillen Gesellschaft eine Korrektur der vorangegangenen Gewinnauszahlungen im Rahmen der Auseinandersetzung zu erfolgen.
14.46
Für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens gelten grundsätzlich dieselben Überlegungen wie für die jährliche Gewinn- und Verlustberechnung. Die Schwierigkeiten einer genauen Berechnung bleiben deswegen die gleichen. Dennoch ist eine rückblickende Korrektur einer jährlichen vorzuziehen, da sie die Gesamtentwicklung des Unternehmens eher erfasst. Die Bemessung des Auseinandersetzungsanspruchs des typischen stillen Gesellschafters wird deswegen auszugehen haben von der Differenz des Geschäftswertes zum Zeitpunkt der Auflösung der stillen Gesellschaft zu dem bei Eingehen der stillen Gesellschaft. Letzterer ist gegebenenfalls zu schätzen3. Die Differenz beider Werte ist je nach vertraglicher Vereinbarung wiederum im Verhältnis der Beiträge des Inhabers zu der des stillen Gesellschafters bei der Auseinandersetzung zu verteilen. Die Umstände des Einzelfalls können einen Auf- oder Abschlag rechtfertigen.
14.47
III. Die Feststellung der Ergebnisberechnung Aus der Unterscheidung der internen Rechnungslegung der stillen Gesellschaft von der externen Rechnungslegung des Inhabers (vgl. Rz. 14.5 ff.) folgt, dass der stille Gesellschafter grundsätzlich weder an der Auf- noch an der Feststellung der Bilanz des Inhabers teilnimmt. Anderes kann insbesondere dann gelten, wenn der stille Gesellschafter aufgrund besonderer vertraglicher Regelung an der Geschäftsführung des Inhabers beteiligt ist4. 1 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 7. 2 Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2126); etwas anderes gilt nach K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 18, § 235 HGB Rz. 24 allenfalls dann, wenn dem Stillen zuvor Kontrollrechte eingeräumt wurden, mit denen die Bilanzbefugnisse des Inhabers eingeschränkt werden können. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 27. 4 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 5; allgemein zur Einräumung von Geschäftsführungsbefugnissen an den stillen Gesellschafter bei Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 Rz. 217.
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§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
14.49 Bislang wurde der internen Jahresrechnung keine besondere rechtliche Qualität zugesprochen. Insbesondere sollte sie nicht von Inhaber und stillem Gesellschafter gemeinsam verbindlich festgestellt werden1. Allenfalls sollte der Inhaber von dem stillen Gesellschafter die Zustimmung zu ihr verlangen können2. Begründet wird diese Ansicht damit, dass das Gesetz eine besondere Feststellung der Jahresrechnung bei der stillen Gesellschaft nicht vorsehe3. Dies ist aber bei keiner Personengesellschaft der Fall. Für die OHG und die KG ist dennoch unbestritten, dass ihre Jahresabschlüsse erst mit der Feststellung durch ihre Gesellschafter zwischen diesen verbindlich werden. Der Zweck der Feststellung, nämlich die Ansätze der Erfolgsrechnung zukünftigem Streit zwischen den Gesellschaftern möglichst zu entheben4, trifft aber auf die stille Gesellschaft in gleicher Weise zu wie auf Personenhandelsgesellschaften5. Deswegen ist auch für die interne Jahresrechnung der stillen Gesellschaft eine Feststellung durch ihre Gesellschafter anzunehmen. Mit der Feststellung erlangt sie die Qualität eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses6. Hierzu bedarf es jedoch zwingend – nicht notwendig in eigener Person – einer Mitwirkung des stillen Gesellschafters zumindest mittelbar z.B. über einen Beirat. Wenn der stille Gesellschafter, wenn auch nicht in eigener Person, sondern über einen Beirat mittelbar an der Feststellung der internen Rechnungslegung partizipiert hat, ist hierin ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu sehen, das auch einen neuen Lauf der Verjährung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB auslöst7.
14.50 Eine stillschweigende Anerkennung der Jahresrechnung kann regelmäßig angenommen werden, wenn der stille Gesellschafter innerhalb angemessener Frist nach ihrer Mitteilung keine Beanstandungen erhebt und ihre Werte in seine Einkommensteuererklärung übernimmt8. Eine Anfechtung des Anerkenntnisses wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung ist möglich9.
14.51 Über die Form, in der die Abrechnung gegenüber dem stillen Gesellschafter zu erfolgen hat, sagt § 232 Abs. 1 HGB nichts aus. Eine Darstellung in Form einer Bilanz oder einer Gewinn- und Verlustrechnung nach den Vorschriften des dritten Buches des HGB ist nicht zwingend erforderlich10.
14.52 Eine Frist, innerhalb derer die Berechnung des Gewinnanteils zu erfolgen hat, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Bei Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung genügt es, wenn die Berechnung innerhalb der für die Aufstellung des Jah1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 20; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 Rz. 20. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 3; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 20. 3 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 85 Rz. 2. 4 Ulmer in FS Hefermehl, S. 207 (210 f.). 5 Berninghaus in FS Röhricht, S. 754 f. 6 Vgl. BGH v. 29.3.1996 – II ZR 263/94, GmbHR 1996, 456 = BB 1996, 1105 (1106); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 20; Habersack in MünchKomm/BGB, § 781 BGB Rz. 22 ff. 7 So zutreffend Berninger, DStR 2010, 2359 (2364); a.A. BGH, nach dem eine lediglich mittelbare Beteiligung des stillen Gesellschafters durch einen Beitrat für ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis nicht ausreichend sein solle: BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 = DStR 2010, 1489. 8 Vgl. BGH v. 3.11.1975 – II ZR 87/74, DB 1976, 42 (43); OLG Düsseldorf v. 26.11.1993 – 7 U 146/92, NJW-RR 1994, 1455 (1458). 9 Vgl. RG v. 20.3.1901 – I 477/00, RGZ 48, 77 (82 f.). 10 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 29.
310 Kauffeld
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
resabschlusses des Inhabers festgesetzten Frist erfolgt. Eine frühere Berechnung kann der stille Gesellschafter nicht verlangen. Ist wie bei Einzelkaufleuten und bei handelsrechtlichen Personengesellschaften die Aufstellung des Jahresabschlusses nicht genau befristet, so hat die Abrechnung wie die Aufstellung des Jahresabschlusses innerhalb der einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit zu erfolgen, § 243 Abs. 3 HGB1. Geschieht das nicht, kann der stille Gesellschafter auf Vornahme der Berechnung klagen. Ist der Inhaber zur Vornahme der Gewinnberechnung verurteilt worden, so wird häufig ein zweiter Prozess zur Geltendmachung des Zahlungsanspruchs erforderlich werden. Ist der stille Gesellschafter in der Lage, seinen Gewinnanteil selbst zu berechnen, kann er sofort Zahlungsklage erheben. Ist er dazu nicht in der Lage, ist es zweckmäßig, im Wege der Stufenklage gemäß § 254 ZPO die Klage auf die Vornahme der Gewinnberechnung mit dem Auszahlungsanspruch zu verbinden2.
14.53
IV. Bestimmung des Verteilungsschlüssels (Ertragsverteilung) 1. Gewinnverteilungsschlüssel Haben die Gesellschafter keinerlei Vereinbarung getroffen, so gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen (§ 231 Abs. 1 HGB). Dies führt aber nicht wie nach § 722 Abs. 1 BGB zu einer Aufteilung nach gleichen Anteilen3. Die Verteilung nach Köpfen wäre bei der stillen Gesellschaft nicht gerechtfertigt. Die Verteilung von Gewinn und Verlust ist vielmehr dann angemessen, wenn sie in gleichem Verhältnis steht wie die Beiträge des Inhabers und des stillen Gesellschafters zueinander4. Zur Bemessung der Beitragsleistungen sind alle Umstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen: Art und Größe der Einlage des stillen Gesellschafters, Teilnahme am Verlust oder Verlustausschluss, Ausschluss von der Haftung, Einsatz der Arbeitskraft, Verhältnis der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters zum Betriebsvermögen des Inhabers5. Im Streitfalle entscheidet über die Angemessenheit das Gericht.
14.54
Soweit die Beteiligten keine Gestaltung wählen, die zu einem Ausschluss der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters führt, können die Beteiligten den Gewinnverteilungsschlüssel im Übrigen frei vereinbaren. Sie sind insoweit keinen beschränkenden Bestimmungen unterworfen. Auch eine stillschweigende Regelung ist denkbar; so z.B. wenn die Beteiligten ohne ausdrückliche Abrede den Gewinn jahrelang nach bestimmten Maßstäben unter sich verteilt haben6. So kann vereinbart werden, dass auf jeden
14.55
1 Vgl. zur Aufstellungsfrist Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, § 243 HGB Rz. 38 ff. 2 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 3. 3 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 231 HGB Rz. 4; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 8. 4 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 37. 5 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 37; Harbarth in Großkomm/HGB, § 231 HGB Rz. 8. 6 Zuletzt bestätigt durch FG Köln v. 13.1.2016 – 14 K 2673/13, Rz. 82 f.: hiernach kann ein bestimmter Gewinnanteil auch dann vereinbart worden sein, wenn die Beitrittserklärungen nicht ausdrücklich einen Gewinn- oder Verlustanteil des Stillen nennen. Ein bestimmter Gewinnanteil kann sich in diesem Fall – auch konkludent – aus den übrigen Unterlagen ergeben, so etwa aus dem bisherigen Zahlungsweg und Zahlungsverkehr.
Kauffeld
311
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
ein bestimmter Hundertsatz des Gewinnes und des Verlustes entfällt oder dass der Erfolg entsprechend dem Verhältnis der Einlage des stillen Gesellschafters zu dem Geschäftsvermögen des Inhabers oder nach dem Verhältnis ihrer Kapitalanteile verteilt werden soll. Soll sich der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters nach dem Verhältnis der beiderseitigen Einlagen richten, so ist das Verhältnis dieser Einlagen maßgebend, nicht das Verhältnis der Einlage des stillen Gesellschafters zum jeweiligen Geschäftsvermögen. Bezugspunkt ist die Höhe der ursprünglichen Einlage, nicht die des Einlagekontos zum Bilanzstichtag (vgl. Rz. 8.9)1. Als Bemessungsgrundlage sind die jeweils zum Bilanzstichtag zu ermittelnden Kapital- und Einlagekonten der Gesellschafter nicht geeignet2.
14.56 Auch eine unangemessene Gewinnverteilung, die dem wirtschaftlichen oder persönlichen Einsatz des stillen Gesellschafters an Kapital oder Arbeit nicht entspricht, ist bürgerlich-rechtlich wirksam, wenn die Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB beachtet worden ist, soweit es sich um ein Schenkungsversprechen handelt (vgl. Rz. 7.21 ff.)3. Die Vereinbarung über eine unangemessene Gewinnverteilung kann aber steuerlich beanstandet werden, was insbesondere bei Familiengesellschaften der Fall ist. Das Gesellschaftsverhältnis wird hier zwar anerkannt, das Finanzamt nimmt aber eine Korrektur der Gewinnverteilung vor. In Höhe des unangemessenen Gewinnanteils der stillen Gesellschafter kann es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Gesellschafter der Geschäftsinhaberin handeln, wenn zwischen beiden Gesellschaftergruppen Personenidentität oder familiäre Bindungen bestehen (Rz. 21.38, 21.44 ff. und Rz. 21.63 ff.)4.
14.57 Aus der weitgehenden Vertragsfreiheit resultiert, dass etwa auch vereinbart werden kann, dass der stille Gesellschafter am Gewinn in einem größeren Ausmaß als am Verlust beteiligt sein soll5, dass sein Gewinnanteil einen bestimmten, zahlenmäßig festgelegten Betrag nicht überschreiten darf oder dass er erst am Gewinn beteiligt sein soll, nachdem der Inhaber bestimmte Beträge oder eine bestimmte Dividende vorweg erhal-
1 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 42. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 42. 3 Zur Frage eines Schenkungsversprechens durch die Zusage der Gesellschaft an den stillen Gesellschafter, eine Zinszahlung auch dann zu leisten, wenn hierauf wegen eines Jahresfehlbetrages kein Anspruch besteht, vgl. BGH v. 18.9.2012 – II ZR 50/11, BB 2013, 206: entgegen OLG Hamburg v. 11.2.2011 – 11 U 12/10, NZG 2011, 619 f. = AG 2011, 339 liegt hierin keine Schenkung, weil der Leistungszweck des Gesellschaftsverhältnisses der Unentgeltlichkeit entgegensteht. Folglich ist auch die Wahrung der von § 518 Abs. 1 BGB vorgesehenen Form nicht erforderlich. 4 FG Nürnberg v. 15.6.1999 – I 118/97, EFG 1999, 917 = GmbHR 1999, 995; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 14 f.; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 231 HGB Rz. 10 (auch für stille Beteiligungen von Gesellschaftern einer GmbH); zur Bestimmung der Angemessenheit der Gewinnverteilung zugunsten eines stillen Gesellschafters bei Familienpersonengesellschaften vgl. BGH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, NZG 2009, 758 ff.; nach BGH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, DStR 2015, 2229 gelten gleiche Grundsätze auch, wenn der Alleingesellschafter einer GmbH zugleich als atypisch stiller Gesellschafter an dieser beteiligt ist; vgl. hierzu auch Geißler, GmbHR 2008, 515 (517). 5 Genauso kann aber auch umgekehrt eine den stillen Gesellschafter im Hinblick auf die Verlustbeteiligung benachteiligende Regelung vereinbart werden, so Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 49.
312 Kauffeld
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
ten hat; auch hier hängt die Beteiligung von den wechselnden Geschäftsergebnissen, insbesondere davon ab, dass ein entsprechend hoher Gewinn erwirtschaftet wird. Wandelt der persönlich haftende Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft oder ein Kommanditist seine Beteiligung in eine stille Beteiligung um und werden im Gesellschaftsvertrag keine neuen Vereinbarungen über die künftige Gewinn- oder Verlustbeteiligung getroffen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er entsprechend seinem bisherigen Anteil auf Grundlage der bisherigen Bemessungsgrundlage auch in Zukunft am Gewinn oder Verlust beteiligt bleiben soll, dass aber ein ihm bisher zugestandener Vorzugsgewinnanteil künftig wegfällt1.
14.58
Weder dem Inhaber noch dem stillen Gesellschafter steht kraft Gesetzes eine Vorzugsdividende zu2. Wegen des Rechts des Inhabers zu Entnahmen aus dem Geschäft vgl. Rz. 12.25; zur Vereinbarkeit einer gewinnunabhängigen Festvergütung für den stillen Gesellschafter mit § 301 AktG vgl. Rz. 8.33. Ist nur der Anteil am Gewinn oder am Verlust bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn und Verlust (§ 722 Abs. 2 BGB).
14.59
Bei der stillen Publikumsgesellschaft bestimmt sich der Ergebnisverteilungsschlüssel nach den „festen“ Einlagekonten der stillen Gesellschafter als „Quasi-Kommanditisten“.
14.60
2. Verlustverteilungsschlüssel Ebenso wie der Gewinnverteilungsschlüssel bestimmt sich auch die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters in erster Linie nach den Vereinbarungen der Gesellschafter. Anders als bei der Gewinnbeteiligung des Stillen kann im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden, dass der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt sein soll (§ 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB).
14.61
Der Verlustausschluss kann sich auch aus den Umständen ergeben. Ist dem stillen Gesellschafter z.B. ein Mindestgewinn garantiert, so bedeutet das, dass er am Verlust nicht teilnimmt3. Die Vereinbarung, dass er bei Beendigung der Gesellschaft seine Einlage voll zurückerhalten soll, kann nach dem Willen der Beteiligten ein Ausschluss der Verlustbeteiligung sein. Die Vereinbarung kann aber auch dahin auszulegen sein, dass der Ausschluss der Verlustbeteiligung nur im Rahmen der Endabrechnung, nicht auch für die einzelnen Jahre der Dauer der stillen Gesellschaft, gewollt ist. Was gemeint ist, muss durch Auslegung ermittelt werden (vgl. Rz. 8.37 ff.).
14.62
Ist nur die Beteiligung am Gewinn geregelt, so ist dieser Verteilungsschlüssel im Zweifel auch für den Verlustanteil maßgeblich (§ 722 Abs. 2 BGB). Haben die Gesellschafter keinerlei Vereinbarung getroffen, so gilt ein den Umständen nach angemessener Anteil als bedungen (§ 231 Abs. 1 HGB); insoweit gelten die für die Bestimmung eines angemessenen Gewinnanteils zu beachtenden Grundsätze entsprechend (vgl. Rz. 14.54 ff.).
14.63
1 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 231 HGB Rz. 10. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 41. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 55; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2 § 86 Rz. 50.
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313
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
14.64 Der stille Gesellschafter nimmt am Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil, § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB. Er hat insoweit dieselbe rechtliche Stellung wie der Kommanditist (§ 167 Abs. 3 HGB)1. Der auf ihn entfallende Verlustanteil wird von seinem Einlagekonto abgeschrieben. Das kann dazu führen, dass das Einlageguthaben passiv wird. Insoweit verliert der stille Gesellschafter das Recht auf Rückzahlung seiner Vermögenseinlage. Anders ist es bei Dienstleistungen und Gebrauchsüberlassungen, die auf dem Einlagekonto nicht gutgebracht worden sind (vgl. Rz. 7.31 ff.). In diesen Fällen braucht der stille Gesellschafter einen etwaigen Verlust nicht in Geld zu ersetzen. Er haftet nur mit seinen künftigen Gewinnen, nicht auch – bei Gebrauchsüberlassungen – mit dem Wert der überlassenen Sache2.
14.65 Es kann auch vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter über seine Einlage hinaus am endgültigen Verlust beteiligt sein soll. Der stille Gesellschafter muss dann bei der Auflösung der Gesellschaft i.H. des übernommenen Betrags dem Inhaber Zahlung leisten und insoweit auch einen Passivsaldo ausgleichen. Die Deckungspflicht kann bei entsprechenden Vereinbarungen im Innenverhältnis auch so weit gehen, dass der stille Gesellschafter sich verpflichtet, uneingeschränkt für etwaige Verluste einzustehen3. Eine solche uneingeschränkte Nachschusspflicht während oder nach Beendigung der Gesellschaft gilt aber noch nicht dann als vereinbart, wenn im Gesellschaftsvertrag einer atypisch stillen Gesellschaft bestimmt ist, dass der „stille Gesellschafter im Verhältnis am Verlust uneingeschränkt teilnimmt, jedoch unbeschadet seiner nur auf die Einlage beschränkten Haftung nach außen“4. Hierdurch wird das Haftungsprivileg des stillen Gesellschafters nach § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB noch nicht abbedungen. Mit einer solchen Vereinbarung wird lediglich bestimmt, dass durch entsprechende Belastung des Kapitalkontos des stillen Gesellschafters dessen künftige Gewinnquoten geschmälert werden. Soll eine schwerwiegende, wirtschaftlich der Haftung eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters gleichkommende Verlusttragungspflicht des stillen Gesellschafters gewollt sein, so bedarf es einer ausdrücklichen Verpflichtungserklärung5.
V. Auszahlung des Gewinnanteils 1. Der Auszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters
14.66 Wann der Anspruch des stillen Gesellschafters auf seinen Gewinnanteil entsteht, ist in § 232 Abs. 1 HGB nicht ausdrücklich geregelt. Zwar ist das Ergebnis eines Geschäftsjahres schon am Bilanzstichtag verursacht, der daraus resultierende Gewinn oder Verlust des Inhabers hängt aber wesentlich von der Ausübung von Wahlrechten und Beurteilungsspielräumen bei der Aufstellung der Bilanz ab. Bevor diese Entschei-
1 Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 21. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2 § 86 Rz. 50. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 12, 176; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 49; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 77 f.; OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 917. 4 OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 918. 5 OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 918; BGH v. 17.3.1966 – II ZR 282/63, NJW 1966, 1309.
314 Kauffeld
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
dungen nicht getroffen sind, ist somit der gewinnabhängige Anspruch des stillen Gesellschafters seiner Höhe nach noch nicht entstanden1. In Ausnahme davon sind die Gewinnansprüche des stillen Gesellschafters jeweils in dem Jahr zu aktivieren, in dem der Gewinn bei dem Inhaber erwirtschaftet wurde, wenn zwischen beiden Personenidentität, also eine wirtschaftliche Einheit, besteht. Das ist auch dann der Fall, wenn der Stille seine Bilanz vor der des Inhabers erstellt. Die Bestimmbarkeit der Höhe des Gewinnanspruchs steht dann seiner Feststellung gleich2.
14.67
Der Auszahlungsanspruch wird spätestens mit der Berechnung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteils fällig. Verzögert der Inhaber die Abrechnung, so gilt als Fälligkeitstag der Zeitpunkt, zu dem er den Gewinn bei ordnungsmäßigem Geschäftsgang hätte berechnen können3.
14.68
Schließt eine OHG mit einem Dritten einen stillen Gesellschaftsvertrag ab, so kann der stille Gesellschafter seinen Gewinnanspruch nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen die einzelnen Gesellschafter unmittelbar geltend machen. Die Ansprüche, die dem stillen Gesellschafter gegen die Personengesellschaft aus dem stillen Gesellschaftsverhältnis zustehen, beruhen auf einem Rechtsverhältnis, das diese mit ihm als einem Dritten abgeschlossen hat. Für die Verpflichtungen aus diesem Rechtsverhältnis kommt die allgemeine Haftungsvorschrift des § 128 HGB zur Anwendung. Der stille Gesellschafter ist nicht Mitgesellschafter der einzelnen Mitglieder der Personengesellschaft; er steht mit ihnen als Einzelperson nicht in einem unmittelbaren Gesellschaftsverhältnis. Folglich haften diese ihm auch nicht aus ihrem Gesellschaftsverhältnis untereinander, sondern aus einem Rechtsgeschäft, das sie namens ihrer Gesellschaft mit dem stillen Gesellschafter abgeschlossen haben4.
14.69
Der Auszahlungsanspruch erlischt nicht mit der Feststellung der nächsten Jahresbilanz. Da § 122 HGB auf die stille Gesellschaft keine Anwendung findet, kann der stille Gesellschafter auch dann Auszahlung verlangen, wenn die Liquidität des Inhabers dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird. Sein Auszahlungsanspruch kann aber durch die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eingeschränkt werden, z.B. wenn die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs der Gesellschaft zum offenbaren Schaden gereichte5.
14.70
1 So auch Döllerer, DStR 1984, 833; Costede, StbKRep 1987, 254; Hense, Die stille Gesellschaft im handelsrechtlichen Jahresabschluss, S. 380 ff.; offengelassen von BFH v. 19.2.1991 – VIII R 106/87, FR 1991, 392 = GmbHR 1991, 385 = BB 1991, 1301; a.A. BFH v. 11.10.1968 – III 246/64, BStBl. II 1969, 123 = BFHE 94, 261 ff.; BFH v. 16.2.1979 – III R 37/77, BStBl. II 1979, 278 = BFHE 127, 56 ff. 2 BFH v. 19.2.1991 – VIII R 106/87, FR 1991, 392 = GmbHR 1991, 385 = BB 1991, 1301 f. m. Anm. Hoffmann. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 200; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 24; Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 4; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 7; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 33; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 14. 4 BGH v. 11.1.1960 – II ZR 69/59, BB 1960, 188. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 22; Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 4; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 40; Schubert in Oetker, § 232 HGB Rz. 16.
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315
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
14.71 Erfüllungsort für die Auszahlung des anteiligen Gewinns ist der Ort der gewerblichen Niederlassung des Inhabers; dieser ist verpflichtet, den Gewinnanteil dem stillen Gesellschafter zu übersenden (§§ 269, 270 BGB).
14.72 Der Anspruch des stillen Gesellschafters auf den Gewinnanteil ist abtretbar (§ 717 BGB), pfändbar und verpfändbar1. Der neue Gläubiger kann jedoch Zahlung erst nach Eintritt der Fälligkeit, d.h. nach Vornahme der Berechnung durch den Inhaber, verlangen.
14.73 Der fällige Anspruch auf den anteiligen Gewinn ist, wenn der stille Gesellschafter Kaufmann ist, mit 5 % zu verzinsen (§§ 352, 353 HGB), mit Verzugseintritt unabhängig von der Kaufmannseigenschaft mit 5 % über dem Basiszinssatz (§ 352 Abs. 1 HGB i.V.m. § 288 BGB). Ist ein Verbraucher nicht beteiligt, beträgt der Zinssatz acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz2.
14.74 Der Auszahlungsanspruch verjährt nach § 195 BGB in drei Jahren3. 2. Auszahlungsanspruch und Einlage des stillen Gesellschafters
14.75 Der stille Gesellschafter kann Auszahlung auch verlangen, wenn er seine Einlage noch nicht bewirkt hat. Ist die Einlageforderung fällig, so kann der Inhaber gegen den Gewinnauszahlungsanspruch des stillen Gesellschafters aufrechnen oder, wenn die Einlage nicht in einer Geldleistung besteht, den Gewinn zurückbehalten (§ 273 BGB).
14.76 Die Auszahlung des Gewinnanteils kann so lange nicht verlangt werden, wie das Einlageguthaben des stillen Gesellschafters durch Verluste unter die vertragsmäßige Höhe gesunken ist, § 232 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 HGB. In diesem Fall ist der jährliche Gewinn zunächst zur Auffüllung der Einlage zu verwenden4. Auszahlung des Gewinns nach Ausgleichung eines Passivsaldos kann der stille Gesellschafter auch erst dann verlangen, wenn sein Einlagekonto mindestens den auf seine Einlage geleisteten Betrag erreicht. Dieser ganz h.A.5 wird vereinzelt entgegengehalten, ihre Interpretation des regelmäßigen Parteiwillens sei zu generell, vielmehr müsse von Fall zu Fall geprüft werden, „ob die Gesellschafter beabsichtigen, dem stillen Partner das Risiko aufzubürden, unter Umständen jahrelang keinerlei Gewinn zu erhalten, obwohl das Handelsgeschäft seines Partners gewinnbringend arbeitet, nur weil in einer vorausgegangenen Geschäftsperiode die Verlustanteile wesentlich höher waren als die geleistete Vermögenseinlage“6.
1 Schubert in Oetker, § 232 HGB Rz. 17; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 36; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 14. 2 Schubert in Oetker, § 232 HGB Rz. 17. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 35; BGH v. 6.4.1981 – II ZR 186/80, BGHZ 80, 357. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49. 5 Vgl. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 86 Rz. 48; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49; Horn in Heymann, § 232 HGB Rz. 10; Fichtelmann, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 38; aus der Rspr. OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 917. 6 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 86 ff.
316 Kauffeld
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
Hierbei handelt es sich um die Konsequenz der Verlustbeteiligung vergangener Jahre. Es wird insoweit nicht generell interpretiert, sondern gerade das gewollte Verlustrisiko verwirklicht, wenn der stille Gesellschafter mit seinem Anteil am künftigen Gewinn an der Deckung früherer Verluste teilnimmt1. Das bedeutet aber nicht, dass der stille Gesellschafter bei der Auseinandersetzung zum Ausgleich eines danach bestehenden Passivsaldos verpflichtet ist. Da die Vermögenseinlage nur im Verhältnis der beiden Gesellschafter zueinander Bedeutung hat, können die Beteiligten eine Gewinnauszahlung aber auch für den Fall vereinbaren, dass das Einlagenkonto noch durch Verlust vermindert ist. Die Gläubiger des Inhabers können das nicht verhindern. Gegebenenfalls haben sie das Insolvenzanfechtungsrecht aus § 136 InsO (vgl. Rz. 17.89 ff.).
14.77
Wird dem stillen Gesellschafter irrtümlich ein Gewinnanteil ausgezahlt, obwohl sein Einlagekonto in der Bilanz des Inhabers durch Verlust gemindert war, muss er ihn auf Verlangen des Inhabers zurückzahlen. Gleiches gilt, wenn die Bilanz des Inhabers zu Unrecht Gewinne ausgewiesen hatte, die dann als „Scheingewinne“ an den stillen Gesellschafter ausgezahlt wurden. Zwar kann es hierdurch nicht zu einer Außenhaftung des stillen Gesellschafters nach einer entsprechenden Anwendung der §§ 128, 171 HGB kommen2. Allerdings greift § 172 Abs. 5 HGB auch nicht in analoger Anwendung zum Schutze des stillen Gesellschafters im Innenverhältnis ein. Nach h.A. wird durch ihn allenfalls eine direkte Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern ausgeschlossen, nicht hingegen aber eine interne Rückzahlungspflicht gegenüber der Kommanditgesellschaft3. Gerade um die interne Rückzahlungspflicht gegenüber dem Inhaber geht es aber bei der stillen Gesellschaft4. Hingegen sind zu Recht bezogene oder gutgeschriebene Gewinnanteile beim Eintritt späterer Verluste nicht zurückzuzahlen, § 232 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 HGB.
14.78
1 Wie hier K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 32; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 49; OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, GmbHR 1986, 387 = ZIP 1986, 917. 2 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 = DStR 2010, 1480. So zutreffend auch Mylich, ZIP 2011, 2182 (2183). 3 Horn in Heymann, § 172 HGB Rz. 23; Roth in Baumbach/Hopt, § 172 HGB Rz. 9; a.A. m.w.N. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, §§ 171, 172 HGB Rz. 93 f.; Mylich, ZIP 2011, 2182 (2184 f.) lehnt einen Rückforderungsanspruch ab und begründet das damit, dass der stille Gesellschafter auf die Fehlerhaftigkeit der Gesellschaftsbilanz keinen Einfluss habe und wendet deshalb die Grundsätze zum Kalkulationsirrtum hierauf an. Gegen eine solche Vergleichbarkeit spricht aber, dass im Unterschied zu den gängigen Fällen dieses Irrtums, den stillen Gesellschafter eine Treuepflicht trifft (vgl. dazu auch Rz. 14.46). 4 Mylich (ZIP 2011, 2182 [2184 ff.]) differenziert entgegen der ganz herrschenden Ansicht zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung: Der typische stille Gesellschafter sei mangels Mitwirkung an der Jahresabschlussfeststellung keinen Rückzahlungsansprüchen des Geschäftsinhabers ausgesetzt, beim atypisch stillen Gesellschafter ergebe sich der Anspruch aus § 812 BGB bzw. der Erstattungspflicht des § 31 GmbHG. Diese Differenzierung überzeugt im Ergebnis nicht, da es im Hinblick auf die Rückzahlungsverpflichtung von im Jahresabschluss des Geschäftsinhabers ausgewiesenen Scheingewinnen für eine Anwendbarkeit des § 812 BGB nicht darauf ankommt, ob der stille Gesellschafter an der Feststellung des Jahresabschluss mitgewirkt hat oder nicht. Vgl. zur h.A. Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 28.
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§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
14.79 Die Auszahlung des Gewinnanteils kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden, etwa durch die Vereinbarung, dass sie dem Inhaber nicht zum Schaden gereichen darf oder dass der Gewinnanteil ganz oder teilweise zur Deckung der rückständigen Vermögenseinlage zu verwenden ist. Im letzteren Fall bildet der Gewinn einen Teil der Vermögenseinlage, die zur Deckung späterer Verluste herangezogen werden kann. Soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, beschränken sich die Ansprüche des stillen Gesellschafters auf die Zahlung seines anteiligen Gewinns. Es kann ihm aber auch das Recht eingeräumt werden, sich alljährlich einen bestimmten Betrag seines Einlagekontos – meist in Form einer nach dessen Stand berechneten Kapitaldividende – auszahlen zu lassen. Die Entnahme ist, soweit sie höher als der auf ihn entfallende Gewinnanteil ist, von dem Einlagekonto abzubuchen. Es liegt insoweit eine teilweise Rückgewähr der Einlage vor, die im Konkurs des Inhabers ein Anfechtungsrecht aus § 136 InsO begründet (vgl. Rz. 17.89 ff.).
14.80 Hat der stille Gesellschafter seine Einlage vollständig geleistet und ist das Einlagekonto nicht durch Verluste geschmälert, so kann ein weiterer Gewinnanteil dem Einlagekonto nur gutgeschrieben werden, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist (§ 232 Abs. 3 HGB). Eine solche Vereinbarung kann auch stillschweigend getroffen werden; so z.B. wenn der anteilige Gewinn mit Wissen des stillen Gesellschafters dem Einlagekonto gutgeschrieben oder wenn ihm auf diesen Betrag eine Vorzugsdividende ausgezahlt wird. Es liegt dann eine im beiderseitigen Einverständnis vorgenommene nachträgliche Erhöhung der anfänglich übernommenen Einlage vor1.
14.81 Sind dagegen keine besonderen Vereinbarungen getroffen worden, ist der nicht ausgezahlte Gewinnanteil des stillen Gesellschafters wie eine reine Gläubigerforderung zu behandeln. Der Gewinnanspruch ist ihm auf einem besonderen Konto (Darlehenskonto) gutzuschreiben und steht ihm ohne Rücksicht auf spätere Verluste, die nur vom Einlagekonto abgebucht werden, jederzeit zur Auszahlung zur Verfügung. Besonderheiten können sich in diesem Zusammenhang für typische stille Gesellschafter einer GmbH bzw. GmbH & Co. KG sowie für GmbH-Gesellschafter, die gleichzeitig am Unternehmen der GmbH still beteiligt sind, ergeben. Lassen sie ihren Gewinnanteil in einer wirtschaftlichen Krisensituation des Unternehmens stehen, müssen sie damit rechnen, dass die stehen gelassenen Gewinne unter bestimmten Voraussetzungen als insolvenzrechtlich relevante Gesellschafterdarlehen angesehen werden (vgl. Rz. 17.26)2. Nach der Änderung des GmbH-Rechts durch das MoMiG werden Gesellschafterdarlehen ausschließlich insolvenzrechtlich beurteilt. Es kommt nun nicht mehr darauf an, dass der stehen gelassene Gewinnanspruch kapitalersetzend war, sondern lediglich darauf, dass der atypisch stille Gesellschafter sich diesen Anspruch innerhalb eines Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat auszahlen lassen, vgl. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO.
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 232 HGB Rz. 28; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 45. 2 Vgl. BGH v. 7.11.1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336 m.w.N.; BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531; Harbarth in Großkomm/HGB, § 232 HGB Rz. 48; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 232 HGB Rz. 16.
318 Kauffeld
§ 14 Feststellung und Verteilung von Gewinn und Verlust
VI. Zusammenfassung Die Prüfung, ob einem stillen Gesellschafter ein Anspruch auf Auszahlung eines Gewinnanteils zusteht, erfolgt dreistufig: Ermittlung der Bemessungsgrundlage, Bestimmung des Verteilungsschlüssels und Prüfung des Auszahlungsanspruchs. Für Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Bestimmung des Verteilungsschlüssels ist in erster Linie der Gesellschaftsvertrag maßgebend. Die gesetzlichen Vorschriften greifen nur ein, wenn es an einer vertraglichen Regelung fehlt. Anders als bei der offenen Handelsgesellschaft sind Gewinn und Verlust nicht nach Köpfen, sondern in einem den Umständen nach angemessenen Verhältnis zu verteilen. Die Verteilung von Gewinn und Verlust in der stillen Gesellschaft bestimmt sich nach einer internen Rechnungslegung, die vom Inhaber durchzuführen ist. Als Grundlage der Gewinn- und Verlustberechnung kann gesellschaftsvertraglich entweder der handels- oder der steuerrechtliche Jahresabschluss des Inhabers bestimmt werden. In beiden Fällen sind Korrekturrechnungen vorzunehmen. Der stille Gesellschafter nimmt nur an dem Erfolg teil, der aus dem Betrieb des Handelsgewerbes stammt, an dem die stille Beteiligung besteht. An Werterhöhungen und Wertminderungen des Anlagevermögens sowie des Firmenwertes partizipieren typische stille Gesellschafter hingegen nicht, soweit diese Änderungen auf betriebsexternen Ursachen beruhen. Werden zulasten des Gewinns während der stillen Gesellschaft stille Reserven gelegt, so ist dies bei Berechnung des Abfindungsguthabens des stillen Gesellschafters angemessen zu berücksichtigen. Vertraglich kann vereinbart werden, dass der stille Gesellschafter atypisch an jeder Vermögensänderung des Handelsgeschäftes teilnimmt. Was für die Berechnung des anteiligen Gewinns gilt, gilt sinngemäß für die Berechnung des anteiligen Verlustes, sofern nicht die Verlustbeteiligung durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist. Der stille Gesellschafter nimmt am Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Ist die Einlage durch Verluste vermindert worden, müssen künftige Gewinne zunächst zur Wiederauffüllung der Einlage bis zu ihrer anfänglichen Höhe verwendet werden. Erst dann erlangt der stille Gesellschafter seinen Gewinnauszahlungsanspruch wieder. Es handelt sich dabei um dispositives Recht, so dass trotz Minderung der Einlage eine Gewinnausschüttung möglich ist (vgl. aber § 136 InsO).
Kauffeld
319
14.82
§ 15 Auflösung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Blaurock, Uwe, Anmerkung zu BGH v. 7.2.1994, EWiR § 230 HGB 1/94, 584; Blaurock, Uwe, Die Stellung des stillen Gesellschafters bei Sanierung des Geschäftsinhabers im Insolvenzplanverfahren, Festschrift für Rolf Stürner zum 70. Geburtstag, 2013, Bd. I, S. 659; Geck, Reinhard, Die Auflösung der stillen Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Auseinandersetzung, DStR 1994, 657; Glenk, Hartmut, Die typische stille Beteiligung an einer GmbH aus Sicht des Gesellschaftsrechts, INF 1995, 176; Glenk, Hartmut, Die atypische stille Beteiligung an einer GmbH aus Sicht des Gesellschaftsrechts, INF 1995, 401; Gottwald, Peter, Insolvenzrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2010; Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Knieper, Rolf/Fromm, Hartmut, Erbrecht und Gesellschaftsrecht bei der Gesellschafternachfolge, NJW 1980, 766; Reusch, Peter, Anmerkung zu BGH v. 8.7.1992, WuB II H. § 235 HGB, S. 439; Schmidt, Karsten, Das Vollstreckungs- und Insolvenzrecht der stillen Gesellschaft, KTS 1977, 1; Siebert, Wolfgang, Aktuelle Rechtsfragen zur Mitgliedschaft in Personengesellschaften, StbJb. 1955/56, 299 f., 316 f.; Siebert, Wolfgang, Die Nachfolge von Todes wegen in die Mitgliedschaft des Gesellschafters einer Offenen Handelsgesellschaft, NJW 1955, 809; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei Umwandlung des „Hauptunternehmens“ in eine GmbH oder GmbH & Co, GmbHR 1981, 235; van Venrooy, Gerd J., Unwirksamkeit der unzeitigen Kündigung in den gesetzlich geregelten Fällen, JZ 1981, 53.
I. Das Wesen der Auflösung
15.1 Die Auflösung der stillen Gesellschaft – auch in atypischer Gestalt – unterscheidet sich in ihrem Wesen grundlegend von der Auflösung der handelsrechtlichen Personen- und Kapitalgesellschaften. Es sind zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter nur schuldrechtliche Beziehungen abzuwickeln. Eine Liquidation im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Das Handelsgeschäft als solches bleibt bestehen und wird in der Regel ohne Veränderung seiner Grundlagen vom Inhaber weitergeführt. Deshalb wird die Auflösung auch nicht in das Handelsregister eingetragen.
15.2 Dass es bei der stillen Gesellschaft – auch bei der atypischen stillen Gesellschaft – nicht zu einer Liquidation im rechtstechnischen Sinne kommt, erklärt sich daraus, dass es kein Gesellschaftsvermögen, keine Gesellschaftsforderungen und keine Gesellschaftsschulden gibt, die im Interesse der Gläubiger in einem besonderen Verfahren abgewickelt werden müssten. Der Inhaber ist und bleibt Eigentümer des Handelsgeschäfts, und er ist und bleibt auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft seinen Gläubigern verhaftet. Er ist demzufolge auch nicht Liquidator; § 147 HGB findet keine Anwendung. Er kann nicht wie ein Liquidator abberufen und durch einen anderen Liquidator ersetzt werden. Kommt er seinen ihm in Ansehung der „Auseinandersetzung“ obliegenden Pflichten nicht ordnungsgemäß nach, so kann der stille Gesellschafterseine berechtigten Interessen im Wege einstweiliger Verfügungen sichern lassen und Schadensersatzansprüche geltend machen.
15.3 Im Zeitpunkt der Auflösung hört die stille Gesellschaft auf, ihren bisherigen Gesellschaftszweck, den Betrieb des Handelsgewerbes im Ganzen zu gemeinsamem Nutzen, zu verfolgen; entgegen der h.M. besteht sie aber mit dem Zweck der Abwicklung der schwebenden Geschäfte zu gemeinsamem Nutzen fort, bis die Auseinanderset-
320 Blaurock
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
zung abgeschlossen ist1. Sie geht nicht sofort unter, sondern besteht als Abwicklungsgesellschaft weiter2, wobei sich die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten der Beteiligten entsprechend dem veränderten Zweck anpassen. Die Gesellschafter sind nicht mehr verpflichtet, den primären Gesellschaftszweck z.B. durch Leistung der Einlage oder Fortführung des Handelsgeschäftes zu fördern, aber sie sind verpflichtet, die schwebenden Geschäfte abzuwickeln, das Endguthaben des Stillen zu ermitteln und dieses auszuzahlen oder einen etwaigen Passivsaldo zu decken. Da der primäre Gesellschaftszweck fortgefallen ist, erlöschen bestehende Wettbewerbsverbote. Etwaige Geschäftsführungsbefugnisse des stillen Gesellschafters, die auf dem Gesellschaftsvertrag beruhen, gelten zu seinen Gunsten als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis erlangt oder sie kennen muss (§ 729 BGB), es sei denn, die Gesellschaft wurde durch Kündigung aufgelöst. Die h.M. nimmt hingegen an, dass die Auflösung der stillen Gesellschaft zugleich deren Vollbeendigung zur Folge hat. Die hierfür vorgetragene Begründung, bei der stillen Gesellschaft sei kein Gesamthandsvermögen abzuwickeln, ist zwar sachlich richtig, trägt aber nicht den Schluss, dass für den Zeitraum, in dem noch gemeinsame Geschäfte schweben, der stille Gesellschafter nicht noch Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag hat. Dies gilt insbesondere für das Informationsrecht aus § 233 HGB3. Die h.M. muss in diesem Fall den stillen Gesellschafter auf ein Einsichtsrecht in die Bücher gemäß § 810 BGB beschränken4.
15.4
Der Stille nimmt nicht mehr am Gewinn und Verlust künftiger Geschäfte teil. Nur am Gewinn und Verlust der zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte bleibt er beteiligt (vgl. hierzu Rz. 16.58 ff.). Bestanden zwischen ihm und dem Inhaber auch außergesellschaftliche, individualrechtliche Rechtsbeziehungen (Lieferungs-, Anstellungs-, Miet-, Pacht-, Darlehensverträge), so werden sie durch die Auflösung der stillen Gesellschaft an sich nicht berührt. Doch wird besonders bei Dauerschuldverhältnissen im Zweifel davon auszugehen sein, dass sie nach dem Willen der Beteiligten mit der Auflösung der Gesellschaft beendet sein sollen. Es kommt auf die Vereinbarungen und auf den im Wege der Vertragsauslegung zu ermittelnden Willen der Beteiligten an.
15.5
Sind mehrere Personen nebeneinander still an einem Handelsgewerbe beteiligt, so berührt die Auflösung einer stillen Gesellschaft nicht den Fortbestand der anderen, da diese voneinander unabhängig und hinsichtlich ihrer Existenz selbständig sind. Anderes gilt jedoch, wenn ausnahmsweise eine mehrgliedrige stille Gesellschaft vereinbart wurde5.
15.6
1 Ebenso Roth in Baumbach/Hopt, § 234 HGB Rz. 1; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174; Horn in Heymann, § 234 HGB Rz. 2, 13; a.A. die h.M. vgl. BGH v. 22.10.1990 – II ZR 247/89, DStR 1991, 622; BGH v. 22.6.1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99 (100); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 261, 284; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 234 HGB Rz. 13; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 1; differenzierend K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 1. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174. 3 Wie hier Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20. 4 Insofern konsequent OLG Hamburg v. 4.3.2004 – 11 U 200/03, NZG 2004, 715 f. 5 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 2; Geck, DStR 1994, 657.
Blaurock 321
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
15.7 Entschließen sich die Gesellschafter, das Gesellschaftsverhältnis trotz Vorliegens eines Auflösungsgrundes aufrechtzuerhalten, so haben sie einander im Zweifel so zu stellen, als ob die Gesellschaft ohne Unterbrechung als werbende fortbestanden habe. Der stille Gesellschafter nimmt dann am Gewinn und Verlust der in der Zwischenzeit abgeschlossenen Geschäfte teil. Betrachtet man die Gesellschaft trotz Eintritts eines Auflösungsgrundes als fortbestehend, so ergibt sich dies von selbst. Nimmt man dagegen automatische Vollbeendigung an, so bedürfte dies einer eigenen Regelung im Gesellschaftsvertrag. Eine stillschweigende Aufrechterhaltung der auf bestimmte Zeit errichteten stillen Gesellschaft nach § 134 HGB ist jedoch nicht schon in der Fortführung des Geschäftsbetriebes durch den Inhaber zu sehen. Die Parteien müssen die Gesellschaft vielmehr als fortbestehend behandeln, vor allem im Hinblick auf die Gewinn- und Verlustbeteiligung1.
II. Die Auflösungsgründe
15.8 Die Auflösungsgründe sind im Wesentlichen dieselben wie bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 723 ff. BGB). Sie sind im Gesetz nicht abschließend aufgezählt. Es können im Gesellschaftsvertrag beliebige weitere Auflösungsgründe vereinbart werden. Systematisch können die gesetzlich zwingenden von den unter dem Vorbehalt abweichender gesellschaftsvertraglicher Regelung stehenden Auflösungsgründen unterschieden werden.
15.9 Fortsetzungsklauseln entsprechend § 736 BGB kommen nur bei mehrgliedrigen stillen Gesellschaften in Betracht2. Bei auf Dauer angelegten stillen Publikumsgesellschaften empfiehlt sich ihre Vereinbarung, da ihre Gesellschafter regelmäßig den Bestand der Gesellschaft nicht von einem Auflösungsgrund abhängig machen wollen, der nur die Person eines Gesellschafters betrifft. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist deswegen von einer solchen stillschweigenden Fortsetzungsklausel auszugehen3. Im Zweifel gelten die Regelungen über Auflösung und Ausscheiden für Personenhandelsgesellschaften, insbesondere auch § 131 HGB, entsprechend4. 1. Auflösung durch Vereinbarung der Gesellschafter
15.10 Die Gesellschafter können jederzeit beschließen, die Gesellschaft aufzulösen. Der Beschluss braucht die Auflösung nicht für sofort auszusprechen, sondern kann sie für einen bestimmten zukünftigen Zeitpunkt festlegen. Eine Auflösung der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft durch Mehrheitsbeschluss ist nur zulässig, wenn diese Möglichkeit im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist.
1 Horn in Heymann, § 234 HGB Rz. 4. 2 Goette, Anm. zu BGH v. 13.11.1995 – II ZR 235/94, DStR 1996, 31; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 234 HGB Rz. 56. 3 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 74 Rz. 17; vgl. auch § 91 Rz. 38 für die Insolvenz eines Gesellschafters. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 2.
322 Blaurock
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
2. Zeitablauf, Bedingungseintritt, Erreichen und Unmöglichwerden des Zwecks a) Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit Ist die stille Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so löst sie sich mit Ablauf der vorgesehenen Zeit auf. Es ist den Beteiligten nicht verwehrt, vor Ablauf der Zeit ihre Fortdauer zu vereinbaren.
15.11
Ist die stille Gesellschaft solcherart zeitlich begrenzt, besteht kein ordentliches Kündigungsrecht. Es lebt aber bei stillschweigender Fortsetzung der Gesellschaft wieder auf, da diese dann nach § 134 HGB als auf unbestimmte Zeit fortgesetzt gilt. Trotz Vereinbarung einer zeitlich begrenzten Dauer des Gesellschaftsvertrags bleibt die Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grunde bestehen (vgl. Rz. 15.30 ff.)1. Dieses Kündigungsrecht kann vertraglich nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 723 BGB). Macht der stille Gesellschafter von seinem Recht zur vorzeitigen Kündigung Gebrauch, so können die Gläubiger des Inhabers nicht von ihm Schadensersatz verlangen, weil er durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft ihnen gegenüber den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt habe – eine Folge der Tatsache, dass zwischen ihm und den Gläubigern des Inhabers keine Rechtsbeziehungen bestehen.
15.12
b) Eintritt einer im Gesellschaftsvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung Eine unter einer auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) eingegangene stille Gesellschaft wird mit Bedingungseintritt aufgelöst.
15.13
c) Erreichen des vereinbarten Zwecks (§ 726 BGB) Die Auflösung der stillen Gesellschaft tritt ein, sobald der vertraglich festgesetzte Zweck erreicht ist2. Einer Auflösungsklage bedarf es nicht. Das gilt auch, wenn die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen und diese noch nicht abgelaufen ist (z.B. Errichtung einer stillen Gesellschaft zum Zwecke der Ausbeute eines bestimmten Rohstoffvorkommens oder zum Zwecke der Verwertung eines bestimmten Warenlagers). Bei Zweifeln über die Beendigung der Gesellschaft empfiehlt sich Kündigung aus wichtigem Grunde oder Auflösung durch Vereinbarung.
15.14
d) Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB) Auch hier tritt die Auflösung von selbst ein, mag auch die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Zeit noch nicht abgelaufen sein. Die Unmöglichkeit, den Gesellschaftszweck zu erreichen, stellt einen Wegfall der objektiven Geschäftsgrundlage dar; sie tritt nur ein, wenn das Erreichen des Zwecks vollständig und endgültig unmöglich geworden ist3. Stellt der Geschäftsinhaber sein Handelsgewerbe ein, kann die stille Gesellschaft ihren Zweck – Förderung des Gewerbes – nicht mehr erreichen. Bei nur vorübergehender Einstellung besteht das Gesellschaftsverhältnis fort, solange die Möglichkeit der 1 Geck, Anm. zu BGH v. 4.3.1991 – II ZR 181/90, DStR 1991, 623 (624). 2 Geck, Anm. zu BGH v. 22.10.1991 – II ZR 247/89, DStR 1991, 622 (623). 3 BGH v. 23.5.1957 – II ZR 250/55, BGHZ 24, 279 (293); BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (381).
Blaurock 323
15.15
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
Wiederaufnahme dieses oder eines entsprechenden Geschäftsbetriebs gegeben ist, mögen auch einzelne Pflichten wie etwa die Pflicht zu einer bestimmten Tätigkeit – weil zur Zeit unausführbar – ruhen.
15.16 Ein Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks liegt insbesondere vor, wenn dem Inhaber erforderliche Genehmigungen oder Erlaubnisse nicht erteilt werden oder das Handelsgeschäft aus rechtlichen Gründen endgültig nicht fortgeführt werden kann.
15.17 Ein Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks liegt auch vor, wenn einem Kreditinstitut, an dem stille Gesellschafter beteiligt sind, die Erlaubnis, Bankgeschäfte zu betreiben, gemäß § 35 Abs. 2 KWG entzogen wird. Bestimmt in diesen Fällen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, dass das Kreditinstitut abzuwickeln ist, so wirkt diese Entscheidung wie ein Auflösungsbeschluss (§ 38 Abs. 1 Satz 2 KWG). Sie führt automatisch auch zur Auflösung der stillen Gesellschaft.
15.18 Nachhaltige Unrentabilität des Handelsgeschäfts bedeutet nicht Unmöglichkeit der Zweckerreichung. Hier ist aber in der Regel ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde gegeben1.
15.19 Subjektives Unvermögen eines Beteiligten steht der objektiven Unmöglichkeit gleich. Ein Verschulden ist nicht erforderlich. In den Fällen der vertragswidrigen Aufgabe, Einstellung oder Veräußerung des Handelsgeschäfts durch den Inhaber, des Einbringens des Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft und in ähnlichen Fällen liegt eine vom Inhaber zu vertretende Unmöglichkeit der Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem stillen Gesellschafter vor, die zu Schadensersatzansprüchen führen kann. 3. Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB)
15.20 Die Kündigungsvorschriften, die für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts gelten, passen nicht uneingeschränkt für die stille Gesellschaft, weil der Inhaber des Handelsgeschäfts nicht der Gefahr jederzeitiger Kündigung nach § 723 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgesetzt sein darf. Er muss für längere Zeit mit gleich bleibenden Verhältnissen rechnen können und Zeit haben, sich auf die Auflösung der Gesellschaft und auf die damit verbundene Rückzahlung der Einlage vorzubereiten2. Zweck des § 234 Abs. 1 HGB ist es daher, die ordentliche Kündigung nach den für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften, die Kündigung aus wichtigem Grunde dagegen nach den Vorschriften für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu regeln. Bei der ordentlichen Kündigung soll, da der stille Gesellschafter mit dem Handelsgewerbe eines Kaufmanns in Beziehung steht, den kaufmännischen Erfordernissen, insbesondere der Bedeutung des Geschäftsjahrs, Rechnung getragen werden, wohingegen kein Bedürfnis besteht, die bei der offenen Handelsgesellschaft notwendige Auflösungsklage für die stille Gesellschaft zu übernehmen. Deshalb verweist § 234 Abs. 1 Satz 2 HGB insoweit auf die Regelung des § 723 BGB.
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 16, 49; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 32, 60; RG v. 28.1.1927 – II 25/26, JW 1927, 1350. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 44.
324 Blaurock
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
a) Die ordentliche Kündigung Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ist notwendiges Strukturelement bei Personengesellschaften, die auf unbestimmte Zeit oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen sind. Jeder Gesellschafter hat das unentziehbare Recht zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Voraussetzungen der §§ 132 und 134 HGB gegeben sind. Diese Vorschriften sind unabdingbar. Die Kündigung kann, wenn die Gesellschaft für unbestimmte Zeit eingegangen ist, nur für den Schluss eines Geschäftsjahres erklärt werden; sie muss mindestens 6 Monate vor diesem Zeitpunkt stattfinden (§ 132 HGB). Auch eine Kündigung vor Vollzug der Gesellschaft ist wirksam1. Dasselbe gilt für eine Gesellschaft, die für die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen ist oder nach dem Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird (§ 134 HGB). Nicht gleichzusetzen ist einer solchen Gesellschaft eine Gesellschaft, die auf bestimmte Zeit eingegangen ist, wenn die Zeit so bemessen wurde, dass sie der mutmaßlichen Lebensdauer eines Gesellschafters gleichkommt oder sie übersteigt2.
15.21
Die Kündigung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, an den anderen Gesellschafter zu richtende formlose Willenserklärung. Ist eine Gesellschaft Geschäftsinhaber, so ist die Kündigung von der Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Organs gedeckt, da die inneren Rechtsverhältnisse der Gesellschaft nicht betroffen werden3. Bei Publikumsgesellschaften genügt der Zugang beim Inhaber, seine Vollmacht zur Entgegennahme von Beitrittserklärungen erstreckt sich grundsätzlich auch auf die von Kündigungen4.
15.22
Das ordentliche Kündigungsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag zwar modifiziert, aber nicht ausgeschlossen werden5; dies ist auch nicht auf Schleich- oder Umwegen, etwa durch praktisch unzumutbare Nachteile für den Kündigenden nach Ausübung seines Rechtes (z.B. Gewinnsperren u.Ä.), möglich, da solche Umgehungsbestimmungen entsprechend § 723 Abs. 3 BGB nichtig sind6. Wird daher die Ausübung des Kündigungsrechts im Gesellschaftsvertrag mit wirtschaftlichen Nachteilen verknüpft, die die Kündigung praktisch unmöglich machen, so ist darin ein unzulässiger Ausschluss oder eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts zu sehen; so etwa, wenn bei der atypischen stillen Gesellschaft mit Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters dieser für den Fall der ordentlichen Kündigung nicht an den Rücklagen beteiligt sein oder das Auseinandersetzungsguthaben erst nach einer langen Zeit ausbezahlt erhalten soll. Nichtig ist deshalb auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der ordentlichen Kündigung, regelmäßig auch
15.23
1 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277 m. Anm. H.-F. Müller, WuB II H. § 723 BGB. 2 Roth in Baumbach/Hopt, § 134 HGB Rz. 3; K. Schmidt in Großkomm/HGB, § 134 HGB Rz. 33; einschränkend Emmerich in Heymann, § 131 HGB Rz. 5. 3 BGH v. 17.4.1989 – II ZR 258/88, WM 1989, 878; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 20. 4 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (347). 5 BGH v. 20.12.1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10; BGH v. 19.1.1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309. 6 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 107; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 47.
Blaurock 325
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots für die Zeit nach dem Ausscheiden (zu Abfindungsklauseln vgl. Rz. 10.25 f.).
15.24 Im Falle des BGH-Urteils vom 19.1.19671 hatten die Gesellschafter einer OHG die Beteiligung eines Gesellschafters in der rechtsirrigen Vorstellung, sie könnten diesem durch die Vereinbarung einer auf Lebenszeit unkündbaren stillen Gesellschaft eine Versorgung sichern, in eine stille Beteiligung umgewandelt. Da aber eine auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangene stille Gesellschaft einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen Gesellschaft gleichsteht, ist ein auf Lebenszeit abgeschlossener Gesellschaftsvertrag als ein gemäß § 132 HGB jederzeit kündbarer Gesellschaftsvertrag zu behandeln, für den nach der zwingenden Vorschrift des § 723 Abs. 3 BGB die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall – so führt der BGH aus –, in dem sich die Vertragschließenden in einem gemeinsamen Irrtum über die Rechtslage befunden hätten, könne aber die Kündigung nach den Regeln über das Fehlen der Geschäftsgrundlage für eine bestimmte Zeit unzulässig sein. Es sei daher eine Anpassung des Vertrags an die wirkliche Rechtslage in der Weise geboten, dass eine auf bestimmte Zeit eingegangene stille Gesellschaft angenommen und für diese Zeit die ordentliche Kündigung nicht zugelassen werde.
15.25 Eine für die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene gesellschaftsrechtliche Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil kann wie eine für unbestimmte Zeit vereinbarte Unterbeteiligung gekündigt werden, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft weder zeitlich noch durch ihren Zweck begrenzt und deshalb ungewiss ist2.
15.26 Die Kündigung darf sich aber auch nicht als missbräuchliche Rechtsausübung darstellen, wobei allerdings fraglich ist, ob bei der ordentlichen Kündigung eines Gesellschaftsverhältnisses überhaupt eine missbräuchliche Rechtsausübung angenommen werden kann. Selbst wenn dies bejaht wird, darf auf diese Weise nicht ein praktischer Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts herbeigeführt werden3.
15.27 Eine Ausnahme hierzu findet sich aber im Recht der Publikumspersonengesellschaften. Kündigt der Geschäftsinhaber einer stillen Publikumsgesellschaft einem oder allen stillen Gesellschaftern, so ist die Kündigung nur wirksam, wenn für sie ein sachlicher Grund vorliegt. Die Kündigung des Inhabers unterliegt damit der gerichtlichen Kontrolle im gleichen Umfange, wie wenn ein Komplementär einer Publikumskommanditgesellschaft eine Option zur Übernahme der Kommanditbeteiligungen ausübt4.
1 BGH v. 19.1.1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309. 2 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 165. 3 BGH v. 20.12.1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10 (16): Kündigung einer stillen Gesellschaft, die durch Vergleich über erbrechtliche Streitigkeiten zwischen Geschwistern errichtet worden war. Der BGH entschied: „Da die Beklagten erst nach Ablauf von 12 Jahren das Gesellschaftsverhältnis zum Ablauf des 13. Jahres gekündigt haben, kann eine solche Kündigung auch unter Berücksichtigung der Umstände, die der Kläger für den Abschluss des Vergleichs maßgebend bezeichnet hat, … nicht als eine missbräuchliche Rechtsausübung angesprochen werden. Daraus folgt, dass die von den Beklagten ausgesprochene Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses auch nicht nach § 242 BGB als unwirksam angesehen werden kann.“; vgl. Geck, DStR 1994, 657 (659). 4 Vgl. BGH v. 3.5.1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11 (14 f.); BGH v. 21.3.1988 – II ZR 135/87, BGHZ 104, 50 (56 f.).
326 Blaurock
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung, die dem Geschäftsinhaber das einseitige Recht gibt, die kapitalanlegenden stillen Gesellschafter nach freiem Ermessen „hinauszukündigen“ ist deshalb grundsätzlich unwirksam1. Dies ist zum Schutz der Kapitalanleger notwendig, da andernfalls das freie Kündigungsrecht vom Inhaber leicht dazu missbraucht werden könnte, Druck auf unliebsame Gesellschafter auszuüben. Bei einer Publikumsgesellschaft besteht darüber hinaus das erhebliche Risiko, dass der Inhaber sein Kündigungsrecht so ausübt, dass ihm und nicht den Anlegern die Früchte einer erfolgreichen Investition zukommen (hierzu näher § 19). Die Kündigungsfristen der §§ 132 und 134 HGB können im Gesellschaftsvertrag verlängert oder verkürzt, sie können für den Inhaber und den stillen Gesellschafter verschieden bemessen werden. Fehlt es an der Wahrung der Kündigungsfrist, so gilt die Kündigung in der Regel für den nächsten zulässigen Termin. Die Gesellschafter können sie aber auch als rechtzeitig abgegeben gelten lassen. Darin liegt ein Auflösungsbeschluss (vgl. Rz. 15.10) zu dem in der Kündigung angegebenen Termin.
15.28
Eine ordnungsgemäß ausgesprochene Kündigung kann nicht einseitig zurückgenommen, wohl aber durch Vereinbarung der Beteiligten rückgängig gemacht werden.
15.29
b) Die außerordentliche Kündigung Ist die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ist eine Kündigungsfrist bestimmt, so ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Kündigung ohne Einhaltung dieser Frist zulässig (§ 234 HGB, § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist sie bereits vor Invollzugsetzung des Gesellschaftsvertrags zulässig, da das Vertragsverhältnis als solches schon mit Vertragsschluss in Kraft tritt und gewisse Rechtswirkungen erzeugt2.
15.30
Die fristlose Kündigung ist stets nur das äußerste Mittel und dann verwehrt, wenn andere zumutbare Möglichkeiten – wie etwa die Neuverhandlung – bestehen, um einen Missstand zu beseitigen3.
15.31
Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn die Fortsetzung der stillen Gesellschaft für den kündigenden Gesellschafter unzumutbar geworden ist, also insbesondere wenn ein Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung verletzt4 oder wenn die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Der wichtige Grund kann in der Person dessen liegen, der von dem Kündigungsrecht Gebrauch macht, aber auch in der Person des anderen Gesellschafters oder in sonstiger Weise gegeben sein. Auch eine unverschuldete Unmöglichkeit kann ein wichtiger Kündigungsgrund sein, ebenso ein Verhalten des Inhabers, das zu berechtigtem Misstrauen gegen seine Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit Anlass gibt, auch dauernde Unrentabilität oder die Einstellung des Geschäftsbetriebs (vgl. Rz. 15.15 ff., aber auch Rz. 15.58 ff.). Verändert der Inhaber ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters die
15.32
1 Blaurock, Anm. zu BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, EWiR § 230 HGB 1/94, 585 (586); Glenk, INF 1995, 401 (404); Horn in Heymann, § 234 HGB Rz. 11. 2 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277. 3 Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 186. 4 BGH v. 18.10.1965 – II ZR 232/63, WM 1966, 29 (31).
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§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
Gesellschafterstruktur, die wesentlichen Grundlagen seines Handelsgewerbes oder die Rechtsform seines Unternehmens, so ist der stille Gesellschafter zur fristlosen Kündigung berechtigt. Zur Beantwortung der Frage, ob es dem Stillen zumutbar ist, das Gesellschaftsverhältnis in der veränderten Form fortzusetzen, bedarf es grundsätzlich einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und einer umfassenden Interessenabwägung1. Führt die Bindung des Miterben des stillen Gesellschafters, den der Erblasser entsprechend dem Gesellschaftsvertrag zu seinem Nachfolger bestimmt und der das Eintrittsrecht ausgeübt hat, an die Testamentsvollstreckung bzw. gegenüber den Miterben zu Unzuträglichkeiten, die den Mitgesellschaftern nicht zuzumuten sind, so kann dies ein wichtiger Kündigungsgrund sein2.
15.33 Was als wichtiger Grund anzusehen ist, kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden. Es kann vereinbart werden, dass die Gründe, die bei der offenen Handelsgesellschaft zur Auflösung gemäß § 133 HGB berechtigen, wichtige Gründe zur fristlosen Kündigung sein oder dass bestimmte Tatsachen einen wichtigen Grund oder keinen wichtigen Grund bilden sollen3. Das Verbot der Beschränkung des Kündigungsrechts in § 723 Abs. 3 BGB nimmt den Gesellschaftern nicht das Recht zu vereinbaren, dass bestimmte Vorfälle den Fortbestand der Gesellschaft nicht in Frage stellen sollen. Allerdings ist der Verzicht auf die außerordentliche Kündigung nach § 723 Abs. 3 BGB nichtig4. Es kann deshalb auch nicht eine Vertragsstrafe oder ein Austrittsgeld für den Fall der Kündigung rechtswirksam vereinbart werden. Zulässig ist dagegen die Vereinbarung, ein Schiedsgericht solle das Vorliegen eines wichtigen Grundes bindend feststellen, weil in der Übertragung der Entscheidung auf das Schiedsgericht keine Beschränkung des Kündigungsrechts liegt. Ebenso erscheint es unbedenklich zu vereinbaren, dass der stille Gesellschafter, der dem Inhaber einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben hat oder der aus einem in seiner Person liegenden und von ihm zu vertretenden wichtigen Grund fristlos kündigt, nur den Buchwert seiner Vermögenseinlage zurückerhalten, an den stillen Reserven aber nicht beteiligt sein soll.
15.34 Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet im Streitfall das Prozessgericht. Die Grenze der Zumutbarkeit ist dabei weder aufgrund der subjektiven Ansichten des Kündigenden noch derjenigen seines Partners, sondern anhand eines möglichst objektiven Maßstabs festzustellen.
15.35 Die Beweislast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes trifft den Kündigenden. Er kann dabei solche Tatsachen nicht geltend machen, die schon vor Abschluss des Gesellschaftsvertrags vorlagen und ihm bekannt waren. Wohl aber kann er sie zur Unterstützung solcher Ereignisse anführen, die sich erst später abgespielt oder herausgestellt haben.
15.36 Auch beim Vorliegen eines wichtigen Grundes darf die Kündigung nicht zur Unzeit erfolgen, es sei denn, dass ein wichtiger Grund gerade auch für die unzeitige Kündi-
1 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (382); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 49. 2 BGH v. 28.6.1962 – II ZR 61/61, WM 1962, 1084. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 49 a.E.; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 268. 4 Glenk, INF 1995, 176 (180).
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§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
gung gegeben ist (§ 723 Abs. 2 BGB). Durch die Kündigung zur Unzeit wird zwar die Gesellschaft aufgelöst1; der Kündigende hat aber dem anderen Teil den ihm entstandenen Schaden zu ersetzen, der den entgangenen Gewinn bis zu dem Tag umfasst, zu dem die reguläre Auflösung der Gesellschaft hätte herbeigeführt werden können. Auf die Einrede der Kündigung zur Unzeit kann verzichtet werden. Macht der stille Gesellschafter von seinem Recht zur vorzeitigen Kündigung Gebrauch, so können jedoch die Gläubiger des Inhabers nicht von ihm Schadensersatz verlangen, weil er durch die vorzeitige Auflösung der Gesellschaft ihnen gegenüber den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt habe – eine Folge der Tatsache, dass zwischen ihm und den Gläubigern des Inhabers keine Rechtsbeziehungen bestehen. Hat der stille Gesellschafter an den Inhaber eine Sache für bestimmte Zeit unkündbar vermietet, so beendet auch die Kündigung nach § 723 BGB nicht ohne Weiteres auch den Mietvertrag (vgl. Rz. 15.5).
15.37
Umstritten sind die Fälle der freien Hinauskündigungsklausel. Früher galt der Grundsatz, dass eine derartige freie Hinauskündbarkeit eines Gesellschafters nach dem Willen eines Gesellschafters nicht zulässig ist2. Diese Rechtsprechung wurde jedoch in den letzten Jahren gelockert, sofern die Hinauskündigung durch besondere Umstände ausnahmsweise sachlich gerechtfertigt ist3. Das hat auch für die stille Gesellschaft Bedeutung: Wird die stille Beteiligung im Zusammenhang mit einer Mitarbeit im Unternehmen des Kaufmannes oder der Handelsgesellschaft gewährt, so ist der Kaufmann bzw. das Vertretungsorgan der Handelsgesellschaft bei Beendigung des (Mit-)Arbeitsverhältnisses im Zweifel zur Kündigung der stillen Beteiligung berechtigt.
15.38
4. Kündigung durch einen Privatgläubiger des stillen Gesellschafters (§§ 234, 135 HGB) Unter bestimmten Voraussetzungen hat ein Privatgläubiger des stillen Gesellschafters nach § 135 HGB das Recht, die Gesellschaft unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Ende des Geschäftsjahres zu kündigen, und zwar auch dann, wenn die Gesellschaft auf bestimmte Zeit eingegangen ist. 1. Es muss innerhalb der letzten sechs Monate vor Ausspruch der Kündigung erfolglos eine Zwangsvollstreckung – gleich durch wen – in das bewegliche Vermögen des stillen Gesellschafters versucht worden sein4. 2. Der Gläubiger muss einen nicht nur vorläufig vollstreckbaren Schuldtitel gegen den stillen Gesellschafter erwirkt und
1 H.M., vgl. die Literaturnachweise bei van Venrooy, JZ 1981, 53 Fn. 6; a.A. mit beachtlichen Gründen van Venrooy, JZ 1981, 53 (57). 2 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (zur atypischen stillen Gesellschaft) m.w.N.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 2. Aufl. 2005, § 234 HGB Rz. 54. 3 BGH v. 8.3.2004 – II ZR 165/02, NJW 2004, 2013 (zur GbR); BGH v. 19.9.2005 – II ZR 173/04, NJW 2005, 3641 (Managermodell/zur GmbH); BGH v. 19.9.2005 – II ZR 342/03, NJW 2005, 3644 (Mitarbeitermodell/zur GmbH); BGH v. 19.3.2007 – II ZR 300/05, NJW-RR 2007, 913 (Erbengemeinschaft/zur KG); BGH v. 7.5.2007 – II ZR 281/05, NJW-RR 2007, 1256 (Gemeinschaftspraxis). 4 Emmerich in Heymann, § 135 HGB Rz. 9; Roth in Baumbach/Hopt, § 135 HGB Rz. 6.
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15.39
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
3. aufgrund dieses Schuldtitels die Pfändung und Überweisung des Anspruchs des stillen Gesellschafters auf dasjenige erwirkt haben, was ihm bei der Auseinandersetzung zukommt. Die Pfändung allein genügt nicht.
15.40 Die Gesellschaft wird dann zum Ende des Geschäftsjahres aufgelöst, und der Gläubiger erlangt ein Pfandrecht an dem Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters (§ 1273 BGB). Der Inhaber kann die Auflösung dadurch abwenden, dass er die Schuld des stillen Gesellschafters bezahlt (§ 268 BGB). Seine Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch des stillen Gesellschafters bleiben ihm auch gegenüber dem Privatgläubiger erhalten (§ 404 BGB). Ist die Kündigung wirksam geworden, so bleibt sie es auch, wenn ihre Voraussetzungen später wegfallen. Der Gläubiger selbst erlangt durch die Pfändung und Kündigung nicht die Stellung eines stillen Gesellschafters und demzufolge auch kein Mitwirkungsrecht bei der Berechnung des Guthabens. Vertragliche Vereinbarungen über die Berechnung des Guthabens sind auch für ihn verbindlich, wenn sie nicht erst nach der Pfändung getroffen worden sind oder nur den Zweck haben, seine Rechte aus § 234 Abs. 1 HGB zu beeinträchtigen. § 725 BGB ist nicht anwendbar, weil es einen Anteil an einem Gesellschaftsvermögen nicht gibt. Das gilt auch für die atypische stille Gesellschaft.
15.41 Für die Gläubiger des Inhabers des Handelsgewerbes ist ein entsprechendes Kündigungsrecht nicht vorgesehen, weil sie jederzeit die Möglichkeit des Zugriffs auf sein Vermögen einschließlich der Einlage des Stillen haben1. Hat dieser seine Einlage noch nicht oder noch nicht vollständig erbracht, so können sie den Anspruch des Inhabers darauf pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Der stille Gesellschafter kann aber, wenn ein Gläubiger in das Vermögen des Inhabers vollstreckt, das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen2. Nimmt er allerdings bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der stillen Gesellschaft teil, so wandelt sich der Anspruch auf Erbringung der Einlage um in einen Anspruch auf Verlustausgleich3. Dieser ist dann, da die Kündigung nur ex nunc wirkt, als solcher pfändbar. 5. Tod oder Todeserklärung eines Gesellschafters, Auflösung von Handelsgesellschaften a) Tod des Geschäftsinhabers
15.42 Gemäß § 727 Abs. 1 BGB endet die stille Gesellschaft mit dem Tode oder der Todeserklärung des Inhabers4. Der Grund für diese Regelung liegt in der Abhängigkeit des Gedeihens des Handelsgewerbes von seiner Person und seiner persönlichen Tüchtigkeit und entspricht somit den Interessen des stillen Gesellschafters. Die Auflösung tritt auch ein, wenn die Erben des Inhabers das Handelsgeschäft fortführen. Sie haben dem stillen Gesellschafter den Tod unverzüglich anzuzeigen (§ 727 Abs. 2 BGB). Ob sie den Stillen zur Fortführung der Geschäfte verpflichtet sind, ist umstritten. Eine solche Pflicht zur Fortführung ergibt sich für die schwebenden Geschäfte unstreitig aus § 235 Abs. 2 HGB. Soweit dies zur Vertragsabwicklung erforderlich ist, muss aber auch § 727 Abs. 2 BGB Anwendung finden. Denn eine Gefährdung der Auseinander1 2 3 4
K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 52. K. Schmidt, KTS 1977, 4. Geck, DStR 1994, 657 (659). K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 7.
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§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
setzungsansprüche kann auch Vorkehrungen erfordern, die über die Abwicklung der schwebenden Geschäfte hinausgehen. Da die Gesellschaft durch die Auflösung nicht vollbeendet wird (Rz. 15.1 ff.), bleiben die Erben zur Fortführung verpflichtet, soweit dies zur Sicherung des neuen Gesellschaftszweckes – der Abwicklung – erforderlich ist1. Die gleiche Pflicht obliegt dem stillen Gesellschafter, wenn er nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung berechtigt war, bis zum Eintritt der Erben. Der Tod des Geschäftsinhabers führt nicht zur Auflösung der stillen Gesellschaft, wenn im Gesellschaftsvertrag etwas anderes vereinbart ist. Die Vereinbarung kann die Fortsetzung der Gesellschaft zwischen Stillem und Erben oder nur ein diesbezügliches Forderungsrecht zugunsten des Erben oder des Stillen vorsehen. Eine Anordnung des Inhabers im Wege einer letztwilligen Verfügung bringt diese Wirkung nicht hervor.
15.43
Ist vereinbart, dass die stille Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt werden soll, so bestimmt sich ausschließlich nach erbrechtlichen Vorschriften, wer Erbe ist (gesetzliche oder testamentarische Erbfolge). Ist nur ein Erbe vorhanden, so tritt er an die Stelle des Inhabers. Sind mehrere Erben vorhanden, so treten sie im Zeitpunkt des Erbfalls dem stillen Gesellschafter als Erbengemeinschaft gegenüber. Ist ein Miterbe an der Erbfolge in das Handelsgeschäft nicht interessiert, kann er nicht die Fortsetzung der Gesellschaft ablehnen, er kann nur die Erbschaft als solche ausschlagen. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag ein solches Recht zur Ablehnung allein der Gesellschafterstellung vorsehen. Ansonsten hat der Erbe unter Umständen nach Annahme der Erbschaft ein Recht zu fristloser Kündigung aus wichtigem Grunde. Er ist nicht berechtigt, seinen Verbleib davon abhängig zu machen, dass ihm gemäß § 139 HGB die Rechtsstellung eines Kommanditisten eingeräumt wird.
15.44
Soll im Wege der Erbauseinandersetzung das Handelsgeschäft nur einem oder einigen Miterben zugewiesen werden, so bedarf dies vorbehaltlich anderer gesellschaftsvertraglicher Regelungen der Zustimmung des stillen Gesellschafters. Wird sie nicht erteilt, so liegt in der Übertragung auf den Miterben eine Verletzung des für die Erbengemeinschaft verbindlichen Gesellschaftsvertrags, die den stillen Gesellschafter zur Klage auf Erfüllung oder auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung berechtigt.
15.45
Die Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine offene Handelsgesellschaft ist auch ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters zulässig, wenn alle Miterben die Rechtsstellung von persönlich haftenden Gesellschaftern erhalten. Die Interessen des Stillen werden dadurch nicht beeinträchtigt. Dagegen ist seine Zustimmung erforderlich, wenn sich einige Erben von der offenen Handelsgesellschaft ausschließen oder sich nur als Kommanditisten beteiligen wollen oder wenn das Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt werden soll2. Vorrangig ist in allen Fällen die Auslegung der Fortsetzungsklausel.
15.46
1 Ähnlich Horn in Heymann, § 234 HGB Rz. 19; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 8 (mit Einschränkungen für die atypische stille Gesellschaft); Zutt in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 13; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 91 Rz. 22 f. 2 Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 49; vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 10.
Blaurock 331
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
15.47 Ein Testamentsvollstrecker kann weder das Handelsgeschäft in eine Kapitalgesellschaft noch die an dem Handelsgeschäft entstandenen Mitgliedschaftsrechte der Erben in stille Beteiligungen umwandeln. Dazu sind nur die Erben selbst befugt.
15.48 Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass beim Tode des Inhabers das Handelsgewerbe auf den stillen Gesellschafter übergehen soll. Die Vereinbarung gibt einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben. Die im Zeitpunkt der Übertragung bestehende stille Gesellschaft erlischt durch Konfusion (vgl. Rz. 15.68). Die Erben des Inhabers scheiden aus. Ihr Auseinandersetzungsguthaben errechnet sich aus der Bilanz. b) Tod des stillen Gesellschafters
15.49 Durch den Tod des stillen Gesellschafters wird vorbehaltlich abweichender gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung die Gesellschaft nicht aufgelöst (§ 234 Abs. 2 HGB). Auch diese Regelung entspricht der Interessenlage, weil der stille Gesellschafter bei typischer Vertragsgestaltung nur kapitalmäßig beteiligt ist und der Aufrechterhaltung des Gesellschaftsverhältnisses mit seinen Erben regelmäßig keine in deren Person liegende Gründe entgegenstehen.
15.50 Anders stellt sich die Situation dar, wenn dem Stillen in der atypisch stillen Gesellschaft Geschäftsführungs- und Mitverantwortungsrechte eingeräumt worden sind und ihm damit die Mitbestimmung über die Geschicke des Geschäfts zugestanden wurde. In solchen Fällen kann dem Geschäftsinhaber nicht ohne Weiteres zugemutet werden, auch dem Erben oder einer Erbengemeinschaft diese Rechtsstellung einzuräumen. Rasner1 nimmt daher einen stillschweigenden Ausschluss des § 234 Abs. 2 HGB an und gelangt so zur zwingenden Auflösung der Gesellschaft. Die überwiegende Auffassung will dem Inhaber dagegen ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund geben2. Dies ist auch interessengerecht, da das Kündigungsrecht den Interessen des Inhabers völlig genügt, dabei aber auch die Fortsetzung ohne besondere Vereinbarung zulässt.
15.51 Ist nur ein Erbe vorhanden, so tritt dieser im Zeitpunkt des Erbfalls kraft Erbrechts an die Stelle des stillen Gesellschafters, ohne dass es einer besonderen Erklärung bedarf. Ist er an dem Erwerb der stillen Beteiligung nicht interessiert, muss er die ganze Erbschaft ausschlagen. Er hat, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, kein Recht, nur die stille Beteiligung auszuschlagen, im Übrigen aber die Erbschaft anzunehmen. Rückt der Erbe in die Stellung als stiller Gesellschafter ein, so verliert er nicht das Recht, sich gegenüber den Ansprüchen des Inhabers auf die beschränkte Erbenhaftung zu berufen.
15.52 Rücken mehrere Erben in die stille Gesellschafterstellung ein, so treten sie dem Inhaber nicht einzeln mit der ihrem Erbteil entsprechenden Einlage als selbständige Gesellschafter, sondern als Erbengemeinschaft (d.h. als ein stiller Gesellschafter) gegenüber, die die Rechte und Pflichten gemeinsam ausübt. Die Verteilung des Gewinns auf die einzelnen Erben ist Nachlassteilung. 1 Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 139. 2 Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 48; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 58; Horn in Heymann, § 234 HGB Rz. 15 f.; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 91 Rz. 24.
332 Blaurock
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
Eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung, die dazu führte, dass jeder Erbe einzeln wie bei der OHG und der KG Gesellschafter würde, existiert auch bei der atypischen stillen Gesellschaft nicht1. Die Sondererbfolge stellt eine Ausnahme zum Grundsatz der Universalsukzession im Erbrecht dar, die ihre Rechtfertigung vor allem in haftungsrechtlichen Überlegungen findet2. Diese spielen bei der Innengesellschaft aber keine Rolle und können deswegen eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung nicht rechtfertigen3. Dies gilt auch für atypische stille Beteiligungen, bei denen z.B. der stille Gesellschafter an der Geschäftsführung teilnimmt oder die eine Verbandsstruktur aufweisen4, denn die Universalsukzession in den Nachlass steht nicht zur Disposition des Gesellschaftsvertrags. Auch reichen einfache Zweckmäßigkeitserwägungen nicht aus, für die stille Gesellschaft von einem so tragenden Grundsatz wie dem der Gesamtrechtsnachfolge eine Ausnahme zu machen5. Die Annäherung der atypischen stillen Gesellschaft an die Kommanditgesellschaft findet ihre Grenze dort, wo es um die Folgen des begriffsbildenden Unterschieds zwischen Innen- und Außengesellschaft geht. Eine Sondererbfolge in die stille Beteiligung gibt es deswegen genauso wenig wie die Sondererbfolge eines Erben des Inhabers in das Handelsgeschäft.
15.53
Wird die Erbengemeinschaft durch Auseinandersetzung aufgelöst, so hat das auf die stille Gesellschaft keinen Einfluss. Insbesondere wird dadurch die stille Beteiligung nicht in mehrere Teile aufgespalten, wenn nicht der Inhaber der Auseinandersetzung zustimmt oder der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsieht6. Es kann sich aber der Inhaber im Gesellschaftsvertrag verpflichten, der unter den Erben getroffenen Regelung zuzustimmen.
15.54
Im Gesellschaftsvertrag kann vereinbart werden, dass nicht alle, sondern nur einzelne Erben oder nur Familienangehörige Rechtsnachfolger sein sollen7. Da das Erbrecht für die stille Gesellschaft nur eine Gesamtnachfolge aller Erben kennt, kann der im Gesellschaftsvertrag als Nachfolger bestimmte Miterbe den Gesellschaftsanteil jedoch nicht unmittelbar erwerben; vielmehr muss die Vermögenseinlage des Stillen dem benannten Miterben im Wege der Auseinandersetzung zugewiesen werden8. Hat der Stille testamentarisch seinen Nachfolger bestimmt (in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag), so kann es sich um ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung handeln. Beide haben nur schuldrechtliche Wirkung, d.h. sie begründen ein Forderungsrecht gegen den Beschwerten bzw. die Erbengemeinschaft9, nicht aber gegen den Geschäftsinhaber.
15.55
1 Leipold in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 1922 BGB Rz. 77. 2 Vgl. BGH v. 22.11.1956 – II ZR 222/55, BGHZ 22, 186 (192); BGH v. 20.4.1972 – II ZR 143/69, BGHZ 58, 316 (317). 3 Vgl. Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 252 f. 4 So aber Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 91 Rz. 26 insbesondere für die gesplittete Einlage; Knieper/Fromm, NJW 1980, 2677 (2688); Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 253 f.; zurückhaltender aber K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 57. 5 A.A. offenbar Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 253 f. mit dem Argument, auf diese Weise ließe sich ein unterschiedliches Schicksal von Kommanditeinlage und stiller Einlage beim Tode des stillen Gesellschafters vermeiden. 6 RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 386 (392). 7 BGH v. 28.6.1962 – II ZR 61/61, WM 1962, 1084. 8 A.A. Siebert, StbJb. 1955/56, 299 (316 ff.). 9 Weidlich in Palandt, § 1939 BGB Rz. 1, § 2048 BGB Rz. 1 ff.
Blaurock 333
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15.56 Es kann im Gesellschaftsvertrag dem Erben oder einem Nichterben auch ein Eintrittsrecht eingeräumt werden. Es handelt sich dabei in der Regel um einen Vertrag zugunsten eines Dritten (§§ 328, 331 BGB)1. Der Eintrittsberechtigte kann also entscheiden, ob er die Gesellschaft mit dem Inhaber fortsetzen will oder nicht. Eine Eintrittspflicht kann auf diesem – gesellschaftsvertraglichen – Wege für den Bedachten nicht begründet werden.
15.57 Die Wahrnehmung der Gesellschafterrechte durch einen Testamentsvollstrecker ist grundsätzlich möglich, und zwar auch bei der atypisch stillen Gesellschaft. Die Testamentsvollstreckung bedarf jedoch immer der Zustimmung des Geschäftsinhabers2. c) Auflösung von Inhaber-Handelsgesellschaften
15.58 Ist eine Handelsgesellschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so ist deren Auflösung nicht dem Tod einer natürlichen Person gleichzustellen3. Die Auflösung einer Handelsgesellschaft als Geschäftsinhaberin leitet zunächst nur ihre Abwicklung ein, führt aber nicht ipso iure zur Auflösung der stillen Gesellschaft. Während der Abwicklung kann aber auch diese aufgelöst werden, und zwar insbesondere durch Kündigung der Liquidatoren oder des stillen Gesellschafters, bzw. nach § 726 BGB durch Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks. Durch die Abwicklung wird zwar der Zweck der Handelsgesellschaft geändert, derjenige der stillen Gesellschaft – Förderung des Handelsgewerbes der Inhabergesellschaft – aber noch nicht vereitelt. Eine Auflösung der stillen Gesellschaft nach § 726 BGB ist erst dann anzunehmen, wenn die Handelsgesellschaft zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebes endgültig nicht mehr in der Lage ist4. Von diesem Zeitpunkt an befindet sich die stille Gesellschaft dann ihrerseits im Stadium der Auflösung und ist abzuwickeln5. Vollbeendigung der Handelsgesellschaft ist nicht erforderlich6, da diese erst nach Erlöschen auch der Abfindungsansprüche des stillen Gesellschafters eintreten kann. Die Auflösung der Handelsgesellschaft wird nach Lage des Einzelfalles häufig aber auch einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, so dass die stille Gesellschaft meist schon vor Unmöglichwerden des Zwecks durch Kündigung aufgelöst werden wird. Daneben steht es den Gesellschaftern frei, die Auflösung der Handelsgesellschaft gesellschaftsvertraglich als Auflösungsgrund zu bestimmen.
15.59 Dagegen kann an der Abwicklungsgesellschaft eine stille Beteiligung grundsätzlich nicht neu vereinbart werden, es sei denn, dass diese stille Beteiligung gerade den Abwicklungszweck fördern soll.
15.60 Aus dem Gesellschaftsvertrag sind die Liquidatoren zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Geschäftsinhaberin verpflichtet. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, so stehen dem Stillen Schadensersatzansprüche zu. 1 Siebert, NJW 1955, 812; Siebert, StbJb. 1955/56, 316. 2 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 91 Rz. 32; BGH v. 3.7.1989 – II ZB 1/89, NJW 1989, 3152 (3153). 3 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (380); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 7, 24. 4 BGH v. 12.7.1982 – II ZR 157/81, BGHZ 84, 379 (380); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 28; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 121. 5 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 113; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 271. 6 So aber Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 91 Rz. 44.
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§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
Beschließen die Gesellschafter der Geschäftsinhaberin willkürlich und ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters deren Auflösung, so kann darin eine schuldhafte Verletzung des Gesellschaftsvertrags mit dem Stillen liegen. In diesem Falle der Vollbeendigung genügt es, dass der stille Gesellschafter einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung hat1. Setzt die aufgelöste Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb fort, kann der stille Gesellschafter verlangen, dass das Gesellschaftsverhältnis fortgesetzt wird. Ist die stille Gesellschaft dagegen noch nicht vollbeendet, so hat der stille Gesellschafter einen Anspruch auf Rückumwandlung der Abwicklungsgesellschaft in eine werbende Gesellschaft, allerdings nur dann, wenn die Gesellschafter der Geschäftsinhaberin dadurch nicht in die persönliche Haftung gedrängt werden. Während man von GmbH-Gesellschaftern verlangen kann, von der Abwicklungsgesellschaft wieder zur werbenden überzugehen, kann das von Gesellschaftern einer Personenhandelsgesellschaft nicht verlangt werden. In diesem Fall muss sich der stille Gesellschafter mit Schadensersatzansprüchen begnügen.
15.61
6. Insolvenz eines Gesellschafters (§ 728 BGB) Die stille Gesellschaft ist in Ermangelung eines Gesellschaftsvermögens als solche nicht insolvenzfähig. Wird über das Vermögen des Inhabers oder des stillen Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet, so führt das nach allgemeiner Meinung nach § 728 Abs. 2 BGB zur Auflösung der Gesellschaft2. Den Gläubigern des Stillen wird damit im Falle seiner Insolvenz der Zugriff auf den Abfindungsanspruch ermöglicht. Aus § 236 HGB, der gewährleisten soll, dass der stille Gesellschafter nicht hinter die übrigen Gläubiger zurücktreten muss, folgt die Auflösung der stillen Gesellschaft auch im Falle der Insolvenz des Geschäftsinhabers.
15.62
Die Auflösung knüpft an den Erlass des Eröffnungsbeschlusses, nicht erst an dessen Zustellung an. Die sofortige Beschwerde nach § 34 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 InsO hat keine aufschiebende Wirkung, § 4 InsO i.V.m. § 570 Abs. 1 ZPO3. Ob die Aufhebung des Eröffnungsbeschlusses rückwirkend seine Folgen hinsichtlich der stillen Gesellschaft beseitigt4, kann dahinstehen, da sich die stille Gesellschaft durch die Auflösung nur in eine Abwicklungsgesellschaft umwandelt und nicht sofort beendigt wird. Diese wandelt sich auch dann wieder in eine werbende stille Gesellschaft um, wenn das Insolvenzverfahren eingestellt (§ 207 Abs. 1 InsO) wird5. In der Regel wird aber ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gegeben sein.
15.63
§ 736 BGB, wonach der Gesellschaftsvertrag vorsehen kann, dass der in Insolvenz geratene Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und diese unter den anderen
15.64
1 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 250. 2 Die uneingeschränkte Anwendung von § 728 Abs. 2 BGB auch im Fall der Insolvenz des Geschäftsinhabers ist allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens eine Sanierung des Geschäftsinhabers angestrebt wird. Ursprünglich ordnete § 728 Abs. 2 BGB die Auflösung der Gesellschaft nur für den Fall des Konkurses eines Gesellschafters an; bei einem Vergleich blieb die Gesellschaft bestehen. Durch die Insolvenzrechtsreform wurde in § 728 Abs. 2 BGB dann aber lediglich das Wort „Konkursverfahren“ durch „Insolvenzverfahren“ ersetzt, ohne zu berücksichtigen, dass damit auch die geplanten Sanierungsfälle mit erfasst wurden. Hierzu näher Blaurock in FS Stürner, Bd. I, S. 659 ff. 3 Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 16 Rz. 40. 4 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 91 Rz. 34. 5 A.A. Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 52.
Blaurock 335
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
Gesellschaftern fortbesteht, ist auf eine nur aus zwei Gesellschaftern bestehende stille Gesellschaft naturgemäß nicht anwendbar. Anders liegt es dagegen bei einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft im Falle der Insolvenz nur eines stillen Gesellschafters1.
15.65 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass eines Gesellschafters hat die Auflösung der stillen Gesellschaft nicht zur Folge. § 728 BGB ist auf diesen Fall weder direkt noch entsprechend anzuwenden2, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Unter Umständen ist eine Kündigung aus wichtigem Grunde möglich3. 7. Sonstige mögliche Auflösungsgründe
15.66 Weitere Auflösungsgründe können im Gesellschaftsvertrag beliebig vereinbart werden. Zur Auflösung führen teilweise aber auch folgende, bisher noch nicht erwähnte Gründe.
15.67 Der Verlust der Geschäftsfähigkeit eines Beteiligten führt grundsätzlich nicht zur Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses. Für den nicht voll geschäftsfähigen Teil handelt sein gesetzlicher Vertreter. Unter Umständen ist der andere Gesellschafter zur Kündigung aus wichtigem Grunde berechtigt. Das wird regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn der Inhaber die Geschäftsfähigkeit verliert oder wenn dem stillen Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag Geschäftsführungsbefugnisse übertragen sind.
15.68 Die stille Gesellschaft wird aufgelöst durch Konfusion, also grundsätzlich wenn sich durch Erbgang oder Verschmelzung die Rechtsstellung des Inhabers mit der des stillen Gesellschafters in einer Person vereinigt.
15.69 Schließen der Inhaber und der stille Gesellschafter miteinander die Ehe, so berührt das nicht den Bestand der stillen Gesellschaft, wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben oder Gütertrennung vereinbaren, weil weder bei dem einen noch bei dem anderen Güterstand das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten sind. Anders ist die Rechtslage, wenn Gütergemeinschaft (§ 1416 BGB) vereinbart ist. In das Gesamtgut fallen die Beteiligungen aber auch dann nur bei Zustimmung der Gesellschafter, da sie nach § 719 Abs. 1 BGB nicht durch Rechtsgeschäft übertragbar sind und daher nach § 1417 Abs. 2 BGB grundsätzlich zum Sondergut zählen4.
15.70 Die Frage, ob die stille Gesellschaft aufgelöst wird, wenn der Inhaber kein Handelsgewerbe mehr betreibt, ist streitig; sie ist von Bedeutung für die Kaufleute nach §§ 2 und 3 HGB, wenn die Eintragung im Handelsregister gelöscht wird. Es fehlt dann an einer nach § 230 HGB für die stille Gesellschaft wesentlichen Voraussetzung. Die Gesellschaft besteht aber, wenn es – was in der Regel unterstellt werden kann – dem Willen 1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 56; Horn in Heymann, § 234 HGB Rz. 19. 2 Zur früheren Rechtslage nach § 131 Nr. 5 HGB a.F. vgl. BGH v. 30.4.1984 – II ZR 293/83, BGHZ 91, 132 (135); Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 50. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 49. 4 Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 57.
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§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
der Beteiligten entspricht, als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts weiter1; auf sie können die Vorschriften über die stille Gesellschaft, soweit sie passen, entsprechend angewendet werden. Wird dem stillen Gesellschafter die Einlage zurückgewährt, so entfällt eine wesentliche Voraussetzung für die Errichtung einer stillen Gesellschaft. Auf den Fortbestand der rechtswirksam begründeten Gesellschaft hat die Rückgewähr der Einlage jedoch grundsätzlich keinen Einfluss. Das ergibt sich einmal aus § 136 InsO, wo der Gesetzgeber selbst diese Möglichkeit in Erwägung zieht, zum anderen daraus, dass die Einlage auch durch Verluste oder vereinbarte Entnahmen aufgezehrt werden kann, ohne dass dies die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hat. Soll durch die Rückgewähr dem Geschäftsinhaber die Einlage endgültig entzogen werden, so liegt darin allerdings meist auch eine einverständliche Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses2.
15.71
Die Unternehmens- oder Anteilsveräußerung durch den Geschäftsinhaber führt als solche nicht zur Auflösung der stillen Gesellschaft, da der Geschäftsinhaber Rechtssubjekt und durch das Gesellschaftsverhältnis gebunden bleibt. Denkbar ist aber eine Auflösung durch Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks (§ 726 BGB; vgl. Rz. 15.15 ff.).
15.72
III. Zusammenfassung Die Auflösung der stillen Gesellschaft führt zur Umwandlung in eine Abwicklungsgesellschaft mit dem Zweck der Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern. Diese liegt allein in den Händen des Inhabers. Der stille Gesellschafter wirkt an ihr nicht mit, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Als Auflösungsgründe erwähnt das Gesetz in § 234 Abs. 1 HGB lediglich die ordentliche Kündigung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter oder durch den Gläubiger des stillen Gesellschafters und verweist dazu auf die entsprechenden Vorschriften aus dem Recht der OHG, wohingegen sich die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde nach § 723 BGB bestimmt. Sie kann durch den Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen oder erschwert werden. Da die stille Gesellschaft eine Sonderform der Innengesellschaft bürgerlichen Rechts ist, wird die rudimentäre Regelung des § 234 HGB durch die §§ 705 ff. BGB ergänzt: § 726 HGB (Erreichung oder Unmöglichwerden des vereinbarten Zwecks), § 728 HGB (Insolvenz eines Gesellschafters), § 727 HGB (Tod des Inhabers des Handelsgewerbes). Im letzteren Falle kann im Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft mit seinen Erben vorgesehen werden. Durch den Tod des stillen Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst, wenn der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Diese Regelung ist nicht erschöpfend. Als weitere Auflösungsgründe sind zu nennen der Ablauf der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeit, der Eintritt einer auflösenden Bedingung, Vereinbarung der Gesellschafter. Den Beteiligten bleibt es unbenommen, beliebige weitere Auflösungsgründe zu vereinbaren. 1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 262; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 65; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 42 a.E. 2 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 91 Rz. 41; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 5; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 66.
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15.73
§ 15 Auflçsung der stillen Gesellschaft
Im Bereich der atypischen stillen Gesellschaft und der Publikumsgesellschaft gilt es, auch für die Auflösungsgründe die Spezifika der jeweiligen Unternehmensform zu berücksichtigen, welche z.B. die Kündigungsrechte ausschließen oder modifizieren können. Liegt kein zwingender Auflösungsgrund vor, so ist stets zu fragen, ob nicht die Voraussetzungen eines außerordentlichen Kündigungsrechts nach § 723 BGB erfüllt sind. Dazu ist immer eine Interessenabwägung unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles erforderlich.
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§ 16 Auseinandersetzung Schrifttum: Hartmann, Bernhard, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983; Hillers, Klaus, Personengesellschaft und Liquidation, Diss., Bielefeld 1987; Marquardt, Michael, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 16.5.1994, WiB 1994, 906; Müller, HansFriedrich, Anmerkung zum BGH-Urteil vom 13.4.1995, WuB II H. § 723 BGB, S. 994; Schmidt, Karsten, „Anwachsung“: Was ist das, und … gibt es das noch?, in Festschrift für Ulrich Huber, 2006, S. 969; Schmidt, Karsten, Auflösung der stillen Gesellschaft: Blitzschlag oder Abwicklungsprozedur? Überlegungen zum Urteil des BGH vom 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 641; Schulze-Osterloh, Joachim, Der atypische stille Gesellschafter ist der typische stille Gesellschafter!, in Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, 2001, S. 377; Sudhoff, Gewinnanteil und Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters, NJW 1960, 2121; Zinkeisen, Klaus, Der Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, Diss. Hamburg, 1972.
I. Begriff und Wesen 1. Die gesetzliche Regelung Nach der Auflösung der stillen Gesellschaft hat sich der Inhaber des Handelsgeschäfts mit dem stillen Gesellschafter auseinanderzusetzen und dessen Guthaben in Geld zu berichtigen (§ 235 Abs. 1 HGB). Bei der Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft handelt es sich jedoch nicht um eine Liquidation im herkömmlichen gesellschaftsrechtlichen Sinne. Zumindest in dogmatischer Hinsicht unterscheidet sich die Abwicklung von der Auseinandersetzung i.S. der §§ 738–740 BGB erheblich. Diese Vorschriften beziehen sich nach der allgemeinen Konzeption der Regelungen über die Gesellschaft zunächst auf die Außengesellschaft und verfolgen den Zweck, das Gesellschaftsvermögen aus seiner gesamthänderischen Gebundenheit zu lösen und den einzelnen Gesellschaftern ihren Anteil an dem Vermögen tatsächlich zuzuführen. Dessen bedarf es bei der stillen Gesellschaft nicht1, weil in dinglicher Hinsicht ein gemeinschaftliches Vermögen nicht vorhanden ist und eine persönliche Haftung des stillen Gesellschafters den Gläubigern gegenüber entfällt. Die stille Gesellschaft hat keine Verbindlichkeiten, die im Rahmen einer Liquidationsphase vorrangig zu erfüllen sein könnten2.
16.1
Bereits an anderer Stelle (Rz. 15.3) ist dargelegt worden, dass auch die stille Gesellschaft nicht automatisch mit ihrer Beendigung erlischt, sondern zunächst mit dem Zweck der Abwicklung fortbesteht, wobei sich die gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten entsprechend dem Abwicklungszweck anpassen. Fraglich ist aber, ob dieser Befund notwendigerweise die Anwendung der §§ 738–740 BGB (analog) nach
16.2
1 Im Hinblick auf die sog. „Innen-KG“ ist dieses umstritten. Ausdrücklich gegen eine liquidationsgleiche Abwicklung auch in einem solchen Fall: BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423); dagegen: K. Schmidt, NZG 2016, 641 (645), der in einem solchen Fall vor dem Hintergrund der treuhänderischen Vermögensstruktur zutreffend von einer „virtuellen Liquidation“ spricht und feststellt, dass der Geschäftsinhaber in einem solchen Fall einer „InnenKG“ Liquidatorenaufgaben erfüllt. 2 So ausdrücklich BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423); Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 61; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 234 HGB Rz. 13.
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sich zieht. Insbesondere K. Schmidt1 will die §§ 738–740 BGB (zumindest teilweise) auch auf die stille Gesellschaft anwenden. Dabei sei aber auf die Besonderheiten der Innengesellschaft sowie auf Spezialvorschriften des HGB Rücksicht zu nehmen. Im Einzelnen ergebe sich daraus vor allem eine Rückgabepflicht nach § 732 i.V.m. § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB und die Anwendung des § 740 BGB auf schwebende Geschäfte, wobei die allgemeine Vorschrift in wesentlichen Teilen von § 235 HGB verdrängt werde2. Auch die Regeln über die Anwachsung (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB) seien modifiziert anzuwenden. Zwar finde keine „dingliche“ – genauer: die Rechtszuständigkeit betreffende – Anwachsung des Gesellschaftsanteils statt. Anwachsung i.S. des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB könne aber auch als ein rein vermögensmäßiger Zuwachs des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ verstanden werden3.
16.3 Dagegen scheidet nach allgemeiner Auffassung4 eine entsprechende Anwendung der Schuldbefreiungsverpflichtung nach § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB aus, weil es ihrer mangels gemeinschaftlicher Schulden nicht bedarf. Ebenso existiert keine Haftung für Fehlbeträge gemäß § 739 BGB, da der stille Gesellschafter nach § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB nur bis zum Betrag seiner Einlage am Verlust teilnimmt.
16.4 Hierzu ist zu bemerken: Die auf die Außengesellschaft bezogenen §§ 705 ff. BGB können immer nur insoweit Anwendung finden, als ihnen nicht Spezifika der stillen Gesellschaft als Innengesellschaft entgegenstehen. Das starke Modifikationsbedürfnis zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Abfindungsregeln die Außengesellschaft im Blick hatte. Die Gesetzeskonzeption geht eben vom Bestehen eines Gesellschaftsvermögens und gemeinschaftlicher Schulden aus (§ 738 Abs. 1 BGB). Auch die Reduktion des § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB wird dem Prinzip der Anwachsung nicht gerecht. Vielmehr handelt es sich dabei nach traditionellem Verständnis um ein tragendes Prinzip der Gesamthand, das sich nicht in der vermögensrechtlichen Zuordnung erschöpft. Es bedeutet (zumindest dem idealtypischen gesetzlichen Ausgangsmodell nach) einen Wechsel in der gesamthänderischen Berechtigung und damit eine umfassende Neuzuordnung der gesellschaftsrechtlichen Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse5. Zwar ist zuzugeben, dass nach Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der GbR im vermögensrechtlichen Bereich eine „dingliche“ Neuzuordnung des Gesellschaftsvermögens auch bei der bürgerlich-rechtlichen Außengesellschaft nicht mehr stattfindet. Allein hieraus den Schluss auf deren Entbehrlichkeit zu ziehen, erscheint aber methodisch angreifbar, da der Gesetzgeber bei Schaffung des § 738 Abs. 1 Satz 1
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 3 ff.; K. Schmidt in FS Huber, S. 969; wohl auch Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 2 f. zumindest für eine analoge Anwendung der Berechnungsgrundsätze des § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB; für die analoge Anwendung von § 738 Abs. 2 BGB auch RG v. 5.11.1918 – II 243/18, RGZ 94, 106 (108). 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 5, 9. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 4. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 6, 8; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 2; Stuhlfelner in Heidelberger Komm/HGB, § 235 HGB Rz. 1; Gehrlein in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 1. 5 Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, § 5 I 2a, S. 249 sowie § 5 II 1c, S. 258; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 4 III, S. 30 f.; Hueck/Windbichler, Gesellschaftsrecht, § 3 Rz. 4 ff., insbes. Rz. 8 m.w.N.
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§ 16 Auseinandersetzung
BGB noch von einem überkommenen Verständnis der Rechtsfähigkeit der Gesamthand ausging1. Die §§ 738–740 BGB, die ein Gesellschaftsvermögen voraussetzen, sind deshalb auf die typische stille Gesellschaft nicht anwendbar2. Zu Recht weist Harbarth3 aber auf die geringen praktischen Konsequenzen dieses Streits hin. Die Anwendung der §§ 738 Abs. 1 Satz 1, 740 BGB wird auch von der Gegenauffassung stark relativiert. Nach der hier vertretenen Auffassung ergibt sich eine (ohnehin selten eingreifende) Rückgabepflicht für Gegenstände, die der Stille zum Gebrauch eingebracht hat, aus § 732 BGB (siehe Rz. 16.29).
16.5
Das eben Gesagte gilt auch für die atypische stille Gesellschaft. Zwar bringt die vermögensmäßige Beteiligung am Geschäft des Inhabers einige Besonderheiten bei der Auseinandersetzung mit sich; auch der atypische stille Gesellschafter hat aber nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf verhältnismäßige Beteiligung am Wert des Geschäftsvermögens und kann deswegen nicht die Versilberung des im Alleineigentum des Geschäftsinhabers stehenden Vermögens verlangen4. Die Auseinandersetzung sowohl einer typischen als auch einer atypischen stillen Gesellschaft ähnelt also weniger der Liquidation einer Gesamthandsgesellschaft als vielmehr dem Ausscheiden eines Gesamthandsgesellschafters aus einer solchen5. Wie der Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft hat auch der stille Gesellschafter nach der Auflösung lediglich noch einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts auf Auszahlung seines Abfindungsguthabens, bei dem die Einzelansprüche der Gesellschafter aus dem stillen Gesellschaftsverhältnis unselbstständige Rechtsposten der nach § 235 Abs. 1 HGB vorzunehmenden Auseinandersetzungsrechnung sind und daher im Grundsatz nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden können (zu den Ausnahmen vgl. Rz. 16.8)6.
16.6
Zweck der Auseinandersetzung innerhalb eines stillen Gesellschaftsverhältnisses ist es deshalb nur, in einem einheitlichen Verfahren die gesamten aus dem Gesellschaftsverhältnis entspringenden Ansprüche gegeneinander zu verrechnen. Das setzt nicht voraus, dass ein Gesamthandsvermögen vorhanden ist. Auch ohne eine gesamthänderische Vermögensbindung bestehen Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter, die eine Auseinandersetzung im
16.7
1 Dies verkennt K. Schmidt freilich nicht (vgl. bloß K. Schmidt in FS Huber, S. 973), plädiert aber für eine entsprechende Änderung auch des Verständnisses von der Anwachsung (K. Schmidt in FS Huber, S. 979 ff.); im Gegensatz zur Frage der Rechtsfähigkeit der GbR ist diese Frage jedoch weit weniger virulent. 2 Wie hier: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 287; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 117; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, 1987, S. 437; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 2; Stuhlfelner in Heidelberger Komm/HGB, § 235 HGB Rz. 1; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 1; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 235 HGB Rz. 2; Schäfer in MünchKomm/BGB, § 738 BGB Rz. 10, 71. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 2. 4 RG v. 20.2.1941 – II 99/40, RGZ 166 (164 f.). 5 Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 2; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 3; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 1 sowie § 235 HGB Rz. 2. 6 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 Rz. 14.
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§ 16 Auseinandersetzung
Wege einer Gesamtabrechnung erforderlich machen1; mehrfache Zahlungsvorgänge sollen auch hier nach Möglichkeit vermieden werden. Die einzelnen Geldzahlungsansprüche zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter können folglich nach Auflösung der stillen Gesellschaft nicht mehr einzeln geltend gemacht werden. Sie werden vielmehr zu (einfachen) Rechnungsposten innerhalb der Gesamtabrechnung2. Unerheblich hierfür ist, ob man wie vorstehend der Ansicht folgt, dass das stille Gesellschaftsverhältnis hinsichtlich der Abwicklung der zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäfte (§ 235 Abs. 2 HGB) mit darauf beschränktem Zweck fortbesteht3, oder entsprechend der Rechtsprechung des BGH annimmt, dass die Auflösung der stillen Gesellschaft, die als bloße Innengesellschaft über kein gesamthänderisch gebundenes Gesellschaftsvermögen verfügt, grundsätzlich zu deren sofortigen Beendigung führt4. Der Grundsatz der Gesamtabrechnung gilt für alle Erscheinungsformen stiller Gesellschaften, typisch wie atypische.
16.8 Ausnahmen von diesem Grundsatz sind für die Fälle anzuerkennen, in denen durch die selbständige Geltendmachung einzelner Rechnungsposten das Ergebnis der Auseinandersetzung (teilweise) in zulässiger Weise vorweggenommen wird und insbesondere die Gefahr von Hin- und Herzahlungen nicht besteht5. Dieses ist etwa immer dann der Fall, wenn der stille Gesellschafter mit Sicherheit einen bestimmten Mindestbetrag von dem Inhaber verlangen kann (vgl. Rz. 16.39)6. Hierfür kommt insbesondere die Rückzahlung des Einlageguthabens in Betracht, wenn der stille Gesellschafter nicht am Verlust der Gesellschaft teilnimmt7. In einem solchen Fall muss der stille Gesellschafter nicht erst im Wege der Stufenklage auf Errechnung seines Abfindungsguthabens und anschließende Auszahlung klagen8, sondern kann sogleich unmittelbar Klage auf Auszahlung des Buchwerts seiner stillen Beteiligung klagen.
1 BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, NZG 2015, 674 (674); BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2697; BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, 1987, S. 439 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 18; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 1; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 7; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 4 und Rz. 14 ff.; a.A. Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1. Zum besonderen Fall einer „Innen-KG“ mit treuhänderisch vermitteltem „Gesellschaftsvermögen“ vgl. BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422; K. Schmidt, NZG 2016, 641. 2 BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (305); BGH v. 12.5.1977 – III ZR 91/75, DB 1977, 2040; BGH v. 10.4.1989 – II ZR 158/88, NJW-RR 1989, 866 (867); BGH v. 28.1.1991 – II ZR 48/90, NJW-RR 1991, 1049; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 4 und 14; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 9; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 256; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 18; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 15; a.A. Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1; BGH v. 23.11.1967 – II ZR 199/66, BB 1968, 268. 3 Vgl. auch Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 2 f.; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1. 4 So ausdrücklich BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423 f.). 5 BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, NZG 2015, 674 (674). 6 BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, NJW 1992, 2696 (2697); BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 18; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294 f.; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 7; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 16. 7 BGH v. 4.3.1991 – II ZR 181/90, DStR 1991, 623. 8 Vgl. zu diesem grundsätzlich gebotenen zweistufigen Vorgehen: BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (424).
342 Kauffeld
§ 16 Auseinandersetzung
Solche Mindestbeträge bleiben auch nach Auflösung der stillen Gesellschaft selbständig einklagbar. Die Gefahr von Hin- und Herzahlungen besteht aber immer dann, solange nicht mit Sicherheit feststeht, dass sich im Rahmen der (weiteren) Auseinandersetzung in jedem Fall ein positiver Saldo für den Stillen ergeben wird. Das Interesse des stillen Gesellschafters an einer raschen Zahlung ist nur insoweit schutzwürdig, als hinreichend sicher feststeht, dass er den vor Beendigung der Auseinandersetzung geforderten Betrag nicht zurückzahlen muss. Diesem Interesse ist dadurch gedient, dass für die Geltendmachung eines jedenfalls feststehenden Mindestbetrags eine Ausnahme von der Gesamtabrechnung gilt1. Sollten die außerhalb der Gesamtabrechnung geltend gemachten Forderungen nicht hinreichend sicher feststehen, so enthält nach Auffassung des BGH die Geltendmachung nicht mehr isoliert einklagbarer, weil in eine Auseinandersetzungsrechnung einzubeziehender Forderungen ohne Weiteres auch das Feststellungsbegehren, dass die entsprechenden Forderungen in die Auseinandersetzungsrechnung (als unselbstständige Rechnungsposten) eingestellt werden2. Zur Auseinandersetzung gehören damit alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um zu ermitteln, was dem stillen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner Einlage nach Ermittlung von Gewinn und Verlust zusteht3. Eine Auseinandersetzung ist auch dann erforderlich, wenn der stille Gesellschafter selbst keine eigene Einlage in das Vermögen des Inhabers geleistet hat, da auch in diesem Fall, Gewinnansprüche von Seiten des stillen Gesellschafters bestehen können4. Ob im Rahmen der Auseinandersetzung auch außergesellschaftliche Beziehungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter, z.B. Lieferungs-, Miet-, Pacht-, oder Arbeitsverträge, abgewickelt werden, hängt davon ab, ob sie ihrem Inhalte nach ebenfalls von der Auflösung der stillen Gesellschaft erfasst sein sollen und damit den gesellschaftsrechtlichen Bindungen unterliegen. In diesem Fall werden auch solche Drittgläubigeransprüche der stillen Gesellschafter Teil der Gesamtabrechnung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter5. Ist dieses nicht der Fall, sondern steht der stille Gesellschafter dem Geschäftsinhaber in Bezug auf die geltend gemachte Forderung wie jeder dritte Gläubiger gegenüber, ist es nicht einzusehen, weshalb er anders als jeder außenstehende Gläubiger auf die Erfüllung seiner Forderung soll warten müssen, bis die Auseinandersetzungsrechnung feststeht6.
16.9
Die Abwicklung der schuldrechtlichen Beziehungen erfolgt bei der typischen stillen Gesellschaft grundsätzlich aufgrund einer für den Auflösungstag vom Geschäftsinha-
16.10
1 BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, NZG 2015, 674 (675 f.). 2 Vgl. hierzu BGH v. 3.2.2015 – II ZR 335/13, NZG 2015, 674 (676) m.w.N. zur st. Rspr. des BGH. 3 RG v. 7.6.1943 – II 34/43, RGZ 171, 133; BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583. 4 Vgl. BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 5 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 1. 6 Zur parallelen Rechtslage bei der GbR BGH v. 3.4.2006 – II ZR 40/05, NJW-RR 2006, 1268 (1270); Schäfer in MünchKomm/BGB, § 730 BGB Rz. 53 (m.w.N. zum Meinungsstand), wo darauf hingewiesen wird, dass es der Gesellschaft unbenommen bliebe, mit Gegenansprüchen gegen den Gesellschafter aufzurechnen oder unter Berufung auf absehbare Nachschussansprüche die Missbrauchseinrede (§ 242 BGB) zu erheben.
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ber1 aufzustellenden Erfolgsermittlungsbilanz2. Das entspricht der Tatsache, dass der typische stille Gesellschafter nur am Gewinn, nicht auch an den Vermögenswerten beteiligt ist. Ist er als atypischer stiller Gesellschafter auch an den Vermögenswerten beteiligt, bedarf es der Aufstellung einer Abschichtungsbilanz bzw. Vermögensbilanz, in der auch die in dem Unternehmen vorhandenen Rücklagen und ein etwaiger Geschäfts- oder Firmenwert, an denen der Ausscheidende Anteil hat, zu berücksichtigen sind. Der grundlegende Unterschied in der Auseinandersetzung beider Formen der stillen Gesellschaft wird allerdings dadurch relativiert, dass bei der Auseinandersetzung einer typischen stillen Gesellschaft regelmäßig zusätzlich die Gewinnverteilung der vorangegangenen Jahre zu korrigieren ist (dazu Rz. 16.21)3.
16.11 § 235 HGB enthält dispositives Recht4. Vertragliche Modifikationen der Abfindung sind wirksam, soweit sie nicht das Kündigungsrecht der Gesellschafter unzumutbar einschränken oder gegen § 138 BGB verstoßen (Rz. 15.23 f.). In diesem Rahmen können die Gesellschafter die Auseinandersetzung so vereinbaren, wie es ihnen am zweckmäßigsten erscheint. Das gilt insbesondere für die Berechnung des Guthabens des stillen Gesellschafters5. Es kann z.B. vereinbart werden, dass die Gesellschaft im Innenverhältnis nach Art einer Handelsgesellschaft liquidiert werden soll, so z.B. wenn der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Rechtsstellung eines OHG-Gesellschafters haben oder am Betriebsvermögen beteiligt sein soll oder es sich um eine in der Form einer „Innen-KG“ ausgestaltete mehrgliedrige stille Gesellschaft handelt6. Es gelten dann die §§ 145 ff. HGB, d.h. alle Liquidationsmaßnahmen bedürfen im Innenverhältnis seiner Zustimmung (§ 150 HGB)7. Die §§ 146 und 147 HGB sind sinngemäß anwendbar8. Aber nach außen handelt auch hier der Inhaber allein; nur er wird durch die von ihm zur Durchführung der Liquidation vorgenommenen Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Im Außenverhältnis ist eine Gleich-
1 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 5 a.E.; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 2; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 16, 19. 2 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 119; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 7; im Ergebnis ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 16; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, S. 93. 3 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 11; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 15 ff. 4 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BB 1994, 2439; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 55; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 10 m.w.N. 5 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 58. 6 Ohne eine solche ausdrückliche Vereinbarung lehnt der BGH auch für den Fall einer als „Innen-KG“ ausgestalteten mehrgliedrigen stillen Gesellschaft die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 145 ff., 155, 161 Abs. 2 HGB ausdrücklich ab: BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423); a.A. K. Schmidt, NZG 2016, 641 (645), wonach der Geschäftsinhaber das Unternehmen für Rechnung des stillen Mitunternehmerkreises abwickelt, auch wenn der Geschäftsinhaber sich selbst nicht im Stadium der Auflösung befinden sollte. K. Schmidt spricht von einer „virtuellen Liquidation“ der „virtuellen KG“. 7 Vgl. auch Königs, Die stille Gesellschaft, S. 301; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 55; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 11, 66. 8 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 66, jedoch soll § 146 Abs. 1 HGB sinngemäß anwendbar sein; nach der hier vertretenen Auffassung ergibt sich dies bereits aus ergänzender Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB).
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stellung des stillen Gesellschafters mit einem OHG-Gesellschafter oder Kommanditisten im Zweifel selbst dann nicht gewollt, wenn eine Liquidation vereinbart ist. Eine Eintragung der Liquidation im Handelsregister findet nicht statt. Auch eine Mitwirkung bei der Erstellung der Auseinandersetzungsbilanz kann nur bei eindeutiger Vertragsregelung als vereinbart gelten1. Zur Vereinfachung kann auch vereinbart werden, dass der eine Gesellschafter eine feste Abfindung, der andere – auch der stille Gesellschafter – das Handelsgeschäft erhalten soll. Zur Übernahme des Handelsgeschäfts kann der betreffende Gesellschafter berechtigt, aber auch verpflichtet sein2. Die Berechnung der Abfindung kann auch modifiziert werden, z.B. kann vereinbart werden, dass der Gesellschafter zu Buchwerten abgefunden werden soll und dass stille Reserven nicht aufzulösen sind3. Sagt in diesem Falle der Gesellschaftsvertrag nichts über Art und Höhe der Abfindung, dann ist ein angemessenes Entgelt zugrunde zu legen, das unter Berücksichtigung des gemeinen Wertes und des vorhandenen Geschäfts- oder Firmenwertes zu ermitteln ist (§ 316 BGB).
16.12
2. Zeitpunkt der Auseinandersetzung Stichtag für die Auseinandersetzung ist der Tag der Auflösung, nicht der Schluss des Geschäftsjahrs, es sei denn, dass die Auflösung gerade zu diesem Tage erfolgt ist oder die Beteiligten eine andere Vereinbarung getroffen haben4. Eine andere Vereinbarung ist insbesondere dann geboten, wenn die Parteien eine unterjährige Zwischenrechnung verhindern wollen. Hierzu können die Beteiligten übereinkommen, dass eine Auflösung immer nur am Schluss eines Geschäftsjahres erfolgen kann und damit die Bildung eines Rumpfgeschäftsjahres zu unterbleiben hat. Soll eine unterjährige Auflösung der stillen Gesellschaft möglich bleiben, kann zur Vermeidung eines Zwischenabschlusses vereinbart werden, dass das auf den Jahresabschluss errechnete Auseinandersetzungsguthaben anteilig gekürzt wird5.
16.13
Etwas anderes gilt bei Ausscheiden eines am Gewinn beteiligten Angestellten; für die Berechnung seines Anteils am Jahresgewinn ist stets die zum Schluss des Jahres aufgestellte Jahresbilanz maßgebend, gleichgültig wann er ausgeschieden ist. Es ist also
16.14
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 66. 2 Im Einzelnen vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 67; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 56 f. Eine Verpflichtung des Geschäftsinhabers zur Übertragung des Unternehmens auf den stillen Gesellschafter kann auch ohne ausdrückliche Vereinbarung anzunehmen sein, wenn der stille Gesellschafter der eigentliche Unternehmensinhaber ist, vgl. Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 56 f. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 36; nach Meinung von K. Schmidt müsste sich letzteres allerdings von selbst verstehen; richtigerweise bedarf es aber einer entsprechenden Regelung, da der (auch typisch) Stille an den stillen Reserven, die während des Bestehens der stillen Gesellschaft aufgelaufen sind, bei der Auseinandersetzung partizipiert, vgl. Rz. 16.20 ff. 4 RG v. 30.10.1928 – 28/28 II, JW 29, 320; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 17; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 13; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 11; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 3; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 7; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 19. 5 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 13.
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– vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung – nicht notwendig, eine Zwischenbilanz zum Tage des Ausscheidens aufzustellen. Die Tatsache, dass der Angestellte während des Bilanzjahres ausgeschieden ist, wirkt sich nur dahin aus, dass der Betrag, der ihm nach der Jahresbilanz bei Tätigkeit während des ganzen Geschäftsjahres zukommen würde, im Verhältnis der Zeit, während der er gearbeitet hat, zu der Zeit des ganzen Geschäftsjahres betragsmäßig herabgesetzt wird1.
II. Auseinandersetzungsguthaben 1. Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens
16.15 Die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens ist als Geschäftsführungsmaßnahme Sache des Inhabers (vgl. Rz. 16.15). Ist im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorgesehen, hat der Stille keinen Anspruch auf Mitwirkung, sondern ist auf die Kontrollrechte des § 233 HGB beschränkt, wobei nach wohl überwiegender (nicht jedoch zutreffender) Auffassung dem Stillen nicht einmal die umfangreicheren Kontrollrechte nach § 233 HGB zustehen sollen (siehe eingehend Rz. 16.67). Andererseits kann dem stillen Gesellschafter gesellschaftsvertraglich ein Mitwirkungsrecht eingeräumt werden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn er schon vor Auflösung an der Geschäftsführung beteiligt war. Auch ohne Mitwirkungsrecht ist der Stille nach § 233 BGB aufgrund seiner gesellschaftlichen Treuepflicht vor dem Hintergrund seiner auch nach Auflösung der Gesellschaft fortbestehenden Kontrollrechte verpflichtet, die Auseinandersetzungsrechnung des Geschäftsinhabers anzuerkennen oder deren Anerkennung begründet zu verweigern2.
16.16 Der Inhaber hat die Berechnung des Guthabens unverzüglich nach der Auflösung vorzunehmen. Eine Verzögerung stellt eine gesellschaftsvertragliche Nebenpflichtverletzung des Geschäftsinhabers da, die den Geschäftsinhaber mit dem Auseinandersetzungsguthaben des Stillen in Verzug bringen kann3. In einem solchen Fall kann der stille Gesellschafter auf Auskunft über sein Abfindungsguthaben klagen. Prozessual bietet sich meist an, im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) daneben den noch nicht bezifferbaren Zahlungsanspruch gegen den Inhaber geltend zu machen (vgl. auch Rz. 16.39)4. Dabei sind die stufenweise erhobenen Ansprüche auf Rechnungslegung und Zahlung prozessual selbstständige Teile eines einheitlichen Verfahrens mit der Folge, dass zunächst nur über den Anspruch auf Rechnungslegung zu befinden ist5. In diesem ersten Verfahrensabschnitt ist daher auch ohne Bedeutung, ob etwa ein Rangrücktritt vereinbart wurde, da dieser dem Anspruch auf Berechnung des Abfindungs-
1 BAG v. 3.6.1958 – 2 AZR 406/55, BAGE 5, 317; ebenso LAG Düsseldorf v. 23.7.2003 – 12 Sa 260/03, juris; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 17. 2 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 19; Zutt in Großkomm/HGB, 4. Aufl. § 235 HGB Rz. 16; a.A. Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 3; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 30 m.w.N. in Fn. 63. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 19; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 29. 4 Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 3; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 43. 5 BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (424) unter Hinweis auf die Rechtslage bei der GbR in dem vom BGH am 22.3.2011 entschiedenen Fall: BGH v. 22.3.20111 – II ZR 206/09, NZG 2011, 697.
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guthabens von vornherein nicht entgegenstehen kann. Die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der stille Gesellschafter mit seinem Abfindungsanspruch hinter Ansprüchen anderer Gläubiger zurücktreten muss, stellt sich erst auf der zweiten Stufe, wenn der Abfindungsanspruch des stillen Gesellschafters berechnet und von diesem in einer bezifferten Höhe geltend gemacht wurde. Die Abwicklung noch schwebender Geschäfte berechtigt den Inhaber nicht, die Berechnung des Guthabens hinauszuzögern, auch wenn zu erwarten ist, dass diese Geschäfte seine Höhe beeinflussen werden1. Denn die Abwicklung der schwebenden Geschäfte erfolgt außerhalb der auf den Auflösungszeitpunkt zu erstellenden Auseinandersetzungsrechnung2. Ebenso wie bei einer Außengesellschaft kommt es auch bei der Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters dazu, dass die einzelnen gesellschaftsbezogenen Forderungen ihre Selbständigkeit verlieren und sich in einfache Rechnungsposten verwandeln (vgl. Rz. 16.7 f.)3. Diese sind für die Gesellschafter der stillen Gesellschaft nicht mehr einzeln verfolgbar. Dieses hat zur Folge, dass sich eine Partei nicht erst durch Aufrechnung oder die Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten im Einzelfall zur Wehr setzen muss. Dieser Grundsatz der Durchsetzungssperre gilt nur im Ausnahmefall bei Drittgläubigeransprüchen (vgl. Rz. 16.9).
16.17
2. Höhe des Auseinandersetzungsguthabens Die Höhe der Beteiligung des Stillen bei Beendigung der Gesellschaft ist davon abhängig, welche Vereinbarungen die Gesellschafter über die Behandlung ihrer Beteiligungskonten getroffen haben und welche Entwicklung diese Konten in der Zeit bis zur Auflösung der Gesellschaft genommen haben. Wenn die Beteiligten besondere Darlehenskonten geführt haben, muss festgestellt werden, welchen Konten während dieser Zeit eingezahlte Beträge und stehen gebliebene Gewinne gutgeschrieben und welche Konten mit etwa entnommenen Beträgen belastet worden sind. Werden stehen gebliebene Gewinne vom Stillen unabhängig vom Beteiligungskonto geltend gemacht, kommt es darauf an, wie mit den stehen gebliebenen Gewinnen des Inhabers zu verfahren war. Waren sie seinem Beteiligungskonto gutzuschreiben, kann sich dadurch das Verhältnis der beiden Beteiligungskonten zugunsten des Inhabers geändert haben. Waren sie seinem Darlehenskonto gutzubringen, können sie dadurch im Verhältnis der Beteiligten den Wert des Geschäftsvermögens verringert haben. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte kann für den Zeitpunkt der Auflösung erst das Verhältnis der beiden Beteiligungskonten und damit die prozentuale Beteiligung der Gesellschafter am Geschäftsvermögen bestimmt werden, von der bei der Auseinandersetzung und der Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters auszugehen ist4.
1 So wohl auch Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 3. 2 BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422 (423). 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 14; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 15; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 18. 4 BGH v. 24.9.1952, BGHZ 7, 174 f.
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§ 16 Auseinandersetzung
a) Höhe bei typischen stillen Beteiligungen
16.19 Das Auseinandersetzungsguthaben des typischen stillen Gesellschafters besteht regelmäßig aus dem Buchwert seiner Vermögenseinlage, wie sie sich am Auflösungstage aufgrund der Buchführung auf dem Einlagekonto ergibt, vermehrt oder – bei Verlustbeteiligung – vermindert um das Ergebnis des letzten Geschäftsjahres bis zum Tage der Auflösung. Das dem stillen Gesellschafter zustehende Ergebnis wird nach den gleichen Grundsätzen ermittelt, die für die Ermittlung des laufenden Jahresergebnisses gelten (vgl. Rz. 14.33 ff., insbesondere Rz. 14.38 ff.). Bei der Auseinandersetzung einer typischen stillen Gesellschaft ist nicht der wahre Wert des gesamten Unternehmens oder des Teilbereichs, auf das sich die stille Beteiligung beschränkt hat, zu berücksichtigen. Da der typische stille Gesellschafter nicht am Vermögen beteiligt ist, nimmt er an der Erhöhung des Geschäfts- oder Firmenwerts nicht teil1. Dieses gilt auch dann, wenn der Firmenwert bei Auflösung der stillen Gesellschaft durch Unternehmensveräußerung realisiert wird2. Es ist also auch die Auseinandersetzungsbilanz eine echte Erfolgsermittlungsbilanz; sie ist keine Liquidations-(Vermögens-)Bilanz, weil der typische stille Gesellschafter nicht am Geschäftsvermögen beteiligt ist3.
16.20 Bei der Abrechnung sind nur solche Einlagen zu berücksichtigen, die tatsächlich geleistet und dem stillen Gesellschafter auf dem Einlagekonto gutgebracht worden sind. Das trifft auf Einlagen, die in einer Gebrauchsüberlassung oder in der Leistung von Diensten bestanden, nicht zu, es sei denn, dass der Wert der Gebrauchsüberlassung oder der Dienste vereinbarungsgemäß dem Einlagekonto gutgeschrieben worden ist. Ist das nicht geschehen, kann bei der Auseinandersetzung ein solcher Wert auf dem Einlagekonto nicht verrechnet werden (vgl. Rz. 7.31 f., 7.38).
16.21 Mit der Saldierung der gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten, korrigiert um den Gewinn und Verlust des laufenden Geschäftsjahrs, hat die Auseinandersetzung bei der typischen stillen Gesellschaft ihr Bewenden, soweit der stille Gesellschafter jährlich jeweils an dem gesamten, ihm zukommenden Gewinn und Verlust teilgenommen hat4. Gerade dies ist aber wegen der Schwierigkeiten einer genauen jährlichen Gewinnabrechnung für den typischen stillen Gesellschafter häufig nicht der Fall. Im Rahmen der Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs des typischen stillen Gesellschafters ist deswegen auch die vorangegangene Gewinn- und Verlustverteilung zwischen ihm und dem Inhaber zu korrigieren (Rz. 14.45 ff.)5. Die Schwierigkeit und die Streitanfälligkeit der Auseinandersetzung bei der typischen stillen Gesellschaft liegen in der Bezifferung dieser Korrektur. Auf sie zu verzichten ist zwar zulässig, entspricht aber nicht dem Interesse des stillen Gesellschafters. Ein Verzicht kann deswegen nur bei einer klaren Regelung im Gesellschaftsvertrag angenommen werden6.
16.22 Der Korrektur im Rahmen der Auseinandersetzung liegen dieselben Grundsätze zugrunde wie der jährlichen Gewinn- und Verlustverteilung. Sie betrifft deswegen zu1 2 3 4
Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 19. Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 27. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 16. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 22; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 21. 5 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 9, 22; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 22; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 21 ff. 6 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 13; Sudhoff, NJW 1960, 2121 (2126).
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nächst die im Geschäftsvermögen vorhandenen Rücklagen, die während des Bestehens der Gesellschaft aus den laufenden Betriebsgewinnen oder aus überhöhten Abschreibungen gebildet wurden und dadurch in den zurückliegenden Jahren den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters entsprechend vermindert haben1. Für offene Rücklagen ist dies unstrittig2. Schwieriger ist die Beurteilung der Rechtslage bei stillen Rücklagen/ Reserven, wobei K. Schmidt zutreffend darauf hingewiesen hat, dass es im Wesentlichen darum geht, inwieweit die Jahresbilanzen (in denen die stillen Reserven nicht erfasst werden) auch in der Auseinandersetzung maßgeblich sein sollen3. Nach seiner Auffassung ist eine rechtliche Gleichbehandlung der stillen mit den offenen Rücklagen weder juristisch haltbar noch entspreche sie den kaufmännischen Gepflogenheiten4. Das trifft so aber nicht zu. Dem Gesetz nach ist eine Koppelung der Jahresabschlüsse an die Auseinandersetzungsbilanz nicht zwingend vorgegeben. Vielmehr verfolgen beide ganz unterschiedliche Zwecke. Ursache für die Entstehung von stillen Reserven ist das bilanzrechtliche Realisationsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Es ist Ausdruck einer vorsichtigen Bewertung von Gegenständen des Betriebsvermögens und soll im Interesse der Gesellschaft die Ausschüttung bloßer Buchgewinne verhindern. Dass diese Gewinne nicht bilanzwirksam erfasst werden, ändert aber nichts daran, dass sie im ordentlichen Geschäftsverkehr tatsächlich erwirtschaftet wurden. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ist auf die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens nach Auflösung der Gesellschaft jedoch nicht mehr anwendbar. Im dogmatischen Ansatz ist daher Keul5 zu folgen: Die während des Bestehens der stillen Gesellschaft entstandenen stillen Reserven sind aufzulösen und dem Stillen anteilig gutzuschreiben6. Bewertungsmaßstab ist dabei der handelsrechtliche Teilwert. Im Ergebnis unterscheiden sich beide Auffassungen allerdings kaum. Auch die Gegenansicht geht davon aus, dass diese Frage vorrangig nach dem (ggf. auslegungsbedürftigen) Gesellschaftsvertrag zu lösen ist7. Im Zweifel sei sogar davon auszugehen, dass aus Betriebsgewinnen entstandene stille Reserven aufzulösen sind, da grundsätzlich anzunehmen sei, dass der Stille nur während seiner Beteiligung mit einer Gewinnschmälerung einverstanden ist8. Auch ist der typische stille Gesellschafter an einer durch die Aufwendung von Gesellschaftsmitteln herbeigeführten Vermehrung des Geschäftsvermögens zu betei1 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; Hillers, Personengesellschaft und Liquidation, 1987, S. 437. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 23; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 19; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 4; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 12. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24; vgl. auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 25 f. 5 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 11. 6 Im Ergebnis ebenso Schulze-Osterloh in FS Kruse, S. 377 (387); Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 13; einschränkend Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 3, wonach stille Reserven nur dann Berücksichtigung finden sollen, wenn deren Bildung dem Stillen gegenüber unzulässig war. 7 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 22. 8 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24; wie sich allerdings bei dieser Annahme eine gegenteilige kaufmännische Gepflogenheit entwickeln soll, erscheint zweifelhaft; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 25.
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ligen1. Die aus Gesellschaftsmitteln vorgenommenen Investitionen sind daher bei der Auseinandersetzung zu berücksichtigen2.
16.23 Die Notwendigkeit zur Vornahme von Korrekturen im Rahmen der Auseinandersetzungsbilanz kann sich auch daraus ergeben, dass in der Vergangenheit Abschreibungen, die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung hätten vorgenommen werden müssen, unterlassen worden sind. Da die regelmäßigen Absetzungen für Abnutzung stets auch zu Lasten des stillen Gesellschafters gehen, weil sie im regelmäßigen Geschäftsbetrieb verursacht worden sind, hat ihre Unterlassung in früheren Jahren zu überhöhten Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters geführt. Es entspricht der Billigkeit und dem Interesse des Inhabers, dass die unterlassenen Abschreibungen nunmehr nachgeholt werden und zu einer Verminderung des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters führen3. Er ist aber nicht verpflichtet, früher bezogene Gewinne zurückzuzahlen, wenn sich bei der Auseinandersetzung herausstellt, dass sie in Wirklichkeit nicht vorhanden gewesen sind4.
16.24 Der ausscheidende stille Gesellschafter ist grundsätzlich nicht an den immateriellen Werten des Unternehmens, insbesondere an dem Geschäfts- oder Firmenwert zu beteiligen, weil für die typische stille Gesellschaft das Fehlen einer – wenn auch nur schuldrechtlichen – Vermögensbeteiligung wesenseigen und charakteristisch ist5. Anderes gilt insbesondere, wenn der Geschäftswert aus Mitteln des Geschäftsvermögens zu Lasten auch des anteiligen Gewinns des stillen Gesellschafters in früheren Jahren gebildet worden ist (vgl. hierzu Rz. 14.45 ff.)6.
16.25 Es ist offensichtlich, dass im Vertrag über eine typische stille Gesellschaft die Auseinandersetzung näher geregelt werden sollte7. In Betracht kommen hierzu entweder das genaue Bestimmen der Berechnungsmodalitäten, das Festlegen eines pauschalen Zuschlags auf den Buchwert zugunsten des stillen Gesellschafters oder der Ausschluss jeder Ergebniskorrektur8. Vereinbart kann auch werden, dass der stille Gesellschafter zwar nicht an dem Geschäftswert als solchem beteiligt ist, wohl aber an dessen Wertzuwachs während des Bestehens der stillen Gesellschaft. Der Unterschied zur atypischen stillen Gesellschaft liegt dann darin, dass der stille Gesellschafter nicht an dem Geschäftswert beteiligt ist, soweit er schon vor Gründung der stillen Gesellschaft bestand. Diese Form der Beteiligung kann allerdings nicht als Regel unterstellt werden,
1 2 3 4 5
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RG v. 17.4.1928 – II 342/27, RGZ 120, 410. BGH v. 30.11.1959 – II ZR 204/57, DB 1960, 261. Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 24. RG v. 20.3.1901 – I 477/00, RGZ 48, 77; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 32. H.M.: BGH v. 12.5.1986 – II ZR 11/86, ZIP 1986, 774 f.; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 27; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 26; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 289; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 122 f.; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 12; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 14; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 4; a.A. Zinkeisen, Umfang der Gewinnbeteiligung und des Auseinandersetzungsguthabens des stillen Gesellschafters, 1972, S. 33, 89. Weitergehend Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 12 f.; Schulze-Osterloh in FS Kruse, S. 377 (387). Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 22. So auch Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 117 f.
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auch sie bedarf der besonderen vertraglichen Vereinbarung. Eine Schätzungsgrundlage für die Ergebniskorrektur erhält man im Übrigen, wenn man den Wertzuwachs des Geschäftsvermögens in Verhältnis zu den Beitragsleistungen des Inhabers und des stillen Gesellschafters setzt. Diese bei der Auseinandersetzung gegebenenfalls vorzunehmenden Korrekturen haben mit der für die atypische stille Gesellschaft charakteristischen schuldrechtlichen Beteiligung des stillen Gesellschafters an den Anlagewerten, an den (bei Gründung der Gesellschaft bereits bestehenden, im Übrigen vgl. Rz. 16.22) Rücklagen und am Geschäfts- oder Firmenwert nichts zu tun. Sie haben ihre Ursache nicht in einer „Substanzbeteiligung“ des stillen Gesellschafters, sondern darin, dass während des Bestehens der Gesellschaft seine anteiligen Gewinne zu niedrig oder zu hoch errechnet worden sind. Sie führen also nicht zur Behandlung der Beteiligung als atypische stille Gesellschaft – auch nicht auf dem Gebiete des Steuerrechts (vgl. hierzu Rz. 20.52 ff., 22.2 ff.).
16.26
b) Höhe bei atypischen stillen Beteiligungen mit schuldrechtlicher Vermögensbeteiligung Nach anderen Grundsätzen als bei der typischen stillen Gesellschaft bestimmt sich die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens, wenn der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist. Bestimmt der Gesellschaftsvertrag nichts anderes, so ist der Inhaber verpflichtet, den Wert des schuldrechtlichen Anteils des atypischen stillen Gesellschafters am Geschäftsvermögen diesem in Geld zu ersetzen. Es bedarf dazu der Aufstellung einer Vermögensbilanz auf den Zeitpunkt der Auflösung, in die nicht die Buchwerte, sondern die wirklichen Werte der einzelnen zum Betriebsvermögen gehörenden Vermögensgegenstände einzustellen sind1. Maßgeblich ist der Fortführungswert2, sofern nicht auch das Handelsgeschäft aufgelöst wird. Der stille Gesellschafter erhält darüber hinaus seinen Anteil an den offenen Rücklagen und an dem Geschäftswert3. Dieser ist zu schätzen.
16.27
Der stille Gesellschafter, der schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligt ist, wird also im Gegensatz zum typischen stillen Gesellschafter nicht mit dem berichtigten Buchwert seiner Einlage abgefunden; er erhält ein Auseinandersetzungsguthaben, das sich von dem eines OHG-Gesellschafters nicht unterscheidet und dessen Wert sich nach dem tatsächlichen Geschäftswert bestimmt4. Der Gesellschaftsvertrag kann auch hier die Modalitäten für die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens im Einzelnen und abweichend von den obigen Ausführungen regeln. Es kann die Berücksichtigung des Geschäftswertes oder bestimmter Rücklagen ausgeschlos-
16.28
1 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, NJW-RR 1995, 1061; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 58; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 301; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 28; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 22; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 5. 2 Marquardt, WiB 1994, 906. 3 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 22; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 58. 4 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 117; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 192 f.; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 235 HGB Rz. 58; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 27; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 22.
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sen, es kann ihnen aber auch in Form eines Zuschlags zum Buchwert des Einlagekontos Rechnung getragen werden. Enthält der Gesellschaftsvertrag Abreden über die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens, ohne die Behandlung des Geschäftswerts zu erwähnen, so spricht das dafür, dass er außer Betracht bleiben soll. 3. Sonderfälle der Auseinandersetzung
16.29 Ergibt die Berechnung für den stillen Gesellschafter ein Guthaben, so ist dieses in Geld zu berichtigen (§ 235 Abs. 1 HGB). Das Abfindungsguthaben gibt ihm einen schuldrechtlichen Anspruch auf Zahlung des festgestellten Betrags durch den Inhaber; dieser ist in Höhe des Guthabens Schuldner des stillen Gesellschafters1.
16.30 Diejenigen Wirtschaftsgüter, die zum Gebrauch überlassen worden sind, sind mit der Auflösung der Gesellschaft an den stillen Gesellschafter zurückzugeben, wenn sie der Inhaber nicht zur Abwicklung der schwebenden Geschäfte benötigt (§ 732 BGB)2. a) Dienstleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters
16.31 Ist ein Einlagekonto nicht geführt worden und haben die Parteien auch keine Vereinbarung getroffen, nach der der Wert der Dienste einem Einlagekonto des stillen Gesellschafters gutzuschreiben gewesen wäre, dann ist in aller Regel dem stillen Gesellschafter ein solcher Wert bei der Auseinandersetzung auch nicht gutzubringen3. Der Grund hierfür besteht darin, dass sich Dienstleistungen zwar unter Umständen über das Ende der Gesellschaft hinaus zugunsten des Unternehmens auswirken mögen; sie schlagen sich aber in der Regel im Geschäftsvermögen nicht in so bestimmter Weise nieder, dass sie dort bei Beendigung der Gesellschaft als fest umrissener und messbarer Vermögenswert festzustellen wären. Von seiner in Dienstleistungen bestehenden Einlage ist deshalb nichts zu erstatten. Man wird dies am treffendsten mit dem hypothetischen Willen der Parteien begründen können4. Mit dem Verzicht, die Einlage auf dem Kapitalkonto des Stillen zu erfassen, zeigen die Parteien, dass sie ihr keinen bilanziellen Wert zumessen. Schon aufgrund praktischer Schwierigkeiten ist nicht davon auszugehen, dass sie die Wertbemessung (erst) bei Auflösung der Gesellschaft vornehmen wollten. Mit der Gewinnbeteiligung, die das Entgelt für die Nutzungen darstellt, die das Unternehmen aus der Einlage ziehen konnte, sind die Dienstleistungen abschließend berücksichtigt. Das entspricht auch der im Regelfall für die stille Gesellschaft anwendbaren Vorschrift des § 733 Abs. 2 Satz 3 BGB, nach der für Einlagen, die in der Leistung von Diensten bestanden, kein Ersatz verlangt werden kann.
16.32 Das alles gilt aber nicht, wenn wegen der besonderen Ausgestaltung der Dienste und der Eigenart der für die Gewinnbeteiligung vereinbarten Berechnungsmethode die bis
1 RG v. 20.2.1941 – II 99/40, RGZ 166, 160 (164 f.); RG v. 20.12.1929 – II 66/29, RGZ 126, 393; BGH v. 2.5.1983 – II ZR 148/82, NJW 1983, 2375; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 27. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 12 wendet hier § 738 BGB analog an, vgl. Rz. 16.2. 3 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (181); RG v. 14.12.1938 – II 109/38, SeuffA 93 Nr. 59; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 38 f. 4 Zutreffend daher K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 14.
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zum Ausscheiden geleisteten Dienste des stillen Gesellschafters durch den Gewinnanteil nicht voll abgegolten sind und wenn insoweit der Erfolg dieser Dienste bei Auflösung der Gesellschaft im Geschäftsvermögen noch als greifbarer und messbarer Vermögenswert vorhanden ist. Denn dann fehlt es an den tatsächlichen Voraussetzungen, die es rechtfertigen, den Ersatz für Dienstleistungen auszuschließen. In einem solchen Ausnahmefall wird die auszuzahlende Einlage des Stillen nicht nach dem tatsächlich erzielten Gewinn berechnet, weil dies § 235 Abs. 1 HGB widerspräche. Vielmehr hat der Stille einen Anspruch auf Ersatz seiner im Geschäftsvermögen verbliebenen Einlage in einer Höhe, die sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Auflösung der Gesellschaft bestimmt1.
16.33
b) Sachleistungen als Beitrag des stillen Gesellschafters Bei Einlagen, die zum Gebrauch überlassen wurden, die also Eigentum des stillen Gesellschafters geblieben sind, trägt dieser die Gefahr des zufälligen Untergangs. Für normale Abnutzung kann er keinen Ersatz verlangen, wohl aber hat er Anspruch auf Entschädigung, wenn die Wertminderung infolge vertragswidriger Benutzung oder mangelnder Sorgfalt des Inhabers (§ 708 BGB) eingetreten ist.
16.34
Der stille Gesellschafter hat auch dann nur einen Geldanspruch, wenn seine Einlage in einer Sacheinlage bestand, die in das Eigentum des Inhabers übertragen worden ist; er kann nicht die Rückübertragung des Eigentums verlangen, wie er andererseits nicht verpflichtet ist, an Stelle seines Auszahlungsanspruchs die noch vorhandene Sacheinlage zurückzunehmen. Anders ist es zu beurteilen, wenn vereinbart worden ist, dass die formell zu Eigentum übertragenen Sacheinlagen ihm im Innenverhältnis zugewiesen bleiben sollten. Dann ist er schuldrechtlich berechtigt und verpflichtet, sie bei Auflösung der Gesellschaft zurückzunehmen.
16.35
Ist der stille Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft mit einer Sacheinlage im Rückstand, kann der Inhaber deren Leistung weiterhin verlangen. Es verwandelt sich sein Anspruch nicht in eine Geldforderung (siehe Rz. 16.52).
16.36
III. Auszahlungsanspruch Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben ist übertragbar (§ 717 Satz 2 BGB). Die Übertragung ist schon vor dem Ausscheiden möglich2. Es handelt sich um einen künftigen Anspruch. Wird dieser Anspruch abgetreten, so wird diese Vorausabtretung hinfällig, wenn der Gesellschafter seine Beteiligung auf eine andere Person überträgt, da die Forderung in der Person des Zedenten (des ehemaligen Gesellschafters) nicht mehr entstehen kann. Für den Fall der Gesamtrechtsnachfolge gilt dies allerdings nicht. Die Vorausabtretung bleibt bestehen, da der Gesamtrechtsnachfolger
1 BGH v. 22.11.1965 – II ZR 189/63, NJW 1966, 501; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 1; zweifelnd K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 14, der stattdessen eine Lösung über bereicherungsrechtliche Grundsätze (§ 812 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BGB) oder die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) befürwortet. 2 Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 1.
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in die Position seines Vorgängers einrückt1. Dagegen ist der Anspruch auf Vornahme der Auseinandersetzung nicht abtretbar; er steht als Ausfluss des Gesellschaftsverhältnisses nur dem stillen Gesellschafter zu (§ 717 Satz 1 BGB).
16.38 Da der stille Gesellschafter als solcher kein Kaufmann ist, kann er wegen seines Auseinandersetzungsguthabens erst Zinsen mit Verzugseintritt gemäß § 288 BGB beanspruchen. Ist er dagegen selbst Kaufmann und ist der Gesellschaftsvertrag ein beiderseitiges Handelsgeschäft, sind für sein Auseinandersetzungsguthaben bereits mit Fälligkeit 5 % Zinsen zu zahlen (§§ 352, 353 HGB)2. 1. Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs
16.39 Die Fälligkeit des Auseinandersetzungsguthabens bestimmt sich nach § 271 BGB; sie hat die vorgängige Berechnung des Guthabens durch den Inhaber zur Voraussetzung3. Wird diese verzögert, tritt die Fälligkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem der Inhaber nach Treu und Glauben das Guthaben hätte errechnen können4. Der stille Gesellschafter kann in diesem Falle auf Vornahme der Berechnung des Auseinandersetzungsanspruchs klagen. Zweckmäßig wird er mit dieser Klage die Klage auf Zahlung seines Guthabens verbinden, wobei die Angabe des genauen Betrags bis zu dessen Feststellung vorbehalten wird (Stufenklage gemäß § 254 ZPO)5. Liegen die Verhältnisse so einfach, dass sich der endgültige Anspruch des Stillen ohne besonderes Abrechnungsverfahren ermitteln lässt, oder kann er den Betrag selbst berechnen, so wird er unmittelbar auf Zahlung klagen. Kann er nur einen Mindestbetrag angeben, der ihm auf jeden Fall zusteht, kann dessen Zahlung verlangt werden (vgl. Rz. 16.8)6. War z.B. der stille Gesellschafter am Verlust nicht beteiligt, dann ist die Klage auf Rückzahlung der Einlage auf jeden Fall berechtigt und begründet, und es bleibt nur noch die Berechnung des bis zum Auflösungstage entstandenen anteiligen Gewinns offen. Bei Verlustbeteiligung genügt zur Rechtfertigung der Klage auf Rückzahlung der Einlage der Nachweis, dass bis auf das letzte, noch nicht abgerechnete Geschäftsjahr stets ein Gewinnanteil ausgezahlt worden ist und dass auch das letzte Geschäftsjahr keinen Verlust erbracht hat7. 1 BGH v. 14.7.1997 – II ZR 122/96, WM 1997, 1709; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 29. 2 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 31; Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 2; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 235 HGB Rz. 2. 3 BGH v. 29.6.1992 – II ZR 284/91, DNotZ 1993, 619 (620 f.); Hopt in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 2; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 2; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 29. 4 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 2; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 34; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 29. 5 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185 (1186); so auch H.-F. Müller, Anm. zum BGH-Urteil v. 13.4.1995, WuB II H. § 723 BGB, S. 994; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 53; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 3; Kindler in Koller/Kindler/Roth/ Morck, § 235 HGB Rz. 9; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 43. 6 BGH v. 27.3.1961 – II ZR 256/59, BB 1961, 583; BGH v. 2.7.1962 – II ZR 204/60, BGHZ 37, 299 (305) = DB 1962, 1108; BGH v. 8.7.1976 – II ZR 34/75, DB 1977, 89 = WM 1976, 1030; BGH v. 12.5.1977 – III ZR 91/75, DB 1977, 2040. 7 Ähnlich K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 53, der alleine auf den Nachweis des nicht eingetretenen Verlusts im Rumpfgeschäftsjahr abstellt.
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Es empfiehlt sich, im Gesellschaftsvertrag nähere Bestimmungen über die Auszahlung des Guthabens zu treffen, damit die Liquidität des Inhabers nicht beeinträchtigt wird (Vereinbarung von Zahlungsfristen oder Ratenzahlungen).
16.40
Zulässig ist es auch, das Auseinandersetzungsguthaben des Stillen im Wege einer lebenslänglichen oder zeitlich begrenzten Rente an den Ausscheidenden oder einen von ihm benannten Dritten zu vereinbaren. Im Anwendungsbereich des KWG handelt es sich nach Ansicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht dabei um ein Einlagengeschäft (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG), das nach § 32 KWG der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis durch die BaFin bedarf (vgl. hierzu Rz. 19.164)1.
16.41
2. Durchsetzung des Auseinandersetzungsanspruchs Erkennt der stille Gesellschafter das vom Inhaber errechnete Guthaben nicht an, weil es seiner Meinung nach zu niedrig festgestellt worden ist, kann er mindestens den von ihm selbst errechneten Betrag unter Berufung auf die Handelsbücher des Inhabers einklagen. Es ist dann dessen Sache nachzuweisen, dass die von ihm geführten Handelsbücher fehlerhaft waren, wenn er den Anspruch bestreitet2.
16.42
Besteht über die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens eines stillen Gesellschafters Streit, so darf das Gericht nicht ohne Weiteres von der Verlust- und Gewinnrechnung ausgehen, die der Inhaber des Handelsgewerbes aufgestellt hat und deren Richtigkeit der stille Gesellschafter bestreitet. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist nur eine, aber nicht die einzige Grundlage für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens. Daneben sind die Bücher und Schriften des Geschäftsinhabers heranzuziehen und, soweit sie die Geschäftsvorgänge nicht oder nicht vollständig erfassen, ist auch auf diese zurückzugehen. Für eine Auseinandersetzung sind stets die wirklichen, nicht nur die buchmäßig erfassten Verhältnisse maßgebend. Der stille Gesellschafter kann deshalb gegen den Inhaber Klage mit dem Ziel erheben, dass das Gericht für einzelne Posten der Abschichtungsbilanz andere Werte verbindlich feststellt, als der Inhaber ausgewiesen hat3. Er kann nicht auf die Aufstellung einer Gegenrechnung verwiesen werden, weil er hierzu in der Regel nicht in der Lage sein wird. Der Beweis dafür, dass die Einlage des stillen Gesellschafters durch Verluste aufgezehrt sei, obliegt dem Inhaber des Handelsgewerbes, der insoweit zur Rechenschaft verpflichtet ist4. Im Übrigen ist nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen jeder Gesellschafter für die Höhe seiner eigenen Einlage beweispflichtig. Eine Klage mit dem Ziel, dass das Gericht die gesamte Abschichtungsbilanz feststelle, ist unzulässig5.
16.43
1 Mangels Entscheidungserheblichkeit offengelassen in BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, ZIP 2005, 763 (765) mit Verweis auf die Erweiterung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG durch die Sechste KWG-Novelle v. 22.10.1997, BGBl. I 1997, 2518; LG Göttingen v. 10.1.2012 – 2 O 368/10, ZIP 2012, 1169 (1170); zur Qualifikation einer stillen Beteiligung als Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG vgl. auch KG Berlin v. 23.12.2011 – 1 Ss 139/11, juris. 2 Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 54; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 294. 3 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 4 BGH v. 30.11.1959 – II ZR 204/57, BB 1960, 14; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 47; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 54; Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 3; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 236 HGB Rz. 9; vgl. auch BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185. 5 BGH v. 16.5.1994 – II ZR 223/92, NJW-RR 1994, 1185.
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16.44 Zur Durchsetzung und Sicherung seiner Ansprüche kann der stille Gesellschafter erforderlichenfalls eine einstweilige Verfügung oder einen Arrest beantragen, §§ 916 f., 935 f. ZPO.
16.45 Ist er mit der Leistung seiner Geldeinlage im Rückstand, braucht er sie nach der Auflösung der Gesellschaft nicht mehr zu erbringen, wenn sein Einlagekonto einen Aktivsaldo aufweist. 3. Kontrollrechte des stillen Gesellschafters
16.46 Welche Rechte der stille Gesellschafter zur Nachprüfung der Schlussrechnung hat, ist streitig. Nach der hier vertretenen Auffassung ist § 233 HGB anzuwenden1. Die h.M., wonach § 233 HGB nur während bestehender Gesellschaft anwendbar sei2, verträgt sich nicht mit dem Fortbestand der stillen Gesellschaft als Abwicklungsgesellschaft und der insoweit noch nachwirkenden Gesellschaftertreue (siehe Rz. 16.68).
16.47 Der BGH hat sich jedoch der h.M. angeschlossen3. Nach seiner Ansicht kann sich der Stille zur Prüfung der Richtigkeit der Auseinandersetzungsbilanz nicht mehr auf die Rechte aus § 233 Abs. 1 und 3 HGB berufen; vielmehr müsse er sein Verlangen auf Bucheinsicht auf § 810 BGB stützen.
16.48 Aus Gründen der Sicherheit empfiehlt es sich in jedem Falle, im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich das Weiterbestehen der Kontrollrechte des Stillen auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft festzulegen4. Zu weit geht jedoch das OLG Hamburg5, wenn es meint, dass in diesen Fällen das Gericht bei Vorliegen von wichtigen Gründen auch die teilweise Vorlegung eines über das Unternehmen erstatteten finanzamtlichen Betriebsprüfungsberichts an den stillen Gesellschafter anordnen könne. Der Betriebsprüfungsbericht ist kein Geschäftspapier.
IV. Das passive Einlagekonto 1. Grundsätzliche Bedeutung als Auszahlungssperre
16.49 Ist das Einlagekonto des stillen Gesellschafters passiv, so braucht er, wenn er seine Einlage voll erbracht hat, den Passivsaldo nicht auszugleichen, da er am Verlust nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teilnimmt (§ 232 Abs. 2 Satz 1 HGB)6. 1 So auch Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 143; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 88; Lang, Die Typen der stillen Gesellschaft und die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Normen auf sie, 1930, S. 64. 2 Vgl. nur Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 30; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 171; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 49; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 338 HGB Rz. 5. 3 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 92/67, WM 1968, 1245; zur GmbH BGH v. 28.4.1977 – II ZR 208/75, DB 1977, 1248; a.A. OLG Frankfurt v. 28.2.1967 – 5 U 27/66, BB 1967, 1182. 4 Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 88. 5 OLG Hamburg v. 11.5.1965 – 2 U 19/65, MDR 1965, 666. 6 OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (917); Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 2; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 35 und 61 (zur atypischen stillen
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Soweit die Einlage rückständig und fällig ist, muss mit ihr der Passivsaldo ausgeglichen werden1. Reicht sie zum vollen Ausgleich nicht aus, dann ist lediglich die rückständige Einlage zu leisten2. Ist der Passivsaldo geringer als der Rückstand, braucht dieser im Zeitpunkt der Fälligkeit nur in Höhe des Passivsaldos erbracht zu werden. Der stille Gesellschafter kann also niemals mehr als eine Einlage und den zur Deckung früherer Verluste verwendeten Gewinn verlieren.
16.50
Bestand die Einlage vereinbarungsgemäß in Dienstleistungen oder Gebrauchsüberlassungen, so verliert der stille Gesellschafter schlimmstenfalls den Gewinnanteil, den er zum Ausgleich des Passivsaldos zur Verfügung stellen muss, da zur Verlustdeckung nur eine Einlage in Betracht kommt, die ihm auf dem Einlagekonto gutgebracht worden ist. Das ist bei Gebrauchsüberlassung und Dienstleistung regelmäßig nicht der Fall (vgl. Rz. 7.31 ff., 7.38).
16.51
Zweifelhaft ist, ob der stille Gesellschafter verpflichtet ist, den Passivsaldo in Geld abzudecken, wenn er nach dem Gesellschaftsvertrag eine Sacheinlage zu erbringen hatte und diese noch rückständig ist. K. Schmidt3 bejaht das mit dem Hinweis, dass bei der Auseinandersetzung die Einlage nur noch als Deckungsobjekt für den Verlust Bedeutung habe und es deshalb auf die nach dem Gesellschaftsvertrag vereinbarte Einlage, die zur Förderung des Gesellschaftszwecks dienen sollte, nicht mehr ankomme. Aus dem Gesetz lässt sich dies nicht herleiten. Der Inhaber kann auch nach der Auflösung der stillen Gesellschaft zum Ausgleich des Passivsaldos nur das verlangen, was im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist. Freilich können die Parteien für diesen Fall (unter Umständen auch konkludent) Abweichendes vereinbaren. Zum Ausgleich in Geld ist der stille Gesellschafter, wenn allein Sacheinlagen vereinbart worden sind, nicht verpflichtet; seine Leistungspflicht wird durch die Auflösung der stillen Gesellschaft inhaltlich nicht verändert4.
16.52
Doch kann sich der inhaltlich auf eine Sacheinlage gerichtete Anspruch in einen Geldanspruch umwandeln. Dies richtet sich zunächst nach dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht. Erbringt der stille Gesellschafter die Sacheinlage nicht oder nicht vertragsgemäß und hat er dies zu vertreten (§ 276 BGB), kann der Inhaber nach Ablauf einer angemessenen Nachfrist Schadensersatz statt der Leistung fordern (§§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB, bei mangelhafter Leistung unter Umständen über § 437 Nr. 3 BGB analog). Ohne Ablauf einer angemessenen Frist ist der Schadensersatzanspruch begründet, wenn die Fristsetzung entweder entbehrlich ist (§ 281 Abs. 2 BGB) oder die Leistung unmöglich ist (§§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB). Der Inhaber kann bei Un-
16.53
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Gesellschaft); Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 22; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 3; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 235 HGB Rz. 17, 23; Gehrlein in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 5. OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, BeckRS 2014, 21235, Rz. 59 = juris. OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, BeckRS 2014, 21235, Rz. 59, 62 = juris. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 34; ebenso Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 235 HGB Rz. 18. So die überwiegende Auffassung, vgl. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 296 f.; Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 124; B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 126; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42; Klauss/ Mittelbach, Die stille Gesellschaft, S. 107 Rz. 212; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 340 HGB Anm. 11; Möhle, Die Personengesellschaft OHG, KG, StG, S. 375.
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möglichkeit außerdem die Herausgabe des Surrogats (z.B. eine Versicherungsleistung für die Zerstörung) nach § 285 BGB verlangen, selbst wenn der Stille die Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat.
16.54 Auch außerhalb des Leistungsstörungsrechts berücksichtigt das allgemeine Schuldrecht den Fall, dass eine Leistung durch veränderte Umstände für die Parteien nicht mehr ihre ursprüngliche Bedeutung hat. Zum einen besteht die Möglichkeit, die Sacheinlagepflicht vertraglich in eine Geldleistung zu ändern (§ 311 Abs. 1 BGB). Erbringt der stille Gesellschafter mit Zustimmung des Inhabers seine Sacheinlageschuld durch Geldzahlung, ist zudem an eine Annahme an Erfüllungs statt (§ 264 Abs. 1 BGB) zu denken. Zum anderen eröffnen die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) flexible Lösungsmöglichkeiten. Dabei wird in der Regel davon auszugehen sein, dass das Fortbestehen der Gesellschaft für die Sacheinlage beiderseitige Geschäftsgrundlage ist und zumindest der Inhaber, hätte er von der Auflösung der Gesellschaft vor Leistungserbringung gewusst, eine Geldleistung vereinbart hätte. Ob der Vertrag nach § 313 Abs. 1 BGB entsprechend angepasst werden kann, hängt also regelmäßig von Zumutbarkeitserwägungen, insbesondere der vertraglichen Risikoverteilung, ab. Dies ist normativ zu bestimmen und hängt von einer umfassenden Interessenabwägung ab, bei der einerseits berechtigte Interessen des stillen Gesellschafters, die Sachleistung noch zu erbringen, und andererseits der (unter Umständen vom Stillen vorhersehbare) Wegfall des Interesses des Inhabers an der Leistung in natura gegeneinander abzuwägen sind.
16.55 Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Gefahr, dass die Sacheinlage billigerweise nicht mehr ihrer vertraglichen Funktion entsprechen kann, mit allgemeinen Grundsätzen des BGB begegnet werden kann. Eine Abkehr vom Grundsatz, dass Verträge in natura zu erfüllen sind, ist daher nicht angebracht, zumal damit berechtigte Interessen des Stillen pauschal unberücksichtigt blieben.
16.56 Ob der stille Gesellschafter für die durch vorzeitige Auflösung der Gesellschaft fortgefallenen Dienstleistungen Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach den Gründen der Auflösung. Eine solche Verpflichtung besteht, wenn er durch sein vertragswidriges Verhalten den Inhaber zur fristlosen Kündigung veranlasst hat. Bei der Höhe der Schadensersatzleistung ist jedoch auch der Fortfall der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen. 2. Vertragliche Sonderregelungen
16.57 Aufgrund der Vertrags- und Gestaltungsfreiheit können die Beteiligten durch entsprechende ausdrückliche und unmissverständliche Regelung im Gesellschaftsvertrag vereinbaren, dass der stille Gesellschafter über seine Vermögenseinlage hinaus am Verlust beteiligt sein soll. Eine einfache Verlustbeteiligungsklausel genügt hierfür nicht1. Eine solche Vereinbarung wirkt nur im Innenverhältnis. Sie hat zur Folge, dass der stille Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft in Höhe der von ihm übernommenen Verpflichtung den gesamten Passivsaldo auszugleichen und dem Inhaber entsprechende Zahlungen zu leisten hat. Die Übernahme der Verlustdeckungspflicht kann so weit ge-
1 OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (918).
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§ 16 Auseinandersetzung
hen, dass der stille Gesellschafter im Innenverhältnis unbeschränkt für die Verluste mit seinem eigenen Vermögen einzustehen hat1.
V. Abwicklung schwebender Geschäfte 1. Begriff der schwebenden Geschäfte Da die Auflösung der stillen Gesellschaft diese von einer werbenden in eine Abwicklungsgesellschaft umwandelt, bleibt der stille Gesellschafter an dem Gewinn und Verlust, der sich aus den schwebenden Geschäften ergibt, weiterhin beteiligt (§ 235 Abs. 2 HGB), wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist.
16.58
Für die im Zeitpunkt der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäfte trifft das Gesetz keine Regelung. Ob der stille Gesellschafter an ihren Ergebnissen beteiligt ist, richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag. Im Zweifel wird die Beteiligung zu bejahen sein, weil die Gewinne (und Verluste) aus diesen Geschäften Bestandteil des laufenden Jahresgewinnes (-verlustes) sind, an dem der stille Gesellschafter anteilmäßig teilnimmt2.
16.59
Unter den Begriff der schwebenden Geschäfte fallen alle Geschäfte, zu deren Ausführung der Inhaber im Zeitpunkt der Auflösung bereits verpflichtet war, die aber in diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig abgewickelt sind (z.B. Vergleiche über eine Streitigkeit, schwebende Prozesse, abgeschlossene, aber noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllte Verträge usw.)3. Geschäfte, die lediglich geplant oder nur unverbindlich vorbesprochen sind, sind keine schwebenden Geschäfte in diesem Sinne, auch nicht Geschäfte, an deren Ergebnissen der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag nicht teilnimmt. Dagegen wird man zu den schwebenden Geschäften auch diejenigen Verträge rechnen müssen, die der Geschäftsinhaber erst nach Beginn des Abwicklungsstadiums abschließt, wenn und soweit ihr Abschluss erforderlich und daher berechtigt war, um die stille Gesellschaft möglichst rasch und reibungslos vollständig abzuwickeln4. Deliktshandlungen und Dauerschuldverhältnisse fallen regelmäßig nicht unter die schwebenden Geschäfte; anderes kann gelten, wenn ein besonders enger Zusammenhang zum Gesellschaftszweck besteht5.
16.60
Die Abwicklung der schwebenden Geschäfte ist Aufgabe des Inhabers (§ 235 Abs. 2 Satz 1 HGB), die außerhalb der Auseinandersetzung zu erfüllen ist6. Hierdurch soll
16.61
1 BGH v. 17.3.1966 – II ZR 282/63, BGHZ 45, 204 (für den Fall der unbeschränkten Haftung eines Kommanditisten); OLG Karlsruhe v. 19.2.1986 – 6 U 111/85, ZIP 1986, 916 (917); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 35 und 61. 2 Ebenso Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 298. 3 BGH v. 16.12.1985 – II ZR 38/85, WM 1986, 709; BGH v. 29.4.1985 – II ZR 167/84, WM 1985, 1166; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 16; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 235 HGB Rz. 27; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 50; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 38. 4 Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 116. 5 Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 16; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 39 m.w.N. 6 So jüngst BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, NZG 2016, 422; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 68; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42, 47.
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359
§ 16 Auseinandersetzung
die Auseinandersetzung zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter von der Einbeziehung der bei Auflösung noch schwebenden Geschäfte erleichtert werden. Der stille Gesellschafter wirkt dabei nicht mit, auch wenn er während der Dauer der Gesellschaft zur Geschäftsführung berechtigt war1. Das ergibt sich entweder aus einer analogen Anwendung des § 740 Abs. 1 Satz 2 BGB oder – dogmatisch konsequenter – unmittelbar aus § 235 Abs. 2 Satz 1 HGB (vgl. Rz. 16.2). Der Inhaber hat die Geschäfte nach seinem Ermessen abzuwickeln. Er darf dabei nicht willkürlich verfahren; er hat weiterhin auch auf die Interessen des Ausgeschiedenen Rücksicht zu nehmen2, was nach der hier vertretenen Auffassung bereits aus den auch im Abwicklungsstadium bestehenden gesellschaftsrechtlichen Rücksichtnahmepflichten folgt. Er kann, wenn es zur Beendigung dieser Geschäfte erforderlich ist, neue Geschäfte eingehen3, an deren Ergebnissen der stille Gesellschafter ebenfalls beteiligt bleibt.
16.62 Da die stille Gesellschaft während der Abwicklung als Abwicklungsgesellschaft fortbesteht (Rz. 15.3), hat der Geschäftsinhaber bei der Abwicklung nur für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten einzustehen. § 708 BGB ist weiterhin anzuwenden4. 2. Beteiligung des stillen Gesellschafters am Ergebnis schwebender Geschäfte
16.63 In welchem Umfang der stille Gesellschafter an den Ergebnissen der schwebenden Geschäfte beteiligt bleibt, bestimmt sich nach den gesellschaftsvertraglichen Regelungen. Seine Beteiligung an den Ergebnissen der schwebenden Geschäfte kann auch völlig ausgeschlossen werden5. Dies wird zum Teil wegen der Streitanfälligkeit der Beteiligung an schwebenden Geschäften empfohlen6.
16.64 Ein solcher Ausschluss ist jedoch nicht schon dann anzunehmen, wenn der stille Gesellschafter an den zur Zeit der Errichtung der stillen Gesellschaft schwebenden Geschäften beteiligt worden ist, weil die Gewinne und Verluste aus diesen Geschäften während des Bestehens der stillen Gesellschaft anfallen und deshalb einen Teil des laufenden Jahresergebnisses, an dem der Stille beteiligt ist, bilden7. Der Ausschluss muss vielmehr ausdrücklich und unmissverständlich vereinbart werden, da die Beteiligung des Stillen an den schwebenden Geschäften in § 235 Abs. 2 HGB ausdrücklich geregelt ist8.
1 B. Hartmann, Der ausscheidende Gesellschafter in der Wirtschaftspraxis, 4. Aufl. 1983, S. 115; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 52. 2 Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42. 3 Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5. 4 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 298; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 42 mit rechtspolitischen Bedenken. 5 BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (181); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 48; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 59; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 11; in diese Richtung auch Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 4. 6 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 59 f. 7 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 297 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 48; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 59. 8 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 11.
360 Kauffeld
§ 16 Auseinandersetzung
Aus Gründen der vereinfachten Berechnung wird häufig vereinbart, dass der stille Gesellschafter zur Abgeltung seiner Beteiligung ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Ergebnisse der schwebenden Geschäfte einen Zuschlag zu seinem Guthaben oder eine feste Abfindungssumme erhalten soll.
16.65
Wenn keine andere Regelung getroffen worden ist, kann der stille Gesellschafter am Schluss jedes Geschäftsjahres Rechenschaft über die inzwischen abgewickelten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch nicht abgewickelten Geschäfte verlangen (§ 235 Abs. 3 HGB). Das Geschäftsjahr ist der Zeitraum, für den der Inhaber nach Auflösung der Gesellschaft seinen Jahresabschluss erstellt1. Er braucht mit dem Geschäftsjahr der aufgelösten Gesellschaft nicht übereinzustimmen. Selbstverständlich kann vereinbart werden, dass der Abrechnung weiterhin das für die stille Gesellschaft maßgebend gewesene Geschäftsjahr zugrunde zu legen ist, obwohl der Geschäftsinhaber seinen Gewinn für einen anderen Zeitraum ermittelt.
16.66
Streitig ist, ob dem stillen Gesellschafter zur Nachprüfung der Abrechnung die Rechte aus § 233 HGB zustehen. Rechtsprechung und h.L. verneinen das mit der Maßgabe, dass er nur noch die Vorlage der Bücher und Papiere im Rahmen des § 810 BGB verlangen kann2 (vgl. bereits Rz. 16.47). In der Tat ist dies konsequent, wenn man davon ausgeht, dass Auflösung und Vollbeendigung bei der Innengesellschaft zusammenfallen (dann bliebe es aber dennoch bei § 235 Abs. 3 HGB). Dass dieser Ansicht nicht zu folgen ist, wurde jedoch bereits oben (Rz. 15.3) dargelegt3.
16.67
Dies bestätigt auch ein Blick auf die Kontrollrechte: § 235 Abs. 3 HGB zeigt, dass sich Inhaber und Stiller auch nach Auflösung der Gesellschaft nicht wie gewöhnliche Schuldner und Gläubiger gegenüberstehen, sondern dass aus der aufgelösten gesellschaftsrechtlichen Beziehung noch (spezifisch gesellschaftsrechtliche) Rechte und Pflichten folgen4. Richtigerweise bleibt § 233 HGB daher dem Grunde nach anwendbar. Fraglich ist jedoch, wie sich die Anwendung des § 233 HGB zu § 235 Abs. 3 HGB verhält. In konkurrenzrechtlicher Hinsicht würde § 235 Abs. 3 HGB die allgemeinen Auskunftsrechte verdrängen, wenn es sich dabei um eine speziellere (die allgemeine Vorschrift gänzlich ausschließende) Regelung handeln würde. Jedoch sagt § 235 Abs. 3 HGB zunächst nur etwas über den Umfang des Informationsrechts nach der Auflösung der stillen Gesellschaft aus. Zur Beantwortung der Frage, wie der Inhaber dieser Pflicht genügen kann, ist auf § 233 Abs. 1 HGB zu rekurrieren. Auch ist § 235 Abs. 3 HGB nicht so zu verstehen, dass er das außerordentliche Informationsrecht aus § 233 Abs. 3 HGB beschränken will. Eine andere Auffassung würde den – auch nach Auflösung fortwirkenden – gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten nicht gerecht5. Jedoch werden die allgemeinen Informationsrechte im Abwicklungsverhältnis in ihrem Umfang von
16.68
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 73. 2 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (324); BGH v. 11.7.1968 – II ZR 108/67, DB 1969, 39; BGH v. 3.11.1975 – II ZR 98/74, BB 1976, 11; BGH v. 8.4.1976 – II ZR 203/74, DB 1976, 2106 (2107); Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 171; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 30; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 53. 3 Wie hier Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20. 4 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 49; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20. 5 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 49.
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361
§ 16 Auseinandersetzung
§ 235 Abs. 3 HGB überlagert. Inhaltlich beschränken sie sich daher auf die Kontrolle der Abwicklung der schwebenden Geschäfte1.
16.69 Dem stillen Gesellschafter ist alljährlich sein Anteil am Ergebnis der inzwischen abgewickelten Geschäfte auszuzahlen. Der Inhaber kann – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung im Gesellschaftsvertrag – die Auszahlung nicht mit der Begründung verweigern, dass aus den noch nicht beendeten Geschäften Verluste zu erwarten seien2.
16.70 Entstehen Verluste, muss der stille Gesellschafter den auf ihn entfallenden Anteil bis zur Höhe seiner übernommenen Einlage tragen, es sei denn, dass diese bereits verloren ist. Auch er kann die Bezahlung seines Verlustanteils nicht mit der Begründung verweigern, dass aus den noch nicht abgewickelten Geschäften voraussichtlich Gewinne zu erwarten sind, die zum Verlustausgleich verwendet werden können3.
VI. Zusammenfassung
16.71 Nach Auflösung der Gesellschaft hat der Inhaber das Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters zu ermitteln und auszuzahlen. Es besteht aus dem Buchwert der Einlage, wie sie sich aufgrund der Buchführung am Auflösungstage auf dem Einlagekonto ergibt, vermehrt um den bis zu diesem Tage auf ihn entfallenden anteiligen Gewinn oder – bei Verlustbeteiligung – vermindert um den auf ihn entfallenden anteiligen Verlust. Der anteilige Gewinn oder Verlust wird wie bei einer bestehenden Gesellschaft aufgrund einer Erfolgsermittlungsbilanz festgestellt. Er bedarf jedoch gewisser Korrekturen, die zum Ausgleich dafür vorgenommen werden müssen, dass der stille Gesellschafter in früheren Jahren zu geringe oder überhöhte Gewinnanteile erhalten hat. Mit einer Substanzbeteiligung hat das nichts zu tun. Die Korrekturen haben ihre Ursache nicht in einer schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung, sondern in der bisherigen Gewinnermittlung. Bei der atypischen Gesellschaft bedarf es der Aufstellung einer Abschichtungs- oder Vermögens-(Liquidations-)Bilanz zum Auflösungstage, die die Grundlage für die Feststellung des Anteils des stillen Gesellschafters an dem tatsächlichen Geschäftswert des Unternehmens abgibt. Diese Regelung ist jedoch nicht zwingend. Die Durchführung der Auseinandersetzung und die Errechnung des Auseinandersetzungsguthabens bestimmen sich in erster Linie nach dem Gesellschaftsvertrag. Das Auseinandersetzungsguthaben ist eine reine Gläubigerforderung des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber und ist stets in Geld zu befriedigen. Der stille Gesellschafter ist weder berechtigt noch verpflichtet, die Rückgabe etwaiger, dem Geschäftsinhaber zu Eigentum übertragener Sacheinlagen zu verlangen. Führt die Auseinandersetzung zu einem passiven Einlagekonto des stillen Gesellschafters, so braucht er den Passivsaldo nicht auszugleichen, wenn er seine vereinbarte Einlage erbracht hatte. Soweit er mit ihr rückständig und diese fällig ist, muss er 1 Wie hier Roth in Baumbach/Hopt, § 235 HGB Rz. 5; Horn in Heymann, § 235 HGB Rz. 20. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 45. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 46.
362 Kauffeld
§ 16 Auseinandersetzung
sie zum Ausgleich des Passivsaldos nunmehr leisten. Rückständige Sacheinlagen, Gebrauchsüberlassungen und Dienstleistungen verwandeln sich mit der Auflösung nicht ohne weiteres in Geldansprüche des Inhabers. Letzteres kann allerdings – neben der einvernehmlichen Änderung der Schuld – durch die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts oder der Störung der Geschäftsgrundlage eintreten. Der stille Gesellschafter nimmt nach der Auflösung der Gesellschaft noch an dem Gewinn (und dem Verlust) teil, der sich aus den zur Zeit der Auflösung schwebenden Geschäften ergibt, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Er kann am Schluss jedes Geschäftsjahres Rechenschaft über die inzwischen beendeten Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand der noch schwebenden Geschäfte verlangen.
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363
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz Schrifttum: Altmeppen, Holger, Kapitalersatz und Rangrücktritt unter Geltung der InsO, ZHR 164 (2000), 349; Bayer, Walter/Graff, Simone, Das neue Eigenkapitalersatzrecht nach dem MoMiG, DStR 2006, 1654; Berninger, Axel, Keine Haftung des atypischen stillen Gesellschafters im Außenverhältnis für Verbindlichkeiten des Handelsgeschäftsinhabers nach §§ 128, 171 HGB, DStR 2010, 2359; Blaurock, Uwe, Die Stellung des stillen Gesellschafters bei Sanierung des Geschäftsinhabers im Insolvenzplanverfahren, in Festschrift für Rolf Stürner zum 70. Geburtstag, 2013, S. 659; Blaurock, Uwe, Haftung eines atypischen stillen Gesellschafters, NZG 2010, 974; Blaurock, Uwe, Anmerkung zum Urteil des LG Essen v. 24.7.1992, WuB II H. § 236 HGB 1.93, S. 359; Bork, Reinhard, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, 2006; Bork, Reinhard, Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts zugunsten des Insolvenzrechts?, ZGR 2007, 250; Florstedt, Tim, Der stille Verband, 2007; Florstedt, Tim, Zum Ordnungswert des § 136 InsO, ZInsO 2007, 914; Gehrlein, Markus, Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG, BB 2008, 846; Gehrlein, Markus, Das neue GmbH-Recht, 2009; von Gerkan, Hartwin/Hommelhoff, Peter, Handbuch des Kapitalersatzrecht, 2. Aufl. 2002; Haas, Ulrich/Hommelhoff, Peter, Vom Eigenkapitalersatz zur Gesellschafterfremderziehung zur Gesellschafterfremdfinanzierung, 3. Aufl. 2012; Gottwald, Peter, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl. 2015; Gundlach, Ulf/Frenzel, Volkhard/Schmidt, Nikolaus, Der Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Unternehmensträgers – zugleich ein Beitrag zu § 84 InsO, ZIP 2006, 501; Haas, Ulrich, Das neue Kapitalersatzrecht nach dem RegEMoMiG, ZInsO 2007, 617; Haas, Ulrich/Vogel, Oliver, Der atypisch stille Gesellschafter als nachrangiger Insolvenzgläubiger, NZI 2012, 875; Habersack, Mathias, Der Finanzplankredit und das Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterhilfen, ZHR 161 (1997), 457; Habersack, Mathias, Gesellschafterdarlehen nach MoMiG: Anwendungsbereich, Tatbestand und Rechtsfolgen der Neuregelung, ZIP 2007, 2145; Heckel, Sven-Olaf, Innengesellschaften im Konkurs, 1990; Hess, Harald, Kommentar zur Insolvenzordnung, Band 1, 2. Aufl. 2001; Huber, Ulrich, Finanzierungsfolgenverantwortung de lege lata und de lege ferenda, in Festschrift für Hans-Joachim Priester, 2007, S. 259; Karollus, Martin, Zur geplanten Reform des Kapitalersatzrechts, ZIP 1996, 1893; Krolop, Kaspar, Mit dem MoMiG vom Eigenkapitalersatz zu einem insolvenzrechtlichen Haftkapitalerhaltungsrecht?, ZIP 2007, 1738; Landsmann, Lena Katharina, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, 2007; Manz, Gerhard/ Lammel, Stefan, Stille Beteiligungen an Kapitalgesellschaften: Eigenkapitalcharakter und Rang in der Insolvenz nach Inkrafttreten des MoMiG, GmbHR 2009, 1121; Mincke, Wolfgang, Kreditsicherung und kapitalersetzende Darlehen – Zugleich ein Vorschlag zur Einordnung kapitalersetzender Darlehen, ZGR 1987, 521; Mock, Sebastian, Stille im MoMiG zur stillen Gesellschaft?, DStR 2008, 1645; Mylich, Falk, Probleme und Wertungswidersprüche beim Verständnis von § 135 Abs. 1 Alt. 2 Nr. 2 InsO n.F., ZGR 2009, 474; Mylich, Falk, Die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters und die zur Rückzahlung bestellten Sicherheiten im Insolvenzverfahren der Handelsgesellschaft, WM 2013, 1010; Noack, Ulrich, Gesellschaftsrecht (Kommentar zur InsO, Sonderband 1), 1999; Pentz, Andreas, Die Änderungen und Ergänzungen der Kapitalersatzregeln im GmbH-Gesetz, GmbHR 1999, 437; Renner, Cornelius, Die Stellung des atypisch stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Geschäftsinhabers, ZIP 2002, 1430; Reusch, Peter, Eigenkapital und Eigenkapitalersatz im Rahmen der stillen Gesellschaft, BB 1989, 2358; Rohlfing, Bernd/Wegener, Burghard/Oettler, Frank, Der Fall der „Göttinger Gruppe“ – Insolvenzbedingte Risiken bei stillen Beteiligungen, ZIP 2008, 865; Schmidt, Karsten, Das Vollstreckungs- und Insolvenzrecht der stillen Gesellschaft, KTS 1977, 1 (65, 72); Schmidt, Karsten, Die Kreditfunktion der stillen Einlage, ZHR (140) 1976, 475; Schmidt, Karsten, Zurechnungsprobleme um das Zwerganteilsprivileg des § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG, GmbHR 1999, 1269; Schmidt, Karsten, Eigenkapitalersatz und Überschuldungsfeststellung, GmbHR 1999, 9; Schmidt, Karsten, Stille Einlage zwischen Leihkapital und Eigenkapital, JuS 2012, 1131; Servatius, Wolfgang, Gläubigerschutz durch Covenants, 2008; Wagner, Klaus-R., Der atypisch stille Gesellschafter im Konkurs der Massengesellschaft, KTS 1979, 53; Weisser, Johannes, Nachschusspflicht von GmbH-Gesellschaftern für sog. Milestone Payments im Insolvenzfall?, GmbHR 2004, 1370.
364 Kauffeld
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
I. Grundlagen Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft unabhängig von seiner typischen oder atypischen Ausgestaltung, gleich ob als zweigliedriges Rechtsverhältnis oder mehrgliedriger Verband, nicht rechtsfähig und in Ermangelung eines eigenen Gesellschaftsvermögens nicht insolvenzfähig. Eine Insolvenz der stillen Gesellschaft gibt es mangels Insolvenzfähigkeit nicht. Daher geht es bei der stillen Gesellschaft in der Insolvenz immer nur um die Rechtsfolgen einer Insolvenz des Inhabers oder des stillen Gesellschafters.
17.1
Wenngleich die Rechtsfolgen einer Insolvenz des Geschäftsinhabers oder des stillen Gesellschafters auf die stille Gesellschaft in § 236 HGB, § 728 BGB sowie in der Insolvenzordnung geregelt sind, sind sie aufgrund der Formenvielfalt stiller Gesellschaften nicht immer leicht zu ermitteln und für die Vertragspraxis mit Gestaltungsunsicherheiten behaftet. In beiden Fällen hängen die Rechte und Verpflichtungen des stillen Gesellschafters maßgeblich von der Qualifizierung seiner Einlage als Fremdkapital oder Eigenkapital nach insolvenzrechtlichen Kriterien ab. Zudem ist die Qualifizierung der Einlage des Stillen als Fremdkapital oder Eigenkapital nach insolvenzrechtlichen Kriterien auch dafür maßgeblich, inwieweit die stille Beteiligung in die gesondert zu erstellenden Überschuldungsbilanz, die nicht der Handelsbilanz entspricht1, Eingang findet und der Inhaber damit überhaupt rechnerisch überschuldet ist.
17.2
Die Qualifizierung der stillen Einlage nach insolvenzrechtlichen Maßstäben unterscheidet sich von der Einstufung der stillen Beteiligung als wirtschaftliches Eigenkapital, von der bilanzrechtlichen Qualifikation als eigenkapitalähnliche stille Beteiligung oder als Beteiligung mit überwiegendem Fremdkapitalcharakter (vgl. Rz. 13.2 ff.) und von der steuerrechtlichen Einstufung der stillen Einlage als steuerrechtliches Eigenkapital (vgl. Rz. 20.70 ff.). Die Qualifizierung der stillen Einlage nach insolvenzrechtlichen Maßstäben hat daher in der Rechtspraxis schon in vielen Fällen die Beteiligten unvorbereitet getroffen. Für zusätzliche Komplexität sorgt die Anwendung der durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.20082 (MoMiG) ins Insolvenzrecht überführten ehemaligen Eigenkapitalersatzregelungen. Die Einstufung der stillen Beteiligung als „eigenkapitalersetzend“ führt dazu, dass die Forderung des stillen Gesellschafters auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens nunmehr „nachrangig“ i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist.
17.3
Oftmals will ein stiller Gesellschafter aber keinesfalls, dass seine Forderung auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens in den Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder sogar des § 199 InsO rückt. Ebenso wenig will er, dass erhaltene Kapitalrückzahlungen und Vergütungen im letzten Jahr und erhaltene Besicherungen in den letzten 10 Jahren vor Stellung des Insolvenzantrags gemäß § 135 InsO dem Risiko der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter ausgesetzt sind3. Dieses Risiko will der Stille erst recht nicht für sonstige Finanzierungsleistungen eingehen, die er selbst oder mit ihm verbundene Unternehmen parallel zur Einlageleistung im Zuge der Begründung der stillen Beteiligung gewährt haben. Die Anfechtbarkeit einer für die sonstige Finanzierungsleistung in der Regel bestehende Besicherung durch den Insol-
17.4
1 BGH v. 18.12.2000 – II ZR 191/99, GmbHR 2001, 197 (198). 2 BGBl. I 2008, 2026. 3 Vgl. hierzu Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121.
Kauffeld
365
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
venzverwalter stellt in einem solchen Fall sicherlich die gravierendste Rechtsfolge dar.
17.5 Vorstehende Komplexität sorgt dafür, dass es sich bei der Behandlung der stillen Gesellschaft in der Insolvenz um eine äußerst praxisrelevante Fragestellung handelt, die die Beteiligten bereits im Zuge der Ausgestaltung einer stillen Beteiligung berücksichtigen müssen, wollen sie böse Überraschungen in einem späteren Krisenfall vermeiden. 1. Auflösung der stillen Gesellschaft durch Insolvenz
17.6 Die stille Gesellschaft als solche ist in Ermangelung eigener Rechtsfähigkeit und in Ermangelung eines Gesellschaftsvermögens nicht insolvenzfähig, sie wird aber sowohl von der Insolvenz des Inhabers, der dann Gemeinschuldnerist, als auch von der Insolvenz des stillen Gesellschafters erfasst. Sowohl die Insolvenz des Geschäftsinhabers als auch die Insolvenz des stillen Gesellschafters führen zu einer Auflösung der stillen Gesellschaft. Zur Auseinandersetzung siehe Rz. 17.40. a) Auflösung durch Insolvenz des Geschäftsinhabers
17.7 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt zur Auflösung der Gesellschaft im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, § 728 BGB1. Eine fortbestehende stille Gesellschaft wie beim früheren Vergleichsverfahren gibt es aufgrund des vereinheitlichten Insolvenzverfahrens nicht mehr.
17.8 Anders zu beurteilen ist die Frage der Anwendbarkeit des § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB auch dann nicht, wenn es um die Frage der Stellung des stillen Gesellschafters bei Sanierung des Geschäftsinhabers im Insolvenzplanverfahren geht. In der Literatur wird zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass in diesem Fall – wie beim früheren Vergleichsverfahren – gute Gründe dafür sprechen, die Alles-oder-Nichts-Regel des § 728 Abs. 2 Satz 1 BGB teleologisch zu reduzieren und den Fortbestand der stillen Gesellschaft trotz Insolvenz des Geschäftsinhabers zu unterstellen2. Dabei kann den Interessen des stillen Gesellschafters sicherlich durch die Annahme eines außerordentlichen Kündigungsrechts des stillen Gesellschafters hinreichend Rechnung getragen werden3. Letztlich ist diese Lösung de lege lata aber nicht vom Regelungsgehalt des § 236 HGB gedeckt, der den Auseinandersetzungsanspruch des Stillen nach Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts nicht davon abhängig macht, dass der stille Gesellschafter die außerordentliche Kündigung der stillen Gesellschaft gegenüber dem Insolvenzverwalter erklärt.
17.9 Auf den insolventen Geschäftsinhaber sind die Vorschriften der InsO über die rechtliche Stellung des Gemeinschuldners anzuwenden. Das Insolvenzverfahren umfasst das gesamte der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen, das ihm zur Zeit der 1 BGH v. 24.2.1969 – II ZR 123/67, BGHZ 51, 350 (352); OLG Brandenburg v. 9.6.2004 – 7 U 212/03, GmbHR 2004, 1390 (1391); Weisser, GmbHR 2004, 1370 (1373); Noack, Gesellschaftsrecht, Rz. 652; Schäfer in MünchKomm/BGB, § 728 BGB Rz. 33 m.w.N.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 11. 2 Blaurock in FS Stürner, S. 659 (664). 3 Blaurock in FS Stürner, S. 659 (664 f. und 671).
366 Kauffeld
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
Insolvenzeröffnung gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§§ 35, 36 InsO). Deshalb bildet auch die dem Inhaber zu Eigentum übertragene Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters einen Teil seiner Insolvenzmasse, die zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient. Beiträge des stillen Gesellschafters, die dieser außerhalb der stillen Einlage leistet, unterliegen den allgemeinen Regeln. So kann der stille Gesellschafter lediglich zur Nutzung überlassene Gegenstände aussondern, sofern es sich nicht um eine Nutzungsüberlassung gemäß § 135 Abs. 3 InsO handelt (hierzu Rz. 17.45). b) Auflösung durch Insolvenz des Stillen Ebenso wie die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Geschäftsinhabers führt auch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters notwendigerweise zur Auflösung der Gesellschaft (§ 728 BGB)1.
17.10
Soweit es sich bei der stillen Gesellschaft um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft mit einer Mehrzahl von stillen Gesellschaftern handelt, kann allerdings eine Fortsetzung vereinbart werden, § 736 Abs. 1 BGB2. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters führt dann zu einem Ausscheiden des stillen Gesellschafters nach dem Regelungsgedanken des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB.
17.11
2. Insolvenzgründe Insolvenzgründe (§§ 16 ff. InsO) sind für den Inhaber Zahlungsunfähigkeit und, soweit es sich bei ihm um eine juristischen Person oder eine Personengesellschaft ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter (§ 19 Abs. 3 InsO) handelt, auch die Überschuldung (§§ 17, 19 InsO). Mit der Insolvenzrechtsreform hat der Gesetzgeber in § 19 Abs. 2 InsO den Begriff der Überschuldung innerhalb der Insolvenzordnung legaldefiniert.
17.12
Die Prüfung hatte für Insolvenzanträge vor dem 18.10.2008 zweistufig zu erfolgen. Danach war eine rechtliche Überschuldung als Insolvenzgrund gegeben, wenn das Vermögen des Inhabers bei Einzelverwertung der Aktiva nicht mehr dessen bestehende Verbindlichkeiten decken würde (rechnerische Überschuldung), und zudem eine Prognose über das Fortbestehen des Handelsgewerbes negativ ausfällt (Lebensfähigkeitsprognose)3. Jedoch ging weder aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 InsO noch aus der Begründung zu § 23 RegE (§ 19 InsO)4 eine zwingende Prüfungsreihenfolge hervor. Aus diesem Grunde konnte nach wohl überwiegender Auffassung der Literatur sowohl von den Liquidationswerten als auch von den Fortführungswerten ausgegangen
17.13
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 43; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 47; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 322; Blaurock in FS Stürner, S. 659 (660). 2 Marotzke in Heidelberger Komm/InsO, § 118 InsO Rz. 6; Hirte in Uhlenbruck, § 11 InsO Rz. 393. 3 Vgl. dazu BGH v. 13.7.1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201; Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 28. 4 Abgedruckt in Hess, 2. Aufl. 2001, § 19 InsO Rz. 2 ff.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
werden, die dann in einer zweiten Stufe jeweils durch die Prognosewerte bzw. Liquidationswerte zu korrigieren oder zu bestätigen waren1. In der Praxis würde zunächst einmal festgestellt, ob die Fortführungsprognose positiv oder negativ ausfällt und je nach Ergebnis wurde dann in einem zweiten Schritt die nach dem Ergebnis der Prüfung „richtige“ Bewertungsmethode durchgeführt.
17.14 Im Zuge der Erschütterungen im nationalen und internationalen Finanzsystem wurde durch das Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarkts (Finanzmarktstabilisierungsgesetz) vom 17.10.20082 die Legaldefinition in § 19 Abs. 2 InsO geändert. Für Insolvenzanträge seit dem 18.10.2008 wurde in § 19 Abs. 2 InsO bestimmt, dass Überschuldung vorliegt, wenn „das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.“ Damit schließt nunmehr bereits die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unternehmensfortführung die Überschuldung als Antragsgrund und damit auch eine Antragspflicht aus. Die zunächst vorgesehene Verfalldauer dieser Legaldefinition in § 19 Abs. 2 InsO3 hat sich durch Entfristung erledigt. 3. Berücksichtigung stiller Beteiligungen in der Überschuldungsbilanz
17.15 Ob der Inhaber rechnerisch überschuldet ist, wird an Hand einer gesonderten Überschuldungsbilanz (Überschuldungsstatus) festgestellt, die nicht der Handelsbilanz entspricht4. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit die stille Beteiligung in den Überschuldungsstatus Eingang findet. a) Die stille Beteiligung als Fremdkapital
17.16 In den Überschuldungsstatus sind alle gegenwärtigen bestehenden Verbindlichkeiten einzustellen, die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der Insolvenzmasse zu befriedigen wären. Ist die stille Beteiligung als Fremdkapital zu bilanzieren, kann der stille Gesellschafter deren Rückforderung gemäß § 236 Abs. 1 HGB als Insolvenzforderung geltend machen, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Verlustanteils übersteigt, so dass sie im Überschuldungsstatus insoweit zu passivieren ist5. b) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter
17.17 Unter bestimmten Voraussetzungen ergibt eine wirtschaftliche Betrachtung ausnahmsweise einen dem Eigenkapital gleichgestellten Charakter der Einlage (sog. eigenkapitalähnliche stille Beteiligung). Die haftungsmäßige Gleichstellung der stillen Beteiligung mit Eigenkapital setzt eine entsprechende vertragliche Vereinbarung voraus. 1 Ausführlich dazu Uhlenbruck in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 6 Rz. 28, 38. 2 BGBl. I 2008, 1982. 3 Vgl. Art. 5 FMStG v. 17.10.2008, BGBl. I 2008, 1982 i.V.m. Art. 1 FMStÄndG v. 24.9.2009, BGBl. I 2009, 3151. 4 BGH v. 18.12.2000 – II ZR 191/99, GmbHR 2001, 197 (198). 5 BGH v. 21.3.1983 – II ZR 139/82, NJW 1983, 1855; Uhlenbruck in Gottwald, InsolvenzrechtsHandbuch, § 6 Rz. 62.
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Eine bloße Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust des Inhabers reicht für die haftungsmäßige Gleichstellung nicht aus, schadet aber selbstverständlich auch nicht. Für die Annahme einer (konkludenten) Vereinbarung kann die rein bilanzielle Behandlung der stillen Einlage als Eigenkapital durch den Inhaber nicht herangezogen werden1.
17.18
Eigenkapital- und damit Haftkapitalqualität besteht immer dann, wenn das Haftkapital einer Kommanditgesellschaft in Form sog. „gesplitteten Einlagen“ aufgebracht wird, d.h. teils durch Kommanditisteneinlagen, teils durch stille Einlagen2.
17.19
Eigenkapital- und damit Haftkapitalqualität hat die stille Einlage aber auch dann, wenn die Einlage des stillen Gesellschafters einen Teil der Eigenkapitalgrundlage einer KG bildet, soweit dem Stillen intern die Rechtsstellung eines Kommanditisten, insbesondere hinsichtlich der Informations- und Kontrollrechte, eingeräumt ist3.
17.20
Weiterhin kommt der stillen Einlage ein eigenkapitalähnlicher Charakter zu, wenn die Einlage für den Geschäftszweck unerlässlich ist und die wirtschaftliche Betätigung ohne die Einlage nicht aufgenommen werden könnte, was insbesondere bei Publikumsgesellschaften der Fall sein kann (siehe Rz. 19.1 ff.)4 oder dann, wenn die stille Einlage im Verhältnis zum Grundkapital des Unternehmens sehr hoch ist5.
17.21
Sind die Voraussetzungen für eine eigenkapitalähnliche Behandlung erfüllt, kommt der stillen Einlage ein dem Eigenkapital gleichgestellter Charakter zu. Der Rückzahlungsanspruch des Stillen ist deshalb im Überschuldungsstatus zur Berechnung der tatsächlichen Überschuldung stets außer Acht zu lassen6. Unbeachtlich ist auch das Kleinbeteiligungsprivilegs des § 39 Abs. 5 InsO.
17.22
c) Die „eigenkapitalersetzende“ stille Beteiligung mit Nachrang Schließlich kann die stille Einlage zwar nominell Fremdkapitalcharakter aufweisen, jedoch materiell aufgrund besonderer Umstände „eigenkapitalersetzend“ zu behandeln sein. Dies wird insbesondere dann vorkommen, wenn die stille Einlage geleistet wird, um eine Insolvenz des Inhabers abzuwenden. Die haftungsmäßige Gleichstellung erfolgt dadurch, dass Inhaber und stiller Gesellschafter eine Nachrangabrede vereinbaren, die aus der Rückzahlungsforderung eine nachrangige Insolvenzforderung macht7.
17.23
In solchen Fällen war umstritten, ob einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechende stille Beteiligungen im Überschuldungsstatus außer Acht gelassen
17.24
1 OLG Hamm v. 6.3.1996 – 8 U 155/95, WM 1997, 2323 (2324); OLG Köln v. 26.8.1999 – 1 U 43/99, AG 2000, 281 (283). 2 BGH v. 12.5.1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160; BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251. 3 OLG Frankfurt a.M. v. 30.4.1997 – 23 U 204/95, EWiR 1997, 555 m. Anm. von Gerkan; OLG Hamm v. 6.3.1996 – 8 U 155/95, EWiR 1997, 707 m. Anm. von Gerkan; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 6. 4 BGH v. 28.11.1977 – II ZR 235/75, BGHZ 70, 61 (62); Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft, S. 218, 270. 5 Vgl. hierzu Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121 (1123) m.w.N. in Fn. 34. 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 8; Grundlach in Gottwald, InsolvenzrechtsHandbuch, § 6 Rz. 60. 7 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 7.
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werden können, wenn der stille Beteiligte zugleich Gesellschafter des Unternehmens ist. Die Handhabung in der Überschuldungsbilanz kann auch von der bilanziellen Handhabung im Jahresabschluss abweichen, da der Überschuldungsstatus eine Sonderbilanz zum Zweck der Feststellung der Insolvenzreife darstellt1.
17.25 Die bislang h.M.2 ging davon aus, dass der Anspruch auf Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens in der Überschuldungsbilanz zu passivieren war. Anderes sollte nur im Falle einer vertraglichen Rangrücktrittsvereinbarung gelten. Ursprünglich wollte der Gesetzgeber bei der Änderung der InsO im Rahmen des MoMiG von dieser Auffassung Abstand nehmen. Er hat sich aber kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens anders entschieden und nimmt gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO n.F. nur Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Forderungen aus der Überschuldungsbilanz heraus, für die ein vertraglicher Nachrang besteht3. Damit kann die Frage der Passivierung von Gesellschafterdarlehen und gleichgestellten Verbindlichkeiten als geklärt gelten. Die stille Beteiligung ist – abgesehen von einem vereinbarten Nachrang – auch bei Qualifikation als „eigenkapitalersetzende“ Gesellschafterleistung in jedem Fall in der Überschuldungsbilanz aufzunehmen. Eine eigenkapitalersetzende stille Beteiligung bleibt Fremdkapital und unterliegt nur einer gesetzlichen Bindung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO4. Der eigenkapitalersetzende Charakter der stillen Beteiligung führt lediglich zur Überlagerung des § 236 HGB.
17.26 Der Umfang der Nachrangabrede kann vertraglich frei vereinbart werden. Sie kann sich nur auf die Auseinandersetzungsforderung beziehen oder auch Darlehen und stehen gelassene Gewinne des stillen Gesellschafters umfassen. Sie kann bloß die Geltendmachung in der Insolvenz oder auch weitergehend jede Geltendmachung ausschließen, soweit dies zur Vermeidung einer rechnerischen Überschuldung des Inhabers erforderlich ist. Zulässig ist auch eine Vereinbarung, dass der Inhaber die Zahlung verweigern kann, solange er eine Unterbilanz aufweist5. Der Rangrücktritt kann jederzeit einvernehmlich wieder aufgehoben werden, eine entsprechende Vereinbarung ist aber unter Umständen anfechtbar6.
17.27 Regelmäßig ist der vertragliche Rangrücktritt in der Weise auszulegen, dass der stille Gesellschafter bei einer Auseinandersetzung außerhalb der Insolvenz seine Ansprüche erst geltend machen kann, wenn die Befriedigung der Drittgläubiger gesichert ist. Hingegen kann ihm nicht ohne Weiteres entnommen werden, dass der stille Gesellschafter verpflichtet wird, ausstehende Zahlungen auch nach Insolvenzeröffnung noch leisten zu müssen7. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die Parteien gewollt haben, dass die stille Beteiligung auch insoweit eine eigenkapitalähnliche Funktion erhält. 1 K. Schmidt, GmbHR 1999, 9 (10). 2 BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/89, ZIP 2001, 235 (237) m. Anm. Altmeppen; Altmeppen, ZHR 164 (2000), 349 (362); 6. Aufl., Rz. 17.53; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 8; K. Schmidt, GmbHR 1999, 9. 3 Gehrlein, Das neue GmbH-Recht, Rz. 64. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 173. 5 Zu den verschiedenen Arten der Nachrangabrede vgl. Priester, DB 1977, 2431. 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 29. 7 OLG Brandenburg v. 9.6.2004 – 7 U 212/03, GmbHR 2004, 1390 (1392); OLG Hamm v. 3.5.1993 – 8 U 184/92, ZIP 1993, 1321 (1322); LG Essen v. 24.7.1992 – 42 O 74/92, WM 1992, 1982; Weisser, GmbHR 2004, 1370 (1374).
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
Vorstehendes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn die stille Beteiligung an einer GmbH besteht, ohne dass der stille Gesellschafter zugleich deren Gesellschafter ist. Auch dann finden die Vorschriften über Gesellschafterdarlehen auf die sonstigen Leistungen des stillen Gesellschafters Anwendung, soweit die Position des stillen Gesellschafters vertraglich an die eines GmbH-Gesellschafters angenähert ist1. Welche Anforderungen an eine solche atypische Ausgestaltung der stillen Gesellschaft zu stellen sind, wird nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil wird es für ausreichend erachtet, dass der stille Gesellschafter schuldrechtlich am Vermögen der GmbH beteiligt ist2, zum überwiegenden Teil werden aber zusätzliche unternehmerische Einflussmöglichkeiten des stillen Gesellschafters für erforderlich gehalten3. Der BGH hat betont, dass eine typische stille Beteiligung nicht ausreicht4. Mit der h.M. ist davon auszugehen, dass nur ein gegenüber der gesetzlichen Regelung erweiterter unternehmerischer Einfluss des stillen Gesellschafters die Gleichstellung seiner Beteiligung mit haftendem Kapital rechtfertigen kann. Ob sich dieser Einfluss auf eine konkrete Einflussnahme oder auf eine Einbeziehung gerade in den mitgliedschaftlichen Verbund zu beziehen hat, erscheint zweifelhaft5. Ist der stille Gesellschafter als Quasi-Gesellschafter anzusehen, fanden bis zum Inkrafttreten des MoMiG6 die §§ 30 f. GmbHG entsprechende Anwendung7. Das MoMiG hat mit der Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts zwar die strengere Behandlung von Gesellschafterdarlehen an unternehmensspezifische Chancen und Risiken geknüpft. Daraus wird man jedoch nicht folgern können, dass immer dann eine eigenkapitalersetzende stille Beteiligung vorliegt und § 135 InsO bereits einschlägig ist, wenn der Stille bereits uneingeschränkt an Gewinn und Verlust beteiligt ist und lediglich über Kontrollrechte verfügt8. Im Gegenteil legt die Neukonzeption der Gesellschafterdarlehen als Korrelat der Haftungsbeschränkung eine eher restriktive Handhabe nahe9.
1 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9 ff.); OLG Hamburg v. 13.10.1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393 (394); OLG Köln v. 27.10.2011 – 18 U 43/11, BeckRS 2011, 26392, S. 4; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 29; Roth in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rz. 5; siehe auch Florstedt, Der stille Verband, S. 140 ff. 2 So wohl OLG Hamburg v. 13.10.1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393; Schmid/Hamann, DStR 1992, 952. 3 OLG Saarbrücken v. 1.9.1998 – 4 U 635/97 – 253, ZIP 1999, 2150 (2151); BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, ZIP 1989, 95 (96); Brandes, EWiR, § 32a GmbHG, 4/90, 787; Reusch, BB 1989, 2358 (2363); v. Falkenhausen/H.C. Schneider in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 17 Rz. 22; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 236 HGB Rz. 9 fordert weitreichende Mitspracherechte; Florstedt, Der stille Verband, S. 216 ff. (Einlage als Eigenkapital bei „stillen Verbänden“, also solchen Beteiligungsformen, bei denen der Inhaber den Nutzen den stillen Gesellschaftern gutbringt, S. 57). 4 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531 (532); so auch OLG Hamburg v. 13.10.1989 – 11 U 108/89, GmbHR 1990, 393; K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, 32b GmbHG Rz. 32. 5 Hierzu Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 III 2c, V, der maßgeblich auf die konkrete Einflussnahme abhebt. 6 BGBl. I 2008, 2026. 7 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, GmbHR 2006, 531 (532). 8 So aber Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743 in Fn. 71). 9 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148); gegen Einbeziehung sogar des atypischen Stillen Huber in FS Priester, S. 259 (281); a.A. Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 V, VII 4b (weitgehende Einbeziehung von Nichtgesellschaftern infolge Einflussnahme).
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17.28
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
17.29 Die Finanzplanabrede lässt sich aufgrund der zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten nicht abschließend in das vorstehend dargestellte Ordnungsschema einordnen. Eine Finanzplanabrede liegt dann vor, wenn nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen oder in einer vertraglichen Nebenabrede zwischen dem Inhaber und dem Stilen die stille Einlage als Risikokapital qualifiziert wird, das der Stille nicht ohne Weiteres bei einer Gefährdung der Liquidität abziehen können soll. Entsprechend der tatsächlichen Ausgestaltung der Finanzplanabrede kann die stille Beteiligung als Eigenkapital oder als nachrangige Insolvenzforderung zu behandeln sein1. d) Altfälle
17.30 Die Diskussion zur Passivierung von stillen Beteiligungen, die Gesellschafterdarlehen gleichzusetzen sind, ist daher allenfalls für Altfälle relevant, d.h. für stille Beteiligungen bei einem Insolvenzantrag vor dem 1.11.2008. Insoweit wird auf die 6. Aufl. (Rz. 17.45 ff.) verwiesen. 4. Insolvenzantragspflicht des stillen Gesellschafters
17.31 Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben nach § 15a Abs. 1 InsO die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag zu stellen. Wird eine GmbH führungslos2, trifft den Gesellschafter eine Pflicht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, es sei denn, dass er von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis hat (§ 15a Abs. 3 InsO n.F.). Von vornherein nicht in Zweifel zu ziehen ist, dass weder der stille Gesellschafter einer stillen Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter noch der stille Gesellschafter einer eigenkapitalersetzenden stillen Beteiligung eine Pflicht zur Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens trifft.
17.32 Zweifelhaft ist aber, ob den eigenkapitalähnlich beteiligten stillen Gesellschafter eine solche Antragspflicht trifft. Hiergegen spricht zwar, dass der eigenkapitalähnlich stille Beteiligte formal keine Gesellschafterstellung innehat; auch ist die Abgrenzung zwischen dem stillen Gesellschafter als Fremdkapitalgeber und Eigenkapitalgeber im Einzelfall oftmals schwierig, so dass dem Insolvenzgericht die Prüfung des Antragsrechts schwer fallen könnte. Dass es auf die formale Stellung als Gesellschafter aber nicht entscheidend ankommen kann, wird allerdings dadurch bestätigt, dass man ganz überwiegend3 davon ausgeht, dass auch ein faktischer Geschäftsführer zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet ist (§ 64 Abs. 1 Satz 1 GmbHG a.F.; § 15a Abs. 1 InsO). Zweck der erweiterten Antragspflicht des § 15a Abs. 3 InsO ist es, ei-
1 Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 41. 2 Zum Begriff der Führungslosigkeit siehe Gehrlein, BB 2008, 645 (648), der Führungslosigkeit nicht bei Unerreichbarkeit, sondern nur bei konkludenter Amtsniederlegung annehmen will. 3 BGH v. 9.7.1979 – II ZR 118/77, BGHZ 75, 96 (106 f.); BGH v. 21.3.1988 – II ZR 194/87, BGHZ 104, 44 (46); BGH v. 25.2.2002 – II ZR 196/00, BGHZ 150, 61 (68 ff.); K. Schmidt in Scholz, 11. Aufl. 2015, § 64 GmbHG Rz. 153; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, 19. Aufl. 2016, § 64 GmbHG Rz. 6; Schmidt-Leithoff/Baumert in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 64 GmbHG Rz. 24, Vor § 64 GmbHG Rz. 49; kritisch hingegen Haas, DStR 2003, 423 f.
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nen Anreiz für die Gesellschafter zu setzen, wieder aktionsfähige Organe zu bestellen1. Ist der eigenkapitalähnlich beteiligte Stille aber im Innenverhältnis berechtigt, den Geschäftsführer mit zu bestellen, so muss auch auf ihn Druck entfaltet werden, einen Geschäftsführer zu bestellen. Der eigenkapitalähnlich beteiligte Stille ist daher zur Stellung eines Insolvenzantrags gemäß § 15a Abs. 3 InsO in einer führungslosen GmbH verpflichtet. 5. Anwendbarkeit der Vorschriften über nachrangige Gesellschafterdarlehen Hat der eigenkapitalähnlich still beteiligte Gesellschafter dem insolventen Geschäftsinhaber ein Darlehen gewährt, so unterfällt dieses Darlehen den Vorschriften über nachrangige Gesellschafterdarlehen2. Nach dem bis 2008 geltenden § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. fanden die Vorschriften über Gesellschafterdarlehen auch Anwendung auf die Rechtshandlungen eines Gesellschafters oder eines Dritten, die der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen. Beteiligte sich ein Gesellschafter eigenkapitalähnlich, so musste auch ein in der Krise gewährtes Darlehen so wie das eines Gesellschafters behandelt werden. Dies hatte zum einen zur Folge, dass die Regeln über die Kapitalerhaltung auf die Rückgewährung des Darlehens (§§ 30, 31 GmbHG analog) Anwendung fanden (sog. Rechtsprechungsregeln)3. Maßgeblich waren dabei die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 32a GmbHG a.F. Aus den neben den Rechtsprechungsregeln anzuwendenden sog. Novellenregeln war zum einen zu entnehmen, dass das in der Krise bewilligte Darlehen lediglich als nachrangige Forderung in der Insolvenz zu behandeln und eine Handlung, die dem Gesellschafter für das Darlehen eine Sicherheit oder Befriedigung gewährte, anfechtbar ist, wenn sie in den letzten zehn Jahren bzw. dem letzten Jahr vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder vor Anfechtung vorgenommen worden ist.
17.33
Das MoMiG hat die Konzeption der Gesellschafterdarlehen als eigenkapitalersetzende Leistungen aufgegeben4 und die Gesellschafterdarlehen durch insolvenzrechtliche Schutzgesetze geregelt. Die Gesellschafterdarlehen werden nunmehr nicht von den Regeln über die Kapitalerhaltung erfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG); §§ 32a und b GmbHG a.F. wurden aufgehoben. Stattdessen bleibt es bei der Anordnung der insolvenzrechtlichen Nachrangwirkung (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, ergänzt um § 39 Abs. 4 und 5 und § 44a InsO) und den Vorschriften über die Anfechtbarkeit (§ 135 InsO, ergänzt um §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO).
17.34
In § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist anders als in § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. nicht mehr von Rechtshandlungen eines Dritten die Rede, die der Darlehensgewährung entsprechen. Durch diese Formulierung soll sich aber nichts daran ändern, dass Dritte aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtung als Gesellschafter behandelt werden kön-
17.35
1 Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 136. 2 BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9); OLG Hamm v. 13.9.2000 – 8 U 79/99, NJWRR 2001, 247 (248); Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, 4. Aufl. 2002, § 32a GmbHG Rz. 75. 3 BGH v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370 (378); BGH v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, WM 1989, 14 (16). 4 Vgl. Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 138; Habersack, ZIP 2007, 2145; Gehrlein, BB 2008, 846.
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nen1. Es kommt daher auch in diesem Fall eine Anfechtung nach § 135 InsO in Betracht2. Entspricht die Stellung des Stillen im Innenverhältnis derjenigen eines Gesellschafters, so finden auf ihn die Regeln über die Gesellschafterdarlehen nach der InsO Anwendung3.
17.36 Gemäß § 39 Abs. 5 InsO, der dem früheren § 32a Abs. 3 Satz 2 GmbHG a.F. entspricht, fällt ein Darlehen aber dann aus dem Anwendungsbereich der Vorschriften über Gesellschafterdarlehen heraus, wenn der Gesellschafter nicht geschäftsführend ist und mit 10 % oder weniger am Haftkapital beteiligt ist (sog. „Kleinbeteiligungsprivileg“). Das Kleinbeteiligungsprivileg gilt dabei auch für einen stillen Gesellschafter, wenn seine Beteiligung einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht4. Fraglich ist freilich, wann eine stille Beteiligung einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht. Hierüber besteht in der Literatur und Rechtsprechung wenig Klarheit.
17.37 Nach Auffassung des IX. Senats des BGH muss der stille Gesellschafter hierzu nicht einmal annähernd einem GmbH-Gesellschafter gleichstehen5. Die überwiegende Auffassung stellt darauf ab, ob der wirtschaftliche Gesellschafter eine Beteiligung i.H. von mehr als 10 % des Stammkapitals6 innehat und kumulativ mit Mitwirkungsrechten ausgestattet ist, die denjenigen eines mit mehr als 10 % beteiligtem Gesellschafter entsprechen7. Auf eine bloße vermögensmäßigen Beteiligung in mehr als zehnprozentiger Höhe bei entsprechend geringerem Einfluss des Stillen im Innenverhältnis lasse sich der Ausschluss des Kleinbeteiligungsprivilegs nicht stützen8, da mit der rein vermögensmäßigen Beteiligung entsprechende Mitwirkungsrechte nicht zwingend korrespondieren. Diese sind aber Voraussetzung, um eine stille Beteiligung als „eigenkapitalersetzend“ qualifizieren zu können (siehe Rz. 17.28). Teilweise wird in § 39 Abs. 5 InsO aber auch eine widerlegliche Vermutung gesehen, so dass das Kleinbeteiligungsprivileg auch dann entfallen kann, wenn die Beteiligungsschwelle von mehr als 10 % nicht überschritten ist, die Beteiligungsrechte aber denjenigen eines mit mehr als 10 % beteiligtem Gesellschafter entsprechen9. Allerdings führt dieser Ansatz dazu, dass die mit der Typisierung bezweckte Rechtssicherheit konterkariert würde, wenn vom Mindesterfordernis einer zehnprozentigen Beteiligung vom Stammkapital abgesehen würde. Eine Einschränkung der Vorschrift auf solche Gesellschafter mit einer Beteiligung, wie sie typischerweise ein mit 10 % beteiligter Gesellschafter innehat, muss daher aus1 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, DStR 2012, 2137 (2138) unter Hinweis auf BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363; Bork, ZGR 2007, 250 (254); Haas, ZInsO 2007, 617 (620); Bayer/Graff, DStR 2006, 1654 (1659); Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743); Servatius, Gläubigerschutz durch Covenants, § 17 III; RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 137. 2 A.A. Huber in FS Priester, S. 259 (281), der allenfalls eine analoge Anwendung des § 135 InsO in Betracht zieht und sich für ausschließliche Anwendung des § 136 InsO ausspricht. 3 So ausdrücklich BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, DStR 2012, 2137; vgl. hierzu auch die kritische Besprechung von Mylich, WM 2013, 1010 (1010 ff.). 4 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, DStR 2012, 2137 (2139). 5 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, DStR 2012, 2137 (2139). 6 Florstedt, Der stille Verband, S. 225. 7 Pentz in Rowedder/Schmidt-Leithoff, 4. Aufl. 2002, § 32a GmbHG Rz. 99 (§ 32a GmbHG ist 2008 weggefallen); Pentz, GmbHR 1999, 437 (447); Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 112 f. 8 So aber von Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts, Rz. 3.22. 9 Haas, ZInsO 2007, 617 (620); Haas/Kolmann/Pauw in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 92 Rz. 414.
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scheiden1. Gilt diese Typisierung bei der GmbH, muss sie auch dem mit weniger als 10 % vermögensmäßig beteiligten stillen Gesellschafter zugutekommen. Der stille Gesellschafter darf darüber hinaus nicht als geschäftsführend angesehen werden. Ist der stille Gesellschafter nicht formaler Geschäftsführer, wird man von einer Geschäftsführung nur dann ausgehen können, wenn er über solche Einflussmöglichkeiten wie ein Geschäftsführer verfügt2. Auch das Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO findet auf einen eigenkapitalähnlich beteiligten stillen Gesellschafter Anwendung. Die Vorschrift spricht zwar einerseits von dem Erwerb von Anteilen durch einen Darlehensgeber, andererseits aber vom Gläubiger eines Anspruchs i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Auch dem Darlehensgeber, der eine atypische stille Beteiligung erwirbt, muss daher das Sanierungsprivileg zugutekommen. Eine Schlechterstellung gegenüber dem Erwerb von Anteilen erscheint nicht gerechtfertigt3.
17.38
Die Neuregelungen gelten für solche Insolvenzverfahren, die nach Inkrafttreten des MoMiG (1.11.2008) eröffnet worden sind. Die bis zum Inkrafttreten geltenden Anfechtungsbestimmungen gelten für vor dem Inkrafttreten vorgenommene Handlungen, soweit sie nach dem bisherigen Recht der Anfechtung entzogen oder in geringerem Umfang unterworfen sind (vgl. Art. 103d EGInsO n.F.)4.
17.39
II. Insolvenz des Geschäftsinhabers 1. Die Auseinandersetzung a) Durchführung der Auseinandersetzung Die Durchführung der Auseinandersetzung obliegt dem Insolvenzverwalter (§ 80 InsO, § 235 HGB), der dem stillen Gesellschafter gegenüber die Rechte und Pflichten wahrzunehmen hat, die bisher dem Inhaber des Handelsgewerbes zustanden. War im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, dass der Inhaber zu bestimmten Rechtsgeschäften der Zustimmung des stillen Gesellschafters bedarf, so gilt diese Vereinbarung nicht gegenüber dem Insolvenzverwalter. Dagegen sind gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen über die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens auch für ihn verbindlich5.
17.40
Die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft erfolgt nach h.A. nach § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO außerhalb des Insolvenzverfahrens6. Damit gilt die Verpflichtung des In-
17.41
1 Zutreffend K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, b GmbHG Rz. 198, 200. Keine Bedenken hingegen unter dem Aspekt der Rechtssicherheit Haas, ZInsO 2007, 617 (620). 2 Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 112. 3 von Gerkan/Hommelhoff, Handbuch des Kapitalersatzrechts, Rz. 4.26; Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 113 f.; Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148). 4 Vgl. dazu BGH v. 26.1.2009 – II ZR 260/07, BJMZ 179/249. 5 Im Übrigen gelten für die Ermittlung des Guthabens die Ausführungen unter Rz. 16.14 ff. 6 Für eine Anwendung von § 84 InsO Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 236 HGB Rz. 2; Kindler in Koller/Kindler/Roth/Morck, § 236 HGB Rz. 2; Eickmann in Heidelberger Komm/InsO, § 84 InsO Rz. 6; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 341 HGB Anm. 2, 7; Wagner, KTS 1979, 56; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270. Gegen eine Anwendung von § 84 InsO eine im Vordringen befindliche Meinung in der
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
solvenzverwalters zur Aufstellung der Auseinandersetzungsrechnung als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO und kann damit außerhalb des Insolvenzverfahrens im Wege der Auskunfts- und Stufenklage durchgesetzt werden. Hierdurch bleibt dem Stillen das Risiko der Forderungsanmeldung einer selbst berechneten Forderung und bei Widerspruch der Erhebung einer Feststellungsklage gemäß §§ 179 f. InsO erspart. Denn errechnet der Stille einen zu niedrigen Forderungsbetrag und wird diesem Forderungsbetrag widersprochen, könnte der Stille keinen höheren Betrag als den angemeldeten mehr geltend machen, § 181 InsO. Aber auch bei Anwendung des § 84 InsO auf stille Gesellschaften kann der Stille wegen seiner auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen kein Absonderungsrecht gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO am Anteil des Geschäftsinhabers geltend machen1.
17.42 Der von Wagner für den atypisch stillen Gesellschafter in der Insolvenz des Geschäftsinhabers (bei Massengesellschaften) vertretenen Gegenansicht kann nicht gefolgt werden. Wagner nimmt im Anschluss an das BGH-Urteil vom 24.9.19522 an, es müsse ein Gemeinschaftsvermögen fingiert werden, was zur Folge habe, dass der atypisch stille Gesellschafter seinen Anteil aussondern und wegen seiner auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen ein Absonderungsrecht am Anteil des Geschäftsinhabers geltend machen könne3. Wagner missversteht indessen den BGH, wenn er dessen Ausführungen zu einer Auseinandersetzung ohne Insolvenz auf die Auseinandersetzung gerade wegen der Insolvenz überträgt. Der BGH hat zwar festgestellt, dass die vereinbarte Beteiligung des Stillen bedeute, dieser müsse bei der Auseinandersetzung so gestellt werden, als ob er gesamthänderisch beteiligt wäre; es wurde aber betont, dass die Vereinbarung keine Außenwirkung habe4. In der Insolvenz des Geschäftsinhabers kommt es jedoch nicht auf die gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen, sondern auf das tatsächliche Vorhandensein eines Gemeinschaftsvermögens an, damit § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO Anwendung finden kann. Ein Recht auf abgesonderte Befriedigung (§ 84 Abs. 1 Satz 2 InsO) steht dem Stillen damit in Ansehung seines Guthabens grundsätzlich5 nicht zu, da er am Geschäftsvermögen des Inhabers nicht dinglich beteiligt ist6.
1 2 3 4 5
6
Literatur unter Hinweis darauf, dass die stille Gesellschaft als reine Innengesellschaft nicht über ein Gesamthands- oder Gemeinschaftsvermögen verfügt, wie dies von § 84 InsO vorausgesetzt werde K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 12 f.; K. Schmidt, KTS 1977, 18; Gundlach/Frenzel/N. Schmidt, ZIP 2006, 501 (502 f.); Heckel, Innengesellschaften im Konkurs, S. 59–86, 155; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 12 ff.; Hirte in Uhlenbruck, § 84 InsO Rz. 6 unter Aufgabe der Auffassung in der 12. Aufl. Zur angeblich fehlenden Relevanz der Fragestellung Bergmann/Gehrlein in MünchKomm/InsO, 3. Aufl. 2013, § 84 InsO Rz. 12 f. Zum Nachteil, dass bei Nichtanwendung von § 84 Abs. 1 InsO der stille Gesellschafter nicht vor Anmeldung seiner Forderung nach Betrag und Rechtsgrund gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung eines bestimmten Guthabens oder auf Abrechnung klagen kann vgl. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 18. Vgl. BR-Drucks. 1/1992, S. 136; Koenigs, Die stille Gesellschaft, Die stille Gesellschaft, S. 308; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270 ff. BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (178). Wagner, KTS 1979, 53 (58). BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 175 (178). Nach Auffassung von K. Schmidt müssen für den Fall einer „Innen-KG“ Sonderregeln gelten, da dann das „Zweckvermögen“ als Gegenstand einer Verwaltungstreuhand und als virtuelle Gesamthand verwaltetes Sondervermögen der Aussonderung (§ 47 InsO) zugunsten des stillen Verbands unterliegt: K. Schmidt, NZG 2016, 641 (645) m.w.N. Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270, 276.
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§ 84 InsO ist auch keineswegs mit § 236 HGB austauschbar, da letzterer die Geltendmachung des Auseinandersetzungsguthabens betrifft, während es bei § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO um die abgesonderte Befriedigung wegen der auf das Gemeinschaftsverhältnis gegründeten Forderungen geht. § 236 HGB ist auch nicht lex specialis gegenüber § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO1. Findet § 236 HGB keine Anwendung, also in den Fällen, in denen die stille Einlage Eigenkapitalcharakter hat, so kommt auch nicht § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO zum Zuge2, vielmehr nimmt der Stille hinsichtlich seiner Einlage nur nach § 199 Satz 2 InsO an der Insolvenz teil3, die Einlage ist für ihn vollständig verloren.
17.43
Aus anderen Gründen kann der stille Gesellschafter aber ein Recht auf abgesonderte Befriedigung haben; so wenn ihm z.B. zur Sicherung seiner Vermögenseinlage oder seines Guthabens ein Pfandrecht bestellt oder Gegenstände sicherungsweise übereignet worden sind (§§ 49 ff. InsO)4.
17.44
Hatte der Stille dem Inhaber in Erfüllung seiner Einlagepflicht Sachen zum Gebrauch überlassen, so steht ihm in Ansehung dieser Sachen, die sein Eigentum geblieben sind, ein Aussonderungsrecht zu (§ 47 InsO)5. Ein Aussonderungsrecht hat der Stille aber dann nicht, wenn der den Gegenstand quoad dominum eingebracht hat. Trotz des Treuhandcharakters der Beteiligung hat der Stille keinen Rückübertragungsanspruch6.
17.45
b) Höhe des Auseinandersetzungsanspruchs Die Berechnung der Insolvenzforderung richtet sich im Wesentlichen nach den für die Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens festgestellten Grundsätzen (vgl. hierzu Rz. 16.1 ff.). Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung des Guthabens ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 80 InsO. Bis dahin nimmt der stille Gesellschafter an Gewinn und Verlust des Handelsgewerbes teil, bis zu diesem Zeitpunkt fließen auch etwaige Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber in das Guthaben mit ein. Die durch die Insolvenzeröffnung möglicherweise verursachte weitere Entwertung des Betriebsvermögens bleibt für die Berechnung seines Auseinandersetzungsguthabens außer Betracht. Wertveränderungen und Verluste, die bei der insolvenzmäßigen Verwertung des Geschäftsvermögens eintreten, belasten ihn nicht; sie gehen aber auch nicht zu seinem Vorteil7. Deshalb beeinflussen die Ergebnisse des vom Insolvenzverwalter fortgesetzten Geschäftsbetriebs, soweit es sich nicht um die Abwicklung schwebender Geschäfte handelt, das Guthaben des stillen Gesellschafters weder im günstigen noch im ungünstigen Sinne. Dasselbe gilt für einen dem Inhaber bewilligten Zwangsvergleich, der die Auseinandersetzung mit dem stillen Gesellschafter nicht berührt. Dagegen sind die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung 1 2 3 4 5 6 7
Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270, 275 f. So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 38. Vgl. nur BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, ZIP 1981, 734 (735). Z.B. RG v. 1.5.1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (436). K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 2. So zutreffend BGH v. 18.12.1954, BB 1955, 331. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 20.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
schwebenden Geschäfte i.S. der §§ 103 f. InsO bei der Auseinandersetzung mit dem Ergebnis zu berücksichtigen, das ihre Abwicklung durch den Insolvenzverwalter mit sich gebracht hat.
17.47 Die Abwicklung dieser Geschäfte vollzieht sich nach den §§ 103 ff. InsO. Danach kann der Insolvenzverwalter nach seiner pflichtgemäßen Entscheidung den noch schwebenden Vertrag an Stelle des Gemeinschuldners erfüllen und Erfüllung von dem anderen Teil verlangen oder die Erfüllung ablehnen. Im ersten Falle sind die Ansprüche aus zweiseitigen Verträgen, deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens erfolgen muss, voll zu befriedigende Masseschulden (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO), wohingegen im Falle der Ablehnung der Vertragserfüllung Schadenersatzansprüche entstehen können, die als Insolvenzforderungen geltend zu machen sind und nur mit der Insolvenzquote befriedigt werden. Das kann für die Insolvenzmasse im einzelnen Falle günstiger sein als das Festhalten an der Vertragserfüllung. Es können sich daraus aber Nachteile für den stillen Gesellschafter, der an den Ergebnissen dieser Geschäfte beteiligt bleibt, ergeben, wenn sie zu den Verlusten führen, die er anteilig mitzutragen hat. Unter Berücksichtigung der Interessen des Insolvenzverwalters und des stillen Gesellschafters dürfte es der Billigkeit entsprechen, dass dem stillen Gesellschafter nur die Verluste angerechnet werden, die auch bei ordnungsgemäßer Abwicklung der schwebenden Geschäfte außerhalb des Insolvenzverfahrens entstanden wären1.
17.48 Nimmt der Insolvenzverwalter die Berechnung des Guthabens nicht oder nicht rechtzeitig vor, kann der stille Gesellschafter gegen ihn auf Rechnungslegung und Vornahme der Auseinandersetzung klagen. Die Verpflichtung hierzu gilt nach wohl immer noch h.M. als Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 InsO)2. Er kann aber auch, wenn er dazu in der Lage ist, sein Guthaben selbst berechnen und den errechneten Betrag als Insolvenzforderung anmelden (§§ 174, 176 InsO). Damit setzt er sich jedoch der Gefahr aus, dass der Insolvenzverwalter oder die Insolvenzgläubiger Widerspruch erheben (§ 178 InsO) und dass er dadurch zur Feststellungsklage gemäß § 180 InsO gezwungen wird, mit der er keinen höheren als den angemeldeten Betrag geltend machen kann (§ 181 InsO). Es ist deshalb zweckmäßiger, gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung zu klagen, dass das Guthaben den errechneten Betrag erreicht bzw. mindestens in der errechneten Höhe besteht. Dann braucht die Anmeldung zur Insolvenztabelle erst vorgenommen zu werden, wenn das Feststellungsurteil rechtskräftig geworden ist3. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage des Stillen hängt dabei von seinem Rechtsschutzbedürfnis i.S. des § 256 Abs. 1 ZPO ab. c) Auseinandersetzungsguthaben
17.49 Wurde das Guthaben rechtskräftig festgestellt, dann können die anderen Insolvenzgläubiger die angemeldete Forderung nicht mehr bestreiten. Ergibt die vom Insolvenzverwalter durchgeführte Berechnung für den stillen Gesellschafter ein Guthaben, so 1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 19; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 21; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 305. 2 Haas/Mock in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 94 Rz. 187 m.w.N. zum Meinungsstand in Fn. 521. 3 Haas/Mock in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 94 Rz. 189; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 16; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 341 HGB Anm. 2.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
ist dieses eine echte Insolvenzforderung i.S. des § 38 InsO, die den gleichen Rang wie die anderen nicht bevorrechtigten Insolvenzforderungen hat und mit der sich nach Befriedigung aller bevorrechtigten Gläubiger ergebenden Insolvenzquote bedacht wird. Der stille Gesellschafter wird in der Regel nicht wie der Kommanditist erst nach allen anderen Insolvenzgläubigern befriedigt. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vereinbart wurde, dass er seine Einlage erst nach Befriedigung der Gläubiger zurückfordern darf1 oder wenn die stille Einlage Eigenkapital darstellt2. Seine Vermögenseinlage ist nicht als Haftungsobjekt und Realsicherung für die Gläubiger des Inhabers gedacht. 2. Ansprüche des stillen Gesellschafters Die Ansprüche des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Inhabers hängen im Wesentlichen von dem kapitalmäßigen Charakter der stillen Beteiligung ab3. Grundsätzlich ist die stille Einlage als Fremdkapital zu qualifizieren. Ausnahmsweise ist sie jedoch wie ein Gesellschafterdarlehen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu behandeln oder sogar als eigenkapitalähnlich einzustufen, wobei in Rechtsprechung und Lehre die Terminologie für das frühere Eigenkapitalersatzrecht oft missverständlich verwendet worden war4. Die Frage ist nicht ohne praktische Bedeutung, da stille Beteiligungen häufig gerade zur Sanierung von Unternehmen eingegangen werden, was eine differenzierte Betrachtung im Insolvenzfall erfordert.
17.50
a) Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlage aa) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter Im gesetzlichen Regelfall stellt eine stille Einlage eine passivierungsfähige Verbindlichkeit des Geschäftsinhabers dar und hat damit überwiegend Fremdkapitalcharakter (siehe Rz. 13.51 ff.). Das Insolvenzrisiko des stillen Gesellschafters – und zwar jedes stillen Gesellschafters – ist einheitlich geregelt. Der stille Gesellschafter ist gemäß § 236 Abs. 1 HGB Insolvenzgläubiger i.S. des § 38 InsO und steht damit deutlich besser als andere Gesellschafter. Er kann somit mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden vertragsmäßigen Verlustanteils übersteigt5, als Insolvenzforderung geltend machen und muss diese gemäß §§ 174 ff. InsO beim Insolvenzverwalter anmelden. Er kann mit diesem Anspruch auch grundsätzlich gemäß § 94 InsO aufrechnen6, wenn die Gegenforderung bei Verfahrenseröffnung im Kern angelegt war7. Dadurch unterscheidet sich der
1 2 3 4
BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (345) = WM 1982, 896 = ZIP 1982, 1077. BGH v. 17.12.1984 – II ZR 36/84, NJW 1985, 1079 (1080) = BB 1985, 372. Einführung in die Problematik bei Reusch, BB 1989, 2358; Habersack, ZHR 161 (1997), 457. Nicht hinreichend nach dem Kapitalcharakter der stillen Einlage differenziert auch Renner, ZIP 2002, 1430. bei der Untersuchung der Folgen der Insolvenz des Geschäftsinhabers für die Stellung des atypisch stillen Gesellschafters. 5 Zur Berechnung vgl. Rz. 17.33 ff. 6 BGH v. 21.3.1983 – II ZR 139/82, NJW 1983, 1855 (1856); Gottwald in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 45 Rz. 20 f. 7 BGH v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189 (192); zur Aufrechnung des Stillen mit Schadensersatzansprüchen Rohlfing/Wegener/Oettler, ZIP 2008, 865 (867).
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
stille Gesellschafter grundlegend von den Gesellschaftern der Handelsgesellschaften, deren Einlagen oder die an ihre Stelle tretenden Vermögenswerte die Insolvenzmasse bilden und deren Mitgliedschaftsrechte daher keine Insolvenzgläubigerrechte begründen.
17.52 Das gilt grundsätzlich auch für den schuldrechtlich am Geschäftsvermögen beteiligten atypischen stillen Gesellschafter. Auch dessen Rückforderungsanspruch bildet, soweit er die seine Garantiehaftung begrenzende Verlustbeteiligung übersteigt, grundsätzlich ein Gläubigerrecht, das als Insolvenzforderung geltend gemacht werden kann. Auch Schadenersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber sind insoweit Insolvenzforderungen (vgl. auch Rz. 17.43)1.
17.53 § 236 Abs. 1 HGB enthält nachgiebiges Recht; es können also die Gläubiger besser und der Stille schlechter gestellt werden als die gesetzliche Regelung2.
17.54 Ergibt die gemäß § 235 Abs. 3 HGB durchzuführende Abrechnung für den stillen Gesellschafter einen Gewinn, so muss er diesen als Insolvenzforderung anmelden (§§ 174 ff. InsO)3. bb) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter
17.55 Eigenkapitalähnliche Beteiligungen finden im Insolvenzverfahren keine Beachtung4. Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 236 HGB nicht möglich. Dies ergibt sich daraus, dass eine eigenkapitalähnliche stille Einlage entgegen dem in § 236 HGB geregelten Normalfall haftendes Kapital darstellt, das in der Insolvenz nicht geschmälert werden soll5.
17.56 Aus diesem Grunde kann sich der stille Gesellschafter, der mit seiner Einlage säumig ist, nicht auf die Privilegierung des § 236 Abs. 2 HGB berufen. Die stille Einlage bleibt unbeschränkt wie eine Kommanditisteneinlage in der Insolvenzmasse.
17.57 Dem stillen Gesellschafter bleibt somit nur eine Auseinandersetzungsforderung nach Vollzug der Schlussverteilung gemäß § 199 InsO, wenn ein Überschuss an Barmitteln besteht6. Da die Erfüllung des Herausgabeanspruchs nunmehr Bestandteil der insolvenzrechtlichen Handlungspflichten des Verwalters ist, steht zu seiner Durchsetzung nicht mehr – wie früher – der ordentliche Rechtsweg offen. Der stille Gesellschafter kann sich hierzu nur der durch die InsO eröffneten Möglichkeiten bedienen7.
1 2 3 4 5 6
OLG Stuttgart v. 7.1.1981 – 12 U 126/80, ZIP 1981, 135 (137). OLG Hamm v. 6.3.1996 – 8 U 155/95, WM 1997, 2323 (2324). Haas in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 94 Rz. 190. So im Grundsatz zutreffend Mylich, WM 2013, 1010 (1014). K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 6 f. Vgl. BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 (2252). Gerade bei Publikumsgesellschaften kann die Liquidation u.U. auch einen Überschuss erwirtschaften, vgl. OLG Frankfurt v. 22.1.1980 – 22 U 190/78, WM 1981, 1371. 7 In Betracht kommt eine Verhängung von Zwangsgeld nach § 58 Abs. 2 InsO. Auch haftet der Verwalter bei schuldhafter Nichterfüllung der ihm gegenüber dem stillen Gesellschafter obliegenden Pflichten gemäß § 60 Abs. 1 InsO auf Schadensersatz, vgl. Nerlich/Römermann, § 199 InsO Rz. 10.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
cc) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung Zwischen den normalen Insolvenzforderungen nach § 38 InsO bei stillen Beteiligungen mit Fremdkapitalcharakter und der Befriedigung der Auseinandersetzungsforderungen stiller Gesellschafter bei stillen Beteiligungen mit Eigenkapitalcharakter aus dem Überschuss nach § 199 Satz 2 InsO führen eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen zu nachrangigen Insolvenzforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Bei der einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechenden stillen Einlage kann der stille Gesellschafter einen Rückforderungsanspruch hinsichtlich seiner erbrachten Einlage nur als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen. Gleiches gilt für Schadensersatzansprüche gegen den Inhaber1. Die Anmeldung nachrangiger Forderungen erfordert eine entsprechende Aufforderung durch das Insolvenzgericht gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 InsO2.
17.58
Besteht die stille Beteiligung an einer GmbH und ist der stille Gesellschafter zugleich deren Gesellschafter, so wurde schon nach der früheren Rechtslage § 236 HGB durch § 32a Abs. 1, 3 GmbHG überlagert. Voraussetzung war, dass die Einlage des stillen Gesellschafters oder sonstige Leistungen in einem Zeitpunkt gewährt wurden, in dem ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten. Zwar erfasste § 32a Abs. 1 GmbHG nur Darlehen von Gesellschaftern; stille Beteiligungen entsprechen diesen aber wirtschaftlich, so dass gemäß § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG auf sie Abs. 1 in gleicher Weise angewendet werden konnte wie auf Gesellschafterdarlehen3. Stille Einlagen hatten demnach Eigenkapitalersatzfunktion, wenn sie einer GmbH gewährt wurden, die kreditunwürdig war, oder wenn sie zu deren Sanierung aufgebracht wurden4. Dem Gewähren stand das Stehenlassen einer solchen Beteiligung unter gewissen Umständen gleich5. Ob es sich um eine typische oder um eine atypische stille Beteiligung handelt, war unerheblich.
17.59
Nach dem Inkrafttreten des MoMiG sind Forderungen auf die Rückgewähr eines Darlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nachrangig in der Insolvenz zu befriedigen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Auch unter der Geltung der Neuregelung ist davon auszugehen, dass eine stille Beteiligung bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Darlehen gleichzustellen ist6. An der bisherigen Rechtslage soll sich insoweit nichts ändern. Wird dem Gesellschafter daher seine Einlage an ihn als still Beteiligten zurückgewährt, muss er die Einlage der Gesellschaft zurückgewähren (§ 143 Abs. 1 Satz 1 InsO), wenn die Rechtshandlung gemäß § 135 Abs. 1 InsO angefochten worden ist. Der Bundesgerichtshof behandelt
17.60
1 BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (344). 2 OLG Köln v. 27.10.2011 – 18 U 43/11, BeckRS 2011, 26392, S. 4. 3 So ausdrücklich § 32a Abs. 7 RegE 1977; BReg-Drucks. 404/77 = BT-Drucks. 8/3908, S. 10, 40; Ausschussbericht v. 16.4.1980, BT-Drucks. 8/3908, S. 73 f.; K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, 32b GmbHG Rz. 127. Hingegen können kapitalersetzende Darlehen nicht ohne Weiteres dogmatisch als stille Beteiligungen eingeordnet werden, so aber Mincke, ZGR 1987, 521; zutreffend Landsmann, Die stille Gesellschaft in der Insolvenz, S. 125 ff. 4 Zu den Merkmalen der Kreditunwürdigkeit und der Sanierungsfunktion vgl. K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, 32b GmbHG Rz. 38 ff. 5 Vgl. hierzu K. Schmidt in Scholz, 10. Aufl. 2006, §§ 32a, 32b GmbHG Rz. 47 ff. 6 Begründung des RegE, BT-Drucks. 16/6140, S. 138; ausführlich Mylich, ZGR 2009, 474 (499 f.); teilweise abweichend Mock, DStR 2008, 1645.
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die Einlage des Stillen, soweit die Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 InsO vorliegen, als Gesellschafterdarlehen und nicht als Eigenkapital1.
17.61 Das Recht des Kapitalersatzrechts wurde durch das MoMiG zudem rechtsformneutral in die InsO überführt, so dass die vorstehenden Regeln nunmehr nicht nur für die GmbH, sondern für alle Gesellschaftsformen gemäß § 39 Abs. 4 InsO gelten.
17.62 Gemäß § 39 Abs. 4 InsO gilt die Nachrangwirkung auch für solche Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter haben, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Erfasst werden daher auch stille Beteiligungen an einer KG oder OHG ohne natürliche Person als persönlich haftendem Gesellschafter, wenn der stille Gesellschafter zugleich Gesellschafter der KG oder der OHG ist.
17.63 Die Regelungen über Gesellschafterdarlehen gelten dann nicht, wenn die Voraussetzungen des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO (Sanierungsprivileg) vorliegen oder der Gesellschafter weder geschäftsführend tätig ist noch mit mehr als 10 % am Haftkapital beteiligt ist (§ 39 Abs. 5 InsO).
17.64 Effektiver Schutz vor Umgehung durch Splitten der Kapitalbeteiligungen lässt sich an dieser Stelle nicht mit Hilfe einer teleologischen Reduktion des § 39 Abs. 5 InsO auf die Fälle, in denen der Kleinanleger keinerlei unternehmerische Einflussmöglichkeit hat, erreichen, da insoweit das eindeutige positive Recht entgegensteht. Gesetzesnah und daher vorzuziehen ist eine Einschränkung des Anwendungsbereichs über eine Zurechnungskasuistik2. § 39 Abs. 5 InsO ist nicht anwendbar, wenn die Summe der einem Gesellschafter zugerechneten Gesellschaftsanteile die Mindestbeteiligung von 10 % übersteigt, sowie wenn ein Nicht-Geschäftsführer maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung hat. Dagegen muss das Kleinbeteiligungsprivileg Anwendung finden, wenn z.B. die Anteilsverkleinerung durch Rechtsnachfolge erfolgt3.
17.65 Nach der früheren Rechtslage waren nach den sog. Rechtsprechungsregeln auf eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen die Vorschriften der §§ 30, 31 GmbHG anwendbar4. Die Vorschriften über die Kapitalerhaltung finden jedoch nach der neuen Rechtslage keine Anwendung mehr auf die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder die Befriedigung von Forderungen, die diesen wirtschaftlich entsprechen (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG n.F.)5.
17.66 Der Ausschluss der stillen Beteiligung von der Teilnahme am Insolvenzverfahren gemäß § 236 Abs. 1 HGB kann auch unabhängig vom Willen der Beteiligten kraft Gesetzes erfolgen.
1 BGH v. 28.6.2012, BGHZ 106 7 (9); hierzu kritisch Mylich, WM 2013, 1010 (1013 ff.), der gegen einen Rückgriff auf § 39 InsO ist und stattdessen auf eine Eigenkapitalerweiterung verweist. Hierzu auch K. Schmidt, JuS 2012, 1131 (1132). 2 K. Schmidt, GmbHR 1999, 1269 (1270). 3 Ein klarer Meinungsstand und entsprechende Rechtsprechungsleitlinien fehlen bislang. Einen Überblick über eine mögliche Kasuistik gibt K. Schmidt, GmbHR 1999, 1269 (1270). 4 Vgl. hierzu die 6. Aufl., Rz. 17.21 ff. 5 So auch Mock, DStR 2008, 1645 (1648).
382 Kauffeld
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
Ist die Nachrangigkeit des Auseinandersetzungsanspruchs vereinbart worden, so hängt von der Auslegung des Rangrücktritts ab1, ob die Rückzahlungsforderung den Rang nach § 39 Abs. 2 InsO oder einen dem Gesellschafterdarlehen gleichen Rang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO hat. Soweit der Rangrücktritt nur dokumentieren soll, dass die Forderung als Eigenkapitalersatz zu behandeln ist, ist von einer Gleichrangigkeit mit Forderungen vom Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auszugehen. Gelangt man durch Auslegung zu keinem Ergebnis, so gilt die Auslegungsregel des § 39 Abs. 2 InsO. Danach ist im Zweifel der Rückforderungsanspruch nach den nachrangigen Insolvenzforderungen des § 39 Abs. 1 InsO geltend zu machen. Eine Anfechtung ist dann sowohl nach § 135 als auch nach § 136 InsO möglich2. Wird allerdings der Nachrang der stillen Beteiligung aufgehoben, kommt nur eine Anfechtung nach § 136 InsO in Betracht3. Hat der typische stille Beteiligte zusätzlich ein Nachrangdarlehen gewährt und stehen ihm umfassende Befugnisse zu, die über § 233 HGB hinausgehen, kommt eine analoge Anwendung von § 136 InsO auch auf die Rückzahlung des Nachrangdarlehens in Betracht4.
17.67
dd) Der stille Gesellschafter im Insolvenzplanverfahren Der typische stille Gesellschafter in Gestalt eines Fremdkapitalgebers nimmt als Gläubiger am Insolvenzplanverfahren teil. Der typische stille Gesellschafter gehört zur Gruppe der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger. Besteht eine Verlustbeteiligung, so kann gemäß § 226 Abs. 2 InsO eine Unterscheidung von sonstigen Fremdkapitalgebern gerechtfertigt sein. Im Übrigen sind die §§ 224, 226, 245 InsO zu beachten.
17.68
Ist die stille Beteiligung einem Gesellschafterdarlehen vergleichbar, so wird der stille Gesellschafter als nachrangiger Gläubiger nur dann am Insolvenzplanverfahren beteiligt, soweit seine Forderung nicht als durch den Insolvenzplan erlassen gilt (§ 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO), wie dies die Regel ist (§ 225 Abs. 1 InsO). Als Haftungsverantwortlicher nimmt der stille Gesellschafter einer Beteiligung mit eigenkapitalähnlichem Charakter mangels Gläubigerforderung von vornherein nicht am Insolvenzplanverfahren teil.
17.69
b) Schadensersatz für den Verlust der stillen Einlage Sollte der Verlust der Einlage des stillen Gesellschafters auf einer Pflichtverletzung des Inhabers beruhen, kann der Stille den aus der Pflichtverletzung resultierenden Schadensersatzanspruch als Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren geltend machen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Einlage wie Eigenkapital zu behandeln ist.
1 2 3 4
K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 29. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 32. Krolop, ZIP 2007, 1738 (1741 f.). K. Schmidt, ZHR 140 (1976), 475 (490 f.); Krolop, ZIP 2007, 1738 (1743).
Kauffeld
383
17.70
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
3. Ansprüche gegen den stillen Gesellschafter a) Keine Haftung gegenüber Dritten
17.71 Unabhängig von der kapitalmäßigen Qualifikation der stillen Einlage haftet der stille Gesellschafter in der Insolvenz des Geschäftsinhabers gegenüber den Gläubigern nicht für die Verbindlichkeiten des Geschäftsinhabers des Handelsgeschäfts1. Für eine analoge Anwendung des § 171 HGB besteht kein Raum, weil Gläubiger des Unternehmers bezüglich der stillen Gesellschafter nicht durch die Bezeichnung der Gesellschaftsform des Unternehmers in Verbindung mit einer Handelsregistereintragung auf die Existenz von weiteren Gesellschaftern hingewiesen werden, die schutzwürdiges Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft erzeugen könnten. Da die stille Gesellschaft eine reine Innengesellschaft ohne Gesamthandsvermögen und Registerpublizität ist, sind weder die §§ 709 bis 712 BGB noch die §§ 128, 161 Abs. 2, 171 HGB anwendbar (vgl. Rz. 12.65 ff.)2.
17.72 Der BGH hatte bereits früh entschieden, dass selbst ein atypisch stiller Gesellschafter im Außenverhältnis für die Verbindlichkeiten des Inhabers des Handelsgeschäfts grundsätzlich nicht persönlich haftet. Damit hat sich der BGH gegen früher in der Literatur vertretene Stimmen3 gewandt, die einen Gleichlauf von (Unternehmens-)Herrschaft und (Außen-)Haftung forderten4. Dies gilt selbst dann, wenn der stille Gesellschafter zum Generalbevollmächtigten ernannt und ihm die diesem besonderen Verhältnis zugrunde liegenden Pflichten übertragen werden5.
17.73 Für eine Außenhaftung des stillen Gesellschafters bedarf es daher immer eines besonderen Haftungsgrunds. Dieser kann etwa ein Schuldbeitritt, ein Bürgschaftsversprechen, eine Haftung nach § 311 Abs. 3 BGB oder ein sonstiger Rechtsschein zum Beispiel bei Auftreten des stillen Gesellschafters wie ein Gesellschafter einer OHG sein6. b) Anspruch des Geschäftsinhabers auf Einzahlung rückständiger Einlagen aa) Die stille Beteiligung mit Fremdkapitalcharakter
17.74 Weist das Einlagekonto des stillen Gesellschafters im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung einen Passivsaldo aus, so kommt es darauf an, ob er seine Vermögenseinlage voll erbracht hat oder ob er mit ihr im Rückstand ist. Hat er seine Einlage voll geleistet, braucht er den Passivsaldo nicht auszugleichen. Jedoch ist die Einlage i.H. des Verlustanteils endgültig für ihn verloren.
17.75 Ist die Einlage rückständig, so hat er sie bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Anteils am Verlust erforderlich ist, zur Insolvenzmasse einzuzahlen (§ 236 Abs. 2 1 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, DStR 2010, 1489 (1489). 2 BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, DStR 2010, 1489; OLG Celle v. 29.10.2008 – 9 U 68/08, NZG 2009, 1075; Blaurock, NZG 2010, 974 (975); Berninger, DStR 2010, 2359. 3 Paulick, Handbuch der stillen Gesellschaft, 3. Aufl. 1981, § 9 II; H.-P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Personengesellschaftsrecht, 1970, 325. 4 Blaurock, NZG 2010, 974 f. 5 Vgl. hierzu Blaurock, NZG 2010, 974 f. 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 13; K. Schmidt, NZG 2009, 361; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 27.
384 Kauffeld
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
HGB), sobald sie nach der gesellschaftsvertraglichen Regelung fällig ist1. Die Leistung kann nicht deshalb verweigert werden, weil aus noch schwebenden Geschäften ein Gewinnanteil zu erwarten ist. Der stille Gesellschafter kann allenfalls gemäß § 95 InsO aufrechnen, wobei gemäß § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO sein Gewinnanspruch nicht später als der Einlageanspruch fällig sein darf. Eine Vereinbarung, wonach der stille Gesellschafter am Verlust überhaupt nicht oder nur in geringerem Maße als am Gewinn beteiligt ist, behält auch im Insolvenzverfahren ihre Wirksamkeit. Nur ein speziell auf den Insolvenzfall beschränkter Verlustbeteiligungsausschluss ist unwirksam. Das ist im Interesse der Insolvenzgläubiger zwingendes Recht. Es kann durch den Gesellschaftsvertrag dem stillen Gesellschafter gegenüber den Insolvenzgläubigern keine Sonderstellung eingeräumt werden. Deshalb ist die Vereinbarung, dass ihm für den Fall der Insolvenzeröffnung die Verpflichtung zur Leistung der rückständigen Einlage erlassen sein soll, dem Insolvenzverwalter gegenüber unwirksam. Dagegen sind, weil dadurch die Interessen der Insolvenzgläubiger nicht beeinträchtigt werden, gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen zulässig und rechtswirksam, durch die die Pflichten des stillen Gesellschafters im Insolvenzverfahren erweitert werden, z.B. die Vereinbarung, dass er abweichend von der Regelung des § 236 Abs. 1 HGB erst nach allen anderen Insolvenzgläubigern befriedigt werden soll (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 1 KWG betr. das haftende Eigenkapital) oder dass er über seine Vermögenseinlage hinaus zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger beschränkt oder unbeschränkt Zuschüsse zu leisten habe. Unberührt bleiben auch Vereinbarungen, die sich nicht auf das Auseinandersetzungsverfahren, sondern auf die Berechnung des Guthabens beziehen.
17.76
Der BGH2 hat jedoch klargestellt, dass eine Verlustzuweisung sowie deren buchhalterische Ausweisung als Forderung gegen den stillen Gesellschafter allein noch kein Anerkenntnis einer Nachschusspflicht entgegen § 232 Abs. 2 HGB und somit keine klagbare Forderung gegen den stillen Gesellschafter darstellt.
17.77
Soweit die rückständige Einlage nicht zur Verlustdeckung benötigt wird, braucht sie nicht erbracht zu werden – auch nicht, wenn sie bereits vor Insolvenzeröffnung fällig und der stille Gesellschafter im Verzuge war. Gegenüber dem Anspruch des Insolvenzverwalters auf Leistung der rückständigen Einlage könnte der stille Gesellschafter mit seinem Rückzahlungsanspruch aufrechnen.
17.78
Hieraus ergibt sich, dass die Einbuße des stillen Gesellschafters im Insolvenzfall umso größer ist, je mehr er auf seine Einlage eingezahlt hat3.
17.79
Vgl. dazu die folgenden von Hueck gebildeten Beispiele: a) Einlage 100 000 Euro; Verlustanteil laut Gesellschaftsvertrag 1/5 Verlust 200 000 Euro. Guthaben des stillen Gesellschafters 60 000 Euro. Insolvenzdividende 20 % Insolvenzquote 12 000 Euro. Einbuße des stillen Gesellschafters 88 000 Euro.
1 Str., wie hier Roth in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rz. 4; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 310; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 22; a.A. Geßler in Schlegelberger, 4. Aufl. 1988, § 341 HGB Rz. 4; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 341 HGB Anm. 5. 2 KG v. 3.7.1998 – 14 U 8243/96, NZG 1999, 23. 3 Hueck/Windbichler, 21. Aufl. 2008, Gesellschaftsrecht, § 18 Rz. 17.
Kauffeld
385
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
b) Ist die Einlage noch nicht eingezahlt, dann braucht der stille Gesellschafter nur seinen Verlustanteil i.H. von 40 000 Euro einzuzahlen. Seine Einbuße ist gegenüber a) um 48 000 Euro geringer. c) Hatte der stille Gesellschafter 60 000 Euro eingezahlt, so verbleibt ihm nach Abzug seines Verlustanteils von 40 000 Euro ein Guthaben von 20 000 Euro, auf das er 4000 Euro Insolvenzdividende erhält. Einbuße 56 000 Euro. bb) Die stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter
17.80 Hat die rückständige stille Einlage jedoch eigenkapitalähnlichen Charakter, dann muss sie, soweit sie zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist, in die Insolvenzmasse geleistet werden, und zwar in voller Höhe und unabhängig von der Höhe der Verlustanteile des Stillen. Dies ergibt sich daraus, dass eine eigenkapitalähnliche stille Einlage entgegen dem in § 236 HGB geregelten Normalfall haftendes Kapital darstellt, das in der Insolvenz nicht geschmälert werden soll1. Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 236 HGB nicht möglich. Aus diesem Grunde kann sich der stille Gesellschafter, der mit seiner Einlage säumig ist, nicht auf die Privilegierung des § 236 Abs. 2 HGB berufen2. Die Einlage ist so zu leisten, wie es im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Ist der stille Gesellschafter zur Leistung seiner Sacheinlage verpflichtet, so verwandelt sich diese wegen der Insolvenzeröffnung nicht in eine Geldeinlage (siehe Rz. 16.50 ff.)3. Die stille Einlage mit Eigenkapitalcharakter bleibt entsprechend §§ 30 GmbHG, 172 HGB unbeschränkt der Insolvenzmasse verhaftet. Bei einer GmbH & Still ergeben sich bei kapitalsicherungswidrigen Rückzahlungen Ansprüche entsprechend § 31 GmbHG. Unter Umständen muss die Einlage nach Insolvenzeröffnung in voller Höhe und unabhängig von einer vertraglichen Verlustbeteiligung in die Insolvenzmasse einbezahlt werden, sofern dies für die Befriedigung der Insolvenzgläubiger nötig ist4. Bei Geschäftsinhabern mit anderer Rechtsform finden diese Grundsätze entsprechende Anwendung, so dass in der Regel kein Bedürfnis für eine entsprechende Anwendung des § 136 InsO besteht5.
17.81 Trägt der Liquidator des Inhabers, soweit er dazu in der Lage ist, die Vermögensverhältnisse des Inhabers vor, liegt beim stillen Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Einzahlung der ausstehenden Einlage nicht erforderlich ist, um eine ordnungsgemäße Abwicklung zu gewährleisten6.
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 8. 2 BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 (2252) = WM 1981, 761 = ZIP 1981, 734; BGH v. 17.12.1984 – II ZR 36/84, NJW 1985, 1079 = BB 1985, 372 = ZIP 1985, 347. 3 A.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 18, § 235 HGB Rz. 34. 4 BGH v. 17.12.1984 – II ZR 36/84, WM 1985, 284; BGH v. 5.11.1979 – II ZR 145/78, WM 1980, 332; BGH v. 28.6.1999 – II ZR 272/98, DB 1999, 1647 (1648); K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 236 HGB Rz. 41 f. 5 Ähnlich K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 34, der allerdings mit der bloßen Gleichstellung der atypischen stillen Einlage mit Eigenkapitalcharakter das rechtspolitische Bedürfnis nach Insolvenzhaftung für nicht befriedigt hält und daher einen Anwendungsbereich des § 136 InsO sieht. 6 BGH v. 5.11.1979 – II ZR 145/78, WM 1980, 332 (332 f.); BGH v. 3.7.1978 – II ZR 54/77, WM 1978, 898 (899) zur Kommanditeinlage.
386 Kauffeld
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
cc) Die eigenkapitalersetzende stille Beteiligung Ist der stille Gesellschafter mit seiner Einlage säumig, ist § 236 Abs. 2 HGB aufgrund des einem Gesellschafterdarlehen vergleichbaren Charakters nicht anwendbar. Mit dem Erlöschen der stillen Gesellschaft durch die Insolvenzeröffnung entfällt auch die Verpflichtung zur Einzahlung der säumigen Einlage. Die Qualifizierung als eigenkapitalersetzend führt dazu, dass die stille Beteiligung wie eine existenzerhaltende Eigenfinanzierung zu behandeln ist. Da aber die säumige Einlage nicht zugeführt wurde, wäre ein Einzahlungsanspruch nur begründet, wenn es eine Pflicht zur angemessenen Kapitalausstattung gäbe, die aber gerade nicht allein durch den eigenkapitalersetzenden Charakter bzw. die Gleichsetzung mit einem Gesellschafterdarlehen begründet wird. Demnach kann der Insolvenzverwalter die ausstehende Einlage nicht einfordern1. Gerade hierin besteht ein bedeutsamer Unterschied zu stillen Beteiligungen mit Eigenkapitalcharakter. Dort können ausstehende Einlagen eingefordert werden, wenn es zur Gläubigerbefriedigung notwendig ist (siehe Rz. 17.80).
17.82
frei
17.83
4. Die Insolvenzanfechtung Nur selten findet der Insolvenzverwalter die Insolvenzmasse unverkürzt vor. Schuldner, denen der Zusammenbruch droht, verschieben oder verschleudern häufig Vermögensstücke, um mit dem Erlös zu flüchten, um sie für ihre Familie zu retten oder um ihnen nahe stehende Gläubiger zu begünstigen.
17.84
Dem begegnet der Gesetzgeber mit der in der InsO geregelten Insolvenzanfechtung, die eine die Gläubiger benachteiligende Rechtshandlung voraussetzt (§ 129 InsO), die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist und den Insolvenzgläubigern zum Nachteil gereicht, d.h. im Erfolgsfalle ihren Zugriff vereitelt oder schmälert. Diese allgemeine Voraussetzung der Anfechtbarkeit ergibt sich aus dem Anfechtungszweck und steht zur Beweislast des Insolvenzverwalters, der den Rückgewähranspruch nach § 143 InsO erhebt. Der Benachteiligungsvorgang löst die Anfechtbarkeit aber nur aus, wenn er sich unter bestimmten erschwerenden Umständen vollzieht (§§ 130 bis 136 InsO).
17.85
Die „besondere Insolvenzanfechtung“ oder Krisenanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO) beruht auf dem Gedanken, dass das Vermögen des Schuldners, sobald er erkennbar insolvenzreif geworden ist, der Gesamtheit seiner persönlichen Gläubiger unter Verlustgemeinschaft verfangen sein soll. Danach sind aufgrund der zeitlichen Nähe zum Insolvenzverfahren solche Rechtshandlungen anfechtbar, die bei Zahlungsunfähigkeit oder nach Stellung des Eröffnungsantrags (§ 13 InsO) von dem Gemeinschuldner gegenüber einem Insolvenzgläubiger getätigt wurden, wenn es hierdurch zu einer Benachteiligung der übrigen Gläubiger kommt (§ 129 Abs. 1 InsO). Es wird bei den Voraussetzungen danach unterschieden, ob der Insolvenzgläubiger die Rechtshandlung bereits in dieser Art und zu dieser Zeit beanspruchen konnte (kongruente Deckung, § 130 InsO) oder nicht (inkongruente Deckung, § 131 InsO) oder ob das Rechtsgeschäft unmittelbar benachteiligend war (§ 132 InsO).
17.86
1 OLG Hamm v. 3.5.1993 – 8 U 184/92, ZIP 1993, 1321 (1322); Blaurock, Anm. zu LG Essen v. 24.7.1992 – 42 O 74/92, WuB II H. § 236 HGB 1.93.
Kauffeld
387
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
17.87 Daneben sieht § 133 InsO die sog. Absichtsanfechtung vor. Danach sind Rechtshandlungen anfechtbar, die der Gemeinschuldner während der letzten zehn Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Eröffnungsantrag in der dem anderen Teil bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat. Anfechtbar sind auch absichtlich benachteiligende entgeltliche Verträge mit nahe stehenden Personen (§ 138 InsO), wenn der Vertragsabschluss nicht früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag liegt.
17.88 Weiterhin ist die sog. Schenkungsanfechtung geregelt (§ 134 InsO). Anfechtbar sind allgemein die in den letzten vier Jahren vor der Eröffnung des Verfahrens vorgenommenen unentgeltlichen Leistungen.
17.89 Schließlich sieht § 135 InsO eine kapitalerhaltende Anfechtung vor, mit der die Sicherung oder Befriedigung eines Gläubigers eines Gesellschafterdarlehens oder von Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, angegriffen wird (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO). a) Die Sonderregelung des § 136 InsO
17.90 Die oben genannten Anfechtungstatbestände der §§ 130–135 InsO werden ergänzt durch die Anfechtbarkeit der Teilhaberbegünstigung gemäß § 136 InsO1. Die Vorschrift übernimmt im Wesentlichen den früheren § 237 HGB in die InsO. Sie hat ihren Grund in der Erwägung, dass der stille Gesellschafter vielfach zu dem Inhaber in einem Verhältnis steht, das es ihm ermöglicht, in dessen Vermögenslage Einblick zu nehmen2. Das bringt die Gefahr mit sich, dass er, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Inhabers verschlechtern, seine Vermögenseinlage im Zusammenwirken mit diesem dem Zugriff der Gläubiger entzieht, um sich vor Verlusten zu schützen3. Die Insolvenzgläubiger haben dann unter den im Gesetz festgelegten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Rückgewähr anzufechten. aa) Unabdingbarkeit
17.91 Da § 136 InsO eine im Interesse der Insolvenzgläubiger geschaffene Vorschrift ist, enthält sie zwingendes Recht, das nicht durch anderweitige Vereinbarungen der Beteiligten zum Nachteil der Insolvenzgläubiger ausgeschlossen oder eingeschränkt werden kann4. Wohl aber ist es zulässig, Vereinbarungen zu treffen, die den Insolvenzgläubigern über den § 136 InsO hinaus weitere Zugriffsmöglichkeiten eröffnen.
1 Die Regelung des § 136 InsO entspricht inhaltlich im Wesentlichen § 237 HGB a.F. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 3; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 2; für zusätzliche Berücksichtigung unternehmerischer Chancen und Risiken Krolop, ZIP 2007, 1738 (1742); kritisch und für Aufhebung des § 136 InsO Florstedt, ZInsO 2007, 914 (917 f.). 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 3; K. Schmidt, KTS 1977, 68; Flechtheim in Düringer/Hachenburg, § 342 HGB Anm. 1. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 5; Stöber in Westermann/Wertenbruch, Hdb. Personengesellschaften, Rz. I 233d.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
bb) Verhältnis zu anderen Anfechtungsregeln Das Anfechtungsrecht aus § 136 InsO steht selbständig neben den in §§ 130 ff. InsO geregelten übrigen Anfechtungstatbeständen1. Mit Hilfe dieses Anfechtungsrechts sollen dem Insolvenzverwalter zugunsten der Insolvenzgläubiger weitere Zugriffsmöglichkeiten verschafft oder erhalten werden. Die übrigen Anfechtungstatbestände (§§ 130 ff. InsO) können aber Bedeutung erlangen, wenn die Voraussetzungen des § 136 InsO nicht gegeben sind. Stützt der Insolvenzverwalter den anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch auf die §§ 130 ff. InsO, dann schlägt der Einwand aus § 136 Abs. 2 InsO nicht durch. Unberührt bleibt die Regelung des § 236 HGB2. Muss ein stiller Gesellschafter nach den §§ 130 ff. InsO seine Einlage wieder zurückzahlen, so hindert ihn das nicht, seine Forderung nach § 236 Abs. 1 HGB anzumelden.
17.92
Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Einlage des stillen Gesellschafters einem Gesellschafterdarlehen gleichzustellenden Charakter hat. Ist eine gleichgestellte Einlage dem stillen Gesellschafter vorher zurückgewährt worden, so ist dies gemäß § 135 InsO, § 6 AnfG anfechtbar. Die Anfechtung hat zur Folge, dass der stille Gesellschafter die Einlage seinerseits zurückgewähren muss, § 143 InsO, § 11 AnfG. Der stille Gesellschafter kann jedoch keine Forderung nach § 236 Abs. 1 HGB anmelden, da diese Regelung von den Vorschriften der InsO überlagert wird (siehe Rz. 17.22 ff.). Eine entsprechende Anwendbarkeit des § 31 GmbHG führte bislang dazu, dass der stille Gesellschafter eine an ihn zurückgezahlte Einlage zurückzahlen muss, ohne sie gleichwertig neben den Gläubigern geltend machen zu können (vgl. §§ 39, 199 Satz 2 InsO)3. Durch das MoMiG besteht nunmehr allein die Möglichkeit der Insolvenzoder Gläubigeranfechtung nach InsO oder AnfG.
17.93
cc) Voraussetzungen der besonderen Insolvenzanfechtung gemäß § 136 InsO Wie schon bei den übrigen Anfechtungsvorschriften, wird der Anfechtungszeitraum an den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geknüpft. § 136 Abs. 2 InsO konkretisiert den Tatbestand dahingehend, dass nicht mehr allgemein auf Umstände abgestellt wird, die zur Insolvenz führen, sondern dass die Anfechtung ausgeschlossen ist, wenn erst nach der Vereinbarung ein Eröffnungsgrund (§§ 16 bis 19 InsO) eingetreten ist.
17.94
dd) Vorliegen einer stillen Beteiligung Der Anfechtungsanspruch setzt zunächst eine stille Beteiligung voraus. Die stille Gesellschaft muss nur innerhalb des letzten Jahres vor Insolvenzeröffnung rechtswirksam bestanden haben. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Ausübung des Anfechtungsrechts braucht sie jedoch nicht mehr zu bestehen. Sie kann zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelöst sein. Deshalb entfällt die Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 136 InsO, wenn der Gesellschaftsvertrag nichtig war oder im Falle seiner An-
1 Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 16. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 7; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 17. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 6.
Kauffeld
389
17.95
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
fechtbarkeit vernichtet worden ist, es sei denn, dass die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft (siehe Rz. 11.1 ff.) entsprechende Anwendung finden1. ee) Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
17.96 Die Ausübung des Anfechtungsrechts aus § 136 Abs. 1 InsO setzt das Stellen des Antrags2 zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers voraus. Das Insolvenzverfahren darf noch nicht seinen Abschluss gefunden haben. Ist eine handelsrechtliche Personengesellschaft Inhaberin des Handelsgewerbes, so ist der Antrag auf das Insolvenzverfahren über deren Vermögen maßgeblich; ein Antrag auf Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Gesellschafters gewährt kein Anfechtungsrecht. ff) Besondere Vereinbarung zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter
17.97 Zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter müssen im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Vereinbarungen getroffen worden sein, durch die dem stillen Gesellschafter seine Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen worden ist. War die Übereinkunft schon früher erfolgt, ist sie aber erst im Insolvenzvorjahr ausgeführt worden, dann fehlt es an der Voraussetzung für die Anfechtung aus § 136 InsO.
17.98 Anfechtbar sind gemäß § 136 Abs. 1 InsO nur solche Rechtshandlungen, die auf einer „freiwilligen“ Vereinbarung beruhen, in Abgrenzung zu zwingenden Rückgewährtatbeständen (siehe Rz. 17.113 ff.). Anfechtbar ist daher auch diejenige Rückgewähr, die aufgrund der Vereinbarung im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt wurde (§ 141 InsO).
17.99 Anzufechten ist nicht die Vereinbarung der Rückgewähr der Einlage, sondern die darauf beruhende Rückgewähr selbst. Wenn nur eine Vereinbarung zur Rückgewähr oder zum Erlass des Verlustanteils getroffen, aber noch nicht ausgeführt worden ist, besteht keine Anfechtungsmöglichkeit. Andererseits ist der Insolvenzverwalter weder berechtigt noch verpflichtet, die Vereinbarung auszuführen. Einem diesbezüglichen Verlangen des stillen Gesellschafters könnte er die Einrede der Arglist entgegenhalten.
17.100 Rückgewähr der Einlage liegt vor, wenn sie dem stillen Gesellschafter ganz oder teilweise aus dem Vermögen des Inhabers zurückgezahlt oder wenn die Rückzahlung durch einen Dritten für Rechnung des Inhabers erfolgt ist. Eine Rückgewähr der Einlage ist auch gegeben, wenn sie dem stillen Gesellschafter zwar nicht in Geld zugeflossen ist, wenn er aber andere Werte dafür erhalten hat. Deshalb ist auch in den Fällen der Aufrechnung oder der Leistung an Erfüllungs statt eine Rückgewähr der Einlage anzunehmen, denn auch hier wird die Insolvenzmasse geschmälert3. Der Rückgewähr gleichzustellen ist es, wenn die im Handelsgeschäft des Inhabers verbleibende Ver-
1 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8 f.). 2 Hierin besteht ein Unterschied zu § 237 HGB a.F., der auf die Eröffnung des Konkursverfahrens abstellte. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 12; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 316.
390 Kauffeld
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
mögenseinlage innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist durch Bestellung von Pfandrechten oder Hypotheken oder im Wege der Sicherungsübereignung aus dem Vermögen des Inhabers gesichert worden ist, da durch diese zur abgesonderten Befriedigung berechtigenden Sicherungen die Insolvenzmasse benachteiligt wird1. Bestand dagegen die Einlage des stillen Gesellschafters in einer Gebrauchsüberlassung, so fällt die Rückgewähr der zum Gebrauch überlassenen Gegenstände nicht unter § 136 InsO, weil diese nicht zum beschlagnahmefähigen Vermögen des Inhabers gehörten. Der stille Gesellschafter hat insoweit ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO. Wird die Vermögenseinlage im Wege der Novation in ein Darlehen umgewandelt, so liegt darin noch keine Rückgewähr2. Solange das Darlehen nicht zurückgezahlt und der Verlustanteil nicht erlassen ist, ist die Insolvenzmasse nicht benachteiligt, so dass ein Anfechtungsrecht nicht gegeben ist. Wird dagegen das Darlehen innerhalb des Insolvenzvorjahres zurückgezahlt, dann ist, wenn die übrigen Voraussetzungen des § 136 InsO gegeben sind, die Rückgewähr anfechtbar.
17.101
Erfolgt die Rückgewähr der Einlage aufgrund eines rechtskräftigen Urteils oder im Wege der Zwangsvollstreckung, so ist sie anfechtbar, wenn der Rückgewähranspruch selbst auf einer besonderen Vereinbarung beruhte.
17.102
Der Rückgewähr der Vermögenseinlage stellt das Gesetz den ganzen oder teilweisen Erlass des Anteils am entstandenen Verlust gleich, wenn der stille Gesellschafter vertraglich am Verlust beteiligt ist. Aber auch bei Ausschluss der Verlustbeteiligung kann die vorzeitige Rückgewähr der Einlage angefochten werden, weil der Ausschluss der Verlustbeteiligung im Insolvenzverfahren keinen Anspruch auf die volle Rückzahlung der Einlage gewährt. Der Erlass künftiger Verluste fällt nicht unter § 136 InsO. Die Aufhebung der Verlustbeteiligung für die Zukunft begründet kein Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters3; unter Umständen kann aber eine Anfechtung gemäß §§ 130 ff. InsO in Betracht kommen.
17.103
Der Erlass der Einlage selbst ist beim typischen stillen Gesellschafter keine gemäß § 136 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung. Bei gesetzestypischer Ausgestaltung der stillen Beteiligung riskiert der stille Gesellschafter außer den auf ihn entfallenden Verlustanteil immer nur die bereits erbrachte Einlage. Der Erlass kann sich jedoch wirtschaftlich als Erlass des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils darstellen, z.B. dann, wenn der stille Gesellschafter mit seiner Einlage im Rückstand ist und sein Einlagekonto einen Passivsaldo aufweist4.
17.104
Die Anfechtung kann auch dadurch begründet sein, dass dem stillen Gesellschafter Gewinne ausgezahlt werden, die zur Deckung früherer Verluste hätten verwendet werden müssen (§ 232 Abs. 2 HGB). Die Gewinnauszahlung steht in diesem Falle wirtschaftlich der teilweisen Rückgewähr der Einlage gleich.
17.105
1 RG v. 1.5.1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (435); Hartmann, Die stille Gesellschaft, S. 128; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 315; Roth in Baumbach/Hopt, § 236 HGB Rz. 6. 2 So die h.A., vgl. nur K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 12 m.w.N. zum Meinungsstand in Fn. 23. 3 Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 10; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 17. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 15.
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391
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
gg) Gläubigerbenachteiligung
17.106 Die Rechthandlung ist nur anfechtbar, wenn gemäß § 129 InsO die Gläubiger benachteiligt werden, indem die Insolvenzmasse verkürzt wird. Maßgeblich ist dafür die Differenzhypothese, d.h. die wirtschaftliche Betrachtung der Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger mit und ohne die Rechtshandlung1. Danach kann sogar eine bloße Erschwerung des Gläubigerzugriffs eine Gläubigerbenachteiligung darstellen2. Die Beweislast für die Gläubigerbenachteiligung trägt der Insolvenzverwalter3. hh) Ausschluss der Anfechtbarkeit
17.107 Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn die Insolvenz auf Umständen beruht, die erst nach Vereinbarung der Rückgewähr oder des Erlasses des Verlustanteils und unabhängig davon eingetreten sind (§ 136 Abs. 2 InsO), wenn z.B. die Insolvenz die Folge einer später unternommenen oder fehlgeschlagenen Spekulation oder die Folge des späteren plötzlichen Zusammenbruchs eines Geschäftspartners des Inhabers war. Die Neuregelung des § 136 Abs. 2 InsO ist gegenüber § 237 Abs. 2 HGB a.F. zwar eine Konkretisierung und soll somit handhabbarer für die Praxis sein, jedoch schränkt dies die Anfechtungsmöglichkeit mehr ein als zuvor4. Letztlich beruht dies auf dem Normzweck: § 136 InsO ist eine Variante der besonderen Insolvenzanfechtung, nicht der Absichtsanfechtung (§ 133 InsO). Es kommt daher auf die Insolvenz des Geschäftsinhabers im Zeitpunkt der Rechtshandlungen an, nicht auf die Absichten der Beteiligten5.
17.108 Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 136 Abs. 2 InsO liegt beim stillen Gesellschafter6. Er muss den Nachweis führen, dass der Eröffnungsgrund ausschließlich durch Umstände verursacht worden ist, die nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung eingetreten sind. Hat die Rückgewähr der Einlage, die ordnungsgemäß zur Verlustdeckung hätte verwendet werden müssen, zur Insolvenzeröffnung beigetragen, so ist die Anfechtung begründet. Sie kann nicht mit dem Einwand bekämpft werden, im Zeitpunkt der Vereinbarung habe ein Eröffnungsgrund noch nicht vorgelegen7. Eröffnungsgrund i.S. von § 136 Abs. 2 InsO ist nicht bloß die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder die Überschuldung (§ 19 InsO), sondern es genügt bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO)8.
17.109 Die Anfechtung aus § 136 InsO ist zudem tatbestandlich ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung nicht vom freien Willen des Geschäftsinhabers abhängt, sondern aufgrund einer gesetzlichen oder vertraglichen Rückgewährpflicht erfolgt9. Es besteht 1 2 3 4 5 6
Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 51. BGH v. 5.11.1980 – VIII ZR 230/79, BGHZ 78, 318 (328). Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 51. Vgl. Kreft in Heidelberger Komm/InsO, § 136 InsO Rz. 3. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 21. BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (346); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 25; Huber in Gottwald, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 20. 7 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 22. 8 Gehrlein in MünchKomm/InsO, § 136 InsO Rz. 24; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 23; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 14. 9 BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 18; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 5.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
daher kein Anfechtungsrecht, wenn sich die Gewinnentnahme, Einlagenrückgewähr oder dingliche Sicherung bereits aus dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder einer länger als ein Jahr zurückliegenden Änderung desselben ergab. Kein Anfechtungsrecht besteht auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag erst im Insolvenzvorjahr abgeschlossen wurde1 und die stille Gesellschaft aus vertraglichen oder gesetzlichen Gründen – Tod des stillen Gesellschafters, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen – aufgelöst wird. Ebenso ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn der Gesellschaftsvertrag von Anfang an nichtig war oder rückwirkend vernichtet worden ist, der „stille Gesellschafter“ also seine Vermögenseinlage nicht als „Gesellschafter“, sondern z.B. gemäß §§ 812 ff. BGB zurückerhalten hat2. Dies gilt aber nicht, soweit die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft (siehe Rz. 11.1 ff.) entsprechend eingreifen3; jedoch schließt eine Kündigung aus wichtigem Grund wegen der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft wiederum die Freiwilligkeit der Rückzahlung und somit § 136 InsO aus4.
17.110
Eine freiwillige Rückgewähr liegt weiterhin nicht vor, wenn ein gesetzliches oder vertragliches Kündigungsrecht, vor allem das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde, berechtigterweise ausgeübt wurde5, so dass § 136 InsO tatbestandlich nicht erfüllt ist. In diesem Fall würde auch die zugunsten des stillen Gesellschafters erfolgte Sicherungsübereignung keine anfechtbare Rückgewähr darstellen6. Wird in Anbetracht der Kündigungsmöglichkeit ein Vergleich geschlossen, so ist auch der Vergleichsanspruch nicht als freiwillige Rückgewähr anzusehen7. Das OLG Celle8 zog es zumindest in Betracht, das bloße Bestehen eines Kündigungsrechts ausreichen zu lassen, um § 136 InsO auszuschließen. Anders entschied dagegen mit Recht das OLG Hamm9. Ein § 136 InsO ausschließender Auszahlungsanspruch aufgrund eines Kündigungsrechts entsteht erst durch die Ausübung des Kündigungsrechts. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 136 InsO, der an eine Vereinbarung über die Einlagenrückgewähr anknüpft, die als solche wesensmäßig subjektive Gesichtspunkte in sich trägt, und nicht gänzlich durch das Vorliegen einer bestimmten materiellen Rechtslage er-
17.111
1 RG v. 1.5.1914 – II 21/14, RGZ 84, 434 (438); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 20. 2 RG v. 24.11.1914 – II 358/14, LZ 1915 Sp. 507; OLG Stuttgart v. 16.6.1999 – 20 U 5/99, OLGR Stuttgart 1999, 285. 3 Gehrlein in MünchKomm.InsO, § 136 InsO Rz. 5; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 19; Nerlich/Römermann, § 136 InsO Rz. 4. 4 BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270; OLG Oldenburg v. 20.5.1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (896 f.) m. Anm. Michalski/Schulenburg; OLG Stuttgart v. 16.6.1999 – 20 U 5/99, OLGR Stuttgart 1999, 285; OLG Düsseldorf v. 17.12.1998 – 6 U 193/97, NZG 1999, 652 m. Anm. Zeidler; OLG Celle v. 22.9.1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86) m. Anm. Sosnitza. 5 BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, DStR 2001, 266 (268); OLG Celle v. 22.9.1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86); OLG Oldenburg v. 20.5.1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (897). 6 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 = GmbHR 1971, 47 = WM 1971, 183; Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rz. 12. 7 OLG München v. 23.7.1999 – 15 U 2827/99, NZI 2000, 180; OLG Oldenburg v. 20.5.1999 – 1 U 24/99, NZG 1999, 896 (897) (für Aufhebungsvertrag); Rohlfing/Wegener/Oettler, ZIP 2008, 865 (868); Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rz. 16. 8 OLG Celle v. 22.9.1999 – 9 U 1/99, NZG 2000, 85 (86). 9 OLG Hamm v. 2.3.1999 – 27 U 257/98, NJW-RR 1999, 1415 (1417); zustimmend Preuß in Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kapitel 11 Rz. 17.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
setzt werden kann. Ob eine Ausübung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln, § 133 BGB. Entscheidend hierbei ist, dass der anspruchsbegründende Willensakt des stillen Beteiligten in einem Zusammenhang mit dem Kündigungsrecht steht1. Hierbei müssen auch Erklärungen im Vorfeld einer späteren einvernehmlichen Vertragsauflösung berücksichtigt werden.
17.112 In den genannten Fällen ist die Rückgewähr der Vermögenseinlage nur eine Folge der Ausübung des Kündigungsrechts oder der Auflösung der Gesellschaft. Ob die Kündigung eine ordentliche oder eine solche aus wichtigem Grund war und ob der Inhaber des Handelsgeschäfts das Kündigungsrecht anerkannt oder bestritten hat, ist unerheblich, sofern nur die Kündigung nach dem Gesellschaftsvertrag oder nach dem Gesetz berechtigt war. War sie das nicht, hat sich aber der Inhaber mit ihr einverstanden erklärt, dann liegt allerdings eine Vereinbarung vor, die – wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind – zur Anfechtung berechtigt, denn hier wird dem stillen Gesellschafter auf Kosten der Insolvenzgläubiger ein Vorteil verschafft, auch wenn die Absicht der Gläubigerbenachteiligung nicht vorliegt.
17.113 Ebenso schließt allein das Bestehen eines Anfechtungsrechts des stillen Gesellschafters die Insolvenzanfechtung nach § 136 InsO nicht aus, wenn die Rückgewähr nicht auf der Anfechtung des stillen Gesellschaftsvertrags beruht. Zwar würde man in diesen Fällen entgegen den Grundsätzen zur fehlerhaften Gesellschaft statt eines außerordentlichen Kündigungsgrundes eine Rückwirkung der Anfechtung auf den Zeitpunkt der einvernehmlichen Vertragsauflösung annehmen müssen, da sich das Gesellschaftsverhältnis nach Vertragsauflösung und vor Ausübung des Anfechtungsrechts nicht mehr in Vollzug befindet. Jedoch sind hinsichtlich der Anfechtbarkeit die Grundsätze der hypothetischen Kausalität nur in engen Grenzen zu beachten2, da eine zu weitgehende Berücksichtigung hypothetischer Reserveursachen letzten Endes zur Aushebelung jeglicher Anfechtbarkeit führen würde3. Infolgedessen kann eine Reserveursache immer nur dann beachtlich sein, wenn sie erstens real (also nicht nur gedacht) ist, und wenn sie zweitens bei Fortfall gerade und nur der anfechtbaren Rechtshandlung den gleichen Nachteil wie diese herbeigeführt hätte4. Die Anfechtung des Gesellschaftsvertrags durch den stillen Gesellschafter führt aber bei Fortfall der vorherigen Vertragsauflösung aufgrund der dann wieder gegebenen Anwendbarkeit der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft lediglich zu einem außerordentlichen Kündigungsgrund und kann somit mangels Rückwirkung nicht den gleichen Nachteil herbeiführen wie die vorherige Vertragsauflösung. Eine Reserveursache in Gestalt einer späteren Anfechtung ist daher auch bei Berücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe unbeachtlich.
1 Dem Fall lag ein Aufhebungsvertrag zugrunde, der ausdrücklich durch „unvorhergesehenen Geldbedarf“ des stillen Gesellschafters motiviert war. Gleichzeitig war der durch eine erfolgte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung fehlerhafte Gesellschaftsvertrag kündbar. Der Aufhebungsvertrag und der Parteivortrag ließen jedoch keinen Zusammenhang zu dieser Kündigung wegen arglistiger Täuschung erkennen. 2 Dazu auch BGH v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, ZIP 1988, 1060 (1061); BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, ZIP 1995, 134 (137). 3 Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 InsO Rz. 26. 4 Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 InsO Rz. 26.
394 Kauffeld
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
Der Anfechtungsanspruch verjährt gemäß der Neufassung von § 146 Abs. 1 InsO nach den Verjährungsvorschriften des BGB (vgl. § 199 BGB). Die Geltendmachung der Anfechtung wird durch den Ablauf der Frist nicht gehindert (§ 146 Abs. 2 InsO).
17.114
b) Die Durchführung der Insolvenzanfechtung § 136 InsO kann nur im Insolvenzverfahren zur Anwendung kommen, nicht auch außerhalb des Insolvenzverfahrens zugunsten von Einzelgläubigern, weil es an einer mit § 6 AnfG vergleichbaren Regelung für stille Beteiligungen fehlt1. Das Anfechtungsrecht steht allein dem Insolvenzverwalter zu. Der Inhaber kann es nicht geltend machen und auf seiner Grundlage von ihm vorgenommene Rechtshandlungen anfechten, auch wenn er beabsichtigt, die dadurch in sein Vermögen zurückfließenden Werte seinen Gläubigern zur Verfügung zu stellen2. Anfechtungsgegner ist der stille Gesellschafter oder dessen Erbe (§ 145 InsO).
17.115
Der Insolvenzverwalter kann das Anfechtungsrecht im Wege der Klage oder in Form einer unbefristeten Einrede oder Replik gegenüber dem Anspruch des stillen Gesellschafters geltend machen3. Die Klage geht auf Rückgewähr dessen, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Gemeinschuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, zur Insolvenzmasse (§ 143 InsO). Der Rückgewähranspruch ist ein Bestandteil der Insolvenzmasse. Der stille Gesellschafter ist verpflichtet, die Zugriffslage herzustellen, die bestehen würde, wenn die anfechtbare Handlung unterblieben wäre. Er muss also die in bar zurückgewährte Einlage zurückzahlen, bei Aufrechnung mit der Einlage diese erbringen, bei Erhalt einer Sicherheit diese aufgeben und den Gegenstand der Sicherung herausgeben. Im Falle des Erlasses des Verlustanteils muss er sich diesen von seinem Guthaben abschreiben lassen oder die rückständige Einlage zur Deckung des zu Unrecht erlassenen Verlustanteils leisten. Die Erstattung einer etwaigen Gegenleistung bestimmt sich nach § 144 Abs. 2 InsO (z.B. Herabsetzung der Gewinnbeteiligung gegen Verlusterlass). Andererseits leben nach erfolgter Rückgewähr die Forderungen des stillen Gesellschafters wieder auf (§ 144 Abs. 1 InsO).
17.116
Ist die stille Gesellschaft zugleich mit der Vereinbarung, auf der die angefochtene Rückgewähr beruht, aufgelöst worden, kann der stille Gesellschafter gemäß § 236 Abs. 1 HGB sein Guthaben in der im Auflösungszeitpunkt vorhandenen Höhe als Insolvenzforderung anmelden. Die spätere Entwicklung berührt die Höhe des Guthabens nicht, da die Auflösung durch die Anfechtung, die sich allein gegen die Rückgewähr der Vermögenseinlage oder den Erlass des Verlustanteils richtet, nicht beseitigt wird. Ist die stille Gesellschaft mit der Rückgewähr der Einlage nicht aufgelöst worden, so muss das Guthaben des stillen Gesellschafters auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung festgestellt werden.
17.117
1 Zur Anfechtungsmöglichkeit gemäß § 6 AnfG bei einer einem Gesellschafterdarlehen vergleichbaren stillen Beteiligung, siehe Rz. 17.111. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 26. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Anh. Rz. 27.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
c) Rückforderungsansprüche bei stillen Beteiligungen als Surrogat für Gesellschafterdarlehen aa) Innerhalb des Insolvenzverfahrens
17.118 Unterliegt die stille Einlage den Vorschriften über Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), kommt neben § 136 InsO auch eine Anfechtung gemäß § 135 InsO in Betracht1. Das ist insbesondere wegen der nachrangigen Einordnung der sich daraus ergebenden Insolvenzforderung des stillen Gesellschafters gemäß § 39 InsO beachtlich2. Die weiterhin in § 135 InsO enthaltene Formulierung „gleichgestellte Forderung“ zielt auf § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO ab, so dass auch solche Forderungen in den Anwendungsbereich von § 135 InsO einbezogen werden, die wirtschaftlich einer Darlehensgewährung entsprechen. Dies trifft daher auch für eine einem Gesellschafterdarlehen gleichzusetzende stille Beteiligung des Gesellschafters an seiner Gesellschaft oder einem Dritten mit wesentlichem Einfluss auf die Gesellschaft zu3.
17.119 Nach § 135 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, wenn für die Forderung aus einem Darlehen i.S. von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung eine Sicherung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag eine Sicherung gewährt (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder dem Gesellschafter in dem letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Befriedigung verschafft worden ist (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Damit können alle im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgten Rückzahlungen der stillen Einlage anfechtbar sein. Ebenso könnten die von dem stillen Gesellschafter oder von mit verbundenen Unternehmen parallel zur stillen Beteiligung gewährte Darlehen betroffen sein, so dass eine Anfechtung der im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags geleisteten Zahlungen oder der gewährten Sicherheiten droht. Voraussetzung ist hierfür, dass der stille Gesellschafter sowohl im Hinblick auf seinen Einfluss als auch im Hinblick auf seine vermögensmäßige Beteiligung einem offen beteiligten Gesellschafter vergleichbar ist4. Wann genau eine „wirtschaftliche Vergleichbarkeit“ besteht, ist nicht abschließend geklärt. Insoweit kommt es auf eine Gesamtbetrachtung an5, die sich an dem Leitbild der Gesellschafterstellung hinsichtlich des Geschäftsinhabers zu orientieren hat6. Bei Begründung einer typischen stillen Gesellschaft ist eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit von vornherein zu verneinen, dieses ergibt sich bereits aus der Anwendbarkeit von § 236 HGB. In seiner Entscheidung vom 28.6.2012 hat der BGH festgehalten, dass der atypisch stille Gesellschafter einer GmbH & Co. KG mit seinen Ansprüchen wirtschaftlich dem Gläubiger eines Gesellschafterdarlehens entspricht, wenn in einer Gesamtbetrachtung seine Stellung nach dem Beteiligungsvertrag der eines Kommanditisten im Innenverhältnis weitgehend angenähert ist. Der
1 Zeuner in Smid, § 135 InsO Rz. 57. 2 Eingehend zu den unterschiedlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen von § 135 InsO und zu den §§ 130 ff. InsO Mylich, ZGR 2009, 474 (477 ff.). Diese Kriterien gelten teilweise auch für den Vergleich von § 135 und § 136 InsO. 3 Zeuner in Smid, § 135 InsO Rz. 29, 57; Hess, § 135 InsO Rz. 91 ff. 4 Vgl. hierzu Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121 (1125). 5 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 131/10, NZI 2011, 257 (258); vgl. hierzu auch Haas/Vogel, NZI 2012, 875 (876 f.). 6 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, NZI 2012, 860 (861); vgl. hierzu auch Haas/Vogel, NZI 2012, 875 (876 f.).
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
Nachrang seiner Ansprüche in der Insolvenz der Geschäftsinhaberin kann danach jedenfalls dann bestehen, wenn im Innenverhältnis das Vermögen der Geschäftsinhaberin und die Einlage des Stillen als gemeinschaftliches Vermögen behandelt werden, die Gewinnermittlung wie bei einem Kommanditisten stattfindet, die Mitwirkungsrechte des Stillen in der GmbH & Co. KG der Beschlusskompetenz eines Kommanditisten in Grundlagenangelegenheiten jedenfalls in ihrer schuldrechtlichen Wirkung gleich kommen und die Informations- und Kontrollrechte des Stillen denen eines Kommanditisten nachgebildet sind1. Bei einer stillen Beteiligung an einer GmbH kommt es zu einer Anwendbarkeit der Regeln des Eigenkapitalersatzrechts, wenn der atypisch stille Gesellschafter aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der Gesellschaft weitgehend einen GmbH-Gesellschafter gleichsteht. Dieses hat der BGH für den Fall einer 95 %-igen Gewinnbeteiligung sowie dem Recht zur Vertretung der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung kraft Vollmacht2. Hat ein Gesellschafter nach bisheriger Rechtslage einem Dritten für dessen Darlehensgewährung in der Krise der Gesellschaft (sog. gesellschafterbesicherte Drittdarlehen) eine Sicherheit bestellt oder sich dafür verbürgt i.S. des § 32a Abs. 2, 3 GmbHG a.F. und kam es zu einer Auszahlung an den Dritten, so konnte dieser Betrag gemäß § 32b GmbHG a.F. zurückverlangt werden3. Die Neuregelung lässt eine Anfechtung der Rückzahlung eines gesellschafterbesicherten Darlehens an den Dritten gegenüber dem Gesellschafter4 zu (§§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO n.F.). Hiernach muss der Gesellschafter die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse i.H. der bestellten Sicherheit der Insolvenzmasse erstatten. Der Darlehensgläubiger kann nur anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit er sich nicht durch die Sicherheit befriedigen konnte (§ 44a InsO n.F.).
17.120
bb) Außerhalb des Insolvenzverfahrens Ist die Einlage haftungsmäßig einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellt, kommt eine Anfechtung der Rückzahlung außerhalb des Insolvenzverfahrens gemäß § 6 AnfG in Betracht, der insoweit dem § 135 InsO entspricht. Dadurch wird der Schutz der Gesellschaftsgläubiger über den bloßen Insolvenzschutz hinaus auf jede Vermögensinsuffizienz erweitert5.
17.121
Seit Inkrafttreten des MoMiG kommt eine Rückforderung nur noch bei erfolgter Anfechtung auf der Grundlage von § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO nach gemäß § 135 InsO er-
17.122
1 BGH v. 28.6.2012 – IX ZR 191/11, NZI 2012, 860 (861). Im dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Fall lag eine eigenkapitalähnliche Beteiligung wohl trotz der im Übrigen „Innen-KG-ähnlichen“ Ausgestaltung der Beteiligung schon deshalb nicht vor, weil die Inhaberin der stillen Gesellschafterin zur Sicherung des Auseinandersetzungsguthabens sämtliche Kundenforderungen abgetreten hatte. K. Schmidt, JuS 2012, 1131 (1133) sieht den Grund hierfür in den kreditähnlichen Rückzahlungsmodalitäten. 2 BGH v. 24.9.2013 – II ZR 39/12, NZG 2013, 1385 (1386). 3 Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, 18. Aufl. 2006, § 32a GmbHG Rz. 7, § 32b GmbHG Rz. 2. 4 Gehrlein, BB 2008, 846 (853). 5 Paulus in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 6 AnfG Rz. 1.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
folgter Anfechtung in Betracht. Vor erfolgter Anfechtung darf das Darlehen daher zurückgezahlt werden. Allerdings greift jedoch bereits regelmäßig § 64 Satz 3 GmbHG ein, wenn die Zahlung zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führt. Diese Vorschrift begründet in diesem Fall auch ein Verbot der Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen1.
17.123 Nach früherer Rechtslage waren in analoger Anwendung der §§ 30 ff. GmbHG Rückzahlungen an stille Gesellschafter generell unzulässig, soweit dadurch eine Unterbilanz bei der GmbH entstand, sofern die Voraussetzungen der Rechtsprechungsregeln für einen eigenkapitalersetzenden Charakter der stillen Einlage vorlagen. Bei trotzdem erfolgter Zahlung entstand der Gesellschaft ein Rückzahlungsanspruch gemäß § 31 GmbHG analog, der allerdings umfangmäßig begrenzt war auf den Betrag, um den durch die Zahlung der GmbH an den Gesellschafter eine Unterbilanz entstanden oder vertieft worden ist. Diese Verstrickung der Einlage erfolgte im Gegensatz zu den früheren §§ 32a f. GmbHG, §§ 129a, 172a HGB unabhängig von dem Insolvenzverfahren, wenn dieses z.B. mangels Masse nicht zur Eröffnung kam2.
III. Insolvenz des stillen Gesellschafters
17.124 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters führt notwendigerweise zur Auflösung der Gesellschaft (§ 728 BGB)3. Soweit es sich bei der stillen Gesellschaft um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft mit einer Mehrzahl von stillen Gesellschaftern handelt, kann eine Fortsetzung vereinbart werden, § 736 Abs. 1 BGB4. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters führt dann zu einem Ausscheiden des stillen Gesellschafters nach dem Regelungsgedanken des § 131 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 HGB. Dass die Auseinandersetzung, die nach § 235 HGB der Inhaber des Handelsgeschäfts vorzunehmen hat, im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des stillen Gesellschafters ebenso wie bei der Insolvenz des Geschäftsinhabers außerhalb des Insolvenzverfahrens stattfindet, ist selbstverständlich (§ 84 Abs. 1 Satz 1 InsO i.V.m. § 235 HGB)5. Das vom Geschäftsinhaber zu errechnende Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters fällt in dessen Insolvenzmasse und steht zur Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung. Der Auseinandersetzungsanspruch bei Auflösung bzw. der Abfindungsanspruch des Stillen bei Ausscheiden ist vom Insolvenzverwalter gegen den Geschäftsinhaber geltend zu machen und zur Masse zu ziehen.
1 Haas, ZInsO 2007, 617 (619); Gehrlein, BB 2008, 846 (854). 2 Kreft in Heidelberger Komm/InsO, § 135 InsO Rz. 6. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 236 HGB Rz. 43; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 47; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 322; Blaurock in FS Stürner, S. 659 (660). 4 Marotzke in Heidelberger Komm/InsO, § 118 InsO Rz. 6; Hirte in Uhlenbruck, § 11 InsO Rz. 393. 5 Hirte in Uhlenbruck, § 84 InsO Rz. 6; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 322; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 236 HGB Rz. 48; K. Schmidt, KTS 1977, 8; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 272.
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§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
Ist das Einlagekonto des Stillen passiv und ist er mit seiner Einlage im Rückstand, so steht dem Inhaber, soweit der stille Gesellschafter zum Verlustausgleich verpflichtet ist, eine einfache Insolvenzforderung zu.
17.125
IV. Zusammenfassung Wird über das Vermögen des Inhabers das Insolvenzverfahren eröffnet, so kann der stille Gesellschafter seine Einlage, soweit sie den Betrag des auf ihn entfallenden Anteils am Verlust übersteigt, als Insolvenzgläubiger geltend machen. Praxisrelevante Ausnahmen bestehen im Falle von nachrangigen Gesellschafterdarlehen vergleichbarer und eigenkapitalähnlicher stiller Beteiligungen. Diese liegen insbesondere bei §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, bei Beteiligungen an Publikumsgesellschaften sowie dann vor, wenn zur Erreichung des Gesellschaftszwecks der Inhabergesellschaft die stille Einlage unerlässlich ist. Die Auseinandersetzung ist vom Insolvenzverwalter außerhalb des Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften des § 235 HGB durchzuführen (§ 84 InsO). Das für den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ermittelte Auseinandersetzungsguthaben ist vom stillen Gesellschafter als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Ergibt die Auseinandersetzung ein passives Einlagekonto und hat der stille Gesellschafter seine vereinbarte Einlage voll geleistet, braucht der Passivsaldo nicht ausgeglichen zu werden. Ist die Einlage rückständig, hat sie der stille Gesellschafter bis zu dem Betrag, welcher zur Deckung seines Verlustanteils erforderlich ist, zur Insolvenzmasse einzuzahlen. Lediglich bei eigenkapitalähnlichen stillen Beteiligungen können ausstehende Einlagen über den Verlustanteil hinaus durch den Insolvenzverwalter eingefordert werden. In der Insolvenz des stillen Gesellschafters, die ebenfalls zur Auflösung der Gesellschaft führt, fällt das Auseinandersetzungsguthaben in seine Insolvenzmasse und dient der Befriedigung seiner Gläubiger. Einen bei der Auseinandersetzung sich ergebenden Passivsaldo, zu dessen Abdeckung der stille Gesellschafter verpflichtet ist, kann der Inhaber als Insolvenzforderung anmelden. Infolge der Neuregelung des Eigenkapitalersatzrechts ist die Rückzahlung der Einlage an den stillen Gesellschafter zulässig und verstößt nicht gegen § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Die Rückgewähr kann aber nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO angefochten werden, wenn sie innerhalb eines Jahres vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte. Zur Wahrung der berechtigten Interessen der Gläubigergemeinschaft eröffnet § 136 InsO neben den allgemeinen Anfechtungstatbeständen der §§ 130 ff. InsO einen weiteren selbständigen Anfechtungstatbestand speziell für die stille Gesellschaft. Anfechtbar sind die ganze oder teilweise Rückgewähr der Einlage des stillen Gesellschafters aufgrund einer im letzten Jahr vor Stellung des Antrags auf Insolvenzeröffnung zwischen ihm und dem Inhaber getroffenen Vereinbarung und der ganze oder teilweise Erlass seines Anteils an dem entstandenen Verlust. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn die Insolvenz in Umständen seinen Grund hat, die erst nach der Vereinbarung der Rückgewähr oder des Erlasses eingetreten sind. Kauffeld
399
17.126
§ 17 Die stille Gesellschaft in der Insolvenz
Wird die stille Beteiligung als eigenkapitalähnlich qualifiziert, ist ein Rückgriff auf § 136 InsO nicht erforderlich, da stille Einlagen mit Eigenkapitalcharakter gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zurückgefordert werden können. Die Durchführung des Anfechtungsverfahrens liegt beim Insolvenzverwalter und bestimmt sich nach den §§ 129 ff. InsO. Der stille Gesellschafter muss das, was er aufgrund der anfechtbaren Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen erlangt hat, an die Insolvenzmasse zurückgewähren. Dafür leben seine Insolvenzforderungen wieder auf.
400 Kauffeld
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung Schrifttum: Bachmann, Gregor/Veil, Rüdiger, Grenzen atypischer stiller Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZIP 1999, 348; Balser, Heinrich/Bokelmann, Gunther/Piorreck, Friedrich/ Dostmann, Dieter/Kauffmann, Walter, Umwandlung – Verschmelzung – Vermögensübertragung, 1990; Blaurock, Uwe/Brandner, Gerd, Zum Übergang der stillen Beteiligung im Fall der Verschmelzung – Anmerkung zum Urteil des LG Bonn vom 15.2.2001 (14 O 54/00), EWiR 2001, 445 (446); Böttcher, Conrad/Zartmann, Hugo/Kandler, Götz, Wechsel der Unternehmensform, 4. Aufl. 1982; Brandmüller, Gerhard, Die Betriebsaufspaltung nach Handels- und Steuerrecht, 7. Aufl. 1997; Crezelius, Georg, Stille Beteiligungen und Unterbeteiligungen bei Umstrukturierungen, in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229; Eidenmüller, Horst (Hrsg.), Ausländische Kapitalgesellschaften im deutschen Recht, 2004; Erkens, Michael, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen bei der Unternehmensübertragung und Unternehmensumwandlung – Eine Untersuchung zur stillen Gesellschaft und zur Unterbeteiligung, Diss. Frankfurt, 2000; Felix, Günther, Gesellschafterwechsel infolge der Umwandlung einer GmbH auf eine Personengesellschaft oder einen Gesellschafter als Einzelunternehmer, BB 1987, 1265; Flume, Werner, Die werdende juristische Person, in Festschrift für Ernst Geßler zum 65. Geburtstag, 1970, S. 3; Fritz, Michael, Die Spaltung von Kapitalgesellschaften – Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, Reformvorschläge –, 1991; Geck, Reinhard, Die Spaltung von Unternehmen nach dem neuen Umwandlungsrecht, DStR 1995, 416; Goutier, Klaus/Knopf, Rüdiger/Tulloch, Anthony, Kommentar zum Umwandlungsrecht – Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz –, 1996; Grünwald, Alfons, Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung – Der Rechtsübergang bei unternehmensrechtlichen Strukturmaßnahmen, 1996; Heidenhain, Martin, Sonderrechtsnachfolge bei der Spaltung, ZIP 1995, 801; Heidenhain, Martin, Spaltungsvertrag und Spaltungsplan, NJW 1995, 2873; Heiss, Manuela, Die Spaltung von Unternehmen im deutschen Gesellschaftsrecht, Diss. Köln, 1994; Hennrichs, Joachim, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen einschließlich Verschmelzung und Spaltung, 1995; Hennrichs, Joachim, Zum Formwechsel und zur Spaltung nach dem neuen Umwandlungsgesetz, ZIP 1995, 794; Hirte, Heribert/Bücker, Thomas (Hrsg.), Grenzüberschreitende Gesellschaften, 2. Aufl. 2006; Hüffer, Uwe, Der Schutz besonderer Rechte in der Verschmelzung, in Festschrift für Marcus Lutter zum 70. Geburtstag, 2000, S. 1227; Jung, Peter, Die stille Gesellschaft in der Spaltung, ZIP 1996, 1734; Krause, Nils/Kulpa, Norman, Grenzüberschreitende Verschmelzungen – Vor dem Hintergrund der „Sevic“-Entscheidung und der Reform des deutschen Umwandlungsrechts –, ZHR 171 (2007), 38; Lehmann, Karl, Umwandlungen handelsrechtlicher Unternehmungsformen, ZHR 50 (1901), 1; Lutter, Marcus (Hrsg.), Kölner Umwandlungsrechtstage: Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, 1995; Manz, Gerhard/ Mayer, Barbara/Schröder, Albert, Europäische Aktiengesellschaft SE, 2. Aufl. 2010; Mayer, Dieter, Erste Zweifelsfragen bei der Unternehmensspaltung, DB 1995, 861; Mertens, Kai, Umwandlung und Universalsukzession – Die Reform von Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung und Formwechsel, Diss. Kiel, 1993; Mertens, Kai, Zur Universalsukzession in einem neuen Umwandlungsrecht, AG 1994, 66; Mertens, Kai, Die stille Beteiligung an der GmbH und ihre Überleitung bei Umwandlungen in die AG, AG 2000, 32; Müller, Hans-Friedrich, Internationalisierung des deutschen Umwandlungsrechts – Die Regelung der grenzüberschreitenden Verschmelzung, ZIP 2007, 1081; Neuner, Kurt, Verschmelzung beendet ipso iure die stille Gesellschaft?, ÖStZ 1996, 69; Neye, Hans-Werner/Timm, Birte, Mehr Mobilität für die GmbH in Europa – Das neue Recht der grenzüberschreitenden Verschmelzungen, GmbHR 2007, 561; Orth, Manfred, Umwandlung durch Anwachsung (Teil 1), DStR 1999, 1011; Schmidt, Karsten, Umwandlung stiller Beteiligungen in GmbH-Geschäftsanteile – Überlegungen nach dem Urteil des BGH vom 3.11.2015 – II ZR 13/14, NZG 2015 1396, NZG 2016, 4; Schulze zur Wiesche, Dieter, Beendigung einer GmbH & Still, GmbHR 1984, 320; Schürnbrand, Jan, Gewinnbezogene Schuldtitel in der Umstrukturierung, ZHR 173 (2009), 689; Schwarz, Hansjürgen, Umwandlung mittelständischer Unternehmen im Handels- und Steuerrecht – Erläuterungen zum neuen UmwG und UmwStG mit Hinweisen zur Wahl der optimalen Rechtsform, 1995; Schwedhelm, Rolf, Die Unternehmensumwandlung – Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel, Einbringung, 8. Aufl. 2016; Sedlmayer, Eleonore, Stiller Gesellschafter in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, DNotZ
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung 2003, 611; Semler, Johannes, Vorfinanzierung zukünftigen Aktienkapitals durch stille Gesellschaften, in Festschrift für W. Werner, 1984, S. 855; Stern, Elisabeth, Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und Stille Beteiligung, ÖJZ 1997, 87; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Die stille Beteiligung bei Umwandlung des „Hauptunternehmens“ in eine GmbH oder GmbH & Co, GmbHR 1981, 235; Teichmann, Arndt, Die Spaltung von Rechtsträgern als Akt der Vermögensübertragung, ZGR 1993, 396; Theil, Clemens, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung und Unterbeteiligung bei der Umwandlung des Unternehmens, 1982; Weng, Barbara, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, insbesondere der Verschmelzung, Diss. Tübingen, 2007; Westermann, Harm Peter, Die versteckte stille Gesellschaft, in Festschrift für Peter Ulmer zum 70. Geburtstag, 2003, S. 657; Windbichler, Christine, Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters – Besprechung der Entscheidung BGH WM 1987, 1193, ZGR 1989, 434; Winter, Martin, Die Rechtsstellung des stillen Gesellschafters in der Verschmelzung des Geschäftsinhabers, in Festschrift für Martin Peltzer zum 70. Geburtstag, 2001, S. 645.
18.1 Der klassische Weg der Umstrukturierung ist der der Unternehmensübertragung mittels Einzelübertragung sämtlicher Aktiva und Passiva. Hierbei bleibt der rechtliche Bestand des übertragenden Rechtsträgers unverändert, nur das von ihm betriebene Unternehmen, d.h. die Summe der Aktiva und Passiva, wird übertragen (vgl. hierzu auch Rz. 12.15 ff.). Da dieser Weg aufwendig und kompliziert ist, da insbesondere die jeweiligen Besonderheiten der Einzelrechtsübertragung beachtet werden müssen, wurden allmählich durch eine Reihe von gesetzlichen Einzelmaßnahmen Sondervorschriften eingeführt. Eine ausdrückliche Regelung zur stillen Gesellschaft in der Umwandlung ist im UmwG nicht enthalten. Die Neuregelung mit dem Ziel einer Ausweitung und Erleichterung von Umwandlungen hat jedoch die Stellung des stillen Gesellschafters insgesamt geschwächt1.
I. Die stille Gesellschaft und die Umwandlung des Geschäftsinhabers
18.2 Bei der Erörterung der möglichen Fallkonstellationen muss einerseits zwischen der klassischen Unternehmensübertragung und den wichtigsten Umwandlungsformen nach dem UmwG (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) unterschieden und andererseits nach der Rolle des Geschäftsinhabers im Umwandlungsprozess (übertragender Rechtsträger, übernehmender Rechtsträger) differenziert werden. 1. Stille Gesellschaft und klassische Unternehmensübertragung des Geschäftsinhabers
18.3 Das kaufmännische Unternehmen kann außerhalb des Umwandlungsgesetzes nicht als solches übertragen werden2. Vielmehr erfordert der sachenrechtliche Spezialitätsgrundsatz die Einzelübertragung jedes sonderrechtsfähigen Gegenstandes. Daher gehen bei der Unternehmensübertragung im klassischen Sinn nur die ausdrücklich bezeichneten Gegenstände auf den Erwerber über, wobei die individuellen Übertragungstatbestände und jeweiligen Formvorschriften zu beachten sind. Soll auch das
1 Vgl. Jung, ZIP 1996, 1734. 2 Nur das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft kann die Vermögensgesamtheit der Unternehmensgegenstände als Einheit erfassen.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
stille Gesellschaftsverhältnis auf den neuen Unternehmensinhaber übergehen, so sind dessen Übertragungsvoraussetzungen einzuhalten1. a) Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Unternehmensübertragung Eine Mitwirkung des stillen Gesellschafters zu einer wirksamen Unternehmensübertragung im Außenverhältnis ist nicht notwendig. Die Unternehmensübertragung durch den Geschäftsinhaber stellt zwar ein Grundlagengeschäft dar. Trotzdem hat der Stille im Außenverhältnis keinen Einfluss darauf, da er von der Unternehmensführung ausgeschlossen ist und es selbst bei Grundlagengeschäften seiner Mitwirkung im Außenverhältnis nicht bedarf2. Das gilt selbst dann, wenn die Einlage des Stillen als Sacheinlage erbracht wurde, da auch diese in das Alleinvermögen des Geschäftsinhabers übergeht und daher in dessen alleinige Verfügungsbefugnis fällt3.
18.4
Im Innenverhältnis ist die Zustimmung des Stillen stets zwingend erforderlich, und nur ausnahmsweise kann eine Zustimmungspflicht des Stillen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht bei Vorliegen besonderer Umstände bestehen4. Eine ohne Zustimmung erfolgte Übertragung des Unternehmens ist dem Stillen gegenüber pflichtwidrig, da damit die Erfüllung des stillen Gesellschaftsvertrags vereitelt wird. Um sich korrekt zu verhalten, muss der Geschäftsinhaber das stille Gesellschaftsverhältnis vor der geplanten Unternehmensübertragung ordentlich kündigen.
18.5
Nimmt der Veräußerer von einer geplanten Unternehmensübertragung keinen Abstand, obwohl er die im Innenverhältnis notwendige Zustimmung des Stillen nicht erhalten kann, so kann der stille Gesellschafter die Unternehmensveräußerung bzw. -übertragung gegebenenfalls im Klagewege verhindern. Bei Grundlagengeschäften wie Aufgabe, Übertragung oder Umwandlung kann er eine Klage auf Fortführung des Unternehmens bzw. auf Unterlassen der jeweiligen Maßnahme erheben5. Die Pflicht zur vertragsgemäßen Führung des Unternehmens begründet Erfüllungsansprüche und kann durch Leistungsklage oder einstweilige Verfügung durchgesetzt werden. Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach § 888 Abs. 1 ZPO. § 888 Abs. 3 ZPO ist als Ausnahmevorschrift zu § 888 Abs. 1 ZPO nur auf Dienstleistungen anwendbar, nicht auch entsprechend auf Leistungspflichten aus einem stillen Gesellschaftsverhältnis6.
18.6
1 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 21; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 27; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 93. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 137, § 234 HGB Rz. 39; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 154; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 96. 3 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 230 ff. 4 Vgl. hierzu Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 31 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 Rz. 137; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 230 HGB Rz. 96. 5 So auch Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 151; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 156, 178; Seffer/Erhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 80 Rz. 22, die allerdings eine Vollstreckbarkeit ablehnen; a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 38, der dem stillen Gesellschafter lediglich Schadensersatzansprüche gewährt. 6 A.A. Seffer/Ehrhardt in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 80 Rd. 22; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 210; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 230 HGB Rz. 54, die eine Vollstreckungsmöglichkeit ablehnen.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
b) Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Überleitung des stillen Gesellschaftsverhältnisses auf den neuen Unternehmensträger
18.7 Schließt der veräußernde Unternehmensträger mit dem Erwerber einen Vertrag, der die Verpflichtung zur Übertragung aller Aktiva und Passiva enthält, so verpflichtet sich der Geschäftsinhaber auch dazu, seinen Gesellschaftsanteil, d.h. seine Mitgliedschaft in der stillen Gesellschaft zu übertragen. Im Falle der Veräußerung des Handelsgeschäfts setzt sich das Gesellschaftsverhältnis jedoch nicht ohne Weiteres mit dem Erwerber fort. § 25 HGB findet auf die stille Beteiligung keine Anwendung1. Für den Eintritt des neuen Unternehmensinhabers in die gesellschaftsrechtliche Position des Veräußernden bedarf es daher einer gesonderten Übertragung dieser Gesellschafterstellung. Zur Wirksamkeit einer solchen Übertragung ist neben dem Einvernehmen von Alt- und Neuunternehmer das Einverständnis des stillen Gesellschafters erforderlich. Rechtstechnisch kann der erforderliche Konsens in einem dreiseitigen Vertrag zwischen allen Beteiligten oder in einer Vereinbarung zwischen dem veräußernden Geschäftsinhaber und dem Erwerber unter Zustimmung des stillen Gesellschafters hergestellt werden (Rz. 12.15). Hinsichtlich der schuldrechtlichen Bindung ist der Geschäftsinhaber im Verhältnis zum stillen Gesellschafter bei einer Veräußerung des Unternehmens als verpflichtet anzusehen, bei der Übertragung seiner Gesellschafterstellung auf Verlangen des Stillen mitzuwirken. Demgegenüber unterliegt grundsätzlich weder der stille Gesellschafter noch der Erwerber des Handelsgeschäfts einer rechtlichen Bindung, das Gesellschaftsverhältnis mit dem jeweils anderen fortzusetzen. Einschränkungen können sich aber namentlich für den stillen Gesellschafter aus seiner Treuebindung ergeben2.
18.8 Fehlt es am erforderlichen Einverständnis des stillen Gesellschafters oder des Erwerbers zur Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses, so tritt der neue Inhaber trotz erfolgter Geschäftsübernahme insoweit nicht in die Position des Veräußernden ein. Hinsichtlich des Gesellschaftsverhältnisses mit dem Altunternehmer wird teilweise angenommen, dieses werde wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks aufgelöst3. Dem ist jedoch nicht zuzustimmen, weil hierdurch dem stillen Gesellschafter die Möglichkeit genommen würde, die Fortführung des Handelsgeschäfts durch den früheren Geschäftsinhaber zu verlangen. An einem solchen Verlangen, gegebenenfalls auch an einer Geltendmachung durch Klageerhebung, kann der stille Gesellschafter ein Interesse haben. Die Weiterführung des Handelsgeschäfts und damit die Rückübertragung des Unternehmens sind auch nicht als grundsätzlich unmöglich anzusehen. Daher ist nicht Auflösung der stillen Gesellschaft gemäß § 726 BGB anzunehmen4, vielmehr bleibt dem stillen Gesellschafter die Wahl, ob er das Gesellschaftsverhältnis aus wichtigem Grunde kündigen oder die Fortführung des Unternehmens durch seinen Mitgesellschafter verlangen will5. Im Falle der Kün1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 39; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 93. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 39; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 93 f. 3 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 255. 4 A.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 63; differenzierend Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 202, der eine Auflösung nach § 726 BGB annimmt, wenn der Erwerber eine Rückübertragung strikt ablehnt. 5 Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (236); ähnlich K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 39.
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digung ist ihm sein Partner in der Regel zum Schadensersatz wegen Verletzung einer Vertragspflicht aus § 280 BGB verpflichtet. Gleiches gilt bei Weigerung der Fortführung, obwohl ihm diese möglich ist. Besteht keine Pflicht des Stillen, einem Gesellschafterwechsel zuzustimmen, so kann der Erwerber auch nicht auf Vertragserfüllung gegen den Veräußerer klagen, denn die Leistung – Übertragung des Anteils an der stillen Gesellschaft – ist mit der Verweigerung der Zustimmung des Stillen für den Veräußerer unmöglich geworden (§ 275 Abs. 1 BGB). Es kommt nur Schadensersatz in Betracht (§§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB).
18.9
c) Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn der Unternehmensübertragung Wird die stille Gesellschaft nicht mit dem Unternehmenserwerber fortgesetzt, so ist hinsichtlich der Beteiligung des stillen Gesellschafters am Veräußerungsgewinn danach zu differenzieren, aus welchem Grund es zur Auflösung des stillen Gesellschaftsverhältnisses kam. Erfolgt die Übertragung ohne Zustimmung des stillen Gesellschafters, so wird übereinstimmend vertreten, dass die Rechtsfolgen des im Innenverhältnis nicht gestatteten Geschäfts allein den Geschäftsinhaber treffen und der Stille nicht am entsprechenden Gewinn oder Verlust teilnimmt1. Liegt dessen Zustimmung zur Unternehmensübertragung vor, so ist umstritten, inwieweit der Stille nunmehr an dem Gewinn der Unternehmensübertragung teilnimmt2. Sieht man in dem Betrieb des Handelsgewerbes jegliche Nutzung des Unternehmens, so hat der Stille ein Recht darauf, an dem jeweiligen Gewinn zu partizipieren3. Diesem weiten „Nutzungsbegriff“ ist jedoch nicht zu folgen, da mit ihm die Grenzen zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft verwischt werden. Der Veräußerungsgewinn ergibt sich gerade nicht aus dem Betrieb des Handelsgewerbes. Dem Stillen ist nur der Gewinn zu ersetzen, der ihm bei ertragsmäßiger Fortführung des Geschäfts voraussichtlich zugeflossen wäre (vgl. Rz. 12.17).
18.10
2. Stille Gesellschaft und Verschmelzung des Geschäftsinhabers a) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger Die Besonderheit dieser Umwandlungsform besteht darin, dass sowohl bei der Verschmelzung durch Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG) als auch bei der Verschmelzung durch Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG) das Handelsgewerbe, an dem der Stille sich beteiligt hatte, mit der übernehmenden Gesellschaft im Wege der Universalsukzession vereinigt wird4. Ein Verbleib der stillen Gesellschaft bei dem alten Rechtsträger ist wegen dessen zwangsläufigen Erlöschens gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG ausgeschlossen5.
1 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 288; Roth in Baumbach/Hopt, § 232 HGB Rz. 2. 2 Dagegen Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 288; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 235 HGB Rz. 26; Harbarth in Großkomm/HGB, § 235 HGB Rz. 27; dafür Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 65; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 92 Rz. 13. 3 So Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 65. 4 Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140. 5 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 93; Blaurock/Brandner, EWIR 2001, 445 (446).
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18.11
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
Im Hinblick auf das Schicksal der stillen Beteiligung ist zwischen deren Übertragbarkeit überhaupt sowie der Zustimmungsbedürftigkeit im Außen- und Innenverhältnis zu unterscheiden. aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung
18.12 Die stille Beteiligung ist nach h.A. auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung als Gesamtheit im Rahmen der Verschmelzung übertragbar1. Dies folgt aus der in § 20 UmwG in Übereinstimmung mit dem alten Umwandlungsrecht angeordneten Gesamtrechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers2. Er tritt in die Rechte und Pflichten des Vorgängers umfassend ein. Teil des Vermögens des Geschäftsinhabers und damit Gegenstand der Gesamtrechtsnachfolge i.S. von § 20 UmwG ist der Gesellschaftsanteil des Geschäftsinhabers an der stillen Gesellschaft, d.h. die Mitgliedschaft des Geschäftsinhabers in der stillen Gesellschaft.
18.13 Bedenken gegen einen Übergang auch der Gesellschafterstellung auf den Nachfolger könnten sich allenfalls aus dem Umstand ergeben, dass das Gesetz für den wichtigsten Fall der Gesamtrechtsnachfolge, den Tod des Geschäftsinhabers, gerade nicht den Übergang der Mitgliedschaft auf den oder die Nachfolger, sondern die Auflösung der Gesellschaft anordnet (§ 727 Abs. 1 BGB)3. Ohne anders lautende gesellschaftsvertragliche Vereinbarung wäre dementsprechend der Übergang der Gesellschafterstellung des Geschäftsinhabers bei Umwandlung nicht möglich, wenn man diese dem gesetzlich geregelten Fall des Todes des Geschäftsinhabers gleichstellen wollte. Für eine solche Gleichstellung spricht der Umstand, dass mit dem Untergang des übertragenden Rechtsträgers und der Ersetzung durch den übernehmenden/neuen Rechtsträger eine für die stille Gesellschaft als personenbezogenes Beteiligungsverhältnis ähnlich fundamentale Veränderung eintritt wie beim Tode des Geschäftsinhabers. Ein Unterschied zu dem in § 727 Abs. 1 BGB geregelten Sachverhalt ergibt sich jedoch insoweit, als bei der Verschmelzung der alte Unternehmensträger in dem neuen aufgeht und gewissermaßen „fortlebt“. Somit besteht bei der Verschmelzung neben der wirtschaftlichen Kontinuität zumindest auch eine personelle Teilkontinuität4. Es widerspräche schließlich dem Ziel des Umwandlungsrechts, die Umwandlung durch Universalsukzession zu erleichtern, würde man ausgerechnet Gesellschaftsverhältnisse von der Gesamtrechtsnachfolge ausnehmen. Daher ist eine Gleichstellung der Verschmel-
1 So auch OLG Köln v. 26.10.2000 – 18 U 79/00, AG 2001, 426 (427); Harbarth in Großkomm/ HGB, § 234 HGB Rz. 101; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 31; Stern, ÖJZ 1997, 87 (91); Grünwald, Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung, S. 295, entgegen Stern, so wohl auch die h.L. in Österreich. A.A. öVwGH v. 19.9.1995, 95/14/0053, wonach die Verschmelzung zur automatischen Beendigung der stillen Gesellschaft führt; vgl. Neuner, ÖStZ 1996, 69. 2 Vgl. Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rz. 55 u. 68 und Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rz. 16; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 33, 59; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 53 ff., 87 ff. und 140; Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 273 f.; Sudhoff/ Sudhoff, GmbHR 1981, 235; Felix, BB 1987, 1265 (1268); Semler in FS Werner 1984, S. 862. 3 Hierzu auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 102. 4 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 96; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 11.
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zung mit dem Fall des Todes des Geschäftsinhabers nicht gerechtfertigt1. Die Alternative der Auflösung der stillen Gesellschaft ist schon deswegen nicht sachgerecht, weil dem stillen Gesellschafter auch dann die Möglichkeit genommen würde, das stille Beteiligungsverhältnis mit dem übernehmenden Rechtsträger fortzusetzen, wenn dies in seinem Interesse wäre2. Wird dagegen die stille Gesellschaft nach der Verschmelzung zunächst weiter fortgesetzt, so bleibt dem Stillen bei einer erheblichen Rechtsverletzung immer das Recht zur außerordentlichen Kündigung erhalten. bb) Informationspflichten des Geschäftsinhabers Das stille Beteiligungsverhältnis ist zur Information der Anteilsinhaber als Sonderrecht im Verschmelzungsbericht und Verschmelzungsvertrag zu erwähnen (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 und § 8 UmwG). Soweit jedoch das Bekanntwerden bestimmter Tatsachen über die stille Beteiligung zu unverhältnismäßigen Nachteilen führen würde, besteht ein Geheimnisschutz gemäß § 8 Abs. 2 UmwG. Von einer Veröffentlichung im Bericht kann abgesehen werden, wenn stattdessen die Gründe für den Geheimnisschutz genannt werden3.
18.14
Ist eine Geheimhaltung vereinbart oder hat der stille Gesellschafter ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse, dann kann er bei dennoch erfolgter Offenlegung im Verschmelzungsbericht wegen Beeinträchtigung seiner Rechte außerordentlich kündigen und gegebenenfalls Schadensersatz verlangen. Dieses Dilemma des Geschäftsinhabers, einerseits der Berichtspflicht nachzukommen und andererseits seine Verschwiegenheitsverpflichtung nicht zu verletzen, kann zu einer Einschränkung der Berichtspflicht insoweit führen, als der Name des stillen Gesellschafters nicht genannt zu werden braucht.
18.15
Wie ein Außengesellschafter hat auch der stille Gesellschafter ein Interesse daran, möglichst frühzeitig über die geplante Verschmelzung informiert zu werden. § 42 UmwG sieht bei der Verschmelzung von Personenhandelsgesellschaften vor, dass der Verschmelzungsvertrag oder sein Entwurf und der Verschmelzungsbericht den Gesellschaftern, die von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind, spätestens zusammen mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung zu übersenden sind. § 42 UmwG soll damit die Gesellschafter vorab informieren, damit sie ihr Stimmrecht bei der Beschlussfassung über den Verschmelzungsvertrag interessengerecht ausüben können. Eine entsprechende Anwendung von § 42 UmwG auf stille Beteiligungen ist interessengerecht, da auch der stille Gesellschafter von der Geschäftsführung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Ebenso wie für einen Außengesellschafter stellt die Verschmelzung für den stillen Gesellschafter ein zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft dar, wenngleich die Erklärung des Stillen keine Rechtswirkungen im Außenverhältnis entfaltet4.
18.16
1 Blaurock/Brandner, EWIR 2001, 445 (446); so auch Winter in FS Peltzer, S. 645 (649); Sedlmayer, DNotZ 2003, 611 (616); Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 102; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 11. 2 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 97. 3 Drygala in Lutter, § 8 UmwG Rz. 48; Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 8 UmwG Rz. 29 ff. 4 Anders Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 112, der eine grundsätzliche Zustimmungsbedürftigkeit der Verschmelzung im Innenverhältnis ablehnt und damit aufgrund fehlender Beteiligung des Stillen an der Umwandlung eine Analogie zu § 42 UmwG.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
Daher hat der Geschäftsinhaber den stillen Gesellschafter von dem Verschmelzungsvorhaben in jedem Fall in analoger Anwendung von § 42 UmwG spätestens mit der Einberufung der Gesellschafterversammlung zu unterrichten1. Eine Informationspflicht zu einem früheren Zeitpunkt kann sich aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ergeben, so etwa im Fall einer Publikation des Vertrags über die Errichtung der stillen Gesellschaft im Verschmelzungsbericht2. cc) Zustimmungsbedürftigkeit
18.17 Der Konflikt zwischen den Grundsätzen der Universalsukzession (automatische Fortsetzung des Beteiligungsverhältnisses mit dem neuen Geschäftsinhaber) und denjenigen des Rechts der stillen Gesellschaft (Zustimmungsbedürftigkeit bei Strukturänderungen im Handelsgewerbe) zeigt sich insbesondere bei der Frage der Notwendigkeit einer Zustimmung des Stillen zur Verschmelzung des Geschäftsinhabers. Hierbei ist zwischen dem Außenverhältnis und dem Innenverhältnis zu unterscheiden3.
18.18 Im Außenverhältnis, d.h. für die Rechtsverhältnisse zwischen dem übertragenden Träger des Handelsgewerbes bzw. dem Stillen und einem Dritten, ist die Übertragung der stillen Beteiligung im Rahmen einer Verschmelzung auch ohne Zustimmung des Stillen wirksam4. Dies gilt auch im Falle der Vereinbarung eines entsprechenden Zustimmungserfordernisses im Beteiligungsvertrag5 und bei einer Benachteiligung des Stillen durch den Verschmelzungsvertrag. Die Gegenauffassung ist mit dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit im Verschmelzungsvorgang, der sich durchaus auch als Vorgang zulasten Dritter erweisen kann6, nicht zu vereinbaren.
18.19 Dies ergibt sich aus den für das Außenverhältnis als abschließend gedachten Regelungen der Verschmelzungsvoraussetzungen im UmwG, nach denen lediglich eine Zustimmung der Anteilsinhaber zum Verschmelzungsvertrag gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG verlangt wird.
18.20 Darüber hinaus würde es der Zielsetzung des neuen Umwandlungsrechts, die Umwandlung zu erleichtern, widersprechen, wenn man über den Wortlaut des UmwG hinaus ein Zustimmungserfordernis des Stillen mit Außenwirkung aus allgemeinen
1 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 18. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 18. 3 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 30 ff.; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 230 HGB Rz. 205; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299 f.; Jung, ZIP 1996, 1734 (1736); Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231). 4 H.M., vgl. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 33; Harbarth in Großkomm/ HGB, § 234 HGB Rz. 106; Schnorbus in Rowedder/Schmidt-Leithoff, Anh. nach § 77 GmbHG Rz. 165; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299 f.; Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231); Winter in FS Peltzer, S. 645 (648); a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 274 (schwebende Unwirksamkeit). 5 Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rz. 68; Felix, BB 1987, 1265 (1267 f.); Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 Rz. 106; a.A. Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rz. 16, der allerdings nicht zwischen Außen- und Innenverhältnis unterscheidet und bei dem die Zustimmungsverweigerung nur zu einer Auflösung der stillen Gesellschaft, aber nicht zu einer Hinderung der Verschmelzung führt. 6 Vgl. dazu Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 99 ff.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
Grundsätzen des Zivilrechts herleiten würde. Denn Kern einer erleichterten Universalsukzession ist deren grundsätzlich autarke Umsetzung durch das Unternehmen ohne Mitwirkungsbefugnisse Dritter1. Für ein Zustimmungserfordernis mit einer die Verschmelzung gegebenenfalls hindernden Außenwirkung besteht schließlich angesichts des möglichen anderweitigen Schutzes des Stillen (siehe dazu Rz. 18.25 ff.) kein Bedürfnis. Der stille Gesellschafter gehört nicht zu den Anteilsinhabern i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 UmwG2. Die stille Beteiligung stellt vielmehr ein Sonderrecht i.S. von § 23 UmwG dar; hierfür spricht, dass die Rechtsposition des Stillen den in § 23 UmwG genannten Gewinnrechten nahe steht und insbesondere bei atypisch stillen Beteiligungen ein vergleichbares Schutzbedürfnis besteht3.
18.21
Im Innenverhältnis muss der Geschäftsinhaber jedoch regelmäßig die Zustimmung des Stillen zur Verschmelzung einholen4. Die Zustimmungsbedürftigkeit kann sich dabei bereits aus dem stillen Gesellschaftsvertrag ergeben5. Daneben besteht grundsätzlich eine Zustimmungsbedürftigkeit kraft Gesetzes6. Denn als ein die Organisation des Handelsgewerbes veränderndes und als außergewöhnliches Geschäft7, das die Belange des Stillen entscheidend berührt, gehört die Verschmelzung zu den zustimmungsbedürftigen Grundlagengeschäften. Diesem Ergebnis lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass sich das Gesetz für den Vorrang der Umwandlungsfreiheit des Rechtsträgers vor dem Schutz der Vertragsfreiheit Dritter entschlossen hat und somit die Gesamtrechtsnachfolge umfassend jegliche Mitwirkung bzw. Zustimmung Dritter zum Umwandlungsvorgang im Außen- wie auch im Innenverhältnis entbehrlich macht8. Denn Kern einer erleichterten Universalsukzession ist deren grundsätzlich autarke Umsetzung durch das Unternehmen ohne Mitwirkungsbefugnisse Dritter im Außenverhältnis. Der Freiheit zu einer autarken Entscheidung im Innenverhältnis hat sich der Geschäftsinhaber jedoch durch die Eingehung einer stillen Gesellschaft begeben. Der Grundsatz des Vorrangs der Umwandlungsfreiheit wird durch ein inter-
18.22
1 Dies bringt auch die Begründung zum Referentenentwurf, BMJ v. 15.4.1992 – III A 1 – 3501/1, S. 6, zum Ausdruck; vgl. auch Mertens, AG 1994, 66 (69) und Jung, ZIP 1996, 1734 (1736). 2 Vgl. dazu näher Jung, ZIP 1996, 1734 (1736). 3 Grunewald in Lutter, § 23 UmwG Rz. 20; Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/ UmwStG, § 23 UmwG Rz. 10; Winter in FS Peltzer, S. 645 (650 f.); Jung, ZIP 1996, 1734 (1738); Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 17; a.A. K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 35; Vossius in Widmann/Mayer, § 23 UmwG Rz. 11; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 23 UmwG Rz. 3 und Hüffer in FS Lutter, S. 1227 (1235 f.), die dem stillen Gesellschafter über die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) bzw. über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) helfen wollen. 4 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 13; Hüffer in FS Lutter, S. 1227 (1237); Sedlmayer, DNotZ 2003, 611 (618); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 55 f.; so auch für die mitgliedschaftliche atypische stille Gesellschaft K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 34; Winter in FS Peltzer, S. 645 (652 ff.); a.A. bei typischer stiller Beteiligung aber K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 33; Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 205; Winter in FS Peltzer, S. 645 (651 f.). 5 Vgl. zur Auslegung von derartigen Zustimmungsklauseln allgemein Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 118 f.; Mertens, AG 1994, 66 (72). 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 137. 7 Vgl. dazu BGH v. 25.9.1963 – V ZR 133/61, WM 1963, 1209 (1210); BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, WM 1987, 1193 (1194). 8 So aber Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 114.
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nes Zustimmungserfordernis, was immer auch vertraglich vereinbart werden könnte, nicht betroffen. Auch der Einwand, eine interne Zustimmungspflicht widerspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 23 UmwG, wonach ein Anspruch gegen den neuen Rechtsträger auf „Nachbesserung“ zustehe1, vermag nicht zu überzeugen; denn § 23 UmwG regelt so wie § 20 UmwG nur Fragen des Außenverhältnisses.
18.23 Entbehrlich ist die interne Zustimmung durch den stillen Gesellschafter nur dann, wenn deren Verweigerung unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, die auch bei stillen Publikumsgesellschaften besteht, rechtsmissbräuchlich wäre2. In einem solchen Fall kann sich der Stille sogar schadensersatzpflichtig machen. Eine Treuwidrigkeit dürfte aber nur selten vorliegen. Abzuwägen sind das haftungsrechtliche, steuerliche und geschäftspolitische Interesse des Stillen an der Fortführung des Handelsgewerbes durch den bisherigen Geschäftsinhaber und das Interesse des Geschäftsinhabers an der Durchführung der geplanten Umstrukturierungsmaßnahme. Treuwidrig kann die Zustimmungsverweigerung insbesondere dann sein, wenn die dem Stillen entstehenden Nachteile durch eine Vertragsanpassung ausgeglichen werden können. Denkbar ist auch, dass der Stille rechnungsförmig weiterhin an dem in dem neuen Unternehmensträger in der Regel fortbestehenden Geschäftsfeld des bisherigen Geschäftsinhabers beteiligt wird. Derartige Angebote des Unternehmensträgers zur Vertragsanpassung können daher die interne Zustimmungsbedürftigkeit entfallen lassen3. dd) Die Rechtslage bei Zustimmung des Stillen
18.24 Die Zustimmung des Stillen, die auch bereits vorab im Gesellschaftsvertrag erteilt werden kann, ist an keine besondere Form gebunden. Sie kann daher auch konkludent wie z.B. durch Fortführung der Geschäftsbeziehung erteilt werden4. Die Zustimmung enthält zugleich das Einverständnis mit der durch den Gesellschafterwechsel erforderlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags. Darüber hinaus steht es den Parteien frei, bereits vor Durchführung der Verschmelzung weitere Vertragsänderungen zur künftigen Absicherung des Stillen zu vereinbaren5. Daneben hat der Stille auch nach Eintragung der Verschmelzung einen Anspruch gegen den übernehmenden/neuen Rechtsträger6 auf Vertragsanpassung nach § 23 UmwG (sog. Verwässerungsschutz), denn der Stille zählt zu den durch § 23 UmwG geschützten Inhabern von Sonderrechten (siehe Rz. 18.21 ff.)7. Verweigert der Geschäftsinhaber eine angemessene Vertragsanpassung, steht dem Stillen das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zu8. Zweifelhaft ist, ob dem stillen Gesellschafter ein 1 2 3 4 5 6 7 8
So Winter in FS Peltzer, S. 645 (651). Vgl. dazu auch Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 205. Vgl. dazu insgesamt Jung, ZIP 1996, 1734 (1737). Vgl. zu den verschiedenen Formen der Zustimmung eingehend Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235. Vgl. auch Jung, ZIP 1996, 1734 (1738) und Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140 f. Für eine gesamtschuldnerische Haftung des übernehmenden und des übertragenden Rechtsträgers jedoch Heiss, Spaltung von Unternehmen im Deutschen Gesellschaftsrecht, S. 144. So auch Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 23 UmwG Rz. 5 u. 8; Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 23 UmwG Rz. 10 und Jung, ZIP 1996, 1738. So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 33; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 112.
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Anspruch auf Sicherheitsleistung für Altansprüche nach § 22 UmwG zustehen kann. Dies ist zu verneinen; die Stellung des stillen Gesellschafters, der eine Unternehmensbeteiligung hält, unterscheidet sich wesentlich von der Lage sonstiger Drittgläubiger.1 ee) Die Rechtslage bei fehlender Zustimmung des Stillen Wird die Zustimmung des Stillen nicht eingeholt, stellt sich zunächst die Frage, ob die stille Gesellschaft wegen Unmöglichkeit der Erreichung des Gesellschaftszwecks gemäß § 726 BGB aufzulösen ist2. Dies wird man aber nur dann annehmen können, wenn der Gesellschaftszweck auf das Betreiben eines genau umschriebenen Handelsgewerbes für gemeinsame Rechnung gerichtet war und das Handelsgewerbe des übernehmenden/neuen Rechtsträgers einen grundsätzlich anderen Charakter aufweist3.
18.25
Die Vertragsverletzung des Geschäftsinhabers bzw. die Nichtbeachtung des Mitwirkungsrechts des Stillen gibt diesem einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des stillen Gesellschaftsvertrags gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger (§ 723 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB). Der stille Gesellschafter muss sich dabei nicht auf eine ansonsten vorrangige Anpassung des Gesellschaftsvertrags gemäß § 23 UmwG verweisen lassen4.
18.26
Darüber hinaus hat der Stille einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher ihm durch die Verschmelzung entstehenden Schäden. Dieser Anspruch wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem stillen Gesellschaftsvertrag richtet sich wie der Auseinandersetzungsanspruch gegen den übernehmenden Rechtsträger5, da die Fiktion des Fortbestehens des übertragenden Rechtsträgers nach § 25 Abs. 2 UmwG entgegen dem weiter gefassten Wortlaut der Vorschrift nicht auf Ansprüche Dritter gegen den übertragenden Rechtsträger anwendbar ist6. Die Mitglieder der Vertretungs- und Aufsichtsorgane haften dem Stillen, sofern sie ihre Pflichten zur Prüfung der Vermögenslage der Rechtsträger und beim Abschluss des Verschmelzungsvertrages verletzt haben (vgl. § 25 Abs. 1 UmwG). § 25 Abs. 1 UmwG erfasst jedoch nicht Pflichtverletzungen aus sonstigen vertragsrechtlichen Verhältnissen7 und damit auch nicht die Missachtung eines internen Zustimmungsvorbehalts zugunsten des Stillen. Auch wenn der Anspruch auf Naturalrestitution gerichtet ist8 und der Stille daher so zu stellen ist, als
18.27
1 Jung, ZIP 1996, 1734 (1738); a.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 108; Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 80. 2 Gegen eine Auflösung Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299 f.; grundsätzlich ablehnend auch Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 140 und Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 273 f.; für eine mögliche Auflösung im Falle einer Umwandlung nach § 56a UmwG a.F. Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231 f.). 3 So auch Jung, ZIP 1996, 1734 (1738); Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 103. 4 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 40; Mock in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 234 HGB Rz. 32; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 112; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299 f.; Jung, ZIP 1996, 1734 (1738) und Crezelius in Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1992/93, 229 (231 f.). 5 Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 125. 6 Grunewald in Lutter, § 25 UmwG Rz. 28 m.w.N. 7 Grunewald in Lutter, § 25 UmwG Rz. 11. 8 Vgl. dazu auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 299.
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sei die Verschmelzung nicht vorgenommen worden1, ist damit keine Rückgängigmachung der Verschmelzung verbunden. Die Verschmelzung genießt vielmehr nach außen Bestandsschutz (vgl. auch § 20 Abs. 2 UmwG)2. ff) Rechtsformabhängiges Zustimmungserfordernis des übernehmenden Rechtsträgers
18.28 Handelt es sich bei dem übernehmenden Rechtsträger um eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien, stellt die typische wie atypische stille Gesellschaft einen Teilgewinnabführungsvertrag i.S. von § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG dar (vgl. hierzu auch Rz. 8.18 ff.). Diese bedürfen gemäß § 293 AktG der Zustimmung der Hauptversammlung mit mindestens Dreiviertelmehrheit. Der Verschmelzungsbeschluss, der nach § 65 Abs. 1 UmwG ebenfalls mindestens einer Dreiviertelmehrheit bedarf, enthält dann – vorbehaltlich besonderer satzungsmäßiger Erfordernisse nach § 293 Abs. 1 Satz 3 AktG – gleichzeitig die Zustimmung der Hauptversammlung zum stillen Gesellschaftsverhältnis. Unterbleibt jedoch in den Fällen des § 62 Abs. 1 UmwG, in denen die übernehmende Aktiengesellschaft bereits 90 % oder mehr des Kapitals einer übertragenden Kapitalgesellschaft hält und ein Verschmelzungsbeschluss damit nicht erforderlich ist, der Zustimmungsbeschluss zum stillen Gesellschaftsvertrag, stellt die mangelnde Zustimmung der Hauptversammlung der übernehmenden Gesellschaft keinen Auflösungsgrund dar. Die Vorschriften des UmwG, hier insbesondere § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, verdrängen die aktienrechtlichen Bestimmungen, da ansonsten entgegen der Konzeption des Gesetzes einzelne Rechtsverhältnisse nicht dem Grundprinzip der Universalsukzession unterliegen würden3. Eine Schutzbedürftigkeit besteht aufgrund des formalisierten Verfahrens und hinreichenden Schutzniveaus im UmwG nicht.
18.29 Handelt es sich beim übernehmenden Rechtsträger um eine GmbH, so besteht in der Regel kein entsprechendes Zustimmungserfordernis der Gesellschafter zum Abschluss eines typisch stillen Gesellschaftsvertrags, da es eine den §§ 292, 293 AktG entsprechende konzernrechtliche Norm im Recht der GmbH nicht gibt. Daher erfordert auch der Übergang auf eine übernehmende GmbH keine Zustimmung. Die organschaftliche Vertretungsmacht des Geschäftsführers gemäß § 35 GmbHG deckt bereits den Abschluss von typisch stillen Beteiligungsverträgen (hierzu eingehend Rz. 9.61). Zweifelhaft ist hingegen, ob auch dann kein Zustimmungserfordernis besteht, wenn eine atypische stille Beteiligung auf einen übernehmenden Rechtsträger in Rechtsform einer GmbH übergeht. Denn die Begründung einer atypisch stillen Beteiligung bedarf nach einhelliger Ansicht einer besonderen Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag oder, falls eine solche fehlt, der Zustimmung der GmbH-Gesellschafter, da Grundlagen des Gesellschaftsverhältnisses betroffen sind (vgl. Rz. 9.62)4. Es ist
1 Vgl. BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, WM 1987, 1193 (1194). 2 Dazu näher Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (238); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 300 und Jung, ZIP 1996, 1734 (1738). 3 So auch Winter in FS Peltzer, S. 645 (650); Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 105. 4 Horn in Heymann, § 230 HGB Rz. 26; Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 82; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 115.
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dann allerdings umstritten, ob der Zustimmungsbeschluss einstimmig gefasst werden muss1 oder zur Begründung einer solchen atypischen stillen Gesellschaft eine satzungsändernde Mehrheit gemäß § 53 Abs. 2 GmbHG2 genügt. Genügt eine satzungsändernde Mehrheit, so ist auch bei einer atypischen stillen Gesellschaft die Verschmelzung problemlos, da für den Verschmelzungsbeschluss einer übernehmenden GmbH gemäß §§ 13 Abs. 1, 50 Abs. 1 UmwG die gleiche Dreiviertelmehrheit der an der Beschlussfassung beteiligten Gesellschafter erforderlich ist. Fordert man Einstimmigkeit, so ist fraglich, ob trotzdem ein Verschmelzungsbeschluss mit Dreiviertelmehrheit der Stimmen für die Fortführung der stillen Gesellschaft genügt. Ebenso wie bei der Aktiengesellschaft widerspricht auch bei der GmbH die Auflösung der stillen Gesellschaft dem Grundsatz der Universalsukzession und dem umfangreichen Gläubigerschutz. Geht man von einem Einstimmigkeitserfordernis aus, könnten die beteiligten Rechtsträger die Umwandlung dazu nutzen, sich des stillen Gesellschafters zu entledigen, ohne dass dieser sich dagegen wehren könnte3. Auch würde das Erfordernis der Einstimmigkeit nicht praxisrelevant sein, da der Gesellschaftsvertrag nach § 53 Abs. 2 GmbHG mit qualifizierter Mehrheit dahingehend geändert werden kann, dass atypische stille Beteiligungen zugelassen werden und damit auch atypische stille Gesellschaften in jedem Fall fortzuführen wären. Man muss den Geschäftsführer der übernehmenden GmbH in diesem Fall als verpflichtet ansehen, einen entsprechenden satzungsändernden Beschluss der GmbH herbeizuführen, um so mögliche Schadensersatzansprüche des stillen Gesellschafters gegen den verschmelzenden Rechtsträger zu verhindern. Alles dies spricht bei der GmbH gegen das Einstimmigkeitserfordernis.
18.30
Ist die stille Beteiligung auf eine Kapitalgesellschaft übergegangen, stellt sich die Frage, ob eine Eintragung nach § 294 Abs. 1 AktG zu erfolgen hat. Zum Teil wird vertreten, die Eintragung der stillen Beteiligung sei konstitutiv; erfolge sie nicht, sei die stille Gesellschaft unwirksam und über die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft abzuwickeln4. Es sind vor allem zukünftige Gläubiger und Vertragspartner zu schützen. Dieses Ziel kann indessen erreicht werden, indem die Geschäftsleitung einem Registerzwang zur Anmeldung der stillen Beteiligung unterworfen wird5. Wegen § 294 Abs. 2 AktG wäre die stille Gesellschaft mit der Eintragung der Verschmelzung als schwebend unwirksam anzusehen bis zu ihrer Eintragung in das Register des übernehmenden Rechtsträgers. Die Annahme einer solchen (schwebenden) Unwirksamkeit lässt sich nicht mit dem Gedanken der Universalsukzession bei der Verschmelzung vereinbaren6.
18.31
1 So Horn in Heymann, § 230 HGB Rz. 24; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 115. 2 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 76 Rz. 82. 3 So richtig Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 130. 4 Mertens, AG 2000, 32 (38); so auch noch die 6. Aufl., Rz. 18.52. 5 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 15; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 105; Westermann in FS Ulmer, S. 657 (671 f.); Winter in FS Peltzer, S. 645 (650); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 108. 6 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 15; Westermann in FS Ulmer, S. 657 (671 f.); Winter in FS Peltzer, S. 645 (650); Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 108.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
18.32 Bei einer Personenhandelsgesellschaft als übernehmendem Rechtsträger erfordert die Zustimmung zum Verschmelzungsbeschluss grundsätzlich Einstimmigkeit. Daher ergibt sich auch dann kein weiteres Zustimmungserfordernis, wenn dem Stillen bei Eingehung des Beteiligungsverhältnisses in vermögensrechtlicher oder organisatorischer Hinsicht einem Kommanditisten vergleichbare Rechte eingeräumt werden, was als Sozialakt grundsätzlich die einstimmige Beschlussfassung aller Gesellschafter erfordert1. Wurde von § 43 Abs. 2 UmwG Gebrauch gemacht und sieht eine gesellschaftsrechtliche Mehrheitsklausel eine Dreiviertelmehrheit für den Verschmelzungsbeschluss vor, so reicht diese Mehrheit auch für den Übergang des stillen Beteiligungsverhältnisses auf die übernehmende Personenhandelsgesellschaft aus. Eine entsprechende Satzungsbestimmung ist dahingehend auszulegen, dass mit ihr nicht nur für den Umwandlungsbeschluss, sondern bei der Umwandlung generell auf jede anderweitig notwendige Einstimmigkeit verzichtet wurde.
18.33 Erst recht bedarf die Übernahme von typisch stillen Beteiligungsverträgen keiner Zustimmung der Gesellschafter, da bereits deren Begründung für diese keinen Sozialakt darstellt, an dem alle Gesellschafter teilnehmen müssen. Daher kann auch die Fortführung der Beteiligungsverhältnisse nach Übergang im Wege der Universalsukzession durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter erfolgen. Folglich bestehen sowohl typische als auch atypische stille Gesellschaften in jedem Fall an der übernehmenden Personenhandelsgesellschaft fort2. b) Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger
18.34 Grundsätzlich gilt in diesen Fällen das unter Rz. 18.17 ff. Ausgeführte entsprechend. Auch hier besteht eine Zustimmungsbedürftigkeit nur im Innenverhältnis, die gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht einzuschränken ist. Da der Verwässerungsschutz des § 23 UmwG nur bei stillen Beteiligungen an dem übertragenden Rechtsträger eingreift, ist das Zustimmungserfordernis für den Schutz des Stillen von besonderer Bedeutung3. Auch für die Rechtsfolgen bei fehlender Zustimmung des Stillen gilt das bereits Gesagte (Rz. 18.25 ff.). Andererseits steht dem übernehmenden Geschäftsinhaber bei einer Besserstellung des Stillen regelmäßig kein Anspruch auf Anpassung des stillen Gesellschaftsvertrags zu4. 3. Stille Gesellschaft und Spaltung des Geschäftsinhabers
18.35 Die in den §§ 123 ff. UmwG geregelte Spaltung vollzieht sich grundsätzlich nach den Verschmelzungsvorschriften (§ 125 UmwG). Allerdings hat der Gesetzgeber die für die Spaltung charakteristische partielle Universalsukzession zum Teil den Regeln über die Singularsukzession unterstellt (§§ 126 Abs. 1 Nr. 9, 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Hieraus entstehen zahlreiche Rechtsprobleme5.
1 2 3 4 5
K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 112. So zutreffend Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 132. Dazu Jung, ZIP 1996, 1734 (1739). Dazu näher Jung, ZIP 1996, 1734 (1739). Vgl. dazu eingehend Jung, ZIP 1996, 1734.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
a) Stille Beteiligung am übertragenden Rechtsträger aa) Die prinzipielle Übertragbarkeit der stillen Beteiligung in der Spaltung Das stille Beteiligungsverhältnis ist im Rahmen der bei der Spaltung eintretenden partiellen Universalsukzession (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) als Ganzes übertragbar1. Dem Übergang steht dabei der missglückte Wortlaut des § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG nicht entgegen. Das Vertragsverhältnis der stillen Gesellschaft als einer Gesamtheit von Rechten und Pflichten sollte ebenfalls zu den Gegenständen i.S. des § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG gehören2, obwohl dort offenbar bewusst3 nur von „Gegenständen des Aktivund Passivvermögens“ ganz i.S. der zu § 90 BGB entwickelten Begriffsdefinition die Rede ist.
18.36
Richtigerweise ist unter den Begriff der Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens alles das zu fassen, was nach dem Willen der Parteien aufzuteilen und grundsätzlich im Wege einer Universalsukzession übertragbar ist. Die Aktivierungs- bzw. Passivierungsfähigkeit der jeweiligen Gegenstände nach Rechnungslegungsgrundsätzen spielt dabei keine Rolle4. Gegenstände in diesem weiten Sinne sind daher u.a. neben den der stillen Gesellschaft ähnlichen (Teil)-Gewinnabführungsverträgen auch Gesellschaftsverhältnisse als solche5.
18.37
Ein Grund, die Gesellschaftsverhältnisse einschließlich der stillen Gesellschaft im Gegensatz zu den anderen Vertragsverhältnissen und im Gegensatz zur Verschmelzung nicht an der (partiellen) Universalsukzession teilhaben zu lassen, ist nicht ersichtlich6. Angesichts des gesetzgeberischen Ziels, die Spaltung durch Universalsukzession zu erleichtern, entspricht es nicht dem Willen des Gesetzgebers, ohne ausdrückliche Regelung gerade die wichtigen (gesellschaftsrechtlichen) Vertragsverhältnisse einschließlich des stillen Beteiligungsverhältnisses von der Rechtsnachfolge auszunehmen und die übertragende Rechtsträgerin auf die unvollständige wie umständliche Einzelübertragung der Vertragsrechte und -pflichten zu verweisen7. Ein Verbleib der stillen Gesellschaft wie anderer Vertragsverhältnisse beim übertragenden Rechtsträger ist zudem nur bei dessen Fortbestand und damit allein in den Fällen der Abspaltung und Ausgliederung denkbar.
18.38
bb) Information des Stillen und Zustimmungsbedürftigkeit Was die Information des Stillen von der Spaltung betrifft, kann auf die Ausführungen zur Verschmelzung (Rz. 18.14 ff.) verwiesen werden. 1 So auch Jung, ZIP 1996, 1734 und implizit Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2877 f.). 2 So auch Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2877 f.); Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 115; ebenso Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 140; Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 113 ff. 3 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 12/6699, S. 118. 4 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 12/6699, S. 118; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG, § 126 UmwG Rz. 68; Heidenhain, NJW 1995, 2873 (2876). 5 Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 126 UmwG Rz. 91; Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 125 ff. 6 Für einen Gleichlauf zwischen Verschmelzung und Spaltung beim Übergang von Mitgliedschaften in Personengesellschaften auch Heidenhain, ZIP 1995, 801 (803 f.); vgl. auch Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 146 ff. 7 Vgl. auch Hennrichs, Formwechsel und Gesamtrechtsnachfolge bei Umwandlungen, S. 125 ff.
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18.39
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
18.40 Früher war unklar, ob die stille Gesellschaft nach dem neuen Umwandlungsrecht wie andere Vertragsverhältnisse1 im Wege der partiellen Universalsukzession automatisch auch ohne Zustimmung des Stillen übergeht. Seit der Aufhebung von § 132 UmwG durch das 2. Änderungsgesetz vom 19.4.20072 ist jedoch die Rechtslage dahin geklärt, dass es auf die Zustimmung des Stillen nicht mehr ankommt. b) Stille Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger
18.41 Hinsichtlich der stillen Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger in der Spaltung kann auf die Ausführungen unter Rz. 18.34 verwiesen werden, da für den übernehmenden Rechtsträger keinerlei Unterschiede zwischen Verschmelzung und Spaltung bestehen. 4. Stille Beteiligung und Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft
18.42 Die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft kann nur noch gemäß §§ 152 ff. UmwG durch (teilweise) Ausgliederung zur Aufnahme bzw. Neugründung durchgeführt werden. Hierdurch kann der Einzelkaufmann sein Unternehmen oder einen Teil desselben im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge entweder auf eine bestehende Personenhandelsgesellschaft, Kapitalgesellschaft bzw. eingetragene Genossenschaft (Ausgliederung zur Aufnahme) oder eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft (Ausgliederung zur Neugründung) übertragen. Dies erleichtert ihm insbesondere die Einbringung seines Unternehmens als Sacheinlage, die bislang nur durch Einzelübertragung erfolgen konnte3. Für diese Variante des Formwechsels gelten die Ausführungen zur stillen Beteiligung in der Spaltung (Rz. 18.35 ff.)4 entsprechend. 5. Stille Gesellschaft und Formwechsel des Geschäftsinhabers
18.43 Der Formwechsel von Unternehmen ist in den §§ 190 bis 304 UmwG weitgehend eigenständig, umfassend und grundsätzlich abschließend geregelt. Verweise auf das Verschmelzungsrecht finden sich nur vereinzelt. Im Gegensatz zur Verschmelzung und Spaltung handelt es sich bei einem Formwechsel um einen rein gesellschaftsinternen Organisationsakt des Trägers des Handelsgewerbes, bei dem keine Vermögensübertragung auf einen anderen Rechtsträger stattfindet und grundsätzlich5 kein Gesellschafterwechsel erfolgt. Neben den im Umwandlungsgesetz geregelten
1 Für den Übergang von Vertragsverhältnissen allgemein: Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 126 UmwG Rz. 97; für eine Zustimmungsbedürftigkeit jedoch Mertens, AG 1994, 66 (72), der (auf der Basis der § 126 Abs. 2 und 131 Abs. 1 Nr. 1 des Referentenentwurfs zum UmwG) bei der Übertragung von Vertragsverhältnissen allgemein die Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner für erforderlich hält. 2 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I 2007, 542. 3 Vgl. die Gesetzesbegründung zu § 152 UmwG, BT-Drucks. 12/6699, S. 128. 4 Vgl. dazu auch Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 152 UmwG Rz. 31. 5 Ausnahmen bestehen beim Formwechsel auf eine KGaA (§ 233 Abs. 3 Satz 3 UmwG) und einen VVaG (§§ 291 ff. UmwG).
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
Formwechseln (Rz. 18.44 ff.) bestehen aber auch noch zwei weitere Möglichkeiten eines Formwechsels (Rz. 18.50 f.). a) Formwechsel im Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes Das Umwandlungsrecht ist bestrebt, einer Handelsgesellschaft grundsätzlich alle denkbaren Formwechsel ohne Vermögensübertragung zu ermöglichen1. Zwar bedarf der durch Beschluss der Gesellschafter gemäß § 193 Abs. 1 UmwG herbeizuführende Formwechsel nach § 233 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 50 Abs. 2 UmwG und § 241 Abs. 2 UmwG i.V.m. § 50 Abs. 2 UmwG der Zustimmung von Gesellschaftern, die besondere Rechte in der Gesellschaft innehaben und diese aufgrund des Formwechsels zu verlieren drohen. Wie bereits dargelegt (Rz. 18.21), gehört der stille Gesellschafter jedoch nicht zu den Gesellschaftern i.S. der genannten Vorschriften. Der Stille ist auch hier im Außenverhältnis allein durch die von § 204 UmwG für anwendbar erklärte Regelung des § 23 UmwG (Rz. 18.24) und die Schadensersatzvorschrift des § 205 UmwG, der § 25 UmwG (Rz. 18.27) entspricht, geschützt. Nicht nur bei atypisch stillen Beteiligungen besteht zudem ein internes Zustimmungserfordernis2.
18.44
Der Stille ist von dem geplanten Formwechsel in entsprechender Anwendung der für die Anteilsinhaber geltenden §§ 216, 230 Abs. 1, 238, 251 Abs. 1 UmwG zu informieren3. Außerdem kann er wegen des Vorliegens wichtiger Gründe die gerichtliche Anordnung von Auskünften und die Vorlage notwendiger Dokumente begehren (§ 233 Abs. 3 HGB). Ebenso wie einem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter fehlt nämlich auch dem stillen Gesellschafter der Einblick in den Umwandlungsvorgang, so dass er sein internes Zustimmungsrecht nicht sachgerecht ausüben kann. Es bedarf daher einer vorherigen Information. Der Stille hat ferner aufgrund der genannten Vorschriften einen Anspruch auf Übersendung des Umwandlungsberichts, der in seinem Interesse auch dann erstellt werden muss, wenn er eigentlich gemäß § 192 Abs. 2 Satz 1 UmwG entbehrlich ist. Die stille Beteiligung ist außerdem zur Information der Gesellschafter im Umwandlungsbericht zu erwähnen4. Die für den Stillen im Zuge des Formwechsels gemäß § 23 UmwG vorgesehenen Maßnahmen sind schließlich gemäß § 194 Abs. 1 Nr. 5 UmwG in den Umwandlungsbeschluss aufzunehmen.
18.45
Der Formwechsel unter Kapitalgesellschaften (§§ 238 ff. UmwG) lässt die Identität des Unternehmensträgers und des Unternehmens unangetastet. Daher steht die Fort-
18.46
1 Zu den erweiterten Möglichkeiten des Formwechsels vgl. Sagasser/Luke in Sagasser/Bula/ Brünger, S. 1248 ff. 2 Weng, Die stille Gesellschaft in der Umwandlung des Geschäftsinhabers, S. 127; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 54 ff.; für die Beschränkung interner Zustimmungserfordernisse auf atypisch stille Beteiligte hingegen Schürnbrand, ZHR 173 (2009), 689 (701 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 32; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 113 und Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 87 Rz. 30; vgl. zur Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis beim Formwechsel K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 137 und Sudhoff, GmbHR 1981, 235 (236). 3 Ebenso wie bei der Verschmelzung im Hinblick auf § 42 UmwG lehnt auch hier Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 194, eine analoge Anwendbarkeit ab, obwohl auch er beim Formwechsel (S. 196) ein internes Zustimmungserfordernis für erforderlich hält. 4 A.A. Erkens, Die mittelbaren Unternehmensbeteiligungen, S. 193.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
setzung der stillen Gesellschaft nicht in Frage1, auch wenn § 202 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG nur den Fortbestand der Beteiligungen der Anteilsinhaber betrifft. Der Stille hat dabei einen Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 23 UmwG. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung (vgl. dazu auch Rz. 18.26) ist nur anzunehmen, wenn ein im Gesellschaftsvertrag vorgesehenes Zustimmungserfordernis missachtet wurde oder die Rechte und Interessen des Stillen durch den Formwechsel nicht unwesentlich beeinträchtigt werden2. Wann ein solcher Sachverhalt vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls3. In Betracht kommt schließlich auch die subsidiäre deliktsähnliche Haftung der handelnden Organe des formwechselnden Unternehmensträgers gemäß § 205 UmwG für sämtliche aus einem schuldhaft fehlerhaften Umwandlungsbericht bzw. Umwandlungsbeschluss dem Stillen entstehenden Nachteile4. Insoweit ist der Stille den nach dieser Vorschrift anspruchsberechtigten Gesellschaftsgläubigern gleichzustellen. Die schuldhafte Missachtung des nur zwischen dem Unternehmensträger und dem Stillen bestehenden vertraglichen Zustimmungserfordernisses führt jedoch nicht zu einer Haftung der Organe des Unternehmensträgers aufgrund der nur für umwandlungsrechtliche Pflichtverstöße geschaffenen Norm. In den seltenen Fällen anderweitiger schädigender Pflichtverletzung bleibt die Haftung andererseits aber auch bei einer Zustimmung des Stillen zum Formwechsel unberührt5.
18.47 Auch der Formwechsel unter Kapitalgesellschaften (§§ 238 ff. UmwG) hat trotz der Identität des Unternehmensträgers und des Unternehmens das Publizitätserfordernis des § 294 AktG zu berücksichtigen. Wandelt sich eine GmbH in eine Aktiengesellschaft um, so sind vor allem zukünftige Gläubiger und Vertragspartner zu schützen. Eine unterschiedliche Behandlung von Aktiengesellschaften, die durch reguläre Gründung entstanden sind, zu solchen, die aus einem Formwechsel hervorgehen, kann beim Publizitätserfordernis nicht gerechtfertigt sein. Es gilt daher der Grundsatz der Diskontinuität der Rechtsform, d.h. es müssen bei der Fortsetzung der Rechtsbeziehungen nach Formwechsel die für die neue Rechtsform maßgeblichen Vorschriften beachtet werden. Hierzu gehört auch § 294 Abs. 1 AktG. Die Eintragung wirkt dabei aber lediglich deklaratorisch (vgl. Rz. 18.31).
18.48 Beim Formwechsel einer Personenhandelsgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft und umgekehrt (§§ 214 ff., 228 ff. UmwG) gilt hinsichtlich des stillen Beteiligungsverhältnisses die gleiche Regelung wie für den Formwechsel unter Kapitalgesellschaften. Bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine GbR kann die stille Gesellschaft in Ermangelung eines Handelsgewerbes lediglich als eine solche des bürgerlichen Rechts6 fortgeführt werden.
1 Horn in Heymann, § 234 HGB Rz. 28; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 31; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 54. 2 So auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 31. 3 Dannecker in Großkomm/HGB, 4. Aufl. 2004 § 335 HGB Rz. 47; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, § 234 HGB Rz. 31; Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 54. 4 Zu Einzelheiten dieses Schadensersatztatbestandes vgl. Laumann in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 205 UmwG Rz. 4 ff. 5 Laumann in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 205 UmwG Rz. 14. 6 Vgl. dazu Schücking in MünchHdb.GesR Bd. 1, § 3 Rz. 48.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
b) Im Umwandlungsgesetz nicht geregelte Formwechsel Das in § 1 Abs. 2 UmwG enthaltene Analogieverbot hat nicht zur Folge, dass die nach dem früheren Recht möglichen, im Umwandlungsgesetz jedoch nicht geregelten Formwechsel nicht mehr möglich wären, sondern führt in Verbindung mit § 190 Abs. 2 UmwG lediglich dazu, dass die den Formwechsel erleichternden Vorschriften des Umwandlungsgesetzes nicht zur Anwendung gelangen.
18.49
Auch der Formwechsel unter Personenhandelsgesellschaften wird vom Umwandlungsgesetz nicht erfasst (§ 214 Abs. 1 UmwG) und unterfällt damit den zu §§ 105 ff. HGB entwickelten allgemeinen Regelungen eines Formwechsels von Rechts wegen1. Auch hier bleibt die Identität des alten Rechtsträgers in neuem Rechtskleid als Partner des stillen Gesellschaftsverhältnisses gewahrt. Lediglich die Haftungsstruktur der Gesellschaft und der Status der Gesellschafter kann durch den Formwechsel einer Veränderung unterworfen sein. Zur internen Zustimmungsbedürftigkeit des Formwechsels ist daher auf die Ausführungen zur negativen Veränderung der Haftungsstruktur und den Gesellschafterwechsel im Unternehmensträger zu verweisen (Rz. 18.17 ff.).
18.50
Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus, wandelt sich die Personenhandelsgesellschaft in ein einzelkaufmännisches Unternehmen um. In diesen Fällen geht nach allgemeinem Recht das Vermögen der Personenhandelsgesellschaft ohne Liquidation im Wege der Universalsukzession2 auf den verbleibenden Einzelkaufmann über. Die stille Gesellschaft findet daher im Unterschied zu der soeben behandelten Variante wie bei der Universalsukzession des Umwandlungsrechts ihre automatische Fortsetzung mit dem verbleibenden Einzelkaufmann. Das mit dieser Form der Umwandlung zwingend verbundene Ausscheiden zumindest eines Gesellschafters erfordert im Innenverhältnis jedoch dann die Zustimmung des Stillen, wenn dies im stillen Gesellschaftsvertrag so vorgesehen ist oder der Stille wie etwa beim Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters hierdurch einen nicht unerheblichen Nachteil erleidet. Die Missachtung des Zustimmungserfordernisses im Innenverhältnis berechtigt den Stillen auch hier zur außerordentlichen Kündigung3 und zum Schadensersatz (zu Einzelheiten siehe Rz. 18.27). Der Schadensersatzanspruch richtet sich gegen den Einzelkaufmann als Rechtsnachfolger.
18.51
II. Die Umwandlung des stillen Gesellschafters Ist ein Einzelkaufmann oder eine Gesellschaft mit einer stillen Einlage an einem Handelsunternehmen beteiligt, so stellt sich gleichfalls die Frage, welchen Einfluss eine Umgestaltung der Unternehmensform des stillen Gesellschafters auf den Bestand des Gesellschaftsverhältnisses hat. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen der Umwandlung mit Universalsukzession (Verschmelzung, Spaltung und Umwandlung des einzelkaufmännischen Unternehmens) und dem bloßen Formwechsel.
1 Horn in Heymann, § 161 HGB Rz. 93; Roth in Baumbach/Hopt, Einl. vor § 105 HGB Rz. 21. 2 Roth in Baumbach/Hopt, § 131 HGB Rz. 7, 35. 3 Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, S. 169 f.
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18.52
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
1. Umwandlung mit Universalsukzession
18.53 In diesen Fällen ist die stille Beteiligung einem automatischen Übergang auf den Rechtsnachfolger unterworfen. Die zu den §§ 717 und 719 BGB entwickelten außergesetzlichen Grundsätze der Anteilsübertragung, wonach die stille Beteiligung als solche ohne Zustimmung des Geschäftsinhabers nicht übertragen werden kann (vgl. dazu Rz. 10.29)1, finden in den Fällen der Universalsukzession keine Anwendung2. Vielmehr ergibt sich die Rechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers in die Stellung als Stiller aus einer analogen Anwendung des § 234 Abs. 2 HGB3.
18.54 Im Hinblick auf das interne Erfordernis einer Zustimmung des Geschäftsinhabers zur Umwandlung darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Interesse des Geschäftsinhabers hauptsächlich der stillen Einlage gilt. Diese bleibt ihm auch bei Änderung der Unternehmensform auf Seiten des stillen Gesellschafters erhalten4. Seine Belange werden daher nicht wesentlich beeinträchtigt5. Deshalb wird man annehmen müssen, dass der stille Gesellschafter für den Regelfall auch im Innenverhältnis zum Geschäftsinhaber berechtigt ist, eine Veränderung der Unternehmensform ohne dessen Zustimmung vorzunehmen6. Darüber hinaus wird dem Geschäftsinhaber nur in besonders gelagerten Fällen einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehen. Andererseits kann aber auch der Stille aus der von ihm vorgenommenen Umwandlung seines Unternehmens keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses herleiten. 2. Formwechsel des stillen Gesellschafters
18.55 Der bloße Formwechsel des stillen Gesellschafters bleibt in aller Regel ohne Auswirkung auf das stille Beteiligungsverhältnis, da die Rechtsform des Stillen für den Geschäftsinhaber grundsätzlich ohne Bedeutung ist.
III. Die Umwandlung der stillen Beteiligung
18.56 Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft ohne Registerpublizität als solche nicht der Verschmelzung, der Spaltung oder des Formwechsels fähig7. Bei den folgenden Fallgestaltungen handelt es sich daher nicht um solche einer Umwandlung im eigentlichen Sinne.
1 Harbarth in Großkomm/HGB, § 230 HGB Rz. 244. 2 So auch Felix, BB 1987, 1265 (1267 f.); zum Übergang von Beteiligungen allgemein vgl. Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rz. 63 ff. bzw. Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 131 UmwG Rz. 38 sowie Heidenhain, ZIP 1995, 801 (804). 3 Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rz. 68. 4 Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG Rz. 167. 5 Vossius in Widmann/Mayer, § 20 UmwG Rz. 167. 6 So auch Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 20 UmwG Rz. 16; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 30; im Ergebnis ebenso Felix, BB 1987, 1265 (1267). 7 Vgl. für die Verschmelzung auch Bermel in Goutier/Knopf/Tulloch, UmwG/UmwStG, § 3 UmwG Rz. 9; allgemein Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 71.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
1. Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil an der Inhabergesellschaft In den Gesellschaftsverträgen wird bisweilen vorgesehen, dass der stille Gesellschafter seine stille Beteiligung gegebenenfalls in einen Gesellschaftsanteil am Unternehmen des Geschäftsinhabers umwandeln kann. Hierbei handelt es sich nicht um die grundsätzlich im UmwG geregelte Umwandlung eines Rechtsträgers, sondern um die Begründung eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der Unternehmensträgergesellschaft.
18.57
a) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Personengesellschaftsanteil Tritt der Stille als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist in das Handelsgeschäft des Inhabers ein, so wird die stille Gesellschaft im Zweifel aufgelöst1. Der Eintritt vollzieht sich nach den Grundsätzen, die für den Eintritt eines Gesellschafters in das Handelsgewerbe eines Einzelkaufmanns oder in eine Personengesellschaft gelten. Eine Auseinandersetzung gemäß § 235 HGB findet nicht statt. Die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters wird zu seinem Anteil am Betriebsvermögen der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft. Es wird lediglich eine interne Umbuchung seines Guthabens auf sein Kapitalkonto vorgenommen, d.h. das Einlagekonto, das bisher den Charakter eines Gläubigerkontos hatte, wird nunmehr als echtes Kapitalkonto weitergeführt (Sacheinlage). Erhält der Stille die Rechtsstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters, so gilt § 130 HGB. In der Praxis wird die stille Beteiligung häufig in eine Kommanditeinlage umgewandelt. Dies liegt zum einen an der wirtschaftlichen Ähnlichkeit der Anlageform und zum anderen daran, dass die bis zur Eintragung bestehende unbeschränkte Haftung des Kommanditisten durch Begründung einer vorübergehenden stillen Beteiligung des beitretenden Kommanditisten umgangen werden kann. Der stille Gesellschafter haftet in diesen Fällen wie ein neu eintretender Kommanditist (§ 173 HGB).
18.58
b) Die Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Kapitalgesellschaftsanteil Hat der an einem einzelkaufmännischen Unternehmen beteiligte Stille das Recht, Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu werden, so stellt die entsprechende Vertragsklausel einen auf Gründung einer Kapitalgesellschaft gerichteten Vorvertrag (Vorgründungsvertrag) dar2, der der für die Errichtung der Kapitalgesellschaft vorgeschriebenen Form bedarf3. Von dieser Möglichkeit wird häufig Gebrauch gemacht, wenn beim Tode des Inhabers zunächst nur ein Erbe das Handelsgeschäft fortführen soll, wohingegen die anderen Erben die Rechtsstellung von stillen Gesellschaftern erhalten4. Machen diese später von ihrem Recht Gebrauch, so muss unter Auflösung der stillen Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft errichtet werden, an der sie entsprechend ihrem Ein1 So auch Balser/Bokelmann/Piorreck, Umwandlung – Verschmelzung – gung, Rz. H 727; Harbarth in Großkomm/HGB, § 234 HGB Rz. 72. 2 Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 277; Harbarth in Großkomm/HGB, K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 73. 3 So auch Balser/Bokelmann/Piorreck, Umwandlung – Verschmelzung – gung, Rz. H 728; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 234 HGB Rz. 62; komm/HGB, § 234 HGB Rz. 73; a.A. Flume in FS Geßler 1971, S. 19. 4 RG v. 22.10.1937 – II 58/37, RGZ 156, 129.
Vermögensübertra§ 234 HGB Rz. 73; VermögensübertraHarbarth in Groß-
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18.59
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
lagekonto mit Aktien oder GmbH-Anteilen beteiligt werden. Meist wird ihnen zu diesem Zweck ihr Einlagekonto ausgezahlt, um zum Erwerb der Aktien oder GmbH-Anteile verwendet zu werden; es kann aber auch der Weg der Sacheinlage gewählt werden.
18.60 Die Umwandlung stiller Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Aktien oder GmbHAnteile1 erfolgt in der Weise, dass die stille Gesellschaft aufgelöst wird und der ehemalige Stille i.H. des Wertes seiner stillen Beteiligung eine Sacheinlage bei der Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten tätigt. Für die Gewährung der neuen Gesellschaftsrechte hat die Kapitalgesellschaft – soweit nicht zulässigerweise eigene Anteile ausgegeben werden können – die Bestimmungen und Formvorschriften der Kapitalerhöhung zu beachten (§ 55 GmbHG, §§ 182 ff. AktG). Die Gesellschaft hat für eine zügige und ordnungsgemäße Durchführung der Kapitalerhöhung zu sorgen. Dem Inferenten steht ohne Vereinbarung einer Befristung oder Bedingung ein Lösungsrecht von dem Übernahmevertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu, wenn der angemessene Zeitraum für eine Bindung des Inferenten überschritten wird oder es aus anderen Gründen nicht zur Kapitalerhöhung kommt. Rechtsfolge ist ein Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB. Nach Erklärung des Rücktritts kann der Inferent verlangen, dass die infolge der Übertragung erloschene stille Beteiligung neu begründet wird2. Bei einer großen Anzahl stiller Gesellschafter ist denkbar und gegenüber der Kapitalerhöhung durch Einlagen auch praktikabler, eine bedingte Kapitalerhöhung zur Gewährung von Bezugs- oder Umtauschrechten an die stillen Gesellschafter analog zu den Modalitäten bei Wandelschuldverschreibungen zu beschließen. Unter Umständen kommt auch die Schaffung eines genehmigten Kapitals i.S. der §§ 202 ff. AktG bzw. § 55a GmbHG in Betracht, um dem Vorstand eine größere Flexibilität bei Umtauschtransaktionen zu ermöglichen. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln scheidet dagegen auch im Falle des Bestehens atypischer stiller Gesellschaften in jedem Fall aus, da derartige Einlagen nicht zu den offenen Rücklagen der AG zählen. 2. Der Wechsel zwischen typischer und atypischer stiller Beteiligung
18.61 Die Umwandlung einer typischen in eine atypische stille Beteiligung und umgekehrt wird durch eine rein interne entsprechende Ausweitung bzw. Beschränkung der gesellschaftsvertraglichen Rechte des Stillen herbeigeführt3.
IV. Die Umwandlung eines Gesellschaftsanteils in eine stille Beteiligung
18.62 Die Umwandlung eines Personengesellschaftsanteils in ein stilles Beteiligungsverhältnis wird durch Ausscheiden des Gesellschafters nach den allgemeinen Regeln und den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags mit dem gegebenenfalls infolge des Ausscheidens umgewandelten Träger des Handelsgewerbes vollzogen. Die Umwandlung kann sich auch im Rahmen der Erbfolge in Form einer stillschweigenden
1 BGH v. 3.11.2015 – II ZR 13/14, NZG 2015, 1396; K. Schmidt, NZG 2016, 4; dazu auch schon Schulze zur Wiesche, GmbHR 1984, 320. 2 BGH v. 3.11.2015 – II ZR 13/14, NZG 2015, 1396. 3 Vgl. Schwedhelm, Die Unternehmensumwandlung, Rz. 2174.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
Fortführung des Beteiligungsverhältnisses des Erblassers durch die Erben als stille Gesellschafter vollziehen1. Zur Umwandlung eines Kapitalgesellschaftsanteils in eine stille Gesellschaft bedarf es neben der Beendigung des Gesellschafterverhältnisses und dem Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags einer Kapitalherabsetzung nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 222 ff. AktG und § 58 GmbHG).
18.63
V. Die stille Gesellschaft in der grenzüberschreitenden Umwandlung 1. Verschmelzung Im Zuge der Europäisierung des Gesellschaftsrechts haben grenzüberschreitende Umwandlungen an Bedeutung gewonnen: Der EuGH hat die grenzüberschreitende Verschmelzung als von der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) geschützt angesehen2; daneben ist die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften gesetzlich kodifiziert3. Eine grenzüberschreitende Verschmelzung ist ferner im Zusammenhang mit der Europäischen Gesellschaft (SE) bedeutsam: Gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 SE-VO kann eine SE durch Verschmelzung gegründet werden. Ist eine (deutsche) Gesellschaft an der Verschmelzung als übertragender Rechtsträger beteiligt, erlischt sie (§§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 UmwG; Art. 29 Abs. 1 Buchst. c SE-VO), und die übernehmende Gesellschaft wird Gesamtrechtsnachfolgerin der übertragenden Gesellschaft (§§ 122a Abs. 2, 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG; Art. 29 Abs. 1 Buchst. a SE-VO). Grundsätzlich gehen damit auch mittelbare Unternehmensbeteiligungen auf den ausländischen Unternehmensträger über. Dass das ausländische Recht eventuell keine stillen Beteiligungen kennt, ist unmaßgeblich, da international-privatrechtlich bereits die Vereinbarung einer stillen Beteiligung an einer Auslandsgesellschaft möglich ist (vgl. Rz. 6.31 ff.) und die Gesamtrechtsnachfolge einer Auslandsgesellschaft in ein vorhandenes stilles Gesellschaftsverhältnis stattfinden kann. Außerdem wäre es mit der sekundärrechtlich verankerten Gesamtrechtsnachfolge unvereinbar, wenn das Recht der übernehmenden Gesellschaft eine mittelbare Beteiligung hiervon ausnehmen wollte. Im Verhältnis zu innerstaatlichen Verschmelzungen ergeben sich keine wesentlichen Abweichungen: Soweit die Vorschriften nichts Abweichendes bestimmen, kommt grundsätzlich das nationale Umwandlungsrecht zur Anwendung (§ 122 Abs. 2 UmwG, Art. 18 SE-VO). Eine Zustimmungspflicht besteht auch hier nur im Innenverhältnis. Die stillen Beteiligungen und die für sie vom übernehmenden Rechtsträger gewährten Beteiligungen müssen im Verschmelzungsplan enthalten sein (vgl. § 122c Abs. 2 Nr. 7 UmwG; Art. 20 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f. SE-VO). Dabei gilt auch der Geheimnisschutz (§§ 122a Abs. 2, 122e, 8 Abs. 2 UmwG bzw. Art. 18 SE-VO i.V.m. § 8 Abs. 2 UmwG; vgl. Rz. 18.14). Dem stillen Gesellschafter sind grundsätzlich gleich-
1 Vgl. dazu RG v. 29.10.1942 – II 47/42, RGZ 170, 98 (102 f. u. 112). 2 So noch zu Art. 43 EG EuGH v. 13.12.2005 – Rs. C-411/03, GmbHR 2006, 140 (SEVIC Systems AG); zu aktuellen Nachweisen Jung in Schwarze, EU-Kommentar, Art. 54 AEUV Rz. 46 ff. 3 Zweites Gesetz zur Änderung des Umwandlungsgesetzes v. 19.4.2007, BGBl. I 2007, 542. Das Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 26.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten, ABl. EU Nr. L 310, S. 1.
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18.64
§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
wertige Rechte zu gewähren (vgl. §§ 122a Abs. 2, 23 UmwG bzw. Art. 24 Abs. 1 Buchst. c SE-VO i.V.m. § 23 UmwG)1. Grundsätzlich kommt das Personalstatut der ausländischen Gesellschaft im Hinblick auf gesellschaftsrechtliche Schutzvorschriften zur Anwendung, wenn eine stille Beteiligung deutschen Rechts eingeräumt wird (siehe Rz. 6.34). Die europäischen Rechtsvorschriften regeln den Übergang der Rechte und Pflichten aber grundsätzlich abschließend; aktienrechtliche Schutzvorschriften des ausländischen Gesellschaftsrechts kommen daher grundsätzlich nicht zur Anwendung.
18.65 Das UmwG regelt in den §§ 122a ff. UmwG nicht die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften; gleichwohl ist auch diese Form vom Schutzbereich des Art. 49 AEUV umfasst2. Mangels planwidriger Regelungslücke3 können die §§ 122a ff. UmwG nicht analog auf die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften angewendet werden.4 Die grenzüberschreitende Verschmelzung von Personengesellschaften richtet sich daher nach allgemeinen kollisionsrechtlichen Grundsätzen des Umwandlungsrechts. Nach h.M. sind sowohl das nationale Umwandlungsrecht der übertragenden als auch der aufnehmenden Gesellschaft auf die jeweiligen Schritte der Verschmelzung anzuwenden; damit setzt sich jeweils die strengste Rechtsordnung durch (Vereinigungstheorie)5. Die stille Beteiligung unterliegt der Gesamtrechtsnachfolge6: Das Verschmelzungsrecht der EU-Mitgliedstaaten beruht auf der Dritten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie7, die eine umfassende Universalsukzession anordnet und Unternehmensbeteiligungen nicht von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Die Regelungen der Richtlinie lassen auch keinen weiteren Raum mehr für Schutzvorschriften des Personalstatuts der aufnehmenden Gesellschaft (vgl. auch Rz. 18.64, 18.21). Eine Schutzbedürftigkeit besteht aufgrund des formalisierten Verfahrens und hinreichenden Schutzniveaus der europäischen Regelungen nicht.
1 Allerdings bezieht sich § 23 UmwG in seinem Anwendungsbereich nur auf deutsche übernehmende Gesellschaften; dem deutschen Gesetzgeber fehlt auch die Regelungsbefugnis, Ansprüche gegen ausländische Gesellschaften zu regeln – vgl. Müller, ZIP 2007, 1081 (1087 bei Fn. 75). Deshalb ist fraglich, woraus sich die Verpflichtung zur Gewährung gleichwertiger Rechte für ausländische Gesellschaften ergibt. Der deutsche Gesetzgeber hat auch keine dem § 8 SEAG vergleichbare Regelung für Sonderrechte erlassen. Die Pflicht zur Gewährung gleichwertiger Rechte ist jedoch Ausfluss gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten; die übernehmende Gesellschaft tritt in das Gesellschaftsverhältnis und diese Pflichten ein. Deswegen wird man § 23 UmwG analog anwenden können. 2 Vgl. etwa Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38 (48). 3 Vgl. Gesetzesbegründung zum Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes, BT-Drucks. 16/2919, S. 11: Der Gesetzgeber verweist darauf, dass nicht alle von Art. 48 i.V.m. Art. 43 EG (jetzt: Art. 54 i.V.m. Art. 49 AEUV) erfassten Umwandlungsarten geregelt werden sollen. 4 So wohl auch Neye/Timm, GmbHR 2007, 561 (565). 5 Vgl. Kindler in MünchKomm/BGB, IntGesR Rz. 799; Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rz. 71, 104. 6 Str. ist, wie die Gesamtrechtsnachfolge im Einzelnen anzuknüpfen ist, vgl. Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rz. 107 f. m.w.N. 7 Dritte Richtlinie 78/855/EWG des Rates v. 9.10.1978 betreffend die Verschmelzung von Aktiengesellschaften, ABl. EG Nr. L 295, S. 36 ff.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
2. Spaltung Auch die grenzüberschreitende Spaltung wird als von Art. 49 AEUV gewährleistet angesehen1. Kollisionsrechtlich vollzieht sich die grenzüberschreitende Spaltung nach den Grundsätzen der Vereinigungstheorie2 (siehe Rz. 18.65). Die Vorschriften des UmwG über die Spaltung finden daher Anwendung.
18.66
3. Formwechsel Ob die Niederlassungsfreiheit des Art. 49 AEUV auch einen grenzüberschreitenden Formwechsel ermöglicht, ist noch nicht abschließend geklärt3. Ein Formwechsel ist im Recht der Europäischen Aktiengesellschaft möglich: Eine SE kann durch Formwechsel gegründet werden (Art. 37 Abs. 1, 2 Abs. 4 SE-VO). Bei der Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine SE (mit Sitz in Deutschland4 und damit deutschen Rechts) kommen über Art. 37 Abs. 5 bis 7 SE-VO und über Art. 15 SE-VO die §§ 190 ff. UmwG5 zur Anwendung. Im Verhältnis zum rein innerstaatlichen Formwechsel (hierzu Rz. 18.43 ff.) ergeben sich keine Unterschiede; es sind lediglich die vorrangigen Regelungen des Art. 37 SE-VO zu berücksichtigen, die für eine stille Beteiligung keine weiteren Besonderheiten bedeuten. Über § 204 UmwG findet auch § 23 UmwG entsprechende Anwendung6.
18.67
Auch eine Satzungssitzverlegung einer SE ist möglich (Art. 8 SE-VO)7. Diese hat zur Folge, dass die SE weitestgehend dem Aktienrecht des Zuzugsstaats unterliegt8, die Satzungssitzverlegung kommt deshalb einem Formwechsel nahe9. Art. 8 SE-VO ist grundsätzlich als abschließende Regelung zu verstehen10, die den Rückgriff auf nationales Recht sperrt. Die stille Beteiligung ist nicht im Verlegungsplan nach Art. 8 Abs. 2 SE-VO aufzuführen. Im Verlegungsbericht sind allerdings Auswirkungen auf stille Beteiligungen darzulegen (vgl. Art. 8 Abs. 3 SE-VO). Der stille Gesellschafter hat das Recht, den Verlegungsplan und -bericht einzusehen (vgl. Art. 8 Abs. 4 SE-VO). Im Innenverhältnis ist der Stille gemäß § 233 Abs. 3 HGB gesondert zu informieren (vgl. Rz. 18.45). Mangels Einschlägigkeit des UmwG scheidet eine Anwendung des § 23
18.68
1 Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rz. 97; Krause/Kulpa, ZHR 171 (2007), 38 (46 f.). 2 Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rz. 104. 3 Vgl. näher hierzu Engert in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, § 4 Rz. 124 ff.; Hirte in Hirte/Bücker, § 1 Rz. 78 m.w.N. 4 Der Sitz der Gesellschaft muss beibehalten werden (vgl. Art. 37 Abs. 3 SE-VO). 5 Vgl. Schäfer in MünchKomm/AktG, Art. 37 SE-VO Rz. 4 m.w.N.; Seibt in Lutter/Hommelhoff, SE-Kommentar, 2008, Art. 37 SE-VO Rz. 3; J. Schmidt in Lutter/Hommelhoff/Teichmann, SE-Kommentar, 2. Aufl. 2015, Art. 37 SE-VO Rz. 7 f.; Schröder in Manz/Mayer/Schröder, Art. 37 SE-VO Rz. 70. 6 Vgl. zu den Verweisen auf das nationale Aktienrecht im Einzelnen Schröder in Manz/Mayer/ Schröder, Art. 37 SE-VO Rz. 92. 7 Die grenzüberschreitende Satzungssitzverlegung von anderen Gesellschaften ist nicht von Art. 49 AEUV geschützt; vgl. noch zu Art. 43 EG OLG München v. 4.10.2007 – 31 Wx 36/07, BB 2007, 2247 (2248). 8 Art. 9 Abs. 1 Buchst. c) ii) SE-VO; siehe zum Ganzen Schäfer in MünchKomm/AktG, Art. 1 SE-VO Rz. 3. 9 Schäfer in MünchKomm/AktG, Art. 8 SE-VO Rz. 3. 10 Schröder in Manz/Mayer/Schröder, Art. 8 SE-VO Rz. 8.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
UmwG aus. Allerdings gilt sein Rechtsgedanke für die Satzungssitzverlegung entsprechend; die Beteiligung des Stillen muss in ihrem Bestand gesichert sein.
VI. Zusammenfassung
18.69 Eine ausdrückliche Regelung zur stillen Gesellschaft in der Umwandlung ist im Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz nicht enthalten. Bei der Erörterung der möglichen Fallkonstellationen muss einerseits zwischen den wichtigsten Umwandlungsformen (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) unterschieden und andererseits nach der Rolle des Geschäftsinhabers im Umwandlungsprozess (übertragender Rechtsträger, übernehmender Rechtsträger) differenziert werden. Bei der Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übertragenden Rechtsträger wird das Gesellschaftsverhältnis als Ganzes mit dem übernehmenden Rechtsträger als Gesamtrechtsnachfolger automatisch fortgesetzt (§ 20 UmwG; dazu Rz. 18.11 ff.). Nur im Innenverhältnis ist die Zustimmung des rechtzeitig von dem Verschmelzungsvorhaben zu informierenden stillen Gesellschafters einzuholen (Rz. 18.14 ff.). Die gegebenenfalls auch konkludent zu erteilende Zustimmung des Stillen enthält zugleich sein Einverständnis mit der wegen des Gesellschafterwechsels erforderlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags. Die bisherige Rechtsstellung des Stillen bleibt gegenüber dem neuen Geschäftsinhaber gewahrt (§ 23 UmwG; dazu Rz. 18.24). Wird die Zustimmung des Stillen nicht eingeholt (Rz. 18.25 ff.), gibt diese Vertragsverletzung des alten Geschäftsinhabers dem Stillen einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des stillen Gesellschaftsvertrags gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger (§ 723 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB). Darüber hinaus hat der Stille gegen den übertragenden Rechtsträger aus positiver Vertragsverletzung einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher ihm durch die Verschmelzung entstehenden Schäden. Die Verschmelzung kann er jedoch nicht mehr rückgängig machen. Für die Verschmelzung mit stiller Beteiligung am übernehmenden Rechtsträger gilt grundsätzlich das Gleiche (Rz. 18.34). Der auch hier nur im Innenverhältnis erforderlichen Zustimmung des Stillen kommt allerdings besondere Bedeutung zu, da der Verwässerungsschutz des § 23 UmwG nicht eingreift und der Stille daher seine Rechtsposition zumeist nur durch vertragliche Vereinbarungen erhalten kann. Das stille Beteiligungsverhältnis ist auch im Rahmen der bei der Spaltung eintretenden partiellen Universalsukzession (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) als Ganzes übertragbar (Rz. 18.35 ff.). § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG steht dem nicht entgegen. Da sich die Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Handelsgesellschaft gemäß §§ 152 ff. UmwG nur im Wege der (teilweisen) Ausgliederung zur Aufnahme bzw. Neugründung durchführen lässt1, gelten für diese Form der Umwandlung die Ausführungen zur stillen Beteiligung in der Spaltung entsprechend (Rz. 18.42). Bei einem Formwechsel des Inhabers des Handelsgewerbes (Rz. 18.43 ff.), der sich im Anwendungsbereich des UmwG nicht nur unter Kapitalgesellschaften, sondern auch zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften ohne Vermögensübertra1 Zur Anwendung von § 152 UmwG auch Schwedhelm, Die Unternehmensumwandlung, Rz. 186 mit Fn. 5.
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§ 18 Die stille Gesellschaft in der Umwandlung
gung als reiner Organisationsakt vollzieht, ist der Stille von dem geplanten Formwechsel gemäß § 233 Abs. 3 HGB bzw. analog §§ 216, 230 Abs. 1, 238, 251 Abs. 1 UmwG zu informieren (Rz. 18.45). Der Stille genießt auch hier den Verwässerungsschutz nach § 204 UmwG i.V.m. § 23 UmwG und hat gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch gemäß § 205 UmwG. Hinsichtlich des internen Zustimmungserfordernisses ist auf das Verschmelzungsrecht zu verweisen. Besonderheiten gelten für die von der Regelung des UmwG nicht erfassten Formwechsel unter Personenhandelsgesellschaften (Rz. 18.50). Bei einer Umwandlung des stillen Gesellschafters ist zwischen der Umwandlung mit Universalsukzession (Verschmelzung, Spaltung, Umwandlung des einzelkaufmännischen Unternehmens) und dem bloßen Formwechsel zu unterscheiden (Rz. 18.52 ff.). Die stille Gesellschaft ist als reine Innengesellschaft ohne Registerpublizität als solche nicht der Verschmelzung, der Spaltung oder des Formwechsels fähig. Bei der Umwandlung der stillen Beteiligung in einen Gesellschaftsanteil handelt es sich nicht um eine Umwandlung im eigentlichen Sinne, sondern um die Begründung eines Mitgliedschaftsverhältnisses in der Unternehmensträgergesellschaft (Rz. 18.56 ff.). Die Umwandlung einer typischen in eine atypische stille Beteiligung und umgekehrt wird durch eine rein interne Ausweitung bzw. Beschränkung der gesellschaftsvertraglichen Rechte des Stillen herbeigeführt (Rz. 18.61). Die Umwandlung eines Personengesellschaftsanteils in ein stilles Beteiligungsverhältnis wird durch Ausscheiden des Gesellschafters nach den allgemeinen Regeln und den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags mit dem gegebenenfalls infolge des Ausscheidens umgewandelten Träger des Handelsgewerbes vollzogen. Die Umwandlung kann sich auch im Rahmen der Erbfolge in Form einer stillschweigenden Fortführung des Beteiligungsverhältnisses des Erblassers durch die Erben als stille Gesellschafter vollziehen (Rz. 18.62). Zur Umwandlung eines Kapitalgesellschaftsanteils in eine stille Gesellschaft bedarf es zusätzlich einer Kapitalherabsetzung nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 222 ff. AktG und § 58 GmbHG; dazu Rz. 18.63). Sofern grenzüberschreitende Umwandlungen möglich sind, wie dies bei einer Verschmelzung nach §§ 122a ff. UmwG (Kapitalgesellschaften), Art. 54 i.V.m. Art. 49 AEUV (Personengesellschaften) bzw. Art. 17 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 SE-VO (Gründung einer Europäischen Aktiengesellschaft), bei einer Spaltung nach Art. 54 i.V.m. Art. 49 AEUV, bei einem grenzüberschreitenden Formwechsel nach Art. 37 Abs. 1, 2 Abs. 4 SE-VO (Europäische Aktiengesellschaften) sowie bei einer Sitzverlegung nach Art. 8 SE-VO (Europäische Aktiengesellschaften) der Fall ist, setzt sich das stille Gesellschaftsverhältnis aufgrund der eintretenden Rechtsnachfolge mit der ausländischen Gesellschaft fort. Im Rahmen des Umwandlungsprozesses kommt dabei größtenteils deutsches Recht zur Anwendung (Rz. 18.64 ff.).
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft Schrifttum: Albracht, Peter, Die stille Gesellschaft im Recht der Publikumspersonengesellschaften, 1990; Altmeppen, Holger, Die Pflicht zur Herausgabe der Gesellschafterliste einer Fondsgesellschaft?, NZG 2010, 1321; Armbrüster, Christian, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, 2005; Armbrüster, Christian/Joos, Michael, Zur Abwicklung fehlerhafter stiller Beteiligungen, ZIP 2004, 189; Asmus, Thomas/Markwardt, Karsten, Der anonyme Quasi-Gesellschafter, ZIP 2012, 1581; Assmann, Heinz-Dieter/Schütze, Rolf A., Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl. 2007; BaFin, Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (Stand: März 2014), veröffentlicht unter www.bafin.de; BaFin, Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (Stand: April 2014), veröffentlicht unter www.bafin.de; Bayer, Walter/Riedel, Jens, Kapitalbeteiligung an Personengesellschaften und Anlegerschutz, NJW 2003, 2567; Blaurock, Uwe, Stille Publikumsgesellschaften im Rechte der Bankenaufsicht, in Festschrift für Theodor Heinsius, 1991, S. 33; Blaurock, Uwe, Zur stillen Beteiligung mehrerer Personen an einer Apotheke, NJW 1972, 1119; Blaurock, Uwe, Urteilsanmerkung zu BGH v. 29.6.1987 (II ZR 173/86), EWIR § 230 HGB 1/87, 1219; Blaurock, Uwe, Zur Anwendung der für die fehlerhafte Gesellschaft geltenden Grundsätze auf die stille Gesellschaft, WuB II H. § 230 HGB 1.05; Blaurock, Uwe, Informations- und Beratungspflichten bei der Kreditvergabe, in Zivil- und Wirtschaftsrecht im Europäischen und Globalen Kontext, in Festschrift für Norbert Horn zum 70. Geburtstag, 2006, S. 697; Blaurock, Uwe, Stille Publikumsgesellschaften im Rechte der Bankenaufsicht, in Festschrift für Theodor Heinsius, 1991, S. 33; Blaurock, Uwe/Gimmler, Milena, Zur Gewährung von Schadensersatzansprüchen bei fehlerhafter (stiller) Beteiligung an Publikumsgesellschaften, ZGR 2014, 371; Bohlken, Lars/Lange, Meik, Die Prospekthaftung im Bereich geschlossener Fonds nach §§ 13 Abs. 1 Nr. 3, 13a Verkaufsprospektgesetz n.F., DB 2005, 1259; Bödeker, Vinzenz, Anlegerschutz und „Grauer Kapitalmarkt“ – Ein Überblick über die jüngsten Aktivitäten des Gesetzgebers, GWR 2011, 278; Bornemann, Alexander, Stille Publikumsgesellschaften im Spannungsfeld von Gesellschafts- und Bankaufsichtsrecht, ZHR 166 (2002), 211; Dannecker, Marcus, Die richterliche Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften, 1992; Dietrich, Jürgen, Die Publikums-Kommanditgesellschaft und die gesellschaftsrechtlich geschützten Interessen, 1988; Domrich, Dirk, Die Rückgängigmachung von Beitrittserklärungen, Grundeigentum, 2001, 1103; Fleischer, Holger, Prospektpflicht und Prospekthaftung für Vermögensanlagen des Grauen Kapitalmarkts nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz, BKR 2004, 339; Florstedt, Tim, Der stille Verband, 2007; Flume, Werner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. 1, Teil 1, Die Personengesellschaft, 1977; Franzen, Martin, Privatrechtsangleichung durch die Europäische Gemeinschaft, 1999; Gehrlein, Markus, Anlegerschutz bei stillen Beteiligungen – Abschied von der fehlerhaften Gesellschaft?, WM 2005, 1489; Geibel, Stefan, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft als Beschränkung von Schadensersatzansprüchen?, BB 2005, 1009; Goette, Wulf, Kein Abfindungsanspruch bei Rückzahlung der Einlage bei einer zweigliedrigen Gesellschaft, DStR 2006, 245; Goette, Wulf, Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Schrottimmobilien, DStR 2006, 1099; Großkommentar zum AktG, hrsg. von Hopt, Klaus J./Wiedemann, Herbert, 1. Lieferung: Einleitung A–D, 4. Aufl. 1992; Habersack, Mathias, Finanzierter Grundstücks- und Anteilserwerb im Wandel, BKR 2006, 305; Habersack, Mathias/Verse, Dirk A., Rechtsfragen der Mitarbeiterbeteiligung im Spiegel der neueren Rechtsprechung, ZGR 2005, 451; Hebig, Michael/Zacharias, Erwin, Handbuch der betrieblichen Vermögensbildung, 1991; Heckelmann, Dieter, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen: eine Studie über die Grenzen der Gestaltungsfreiheit beim Ausscheiden aus der Offenen Handelsgesellschaft, 1973; Heid, Peter, Die Inhaltskontrolle des Vertrages der Publikumspersonengesellschaft nach AGB-Grundsätzen, DB 1985, Beilage 4; Hey, Felix Christopher, Keine Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf die stille Gesellschaft?, NZG 2004, 1057; Hille, Hans-Eduard, Die Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Publikumspersonengesellschaften, 1986; Hoffmann, Jochen, Realkredite im Europäischen Verbraucherrecht, ZIP 2002, 145; Huber, Ulrich, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, 1970; Hüffer, Uwe, Die Publikumspersonengesellschaft und das Problem des Anlegerschutzes, JuS 1979, 460; Kaligin, Thomas, Die spezifischen Risiken und Rechtsschutzmöglichkeiten des Kommanditisten bei Beteiligung an Abschreibungsgesell-
428 Kauffeld
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft Harm Peter, Gesellschaftsbeitritt als Verbraucherkreditgeschäft? (II), ZIP 2002, 240; Wiedemann, Herbert, Die Legitimationswirkung von Willenserklärungen im Recht der Personengesellschaften, in Festschrift für Harry Westermann, 1974, S. 585; Wiedemann, Herbert, Stille Publikumsgesellschaften, WM 2014, 1985; Wiedemann, Herbert, Die Stille Beteiligung – ein Vorschlag für die Gesetzgebung, NZG 2016, 1; Wiedemann, Herbert, Alte und Neue Kommanditgesellschaften, NZG 2013, 1041; Wolfer, Hendrik, Anspruch auf Daten von Mitgesellschaftern in Personengesellschaften? – Ein Überblick über die Rechtsprechung nach BGH, Az. II ZR 187/09, GWR 2011, 77; Ziegler, Jens, Gesellschaftsvertragliche Abfindungsklauseln mit Ratenzahlung, DB 2000, 2107; Ziegler, Ole, Die Prospekthaftung am nicht-organisierten Kapitalmarkt im Spannungsverhältnis zu personen-gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen, DStR 2005, 30; Zimmer, Daniel/Cloppenburg, Matthias, Haftung für falsche Information des Sekundärmarktes auch bei Kapitalanlagen des nicht geregelten Kapitalmarktes?, ZHR 171 (2007), 519.
I. Allgemeines
19.1 Stille Publikumsgesellschaften sind zur Kapitalsammlung auf den Beitritt einer Vielzahl öffentlich geworbener, rein kapitalistisch beteiligter Anleger ausgerichtet. Sie erfreuen sich besonderer Beliebtheit, weil sie die Möglichkeit eröffnen, die Geschäftsleitung fest zu bestimmen, das Kapital ohne Handelsregisterpublizität auf einfache Weise herauf- oder herabzusetzen sowie beliebig viele neue Mitgliedschaftsrechte begründen zu können. Hinzu kam in der Vergangenheit der Vorteil, dass stille Publikumsgesellschaften kaum einer staatlichen Kontrolle unterlagen und besondere Anlegerschutzregularien zu Beginn ihres Aufstiegs als Gesellschaftsform zur Kapitalsammlung nicht bestanden.
19.2 Spiegelbild zu den besonderen rechtlichen Vorteilen der stillen Publikumsgesellschaft bestehen aber auch besondere rechtliche Probleme, die bei der stillen Publikumsgesellschaft durch die Verwendung der Rechtsform der Personengesellschaft für Zwecke entstehen, für die eigentlich die Kapitalgesellschaften, insbesondere die Aktiengesellschaften, geschaffen und geeignet sind. Während das Aktienrecht durch zwingende Vorschriften die Interessen der Anlagegesellschafter schützt, fehlt es im Recht der Personengesellschaften an solchen Normen, die dem Anleger die Gewähr einer angemessenen Rechtsstellung geben1. Solche zwingenden Normen sind im Recht der Personengesellschaften grundsätzlich nicht nötig, da dort in der Regel ein individuell abgeschlossener, interessenausgleichender Gesellschaftsvertrag Vertragsgerechtigkeit gewährleistet2. Bei der stillen Publikumsgesellschaft versagt dieser Schutzmechanismus, weil dort statt einer Beteiligung aller Gesellschafter ein kleiner Kreis von Initiatoren den Gesellschaftsvertrag vorformuliert. Der Anleger kann später lediglich der bereits bestehenden Gesellschaft unter den Bedingungen des vorgegebenen Gesellschaftsvertrags beitreten.
19.3 Darüber hinaus ergeben sich rechtliche Probleme aus der vom gesetzlichen Leitbild der Personengesellschaft abweichenden körperschaftlichen Verfassung der Publikumspersonengesellschaften, auf die die Regelungen für Personengesellschaften nicht ohne weiteres anzuwenden sind. Die Gesellschaft ist darauf angelegt, eine von vornherein nicht begrenzte Anzahl von rein kapitalistisch beteiligten Anlegern aufzunehmen, ein fester Mitgliederbestand ist nicht vorgesehen. Das Einstimmigkeitsprinzip ist vom 1 Hüffer, JuS 1979, 460. 2 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 21 III 1.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Mehrheitsprinzip abgelöst. Aber auch aus dem öffentlichen Vertrieb der Anteile an stillen Publikumsgesellschaften ergeben sich zahlreiche Probleme. Die Kombination der besonderen Beliebtheit der stillen Publikumsgesellschaft als Rechtsform mit Kapitalsammelfunktion sowie die rechtlichen Probleme aufgrund der Atypizität der stillen Publikumsgesellschaft als kapitalistische Publikumspersonengesellschaft haben dazu geführt, dass sich die Rechtsprechung und die Literatur in der jüngsten Vergangenheit häufig mit verschiedenen Rechtsfragen bei stillen Publikumsgesellschaften beschäftigt haben. Das Recht der stillen Publikumsgesellschaft wurde hierdurch in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Grundsatzentscheidungen des BGH zu Publikumspersonengesellschaften im Allgemeinen1, zu stillen Publikumsgesellschaften im Besonderen2 sowie durch mindestens ebenso zahlreiche Beiträge in der Literatur3 in erheblichem Umfang konkretisiert.
19.4
In seinen Grundsatzentscheidungen billigt der BGH den auch nur mittelbaren Anlegern von Publikumsgesellschaften den Status von „Quasi-Gesellschaftern“ zu, deren Rechte er damit dem Status unmittelbarer Gesellschafter weitgehend annähert. Dabei betont der BGH zu Recht, dass die Beteiligten ihr gesellschafterliches Innenverhältnis so gestalten können, als ob sie selbst Gesellschafter wären, da die Gestaltung ihrer internen Rechtsbeziehungen unter Beachtung der sich aus dem Gesellschaftsverhältnis ergebenden Bindungen im Allgemeinen einer freien vertraglichen Vereinbarung zugänglich sei4. Damit besteht auch für die Beteiligten einer stillen Publikumsgesellschaft die Möglichkeit, ihre Rechtsbeziehungen untereinander der wirklichen Sachlage anzupassen und auch die still Beteiligten zu Trägern der gesellschaftsrechtlichen Befugnisse und Pflichten im Innenverhältnis zu machen. Die unternehmenstragenden Gesellschaft übt dann im Innenverhältnis nur noch die Rolle als Verwalterin des mitunternehmerischen Vermögens aus5, das der aus der unternehmenstragenden Gesellschaft und allen stillen Gesellschaftern gebildeten gesellschaftsrechtlichen Gestaltung zuzuordnen ist6. Damit richtet sich der Umfang der unternehmerischen Betätigung der unternehmenstragenden Gesellschaft von vornherein nach den von den stillen Anlegern zur Verfügung gestellten Geldern.
19.5
Damit hat der BGH das der stillen Publikumsgesellschaft zugrunde liegende Personengesellschaftsrecht in mehrfacher Hinsicht an den Zweck der Massenbeteiligung ange-
19.6
1 BGH v. 11.1.2011 – II ZR 187/09, NZG 2011, 276; BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379. 2 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422; BGH v. 23.7.2013 – II ZR 143/12, ZIP 2013, 1761; BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, ZIP 2013, 2355; BGH v. 8.12.2015 – II ZR 333/14, ZIP 2016, 523; BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, ZBB 2010, 312. 3 Hervorzuheben sind an dieser Stelle die zahlreichen Beiträge von Karsten Schmidt, dessen Rechtsfigur der „Innen-KG“ nicht nur äußerst anschaulich die Rechtssituation bei der in der Praxis wohl am häufigsten vorzufindenden Gestaltungsvariante der stillen Publikumsgesellschaft bezeichnet, sondern sich mittlerweile auch als Terminus im Recht der stillen Publikumsgesellschaft durchzusetzen scheint (z.B. K. Schmidt in FS Bezzenberger, 401; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 81; K. Schmidt, ZHR 178 (2014), 10; grundlegend zur Anwendbarkeit der Lehre der fehlerhaften Gesellschaft aber z.B. auch Blaurock/Gimmler, ZGR 4/2014, 371. 4 Vgl. hierzu BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379 (380). 5 Vgl. hierzu K. Schmidt, NZG 2016, 4 (6). 6 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 (1425).
Kauffeld
431
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
passt und ein an das Kapitalgesellschaftsrecht angelehntes Sonderrecht entwickelt, bei dem der Schutz der Anleger im Vordergrund steht: – Wegen der Bereichsausnahmeregelung des § 310 Abs. 4 BGB finden die §§ 305 bis 310 BGB zwar keine unmittelbare Anwendung, ein entsprechender Schutz wird aber durch eine Inhaltskontrolle erreicht, die sich am AGB-Recht orientiert (Rz. 5.29)1. – Um die Eindeutigkeit und Erkennbarkeit der gesellschaftsvertraglichen Pflichten bei einem für eine Vielzahl von stillen Anlegern einseitig vorformulierten Vertragsregelungen zu gewährleisten, ist Schriftform erforderlich (vgl. hierzu Rz. 19.26). – In Abweichung von dem im Personengesellschaftsrecht geltenden Prinzip kann eine vorbehaltlos akzeptierte, von der vertraglichen Regelung abweichende Vertragspraxis keine Vertragsänderung bewirken2. – Die Auslegung des Statuts einer stillen Publikumsgesellschaft erfolgt nach dem objektiven Erklärungsgehalt, weil das Statut einer stillen Publikumsgesellschaft wie eine Satzung und nicht wie eine Individualvereinbarung behandelt werden muss. – § 312b Abs. 1 BGB über den Widerruf von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen bzw. angebahnten Geschäften und § 358 BGB über verbundene Verträge sind zu beachten. – Soweit die stillen Anleger das Anlagekapital aufbringen und der Geschäftsinhaber weder am Gewinn noch am Verlust nennenswert beteiligt ist, sondern nur eine Tätigkeitsvergütung und Aufwendungsersatz erhält, ist eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung unwirksam, die dem Geschäftsinhaber das einseitige Recht gibt, einzelne stille Anleger nach freiem Ermessen hinauszukündigen3. – Ob eine Beteiligung an einer stillen Publikumspersonengesellschaft als „Einlagengeschäft“ i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren ist und damit einer Erlaubnis der BaFin bedarf (§ 32 KWG), ist aufgrund der Gesamtumstände der Vereinbarung einzelfallbezogen zu entscheiden.
19.7 Eine gesetzliche Regulierung des Rechts der stillen Publikumsgesellschaft erfolgte durch den Gesetzgeber, der öffentlich angebotene Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften durch das am 1.6.2012 in Kraft getretene Vermögensanlagengesetz4 einer gegenüber der vorherigen Rechtslage deutlich umfassenderen Kontrolle unterwarf. Hierdurch wurde zugleich der Gestaltungsspielraum der Emittenten stiller Beteiligungen an Publikumsgesellschaften eingeschränkt5.
1 Vgl. hierzu Harbarth in Großkomm./HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 110, unter Hinweis auf BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270. 2 BGH v. 5.2.1990 – II ZR 94/89, NJW 1990, 2684. 3 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, II ZR 188/92, NJW 1994, 1156 f. 4 In wesentlichen Punkten nochmals angepasst durch das am 10.7.2015 in Kraft getretene Kleinanlegerschutzgesetz, vgl. zu den Einzelheiten Rz. 19.126 ff. 5 Aufgrund dieser Entwicklungen in den letzten Jahren vertritt beispielsweise Wiedemann die Ansicht, dass diese Erscheinungsform der stillen Gesellschaft eigens im HGB gesetzlich zu regeln sei: Wiedemann, NZG 2016, 1.
432 Kauffeld
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Die intensive Rechtsfortbildung hat dazu geführt, dass man mittlerweile wohl von einem Sonderrecht der stillen Publikumsgesellschaft sprechen kann, wenngleich die stille Publikumsgesellschaft kein eigenständiger Typus1 ist (vgl. Rz. 5.51 ff.).
19.8
1. Begriff und Zulässigkeit der stillen Publikumsgesellschaft Bereits durch den Begriff der „stillen Publikumsgesellschaft“ werden zutreffend die wesentlichen Strukturmerkmale dieser Form der Kapitalaufnahme am Kapitalmarkt umschrieben: Eine Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten Anlegern2 beteiligt sich mittels atypisch stiller Beteiligung kapitalistisch an einer körperschaftlich verfassten Personengesellschaft oder an einer Kapitalgesellschaft, die Mitgliedschaftsrechte auf dem öffentlichen Kapitalmarkt anbietet, ohne dass die Anleger hierbei einen ihre Interessen wahrenden Einfluss auf die Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses gehabt haben3.
19.9
Die Zulässigkeit von stillen Publikumsgesellschaften ergibt sich aus der allgemeinen Zulässigkeit atypischer Gestaltungen im Gesellschaftsrecht4, insbesondere kapitalistisch strukturierter Personengesellschaften5.
19.10
Folgende Gesichtspunkte sind wichtige Indizien für das Vorliegen einer stillen Publikumsgesellschaft:
19.11
– Beteiligung einer Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten stillen Anlegern an einem „stillen Verband“ oder „virtuellem Rechtsträger“6; – Beteiligung der stillen Anleger aus ausschließlich kapitalistischen Motiven; – Verwendung vorgefertigter Angebote zum Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags in großer Zahl; – Interessenten haben auf die inhaltliche Gestaltung (bis auf die Höhe der Anlagebeträge und die Laufzeit) keinen Einfluss; – für die Beurteilung der Frage, ab welchen Mindestbeträgen und Mindestanlagezeiten eine unternehmerische Beteiligung sinnvoll erscheint, ist nicht die Sicht des Unternehmers maßgeblich; es besteht vielmehr eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Anlagebeträge und der Laufzeiten in einer Angebotsvielfalt, um hierdurch dem Interesse der Anleger auf eine nach individuellen Bedürfnissen abgestimmte Anlageform nachzukommen;
1 Zutreffend Harbarth in Großkomm./HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 109. 2 Hierbei kommt es nicht auf die tatsächlich erreichte Gesellschafterzahl an; vielmehr ist die Ausgestaltung der Gesellschaftsverhältnisse als kapitalistische Beteiligung für eine Vielzahl von Anlegern entscheidend: BGH v. 9.11.1987 – II ZR 100/87, BGHZ 102, 172 (177). 3 Zur stillen Publikumsgesellschaft: BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 (241); BGH v. 3.5.1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11 (13); Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S. 121; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 21 III 1. 4 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 5, 88 ff. 6 Allein eine Mehrheit von stillen Gesellschaftern, deren Beteiligungen sich in einem bloßen Rechtsverhältnis zwischen den stillen Gesellschaftern und der unternehmenstragenden Gesellschaft begründen, genügt nicht: K. Schmidt, NZG 2016, 4 (6).
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433
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
– die unternehmenstragende Gesellschaft übt im Innenverhältnis die Rolle als Verwalterin des den stillen Gesellschaftern treuhänderisch zugewiesenen mitunternehmerischen Vermögens aus1, das der aus der unternehmenstragenden Gesellschaft und allen stillen Gesellschaftern gebildeten gesellschaftsrechtlichen Gestaltung zuzuordnen ist2; – der Umfang der unternehmerischen Betätigung der unternehmenstragenden Gesellschaft richtet sich von vornherein nach dem von den stillen Anlegern eingeworbenen Kapitalstock; – es werden laufend Gelder angenommen.
19.12 Aus der Eigenschaft einer stillen Publikumsgesellschaft, sowohl stille Gesellschaft als auch Massengesellschaft zu sein, ergeben sich Grenzen der Dispositionsfreiheit. Zunächst einmal müssen die Beschränkungen aus dem Recht der stillen Gesellschaft selbst beachtet werden. Es liegt nur dann eine stille Gesellschaft und nicht ein anderes Rechtsverhältnis vor, wenn die körperschaftliche Ausgestaltung die wesensprägenden Begriffsmerkmale einer stillen Gesellschaft berücksichtigt: Zwingender Natur sind die unentziehbare Handlungsbefugnis des Geschäftsinhabers (§ 230 HGB), das außerordentliche Kündigungsrecht des stillen Gesellschafters (§ 234 Abs. 1 Satz 2 HGB), das Kontrollrecht nach § 233 Abs. 3 HGB, das Kündigungsrecht des Gläubigers (§ 234 Abs. 1 Satz 1 HGB), die Beteiligung am Gewinn und die insolvenzrechtlichen Vorschriften (§ 236 HGB, § 136 InsO).
19.13 Im Übrigen hat die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags die allgemeinen gesetzlichen Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft zu berücksichtigen (siehe Rz. 9.7 ff.). Hierzu zählen nicht nur die §§ 134, 138 BGB, sondern auch diejenigen allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze, die einen unentziehbaren Mindestbestand an Gesellschafterrechten sichern. Die persönliche Rechtsposition des Gesellschafters in einer körperschaftlich strukturierten Gesellschaft ist durch den Grundsatz der Gleichbehandlung und die allgemeine Treuepflicht im Bestand geschützt3. 2. Geschichtliche Entwicklung und Perspektive
19.14 Bereits vor Schaffung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches (1861) kannte man stille Publikumsgesellschaften. Es bestand aufgrund der Entwicklung von Handel und Industrie das Bedürfnis, größere Mengen von Kapital in Gesellschaften zu binden. Die Rechtsform der Aktiengesellschaft war aber oftmals weniger geeignet, da in den meisten deutschen Ländern ihre Errichtung von einer staatlichen Genehmigung abhängig war (Konzessionssystem)4. Daher wurde schon damals die 1 Vgl. hierzu K. Schmidt, NZG 2016, 4 (6). Florstedt stellt für das Vorliegen eines mehrgliedrigen stillen Verbands nicht in erster Linie auf das Vorhandensein einer „Organisation“ ab, sondern auf die wirtschaftliche („wahre“) Inhaberschaft der stillen Anleger am Unternehmensvermögen; Florstedt, S. 57 ff. Letztendlich ist aber beides Spiegelbild der Erscheinungsform „stille Publikumsgesellschaft“. 2 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 (1425). 3 BGH v. 15.11.1982 – II ZR 62/82, BGHZ 85, 350 (361) = GmbHR 1983, 297. 4 Dies galt bis zur Aktienrechtsnovelle 1870, die im ADHGB das Registrierungsverfahren einführte; vgl. Assmann in GroßKomm/AktG, 4. Aufl. 2004, Einl. Rz. 21 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 26 II 2b.
434 Kauffeld
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
stille Gesellschaft als bevorzugte Gesellschaftsform für die Kapitalsammlung benutzt1. Entscheidend für die Erfolgsgeschichte „Publikumspersonengesellschaft“ im 20. Jahrhundert war das Steuerrecht, nämlich die Entdeckung der steuerbegünstigten Kapitalanlage2. Aus volkswirtschaftlichen und sozialpolitischen Gründen führte der Gesetzgeber zu Beginn der 60er Jahre verschiedene Steuervergünstigungen ein. Diese steuerliche Begünstigung geschah in erster Linie durch die Zulassung von erhöhten Abschreibungen, die an die Stelle der Absetzungen nach § 7 EStG a.F. traten, und von Sonderabschreibungen, die neben den Abschreibungen nach § 7 EStG a.F. in Anspruch genommen werden konnten3. Die erhöhten Absetzungen und Sonderabschreibungen fingierten steuerlich Verluste, die nicht notwendigerweise den tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Verlusten entsprechen mussten. Gefördert werden sollten strukturschwache Regionen sowie bestimmte benachteiligte Wirtschaftszweige und Personenkreise. An diesen Anlagen, bei denen die Anleger aufgrund einer mitunternehmerischen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an Buchverlusten partizipieren konnten, waren gut verdienende Teile der Bevölkerung interessiert, die aufgrund der Steuerprogression mit einem Spitzensteuersatz von 56 % den größeren Teil ihrer Einkünfte an den Fiskus abführen mussten. Die Verluste wurden im Wege des Verlustausgleichs nach § 2 Abs. 3 a.F. EStG mit den eigenen positiven Einkünften verrechnet und so die Einkommenssteuerlast in einkommensstarken Jahren gesenkt. Erträge aus den gebildeten stillen Reserven sollten dann in späteren, einkommensschwächeren Jahren bei niedrigerer Steuerbelastung realisiert werden. Neben einen Steuerstundungseffekt konnte somit günstigstenfalls auch eine tatsächliche Steuerentlastung treten. Daher wurden anfangs der 60er Jahre Publikumspersonengesellschaften in der Regel als Abschreibungsgesellschaften gegründet. Dieses geschah in der Folgezeit verstärkt in der Rechtsform der „Kapitalgesellschaft & Still“, da auch die Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG fallen und somit negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb darstellen, die der Anleger persönlich gewinnmindernd nutzen kann. Die Beteiligung einer Vielzahl stiller Gesellschafter zu gleichen Bedingungen an einem Geschäftsinhaber führte zur Anerkennung4 der Mehrgliedrigkeit der stillen Gesellschaft.
19.15
In der Folgezeit versuchte der Gesetzgeber immer wieder korrigierend auf die Ausnutzung der steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten einzuwirken. Im Jahre 1971 wurde zur Beseitigung der Nutzungsmöglichkeiten der Sonderabschreibungen die allgemeine Verlustklausel des § 7 Abs. 6 EStG a.F. eingeführt. Nach ihr durften Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen nicht mehr zur Entstehung oder Erhöhung eines Verlustes führen. Sie galt nicht für die Berlinförderung und nur eingeschränkt für Schifffahrtsbeteiligungen. Als Ausweichreaktion traten an die Stelle der Abschreibungs- die Verlustzuweisungsgesellschaften. Bei ihnen versprachen die Gesellschaften unter Aus-
19.16
1 Dietrich, Die Publikums-Kommanditgesellschaft, S. 24. 2 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Hebig/Zacharias, Handbuch der betrieblichen Vermögensbildung, Rz. 752 f.; Heid, DB 1985, Beilage 4, 2. 3 Kaligin, Risiken und Rechtsschutzmöglichkeiten des Kommanditisten, S. 1 f. 4 Die überkommene Auffassung betrachtete die stille Gesellschaft per definitionem als zweigliedrig: Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 228; Rasner, Die atypische stille Gesellschaft, S. 27 m.w.N. in Fn. 2.
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435
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
nutzung der Bilanzierungsvorschriften hohe Verlustzuweisungen von mehr als 100 % des eingesetzten Kapitals.
19.17 Mit dem Gesetz vom 20.8.19801 zur Änderung des KStG, EStG sowie weiterer Gesetze wurden durch die Einführung eines neuen § 15a EStG die Möglichkeiten der steuerlichen Geltendmachung von Verlusten weiter eingeschränkt (ausführlicher hierzu Rz. 22.69 ff.). Nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ist für einen Kommanditisten der Verlustausgleich ausgeschlossen, wenn ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Diese Regelung gilt gemäß § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG2 auch für einen atypisch stillen Gesellschafter und über den Verweis in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auch für den typischen stillen Gesellschafter.
19.18 Seit dem 1.1.1999 wurden die Regelungen der §§ 2 Abs. 3, 2b und 10d EStG a.F. den Verlustausgleich erheblich beschränkt. § 2 Abs. 3 EStG wurde jedoch teilweise und § 2b EStG vollständig zum 1.1.2004 wegen verfassungsrechtlicher Bedenken wieder aufgehoben. In der Folgezeit hat der Gesetzgeber allerdings durch Einführung des § 15b EStG zum 15.11.2005 (Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen) und des § 15 Abs. 4 Sätze 6–8 EStG zum 12.4.2003 (Verlusttransfer zwischen Kapitalgesellschaften mittels stiller Beteiligungen) die Verlustausgleichsmöglichkeiten weiter eingeschränkt (vgl. Rz. 22.68). Auch die durch die Unternehmensteuerreform 2008 eingeführte Zinsschranke (§ 4h EStG) für die mitunternehmerische atypische stille Gesellschaft und das Werbungskosten- und Verlustabzugsverbot (§ 20 Abs. 6 und 9 EStG) bei der typischen stillen Gesellschaft zielen auf die Vermeidung des Transfers von Verlusten oder des Abzugs von Fremdfinanzierungsaufwendungen. Daher kommt es den Anlegern bei ihrem Engagement in einer stillen Publikumsgesellschaft in erster Linie nicht mehr auf steuerliche Verlustzuweisungen an. Stattdessen erkennt die Wirtschaftspraxis die Vorteile der stillen Publikumsgesellschaft als anonyme Finanzierungsform, ohne Formerfordernisse, ohne Registereintragung (anders nur bei der Publikumsgesellschaft AG & Still, hierzu Rz. 8.26, 19.9, 19.32 ff.) und vor allem ohne Außenhaftung. Die Wirtschaftspraxis verschaffte sich damit in Gestalt des stillen Gesellschafters einer atypisch stillen Publikumsgesellschaft einen „bequemen Konkurrenten“3 zum Kommanditisten.
19.19 Wird die Erzielung einer möglichst hohen Rendite angestrebt, kommen als Geschäftsgegenstand solcher Gesellschaften besonders kapitalintensive und risikoreiche Geschäfte wie Explorationen oder Projekte zur Gewinnung regenerativer Energien in Betracht. Aber auch Film-, Fernseh- und Musikproduktionen werden finanziert. Wesentliche Bedeutung erlangten mit der Rentenreform 2001 auch die komplexe Altersversorgung und Vermögensbildung4. Daher stehen auch Modelle der privaten Altersvorsorge durch Beteiligung an stillen Publikumsgesellschaften im Anlegerinteresse5. Dabei erwiesen sich mehrgliedrige atypisch stille Publikumsgesellschaften seit dem Jahr 2003 als geeignete Rechtsträger für geschlossene Immobilienfonds oder für „Blind
1 BGBl. I 1980, 1545. 2 Zur Kritik am Wortlaut dieses Absatzes vgl. Meßmer, BB 1981, Beilage 1, 1 (13 f.); KnobbeKeuk, StuW 1981, 97 (102). 3 Wiedemann, WM 2014, 1985 (1987). 4 Wagner in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 15 Rz. 85. 5 Vgl. OLG Celle v. 15.5.1996 – 9 U 41/95, AG 1996, 370.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Pool“-Fonds, bei denen der Anleger zum Zeitpunkt der Zeichnung noch nicht weiß, welche Anlageobjekte angekauft werden. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass erstmals größeren Bevölkerungskreisen unabhängig von der Höhe ihres Einkommens Zutrittsmöglichkeiten zu solchen Beteiligungen eröffnet wurden. Dieser – auch gesellschaftsvertraglich – erheblich schutzbedürftigere Personenkreis verfügt regelmäßig über geringere Einkommen, so dass in zahlreichen Fällen eine Fremdfinanzierung der Beteiligung notwendig ist. Auch besteht aufgrund des unbestimmten Anlegerkreises für mehrgliedrige atypisch stille Publikumsgesellschaften eine Pflicht zur Herausgabe von Verkaufsprospekten. Schließlich werden die Beteiligungen an atypisch stillen Publikumsgesellschaften in der Regel von gewerblichen Vermittlern vertrieben. Hieraus ergeben sich eine Fülle schwieriger Fragen des Verbraucher- und Anlegerschutzes (hierzu Rz. 19.37 ff., 19.50 ff., 19.60 ff.; vgl. auch Rz. 19.92 ff.).
19.20
3. Die geeignete Rechtsform für Publikumsgesellschaften Typische Publikumsgesellschaften waren zunächst die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft auf Aktien, deren Angebot sich an den organisierten Kapitalmarkt richtete. Bis Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts war die Publikumsaktiengesellschaft die fast ausschließliche Rechtsform, derer sich Kapitalnachfrager am Markt bedienten. Dies änderte sich mit einer fortschreitenden Perfektionierung des Aktienrechts, insbesondere des Aktionärsschutzes, und der Entdeckung der steuerbegünstigten Kapitalanlage1. Neben die Publikumsaktiengesellschaften traten als Instrument für das Massenanlagegeschäft am Kapitalmarkt die Publikumspersonengesellschaften. Hier konnten die Kompetenzen der Geschäftsleitung fest bestimmt, das Kapital auf einfache Weise herauf- oder herabgesetzt sowie beliebig viele neue Mitgliedschaftsrechte begründet werden.
19.21
Von den Personengesellschaften scheiden sowohl OHG als auch GbR als Rechtsformen einer Publikumsgesellschaft aus. Bereits in der Vergangenheit waren die Anleger regelmäßig nicht bereit sein, sich über ihre Einlage hinaus an der Gesellschaft zu engagieren und eine persönliche Haftung zu übernehmen. Mittlerweile verbietet § 5b VermAnlG sogar ausdrücklich das öffentliche Angebot von Finanzanlagen, bei denen eine über den eingezahlten Anlagebetrag hinausgehende Haftung des Anlegers begründet wird. Mit einer solchen Nachschusspflicht wäre eine Beteiligung als OHGoder GbR-Gesellschafter an einer Publikumsgesellschaft nach § 128 HGB bzw. § 128 HGB analog verbunden. Somit kommen nur solche Rechtsformen der Personengesellschaften in Betracht, bei denen die Haftung des Gesellschafters auf seine Einlage beschränkt ist2. Für den Anleger verbleibt somit aus Haftungsgründen die Möglichkeit, sich als Kommanditist oder als stiller Gesellschafter an einer Publikumsgesellschaft zu beteiligen. Dies geschah zunächst vorwiegend in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Da die Zahl der stillen Gesellschafter nicht begrenzt ist, eignet sich jedoch auch die stille Gesellschaft zur Kapitalaufnahme auf dem „grauen Kapitalmarkt“ in besonderem Maße.
19.22
1 Moll, BB 1982, Beilage 3, 1 (3). 2 Kaligin, Risiken und Rechtsschutzmöglichkeiten des Kommanditisten, S. 4.
Kauffeld
437
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
19.23 Die stille Publikumsgesellschaft wird überwiegend als gewerbliche Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgestaltet. Während aber eine Mitunternehmerschaft bei einer Kommanditgesellschaft steuerlich immer schon dann anerkannt wird, wenn die Gesellschaft das gesetzliche Regelstatut der Kommanditgesellschaft mindestens annähernd erfüllt, wird der typische stille Gesellschafter steuerlich wie ein Darlehensgeber behandelt. Er bezieht Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Damit eine stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist, muss der stille Gesellschafter über ein gewisses, wenn auch geringes Maß an Unternehmerinitiative verfügen, so z.B. durch die Möglichkeit zur Ausübung von Stimm- und Kontrollrechten. Entscheidend aber ist, dass der stille Gesellschafter auch am Unternehmerrisiko teilnimmt. Dazu muss er am laufenden Gewinn und Verlust sowie in der Regel bei der Auseinandersetzung auch an den stillen Reserven und am Firmenwert beteiligt sein (siehe dazu eingehend Rz. 20.67 ff., insbesondere Rz. 20.73).
19.24 Mittlerweile übertreffen derart ausgestaltete stille Publikumsgesellschaften in Form der AG- oder GmbH & atypisch Still die früher bevorzugte GmbH & Co. KG hinsichtlich ihrer Bedeutung als „Kapitalsammelbecken“1. Wesentlicher Grund für die Wahl der stillen Publikumsgesellschaft ist die im Vergleich zur Publikums-KG günstigere Haftungssituation: Mangels Handelsregistereintragung besteht bei stillen Publikumsgesellschaften anders als bei der Publikums-KG nicht die Gefahr der Außenhaftung des Anlegers für Verbindlichkeiten des Inhabers des Handelsgeschäfts nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB2. Der stille Gesellschafter kann damit von Gesellschaftsgläubigern nicht direkt in Anspruch genommen werden, die Haftungsbeschränkung auf die Einlage besteht von Beginn der Beteiligung an und nicht erst wie bei der KG ab Eintragung im Handelsregister. Rückzahlungen auf die stille Einlage lassen die Haftung, anders als bei der KG nach § 172 Abs. 4 HGB, nicht wieder aufleben. Die Gründung, Kapitalerhöhung und -herabsetzung ist einfach und billig. Darüber hinaus können mit der Rechtsform der stillen Gesellschaft unproblematisch Beteiligungsgesellschaften an einzelnen Betriebsstätten oder Geschäftsbereichen begründet werden (siehe Rz. 6.35).
19.25 Da allerdings die stille Beteiligung an einer AG oder KGaA nach heute gesicherter Auffassung (vgl. Rz. 8.26) als Teilgewinnabführungsvertrag zu qualifizieren ist, bestehen in der Praxis erhebliche Probleme zur Umsetzung einer stillen Publikumsgesellschaft in der Rechtsform der AG & Still oder KGaA & Still. Sowohl die nach § 293 AktG bestehende Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung mit qualifizierter Mehrheit als auch die Notwendigkeit zur Eintragung in das Handelsregister erweisen sich als praktische Hürden von erheblicher Bedeutung, weil es bei stillen Publikumsgesellschaften, bei der die stillen Gesellschafter entweder parallel durch zahlreiche zweigliedrige Gesellschaftsverhältnisse oder über eine mehrgliedrige Gesellschaft mit vielen stillen Gesellschaftern an dem Handelsgewerbe einer AG oder KGaA beteiligt sind, entweder permanent zu Neuabschlüssen zweigliedriger Gesellschaftsverhältnisse oder zu Änderungen des Vertrags über die mehrgliedrige stille Gesellschaft kommt.
1 Blaurock in FS Heinsius, S. 33. 2 Keine analoge Anwendung der §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB: BGH v. 1.3.2010 – II ZR 249/08, GmbHR 2010, 814 = DStR 2010, 1489; OLG Schleswig v. 30.10.2008 – 5 U 66/08, NZG 2009, 256.
438 Kauffeld
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
4. Emission am „grauen Kapitalmarkt“ Stille Publikumsgesellschaften, deren Anteile öffentlich angeboten werden, dienen in der Regel als Kapitalsammelstellen für Investitionen in Immobilien oder gewerbliche Unternehmungen. Für derartige Beteiligungen besteht kein organisierter Handel. Sie werden am sog. „grauen Kapitalmarkt“ oder „freien Kapitalmarkt“ angeboten. Der „freie Kapitalmarkt“ ist Teil des Kapitalmarkts, der den Handel mit langfristigen Krediten und Beteiligungskapital (in verbriefter und unverbriefter Form) umfasst.
19.26
Die Popularität der stillen Publikumsgesellschaft als Rechtsform zur Kapitalsammlung am „Grauen Kapitalmarkt“ hat zwangsläufig auch legislatorische Beachtung gefunden und dazu geführt, dass stille Publikumsgesellschaften als Produkt des „Grauen Kapitalmarkts“ einer strengeren Regulierung unterworfen wurden, um der nicht anlegergerechten Vermittlung und Beratung hinsichtlich stiller Publikumsbeteiligungen entgegenzuwirken1. Mit dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz vom 28.10.20042 verfolgte der Gesetzgeber zunächst das Ziel, durch die Erweiterung der für Wertpapiere bereits bestehenden Prospektpflicht auf nicht in Wertpapieren verbriefte Anlageformen (§ 8f VerkProspG a.F.) und damit stille Beteiligungen, flankiert durch entsprechende Haftungsansprüche (§§ 13, 13a VerkProspG a.F.), den Anlegerschutz durch größere Produkttransparenz und Stärkung der Haftungsansprüche der Anleger zu verbessern3. Seit Inkrafttreten des Vermögensanlagengesetzes zum 1.6.2012 (VermAnlG) unterliegt die Emission von Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften einer nochmals deutlich umfassenderen Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), in deren Rahmen die BaFin auch eine Kohärenzprüfung vornimmt, also prüft, ob der Prospekt frei von inneren Widersprüchen ist4. Es steht damit nicht mehr jedermann frei, gewerblich Vermögensanlagen zu initiieren und zu platzieren, ohne einen Nachweis besonderer Qualifikation und über die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben erbringen zu müssen. Seit Inkrafttreten des VermAnlG zum 1.6.2012 können stille Beteiligungen an den Emittenten durch die Anbieter nicht mehr einfach in den unterschiedlichsten Ausgestaltungsformen angeboten werden. Vielmehr unterliegen stille Beteiligungen als Beteiligungen am Ergebnis eines Unternehmens i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG den Anforderungen des VermAnlG und damit der Kontrolle der BaFin. Daneben begründet das VermAnlG auch einen Anlegerschutz durch Werbe- und Vertriebsbeschränkungen, die Verpflichtung zur Herausgabe von Kurzinformationen und Warnhinweisen, eine Verlängerung der Ausschlussfristen zur Geltendmachung von Haftungsansprüchen von 6 Monaten auf zwei Jahre oder etwa das Verbot zur Emission von stillen Beteiligungen mit Nachschusspflichten. Daneben darf es sich bei der Ausgabe der stillen Beteiligung auch nicht um eine erlaubnispflichtige bankgeschäftliche Tätigkeit handeln, da dann die Aufsicht der BaFin aufgrund des KWG greift (vgl. hierzu Rz. 19.104).
19.27
Auch wurde die Gewerbeordnung angepasst und Finanzanlagenvermittler müssen nun eine behördliche Erlaubnis für ihr Gewerbe beantragen, wozu sie nach § 34f Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 GewO eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen und ei-
19.28
1 Bödeker, GWR 2011, 278 (278). 2 BGBl. I 2004, 2630. 3 RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 1. Daneben besteht strafrechtlicher Schutz für den Bereich der Publikumspersonengesellschaften auch durch § 264a StGB. 4 Bödeker, GWR 2011, 278 (279).
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ne IHK-Prüfung abgelegt haben müssen, die ihnen die notwendige Sachkunde über die fachlichen und rechtlichen Grundlagen sowie die Kundenberatung bescheinigt. Auch müssen sich die Vermittler im Vermittlerregister bei der örtlichen Industrieund Handelskammer registrieren lassen (§ 11a GewO).
II. Das Sonderrecht der stillen Publikumsgesellschaft 1. Die Errichtung der stillen Publikumsgesellschaft a) Gestaltungsvarianten
19.29 Stille Publikumsgesellschaften werden in erster Linie in zwei Gestaltungsvarianten umgesetzt. Zum einen durch die Beteiligung mehrerer stiller Gesellschafter auf der Grundlage mehrerer selbständiger, zweigliedriger, aber gleich lautender Gesellschaftsverträge, zum anderen durch die Beteiligung an einem einheitlichen mehrgliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnis mit allen Anlegern. Letztere führt zu einem mehrgliedrigen Innenverband, der neben den stillen Gesellschaftern auch den Unternehmensträger umfasst1.
19.30 Wenngleich die beiden Gestaltungsvarianten der stillen Publikumsgesellschaft einen gewissen Rechtsrahmen für die Ausgestaltung der Beteiligung vorgeben, führt die Vertragsfreiheit auch bei den stillen Publikumsgesellschaften zu einer großen Gestaltungsvielfalt im Einzelnen. Häufig ist eine als atypische stille Gesellschaft errichtete Publikumsgesellschaft so ausgestaltet, dass die stillen Gesellschafter das Anlagekapital aufbringen und der Geschäftsinhaber weder am Gewinn noch am Verlust nennenswert beteiligt ist, sondern eine Vergütung für die Geschäftsführung und Aufwendungsersatz erhält. Es besteht regelmäßig eine schuldrechtliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. In der Regel werden nicht nur die Kontrollrechte des § 233 HGB durch weitergehende Einsichts- und Auskunftsrechte erweitert, sondern darüber hinaus auch Widerspruchs- und Zustimmungsrechte bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen entsprechend § 164 HGB vereinbart. Hingegen spielt die Einräumung weit reichender Geschäftsführungsrechte bei Publikumspersonengesellschaften kaum eine Rolle2. Gelegentlich kommt es auch zur Kombination von stiller Beteiligung und Kommanditbeteiligung (zur sog. gesplitteten Einlage siehe auch Rz. 17.12)3. Dann handelt es sich immer um eine mehrgliedrige stille Gesellschaft4. In diesem Fall ist das gesellschaftsrechtliche Band zwischen den Anlegern als stille Gesellschafter und der Geschäftsinhaberin bereits durch das einheitliche Gesellschaftsverhältnis der Komplementärin und der Kommanditisten als Außengesellschafter der Kommanditgesellschaft begründet. In der Praxis nicht ungewöhnlich ist 1 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (76) = GmbHR 1994, 324 = NJW 1994, 1156; nach BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 (179) = GmbHR 1995, 224 besteht Gestaltungsfreiheit. Gewerbesteuerlich ist dies ohne Bedeutung: Es handelt sich in beiden Fällen um einen Gewerbebetrieb, BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BFHE 177, 332 = FR 1995, 789. Vgl. zu den unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten einer stillen Publikumsgesellschaft auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 83. 2 Blaurock in FS Heinsius, S. 33 (38). 3 BGH v. 12.5.1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160 = WM 1977, 1136; BGH v. 5.11.1979 – II ZR 145/78, NJW 1980, 1522; BGH v. 9.2.1981 – II ZR 38/80, NJW 1981, 2251 = WM 1981, 761. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, § 230 HGB Rz. 89 f.
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auch die Beschränkung der Beteiligung auf einzelne Geschäftsbereiche des Unternehmens1. Bei Zweigliedrigkeit besteht eine Vielheit von stillen Gesellschaftsverträgen2, die regelmäßig durch eine Innengesellschaft unter den stillen Gesellschaftern koordiniert werden3. Selbst die Verbindung aller stillen Gesellschaftsverhältnisse in einer Urkunde muss nichts anderes besagen4. Die den stillen Gesellschaftern zustehenden Kontroll- und Mitwirkungsrechte werden oftmals gebündelt durch einen gemeinsamen Vertreter oder Treuhänder5 wahrgenommen6. Auch die Verknüpfung der stillen Beteiligungsverhältnisse durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter den Beteiligten ist zahlreich7.
19.31
Bei der mehrgliedrigen Ausgestaltung ist der Wille der Beteiligten darauf gerichtet, nur eine stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern – ähnlich einer Kommanditgesellschaft mit mehreren Kommanditisten8 – zu errichten (sog. mehrgliedrige stille Gesellschaft)9. Mitunter wird eine mehrgliedrige Verbandsstruktur auch durch die Einschaltung eines Treuhänders ersetzt. Dann beteiligt sich allein der Treuhänder als stiller Gesellschafter am Unternehmen, während der Treuhänder seinerseits mit dem Treugeber einen Treuhandvertrag abschließt10. Treuhänderfunktion kann auch eine unter den Anlegern gebildete GbR haben. Aus dieser Form der mittelbaren stillen Beteiligung über einen Treuhänder oder eine GbR ergeben sich aber keine spezifischen Probleme für das Recht der stillen Publikumsgesellschaft11.
19.32
1 Albracht, Die stille Gesellschaft im Recht der Publikumspersonengesellschaften, S. 20. 2 Vgl. RG v. 1.2.1890, RGZ 25, 41 (45); Reinhardt/Schultz, Gesellschaftsrecht, S. 135; Saenger, Die stille Gesellschaft, S. 59; Harbarth in Großkomm./HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 107. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Auf. 2012, § 230 HGB Rz. 85. 4 K. Schmidt, NZG 2016, 4 (5). 5 Vgl. hierzu Blaurock, EWIR § 230 HGB 1/87, 1219 (Anm. zu BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, GmbHR 1988, 56). Im besprochenen Fall koordinierte eine GbR die Vielzahl der bilateralen Gesellschaftsverhältnisse. 6 Harbarth in Großkomm./HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 107 f. 7 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 (77) = GmbHR 1994, 324 = NJW 1994, 1156; BGH v. 14.11.1994 – II ZR 160/33, GmbHR 1995, 589 = NJW 1995, 1353 (1355). Harbarth spricht in diesen Fällen von einer „verbundenen zweigliedrigen Gesellschaft“: Harbarth in Großkomm./HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 107 f. 8 K. Schmidt spricht daher bei einer entsprechend organisierten GmbH & Still zutreffend von einer „virtuellen KG“ mit „virtuellem Gesamthandsvermögen“: K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (405 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 81. 9 Blaurock, NJW 1972, 1120. 10 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 87 f.; diese Konstellation wird im Weiteren nicht behandelt, vgl. zu stillen Beteiligung als Gegenstand von Treuhandverhältnissen: K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, Vor § 230 HGB Rz. 33 ff., insbesondere Rz. 44, 51, 57. 11 Daher kann an dieser Stelle auf die Ausführungen von Rspr. und Lehre zu den Treuhandverhältnissen an Publikumskommanditgesellschaften verwiesen werden. Anschaulich zuletzt BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379; BGH v. 11.1.2011 – II ZR 187/09, NZG 2011, 276; BGH v. 22.1.1979 – II ZR 178/77, BGHZ 73, 294; BGH v. 30.3.1987 – II ZR 163/86, ZIP 1987, 912; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, Vor § 230 HGB Rz. 86; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 66 ff., S. 123 ff.
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19.33 Wesensmerkmal der stillen Publikumsgesellschaft ist damit auch nicht eine der vorstehend beschriebenen rechtlichen Konstruktionen als zwei- oder mehrgliedriger Verband. Wesensmerkmal ist die ausschließlich kapitalistisch motivierte Beteiligung einer Vielzahl von untereinander in der Regel nicht bekannten stillen Gesellschafter1.
19.34 Die gewünschte Strukturierung der stillen Publikumsgesellschaft als kapitalistische Personengesellschaft wird allerdings durch das Bestehen mehrerer unabhängiger stiller Gesellschaften erschwert. Darum sind die Gesellschaften zweckmäßigerweise so zu bilden, dass nur eine mehrgliedrige stille Gesellschaft mit einer Mehrheit von Teilhabern errichtet wird. Es ist also im Folgenden davon auszugehen, dass die stille Publikumsgesellschaft nicht etwa ein Bündel von einzelnen stillen Gesellschaften ist, sondern dass eine einheitliche Gesellschaft vorliegt, die die Geschäftsinhaber und alle stillen Gesellschafter mit einem gesellschaftlichen Band umschließt2. Es können Kontrollorgane eingeführt werden (z.B. ein Beirat oder Aufsichtsrat) oder auch eine Gesellschafterversammlung, an der alle stille Gesellschafter und der Geschäftsinhaber teilnehmen.
19.35 Solche mehrgliedrigen Innenverbände, bei denen den stillen Gesellschaftern die einem Kommanditisten entsprechenden Rechte eingeräumt werden, haben in der jüngsten Zeit durch Entscheidungen des BGH und der Diskussion in der Literatur deutlich stärker an Kontur gewonnen, so dass man insoweit mittlerweile von einer gesicherten Rechtsfigur sprechen kann, für die sich der von Karsten Schmidt geprägte Begriff der „Innen-KG“ durchzusetzen scheint3.
19.36 In der Vertragspraxis kommt es mitunter vor, dass die vorstehend dargestellten Varianten der stillen Publikumsgesellschaft nicht sauber unterschieden werden. Stille Beteiligungsverträge enthalten so oftmals Regelungen, die auf verschiedene Gestaltungsvarianten bei derselben Publikumsgesellschaft schließen lassen. In solchen Fällen kommt es dann zur sachgerechten Einordnung der Gestaltung auf eine Gesamtschau aller Umstände an4. Dabei ist der Vertrag nicht nach dem Willen und der Vorstellung der Gründer auszulegen, sondern nach dem objektiven Erklärungsbefund5 (vgl. Rz. 19.33). Für die Annahme eines mehrgliedrigen stillen Gesellschaftsverhältnisses kommt es somit allein auf die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen an und es ist nicht erforderlich, 1 Zutreffend Harbarth in GroßKomm.HGB, § 230 HGB Rz. 109; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 75 Rz. 2. 2 Diese Auffassung, die es im Rahmen der für die stille Gesellschaft geltenden Vertragsfreiheit für möglich hält, mehrere stille Gesellschafter durch „ein alle Beteiligten umfassendes gesellschaftliches Band“ zu einer mehrgliedrigen stillen Gesellschaft zusammenzuschließen (so bereits sehr früh Koenigs, S. 4 u. 228 und Paulick, Handbuch der stillen Gesellschaft, 2. u. 3. Aufl., § 5 II 3 b), fand zunächst keine Zustimmung, ist nunmehr aber in der Rspr. und Literatur ganz herrschende Auffassung. 3 K. Schmidt weist zutreffend darauf hin, dass es sich bei dem still organisierten Verband um einen „Archetyp“ der stillen Beteiligung handelt (K. Schmidt, NZG 2016, 4 [8]), was Wiedemann wiederum durch Verweis auf die frühen Kodifikationen im Preußischen Allgemeinen Landrecht und dem österreichischem ABGB belegt (Wiedemann, NZG 2016, 1 [3]). Zur Begriffsprägung durch K. Schmidt seit mehr als 15 Jahren: K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (405 f.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 81; K. Schmidt, NZG 2014, 881 (883). 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 83. 5 OLG Hamburg v. 24.11.1995 – 11 U 174/93, DB 1996, 1403.
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dass im Gesellschaftsvertrag das Wort „mehrgliedrig“ ausdrücklich aufgeführt wird1. Bei der Auslegung ist auch zu berücksichtigen, dass man sich lange Zeit nicht der Möglichkeit zur mehrgliedrigen Ausgestaltung stiller Beteiligungsverhältnisse bewusst war. Daher dürfte immer dann, wenn die Binnenorganisation nicht nur der gemeinsamen Willensbildung und Kontrolle der stillen Gesellschafter dient, sondern auch der Geschäftsinhaber Teil der Binnenorganisation sein soll, eine mehrgliedrige stille Publikumsgesellschaft vorliegen. Darüber hinaus kann das Vorliegen einer von den Parteien gewollten mehrgliedrigen stillen Gesellschaft den folgenden Auslegungsumständen entnommen werden2:
19.37
– Gesellschaftsbeschlüsse werden von den stillen Gesellschaftern gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber in Gesellschafterversammlungen oder im schriftlichen Beschlussverfahren gefasst. – Für im Einzelnen aufgeführte, über den laufenden Betrieb hinausgehende Maßnahmen bedarf der Geschäftsinhaber eines zustimmenden Gesellschaftsbeschlusses. – Die stillen Gesellschafter haben Kontrollrechte wie Kommanditisten oder die Gesellschaft hat einen Ausschuss, der die Geschäftsführung des Geschäftsinhabers überwacht und dessen Mitglieder von den stillen Gesellschaftern gemeinsam mit dem Geschäftsinhaber in einer Gesellschafterversammlung durch Gesellschaftsbeschluss gewählt werden. – Die Kündigung eines stillen Gesellschafters (oder des Geschäftsinhabers) hat nicht die Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft insgesamt, sondern lediglich das Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters zur Folge. – Die unternehmenstragende Gesellschaft ist bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht „Geschäftsinhaberin“, sondern übt im Innenverhältnis die Rolle als Verwalterin des den stillen Gesellschaftern treuhänderisch zugewiesenen mitunternehmerischen Vermögens aus3. – Bei der Gewinnverteilung handelt es sich nicht um eine Gewinnabführung der Geschäftsinhaberin aus dem Eigenvermögen, sondern um eine Verteilung des Gewinns der stillen Publikumsgesellschaft nach KG-Regeln. – Der Umstand, dass die stillen Gesellschafter sich von vornherein mit unterschiedlichen Laufzeiten an der Gesellschaft beteiligen und ihr Gesellschaftsverhältnis unabhängig von den anderen Gesellschaftern gesondert beenden können, führt nicht zur Annahme bloß zweigliedriger Gesellschaftsverhältnisse. b) Beitritt zu einer stillen Publikumsgesellschaft Die Aufnahme neuer Gesellschafter erfolgt bei mehrgliedriger Ausgestaltung nach personengesellschaftsrechtlichen Regeln durch Vertrag mit allen bereits am Verband beteiligten. Wie bei der Publikums-KG ist es auch bei der stillen Publikumsgesellschaft zulässig, die Geschäftsinhaberin oder eine sonstige Vertrauensperson für den
1 So ausdrücklich BGH v. 27.1.2015 – II ZR 349/13, BeckRS 2015, 04821. 2 BGH v. 27.1.2015 – II ZR 349/13, BeckRS 2015, 04821. 3 Vgl. hierzu K. Schmidt, NZG 2016, 4 (6).
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19.38
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Abschluss neuer Aufnahmeverträge zu bevollmächtigen1. Es handelt sich nicht bloß um den Abschluss eines zweiseitigen Rechtsverhältnisses, sondern um den Eintritt neuer Gesellschafter2.
19.39 Regelmäßig sehen die Gesellschaftsverträge stiller Publikumsgesellschaften Beitrittserklärungen vor, durch die dem Geschäftsinhaber eine Einzelermächtigung zur Aufnahme weiterer stiller Gesellschafter erteilt wird. Im Übrigen dürfte sich, soweit man wegen der Auswirkungen auf das Unternehmen das Einverständnis aller Gesellschafter zum Beitritt weiterer Gesellschafter zur Voraussetzung macht, im Zweifel eine derartige Ermächtigung an den Geschäftsinhaber durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergeben. Stille Publikumsgesellschaften sind als Kapitalsammelstellen gerade darauf angelegt, Kapital durch die Aufnahme einer Vielzahl von Anlegern aufzubringen. c) Der Gesellschaftsvertrag aa) Form
19.40 Für stille Publikumsgesellschaften gilt der Grundsatz der Formfreiheit nicht. Zwar bedarf die Aufnahme eines stillen Gesellschafters in eine AG oder GmbH nicht der Form der §§ 179 Abs. 1, 181 AktG, 53 Abs. 2 GmbHG, da es sich weder um eine Satzungsänderung noch um eine Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz handelt. Jedoch erfordert bei einseitig vorformulierten Vertragswerken die vom BGH entwickelte Inhaltskontrolle die Eindeutigkeit und Erkennbarkeit gesellschaftsvertraglicher Pflichten. Hieraus resultiert ein Schriftformerfordernis3. Eine formlose Änderung des Gesellschaftsvertrages durch mehrjährige, vom Vertrag abweichende Übung, wie sie bei dem gesetzlichen Leitbild entsprechenden Personengesellschaften anerkannt ist, kommt bei Publikumsgesellschaften grundsätzlich nicht in Betracht. Bei stiller Beteiligung an einer AG & Still oder KGaA & Still führt die Qualifikation der stillen Beteiligung als Teilgewinnabführungsvertrag ebenso zum Schriftformerfordernis (§§ 292 Abs. 1 Nr. 2, 293 Abs. 3, 278 Abs. 3 AktG; vgl. hierzu Rz. 8.26). bb) Auslegung und Inhaltskontrolle
19.41 Während bei einer gesetzestypischen stillen Gesellschaft unter den Gesellschaftern der Grundsatz der Vertragsfreiheit gilt und bei Auslegungsfragen nach der subjektiven Auslegungsmethode vorzugehen ist, gelten bei der stillen Publikumsgesellschaft andere Grundsätze: Der Gesellschaftsvertrag einer stillen Publikumsgesellschaft ist, weil er seinem Charakter nach keine Individualvereinbarung, sondern eine Satzung ist, nach dem objektiven Erklärungsbefund auszulegen. Dabei bleiben Wille und Vorstellung der Gründer außer Acht, wenn sie nicht in dem Gesellschaftsvertrag ihren Niederschlag gefunden haben4. 1 Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 94 f. 2 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 14; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 84. 3 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 11; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 89 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 97. 4 OLG Hamburg v. 24.11.1995 – 11 U 174/93, DB 1996, 1403.
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Unternehmungen dieser Art bringen es mit sich, dass die Anlagegesellschafter untereinander und zu den eigentlichen Unternehmensgesellschaftern in keinerlei persönlichen oder sonstigen Beziehungen stehen. In der Öffentlichkeit geworben, können sie, wenn sie beitreten wollen, nur einen Gesellschaftsvertrag unterzeichnen, der fertig vorformuliert ist und auf dessen inhaltliche Ausgestaltung sie keinen irgendwie gearteten Einfluss ausüben können. Die Rechtslage ist daher ähnlich wie bei allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträgen, die nicht zwischen den Parteien ausgehandelt werden, bei denen vielmehr für eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle die künftigen Rechtsbeziehungen einseitig vorweg festgelegt werden und infolgedessen der Vertragskompromiss als Gewähr dafür fehlt, dass die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt worden sind. Ebenso wie dort besteht auch bei Gesellschaftsverträgen der hier vorliegenden besonderen Art zum Schutze der Anlagegesellschafter ein Bedürfnis, dem unter solchen Umständen leicht möglichen Missbrauch der Vertragsfreiheit mit Hilfe einer an den Maßstäben von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Inhaltskontrolle durch die Gerichte zu begegnen1.
19.42
Jedoch findet bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft aufgrund der Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 BGB keine Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen gemäß den §§ 305 ff. BGB statt, selbst wenn Bedingungen enthalten sind, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S. des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB gelten (vgl. hierzu Rz. 9.33)2. Kompensiert wird diese Unanwendbarkeit des AGB-Rechts aber dadurch, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die von einem Unternehmen für eine Vielzahl von Gesellschaftsverträgen mit stillen Gesellschaftern vorformulierten Vertragsbedingungen zu Recht einer ähnlichen objektiven Auslegung und Inhaltskontrolle wie allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen3. Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders. Des Weiteren sind Vertragsbestimmungen unwirksam, die die Anlagegesellschafter unangemessen in ihren Rechten beschränken oder sonst belasten4.
19.43
cc) Die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags Sofern sich die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft AG & Still an ein breites Anlagepublikum wenden will, also eine Vielzahl von Vertragsschlüssen angestrebt wird, erweist sich die Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zu jedem einzelnen Vertragsschluss nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 1 AktG und die Eintragung in das Handelsregister nach § 294 AktG als eine praktische Hürde5. 1 St. Rspr.: BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238; BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, ZIP 2001, 243; BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708); Wiedemann in FS Westermann, S. 585 (591). 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 125. 3 BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708). 4 BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 (239). 5 Vgl. BGH v. 21.7.2003 – II ZR 109/02, BGHZ 156, 38 (43); ausführlich hierzu und zur Zustimmungsproblematik bei der GmbH & Still unter Rz. 7.19 ff. Das KG Berlin hat in seinem Beschluss v. 24.3.2014 die herrschende Auffassung in der Literatur bestätigt, wonach stille Gesellschaftsverträge mit einer GmbH nicht – auch nicht analog § 294 AktG als Teilgewinnabführungsverträge – in das Handelsregister einzutragen sind: KG v. 24.3.2014 – 12 W 43/12, GmbHR 2014, 756 = NZG 2014, 668; hierzu K. Schmidt, NZG 2014, 881.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Allerdings sind die Zustimmung der Hauptversammlung und die Eintragung keine Voraussetzungen für den Vollzug der stillen Beteiligung i.S. der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft. Hierzu reicht vielmehr die Einlageleistung durch den stillen Gesellschafter in das Vermögen des Geschäftsinhabers aus1. Der Anleger kann dann auch bei Fehlen der aktienrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen seine Beteiligung nur ex nunc kündigen2, er muss sich allerdings explizit gerade auf diesen Grund beziehen3. d) Binnenorganisation der stillen Publikumsgesellschaft
19.45 Bei der stillen Publikumsgesellschaft ist es ebenso wie bei der Publikums-KG nicht sinnvoll, wenn jeder stille Gesellschafter seine Rechte, insbesondere seine Kontrollund Überwachungsrechte für sich allein ausübt. Deshalb wird auch die stille Publikumsgesellschaft derart körperschaftlich organisiert, dass die stillen Gesellschafter ihre Rechte dem Inhaber gegenüber nur gemeinsam über die Gesellschafterversammlung wahrnehmen können und dass ein Aufsichtsorgan die Geschäfte des Inhabers überwacht4. Wird eine Gesellschafterversammlung eingerichtet, so gehören dieser nicht nur die Anleger, sondern auch der Geschäftsinhaber an5. Es kommen aktienrechtliche Grundsätze zur Anwendung, so z.B. § 121 Abs. 4 AktG hinsichtlich der Einberufung der Gesellschafterversammlung6. Die Beschlussgegenstände müssen nicht entsprechend § 51 GmbHG zusammen mit der Einladung zur Gesellschafterversammlung mitgeteilt werden. Gesellschafter, die Aufgaben im Interesse aller stillen Gesellschafter wahrnehmen, können aufgrund Beschlusses der Gesellschafterversammlung für ihre Aufwendungen entlohnt werden, auch wenn sie Mitglieder eines fakultativen Beirats sind und für ihre anders gearteten organschaftlichen Aufgaben bereits eine Vergütung erhalten. Für eine gerichtliche Kontrolle der Angemessenheit des Aufwendungsersatzes in entsprechender Anwendung von § 113 AktG ist Raum7.
19.46 In der Regel sieht der Gesellschaftsvertrag der stillen Publikumsgesellschaft die Einrichtung eines Kontrollorgans in Gestalt eines Beirats, Verwaltungsrats oder Aufsichtsrats vor. Dabei ist zu beachten, dass es sich hierbei nicht um ein Kontrollorgan des Geschäftsinhabers handelt, das durch den Gesellschaftsvertrag des Geschäftsinhabers zu etablieren wäre, sondern um ein Organ der stillen Publikumsgesellschaft8. Die Errichtung eines Beirats dient der Koordinierung der stillen Gesellschafter und der Überwachung der Geschäftsführung. Hinsichtlich der Kompetenzen kann bei nicht geregelten Fragestellungen auf die Rechtsprechung zur Publikumskommanditgesellschaft zurückgegriffen werden9.
1 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 320/12, BeckRS 2013, 20423, Rz. 21 = juris. 2 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262) = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; zu den Rechtsfolgen der fehlerhaften Gesellschaft siehe Rz. 19.48. 3 BGH v. 8.5.2006 – II ZR 123/05, NZG 2006, 540 (541). 4 BGH v. 21.4.1980 – II ZR 144/79, WM 1980, 868; OLG Düsseldorf v. 13.3.1985 – 15 U 173/84, GmbHR 1985, 334 = WM 1985, 872. 5 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 26; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 84. 6 BGH v. 30.3.1998 – II ZR 20/97, NJW 1998, 1946. 7 BGH v. 30.3.1998 – II ZR 20/97, NJW 1998, 1946. 8 So auch Reusch, S. 196 und S. 200; Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 31. 9 Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 74 Rz. 32 m.w.N.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Die Zustimmung der Gesellschafterversammlung oder auch des Kontrollorgans wird in den Gesellschaftsverträgen lediglich bei einigen wichtigen Entscheidungen vorgesehen. Bei derartigen zustimmungsbedürftigen Maßnahmen handelt es sich um solche, mit denen der Geschäftsinhaber bei nicht abgestimmter Vornahme gegen seine gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungen zur Förderung des Gesellschaftszwecks und Erhaltung der Grundlagen des Handelsgeschäfts verstoßen würde (vgl. hierzu Rz. 12.9 ff.). Häufig werden den stillen Gesellschaftern die einem Kommanditisten zustehenden Befugnisse eingeräumt. Zumeist werden die stillen Gesellschafter berufen sein, über alle über den laufenden Geschäftsbetrieb hinausgehenden Maßnahmen der Hauptgesellschaft, der „Quasi-Komplementärin“, zu entscheiden.
19.47
Nehmen die Anleger ihre Rechte unmittelbar oder durch einen Treuhänder in der Gesellschafterversammlung wahr, so ist bei einer stillen Publikumsgesellschaft das Einstimmigkeitsprinzip zugunsten des Mehrheitsprinzips aufgegeben. Um angesichts der Vielzahl der Gesellschafter auf unvorhergesehene Ereignisse und Notwendigkeiten schnell zu reagieren, hatte der BGH für Publikumspersonengesellschaften bereits im Jahr 1984 den Bestimmtheitsgrundsatz aufgegeben1. Mittlerweile hält der BGH allgemein gefasste Mehrheitsklauseln in Gesellschaftsverträgen generell für uneingeschränkt wirksam2 und misst dem Bestimmtheitsgrundsatz für die erste Prüfungsstufe, also die formelle Legitimation einer Mehrheitsentscheidung, keine Bedeutung mehr zu3. Zu überprüfen ist eine Mehrheitsentscheidung lediglich noch auf einer zweiten Stufe hinsichtlich ihrer materiellen Wirksamkeit, also insoweit, ob trotz Zulassung der betreffenden Mehrheitsentscheidung im Gesellschaftsvertrag ein unzulässiger Eingriff in schlechthin unverzichtbare oder in „relativ unentziehbare“, das heißt in nur mit Zustimmung des einzelnen Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte vorliege4. Im zweiten Fall komme es darauf an, ob die Gesellschaftermehrheit die inhaltlichen Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung eingehalten und sich nicht etwa treupflichtwidrig über beachtenswerte Belange der Minderheit hinweggesetzt habe.
19.48
Mangels Geltung des Bestimmtheitsgrundsatzes ist es nicht erforderlich, dass der Gesellschaftsvertrag der stillen Publikumsgesellschaft die Beschlussgegenstände näher bezeichnen muss, über die durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden ist5. Auch ist darüber hinaus ein Anleger aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten, einer Maßnahme zuzustimmen, widersprechende Anleger werden zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft so behandelt, als hätten sie der Maßnahme zugestimmt. Eines Klageverfahrens zur Abgabe der Zustimmung nach § 894 ZPO bedarf es nicht6.
19.49
1 2 3 4 5
BGH v. 5.11.1984 – II ZR 111/84, GmbHR 1985, 152 = DB 1985, 479. BGH v. 21.10.2014 – II ZR 84/13, GmbHR 2014, 1303 = NJW 2015, 859. BGH v. 21.10.2014 – II ZR 84/13, GmbHR 2014, 1303 = NJW 2015, 859. BGH v. 21.10.2014 – II ZR 84/13, GmbHR 2014, 1303 = NJW 2015, 859 (860). Für die Frage der formellen Legitimation wurde der Bestimmtheitsgrundsatz vom BGH nunmehr endgültig für das gesamte Personengesellschaftsrecht aufgegeben. 6 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 II b; BGH v. 5.11.1984 – II ZR 111/84, GmbHR 1985, 152 = DB 1985, 479.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
e) Die stille Publikumsgesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage
19.50 Die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft hat für stille Publikumsgesellschaften insbesondere Bedeutung bei Widerruf des Beitritts nach § 355 BGB, nach Anfechtung der stillen Beteiligung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) und bei Rückabwicklungsverlangen in Gestalt von Schadensersatzansprüchen aus c.i.c. (§§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) oder Prospekthaftung. Fehlerhaft ist der Beitritt als stiller Gesellschafter auch dann, wenn die die allgemeinen gesetzlichen Schranken für die Errichtung einer stillen Gesellschaft nicht berücksichtigt wurden (siehe Rz. 9.7 ff.) oder bei der Beteiligung an einer AG die zwingenden §§ 292–294 AktG nicht beachtet wurden, insbesondere die Hauptversammlung der Beteiligung nicht zugestimmt hat oder diese nicht ins Handelsregister eingetragen wurde. aa) Ausgangsüberlegungen
19.51 Die Rechtsprechung unterwirft jede Form der stillen Beteiligung den Grundsätzen über fehlerhafte Gesellschaften1. Ein fehlerhafter Beitritt zur stillen Publikumsgesellschaft führt, sobald das Gesellschaftsverhältnis in Vollzug gesetzt, insbesondere die Einlage geleistet wurde, nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zu dessen Unwirksamkeit von Anfang an, sondern hat lediglich zur Folge, dass dem Anleger ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht, d.h. ein Recht zur außerordentlichen Kündigung, zusteht. Auch die Mehrheit in der Literatur2 erkennt bei einer Publikumsgesellschaft den Bestandsschutz gegen Nichtigkeitsfolgen an, da das stille Gesellschaftsverhältnis hinreichende organisatorische Elemente aufweise3.
19.52 Für den bei Abschluss eines stillen Gesellschaftsverhältnisses fehlerhaft aufgeklärten Anleger entschied der BGH daher zunächst auch, dass die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bis zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses der Durchsetzung eines auf Einlagerückgewähr gerichteten Schadensersatzanspruches aus vorvertraglichem Verschulden entgegenstehe4. Denn nach ständiger Rechtsprechung5 führt grundsätzlich nicht einmal ein durch arglistige Täuschung (§ 123 BGB) veranlasster Beitritt eines Anlegers zu einer Publikumsgesellschaft zur Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Anfechtungsvorschriften mit der Folge, dass die gesellschaftsrechtliche Stellung ex tunc beendet wird und die gezahlten Einlagen zurückzugewähren sind. Gleiches gilt bei mangelhafter Aufklärung im Zuge der Beitrittsverhandlungen (§§ 280, 311 Abs. 2 BGB) oder bei falschen oder fehlenden Prospektinformationen (§ 20 VermAnlG und § 306 KAGB)6. Bei einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft kann der fehlerhafte beige1 Siehe nur die jüngere Rspr. des BGH, BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 = WM 2005, 278 m. Anm. Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 472; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 = ZIP 2005, 2060; vgl. hierzu auch Rz. 11.1 ff. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 133 f.; weitere Nachweise zum Streitstand in der Literatur in Rz. 11.11. 3 Dieses verkennt das OLG Schleswig v. 13.6.2002 – 5 U 78/01, ZIP 2002, 1244 bei seiner ergebnisorientierten Argumentation. 4 BGH v. 24.5.1993 – II ZR 136/92, NJW 1993, 2107 (2108). 5 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345 f.). 6 Gerade in den Fällen falscher oder fehlender Prospektinformationen unterliegen nämlich alle stillen Beteiligungen demselben Fehler und hat sich ihre Rückabwicklung damit einheitlich
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tretene Anleger seine Mitgliedschaft nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft allein durch ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht beenden und erhält in diesem Fall – Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung – sein Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt1. Dieses wird in der Regel durch Verlustzuweisungen gemindert sein. Es ist sogar möglich, dass sich in der Auseinandersetzung ein Negativsaldo zulasten des Gesellschafters ergibt, so dass sich die Frage nach Nachschussforderungen gegen den austrittswilligen Gesellschafter stellt2. Diesem Regime unterliegen nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch die Mängel der Beitrittserklärung eines Anlegers3. bb) Folgen bei zweigliedriger Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses Keine uneingeschränkte Anwendung der Regeln der fehlerhaften Gesellschaft soll nach der Rechtsprechung des BGH jedoch in dem Fall einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft stattfinden. Ohne gesellschaftsrechtliche Verbindung zwischen den Stillen und damit zweigliedriger Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses soll der Anspruch des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber des Handelsgeschäfts auf Einlagenrückgewähr jedenfalls dann im Ergebnis keinen Beschränkungen nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft unterliegen, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts gleichzeitig verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht beigetreten wäre. Zur Begründung hat der BGH auf die Besonderheiten der stillen Gesellschaft (in dem damaligen Anlagemodell) im Gegensatz zu einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft abgestellt. Wer einer solchen Publikumsgesellschaft beitrete, um sein Vermögen anzulegen, könne bei einer mangelhaften Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojekts von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesellschaftsbeteiligung verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden könne. Der einzelne Gesellschafter habe auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten, trete insoweit auch nicht in Erscheinung und sei im Gegenteil bei seinem eigenen Eintritt in die Gesellschaft regelmäßig selbst getäuscht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Wohl aber habe der eintretende Gesellschafter Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Gesellschaft, gegen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Mängel seines Beitritts verantwortlich seien. In derartigen Fällen akzeptierte es der BGH mithin bislang, dass getäuschte Anleger ihre geleisteten Zahlungen unabhängig von den Ansprüchen anderer Anleger als Schadensersatz wegen zu gestalten. Damit verdrängen die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft die spezialgesetzlichen Haftungsbestimmungen der §§ 20 VermAnlG und 306 KAGB. Str., wie hier Ziegler, DStR 2005, 30 (32 f.); a.A. Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 71 Rz. 16 m.w.N. in Fn. 56. 1 Grundlegend BGH v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190; Westermann, ZIP 2002, 240 (241). Die Unwirksamkeit des Gesellschaftsbeitritts und damit als Rechtsfolge die Rechtsgrundlosigkeit und Rückforderbarkeit der erbrachten Leistungen i.S. des § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB besteht erst, wenn gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter, besonders schutzwürdiger Personen einer derartigen Rückabwicklung entgegenstehen. 2 So der Sachverhalt in BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. 3 Vgl. hierzu u.a. Westermann, ZIP 2002, 240 (243 ff.); Moll, BB 1982 Beilage 3, 1 (3); Domrich, Grundeigentum, 1103; a.A. OLG Rostock v. 1.3.2001 – 1 U 122/99, BB 2001, 906 = WM 2001, 1413 m. Anm. Mankowski, WuB IV D. § 1 HWiG 1.01; Rohlfing, NZG 2003, 854.
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vorvertraglichen Aufklärungsverschulden in vollem Umfang zurückverlangen können. Einem solchen Anspruch stehen nach Ansicht des BGH die Regeln von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen1, zumindest wenn es sich um zweigliedrige stille Gesellschaften handelt2.
19.54 In der Literatur finden sich für diese Lösung ebenso zustimmende3 wie ablehnende4 Meinungen. Bedenklich ist, dass mit der Entscheidung, dem Anleger Schadensersatzansprüche in Höhe seiner ursprünglichen Einlage unabhängig vom aktuellen Wert seiner Beteiligung (Abfindungsguthaben) zu gewähren, der mit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft verfolgte Bestandsschutz faktisch leer läuft5.
19.55 Sämtliche Entscheidungen betrafen Anlagemodelle, an denen eine Vielzahl von Anlegern als stille Gesellschafter beteiligt war. Diesen Gesellschaftern ist in der Regel bekannt, dass sie sich an einer in Form von gebündelten stillen Beteiligungen organisierten Publikumsgesellschaft beteiligen6. Ihnen ist ebenso bekannt, dass das Investitionskapital, an dem die Stillen häufig durch entsprechende Vertragsgestaltungen wirtschaftlich partizipieren, nur gemeinsam aufgebracht werden kann. Diese Zusammenhänge verbinden die zahlreichen einzelnen Stillen zu einer echten Leistungsund Risikogemeinschaft, aus der sich die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft rechtfertigt und damit auch der Schutz der Kapitalgrundlage. Wenn den Mitgesellschaftern vom BGH mit der Begründung, es handele sich um zweigliedrige, voneinander unabhängige Beteiligungen7, der Schutz versagt wird, so erscheint diese Sichtweise als zu formal. Auch der Einwand, demjenigen, der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht habe, dürfe es nicht zugutekommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt sei8, kann nicht überzeugen. Dies leuchtet zwar ein, soweit der Hauptgesellschafter eine natürliche Person ist. In den Fällen der in Form von stillen Publikumsgesellschaften organisierten Anlagemodelle ist der Hauptgesellschafter jedoch in der Regel eine Kapitalgesellschaft, deren Vermögen wiederum hauptsächlich aus den Einlagen der zahlreichen Anleger besteht9. Eine Inanspruchnahme trifft deshalb in erster Linie diese Anleger. Um eine Entlastung des Täuschenden zu vermei1 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 354/02, NZG 2004, 961; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 = ZIP 2005, 2060. 2 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); vgl. auch Goette, DStR 2006, 245. 3 Konzen in FS Westermann, S. 1133 (1151 ff.); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 135; Tettinger, DStR 2006, 903 (906 ff.); von Livonius, EWiR 2006, 133; Gehrlein, WM 2005, 1489 (1494 ff.); Wertenbruch, NJW 2005, 2823 (2825); Geibel, BB 2005, 1009 (1015); Bayer/Riedel, NJW 2003, 2567 (2571 f.); nur im Ergebnis Hey, NZG 2004, 1057; C. Schäfer, ZHR 170 (2006), 373 (394). 4 Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189 (197 ff.); Armbrüster, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, S. 35 ff.; Loritz, DB 2004, 2459; Lenenbach, WuB II H. § 230 HGB 2.05; Wagner, NZG 2005, 499; Wälzholz, DStR 2003, 1533 (1535). 5 Siehe bereits Blaurock, WuB II H. § 230 HGB 1.05; ähnlich Oechsler, NJW 2008, 2471 (2475). 6 Vgl. Armbrüster/Joos, ZIP 2004, 189 (192, 197 ff.) („koordinierte stille Beteiligungen“). 7 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); vgl. auch Goette, DStR 2006, 245. 8 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262); BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467 (469); BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 (58) = ZIP 2005, 2060. 9 Vgl. Armbrüster, Gesellschaftsrecht und Verbraucherschutz, S. 38.
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den, erscheint demgegenüber die Haftung der übrigen verantwortlichen Personen angezeigt. Hierfür steht insbesondere die Eigenhaftung des Vertreters (§ 311 Abs. 3 BGB) zur Verfügung. Berücksichtigt man, dass sich insbesondere atypische stille Anlegerbeteiligungen und Kommanditbeteiligungen häufig sehr ähnlich sind und die Wahl der Gesellschaftsform für das Anlageprojekt oftmals beinahe zufällig geschieht, so erscheint ein Gleichlauf in der Abwicklung fehlerhafter Beteiligungen geboten. Bei den (nicht stillen) Publikumsgesellschaften ist jedoch anerkannt, dass dem Anleger wegen der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft keine Schadensersatzansprüche gegen die Gesellschaft zustehen können, die über das Abfindungsguthaben hinausgehen1. cc) Folgen bei Mehrgliedrigkeit des Gesellschaftsverhältnisses Ob die Beschränkung eines auf Rückabwicklung gerichteten Schadensersatzes durch die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch dann wegfalle, wenn es sich nicht um die fehlerhafte Gründung einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft, sondern um den fehlerhaften Beitritt zu einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft handelt, ließ der BGH zunächst offen2. Dieses hat der BGH in zwei jüngeren Entscheidungen aus dem Jahr 2013 nunmehr ausdrücklich entschieden3. In seinen Entscheidungen führt der BGH zunächst einmal aus, dass Kapitalanleger, die mit einer Vermögenseinlage als stille Gesellschafter einer aus allen stillen Gesellschaftern und dem Inhaber des Handelsgewerbes bestehenden Publikumsgesellschaft beitreten, von dem Inhaber des Handelsgewerbes wegen eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens nicht im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung ihrer Beteiligung durch Rückgewähr der Einlagen Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus den stillen Beteiligungen verlangen können. Vielmehr steht ihnen nur ein Anspruch auf ein (etwaiges) Abfindungsguthaben nach den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft zu. Dabei kann es auch keinen Unterschied machen, ob die erbrachten Einlagen auf bereicherungsrechtlicher Grundlage oder als Schadensersatz zurückverlangt werden. In beiden Fällen ist der Anspruch des Kapitalanlegers auf die Höhe seines Abfindungsguthabens im Zeitpunkt des Ausscheidens begrenzt. Bereits bei der Berechnung des Abfindungsguthabens müssen die hypothetischen Abfindungsansprüche (nicht aber die Schadensersatzansprüche) aller anderen Anleger berücksichtigt werden. Zudem muss das Gesellschaftsvermögen eine Abfindung des Stillen zulassen. Ein stiller Gesellschafter kann damit einen ihm im Zuge seines Beitritts entstandenen Vermögensschaden unter Anrechnung seines gegebenenfalls bestehenden Abfindungsanspruches nur dann geltend machen, wenn dadurch die gleichmäßige Befriedigung von Abfindungs- oder Auseinandersetzungsansprüchen der übrigen stillen Gesellschafter nicht gefährdet wird.
19.56
Der BGH stellt dabei zu Recht darauf ab, dass Geschäftsinhaber und stille Publikumsgesellschaft nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Entgegen der Auffassung des BGH
19.57
1 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 387/03, BGHZ 156, 46 (51 f.); zuletzt BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018. 2 BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (262). 3 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 320/12, BeckRS 2013, 20423 = juris; BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, DNotZ 2014, 374. Als obiter dictum wird in beiden Entscheidungen vom BGH nochmals betont, dass die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch auf typische stille Gesellschaften anwendbar sind.
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erscheint eine solche isolierte Betrachtung allerdings auch schon in der zweigliedrigen stillen Gesellschaft nicht angebracht, denn auch bei einer solchen Gestaltung bedarf es der separaten Würdigung des Geschäftsinhabers in seiner Rolle als unternehmenstragende Gesellschaft sowie in seiner Rolle als Mitgesellschafter. In beiden Fällen sind die Einlagen der stillen Anleger dem Geschäftsinhaber in seiner Funktion als Unternehmensträger zugeflossen1. Für den geschädigten Anleger folgt hieraus, dass er gegenüber dem Geschäftsinhaber in seiner Funktion als Unternehmensträger allein auf die „Rückgewähr“ seiner Einlage in Form des ihm nach Kündigung zukommenden Auseinandersetzungs- bzw. Abfindungsanspruches verwiesen ist.
19.58 Nach Versagung eines auf Rückabwicklung der fehlerhaften Beteiligung gerichteten Schadensersatzanspruches erkennt der BGH im nächsten Schritt zutreffend, dass sich hieraus nicht die vollständige Versagung eines Schadensersatzanspruches gegen den Geschäftsinhaber ableitet. Ein über den eigenen Abfindungsanspruch hinausgehender Anspruch auf Ersatz des durch den Abfindungsanspruch nicht ausgeglichenen Schadens besteht allerdings nur dann, wenn (i) die Vermögenslage des Handelsbetriebs, (ii) die Höhe der – hypothetischen – Abfindungsansprüche der übrigen stillen Gesellschafter und (iii) die Liquidität der Publikumsgesellschaft es zulassen, dem einzelnen Anleger einen weitergehenden Schaden auszugleichen. Soweit das Vermögen der unternehmenstragenden Gesellschaft nicht reicht, um zusätzlich den Schadensersatzanspruch des Anlegers zu befriedigen, kann der Anleger seinen Schadensersatzanspruch zumindest dem Grund und der Höhe nach feststellen lassen. Von vornherein nicht erforderlich ist aber, ob das Vermögen des Geschäftsinhabers ausreicht, um Schadensersatzansprüche anderer Anleger zu befriedigen2. Im Übrigen bleibt es dem stillen Gesellschafter unbenommen, Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Gesellschaft, gegen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Mängel seines Beitritts verantwortlich sind, geltend zu machen3. f) Der Abschluss stiller Beteiligungen außerhalb von Geschäftsräumen aa) Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge nach §§ 312b, 312g BGB
19.59 Die Vorschrift des § 312g Abs. 1 BGB4 über den Widerruf von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen („AGV“) ist auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages über die Begründung eines Gesellschaftsverhältnisses anzuwenden, wenn der Zweck des Vertragsschlusses vorrangig in der Anlage von Kapital besteht und nicht darin, Mitglied einer Gesellschaft zu werden5. Dies soll auch dann gelten, wenn sich der Anleger außerhalb von Geschäftsräumen i.S. der §§ 312b, 312g BGB über einen 1 2 3 4
Hierzu grundlegend Blaurock/Gimmler, ZGR 2014, 371 (393). BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 (1426). BGH v. 19.7.2004 – II ZR 354/02, ZIP 2004, 1707. Gemäß Art. 229 § 5 EGBGB gelten bei Dauerschuldverhältnissen im Hinblick auf mögliche Widerrufsrechte seit dem 1.1.2003 nur noch die Vorschriften des BGB in der jeweils gültigen Fassung. 5 EuGH v. 15.4.2010 – C 215/08, NJW 2010, 1511 auf Vorlage des BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. Noch zum HWiG: BGH v. 17.9.1996 – XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254 (261); BGH v. 2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 (203); BGH v. 18.10.2004 – II ZR 352/02, NZG 2005, 35 (Kommanditgesellschaft); BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261 (Stille Gesellschaft); Grüneberg in Palandt, § 312 BGB Rz. 7; Westermann, ZIP 2002, 189 (197).
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Treuhänder mittelbar an der Publikumsgesellschaft beteiligt1. Voraussetzung der Anwendbarkeit des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB ist allerdings, dass der stille Gesellschafter Verbraucher ist. Ein Verbraucher ist gemäß § 13 BGB eine natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Zur privaten Sphäre gehört die Verwaltung und Anlage eigenen Vermögens2. In der Regel wenden sich Publikumsbeteiligungsgesellschaften an Verbraucher. Einem Verbraucher steht im Grundsatz ein Widerrufsrecht des Gesellschaftsvertrags zu, wenn der zum Beitritt führende Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen des Vertragspartners bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Parteien geschlossen wurde, wenn der Verbraucher sein Angebot außerhalb von Geschäftsräumen des Vertragspartners bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Parteien abgegeben hat, wenn der Vertrag zwar innerhalb der Geschäftsräume geschlossen wird, der Verbraucher aber außerhalb der Geschäftsräume persönlich und individuell angesprochen wurde oder aber wenn der Vertrag auf einem Ausflug geschlossen wurde, der organisiert wurde, um beim Verbraucher gezielt zu werben oder mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen (§§ 312b, 312g Abs. 1 BGB).
19.60
Die frühere Ausnahme vom Widerrufsrecht im Falle des Vertragsschlusses oder der entsprechenden Verhandlungen am Arbeitsplatz oder in einer Privatwohnung auf Bestellung des Stillen (§ 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB a.F.) wurde entscheidend eingeschränkt und ist in der heutigen Fassung für stille Beteiligungen ohne Relevanz (vgl. § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 BGB: Ein Widerrufsrecht besteht demnach in derartigen Situationen nur bei solchen Verträgen nicht, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen); auch die Bagatellausnahme des § 312 Abs. 3 Nr. 2 BGB a.F. wird in der aktuellen Gesetzesfassung nur noch in Form von erleichterten Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher gemäß Art. 246 Abs. 2 EGBGB aufgegriffen. Weiterhin gilt jedoch, dass der Stille den Vertragsschluss nicht widerrufen kann, wenn seine Willenserklärung notariell beurkundet worden ist (§ 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 13 BGB).
19.61
Der Widerruf muss innerhalb von 14 Tagen erfolgen (§ 355 Abs. 2 BGB). Die Frist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder des Art. 246b § 2 Abs. 1 EGBGB ordnungsgemäß unterrichtet hat (§ 356 Abs. 3 BGB).
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bb) Widerruf nach §§ 355 ff. BGB Falls die notwendige Belehrung nicht oder nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, so begann der Lauf der Zweiwochenfrist nach alter Gesetzesfassung nicht (§ 355 Abs. 2 Satz 1 1 Bei dem abgeschlossenen Treuhandvertrag handelte es sich im einen „Vertrag über eine entgeltliche Leistung“ i.S. von § 1 Abs. 1 HWiG, weil sich der Anleger in der Hoffnung der Gewinnerzielung zur Entgeltzahlung für den Erwerb eines für ihn von dem Treuhänder zu haltenden Gesellschaftsanteils verpflichtet hat: BGH v. 2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 = ZIP 2001, 1364. 2 BGH v. 23.10.2001 – XI ZR 63/01, ZIP 2001, 2224; BGH v. 10.6.1974 – VII ZR 44/73, BGHZ 63, 32 (33); BGH v. 10.5.1979 – VII ZR 97/78, BGHZ 74, 273 (276 f.); Ellenberger in Palandt, § 13 BGB Rz. 3.
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BGB a.F.). Der Umstand, dass damit theoretisch eine ewige Widerrufsmöglichkeit des Verbrauchers im Falle nicht ordnungsgemäßer Belehrung möglich war, hat sich nunmehr geändert: Das Widerrufsrecht erlischt mit Ausnahme von Verträgen über Finanzdienstleistungen (§ 356 Abs. 3 Satz 3 BGB) spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem in Abs. 2 oder § 355 Abs. 2 Satz 2 genannten Zeitpunkt (§ 356 Abs. 3 BGB in Umsetzung von Art. 10 Abs. 1 VerbrR-RL). cc) Höhe des Rückgewähranspruchs
19.64 Allerdings wird der Rückgewähranspruch infolge wirksamen Widerrufs nur in Ausnahmefällen sämtliche Beiträge in voller Höhe umfassen. Denn nach ständiger Rechtsprechung1 führt grundsätzlich nicht einmal ein durch arglistige Täuschung (§ 123 BGB) veranlasster Beitritt eines Anlegers zu einer Publikumsgesellschaft zur Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Anfechtungsvorschriften mit der Folge, dass die gesellschaftsrechtliche Stellung ex tune beendet wird und die gezahlten Einlagen zurückzugewähren sind; vielmehr kann bei einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft der getäuschte Anleger seine Mitgliedschaft nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft allein durch ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht beenden und erhält in diesem Fall – Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung – sein Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt2.
19.65 Bisher wurde ganz überwiegend davon ausgegangen, dass die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch im Fall der Beendigung der Mitgliedschaft in einer Publikumsgesellschaft nach dem Verbraucherschutzrecht Anwendung findet3. Auch nach einem wirksamen Widerruf sollte deshalb dem stillen Gesellschafter statt der geleisteten Vermögenseinlage lediglich sein Auseinandersetzungsguthaben auszuzahlen sein. Es stellte sich indes die Frage, ob eine solche Rechtsfolge mit der Vorgabe des Art. 5 Abs. 2 der Haustürgeschäfterichtlinie vereinbar ist, nach der der Verbraucher „aus allen aus dem widerrufenen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen [zu] entlassen ist“. Daran anknüpfend hat der BGH dem EuGH die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Zahlung nur des aktuellen Abfindungsguthabens nach ausgeübtem Haustürwiderruf aus nationalen gesellschaftsrechtlichen Gründen der Richtlinie widersprechen würde4.
19.66 Zu Recht führt der BGH insoweit Gründe an, die für die Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sprechen5. Im Ausgangspunkt liegt auch bei einem verbraucherschützenden Widerruf ein Mangel im Gesellschaftsverhältnis vor, bei dem zu berücksichtigen ist, dass eine Abwicklung organisationsrechtlicher Gebilde wegen der
1 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (345 f.). 2 Grundlegend BGH v. 28.11.1953 – II ZR 188/52, BGHZ 11, 190; Westermann, ZIP 2002, 240 (241). Die Unwirksamkeit des Gesellschaftsbeitritts und damit als Rechtsfolge die Rechtsgrundlosigkeit und Rückforderbarkeit der erbrachten Leistungen i.S. des § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB besteht erst, wenn gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter, besonders schutzwürdiger Personen einer derartigen Rückabwicklung entgegenstehen. 3 Zum HWiG: BGH v. 2.7.2001 – II ZR 304/00, BGHZ 148, 201 = ZIP 2001, 1364; BGH v. 18.10.2004 – II ZR 352/02, NZG 2005, 35; BGH v. 27.6.2006 – II ZR 218/04, ZIP 2006, 1388; BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460; Schubert, WM 2006, 1328. 4 BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460. 5 BGH v. 5.5.2008 – II ZR 292/06, Rz. 19 ff., ZIP 2008, 1018 = NZG 2008, 460.
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dort vorhandenen vielfältigen Rechtsbeziehungen nicht denselben Regeln folgen kann, wie die Abwicklung in zweiseitigen Austauschbeziehungen (siehe allgemein bereits Rz. 11.2 ff.), auf die die Haustürgeschäfterichtlinie lediglich zugeschnitten ist. Mit dem Verbraucherschutz ist auch kein der Anwendung der fehlerhaften Gesellschaft entgegenstehendes höherrangiges Interesse gegeben. Vielmehr verlangen die bei einem Austritt des Gesellschafters betroffenen Interessen gerade die ausgleichende Wirkung der fehlerhaften Gesellschaft. So ist zum einen das Interesse der Drittgläubiger am ungeschmälerten Bestand der Gesellschaft zu berücksichtigen1. Dieses Interesse wiederum muss gerade durch gesellschaftsrechtliche Institute wie die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft gesichert werden, da die Haustürgeschäfterichtlinie wegen ihres Zuschnitts auf zweiseitige Austauschverhältnisse hierzu keine Regelung bereithält. Ebenso sind die Bestandsschutzinteressen der Mitgesellschafter zu berücksichtigen. Es wäre problematisch, wenn sich aufgrund des Austritts einzelner Gesellschafter mit der Folge der Zahlung der ursprünglichen Einlageleistung sowohl die Beteiligungsbasis als auch die Vermögensbasis der Gesellschaft zulasten der Mehrheit rückwirkend verändern könnte. Hierdurch würde nicht nur der Zweck des Verbraucherschutzes für die überwiegende Anzahl der (Verbraucher-)Gesellschafter konterkariert, sondern es würde i.S. eines „Windhundrennens“ derjenige Verbraucher in ungerechtfertigter Weise privilegiert, der seine Beitrittserklärung am schnellsten widerruft und die Rückabwicklung vollzieht. Der EuGH hat sich letztlich diesen überzeugenden Ausführungen des BGH im Ergebnis angeschlossen und geht insoweit trotz der prinzipiellen Anwendbarkeit der Vorschriften des Widerrufsrechts auf die Beitrittserklärung von Verbrauchern davon aus, dass die Anwendung der Lehre der fehlerhaften Gesellschaft auf diese Konstellationen mit der Folge, dass ein Ausscheiden grundsätzlich nur mit ex-nunc-Wirkung ermöglicht wird, nicht europarechtswidrig ist2. Demzufolge steht das Europarecht der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen, wodurch eine Beschränkung des Verbrauchers in erster Linie auf sein Auseinandersetzungsguthaben weiterhin möglich ist.
19.67
Auf Grundlage der Rechtsprechung des BGH ist dann im Weiteren im Hinblick auf die Folgen des Widerrufs des Erwerbs der stillen Publikumsgesellschaft nach § 355 BGB danach zu unterscheiden, ob das Beteiligungsverhältnis zweigliedrig oder mehrgliedrig ausgestaltet ist. Im Fall einer zweigliedrigen stillen Gesellschaft soll der Geschäftsinhaber nach der Rechtsprechung des BGH verpflichtet sein, den stillen Anleger im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet3 (ausführlich hierzu Rz. 19.53 ff.). Bei mehrgliedriger Ausgestaltung der stillen Beteiligung besteht nach zwei parallelen Entscheidungen des BGH vom 19.11.2013 ein Schadensersatzanspruch des Stillen nach fehlerhaftem Beitritt dann, sofern die Befriedigung dieses Anspruchs nicht die gleich-
19.68
1 Das Verkehrsschutzinteresse greift freilich im Fall der stillen Gesellschaft als reiner Innengesellschaft nicht. Siehe bereits Rz. 11.5. 2 EuGH v. 15.4.2010 – C 215/08, NJW 2010, 1511. 3 BGH v. 19.7.2004 – II ZR 354/02, NZG 2004, 961; BGH v. 29.11.2004 – II ZR 6/03, NZG 2005, 261; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 476; BGH v. 26.9.2005 – II ZR 314/03, NZG 2006, 57 = ZIP 2005, 2060; vgl. auch Goette, DStR 2006, 245.
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mäßige Befriedigung von Abfindungs- und Auseinandersetzungsansprüchen der übrigen stillen Gesellschafter gefährdet1 (ausführlich hierzu Rz. 19.56 ff.). g) Der finanzierte Beteiligungserwerb aa) Das verbundene Geschäft
19.69 Die Regelung des § 358 BGB über verbundene Geschäfte erfasst auch den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft außerhalb von Geschäftsräumen, wenn er mit einem Finanzierungsvertrag i.S. des § 491 BGB verbunden ist. Hierbei erstreckt § 358 Abs. 1 BGB das für den Gesellschaftsbeitritt zur Publikumsgesellschaft geltende Widerrufsrecht nach § 312g BGB auch auf den Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB). Was verbundene Verträge sind, regelt § 358 Abs. 3 BGB. Erforderlich ist hiernach zum einen eine Verknüpfung beider Verträge, d.h. der Kredit muss zu dem Zweck gewährt werden, dass die Einlageschuld des stillen Gesellschafters beglichen wird. Zum anderen müssen beide Verträge aus der Sicht des Verbrauchers eine wirtschaftliche Einheit bilden, somit Geschäftsinhaber und Darlehensgeber dem Verbraucher wie eine Vertragspartei gegenüberstehen2. Nach § 358 Abs. 3 Satz 2 BGB ist eine wirtschaftliche Einheit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Nach Ansicht des BGH enthält diese Norm eine unwiderlegliche Vermutung. Die erforderliche Mitwirkung sei gegeben, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zustande komme, der von sich aus die Bank um Finanzierung seines Anlagegeschäfts ersuche, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Anlagevertreibers dem Interessenten zugleich mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt habe, das sich zuvor dem Anlagevertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte3. Durch den Widerruf entfällt nicht nur die Bindung an den Gesellschaftsbeitritt, sondern auch diejenige an den Verbraucherdarlehensvertrag. Beide Verträge sind gemäß § 357 BGB abzuwickeln. Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages dürfen dem Anleger nach § 358 Abs. 4 Satz 4 BGB nicht auferlegt werden. Der Ausgleich zwischen Geschäftsinhaber und Darlehensgeber richtet sich nach deren vertraglichen Abreden oder nach §§ 812 ff. BGB.
19.70 Widerruft der Gesellschafter allein den Verbraucherkreditvertrag (§ 495 BGB), so erstreckt § 358 Abs. 2 BGB das Widerrufsrecht auf den verbundenen Vertrag, den Gesellschaftsbeitritt. Beide Verträge sind grundsätzlich gemäß § 357 BGB abzuwickeln, § 358 Abs. 4 BGB. Allerdings ist der Zweck des Haustürwiderrufsrechts zu beachten, der es dem Kunden (Anleger) ermöglichen will, innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist frei und ohne Furcht vor finanziellen Nachteilen die Entscheidung zu treffen, ob er an seinen Verpflichtungserklärungen festhalten will oder nicht. Dieser Zweck macht es nach gefestigter Ansicht des BGH erforderlich, dass dem Darlehens-
1 BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, NZG 2013, 1422 (1424 ff.). 2 OLG Köln v. 5.12.1994 – 12 U 75/94, ZIP 1995, 21. 3 BGH v. 21.7.2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46 (51); BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 (257); jeweils noch zur Vorgängernorm § 9 Abs. 1 VerbrKrG.
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geber nach dem Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer in Höhe des Darlehenskapitals zusteht, sondern eine Rückabwicklung unmittelbar zwischen dem Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen hat1. Dies findet nunmehr auch seine Stütze in § 358 Abs. 2, Abs. 4 Satz 5 BGB. Hiernach tritt der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher in das Abwicklungsverhältnis anstelle des Unternehmers ein, sofern dem Unternehmer der Kredit bei Zugang der Widerrufserklärung bereits zugeflossen war. Im Ergebnis trägt die finanzierende Bank das Anlagerisiko, da sie vom Kreditnehmer nur die Übertragung des Gesellschaftsanteiles verlangen kann. Die sich daraus ergebenden Rechte unterliegen freilich den Regeln der fehlerhaften Gesellschaft2, die zwar nicht im Verhältnis Kreditnehmer/ Bank gelten3, wohl aber im Verhältnis Bank/Unternehmergesellschafter – zwischenzeitliche Verluste aus der Beteiligung muss also die Bank tragen4. Nach § 358 Abs. 2 BGB bewirkt ein Widerruf des Darlehensvertrages zugleich einen Widerruf des Gesellschaftsbeitritts. Auch wenn er gegenüber dem Darlehensgeber erklärt worden ist, ist er gegenüber dem Geschäftsinhaber wirksam. § 358 Abs. 2 BGB ist jedoch dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass der Verbraucher am Gesellschaftsbeitritt festhalten und sich nur vom Kreditvertrag lösen kann, wenn er den Widerruf auf den Kreditvertrag beschränkt.
19.71
Bedeutung hat die Verbindung der Geschäfte auch dann, wenn der Anleger bei dem Erwerb der stillen Beteiligung arglistig getäuscht worden ist. In diesem Fall ist der Anleger zur jederzeitigen fristlosen Kündigung der Beteiligung berechtigt und kann dem Darlehensrückzahlungsanspruch der finanzierenden Bank den gegen den Geschäftsinhaber zustehenden Abfindungsanspruch entgegenhalten, § 359 Satz 1 BGB5. Ansprüche gegen andere Personen wie Gründungsgesellschafter, Fondsinitiatoren, maßgebliche Betreiber, Manager und Prospektherausgeber kann der Anleger hingegen in diesem Rahmen nicht der Bank entgegenhalten6. Der Anleger kann aber neben der Gesellschaftsbeteiligung oftmals auch den damit verbundenen Darlehensvertrag anfechten, sofern bei der Vermittlung sowohl der Gesellschaftsbeteiligung als auch des Darlehens nur ein Vermittler aufgetreten ist und die Täuschung auch für den Darlehensvertrag kausal war, wovon bei einem verbundenen Geschäft nach Ansicht des BGH regelmäßig auszugehen ist7. Nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH8 steht dem Anleger im Falle des verbundenen Vertrages aber zusätzlich ein Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die kreditgebende Bank zu, sofern ihm aus der Beteiligung ein Vermögensschaden erwachsen ist. Dies ist vor allem rele-
19.72
1 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252; ebenso bereits BGH v. 17.9.1996 – XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254 (259 ff.); jeweils zu § 3 HWiG a.F. 2 Zu den europarechtlichen Bedenken an der Geltung der fehlerhaften Gesellschaft im vorliegenden Kontext und der entsprechenden Vorlagefrage durch den BGH an den EuGH siehe Rz. 19.48. 3 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 193/04, BGHZ 167, 252 (260). 4 C. Schäfer, DStR 2006, 1753 (1755); a.A. Westermann, ZIP 2002, 240 (244 f.). 5 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (249). 6 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (250) im Einvernehmen mit dem II. Zivilsenat, der zuvor anders entschieden hatte, BGH v. 14.6.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294 (311 ff.); zur neueren Verständigung der beiden Senate Goette, DStR 2006, 1099. 7 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (250 f.). 8 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 (251 f.); vgl. hierzu Goette, DStR 2006, 1099; Habersack, BKR 2006, 305; C. Schäfer, DStR 2006, 1753.
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vant, wenn die Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB verstrichen ist oder es an der Arglist fehlt. Nach Ansicht des BGH muss sich die Bank insoweit das täuschende Verhalten des Vermittlers zurechnen lassen, weil dieser nicht Dritter i.S. des § 123 Abs. 2 BGB sei. Eine derartige Zurechnung vorsätzlichen Verschuldens im Rahmen eines Schadensersatzanspruches habe bei einem verbundenen Geschäft zu erfolgen, um nicht im Verhältnis zur Zurechnung der arglistigen Täuschung in einen unvertretbaren Wertungswiderspruch zu geraten1. Nach dem Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) muss die Bank den Anleger so stellen, wie er ohne Täuschung gestanden hätte. Dann soll nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sein, dass der Anleger dem Fonds nicht beigetreten wäre und den Kredit nicht aufgenommen hätte. Die Bank müsste dies im konkreten Fall gegebenenfalls widerlegen. Dadurch wird das gleiche Ergebnis wie im Falle des ausgeübten Haustürwiderrufs erreicht, nämlich die Zuweisung des Anlagerisikos an die Bank. Der stille Gesellschafter und Kreditnehmer muss nicht den Kredit zurückzahlen, sondern nur seinen Fondsanteil bzw. nach Kündigung den Abfindungsanspruch an die Bank abtreten, die ihrerseits dem Anleger die Rückerstattung von Zins- und Tilgungsleistungen schuldet, abzüglich dem Anleger zugeflossene Fondsausschüttungen und Steuervorteile, die diesem im Wege der Vorteilausgleichung angerechnet werden.
19.73 Der Rückgriff des Darlehensgebers gegen den Geschäftsinhaber richtet sich nach den bestehenden vertraglichen Abreden, hilfsweise nach Bereicherungsrecht2. bb) Nicht verbundene Geschäfte
19.74 Die genannten Grundsätze gelten nicht, sofern es sich nicht um ein verbundenes Geschäft handelt. Bei Sachverhalten mit finanzierten Fondsbeteiligungen, die zeitlich vor dem 1.1.2002 entstanden sind, kann es trotz Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen des verbundenen Geschäfts an einem solchen fehlen, weil es sich bei dem Darlehen um einen sog. Realkredit handelt, der unter die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F. fällt3. Hiernach ist entscheidend, ob der Kredit von der Sicherung eines Grundpfandrechts abhängig gemacht wird. Es ist unerheblich, ob der Kreditnehmer das Grundpfandrecht selbst bestellt oder, wie regelmäßig im Falle von Fondsbeteiligungen, etwa ein globales Grundpfandrecht bereits vor Abschluss des Verbraucherkreditvertrages bestellt worden ist. Damit fällt bei entsprechender Ausgestaltung grundsätzlich auch der finanzierte Fondsbeitritt und nicht nur der finanzierte Immobilien- bzw. Wohnungseigentumserwerb unter die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG a.F.4. Allerdings findet sich eine solche Regelung im geltenden Recht nicht, auch die Ausnahmeregelung des § 358 Abs. 3 Satz 3 BGB gilt nur für den finanzierten Erwerb von Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten.
1 Kritisch Habersack, BKR 2006, 305 (309). 2 BGH v. 17.9.1996 – XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254 = ZIP 1996, 1940; Grüneberg in Palandt, § 359 BGB Rz. 21. 3 Vgl. die Überleitungsvorschrift des Art. 229, § 5 EGBGB, nach der u.a. das VerbrKrG für Schuldverhältnisse, die vor dem 1.1.2002 entstanden sind, gilt. 4 BGH v. 25.4.2006 – XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 (229 ff.); BGH v. 24.4.2007 – XI ZR 340/05, NJW 2007, 2404 (2405); anders vorher BGH v. 14.6.2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294 (308).
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Hat der Kreditnehmer in einem solchen Fall den Darlehensvertrag widerrufen, so kann er dem Anspruch der Bank auf Erstattung des Kreditbetrages nicht die fehlerhafte Gesellschaftsbeteiligung entgegenhalten, denn § 359 BGB gilt gerade nicht1. Der in dieser Vorschrift geregelte Einwendungsdurchgriff ist abschließend, er kann nicht für weitere Fälle auf § 242 BGB gestützt werden2. Der EuGH hat zwar Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie3 in der Weise ausgelegt, dass der Verbraucher vor den Risiken einer kreditfinanzierten Kapitalanlage zu schützen sei, die er im Falle einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung der Bank hätte vermeiden können4. Unter Bezugnahme auf diese Vorgaben hat der BGH offengelassen, welche Konsequenzen sich für den Fall ergeben könnten, in dem dem Anleger ein Haustürwiderrufsrecht bezüglich des Darlehensvertrags zusteht und er bei Abgabe seiner auf den Kreditvertrag gerichteten Erklärung noch nicht an das finanzierte Geschäft gebunden war. Zumindest jedoch für den Fall, dass der Anleger bereits an das finanzierte Geschäft gebunden war (Vertrag zur stillen Beteiligung zeitlich vor Darlehensvertrag), könne sich kein Abwicklungsmodus nach den Regeln des verbundenen Geschäfts ergeben. Denn in diesem Fall hätte auch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung durch die Bank den Verbraucher nicht vor den Anlagerisiken schützen können5. Diese mangelnde Kausalität steht nach Ansicht des BGH auch einem Schadensersatzanspruch, der sich auf der unterbliebenen Widerrufbelehrung gründet, entgegen6.
19.75
cc) Verstöße gegen Aufklärungspflichten Bei der Frage, inwieweit die Bank dem Kreditnehmer für Verstöße gegen Aufklärungspflichten haftet, gelten nur im Ansatz die anerkannten Grundsätze, nach denen der Bank eine Aufklärungspflicht etwa bei einem konkreten Wissensvorsprung in Bezug auf die arglistige Täuschung des Anlegers durch Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren auferlegt ist und nach denen der Kreditnehmer diesen Wissensvorsprung zu beweisen hat7. Der XI. Zivilsenat des BGH ergänzt sie vielmehr im Interesse der Effektivierung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen und Immobilienfondsbeteiligungen, die nicht als verbundene Geschäfte behandelt werden können, und um dem in den Entscheidungen des EuGH vom 25.10.20058 zum Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor Risiken von Kapitalanlagemodellen im nationalen Recht Rechnung zu tragen9. Im Wesentlichen kommt er dem Anleger mit Beweislasterleichterungen entgegen. Die Kenntnis der finanzierenden Bank von der arglistigen Täuschung durch den Vertreiber oder von ihm eingeschalteten Personen und somit ein Aufklärungspflichten begründender Wissensvorsprung werden widerleglich vermutet, wenn Fondsinitiatoren bzw. die von ihnen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und 1 2 3 4 5 6 7 8 9
BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (9). Grüneberg in Palandt, § 358 BGB Rz. 1. RL 85/577/EWG v. 20.12.1985, ABl. EG Nr. L 372, S. 31. EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-350/03, Slg. I 2005, 9215, Rz. 94 ff. (Schulte); EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-229/04, Slg. I 2005, 9273, Rz. 49 (Crailsheimer Volksbank). BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (12 f.). BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (16 ff.), m.w.N. zur Literatur. Allgemein Blaurock in FS Horn, S. 697 ff. EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-350/03, Slg. I 2005, 9215 (Schulte) und EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-229/04, Slg. I 2005, 9273 (Crailsheimer Volksbank). BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (22 ff.).
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Weise zusammenwirken, auch die Finanzierung der Anlage vom Fondsinitiator oder Vermittler angeboten wurde und deren Angaben evident unrichtig sind1. Für das institutionalisierte Zusammenwirken ist erforderlich, dass zwischen dem Fondsinitiator, den von ihm beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige Geschäftsbeziehungen bestanden. Derartige Geschäftsbeziehungen können etwa in Form einer Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter Vertriebsabsprachen bestehen. Sie können sich aus der Überlassung von Büroräumen durch die Bank an vom Fondsinitiator eingeschaltete Vermittler ergeben, aber auch aus der von der Bank unbeanstandeten Benutzung von Kreditformularen durch die Vermittler. Ständige Geschäftsbeziehungen sind auch darin zu sehen, dass die Vermittler dem Kreditinstitut wiederholt Finanzierungen von Beteiligungen desselben Objekts vermittelt haben. Das zur Beweislasterleichterung weiter erforderliche Angebot der Finanzierung durch den Vermittler liegt vor, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zu Stande kommt, der von sich aus eine Bank zur Finanzierung seiner Beteiligung sucht, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Fondsinitiators dem Interessenten im Zusammenhang mit den Anlageunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Fondsinitiator gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte. Die Voraussetzung der evidenten Unrichtigkeit liegt vor, wenn die Angaben des Vermittlers sich objektiv als grob falsch dargestellt haben, so dass sich aufdrängte, dass die kreditgebende Bank sich der Kenntnis der Unrichtigkeit der Tatsachen geradezu verschloss. h) Stellvertretung und Verbraucherschutz
19.77 Die Praxis beim Vertrieb von Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften wirft die Frage auf, wie das Verbraucherschutzrecht in Zusammenhang mit dem Stellvertretungsrecht des BGB anzuwenden ist. Anlass hierzu gibt die Vermittlung von Anteilen an stillen Publikumsgesellschaften durch unangekündigte Vertreterbesuche.
19.78 Ob die situationsbedingten Voraussetzungen des Verbraucherschutzes bei Abschluss eines Vertrages durch einen Vertreter für diesen oder aber für den Vertretenen vorliegen muss, regelte das Verbraucherschutzrecht nicht. Zu unterscheiden ist, ob beim Vertragsschluss ein Vertreter für den Verbraucher handelt oder ob der Vertreter für den Unternehmer auftritt. Für ersteren Fall räumt der XI. Zivilsenat des BGH in mittlerweile gefestigter Rechtsprechung2 dem Schutz des Rechtsverkehrs durch die Regeln des Stellvertretungsrechts den Vorrang vor dem Verbraucherschutz im Fall des Vertragsabschlusses bzw. der Vertragsanbahnung außerhalb der Geschäftsräume ein. Insbesondere ist der Darlehensvertrag, den der Treuhänder namens und in Vollmacht des Verbrauchers geschlossen hat, für diesen nicht deshalb unwirksam, weil er die Treuhandvertrags- und die damit verbundene Vollmachtserklärung aufgrund einer Verhandlungssituation i.S. des § 312b BGB abgegeben hat. Anders ist es jedoch, wenn der Unternehmer einen Vertreter oder Vermittler für sich handeln lässt. War der BGH
1 BGH v. 16.5.2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 (23 f.); BGH v. 24.4.2007 – XI ZR 340/05, NJW 2007, 2404 (2407). 2 BGH v. 28.3.2006 – XI ZR 239/04, NJW 2006, 2118; BGH v. 24.4.2001 – XI ZR 40/00, ZIP 2001, 911 = NJW 2001, 1931; BGH v. 2.5.2000 – XI ZR 150/99, BGHZ 144, 223 = ZIP 2000, 1155 = NJW 2000, 2268; BGH v. 2.5.2000 – XI ZR 243/99, ZIP 2000, 1158; BGH v. 2.5.2000 – XI ZR 108/99, ZIP 2000, 1152 = NJW 2000, 2270. Zustimmend Peters/Gröpper, WM 2001, 2199.
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im Einklang mit der früheren ganz h.M.1 zunächst davon ausgegangen, dass es darauf ankomme, ob dem Unternehmer das Handeln seines Vertreters oder Vermittlers in der Haustürsituation nach den Kriterien des § 123 Abs. 2 BGB zugerechnet werden konnte2, so entscheidet er später unter Einfluss der Rechtsprechung des EuGH zur Haustürwiderrufsrichtlinie3 anders. Demnach kommt es bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 312b BGB für das Bestehen eines Widerrufsrechtes allein darauf an, dass beim Vertragsschluss objektiv eine § 312b Abs. 1 BGB entsprechende Situation außerhalb von Geschäftsräumen vorgelegen habe4. Nach der früheren Ansicht des BGH war ein dem Verbraucherkreditgesetz (VerbrKrG) unterfallender Darlehensvertrag auch dann wirksam, wenn die dem Treuhänder erteilte Vollmacht die Angaben gemäß § 4 Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 VerbrKrG a.F. nicht enthielt5. Mit Einführung des § 492 Abs. 4 BGB ist jedoch der Schutz des Darlehensnehmers entscheidend verstärkt worden. Demnach müssen die in der schriftlichen Erklärung zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages gemäß § 492 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zwingend enthaltenen Angaben auch in einer auf einen solchen Vertragsabschluss gerichteten, vom Darlehensnehmer erteilten Vollmacht enthalten sein.
19.79
2. Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge a) Rechte und Pflichten der Gesellschafter Die Mitglieder eines mehrgliedrigen stillen Gesellschaftsverbandes sind aufgrund des Gesellschaftsvertrags verpflichtet, für die Erreichung des gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise tätig zu werden, die vereinbarten Beiträge zu leisten, unter Umständen auch am Verlust teilzunehmen und die Geschäfte zu führen. So müssen es die stillen Gesellschafter beispielsweise aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht nicht hinnehmen, dass der Inhaber die Einlage nicht bestimmungsgemäß verwendet oder dem Unternehmen bestimmungswidrig Vermögen entzieht6. Aus der Gesellschafterstellung ergeben sich aber auch konkrete Vermögensrechte wie der Anspruch auf anteiligen Gewinn, auf das Auseinandersetzungsguthaben oder auf Ersatz von Aufwendungen für die Geschäftsführung sowie bestimmte Verwaltungsrechte wie das Recht zur Geschäftsführung oder die Informations- und Kündigungsrechte.
19.80
aa) Einlagepflicht des Anlegers Im Allgemeinen hat der stille Gesellschafter nach Beendigung der stillen Beteiligung eine rückständige Einlage nur bis zur Höhe seines Verlustanteils zu erbringen7. Dennoch ist der stille Gesellschafter nach Kündigung oder Eintritt der Geschäftsinhabe1 2 3 4
Siehe nur Ulmer in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2007, § 312 BGB Rz. 30 m.w.N. BGH v. 14.6.2004 – II ZR 395/01, BGHZ 159, 280 (285 f.) m.w.N. EuGH v. 25.10.2005 – Rs. C-229/04, Slg. I 2005, 9273, Rz. 41 ff. (Crailsheimer Volksbank). Zum § 312 BGB a.F.: BGH v. 20.6.2006 – XI ZR 224/05, BKR 2006, 448 (449 f.); BGH v. 14.2.2006 – XI ZR 255/04, BB 2006, 853 = ZIP 2006, 652 = WM 2006, 674; Masuch in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2007; zum § 312b: Grüneberg in Palandt, § 312 BGB Rz. 8. 5 BGH v. 24.4.2001 – XI ZR 40/00, ZIP 2001, 911 = NJW 2001, 1931. 6 BGH v. 29.6.1987 – II ZR 173/86, GmbHR 1988, 56 = ZIP 1987, 1316; besprochen von Blaurock, EWIR § 230 HGB 1/87, 1219 f. 7 BGH v. 17.12.1984 – II ZR 36/84, GmbHR 1985, 213 = NJW 1985, 1079.
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19.81
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
rin in das Liquidationsstadium in vollem Umfang verpflichtet, seine übernommene Einlage zu entrichten, wenn sie nach den getroffenen Vereinbarungen Eigenkapitalfunktion hat und damit den Gläubigern der Publikumsgesellschaft als Haftungsmasse zur Verfügung stehen muss1. Dies ist so, wenn den stillen Gesellschaftern in atypischer Weise kommanditistenähnliche Mitwirkungsbefugnisse eingeräumt werden – beispielsweise über eine Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Geschäftsführung besteht – und die Kapitalzufuhr zur Erreichung des Gesellschaftszwecks objektiv notwendig ist2. Eine solche Eigenkapitalfunktion der Einlage des stillen Gesellschafters einer stillen Publikumsgesellschaft lässt seine Einlagepflicht trotz Kündigung fortbestehen. Die stille Einlage darf nach Kündigung nur insoweit in Anspruch genommen werden, wie das Kapital des Geschäftsinhabers zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreicht. bb) Informations- und Kontrollrechte der stillen Gesellschafter
19.82 In einer stillen Publikumsgesellschaft ist zwischen dem individuellen Informationsund Kontrollrecht des einzelnen Gesellschafters gegen die Gesellschaft und dem kollektiven Informations- und Kontrollrecht der Gesellschaft gegen ihre Organe zu unterscheiden3. Die individuellen Informations- und Kontrollrechte der einzelnen stillen Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft werden zumeist durch einen Vertreter oder Beirat wahrgenommen4. Der Vertreter bzw. Beirat erhält seinerseits das Recht und die Pflicht, die Prüfung des Jahresabschlusses durch Einsicht in die notwendigen Unterlagen vorzunehmen und sich von der Geschäftsführung regelmäßig Bericht erstatten zu lassen5. Nach Ansicht des BGH wird durch eine derartige Vereinbarung im Zweifel die Befugnis des stillen Gesellschafters zur persönlichen Ausübung dieser Kontrollrechte ausgeschlossen6. Die Mediatisierung der Informationsrechte findet jedoch ihre Grenze an den unabdingbaren Rechten des Anlegers. Nicht ausschließen lässt sich das Recht des einzelnen stillen Anlegers, eine abschriftliche Mitteilung über den Jahresabschluss der unternehmenstragenden Gesellschaft zu verlangen und Auskunft über Namen und Anschriften seiner Mitgesellschafter zu erhalten. Entsprechend der Rechtsprechung des BGH zu Publikums-Kommanditgesellschaften haben auch die stillen Gesellschafter ein Recht, von der Geschäftsinhaberin Auskunft über die Namen und Anschriften ihrer Mitgesellschafter zu verlangen7. Dieses gilt auch für solche Gestaltungsvarianten der stillen Publikumsgesellschaft, bei denen die Anleger nicht unmittelbar Gesellschafter der mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft sind, sondern (lediglich mittelbar) als Treugeber über einen Treuhänder am Geschäftsinhaber beteiligt sind8. Es besteht ein berechtigtes Interesse der stillen Anle-
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K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 60. LG Potsdam v. 14.8.2002 – 52 O 18/01, GmbHR 2002, 1068 = ZIP 2002, 1819. Terminologie nach K. Schmidt, Informationsrechte in Gesellschaften und Verbänden, S. 15 ff. Dazu näher Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 182 ff.; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 65 ff. OLG Düsseldorf v. 13.3.1985 – 15 U 173/84, WM 1985, 872 = GmbHR 1985, 334. BGH v. 16.1.1984 – II ZR 36/83, GmbHR 1985, 20 = ZIP 1984, 702 (704). BGH v. 11.1.2011 – II ZR 187/09, NZG 2011, 276. BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379. So auch K. Schmidt, der hierin einen wichtigen Schritt zur Erschließung eines Rechts der Innenverbände sieht: K. Schmidt, NZG 2011, 361 (362).
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
ger, im Wege eines selbständigen Eintrittsrechts selbst darüber zu entscheiden, auf welchem Weg und in welcher Weise sie sich an ihre stillen Mitgesellschafter wenden wollen, ohne hierbei auf die Geschäftsinhaberin oder die Treuhänderin als Mittlerin angewiesen zu sein. Das Auskunftsrecht des stillen Anlegers kann weder durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag noch durch eine Regelung in einem etwaigen Treuhandvertrag ausgeschlossen werden1. Eine entsprechende Regelung würde einer Inhaltskontrolle nicht stand halten und wäre unwirksam2. Entsprechend dem Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und dem Schikaneverbot (§ 226 BGB) darf die Auskunft nur dann verweigert werden, wenn an ihrer Erteilung kein vernünftiges Interesse besteht oder das Interesse so unbedeutend ist, dass es in keinem Verhältnis zu dem für die Erteilung erforderlichen Aufwand steht.
19.83
Die Ausübung der kollektiven Rechte obliegt in der Regel der Gesamtheit der stillen Gesellschafter. Grundsätzlich bedarf es hierzu eines Beschlusses der Gesellschafter3. Erkennt man entgegen der Auffassung des BGH4 bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft eine actio pro socio an5, so können die Informations- und Kontrollrechte zumindest auch im eigenen Namen durch Klage gegen den Inhaber geltend gemacht werden.
19.84
Maßstab für den Umfang des Informationsrechts muss das Informationsbedürfnis des Gesellschafters sein. Hinsichtlich der die Gewinninteressen des stillen Gesellschafters betreffenden Tatsachen besteht ein umfassendes Auskunfts- und Einsichtsrecht.
19.85
b) Haftungsverfassung der stillen Publikumsgesellschaft Grundsätzlich haften die Beteiligten einander aus dem Gesellschaftsvertrag für die Sorgfalt, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen (§ 708 BGB). Dieser gemilderte Haftungsmaßstab erklärt sich aus dem zwischen den Gesellschaftern bestehenden Vertrauensverhältnis. Daher findet § 708 BGB in den Fällen stiller Publikumsgesellschaften keine Anwendung6. Hier haften der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt7. Der Pflichtenmaßstab, an dem die Tätigkeit des Geschäftsinhabers zu messen ist, welcher die Geschäfte einer auf die Beteiligung einer unbestimmten Vielzahl stiller Gesellschafter ausgerichteten Publikumsgesellschaft führt, ist der eines ordentlichen Kaufmanns, §§ 93, 116 AktG8.
1 BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379. 2 BGH v. 5.2.2013 – II ZR 134/11, NZG 2013, 379; kritisch hierzu Altmeppen, NZG 2010, 1321 (1327); Asmus/Markwardt, ZIP 2012, 1581 (1588); Wolfer, GWR 2011, 77 (78 f.). 3 Schlitt, Die Informationsrechte des stillen Gesellschafters, S. 128. 4 BGH v. 14.11.1994 – II ZR 160/93, GmbHR 1995, 589 = NJW 1995, 1353. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 185, § 233 HGB Rz. 21; K. Schmidt in FS Bezzenberger, S. 401 (411 f.). 6 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 164. 7 Zur Publikums-KG: BGH v. 4.7.1977 – II ZR 150/75, BGHZ 69, 207 (209 ff.); BGH v. 12.11.1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 = GmbHR 1980, 127 (328). 8 Es gelten die Grundsätze zur Publikums-KG (BGH v. 12.11.1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 ff. = GmbHR 1980, 127) entsprechend: BGH v. 14.11.1994 – II ZR 160/93, GmbHR 1995, 589 = ZIP 1995, 738 = DB 1995, 1116; Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 118 f.
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19.86
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Der Schutzbereich des zwischen dem Geschäftsinhaber und seinem Geschäftsführer bestehenden Dienstverhältnisses kann sich auch auf die stillen Gesellschafter erstrecken1. Verstößt der Inhaber bei Ausübung des ihm zur Förderung der Interessen der stillen Gesellschafter verliehenen Geschäftsführungsrechte gegen seine Pflichten, indem er Gelder der Anleger, die zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks nicht benötigt werden, anderweitig verwendet, macht er sich schadensersatzpflichtig. Die stillen Gesellschafter haben einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als seien die schädigenden Handlungen nicht vorgenommen worden.
19.87 Ebenso wie die Geschäftsführer haften auch die Mitglieder des Überwachungsorgans bei der Erfüllung ihrer gleichwohl gesellschaftsvertraglichen Pflichten nicht nach § 708 BGB. Auch die Überwachungspflichten, die den Mitgliedern des Überwachungsorgans einer solchen Gesellschaft obliegen, sind mangels eines persönlichen Vertrauensverhältnisses in Anwendung des Sonderrechts der Publikums-KG entsprechend §§ 116, 93 AktG mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu erfüllen. Ebenso wie Kommanditisten einer Publikums-KG vertrauen auch stille Gesellschafter darauf, dass solche Überwachungspflichten unter Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erfüllt werden. Bilden die stillen Gesellschafter ihrerseits eine BGB-Gesellschaft und wählen aus ihrer Mitte einen Beirat, der über den sorgfältigen Umgang der Inhabergesellschaft mit den Einlagegeldern wachen soll, so ist auch dieser Beirat der BGB-Gesellschaft auskunftspflichtig2. Verletzt ein Mitglied des Beirats seine Überwachungspflicht, kann es auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden3.
19.88 Im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Regelungen über Verschuldensanforderungen, Haftungssummen und Verjährungsfristen müssen nach der Rechtsprechung den Anforderungen der §§ 93 AktG, 43 GmbHG genügen4. Insoweit sind abweichende gesellschaftsvertragliche Bestimmungen mit § 242 BGB unvereinbar5. Die Verjährungsfrist bei Pflichtverletzungen bei Geschäftsführungs-, Aufsichtsrats- und Beiratsmitgliedern muss daher stets fünf Jahre betragen (vgl. § 93 Abs. 6 AktG). Darüber hinaus ist jede Haftungsfreizeichnung auch im Bereich der leichten Fahrlässigkeit nach § 242 BGB unzulässig. 3. Ausscheiden des Anlegers und Abwicklung des stillen Gesellschaftsverhältnisses
19.89 Grundsätzlich führt die Auflösung der stillen Gesellschaft – sei es infolge Kündigung, Insolvenz oder Beschlussfassung – zur Vollbeendigung der stillen Gesellschaft und unmittelbar zur Auseinandersetzung zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter. Nach zutreffender Auffassung gilt der Grundsatz der Vollbeendigung aber nicht bei einer mehrgliedrigen atypischen Gesellschaft. Die Annahme einer Vollbeendigung würde den Besonderheiten der mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft
1 BGH v. 14.11.1994 – II ZR 160/93, GmbHR 1995, 589 = ZIP 1995, 738 = DB 1995, 1116. 2 So z.B. in OLG Düsseldorf v. 13.3.1985 – 15 U 173/84, WM 1985, 872 = GmbHR 1985, 334; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 21. 3 BGH v. 22.10.1979 – II ZR 151/77, WM 1979, 1425. 4 BGH v. 12.11.1979 – II ZR 174/77, BGHZ 75, 321 (327) = GmbHR 1980, 127; BGH v. 7.3.1983 – II ZR 11/82, BGHZ 87, 84 (87 f.). 5 BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238 = BB 1975, 804 (806).
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
nicht gerecht. Soweit die mehrgliedrige stille Gesellschaft als Innenverband ausgestaltet ist und der stille Gesellschafter einem Kommanditisten gleichgestellt wurde, muss bei einer stillen Publikumsgesellschaft wie bei einer Kommanditgesellschaft zwischen dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters und der Abwicklung des Gesellschaftsverhältnisses unterschieden werden1. Bei einer mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft führt die Auflösung der stillen Gesellschaft infolge Kündigung, Insolvenz oder Beschlussfassung der Gesellschafter nicht zur Vollbeendigung der stillen Gesellschaft, sondern zu deren Liquidation (vgl. Rz. 15.6)2. Dieses entspricht mittlerweile der ganz herrschenden Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung3. a) Insolvenz eines Gesellschafters Gemäß § 728 Abs. 2 BGB führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters, gleichgültig, ob der Geschäftsinhaber oder ein Anleger insolvent wird, zur Auflösung der stillen Gesellschaft4. Bei einer Publikumsgesellschaft wäre es nicht interessengerecht, wenn der Verband wegen der Insolvenz eines Anlegers aufgelöst werden würde. Daher scheidet der Anleger einer kapitalistischen stillen Publikumsgesellschaft nach dem Grundgedanken des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB aus dem Verband aus, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Für den Geschäftsinhaber gilt dies nur, wenn es sich bei ihm als Treuhänder des „Anlegervermögens“ um eine „Privatinsolvenz“ handelt. Nur dann ist es interessengerecht, die verbandsmäßigen Strukturen aufrechtzuerhalten. Ansonsten führt die Insolvenz des Geschäftsinhabers – wie in Rz. 19.74 ausgeführt – zu einer Auflösung der Gesellschaft mit anschließender „Innenliquidation“5.
19.90
b) Kündigung des Geschäftsinhabers Die Ausübung des Kündigungsrechts des Geschäftsinhabers in der stillen Publikumsgesellschaft unterliegt besonderen Schranken. Da bei einer stillen Publikumsgesellschaft das Unternehmensvermögen fast vollständig aus den Leistungen der stillen Gesellschafter stammt und der Geschäftsinhaber weder am Gewinn noch am Verlust beteiligt ist, bedarf es zu einer vom Geschäftsinhaber ausgesprochenen Kündigung eines sachlichen Grundes6. Der Anleger soll nicht ohne Grund auf seinen Abfindungsund Auseinandersetzungsanspruch verwiesen werden können, während der Geschäftsinhaber die mit dem nicht von ihm aufgebrachten Anlagekapital erworbenen Geschäftschancen für sich sichert. Diese Rechtsprechung schränkt das an sich unentziehbare gesetzliche Kündigungsrecht des Geschäftsinhabers ein (vgl. hierzu Rz. 15.27). 1 So auch anerkannt von K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 2; vgl. hierzu Rz. 15.1 ff. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 65. 3 OLG Köln v. 26.6.2014 – 18 U 204/13, BeckRS 2015, 05576; OLG Hamburg v. 31.10.2014 – 11 U 57/13, NZG 2015, 552; a.A. lediglich der 20. Zivilsenat des OLG München: OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, juris Rz. 49. 4 Zu den im Folgenden nicht genannten allgemeinen Auflösungsgründen vgl. Rz. 15.8 ff. 5 Vgl. hierzu OLG Hamburg v. 31.10.2014 – 11 U 57/13, NZG 2015, 552 m.w.N.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 6; a.A. der 20. Zivilsenat des OLG München: OLG München v. 30.4.2014 – 20 U 2169/13, juris Rz. 49. 6 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 = GmbHR 1994, 324 (78) = WM 1994, 593 (595).
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19.91
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
19.92 Unwirksam sind Hinauskündigungsklauseln, die dem Geschäftsinhaber das Recht einräumen, auch ohne wichtigen Grund aus freiem Ermessen die Mitgliedschaft zu kündigen, da andernfalls der Geschäftsinhaber ohne eigenes Risiko mit den von den Anlegern aufgebrachten Mitteln spekulieren könnte1. Darüber hinaus hat der BGH für eine Publikumsgesellschaft im Wege der Inhaltskontrolle eine Klausel für unangemessen gehalten, die dem Komplementär einseitig das Recht einräumte, die treuhänderisch gehaltenen Kommanditbeteiligungen nach freiem Ermessen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu übernehmen oder durch Dritte erwerben zu lassen2. Dies gilt auch für Übernahmeklauseln in Gesellschaftsverträgen von mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaften. Nicht zu messen sind Hinauskündigungsklauseln daran, welche Abfindung dem Gekündigten zu zahlen ist, da die Angemessenheit der Hinauskündigung als solche Voraussetzung des Ausscheidens, die Abfindung hingegen die Rechtsfolge des Ausscheidens darstellt3.
19.93 Weit reichende Ausnahmen von der Rechtsprechung des BGH, nach der derartige Hinauskündigungsklauseln grundsätzlich gemäß § 138 BGB als nichtig anzusehen sind, gelten aber im Falle eines sog. Manager-4 oder Mitarbeitermodells.5 Es geht bei derartigen Gestaltungen darum, einer Person aus der Geschäftsleitung oder einem verdienten Mitarbeiter unentgeltlich oder gegen Zahlung eines Nennwertes eine Minderheitsbeteiligung einzuräumen, die die betreffende Person bei Ausscheiden aus dem Unternehmen allerdings zurück zu übertragen hat. Diese Modelle sind in der Regel sachlich gerechtfertigt. Auch damit verbundene Abfindungsbeschränkungen auf den Betrag, den der Ausscheidende einst für den Erwerb des Anteils gezahlt hatte, sind dann grundsätzlich zulässig.6 Dabei kann es sich auch um die Einräumung einer stillen Beteiligung handeln, auf die die vom BGH entwickelten Grundsätze ebenfalls anzuwenden sind.7
19.94 Ist die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ist eine Kündigungsfrist bestimmt, so ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Kündigung ohne Einhaltung dieser Frist zulässig (§ 234 HGB, § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist sie bereits vor Invollzugsetzung des Gesellschaftsvertrags zulässig, da das Vertragsverhältnis als solches schon mit Vertragsschluss in Kraft tritt und gewisse Rechtswirkungen erzeugt8.
19.95 Bei öffentlich angebotenen Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften sieht § 5a VermAnlG vor, dass der stille Beteiligungsvertrag eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs der öffentlich angebotenen Beteiligung und eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten
1 BGH v. 7.2.1994 – II ZR 191/92, BGHZ 125, 74 = GmbHR 1994, 324 (78) = WM 1994, 593 (595). 2 BGH v. 21.3.1988 – II ZR 135/87, BGHZ 104, 50 = WM 1988, 939. 3 BGH v. 21.3.1988 – II ZR 135/87, BGHZ 104, 50 = WM 1988, 939 (942). 4 BGH v. 19.9.2005 – II ZR 173/04, BGHZ 164, 98 = GmbHR 2005, 1558. 5 BGH v. 19.9.2005 – II ZR 342/03, BGHZ 164, 107 = GmbHR 2005, 1561; dazu Habersack/Verse, ZGR 2005, 451. 6 BGH v. 19.9.2005 – II ZR 342/03, BGHZ 164, 107 (115 f.) = GmbHR 2005, 1561. 7 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 54. 8 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
vorsieht. Die Vereinbarung von ordentlichen Kündigungsrechten, die zu einer kürzeren Vertragslaufzeit führen könnten, ist daher von vornherein ausgeschlossen. Eine auf ein derartiges Kündigungsrecht gestützte ordentliche Kündigung des Geschäftsinhabers wäre unwirksam. Vertraglich ist bei stillen Publikumsgesellschaften für die Kündigungserklärung regelmäßig die Schriftform vorgesehen. Die Kündigung ist von der Vertretungsmacht des vertretungsberechtigten Organs der Geschäftsinhaberin gedeckt, da die inneren Rechtsverhältnisse der Gesellschaft nicht betroffen werden1. Die Kündigung kann sich als das Ausscheiden oder als die Ausschließung eines von mehreren stillen Gesellschaftern darstellen. In Betracht kommt aber auch eine auflösende Kündigung, die zu einer „Innenliquidation“ führt.
19.96
c) Kündigung durch den Anleger Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ist notwendiges Strukturelement bei Personengesellschaften, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Jeder Gesellschafter hat das unentziehbare Recht zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Voraussetzungen der §§ 132 und 134 HGB gegeben sind. Diese Vorschriften sind unabdingbar. Die Kündigung kann, wenn die Gesellschaft für unbestimmte Zeit eingegangen ist, nur für den Schluss eines Geschäftsjahres erklärt werden; sie muss mindestens 6 Monate vor diesem Zeitpunkt stattfinden (§ 132 HGB). Es genügt der Zugang beim Inhaber; eine Vollmacht zur Entgegennahme von Beitrittserklärungen erstreckt sich grundsätzlich auch auf die von Kündigungen2. Auch eine Kündigung vor Vollzug der Gesellschaft ist wirksam3.
19.97
Das ordentliche Kündigungsrecht kann durch den Gesellschaftsvertrag zwar modifiziert, aber nicht ausgeschlossen werden4; dies ist auch nicht auf Schleich- oder Umwegen, etwa durch praktisch unzumutbare Nachteile für den Kündigenden nach Ausübung seines Rechtes (z.B. Gewinnsperren u.Ä.), möglich, da solche Umgehungsbestimmungen entsprechend § 723 Abs. 3 BGB nichtig sind5. Wird daher die Ausübung des Kündigungsrechts im Gesellschaftsvertrag mit wirtschaftlichen Nachteilen verknüpft, die die Kündigung praktisch unmöglich machen, so ist darin ein unzulässiger Ausschluss oder eine unzulässige Beschränkung des Kündigungsrechts zu sehen; so etwa, wenn bei der atypischen stillen Publikumsgesellschaft mit Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters dieser für den Fall der ordentlichen Kündigung nicht an den Rücklagen beteiligt sein oder das Auseinandersetzungsguthaben erst nach einer langen Zeit ausbezahlt erhalten soll. Nichtig ist deshalb auch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der ordentlichen Kündigung. Regelmäßig dürfte bei stillen Publikumsgesellschaften auch die Vereinbarung einer Abfin-
19.98
1 BGH v. 26.10.1978 – II ZR 119/77, WM 1979, 71 (72); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 20. 2 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338 (347). 3 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277 m. Anm. H.-F. Müller, WuB II H. § 723 BGB. 4 BGH v. 20.12.1956 – II ZR 166/55, BGHZ 23, 10; BGH v. 19.1.1967 – II ZR 27/65, BB 1967, 309. 5 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 47.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
dung nur nach dem Buchwert des Handelsgeschäfts nichtig sein1, wenn dieser erheblich unter dem Wert liegt, der dem Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung gebührte2.
19.99 Gesetzlich beschränkt ist das ordentliche Kündigungsrechts des stillen Gesellschafters bei öffentlich angebotenen stillen Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften. Ebenso wie der Geschäftsinhaber ist auch der stille Gesellschafter an die Vorgaben des § 5a VermAnlG gebunden, wonach der stille Beteiligungsvertrag eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs der öffentlich angebotenen Beteiligung sowie eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten vorzusehen hat (hierzu Rz. 19.95).
19.100 Ist die Gesellschaft für eine bestimmte Zeit eingegangen, so ist die Kündigung vor dem Ablauf der Zeit nur zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ist eine Kündigungsfrist bestimmt, so ist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Kündigung ohne Einhaltung dieser Frist zulässig (§ 234 HGB, § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ist sie bereits vor Invollzugsetzung des Gesellschaftsvertrags zulässig, da das Vertragsverhältnis als solches schon mit Vertragsschluss in Kraft tritt und gewisse Rechtswirkungen erzeugt3.
19.101 Was als wichtiger Grund anzusehen ist, kann im Gesellschaftsvertrag näher geregelt werden (vgl. hierzu Rz. 15.33). Ein Verzicht auf die außerordentliche Kündigung ist allerdings nach § 723 Abs. 3 BGB nichtig. Es kann deshalb auch nicht eine Vertragsstrafe oder ein Austrittsgeld für den Fall der Kündigung rechtswirksam vereinbart werden. Zulässig ist dagegen die Vereinbarung, ein Schiedsgericht solle das Vorliegen eines wichtigen Grundes bindend feststellen, weil in der Übertragung der Entscheidung auf das Schiedsgericht keine Beschränkung des Kündigungsrechts liegt. Ebenso erscheint es unbedenklich zu vereinbaren, dass der stille Gesellschafter, der dem Inhaber einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung gegeben hat oder der aus einem in seiner Person liegenden und von ihm zu vertretenden wichtigen Grund fristlos kündigt, nur den Buchwert seiner Vermögenseinlage zurückerhalten, an den stillen Reserven aber nicht beteiligt sein soll.
19.102 Als wichtiger Grund kommt im Bereich der Publikumsgesellschaften insbesondere die arglistige Bestimmung zum Gesellschaftsbeitritt in Betracht4.
19.103 Erklärt werden muss die Kündigung nicht gegenüber allen Anlegern. Zugehen muss die schriftliche Kündigungserklärung beim Inhaber, dessen Vollmacht zur Entgegennahme von Beitrittserklärungen sich grundsätzlich auch auf die von Kündigungen er-
1 Ausführlich zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262 ff.; zur Zulässigkeit von Abfindungsbeschränkungen bei sog. Manager- oder Mitarbeitermodellen siehe Rz. 19.76. 2 OLG München v. 8.7.1992 – 7 U 1562/91, WM III 2126 mit zust. Anm. von Reusch, WuB II H. § 235 HGB 1.94, S. 439 (441 f.); Polzer in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 91 Rz. 7; wegen der Rechtsfolgen solcher unwirksamen Abfindungsklauseln vgl. Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 738 BGB Rz. 72 ff. 3 BGH v. 13.4.1995 – II ZR 132/94, WM 1995, 1277. 4 BGH v. 19.12.1974 – II ZR 27/73, BGHZ 63, 338, 347; BGH v. 12.5.1977 – II ZR 89/75, BGHZ 69, 160 (163); BGH v. 21.3.2005 – II ZR 310/03, NZG 2005, 467.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
streckt (vgl. Rz. 15.22). Er ist als bevollmächtigt anzusehen, die Kündigungserklärung für alle übrigen Gesellschafter entgegenzunehmen. d) Liquidationsbeschluss Rechtliche Relevanz erlangt der Umstand, dass bei einer mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft die Auflösung der stillen Gesellschaft nicht zur Vollbeendigung der stillen Gesellschaft, sondern zu deren Liquidation führt, auch im Fall einer Auflösung durch Liquidationsbeschluss. So ist in entsprechender Anwendung der Regeln über die Liquidation einer Kommanditgesellschaft die Anfechtung des Beitritts zu einer stillen Publikumsgesellschaft durch einen stillen Anleger unwirksam, denn dem einzelnen Gesellschafter ist ein Ausscheiden während des Auseinandersetzungsverfahrens nicht gestattet1. Anderes gilt aber für den Fall, dass keine Anfechtung des Beitritts zur stillen Publikumsgesellschaft erfolgt, sondern unter dem Gesichtspunkt eines Geschäfts außerhalb von Geschäftsräumen i.S. von § 312b BGB der Widerruf des Beitritts zur stillen Publikumsgesellschaft erfolgt. In einem solchen Fall würde die Anwendung vorstehender Grundsätze zu einer Einschränkung der nach der Richtlinie geschützten Verbraucherrechte bei einem Geschäft außerhalb von Geschäftsräumen führen. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 312b BGB (ebenso wie der §§ 312, 355 BGB a.F.) verbietet aber eine Einschränkung dieses Schutzes für den Fall der Liquidation einer Publikumsgesellschaft. Andernfalls würde das Widerrufsrecht bei wirtschaftlicher Betrachtung leerlaufen2.
19.104
4. Auseinandersetzung und Abfindung Bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft ist zu unterscheiden zwischen dem Ausscheiden des einzelnen stillen Gesellschafters und der „Innen-Liquidation“ der Gesellschaft infolge Auflösung des mehrgliedrigen Beteiligungsverhältnisses.
19.105
Die Abwicklung des mehrgliedrigen Beteiligungsverhältnisses geschieht durch den Geschäftsinhaber, bei Insolvenz durch dessen Liquidator.
19.106
Zu empfehlen ist die Vereinbarung von Abwicklungsrichtlinien im Gesellschaftsvertrag, ansonsten richtet sich die Abwicklung nach den für eine aufgelöste Gesamthandsgesellschaft geltenden Regeln, soweit sie entsprechend anwendbar sind3. Zu begleichen sind zunächst die Schulden des Geschäftsinhabers gegenüber Dritten. War der Geschäftsinhaber für die stillen Gesellschafter wie ein Treuhänder tätig, besteht grundsätzlich kein Recht des Geschäftsinhabers, das Unternehmen unter Abfindung der stillen Gesellschafter fortzuführen. Er muss das Unternehmen nach ihrer Weisung herausgeben oder für sie verwerten4.
19.107
Üblicherweise ist Rechtsgrundlage für die Auseinandersetzung nach Ausscheiden § 235 HGB. Danach hat sich der Geschäftsinhaber nach Beendigung des Beteiligungs-
19.108
1 Zur KG: BGH v. 11.12.1978 – II ZR 41/78, NJW 1979, 765. 2 So für den Fall des Widerrufs nach § 312 BGB a.F. jüngst OLG Stuttgart v. 6.4.2016 – 14 U 2/15, ZIP 2016, 863 (866). 3 Vgl. hierzu K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 63 ff. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 65.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
verhältnisses mit dem ausscheidenden Gesellschafter auseinander zu setzen und sein Guthaben in Geld zu berichtigen.
19.109 Für die Auseinandersetzung nach Ausscheiden aus einem mehrgliedrigen Verband enthält § 235 HGB keine Regelung. Der Anleger einer stillen Publikumsgesellschaft ist wie ein Kommanditist nach dem Verkehrswert seines Anteils abzufinden. Es empfiehlt sich, eine Beteiligung an den laufenden Geschäften abzubedingen. Im Übrigen kann der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Auseinandersetzung vorsehen1, die allerdings nur in den von der Rechtsprechung für Abfindungsklauseln bei Kommanditgesellschaften gezogenen Grenzen zulässig ist. a) Vereinbarung von Abfindungsklauseln
19.110 Überwiegend wird in der Praxis von der Möglichkeit abweichender Vereinbarungen im Gesellschaftsstatut Gebrauch gemacht. Die bloße Abfindung nach dem Verkehrswert wird als unzureichend empfunden, da das Kapitalerhaltungsinteresse der Geschäftsinhaberin außer Acht gelassen und einseitig das Auszahlungsinteresse des ausgeschiedenen Gesellschafters berücksichtigt wird. Daher sind im Hinblick auf einen Interessenausgleich in der Mehrzahl der Gesellschaftsverträge von Publikumsgesellschaften detaillierte Regelungen bezüglich der Abfindungsmodalitäten für den ausscheidenden Gesellschafter enthalten.
19.111 Die Rechtsposition des ausscheidenden Gesellschafters wird nicht nur durch eine betragsmäßige Beschränkung des Abfindungsanspruches eingeschränkt, sondern auch durch die Vereinbarung von Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen. Ein Ausschluss von der Beteiligung an den stillen Reserven durch Buchwertklausel ist nach den für Publikumsgesellschaften geltenden Regelungen unwirksam2. b) Inhaltskontrolle der Abfindungsvereinbarung
19.112 Als Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass gesellschaftsvertragliche Beschränkungen des Abfindungsrechtes eines Gesellschafters generell als zulässig angesehen worden sind und weiterhin als zulässig angesehen werden3. Die Freiheit der Parteien zu derartigen Vereinbarungen ist im Grundsatz unbestritten. Jedoch unterliegen Liquiditätsvorbehalte als Bestandteil eines Vertrages über den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft nach ständiger Rechtsprechung des BGH gemäß § 242 BGB der allgemeinen Inhaltskontrolle4.
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 10. 2 Zur Zulässigkeit von Buchwertklauseln bei stillen Publikumsgesellschaften Reusch, Die stille Gesellschaft als Publikumspersonengesellschaft, S. 262 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 64 m.w.N. 3 Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 131 HGB Rz. 120. 4 BGH v. 14.4.1975 – II ZR 147/73, BGHZ 64, 238; BGH v. 3.5.1982 – II ZR 78/81, BGHZ 84, 11; BGH v. 9.11.1987 – II ZR 100/87, BGHZ 102, 172; dem ist auch die Literatur überwiegend beigetreten, vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 5 III 4.; Uwe H. Schneider, ZGR 1978, 6; Schwark, ZGR 1976, 271 (292 f.); Huber, ZGR 1980, 179; Dannecker, Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften, S. 73 f.; grundsätzlich ablehnend Hille, Inhaltskontrolle der Gesellschaftsverträge von Publikumspersonengesellschaften, S. 183 f.
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So sind solche Klauseln, die Teile der Einlage von der sofortigen Rückzahlung des aus wichtigem Grund kündigenden Gesellschafters ausnehmen, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben unwirksam. Die Auszahlung des Abfindungsguthabens kann nur bei ordentlicher Kündigung des stillen Gesellschafters oder außerordentlicher Kündigung des Geschäftsinhabers unter einen Liquiditätsvorbehalt gestellt werden. Diesen Kündigungssituationen ist gemein, dass der Grund des Ausscheidens aus der Sphäre des Gesellschafters stammt. Anders liegt es aber in den Fällen der außerordentlichen Kündigung durch den stillen Gesellschafter. Dort ist der wichtige Grund nicht in der Person oder in einem Handeln des kündigenden Gesellschafters begründet. Für Gesellschafter, die den Grund zur außerordentlichen Kündigung nicht gesetzt haben, dürfen Nachteile nicht entstehen. Zu Recht formuliert Flume, „…, dass die Nichtbeschränkbarkeit des Abfindungsanspruchs ein integrierender Bestandteil des Rechts zur Kündigung aus wichtigem Grund ist …“1.
19.113
Auch muss, damit eine solche Vereinbarung einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle Stand hält, neben dem Liquiditäts- und Bestandserhaltungsinteresse der Gesellschaft dem Abfindungsinteresse des ausscheidenden Gesellschafters Rechnung getragen werden. Die Stundung des Abfindungsanspruchs darf den ausscheidenden Gesellschafter nicht unangemessen benachteiligen2, sondern muss sich im Rahmen des „Üblichen“ halten3. Sie darf aus der Einlage des Ausscheidenden nicht gegen seinen Willen einen dauerhaften Kredit machen4. Unter dem Gesichtspunkt der Voraussehbarkeit sollte in der Klausel die Angabe einer Obergrenze für den Zeitraum der Auszahlungsstreckung erfolgen. Gegen Treu und Glauben würde auch eine Abfindungsklausel verstoßen, bei der die Auszahlung alleine in das Ermessen des Geschäftsinhabers gestellt werden würde. Als unbedenklich wird eine vom Einzelfall losgelöste Stundungsvereinbarung von bis zu fünf Jahresraten bei marktgerechter Verzinsung erachtet5, eine Stundungsfrist über zehn Jahre ist in aller Regel unzulässig6.
19.114
Die Vereinbarung einer Rücksichtnahmepflicht bedeutet aber nicht, dass der ausscheidende Gesellschafter seine eigenen Interessen gänzlich den Interessen der Gesellschaft unterordnen muss. Vielmehr ist ein Ausgleich zwischen den beiden Interessenpositionen zu finden7. Hieraus folgt, dass die Inhaberin zur Befriedigung des Abfindungsanspruches eines ausgeschiedenen Gesellschafters auch Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu veräußern hat, soweit dies ohne größere Verluste möglich ist. Im Übrigen kann sie den ausscheidenden Gesellschafter auf eine Ratenzahlung verweisen, wobei das Abfindungsguthaben marktgerecht zu verzinsen ist. Die Gesell-
19.115
1 2 3 4 5
Flume, BGB AT I/1, S. 186; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2c ee. Schäfer in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2013, § 738 BGB Rz. 65. Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil, S. 330. OLG Dresden v. 18.5.2000 – 21 U 3559/99, GmbHR 2000, 718 = DB 2000, 1221. Vgl. BGH v. 20.9.1993 – II ZR 104/92, BGH BGHZ 123, 281; Westermann in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. I 1169; Habermeier in Staudinger, 12. Bearb. 2003, § 738 BGB Rz. 38. 6 BGH v. 9.1.1989 – II ZR 83/88, NJW 1989, 2685 (2686) für eine 15-jährige Auszahlungsfrist; Heckelmann, Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen, S. 147; Schäfer in MünchKomm/ BGB, 6. Aufl. 2013, § 738 BGB Rz. 65; Habermeier in Staudinger, 12. Bearb. 2003 § 738 BGB Rz. 38; Roth in Baumbach/Hopt, § 131 HGB Rz. 68. 7 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 50 IV 2c cc; Westermann in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. 1153.
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schaft ist hierbei gehalten – unter Berücksichtigung der Struktur des Anlagevermögens – möglichst schnell eine erste Rate auszuzahlen1. Bei Ratenzahlung muss die Gesellschaft einen umfassenden Geschäftsplan vorlegen, der die Einzelheiten der Ratenzahlung ebenso darlegt wie die vorgesehenen Maßnahmen zur Beschaffung der erforderlichen Mittel. An den Geschäftsplan sind hohe Anforderungen zu stellen, da der ausscheidende Gesellschafter im Vergleich zur sofortigen Abfindung ein höheres Insolvenzrisiko tragen muss2. Der vorzulegende Geschäftsplan muss ferner dem gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragen. Soweit der Gesellschaft unvorhergesehene neue Mittel in erheblichem Umfang zufließen, muss darüber hinaus eine Anpassung des Ratenzahlungsplanes erfolgen und eine schnellere Auszahlung der Abfindungen erfolgen.
III. Anlegerschutz im Recht der Publikumsgesellschaft
19.116 Neben dem bereits dargestellten verbraucherschützenden Sonderrecht für stille Publikumsgesellschaften (Rz. 19.37 ff., 19.50 ff., 19.60 ff.) bestehen noch weitere allgemeine Rechtsinstitute, die einem Missbrauch der kapitalistisch organisierten Publikumsgesellschaft entgegenwirken. 1. Prospekthaftung
19.117 Bei der Prospekthaftung sind zwei Formen zu unterscheiden: die allgemeine zivilrechtliche (oder auch bürgerlich-rechtliche) und die spezialgesetzlich geregelte3. Bei der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung hat man noch weiter zwischen der (bürgerlich-rechtlichen) Prospekthaftung im engeren und im weiteren Sinne zu unterscheiden4.
19.118 Der Vertrieb von Anlagen am sog. grauen Kapitalmarkt, zu denen auch stille Publikumsbeteiligungen gehören, war in der Vergangenheit der wichtigste Anwendungsbereich der richterrechtlich entwickelten allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung (im engeren Sinne). Durch die in den letzten Jahren kontinuierlich ausgedehnte spezialgesetzliche Prospekthaftung ist jedoch der Anwendungsbereich der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne erheblich eingeschränkt worden, namentlich wird nun auch der Vertrieb von Anlagen auf dem grauen Kapitalmarkt erfasst. Nach weiterer Vervollständigung der Regelungstrias aus WpPG, VermAnlG und KAGB durch das KAGB (hierzu Rz. 19.61 ff.) sind der allgemein-zivilrechtlichen Prospekthaftung wohl die letzten Anwendungsfelder entzogen worden und es ist schwer vorstellbar, dass stille Publikumsbeteiligungen öffentlich mittels Prospekt angeboten werden, für die noch die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne greifen könnte5. Im Anwendungsbereich der für Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften geltenden §§ 20, 21 VermAnlG und §§ 306, 307 KAGB ist 1 Vgl. auch Lange, NZG 2001, 635 (637). 2 Kritisch zum Gedanken des Insolvenzrisikos: Jens Ziegler, DB 2000, 2107 (2108). 3 Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 135; Assmann in Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 4. 4 Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 135. 5 So nunmehr auch BGH v. 21.10.2014 – XI ZB 12/12, NJW 2015, 236 (Rz. 72); Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 21.
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daher die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne gesperrt1. a) Allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung Die bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne wird nicht durch die spezialgesetzliche Prospekthaftung verdrängt, weil es sich bei ihr um eine „normale“ Haftung aus c.i.c. aufgrund des § 311 Abs. 2 und 3 BGB handelt, die darauf beruht, dass bestimmte Personen, vornehmlich aus dem Kreis der für den Prospekt Verantwortlichen für ihre Person tatsächlich das Vertrauen der Anleger bei den Beitrittsverhandlungen in Anspruch nehmen2. Für Mängel des bei den Verhandlungen benutzten Prospekts haftet nur derjenige, der Vertragspartner des Anlegers geworden ist oder hätte werden sollen. Ausnahmsweise kann daneben der für den Vertragspartner auftretende Vertreter, Vermittler oder Sachverwalter in Anspruch genommen werden, wenn er in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat oder wenn er ein mittelbares, eigenes wirtschaftliches Interesse am Abschluss des Geschäfts hat3.
19.119
Die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung im weiteren Sinne kann damit bei einer Publikumsgesellschaft alle Personen treffen, die in die Gestaltung des Prospekts oder in das Vertriebssystem einbezogen sind und die durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken oder Erklärungen einen besonderen Vertrauenstatbestand geschaffen haben (z.B. Anlagevermittler oder Rechtsanwälte bzw. Wirtschaftsprüfer, die an den Prospekten offen mitgewirkt haben)4. Für die Annahme eines besonderen persönlichen Vertrauens ist dabei erforderlich, dass der Anspruchsgegner eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und ordnungsgemäße Erfüllung des Vertrags übernommen hat. Anknüpfungspunkt der Prospekthaftung im weiteren Sinne ist dementsprechend nicht die Verantwortlichkeit für einen fehlerhaften Prospekt, sondern eine selbstständige Aufklärungspflicht als Vertragspartner oder Sachverwalter auf Grund persönlich in Anspruch genommenen – eben nicht nur typisierten – besonderen Vertrauens, zu deren Erfüllung er sich des Prospekts bedient.
19.120
Verletzt der Vertragspartner oder Sachverwalter seine Aufklärungspflicht, kann der Anleger sich auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens berufen und Scha-
19.121
1 Die Frage ist noch nicht endgültig geklärt. Wohl überwiegend wird jedoch die Auffassung vertreten, dass insbesondere das VermAnlG gerade die Aufgabe hat, den gesamten grauen Kapitalmarkt einer Regulierung einschließlich insbesondere der Prospektpflicht und Prospekthaftung zu unterwerfen. Damit verdränge aber die umfassend spezialgesetzlich geregelte Prospekthaftung für ihren Anwendungsbereich die allgemeine bürgerlich-rechtliche Prospekthaftung im engeren Sinne mit der Folge, dass für diese nur noch in den wenigen Fallgruppen Raum bleibe, in denen (wie namentlich in den sog. Altfällen) keine gesetzliche Prospektpflicht besteht oder doch bestand; vgl. hierzu Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 136. 2 Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 158. 3 St. Rspr. des BGH; vgl. nur BGH v. 23.4.2012 – II ZR 211/09, Rz. 23, NJW-RR 2012, 937. 4 BGH v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337. Der Anwendungsbereich der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung ist jedoch durch die nunmehr auch im Bereich des grauen Kapitalmarkts eingeführte spezialgesetzliche Prospekthaftung eingeschränkt worden, wobei das genaue Verhältnis umstritten ist, siehe dazu Rz. 19.100.
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densersatz verlangen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH1 entspricht es der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist. Dass gerade dieser Prospektfehler zum Scheitern des Projekts geführt hat, ist dabei nicht erforderlich2.
19.122 Richtet sich der Schadensersatzanspruch nicht gegen den Geschäftsinhaber (in diesem Fall kann nach den Beschränkungen aufgrund der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft im Interesse der übrigen stillen Gesellschafter nur auf solche Vermögenswerte zugegriffen werden, die nicht für die Auseinandersetzung der stillen Gesellschaft benötigt werden, vgl. hierzu Rz. 11.11, 11.32), sondern gegen einen Dritten, der besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat, so schuldet der Dritte die Rückzahlung der erbrachten stillen Einlage und den Ersatz eines etwaigen Folgeschadens (z.B. Zinsschadens) Zug um Zug gegen Übertragung der Anlage3. Sind grundlegende Aufklärungspflichten verletzt worden, besteht der Anspruch auch, wenn nicht die unrichtig dargestellten, sondern andere Risiken zu einem Wertverfall geführt haben4.
19.123 Schadensersatzansprüche gegen die Adressaten der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung verjähren nach §§ 195, 199 BGB innerhalb von 3 Jahren ab Kenntnis des Anlegers vom Prospektmangel5.
19.124 Maßgeblich sind die von der Rechtsprechung zur allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne entwickelten Maßstäbe hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit der Prospektangaben allerdings für die deliktische Haftung wegen Kapitalanlagebetruges (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264a StGB), welche sich außer durch die Länge der Verjährungsfrist nur dadurch von der Prospekthaftung unterscheidet, dass sie vorsätzliches statt fahrlässiges Verhalten erfordert6. b) Spezialgesetzliche Prospekthaftung
19.125 Anleger, die einer stillen Publikumsgesellschaft beitreten wollen, verfügen oftmals nicht über einschlägiges Fachwissen bezüglich des Gegenstands der Gesellschaft und überblicken nur selten die wirtschaftlichen Risiken der Beteiligungsform. Damit kommt dem Beteiligungsprospekt für eine sorgfältige Unterrichtung des Anlegers eine ganz maßgebliche Bedeutung zu. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber im Jahr 2013 eine umfassende Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts eingeführt. aa) Neuregelung durch das Vermögensanlagengesetz und das Kapitalanlagegesetzbuch
19.126 Die spezialgesetzliche Prospekthaftung für die Ausgabe von stillen Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften ist seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Ver1 BGH v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 (346); BGH v. 24.5.1982 – II ZR 124/81, BGHZ 84, 141 (148); BGH v. 28.9.1992 – II ZR 224/91, ZIP 1992, 1561; BGH v. 6.2.2006 – II ZR 329/04, NJW 2002, 2042 (2043). 2 BGH v. 5.7.1993 – II ZR 194/92, BGHZ 123, 106 (111 f.). 3 BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3708). 4 BGH v. 5.7.1993 – II ZR 194/92, NJW 1993, 2865 (2866). 5 BGH v. 13.9.2004 – II ZR 276/02, NJW 2004, 3706 (3709). 6 BGH v. 21.10.1991 – II ZR 204/90, BGHZ 116, 7 (12).
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mögensanlagen (VermAnlG) am 1.6.2012 und dem Inkrafttreten des Kapitalanlagengesetzbuchs (KAGB) am 22.7.2013 umfassend geregelt. Die spezialgesetzliche Prospekthaftung des VermAnlG löst die Regelungen des Verkaufsprospektgesetz a.F. (VerkProspG a.F.) ab. Das am 1.6.2012 in Kraft getretene VermAnlG wurde durch das am 10.7.2015 in Kraft getretene Kleinanlegerschutzgesetz (KASB) nochmals angepasst. Gemäß § 6 VermAnlG muss für die vom VermAnlG erfassten stillen Beteiligungen ein Verkaufsprospekt veröffentlicht werden. Die Haftung für fehlerhafte bzw. fehlende Prospekte richtet sich nach §§ 20, 21 VermAnlG. Zu den wichtigsten Neuregelungen gehört der erweiterte Anwendungsbereich des VermAnlG. Als Vermögensanlagen i.S. dieses Gesetzes sollen nämlich neben den bislang erfassten Unternehmensbeteiligungen, Treuhandvermögen, Genussrechten und Namensschuldverschreibungen künftig auch partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen zählen sowie „sonstige Anlagen, die einen Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung gewähren oder im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld einen vermögenswerten auf Barausgleich gerichteten Anspruch vermitteln“, sofern es sich um kein Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Kreditwesengesetz (KWG) handelt. Der Gesetzesbegründung zufolge sollen damit bestehende Umgehungsstrukturen erfasst werden und Geschäfte dieser Art künftig entweder einer Aufsicht nach dem KWG oder einer Prospektpflicht nach dem VermAnlG unterfallen.
19.127
Es ist zu begrüßen, dass infolge des am 10.7.2015 in Kraft getretenen KASG erstmals auch partiarische Darlehen und Nachrangdarlehen dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 VermAnlG n.F. unterfallen. Hierdurch wird Wettbewerbsgleichheit hergestellt zwischen Unternehmen, die sich über die Ausgabe von stillen Beteiligungen finanzieren (also Vermögensanlagen, die bereits vor Inkrafttreten des KASG dem VermAnlG unterfielen), und solchen, die partiarische Darlehen oder Nachrangdarlehen aufnehmen. Zudem ist eine Abgrenzung der partiarischen Darlehen von den in § 1 Abs. 2 Nr. 1–5 VermAnlG a.F. aufgeführten Vermögensanlagen nicht mehr erforderlich1. Allerdings werden partiarische (Nachrang-)Darlehen für Schwarmfinanzierungen (Crowd Investing) nach § 2a Abs. 1 VermAnlG wieder von der Prospektpflicht ausgenommen.
19.128
Mit dem am 22.7.2013 in Kraft getretenen KAGB2 wurde zudem eine Prospekterstellungspflicht und in den §§ 306, 307 KAGB eine Prospekthaftung für solche stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften eingeführt, die als stille Beteiligungen an Investmentvermögen i.S. des KAGB zu qualifizieren sind. Stille Beteiligungen können
19.129
1 Kritisch zum VermAnlG vor den Änderungen durch das Kleinanlegerschutzgesetz: F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (72). 2 Das KAGB ersetzt die Regelungen des Investmentgesetzes 2003. Es setzt die AIF-Richtlinie der EU von 2011 (Richtlinie 2011/61/EU v. 8.6.2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen 1060/2009/EG und 1095/2010/(EU), ABl. EG Nr. L 174, S. 1) und mittelbar nochmals die OGAW-Richtlinie der EU von 2009 (Richtlinie 2009/65/EG v. 13.7.2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl. EG Nr. L 302, S. 32) in das nationale Recht um. Das KAGB stellt strengeren Anforderungen an die Vermögensverwaltung und ihre Beaufsichtigung und findet neben Wertpapier- auch auf anderes Anlagevermögen wie beispielsweise Immobilienvermögen Anwendung. Als Organisationsformen bietet das KAGB vier Gesellschaftsformen an: offene und geschlossene Investmentaktiengesellschaften (InvestAGs) und offene und geschlossene Investmentkommanditgesellschaften (InvestKGs).
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nämlich auch Anlagen i.S. von § 1 Abs. 1 KAGB sein1. Das KAGB geht insoweit dem VermAnlG vor (§ 1 Abs. 2 VermAnlG)2. bb) Anwendungsbereich des VermAnlG und Abgrenzung zum KAGB
19.130 Das VermAnlG regelt die Prospektierungs- und Informationspflichten für die Anbieter von „Anteilen, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren“ (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG). Unter den Begriff „Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren“ fallen auch stille Gesellschaftsbeteiligungen3 und damit auch stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften. Dabei darf der stille Beteiligungsvertrag keine über den eingezahlten Anlagebetrag hinausgehende Haftung des Anlegers vorsehen, denn solche Vermögensanlagen mit Nachschusspflicht sind zum öffentlichen Angebot und Vertrieb im Inland nicht zugelassen (§ 5b VermAnlG). Zudem muss der stille Beteiligungsvertrag eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Erwerbs und eine ordentliche Kündigungsfrist von mindestens sechs Monaten vorsehen (§ 5a VermAnlG).
19.131 Nach der Übergangsvorschrift des § 32 Abs. 1 VermAnlG ist das VerkProspG a.F. weiterhin auf Verkaufsprospekte anzuwenden, die vor dem 1.6.2012 bei der BaFin zur Gestattung ihrer Veröffentlichung nach § 8i Abs. 2 Satz 1 VerkProspG a.F. eingereicht wurden. Wurden Verkaufsprospekte entgegen § 8f Abs. 1 Satz 1 VerkProspG a.F. in der bis zum 31.5.2012 geltenden Fassung nicht veröffentlicht, ist für die daraus resultierenden Ansprüche, die bis zum 31.5.2012 entstanden sind, ebenso das VerkProspG a.F. weiterhin anzuwenden (§ 30 Abs. 2 VermAnlG).
19.132 Keine Anwendung findet das VermAnlG aber auf stille Beteiligungen an Investmentvermögen i.S. des KAGB. Die Herleitung einer Prospektpflicht und damit von Prospekthaftungsansprüchen nach dem VermAnlG ist damit nur dann möglich, wenn der Tatbestand des Investmentvermögens nicht erfüllt ist, insbesondere weil (i) keine gemeinsame Anlage, (ii) ein operativ tätiges Unternehmen außerhalb des Finanzsektors oder (iii) keine festgelegte Anlagestrategie vorliegt.
19.133 Das Kriterium „gemeinsame Anlage“ wird nicht erfüllt, wenn eine Verlustbeteiligung des stillen Anlegers von vornherein ausgeschlossen ist4. In diesen Fällen ist das KAGB unanwendbar und es verbleibt bei der Prospektpflichtigkeit nach dem VermAnlG. Ein unbedingter Kapitalrückzahlungsanspruch des Anlegers schließt eine „gemeinsame Anlage“ aus5.
1 Poelzig/Volmer, DNotZ 2014, 483; Wagner, ZfBR 2015, 113 (114). 2 Da Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften regelmäßig keine Wertpapiere i.S. des § 2 Abs. 1 WpHG darstellen, ist der in § 1 Abs. 2 VermAnlG gleichfalls angeordnete Vorrang des WpHG im Hinblick auf stille Beteiligungen nicht relevant. 3 So schon die Begründung zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) und den damit am 1.5.2005 in Kraft getretenen Änderungen des Verkaufsprospektgesetzes (VerkProspG): RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 42. 4 Auslegungsschreiben der BaFin v. 14.6.2013, zuletzt geändert am 9.3.2015, Ziff. 2b, abzurufen unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentscheidung/ WA/ae_130614_Anwendungsber_KAGB_begriff_invvermoegen.html. 5 Poelzig/Volmer, DNotZ 2014, 483 (284).
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Die Abgrenzung der operativen und damit nicht vom KAGB erfassten Tätigkeiten von den nicht operativen Tätigkeiten bereitet erhebliche Schwierigkeiten, da es bislang an eindeutigen Abgrenzungskriterien fehlt. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) definiert operative Tätigkeiten als Tätigkeiten, die hauptsächlich im Kauf, Verkauf und/oder Tausch von Waren, in Dienstleistungen außerhalb des Finanzsektors oder in der Produktion von Waren oder der Errichtung von Immobilien bestehen. Weitergehende Auslegungshilfen gewährte die BaFin in ihrem Auslegungsschreiben vom 14.6.2013, zuletzt geändert am 9.3.20151. Eine operative Tätigkeit ist danach beispielsweise die Erzeugung erneuerbarer Energien (Biogas-, Solar-, Windkraftanlagen) oder die Produktion von Gütern und die Lagerung von Rohstoffen. Im Zusammenhang mit Immobilien werden der Betrieb (etwa als Hotel), das „Facility Management“ und die Projektentwicklung einer Immobilie als Beispiele für operative Tätigkeiten erwähnt. Der Erwerb und Verkauf, die Vermietung, Verpachtung und Verwaltung von Immobilien sollen hingegen keine operativen Tätigkeiten und damit grundsätzlich erlaubnispflichtig nach dem KAGB sein.
19.134
Eine Abgrenzung, ob nach diesen Kriterien eine operative Tätigkeiten vorliegt oder nicht, braucht allerdings nicht vorgenommen zu werden, wenn der Organismus für gemeinsame Anlagen das von einer Anzahl von Anlegern eingesammelte Kapital gar nicht „gemäß einer festgelegten Anlagestrategie“ zum Nutzen dieser Anleger investiert.
19.135
Nach den Leitlinien von ESMA hat ein Organismus dann eine festgelegte Anlagestrategie, wenn er im Rahmen einer Strategie festlegt, wie das gemeinschaftliche Kapital verwaltet werden muss, damit es einen gemeinsamen Return für die Anleger generiert. Die folgenden Merkmale können einzeln oder kumulativ auf das Vorliegen einer Anlagestrategie hindeuten:
19.136
– Die Strategie ist spätestens zu dem Zeitpunkt festgelegt, zu dem die Beteiligung des Anlegers bindend geworden ist; – die Strategie ist in einem Dokument ausgeführt, das Teil der Anlagebedingungen oder der Satzung des Organismus ist oder auf das in den Anlagebedingungen oder der Satzung Bezug genommen wird; – der Organismus hat eine rechtlich bindende und von den Anlegern durchsetzbare Verpflichtung, die Strategie den Anlegern gegenüber einzuhalten; – die Strategie konkretisiert die Richtlinien, nach denen die Anlage zu erfolgen hat (z.B. Anlage in bestimmte Kategorien von Vermögensgegenständen, Beschränkungen bei der asset allocation, Verfolgung bestimmter Strategien, Anlage in bestimmte geographische Regionen, Beschränkungen des Leverage, bestimmte Haltefristen oder sonstige Risikodiversifikationsvorgaben). Nach der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 1 KAGB setzt das Vorliegen einer festgelegten Anlagestrategie voraus, dass die Kriterien, nach denen das eingesammelte Kapital angelegt werden soll, in einem über den einer allgemeinen Geschäftsstrategie (im Folgenden „Unternehmensstrategie“) hinausgehenden Umfang schriftlich genau bestimmt sind. Eine festgelegte Anlagestrategie unterscheidet sich damit von einer all1 Auslegungsschreiben der BaFin v. 14.6.2013, zuletzt geändert am 9.3.2015, Ziff. 7.
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19.137
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
gemeinen Unternehmensstrategie dadurch, dass die Anlagekriterien genau bestimmt und die Handlungsspielräume des Organismus in den Anlagebedingungen, der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag eingeschränkt sind. Eine festgelegte Anlagestrategie geht somit über eine allgemeine Geschäftsstrategie hinaus1.
19.138 Unter Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien wird das KAGB für Beteiligungen an stillen Publikumsgesellschaften eine eher untergeordnete Bedeutung haben und den Anwendungsbereich des VermAnlG nur in Ausnahmefällen verdrängen, da stille Publikumsgesellschaften oftmals eine operative Tätigkeit außerhalb des Finanzsektors verfolgen und zudem die Anlagebedingungen nicht das vom KAGB geforderte Maß der Konkretisierung der Anlagestrategie erfüllen werden. Nachfolgend wird daher auch in erster Linie auf die Prospekthaftung nach dem VermAnlG eingegangen. cc) Verkaufsprospekt und Vermögensanlagen-Informationsblatt nach dem VermAnlG
19.139 Derjenige, der stille Beteiligungen als Vermögensanlagen öffentlich anbietet, ist gemäß § 6 VermAnlG verpflichtet, für diese einen Prospekt zu veröffentlichen. Prospektpflichtig nach dem VermAnlG ist damit der Anbieter.
19.140 Die Veröffentlichung des Prospekts ist erst nach Billigung durch die BaFin zulässig, § 8 Abs. 1 VermAnlG. Die Veröffentlichung des Prospekts ist wiederum Voraussetzung für das öffentliche Angebot der Beteiligungen an der stillen Publikumsgesellschaft durch den Anbieter, das erst einen Werktag nach der Veröffentlichung des Prospekts erfolgen darf (§ 9 Abs. 1 VermAnlG).
19.141 Um die Aktualität der Verkaufsprospekte zu gewährleisten, ist ihre Gültigkeit nach dem Vorbild des WpPG gemäß § 8a VermAnlG auf ein Jahr beschränkt. Sollen die Vermögensanlagen über einen längeren Zeitraum vertrieben werden, hat der Anbieter also künftig den Verkaufsprospekt neu aufzulegen und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nochmals billigen zu lassen.
19.142 Ferner enthält das VermAnlG i.d.F. des Kleinanlegerschutzgesetzes bedeutende Änderungen der Vorschriften über Prospektnachträge. So muss nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VermAnlG jeder neue Jahresabschluss und Lagebericht des Emittenten in einem Nachtrag zum Verkaufsprospekt veröffentlicht werden. Des Weiteren hat der Anbieter künftig eine um sämtliche Nachträge ergänzte Fassung des Verkaufsprospekts zu veröffentlichen, § 11 Abs. 3 Satz 1 VermAnlG. Dabei ist der Nachtrag jeweils an der Stelle einzufügen, an der der Verkaufsprospekt geändert wird, die Änderungen gegenüber der gebilligten Ursprungsfassung sind kenntlich zu machen.
19.143 Kritsch zu bewerten ist allerdings die in § 8a VermAnlG angeordnete Rechtsfolge der Ungültigkeit des Verkaufsprospektes, wenn die Veröffentlichung eines erforderlichen Nachtrags unterbleibt. Denn insoweit muss der Anbieter der stillen Beteiligungen eine eigene Einschätzung vornehmen, ob ein wichtiger neuer Umstand eingetreten ist, der eine Nachtragspflicht auslöst. Da diese Frage regelmäßig nicht eindeutig zu beantworten ist, führt die Regelung in § 8a VermAnlG in der Praxis faktisch dazu, dass nicht selten erhebliche Rechtsunsicherheiten über die Gültigkeit von Verkaufsprospekten bestehen. 1 Poelzig/Volmer, DNotZ 2014, 483 (284).
478 Kauffeld
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Der Inhalt des Verkaufsprospektes bestimmt sich nach § 7 VermAnlG. Der Verkaufsprospekt muss alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Anbieters und der betreffenden stillen Beteiligung zu ermöglichen. Konkretisiert werden die Anforderungen an den Inhalt und die Mindestangaben von Verkaufsprospekten durch die Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung1. Zurückgegriffen werden kann zudem auf die von der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe für die bürgerlich-rechtliche Produkthaftung im engeren Sinne.
19.144
Aufzuklären ist hiernach insbesondere über die wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits den Organen der Publikumsgesellschaft und andererseits den Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Publikumsgesellschaft die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat2. Einzelne irreführende Angaben, die ebenfalls zur Prospekthaftung führen können, sind beispielsweise falsche Angaben über persönliche Eigenschaften3, im Prospekt zugesicherte, aber tatsächlich nicht eingetretene Steuervorteile und Renditeangaben4 oder fehlende Hinweise auf etwaige Risiken5. Ebenso handelt sich um einen rechtlich relevanten Prospektmangel, wenn der Anleger aus dem Prospekt über die Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft nicht ersehen kann, dass das von ihm aufgebrachte Kapital zu wesentlichen Teilen an den Initiator zurückfließt und für die beworbene Investition nicht zur Verfügung steht. Das gilt erst recht, wenn sich vor Prospektherausgabe die Marktverhältnisse derart geändert haben, dass mit der zeitgerechten Umsetzung des Prospekts nicht gerechnet werden kann und deswegen Investitionsmittel für die Honorierung von Funktionsträgern verwendet werden müssen6.
19.145
Die fehlerhafte Aufklärung über das Anlagemodell kann einen Schadensersatzanspruch des Anlegers nach § 280 Abs. 1, Abs. 3, §§ 282, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB begründen. So ist der Anleger beispielsweise über bankrechtliche Bedenken gegen eine bestimmte Anlageform grundsätzlich aufzuklären. Denn er hat ein berechtigtes Interesse zu wissen, ob das Anlagemodell rechtlich abgesichert ist oder ob mit bankaufsichtsrechtlichen Maßnahmen und damit verbundenen Prozessrisiken zu rechnen ist7. Eine solche Aufklärungspflicht hat der Senat in den Entscheidungen zum „PensionsSparplan“ und zur „SecuRente“ angenommen8. Dort war durch eine Änderung des § 1 KWG zweifelhaft geworden, ob ein teilweises Stehenlassen des Auseinandersetzungsguthabens eines stillen Gesellschafters über eine Laufzeit von 10 bis 40 Jahren mit dem Ziel, dass dem Gesellschafter in dieser Zeit eine monatliche Rente zu zahlen war, dazu führte, dass der Vertrag als Bankgeschäft anzusehen war. Dazu fehlte der dortigen Beklagten die erforderliche bankaufsichtsrechtliche Genehmigung nach § 32 KWG.
19.146
1 2 3 4 5 6 7
Zu den neuen Mindestanforderungen Beck/Maier WM 2012, 1898 ff. BGH v. 6.10.1980 – II ZR 60/80, BGHZ 79, 337 (340). BGH v. 10.10.1994 – II ZR 95/93, DB 1995, 921. OLG Köln v. 23.1.1991 – 2 U 56/90, NJW-RR 1992, 278. BGH v. 24.4.1978 – II ZR 172/76, DB 1978, 1490. BGH v. 29.5.2000 – II ZR 280/98, ZIP 2000, 1296 = DStR 2000, 1357. BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, AG 2005, 390 = ZIP 2005, 753; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; BGH v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135. 8 BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, AG 2005, 390 = ZIP 2005, 753; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, ZIP 2005, 763; BGH v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
19.147 Neben dem Verkaufsprospekt hat der Anbieter stiller Beteiligungen vor dem Beginn des öffentlichen Angebots ein Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) zu erstellen und bei der BaFin zu hinterlegen (§§ 13, 14 VermAnlG). Im VIB müssen die wesentlichen Informationen über die Beteiligung an der stillen Publikumsgesellschaft in übersichtlicher und leicht verständlicher Weise enthalten sein. Auch hat das VIB nach § 13 Abs. 6 VermAnlG einen Warnhinweis zu enthalten, dessen Kenntnisnahme vom Anleger durch seine Unterschrift zu bestätigen ist (§ 15 Abs. 3 VermAnlG).
19.148 Bei dem neuen VIB handelt es sich um ein nach § 22 VermAnlG haftungsbewehrtes Instrument der Kurzinformation von Anlegern1. Enthält das VIB den Warnhinweis nicht oder unterbleibt die Kenntnisnahme des Warnhinweises durch den Anleger, kann der Anleger die Rückabwicklung der Beteiligung an der stillen Publikumsgesellschaft verlangen (§ 22 Abs. 4a VermAnlG). Des Weiteren kann der Anleger die Rückabwicklung verlangen, wenn ihm das VIB nicht zur Verfügung gestellt wurde oder das VIB irreführende oder unrichtige Angaben enthält (§ 22 Abs. 1a VermAnlG). dd) Ausnahmen und Befreiungen nach dem VermAnlG
19.149 Ausnahmen von der Prospektierungspflicht bestehen nach § 2 VermAnlG in folgenden Fällen: – wenn von derselben stillen Beteiligung nicht mehr als 20 Anteile angeboten werden (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a VermAnlG), – wenn der Verkaufspreis der im Zeitraum von zwölf Monaten angebotenen stillen Beteiligungen insgesamt 100 000 Euro nicht übersteigt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b VermAnlG), – wenn der Preis jeder stillen Beteiligung mindestens 200 000 Euro je stiller Beteiligter beträgt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. c VermAnlG) oder – wenn sich die Angebote nur an Personen richten, die beruflich oder gewerblich für eigene oder fremde Rechnung Wertpapiere oder Vermögensanlagen erwerben oder veräußern (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 VermAnlG).
19.150 Eine weitere praxisrelevante Ausnahme hinsichtlich der Prospektpflicht von stillen Beteiligungen regelt § 2 Abs. 1 Nr. 6 VermAnlG, wonach stille Beteiligungskonzepte von Arbeitgebern zur Mitarbeiterbeteiligung nicht der Prospektpflicht nach dem VermAnlG unterliegen.
19.151 Die Befreiungsvorschrift in § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a VermAnlG (nicht mehr als 20 Anteile) hat zu einer neuen Form der öffentlichen Kapitalbeschaffung geführt, nämlich der Small-Capital-Beteiligung. Bei einer Small-Capital-Beteiligung bieten kapitalsuchende Unternehmen nicht mehr als 20 Kapitalgebern bzw. Privatinvestoren pro Finanzinstrument eine Beteiligung an ihrem Unternehmen an. Auf die Höhe des Beteiligungskapitals und auf die Höhe des aufzunehmenden Finanzierungsvolumens kommt es dabei nicht an. Es können auch mehrere Finanzierungsinstrumente gleichzeitig eingesetzt werden, so dass beispielsweise je 20 Kapitalgeber als stille Beteiligte und Genussrechtsbeteiligte aufgenommen werden können. 1 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 16.
480 Kauffeld
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
ee) Haftungsvoraussetzungen nach dem VermAnlG Die spezialgesetzliche Prospekthaftung für die Ausgabe von stillen Beteiligungen ist in den §§ 20, 21 VermAnlG normiert. Die Prospekthaftung nach §§ 20, 21 VermAnlG entspricht weitgehend den Bestimmungen der §§ 13, 13a VerkProspG a.F. Allerdings mussten die bislang in §§ 13, 13a VerkProspG a.F. enthaltenen Regelungen der Haftung bei fehlerhaften und fehlenden Verkaufsprospekten für Vermögensanlagen an das veränderte Regelungsumfeld, insbesondere den entfallenen Verweis auf die Prospekthaftungsbestimmungen des BörsG, angepasst werden1. Aufgegeben wurden die bislang für Prospekthaftungsansprüche nach dem VerkProspG vorgesehene Sonderverjährungsvorschrift (§§ 13, 13a VerkProspG a.F. i.V.m. § 46 BörsG) und die Ausschlussfrist nach § 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG. Ansprüche aus §§ 20, 21 VermAnlG unterliegen nunmehr den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 195 ff. BGB.
19.152
Anspruchsberechtigt ist derjenige, der die stille Beteiligung erworben hat, für die ein Verkaufsprospekt pflichtwidrig – entgegen § 6 VermAnlG oder § 7 VermAnlG – nicht oder fehlerhaft veröffentlicht wurde. Die Frage, ob der Erwerber zum Zeitpunkt der Anspruchserhebung noch Inhaber der Vermögensanlagen ist oder nicht, spielt diesbezüglich keine Rolle, sondern ist lediglich im Hinblick auf den Inhalt des Anspruchs von Bedeutung. Anspruchsberechtigt ist bei fehlendem Verkaufsprospekt allerdings nur, wer die fraglichen Vermögensanlagen vor Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts und innerhalb eines Zeitfensters von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der Vermögensanlagen im Inland erworben hat. Im Fall eines fehlerhaften Verkaufsprospekts ist der Erwerber Anspruchsberechtigt, wenn er das Erwerbsgeschäft, also das Verpflichtungsgeschäft2, nach Veröffentlichung des Verkaufsprospekts und während der Dauer des öffentlichen Angebots nach § 11 VermAnlG abgeschlossen hat, spätestens jedoch innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten öffentlichen Angebot der stillen Beteiligung im Inland.
19.153
Die Haftungsadressaten sind bei fehlendem Prospekt der Emittent und der Anbieter, § 20 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG, bei fehlerhaftem Prospekt Anbieter und Erlasser des Prospekts, wozu ebenfalls der Emittent gehören kann (§ 21 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG)3. Sie haften jeweils als Gesamtschuldner. Emittent der Vermögensanlage ist wiederum, wer sie erstmalig auf den Markt bringt und für seine Rechnung unmittelbar oder durch Dritte öffentlich zum Erwerb anbietet4. Häufig wird dies die Anlagegesellschaft selbst, bzw. bei der stillen Gesellschaft der Geschäftsinhaber sein. Streitig ist daher, wie die Rechtsfolge der §§ 20, 21 VermAnlG zu verstehen ist, nach der der Haftungsschuldner die Beteiligung zu übernehmen hat. Es ist dem Unternehmergesellschafter rechtlich unmöglich, einen stillen Gesellschaftsanteil am eigenen Unternehmen zu halten. Es scheint kaum mit der gesetzgeberischen Intention vereinbar, die Haftung der Anlagegesellschaft unter Verweis auf die Unmöglichkeit der angeordneten Rechtsfolge gar nicht haften zu lassen5. Am ehesten bietet sich eine Lösung an, dem Geschädigten ein Austrittsrecht zu gewähren. Nach den allgemeinen Regeln (§ 738 BGB) würde sich hieran jedoch lediglich eine Abfindung knüpfen, die sich nach dem
19.154
1 2 3 4 5
Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 242 ff. Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 259. Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 257. RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 42. So jedoch zum VerkProspG noch O. Ziegler, DStR 2005, 30 (33); Madaus, Jura 2006, 881 (887).
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
aktuellen Wert der Beteiligung bemisst. Auch diese Folge lässt sich jedoch nicht mit den in §§ 20, 21 VermAnlG angeordneten Rechtfolgen der Erstattung des ursprünglichen Erwerbspreises in Einklang bringen. Im Sinne eines modifizierten Austrittsrechts wäre dem Anleger also eine Kündigung mit der Folge der ungeschmälerten Rückerstattung seiner ursprünglichen Einlage zuzugestehen1. Die Lösung verliefe somit parallel zu der BGH-Rechtsprechung, nach der bei zweigliedrigen stillen Beteiligungen den getäuschten Gesellschaftern ein durch die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft unberührter Anspruch aus c.i.c. in voller Höhe des negativen Interesses zusteht (siehe bereits Rz. 19.49). Die hierzu vorgetragenen Bedenken wegen des damit vernachlässigten Bestandsschutzes und der zu befürchtenden Ausdünnung der Kapitalgrundlage der Anlagegesellschaft zulasten möglicherweise ebenso getäuschter Anleger bleiben freilich bestehen (vgl. Rz. 19.49).
19.155 Bei der Beurteilung der Frage, ob über wesentliche Angaben unrichtig oder unvollständig aufgeklärt wurde, ob also ein Mangel vorliegt, kann weiterhin auf die maßgeblichen Gesichtspunkte bei Wertpapierprospekten zurückgegriffen werden2. Unterbleibt ein Nachtrag, der nach § 11 Abs. 1 Satz 1 VermAnlG geboten ist, führt auch dieser Mangel des nach Billigung des Verkaufsprospekts unrichtig oder unvollständig gewordenen und nicht durch Nachtrag berichtigten Prospekts zu einem Anspruch nach § 20 VermAnlG.
19.156 Eine Haftung ist nach § 20 Abs. 4 Nr. 3 VermAnlG ausgeschlossen, wenn der Erwerber die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Verkaufsprospekts beim Erwerb kannte. Bei fehlendem Prospekt sind Ansprüche gemäß § 21 Abs. 4 VermAnlG ausgeschlossen, wenn der Anleger die Pflicht zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospekts beim Erwerb seiner Beteiligung kannte.
19.157 Die Kausalität des Prospektmangels für die Anlageentscheidung wird zugunsten des Anlegers widerleglich vermutet3. Fehlt der Prospekt vor vornherein, kann der Prospektpflichtige auch nicht die Einwendung fehlender Kausalität zwischen Nichtveröffentlichung eines Prospekts und Erwerb der Vermögensanlage geltend machen, da die Platzierung ohne Prospekt die Haftung begründet. Der Anleger muss ich daher auch nicht die Einwendung fehlender Kausalität zwischen Nichtveröffentlichung eines Prospekts und Erwerb der Vermögensanlage entgegenhalten lassen,
19.158 § 20 Abs. 3 VermAnlG erfordert für den Schadensersatzanspruch wegen Fehlerhaftigkeit des Prospekts Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Prospekts. Gleichzeitig ist jedoch eine Beweislastumkehr vorgegeben, so dass der Anleger das Verschulden des Prospektpflichtigen nicht nachzuweisen braucht. Entsprechende Vorgaben fehlen beim Anspruch wegen fehlenden Prospekts gemäß § 21 VermAnlG. Bei der Vorgängervorschrift des § 13a VerkProspG wurde daher zum Teil von einer verschuldensunabhängigen Haftung ausgegangen4. Dafür wurde unter ande-
1 F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (75), str.; siehe auch Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519 (528); in der älteren Literatur zur ähnlichen Diskussion bereits Ulmer/Dopfer, BB 1978, 461 (464). 2 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 246 ff. 3 F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (52 f.); Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 264. 4 Fleischer, BKR 2004, 339 (346).
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
rem angeführt, dass im Referentenentwurf zum VerkProspG a.F.1 zunächst eine Haftung nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis der Prospektpflichtigkeit vorgesehen war, die sich jedoch im späteren Regierungsentwurf zum Anlegerschutzverbesserungsgesetz2 nicht wiederfand3. Gegen eine solche Auffassung sprach aber bereits unter Geltung des VerkProspG die ausdrückliche Aussage im Regierungsentwurf zum VerkProspG, Anspruchsvoraussetzungen und -ausschlüsse des § 13a VerkProspG a.F. seien denen des § 13 VerkProspG a.F. nachgebildet4. Vor allem würde es verwundern, dass der Gesetzgeber ohne weitere Begründung bereits mit dem VerkProspG eine verschuldensunabhängige Haftung für pflichtwidriges Handeln eingeführt haben sollte, die ansonsten im deutschen Rechtssystem regelmäßig nur als Verschuldenshaftung ausgestaltet ist5. Wie bereits unter Geltung des VerkProspG a.F. ist auch unter Geltung des VermAnlG von einer Lücke auszugehen, die durch analoge Anwendung der §§ 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 WpPG zu schließen ist und mithin eine Haftung nur bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis von der Prospektpflichtigkeit bei Umkehr der Beweislast zu Lasten des Haftungsadressaten in Frage kommt6. Probleme bereitet die Frage nach dem Verhältnis der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung zur spezialgesetzlichen Prospekthaftung gemäß §§ 20, 21 VermAnlG7. Unterschiede ergeben sich etwa bei dem Kreis der haftenden Personen. So werden Sachkenner (Anlagevermittler, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer etc.) nur von der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung erfasst (siehe Rz. 19.93), von §§ 20, 21 VermAnlG hingegen nicht. Ausweislich der Regierungsbegründung soll aber die zivilrechtliche Haftung dieser Personen aufgrund Aufklärungsverschuldens auch weiterhin bestehen, sofern sie sich fehlerhafter Prospekte bedienen8. Freilich gilt in der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung der allgemeine Verschuldensmaßstab des § 276 BGB, so dass bereits einfache Fahrlässigkeit für die Haftung ausreicht. §§ 20, 21 VermAnlG erfordern hingegen mindestens grobe Fahrlässigkeit. Daraus wird zum Teil gefolgert, die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung bleibe in Konkurrenz neben der spezialgesetzlichen Prospekthaftung bestehen. Nur so ließen sich Wertungswidersprüche vermeiden, dass etwa Sachkenner nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorgaben strenger haften würden als die eigentlich verantwortlichen Emittenten9. Die wohl überwiegende Ansicht geht hingegen zu Recht davon aus, dass im Anwendungsbereich der §§ 20, 21 VermAnlG die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung gesperrt ist10. Für die 1 2 3 4 5 6
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§ 13a Abs. 4 Satz 1 VerkProspG-RefE v. 10.3.2004 (abgedruckt in ZBB 2004, 168). BT-Drucks. 15/3174. Fleischer, BKR 2004, 339 (346). Begründung RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 44. Allgemein etwa Wagner in MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2009, Vor § 823 BGB Rz. 21. Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 292; zum VerkProspG a.F. ebenso: F.A. Schäfer, ZGR 2006, 40 (51 f.); Bohlken/Lange, DB 2005, 1259 (1261); Spindler, NJW 2004, 3449 (3455); a.A. Horbach in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 69 Rz. 36. Die Frage stellt sich in gleicher Weise für die spezialgesetzliche Prospekthaftung nach den §§ 306, 307 KAGB. Vergleiche zur Begründung des VerkprospG: RegE AnSVG, BT-Drucks. 15/3174, S. 44. Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 136. Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 21.; vgl. zur insoweit inhaltsgleichen Vorschrift des § 13a VerkProspG a.F.: Fleischer, BKR 2004, 339 (343); Mülbert/Steup, WM 2005, 1633 (1648); Bohlken/Lange, BB 2005, 1259; Grüneberg in Palandt, § 311 BGB Rz. 68; bereits für das Verhältnis von §§ 44 ff. BörsG zur allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung OLG Frankfurt v. 17.12.1996 – 5 U 178/95, ZIP 1997, 107 (109).
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Frage des Verschuldens ist zu bedenken, dass dem Nachteil des Haftungsausschlusses für leichte Fahrlässigkeit bei §§ 20, 21 VermAnlG aus Anlegersicht der Vorteil der Beweislastumkehr gegeben ist1. Insgesamt sollten die in der spezialgesetzlichen Prospekthaftung getroffenen gesetzgeberischen Vorgaben nicht durch eine weitere Anwendung der allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung (im engeren Sinne) relativiert werden2. Über die Prospekthaftung nach §§ 20, 21 VermAnlG hinaus bestehen Ansprüche daher nur aufgrund eines entsprechenden Vertrages oder aus Delikt. 2. Aufsichtsrechtliche Schranken
19.160 Vorstehend (Rz. 19.126 ff.) wurde bereits im Rahmen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung auf die aufsichtsrechtliche Regulierung stiller Beteiligungen nach dem VermAnlG und dem KAGB hingewiesen. Eine weitere kapitalmarktrechtliche Schranke für stille Beteiligungen an Publikumsgesellschaften wurde bereits durch die Sechste KWG-Novelle vom 5.6.1997 aufgestellt: Der Kreis der nach dem Gesetz über das Kreditwesen erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte (§ 1 Abs. 1 KWG) wurde in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG (Einlagengeschäft) durch einen Auffangtatbestand erweitert. Als Bankgeschäft erfasst wird seit 1997 „jede Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden (Einlagengeschäft)“. Demgemäß muss beachtet werden, dass der Begriff der Einlage i.S. des KWG von dem gesellschaftsrechtlichen Einlagenbegriff wie auch dem zivilrechtlichen Darlehensbegriff zu unterscheiden ist.
19.161 Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG bedarf der schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), wer im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Bankgeschäfte betreibt. Ohne diese Erlaubnis kann die BaFin, gestützt auf § 37 KWG, die Rückabwicklung des Einlagengeschäfts bis zur vollständigen Rückzahlung sämtlicher Einlagen verlangen. Betroffen sind damit auch solche unerlaubten Einlagengeschäfte, die vor dem Inkrafttreten der Novelle abgeschlossen wurden, weil Bankgeschäfte so lange als solche behandelt und beaufsichtigt werden müssen, bis sie vollständig abgewickelt worden sind3. Aber auch schon bei dem bloßen Verdacht, dass ein erlaubnispflichtiges Kreditinstitut betrieben wird, kann die BaFin nach § 44c Abs. 1 KWG Erforschungsmaßnahmen in Form von Auskunftserteilung und Geschäftsunterlageneinsicht ergreifen. Im Übrigen ist das Betreiben von Bankgeschäften ohne Erlaubnis gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG strafbar. Auch Eintragungen in öffentliche Register (z.B. Handelsregister) dürfen nur vorgenommen werden, wenn dem Registergericht die Erlaubnis nachgewiesen worden ist (§ 43 Abs. 1 KWG). a) Stille Beteiligungen als Einlagengeschäft
19.162 Problematisch ist, welche stillen Beteiligungen als Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG zu qualifizieren sind und daher der Erlaubnis durch die BaFin für das 1 Assmann in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, § 5 Rz. 21; Grüneberg in Palandt, § 311 BGB Rz. 68. 2 So nunmehr auch BGH v. 21.10.2014 – XI ZB 12/12, NJW 2015, 236 (Rz. 72); str., ausführlich Emmerich in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 BGB Rz. 187 ff. 3 BVerwG v. 24.2.1976 – I C 3.72, BVerwGE 50, 223 (226).
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Kreditwesen bedürfen1. Es verbietet sich dabei eine rein schematische Lösung; vielmehr ist aufgrund der Wertung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung zu entscheiden. Kennzeichnend für das Einlagengeschäft i.S. des KWG ist, dass von einer Vielzahl von Geldgebern auf der Grundlage typisierter Verträge darlehensweise oder in ähnlicher Weise Gelder entgegengenommen werden, wobei bankübliche Sicherheiten nicht bestellt werden2. Daher können nach der Verkehrsauffassung folgende Gesichtspunkte wichtige Indizien für das Vorliegen einer Einlage i.S. des KWG sein3: – Es liegen vorgefertigte Angebote zum Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags in großer Zahl vor; Interessenten haben auf die inhaltliche Gestaltung (bis auf die Höhe der Anlagebeträge und die Laufzeit) keinen Einfluss; – bankübliche Sicherheiten sind nicht vorgesehen; – anders als bei einer echten Unternehmensbeteiligung ist nicht die Sicht des Unternehmers maßgeblich für die Beurteilung der Frage, ab welchen Mindestbeträgen und Mindestanlagezeiten eine unternehmerische Beteiligung sinnvoll erscheint; es besteht vielmehr eine Wahlmöglichkeit bzgl. der Anlagebeträge und Laufzeiten in einer banküblichen Angebotsvielfalt, um hierdurch dem Interesse der Anleger auf eine nach individuellen Bedürfnissen abgestimmte Anlageform nachzukommen; – unabhängig vom geschäftlichen Erfolg ist ein Mindestgewinn über die gesamte Laufzeit unter Ausschluss einer Verlustbeteiligung garantiert (Nichtbeteiligung der Anleger am unternehmerischen Risiko), was bei wirtschaftlicher Betrachtung einer banküblichen Festzinsvereinbarung entspricht. Ist die Verlustteilnahme nicht ausgeschlossen, so handelt es sich keinesfalls um eine Einlage i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG, denn dann ist die Rückzahlung bedingt4. – es werden laufend Gelder angenommen5. Ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG kann auch dann vorliegen, wenn in dem Vertrag über die stille Beteiligung die Vereinbarung einer ratierlichen Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens als Altersrente vereinbart wird. Eine derartige Konstellation lag den vom BGH entschiedenen Fällen um die sog. Göttinger Gruppe zugrunde6. Das Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen (heute BaFin) hatte der Unternehmergesellschafterin in der Rechtsform einer AG unter dem Aspekt der nicht erteilten Erlaubnis für Bankgeschäfte die ratierliche Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben an die Anleger untersagt. Im Verwaltungsprozess hatte daraufhin die AG in einem Vergleich mit der Bundesaufsicht die Auszahlung in einer Summe zugesagt. Der BGH hat die Frage, ob tatsächlich ein er-
1 Ausführlich hierzu Bornemann, ZHR 166 (2002), 211. 2 Vgl. z.B. VG Berlin v. 22.2.1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380). 3 Vgl. VG Berlin v. 22.2.1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380); Schäfer in Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, § 1 KWG Rz. 36. 4 Vgl. Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rz. 42. 5 Vgl. Schäfer in Boos/Fischer/Schulte-Mattler, § 1 KWG Rz. 36. 6 BGH v. 21.3.2005 – II ZR 149/03, NZG 2005, 472 = ZIP 2005, 763; BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 476 = AG 2005, 390 = ZIP 2005, 753; siehe dazu auch Tettinger, DStR 2006, 849 (850 ff.).
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19.163
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
laubnispflichtiges Einlagengeschäft vorlag, später explizit offen gelassen, jedoch wegen der erkennbaren Rechtsunsicherheit in dieser Frage eine Aufklärungspflicht der Unternehmergesellschafterin angenommen, ihre Anleger über das möglicherweise drohende Verbot der ratierlichen Auszahlung zu informieren und die Unternehmergesellschafterin wegen Verletzung dieser Pflicht gemäß c.i.c. haften lassen1. Auch hat der Anleger wegen der Weigerung, das Auseinandersetzungsguthaben wie ursprünglich vereinbart ratierlich auszuzahlen, ein außerordentliches Kündigungsrecht2.
19.164 Insgesamt ist davon auszugehen, dass die Vermögenseinlagen eines stillen Gesellschafters regelmäßig nicht unter den Einlagenbegriff i.S. des KWG fallen3. Das gilt auch für die Anleger einer Publikumsgesellschaft, solange sie unternehmerisch beteiligt sind. Das ist bei einer kapitalistisch ausgestalteten mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft in der Regel der Fall.
19.165 Bei einer kapitalistisch ausgestalteten mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft stellt sich sodann aber die Frage, ob das von der unternehmenstragenden Gesellschaft quasi treuhänderisch verwaltete Vermögen nicht ein Investmentvermögen i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 KAGB darstellt und damit das öffentliche Angebot der stillen Beteiligung an der Publikumsgesellschaft einer Erlaubnispflicht durch die BaFin besteht.
19.166 Die aufsichtsrechtliche Praxis zeigt, dass die BaFin in der Vergangenheit von ihren Befugnissen in den §§ 37 und 44 KWG unter Androhung eines hohen Zwangsgeldes gegenüber solchen Publikumsbeteiligungsgesellschaften durchaus Gebrauch gemacht hat, die gegenüber einer unbestimmten Vielzahl von Personen typische stille Gesellschaftsbeteiligungen ohne Verlustbeteiligung vertrieben haben4. b) Stille Beteiligungen als Kreditgeschäft
19.167 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG definiert das Kreditgeschäft als Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten. Die Hingabe von Geld im Rahmen einer stillen Gesellschaft erfüllt daher nicht den Tatbestand des Kreditgeschäfts i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG. Dies ist allerdings anders bei der Hingabe von Geld als partiarisches Darlehen, sodass die Unterscheidung zwischen partiarischem Darlehen und stiller Gesellschaft auch im Hinblick auf eine Erlaubnispflicht als Bankgeschäft nach dem KWG erheblich ist. An dieser Stelle (vgl. zu den Details der Abgrenzung Rz. 8.20 ff.) sei darauf hingewiesen, dass die typologische Grenze zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen fließend ist und daher die Qualifikation als erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft i.S. von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG stark von den Umstän-
1 BGH v. 21.3.2005 – II ZR 140/03, NZG 2005, 476 (478); zu den Rechtsfolgen einer solchen Haftung siehe bereits Rz. 19.49. Nach Ansicht des BGH liegt jedoch dann kein erlaubnispflichtiges Bankgeschäft vor, wenn in den Vertragsbedingungen lediglich vorgesehen ist, dass bei einem Liquiditätsengpass das Auseinandersetzungsguthaben ratierlich ausgezahlt werden darf, BGH v. 8.5.2006 – II ZR 123/05, NZG 2006, 540. 2 BGH v. 21.3.2005 – II ZR 124/03, NZG 2005, 471 f. 3 VG Berlin v. 22.2.1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1380); BGH v. 15.3.1984 – III ZR 15/83, BGHZ 90, 310 (313). 4 So beispielsweise in dem der Entscheidung des VG Berlin v. 22.2.1999 – VG 25 A 276.95, DB 1999, 1377 (1377) zugrunde liegenden Fall.
486 Kauffeld
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
den des Einzelfalls abhängt, die die Parteien zum Abschluss des Vertrags veranlasst haben. Aus der Sicht der BaFin sind folgende Eckpunkte maßgeblich1: – Bei einem als stille Gesellschaft bezeichneten Vertrag, der die Vereinbarung einer Verlustteilnahme enthält, wird kein Darlehen begeben und damit auch kein Kreditgeschäft betrieben. – Werden in einem als stille Gesellschaft bezeichneten Vertrag Verlustteilnahme und Gewinnbeteiligung ausgeschlossen, wird ein Darlehen begeben und das Kreditgeschäft betrieben. – Wird in einem als stille Gesellschaft bezeichneten Vertrag zwar die Verlustbeteiligung ausgeschlossen, aber eine Gewinnbeteiligung vereinbart, lässt sich die Einstufung als Kreditgeschäft nur im Wege der Einzelfallprüfung durch die Behörde entscheiden.
IV. Zusammenfassung Früher wurden Publikumsgesellschaften in der Regel als Abschreibungsgesellschaften gegründet. Hintergrund der massiven Gründung von Abschreibungsgesellschaften war die steuerliche Begünstigung bestimmter Projekte durch den Gesetzgeber. Nach der gesetzlichen Beschränkung der Verlustzuweisungen erkannte die Wirtschaftspraxis die stille Publikumsgesellschaft als anonyme Finanzierungsform, ohne Formerfordernisse, ohne Registereintragung (anders nur bei der Publikumsgesellschaft AG & Still) und vor allem ohne Außenhaftung. Sie verschaffte sich in Gestalt des stillen Gesellschafters einer atypisch stillen Publikumsgesellschaft einen „bequemen Konkurrenten“2 zum Kommanditisten. Infolge der anhaltenden Reformierung des Rentensystems hin zur privaten Vorsorge erlangten stille Publikumsgesellschaften wesentliche Bedeutung für die komplexe Altersversorgung und Vermögensbildung. Sonderprobleme der stillen Publikumsgesellschaft ergeben sich zum einen beim Organisationsrecht, daneben aber auch bei der Kapitalsicherung und dem Anlegerschutz. Einerseits musste die Rechtsprechung daher das Personengesellschaftsrecht in mehrfacher Hinsicht dem Zweck der Massenbeteiligung anpassen, andererseits ein Schutzinstrumentarium für die Anleger entwickeln, da gesetzliche Mechanismen fehlten. Der BGH hat im Hinblick auf die Besonderheiten der Publikumsgesellschaften ein an das Kapitalgesellschaftsrecht angelehntes Sonderrecht entwickelt, bei dem der Schutz der Anleger im Vordergrund steht. Das Beteiligungsverhältnis an einer stillen Publikumsgesellschaft wird in der Praxis entweder entsprechend dem gesetzlichen Leitbild zweigliedrig oder aber – wenn auch nur mit Wirkung für die Beteiligten untereinander – mehrgliedrig ausgestaltet. Der Gesellschaftsvertrag ist nach dem objektiven Erklärungsbefund auszulegen, einem möglichen Missbrauch der Vertragsfreiheit wird mit Hilfe einer an den Maßstäben von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ausgerichteten Inhaltskontrolle durch die Gerichte begegnet. Eine Inhaltskontrolle von Gesellschaftsverträgen durch die §§ 305 ff. 1 So BaFin, Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (Stand: April 2014), unter Gliederungspunkt 1. a) bb) (3). 2 Wiedemann, WM 2014, 1985 (1987).
Kauffeld
487
19.168
§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
BGB1 (früher AGBG) findet nicht statt. Die Vorschrift des § 312b Abs. 1 BGB über den Widerruf von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen bzw. angebahnten Geschäften ist auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages über eine stille Gesellschaft grundsätzlich anwendbar. Wird der Anleger bei Abschluss des stillen Beteiligungsvertrages vertreten, so ist entscheidend, ob der Bevollmächtigte bei Abgabe der Willenserklärung in einer Haustürsituation gehandelt hat, während es grundsätzlich unerheblich ist, ob die Vollmacht in einer solchen Situation erteilt worden ist. Lässt indes der Unternehmer einen Vertreter für sich handeln, so besteht ein Widerrufsrecht, sobald der Vertrag mit dem Verbraucher in einer Haustürsituation abgeschlossen wurde. Für das Verbraucherkreditrecht hat der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Schuldrechts auf die Rechtsprechung des BGH reagiert und mit der Einführung des § 492 Abs. 4 BGB dafür Sorge getragen, dass der durch § 492 Abs. 1 BGB intendierte Verbraucherschutz in Vertretungsfällen seit dem 1.1.2002 nicht leer läuft. Die Regelung des § 358 Abs. 1 BGB über verbundene Geschäfte erfasst auch den Beitritt zu einer Publikumsgesellschaft als Haustürgeschäft, wenn er mit einem Finanzierungsvertrag i.S. des § 491 BGB verbunden ist. Durch den Widerruf entfällt nicht nur die Bindung an den Gesellschaftsbeitritt, sondern auch diejenige an den Verbraucherdarlehensvertrag. Beide Verträge sind gemäß § 357 BGB abzuwickeln. Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages dürfen dem Anleger nach § 358 Abs. 4 Satz 4 BGB nicht auferlegt werden. Der Ausgleich zwischen Geschäftsinhaber und Darlehensgeber richtet sich nach deren vertraglichen Abreden oder nach §§ 812 ff. BGB. Umgekehrt erstreckt sich der Widerruf des Verbraucherkreditvertrages auch auf die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages, § 358 Abs. 2 BGB. Bei der Rückabwicklung tritt der Kreditgeber im Verhältnis zum Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem Abwicklungsverhältnis ein, § 358 Abs. 4 Satz 5 BGB. Das Vorliegen eines verbundenen Geschäfts wirkt sich auch für den Fall aus, in dem der Anleger arglistig getäuscht worden ist. In diesem Fall ist der Anleger zur jederzeitigen fristlosen Kündigung der stillen Beteiligung berechtigt und kann dem Darlehensrückzahlungsanspruch der finanzierenden Bank den gegen den Geschäftsinhaber zustehenden Abfindungsanspruch entgegenhalten, § 359 Satz 1 BGB. In der Regel kann bei einem verbundenen Geschäft der Anleger jedoch auch den Darlehensvertrag selbst wegen arglistiger Täuschung anfechten oder einen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss gegen die Bank geltend machen, wenn bei der Vermittlung des Gesellschafts- und Darlehensvertrag dieselbe Person aufgetreten ist. Sofern sich die stille Gesellschaft als Publikumsgesellschaft AG & Still an ein breites Anlagepublikum wenden will, also eine Vielzahl von Vertragsschlüssen angestrebt wird, erweist sich die Notwendigkeit der Zustimmung der Hauptversammlung zu jedem einzelnen Vertragsschluss nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG i.V.m. § 293 Abs. 1 AktG und die Eintragung in das Handelsregister nach § 294 AktG als eine praktische Hürde.
1 Gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB ist das AGBG auf Dauerschuldverhältnisse bis zum 31.12.2002 anzuwenden, vom 1.1.2003 an nur die §§ 305 ff. BGB.
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§ 19 Die stille Publikumsgesellschaft
Zum Zweck der Mediatisierung der Zustimmungs-, Informations- und Kontrollrechte werden Verbandsorgane geschaffen, z.B. Gesellschafterversammlung und Beirat. Bei einer mehrgliedrigen stillen Publikumsgesellschaft können die Informations- und Kontrollrechte entgegen der Auffassung des BGH im Wege der actio pro socio gegen den Inhaber geltend gemacht werden. Der Geschäftsinhaber sowie die Initiatoren des Kapitalanlagemodells haften gemäß § 276 BGB für jedes Verschulden, weil es an dem in § 708 BGB vorausgesetzten Vertrauensverhältnis fehlt. Gleiches gilt für die Mitglieder des Überwachungsorgans bei der Erfüllung ihrer Pflichten. Eine stille Publikumsgesellschaft auf fehlerhafter Vertragsgrundlage verdient aufgrund der hinreichenden organisatorischen Elemente der Verbandsstruktur Bestandsschutz gegen Nichtigkeitsfolgen. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft sind auf sie anzuwenden. Bei einer mehrgliedrigen Publikumsgesellschaft muss zwischen dem Ausscheiden des stillen Gesellschafters und der Abwicklung des Gesellschaftsverhältnisses unterschieden werden. Der Anleger einer kapitalistischen Publikumsgesellschaft scheidet nach dem Grundgedanken des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB aus dem Verband aus, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Auch eine Insolvenz des Geschäftsinhabers führt grundsätzlich zu einer Auflösung der Gesellschaft mit anschließender „Innenliquidation“. Der stille Gesellschafter kann auch nach Kündigung oder Eintritt der Geschäftsinhaberin in das Liquidationsstadium in vollem Umfang verpflichtet sein, seine übernommene Einlage zu entrichten, wenn sie nach den getroffenen Vereinbarungen Eigenkapitalfunktion hat. Anlegerschutz gewähren die spezialgesetzliche Prospekthaftung im VermAnlG (§§ 20 ff. VermAnlG) und KAGB (§§ 306, 307 KAGB) sowie aufsichtsrechtliche Schranken.
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§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft Schrifttum: Bartosch, Basel III und die Umstrukturierung stiller Beteiligungen – EU-beihilfenrechtliche Aspekte, EWS 2012, 161; Behnes/Böhringer/Helios, Aufsichts- bilanz- und steuerrechtliche Aspekte des Rückkaufs stiller Beteiligungen bei Kreditinstituten, RdF 2013, 295; Hageböke, Anwendung von § 5 Abs. 2a EStG auf „gehärtete“ typisch stille Beteiligungen nach Art. 52 CRR?, RdF 2013, 304; Haisch/Renner, Auswirkungen von Basel III auf hybride Instrumente in der Handels- und Steuerbilanz, DB 2012, 135; Hintze/Sassen, Auswirkungen der mit Basel III einhergehenden aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Steuerung von Kreditinstituten, WPg 2014, 618; Leistikow/Bertelmann, Die Anrechnung „sonstigen Kapitals“ als haftendes Eigenkapital unter dem neuen § 10 Abs. 4 bis 6 KWG und Basel III, WM 2012, 731; Nodoushani, Hilfe für die Banken: Die stille Gesellschaft auf dem Gebiet des Finanzsektors, ZBB 2009, 110; Nodoushani, Stille Einlagen im Lichte von Basel III, ZIP 2011, 1995; Rennings, Steuerliche Behandlung von Finanzinstrumenten des zusätzlichen Kernkapitals nach Art. 51 ff. CRR, RdF 2014, 221; Schäfer, Eigenkapital im Bankaufsichtsrecht und Basel III, ZHR 175 (2011), 319; Schmid/Bielinis, Die Anpassung stiller Beteiligungen der Banken an die Vorgaben von CRD IV, FR 2013, 581; Schulte-Mattler/Manns, CRD-IV-Regulierungspaket zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Bankensektors, WM 2011, 2069; Schulte-Mattler/Manns, Aufsichtsfeuerwerk Basel III und CRD-IV – Antwort der Bankenaufseher auf die Finanzkrise, WM 2010, 1577.
I. Einführung
19a.1 Kreditinstitute müssen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern über angemessene Eigenmittel verfügen. Bankaufsichtsrechtlich wurden bislang neben dem gezeichneten Kapital auch Einlagen stiller Gesellschafter als sog. Kernkapital (Tier 1-Capital) zugelassen. Je nach Ausgestaltung der stillen Gesellschaft und Tätigkeit des emittierenden Instituts konnte eine stille Beteiligung auch als bankaufsichtsrechtliches Ergänzungskapital (Tier 2-Capital) anzurechnen sein.
19a.2 Die Umsetzung der novellierten Eigenkapitalanforderungen an Kreditinstitute („Basel III“) durch die in jedem EU-Mitgliedsstaat unmittelbar geltende Eigenmittel-Verordnung CRR (Capital Requirements Regulation) vom 26.6.2013, die in Deutschland grundsätzlich für alle Kreditinstitute maßgebend ist (§ 1a Abs. 1 KWG), führte zu einer gesetzlichen Neuordnung der Eigenmittelkategorien, die letztlich eine Loslösung der bankaufsichtsrechtlichen Anerkennung vom Formerfordernis der stillen Einlage mit sich brachte.
19a.3 Stillen Einlagen, die vor 2012 begeben wurden und nach alter Rechtslage aufsichtsrechtlich als Eigenmittel gelten, gewährt die CRR während einer Übergangszeit bis Ende 2021 Bestandsschutz. Kapitalinstrumente, die bis zum 31.12.2011 als Eigenmittel nach § 10 KWG a.F. gelten und ab 2014 nicht mehr als Kernkapital nach der CRR anzusehen sind, können mit einem jährlich abschmelzenden Betrag weiterhin als Kernkapital angesetzt werden (Art. 484 ff. CRR i.V.m. § 31 SolvV). Bemessungsgrundlage ist i.d.R. der ausstehende Nominalbetrag zum 31.12.2012. Unter diese Altbestandsregelung fallen insbesondere Einlagen stiller Gesellschafter. In 2014 sind 80 %, in 2015 70 % usw. ansetzbar.
19a.4 Stille Beteiligungen waren daher in der Vergangenheit – und sind es in der bankaufsichtsrechtlichen Praxis zumindest bis Ende 2021 mit Einschränkungen auch weiter-
490 Teufel
§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft
hin – ein wichtiges Mittel, das regulatorische Eigenkapital der Banken zu stärken. Grundsätzlich ist es auch möglich, stille Beteiligungen so auszugestalten, dass sie die neuen, strengeren Anforderungen der CRR an sog. zusätzliches Kernkapital erfüllen. Umgekehrt knüpft die CRR (anders als § 10 KWG a.F.) nicht mehr an die Rechtsform der stillen Gesellschaft an, so dass Neuemissionen typischerweise als Inhaberschuldverschreibung begeben werden und nicht mehr in der Rechtsform der stillen Einlage1.
II. Aufsichtsrechtlicher Rechtsstand bis zum 30.12.2010 1. Qualifikation als unbegrenzt anrechenbares Kernkapital nach KWG Nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 KWG in der bis zum 30.12.2010 geltenden Fassung (KWG a.F.) waren neben den allgemeinen handelsrechtlichen Anforderungen an das Vorliegen einer stillen Gesellschaft gemäß §§ 230 ff. HGB folgende Merkmale erforderlich, damit eine stille Gesellschaft als bankaufsichtsrechtliches Kernkapital ohne Begrenzung der Höhe nach anerkannt werden konnte:
19a.5
– Laufzeit von mindestens fünf Jahren, wobei ein etwaiger Rückzahlungsanspruch erst in zwei Jahren fällig sein durfte. – Die Kündigung der stillen Gesellschaft ist möglich, wobei die Kündigungsfrist grundsätzlich mindestens zwei Jahre betragen musste. – Verlustteilnahme in voller Höhe und Berechtigung des emittierenden Instituts, im Verlustfall Zinszahlungen aufzuschieben. – Nachrang hinter allen Gläubigern des Instituts in der Liquidation und Insolvenz. Der Beteiligungsvertrag durfte keine Besserungsabreden enthalten, so dass keine Auffüllung von Verlusten durch Gewinne außerhalb eines gesetzlich vorgesehenen Vierjahreszeitraums möglich war2. Eine vorzeitige Rückzahlung durfte nur erfolgen, wenn die Aufsichtsbehörde dieser zustimmte oder das getilgte Kapital durch die Einzahlung zumindest gleichwertigen Kapitals ersetzt wurde. Ferner musste ein schriftlicher Hinweis bei Begründung der stillen Gesellschaft auf die Rechtsfolgen von § 10 Abs. 4 Satz 2 und 3 KWG a.F. vorgenommen werden. Dieser Hinweis sollte dazu dienen, die Investoren ausdrücklich auf die der stillen Gesellschaft innewohnenden Verlustabsorptionsmechanismen wie Dauerhaftigkeit und Nachrang hinzuweisen. Unter den vorstehenden Voraussetzungen war eine unbegrenzte Anrechnung als bankaufsichtsrechtliches Kernkapital möglich.
19a.6
2. Qualifikation als begrenzt anrechenbares hybrides Kernkapital bei international tätigen Banken Für international tätige Institute bestanden seit 1998 ergänzende Regelungen. Diese wurden zwar nicht in die nationalen gesetzlichen Regelungen des § 10 Abs. 4 KWG a.F. übernommen, hatten jedoch große praktische Bedeutung. Nach der sog. Baseler 1 Vgl. Musterbedingungen AT1-Instrumente Typ A und Typ B des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. v. 20.2.2014. Die Einhaltung dieser Musterbedingungen ist auch für die steuerliche Anerkennung entscheidend, vgl. Rz. 19a.21 ff. 2 Vgl. Boos in Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), § 10 KWG Rz. 73.
Teufel 491
19a.7
§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft
Eigenkapitalübereinkunft vom Juli 1988 (Basel I) waren zwar nur das gezeichnete Kapital und die offenen Rücklagen (einschließlich des Fonds für allgemeine Bankrisiken) als per Definition unbegrenzt anrechenbares Kernkapital anerkannt1. Allerdings rechneten zum begrenzt anrechenbaren hybriden Kernkapital auch innovative Kapitalinstrumente, wie z.B. stille Beteiligungen oder durch Tochtergesellschaften ausgegebene preference shares, wenn sie u.a. folgende Merkmale erfüllten: – Das Kapital muss voll eingezahlt sein. – Das Kapital darf keinen nachzahlbaren Gewinnanspruch gewähren (non-cumulative). – Das Kapital muss geeignet sein, Verluste im laufenden Geschäftsjahr aufzufangen. – Das Kapital muss im Insolvenzfall nachrangig sein. – Das Kapital muss permanent zur Verfügung stehen (perpetual). – Das Kapital darf durch den Emittenten frühestens nach fünf Jahren und mit Zustimmung der Bankenaufsicht gekündigt werden.
19a.8 Eine Vielzahl der von international tätigen deutschen Kreditinstituten in der Vergangenheit ausgegebenen stillen Einlagen erfüllt die Anforderungen der Baseler Eigenkapitalübereinkunft vom Juli 1988. Diese stillen Einlagen sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass sie zwar keine rechtlich zwingend festgelegte Laufzeit haben, ihre Laufzeit aber wirtschaftlich durch einen Tilgungsanreiz begrenzt war, z.B. aufgrund von Kündigungsrechten kombiniert mit der Erhöhung des Zinssatzes zu einem Kündigungszeitpunkt. Die aufsichtsrechtliche Anrechnungsgrenze für hybride Instrumente mit einer solchen „step up“-Klausel als Tier 1-Capital lag bei 15 %. 3. Qualifikation als Ergänzungskapital
19a.9 Sofern die vorstehend beschriebenen Voraussetzungen für Kernkapital oder hybrides Kernkapital aufgrund der jeweiligen Merkmale der stillen Gesellschaft nicht erfüllt wurden, kam die Berücksichtigung als Ergänzungskapital nach § 10 Abs. 5 KWG a.F. in Betracht. Dabei wurde die stille Gesellschaft rein aufsichtsrechtlich als Genussrechtskapital klassifiziert und konnte bei Vorliegen der an dieses Kapitalinstrument gestellten Anforderungen im Rahmen der anwendbaren Quoten angerechnet werden. 4. Steuerliche Anmerkungen
19a.10 Aufsichtsrechtlich ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die stille Gesellschaft als typisch oder atypisch stille Gesellschaft ausgestaltet war, sofern nur die spezifischen aufsichtsrechtlichen Anforderungen erfüllt wurden. Im Regelfall wurde aus steuerlichen Gründen die Form der typisch stillen Gesellschaft gewählt. 1 Vgl. Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht 11.7.1988, Empfehlungen zur Internationalen Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen, 1988, CMBS 23.03. Unter international tätigen Instituten verstand die Bankenaufsicht solche, die sich ihr gegenüber freiwillig verpflichtet hatten, die Vorgaben des BIS einzuhalten. Vgl. auch BAKred 27.10.1998, Leitlinien für die Zuordnung sogenannter innovativer Kapitalmarktinstrumente zum bankaufsichtsrechtlichen Kernkapital, ZfKW 1999, 175.
492 Teufel
§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft
Der steuerlichen Einordnung einer typisch stillen Beteiligung als steuerliches Fremdkapital steht weder die aufsichtsrechtliche Anerkennung als Kernkapital noch der handelsbilanzielle Ausweis im gezeichneten Kapital entgegen. Nach § 25 RechKredV sind im Unterposten Buchst. a) zum Passivposten Nr. 12 „Eigenkapital“ als „Gezeichnetes Kapital“ alle Beträge auszuweisen, die aufsichtsrechtlich entsprechend der Rechtsform des Instituts als von den Gesellschaftern gezeichnete Eigenkapitalbeträge gelten; auch Einlagen stiller Gesellschafter sind nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 RechKredV in diesen Posten einzubeziehen. Dieser – der aufsichtsrechtlichen Einordnung als Kernkapital geschuldete – handelsrechtliche Ausweis ändert jedoch nichts daran, dass stillen Einlagen handelsrechtlich kein Eigenkapital, sondern Schuldposten sind. Steuerlich handelt es sich daher auch bei den aufsichtsrechtlich als Kernkapital anerkannten stillen Beteiligungen um Fremdkapital, d.h. beim Geschäftsherrn stellen die Zahlungen der Gewinnanteile an den typisch-stillen Gesellschafter abziehbare Betriebsausgaben dar1. Gewerbesteuerlich sind die Gewinnanteile allerdings nur zu 75 % abziehbar (§ 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG); durch das sog. Bankenprivileg des § 19 GewStDV ändert sich daran nichts.
19a.11
III. Aufsichtsrechtlicher Rechtsstand vom 31.12.2010 bis zum 31.12.2013 In diesem Zeitraum sind die Regelungen von Basel III in der Form der CRD II2 anwendbar. § 10 KWG wurde dementsprechend mit Wirkung vom 31.12.2010 durch das CRD-II-Umsetzungsgesetz an die Anforderungen der CRD II angepasst3. Eine der wesentlichen Änderungen im Vergleich zu der Vorgängerregelung des § 10 KWG a.F. ist die den internationalen Vorgaben entsprechende Verwendung eines stärker prinzipienorientierten Ansatzes bezüglich der Ausgestaltung der Eigenmittel.
19a.12
Die stille Beteiligung konnte sich in dem neuen prinzipienbasierten Umfeld an zwei Stellen wiederfinden, und zwar (i) einerseits als sog. anderes Kapital gemäß § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 8 KWG, das unbeschränkt als Kernkapital anrechnungsfähig ist, und (ii) andererseits als sonstiges Kapital gemäß § 10 Abs. 2a Satz 1 Nr. 10, Abs. 4 KWG, das im Rahmen wesentlich engerer Anrechnungsgrenzen nach § 10 Abs. 2 Satz 3–5 KWG berücksichtigt werden konnte. Die Regelungen galten aber insgesamt nur drei Jahre, da sie zum 1.1.2014 durch die CRD IV ersetzt wurden.
19a.13
IV. Aufsichtsrechtlicher Rechtsstand ab dem 1.1.2014 Durch die Umsetzung der in jedem EU-Mitgliedsstaat unmittelbar geltenden Eigenmittel-Verordnung CRR kam es zu erheblichen Änderungen, die den aufsichtsrechtlichen Sonderstatus der stillen Einlage beendet haben. Die ausdrückliche Zielsetzung der international vereinheitlichten Regelungen ist, dass das „harte“ Kernkapital eines Instituts in der Lage sein muss, nicht nur Verluste sowohl im Liquidations- oder Insolvenzfall zu absorbieren, sondern auch den Fortbestand des Instituts (going concern) zu 1 OFD Kiel v. 6.11.2000, FR 2001, 43; Häuselmann in Kessler/Kröner/Köhler, Konzernsteuerrecht, § 10 Rz. 227. 2 RL 2009/111/EG, ABl. EU L 302 v. 17.11.2009, 97. 3 BGBl. I 2010, 1592.
Teufel 493
19a.14
§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft
ermöglichen. Das führt dazu, dass hartes Kernkapital zeitlich ohne jegliche Begrenzung zur Verfügung stehen und bei Ausschüttungen komplett flexibel sein muss. Letzteres hat wiederum zur Konsequenz, dass sämtliche Ausschüttungen im ausschließlichen Ermessen des Emittenten stehen müssen.
19a.15 Durch das CRD-IV-Umsetzungsgesetz1 wurde § 10 KWG auf drei Absätze reduziert, da alle relevanten Grundlagen der Bestimmung von Bankkapital weitestgehend in der CRR enthalten und damit unmittelbar geltendes Recht sind. In Zukunft wird es nur noch drei Kapitalbestandteile geben, und zwar hartes Kernkapital (CET 1)2, zusätzliches Kernkapital (AT 1)3 sowie Ergänzungskapital (Tier 2)4. Die Kategorie der Drittrangmittel wird abgeschafft. 1. Hartes Kernkapital
19a.16 Nach der CRR müssen eine Reihe von Anforderungen erfüllt werden, damit ein Instrument als hartes Kernkapital qualifiziert werden kann. Die wichtigsten können wie folgt zusammengefasst werden: – Das Instrument muss unmittelbar von dem Institut mit Zustimmung dessen Anteilseigner emittiert worden sein (Art. 28 Abs. 1 (a) CRR). – Das Instrument muss nach Art. 22 der RL über den Jahresabschluss von Banken 86/635/EWG (sog. BankbilanzRL) als gezeichnetes Kapital, nach dem anwendbaren Rechnungslegungsstandard und für Zwecke des nationalen Insolvenzrechtes als Eigenkapital gelten (Art. 28 Abs. 1 (c)(i) CRR). – Das Kapitalinstrument muss unbefristet und grundsätzlich nur im Falle der Liquidation oder mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zurückzuzahlen sein (Art. 28 Abs. 1 (e) und (f) CRR). – Das Kapitalinstrument muss eine Gewinnbeteiligung gewähren, die nur aus ausschüttbaren Gewinnen ohne jeden Vorzug zu leisten ist (Art. 28 Abs. 1 (h) CRR). – Das Instrument absorbiert Verluste zuerst und überproportional; alle Instrumente des harten Kernkapitals absorbieren Verluste untereinander zu gleichen Teilen (Art. 28 Abs. 1 (i) CRR). – Das Instrument muss eine proportionale Beteiligung am Liquidationserlös vermitteln (Art. 28 Abs. 1 (k) CRR).
19a.17 Leitbild dieser Vorgaben ist die Stammaktie einer AG bzw. vergleichbare Eigenkapitalteile von Kreditinstituten anderer Rechtsform. Es ist daher fraglich, ob stille Beteiligungen überhaupt noch als Instrumente des harten Kernkapitals in Betracht kommen. Dies würde voraussetzen, dass stille Beteiligungen als „gezeichnetes Kapital“ i.S. des Art. 28 Abs. 1 (c)(i) CRR angesehen werden können. Gemäß Art. 22 der BankbilanzRL sind hierunter alle Beträge auszuweisen, die entsprechend der Rechtsform des Kreditinstituts nach den einzelstaatlichen Voraussetzungen als von den Gesellschaften oder anderen Eigentümern gezeichnete Eigenkapitalbeträge gelten. Nach bis1 2 3 4
BGBl. I 2013, 3395. Art. 26 ff. CRR. Art. 51 ff. CRR. Art. 62 ff. CRR.
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§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft
herigem deutschen Rechtsverhältnis trifft dies auf stille Beteiligungen zu, wie sich aus § 25 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 RechKredV – der vom Gesetzgeber unverändert gelassen wurde – ergibt. Insofern lässt sich argumentieren, dass sich hieran auch durch die CRR nichts geändert hat. Denn zum einen verweist Art. 28 Abs. 1 (c)(i) CRR auf Art. 22 der Bankbilanz-RL, der seinerseits auf das nationale Recht der Einzelstaaten abstellt. Zum anderen würde es gerade auch dem prinzipienorientierten Ansatz der CRR widersprechen, stille Beteiligungen, die die Voraussetzungen des Art. 28 CRR (im Übrigen) erfüllen, aus rein formalen Gründen nicht als hartes Kernkapital anzuerkennen. 2. Zusätzliches Kernkapital Die Qualifikation als AT 1 unterliegt ähnlich hohen Ansprüchen wie CET 1, auch wenn bezüglich der Dauerhaftigkeit der Kapitalüberlassung Abstriche gemacht werden. Im Wesentlichen verlangt die CRR Folgendes:
19a.18
– Die Laufzeit des Instruments darf nicht befristet sein (Art. 52 Abs. 1 (g) CRR). – Kündigungs-, Rückkaufs- oder Einziehungsrechte dürfen vereinbart werden, aber nur zugunsten des Emittenten (Art. 52 Abs. 1 (h) CRR). Dem Investor darf dementsprechend kein Kündigungsrecht eingeräumt werden. Kündigung, Rückkauf oder Einziehung sind frühestens fünf Jahre nach der Begebung des Instruments und nur mit Zustimmung der nationalen Aufsichtsbehörde möglich (Art. 52 Abs. 1 (i) CRR). – Es dürfen keinerlei – auch nicht moderate – Anreize zur Kündigung, Rückkauf oder Einziehung durch das Institut bestehen (Art. 52 Abs. 1 (g) CRR). – Ausschüttungen dürfen nur aus ausschüttbaren Bilanzpositionen erfolgen und müssen im freien Ermessen des Instituts stehen. Ausschüttungen dürfen nicht kumulativ sein, d.h. es darf keinerlei Verpflichtung zu einer Nachzahlung geben (Art. 52 Abs. 1 (l) CRR). – Schließlich muss das Instrument im Fall des Eintritts bestimmter regulatorischer Vorfälle (insbesondere Absinken der Kernkapitalquote unter 5,125 % oder eine andere im Einklang mit Art. 92 CRR definierte Schwelle) entweder (i) abgeschrieben oder (ii) in CET 1 gemäß Art. 26 CRR gewandelt werden (Art. 52 Abs. 1 (n), 54 CRR). Anders als hartes Kernkapital muss ergänzendes Kernkapital nicht unmittelbar vom Kreditinstitut begeben werden und auch nicht zwingend als Eigenkapital nach dem jeweils anzuwendenden Rechnungslegungsstandard zu klassifizieren sein. Des Weiteren ist eine Beteiligung am Liquidationserlös oder den stillen Reserven des Instituts nicht erforderlich. Bei entsprechender Ausgestaltung können sowohl typisch als auch atypisch stille Gesellschaften diese Anforderungen erfüllen.
19a.19
3. Ergänzungskapital Als Ergänzungskapital qualifizieren in erster Linie Nachranginstrumente mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren (vgl. Art. 61 ff. CRR).
Teufel 495
19a.20
§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft
4. Steuerliche Anmerkungen
19a.21 Bei den Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals, die ohne die rechtliche Verpflichtung des Emittenten zur Rückzahlung und zur Vornahme von Zins- oder Dividendenzahlungen ausgestattet sein müssen (und erst recht beim harten Kernkapital), stellt sich die Frage, ob diese Kapitalinstrumente handels- und steuerbilanziell als Fremdkapital anzusehen sind.
19a.22 Die handelsrechtliche Praxis orientiert sich insofern an dem Kriterienkatalog der Stellungnahme des Hauptfachausschusses des IDW zur Behandlung von Genussrechten im Jahresabschluss von Kapitalgesellschaften aus dem Jahr 1994 (Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung, Nachrangigkeit, Erfolgsabhängigkeit der Vergütung sowie Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe)1. Bei den Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals ist das Auslöseereignis für eine Herabschreibung bzw. Wandelung der Anleihe an das Herabsinken der aufsichtsrechtlichen Kernkapitalquote und nicht etwa an einen Jahresfehlbetrag geknüpft; es fehlt mithin an einer Verlustbeteiligung, so dass insofern handelsrechtliches Fremdkapital vorliegt2.
19a.23 Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals sind auch steuerlich als Fremdkapital einzuordnen. Zwar haben die Instrumente „formal“ eine unendliche Laufzeit und der Emittent hat das Recht, die Kuponzahlungen entfallen zu lassen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der Kapitalmarkt mit den Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals entsprechende Rückzahlungs- und Ausschüttungserwartungen verbindet, zumal der Emittent (i.d.R. frühestens nach fünf Jahren) ein Kündigungsrecht hat. Daher liegt eine wirtschaftliche Belastung des Emittenten i.H. des Nominalbetrags vor, es sei denn, nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag sind konkrete Anhaltspunkte dafür gegeben, dass eine Rückzahlung nicht wahrscheinlich ist.
19a.24 Ausschüttungen auf Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals sind daher bei den Emittenten als grundsätzlich abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln. Sofern es sich (was der Regelfall sein dürfte) um Inhaberschuldverschreibungen und nicht um stille Beteiligungen handelt, sind die Ausschüttungen auch gewerbesteuerlich grundsätzlich voll abzugsfähig (§ 19 GewStDV). Dieser Sichtweise hat sich die Finanzverwaltung in einem Schreiben an die Bankenverbände vom 10.4.2014 angeschlossen, wobei für die steuerliche Anerkennung entscheidend ist, dass die emittierten Instrumente keine von den BdB-Musterbedingungen abweichenden Vertragsgestaltungen enthalten3. In der Praxis empfiehlt es sich, die steuerliche Anerkennung durch einen Antrag auf verbindliche Auskunft abzusichern.
V. Zusammenfassung
19a.25 Bankaufsichtsrechtlich haben stille Beteiligungen nach wie vor eine große praktische Bedeutung. Bis zur Umsetzung der CRR wurden Eigenmittel neben dem gezeichneten Kapital auch als stille Einlage zugelassen. Die CRR hat sich diesem Formerfordernis 1 IDW St/HFA 1/1994, Wpg 1994, 419. 2 BFA-Sitzungsbericht v. 22.12.2012, Rz. I.1.1. 3 Ausführlich hierzu Rennings, RdF 2014, 221; zutreffend auch Hageböke, RdF 2013, 304; unklar Schmid/Bielinis, FR 2013, 581.
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§ 19a Bankenkapitalisierung und stille Gesellschaft
gelöst und verfolgt einen stärker prinzipienorientierten Ansatz. Neuemissionen werden mittlerweile typischerweise als Inhaberschuldverschreibung und nicht mehr als stille Einlage begeben. Während einer Übergangszeit bis Ende 2021 sind in der Vergangenheit ausgegebene stille Einlagen jedoch weiterhin ein wichtiges Mittel, das regulatorische Eigenkapital der Banken zu stärken. Während hybrides Kernkapital nach dem KWG a.F. lediglich eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren erforderte, müssen Instrumente des harten und des zusätzlichen Kernkapitals nach der CRR grundsätzlich unbefristet zur Verfügung stehen. Ergänzend hierzu stehen Ausschüttungen bei Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals im freien Ermessen des Instituts. Zur ‚Verlust‘absorption unterliegt zusätzliches Kernkapital bei Eintritt eines Auslöseereignisses zudem der Herabschreibung oder Umwandlung. Steuerlich wurden stille Einlagen von Kreditinstituten regelmäßig in der Form der typisch stillen Beteiligung begeben. Steuerbilanziell sind typisch stille Beteiligungen entgegen der bankaufsichtsrechtlichen Anerkennung als Eigenmittel oder dem handelsrechtlichen Ausweis im gezeichneten Kapital als Fremdkapital einzuordnen. Zahlungen auf den Gewinnanteil sind als Betriebsausgaben voll abzugsfähig. Für Zwecke der Gewerbesteuer gilt die unbeschränkte Abzugsfähigkeit regelmäßig nur für Inhaberschuldverschreibungen nach der CRR, Gewinnanteile des stillen Gesellschafters unterliegen zu 25 % der Hinzurechnung.
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II. Teil: Die Besteuerung der stillen Gesellschaft § 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft Schrifttum: Biber, Renate, Kapitalersetzende „typische“ stille Beteiligung eines Gesellschafters an seiner unterkapitalisierten GmbH-Qualifizierung als Mitunternehmerschaft, DStR 1984, 424; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Braun, Rainer, Kein Mitunternehmerrisiko bei fehlender Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters, EFG 2004, 405; Brockmann, Kai/Hörster, Ralf, Jahressteuergesetz 2008, NWB Fach 2, S. 9657; Cisz/Krane, Die Besteuerung von Einkünften aus typisch stillen Gesellschaften unter der Abgeltungssteuer, DStR 2010, 2226; Costede, Jürgen, Steuerrechtsfragen der GmbH & Still, StuW 1983, 308; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, Steuerberater-Kongress-Report 1987, 239; Crezelius, Georg, Vom Missbrauch zum Misstrauen: Zur geplanten Änderung des § 42 AO, DB 2007, 1428; Ehlers, ErnstAugust, Verdeckte Mitunternehmerschaft, AktStR 1998, 67; Fischer, Peter, „Faktisches“, „Verdecktes“ und die subjektive Zurechnung von Einkünften – Zum Urteil des BFH vom 16.12.1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659, FR 1998, 813; Groh, Manfred, Die atypische stille Gesellschaft als fiktive Gesamthandsgesellschaft, in Festschrift für Heinrich Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 417; Gschwendtner, Hubertus, Die atypisch stille Gesellschaft als beschränkt rechtsfähiges Steuerrechtssubjekt im Einkommensteuerrecht – Zugleich eine Besprechung des BFH-Urteils vom 26. November 1996, VIII R 42/91, DStZ 1998, 335; Häger, Michael, Forderungsverzicht gegenüber Beteiligungen im Lichte des Steuersenkungsgesetzes – Stille Beteiligung als alternatives Finanzierungselement, GStB 2001, 239; Häuselmann, Holger, Steuerliche Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 8.11.2007, BB 2008, 20; Hey, Johanna, Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht nach der Neufassung des § 42 AO und dem dazu ergangenen BMF-Erlass, BB 2009, 1044; Hey, Johanna, Grenzen steuerlicher Gestaltungsfreiheit – Verhältnis des § 42 AO zu speziellen Missbrauchsvorschriften, Beihefter zu DStR 3/2014, S. 8; Hinder, Jens-Uwe/Bleschke, Christian, Steuerliche Behandlung der typisch und atypisch stillen Gesellschaft, StuB 2004, 621; Hoffmann, Wolf-Dieter, Verlusttransfer durch die stille Gesellschaft, GmbH-StB 2012, 322; Hoffmann, Wolf-Dieter, Verluste des still beteiligten Arbeitnehmer-Geschäftsführers, GmbH-StB 2011, 287; Horn, Wilhelm, Abgrenzung des stillen Gesellschafters von der Stellung des atypisch stillen Gesellschafters, insbesondere aufgrund der Ausweitung der Informations- sowie Kontrollrechte gemäß § 716 BGB, GmbHR 2000, 711; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Jakob, Wolfgang, Die Mitunternehmerschaft in der Form der so genannten atypisch stillen Gesellschaft, BB 1986, 1615; Kaminski, Bert, Aktuelle steuerliche Überlegungen zur Finanzierung von mittelständischen Unternehmen, Stbg 2010, 433; Kessler, Wolfgang/Teufel, Tobias, Gesellschafterfremdfinanzierung nach der Unternehmenssteuerreform, DB 2001, 1955; Kleine, Klaus, Typische oder atypische Gesellschaft zwischen herrschender und beherrschter Kapitalgesellschaft?, JbFfSt 1994/1995, 148; Korn, Christian, Der stille Gesellschafter in Handels- und Steuerbilanz, SteuK 2011, 428; Kraft, Gerhard/Schreiber, Christoph, Die unterschiedliche Ausprägung von Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative, NWB 2016, 1492; Kulosa, Verträge zwischen nahen Angehörigen, DB 2014, 972 ff.; Kutsch/Kersting, Mitarbeiterbeteiligung zur Finanzierung und Sanierung, BB 2011, 373–382; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Levedag, Christian, Einnahmen aus Kapitalvermögen in Schneeballsystemen, NWB 2015, 914; Luttermann, Claus, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 1.8.1996, JZ 1998, 107; Mack, Alexandra/Wollweber, Markus, § 42 AO – Viel Lärm um nichts?, DStR 2008, 182; Middendorf/Engel, GmbH & typisch Still als steuerliches Gestaltungsinstrument unter der Abgeltungsteuer?, StuB 2010, 738; Milatz, Jürgen, Die typische stille Beteiligung an einem Nicht-Handelsgewerbe, DStZ 2006, 141; Moritz, Joachim, BFH konkretisiert Abgrenzungskrite-
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft rien zwischen typisch und atypisch stiller Gesellschaft, GStB 2004, 261; Moritz, Joachim, Typisch stille und atypisch stille Gesellschaft, Aktuelles Steuerrecht 2004, 201; Peters, Franziska, Abzugsbeschränkungen für Verluste aus (typisch) stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, FR 2013, 718; Pinkernell, Reimar, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 2001; Ritzrow, Manfred, Innengesellschaft als Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, StBp 1999, 177 und 197; Rodewald, Jörg, Vom Einzelunternehmen in die GmbH & Co. KG – Überlegungen im Zusammenhang mit der verdeckten Mitunternehmerschaft, GmbHR 1997, 582; Ruban, Reinhild, Die atypische stille Gesellschaft im Ertragssteuerrecht – Tendenzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStZ 1995, 637; Schmitt-Hohmann, Fabian, Abgeltungsteuer: Verlustanteil, Forderungsausfall, Bezugsrecht und Wertpapierleihe, BB 2010, 351; Schulze zur Wiesche, Dieter, Ist die typische GmbH & Still tot?, GmbHR 1991, 533; Schulze zur Wiesche, Dieter, Mitunternehmerschaft und Mitunternehmerstellung, DB 1997, 244; Schulze zur Wiesche, Dieter, Völlige Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit der Personenhandelsgesellschaft?, DStZ 1998, 285; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gestaltungen innerhalb von Mitunternehmerschaften – Begründung doppelstöckiger Mitunternehmerschaften durch atypisch stille Beteiligungen, DStZ 2014, 719; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Stille Beteiligung an einer GmbH und die Umwandlung dieser Beteiligung, GmbHR 1984, 77; Troost, Jürgen, Die steuerliche Abgrenzung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften, 1997; Wagner, Einlageverlust eines Arbeitnehmers aus typisch stiller Gesellschaft, EFG 2011, 1153; Walter, Wolfgang, Die atypisch stille Gesellschaft als Instrument der Verlustnutzung, GStB 2000, 50; Weber, Klaus, Ende der typisch stillen Gesellschaft bei beherrschendem Einfluss?, DB 1992, 546; Weber, Klaus, Die Bedeutung der Geschäftsführer-Tätigkeit für die Annahme einer atypischen GmbH & Still, GmbHR 1994, 144; Weigl, Gerald, Anwendungs- und Problemfelder, DStR 1999, 1568; Wichmann, Gerd, Gesellschafts-, handels- und steuerrechtliche Fragen zur GmbH & Still, DStZ 2014, 442; Winter, Willi, Die atypisch stille Beteiligung an der eigenen GmbH nach der Steuerreform, GStB 2001, 104; Worgulla, Niels, Stille Gesellschaften, partiarische Darlehen und Unterbeteiligungen, NWB 2010, 3182.
I. Die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften
20.1 Für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften im Einzelfall gelten grundsätzlich die zivilrechtlichen Regeln, also insbesondere die §§ 230 ff. HGB. Streit um das Bestehen einer stillen Gesellschaft besteht in der Praxis oft in folgenden Fallkonstellationen: – Vorliegen einer typisch stillen Beteiligung in Schneeballsystemen: Die steuerlichen Folgen eines Schneeballsystems auf Seiten der Anleger werden wesentlich davon bestimmt, welcher Besteuerungstatbestand erfüllt ist. In vielen Fällen ist der BFH bislang zur Annahme einer typischen stillen Beteiligung des Anlegers am Unternehmen des Schneeballsystembetreibers und damit zur Besteuerung „wiederangelegter“ Scheinrenditen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gelangt. Entscheidend für die Einordnung eines Rechtsverhältnisses ist nach der ständigen Rechtsprechung1, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob dieser Vertragswille dem objektiven Rechtsbild einer (stillen) Gesellschaft entspricht (siehe Rz. 20.40 ff.). Zum Zufluss von Scheinrenditen in Schneeballsystemen hat der BFH seine Rechtsprechung jüngst bestätigt2.
1 BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190 = FR 2009, 487; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. 2 BFH v. 11.2.2014 – VIII R 25/12, BStBl. II 2014, 461 = FR 2014, 702 m. Anm. Marx; BFH v. 2.4.2014 – VIII R 38/13, BStBl. II 2014, 698 = FR 2015, 240 und BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187.
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
– Streit um die Einkünftezurechnung bei Familienpersonengesellschaften: Bei Familienpersonengesellschaften (Personengesellschaft & (a)typisch still; Kapitalgesellschaft & (a)typisch still) sind die Grundsätze zur steuerlichen Anerkennung von Vertragsverhältnissen unter nahen Angehörigen zu beachten, um zur Zurechnung von Einkünften und zum Betriebsausgabenabzug der an den typisch stillen Gesellschafter gezahlten Vergütungen zu gelangen1. Die besonderen Grundsätze zur Anerkennung von stillen Beteiligungen zwischen nahen Angehörigen beruhen darauf, dass Inhaber und stiller Gesellschafter bei der Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses, insbesondere hinsichtlich der Gewinn- und Verlustverteilung, keine entgegengesetzten Interessen verfolgen2. Auf die hiermit verbundenen Probleme, die vor allem stille Gesellschaften unter Familienangehörigen sowie die GmbH & Still betreffen, wird gesondert in § 21 eingegangen. Es ist jeweils danach zu unterscheiden, ob von den Steuerpflichtigen (gewollte Einkünftezurechnung/Verlustzuweisung/Betriebsausgabenabzug) oder von der Finanzverwaltung das Bestehen einer stillen Gesellschaft (z.B. beim Streit um den Zufluss von Einkünften beim Steuerpflichtigen in Schneeballsystemen) vorgetragen bzw. bestritten wird. Zu den verschiedenen Sachverhalten bei Streit um die Anerkennung von stillen Gesellschaften liegt eine umfangreiche Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte vor.
20.2
Neben den genannten Fallkonstellationen kommt die Nichtanerkennung einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten stillen Gesellschaft gemäß §§ 41 (siehe Rz. 20.10) oder 42 AO in Betracht. Die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft stellt nach der Rechtsprechung grundsätzlich keine unangemessene rechtliche Gestaltung dar; denn es steht in der Entscheidungsbefugnis des Steuerpflichtigen, wie er sein Unternehmen finanziert (siehe näher Rz. 20.44)3.
20.3
Zu den zivilrechtlichen Vorfragen bzgl. des Vorliegens einer stillen Gesellschaft vgl. Rz. 4.1 ff.
20.4
II. Steuerliche Einordnung und Anerkennung eines Rechtsverhältnisses als stille Beteiligung 1. Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Steuerrecht Das Steuerrecht knüpft vielfach an das Vorliegen einer stillen Gesellschaft an, ausdrücklich etwa in den §§ 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 15a Abs. 5 Nr. 1 und 3, 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. §§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a bis c EStG; 44 Abs. 3 Satz 1 EStG und in § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG. Ein eigenständiger steuerrechtlicher Begriff der stillen Gesellschaft existiert aber nicht. Ob i.S. der genannten Vorschriften eine stille Gesell-
1 Zur GmbH & Still siehe BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111 sowie FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29; FG BW v. 31.10.2013 – 7 K 3633/10, EFG 2014, 909. 2 Zu der Frage, wann dies der Fall ist, vgl. Rz. 21.7 ff. 3 Siehe das FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29; siehe auch FG Berlin-Bdb. v. 8.2.2011 – 6 K 6124/07, EFG 2011, 1335.
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20.5
§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
schaft besteht, bestimmt sich vielmehr grundsätzlich nach zivil- und handelsrechtlichen Maßstäben und den steuerlichen Anerkennungsgrundsätzen1.
20.6 Wegen der Maßgeblichkeit des Zivilrechts setzt auch steuerlich jedes stille Gesellschaftsverhältnis einen Gesellschaftsvertrag voraus, also die gegenseitige Verpflichtung zur Förderung eines gemeinsamen Zwecks2. Nicht ausreichend ist demnach grundsätzlich, dass jemand, ohne zivilrechtlich Gesellschafter zu sein, lediglich aufgrund eines schuldrechtlichen Austauschvertrages am Unternehmenserfolg beteiligt ist und Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen nehmen kann; allerdings hat die Rechtsprechung im Bereich der Schneeballsysteme Geschäftsbesorgungsverträge als Gesellschaftsverträge über eine stille Beteiligung qualifiziert (siehe die Nachweise unter Rz. 20.1).
20.7 Erforderlich ist, dass die Beteiligten den konkreten zivilrechtlichen Rechtbindungswillen haben, zwischen sich eine stille Gesellschaft zu begründen3. Diese Maßgeblichkeit des Zivilrechts für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften gilt grundsätzlich auch bei personellen Verflechtungen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter. So können Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zugleich an dieser still beteiligt sein, und zwar auch dann, wenn sie die Kapitalgesellschaft beherrschen Dies betrifft insbesondere die GmbH & Still (ausführlich hierzu Rz. 21.78 ff.).
20.8 Auch hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen einer stillen Gesellschaft gilt die Maßgeblichkeit des Zivilrechts, etwa für die Notwendigkeit, nicht nur an einzelnen Geschäften4, sondern an dem Handelsgewerbe als solchem oder zumindest einem abtrennbaren Teil5 von diesem beteiligt zu sein, für die Wirksamkeit einer schenkweisen Übertragung (etwa durch Um- und Einbuchung der Einlage durch den Inhaber6) oder der Einlage von Know-how als Gesellschafterbeitrag7 oder für das Erfordernis einer Gewinn-8, und nicht nur einer erfolgsunabhängigen oder in die Willkür des Inha1 BFH v. 29.10.1969 – I R 80/67, BStBl. II 1970, 180 (zum Kapitalertragsteuerabzug); bestätigt durch BFH v. 9.10.2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482 (482) m.w.N., mit der Maßgabe, dass die Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Bestehen einer stillen Gesellschaft einer abweichenden Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht entgegensteht. Ebenso BFH v. 27.2.1963 – I 236/59 U, BStBl. III 1963, 370 (370); BFH v. 11.11.1965 – IV 82/62 U, BStBl. III 1966, 95 (95), jeweils für § 8 Nr. 3 GewStG, unter Aufgabe der entgegenstehenden früheren Rechtsprechung, die auch gesellschaftsähnliche Verhältnisse gewerbesteuerlich als stille Gesellschaften behandelt hatte. 2 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614) unter 1.d); BFH v. 8.4.2008 – VIII R 3/05, FR 2009, 184 = GmbHR 2008, 1169 = DStR 2008, 1629 (1630) und die Nachweise unter Rz. 20.1. 3 Zur Ablehnung eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses in einem Streitfall siehe das FG Saarbrücken v. 14.12.1990 – 1 K 203/88, EFG 1991, 198. 4 Vgl. BFH v. 27.5.1982 – V R 110 u. 111/81, BStBl. II 1982, 678. 5 Ist ein Gesellschafter nur an einem Teil des Handelsgewerbes des Inhabers beteiligt, ist gewerbesteuerrechtlich von zwei verschiedenen Betrieben des Inhabers auszugehen, BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685 (686 f.) = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378; BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (614). 6 BFH v. 9.9.1954 – IV 574/53, BFHE 59, 275; BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, FR 2002, 151 m. Anm. Kempermann = DStR 2001, 2108 (2109). 7 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611 (612 f.) unter 1.a). 8 Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters muss zivilrechtlich nicht periodisch, sondern kann auch erst bei Auflösung der Gesellschaft erfolgen. Dies gilt grundsätzlich auch steuerrechtlich (offen gelassen durch BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BStBl. II 1994, 700 (701) unter 3.c) = FR 1994, 17 = GmbHR 1994, 345. A.A. wohl FG Köln v. 14.11.2006 – 9 K 2612/04, DStRE 2007, 762 (766), welches eine laufende Gewinnbeteiligung für erforderlich hält.
502 Levedag
§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
bers gestellten Beteiligung am Ergebnis. Zur Abgrenzung zu ähnlichen Rechtsverhältnissen wie etwa Treuhandverträgen (vgl. Rz. 5.54 ff.) oder partiarischen Darlehen (vgl. Rz. 5.20 ff.) wird auf den zivilrechtlichen Teil verwiesen. 2. Unwirksame Gesellschaftsverträge/Treuhandfälle a) Begriff des Scheingeschäfts gemäß § 41 Abs. 2 AO Werden die Vereinbarungen eines zivilrechtlich unwirksamen Vertrags über die Begründung einer stillen Gesellschaft dennoch tatsächlich vollzogen, so ist die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Vertrags unter fremden Dritten steuerrechtlich unerheblich (§ 41 Abs. 1 AO)1. Wird eine typische oder atypische stille Gesellschaft nur zum Schein errichtet, d.h. fehlt es den Beteiligten an dem Willen, ein ernsthaftes Gesellschaftsverhältnis zu begründen, so führt die steuerliche Unbeachtlichkeit der stillen Beteiligung gemäß § 41 Abs. 2 AO zu dem Ergebnis, dass der im Handelsgewerbe des Inhabers erwirtschaftete Gewinn diesem nach wie vor im vollen Umfang zugerechnet und kein Betriebsausgabenabzug für die Vergütung des Stillen anerkannt wird.
20.9
Nicht zu den Scheingeschäften sind die Fälle zu zählen, in denen die Beteiligten die Gesellschaft aus steuerlichen2 oder familiären3 Motiven heraus schließen, da in diesen Fällen das Bestehen der stillen Gesellschaft und deren Anerkennung für steuerliche Zwecke gerade gewollt ist. Grenzen für die steuerliche Anerkennung in diesen Fällen stellen aber die in § 21 dargestellten Besonderheiten für Angehörigen-Gesellschaftsverträge sowie der Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO (vgl. Rz. 20.50 ff.) dar.
20.10
b) Unwirksame und rückwirkend geänderte Gesellschaftsverträge (§§ 38, 41 Abs. 1 AO) Abweichend von der zivilrechtlichen Beurteilung kommt es gemäß § 41 Abs. 1 AO für die steuerrechtliche Anerkennung eines Gesellschaftsvertrags unter fremden Dritten nicht vorrangig auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des vereinbarten Gesellschaftsvertrags an. Maßgeblich ist der tatsächliche Vollzug des Gesellschaftsverhältnisses4. Ist ein Gesellschaftsvertrag nichtig, ist dies für die Besteuerung so lange ohne Bedeutung, wie die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Gesellschaftsvertrags eintreten und bestehen lassen (§ 41 Abs. 1 AO)5. Dies gilt auch dann, wenn ein Ge-
1 Vgl. Fischer in HHSp., AO/FGO, § 41 AO Rz. 74 (Stand 3/2007) mit Hinweis auf BFH v. 15.3.1973 – VIII R 150/70, BStBl. II 1973, 597. 2 BFH v. 22.8.1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181 (183); BFH v. 14.10.1964 – II 175/61 U, BStBl. III 1964, 667 (669); BFH v. 15.11.1967 – IV R 139/67, BStBl. II 1968, 152 (155); BFH v. 1.3.1974 – VI R 31/71, BStBl. II 1974, 382. 3 RFH v. 20.1.1944 – III 38/43, RStBl. 1944, 435. 4 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187 zum behaupteten Verstoß eines Vertragsverhältnisses gegen die Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagenvermittler, Bauträger und Baubetreuer (MaBV) v. 7.11.1990 (BGBl. I 1990, 2479) gemäß § 134 BGB. 5 BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (483) (unter I.2.b) = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710; BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, DStRE 1999, 388 (390) unter II.2.a)cc). Wegen der Besonderheiten bei stillen Familiengesellschaften vgl. Rz. 21.2 ff.
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20.11
§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
sellschaftsvertrag gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 40 AO). Auf die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, die auch auf die stille Gesellschaft anwendbar sind (vgl. Rz. 11.1 ff.), muss steuerlich daher grundsätzlich nicht zurückgegriffen werden, ein solcher Rückgriff schadet allerdings auch nicht. Der Gesellschaftsvertrag muss tatsächlich vollzogen werden1.
20.12 Die Verwirklichung des Steuertatbestands richtet sich nach dem zugrundeliegenden Lebenssachverhalt (§ 38 AO). Rückwirkend abgeschlossene oder abgeänderte Gesellschaftsverträge können steuerlich folglich erst ab dem Zeitpunkt der Abschlusses bzw. der Änderung des Vertrages Wirkung entfalten. Dies wurde etwa für Fälle entschieden, in denen der Inhaber sein Handelsgeschäft veräußerte, sich aber rückwirkend an diesem als stiller Gesellschafter beteiligte2. Ebenso werden rückwirkende Vereinbarungen über die Gewinn- und Verlustbeteiligung nicht anerkannt3. c) Treuhandfälle (§ 39 Abs. 2 AO)
20.13 Wird die stille Beteiligung treuhänderisch für einen anderen gehalten, besteht zivilrechtlich ein stilles Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem Treuhänder, nicht aber zum Treugeber (vgl. Rz. 5.54 ff.). Steuerrechtlich wird die Einlage hingegen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO dem Treugeber zugerechnet. Folglich wird der Treugeber ertrag- und gewerbesteuerlich als stiller Gesellschafter (Einkünfteerzieler) behandelt. Geht ein Kaufmann im Wege mittelbarer Stellvertretung für einen anderen Gewerbetreibenden stille Gesellschaftsverhältnisse mit Kapitalgebern ein und wissen diese von der mittelbaren Stellvertretung, unterfällt dies nach Ansicht des BFH der Regelung in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO4. Sind die Gesellschaftsrechte eines Beteiligten, z.B. durch Kündigungs- oder Rückfallklauseln, so stark eingeschränkt, dass von einer tatsächlichen Beherrschung der Gesellschaftsbeteiligung nicht mehr ernsthaft gesprochen werden kann, kann wegen des Übergangs wirtschaftlichen Eigentums unter Umständen eine abweichende Zurechnung erfolgen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO)5. 3. Nebeneinander von Rechtsverhältnissen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter a) Zuordnung von Vergütungen zu den verschiedenen Einkunftsarten
20.14 Bestehen zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter noch andere Rechtsverhältnisse (vertragliche Bindungen), ist für die Einkünftezurechnung jeweils zu prüfen, auf welchem Rechtsverhältnis ein Vorteil beruht. Es ist hierfür der Veranlassungszusammenhang der Vergütung zur jeweiligen Tätigkeit ent-
1 BFH v. 10.7.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = DStRE 1997, 777 zum Verstoß gegen das Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB). 2 FG Schl.-Holst. v. 29.1.1954, EFG 1954, 151 Nr. 173. 3 Vgl. BFH v. 7.7.1983 – IV R 209/80, BStBl. II 1984, 53 unter 2. = FR 1983, 542; zur Wirkung eines Vergleichs siehe BFH v. 24.3.1975 – IV R 22/74, BStBl. II 1975, 723. 4 BFH v. 9.10.2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482 (482); vorgehend FG Nürnberg v. 25.1.2000 – I 133/97, EFG 2000, 641 (641). In diesen Fällen ist auch § 42 AO in Betracht zu ziehen. 5 Vgl. RFH v. 22.10.1931 – VI A 1949/29, StuW 1932, Nr. 15; BFH v. 6.11.1929 – VI A 756/29, RStBl. 1930, 194; BFH v. 23.6.1976 – I R 178/74, BStBl. II 1976, 678.
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scheidend. Steht dieser fest, ist zu unterscheiden, ob gesetzliche Subsidiaritätsregeln zwischen den Einkunftsarten (vgl. z.B. § 20 Abs. 8 EStG) eingreifen. Gibt es solche Regelungen nicht, wie z.B. zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) und aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), darf daraus nicht geschlossen werden, zwischen den Einkunftsarten bestehe kein Rangverhältnis. Es ist dann jeweils im Einzelfall zu entscheiden ist, welche Einkunftsart im Vordergrund steht und dadurch die andere Einkunftsart verdrängt1. Aus der Sicht des BFH handelt es sich bei der Abgrenzung und Zuordnung einer Vergütung zwischen den Einkunftsarten um eine Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles2. Die Tatsachenwürdigung des Finanzgerichts, welcher Rechtsbeziehung ein Vorteil zuzurechnen ist, ist hierbei gemäß § 118 Abs. 2 FGO revisionsrechtlich bindend, soweit sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder durch die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflusst ist3. Handelt es sich um eine typische stille Gesellschaft, können die Einkünfte je nach Veranlassungszusammenhang und Subsidiarität der Einkunftsarten zueinander verschiedenen Einkunftsarten zuzurechnen sein. In Betracht kommen für die Einordnung der Vergütung des typisch stillen Gesellschafters Einkünfte aus der typischen stillen Gesellschaft gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG einerseits und daneben Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG andererseits (zu letzteren siehe Rz. 20.17). Handelt es sich hingegen um eine atypische stille Gesellschaft, ist der stille Gesellschafter also Mitunternehmer, führt der Gewinnanteil nur zu gewerblichen Einkünften gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG; die Einkünfte aus den weiteren Rechtsverhältnissen zwischen ihm und dem Geschäftsinhaber (Austauschverträgen) sind als Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren4. Der Gewinnanteil des atypischen stillen Gesellschafters und die Vergütungen aus anderen Rechtsverhältnissen mindern in diesem Fall weder den Gewinn des Geschäftsinhabers noch den Gewinn der atypischen stillen Gesellschaft.
20.15
b) Abgrenzung von Arbeitslohn und Einkünften aus Kapitalvermögen Die Begründung einer typisch stillen Beteiligung eines Arbeitnehmers am Unternehmen des Arbeitgebers fällt unter § 2 Abs. 1 Buchst. i VermBG und ist damit ein anerkanntes Instrument der Mitarbeiterbeteiligung (siehe Rz. 2.24 bis 2.37)5. Durch die Begründung der typisch stillen Beteiligung des Arbeitnehmers bestehen zwischen ihm und dem Arbeitgeber zwei Rechtsverhältnisse, nämlich das Arbeits- und Gesellschaftsverhältnis, was die Zuordnung der Einkünfte erforderlich macht.
1 Vgl. z.B. die BFH v. 28.6.2007 – VI B 23/07, BFH/NV 2007, 1870; BFH v. 31.10.1989 – VIII R 210/83, BStBl. II 1990, 532 = FR 1990, 372; BFH v. 5.11.2013 – VIII R 20/11, BStBl. II 2014, 275 = GmbHR 2014, 334 = FR 2014, 426. 2 BFH v. 1.2.2007 – VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898; BFH v. 20.11.2008 – VI R 25/05, BFHE 223, 419 = BStBl. II 2009, 382. 3 BFH v. 15.1.2013 – VIII R 22/10, BStBl. II 2013, 526. 4 S. Neu in Beck’sches Handbuch Personengesellschaft, § 14 Rz. 106; Fischer in Westermann/ Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. II 1279. 5 Neu in Beck’sches Handbuch Personengesellschaft, § 14 Rz. 159.
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20.17 Vorteile werden vom Arbeitgeber oder einem Dritten „für“ eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers, also objektiv als Frucht seiner Arbeit darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht1. Kein Arbeitslohn liegt allerdings vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (sog. Sonderrechtsbeziehungen) gewährt wird2.
20.18 In der Praxis wirft dies bei Mitarbeiterbeteiligungen in Form einer (typisch) stillen Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers3 damit jeweils die Frage auf, ob ein Vorteil oder der Verlust der Einlage aus einer Mitarbeiterbeteiligung auf dem Arbeitsverhältnis oder auf der Kapitalüberlassung als sog. Sonderrechtsverhältnis beruht. Setzt der Arbeitnehmer sein Kapital (die Einlageforderung) ein, um eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Erwerbsgrundlage zur Einkünfteerzielung zu schaffen, sind die daraus erzielten Erträge und Verluste in der Regel keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern solche aus Kapitalvermögen (hier: § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG)4.
20.19 Die Rechtsprechung knüpfte bei der Zuordnung eines Vorteils zu den Einkünften aus § 19 EStG oder aus § 20 EStG bei Mitarbeiterbeteiligungen in der Vergangenheit zunächst regelmäßig an die ausschließlich den Arbeitnehmern vorbehaltene Investitionsmöglichkeit als Indiz an. So sprach für die Zuordnung von Vorteilen aus einer Kapitalbeteiligung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Kapitalbeteiligung auf einen engen Kreis der Bezugsberechtigten auf die Arbeitnehmer begrenzt war5, die Dienste des Arbeitnehmers hierdurch in besonderem Maße entgolten werden sollten und die Möglichkeit einer Investition vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses abhängig war6 oder dass Kapitalbeteiligungen (nur) aufgrund eines Arbeitsverhältnisses mit einer Tochtergesellschaft erworben werden konnten7. Eine Verfallklausel (also die Pflicht des Arbeitnehmers zur Rückgabe/zum Rückverkauf der Kapitalbeteiligung an den Arbeitgeber (oder eine Konzerngesellschaft) bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) konnte ein weiteres Indiz für die enge wirtschaftliche Verknüpfung zwischen dem Arbeitsverhältnis und den aus der Kapitalbeteiligung zufließenden Vorteilen sein. Denn bei dieser Ausgestaltung sollte der Arbeitnehmer auch 1 Geserich, Beihefter DStR zu Heft 23/2014, 53 (53). 2 BFH v. 20.11.2008 – VI R 25/05, BStBl. II 2009, 382, m.w.N. = FR 2009, 625 m. Anm. Bergkemper. 3 Vgl. zur Mitarbeiterbeteiligung in Form der stillen Gesellschaft Kutsch/Kersting, BB 2011, 373 (376); zur Einkunftsartenabgrenzung BFH v. 11.2.2010 – VI R 47/08, BFH/NV 2010, 1094; FG Berlin-Bdb. v. 29.8.2007 – 1 K 3459/03 B, EFG 2007, 1874; zu einem Verlustfall FG Nds. v. 23.2.2011 – 9 K 45/08, EFG 2011, 1148 m. Anm. Wagner; Zur Unterbeteiligung als Managementbeteiligung Pönicke/Bünning, BB 2014, 2717. 4 BFH v. 5.4.2006 – IX R 111/00, BStBl. II 2006, 654 = FR 2006, 838; BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 69 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper; Geserich in Beihefter zu Heft 23/2014, 53 (54). 5 BFH v. 23.6.2005 – VI R 124/99, BStBl. II 2005, 766 = FR 2005, 1045 m. Anm. Bergkemper. 6 BFH v. 23.6.2005 – VI R 10/03, BStBl. II 2005, 770 = FR 2005, 1165. 7 BFH v. 1.2.2007 – VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898.
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in Zukunft für seine Arbeit motiviert und ein Anreiz zum Verbleib im Unternehmen geschaffen werden1. In jüngeren Entscheidungen des VI. Senats des BFH traten die Indizien des abgeschlossenen Kreises der Bezugsberechtigten und der Verfallklauseln für die Zuordnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in den Hintergrund. So führte ein Veräußerungsgewinn aus einer Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen nicht allein deshalb zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil die Beteiligung von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten und veräußert wurde und auch nur Arbeitnehmern angeboten worden war2. Denn jede Form der Mitarbeiterbeteiligung sei – so der BFH in der zitierten Entscheidung – naturgemäß auf die Arbeitnehmer bezogen, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber nur einen Teil seiner Arbeitnehmer an seinem Unternehmen beteiligen wolle. Dies schließe es nicht aus, dass ein Sonderrechtsverhältnis begründet werde, das unabhängig vom Arbeitsverhältnis bestehe und den gesamten Leistungsaustausch der Vertragspartner abbilde. An dieser Betrachtung hat der VI. Senat seitdem festgehalten.3
20.20
Auch der VIII. Senat des BFH4 und der I. Senat des BFH5 grenzen auf Grundlage einer Einzelfallwürdigung nach den dargestellten Kriterien ab, ob ein Vorteil auf dem Sonderrechtsverhältnis oder dem Arbeitsverhältnis beruht. Der I. Senat hat in der gerade zitierten Entscheidung ausgeführt, eine Sonderrechtsbeziehung neben dem Arbeitsverhältnis zeige ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit insbesondere dadurch, dass sie selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen könne6. Es spricht jedoch für die Zuordnung der Vergütung zum Arbeitsverhältnis, wenn die Gesellschafterstellung durch Good Leaver und Bad Leaver-Klauseln mit unterschiedlichen Rückkaufswerten so eng an den Bestand des Arbeitsverhältnisses gekoppelt ist, dass im Fall eines Ausscheidens als Bad Leaver die Beteiligung zum Nennwert unabhängig von ihrem tatsächlichen Wert an den Arbeitgeber zu veräußern ist. In diesem Fall stellt sich die Gesellschafterstellung des Arbeitnehmers im Zeitpunkt ihrer Beendigung nur noch als eine Nebenfolge des überlagernden Arbeitsverhältnisses, aber nicht als eine daneben bestehende eigenständige und unabhängige Rechtsbeziehung dar7. Diese Begründung des VIII. Senats stellt die in der Praxis oft verwendeten Good Leaver- und Bad Leaver-Klauseln auf den Prüfstand8. Die Eigenständigkeit der Gesellschafterstellung neben dem Arbeitsverhältnis ist bei Inkaufnahme nachteiliger
20.21
1 BFH v. 20.11.2008 – VI R 25/05, BStBl. II 2009, 382 = FR 2009, 625 m. Anm. Bergkemper. 2 BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 1069 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper. 3 BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 1069 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper: In diesem Fall stand dem Arbeitnehmer im Fall des Verlusts der Arbeitnehmerstellung ein Sonderkündigungsrecht zu. Siehe ferner BFH v. 10.4.2014 – VI R 57/13, FR 2014, 905 m. Anm. Bergkemper = DStR 2014, 1658; BFH v. 7.5.2014 – VI R 73/12, FR 2014, 860 = DStR 2014, 1328; BFH v. 26.6.2014 – VI R 94/13, GmbHR 2014, 1057 = FR 2014, 990 m. Anm. Bergkemper = DStR 2014, 1713. 4 BFH v. 5.11.2013 – VIII R 20/11, BStBl. II 2014, 275 = GmbHR 2014, 334; BFH v. 24.2.2015 – VIII R 44/12, BStBl. II 2015, 649. 5 BFH v. 21.5.2014 – I R 42/12, BStBl. II 2015, 4 = GmbHR 2014, 1158. 6 BFH v. 21.5.2014 – I R 42/12, BStBl. II 2015, 4 = GmbHR 2014, 1158, unter Bezugnahme auf BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 69 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper und BFH v. 5.4.206 – IX R 111/00, BStBl. II 2006, 654 = FR 2006, 838. 7 BFH v. 17.6.2009 – VI R 69/06, BStBl. II 2010, 69 = FR 2010, 136 m. Anm. Bergkemper. 8 Siehe zum Anpassungsbedarf Breuninger, JbFStR 2014, 242 ff.
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Maßnahmen aber z.B. gewahrt, wenn die Arbeitnehmer in ihrer Funktion als Gesellschafter mit den übrigen Gesellschaftern bei einer Umstrukturierung des Unternehmens einen Rückkauf der Mitarbeiterbeteiligungen „unter Wert“ beschließen, sodass der hieraus entstehende Veräußerungsverlust den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen ist1. c) GmbH & Still/Personengesellschaft & (a)typisch still
20.22 Die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft können zugleich wie fremde Dritte an dieser (typisch und atypisch) still beteiligt sein, und zwar auch dann, wenn sie die Kapitalgesellschaft beherrschen. Dies betrifft in der Praxis insbesondere die GmbH & Still (ausführlich hierzu Rz. 21.78 ff.).
20.23 Einzelkaufleute können sich an ihrem eigenen Gewerbetrieb nicht still beteiligen. Auch insoweit folgt das Steuerrecht dem Zivilrecht. Dies gilt trotz des steuerlichen Transparenzprinzips jedoch nicht für Gesellschafter einer Personengesellschaft. Diese können sich an dieser zusätzlich (typisch oder atypisch) still beteiligen: – Ertragsteuerlich führt die Beteiligung eines Mitunternehmers als typisch stiller Gesellschafter an einer Mitunternehmerschaft auf Ebene der Gesellschaft zum Betriebsausgabenabzug, soweit die Vergütungen angemessen sind. Beim typisch still beteiligten Mitunternehmer gehört die Einlageforderung zum Sonderbetriebsvermögen, sodass die zugewiesenen Gewinnanteile aus der stillen Gesellschaft aufgrund des Subsidiaritätsprinzips (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 8 EStG) zu den Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen2. Den bei der Personengesellschaft als Betriebsausgaben abgezogenen Vergütungen des Stillen stehen die Sonderbetriebseinnahmen aus den Sondervergütungen korrespondierend gegenüber, so dass die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage der Personengesellschaft im Ergebnis nicht um die Vergütung des stillen Gesellschafters gemindert ist. – Die atypisch stille Beteiligung eines Mitunternehmers an der „eigenen“ Personengesellschaft führt zum Entstehen einer doppelstöckigen Personengesellschaft3: Ertragsteuerlich wird der Betrieb der Personengesellschaft (Inhaberin des Handelsbetriebs) der atypisch stillen Gesellschaft (Innengesellschaft) als eigenständiger Mitunternehmerschaft zugeordnet. Der Zuordnungswechsel des Betriebs der Personengesellschaft zum Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft ist als Einbringung des Betriebs der Personengesellschaft in die stille Gesellschaft i.S. des § 24 UmwStG zu behandeln. Die Außen-Personengesellschaft wird zur Gesellschafterin der atypisch stillen Innengesellschaft und folglich zur Obergesellschaft im Rahmen der doppelstöckigen Gesellschaftsstruktur (siehe Rz. 26.29). 1 Geserich in DStR-Beihefter zu Heft 23/2014, S. 53 (60). 2 BFH v. 10.11.1983 – IV R 62/82, BStBl. II 1984, 605 unter Rz. 17; BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 unter Rz. 37 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler; zur Beteiligung einer Schwesterpersonengesellschaft als stille Gesellschafterin an einer Personengesellschaft siehe BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299 = FR 2001, 186 m. Anm. Wendt. 3 Siehe jüngst BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker = GmbHR 2014, 890 = DStR 2014, 1384 zur Personengesellschaft & atypisch Still als doppelstöckiger Personengesellschaft; vertiefend Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 ff.
508 Levedag
§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
4. Der Streit um das Vorliegen der stillen Gesellschaft im Veranlagungs- und Gerichtsverfahren a) Verfahrensrechtliche Anknüpfungspunkte In der Praxis ist immer wieder streitig, ob eine bestimmte zivilrechtliche Vereinbarung als stille Gesellschaft einzuordnen ist oder ob aus bestimmten Lebenssachverhalten – bei Nichtvorlage einer Vertragsurkunde – auf eine solche Vereinbarung zurückgeschlossen werden kann. Der Streit kann verschiedene verfahrensrechtliche Anknüpfungspunkte haben:
20.24
– Im Bereich der typisch stillen Gesellschaft kann auf Ebene des Geschäftsinhabers (Einzelunternehmer/Personen- oder Kapitalgesellschaft) bei dessen Veranlagung streitig werden, ob eine stille Gesellschaft besteht und die an den stillen Gesellschafter gezahlten Vergütungen als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. – Auf Ebene des typisch stillen Gesellschafters kann es für dessen ESt-Veranlagung ebenfalls streitig sein, ob die stille Beteiligung besteht und diesem Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zuzurechnen sind (z.B. aus der Beteiligung an einem Schneeballsystem/bei der Kapitalgesellschaft & typisch Still), ob ihm bei einer bestehenden stillen Beteiligung ein Verlustabzug zusteht1 oder ob die Einkünfte gemäß §§ 32d Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder b EStG der Abgeltungs- oder Regelbesteuerung2 unterliegen. – Bei Streit über das Bestehen einer atypisch stillen Beteiligung ist regelmäßig die Weigerung des Finanzamts, einen Gewinnfeststellungsbescheid zu erlassen (sog. negativer Gewinnfeststellungsbescheid) Streitgegenstand (siehe hierzu Rz. 22.154). – Innerhalb einer anerkannten atypisch stillen Beteiligung können einzelne Feststellungen des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids streitig sein (siehe hierzu Rz. 22.153). Dringend anzuraten und auch üblich ist es, den Gesellschaftsvertrag über die Gründung einer stillen Gesellschaft schriftlich abzuschließen, wenn eine stille Beteiligung aus Sicht des Steuerpflichtigen gewollt ist3. Ein Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft kann wegen der Maßgeblichkeit des Zivilrechts zwar mündlich wirksam abgeschlossen werden (vgl. Rz. 9.22 ff.); auch das Steuerrecht enthält weder eine gesetzliche Sonderregelung noch ein richterrechtlich entwickeltes Formerfordernis. Ohne schriftlichen Vertrag bestehen aber zweifellos Nachweisprobleme sowohl im Hinblick auf das Zustandekommen einer vertraglichen Vereinbarung an sich als auch hinsichtlich des Inhalts der vereinbarten Haupt- und Nebenpflichten4. Wird in einer Vertragsurkunde von den Vertragsparteien das Rechtsverhältnis nicht als Gesellschaftsverhältnis bezeichnet, kann gleichwohl eine stille Be1 Siehe z.B. BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, GmbHR 2014, 894; FG München v. 27.1.2014 – 7 K 987/11, EFG 2014, 848 und FG München v. 27.5.2014 – 15 K 352/11, juris. 2 Siehe hierzu auch Levedag, GmbHR 2015, 57 (63 ff.). 3 BFH v. 18.12.1970 – VI R 248/69, BStBl. II 1971, 426 (427); die meisten Entscheidungen, in denen der BFH die Möglichkeit eines mündlichen Vertragsschlusses betont, betreffen verdeckte Gesellschaftsverhältnisse, vgl. BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710. 4 Vgl. zur Beteiligung von Angehörigen als stillen Gesellschaftern Rz. 21.23 ff.; Kulosa, DB 2014, 972.
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20.25
§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
teiligung gewollt und vereinbart worden sein. Steuerrechtlich kommt es nicht darauf an, ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis von den Beteiligten als stilles Gesellschaftsverhältnis bezeichnet oder auch nur als solches angesehen worden ist, sondern ausschließlich darauf, ob objektiv nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Tatbestandsmerkmale einer stillen Gesellschaft verwirklicht worden sind (näher Rz. 20.28 ff.). Dies kann wegen der fließenden Übergänge zu anderen Darlehens- oder Vergütungsinstrumenten wie partiarischen Darlehen oder zu Arbeitsverhältnissen mit gewinnorientierten Zusatzvergütungen des Arbeitnehmers schwierig zu beurteilen sein. Selbst wenn etwa bei Arbeitnehmern deren Beteiligung als typisch stille Beteiligung zu qualifizieren ist, stellt sich dann noch die weitere tatsächliche und rechtliche Frage, ob eine im Rahmen der stillen Beteiligung gewährte Vergütung den Lohn- oder Kapitaleinkünften zuzuordnen ist (siehe Rz. 20.17 ff.).
20.26 Grundsätzlich müssen die Finanzverwaltung steuerbegründende und steuererhöhende, der Steuerpflichtige steuerentlastende und steuermindernde Tatsachen benennen und beweisen. Für das Bestehen eines verdeckten stillen Gesellschaftsverhältnisses ist demnach regelmäßig die Finanzverwaltung objektiv beweisbelastet, da sie eine bestimmte Einkünftezurechnung erreichen oder in den Fällen einer verdeckter Mitunternehmerstellung eine bestimmte Einkünftezurechnung verhindern will1.
20.27 Das Beweismaß im finanzgerichtlichen Verfahren verlangt, dass zur vollen Überzeugung der Finanzverwaltung (§§ 85 bis 88 AO) oder des Gerichts (§ 96 FGO) festgestellt werden muss, ob eine bestimmte Tatsache vorliegt. Verletzt der Steuerpflichtige nach einer Aufforderung, bestimmte Tatsachen oder Beweismittel darzulegen oder vorzulegen, seine Mitwirkungspflichten, kann das Beweismaß im finanzgerichtlichen Verfahren zu seinen Lasten auf die größtmögliche Wahrscheinlichkeit herabgesetzt werden2. Dies betrifft bei der stillen Gesellschaft vor allem den Inhaber, da er gemäß §§ 238 ff. HGB über Abschluss und Durchführung der Gesellschaft Buch zu führen hat. Eine ordnungsgemäße Buchführung trägt aber gemäß § 158 AO die Rechtsvermutung der Richtigkeit für sich, solange nicht ihre sachliche Unrichtigkeit im Einzelnen erwiesen ist. Wegen der leichteren Manipulierbarkeit verlangen Finanzverwaltung und Gerichte bei reinen Innengesellschaften zudem die vollständige Dokumentation des Gesellschaftsabschlusses und der Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses, zumal dann, wenn Inhaber und stiller Gesellschafter keine gegensätzlichen Interessen haben oder die besonderen Anforderungen für die steuerliche Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen zu beachten sind (siehe Rz. 21.7 ff.)3.
20.28 Nachweisprobleme können sich auch ergeben, wenn der Gesellschaftsvertrag im Wege des Selbstkontrahierens geschlossen wird. In diesem Fall muss der Inhaber den Vertragsabschluss und die Durchführung so dokumentieren, dass nachträgliche Manipulationen ausgeschlossen sind4. Erforderlich ist die ordnungsgemäße Einbuchung 1 FG Rh.-Pf. v. 9.6.1998 – 2 K 1433/96, juris. 2 BFH v. 23.3.2011 – X R 44/09, BStBl. II 2011, 884 = FR 2011, 824 m. Anm. Wendt; zur Abgrenzung im Bereich des Vorliegens einer Steuerverkürzung siehe BFH v. 19.10.2011 – X R 65/09, BStBl. II 2012, 345 = FR 2012, 591 m. Anm. Fischer. 3 Aus der Rspr. FG Hamburg v. 15.7.1993 – I 222/90, EFG 1994, 150 (151) zu einer Unterbeteiligung. 4 Vgl. den anschaulichen Fall FG Nürnberg v. 4.6.1996 – VI 200/95, EFG 1996, 1137 (140) auch zum Beweiswert einer Benachrichtigung des Finanzamtes über den Abschluss des Gesellschaftsvertrags; siehe auch BFH v. 10.4.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = DStRE 1997, 777.
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der Einlage in der Buchführung des Inhabers zum vereinbarten Zeitpunkt. Die bloße Zahlung der Einlage in das Vermögen der GmbH genügt nicht für den Nachweis der Durchführung einer stillen Gesellschaft, wenn sie sich nicht zweifelsfrei der stillen Beteiligung zuordnen lässt1. b) Verdeckte Innengesellschaften Die Stellung als unmittelbarer Mitunternehmer einer Personengesellschaft setzt nach der BFH-Rechtsprechung zwingend die zivilrechtliche Beteiligung einer Person als Gesellschafter voraus2. In Ausnahmefällen können neben den zivilrechtlichen Gesellschaftern einer Personengesellschaft nach Auffassung des BFH sowie der Finanzverwaltung auch Nicht-Gesellschafter auf der Grundlage eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses als Mitunternehmer anzusehen sein. Die Mitunternehmerstellung des Dritten besteht an einer verdeckten Innengesellschaft; weiterer Mitunternehmer ist die Außen-Personengesellschaft. Der verdeckte Mitunternehmer wird also nicht Mitunternehmer der im Außenverhältnis auftretenden Personengesellschaft (und nicht Feststellungsbeteiligter des einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids dieser Mitunternehmerschaft), sondern nur Mitunternehmer der daneben bestehenden verdeckten Innengesellschaft3. Eine solche verdeckte Innengesellschaft setzt voraus, dass zwischen der nach außen auftretenden Personengesellschaft und/ oder deren Gesellschaftern und dem verdeckten Mitunternehmer vereinbart wird, einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen und diesen durch Gesellschafterbeiträge zu fördern4. In der Regel werden Leistungen des Dritten an die Außen-Personengesellschaft, die auf der Grundlage anderer Austauschverträge erbracht werden, in Gesellschafterbeiträge umqualifiziert.
20.29
Eine verdeckte Innengesellschaft ist von einer „offenen atypisch stillen Innengesellschaft“ zu unterscheiden. Die atypisch stille Gesellschaft wird in der Regel als solche bewusst vereinbart. Insbesondere wird die Gewinnverteilung geregelt, während bei der verdeckten Innengesellschaft der Anknüpfungspunkt für die Einkünftezurechnung des Dritten dessen tatsächlich erhaltene Vergütungen sind. Der verdeckten Innengesellschaft und der offenen atypisch stillen Gesellschaft ist jedoch gemein, dass auf Ebene der Außen-Personengesellschaft an den verdeckten Mitunternehmer/den atypisch stillen Gesellschafter gezahlte Vergütungen den Gewinn im Ergebnis nicht mindern, da dem Betriebsausgabenabzug auf Ebene der Gesamthand die korrespondierende Einnahme des Dritten (dessen Gewinnanteil) bzw. der Gewinnanteil und die Sonderbetriebseinnahmen des atypisch stillen Gesellschafters gegenüberstehen.
20.30
1 BFH v. 10.4.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = DStRE 1997, 777; siehe auch BFH v. 10.4.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = DStRE 1997, 777; FG Nürnberg v. 4.7.1996 – VI 200/95, GmbHR 1997, 368 = EFG 1996, 1137. 2 BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BFHE 181, 423 = BStBl. II 1997, 272 = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179. 3 Siehe ausführlich zur Definition und Abgrenzung Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 340 bis 342 (Stand: 5/2013). 4 Siehe zusammenfassend BFH v. 21.4.2009 – II R 26/07, BStBl. II 2009, 602 = FR 2009, 1020 = GmbHR 2009, 950, mit Hinweis auf BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179 und BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710 und Rspr. des BGH.
Levedag
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
20.31 Die Frage, ob eine verdeckte Innengesellschaft neben einer Außen-Personengesellschaft vorliegt, stellt sich insbesondere bei unter nahen Angehörigen abgeschlossenen schuldrechtlichen Austauschverträgen (z.B. Arbeits-, Miet-, Pacht-, Darlehensvertrag, also i.d.R. bei Dauerschuldverhältnissen). Wird eine verdeckte Mitunternehmerstellung des Empfängers der Vergütungen, die auf die jeweiligen Austauschverhältnisse gezahlt worden ist, bejaht, handelt es sich auf Seiten des Empfängers korrespondierend um Sondervergütungen im Rahmen der verdeckten Innengesellschaft, die die bei der Außen-Personengesellschaft abgezogenen Betriebsausgaben neutralisieren (siehe Rz. 20.19, 20.30) und in die gewerbesteuerliche Bemessungsgrundlage eingehen1. Die Mitunternehmerstellung des Dritten in der verdeckten Innengesellschaft kann ferner dazu führen, dass die von ihm an die Außen-Personengesellschaft zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter nicht dem Privatvermögen sondern dem Sonderbetriebsvermögen bei der verdeckten Innengesellschaft mit der Folge zugeordnet werden, dass diese Wirtschaftsgüter steuerverstrickt und die stillen Reserven steuerverhaftet sind2.
20.32 Eine verdeckte Innengesellschaft kann nur neben einem Außen-Personenunternehmen (Einzelunternehmen/Personengesellschaft) bestehen. Nach der Rechtsprechung des BFH entsteht keine verdeckte Mitunternehmerschaft etwa in Form einer verdeckten GmbH & atypisch Still, wenn eine GmbH gegenüber ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Personen Leistungen erbringt, die nicht auf einem ausdrücklich vereinbarten schuldrechtlichen Austauschverhältnis beruhen oder die einem Fremdvergleich nicht standhalten: Derartige Leistungen sind vielmehr vGA der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter. Die steuerliche Anerkennung einer GmbH & atypisch Still verlangt, dass das Gesellschaftsverhältnis ausdrücklich vereinbart wird und diese Vereinbarung dem Fremdvergleich standhält3.
20.33 Anknüpfungspunkt für die Prüfung, ob in eine verdeckte Innengesellschaft vorliegt, können Austauschverträge zwischen den Angehörigen sein. Sie können entweder von vornherein ab ihrem Abschluss4 oder aber bei Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses, das nicht wie vereinbart durchgeführt wird, ab einem späteren Zeitpunkt als verdecktes Gesellschaftsverhältnis beurteilt werden5. Die Einordnung eines Austauschvertrags als verdecktes Gesellschaftsverhältnis wird in der Rechtsprechung 1 BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 unter Rz. 47–49 = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710; zu Sondervergütungen bei der typisch stillen Beteiligung von Kommanditisten an der eigenen KG siehe BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 unter Rz. 37 = FR 2009, 1135 m. Anm. Kanzler. 2 Vgl. Düll in Sudhoff, GmbH & Co. KG, § 4 Rz. 26. 3 Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 366 mit Hinweis auf BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63. 4 Sog. Fallgruppe der fehlerhaften Vertragsqualifikation Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 345 (Stand: 5/2013). 5 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 (768) = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; zur Frage, ob ein der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und Ehemann der alleinigen Kommanditistin aufgrund eines Bündels von Austauschverträgen zwischen ihm und einer GmbH & Co. KG als Gesellschafter einer Innengesellschaft zwischen der GmbH & Co. KG und ihm anzusehen war, siehe BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (482) unter I.2.a) = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710; zur Ablehnung einer verdeckten Mitunternehmerschaft BFH v. 21.4.2009 – II R 26/07, BStBl. II 2009, 602 = FR 2009, 1020 = GmbHR 2009, 950; siehe auch FG München v. 17.3.2014 – 7 K 897/10, EFG 2014, 1296 und Haep in HHR, EStG/ KStG, § 15 EStG Anm. 345 (Stand: 5/2013).
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
nach dem Kriterium der Fremdüblichkeit geprüft: Solange die wechselseitigen Pflichten von Gläubiger und Schuldner fremdüblich sind, ist keine verdeckte Mitunternehmerschaft zwischen dem jeweiligen Personenunternehmen und dem Nichtgesellschafter gegeben1. Die Kriterien dafür, ob ein Nichtgesellschafter Mitunternehmer einer verdeckten Innengesellschaft ist, entsprechen den Kriterien für das Vorliegen von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko (siehe Rz. 20.35)2. Der Nichtgesellschafter muss aufgrund der Ausgestaltung des Austauschvertrags gegenüber dem Personenunternehmen als Vertragspartner eine Stellung innerhaben, die der eines Mitunternehmers entspricht. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Gewinn im Wesentlichen über die dem Nichtgesellschafter gezahlten Vergütungen abgesaugt wird und die Vertragsbeziehungen auch nur unter erschwerten Bedingungen kündbar sind (näher Rz. 20.36). Die Bündelung mehrerer Austauschverträge mit einem Nichtgesellschafter allein führt aber noch nicht zu dessen Qualifikation als Mitunternehmer einer verdeckten Innengesellschaft, wenn jeweils angemessene Entgelte vereinbart worden sind3. Will die Finanzverwaltung aus dem Bestehen einer verdeckten Innengesellschaft bestimmte Rechtsfolgen ableiten, muss sie einen konkludent abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag der Beteiligtendarlegen. Es werden regelmäßig ein oder mehrere Austauschverträge Anknüpfungspunkt der Verwaltung sein, die in ein Gesellschaftsverhältnis umqualifiziert werden sollen. Ob aus solchen Vereinbarungen ein Rechtbindungswillen über den Abschluss einer verdeckten Innengesellschaft abgeleitet werden kann, ist als innere Tatsache aus den Indizien des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu folgern4.
20.34
Sowohl für das Vorliegen offener atypisch stiller Beteiligungen als auch einer verdeckten Innengesellschaften müssen die Vertragsparteien die erforderliche Mitunternehmerinitiative entfalten und das erforderliche Mitunternehmerrisiko tragen:
20.35
Der Inhaber eines gewerblichen bzw. land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder eine Außen-Personengesellschaft sind regelmäßig schon allein wegen der unbeschränkten Außenhaftung und des Auftretens im Rechtsverkehr (Mit-)Unternehmer der atypisch stillen Innengesellschaft oder verdeckten Mitunternehmerschaft. Dies gilt auch, wenn dem Inhaber des Betriebs für seine Tätigkeit im Innenverhältnis neben einem festen Vorabgewinn keine weitere Gewinnbeteiligung zusteht und die Geschäftsführungsbefugnis weitgehend von der Zustimmung des stillen Beteiligten abhängt5. Für den atypisch still beteiligten Gesellschafter/verdeckten Mitunternehmer sind die Ausprägung der Mitunternehmerinitiative und des -risikos anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen (siehe im Einzelnen Rz. 20.70 ff.)6.
1 Vgl. BFH v. 21.9.1995 – IV R 65/94, BStBl. II 1996, 66 = FR 1996, 101 = GmbHR 1996, 131. 2 Vgl. Binz/Sorg, GmbH & Co. KG, § 16 Rz. 78. 3 Vgl. Fischer, FR 1998, 813 (816) mit Hinweis auf BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710. 4 Sehe eingehend BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (274 f.) unter II1.a) = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179. 5 BFH v. 10.5.2007 – IV R 2/05, BStBl. II 2007, 927; Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 395 (Stand 5/2013). 6 Siehe hierzu auch eingehend Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Anm. 393 f. (Stand 5/2013).
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
20.36 Die Existenz einer verdeckten Innengesellschaft zwischen einer GmbH & Co. KG und einem Nichtgesellschafter, der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war, ist in der Rechtsprechung mehrfach bejaht worden1. Die ungewöhnliche Höhe einer Erfolgsbeteiligung führte in den entschiedenen Fällen oft zur Annahme der verdeckten Mitunternehmerstellung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Rahmen einer Innengesellschaft, wobei vom BFH als kritische Grenze das „Absaugen“ von mehr als 50 % des Gewinns (des „überwiegenden Teils des Gewinns“) angesehen wurde2. Auch das Auftreten („Gerieren“) als Gesellschafter im Innenverhältnis trotz der zivilrechtlichen Stellung als Angestellter, z.B. durch Entnahmen oberhalb der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeitsvergütung, wurde als Indiz herangezogen.3 Die Rechtsprechung hielt dagegen die Bildung einer atypisch stillen Innengesellschaft in Abgrenzung statt einer verdeckten Innengesellschaft in einem Fall für möglich, in dem ein Einzelkaufmann seinen Betrieb in eine neu gegründete GmbH & Co. KG einbrachte, deren Kommanditistin seine Ehefrau war. Er selbst übernahm nach der Einbringung die Geschäftsführung der Komplementär-GmbH mit hohem Geschäftsführergehalt, war aber nicht Kommanditist4. Als maßgebliche Indizien zugunsten eines verdeckten atypisch stillen Gesellschaftsverhältnisses wertete der BFH die Entstehungsgeschichte des Unternehmens, den Umstand, dass die Gesellschaftsverträge die unternehmerische Führung umfassend dem Geschäftsführer zuwiesen, das Ausmaß, in dem über das Geschäftsführergehalt der Gewinn der KG abgesaugt wurde und die tatsächliche Handhabung der Geschäftsführung der KG5.
20.37 Der BFH behandelt in ständiger Rechtsprechung das Entgelt, das der Kommanditist einer GmbH & Co. KG für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der KomplementärGmbH bezieht, als Sondervergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, und zwar auch dann, wenn der Anstellungsvertrag des Geschäftsführer-Gesellschafters nicht mit der KG, sondern mit der Komplementär-GmbH abgeschlossen wird. Die Umqualifizierung der Bezüge eines Geschäftsführer-Kommanditisten in Sondervergütungen ist umfassend und umfasst auch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung6. Der BFH hat jedoch für Abfindungen einerseits entschieden, diese seien nicht gemäß § 3 Nr. 9 EStG a.F. (teilweise) steuerbefreit7, andererseits aber die Anwendung der Tarifbegünstigung (§§ 24 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG) anerkannt.8 Die Gestaltung, die dem vorbeschriebenen BFH-Urteil vom 1.8.19969 zugrunde lag, zielte 1 Siehe hierzu Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 57 Rz. 86 bis 90; Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 375 mit Unterfallgruppen. 2 BFH v. 21.9.1995 – IV R 65/94, BStBl. II 1996, 66 = FR 1996, 101 = GmbHR 1996, 131; BFH v. 9.2.1999 – VIII R 43/98, DStRE 1999, 586 = FR 1999, 792; BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710 = BB 1998, 2143. 3 Vgl. BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710. 4 BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (276) = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179. 5 BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (277) unter II. = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179; ebenso grundsätzlich BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (483) unter I.2.b) bb) = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710; BFH v. 18.6.1998 – IV R 94/96, GmbHR 1999, 563 = BFH/NV 1999, 295 (296 f.). Zu gestalterischen Konsequenzen aus dem Urteil vgl. Rodewald, GmbHR 1997, 582. 6 Vgl. BFH v. 30.8.2007 – IV R 14/06, BStBl. II 2007, 942 = GmbHR 2007, 1227 = FR 2008, 226. 7 BFH v. 23.4.1996 – VIII R 53/94, BStBl. II 1996, 515 = FR 1996, 631 = GmbHR 1996, 787. 8 BFH, BFH/NV 2009, 1877. 9 BFH v. 1.8.1996 – VIII R 12/94, BStBl. II 1997, 272 (276) = GmbHR 1997, 267 = FR 1997, 179.
514 Levedag
§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
darauf ab, eine nach außen sichtbare Kommanditistenstellung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH zu vermeiden. Hierdurch sollte die vorbeschriebene ständige Rechtsprechung des BFH umgangen werden, nach der die Bezüge des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH, der zugleich Kommanditist ist, in Sondervergütungen umqualifiziert werden und so die gezahlten Geschäftsführervergütungen im Ergebnis nicht mehr steuerwirksam sind1.
20.38–20.39
frei
c) Umqualifizierung eines Rechtsverhältnisses in einen Gesellschaftsvertrag über eine typisch stille Beteiligung Ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis als typisch stilles Gesellschaftsverhältnisanzusehen ist, bestimmt sich nicht allein nach dem Wortlaut der Vereinbarung2. Maßgeblich ist der Vertragswille der Beteiligten, wie er sich objektiv unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls und der tatsächlichen Handhabung des Rechtsverhältnisses – ergibt. Der BFH bei Schneeballsystemen mehrfach zu entscheiden gehabt, ob „Geschäftsbesorgungsverträge“ und Verträge über die „Vermittlung von Eigenanlagen“ des Anlegers durch den Betreiber des Schneeballsystems als Gesellschaftsverträge über den Abschluss typisch stiller Beteiligungen einzustufen waren. Revisionsrechtlich kann der BFH die – zur Rechtsanwendung gehörende – rechtliche Einordnung des von Vertragspartnern Gewollten durch das Finanzgericht am Maßstab der jeweils einschlägigen Normen nachprüfen und eine unzutreffende rechtliche Qualifikation des Vertragstypus durch das FG richtigstellen3. Dem Finanzgericht als Tatsachengericht obliegt es, die Tatsachen zu den in der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien für die verschiedenen Rechtsverhältnisse festzustellen (siehe Rz. 20.34).
20.40
Entscheidend ist demnach regelmäßig, ob die Beteiligten sich zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks zusammengeschlossen haben oder ob sie lediglich ihre eigenen Interessen verfolgen, mit anderen Worten: ob die Beteiligten das Risiko des Betriebs einer Vielzahl von Handelsgeschäften gemeinsam tragen wollen4. Für die rechtliche Einordnung einer Vereinbarung als Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses sprechen nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH5 im Bereich der Schneeballsysteme als Indizien maßgeblich eine wechselseitige Erfolgsbeteiligung (Gewinn- und Verlustbeteiligung) von Anleger und Schneeballsystembetreiber, weil hierdurch eine Risikogemeinschaft begründet wird und die Kapitalanlagen dadurch beiden Beteiligten sowohl erhebliche Gewinnchancen als auch beträchtliche Risiken bieten. Die
20.41
1 Ausführlicher Levedag in MünchHdb. GesR Bd. 2, § 57 Rz. 176 ff. 2 St. Rspr. BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355 (357) unter II.2.a.); BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, BStBl. II 1998, 480 (482) unter 2.b) m.w.N. = FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710. 3 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187 unter Aufhebung der Vorinstanz (FG Saarl. v. 16.5.2013 – 1 K 1680/10, EFG 2013, 1236). 4 St. Rspr. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769 ff.) = FR 1997, 949 unter II.1.a) aa); BGH v. 10.6.1965 – III ZR 239/61, DB 1965, 1589; BGH v. 9.2.1967 – III ZR 226/64, BB 1967, 349; BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 (462) = BStBl. II 1983, 563 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 281 = GmbHR 1983, 315. 5 BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190 = FR 2009, 487; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187; Levedag, NWB 2015, 914 (915).
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Anleger tragen zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks in einer stillen Gesellschaft bei, indem sie dem Betreiber des Schneeballsystems auf unbestimmte Zeit Kapital zur Anlage überlassen, mit dem dieser im Außenverhältnis sein Handelsgeschäft (die Anlage am Kapitalmarkt) betreibt. Das zur Anlage überlassene Kapital verkörpert den Gesellschafterbeitrag und die stille Einlage des Anlegers. Der Beitrag des Schneeballsystembetreibers als Inhaber des Handelsgeschäfts zur stillen Gesellschaft besteht in der Übernahme der Verpflichtung, Handelsgeschäfte unter Einsatz des von den Anlegern als stillen Gesellschaftern bereitgestellten Kapitals zu betreiben. Das Bestehen außergewöhnlich hoher Risiken kann auf eine stille Gesellschaft hindeuten1. Dies gilt umso mehr, als alle Formen von partiarischen Rechtsverhältnissen, also insbesondere partiarische Darlehen, definitionsgemäß ausgeschlossen sind, sobald beide Vertragsparteien auch am Verlust beteiligt sind2. Nicht maßgeblich ist nach der Rechtsprechung hingegen, ob in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen etwa eines Anlageprospekts die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses als „stille Beteiligung“ enthalten ist3.
20.42 Umgekehrt kann nicht bereits von dem Fehlen einer Verlustbeteiligung auf das Fehlen eines Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden. § 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB setzt ausdrücklich die Möglichkeit eines stillen Gesellschaftsverhältnisses mit Verlustausschluss voraus. In Abgrenzung zu partiarischen Rechtsverhältnissen kann aber auch hier der Gedanke der Risikotragung verwandt werden. Ist faktisch die Möglichkeit des Verlustes für einen der Beteiligten wegen hinreichender Sicherheiten nicht mehr gegeben, spricht dies gegen das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses4.
20.43 Auf das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses kann auch das Bestehen von Kontrollrechten hindeuten. Je mehr Überwachungsrechte dem Kapitalgeber zustehen, desto näher liegt die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses5. Dies gilt auch dann, wenn die Kontrollrechte lediglich faktischer Natur sind, wie es etwa der Fall ist, wenn der beherrschende Gesellschafter einer GmbH der Gesellschaft Kapital zur Verfügung stellt und zweifelhaft ist, ob es sich hierbei um ein partiarisches Darlehen oder um eine stille Beteiligung handelt6. Im Bereich der Schneeballsysteme hält der BFH das Fehlen ausdrücklich vereinbarter Kontrollrechte der Anleger aber für keinen Hinderungsgrund, um eine stille Beteiligung anzunehmen7, denn nach dem HGB sind die Überwachungsrechte des stillen Gesellschafters nicht Voraussetzung, sondern Folge des Bestehens einer stillen Gesellschaft8.
20.44 Gemäß §§ 132, 234 Abs. 1 Satz 1 HGB können stille Gesellschaftsverhältnisse grundsätzlich mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Eine verhältnismäßig kurze Kündigungsfrist kann demnach nicht generell als Indiz gegen das
1 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769) unter II.1.a) bb) = FR 1997, 949. 2 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) bb) = FR 1997, 949. 3 BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190 = FR 2009, 487; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. 4 Vgl. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (769) unter II.1.a) bb) = FR 1997, 949. 5 BFH v. 18.4.2000 – VIII 68/98, BStBl. II 2001, 359 (364) = FR 2000, 1033 m. Anm. Wendt. 6 BFH v. 16.7.1986 – I R 78/79, GmbHR 1987, 449 = BFH/NV 1987, 326 (328); BFH v. 19.10.2005 – 1R 48/04, DStRE 2006, 239 (240). 7 BFH v. 28.10.2008 – VIII R 36/04, FR 2009, 487 = BStBl. II 2009, 190; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. 8 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) bb) = FR 1997, 949.
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Vorliegen einer stillen Gesellschaft gewertet werden1. Maßgeblich muss vielmehr sein, ob die Länge der Kündigungsfrist das Erreichen des gemeinsamen Gesellschaftszwecks in Frage stellt. Ist dies gegeben, kann von der kurzen Kündigungsfrist auf einen fehlenden Willen zum Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses geschlossen werden. Bei langfristigen Investitionen sind allerdings auch legitime Interessen zu berücksichtigen, das Gesellschaftsverhältnis bereits vor Erreichen der Gewinnschwelle lösen zu können. Welche Kündigungsfrist angemessen ist, kann nur im Einzelfall bestimmt werden. Bei einer Gesellschaft, deren Geschäftsgegenstand im Eingehen verhältnismäßig kurz laufender Börsenspekulationen bestand, hat der BFH eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende nicht als hinreichendes Indiz gegen das Vorliegen einer stillen Gesellschaft bewertet2. In der älteren Rechtsprechung ist es zudem als Indiz für ein Gesellschaftsverhältnis herangezogen worden, dass beide Beteiligten konkret bestimmte und dauerhafte Beiträge zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks geleistet haben. Es widerspricht in der Regel dem Telos eines Gesellschaftsverhältnisses, wenn die Beiträge unbestimmt sind oder der Inhaber seinen Beitrag nach Belieben erhöhen oder vermindern bzw. den Geschäftsbetrieb sogar ganz einstellen darf oder dies zumindest ohne Widerspruch tut3.
20.45
frei
20.46
d) Streit um die Einkünftezurechnung Bei stillen Familiengesellschaften und bei der GmbH & Still, also in Fällen, bei denen zwischen Inhaber und stillem Gesellschafter typischerweise kein Interessengegensatz besteht, ist zwischen der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher und der Anerkennung der vereinbarten Gewinn- und Verlustbeteiligung innerhalb des Gesellschaftsverhältnisses zu unterscheiden (vgl. Rz. 21.11 ff.). Ist die stille Beteiligung als solche anzuerkennen, hält die vereinbarte Gewinn- und Verlustbeteiligung einem Fremdvergleich aber nicht stand, wird die Einkünftezurechnung auf den zwischen Dritten üblichen Betrag korrigiert (vgl. Rz. 21.47 ff.).
20.47
Die Nichtanerkennung einer Gewinn- und Verlustverteilung zwischen fremden Dritten kann hingegen nicht lediglich mit ihrer Unangemessenheit begründet werden. Der Umstand, dass zwischen Personen, die gegenläufige Interessen verfolgen, eine bestimmte Gewinn- und Verlustbeteiligung vereinbart worden ist, indiziert regelmäßig die Fremdüblichkeit und Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung auch dann, wenn die Verteilung einem Drittvergleich nicht standhält
20.48
Für die Frage, ob der stille Gesellschafter an dem Geschäftswert des Handelsgewerbes beteiligt ist, hat der BFH es als Indiz angesehen, dass die Bewertung des Handelsgeschäfts nach einer bei der Unternehmensbewertung üblichen Methode vereinbart wird4.
20.49
1 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) aa) = FR 1997, 949. 2 BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BStBl. II 1997, 767 (770) unter II.1.a) aa) = FR 1997, 949. 3 RFH v. 20.4.1932 – VI A 181/32, RStBl. 1932, 106; RFH v. 28.8.1930 – VI A 1213/30, RStBl. 1931, 21; RFH v. 6.10.1926 – VIA 464/26, Kartei EStG 1925, § 29 Nr. 3 R. 4. 4 BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BStBl. II 1994, 700 (701) = FR 1994, 17 = GmbHR 1994, 345.
Levedag
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
5. Gestaltungsmissbrauch, § 42 AO a) § 42 AO a.F.
20.50 Wurden Gestaltungsmöglichkeiten vom Steuerpflichtigen missbraucht, entstand gemäß § 42 AO a.F. der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht1. Diese Vorschrift fand auch auf stille Gesellschaftsverhältnisse Anwendung. Ihre praktische Bedeutung für diese war aber begrenzt. § 42 AO a.F. griff nämlich erst dann ein, wenn die vertragliche Eigenqualifikation des Rechtsgeschäfts zivilrechtlich zwar zutraf, dennoch aber die im Steuertatbestand mit einem anderen Rechtsgeschäftstyp beschriebenen wirtschaftlichen Zwecke erfüllt wurden2. Die Fälle verdeckter Gesellschaftsverhältnisse, wurden von § 42 AO a.F. nicht erfasst, da sie innentheoretisch durch die unmittelbare Auslegung und Anwendung des Mitunternehmerbegriffs nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG gelöst wurden3.
20.51 Ebenso wenig war § 42 AO a.F. heranzuziehen, soweit es um die Anerkennung von stillen Gesellschaften ging, bei denen Inhaber und stiller Gesellschafter gleichgerichtete Interessen verfolgten, wie es insbesondere bei Gesellschaften zwischen Familienangehörigen und bei der GmbH & Still der Fall war. Die in der Rechtsprechung anerkannten Grundsätze zur Anerkennung von Gesellschaftsverhältnissen unter nahen Angehörigen finden ihre Grundlage im Fremdvergleichsmaßstab und den Regeln der Einkünftezurechnung gemäß § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 und § 12 Nr. 1 EStG sowie den §§ 88, 89 AO (siehe Rz. 21.8). Die Rechtsprechung hat allerdings vereinzelt auch § 42 AO a.F. zur Korrektur der Einkünftezurechnung angewandt4. b) § 42 AO in der aktuellen Fassung
20.52 Durch das JStG 20085 wurde § 42 AO neu gefasst. § 42 Abs. 2 AO i.d.F. des JStG 2008 enthält erstmals eine gesetzliche Definition des Missbrauchsbegriffs. Ein vom Tatbestand erfasster Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegt demnach angelehnt an die frühere in der Rechtsprechung entwickelte Definition vor, wenn eine „unangemessene“ rechtliche Gestaltung gewählt wird, für die keine beachtlichen außersteuerlichen Gründe durch den Steuerpflichtigen nachgewiesen werden. Bei Vorliegen eines solchen Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 Abs. 2 AO wird nicht der vom Steuerpflichtigen tatsächlich verwirklichte Sachverhalt der steuerlichen Subsumtion zugrunde gelegt, sondern gemäß § 42 Abs. 1 Satz 3 AO ein den wirtschaftlichen Vorgängen „angemessener“ Sachverhalt. Diese Rechtsfolge kommt insbesondere in Betracht, wenn durch unangemessene und rechtsmissbräuchliche Sachverhaltsgestaltung der Eintritt einer ungünstigen Steuerfolge vermieden wird, obwohl diese nach dem Zweck des Gesetzes für den letztlich verwirklichten Sachverhalt eintreten sollte. Zudem sind Fälle betroffen, in denen gegen den Zweck 1 Eingehend zur Auslegung BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605. 2 BFH v. 14.5.1986 – II R 22/84, BStBl. II 1986, 620; BFH v. 8.5.2001 – IX R 10/96, BStBl. II 2001, 720 = FR 2001, 1005 m. Anm. Fischer. 3 Zu diesem alten Streit um die dogmatische Fundierung und Notwendigkeit des § 42 AO vertiefend Fischer in HHSp., AO/FGO, § 42 AO Rz. 71 ff. 4 Vgl. die hilfsweise auf § 42 AO gestützte Argumentation des FG Saarbrücken v. 10.4.1992 – 1 K 64/90, EFG 1992, 500 (500). 5 BGBl. I 2007, 3150.
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des Gesetzes eine günstige Rechtsfolge erwirkt wird („Erschleichung“ von Steuervorteilen). Für den Bereich des EStG können z.B. nach Maßgabe von § 42 Abs. 1 Satz 3 AO ein Einkunftstatbestand nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG erfüllt und die Zurechnung von Einnahmen bei einem Dritten angenommen oder im umgekehrten Fall trotz Erfüllung eines Einkunftstatbestandes nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG dessen Steuerrelevanz beim betrachteten Steuerpflichtigen verneint werden1.
20.53
Aus § 42 AO n.F. lässt sich eine feste Prüfungsreihenfolge ableiten2. – Existiert eine spezielle Missbrauchsnorm und sind deren Tatbestandsmerkmale erfüllt, ergeben sich die Rechtsfolgen vorrangig aus der einschlägigen speziellen Missbrauchsnorm (sog. positive Spezialität, siehe § 42 Abs. 1 Satz 2 AO)3. – Ist der Tatbestand einer speziellen Missbrauchsnorm nicht erfüllt, ist zu prüfen, ob ein Rückgriff auf § 42 AO möglich ist und/oder in welcher Weise deren Wertungen in den Tatbestand des § 42 Abs. 2 AO einstrahlen. Die Hauptschwierigkeit einer Konkurrenz zwischen allgemeiner Missbrauchsnorm (§ 42 AO) und spezieller Missbrauchsnorm liegt somit darin, den darin typisierend geregelten Missbrauchsfall exakt zu umreißen, um deren Verdrängungswirkung oder die Wertungsvorgaben für § 42 AO bestimmen zu können (siehe Rz. 20.54)4. – Bei Anwendbarkeit des § 42 AO (sei es unmittelbar oder als Auffangtatbestand) müssen die Anforderungen des § 42 Abs. 2 AO erfüllt sein, d.h., es muss eine unangemessene rechtliche Gestaltung festgestellt werden. Dazu ist ein Vergleich der steuerlichen Auswirkungen einer angemessenen und der im konkreten Fall gewählten rechtlichen Gestaltung anzustellen. Ergibt sich hierbei für den Steuerpflichtigen oder einen Dritten aufgrund der Gestaltung ein Steuervorteil, ist zu prüfen, ob dieser Steuervorteil gesetzlich vorgesehen ist. Wird dies verneint, kann sich der Steuerpflichtige vom Vorwurf des Missbrauchs dadurch entlasten, dass er für die von ihm gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AO). Die Rechtsfolge bei Annahme einer missbräuchlichen und unangemessenen Gestaltung in § 42 Abs. 1 AO – nunmehr in Satz 3 – bleibt unverändert (siehe Rz. 20.52). Bei Vorhandensein einer speziellen Missbrauchsnorm sind die Fragen der Anwendbarkeit des § 42 AO als Auffangtatbestand und des „Wertungsrückschlags“5 der speziellen Missbrauchsvorschrift auf das Merkmal der Unangemessenheit in § 42 Abs. 2 AO zu beantworten. Der BFH und die h.M. im Schrifttum schränken aufgrund des Wechselspiels beider Normen jedenfalls im Ergebnis den Anwendungsbereich des § 42 AO ein. Allerdings ist nicht abschließend geklärt, ob bei Vorhandensein einer spezialgesetzlichen Missbrauchsnorm, deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind, der Rückgriff auf § 42 AO ausgeschlossen ist oder dieser zwar anwendbar ist, aber die Wertungen der Spezialnorm in die Prüfung der Angemessenheit einfließen müssen6. 1 Siehe Bodden, FR 2014, 1053 (1055). Zur Abgrenzung dieser Rechtsfolgen von der Analogie vertiefend Hey, in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 10. 2 Häuselmann, BB 2008, 20 (24); Brockmann/Hörster, NWB Nr. 3, Fach 2, S. 9657 (9659). 3 Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 9. 4 Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 13. 5 Siehe Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, vor § 42 AO Rz. 13a. 6 Zum Streitstand Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 11 und S. 13.
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20.54
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Dem Vernehmen nach geht die Finanzverwaltung hingegen vom Charakter des § 42 AO als einem allgemeinen Auffangtatbestand aus1. Bei Anwendbarkeit des § 42 AO dürfte aber geklärt sein, dass die Angemessenheit einer Gestaltung kumuliert nach den Wertungen des „umgangenen“ Gesetzes und den flankierenden (speziellen) Missbrauchsvorschriften zu bestimmen ist. Hat der Gesetzgeber durch eine Spezialvorschrift Missbrauchsfälle typisiert, legt er hierdurch für diesen Bereich die Maßstäbe fest und sichert eine einheitliche Rechtsanwendung, die Gestaltungssicherheit gewährleistet2. Sind in einem konkreten Einzelfall die Voraussetzungen der speziellen Missbrauchsbestimmungen nicht erfüllt, darf diese Wertung des Gesetzgebers nicht durch die extensive Anwendung des § 42 AO als Grundtatbestand unterlaufen werden. Verbleiben trotz spezieller Missbrauchsregelungen Rechtsfolgelücken, ist es allein Aufgabe des Gesetzgebers, der mittels der speziellen Missbrauchsbekämpfungsnormen die Grenzen des Missbrauchs gezogen hat, diese zu schließen3. Möglich ist aber die Anwendung des § 42 AO innerhalb der speziellen Missbrauchsnorm, d.h. deren Auslegung unter dem Gesichtspunkt, ob diese gezielt umgangen werden soll4.
20.55 Hinsichtlich des Kriteriums der „Unangemessenheit“ ist auf den zu § 42 AO a.F. vom BFH in ständiger Rechtsprechung entwickelten Begriff zurückzugreifen5. Demnach ist eine rechtliche Gestaltung dann unangemessen, wenn „der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll“6. Der Nachweis für das Vorliegen einer „unangemessenen rechtlichen Gestaltung“ gemäß § 42 Abs. 2 AO obliegt der Finanzbehörde, während der Steuerpflichtige nachzuweisen hat, dass er für die von ihm gewählte Gestaltung beachtliche außersteuerliche Gründe gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 AO hat7.
20.56 Vor diesem Hintergrund bleibt für § 42 AO aufgrund der bislang schon in der Rechtsprechung außerhalb des § 42 AO a.F. entwickelten technisch abweichenden Lösungsansätze (siehe zur verdeckten Innengesellschaft Rz. 20.29 ff.) wenig Raum, um die Begründung typisch und atypisch stiller Beteiligungen als rechtsmissbräuchliche Gestaltungen i.S. der Vorschrift einzustufen8. Die zu § 42 AO allgemein anerkannten Fallgruppen, etwa die schenkungsteuerlich unbeachtliche Kettenschenkung, bleiben aber auch für die stille Gesellschaft relevant.
20.57–20.58 frei
1 Vgl. die Wiedergabe der Podiumsdiskussion des 12. Münchener Unternehmenssteuerforums in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 5 f. 2 Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 10. 3 BFH v. 18.12.2013 – I R 25/12, GmbHR 2014, 605; Hey in Beihefter zu Heft 3/2014, S. 9. 4 Hey in DStR-Beihefter zu Heft 3/2014, S. 12 zur Anwendung einer Gesamtplanbetrachtung im Rahmen des § 12 Abs. 2 Satz 3 UmwStG. 5 Siehe etwa Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (186); Heinzen, FR 2009, 599 (605); Hey, BB 2009, 1044 (1048). 6 Vgl. nur BFH v. 20.5.1998 – III B 9/98, BStBl. II 2001, 43; BFH v. 18.3.2004 – III R 25/02, BStBl. II 2004, 787 = GmbHR 2004, 958 m. Anm. Mildner = FR 2004, 1001. 7 Mack/Wollweber, DStR 2008, 182 (185); Heintzen, FR 2009, 599 (604). 8 Siehe FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr, dass die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft ausdrücklich nicht als Fall des Gestaltungsmissbrauchs einordnet.
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III. Die Unterscheidung von typischer und atypischer stiller Gesellschaft im Steuerrecht 1. Fallgruppen In der Praxis sind aus Sicht des stillen Gesellschafters drei Grundformen stiller Gesellschaften zu unterscheiden: – Eine stille Gesellschaft, in der aus steuerlicher Sicht die Rechtsposition des stillen Gesellschafters nicht dessen Mitunternehmerstellung begründet, wird als typische stille Gesellschaft bezeichnet. Die Einlageforderung (Beteiligung) gehört zum steuerlichen Privatvermögen des stillen Gesellschafters. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4, § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG unterfallen die Einnahmen aus der Beteiligung (laufende Vergütungen und Veräußerungsgewinne) den Einkünften aus Kapitalvermögen und unter den Voraussetzungen des § 32d Abs. 1 und 2 EStG der Abgeltungsteuer. – Eine Mischform stellt die typisch stille Beteiligung dar, bei der der typisch stille Gesellschafter die Einlageforderung im Betriebsvermögen hält. Diese ist in der Bilanz des stillen Gesellschafters am Bilanzstichtag – abhängig vom unternehmerischen Interesse des Stillen – entweder als sonstige Ausleihung (Kapitalforderung) oder Beteiligung (Wertpapier des Anlagevermögens) unter den Finanzanlagen im Anlagevermögen auszuweisen (näher Rz. 13.77 ff.)1. Nach der Rechtsprechung ist die typisch stille Beteiligung in der Bilanz des Stillen im Regelfall „wie eine Kapitalforderung“ zu behandeln und hiermit korrespondierend im Abschluss des Inhabers des Handelsgewerbes als „qualifizierter Kredit“ und damit als Fremdkapital auszuweisen2. Realisierte Gewinne und Verluste i.S. der § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 20 Abs. 8 EStG sind als Einkünfte des stillen Gesellschafters aus Gewerbetrieb nach Gewinnermittlungsgrundsätzen zu ermitteln (siehe Rz. 22.182)3. Bei Kapitalgesellschaften i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG, die sich als typisch stille Gesellschafter an einem Handelsgewerbe beteiligen, werden die Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gemäß § 8 Abs. 2 KStG als gewerbliche Einkünfte fingiert und sind nach Gewinnermittlungsgrundsätzen zu ermitteln4. Die Steuerfreistellung des § 8b Abs. 1 KStG ist auf die Gewinn- und Verlustanteile aus der typisch stillen Beteiligung nicht anwendbar, weil die Bezüge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG in § 8b Abs. 1 KStG nicht erwähnt sind (näher Rz. 23.82). – Ist der stille Gesellschafter (natürliche Person/Personengesellschaft/Kapitalgesellschaft) hingegen Mitunternehmer einer zwischen ihm und dem Inhaber des Handelsbetriebs begründeten atypischen stillen Gesellschaft, erzielt er als Mitunternehmer gemäß §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 16 EStG nur Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
1 Siehe zum Ausweis als Kapitalforderung Stadler/Hartmann in Prinz/Kanzler, Praxishandbuch Bilanzsteuerrecht, 2. Aufl. 2014, Teil B, Kap. 1, Rz. 3685 f.; zum Ausweis als Beteiligung Neu in Beck’sches Hdb. Personengesellschaft, § 14 Rz. 31. 2 Vgl. BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BFHE 202, 137 = FR 2003, 723 m. Anm. Wendt, BStBl. II 2003, 656; BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727; BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389. 3 Dies führt bei natürlichen Personen mit stillen Beteiligungen im Betriebsvermögen zur Nichtanwendbarkeit der Abgeltungsteuer. 4 Zu den Wirkungen der Fiktion in § 8 Abs. 2 KStG siehe BFH v. 6.7.2000 – I B 34/00, BStBl. II 2002, 490 unter II.2.a. = FR 2000, 1135 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2000, 1115.
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20.60 Dass steuerliche Begriffsverständnis mit der Unterscheidung atypisch und typisch stiller Beteiligungen hat sich vom Handelsrecht gelöst, da es allein darauf abstellt, ob der stille Gesellschafter die Voraussetzungen der Stellung als Mitunternehmer erfüllt oder nicht. Die steuerliche Anerkennung eigenständiger Mitunternehmerschaften in Form atypisch stiller Beteiligungen unterscheidet sich auch insoweit grundlegend von der zivilrechtlichen Sichtweise, weil es zivilrechtlich nur einen Gewinn des Inhabers des Handelsgewerbes und eine Vergütung des Stillen gibt, nicht dagegen einen Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft.
20.61 Der Annahme einer Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bei atypisch stillen Beteiligungen steht nicht entgegen, dass die stille Gesellschaft als bloße Innengesellschaft handelsrechtlich kein Gesellschaftsvermögen hat. Historisch geht diese Erkenntnis auf Enno Becker zurück, nach dessen Ansicht es für die Besteuerung keinen Unterschied machen darf, ob gemeinschaftliches Gesellschaftsvermögen vorhanden ist oder Vermögen nur eines Beteiligten, das im Innenverhältnis wie ein Vermögen zur gesamten Hand zu behandeln ist1. Es geht bei der Einordnung, ob eine stille Beteiligung als atypisch stille Beteiligung zu qualifizieren ist, um die Gleichbehandlung atypischer stiller Gesellschafter mit dem Kommanditisten in der KG, der aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung als Mitunternehmer angesehen wird.
20.62–20.65 frei 2. Die typische stille Gesellschaft
20.66 Die typische stille Gesellschaft ist kein selbständiges Steuerrechtssubjekt. Steuerrechtssubjekte sind allein der Inhaber des Handelsgeschäfts einerseits und der stille Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 1 EStG) oder der Körperschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 KStG) andererseits. Ist eine Personengesellschaft Geschäftsinhaberin oder stille Gesellschafterin, ist diese lediglich Subjekt zur Ermittlung der Einkünfte. Der Inhaber des Handelsgeschäfts unterliegt mit seinem Gewinn somit der Einkommen- oder, wenn er eine juristische Person ist, der Körperschaftsteuer. Für den stillen Gesellschafter sind die auf ihn entfallenden Gewinnanteile Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG), die ebenfalls der Einkommen- oder der Körperschafsteuer zu unterwerfen sind. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters mindert aber als Betriebsausgabe den Gewinn des Geschäftsinhabers. Einen „Gewinn“ der typischen stillen Gesellschaft, der für diese – wie bei der atypisch stillen Gesellschaft – als Gewinnermittlungssubjekt gemäß §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO einheitlich und gesondert festzustellen wäre, gibt es nicht. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus der stillen Beteiligung ist aber vorzunehmen, wenn die Einkünfte im Rahmen einer mehrgliedrigen typisch stillen Beteiligung (z.B. im Rahmen einer GbR) als vermögensverwaltender Personengesellschaft erzielt werden2.
1 Becker, StuW 1925, 1579 (1606). 2 Zur mehrgliedrigen stillen Gesellschaft siehe BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 = GmbHR 1995, 224; BGH v. 19.11.2013 – II ZR 383/12, BGHZ 199, 104.
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3. Die atypische stille Gesellschaft Auch die atypische stille Gesellschaft ist kein selbständiges Steuerrechtssubjekt. Steuerpflichtig sind allein die einzelnen Mitunternehmer (§ 2 Abs. 1 ESG). Die Gewinnanteile der atypischen stillen Gesellschafter (Geschäftsinhaber und atypisch Stiller) sind gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Hinsichtlich der Frage, ob die atypische stille Gesellschaft ein Gewinnerzielungssubjekt sein kann, hat sich in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Wandel vollzogen. Während der BFH früher der atypischen stillen Gesellschaft ausdrücklich die Eigenschaft absprach, Subjekt der Gewinnermittlung zu sein1, qualifiziert er die atypische stille Gesellschaft mittlerweile in gefestigter als ein selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation2. Nach der neueren Auffassung fällt einkommensteuerrechtlich der Gewinn auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft an. Der Geschäftsinhaber führt aus dem Blickwinkel der atypisch stillen Innengesellschaft im Außenverhältnis die Geschäfte für Rechnung aller Gesellschafter, sodass diese Geschäftsvorfälle auch allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen sind.
20.67
Die Annahme einer Mitunternehmerschaft kommt ebenfalls unbeschadet der Tatsache in Betracht, dass die stille Gesellschaft zivilrechtlich eine bloße Innengesellschaft ist. Verfügt der atypisch stille Gesellschafter im Verhältnis zum Geschäftsinhaber über eine Rechtsposition, die dem gesetzlichen Leitbild eines Kommanditisten gleich steht, so liegt eine Mitunternehmerschaft vor. Die atypische stille Gesellschaft als Innengesellschaft wird dann in der steuerlichen Behandlung der Außen-KG als Mitunternehmerschaft gleichgestellt3. Einkommensteuerrechtlich ist der Gewinn auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft zu ermitteln. Beim stillen Gesellschafter als Mitunternehmer führt der Gewinnanteil zu gewerblichen Einkünften gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG; die Einkünfte aus den weiteren Rechtsverhältnissen zwischen ihm und dem Geschäftsinhaber (Austauschverträgen) sind als Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG qualifizieren4. Der Gewinnanteil des atypischen stillen Gesellschafters mindert den Gesamtgewinn der atypischen stillen Gesellschaft nicht, da die beim Geschäftsinhaber abgezogene Betriebsausgabe korrespondierend als Sonderbetriebseinnahme des stillen Gesellschafters zu erfassen ist.
20.68
Eine völlige Gleichstellung der atypischen stillen Gesellschaft mit einer Außen-Personengesellschaft als Mitunternehmerschaft existiert jedoch nicht5. Die zivilrecht-
20.69
1 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. Nach dieser Rspr. gab es steuerrechtlich nur einen Gewinn oder Verlust des Inhabers des Handelsgeschäfts. Dies trug der Tatsache Rechnung, dass die stille Gesellschaft – auch die atypische – zivilrechtlich als bloße Innengesellschaft nach außen nicht in Erscheinung treten kann, also nur der Geschäftsinhaber im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet wird. 2 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 = GmbHR 1997, 563 = NJW 1997, 2003; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193; BFH v. 15.12.1998 – VIII R 62/97, GmbHR 1999, 422 = BFH/NV 1999, 773; BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, GmbHR 2000, 292; BFH v. 19.4.2005 – V II R 6/04, DStR 2005, 1603; Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (335). 3 Groh spricht von der atypischen stillen Gesellschaft als fiktiver Gesamthandsgesellschaft, so der Titel seines Aufsatzes: Groh in FS Kruse, S. 417. 4 S. Neu in Beck’sches Hdb. Personengesellschaft, § 14 Rz. 106; Fischer in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. II 1279. 5 So zutreffend Groh in FS Kruse, S. 417 (432).
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liche Unterscheidung zwischen Innen- und Außengesellschaft wird bei der Frage relevant, ob die atypische stille Gesellschaft selbst Steuerschuldnerin der Gewerbesteuer (§ 5 Abs. 1 GewStG) und Verfahrensbeteiligte (§ 57 FGO) in einem Finanzrechtsstreit sein kann. So hat es der BFH auch nach der der dogmatischen Neueinordnung abgelehnt, die atypische stille Gesellschaft als Subjekt der Gewerbesteuer anzusehen1. Der BFH begründet dies damit, dass die atypische stille Gesellschaft als Innengesellschaft kein Gesellschaftsvermögen habe, in das vollstreckt werden könne (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Auch kommt der atypischen stillen Gesellschaft weiterhin nicht die Fähigkeit zu, selbst Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens (§ 352 AO) oder eines Finanzrechtsstreits sein zu können (vgl. § 48 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 57 FGO)2. Der BFH stellt hier darauf ab, dass bei einer Innengesellschaft eine Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln für die Gesellschaft im Außenverhältnis, nicht in Betracht kommt (näher Rz. 22.158).
IV. Die atypische stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft 1. Voraussetzung der Mitunternehmerstellung des Stillen
20.70 Eine atypische stille Gesellschaft i.S. des Steuerrechts liegt vor, wenn der stille Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist. Seine Einkünfte gehören dann nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, sondern zu den gewerblichen Einkünften i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Der Begriff des Mitunternehmers ist im Gesetz nicht definiert, sondern ein Typusbegriff. Der Gesellschafter muss Mitunternehmerinitiative entfalten und Mitunternehmerrisiko tragen. Dabei müssen nicht beide Merkmale gleichermaßen ausgeprägt vorhanden sein, vielmehr lässt sich das eine Merkmal durch die besondere Ausprägung des anderen Merkmals kompensieren, jedoch nicht gänzlich ersetzen3. Nach Auffassung des BFH soll eine ausreichende Mitunternehmerinitiative gegeben sein, wenn dem einzelnen Gesellschafter wenigstens solche Rechte zustehen, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten eines Kommanditisten oder den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten eines Gesellschafters einer GbR nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen4. Bzgl. des Mitunternehmerrisikos wird seitens des BFH in ständiger Rechtsprechung die gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme am Erfolg der Gesellschaft gefordert, d.h. die Beteiligung an laufenden Gewinnen und Verlusten sowie auch an den stillen Reserven und dem Firmenwert, d.h. am potentiellen Liquidationserlös5. 1 BFH v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, DStRE 2003, 969 (970); BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, GmbHR 2000, 292; so schon in BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 (402) = FR 1998, 579 = GmbHR 1998, 902; BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710 = DStR 1998, 967 (970) zur verdeckten Mitunternehmerschaft, bei der offen gelassen wurde, ob es sich um eine atypische stille Gesellschaft handelte oder um eine BGB-Gesellschaft. 2 BFH v. 30.9.2005 – VIII B 150/04, BFH/NV 2006, 299; BFH v. 11.1.2001 – VIII B 83/00, DStR 2001, 494. 3 Vgl. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 ff. = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 = GmbHR 2008, 948 = FR 2008, 1017 m. Anm. Keß; BFH v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, BStBl. II 2016, 383; zur Kompensation der Merkmale Kraft/Schreiber, NWB 2016, 1492 ff. 4 Vgl. BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508. 5 Vgl. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 ff. = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; BFH v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, BStBl. II 2016, 383.
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Leitbild für die Stellung des atypisch stillen Gesellschafters als Mitunternehmer ist die Stellung, die ein Kommanditist innehat und die nach der ständigen Rechtsprechung des BFH zur Begründung der Mitunternehmerstellung ausreicht1. Die frühere Diskussion um die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten hatte ihren Ausgangspunkt in der Interpretation des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Nach einer verbreiteten Ansicht in der Literatur sollte sich der Halbsatz, „bei der der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist“ lediglich auf die Gewinnanteile eines Gesellschafters an „einer anderen Gesellschaft“ beziehen2. Danach wäre der Kommanditist per se aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Stellung immer auch ein Mitunternehmer aus steuerlicher Sicht gewesen. Die h.M. geht hingegen nicht von der Maßgeblichkeit der Gesellschafterstellung aus, sondern sieht diese als notwendiges, aber nicht als abschließendes Kriterium an. Es ist nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH nicht jeder Gesellschafter einer OHG oder KG allein aufgrund dieser Stellung auch Mitunternehmer3. Einigkeit besteht heute dahin gehend, dass ein Kommanditist mit Gesellschafterrechten wie sie die dispositiven Regeln des HGB für Kommanditisten vorgeben, auch Mitunternehmer ist4. Ein stiller Gesellschafter ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH somit Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn er Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Beide Merkmale müssen vorliegen; jedoch kann die geringere Ausprägung eines Merkmals im Rahmen der Gesamtbeurteilung aller Umstände des Einzelfalls durch eine stärkere Ausprägung des anderen Merkmals ausgeglichen werden5. Unerheblich ist demgegenüber, ob die Beteiligten des Gesellschaftsverhältnisses selbst vom Vorliegen einer Mitunternehmerschaft ausgegangen sind bzw. ob sie im Vertrag die stille Gesellschaft als „atypisch“ bezeichnet haben6.
20.71
Mitunternehmerinitiative bedeutet nach der Auffassung des Großen Senats des BFH die Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführern, Prokuristen oder leitenden Angestellten obliegen7. Die Rechtsprechung lässt hier aber schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten ausreichen, die wenigstens den Stimm-, Kon-
20.72
1 Reiß in Kirchhof, § 15 EStG Rz. 212. 2 Vgl. stellvertretend Carlé/Halm, KÖSDI 2000, S. 12 383 (12 389). 3 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) aa); BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. II 1986, 311 unter III.2 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 4 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 (769) = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355; vgl. auch Zimmermann u.a., Personengesellschaft im Steuerrecht, B Rz. 19; Reiß in Kirchhof, § 15 EStG Rz. 212. 5 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193; BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601; BFH v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, BStBl. II 2016, 383; zur Kompensation der Merkmale Kraft/Schreiber, NWB 2016, 1492 ff. 6 BFH v. 5.7.1978 – I R 22/75, BStBl. II 1978, 644; BFH v. 25.6.1981 – IV R 61/78, BFHE 134, 261 = BStBl. II 1982, 59 = FR 1982, 69; BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BFHE 171, 510 = BStBl. II 1994, 700 = FR 1994, 17 = GmbHR 1994, 345; BFH v. 22.8.2002 – IV R 6/01, BFH/NV 2003, 36; BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601; BFH v. 16.12.2003 – VIII R 6/93, GmbHR 2004, 973 = BFH/NV 2004, 1080. 7 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) cc) (1); BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, BStBl. II 2008, 681 = GmbHR 2008, 948 = FR 2008, 1017 m. Anm. Keß.
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
troll- und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach dem HGB zustehen oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen1. Das Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses nach § 166 HGB und das Vetorecht bei ungewöhnlichen Geschäften nach § 164 HGB lassen sich allerdings schlecht als Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen charakterisieren. Die Mitunternehmerinitiative ist aber zu verneinen, wenn ein Kommanditist im Innenverhältnis aufgrund der Abreden des Gesellschaftsvertrags einem typisch stillen Gesellschafter (weitgehende Versagung der mitgliedschaftlichen Beteiligungsrechte) gleichgestellt ist2 oder die gesetzlich gering ausgeprägten gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte der §§ 164, 166 HGB weitgehend beschnitten werden3. Beispiele für die fehlende Mitunternehmerstellung des Kommanditisten sind der Ausschluss des Widerspruchrechts nach § 164 HGB4, der Ausschluss von der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung oder die Vereinbarung des Mehrheitsprinzips auch bei Grundlagengeschäften ohne Vetorecht5. Auch an das Mitunternehmerrisiko des Kommanditisten stellt die Rechtsprechung keine allzu hohen Voraussetzungen. Nach Ansicht des Großen Senats des BFH setzt das Tragen von Mitunternehmerrisiko die gesellschaftsrechtliche Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens voraus. Dieses Risiko wird in der Regel durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven einschließlich des Geschäftswerts vermittelt. Ein Kommanditist, dessen Stellung dem gesetzlichen Leitbild des HGB entspricht, trägt nach Ansicht der Rechtsprechung auch ein Mitunternehmerrisiko. Es ist also für die Annahme eines Mitunternehmerrisikos nicht erforderlich, dass eine unbeschränkte Haftung für die Geschäftsverbindlichkeiten besteht. Vielmehr ist es ausreichend, dass man am laufenden Gewinn und im Falle des Ausscheidens und der Liquidation auch an den stillen Reserven (§§ 168, 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 Satz 2 BGB) und nach Maßgabe des § 167 Abs. 3 HGB am Verlust beteiligt ist, also bis zur Höhe der Einlage haftet.
20.73 Vergleicht man das gesetzliche Leitbild des stillen Gesellschafters mit dem des Kommanditisten, wird klar, welche Gestaltungsmöglichkeiten es gibt, um das stille Beteiligungsverhältnis als ein atypisches i.S. des Steuerrechts auszugestalten6. In Bezug auf die Mitunternehmerinitiative unterscheidet sich die Stellung des Stillen wenig von der Stellung des Kommanditisten. Sowohl der Kommanditist (§ 164 HGB) als auch der stille Gesellschafter sind von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Beide haben nur ein Recht zur Prüfung des Jahresabschlusses (§ 166 HGB für den Kommanditisten; § 233 HGB für den stillen Gesellschafter). Eine etwas stärkere Stellung hat der Kommanditist nur dadurch, dass ihm gemäß § 164 HGB ein Vetorecht bei außergewöhnlichen Geschäften zusteht, das der stille Gesellschafter nicht hat. Hinsichtlich des Mitunternehmerrisikos bestehen größere Unterschiede. Zwar sind Komman-
1 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 = FR 1984, 619 = GmbHR 1984, 355 unter C.V.3.c) cc). 2 Vgl. BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BStBl. II 1996, 269 (272) = FR 1996, 30. 3 Vgl. FG Hamburg v. 18.10.2001 – II 281/00, EFG 2002, 260 ff. zu einer Familienpersonengesellschaft. 4 Vgl. Zimmermann u.a., Personengesellschaft im Steuerrecht, B, Rz. 86. 5 Vgl. BFH v. 11.10.1988 – VIII R 328/83, BStBl. II 1989, 762 = FR 1989, 307 = GmbHR 1989, 264. 6 Zu diesem Vergleich siehe auch Groh in FS Kruse, S. 417 (418).
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ditist und stiller Gesellschafter in gleicher Weise am Gewinn und Verlust beteiligt; denn beide nehmen am Verlust nur bis zum Betrag ihrer Einlage teil. Unterschiede bestehen aber hinsichtlich ihrer vermögensmäßigen Beteiligung. Während der Kommanditist als Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen der Kommanditgesellschaft beteiligt ist, hat die stille Gesellschaft zivilrechtlich kein Gesamthandsvermögen. Dieser Unterschied hat aber – wie oben (Rz. 20.67) gezeigt wurde – steuerrechtlich zu vernachlässigen. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass der Kommanditist gemäß §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 Abs. 1 Satz 2 BGB an den stillen Reserven und am Geschäftswert beteiligt ist, während der stille Gesellschafter, wenn keine abweichende Vereinbarung besteht, nicht an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt ist. In einer jüngeren Entscheidung formuliert der BFH zusammenfassend1: „Mitunternehmer ist ein stiller Gesellschafter regelmäßig, wenn er nicht nur am laufenden Gewinn und Verlust des vom tätigen Teilhaber betriebenen Unternehmens teilhat, sondern im Innenverhältnis schuldrechtlich auch an den stillen Reserven und an einem Geschäftswert beteiligt sein soll, etwa in der Weise, dass er bei einer Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses nach Maßgabe einer Auseinandersetzungsbilanz und seiner prozentualen Gewinnbeteiligung auch einen Anteil an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens erhalten soll. Insgesamt muss sich aus der gebotenen Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls ergeben, dass der Beteiligte auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrags Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann.“ Da es um eine Gesamtbetrachtung der Stellung des Stillen geht und der Mitunternehmerbegriff ein Typusbegriff mit den beiden Untermerkmalen der Mitunternehmerinitiative und des -risikos ist, sind Grenzfälle, in denen die Zuordnung zweifelhaft bleibt, unvermeidbar. Als Leitlinie für die Gestaltung kann herangezogen werden, dass die Zubilligung eines Vetorechts bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen und die Teilnahme des stillen Gesellschafters an den Wertsteigerungen des Anlagevermögens und am Geschäftswert auf Grundlage einer fremdüblichen Vereinbarung, den stillen Gesellschafter zum Mitunternehmer machen. Für die Gestaltungspraxis ist ferner zu beachten, dass es ausreicht, wenn der Vereinbarung über die Beteiligung an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens mehr als eine nur theoretische Bedeutung zukommt2: Die vertragliche Beteiligung an den Wertsteigerungen des Betriebsvermögens kann bei der Prüfung eines Mitunternehmerrisikos aber dann nicht berücksichtigt werden, wenn sie im Einzelfall nach den objektiven Umständen und den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien nur als eine rein theoretische, durch außergewöhnliche Umstände eintreten kann3.
1 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 = GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111; siehe auch BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440; FG Berlin-Bdb. v. 24.10.2013 – 15 K 12089/08, juris (Az. des BFH: IV R 41/14). 2 BFH v. 1.7.2010 – IV R 100/06, GmbHR 2010, 1168 = BFH/NV 2010, 2056. 3 Die Stellung eines Mitunternehmers in einer GmbH & atypisch Still wird daher nicht erlangt, wenn zwar im Gesellschaftsvertrag geregelt ist, dass die stillen Gesellschafter bei einer Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses an den stillen Reserven sowie dem Geschäftswert beteiligt sind, aber nicht, wie stille Reserven und ein etwaiger Geschäftswert zwischen (hier) den Gesellschaftern der GmbH und den stillen Gesellschaftern aufzuteilen sind, vgl. FG München v. 27.5.2014 – 15 K 352/11, juris.
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20.74
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20.75 Kompensation eines eingeschränkten Mitunternehmerrisikos: Nach der Rechtsprechung des BFH (siehe Rz. 20.71) ist für das Mitunternehmerrisiko die Beteiligung am laufenden Gewinn des Handelsgewerbes für die Annahme einer atypisch stillen Beteiligung obligatorisch. Eine Beschränkung der Verlustbeteiligung auf die Einlage ist dabei allerdings unschädlich, denn auch der Kommanditist nimmt nur bis zur Höhe seiner Einlage am Verlust der Gesellschaft teil; dies gilt wiederum nicht, wenn eine Forderung in eine atypisch stille Beteiligung umgewandelt wird, die im Zeitpunkt der Umwandlung wirtschaftlich wertlos ist1. Grundsätzlich erforderlich ist außerdem eine Beteiligung an den stillen Reserven einschließlich des Firmenwerts/Geschäftswerts. Auf sie kann nur verzichtet werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls das dann insoweit eingeschränkte Mitunternehmerrisiko durch eine besonders ausgeprägte Mitunternehmerinitiative ausgeglichen wird2. Bei eingeschränkter Mitunternehmerinitiative lässt es die Rechtsprechung für eine solche Kompensation durch eine gesteigerte Mitunternehmerinitiative aber nicht genügen, dass dem stillen Gesellschafter nur die gesetzlichen Kontrollrechte des Kommanditisten bzw. des stillen Gesellschafters eingeräumt werden3. Für die Kompensation eines eingeschränkten Mitunternehmerrisikos müssen dem stillen Gesellschafter somit – sei es als Geschäftsführer, sei es als Prokurist oder leitender Angestellter – Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch ein Einfluss auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbstständigen Ausübung übertragen werden4. Bei der Prüfung der gesteigerten Mitunternehmerinitiative des Inhabers einer stillen Beteiligung an einer GmbH kommt es darauf an, ob Geschäftsführungsbefugnisse oder anderweitige Direktionsrechte, die der stille Gesellschafter als leitender Angestellter der GmbH hat, rechtlich abgesichert sind5. Der BFH sah in solchen Fällen bisweilen sogar den Ausschluss sowohl der Verlustbeteiligung als auch der Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert durch die besonders hoch ausgeprägte Mitunternehmerinitiative als kompensiert an6.
20.76 Beteiligung an den stillen Reserven: Trägt der stille Gesellschafter das volle Mitunternehmerrisiko, weil eine Verlustbeteiligung vorgesehen ist und er auch an den stillen Reserven des Anlagevermögens und am Geschäftswert beteiligt wird, nimmt die Rechtsprechung eine Mitunternehmerschaft an, wenn die Kontrollrechte (Initiativrechte) dem gesetzlichen Leitbild des stillen Gesellschafters entsprechen7, d.h. es reichen die Mindestanforderungen an die Mitunternehmerinitiative aus.
20.77 frei 1 BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440 m.w.N. 2 BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440 m.w.N.; BFH v. 3.11.2015 – VIII R 63/13, BStBl. II 2016, 383; ausführlich Kraft/Schreiber, NWB 2016, 1492 ff. 3 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a). 4 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a). 5 BFH v. 21.1.2010 – IV B 128/08, BFH/NV 2010, 1425. 6 BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, FR 1991, 236 = GmbHR 1991, 337 = DStR 1991, 457; kritisch zu dieser BFH-Rspr. Weber, DB 1992, 546. 7 So ausdrücklich BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346 = GmbHR 1991, 337 = BB 1991, 684 unter 1.c); BFH v. 13.7.1993 – VIII R 85/91, BStBl. II 1994, 243 = FR 1994, 83 = BB 1994, 474; BFH v. 15.12.1998 – VIII R 62/97, BFHE 187, 250 = GmbHR 1999, 422 unter II.2.a); die vermögensrechtliche Seite besonders betonend BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = GmbHR 1986, 363 = BB 1986, 580 unter III.2; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/ NV 2007, 906 unter II.3.a).
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
2. Sonderfragen a) GmbH & (a)typisch Still Dass sich ein Gesellschafter einer GmbH an dieser selbst auch noch still beteiligen kann und dies auch für Besteuerungszwecke anerkannt werden kann, steht heute außer Frage (siehe Rz. 5.35)1. Problematisch ist hier jedoch, inwieweit die vermögensrechtliche Beteiligung und die Gesellschafterrechte an der GmbH eine Mitunternehmerstellung des stillen Gesellschafters indizieren. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass bei der zusätzlichen stillen Beteiligung des Alleingesellschafters der GmbH oder dann, wenn alle GmbH-Gesellschafter gleichzeitig als stille Gesellschafter beteiligt sind, stets eine Mitunternehmerschaft in Form einer atypisch stillen Beteiligung vorliegt2: Der stille Gesellschafter verfüge bereits aufgrund seiner GmbH-Gesellschafterstellung über Mitunternehmerrisiko und -initiative3.
20.78
Richtigerweise ist zwischen der mittelbaren vermögensrechtlichen Beteiligung über den GmbH-Gesellschaftsanteil am Vermögen der Gesellschaft und den Teilhaberechten an der GmbH zu unterscheiden. Die Beteiligung an der GmbH kann nicht auf das stille Beteiligungsverhältnis durchschlagen; dies käme einer Vermischung der Sphären gleich4. Anders stellt sich die Sachlage jedoch hinsichtlich der Einbeziehung der Teilhaberechte an der GmbH, die durch den Gesellschaftsanteil vermittelt werden, in die Prüfung der Rechtsposition des stillen Gesellschafters dar. Hier stellt der BFH zutreffend nicht ausschließlich auf die dem Gesellschafter unmittelbar aufgrund des Gesellschaftsvertrags über die stille Beteiligung zustehenden Rechte ab, sondern er bezieht auch andere Umstände wie die Teilhaberechte aufgrund der GmbH-Beteiligung mit ein5. Dieses „Durchwirkenlassen“ der Teilhaberechte in der GmbH auf das Beteiligungsverhältnis der stillen Gesellschaft durch den BFH ist überzeugend. Die formale Aufspaltung in Rechtspositionen, die der stille Gesellschafter als Gesellschafter/Geschäftsführer der GmbH einerseits und aufgrund der stillen Beteiligung andererseits innehat, für die Prüfung der Mitunternehmerstellung wäre nicht realitätsgerecht. Allerdings ist Frage nach Umfang und Grenzen dieser zusammenfassenden Betrachtung Gegenstand eines anhängigen Revisionsverfahrens beim BFH6.
20.79
1 Siehe nur BFH v. 31.8.1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II.3; BFH v. 26.11.2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436. 2 Knobbe-Keuk, StuW 1982, 201 (221); Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1984, 78; vgl. auch Paulick, GmbHR 1982, 237 (240). 3 Knobbe-Keuk, StuW 1982, 201 (221). 4 So auch der BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 1515 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 289. 5 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a.); BFH v. 14.10.2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188; BFH v. 31.8.1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II.3.a). So schon zur KG BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346 = GmbHR 1991, 337 = BB 1991, 684. Zur Gesamtbildbetrachtung bei der stillen Gesellschaft BFH v. 20.11.1990 – VIII R 10/87, BFHE 163, 336 = FR 1991, 270 = GmbHR 1991, 217; BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 = FR 1993, 436 = BB 1993, 1194 unter I.2.b). 6 FG Berlin-Bdb. v. 24.10.2013 – 15 K 12089/08, juris (Az. des BFH: IV R 41/14): Einer atypisch stillen Gesellschaft steht zudem entgegen, dass sich die Geschäftsführerstellung des stillen Gesellschafters nicht auf den Bestimmungen des Vertrags über die stille Gesellschaft begründet, sondern bereits zuvor bestand.
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
20.80 Typische stille Beteiligungen des beherrschenden Gesellschafters einer GmbH werden in der Praxis als schwierig zu gestalten angesehen1. Die zusammenfassende Betrachtung der Teilhaberechte auf Ebene der GmbH und auf Grundlage des stillen Gesellschaftsvertrags im Rahmen der stillen Beteiligung wirft insoweit Probleme auf. Rechtsprechung und ihr folgend die Finanzverwaltung lassen zwar prinzipiell die Möglichkeit zu, nur eine typische stille Beteiligung des beherrschenden Gesellschafters der GmbH zu begründen2. Da eine stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative die fehlende Beteiligung an den stillen Reserven und am Geschäftswert kompensieren kann (siehe Rz. 20.75), kann es im Einzelfall vorkommen, dass die Finanzverwaltung aufgrund der Kompensationswirkung zur Annahme einer nicht gewollten atypisch stillen Beteiligung gelangt. Allerdings hat das FG München die Gründung einer GmbH & atypisch Still verneint und eine typisch stille Beteiligung in einem Fall angenommen, in dem der stille Gesellschafter und beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer nicht an den stillen Reserven beteiligt war und sein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko nicht durch ausgeprägte Mitunternehmerinitiativrechte kompensiert werden konnte, weil mehrere Geschäftsführer der GmbH bestellt waren3. b) Stille Beteiligung an einer GmbH & Co. KG
20.81 Die stille Beteiligung eines Kommanditisten (Mitunternehmers) einer GmbH & Co. KG als atypisch stiller Gesellschafter an der KG wirft in mehrfacher Hinsicht Fragen auf. Nach der jüngeren Rechtsprechung des BFH (siehe Rz. 20.23 und 20.59) führt die atypisch stille Beteiligung eines Mitunternehmers an der „eigenen“ Personengesellschaft zum Entstehen einer doppelstöckigen Personengesellschaft4: Ertragsteuerlich wird der Betrieb der Personengesellschaft (Inhaberin des Handelsbetriebs) ab Errichtung der atypisch stillen Gesellschaft jener als „Quasi-Gesamthandsvermögen“ zugeordnet. Dieser Zuordnungswechsel des Betriebs ist als Einbringung i.S. des § 24 UmwStG zu würdigen (siehe Rz. 26.26, 26.29). Die Außen-Personengesellschaft wird zur Obergesellschaft und Mitunternehmerin der atypisch stillen Gesellschaft im Rahmen einer doppelstöckigen Gesellschaftsstruktur. Weiterer Mitunternehmer der atypisch stillen Innengesellschaft (Untergesellschaft) ist der Kommanditist in seiner Funktion als atypisch stiller Gesellschafter.
20.82 Auf dieser Grundlage ist die frühere Rechtsprechung des BFH, die den atypisch stillen Gesellschafter nur als Mitunternehmer der Außen-Personengesellschaft behandelt 1 So auch Kessler/Teufel, DB 2001, 1955 (1956). Unzutreffend Winter, GStB 2001, 104 (104), der sich nur auf ältere Urteile bezieht. 2 Diese Möglichkeit bejahend OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S2241 A-08-L221, FR 2003, 1299 (1300) und OFD Frankfurt a.M. v. 14.9.2000 – S2241A-37-St II 21, GmbHR 2000, 1276 (1277) unter Hinweis auf BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BFHE 138, 458 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 281 = GmbHR 1983, 315. 3 FG München v. 27.1.2014 – 7 K 987/11, EFG 2014, 848, rkr. 4 Siehe jüngst BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker = GmbHR 2014, 890 = DStR 2014, 1384 zur Personengesellschaft & atypisch Still als doppelstöckiger Personengesellschaft; BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372 unter II.4.a; offen gelassen für den Wechsel aus der Stellung als persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA in die Stellung eines atypisch stillen Gesellschafters als „formwechselnde Umwandlung“ in BFH v. 16.4.2010 – IV B 94/09, GmbHR 2010, 774 = BFH/NV 2010, 1272; vertiefend Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719.
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§ 20 Grundlagen der Besteuerung der stillen Gesellschaft
hat1, nur noch bedingt aussagekräftig. Der atypisch stille Gesellschafter muss seine Mitunternehmerstellung in der stillen Gesellschaft nunmehr eigenständig auf Grundlage der Beteiligungsrechte aus der stillen Beteiligung herleiten und auf dieser Ebene Mitunternehmerrisiko und -initiative entfalten können2. Wenn der stille Gesellschafter als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH Mitunternehmerinitiative in der KG entfalten kann, stellt sich die Frage, ob diese starke Mitunternehmerinitiative ein vorhandenes, aber schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko ausgleicht (siehe Rz. 20.73). Der BFH bejaht diese Frage in der Regel für die Mitunternehmerstellung des Kommanditisten auf Ebene der KG. Selbst wenn der stille Gesellschafter weder an den stillen Reserven noch am Geschäftswert beteiligt ist, kann er Mitunternehmer sein, wenn er aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH eine besonders starke Mitunternehmerinitiative entfalten kann3. Ein weiteres „Durchschlagen“ dieser Rechtsposition auf die Prüfung, ob der Kommanditist auch atypisch still beteiligt ist, ist – anders als bei der GmbH & Still – nach den Ausführungen unter Rz. 20.82 nicht möglich.
20.83
Soweit der Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH als stiller Gesellschafter weder an den stillen Reserven noch am Geschäftsvermögen der GmbH & Co KG beteiligt ist, aber als Geschäftsführer deren Geschäfte führt, ist in der Rechtsprechung regelmäßig eine stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative angenommen worden. Zurückhaltender sieht die Rechtsprechung dies, wenn der stille Gesellschafter Mehrheitsgesellschafter in der Komplementär-GmbH, nicht aber auch gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist. Der BFH stellt in diesen Fällen zumeist standardmäßig auf Initiativrechte des Geschäftsführers oder anderer operativ tätigen Personen ab4. Bejaht wurde aber auch schon eine Kompensation einer eingeschränkten Mitunternehmerrisikos durch ein im Vertrag über die stille Gesellschaft eingeräumtes umfassendes Weisungsrecht, mittels dessen der Mehrheitsgesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH jederzeit in den operativen Ablauf eingreifen konnte, da dieses Weisungsrecht im entschiedenen Streitfall auch uneingeschränkt durchgesetzt werden konnte5. Ist ein stiller Gesellschafter hingegen gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ohne Gesellschafter der GmbH zu sein, ist seine Mitunternehmerinitiative durch das Weisungsrecht der Gesellschafter erheblich eingeschränkt und dürfte nur in Ausnahmefällen die Annahme einer aty-
20.84
1 BFH v. 20.11.1990 – VIII R 10/87, BFHE 163, 336 = FR 1991, 270 = GmbHR 1991, 217. 2 Zu dieser Fallgruppe siehe auch Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 396; Weber, GmbHR 1994, 144 (146); kritisch Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (720). 3 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a; BFH v. 20.11.1990 – VIII R 10/87, BFHE 163, 336 = FR 1991, 270 = GmbHR 1991, 217; BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BFHE 170, 345 = BStBl. II 1994, 702 = FR 1993, 436 = BB 1993, 1194 unter I.2.b); BFH v. 31.8.1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 unter II.3.b)bb); BFH v. 18.6.2001 – IV B 88/00, BFH/NV 2001, 1550 unter II.3.a). Zu dieser Fallgruppe siehe auch Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 Rz. 396. Gleiches gilt bei der verdeckten Mitunternehmerschaft, siehe BFH v. 16.12.1997 – VIII R 32/90, FR 1998, 659 = GmbHR 1998, 710 = DStR 1998, 967. 4 BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906 unter II.3.a.); BFH v. 14.10.2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188. 5 In BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193 = DStRE 1999, 81 (82) stellt der BFH auf die Weisungsbefugnis ab, obwohl auch eine Geschäftsführerstellung des stillen Gesellschafters vorlag.
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pisch stillen Beteiligung rechtfertigen. Auch in diesen Fällen stellt sich zur Abgrenzung der Mitunternehmerstellung in der KG einerseits und als atypisch stiller Gesellschafter andererseits die Frage, ob eine zusammenfassende Betrachtung aller Teilhaberechte noch zulässig ist.
V. Steuerliche Motive für die Begründung von stillen Beteiligungen
20.85 Die steuerlichen Beweggründe für die Begründung von stillen Beteiligungen sind vielfältig. Um unter steuerlichen Gesichtspunkten optimal zu gestalten, bedarf es einer genauen Abwägung der Vor- und Nachteile. So kann durch die Begründung einer stillen Gesellschaft die Erbfolge vorweggenommen werden, ohne dass der Geschäftsinhaber die Leitung seines Unternehmens abgeben muss. Es ist streng zwischen atypischen und typischen stillen Gesellschaften zu unterscheiden, die, wie schon gezeigt wurde, unterschiedliche steuerliche Rechtsfolgen auslösen. Ist eine atypische stille Gesellschaft gewollt, muss darauf geachtet werden, dass die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung an die Mitunternehmerstellung des stillen Gesellschafters stellt, zweifelsfrei eingehalten sind.
20.86 Stille Beteiligungen sind zum einen ein beliebtes Mittel, um positive Einkünfte auf andere Personen zu verlagern. Diese Verlagerung der positiven Einkünfte ist vor allem dann interessant, wenn man nahen Angehörigen Einnahmen zuwenden möchte (sog. „Familiensplitting“). Siehe näher Rz. 21.2 ff.
20.87 Seit dem 1.1.2009 kann der typische stille Gesellschafter in den Genuss der Besteuerung seiner Vergütung nach der Abgeltungsteuer i.H. von 25 % der Bruttodividende für Kapitaleinkünfte kommen, §§ 32d Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 5 Satz 1 EStG. Zur Beschränkung des Anwendungsbereichs der Abgeltungsteuer in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b EStG, wonach Einkünfte aus stillen Gesellschaften, die nahe stehenden Personen oder Anteilseignern gewährt werden, nicht der Abgeltungsteuer, sondern der Regelbesteuerung unterliegen, wird auf Rz. 22.266 ff. verwiesen.
20.88 Die atypische stille Gesellschaft kann als Verlusttransfervehikel eine sinnvolle Gestaltung darstellen1. Bei einer Kapitalgesellschaft können Verluste auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nicht auf die Ebene der Gesellschafter verlagert werden, wenn keine Organschaft entsprechend §§ 14 ff. KStG vorliegt. Hier kann die Begründung von atypisch stillen Beteiligungen an der Kapitalgesellschaft helfen, die Verluste von der Ebene der Kapitalgesellschaft auf die Ebene der Gesellschafter zu transferieren, da dem atypisch stillen Gesellschafter die Verluste der Kapitalgesellschaft anteilig zugewiesen werden und innerhalb der Grenzen des § 15a EStG mit anderen Einkünften verrechnet werden können. Alternativ käme die Einbringung der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in eine gewerbliche Holding-GmbH & Co KG mit der Begründung einer Organschaft in Betracht. § 15a EStG findet aber sowohl in der atypisch stillen Gesellschaft als auch gemäß § 15a Abs. 5 EStG innerhalb der typisch stillen Gesellschaft Anwendung. Eine weitere Verlustabzugsbeschränkung ergibt sich aus § 20 Abs. 6 EStG für Kapitalerträge aus typischen stillen Beteiligungen, die der Abgeltungsteuer unterliegen.
1 Zu den Möglichkeiten und Beschränkungen der Verlustverrechnung vgl. Rz. 22.65 ff.
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Seit dem 1.1.20041 dürfen gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG Verluste aus atypisch stillen Gesellschaften, die von Kapitalgesellschaften als Mitunternehmer an anderen Kapitalgesellschaften begründet werden (auch tracking stocks), weder mit den sonstigen Einkünften aus Gewerbebetrieb, noch mit anderen Einkünften, sondern nur mit positiven Einkünften aus derselben atypisch stillen Gesellschaft ausgeglichen werden. Die Regelung schafft einen besonderen Verlustverrechnungskreislauf. Für die typische stille Gesellschaft gelten die §§ 15 Abs. 4 Satz 6–8 und 15a Abs. 5 EStG entsprechend, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.
20.89
Bei einer atypisch stillen Gesellschaft können sich aus dem Vorhandensein eines Betriebsvermögens2 Vorteile bei Einbringungsvorgängen nach den §§ 6 Abs. 5 EStG, 20, 24 UmwStG ergeben (siehe näher Rz. 22.107, 26.65). Die atypisch stille Gesellschaft kann den Gewerbesteuerfreibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Anspruch nehmen (Rz. 24.54).
20.90
VI. Zusammenfassung Ob eine stille Gesellschaft vereinbart wurde, bestimmt sich auch steuerrechtlich grundsätzlich nach zivil- und handelsrechtlichen Maßstäben, d.h. dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag. Rückwirkende Vereinbarungen sind steuerlich grundsätzlich unbeachtlich. Es können aber auch andere Vertragsverhältnisse (in der Regel Dauerschuldverhältnisse) zwischen einem Personenunternehmen (in der Regel einer Außen-Personengesellschaft) und einem Nichtgesellschafter als verdeckte Innengesellschaften qualifiziert werden. Solche verdeckten Innengesellschaften bilden eine eigenständige Fallgruppe der Innengesellschaft, die neben der atypisch stillen Innengesellschaft steht. Die Regelungen der §§ 41, 42 AO haben im Bereich der Anerkennung und Nichtanerkennung stiller Gesellschaften keine große Bedeutung. Einkommensteuerlich sind typische stille Gesellschaften von atypischen stillen Gesellschaften zu unterscheiden. Bei der typischen stillen Gesellschaft sind die dem stillen Gesellschafter zufließenden anteiligen Gewinne dem Steuerabzug aus Kapitalvermögen unterliegende Einkünfte (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG); beim Inhaber mindern sie als Betriebsausgaben den einkommensteuerpflichtigen Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dagegen wird der atypische stille Gesellschafter als Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) der atypisch stillen Gesellschaft als eigenständiger Mitunternehmerschaft angesehen und steuerlich den Gesellschaftern Außen-Personengesellschaft gleichgestellt, obwohl er am Geschäftsvermögen dinglich nicht mitberechtigt ist. Von einer atypischen stillen Gesellschaft ist auszugehen, wenn der stille Gesellschafter ähnlich wie ein Kommanditist Mitunternehmerinitiative entfalten kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt.
1 Änderungen durch das Korb II-Gesetz v. 22.12.2003 und dem Steuervergünstigungsabbaugesetz v. 11.4.2003. Die Regelung der Mindestbesteuerung in § 2 Abs. 3 EStG a.F. hingegen wurde aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken durch das Korb II-Gesetz mit Wirkung zum 1.1.2004 aufgehoben. Für die Rechtslage zwischen den Veranlagungsjahren 1999 bis 2003 siehe die 6. Aufl., Rz. 22.42 ff. Zum System der Verlustverrechnung siehe auch Intemann/Nacke, DStR 2004, 1149 und Rz. 22.65 ff. und Rz. 22.261 ff. 2 Siehe auch Neu in Beck’sches Hdb. Personengesellschaft, § 14 Rz. 68–170.
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20.91
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Verfolgen Inhaber und stiller Gesellschafter bei der Ausformung des Gesellschaftsverhältnisses keine entgegengesetzten Interessengelten für die Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses Sonderregeln, die in § 21 behandelt werden. Dies betrifft insbesondere Gesellschaften zwischen nahen Familienangehörigen und solchen zwischen einer GmbH und deren Gesellschaftern. Schwierig ist die Gestaltung einer GmbH & typisch still mit einem beherrschenden Gesellschafter der GmbH, da die Rechtsprechung die durch die GmbH-Beteiligung vermittelten Teilhaberechte auch in die Prüfung einbezieht, ob der stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfalten kann.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfällen (stille Familiengesellschaft, GmbH & Still) Schrifttum zur stillen Familiengesellschaft: Authenrieth, Karlheinz, Schenkung einer Darlehensforderung vom Vater an Kinder, Anmerkung zu BFH v. 10.4.1984, BB 1985, 168; Ballof, Ferdinand, Unternehmensnachfolge bei Familienunternehmen – Die stille Gesellschaft als Steuersparinstrument, EStB 2000, 245; Bordewin, Arno, Besonderheiten der Ertragsbesteuerung bei Familienpersonengesellschaften, DB 1996, 1359; Broudré, Anna M., Darlehensverträge zwischen Angehörigen, DB 1993, 8; Carle, Dieter/Halm, Dirk, Entwicklungen des Sondersteuerrechts der Familiengesellschaften, KÖSDI 2000, 12383; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 239; Curtius-Hartung, Rudolf, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 223; Daragan, Hanspeter, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 9.10.2001, ZEV 2002, 39; Degethof, Michael, Praxishinweise bei der Betriebsprüfung der atypisch stillen Gesellschaft (insbesondere der GmbH & Still), StBp 2002, 349; Flume, Werner, Die Steuerrechtsprechung zur Gewinnverteilung in Familien-Personengesellschaften und die Legitimität der Rechtsprechung, StbJb. 1976/77, 43; Gemeinhardt, Gereon, Verträge unter nahen Angehörigen – steuerliche Anerkennung, BB 2012, 739; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 9.10.2001, StBp 2002, 28; Groh, Manfred, Sind schenkweise begründete Innengesellschaften und Darlehen steuerlich unbeachtlich?, BB 1987, 1505; Heuermann, Bernd, Irritationen über einen alten Rechtsgrundsatz – Verträge zwischen nahe stehenden Personen ohne zivilrechtliche Wirksamkeit? – Anmerkungen zum Nichtanwendungserlass vom 2.4.2007 und zu den BFH-Urteilen vom 7.6.2006 und vom 22.2.2007, DB 2007, 1267; Hey, Johanna, Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht nach der Neufassung des § 42 AO und dem dazu ergangenen BMF-Erlass, BB 2009, 1044; Hübner-Weingarten, Rudolf, Die Beteiligung von Kindern als Kommanditisten, stille Gesellschafter und Unterbeteiligte – grundsätzliche Erwägungen, ZEV 1999, 81; Jäning, Ronny/Schiemzik, Boris, Minderjährige Kinder als Gesellschafter, NWB 2016, 1897; Jestädt, Gottfried, Partiarisches Darlehen oder Stille Gesellschaft?, DStR 1993, 387; Jülicher, Marc, Vertragliche Rückforderungsrechte und Weiterleitungsklauseln in Schenkungsverträgen, DStR 1998, 1977; Kempermann, Michael, Kommentar zum Urteil des BFH v. 9.10.2001, FR 2002, 154; Knobbe-Keuk, Brigitte, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Köhler, Roland, Beispielhafte Ermittlung des steuerlich angemessenen Gewinnanteils für eine geschenkte Beteiligung nicht mitarbeitender Kinder bei Familienpersonengesellschaften, StBp 2004, 50; Königer, Stefan/Ziegler, Steffen, Das Familiensplitting nach dem StVerinfG 2011, FR 2011, 937; Korn, Klaus, Angemessene Ergebnisverteilung bei einer typisch stillen Familiengesellschaft, BeSt 2009, 19; Kulemann, Grit/Harle, Georg, GmbH & Still – Familienpersonengesellschaften im Steuerrecht, StBp 2000, 12; Kulosa, Egmont, Auszahlungsbeschränkungen bei einer typisch stillen Gesellschaft mit Minderjährigen – Anmerkung zum Urteil des BFH v. 14.5.2003, HFR 2003, 1151; Kulosa, Egmont Verträge unter nahen Angehörigen, DB 2014, 972; Levedag, Christian, Finanzierung von Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften im Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer, GmbHR 2015, 57; Mack, Alexandra/Wollweber, Markus, § 42 AO – Viel Lärm um nichts?, DStR 2008, 182; Märkle, Rudi, Angehörige als Darlehensgeber, stille Gesellschafter, Kommanditisten, BB 1993, Beilage 2; Natschke, Thomas, Die stille Gesellschaft als Gestaltungselement, StB 1998, 181; Neufang, Bernd, Die so genannten Innengesellschaften – ein Rechtsinstrument zur Optimierung der Unternehmensform, INF 1987, 8; Neufang, Bernd, Die stille Gesellschaft mit Angehörigen, INF 1987, 563; Ritzrow, Manfred, Die Familienpersonengesellschaft im Einkommensteuerrecht, StBp 2003, 140 und StBp 2003, 173; Schmidt, Karsten, Die Schenkung von Personengesellschaftsanteilen durch Einbuchung, BB 1990, 1992; Schmidt, Karsten, Formfreie Schenkung von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen?, DB 2002, 829; Schmidt, Ludwig, Anmerkung zu BFH v. 13.6.1989, FR 1989, 500; Schmidt, Ludwig, Anmerkung zu BFH v. 21.10.1992, FR 1993, 228; Schultes-Schnitzlein/Keese, Christian, Übertragung von Personengesellschaftsanteilen unter Angehörigen, NWB 2009, 394; Schulz, Peter/Werz, Ralf Stefan, Die disproportionale Gewinn- und Stimmrechtsverteilung – ein Instrument für die Nachfolgeplanung, BB 2005, 2; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gewinnverteilungsvereinbarungen bei Personen-
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen gesellschaften, StBp 1994, 177; Stümper, Franz-Peter, Die Selbstständigkeit der Kinder über die GmbH & atypisch Still finanzieren, GStB 2001, 329; Spindler, Wolfgang, Neuere Tendenzen in der steuerrechtlichen Beurteilung von Mietverhältnissen unter nahen Angehörigen, DB 1997, 643; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gestaltungen innerhalb von Mitunternehmerschaften, DStZ 2014, 719; Tiedtke, Klaus, Zur steuerlichen Anerkennung stiller Beteiligungen von Kindern, FR 1980, 421; Tiedtke, Klaus, Die schenkweise Zuwendung einer stillen Beteiligung an ein minderjähriges Kind, BB 1988, 946; Tiedtke, Klaus, Widersprüchliche Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zur Absetzbarkeit von Darlehenszinsen, DB 1988, 69; von Wedelstädt, Alexander, Die Änderungen der Abgabenordnung durch das Jahressteuergesetz 2008, DB 2007, 2558; Wacker, Roland, Neue Entwicklungen in der Rechtsprechung zu Ertragsteuerrecht der Personengesellschaften, StbJb. 2002/2003, 85; Weber-Grellet, Heinrich, Betriebsausgaben im Zusammenhang mit schenkweise begründeten Rechtspositionen zugunsten naher Angehöriger – Zur Bedeutung des § 12 Nr. 2 EStG, DStR 1993, 1010; Wendt, Michael, Zur Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilung bei geschenkter Unterbeteiligung, GStB 2002, 50; Werth, Francesca, Erste BFHRechtsprechung zur Abgeltungssteuer, DStR 2015, 1343; Zipfel, Lars/Pfefer, Christian, Verträge unter nahen Angehörigen, BB 2010, 343. Schrifttum zur GmbH & Still: Beranek, Axel, Die Besteuerung der GmbH & Still, SteuerStud 1991, 132; Binnewies, Burkhard, Verdeckte Gewinnausschüttungen im (Steuer)Recht der Aktiengesellschaft – Zugleich Anmerkung zu BFH I R 93/01 v. 18.12.2002, DStR 2003, 2105; Bitsch, Herbert, Gewinnverteilung der GmbH & Stille Gesellschaft, GmbHR 1983, 56; Blaurock, Uwe, Die GmbH & Still im Steuerrecht, BB 1992, 1969; Blaurock, Uwe, Die Limited & Still – Bemerkungen zur stillen Gesellschaft im deutschen Kollisionsrecht, in Festschrift für Harm Peter Westermann zum 70. Geburtstag, 2008, S. 821; Bolk, Wolfgang, Einkünfte des an einer GmbH still beteiligten Gesellschafters – Ein Beitrag auch zur Neubesinnung bei sozialversicherungspflichtigen Gesellschaftern, in Festschrift für Wolfram Reiss, 2008, S. 25; Braun, Rainer, Steuerliche Anerkennung einer GmbH & Still, EFG 2005, 952; Carle, Dieter, GmbH & Still, KÖSDI 1987, 7035; Costede, Jürgen, Steuerrechtsfragen der GmbH & Still, StuW 1983, 308; Costede, Jürgen, Die stille Gesellschaft – Überlegungen aus handelsrechtlicher, steuerrechtlicher und betriebswirtschaftlicher Sicht, StbKRep 1987, 239; Degethof, Michael, Praxishinweise bei der Betriebsprüfung der atypisch stillen Gesellschaft (insbesondere der GmbH & Still), StBp 2002, 349 und StBp 2003, 1; Felix, Günther, Die GmbH mit stiller Beteiligung als attraktive Unternehmensform, StbKRep 1971, 207; Geißler, Markus, Aktuelle und fortdauernde Rechtsprobleme bei der GmbH & Still, GmbHR 2008, 515; Götz, Helmut, Kapital- oder Personengesellschaft? Steuerliche Gesichtspunkte der Rechtsformwahl – national und international, BB 2008, 1032; Gosch, Dietmar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 14.7.1998, DStR 1998, 1550; Häger, Michael/Forst, Paul, Die GmbH & Still im Lichte des Steuersenkungsgesetzes, EStB 2001, 67; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Kulemann, Grit/Harle, Georg, Die Gewinnverteilung in der GmbH & Still, GStB 2000, 14; Kulemann, Grit/Harle, Georg, GmbH & Still – Familienpersonengesellschaften im Steuerrecht, StBp 2000, 12; Lemaire, Norbert, Steuerliche Anerkennung einer GmbH & atypisch Still, EFG 2008, 551; Lienau, Alexander/Lotz, Thomas, Die Abgrenzung zwischen stiller Gesellschaft und partiarischem Darlehen und die steuerlichen Konsequenzen, DStR 1991, 618; Ruban, Reinhild, Die atypische stille Gesellschaft im Ertragsteuerrecht – Tendenzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, DStZ 1995, 637; Schiffers, Joachim/Frings, Thomas, Steuergünstiger Gewinn-Transfer auf die Gesellschafterebene bei der GmbH, GmbHStB 2002, 12; Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still, INF 1993, 276; Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still im Steuerrecht, LSW 2001, S. 433; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die EinmannGmbH & Still und Mitunternehmerschaft, GmbHR 1983, 202; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Co. KG und verdeckte Gewinnausschüttung, BB 2005, 1137; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still nach dem Korb II-Gesetz, BB 2004, 1363; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still unter Berücksichtigung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 ab 2009, GmbHR 2008, 1140; Schwedhelm, Rolf, Ist der stille Gesellschafter als Geschäftsführer der GmbH & Still Mitunternehmer?, GmbHR 1994, 445; Schwer, Hans-Walther, Stille GmbH-Teilhabe, GmbH-Stpr. 2004, 119; Steinacker, Jörg, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, Diss.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen Erlangen/Nürnberg, 1992, 1993; Suchanek, Markus/Hagedorn, Sonja, Steuerpraxisfragen der GmbH & atypisch Still, FR 2004, 1149; Sudhoff, Heinrich/Sudhoff, Martin, Stille Beteiligung an einer GmbH und die Umwandlung dieser Beteiligung, GmbHR 1984, 77; Volb, Helmut, Die GmbH & Still – Zivil- und steuerrechtliche Behandlung, SteuerStud 2008, 338; Wälzholz, Eckhard, Die GmbH & Still nach der Unternehmensteuerreform 2008, GmbH-StB 2008, 11; Wendt, Michael, GmbH & atypisch still – Kapitalgesellschaft als atypisch still Beteiligter – Freibetrag für Personengesellschaften nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG, FR 2008, 384; Winter, Willi, Die atypische stille Beteiligung an der eigenen GmbH nach der Steuerreform, GStB 2001, 104.
I. Vorbemerkung Die allgemeinen Grundsätze für die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften, die in § 20 dargestellt worden sind, bedürfen der Ergänzung, wenn Inhaber und stiller Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags ausnahmsweise keine entgegengesetzten, sondern gleichgerichtete Interessen verfolgen. Dies kommt in der Praxis vor allem in zwei Konstellationen vor: bei Gesellschaften zwischen nahen Angehörigen (sog. stille Familiengesellschaften) und bei stillen Gesellschaften zwischen einer GmbH und ihren eigenen Gesellschaftern (sog. GmbH & Still). Für diese beiden Fallgruppen haben sich in der Rechtspraxis bestimmte Regeln für die steuerliche Anerkennung herausgebildet. Auf sie wird im Folgenden detailliert eingegangen. Selten sind hingegen in der Praxis stille Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter fremde Dritte sind und zugleich gleichgerichtete Interessen verfolgen1.
21.1
II. Vertragsartenübergreifende Voraussetzungen der steuerlichen Anerkennung von Angehörigenverträgen 1. Grundlagen a) Gestaltungsziele Angehörigenverträge werden aus steuerlicher Sicht regelmäßig geschlossen, um die Steuerbelastung über die Familie hinweg zu senken (sog. „Familiensplitting“) oder um betriebliche Erfordernisse (etwa durch Mitarbeit von Angehörigen oder durch die Finanzierung eines Unternehmens neben oder statt einer Bankenfinanzierung) zu erfüllen. In der Praxis werden hierzu unter anderem Arbeitsverträge, Darlehensverträge und Mietverträge unter Angehörigen sowie stille Beteiligungen eingesetzt.
21.2
Ist Ziel der Gestaltung die Senkung der Steuerlast im Familienverbund, gelingt dies, wenn ein Angehöriger mit höherer Progressionsstufe einem anderen Angehörigen statt einer steuerlich unbeachtlichen Unterhaltszahlung eine Leistungsvergütung gewährt, die beim zahlenden Angehörigen zum Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug und beim empfangenden Angehörigen zu einer steuerfreien Vereinnahmung führt. Letzteres kann etwa der Fall sein, wenn die vereinnahmte Vergütung unterhalb des Grundfreibetrags liegt oder der Angehörige, der die Einkünfte erzielt, selbst Werbungskosten oder Sonderausgaben geltend machen kann, mit denen er die erzielten Einkünfte verrechnet. Hierzu gehören auch Vorteile, die sich aus der zeitlich unter-
21.3
1 Vgl. z.B. BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299 = FR 2001, 186 m. Anm. Wendt.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
schiedlichen Erfassung von Aufwendungen in Form des Betriebsausgabenabzugs und Erträgen beim Empfänger im Zuflusszeitpunkt gemäß § 11 EStG ergeben1. In diesem Zusammenhang enthält die seit 2012 geltende Regelung in § 32 Abs. 4 EStG2 Anreize, da sie die Inanspruchnahme des Kinderfreibetrags und des Kindergelds durch den Steuerpflichtigen, der dem Angehörigen die Vergütungen gewährt, nicht in Frage stellt, wenn ein Kind bis zum 25. Lebensjahr zwar eigene Einkünfte und Bezüge (unabhängig von deren Höhe) bezieht, sich aber noch in einer „Erstausbildung“ (Berufsausbildung oder Erststudium) befindet oder nach deren Abschluss keine „schädliche Erwerbstätigkeit“ i.S. der Regelung aufnimmt3.
21.4 Zudem kann bei Kindern in Ausbildung in Abhängigkeit vom Ausbildungsstadium ein steuermindernder Abzug für Bildungskosten beim Kind erfolgen, wenn dieses als Steuerpflichtiger eigene Einkünfte erzielt: – Gemäß §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6, 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der ab dem Veranlagungszeitraum 2015 geltenden Fassung kann ein Kind während einer Erstausbildung (erste Berufsausbildung oder Erststudium) Bildungskosten als Sonderausgaben i.H. von 6000 Euro pro Jahr abziehen. Der Begriff der Erstausbildung wird in § 9 Abs. 6 EStG seit dem Veranlagungszeitraum 2015 legaldefiniert. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium sind nur dann Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn der Steuerpflichtige zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Eine Berufsausbildung als Erstausbildung liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten4 bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird. In diesem Stadium können unter Einbeziehung des Grundfreibetrags seit 2012 demnach rund 14 000 Euro Einkünfte auf ein Kind während einer Erstausbildung (Berufsausbildung oder Erststudium) verlagert werden, ohne dass diese Einkünfte im Ergebnis einer Steuerbelastung beim Kind unterliegen.
1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 57. 2 Vgl. zum Familiensplitting Königerl/Ziegler, FR 2011, 937 und zu den Neuregelungen im StVereinfG 2011 Reimer, FR 2011, 929 ff.; Bering/Friedenberger, NWB 2012, 278; Horlemann, DStR 2011, 503. 3 Zu Einzelfragen siehe das BMF-Schreiben v. 8.2.2016, BStBl. I 2016, 226. 4 Die Gesetzesänderung dient der Neuregelung der Rechtslage, da der BFH mit Urt. v. 28.2.2013 – VI R 6/12, BFHE 240, 352 und v. 27.10.2011 – VI R 52/10, BStBl. II 2012, 825 = FR 2012, 366 entschieden hatte, dass eine erstmalige Berufsausbildung weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem BBiG noch eine bestimmte Ausbildungsdauer oder eine formale Abschlussprüfung voraussetze (BT-Drucks. 18/3017, 42 ff.). Diese Rspr. führte zum Leerlaufen der Regelungen des § 4 Abs. 9 EStG und § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. durch das BeitrRLUmsG, die Bildungsaufwendungen kraft Gesetzes nur dann nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anerkannten, wenn die Bildungsmaßnahme dem Kind zugleich eine Erstausbildung vermittelte. Nach Abschluss einer Erstausbildung befand sich das Kind daher in einer Zweitausbildung, die uneingeschränkt zum Werbungskostenabzug berechtigte. Siehe zur ungeklärten Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Werbungskosten oder Betriebsausgaben in §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG für die VZ 2004 bis 2014 BFH v. 5.11.2013 – VIII R 22/12, BStBl. II 2014, 165 = FR 2014, 275 und die Vorlagebeschlüsse v. 17.7.2014 – VI R 2/12, FR 2015, 40 und VI R 8/12, FR 2015, 40 m. Anm. Trossen.
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– Nach Abschluss einer Erstausbildung können Aufwendungen für weitere Bildungsmaßnahmen im Rahmen einer Zweitausbildung als (vorweggenommene) Werbungskosten oder Betriebsausgaben (§§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 EStG) beim Kind ohne Höchstbetrag abgezogen werden, wenn ein Veranlassungszusammenhang zu späteren Einkünften besteht. Stehen keine anderen positiven Einkünfte zur Verfügung, entsteht ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte, der als Verlust auf den 31.12. des jeweiligen Veranlagungszeitraums festzustellen ist. Zu Verlagerung von Einkünften auf Angehörige eignet sich eine stille Gesellschaft wegen der ihr eigenen Flexibilität in besonderem Maße. Dementsprechend häufig wurde und wird sie in der Praxis zur Steuergestaltung eingesetzt1. Allerdings ist nach der heutigen Rechtslage für typisch stille Beteiligungen im Familienverbund zu beachten2, dass die Einkünfte beim Angehörigen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG der Abgeltungsteuer gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, wenn die Ausschlusstatbestände gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG und Buchst. b Satz 2 EStG nicht zur Anwendung kommen (siehe dazu Rz. 22.266 ff.). Die Einbeziehung der Vergütungen des stillen Gesellschafters gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und der Veräußerungsgewinne gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG in die Abgeltungsteuer bewirkt gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG den Ausschluss der Verrechnung dieser positiven Einkünfte mit negativen Einkünften aus einer anderen Einkunftsart (Rz. 22.261 ff.)3. Nur in den Fällen der sog, Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG gelingt eine Verrechnung der positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit negativen Einkünften aus anderen Einkunftsarten (Rz. 22.300). Hierzu muss die Gesamtsteuerbelastung aller Einkünfte (inklusive der Einkünfte aus Kapitalvermögen) zu einer niedrigeren festzusetzenden Einkommensteuer führen als eine kumulierte Besteuerung der Kapitaleinkünfte nach dem gesonderten Abgeltungsteuertarif einerseits und der übrigen Einkünfte nach dem Regeltarif andererseits.
21.5
b) Gesetzliche Regelungen zu Angehörigenverträgen Der Gesetzgeber hat die steuerliche Behandlung von Angehörigenverträgen nur vereinzelt geregelt. – § 12 Nr. 1 und 2 EStG bilden die unbestrittene Rechtsgrundlage für die unten (ab Rz. 21.4) eingehend dargestellte besondere Prüfung der steuerlichen Anerkennung von Angehörigenverträgen4. – § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG: Sind Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „nahe stehende Personen“ gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. b Satz 2 EStG kommt die Steuersatzspreizung zwischen dem Tarif der Abgeltungssteuer und der
1 Vgl. unter steuergestalterischen Gesichtspunkten Ballof, EStB 2000, 245 (245); Hübner-Weingarten, ZEV 1999, 81; Natschke, StB 1998, 181. 2 Siehe Königer/Ziegerl, FR 2011, 937 mit einem Berechnungsbeispiel zur typisch stillen Gesellschaft, das jedoch insoweit noch vom Ausschluss der Vergütungen beim Empfänger aus der Abgeltungsteuer ausgeht. 3 Baumgärtel/Lange in HHR, EStG/KStG, § 32d EStG Anm. 82 f. (Stand 1/2010); Werth in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 32d EStG Rz. 162. 4 Siehe Kulosa, DB 2014, 972 (972); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 57.
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21.6
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Regelbesteuerung nicht zur Anwendung. In diesem Fall unterliegen die Kapitaleinkünfte (nach Abzug von Werbungskosten) der tariflichen Regelbesteuerung beim Zahlungsempfänger; die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG und das Werbungskostenabzugsverbot (§ 20 Abs. 9 EStG) gelten in diesem Fall nicht. – VGA gemäß § 8 Abs. 3 KStG: VGA sind nicht nur möglich bei Leistungen der GmbH zugunsten eines Gesellschafters, sondern auch, wenn ein Vermögensvorteil einer dem Gesellschafter nahe stehenden Person zugutekommt. Die Zurechnung der vGA erfolgt in diesen Fällen beim Gesellschafter und nicht bei der nahe stehenden Person. Bei nahe stehenden Personen beherrschender Gesellschafter gilt das Rückwirkungsverbot in gleicher Weise wie bei den beherrschenden Gesellschaftern selbst. Der Begriff der nahe stehenden Person ist gesetzlich nicht definiert. Nahe stehende Personen können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Ein „Nahestehen“ kann u.a. begründet werden durch persönliche Beziehungen (Ehegatten, Angehörige, Freunde usw.; der Angehörigenbegriff ist weiter auszulegen als in § 15 AO). Die Abgeltungsteuer findet auf die als vGA empfangene Vergütung nur Anwendung, wenn korrespondierend bei der Kapitalgesellschaft das Einkommen erhöht wird (§ 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG). – § 10 Abs. 5 UStG: Im Umsatzsteuerrecht unterliegen Leistungsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen keinen besonderen Regelungen, es sind allerdings die Regelungen zur Mindestbemessungsgrundlage (§ 10 Abs. 5 UStG) zu beachten. – ErbStG: Von den im BeitrRLUmsG vom 13.12.20111, eingeführten Regelungen sind für Angehörigensachverhalte die disquotalen Einlagen (Wertabspaltungen auf Angehörigenanteile bei Einlagen in Kapitalgesellschaften gemäß § 7 Abs. 8 ErbStG) und verdeckte Gewinnausschüttungen an nahestehende Personen als Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an die nahestehende Person (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 4 ErbStG) gesetzlich geregelt worden. c) Richterrechtliche Anerkennungsvoraussetzungen von Angehörigenverträgen
21.7 Das Steuerrecht knüpft grundsätzlich an zivilrechtliche Gestaltungen an und folgt diesen auch für die steuerliche Beurteilung. Bei Angehörigenverträgen fehlt jedoch der zwischen fremden Dritten übliche Interessengegensatz, was die Prüfung erfordert, ob der zivilrechtliche Vertrag der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann2. Auch nahen Angehörigen steht es aber frei, Rechtsverhältnisse mit steuerlicher Wirkung untereinander einzugehen und dabei optimal steuerlastmindernd zu gestalten3. Ins1 BGBl. I 2011, 2592 ff. 2 Vgl. aus der st. Rspr. des BFH BFH v. 10.3.1988 – IV R 214/85, BStBl. II 1988, 877; BFH v. 27.11.1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160; BFH v. 25.7.1991 – XI R 30, 31/89, BStBl. II 1991, 842; BFH v. 29.1.1976 – IV R 73/73, BStBl. II 1976, 324; BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, DStRE 2006, 1372; zur Rspr. des BVerfG BVerfG v. 14.4.1959 – 1 BvL 23/57, 1 BvL 34/57, BVerfGE 9, 237; BVerfG v. 20.11.1984 – 1 BvR 1406/84, HFR 1985, 283; BVerfG v. 16.7.1991 – 2 BvR 769/90, HFR 1992, 23; BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34 = DStR 1995, 1908; vgl. zur dogmatischen Rechtfertigung der besonderen Behandlung von Angehörigenverträgen z.B. Seeger, DStR 1998, 1339 und aus dem jüngeren Schrifttum Kulosa, DB 2014, 972; Gemeinhardt, BB 2012, 739; Zipfel/Pfeffer, BB 2010, 343. 3 St. Rspr. seit BFH v. 22.8.1951 – IV 246/50, BStBl. III 1951, 181 (183); BFH v. 18.12.1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 (394) = FR 1991, 291.
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besondere dürfen wegen Art. 3 und 6 GG Verheiratete im Vergleich zu Ledigen nicht allein deshalb schlechter gestellt werden, weil sie verheiratet sind1. Auch unter nahen Anverwandten steht das primäre Motiv, durch den Abschluss eines Rechtsverhältnisses Steuern zu sparen, der steuerlichen Anerkennung des Rechtsverhältnisses nicht entgegen2. Die Rechtsprechung hat für diese Anerkennungsprüfung bestimmte materiell-rechtliche Anerkennungskriterien entwickelt, die sich auf das Kriterium des Fremdvergleichs stützen. Anknüpfungspunkt für diese Rechtsprechung ist das Veranlassungsprinzip in § 4 Abs. 4 EStG und in § 9 Abs. 1 EStG. Es sollen Vereinbarungen unter Angehörigen, die wie zwischen fremden Dritten auf die Einkünfteerzielung gerichtet sind, von Vereinbarungen unterschieden werden, die auf privat veranlasste Zuwendungen gerichtet sind und deshalb dem Abzugsverbot gemäß § 12 Nr. 1 und 2 EStG unterfallen3. Die Rechtsprechung erkennt Verträge unter Angehörigen für Zwecke der Besteuerung an,
21.8
– wenn die Beteiligten ihre Vereinbarungen eindeutig und im Voraus getroffen haben. Problembereiche sind Verträge mit unklarem Inhalt und mit unbekanntem Inhalt (Nichtvorliegen der Vertragsurkunde), wobei andere Beweismittel als die Vorlage der Urkunde zum Beweis des Bestehens der Vereinbarung und des Vertragsinhalts möglich sind, wenn der Vertrag nicht der gesetzlichen Schriftform unterliegt. – wenn die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam sind und – wenn die Vereinbarungen über die Laufzeit des Vertrags hinweg nach ihrem Inhalt dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist (Fremdvergleich). Dieser Fremdvergleich dem Inhalt nach ist nach den jüngsten Entwicklungen in der BFHRechtsprechung4 zurückgenommen (weniger strikt) vorzunehmen, wenn der Leistungsaustausch unter den Angehörigen betrieblich notwendig ist. – wenn die Vereinbarungen über die Laufzeit des Vertrags hinweg fremdüblich durchgeführt werden. Dies verlangt insbesondere echte Vermögensverschiebungen, d.h. das vertraglich geschuldete Entgelt muss in die Verfügungsmacht des Gläubigers übergehen. Das Hin- und Herzahlen vertraglicher Vergütungen ist in diesem Zusammenhang problematisch. Die Würdigung der vorstehenden Einzelkriterien ermöglicht im Ergebnis die Beurteilung, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, d.h. ob eine Vereinbarung im sachlichen Zusammenhang mit der ernsthaft gewollten Erzielung von Einkünften (§ 2 Abs. 1, § 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder mit dem nach § 12 EStG unbeachtlichen privaten Bereich steht. Maßgeblich für die steuerliche Anerkennung ist, dass der Angehörigenvertrag mit Rechtbindungswillen
1 BVerfG v. 12.3.1985 – 1 BvR 571/81, BVerfGE 69, 188 (205 ff.). 2 BFH v. 29.11.1982 – GrS 1/81, BStBl. II 1983, 272 (277) = FR 1983, 275; BFH v. 10.10.1991 – XI R 1/86, BStBl. II 1992, 239 (240) = FR 1992, 167. 3 Siehe zum Stand der Rspr. Kulosa, DB 2014, 972 (973 f.); zu den einzelnen Anknüpfungspunkten Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 59. 4 Siehe BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, FR 2014, 180 m. Anm. Kanzler = DStR 2013, 2677 zur Arbeitsverträgen unter Angehörigen; und BFH v. 17.7.2013 – X R 31/12, BStBl. II 2013, 1015 zu Darlehensverträgen unter Angehörigen.
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21.9
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abgeschlossen worden ist und entsprechend durchgeführt wird. Hierbei handelt es sich um eine innere Tatsache, die anhand äußerer Merkmale festzustellen ist.
21.10 Rechtsgrundlage der Prüfung des Fremdvergleichs durch das Finanzamt oder das FG sind in prozessualer Hinsicht die §§ 85, 88 AO und § 76 Abs. 1 FGO1. Erst das Ergebnis der der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht steuerbare Zuwendungen zu Unterhaltszwecken oder Schenkungen oder aber um abzugsfähige Werbungskosten/Betriebsausgaben gemäß §§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 EStG handelt. Die Prüfung, ob ein Vertrag steuerrechtlich anzuerkennen ist, stellt beim Abzug der Zahlungen an den Angehörigen als Betriebsausgabe oder bei den Werbungskosten eine Vorfrage im Rahmen der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs dar. Die steuerliche Anerkennung des Vertrags gehört damit zu den vom Steuerpflichtigen, der die Vergütungen gewährt, darzulegenden und nachzuweisenden tatsächlichen Umständen.
21.11 Die Rechtsprechung des BFH2 sieht Zeugenaussagen der an der internen Absprache beteiligten Angehörigen zum Beweis, dass eine Verabredung sei tatsächlich durchgeführt worden ist, nicht als vollwertiges Beweismittel an, sondern verlangt, dass der Rechtbindungswille aus äußeren Merkmalen abgeleitet werden kann. Es muss somit bei Abschluss des Angehörigenvertrags Beweisvorsorge getroffen und im Fall eines finanzgerichtlichen Verfahrens zu allen relevanten äußeren Umständen dargelegt werden können, warum aus diesen Beweisanzeichen auf den ernsthaften Rechtbindungswillen der Angehörigen geschlossen werden kann. Zudem muss für diese einzelnen Beweisanzeichen auch Beweis angeboten werden, wenn das Finanzamt das Vorliegen dieser Tatsachen bestreitet und das FG diese Tatsachen in die Würdigung einbeziehen soll.
21.12 Das BVerfG3 hat unter Aufhebung des Beschlusses des GrS 1/884 die Anwendung der vorgenannten materiellen Indizien als solche verfassungsrechtlich nicht beanstandet. Es hat aber vorgegeben, dass die vom BFH entwickelten Anerkennungsvoraussetzungen und Unterindizien nicht zu starren Tatbestandsvoraussetzungen verselbständigt werden dürfen. Erforderlich ist stets eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls anhand der genannten Kriterien.
21.13 Die BFH-Rechtsprechung hat im Sinne einer Neuausrichtung der Rechtsprechung (siehe die Nachweise unter Rz. 21.4) auf diese Vorgaben des BVerfG reagiert. Defizite im Hinblick auf ein Teilkriterium des Fremdvergleichs können nach heutiger Sichtweise somit durch andere Teilkriterien kompensiert werden oder nicht fremdübliche Klauseln können unbeachtlich sein, wenn der Fremdvergleichsmaßstab nur zurückgenommen anzuwenden ist5. Der Fremdvergleichsmaßstab ist weniger streng an1 Siehe z.B. BFH v. 31.7.2007 – IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350; BFH v. 18.8.2010 – X R 55/09, BStBl. II 2011, 633 = FR 2011, 576. 2 BFH v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BStBl. II 2010, 823 = GmbHR 2010, 946 = FR 2010, 989 m. Anm. Bode. 3 BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34 = FR 1996, 18 m. Anm. Pezzer. 4 BStBl. II 1990, 160 – Zahlungen von Arbeitslohn auf ein Oder-Konto bei einem Ehegattenarbeitsverhältnis. 5 Siehe Kulosa, DB 2014, 972 (975) zur Unbeachtlichkeit nicht fremdüblicher Vereinbarungen über vertragliche Nebenpflichten.
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zuwenden, wenn eine Gesamtbetrachtung des Vertragsverhältnisses ergibt, dass Chancen und Risiken des Vertrags unter den Angehörigen ausgewogen verteilt sind oder die Vereinbarung zwischen volljährigen, wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen abgeschlossen wurde. Gleiches gilt, wenn der Leistungsaustausch mit dem Angehörigen eindeutig betrieblich veranlasst ist, also ohne den Vertragsschluss mit dem Angehörigen aufgrund betrieblicher Erfordernisse ein Leistungsaustausch mit einem fremden Dritten in gleicher Weise erforderlich wäre. d) Bedeutung der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Vertragsschlusses im Besonderen Als Reaktion auf die Vorgaben des BVerfG (siehe Rz. 21.12) hat der BFH insbesondere seine Rechtsprechung im Hinblick auf die steuerliche Anerkennungsfähigkeit zivilrechtlich unwirksam abgeschlossener Verträge angepasst. Im Ausgangspunkt entspricht es der gefestigten Rechtsprechung des BFH, dass § 41 Abs. 1 Satz 1 AO im Bereich der Angehörigenverträge anders als unter fremden Dritten nicht anzuwenden ist. Nach dieser Regelung (siehe auch Rz. 20.09 ff.) ist die bürgerlich-rechtliche Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Der BFH wendet § 41 AO in Fällen, in denen es um Verträge zwischen nahen Angehörigen geht, nur eingeschränkt an, d.h. die vertragsgemäße Durchführung eines zivilrechtlich unwirksamen Vertrags unter Angehörigen allein führt nicht zu dessen steuerlicher Beachtlichkeit1.
21.14
Ein zunächst formunwirksamer Vertrag zwischen nahen Angehörigen ist nach der BFH-Entscheidung vom 13.7.19992 ausnahmsweise dann von Beginn an steuerlich anzuerkennen, wenn (kompensatorisch) aus den übrigen Umständen des konkreten Einzelfalles ein ernsthafter Bindungswillen der Angehörigen zweifelsfrei abgeleitet werden kann. Dies trifft zu, wenn das Defizit im Bereich des wirksamen Vertragsschlusses den Angehörigen aufgrund der bestehenden Rechtslage nicht anzulasten ist und wenn sie zeitnah nach dem Auftauchen von Zweifeln an der Wirksamkeit alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen. Diese Grundsätze hat der BFH in mehreren Folgeentscheidungen bestätigt3, so dass von einer gefestigten Rechtsprechung auszugehen ist.
21.15
Die zivilrechtliche Unwirksamkeit einer Vereinbarung ist damit im Rahmen der „Anerkennungsprüfung“ ein Indiz, das für die Nichtanerkennung des Vertrags spricht und dass kompensiert werden kann. Gelingt die Kompensation, ist das Vertragsver-
21.16
1 Vgl. z.B. BFH v. 3.3.2004 – X R 14/01, BStBl. II, 826 (827) = DStR 2004, 854 = FR 2004, 783; BFH v. 19.2.2002 – IX R 32/98, BStBl. II 2002, 674 (675) = DStR 2002, 1344 = FR 2002, 935 m. Anm. Fischer; BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, BStBl. II 2000, 386 = DStRE 2000, 730 = FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler; BFH v. 19.10.1999 – IX R 39/99, BStBl. II 2000, 224 = DStR 2000, 107 = FR 2000, 204 m. Anm. Fischer; kritisch Tiedtke/Möllmann, DStR 2007, 1940 m.w.N.; siehe auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 60. 2 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, BFHE 191, 250 = BStBl. II 2000, 386 = FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler. 3 BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, BFHE 214, 173 = BStBl. II 2007, 294 = FR 2007, 91, und BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, BFHE 217, 409 = BStBl. II 2011, 20 = GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899; BFH v. 23.4.2009 – IV R 24/08, BFH/NV 2009, 1427; BFH v. 12.5.2009 – IX R 46/08, BFHE 225, 112 = BStBl. II 2011, 24 = FR 2009, 1067 m. Anm. Bode.
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hältnis auch während des Zeitraums der zivilrechtlichen Unwirksamkeit und ungeachtet des Rückwirkungsverbots steuerrechtlich von Beginn an anzuerkennen.
21.17 Allerdings sind die Hürden, die der BFH zu Ausfüllung des Subkriteriums „nicht anzulastender Unwirksamkeits- oder Formmangel“ aufgestellt hat, hoch. Es ist nach dem BFH-Urteil vom 11.5.20101 zunächst auf die Eigenqualifikation des Rechtsverhältnisses durch die Parteien abzustellen. Sind die Vertragsparteien rechtsirrtümlich der Meinung, ihr Vertragsschluss unterliege einem Formzwang und treffen sie eine privatschriftliche Vereinbarung, wird hieraus – trotz des zivilrechtlich wirksamen Vertragsabschlusses – auf einen fehlenden Rechtbindungswillen geschlossen. Zudem kommt es nicht darauf an, ob die Beteiligten das Formerfordernis oder z.B. die Notwendigkeit einer Vertretung durch den Ergänzungspfleger subjektiv gekannt haben oder hätten kennen müssen. Entscheidend ist die objektive Klarheit der Zivilrechtslage. So verstanden geht es beim Begriff des „Anlastens“ demnach nicht um subjektive Vorwerfbarkeit (Verschulden), sondern um eine objektive Zurechnung des Wirksamkeitsmangels als Indiz, das gegen die steuerliche Anerkennung spricht2. Es gelingt daher in der Praxis in der Regel nur, sich auf einen unbeachtlichen zivilrechtlichen Wirksamkeitsmangel zu berufen, wenn die Rechtslage zu den zivilrechtlichen Wirksamkeitserfordernissen komplex und im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ungeklärt ist3 oder erst nachträglich durch die höchstrichterliche Rechtsprechung eine Formpflicht, ein Vertretungszwang (z.B. durch den Ergänzungspfleger) oder eine Zustimmungspflicht des Familiengerichts anerkannt werden.
21.18 Seit dem BMF-Schreiben vom 23.12.20104 zu Darlehensverträgen unter nahen Angehörigen wendet die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung des BFH auch im Bereich der Darlehensvereinbarungen und der Gründung stiller Gesellschaften mit Verlustausschluss an. Nach Tz. 1 und 9 des BMF-Schreibens führt die Nichtbeachtung zivilrechtlicher „Formerfordernisse“ nicht mehr alleine und ausnahmslos dazu, das Vertragsverhältnis steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Es werden mit dem Begriff „Formerfordernisse“ dort alle Wirksamkeitsvoraussetzungen, also sowohl gesetzliche
1 BFH v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BFHE 229, 301 = BStBl. II 2010, 823 = GmbHR 2010, 946 = FR 2010, 989 m. Anm. Bode. Der IX. Senat konkretisierte in diesem Urteil die vorbeschriebene Rechtsprechungslinie für den Fall, dass die Beteiligten zivilrechtlich von einem anderen Rechtsgeschäft ausgehen (nach Meinung der Beteiligten im Besprechungsfall ein Treuhandvertrag), als es objektiv abgeschlossen wurde (laut BFH: Unterbeteiligung). Da sowohl die Unterbeteiligung als auch die Treuhandvereinbarung notariell hätten beurkundet werden müssen und die Formunwirksamkeit nur ein Indiz für den fehlenden Rechtbindungswillen war, folgerte der BFH, dass es gegen den Rechtbindungswillen spreche, wenn die Beteiligten selbst meinten, eine Treuhandvereinbarung abzuschließen (sog. Eigenqualifikation des Rechtsverhältnisses) und dies formlos machten, obwohl sich ihnen der Formmangel für dieses Rechtsverhältnis hätte aufdrängen müssen. 2 Vgl. Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 37/2009, Anm. 2. 3 In BFH v. 6.8.2013 – VIII R 10/10, BStBl. II 2013, 862 (zur Zurechnung einer vGA bei verdeckter Treuhandabrede) hat der BFH zum Beispiel die Nichtbeurkundung einer Treuhandabrede über die Abtretung von GmbH-Anteilen im Jahr 1998 als unbeachtlich und den Treuhandvertrag als wirksam angesehen, da der BGH erstmals mit Urt. v. 19.4.1999 – II ZR 265/97, BGHZ 141, 208 geklärt habe, unter welchen Voraussetzungen solche Verträge gemäß § 15 Abs. 4 GmbHG notariell zu beurkunden seien. 4 BStBl. I 2011, 37 mit Ergänzung in Rz. 4 durch das BMF-Schreiben v. 29.4.2014, BStBl. I 2014, 809.
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Formpflichten i.S. des § 125 BGB als auch die familienrechtlichen Vertretungs- und Genehmigungsanforderungen umschrieben. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Darlehensvertrages ist laut BMF nunmehr nur noch ein Indiz, das besonders gegen den vertraglichen Bindungswillen der Vertragsbeteiligten spricht und das zur Versagung der steuerrechtlichen Anerkennung führen kann: Diese Indizwirkung, die gegen den vertraglichen Bindungswillen spreche, werde – so das BMF-Schreiben – verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften insbesondere bei klarer Zivilrechtslage angelastet werden könne. Die Vertragspartner könnten aber darlegen und nachweisen, dass sie zeitnah nach dem Auftauchen von Zweifeln an der zivilrechtlichen Wirksamkeit alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen hätten, um die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen und dass ihnen die Unwirksamkeit nicht anzulasten sei. Dies sei – so das BMF – zumindest dann der Fall, wenn sich die Formvorschriften nicht aus dem Gesetzeswortlaut, sondern nur im Wege der erweiternden Auslegung oder des Analogieschlusses ergäben, sich diese Auslegung oder Analogie nicht aufdränge und keine veröffentlichte Rechtsprechung oder allgemein zugängliche Literatur existiere. In diesem Fall sei der Darlehensvertrag von Anfang an steuerrechtlich anzuerkennen. Damit wird insoweit der Nichtanwendungserlass des BMF vom 2.4.20071 aufgehoben. 2. Rechtsfolgen bei der Nichtanerkennung eines Angehörigenvertrags Wird einem Vertrag unter Angehörigen die Anerkennung für steuerrechtliche Zwecke versagt (etwa wegen mangelnder Fremdüblichkeit) steht dem Zahlenden der Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug nicht zu. In diesem Fall liegen beim Zahlenden nichtabziehbare Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG vor. Dem Empfänger fließen demgemäß keine steuerbaren Einkünfte zu. So hat der BFH z.B. für einen steuerrechtlich nicht anzuerkennenden Darlehensvertrag unter Angehörigen entschieden, die gezahlten „Zinsen“ seien beim Schuldner keine Betriebsausgaben und beim Gläubiger keine Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG2. – Die Korrektur bestandskräftiger Veranlagungen beim Zahlungsempfänger, der unter der falschen Annahme, steuerpflichtige Zinsen oder Einkünfte aus einer stillen Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu erzielen, diese erklärt und versteuert hat, ist nach den §§ 172 ff. AO nur sehr eingeschränkt möglich. Eine Korrektur gemäß § 174 Abs. 1 AO scheidet aus, weil kein Widerstreit i.S. der Regelung vorliegt, wenn der identische Sachverhalt (hier: das Vorliegen einer steuerlich beachtlichen oder unbeachtlichen Zahlung) beim Zahlenden zu einem steuermindernden Abzug und beim Zahlungsempfänger zu Einkünften führt oder bei steuerlicher Nichtanerkennung des Vertrags auf beiden Ebenen unbeachtlich ist3. Etwas anderes kann gelten, wenn der Zahlungsempfänger zu einem Rechtsstreit nach § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 AO hinzugezogen wird, den der die Aufwendungen tragende
1 BStBl. I 2007, 441. 2 Vgl. BFH v. 2.8.1994 – VIII R 65/93, BStBl. II 1995, 264 = FR 1995, 108. Siehe auch BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BStBl. II 2014, 986 = FR 2014, 1100; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 35/13, BStBl. II 2014, 990 = FR 2015, 50; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 44/13, BStBl. II 2014, 992 = FR 2014, 1100 zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG. 3 Vgl. BFH v. 2.8.1994 – VIII R 65/93, BStBl. II 1995, 264 = FR 1995, 108.
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21.19
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
Steuerpflichtige um die Anerkennung der Zahlung als steuermindernde Betriebsausgabe oder als Werbungskosten führt1. – Eine rechtskräftige Entscheidung über die Veranlagung des Zahlenden (Versagung des Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs) ist kein rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO für die Veranlagung des Empfängers der Zahlungen2. – Wird der Betriebsausgabenabzug beim Zahlenden mit der Begründung versagt, es liege ein steuerlich nicht anzuerkennendes Darlehensverhältnis vor, so kann hieraus aber eine nachträglich bekanntgewordene Tatsache gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für die Veranlagung des Zahlungsempfängers abzuleiten sein. Es kommt darauf an, ob den Zahlungsempfänger, der die nicht steuerbaren Zuwendungen als Einkünfte erklärt und versteuert hat, ein grobes Verschulden trifft, wenn er später die Nichtanerkennung des Vertrags als steuermindernde Tatsache geltend macht. Bislang hat die Rechtsprechung hierfür entscheidend darauf abgestellt, ob im Erklärungsvordruck zur Einkommensteuererklärung bei Angabe der Einkünfte Angaben zu einem Angehörigenvertrag abgefragt werden3. 3. Verhältnis der „Anerkennungsvoraussetzungen“ zu § 42 AO
21.20 Zu § 42 AO a.F. hat der BFH immer wieder entschieden4: „Es steht auch Angehörigen frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig zu gestalten. Ein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO ist aber gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die – gemessen an dem angestrebten Ziel – unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist“. Ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten liegt nach der nunmehr in § 42 Abs. 2 Satz 1 AO i.d.F. des JStG 20085 enthaltenen Legaldefinition vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuer-
1 Der BFH hat im Urt. v. 22.7.1980 – VIII R 114/78 (BFHE 131, 429, BStBl. II 1981, 101) zur Änderung und Beiladung nach § 174 Abs. 4 und 5 AO einen Hinzuziehungsgrund angenommen, wenn ein Pächter die geleisteten Pachtzahlungen nicht als Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung abziehen könne, während der Verpächter die Pachteinnahmen nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern habe. Dem sind der IX. Senat im Urt. v. 24.11.1987 – IX R 158/83 (BFHE 152, 203 = BStBl. II 1988, 404 = FR 1988, 373) und der V. Senat im Beschl. v. 20.4.1989 – V B 153/88 (BFHE 156, 389, BStBl. II 1989, 539) in anderen Fallgestaltungen gefolgt. Für die Gewerbesteuer hat der BFH im Rahmen des § 174 Abs. 1 AO entschieden: Unterbleibe beim Vermieter/Verpächter die materiell-rechtlich gebotene Kürzung von Miet- oder Pachtzinsen (§ 9 Nr. 4 GewStG), könne der Mieter/Pächter keine Korrektur der bei ihm nach § 8 Nr. 7 GewStG vorgenommenen und bestandskräftig gewordenen Hinzurechnung zum Gewerbeertrag verlangen (siehe BFH v. 7.7.2004 – X R 27/01, BStBl. II 2005, 145 = FR 2002, 283). 2 BFH v. 2.8.1994 – VIII R 65/93, BStBl. II 1995, 264 = FR 1995, 108. 3 Siehe BFH v. 2.8.1994 – VIII R 65/93, BFHE 175, 500 BStBl. II 1995, 264 = FR 1995, 108; für die nicht anerkannte Pensionszusage einer KG an mitarbeitende Angehörige der Gesellschafter vgl. BFH v. 7.7.2004 – VI R 93/01, HFR 2005, 90. 4 BFH v. 17.12.2003 – IX R 91/00, BFH/NV 2004, 1272; BFH v. 17.12.2003 – IX R 105/00, BFH/NV 2004, 1273; BFH v. 29.8.2007 – IX R 17/07, BStBl. II 2008, 502 = FR 2008, 524. 5 JStG 2008 v. 20.12.2007, BGBl. I 2007, 3150.
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vorteil führt. Das gilt nach § 42 Abs. 2 Satz 2 AO allerdings dann nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind. Zu diesen Voraussetzungen siehe Rz. 20.50 ff. Regelmäßig wird sich bei stillen Beteiligungen von Angehörigen unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO die Frage stellen, ob eine Steuerumgehung im Wege der sog. „Tatbestandserschleichung“ vorliegt. Diese bezieht sich auf den Abzugstatbestand, also Vergütungen an den Angehörigen, der typisch stiller Gesellschafter ist, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden sollen. Es ist folgende zweistufige Prüfung notwendig1:
21.21
– Vorrangig ist die Prüfung des Fremdvergleichs mit den Anerkennungsvoraussetzungen, d.h. die Frage, ob überhaupt ein Vertragsverhältnis vorliegt, das steuerlich anerkannt werden kann. Rechtsgrundlage der Prüfung auf dieser Stufe ist nicht § 42 AO, sondern eine Auslegung der §§ 4 Abs. 4, 12 Nr. 2 EStG sowie §§ 85, 88 AO (siehe Rz. 21.7 f.). – Daran anknüpfend ist in den Blick zu nehmen, ob die Folgen des anzuerkennenden fremdüblichen Vertragsverhältnisses einen Missbrauch i.S. des § 42 Abs. 2 AO bewirken, d.h., ob die eintretenden steuerrechtlichen Folgen unangemessen sind. Auf dieser Prüfungsstufe hat die Tatsache, dass die Vertragspartner Angehörige sind, keine Bedeutung mehr2. Die Notwendigkeit, die Anerkennung eines typisch stillen Gesellschaftsverhältnisses unter Angehörigen für Zwecke der Besteuerung prüfen zu müssen, lässt sich nunmehr auch unmittelbar aus § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG ableiten. Nach dieser Regelung werden u.a. Einkünfte aus einer typisch stillen Beteiligung beim Empfänger aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen, wenn typisch still Beteiligter und Geschäftsherr „nahe stehende Personen“ sind und der Geschäftsherr die an den stillen Gesellschafter ausgezahlte Vergütung als Betriebsausgabe oder bei den Werbungskosten abziehen kann. Damit ist im Gesetz angedeutet, dass nur eine typisch stille Beteiligung, die fremdüblich ist, zu steuerbaren Vergütungen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) und Aufwendungen (§§ 4 Abs. 4, 9 Abs. 1 EStG) führt. Der BFH hat in seinen ersten grundlegenden Entscheidungen zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG diesen gedanklichen Vorrang der Anerkennungsprüfung bei Angehörigenverträgen vor der Prüfung des Ausschlusses von Einkünften aus dem Abgeltungsteuertarif bestätigt3.
21.22
III. Persönlicher Anwendungsbereich der Angehörigenrechtsprechung 1. Verträge zwischen natürlichen Personen Wann Angehörige so nah miteinander verwandt sind, dass Rechtsverhältnisse zwischen ihnen nur unter den oben dargestellten „Anerkennungsvoraussetzungen“ der
1 Ratschow in Klein, 13. Aufl. 2016, § 42 AO Rz. 13, 122; Gosch, DStZ 1997, 1; Spindler, DB 1997, 643 (643). 2 BFH v. 4.5.2012 – VIII B 174/11, BFH/NV 2012, 1330. 3 Siehe zur Vertiefung Levedag, GmbHR 2015, 57 (61); Werth, DStR 2015, 1343 (1345 ff.).
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21.23
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
Besteuerung zugrunde gelegt werden können, ist gesetzlich nicht geregelt. Ebenso wenig gibt es eine gesetzliche Begriffsbestimmung der „Familiengesellschaft“. Ausgangspunkt der Rechtsprechung waren Verträge zwischen Ehegatten; die so entwickelten Grundsätze werden aber seit Langem auch auf Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind (Kinder, Eltern, Großeltern) sowie im Verhältnis von Schwiegereltern zu Schwiegerkindern angewandt1. Eingetragene Lebenspartner (§ 2 Abs. 8 EStG)2 sind nach zutreffenden Auffassungen in der Literatur3 als Konsequenz aus der Rechtsprechung des BVerfG4 ebenfalls den erhöhten Anforderungen der Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen unterworfen. Eine Ausdehnung der „Anerkennungsprüfung“ auf Verlobte5 und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft6 hat der BFH hingegen vor längerer Zeit abgelehnt.
21.24 Die Literatur stellt zur Bestimmung des erfassten Kreises der nahen Angehörigen teilweise auf den Katalog des § 15 AO ab7. Diese Anknüpfung an § 15 AO bietet aber nur eine erste Orientierung8. Maßgeblich für die Anerkennungsprüfung ist auf Grundlage der bereits entschiedenen Fallkonstellationen stets die Frage, ob zwischen den Vertragsparteien ein Interessengegensatz fehlt, was nicht bei allen Angehörigenverhältnissen i.S. des § 15 AO der Fall sein muss. So besteht kein Erfahrungssatz der Art, dass zwischen Onkel und Neffe (Angehörige i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 7 AO) typischerweise ein Interessengegensatz fehlt9. Gleiches gilt im Verhältnis von Geschwistern untereinander10.
21.25 Der BFH11 ist daher auch der Anwendung des § 15 AO im Rahmen der Auslegung des Merkmals der „nahe stehenden Personen“ gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG durch die Finanzverwaltung in Rz. 136 des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 und dem Folgeschreiben12 entgegengetreten. Er hat sich auf die verfassungsrechtliche Wertung gestützt (Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 GG), es sei unzulässig, eine missbräuchliche Ausnutzung des Abgeltungsteuersatzes durch Ehegatten und Familienangehörige i.S. des § 15 AO in jedem Fall unwiderlegbar zu vermuten, da auch bei einem Gesamtbelastungsvorteil, der entstehe, wenn die Entlastung des Zahlenden durch den Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzug höher sei als die steuerliche Belastung des Zahlungs-
1 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 (394) = FR 1991, 291 (Großeltern); BFH v. 5.2.1988 – III R 234/84, BFH/NV 1988, 628 (Schwiegereltern). 2 Lebenspartnerschaften nach den LebenspartnerschaftsG v. 16.2.2001 (BGBl. I 2001, 266 i.d.F. v. 21.12.2007, BGBl. I 2007, 3189). 3 Siehe Messner, DStR 2010, 1875; zuvor Wälzholz, DStR 2002, 333; Kanzler, FR 2000, 859. 4 BVerfG v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, DStR 2010, 1721. 5 BFH v. 17.1.1985 – IV R 149/84, BFH/NV 1986, 148 (149) (Ablehnung selbst bei späterer Eheschließung). 6 BFH v. 27.11.1989 – GrS 1/88, BStBl. II 1990, 160 (166). 7 Carle/Halm, KÖSDI 2000, 12383 (12384). 8 Bordewin, DB 1996, 1359 (1360 f.). 9 Vgl. aber auch für einen Sonderfall BFH v. 20.9.1990 – IV R 17/89, BStBl. II 1991, 18 (19). 10 Ebenso Bordewin, DB 1996, 1359 (1361). 11 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, FR 2014, 1100 = DStR 2014, 1661; BFH v. 29.4.2013 – VIII R 35/13, FR 2015, 50 = DStR 2014, 1963; BFH v. 29.4.2013 – VIII R 44/13, FR 2014, 1100 = DB 2014, 1960. 12 BMF v. 22.12.2009 – IV C 1 – S 2252/08/10004, BStBl. I 2010, 94; BMF v. 9.10.2012 – IV C 1 – S 2252/10/10013, BStBl. I 2012, 953.
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empfängers sei, die Familie vom Gesetzgeber im System der Abgeltungsteuer nicht als einheitlicher „Bilanzraum“ eingestuft werden dürfe. Ein genereller Ausschluss fremdüblicher Angehörigenverträge aus dem Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer (§§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b Satz 2 EStG) ist unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung1 nicht geboten, die einen Ausschluss von Verträgen unter Angehörigen und unter fremden Dritten nur dann verlangt, wenn im konkreten Einzelfall eine Missbrauchs- oder Beherrschungssituation zwischen den Vertragsparteien besteht2. Die Finanzverwaltung wendet diese BFH-Rechtsprechung an3, so dass fremdübliche Vereinbarungen über typisch stille Beteiligungen unter Angehörigen bei fehlender Beherrschungssituation zur Anwendung des Abgeltungsteuertarifs auf die Einkünfte des stillen Gesellschafters gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG führen (siehe auch Rz. 22.269). 2. Mittelbare Angehörigenverträge Wichtig für die Gestaltungspraxis ist, dass die Anerkennungsprüfung auch für mittelbare Angehörigenverträge erforderlich ist. Den Vereinbarungen, die unmittelbar zwischen Angehörigen getroffen werden, sind Fälle gleichgestellt, in denen an der stillen Gesellschaft – sei es als Inhaberin des Handelsgewerbes, sei es als stille Gesellschafterin – eine Gesellschaft beteiligt ist, die von einem nahen Angehörigen beherrscht wird4. Beherrscht nicht ein Angehöriger die Gesellschaft allein, genügt auch eine gemeinsame Beherrschung durch mehrere Familienangehörige, sofern diese gleichgerichtete Interessen verfolgen5. Dies gilt – für typisch und atypisch stille Beteiligungen zwischen einem Angehörigen und einer Personengesellschaft mit einem anderen Angehörigen als beherrschendem Mitunternehmer (siehe aber auch Rz. 21.17 zur atypisch stillen Beteiligung); – für Verträge zwischen Angehörigen und Angehörigen-GmbHs: Der BFH hat in zwei Entscheidungen die Kriterien für die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen auch auf Verträge zwischen Angehörigen und der von einem anderen Angehörigen beherrschten GmbH angewendet6. Das Konkurrenzverhältnis zur vGA ist dabei aber im Blick zu behalten, d.h. die Annahme einer vGA aufgrund eines nicht fremdüblichen Vertrags mit den Rechtsfolgen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG
1 BT-Drucks. 16/4841, 61. 2 Siehe dazu näher Werth, DStR 2015, 1343 (1345 ff.); Levedag, GmbHR 2015, 57 (61 ff.); zur Annahme einer schädlichen Beherrschungssituation bei einer Darlehensfinanzierung unter Angehörigen siehe BFH v. 28.1.2015 – VIII R 8/14, BStBl. II 2015, 397. 3 BMF v. 9.12.2014, BStBl. I 2014, 1608, Tz. 136; BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85. 4 BFH v. 13.6.1989 – VIII R 47/85, BStBl. II 1989, 720 = FR 1989, 499 = GmbHR 1990, 181; BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 937 (938) m.w.N. 5 BFH v. 15.12.1988 – IV R 29/86, BStBl. II 1989, 500 (501) = FR 1989, 301 = GmbHR 1990, 149; BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 937 (938); BFH v. 21.11.2013 – IX R 26/12, BFH/NV 2014, 529. 6 BFH v. 22.1.2013 – IX R 70/10, BFH/NV 2013, 1067 und BFH v. 14.5.2014 – VIII R 31/11, GmbHR 2014, 1054 = FR 2014, 1099 = DStR 2014, 1665; siehe aus der früheren Rspr. BFH v. 22.4.2002 – IX B 186/01, BFH/NV 2002, 1155.
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21.26
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bei der Körperschaft und § 20 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG ist m.E. auch bei nicht fremdüblichen Verträgen vorrangig1. – nach der Bestätigung durch das BFH-Urteil vom 17.7.20142 auch für die GmbH & atypisch Still, wenn stiller Gesellschafter der Angehörige eines beherrschenden GmbH-Gesellschafters ist (siehe aber auch Rz. 21.17 zur vorrangigen Prüfung der Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft).
IV. Die Anerkennung der stillen Familiengesellschaft als solche 1. Anerkennungsprüfung bei Gesellschaftsverträgen über stille Beteiligungen
21.27 Nach Ansicht der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung ist bei der Anerkennung stiller Familiengesellschaften zwischen der Anerkennung der Gesellschaft als solcher und der Angemessenheit der Gewinnverteilung für die Besteuerung zu unterscheiden3.
21.28 Was die Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses betrifft, wendet der BFH auf die stille Gesellschaft die Kriterien an, die er allgemein für die Anerkennung von Vertragsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen aufgestellt hat (Rz. 21.7 ff.)4. Das stille Gesellschaftsverhältnis muss demnach im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart sowie zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sein, dem Inhalt nach dem unter fremden Dritten Üblichen entsprechen und tatsächlich vollzogen worden sein5.
21.29 Der BFH folgt dem – siehe Rz. 21.13 ff. – in seiner Rechtsprechung nach Ausrichtung an den Vorgaben des BVerfG6. Insbesondere ist die steuerliche Anerkennung eines Vertragsverhältnisses unter nahen Angehörigen nunmehr nicht mehr bereits deswegen ohne Weiteres ausgeschlossen, weil einzelne Sachverhaltsmerkmale geringfügig von der unter fremden Dritten üblichen Gestaltung des Rechtsverhältnisses abwei-
1 Siehe zur Vertiefung Levedag, GmbHR 2015, 57 (62). 2 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111. 3 Grundlegend BFH v. 22.8.1951 – IV 246/50 S, BStBl. III 1951, 181; BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 (6). Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 57–62. Gegen diese Unterscheidung Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 II, S. 513 ff. 4 Siehe aus der Rspr. BFH v. 25.9.1969 – IV R 179/68, BStBl. II 1970, 114; BFH v. 8.8.1974 – IV R 101/73, BStBl. II 1975, 34; BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 245 = FR 1987, 623; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 = FR 1989, 748; BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BStBl. II 1995, 449 = FR 1991, 524 m. Anm. Söffing; BFH v. 14.3.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475. 5 BFH v. 5.6.1986 – IV R 53/82, FR 1986, 538 = GmbHR 1986, 403 = DB 1996, 1359 (1359); BFH v. 9.7.1987 – IV R 95/85, BStBl. II 1988, 247 = FR 1987, 623; BFH v. 13.6.1989 – VIII R 47/85, GmbHR 1990, 181 = FR 1989, 499; BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693); BFH v. 21.10.1992 – X R 99/88, FR 1993, 226; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 983; H 15.9 Abs. 1 EStR2012. 6 Vgl. BFH v. 23.8.1999 – GrS 1/97, BStBl. II 1999, 778 (781 ff.) (unter C.II.1.); ferner BFH v. 28.6.2002 – IX R 68/99, BFHE 199, 380 = FR 2002, 1075; BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, FR 2007, 91 = DStRE 2006, 1372; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
chen1. Im Rahmen des Fremdvergleichs sind die einzelnen Kriterien vielmehr im Rahmen einer Gesamtwürdigung darauf zu prüfen, ob sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen2. 2. Die Anwendung der einzelnen Kriterien bei der Vereinbarung einer stillen Gesellschaft a) Klare und eindeutige Vereinbarung Vertragsverhältnisse unter nahen Angehörigen müssen für ihre steuerliche Anerkennung klar und eindeutig gefasst sein. Für die nach außen nicht auftretende stille Gesellschaft hat die Rechtsprechung dies sogar in besonderem Maße gefordert3. Dies setzt zunächst voraus, dass die Vertragsurkunde über die Errichtung eines Gesellschaftsvertrags vorliegt und deren Inhalt bekannt ist4. Fehlen wesentliche Teile der Vereinbarung (etwa eine Regelung zu der Frage, ob der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist oder nicht), hat der Vertrag insoweit einen unbekannten Inhalt, der entweder durch das Gesetzesrecht aufzufüllen oder durch Beweismittel aufzuklären ist. Ist die Vereinbarung objektiv mehrdeutig, kann dies gegen die Anerkennung der stillen Beteiligung sprechen, wenn die ungünstigste Auslegungsvariante zur Nichtanerkennung führt5.
21.30
Dagegen erfordert das Merkmal der Klarheit der Vereinbarung nicht eine bestimmte Form des Gesellschaftsvertrags, etwa Schriftform. Ist die zivilrechtliche Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags nicht von der Beachtung eines bestimmten Formerfordernisses abhängig, steht seiner steuerlichen Anerkennung grundsätzlich nichts im Wege, wenn er nur mündlich oder stillschweigend abgeschlossen worden ist und der Inhalt des Vereinbarten feststeht6. Der schriftliche Abschluss des Vertrages ist aber allein zum Zwecke des Nachweises gegenüber der Finanzverwaltung dringend geboten und in der Praxis auch üblich7.
21.31
Einmal vereinbarte Regelungen können steuerlich nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft verändert oder auch nur klargestellt werden8. Auch durch Nichtanwendung lässt sich eine steuerschädliche Klausel nicht aus der Welt schaffen9.
21.32
1 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 938 (938); BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 (unter 2.). 2 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 938 (938); BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986. 3 BFH v. 17.10.1951 – IV 83/50 U, BStBl. III 1951, 223. 4 Zum Zweifel am Vertragsschluss zu einem bestimmten Zeitpunkt siehe FG BW v. 31.10.2013 – 7 K 3633/10, EFG 2014, 909. 5 BFH v. 29.1.1976 – IV R 102/73, BStBl. II 1976, 328. 6 BFH v. 7.3.1961 – I 289/60 U, BFHE 73, 228 = BStBl. III 1961, 351. 7 Bordewin, DB 1996, 1359 (1363). 8 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 137/85, BFH/NV 1991, 518 (520); BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, FR 1996, 30 = DB 1995, 2454. 9 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 137/85, BFH/NV 1991, 518 (520).
Levedag
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
b) Zivilrechtliche Wirksamkeit, Anwendbarkeit von § 41 Abs. 1 AO
21.33 Nach der früheren Rechtsprechung des BFH konnte ein Vertragsverhältnis zwischen nahen Angehörigen nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn es zivilrechtlich wirksam zustande gekommen war1. Für die steuerliche Anerkennung war es dabei unerheblich, ob das Zivilrecht ausnahmsweise auch fehlerhaften Vertragsschlüssen rechtliche Wirksamkeit zumaß, wie es insbesondere bei fehlerhaften Gesellschaften der Fall ist. Die steuerliche Anerkennung fehlerhaft abgeschlossener stiller Gesellschaftsverträge war demnach generell ausgeschlossen2. § 41 Abs. 1 Satz 1 AO, wonach die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts insoweit und solange für die Besteuerung ohne Bedeutung ist, als die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis des Rechtsgeschäfts eintreten lassen, wurde für Gesellschaftsverträge im Familienverbund als nicht anwendbar angesehen (siehe Rz. 21.14)3.
21.34 Wie unter Rz. 21.14 dargelegt hat die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Rechtsverhältnisses an Bedeutung verloren. Auch unwirksam zustande gekommene Gesellschaftsverträge können von Beginn an steuerrechtlich beachtlich sein, wenn der Unwirksamkeitsgrund den Beteiligten nicht anzulasten ist und nach Erkenntnis unverzüglich beseitigt wird4. In der Regel wird man den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Form- und Vertretungsvorschriften aber anlasten können, wenn sich diese schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des BGB ergeben. Auf eine bloß fernmündliche Auskunft eines Notars dürfen sich die Vertragsparteien nicht verlassen5.
21.35 Im Einzelnen erfordert die steuerliche Anerkennung einer stillen Familiengesellschaft demnach insbesondere, dass alle Beteiligten, insbesondere minderjährige Kinder, bei Vertragsschluss zivilrechtlich wirksam vertreten werden (vgl. Rz. 9.32 ff.), dass erforderliche Genehmigungen des Familiengerichts eingeholt werden (vgl. Rz. 9.40 ff.) und dass eine möglicherweise erforderliche notarielle Form des Gesellschaftsvertrags eingehalten wird (vgl. Rz. 9.22 ff.). Eine nachträglich erteilte Genehmigung des Familien-
1 BFH v. 4.7.1968 – IV 136/63, BFHE 92, 474 = BStBl. II 1968, 761; BFH v. 29.1.1976 – IV R 102/73, BFHE 118, 181 = BStBl. II 1976, 328; BFH v. 23.6.1976 – I R 178/74, BFHE 119, 421 = BStBl. II 1976, 678. 2 Nach den Schreiben des BMF v. 8.12.1975 – IV B 2 – S 2241 – 115/75, BStBl. I 1975, 1130, und BMF v. 24.2.1976 – IV B 2 – S 2241 – 18/76, BB 1976, 347, sind für die steuerliche Anerkennung von Verträgen über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen Eltern und Kindern aus dem Fehlen der notariellen Beurkundung allerdings ausnahmsweise keine für die Steuerpflichtigen nachteiligen Folgerungen zu ziehen, wenn der Schenkungsvertrag und der Vertrag über die Gründung der stillen Gesellschaft vor dem 1.1.1976 abgeschlossen worden ist. 3 BFH v. 8.11.1972 – I R 227/70, BStBl. 1973, 287; BFH v. 18.10.1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68 (69); zustimmend Bordewin, DB 1996, 1359 (1364); kritisch Costede, StbKRep 1987, 239 (251), der bei zivilrechtlicher Unwirksamkeit eine im Steuerprozess widerlegbare Vermutung gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen annimmt; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 I 1, S. 507 f. 4 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStR 1999, 938 (939); BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 7.6.2006 – IX R 4/04, FR 2007, 91 = DStRE 2006, 1372; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986. Ablehnend Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 747, der generell die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages verlangt. 5 BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986 (987).
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
gerichts oder des zwischenzeitlich volljährig gewordenen Kindes wirkt auch steuerlich zurück, soweit sich die Beteiligten unverzüglich um die Einholung der Genehmigung bemühen und diese in angemessener Frist erteilt wird1. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Nichteinholen der Genehmigung den Vertragsparteien anzulasten ist2. Steuerlich dürfte die nachgeholte Genehmigung jedoch in diesen Fällen zumindest ex nunc wirken. c) Fremdvergleich dem Inhalt nach aa) Abstrakter Maßstab Maßstab für den erforderlichen inhaltlichen Fremdvergleich (siehe Rz. 21.7) ist, ob ein Gesellschaftsvertrag gleichen Inhalts auch zwischen Fremden geschlossen worden wäre3. Werden Abweichungen im Angehörigen-Gesellschaftsvertrag von einer fremdüblichen Vereinbarung festgestellt, ist gestuft zu prüfen, ob diese Abweichung unbeachtlich ist, weil der Fremdvergleichsmaßstab zurückgenommen anzuwenden ist oder weil die Finanzierungsfunktion der stillen Beteiligung im Vordergrund steht und der Gesellschaftsvertrag daher betrieblich veranlasst ist oder die Abweichung nicht ins Gewicht fällt, weil die Chancen und Risiken des Gesellschaftsverhältnisses nach dem Gesamtbild der Verhältnisse4 ausgewogen sind (siehe Rz. 21.7). Auch sind Abweichungen, die Nebenabreden betreffen, für die steuerliche Anerkennung weniger schädlich, als nicht fremdübliche Abreden im Bereich der vertraglichen Hauptpflichten5. Abweichungen vom Üblichen sind von der Rechtsprechung auch unter dem Gesichtspunkt teilweise für unschädlich gehalten worden, soweit sie dem Übergang des Betriebes von der einen Generation zur nächsten dienen sollten, etwa indem sich der frühere Geschäftsinhaber in seiner weiteren Funktion als stiller Gesellschafter gegenüber seinem Abkömmling als Nachfolger besondere Kontrollrechte vorbehält6.
21.36
Orientierungsmaßstab für den Fremdvergleich bei der typisch stillen Gesellschaft ist das Regelstatut der stillen Gesellschaft nach dem HGB. Dem stillen Gesellschafter müssen „mindestens im Wesentlichen“ die Rechte nach § 233 HGB eingeräumt sein, damit die Gesellschaft steuerlich anerkannt wird7. Ein Gesellschaftsverhältnis wird deswegen nicht anerkannt, wenn die dem stillen Gesellschafter gemäß § 233 HGB zustehenden Überwachungsrechte gänzlich ausgeschlossen oder wesentlich beschränkt
21.37
1 BFH v. 1.2.1973 – I R 101/72, BStBl. II 1974, 289; BFH v. 5.3.1981 – IV R 150/76, BStBl. II 1981, 435 (438) = FR 1981, 361. 2 BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, GmbHR 2007, 719 m. Anm. Hoffmann = FR 2007, 899 = DStR 2007, 986. 3 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672 = DStR 2009, 959; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 11 = FR 1989, 748; BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475. 4 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, FR 1999, 1358 = FR 2000, 810 m. Anm. Kanzler = DStRE 1999, 938 (938); bereits früher auf das Gesamtbild abstellend: BFH v. 17.11.1964 – VI 319/63 U, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 f. = FR 1989, 748. 5 Siehe Kulosa, DB 2014, 972 (972 f.). 6 Vgl. etwa FG Hamburg v. 21.9.2000 – II 697/99, DStRE 2001, 74 (für GbR). 7 BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 (unter 1.); zur typisch stillen Unterbeteiligung siehe FG BW, EFG 2013, 835.
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sind1. Nicht erforderlich für die steuerliche Anerkennung ist eine dingliche Absicherung der Vermögensrechte des stillen Gesellschafters. Dies ist bei Bestehen einer Verlustbeteiligung anerkannt2. Bei der atypisch stillen Gesellschaft (Personengesellschaft & atypisch Still3 und GmbH & atypisch Still4) muss die Rechtsposition des atypisch stillen Gesellschafters der Rechtsposition eines Kommanditisten vergleichbar sein, da sonst die erforderliche Mitunternehmerstellung nicht begründet wird5.
21.38 Eine Besonderheit besteht für die Gewinn- und Verlustverteilung. Weicht sie vom Üblichen ab, kann dies der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher entgegenstehen6. In der Regel kommt aber nach Ansicht der Rechtsprechung die Unterscheidung zwischen der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher und der Gewinn- und Verlustbeteiligung zum Tragen (siehe Rz. 21.25). Eine unübliche Gewinnund Verlustbeteiligung wird demnach regelmäßig steuerlich nur in der Weise korrigiert, dass den stillen Gesellschaftern Gewinnanteile in angemessener Höhe zugerechnet werden, hindert aber nicht die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher.
21.39 Ebenfalls für die Anerkennung der stillen Gesellschaft als solche nicht zu berücksichtigen ist, dass die Einlage dem stillen Gesellschafter, etwa durch Einbuchung durch den Inhaber, geschenkt wird7, es sei denn, hierdurch steht die zivilrechtliche Wirksamkeit der Gründung wegen eines Verstoßes gegen § 518 Abs. 1 BGB in Frage und diese Unwirksamkeit schlägt auf die Anerkennung des Vertragsverhältnisses durch. Es ist im Rahmen des Fremdvergleichs zwischen der privat veranlassten Zuwendung der stillen Beteiligung und der Anerkennung der laufenden Gewinn- und Verlustzuweisung zu trennen8. Zu vergleichen ist auch nach Schenkung der Einlage lediglich, ob ein Dritter bei eigener Leistung einer Einlage gleiche Vertragskonditionen erhalten hätte, wie sie dem stillen Gesellschafter im Rahmen der Schenkung zugestanden werden. Inwieweit von diesem Grundsatz bei der typischen stillen Gesellschaft eine Ausnahme zu machen ist, wird unten gesondert erörtert (vgl. Rz. 21.44 ff.).
21.40 frei 1 BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 (11); BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BStBl. II 1996, 269 (272 f.). 2 BFH v. 18.12.1990 – VIII R 290/82, BStBl. II 1991, 391 = FR 1991, 291 (unter II.2.) für typische stille Gesellschaft mit Verlustausschluss; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 = FR 1989, 748; BFH v. 25.1.2000 – VIII R 50/97, BStBl. II 2000, 393 (395) = FR 2000, 767 m. Anm. Kempermann. 3 Zum Entstehen einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft in diesem Fall siehe BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, FR 2014, 863 m. Anm. Nöcker = GmbHR 2014, 890, DStR 2014, 1384. 4 FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29. 5 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111 unter II.1; siehe auch Fischer in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, Rz. II 1338 ff. (Stand: 5/2015); Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (719). 6 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672 = DStR 2009, 959; BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693). 7 Hingegen gewinnt der Umstand, dass die Beteiligung dem stillen Gesellschaft geschenkt worden ist, für die Angemessenheit der Gewinn- und Verlustbeteiligung Bedeutung, vgl. Rz. 21.69 ff. 8 Bordewin, DB 1996, 1359 (1369).
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bb) Verfügungsrecht über die stille Beteiligung Kann der stille Gesellschafter, der Angehöriger des Geschäftsherrn ist, wie ein fremder Dritter über seine Gewinnanteile und seine Beteiligung frei verfügen, spricht dies für die Ernsthaftigkeit des Gesellschaftsverhältnisses1. Kritisch sind hingegen Klauseln, die das Verfügungsrecht des stillen Gesellschafters über seine stille Beteiligung einschränken.
21.41
Die Rechtsposition eines Angehörigen, der stiller Gesellschafter ist, wird in nicht fremdüblicher Weise ausgehöhlt, wenn der stille Gesellschafter zu deren unentgeltlicher Rückübertragung jederzeit verpflichtet sein kann2 oder der Widerruf der Schenkung vorbehalten ist3. Dies ist nach Abschnitt 15.9 (2) der EStR auch ausdrücklich Auffassung der Finanzverwaltung, die in diesen Fällen das Entstehen einer Einkunftsquelle beim Stillen verneint. Ist eine geschenkte mitunternehmerische Beteiligung befristet4 oder ist sie jederzeit vom Inhaber voraussetzungslos kündbar5, gilt Gleiches zumindest dann, wenn die Abfindung des stillen Gesellschafters zum Buchwert stattfinden kann6. Nicht anders behandelt werden sollte der Fall, dass ein Gesellschafter durch Veränderungen des Gesellschaftsvertrags einseitig die Beteiligung des anderen rechtlich nachteilig verändern kann. Rückfall- und Kündigungs- und Weiterleitungsklauseln sind hingegen dann unschädlich, wenn sie lediglich für verhältnismäßig unwahrscheinliche Konstellationen, wie etwa das Vorversterben des Beschenkten, gelten7 oder nur im Wesentlichen die Regelungen der §§ 527, 530 BGB wiederholen8. Ob hierzu auch Scheidungsklauseln zählen, ist offen.
21.42
Auch im Übrigen ist die Ausgestaltung des Kündigungsrechts bedeutsam. Ist das Kündigungsrecht einseitig zu Lasten des stillen Gesellschafters aufgehoben worden, wird ein Gesellschaftsverhältnis steuerlich nicht anerkannt9. Ist eine Kündigung durch den stillen Gesellschafter möglich, bedarf er aber dazu der Zustimmung eines Dritten, erkennt der BFH ein stilles Gesellschaftsverhältnis ebenfalls nicht an10. Einschränkungen der Verfügungsmöglichkeiten über die Beteiligung können aber bis zum Erreichen der Volljährigkeit des stillen Gesellschafters vereinbart werden. Beschränkungen über die Volljährigkeit hinaus sind fremdüblich, soweit sie überschaubar und zeitlich begrenzt sind. So hat der BFH eine Anteilsschenkung steuerlich anerkannt, weil die vereinbarten Verfügungsbeschränkungen im Wesentlichen mit der
21.43
1 BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 (12) = FR 1989, 748. 2 BFH v. 16.5.1989 – VIII R 196/84, BStBl. II 1989, 877 (878) = FR 1989, 653. 3 BFH v. 16.5.1989 – VIII R 196/84, BStBl. II 1989, 877 (878) = FR 1989, 653; vgl. zur steuerlichen Behandlung von Rückforderungs- und Weiterleitungsklauseln in Schenkungsverträgen allgemein Jülicher, DStR 1998, 1977. 4 BFH v. 29.1.1976 – IV R 73/73, BFHE 118, 189 = BStBl. II 1976, 324; zu einer Unterbeteiligung siehe FG Schl.-Holst. v. 17.12.2015 – 5 K 58/12, EFG 2016, 618 m. Anm. Sorge. 5 Zur zivilrechtlichen Problematik von Hinauskündigungsklauseln vgl. Rz. 15.23 ff. 6 Seer, DStR 1988, 600 (603). Die Entscheidungen BFH v. 27.9.1973 – IV R 33/71, BFHE 110, 357 = BStBl. II 1974, 51, sowie BFH v. 29.1.1976 – IV R 89/75, BFHE 118, 311 = BStBl. II 1973, 374, hatten diese Frage noch unentschieden gelassen; siehe auch Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 766; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 I 2, S. 511. 7 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 (637) unter I.3.c.) = FR 1994, 508. 8 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 (637 f.) = FR 1994, 508. 9 Vgl. BFH v. 3.5.1979 – IV R 153/78, BFHE 127, 538 = BStBl. II 1979, 515. 10 BFH v. 20.2.1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569; BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BStBl. II 1996, 269 = FR 1996, 30 (272).
Levedag
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Vollendung des 26. Lebensjahres beseitigt waren1. Der Anerkennung als Mitunternehmer steht es aber in der Regel entgegen, wenn der Gesellschafter bis zum 28. Lebensjahr seinen Anteil nicht selbst verwalten kann2. cc) Gewinn- und Verlustbeteiligung
21.44 Die Höhe der Gewinn- und Verlustbeteiligung wird steuerlich grundsätzlich nicht bei der Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher, sondern im Rahmen einer gesonderten Angemessenheitsprüfung berücksichtigt (siehe Rz. 21.25). Ein nicht fremdüblicher Gewinnanteil, der in keinem begründbaren Verhältnis zum eigenen Beitrag des stillen Gesellschafters steht, kann aber auch gegen die Anerkennung des gesamten Gesellschaftsverhältnisses sprechen3. Die Rechtsprechung lässt in diesem Bereich jedoch viele Gestaltungen zu, bevor diese Rechtsfolge gezogen wird. Das FG Münster hat jüngst eine disquotale Gewinnverteilung in einer atypisch stillen Gesellschaft, die auf einer Vorabgewinnverteilung beruhte, weder als nicht fremdüblich noch als rechtsmissbräuchlich angesehen4.
21.45 Zu den wesentlichen Rechten eines stillen Gesellschafters gehört gemäß § 231 HGB der Gewinnanspruch. Wird das Verfügungsrecht des stillen Gesellschafters über seinen Gewinnanteil in einer gegenüber fremden Dritten unüblichen Weise eingeschränkt, wird die stille Gesellschaft steuerlich nicht anerkannt. So kann der Angehörigenvertrag nicht anzuerkennen sein, wenn auf der einen Seite die Kinder eine im Verhältnis zur (geschenkten) Kapitaleinlage ungewöhnlich hohe Gewinnbeteiligung haben, auf der anderen Seite über diese Gelder aber nicht verfügen dürfen5. Eine solche Beschränkung kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass das Vermögen der minderjährigen Kinder der elterlichen Verwaltung unterliegt und die Eltern die Art der Vermögensanlage bestimmen dürfen (§ 1626 Abs. 2 BGB), zumal, wenn der Vertrag auch noch in die Zeit der Volljährigkeit der Kinder hineinwirkt. Der BFH hat im Übrigen Verträge über die Gründung einer stillen Gesellschaft zwischen einem Vater und seinen minderjährigen Kindern nicht anerkannt, weil die Kinder zehn Jahre lang nicht über ihren Gewinnanteil verfügen durften6 oder weil eine Verfügung nur mit Zustimmung des Vaters7 bzw. eines von ihm benannten Dritten8 möglich war. In einem anderen Fall wurde eine stille Gesellschaft steuerlich nicht anerkannt, weil dem minderjährigen stillen Gesellschafter nur eine jederzeit widerrufliche Gewinnbeteiligung zustand und ihm das Recht entzogen war, die ihm gutgeschriebenen Gewinnanteile während des Bestehens der Gesellschaft ganz oder doch wenigstens teilweise zu entnehmen9. Nach Ansicht des FG Baden-Württemberg soll die stille Gesellschaft bereits dann nicht steuerlich anzuerkennen sein, wenn die Gewinnanteile unverzinst 1 Vgl. BFH v. 6.4.1979 – I R 116/77, BFHE 128, 202 = BStBl. II 1979, 620. 2 BFH v. 25.6.1981 – IV R 135/78, BFHE 134, 12 = BStBl. II 1981, 779 = FR 1981, 596. 3 BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693); zur disproportionalen Gewinn- und Stimmrechtsverteilung siehe Schulz/Werz, BB 2005, 2 (6). 4 FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29. 5 BFH v. 2.2.1960 – I 132/59 U, BFHE 70, 285 = BStBl. III 1960, 106; BFH v. 13.12.1963 – VI 339/61 U, BFHE 78, 402 = BStBl. III 1964, 156. 6 BFH v. 25.9.1969 – IV R 179/68, BFHE 97, 298 = BStBl. II 1970, 114. 7 BFH v. 22.1.1970 – IV R 178/68, BStBl. II 1970, 416 (418). 8 BFH v. 20.2.1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569. 9 BFH v. 8.8.1974 – IV R 101/73, BFHE 113, 361 = BStBl. II 1975, 34.
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erst bei Auflösung der Gesellschaft dem stillen Gesellschafter auszuzahlen sind1. In seiner jüngeren Rechtsprechung lässt der BFH jedoch Auszahlungsbeschränkungen in wesentlich weiterem Umfang zu. Diese sind als bedeutsamer Gesichtspunkt in Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mit anderen ungewöhnlichen Vertragsbestimmungen können Auszahlungsbeschränkungen zur Versagung der steuerlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses führen2. Weniger schädlich sind Beschränkungen, deren zeitliche Dauer absehbar ist3, zum anderen für Beschränkungen, die so ausgestaltet sind, dass sie die sofortige Auszahlung eines nicht unerheblichen Teilbetrags zulassen und den im Unternehmen belassenen Teil angemessen verzinsen4. d) Vertragsgemäße Durchführung des Gesellschaftsverhältnisses Der Gesellschaftsvertrag muss schließlich vertragsgemäß durchgeführt worden sein. Nach der geltenden Rechtsprechung des BFH ist die Nichtdurchführung des Gesellschaftsvertrages als Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen (siehe Rz. 21.7)5. Zur tatsächlichen Durchführung des Gesellschaftsvertrags gehört, dass der still Beteiligte die vertraglich übernommene Vermögenseinlage leistet, dass für ihn ein Beteiligungskonto eingerichtet wird, auf dem ihm die Gewinnanteile gutgebracht werden, und dass Gewinnanteile, soweit dies die Vereinbarungen der Beteiligten vorsehen, tatsächlich ausgezahlt werden6. Nicht genügend ist eine stillschweigende Vereinbarung, aus der keine vermögensrechtlichen Folgerungen gezogen werden oder die Art und Umfang der Beteiligung nicht erkennen lässt.
21.46
Eine Bareinlage des Stillen aus eigenen Mitteln ist nicht erforderlich. Die Vermögenseinlage kann in der Weise erbracht werden, dass der Geschäftsinhaber einen Teil seines Kapitals dem still beteiligten Familienangehörigen schenkweise überlässt. Bei dieser Vorgehensweise ist die Umbuchung des überlassenen Betrags als Einlage des stillen Gesellschafters eine Privatentnahme des Betriebsinhabers7. Es liegt ein Schenkungsversprechen vor, das nach der Rechtsprechung grundsätzlich der notariellen Beurkundung oder zur Heilung des Formmangels des Vollzugs bedarf (§ 518 BGB; Rz. 6.21 ff., 9.25 und 21.53 ff.). Unter Umständen wird dadurch Schenkungsteuer ausgelöst (siehe Rz. 27.8 ff.).
21.47
Als Gesellschafterbeitrag kann der Familienangehörige – wie auch sonst bei Personengesellschaften – seine Arbeitskraft einbringen. In diesem Fall wird eine in Geld bewertete Einlageforderung von ihm als erbracht angesehen, obwohl er der Gesellschaft nur die Arbeitskraft zuwendet. Damit die Arbeitskraft zivilrechtlich als Gesellschafterbeitrag angesehen werden kann, muss sie geleistet werden, um die gesellschaftliche Beitragspflicht zu erfüllen, nicht aber aufgrund einer hiervon unabhängigen Verpflichtung
21.48
1 FG BW v. 24.11.1997 – 2 V 28/97, EFG 1998, 290 (291); FG BW v. 7.1.1999 – 2 K 253/97, DStRE 2000, 2 (3 f.). 2 BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 unter 2. 3 Siehe schon BFH v. 5.11.1985 – VIII R 275/81, BFH/NV 1986, 327 unter 2.b). 4 BFH v. 7.11.2000 – VIII R 16/97, DStR 2001, 74 (76 f.). 5 BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475 unter 4.c). 6 BFH v. 13.12.1963 – VI 339/61 U, BStBl. III 1964, 156; BFH v. 8.8.1974 – IV R 101/73, BStBl. II 1975, 34; BFH v. 18.10.1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68. 7 BFH v. 9.9.1954 – IV 574/53 U, BFHE 59, 275 = BStBl. III 1954, 317; Neufang, INF 1987, 663.
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aus einem Arbeitsvertrag1. Die Anerkennung der Zuwendung dieses Nutzungsvorteils als Gesellschafterbeitrag setzt voraus, dass der Familienangehörige tatsächlich im Betrieb mitarbeitet. Die Mitarbeit darf nicht nur geringfügig sein. Kein „Einbringen der Arbeitskraft“ ist gegeben, wenn eine Verpflichtung zu nur gelegentlichen Dienstleistungen oder zu nur aushilfsweiser Tätigkeit im Notfall besteht. Liegt eine Mitarbeit in beachtlichem Umfange nicht vor, so muss die Einlage in anderer Weise – also durch Bar- oder Sacheinlage – geleistet werden.
21.49 Die Arbeitskraft kann steuerlich im Hinblick auf die Angemessenheit der Gewinnverteilung (Rz. 21.64 ff.) einem werthaltigen „Einlagegegenstand“ gleichgestellt und der stille Gesellschafter nicht als „unentgeltlich“ aufgenommen angesehen werden, denn es handelt sich nach allgemeinen Grundsätzen nur um die Zuwendung eines Nutzungsvorteils an die Gesellschaft und nicht um einen bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstand, der einer Sacheinlage gleichsteht2. Es wird deshalb von den Finanzbehörden besonders in den Fällen, in denen im Betrieb mitarbeitende minderjährige Kinder ohne Vermögenseinlage als stille Gesellschafter aufgenommen worden sind, geprüft, ob deren Tätigkeit als geldwerte Leistung angesehen werden kann. Eine Einlage der Arbeitskraft liegt nicht vor, wenn die Bezüge der im elterlichen Geschäft als Angestellte tätigen Kinder einschließlich der Gewinnbeteiligung die Beträge nicht übersteigen, die der Geschäftsinhaber auch an fremde Angestellte für gleiche Leistungen gezahlt hätte3.
21.50 Tatsächlich durchgeführt werden müssen auch die vertraglichen Regelungen über die Auszahlung der Gewinnanteile. Eine Auszahlung in diesem Sinne liegt allerdings auch dann vor, wenn im Zeitpunkt der Fälligkeit des Gewinnauszahlungsanspruchs ein zivilrechtlich wirksamer Darlehensvertrag abgeschlossen wird oder besteht, durch den der Gewinnauszahlungsanspruch in eine Darlehensforderung umgestaltet wird4. Eine Gutschrift ist als Form der Auszahlung nur dann anzuerkennen, wenn die Gewinnanteile auch bis zur Auszahlung jederzeit abrufbar gutgeschrieben bleiben5. Auch eine verfrühte Auszahlung ist vom BFH als steuerschädlich angesehen worden6.
21.51 Die ausgezahlten Beträge müssen endgültig in das Vermögen des stillen Gesellschafters übergehen. Sie müssen vom Inhaber wie fremdes Vermögen behandelt werden. Hieran fehlt es, wenn Eltern ausgezahlte Beträge auch nur zu einem kleinen Teil für sich oder eines ihrer anderen Kinder verwenden7. Die Anerkennung einer stillen Be-
1 RFH v. 16.3.1938 – VI 154/38, RStBl. 1938, 556; BFH v. 12.1.1953 – IV 365/52 U, BFHE 57, 148 = BStBl. III 1953, 58; BFH v. 3.7.1964 – VI 355/62 U, BFHE 80, 103 = BStBl. III 1964, 511. 2 BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BFHE 151, 523 = BStBl. II 1988, 348 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. Frotscher in Frotscher, § 4 EStG Rz. 414, Stand: 10.2.2011; wohl auch Schießl, Der neue Umwandlungssteuer-Erlass, S. 391; siehe Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG, § 1 UmwStG Rz. 104; Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG Rz. 9; a.A. Schwedhelm, Unternehmensumwandlung, 8. Aufl. 2016, Rz. 161.4. 3 FG Hamburg v. 14.10.1954 – II 240 – 242/54, DStR 1955, 17. 4 BFH v. 13.6.1989 – VIII R 47/85, BStBl. II 1989, 720 = GmbHR 1990, 181 = FR 1989, 499; kritisch dazu L. Schmidt, FR 1989, 500; H 15.9 Abs. 4 EStH 2013. 5 BFH v. 18.10.1989 – I R 203/84, BStBl. II 1990, 68. 6 BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692. 7 BFH v. 30.3.1999 – VIII R 19/98, FR 1999, 1072 = DStRE 1999, 905 (906).
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teiligung setzt demnach die dauerhafte Trennung der Vermögensbereiche innerhalb einer Familie voraus. Ob die Erträge aus der Beteiligung eines minderjährigen Gesellschafters von den Eltern für dessen Unterhalt verwandt werden dürfen, wird teils mangels hinreichender Trennung der Vermögensmassen verneint1, teils unter Berufung auf § 1649 Abs. 1 BGB bejaht2. Der BFH hat mehrfach i.S. der strengeren Ansicht geurteilt3 und in einem Urteil aus dem Jahr 1999 die Beantwortung der Frage offen gelassen4.
21.52
e) Sonderproblem: Schenkung einer typischen Beteiligung mit Verlustausschluss durch den Inhaber aa) Zivilrechtlich unwirksame Schenkung der Einlageforderung als Anerkennungsproblem Die Schenkung der Einlageforderung für typisch stille Gesellschafter ist in der langjährigen Rechtsprechung des BGH als formbedürftig gemäß § 518 Abs. 1 BGB angesehen und eine Heilbarkeit der Nichtbeurkundung durch Vollzug gemäß § 518 Abs. 2 BGB wegen der rein schuldrechtlichen Position des typisch stillen Gesellschafters verneint worden5 (siehe Rz. 6.21 ff., 9.25). Sind Schenkungs- und Gesellschaftsvertrag über eine typisch stille Beteiligung wegen eines Verstoßes gegen § 518 BGB endgültig als unwirksam anzusehen, wirft dies die Frage nach der steuerlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses auf. Aufgrund der gefestigten Rechtsprechung des BGH zur Formbedürftigkeit der Schenkung von Forderungen, die als Einlage des stillen Gesellschafters behandelt werden sollen, dürfte in diesem Fall ein Formmangel anzunehmen sein, der den Beteiligten anzulasten ist und gegen die steuerliche Anerkennung einer stillen Beteiligung spricht (siehe Rz. 21.14). Der BGH hat nunmehr jedoch abweichend von seiner langjährigen Rechtsprechung für atypisch stille Unterbeteiligungen entschieden, ein Formmangel in Bezug auf die Einlageforderung werde gemäß § 518 Abs. 2 BGB mit dem Abschluss des Vertrags über die stille Unterbeteiligung geheilt6. Dieser Sichtweise folgt der BFH sowohl für die atypische Unterbeteiligung als auch für die atypisch stille Beteiligung7. Auch die schenkweise Zuwendung einer typisch stillen Unterbeteiligung an einen Angehörigen soll anknüpfend an diese neuere Rechtsprechung des BGH mit der Einbuchung bei der Personengesellschaft i.S. des § 518 Abs. 2 BGB bewirkt sein, wenn dem unterbeteiligten Gesellschafter von Anfang an auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung der Innengesellschaft gewährt werden8. Nichts anderes gilt für die geschenkte Einlagefor-
1 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 749; Bordewin, DB 1996, 1359 (1370 f.). 2 Carlé/Halm, KÖSDI 2000, 12383 (12384). 3 BFH v. 30.1.1980 – I R 194/77, BStBl. II 1980, 449 = FR 1980, 414 (zu Darlehenszinsen); BFH v. 10.8.1988 – IX R 220/84, BStBl. II 1989, 137 = FR 1989, 79. 4 BFH v. 30.3.1999 – VIII R 19/98, FR 1999, 1072 = BFH/NV 1999, 1325 (1326); siehe auch Kulosa, DB 2014, 972 (973). 5 Zur Vertiefung siehe K. Schmidt, DB 2002, 829. 6 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09 („Unseld“), BGHZ 191, 354. 7 BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, GmbHR 2008, 501 = FR 2008, 981 = BStBl. II 2008, 631; BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler = DStR 2014, 2111. 8 FG Rh.-Pf. v. 31.1.2013 – 5 K 2009/10, EFG 2013, 835.
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derung des typisch stillen Gesellschafters. Diese Entwicklung der Rechtsprechung des BGH ist für die Praxis daher zu begrüßen. bb) Vorherige Schenkung der Mittel durch den Geschäftsherrn, um die Einlage des stillen Gesellschafters zu leisten
21.54 Die Herkunft der Mittel für die Einlage des stillen Gesellschafters ist im Rahmen des Fremdvergleichs grundsätzlich unerheblich1. Der Fremdvergleich im Hinblick auf Inhalt und Durchführung des Vertrags ist bei Einbuchung der Einlage durch den Inhaber im Rahmen einer Schenkung prinzipiell also in gleicher Weise vorzunehmen, wie wenn die Mittel für die Einlage aus dem Eigenvermögen des stillen Gesellschafters stammen. Von diesem Grundsatz macht der BFH – ausgehend von seiner Rechtsprechung zur Schenkung von Mitteln, die als Darlehen an den Schenker zurückfließen (Rz. 21.56) – indes eine bedeutsame Ausnahme für den Fall, dass dem stillen Gesellschafter die Mittel zur Erbringung der Einlage zu einer typisch stillen Gesellschaft mit Verlustausschluss vom Inhaber geschenkt werden.
21.55 In diesen Fällen ist die Frage aufgeworfen, ob nicht nur eine rein formale Vermögensverschiebung vorliegt. Der BFH hat seine Rechtsprechung anhand der Fallgruppe einer „Rückgewähr geschenkter Mittel als Darlehen“ entwickelt. Diese Rechtsprechung betrifft im Wesentlichen Fälle auf der Ebene des Schenkers, der die an den Beschenkten gezahlten Darlehenszinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen will. Die Rechtsprechung prüft bei einem „offensichtlichen Zusammenhang von Schenkung und Darlehen“ für die steuerliche Anerkennung eines Darlehen zwei Voraussetzungen. Der Abzug von Schuldzinsen als Betriebsausgaben/Werbungskosten setzt (1) voraus, dass die Darlehensvereinbarung und Durchführung dem Fremdvergleich standhalten und (2) im Verhältnis von Schenker und Beschenktem eine endgültige Vermögensverschiebung bewirkt wird2. Liegt nur eine formale Vermögensverschiebung der geschenkten Mittel in eine Darlehensforderung gegen den Schenker vor, wird das Darlehensverhältnis nicht anerkannt. Es findet das Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugsverbot des § 12 Nr. 2 EStG auf die Zinsen Anwendung, wenn ein Steuerpflichtiger einem Angehörigen Geld zuwendet, das ihm von diesem sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung gestellt wird3. Der Fremdvergleich erfordert nach der Rechtsprechung, dass nur tatsächlich durchgeführte Rechtsgeschäfte der Besteuerung zugrunde gelegt werden können. Bei der schenkweisen Begründung einer Darlehensforderung erfolgt nach Ansicht des BFH demnach der eigentliche Kapitaltransfer zwischen
1 BFH v. 23.8.1999 – GrS 1-3/97, 5/97, BStBl. II 1999, 778 ff. = FR 1999, 1167 m. Anm. Fischer; Heinicke in L. Schmidt, § 4 EStG Rz. 502. 2 Vgl. BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, BStBl. II 1984, 705 = FR 1984, 503; BFH v. 12.2.1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468 = FR 1992, 402 m. Anm. Schmidt; BFH v. 4.3.1993 – X R 70/91, BFH/NV 1994, 156; BFH v. 28.1.1993 – IV R 109/91, BFH/NV 1993, 590; BFH v. 17.6.1994 – III R 30/92, BFH/NV 1995, 197; BFH v. 15.4.1999 – IV R 60/98, BFH/NV 1999, 1408 = FR 1999, 894 = GmbHR 1999, 942; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 60 f. 3 BFH v. 10.4.1984 – VIII R 134/81, BStBl. II 1984, 705 = BFHE 141, 308 = FR 1984, 503; BFH v. 12.2.1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468 = FR 1992, 402 m. Anm. Schmidt; BFH v. 15.4.1999 – IV R 60/98, FR 1999, 894 = GmbHR 1999, 942 = ZEV 1999, 363 (363 f.); kritisch Autenrieth, BB 1985, 168; Groh, BB 1987, 1505 (1507) m.w.N.; vgl. dazu auch BMF v. 1.12.1992 – IV B 2 – S 2144-76/92, BStBl. I 1992, 729 = BB 1993, 279.
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den Angehörigen erst mit Tilgung des Darlehen, so dass zunächst lediglich ein Schenkungsversprechen angenommen werden kann1. Die Prüfung, ob eine schädliche formale Vermögensverschiebung vorliegt, ist auch durchzuführen, wenn ein Angehöriger als beherrschender Mitunternehmer einer Personengesellschaft eine Entnahme tätigt, diesen Geldbetrag einem Angehörigen zuwendet und dieser Angehörige ein Darlehen an die Personengesellschaft (sog. mittelbarer Angehörigenvertrag, siehe Rz. 21.26) vergibt, die anschließend den Betriebsausgabenabzug geltend macht2. In einem Urteil vom 22.10.20133 hat der BFH diese Grundsätze nochmals bestätigt. Nach dem BMF-Schreiben vom 23.12.20104 (Tz. 10) folgt die Finanzverwaltung dieser Rechtsprechung. Sie ist – wie auch in Fällen, in denen bei Darlehen unter Angehörigen das Kindsvermögen nicht einwandfrei vom Elternvermögen getrennt wird – der Auffassung, die Schenkung werde tatsächlich nicht vollzogen, so dass die Rückgewähr der Geldbeträge als Darlehen durch den Beschenkten kein mit ertragsteuerlicher Wirkung anzuerkennendes Darlehensverhältnis begründe. Die Vereinbarungen zwischen den Angehörigen sind auch nach dem BMF-Schreiben vom 23.12.2010 als eine modifizierte (gestreckte) Schenkung zu beurteilen, die erst mit Rückzahlung des sog. Darlehens vollzogen wird und in deren Umfang auch die vereinbarten Darlehenszinsen hineinfallen.
21.56
In Tz. 11 bis 13 des BMF-Schreibens vom 23.12.2010 knüpft die Finanzverwaltung an dort aufgeführte zivilrechtliche Gestaltungen an und formuliert unwiderlegbare und widerlegbare Vermutungen für Sachverhalte, in denen nur formale Vermögensverschiebungen bestehen sollen. Die unwiderlegbare Vermutung einer rein formalen Vermögensverschiebung besteht
21.57
– bei Vereinbarung von Schenkung und Darlehen in ein und derselben Urkunde, – bei Schenkung unter der Auflage der Rückgabe als Darlehen, – bei Schenkungsversprechen unter der aufschiebenden Bedingung der Rückgabe als Darlehen.
21.58
Die Abhängigkeit der Rechtsgeschäfte ist widerlegbar zu vermuten – bei getrennten Vereinbarungen, die auf einem Gesamtplan beruhen, – bei sog. Vereinbarungsdarlehen nach § 607 Abs. 2 BGB, – bei Möglichkeit der Darlehenskündigung nur mit Zustimmung des Schenkers, – bei Zulässigkeit von Entnahmen durch den Beschenkten zu Lasten des Darlehenskontos nur mit Zustimmung des Schenkers. Ob eine nur formale Vermögensverschiebung vorliegt wird auch bei Begründung typischer stiller Beteiligungen mit Verlustausschluss geprüft. Zwar betont der BFH, dass 1 Ebenso Broudré, DB 1993, 8 (9); Tiedtke, BB 1988, 946 (947); kritisch zu dieser Argumentation wegen § 518 Abs. 2 BGB Autenrieth, BB 1985, 168; Schoor, NWB 2011, 2650 (2657). 2 BFH v. 18.1.2001 – IV R 58/99, BStBl. II 2001, 393 = FR 2001, 402 m. Anm. Fischer; BFH v. 22.1.2002 – VIII R 46/00, BStBl. II 2002, 685 = FR 2002, 620 m. Anm. Seeger. 3 BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, FR 2014, 180 m. Anm. Kanzler = DStR 2013, 2677. 4 BStBl. 2011, 37; Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 64; kritisch Wüster, NWB 2011, 1240 (1245).
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21.59
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
eine Schenkung bestehender stiller Beteiligungen grundsätzlich auch steuerrechtlich anzuerkennen sei. Eine Gleichbehandlung mit der nicht anerkannten „Schenkung von Darlehensforderungen“ sei aber geboten, wenn der stille Gesellschafter die Mittel für die Einlageforderung erst vom Inhaber mit der Maßgabe geschenkt erhalte, sie im Rahmen einer stillen Gesellschaft unmittelbar zurückzugewähren1. Kann ein entsprechender Gesamtplan festgestellt werden, wird dem Gesellschaftsverhältnis die Anerkennung versagt. Erhält der nahe Angehörige hingegen die Mittel dauerhaft zur freien Verfügung und verwendet er sie aufgrund eines späteren Entschlusses als Einlageforderung im Rahmen der stillen Gesellschaft ein, bestehen keine Hindernisse für die Anerkennung der stillen Gesellschaft. Gleiches gilt, wenn die Mittel dem stillen Gesellschafter von einem anderen Angehörigen als dem Inhaber, etwa von dessen Ehefrau, geschenkt werden2.
21.60 Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung. Sie unterscheidet zwischen der Schenkung einer bestehenden stillen Beteiligung und der Schenkung der Mittel mit anschließender Gründung einer stillen Beteiligung mit dem Beschenkten. In Tz. 15 Satz 1 des BMF-Schreibens vom 23.12.20103 wird für nach dem 31.12.1992 schenkweise begründete typische stille Beteiligungen unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten geprüft, ob nur eine formale Vermögensverschiebung vorliegt und schon deshalb das stille Beteiligungsverhältnis nicht anerkannt werden kann oder ob nur die allgemeinen Anerkennungsgrundsätze (Rz. 21.6 ff.) zur Anwendung kommen. Die Prüfung, ob eine nur formale Vermögensverschiebung gegeben ist, erfolgt sowohl bei der Gründung stiller Gesellschaften mit volljährigen als auch mit minderjährigen stillen Gesellschaftern4, wenn eine Beteiligung des Stillen am Verlust ausgeschlossen ist und die Einlage des stillen Gesellschafters aus geschenkten Mitteln erfolgt, die vom Geschäftsinhaber stammen. Wird hingegen unmittelbar eine Unterbeteiligung oder stille Beteiligung mit geleisteter Einlageforderung zugewendet, sind nach Tz. 15 Satz 2 des BMF-Schreibens5, die auf Abschnitt 15.9 (2) der EStR verweist, nur die allgemeinen Grundsätze zur Anerkennung von Familienpersonengesellschaften zu prüfen. In diesem Fall wird also nur untersucht, ob der Gesellschaftsvertrag über die typisch stille Beteiligung inhaltlich fremdüblich ist und wie vereinbart durchgeführt wird. Hervorzuheben ist, dass durch den Verweis auf Abschnitt 15.9 (2) der EStR die Verpflichtung des Beschenkten zur jederzeitigen unentgeltlichen Rückübertragung der Beteiligung (resp. hier die Rückgewähr der Einlageforderung) aus Sicht der Finanzverwaltung als Hinderungsgrund für die Anerkennung der stillen Beteiligung anzusehen ist (siehe auch Rz. 21.42).
21.61 Diese übereinstimmende Ansicht von Rechtsprechung und Finanzverwaltung dürfte als gefestigt anzusehen, obwohl ihr mit beachtlichen Argumenten entgegengetreten 1 BFH v. 21.10.1992 – X R 99/88, FR 1993, 226 (227) = DB 1993, 614 unter Bezugnahme auf BFH v. 12.2.1992 – X R 121/88, BStBl. II 1992, 468 = FR 1992, 402; BGH v. 15.4.1999 – IV R 60/98, ZEV 363 (363 f.); ebenso BMF v. 1.12.1992 – IV B 2 – S 2144-76/92, BStBl. I 1992, 729 = BB 1993, 279; Märkle, BB 1993, Beilage 2, 8; im Ergebnis zustimmend Weber-Grellet, DStR 1993, 1010 (1013), der allerdings § 12 Nr. 2 EStG als nicht einschlägig ansieht; Broudré, DB 1993, 8 (10); Jestädt, DStR 1993, 387 (390). 2 BFH v. 15.4.1999 – IV R 60/98, FR 1999, 894 = GmbHR 1999, 942 = ZEV 1999, 363 (363 f.). 3 BStBl. I 2011, 37. 4 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 62. 5 BMF v. 23.12.2010, BStBl. I 2011, 37.
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worden ist. Ausgangspunkt der Argumentation des BFH für die Nichtanerkennung einer formalen Vermögensverschiebung ist, dass wegen des bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise erst in der Zukunft liegenden Kapitaltransfers im Zeitpunkt der Schenkung der Mittel noch keine vollzogene Schenkung vorliegt. Es ist dann aber zu fragen, warum dies bei stillen Beteiligungen mit Verlustteilnahme, die keiner Prüfung einer formalen Vermögensverschiebung unterliegen, anders zu beurteilen sein soll1.Überzeugender wäre es, diese Differenzierung aufzugeben und bei Schenkung der Mittel für die Einlage für die steuerrechtliche Anerkennung schenkweise begründeter stiller Gesellschaften nach der geänderten Rechtsprechung des BGH (Rz. 21.53 ff.) für alle Formen der typisch stillen Gesellschaft mit Angehörigen darauf abzustellen, ob die Schenkung im zivilrechtlichen Sinne gemäß § 518 Abs. 2 BGB als vollzogen gilt und die Gründung der stillen Gesellschaft zivilrechtlich anerkannt werden kann. Bei einer typischen stillen Beteiligung manifestiert sich der Vollzug der Schenkung gemäß § 518 Abs. 2 BGB in der Einräumung einer Rechtsposition, die die Ausübung der gesellschaftsvertraglichen Rechte und Pflichten des stillen Gesellschafters ermöglicht2. Ist diese Voraussetzung erfüllt und hält das stille Beteiligungsverhältnis auch im Übrigen dem Fremdvergleich stand, besteht kein Bedürfnis für die gesonderte Prüfung einer nur formalen Vermögensverschiebung bei stillen Gesellschaften ohne Verlustbeteiligung, wenn die Mittel zur Leistung der Einlageforderung geschenkt werden. f) Folgen der Nichtanerkennung des Gesellschaftsverhältnisses Wird ein stilles Gesellschaftsverhältnis steuerlich nicht anerkannt, sind die Gewinnanteile der stillen Gesellschafter steuerlich dem Geschäftsinhaber zuzurechnen. Sie bilden bei ihm nicht abzugsfähige Ausgaben i.S. des § 12 Nr. 2 EStG. Die Einnahmen der stillen Gesellschafter sind nicht steuerbar, da gemäß § 12 Nr. 2 EStG keine Einkünfte vorliegen (siehe Rz. 21.19).
21.62
3. Die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung Die steuerliche Anerkennung der stillen Gesellschaft als solcher führt nicht notwendigerweise zur Anerkennung der vereinbarten Gewinnverteilung. Diese ist vielmehr gesondert auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Die Notwendigkeit einer Angemessenheitsprüfung der Gewinnverteilungsabrede beruht nach Ansicht des BFH auf der dem EStG zugrunde liegenden Unterscheidung zwischen Einkommenserzielung und Einkommensverwendung, die in den Vorschriften über die Zurechnung bestimmter Einkünfte, wie z.B. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, und dem grundsätzlichen
1 L. Schmidt, Anm. zu BFH v. 21.10.1992, FR 1993, 228 (229). 2 K. Schmidt, BB 1990, 1992 (1995), und Tiedtke, BB 1988, 946 (948), gelangen zur steuerlichen Anerkennung der schenkweise begründeten stillen Beteiligung mit der Argumentation, in der Sache liege auch bei der Schenkung der Mittel für die Einlage die Zuwendung der Beteiligung als solcher vor. Nach Auffassung von Jestädt, DStR 1993, 387 (390), liegt im Fall einer Vertragsgestaltung, in der die Rechte des typischen stillen Gesellschafters ohne Verlustbeteiligung derart beschnitten sind, dass sich die Beteiligung letztlich nur noch in einem Forderungsrecht erschöpft, ohnehin bereits ein partiarisches Darlehen vor, welches ohnehin nach oben genannten Grundsätzen des BFH zu behandeln sei.
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Abzugsverbot für private Zuwendungen nach § 12 Nr. 2 EStG ihren Ausdruck gefunden hat1. a) Maßstäbe und Zeitpunkt der Angemessenheitsprüfung
21.64 Die Gewinnverteilung muss so geregelt sein, dass sie nach dem Maßstab des Fremdvergleichs dem wirtschaftlichen Einsatz des stillen Gesellschafters an Kapital, Risiko und Einsatz von Arbeitskraft entspricht2. Es ist jedoch grundsätzlich zulässig, einem Familienmitglied unter sonst gleichen Umständen, eine höhere Gewinnbeteiligung als einem Fremden zu gewähren, da Familienmitglieder in der Regel stärker mit dem Unternehmen verbunden sind3. Häufig erfolgt die Einräumung einer stillen Beteiligung auch zur Vorbereitung eines späteren Unternehmensübergangs.
21.65 Sind Dritte zu den gleichen Bedingungen wie die Angehörigen als stille Gesellschafter aufgenommen worden, kann der Fremdvergleich unmittelbar anhand der gesellschaftsinternen Vergleichsgruppe erfolgen. Auf die von der Rechtsprechung sonst herangezogenen typisierten Grenzen (siehe Rz. 21.68 ff.) ist dann nicht mehr zurückzugreifen. Dies hat der BFH in einem Urteil für eine atypische Unterbeteiligung anerkannt4, nichts anderes sollte aber auch für typisch stille Beteiligungen gelten.
21.66 Bei der Angemessenheitsprüfung dürfen die einzelnen für die Höhe der Gewinnbeteiligung maßgebenden Faktoren nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist zu prüfen, ob die gesamten betrieblichen Umstände die vereinbarte Gewinnbeteiligung rechtfertigen. Es darf die Angemessenheit der Gewinnverteilung nicht nach Maßgabe einzelner Veranlagungszeiträume isoliert geprüft werden. Besonders in Fällen, in denen die Gewinne des Unternehmens in einzelnen Jahren stark schwanken, wird deutlich, dass es auf die Beurteilung eines längeren Zeitraums ankommt. Der BFH hat einen Prognosezeitraum von fünf Jahren als angemessen angesehen5.
21.67 Ist die Gewinnverteilungsabrede im Zeitpunkt ihrer Vereinbarung angemessen, so ist der vereinbarte Gewinnverteilungsschlüssel regelmäßig auch dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn sich später die Ertragslage günstiger oder ungünstiger als erwartet gestaltet6. Anderes gilt nur bei einer Entwicklung, die auch unter Fremden zu einer Korrektur der Gewinn- und Verlustverteilung im Wege der Vertragsanpassung 1 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5; BFH v. 24.7.1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54 m.w.N. = FR 1987, 60 = GmbHR 1987, 207; dagegen KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 II, S. 513 ff.; Weber-Grellet, DStR 1993, 1010 (1012); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 66 f. 2 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5. Siehe auch Rz. 21.48 zur Arbeitskraft als Gesellschafterbeitrag. 3 BFH v. 25.7.1963 – IV 421/62 U, BFHE 78, 3 = BStBl. III 1964, 3. 4 BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BB 2001, 2561 (unter II. 2.) mit grundsätzlich zustimmenden Anmerkungen von Gosch, StBp 2002, 28 (30); Wendt, GStB 2002, 50 (51 ff.); zurückhaltender Kempermann, FR 2002, 154 (154). Ob mit diesem Urteil das Ende absoluter Gewinngrenzen für Familiengesellschaften eingeleitet worden ist, wird überwiegend bezweifelt, so das Urteil aber verstehend Daragan, ZEV 2002, 39 (40). 5 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 5 (8); BFH v. 27.3.2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432. 6 BFH v. 14.2.1973 – I R 131/70, BFHE 108, 527 = BStBl. II 1973, 395; BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; BFH v. 27.3.2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 69.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
geführt hätte1. Ist danach ein Angehöriger als typisch stiller Gesellschafter an einer Familienpersonengesellschaft beteiligt, so muss eine zunächst angemessene Rendite bei Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse (z.B. eines nicht erwarteten Gewinnsprungs) nach dem Maßstab des Fremdvergleichs korrigiert werden, d.h. es besteht eine Anpassungsverpflichtung2. Unterbleibt eine solche (fremdübliche) Korrektur, so ist hierin ein privater (d.h. nicht betrieblich veranlasster) Umstand zu sehen, der seinerseits zu einer Begrenzung des als Betriebsausgabe anzuerkennenden Gewinnanteils des stillen Gesellschafters führt3. b) Die Angemessenheit der Gewinnverteilung im Einzelnen Für die angemessene Gewinnverteilung differenziert die Rechtsprechung zwischen einer geschenkten Einlage und Einlage aus eigenen Mitteln des stillen Gesellschafters4. Nach der Rechtsprechung des BFH finden auf stille Gesellschaften, und zwar auf typische und atypische, die vom Großen Senat5 zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften entwickelten Rechtsgrundsätze Anwendung6.
21.68
aa) Die geschenkte typisch stille Beteiligung Bei schenkweise erworbenen7 typisch stillen Beteiligungen ist in der Regel eine Gewinnverteilungsabrede angemessen, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine durchschnittliche Rendite von bis zu 15 % des tatsächlichen Werts der stillen Beteiligung erwarten lässt, wenn der stille Gesellschafter am Verlust beteiligt ist, und von bis zu 12 % des tatsächlichen Werts der stillen Beteiligung, wenn der stille Gesellschafter nicht am Verlust beteiligt ist8. Der tatsächliche Wert einer typischen stillen Beteiligung in diesem Sinne entspricht regelmäßig dem Nominalwert der Einlageforderung9.
1 BFH v. 5.2.1986 – I S 15/85, GmbHR 1987, 69 = BFH/NV 1986, 563 (564); zu einer Vertragsanpassungsverpflichtung bereits vor Ablauf des üblichen fünfjährigen Prognosezeitraums siehe BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672. 2 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672. 3 BFH v. 29.3.1973 – IV R 158/68, BFHE 109, 47, BStBl. II 1973, 489; BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672. 4 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672. 5 BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5. 6 BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 62 ff.; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 67. 7 Die Schenkung erfolgt bei Personenunternehmen typischerweise durch die Minderung des Kapitalkontos des Geschäftsinhabers und Einbuchung einer korrespondierenden Verbindlichkeit i.H. der Einlageforderung gegenüber dem Stillen. Siehe zur zivilrechtlichen Wirksamkeit Rz. 21.53. 8 BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; BFH v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BFHE 106, 504 = BStBl. II 1973, 5; BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, ZEV 2003, 475; BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 = GmbHR 2009, 672; vgl. auch Neufang, INF 1987, 563 (564); mit Berechnungsbeispielen Märkle, BB 1993, Beilage 2, 14. 9 H 15.9 Abs. 5 EStH 2013; zu weiteren Beispielen siehe Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 65.
Levedag
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21.69
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
Beispiel: Tatsächlicher Wert des Gesellschaftsanteils = Nennwert der Einlage 15 % des Werts Nachhaltig zu erwartender jährlicher Gewinn Steuerlich angemessener Gewinnanteil = (15 000 Euro * 100)/200 000 = 7,5 %
100 000 Euro 15 000 Euro 200 000 Euro 15 000 Euro (7,5 % von 200 000 Euro)
bb) Die typisch stille Beteiligung aus Eigenmitteln
21.70 Stammt die Kapitaleinlage des typisch stillen Gesellschafters nicht aus einer Schenkung des Inhabers und ist eine Teilnahme am Verlust ausgeschlossen, so ist in der Regel eine Gewinnverteilungsabrede angemessen, die im Zeitpunkt der Vereinbarung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung eine durchschnittliche Rendite von bis zu 25 % der Einlage erwarten lässt1. Stammt die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters nicht aus einer Schenkung und ist er am Verlust beteiligt, sieht der BFH eine Rendite von bis zu 35 % der Einlage als angemessen an2. cc) Die geschenkte atypisch stille Beteiligung
21.71 Bei einer geschenkten atypisch stillen Beteiligung liegt die in der Praxis anerkannte Grenze bei geschenkten atypisch stillen Beteiligungen bei 15 % des tatsächlichen (gemeinen Werts) der Beteiligung, wobei in der Regel bei der Wertermittlung von der durchschnittlichen Rendite eines Zeitraums von fünf Jahren vor der Schenkung der atypisch stillen Beteiligung auszugehen ist.3 Das BMF hat in einem Schreiben vom 22.9.20114 klargestellt, dass auch für ertragsteuerliche Zwecke bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und von Unternehmen die bewertungsrechtlichen Grundsätze der §§ 11, 95 bis 109 und §§ 199 ff. BewG (auch das sog. vereinfachte Ertragswertverfahren) Anwendung finden können. Bei Ermittlung des Anteilswerts im Wege des vereinfachten Ertragswertverfahrens ist aber zu beachten, dass aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung der Kapitalisierungsfaktor stetig steigt5.
1 BFH v. 14.2.1973 – I R 131/70, BFHE 108, 527 = BStBl. II 1973, 395; vgl. auch BFH v. 9.7.1969 – I R 78/67, BFHE 96, 351 = BStBl. II 1969, 649; BFH v. 27.3.2001 – I R 52/00, HFR 2002, 432; BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798 = FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672; vgl. auch Neufang, INF 1987, 563 (564); Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 63; Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 62. Siehe zur Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses als solchem Rz. 21.59 ff. 2 BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672 = DStR 2009, 959; BFH v. 16.12.1981 – I R 167/78, BFHE 135, 275 = BStBl. II 1982, 387 = FR 1982, 331; BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299 = FR 2001, 186 m. Anm. Wendt; Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 62; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 60, 69. 3 BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BStBl. II 2002, 460 = FR 2002, 151; H 15.9 Abs. 3 EStH 2013; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 62. 4 BMF v. 22.9.2011 – IV C 6 – S 2170/10/10001, BStBl. I 2011, 859; vgl. Drosdzol, DStR 2011, 1258 (1260). 5 Siehe zur Entwicklung die Vfg. des Bayerischen Landesamts für Steuern v. 7.1.2015 – S 3102.1.1-7/6 St 34. Für 2015 beträgt der Faktor 18,2149; zum Basiszins nach § 203 Abs. 2 BewG
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dd) Die entgeltlich erworbene atypisch stille Beteiligung Erbringt der atypisch stille Gesellschafter die Einlage aus eigenen Mitteln und ist Mitunternehmer, wird unter Angehörigen eine fremdübliche Gewinnverteilung oberhalb von 15 % des tatsächlichen (gemeinen) Werts der Beteiligung akzeptiert1. Ist die Kapitaleinlage nur teilweise erbracht, kann nur der ihr entsprechende Teil des vereinbarten Gewinnanteils als angemessen angesehen werden2.
21.72
ee) Die teilweise geschenkte Beteiligung Soweit die stille Beteiligung nur teilweise geschenkt ist und dem Unternehmen mit der Begründung des stillen Gesellschaftsverhältnisses teilweise neue Mittel zugeführt werden, muss die Höhe der angemessenen Rendite sowohl nach den für geschenkte als auch nach den für entgeltlich erworbene Beteiligungen gültigen Grundsätzen beurteilt werden, d.h. für die Höhe der angemessenen Rendite ist nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles ein Mischsatz aus dem Renditesatz für geschenkte Beteiligungen und aus dem Renditesatz für entgeltlich erworbene Beteiligungen zu bilden3.
21.73
4. Die Rechtsfolgen einer Nichtanerkennung der Gewinnverteilung Wenn nach den Gesamtumständen eine Familiengesellschaft steuerlich anzuerkennen ist, ändert eine unangemessen hohe Gewinnverteilung zugunsten des Angehörigen hieran nichts. Erweist sich die vereinbarte Gewinnverteilung als unangemessen, so ist vielmehr die Besteuerung so vorzunehmen, als ob eine angemessene Gewinnverteilungsabrede getroffen worden wäre4.
21.74
Steuerlich wird nur der angemessene Gewinnanteil dem still beteiligten Angehörigen zugeordnet. Der darüber hinausgehende Gewinn wird dem Angehörigen-Geschäftsinhaber ungeachtet der zivilrechtlichen Abreden zugerechnet5 und als Entnahme des Geschäftsherrn mit anschließender Zuwendung gemäß § 12 Nr. 2 EStG an den Angehörigen behandelt. Wird eine Beteiligung mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet, die angesichts der Kapitaleinlage, dem Arbeitseinsatz oder sonstiger Beiträge des stillen Gesellschafters einem fremden Dritten nicht eingeräumt worden wäre, kann hierin auch eine Schenkung gemäß § 7 Abs. 6 ErbStG zu sehen sein (siehe Rz. 27.15 ff.).
21.75
1 2 3 4
5
siehe BMF v. 2.1.2015, BStBl. I 2015, 6; zur Ermittlung des Ertragswerts bei Personengesellschaften siehe Levedag, GmbHR 2011, 1306 (1308). Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 61; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 62; H 15.9 Abs. 3 EStH 2013. FG München v. 10.1.1979 – VIII (IX) 19/77 Aus F, EFG 1979, 538. Vgl. Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 69; siehe auch Märkle, BB 1993, Beilage 2, 13. Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 57; Märkle, BB 1993, Beilage 2, 13; Neufang, INF 1987, 8 (11) schlägt vor, in den Vertrag eine Anpassungsklausel des Inhalts aufnehmen, dass nur der Betrag zustehe, der auch von der Finanzverwaltung anerkannt wird. BFH v. 21.9.1989 – IV R 126/88, BFH/NV 1990, 692 (693); Zimmermann u.a., Die Personengesellschaft im Steuerrecht, F Rz. 61; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 62; H 15.9 Abs. 5 EStH 2013; vgl. auch Neufang, INF 1987, 563 (565).
Levedag
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
V. Die GmbH & Still 1. Grundlagen a) Begriff
21.76 Besondere Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von stillen Gesellschaften werden außer bei stillen Familiengesellschaften auch dann gestellt, wenn Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sich an dieser still beteiligen1. Entsprechende Gestaltungen sind zivilrechtlich zulässig (vgl. Rz. 5.37) und werden in der Praxis vor allem bei der GmbH eingesetzt. Bei Aktiengesellschaften finden sie sich seltener. Sie bereiten bei ihnen auch keine wesentlich anderen Probleme als bei der GmbH. Deswegen wird gemeinhin lediglich von der „GmbH & Still“ gesprochen wird, wenn es um die rechtlichen Konsequenzen der Doppelbeteiligung eines Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft geht. Der – an sich treffendere – Begriff der „Kapitalgesellschaft & Still“ hat sich nicht durchgesetzt. Ist der Alleingesellschafter einer GmbH zugleich deren stiller Gesellschafter, spricht man von einer „Einmann-GmbH & Still“2.
21.77 Aus steuerlicher Sicht kann die Beteiligung entweder in Form der GmbH & typisch Still oder GmbH & atypisch Still einzuordnen sein. Die Einordnung als typisch oder atypisch stiller Gesellschafter bereitet bei beherrschenden Gesellschaftern in der GmbH & Still Abgrenzungsprobleme. Die Beteiligung eines beherrschenden Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft führt nicht automatisch zu einer Einordnung als atypisch stiller Gesellschafter, allerdings ist die Doppelstellung als GesellschafterGeschäftsführer von der Rechtsprechung regelmäßig herangezogen worden, um das Vorliegen eines Mitunternehmerrisikos und von Mitunternehmerinitiative im Rahmen einer atypisch stillen Beteiligung zu begründen. In der Gestaltungspraxis ist daher eine GmbH & typisch Still mit einem beherrschenden Gesellschafter schwierig zu gestalten (siehe Rz. 20.78 ff.). b) Steuerliche Motivation aa) Verlusttransfer auf die Gesellschafterebene
21.78 Die Möglichkeit, sich als GmbH-Gesellschafter an der eigenen GmbH zusätzlich still zu beteiligen, beruht zivilrechtlich auf der Selbständigkeit der GmbH als eigenem 1 Beteiligen sich Gesellschafter einer Personengesellschaft an dieser zusätzlich im Wege einer stillen Beteiligung, können sowohl eine Personengesellschaft & Still als auch eine Personengesellschaft & atypisch Still entstehen; letztere ist eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft. Für die Anerkennung dieser Beteiligungen unter Angehörigen gelten die allgemeinen Grundsätze, d.h. die dem „Stillen“ als Angehörigen eingeräumte Rechtsposition muss entweder einer fremdüblichen typisch stillen Beteiligung entsprechen oder eine Stellung als Mitunternehmer vermitteln. Vgl. hierzu auch Rz. 20.23. 2 BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336; BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358 = GmbHR 1980, 215 = BB 1980, 1087; BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 563 = BB 1983, 1515 = DB 1983, 1743; wiederholend: BFH v. 25.5.1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258; BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702 = BFHE 170, 345 = FR 1993, 436; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841; BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1983, 202; Blaurock, BB 1992, 1969; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 72; Paulick, GmbHR 1982, 237; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 10–13; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 65.
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Rechtssubjekt und damit dem Trennungsprinzip. Das Trennungsprinzip führt dazu, dass bei der GmbH & Still von zwei Gesellschaftsverhältnissen des GmbH-Gesellschafters auszugehen ist. Dies eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten; denn je nachdem, ob die Gesellschafter nur eine GmbH-Beteiligung oder zusätzlich eine typische bzw. eine atypische stille Beteiligung an der GmbH halten, wird der wirtschaftliche Erfolg der GmbH unterschiedlich besteuert. Zudem ist in der Praxis die Kombination der Betriebsaufspaltung mit einer Betriebs-GmbH & typisch Still (siehe Rz. 22.102) anzutreffen, die hier nicht weiter erörtert wird. Es lassen sich folgende typische Steuervorteile1 einer GmbH & Still ausmachen: Die zusätzlich atypisch stille Beteiligung an der GmbH ermöglicht auch außerhalb einer Organschaft, Verluste, die andernfalls auf der Ebene der GmbH lediglich zu einem Verlustvortrag bzw. -rücktrag führten, im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung unmittelbar auf der Ebene der Gesellschafter zuzurechnen und in den Grenzen der § 15a EStG und § 15 Abs. 4 Satz 8 EStG steuermindernd mit anderen Einkünften verrechnen zu können. Die Verlusttransferfunktion dürfte eines der wichtigsten Motive für die Gründung einer GmbH & (atypisch) Still sein2.
21.79
Bei der GmbH & typisch Still ist die Rechtslage weniger übersichtlich. Ordnet man die laufenden Verluste, die dem stillen Gesellschafter zugewiesen werden, mit der Rechtsprechung als Werbungskosten ein, beschränkt § 20 Abs. 9 EStG die Abzugsfähigkeit der Verluste. Die der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte werden lediglich um den Sparerpauschbetrag gemindert, bei dem es sich gerade nicht um einen pauschalierten Werbungskostenabzug handelt (vgl. §§ 2 Abs. 2 Satz 2, 20 Abs. 9 EStG). Die Finanzverwaltung3 betrachtet allerdings die Verlustanteile als nicht unter § 20 Abs. 9 EStG fallende negative Einkünfte so dass diese – in der Grenzen der §§ 15a, 15b EStG – „innerhalb der Schedule“ mit anderen der Abgeltungsteuer unterliegenden positiven Kapitaleinkünften verrechnet werden können. Der Abgeltungsteuer unterliegen insbesondere Vergütungen an Angehörige, die fremdüblich typisch still an einer GmbH beteiligt sind, bei der ein anderer Angehöriger zu mindestens 10 % beteiligt ist, da die Rückausnahme des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG in diesen Fällen nicht eingreift (vgl. Rz. 22.266) und für typisch still an der GmbH beteiligte Gesellschafter, deren Beteiligung 10 % nicht erreicht (siehe Rz. 22.270). Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG werden jedoch die Vergütungen aus typisch stillen Beteiligungen von GmbH-Gesellschaftern an der eigenen GmbH aus der Abgeltungsteuer ausgenommen, wenn der Gesellschafter zu mindestens 10 % an der GmbH beteiligt ist. Die Vergütungen aus der stillen Beteiligung werden dann tariflich besteuert (§ 32d Abs. 2 Satz 2 EStG), die Verlustanteile sind als Werbungskosten, negative Einnahmen oder negative Einkünfte aus Kapitalvermögen abzugsfähig und mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechenbar4.
21.80
1 Zu gesellschafts- und bilanzrechtlichen Vorteilen vgl. Rz. 2.1 ff. 2 Vgl. auch zur Rechtslage vor dem UnStRefg 2008 in gestalterischer Perspektive Intemann, NWB Fach 3, S. 13077 (45/2004); Kessler/Reitsam, StuB 2004, 97. Zu den Beschränkungen der Verlustnutzung siehe Rz. 22.65 ff. 3 BMF v. 16.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 4. 4 Es gelten in diesem Fall weder § 20 Abs. 6 EStG noch § 20 Abs. 9 EStG (siehe § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG).
Levedag
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bb) Thesaurierungsvorteile der GmbH
21.81 Gegenüber reinen Personengesellschaften ermöglicht es die GmbH & atypisch Still, bei entsprechender Gewinnzuweisung Gewinne mit dem relativ geringen Körperschaftsteuersatz von 15 % zu thesaurieren und dennoch – zumindest teilweise – die steuerlichen Vorteile der Personengesellschaft zu nutzen. cc) Veräußerung der GmbH-Beteiligung
21.82 Vorteile können auch bei der Veräußerung der Beteiligung entstehen. Der Veräußerungsgewinn für eine wesentliche Beteiligung (ab 1 % am Stammkapital) unterliegt gemäß § 17 EStG der Einkommensteuer. Bei der GmbH & Still kann ein Teil des Veräußerungsentgelts bei deren Mitveräußerung für die Übertragung der stillen Beteiligung vereinnahmt werden und steuerfrei sein, sofern die stille Beteiligung nicht im Betriebsvermögen gehalten wird und es sich um eine typische stille Gesellschaft handelt, die vor dem 1.1.2009 begründet wurde (vgl. Rz. 22.202 ff.). Für nach dem 1.1.2009 begründete typisch stille Beteiligungen fällt die „mitveräußerte stille Beteiligung“ unter den Veräußerungstatbestand gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG (Rz. 22.218). dd) Gewerbesteuer
21.83 Besteht an der GmbH eine atypische stille Gesellschaft, ist es gewerbesteuerlich vorteilhaft, dass die atypisch stille Gesellschaft den Steuerfreibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG i.H. von 24 500 Euro in Anspruch nehmen kann1. Durch die Unternehmensteuerreform 2008 ging aber ein anderer Vorteil dieser Gestaltung verloren, da ab dem Erhebungszeitraum 2008 der Staffeltarif für Personengesellschaften abgeschafft und eine einheitliche Gewerbesteuermesszahl von 3,5 % für Personen- und Kapitalgesellschaften eingeführt wurde (§ 11 Abs. 2 GewStG). Siehe hierzu Rz. 24.53 ff. ee) Nachteile
21.84 Diesen Vorteilen einer GmbH & Still stehen verschiedene Nachteile gegenüber2. Hierzu zählt vor allem der Umstand, dass bei einer GmbH & atypisch Still Geschäftsführergehälter als Sondervergütungen zu behandeln sind3. Ist der GmbH-Gesellschafter selbst Geschäftsführer, ist deswegen regelmäßig die Vereinbarung eines hohen, ggf. auch erfolgsabhängigen, aber fremdüblichen Geschäftsführergehaltes sinnvoller als das Eingehen einer stillen Gesellschaft. Zudem sind im Regelfall die Anteile an der GmbH Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens des GmbH-Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft und damit steuerverstrickt. Diese Zuordnung der Anteile zum Sonderbetriebsvermögen bewirkt, dass Dividenden nicht der Abgeltungsteuer unterliegen (§ 20 Abs. 8 EStG). Die Zuordnung der GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft kann bei Dividendenausschüttungen auch zur Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 5 GewStG führen.
1 BFH v. 30.8.2007 – IV R 47/05, GmbHR 2008, 215 = FR 2008, 383; BFH v. 10.11.1993 – I R 20/93, BStBl. II 1994, 327 = GmbHR 1994, 347 = FR 1994, 228 = BB 1994, 564; BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764 = DB 1995, 1644. 2 Siehe auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 110 ff. 3 BFH v. 31.8.1999 – VIII R 21/98, GmbHR 2000, 293 = BFH/NV 2000, 555 (557).
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2. Die Anerkennung der GmbH & Still als solcher a) Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses Bei beherrschenden und nicht beherrschenden Gesellschaftern, die sich an der GmbH typisch oder atypisch still beteiligen, ist erforderlich, dass die Vereinbarung über die stille Gesellschaft zivilrechtlich wirksam, klar und im Voraus geschlossen wurde und dem Fremdvergleich hinsichtlich des Inhalts und der Durchführung genügt1. Bei Angehörigen, die sich typisch oder atypisch still an einer GmbH beteiligen, die ein anderer Angehöriger beherrscht, liegen mittelbare Angehörigenverträge vor, die der steuerlichen Anerkennungsprüfung zu unterziehen sind (siehe Rz. 21.6 ff., 21.13 ff.)2.
21.85
Keine besonderen Grundsätze gelten, wenn die stille Beteiligung zu einem Zeitpunkt vereinbart wird, in der sich die GmbH in einer finanziell kritischen Situation befindet und die Rückzahlung der Einlage daher zweifelhaft ist. Der stille Gesellschafter unterliegt in diesen Fällen den Bindungen der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 136 Abs. 1 Satz 1 InsO. Steuerlich sind die Gesellschafter in der Finanzierung ihrer Gesellschaft grundsätzlich frei, können also auch in der Krise zwischen einer Mittelzuführung durch förmliche Kapitalerhöhung und anderen Finanzierungsmöglichkeiten wie einer stillen Beteiligung wählen3. Eine Grenze hatte der BFH in einer älteren Entscheidung lediglich dort gezogen, wo eine förmliche Erhöhung des GmbH-Kapitals rechtlich zwingend4 war.
21.86
b) Erhöhte Anerkennungsvoraussetzungen bei beherrschenden Gesellschaftern Nach der Rechtsprechung ist die Beteiligung eines nicht beherrschenden Gesellschafters an der eigenen GmbH i.d.R. steuerlich anzuerkennen, d.h. es liegen zwei getrennt zu betrachtende und steuerlich zu würdigende Gesellschaftsverhältnisse vor5. Die stille Beteiligung ist eine eigene und von der Beteiligung abzugrenzende Einkunftsquelle.
21.87
Bei Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags mit einem beherrschenden Gesellschafter fehlt i.d.R. ein Interessengegensatz zwischen der GmbH und dem Gesellschafter und etwaigen Mitgesellschaftern. Ähnlich wie bei der stillen Familiengesellschaft erkennen Rechtsprechung und Finanzverwaltung stille Gesellschaften mit beherrschenden Gesellschaftern daher nur unter den erhöhten Anforderungen an, die auch für Angehörigenverträge gelten. Die GmbH und ihr beherrschender Gesellschafter müssen die Vereinbarung über die stille Gesellschaft von vornherein durch einen inhaltlich klar und eindeutig abgefassten und zivilrechtlich wirksamen und inhaltlich fremdüblichen Gesellschaftsvertrag geregelt haben und das Gesellschaftsverhältnis später auch vertragsgemäß tatsächlich vollzogen haben (siehe auch Rz. 21.85)6. Glei-
21.88
1 2 3 4
Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 65. FG BW v. 31.10.2013 – 7 K 3633/10, EFG 2014, 909, rkr. BFH v. 10.12.1975 – I R 135/74, BStBl. II 1976, 226 (227). Vgl. in diesem Zusammenhang zu §§ 30 ff. GmbHG a.F. FG München v. 7.4.1992 – 7 K 3627/89, juris. 5 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358 = GmbHR 1980, 215; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63. 6 BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155 (157); BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (59); BFH v. 16.7.2003 – I B 215/02, BFH/NV 2003, 1613 unter II.1; BFH v. 14.3.2006 –
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
ches gilt, wenn Angehörige sich als stille Gesellschafter an der GmbH eines (beherrschenden) Angehörigen beteiligen wollen1. c) Der von den erhöhten Anforderungen betroffene Personenkreis
21.89 Beherrschenden Einfluss hat ein Gesellschafter, wenn er nach allen Umständen des Einzelfalls, also nicht nur nach dem Umfang der ihm in der Kapitalgesellschaft eingeräumten Gesellschafterrechte2, den Abschluss des stillen Gesellschaftsverhältnisses mit sich selbst erzwingen kann3.
21.90 Bei einer GmbH wird dies angenommen, wenn der Gesellschafter die Gesellschaft dauerhaft beherrscht. Hierfür ist regelmäßig notwendig, dass der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung bei Beschlüssen, die keine qualifizierte Stimmenmehrheit erfordern, seinen Willen kraft Stimmenmehrheit gegen den Willen der übrigen Gesellschafter durchsetzen kann4. Stimmen, über die der Gesellschafter kraft einer Stimmbindungsvereinbarung, kraft Vollmacht oder durch zwischengeschaltete, jeweils von ihm beherrschte Gesellschaften verfügt, sind ihm zuzurechnen. Ebenso sind gesellschaftsvertragliche Sonderregelungen zu berücksichtigen, die den Gesellschafter begünstigen5. Als ausreichend ist es in der Rechtsprechung auch angesehen worden, dass der stille Gesellschafter zwar nicht an der GmbH selbst, sondern an einer anderen Gesellschaft desselben Unternehmensverbands beteiligt ist oder ein Anwartschaftsrecht auf eine Beteiligung an der GmbH besitzt6. Hingegen genügen fachliche oder persönliche Autorität oder wirtschaftliche Macht, sei sie auch durch schuldrechtliche Vereinbarungen vermittelt, für die Begründung einer beherrschenden Stellung grundsätzlich nicht7. Unerheblich ist bei dauerhafter Beherrschung, ob das Eingehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses überhaupt einen Beschluss der Gesellschafterversammlung erfordert oder ob der Gesellschafter bei diesem Beschluss konkret über eine Stimmenmehrheit verfügt8. Die Beherrschung der Gesellschaft besteht vielmehr bereits darin, dass zumindest auf Dauer kein Weg an dem Willen des Gesellschafters vorbeiführt. Ob der beherrschende Gesellschafter bei der konkreten Entscheidung über das stille Gesellschaftsverhältnis mit ihm gemäß § 47 Abs. 4
1
2 3 4
5 6 7 8
I R 38/05, DStR 2006, 1172 (1173); FG Münster v. 14.8.2013 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 11–13; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 65; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 601; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 109. BFH v. 21.7.1982 – I R 56/78, BStBl. II 1982, 761 = FR 1982, 602 = GmbHR 1982, 267 unter I.1.b); BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; ebenso FG München 24.3.1997 – 7 K 846/95; ebenso BFH 26.10.1987 – GrS 2/86, BFHE 151, 523 = FR 1988, 160 = GmbHR 1988, 159. BFH v. 26.7.1978 – I R 138/76, BStBl. II 78, 659 (660). BFH v. 13.12.1989 – I R 45/84, BFH/NV 1990, 455 (456). BFH v. 9.4.1997 – I R 52/96, GmbHR 1997, 908 = BFH/NV 1997, 805 (808 m.w.N.); deswegen vorbehaltlich der Zurechnung der Stimmen der anderen Gesellschafter grundsätzlich keine Beherrschung bei Geltung des Einstimmigkeitsprinzips. Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 115 f. m.w.N. FG Saarbrücken v. 14.12.1990 – 1 K 203/88, GmbHR 1991, 293. BFH v. 15.3.2000 – I VIII R 82/98, FR 2000, 818 = GmbHR 2000, 778 = BFH/NV 2000, 1304; BFH v. 5.10.2004 – VIII R 9/03, GmbHR 2005, 176. Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 114.
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Satz 2 GmbHG von der Stimmabgabe ausgeschlossen ist, ist deswegen ohne Bedeutung1. Beherrscht ein Gesellschafter die GmbH nicht dauerhaft, so sind die besonderen Kriterien zur Anerkennung der stillen Gesellschaft dennoch einzuhalten, wenn er – wie nach den Kriterien zur persönlichen Verflechtung in der Betriebsaufspaltung – zumindest bezüglich der konkret zu beschließenden Entscheidung mit anderen Gesellschaftern gleichgerichtete Interessen verfolgt und mit diesen zusammen über die Mehrheit verfügt2. Eine solche gleichgerichtete Interessenverfolgung nimmt die Rechtsprechung an, wenn die Entscheidung allen Gesellschaftern entsprechend ihren GmbHGeschäftsanteilen gleichermaßen Vorteile verschafft, z.B. also allen Gesellschaftern anteilig zu ihren GmbH-Beteiligungen stille Beteiligungen eingeräumt oder die stille Beteiligung mit einem gemeinsamen nahen Angehörigen der Gesellschafter abgeschlossen wird3. Hingegen kann bei volljährigen Kindern und bei Ehegatten wegen Art. 6 GG das Vorliegen gleichgerichteter Interessen nicht ohne Weiteres vermutet werden (siehe auch Rz. 21.80 zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG).
21.91
Die erhöhten Anforderungen an die Anerkennung der stillen Gesellschaft gelten schließlich auch dann, wenn die stille Gesellschaft zwar nicht mit einem beherrschenden Gesellschafter, aber entweder als mittelbarer Angehörigenvertrag oder mit einer anderen Person zustande kommt, die dem beherrschenden Gesellschafter nahe steht4. Der Begriff der „nahe stehenden Person“5 ist dabei weiter zu fassen als derjenige des „nahen Angehörigen“. Ausreichend für ein solches Näheverhältnis ist jede Beziehung, die von Einfluss auf die Vermögenszuwendung gewesen sein kann, unabhängig davon, ob sie familiärer, persönlicher, obligatorischer, gesellschaftsrechtlicher oder rein tatsächlicher Art ist. Enge Freundschaft6 genügt. Ist eine Gesellschaft stille Gesellschafterin, ist auf die Beziehung zu deren beherrschendem Gesellschafter abzustellen7. Nicht erforderlich ist, dass der Abschluss der stillen Gesellschaft für den Gesellschafter von Vorteil ist; besteht ein solcher Vorteil, verstärkt dies allerdings das Indiz, dass die stille Gesellschaft durch das Gesellschaftsverhältnis zur GmbH veranlasst ist8.
21.92
1 BFH v. 26.1.1989 – IV R 151/86, BStBl. II 1989, 455 (456) = FR 1989, 456 = GmbHR 1989, 386. Maßgeblich ist insofern allein, dass der Gesellschafter auf Dauer seinen Willen in der Gesellschaft durchsetzen kann. 2 BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (59); BFH v. 10.11.1965 – 178/63, BStBl. III 1966, 73 (74); BFH v. 29.4.1987 – I R 192/82, BStBl. II 1987, 797 (799) = FR 1987, 537 = GmbHR 1987, 493 (beide für das Geschäftsführergehalt). 3 FG München v. 24.3.1997 – 7 K 846/95; BFH v. 10.11.1995 – 178/63 U, BStBl. III 1966, 73 (für gegenseitige Erhöhung der Bezüge der Gesellschafter als Geschäftsführer der GmbH). 4 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 (302) = GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350; FG BW v. 31.10.2013 – 7 K 3633/10, EFG 2014, 909. 5 Siehe ausführliche Darstellung nach Fallgruppen mit Rechtsprechungsnachweisen bei Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 144 f. 6 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350 = DStR 1997, 535 (536); str., a.A. Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 145. 7 BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 für eine GbR als stille Gesellschafterin und offen lassend, ob in diesem Fall nicht jeder – auch nicht beherrschender – Gesellschafter der GbR als nahe stehende Person in Betracht kommt. 8 BFH v. 18.12.1996 – I R 139/94, BStBl. II 1997, 301 (302) = GmbHR 1997, 359 = FR 1997, 350 unter Aufgabe der früheren Rspr.
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21.93 Nach Ansicht des BFH waren die für die GmbH genannten Regeln nicht uneingeschränkt auf den Bereich der AG übertragbar1. Allerdings hat der BFH zur Betriebsaufspaltung nunmehr ausdrücklich entschieden, auch zwischen einem Mehrheitsaktionär und einer AG könne ein Beherrschungsverhältnis bestehen2. Ein gewichtiges Indiz für einen fehlenden Interessenausgleich zwischen der AG und ihrem Mehrheitsaktionär ist dann gegeben, wenn dieser auch den Aufsichtsrat beherrscht3. d) Die Anerkennungsvoraussetzungen im Einzelnen
21.94 Eine stille Beteiligung zwischen einem beherrschenden Gesellschafter und der GmbH wird wegen des fehlenden Interessengegensatzes steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie im Voraus klar und eindeutig, zivilrechtlich wirksam vereinbart worden ist und später auch entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt worden ist (siehe bereits Rz. 21.88)4. Der Gesellschafter einer GmbH hat die Wahl zwischen verschiedenen Formen der Finanzierung seiner Gesellschaft, er muss sich aber im Vorhinein zugunsten einer dieser Möglichkeiten entscheiden, und mit der Gesellschaft entsprechende Vereinbarungen treffen5. Fehlt es an einer schriftlichen Vereinbarung oder sind zu bestimmten Fragen keine Abreden getroffen worden, ist dies nicht schädlich, wenn weder Zweifel an dem vorangegangenen Abschluss des stillen Gesellschaftsvertrags noch über den Inhalt der Vereinbarung bestehen. Bei zivilrechtlich nicht wirksam geschlossenen Vereinbarungen kann der Vertrag steuerlich anzuerkennen sein, wenn die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Vertragsabschlusses den Beteiligten nicht anzulasten ist und sie sich alsbald nach Erkennen der Unwirksamkeit um eine Heilung bemühen (siehe ausführlich Rz. 21.14 ff.). aa) Klare und eindeutige Vereinbarung, Üblichkeit
21.95 Erforderlich ist eine Vereinbarung, aus der sich ergibt, dass im Wege der stillen Gesellschaft über das GmbH-Mitgliedschaftsverhältnis hinaus ein weiteres Rechtsverhältnis zur GmbH begründet werden soll. Die bloße Leistungserbringung an die GmbH und Zuführung von Geld in die Gesellschaft durch einen Gesellschafter führen nicht konkludent zur Begründung einer stillen Beteiligung, da dieser Mittelzufluss sowohl als Einlage als auch als Zahlung auf die Einlageforderung oder die Zuführung von Darle1 BFH v. 18.12.2002 – I R 93/01, GmbHR 2003, 846 (847); BFH v. 15.12.1971 – I R 5/69, BB 1972, 605; v. 15.12.1971 – I R 76/68, BB 1972, 866; BFH v. 30.7.1975 – I R 110/72, BB 1975, 1519; Erhart, BB 2007, 183 (185); Binnewies, DStR 2003, 2105 (2106). 2 BFH v. 23.3.2011 – X R 45/09, BFHE 233, 416 = BStBl. II 2011, 778 = FR 2011, 996 m. Anm. Bode = GmbHR 2011, 887. 3 BFH v. 23.3.2011 – X R 45/09, BFHE 233, 416 = BStBl. II 2011, 778 = FR 2011, 996 m. Anm. Bode = GmbHR 2011, 887. 4 BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155 (unter 2.); BFH v. 25.5.1988 – I R 92/84, BFH/ NV 1989, 258; BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63; BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; BFH v. 31.5.1995 – I R 64/94, FR 1996, 72 = NJW 1996, 2479 (Einholung von Rechtsrat bei ungeklärter Zivilrechtslage). Weitere Fälle etwa BFH v. 21.7.1982 – I R 56/78, BStBl. II 1982, 761 unter I.2.a) = FR 1982, 602 = GmbHR 1982, 267 (fehlende vorherige Vereinbarung wegen Krankheit eines Verhandlungspartners); v. 22.3.1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501 (nachträgliche Vereinbarung wird in gleicher Form auch mit nicht nahe stehender Personen getroffen); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 119; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 93. 5 Vgl. etwa BFH v. 22.3.1972 – I R 117/70, BStBl. II 1972, 501.
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hensmitteln zu würdigen sein kann. Notwendig ist der ausdrückliche Abschluss des stillen Gesellschaftsverhältnisses, der zudem schriftlich dokumentiert werden sollte1. Inhaltlich muss der Vertrag über die Begründung der stillen Gesellschaft so klar und eindeutig sein, dass sich die wesentlichen Aspekte der stillen Gesellschaft, insbesondere Art und Umfang der Einlage sowie Gewinn- und Verlustbeteiligung aus der Vereinbarung ergeben. Sie muss insbesondere von der Verpflichtung zur Leistung einer Einlage und der Begründung eines Gesellschafterdarlehens abgrenzbar sein (Rz. 21.95). Die Auslegungsbedürftigkeit der Vereinbarung ist unschädlich, solange sich der gewollte Inhalt für einen objektiven Dritten mit hinreichender Sicherheit erschließt2. Unklarheiten des Vertrages können aber auch durch eine spätere abweichende ständige Übung bei der Vertragsdurchführung oder eine Klarstellung beseitigt werden. Es entstehen in diesen Fällen regelmäßig in der Praxis Diskussionen mit der Finanzverwaltung, ob eine spätere Vertragsänderung nur klarstellenden Charakter hat oder den früheren Stand einer Vereinbarung wiedergibt oder konstitutiven Charakter hat. Liegt eine konstitutive Neuregelung vor, kann diese steuerlich nur in die Zukunft wirken. Eine konkludente Vertragsänderung durch vertragliche Übung kann nicht bereits ab deren Beginn angenommen werden, sondern erst dann, wenn diese geraume Zeit angehalten hat3.
21.96
Soll eine GmbH & atypisch Still errichtet werden, muss die Rechtsposition des stillen Gesellschafters auf das Tragen von Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative schließen lassen (siehe Rz. 20.60 ff.; 21.37). Zwar wird gerade bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern von der Finanzverwaltung und Rechtsprechung das Vorliegen einer GmbH & atypisch Still (siehe Rz. 20.78 ff.). Diese in der Praxis auftretende Umqualifikation „gewollter typisch stiller Beteiligungen“ durch Finanzverwaltung und Rechtsprechung in atypisch stille Beteiligungen entbindet den Praktiker jedoch nicht davon, bei einer gewollten atypisch stillen Beteiligung den Gesellschaftsvertrag so auszugestalten, dass hinreichende Mitbestimmungsrechte und Beteiligung an den stillen Reserven bestehen. So hat das FG München die Gründung einer GmbH & atypisch Still verneint und eine typisch stille Beteiligung in einem Fall angenommen, in dem der stille Gesellschafter nicht an den stillen Reserven beteiligt war und sein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko nicht durch ausgeprägte Mitunternehmerinitiativrechte kompensiert werden konnte, weil mehrere Geschäftsführer der GmbH bestellt waren4.
21.97
frei
21.98
bb) Zivilrechtliche Wirksamkeit Die Vereinbarung über die stille Gesellschaft muss zivilrechtlich wirksam zustande kommen. Fehlt es hieran, deutet dies auf den mangelnden Rechtbindungswillen zur Begründung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses hin (siehe Rz. 21.14 ff.)5. 1 BFH v. 27.7.1990 – VIII R 304/84, BFH/NV 1991, 90 (91) (allgemein zur verdeckten Gewinnausschüttung). Zur Beweislast siehe auch H 37 KStR 2004 (unter „Beweislast bei beherrschendem Gesellschafter“). 2 BFH v. 8.12.2004 – I B 125/04, GmbHR 2005, 942 (943); BFH v. 27.7.1990 – VIII R 304/84, BFH/ NV 1991, 90 (91); Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 311 m.N. 3 Ähnlich Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 312. 4 FG München v. 27.1.2014 7 – K 987/11, EFG 2014, 848, rkr. 5 BFH v. 16.12.1998 – I R 96/95, GmbHR 1999, 667 = BFH/NV 1999, 1125 (1127).
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21.99
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
21.100 Als Wirksamkeitshürden bei der GmbH & Still sind insbesondere § 181 BGB i.V.m. § 35 Abs. 3 GmbHG und die Formvorschriften des GmbHG (§ 48 Abs. 3 GmbHG) zu beachten. Schließt der GmbH-Geschäftsführer im Wege des In-Sich-Geschäftes das stille Gesellschaftsverhältnis ab, muss er hierfür von der Beschränkung des § 181 BGB im Gesellschaftsvertrag der GmbH wirksam befreit worden sein. Dies setzt ggf. wiederum eine entsprechende wirksame Änderung des GmbH-Vertrags voraus1. cc) Vertragsgemäße Durchführung
21.101 Anerkannt wird die stille Gesellschaft schließlich nur dann, wenn sie wie vereinbart tatsächlich durchgeführt wird. Eine nicht unerhebliche Abweichung vom Vereinbarten kann bereits dann vorliegen, wenn die GmbH die vertragsmäßig geschuldete Einlage nur zum Teil oder erheblich später vom stillen Gesellschafter einfordert2, oder wenn der Gewinnanteil dem stillen Gesellschafter nicht bei Fälligkeit ausgezahlt wird, ohne dass eine besondere Vereinbarung, etwa eine Stundung oder eine Novation getroffen wird3. e) Folgen der Nichtanerkennung der stillen Beteiligung
21.102 Kann ein stilles Gesellschaftsverhältnis zwischen einer GmbH und einem Gesellschafter als solches nicht anerkannt werden, sind die wechselseitig erbrachten Leistungen im Zweifel dem zwischen der GmbH und dem Gesellschafter bestehenden GmbH-Gesellschaftsverhältnis zuzurechnen4. Insbesondere können vGA vorliegen (siehe Rz. 21.109). 3. Die Anerkennung des Leistungsaustauschs und der Gewinn- und Verlustbeteiligung a) Rechtliche Korrekturmaßstäbe
21.103 Gesellschaftsvertraglich sind Inhaber und stiller Gesellschafter grundsätzlich frei, über die Verteilung des Erfolgs der Gesellschaft zu entscheiden (vgl. Rz. 14.3 ff.). Dies ist auch steuerlich anzuerkennen. Die gesellschaftsvertraglich vereinbarte Gewinnund Verlustbeteiligung ist damit erster Anknüpfungspunkt für die steuerliche Gewinnzurechnung5.
21.104 Ist an der GmbH eine Person still beteiligt, die nicht Gesellschafter der GmbH ist und auch keinem der GmbH-Gesellschafter nahe steht, wird die gesellschaftsvertraglich vereinbarten Gewinn- und Verlustverteilung durch die Finanzverwaltung grund-
1 Vgl. hierzu Blaurock, BB 1992, 1969 (1970) sowie Heinemann, GmbHR 1985, 176 (179). 2 FG Saarbrücken v. 1.3.1991 – 1 K 251/90, EFG 1991, 536 (536); FG München v. 24.3.1997 – 7 K 846/95, juris. 3 BFH v. 13.6.1989 – VIII R 47/85, BStBl. II 1989, 720 (721 f.) = GmbHR 1990, 181. 4 BFH v. 25.5.1988 – I R 92/84, BFH/NV 1989, 258 (259); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 144. 5 So ausdrücklich und auch auf die Fälle der Beteiligung von – beherrschenden – Gesellschaftern bezogen BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 unter II.3. Ebenso Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 218.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
sätzlich ohne besondere Überprüfung herangezogen. Zum Begriff der nahe stehenden Person vgl. Rz. 21.92. Anders verhält es sich bei Beteiligung eines GmbH-Gesellschafters oder einer ihm nahe stehenden Person. Wegen des fehlenden Interessengegensatzes ist hier stets zu überprüfen, ob die vereinbarte Gewinn- und Verlustverteilung tatsächlich durch das stille Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder ob eine verdeckte Gewinnausschüttungen anzunehmen ist.
21.105
Bei der GmbH & (typisch oder atypisch) Still ist somit der Leistungsaustausch auf verdeckte Einlagen und verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu prüfen. Die Gewinnverteilung innerhalb der stillen Gesellschaft unterliegt ebenfalls einer Angemessenheitsprüfung.
21.106
Eine vGA ist nach der allgemein anerkannten Definition1 jede Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags nach § 4 Abs. 1 EStG auswirkt, nicht auf einem gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilungsbeschluss beruht und zumindest geeignet ist, beim Gesellschafter einen Zufluss nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen2. Umgekehrt liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn ein Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensgegenstand zuwendet und die Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist3.
21.107
Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dürfen verdeckte Gewinnausschüttungen auf Ebene der Körperschaft das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen nicht mindern. Verdeckte Einlagen sind als den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 EStG erhöhende Vermögensmehrungen außerbilanziell wieder zu neutralisieren, da die Zuführung des Vermögenswerts durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (siehe auch Abschnitt 40 Abs. 2 KStR zu gewinnneutralen verdeckten Einlagen). Zu den Rechtsfolgen beim Gesellschafter siehe je nach Fallgruppe ab Rz. 21.113 ff.
21.108
Ob eine Leistung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, wird anhand des Fremdvergleichs festgestellt4. Maßstab ist, ob die Gesellschaft den Vorteil (entweder die bei der GmbH abgeflossene Vermögensminderung oder das nicht vereinnahmte Entgelt bei der verhinderten Vermögensmehrung) bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem fremden Dritten, der nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht zuwenden5 bzw. ob ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns den
21.109
1 Vgl. z.B. BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BFHE 200, 197 = BStBl. II 2004, 131 = FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118 m. Anm. Rohde; BFH v. 8.9.2010 – I R 6/09, BFHE 231, 75 = BStBl. II 2013, 186 = FR 2011, 127 m. Anm. Prinz = GmbHR 2011, 46; R 36 Abs. 1 Satz 1 KStR; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, F Rz. 65–86. 2 R 36 Abs. 1 Satz 1 KStR. 3 R 40 Abs. 1 KStR; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, F Rz. 110. 4 BFH 17.12.1997 – I R 70/97, FR 1998, 625 = DStR 1998, 609 (610); Frotscher, GmbHR 1998, 23 (25); Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Rz. 297. 5 Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 68–70.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
Vermögensvorteil nicht einräumen würde1. Auf die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten kommt es nicht an. Nach der Rechtsprechung sind daher z.B. Gewinnanteile, die einem am Stammkapital und still beteiligten Gesellschafter gewährt werden, vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, soweit sie den Anteil übersteigen, den die GmbH bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter „unter sonst gleichen Umständen“ gewährt hätte (siehe näher Rz. 21.118)2.
21.110 Eine vGA kann auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter verwirklicht werden, wenn – durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst – der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die Zuwendung zu Lasten der Gesellschaft so zu beurteilen, als hätte der Gesellschafter den Vorteil erhalten und diesen an die nahestehende Person weitergegeben; dies gilt unabhängig davon, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat3. Gewährt die Kapitalgesellschaft einer dem Gesellschafter nahestehenden Person einen Vorteil, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Vorteil dem Gesellschafter zufließt und von diesem der nahestehenden Person zugewendet wird. Allerdings gilt dies uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das „Nahestehen“ des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Der Beweis des ersten Anscheins für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis kann durch die Feststellung erschüttert werden, die Zuwendung des Vorteils an die nahe stehende Person durch die Kapitalgesellschaft habe ihre Ursache ausschließlich in einer vom Gesellschaftsverhältnis zum nahestehenden Gesellschafter unabhängigen Ursache4.
21.111 Gegenüber dem in Rz. 21.119 dargelegten Maßstab gilt für die Prüfung der vGA gegenüber beherrschenden Gesellschaftern der strengere Maßstab, dass eine vGA schon deshalb anzunehmen sein kann, weil es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren und eindeutigen, im Voraus abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Weise ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen ist oder wenn abweichend von einer solchen Vereinbarung verfahren wird5.
21.112 Durch die Regelung in § 32a KStG ist verfahrensrechtlich sichergestellt, dass Änderungen bei der Gesellschaft im Hinblick auf die Behandlung von vGA/verdeckten Einlagen beim Gesellschafter in dessen Einkommens- oder Körperschaftsteuerbescheid umgesetzt werden können.
1 BFH v. 28.6.2006 – I R 108/05, GmbHR 2006, 1339; H 36 Abs. 3 KStR 2008. 2 BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59. 3 BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFHE 207, 103, unter II.2.b aa = GmbHR 2005, 60 m. Anm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199; BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, GmbHR 2005, 945 = BFH/NV 2005, 1266, unter II.1.b; BFH v. 30.11.2010 – VIII R 19/07, GmbHR 2011, 322 = BFH/ NV 2011, 449, Rz. 22, jeweils m.w.N. 4 BFH v. 6.12.2005 – VIII R 70/04, GmbHR 2006, 387 = BFH/NV 2006, 722; BFH v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BFHE 218, 244 = BStBl. II 2007, 830, unter II.1.a = FR 2007, 1157 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2007, 1051 m. Anm. Schröder; BFH v. 6.8.2013 – VIII R 10/10, BFHE 242, 321, BStBl. II 2013, 862; siehe auch BFH v. 27.11.1974 – I R 250/72, BFHE 114, 236, BStBl. II 1975, 306, unter 1. 5 Allgemeine Meinung, siehe R 36 Abs. 2 Satz 1 KStR.
578 Levedag
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
b) VGA im Leistungsaustausch zwischen GmbH & stillem Gesellschafter aa) Fallgruppen Betrachtet werden an dieser Stelle nur vGA, die aufgrund des Leistungsaustauschs dem Gesellschafter, der zugleich atypisch oder typisch still beteiligt ist, zugewendet werden. Es handelt sich in der Regel um überhöhte Entgelte in einem Dauerschuldverhältnis (Gehalt/Mieten/Darlehenszinsen), die bei der GmbH als Betriebsausgaben abgezogen werden oder um Fallgestaltungen, bei denen Einzelwirtschaftsgüter zu einem nicht fremdüblichen (zu hohen Preis) an die GmbH veräußert oder durch den Gesellschafter von dieser zu einem nicht fremdüblich zu niedrigen Preis erworben werden1.
21.113
bb) VGA aus dem Leistungsaustausch in der typisch stillen Gesellschaft Werden unangemessene Leistungsvergütungen (Gehalt/Miete/Zinsen) an den Gesellschafter, der zugleich typisch still beteiligt ist, gezahlt, die bei der GmbH als Betriebsausgabe das Einkommen gemindert haben, führt die vGA für den unangemessenen Teil der Leistungsvergütung zu einer Einkommenserhöhung bei der GmbH (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) und zu einer Ausschüttung an den Gesellschafter gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die nach § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG bei diesem der Abgeltungsteuer unterliegt, wenn die Einkommenskorrektur bei der GmbH durchgeführt wird (sog. Korrespondenzprinzip). Ist der Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG gestellt, kommt es bei dem Gesellschafter zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG) für die Einnahmen aus der vGA. Die Einkünfte, die der Gesellschafter im Rahmen des Leistungsaustauschs aus einer anderen Einkunftsart erzielt (§§ 19, 20, 21 EStG) hat, sind um den unangemessenen Teil der Vergütung zu mindern. Da die Beteiligung und das stille Gesellschaftsverhältnis als separate Einkunftsquellen zu betrachten sind, wirkt sich die vGA somit im Bereich des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht aus, sondern ist nur den Einkünften des Gesellschafters aus der Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen. Wirtschaftlich bewirkt die Nachzahlung von KSt oder GewSt durch die GmbH aufgrund der vGA für einen früheren Veranlagungszeitraum in dem Wirtschaftsjahr, in dem vGA veranlagt wird, eine Kürzung des Gewinnanteils des typisch stillen Gesellschafters, da in diesem Jahr die entsprechenden Steuerbeträge und Zinsen nachzuzahlen sind.
21.114
cc) VGA aus dem Leistungsaustausch in der GmbH & atypisch Still Komplexer ist die Behandlung von vGA, die dem Gesellschafter und atypisch Stillen im Rahmen einer atypisch stillen Beteiligung zufließen. Leistungsvergütungen, die der still beteiligte Anteilseigner von der GmbH erhält, die keine vGA sind, sind Sondervergütungen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG; Leistungsvergütungen, die vGA sind, führen zu Sonderbetriebseinnahmen, da die Anteile an der GmbH regelmäßig Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens des stillen Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft sind (siehe Rz. 22.42 ff.)2. Da vGA, die zu gewerblichen Beteiligungseinkünften 1 Zum Überblick über die Fallgruppen mit Berechnungsbeispielen siehe Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 59 ff. 2 Vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 831 f.; Zimmermann u.a.; Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 62 f.; Vfg der OFD Erfurt v. 2310.2003, FR 1299 unter 3.2.3.3.
Levedag
579
21.115
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
(§ 20 Abs. 8 EStG) führen, dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40d Satz 2 EStG), Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG aber dem Regeltarif unterliegen, ist abzugrenzen, welchen Einkünften die Wirkungen aus der vGA zuzuordnen sind.
21.116 Nach zutreffender h.M.1 wirkt sich eine vGA (aufgrund einer unangemessenen Leistungsvergütung an den Stillen), die im Rahmen einer atypisch stillen Beteiligung dem stillen Gesellschafter gewährt wird, in der folgenden Weise aus: – Die Leistungsvergütung ist vor Berücksichtigung der vGA-Auswirkungen bei der GmbH als Betriebsausgabe abgezogen und dem atypisch stillen Gesellschafter als Sondervergütung zugerechnet worden; – die vGA führt im ersten Schritt zu einer Einkommenserhöhung bei der GmbH (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), da nur der angemessene Teil der Geschäftsführungsvergütung zum Betriebsausgabenabzug berechtigt; – diese Einkommenserhöhung ist außerbilanziell in voller Höhe dem Gesamtgewinn der atypischen stillen Gesellschaft zuzurechnen und nach den Beteiligungsquoten zu verteilen2; – innerhalb der atypisch stillen Gesellschaft ist dem Gewinnanteil der GmbH der Teil der vGA zuzurechnen, der auf ihre Beteiligungsquote entfällt; – dem atypisch stillen Gesellschafter wird der Betrag der vGA, der das Einkommen der GmbH erhöht hat, innerhalb der atypisch stillen Gesellschaft als verdeckte Entnahme zugerechnet; – die bisher angesetzte Sondervergütung (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) des atypisch stillen Gesellschafters wird auf die Höhe der angemessenen Vergütung gekürzt; – dem atypisch stillen Gesellschafter wird die vGA-Einkommenserhöhung der GmbH gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als Sonderbetriebseinnahme zugerechnet und dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Buchst. d EStG) unterworfen.
21.117 Die teilweise Umqualifikation der unangemessenen Sondervergütung in eine vGA, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, führt damit insgesamt zu einer niedrigeren Gewinnzuweisung als vorher, da der atypisch stille Gesellschafter zuvor die unangemessene Sondervergütung in voller Höhe ohne Anwendung des Teileinkünfteverfahrens versteuern musste3. c) VGA aufgrund einer unangemessenen Gewinnverteilung aa) Gleiche Maßstäbe für GmbH & typisch Still und GmbH & atypisch Still
21.118 Die Gewinnverteilung bei der GmbH & (typisch oder atypisch) Still ist regelmäßig darauf hin zu überprüfen, ob aufgrund einer überhöhten Gewinnbeteiligung eine vGA 1 Vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 831 f.; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 62 f. Siehe zur ähnlich abzuwickelnden vGA aufgrund einer unangemessenen Gewinnverteilung Rz. 21.118 und BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BStBl. II 2015, 935. 2 Gosch, § 8 KStG Rz. 1232. 3 Vgl. Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 831 f.; Zimmermann u.a.; Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 63.
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an den stillen Gesellschafter, der zugleich GmbH-Gesellschafter ist, erfolgt. Dies ist nach allgemeinen Kriterien dann der Fall, wenn die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters objektiv einem Fremdvergleich nicht standhält, wenn also der auf die stille Beteiligung entfallende Gewinn den Anteil übersteigt, den die GmbH bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter „unter sonst gleichen Umständen“ gewährt hätte1. Nach der Sichtweise des BFH erfährt die Anerkennung der zivilrechtlichen Gewinnerverteilungsabrede steuerrechtlich Einschränkungen, wenn für die Gewinnverteilung nicht allein die Verhältnisse der Gesellschafter in der atypisch stillen Gesellschaft und insbesondere ihre Beiträge zum Gesellschaftszweck maßgebend sind, sondern die Verteilung von anderen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern beeinflusst ist, die ihre Grundlage nicht im stillen Gesellschaftsverhältnis haben. Dies können verwandtschaftliche, aber auch wirtschaftliche Beziehungen außerhalb des stillen Gesellschaftsverhältnisses sein. Der Einfluss, den diese Beziehungen auf die Gewinnverteilung nehmen, muss korrigiert werden; insoweit handelt es sich nämlich um die Verwendung bereits erzielter Einkünfte, die die Zurechnung des erzielten Einkommens nicht beeinflussen kann2. Insbesondere dann, wenn sich der alleinige Gesellschafter einer GmbH an dieser zugleich als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt, kann die Gewinnverteilung der atypisch stillen Gesellschaft durch das Gesellschaftsverhältnis der GmbH beeinflusst sein, so dass die vertragliche Gewinnverteilung für Zwecke der Zurechnung der Einkünfte einer Korrektur bedarf. Das ist etwa dann der Fall, wenn die GmbH im Interesse des stillen Gesellschafters auf eine Gewinnbeteiligung verzichtet, die ihr unter Fremden eingeräumt worden wäre. Dieser Verzicht darf auf den Gewinnanteil der GmbH nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keinen Einfluss haben3. Es ist somit maßgeblich, welches Entgelt die GmbH einem Nichtgesellschafter für die Zurverfügungstellung der Einlageforderung als Finanzierungsmittel gewährt hätte. Auf die stille Gesellschaft finden diese allgemeinen Kriterien allerdings mit der Maßgabe Anwendung, dass es für die Frage der Angemessenheit im Ergebnis weniger auf den objektiven Fremdvergleich zu den Konditionen einer Kapitalaufnahme bei Dritten ankommt als auf die Frage, ob die Gewinn- und Verlustbeteiligung im Verhältnis zu den jeweiligen Beiträgen des Inhabers und des stillen Gesellschafters zur Förderung des Zwecks stillen Gesellschaft angemessen sind (siehe näher Rz. 21.130 ff.)4. Dieser Maßstab gilt im Ausgangspunkt gleichermaßen für die GmbH & typisch Still und die GmbH & atypisch Still5. Es sind aber die Grundsätze für die Anerkennung der Gewinn- und Verlustbeteiligung bei Familienpersonengesellschaften nicht auf die GmbH & Still übertragbar. Dies gilt selbst für den Fall der Einmann-GmbH & Still. Das Grundsatzurteil des BFH vom 6.2.1980 hat insofern eine Klärung gebracht6. 1 2 3 4 5
BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (60). BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169. BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169. Gosch, § 8 KStG Rz. 1231; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewSt, § 8 KStG Rz. 602 f. Gosch, § 8 KStG Rz. 1231; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewSt, § 8 KStG Rz. 602 f.; Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 836. 6 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358 = GmbHR 1980, 215; wiederholend BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841. Zustimmend Costede, StuW 1983, 308 (313); Sudhoff/Sudhoff, GmbHR 1984, 77 (78); Blaurock, BB 1992, 1969 (1976); Horn/Maertins, GmbHR 1994, 147 (152); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 214 ff. und 285 ff.,
Levedag
581
21.119
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
bb) Maßstäbe der Angemessenheit
21.120 Im Urteil vom 6.2.1980 hat der BFH zugleich positiv die Kriterien geklärt, nach denen die Angemessenheitsprüfung vorzunehmen ist. Demnach bestimmt sich die Angemessenheit der Gewinnverteilung primär danach, ob die Gewinn- bzw. Verlustverteilung den finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Gesellschafter zu der Gesellschaft sowie den Beiträgen der einzelnen Gesellschafter für die Erreichung des Gesellschaftszwecks angemessen Rechnung trägt oder ob bezüglich der Gewinnanteile der einzelnen Gesellschafter offenbare Missverhältnisse bestehen1.
21.121 Hauptkriterien für die Prüfung der angemessenen Gewinnverteilung sind nach allgemeiner Ansicht2 – die Höhe der erbrachten Kapitalleistungen, – die eingegangenen Risiken des stillen Gesellschafters (Verlustbeteiligung/Risiko des Einlageverlusts/Risiko der Ertragslosigkeit der Gesellschaft), – der Arbeitseinsatz des Stillen; – die Ertragsaussichten des betriebenen Unternehmens. Daneben können die vorhandenen Geschäftsbeziehungen, die Dringlichkeit des Kapitalbedarfs und die wirtschaftliche Bedeutung der Finanzierung durch die Einlage zu berücksichtigen sein3.
21.122 Es ist im Einzelfall anhand der getroffenen Vereinbarungen zu prüfen, ob bestimmte Vorabvergütungen vereinbart sind, da diese für die Prüfung der Angemessenheit der Restgewinnverteilung nicht doppelt berücksichtigt werden dürfen. Vorabvergütungen betreffen regelmäßig die Kapitalverzinsung der Einlage des Stillen und eine Abgeltung der Risiken der GmbH aus ihrer Haftung sowie der Tätigkeit als Geschäftsherrin. Als angemessene Vorabvergütung anerkannt4 ist eine Avalprovision der GmbH und des stillen Gesellschafters von jeweils bis zu 3 % des eingesetzten Kapitals für das Haftungsrisiko. Soweit das Kapitalverlustrisiko und Ertragsausfallrisiko für die GmbH
1
2 3 4
stimmt dem ebenso grundsätzlich zu. In bestimmten Fällen – so z.B. beim Gewinnverzicht eines atypischen Stillen, der zugleich Hauptgesellschafter der GmbH ist, zugunsten anderer atypischer stiller Gesellschafter – hält er jedoch bei einem atypischen stillen Beteiligungsverhältnis die Anwendung der Grundsätze zur Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften für möglich (vgl. Rz. 285 f.). Siehe auch Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 836; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 28 ff.; Gosch, § 8 KStG Rz. 1231. Zum früheren Streitstand vgl. Schulze zur Wiesche, FR 1976, 164; Paulick, GmbHR 1982, 237 (241); Döllerer, ZGR 1977, 495 (504) und ZGR 1981, 551 (560). BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477 = FR 1980, 358 = GmbHR 1980, 215; FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr; zur Abgrenzung siehe BFH v. 9.6.1994 – IV R 47/92, BFH/NV 1995, 103 (105); BFH v. 27.3.2001 – I R 52/00, BFH/NV 2002, 537: absolute Begrenzung der prospektiven Rendite bei einer typischen stillen Beteiligung an einer GmbH auf 25 % p.a. Gosch, § 8 KStG Rz. 1231; Stimpel in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 837; Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewSt, § 8 KStG Rz. 602 f. Ebenso Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 218; BFH v. 11.7.1984 – I R 233/81 – n.v. Siehe Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 30 f.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
und den stillen Gesellschafter von unterschiedlichem Gewichtsind, kann dies vorweg durch einen höheren Gewinnvorab berücksichtigt werden1. Vorabvergütungen können innerhalb des Prognosezeitraums auch disquotal ausgestaltet sein2. Bei der Gewinnverteilung ist weiter der Arbeitseinsatz der GmbH im Außenverhältnis zu vergüten, da es sich um einen Gesellschafterbeitrag handelt. Dieser dürfte in der Regel durch das dem Geschäftsführer gezahlte Geschäftsführergehalt abgegolten sein. Soweit diese Vergütung angemessen ist, darf die Arbeitsleistung bei Verteilung des Restgewinns nicht noch einmal berücksichtigt werden3. Persönliche Dienstleistungen des Stillen können nur bei vertraglicher Vereinbarung berücksichtigt werden, da sie gesetzlich nicht geschuldet sind4.
21.123
Das eingezahlte Kapital (die Einlage des Stillen) kann zu den allgemeinen Konditionen am Kapitalmarkt im Wege des Gewinnvorabs verzinst werden. Wird eine solche Vorwegverzinsung nicht vorgenommen, so muss die Verzinsung der Kapitalleistung bei Verteilung des Restgewinns berücksichtigt werden5.
21.124
Eine hohe Rendite der Einlage des Stillen ist nicht von vornherein als Kennzeichen einer unangemessenen Gewinnverteilung anzusehen. Die Einlage bestimmt sich nach den zum Zeitpunkt der Eingehung der stillen Gesellschaft geltenden Verhältnisse6. Die Angemessenheit der Gewinn- und Verlustverteilung im Verhältnis zur erbrachten Einlage ist aber nicht allein nach den Verhältnissen nur eines Wirtschaftsjahres (Veranlagungszeitraum) zu beurteilen. Der Beurteilung ist in der Regel ein längerer Zeitraum, insbesondere hinsichtlich der zu erwartenden Erträge, zugrunde zu legen7. Für den Prognosezeitraum, innerhalb dessen sich insgesamt eine angemessene Gewinn- und Verlustbeteiligung in Relation zur Einlage ergeben muss, ist eine Spanne von ca. 3–5 Jahren anzusetzen8. Eine kürzere Zeitspanne kann maßgeblich sein, wenn die GmbH die Möglichkeit hat, die stille Gesellschaft zu kündigen, und ein gewissenhafter Geschäftsleiter bei einem Nichtgesellschafter von dieser Möglichkeit wegen einer gravierenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse Gebrauch machen würde.9
21.125
Die Restgewinnverteilung wird wesentlich von dem Verhältnis zwischen dem Wert der stillen Beteiligung (der Einlage) und dem Unternehmenswert der GmbH bestimmt. Für eine angemessene Restgewinnverteilung ist es somit erforderlich, den
21.126
1 Vgl. auch Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 220; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 150. 2 FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr. 3 Vgl. BFH v. 26.10.1983 – I R 18/78, n.v.; BFH v. 16.7.1986 – I R 78/79, BFH/NV 1987, 326; BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59; Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 29. 4 FG BW v. 29.3.2001 – 3 K 98/99. 5 Bitsch, GmbHR 1983, 56; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 219. 6 FG BW v. 29.3.2002 – 3 K 98/99; Bitsch, GmbHR 1983, 56; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 218; Schoor/Natschke, GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 146. 7 FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, rkr. 8 BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59 (60); BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 (842); FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29. 9 BFH v. 5.2.1986 – I S 15/85, GmbHR 1987, 69 = BFH/NV 1986, 563 (564).
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Wert der Einlagen der stillen Gesellschafter und den Gesamtwert des Unternehmens der GmbH zu ermitteln und ins Verhältnis zu setzen. Das sich nach diesen Werten ergebende Verhältnis ist bei Beurteilung der Angemessenheit zu berücksichtigen1. Die Einlagen der stillen Gesellschafter sind dabei mit dem Nennwert, der Anteil der GmbH mit dem tatsächlichen Wert des Unternehmens anzusetzen. Der Wert der Einlage des stillen Gesellschafters ist verkehrsüblich zu ermitteln und kann nur berücksichtigt werden, wenn die Einlage geleistet worden ist2.
21.127 Der Unternehmenswert der GmbH ist entsprechend den Grundsätzen, welche die Rechtsprechung zur Ermittlung eines Geschäftswertes in Anwendung der sog. indirekten Methode aufgestellt hat, zu ermitteln3. Bei dieser Ermittlung eines Unternehmenswerts ist neben dem Ertragswert auch der Substanzwert des Unternehmens zu berücksichtigen. Der Unternehmenswert entspricht dabei dem arithmetischen Mittel zwischen Ertragswert und Substanzwert, weil beide Werte das gleiche Gewicht haben4. Es ist auch eine Wertermittlung des Unternehmenswerts der GmbH nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren (§§ 11 Abs. 2, Abs. 4 Satz 4; 199 ff. BewG) im Ertragsteuerrecht zulässig5. Dies schließt auch den Gegenbeweis durch eine andere Methode (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG) ein. In dieser neuen Form der Wertermittlung des Unternehmenswerts der GmbH kann eine Alternative zur bisherigen indirekten Methode gesehen werden, allerdings ist vor der Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens aufgrund des in den letzten Jahren stark gestiegenen Kapitalisierungsfaktors zu warnen6.
21.128 Folgendes Berechnungsschema zur Ermittlung der angemessenen Gewinnverteilung nach der indirekten Methode ist in der Praxis anerkannt7: (Zu erwartende Jahreserträge × 100)/Kapitalisierungszinsfuß = Ertragswert ./. Substanzwert (Reproduktionswert = tatsächliche Substanz des Betriebs zu Wiederbeschaffungskosten) = Geschäftswert ./. 50 %-Risikoabschlag + Substanzwert = Unternehmenswert
1 Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 221; Bitsch, GmbHR 1983, 56. 2 BFH v. 26.11.2003 – VIII R 64/03, GmbHR 2004, 436; BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, FR 1993, 436 = GmbHR 1993, 520; siehe auch BFH v. 4.7.2001 – VIII B 79/00, BFH/NV 2001, 1553 (1553) (für die Gewährung von Darlehen) und BFH v. 24.4.2014 – IV R 18/10, BFH/NV 2014, 1516 (zur Forderungsabtretung). 3 Vgl. BFH v. 11.10.1960 – I 229/59 U, BStBl. III 1960, 509; BFH v. 7.10.1970 – I R 1/68, BStBl. II 1971, 69; BFH v. 17.1.1973 – I R 46/71, BStBl. II 1973, 418; BFH v. 8.12.1976 – I R 215/73, BStBl. II 1977, 409; BFH v. 25.1.1979 – IV R 56/75, BStBl. II 1979, 302; BFH v. 27.3.1985 – I S 3/84, BFH/NV 1987, 263; BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841; BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867 = FR 2005, 300 = GmbHR 2005, 240; sowie zur Ermittlung des Substanzwertes ausführlich BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59. 4 BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867 = FR 2005, 300 = GmbHR 2005, 240. 5 Eine Wertermittlung des Unternehmenswerts nur anhand eines anerkannten Ertragswertverfahren befürwortet Rengers in Blümich, EStG/KStG/GewSt, § 8 KStG Rz. 602. 6 Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O, Rz. 33 mit Beispiel. 7 Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O, Rz. 33.
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Beispiel: Der durchschnittlich zu erwartende Jahresertrag einer GmbH beträgt 150 000 Euro, der Substanzwert 700 000 Euro1. Die stille Beteiligung hat einen Nennwert von 300 000 Euro. Stammkapital, Gewinn- und Kapitalrücklagen der GmbH betragen 500 000 Euro. Die stillen Reserven des GmbH-Gesellschaftsvermögens betragen 200 000 Euro. Der handelsübliche Kapitalmarktzins für risikofreie Anlagen beträgt 5 %.
Ertragswert (vorgegeben) Substanzwert Innerer Wert Abschlag (50 %) Substanzwert Unternehmenswert der GmbH
2 140 000 Euro 700 000 Euro 1 440 000 Euro ./. 720 000 Euro 720 000 Euro + 700 000 Euro 1 420 000 Euro ./.
Nachhaltiger Jahresertrag laut Prognosezeitraum ./. Angemessene Vorabvergütungen (Vorabverzinsung von Einlage, Stammkapital und Rücklagen/Verlust- und Haftungsrisiko)
150 000 Euro ./.
70 000 Euro
– davon GmbH: Vorabverzinsung von Stammkapital/Rücklagen = 5 % von 500 TEuro = 25 000 Euro Vorabvergütung für die Verlusttragung = 3 % des Stammkapitals/der Rücklagen/stillen Reserven = 3 % von 700 TEuro = 21 000 Euro (siehe Rz. 21.122) – davon still Beteiligter Vorabverzinsung der Einlage: 5 % von 300 TEuro = 15 000 Euro Vorabvergütung für die Verlusttragung: 3 % von 300 TEuro = 9000 Euro (siehe Rz. 21.122) Restgewinn Angemessene Gewinnverteilung Verhältnis der Kapitaleinsätze (1 720 000 Euro) GmbH 1 420 000 Euro (82,6 %) Stille Einlage 300 000 Euro (17,4 %)
80 000 Euro 66 080 Euro 37 920 Euro
Zu diesen angemessenen Gewinnanteilen sind die jeweiligen Anteile der Gesellschafter an den Vorabvergütungen (70 000 Euro) hinzuzurechnen. Der atypisch still Beteiligte erhält insgesamt 37 920 Euro + 15 000 Euro + 9000 Euro = 61 920 Euro. Dies entspricht einer Rendite der Einlage von (61 920 Euro/300 000 Euro =) 20,64 %. Diese wird sowohl mit als auch ohne Verlusttragung in der atypisch stillen Beteiligung noch als angemessen angesehen (siehe Rz. 21.129).
1 Anlehnung an das Beispiel von Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 33.
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
cc) Angemessenheitsgrenzen bei der Gewinnverteilung in der atypisch stillen Gesellschaft
21.129 Bei einer atypisch stillen Beteiligung wird aufgrund der Zurechnung der Verlustanteile eine durchschnittliche Rendite von 35 % der stillen Beteiligung und ohne Verlustbeteiligung von 25 % des Nennwerts1 der Einlage als angemessen angesehen2. Der Nennwert der Einlage für Zwecke der Gewinnverteilung ist nicht um ein Aufgeld des atypisch stillen Gesellschafters zu erhöhen3. dd) Rechtsfolgen einer unangemessenen Gewinnverteilung
21.130 Ergibt sich eine unangemessene Gewinnverteilung, ist in der typisch stillen Gesellschaft das Einkommen der Gesellschaft zu erhöhen und der Betriebsausgabenabzug für die Vorabvergütungen und die Restgewinnverteilung zu kürzen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 EStG). Auf Ebene des stillen Gesellschafters führt dies zu einer Minderung der bislang zu hohen Vergütungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, da nur i.H. der angemessenen Vergütung Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt werden. Ist der Gesellschafter der GmbH zu mindestens 10 % beteiligt und zugleich typisch still Beteiligter, unterliegen die angemessenen Vergütungen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht der Abgeltungsteuer, sondern der Regelbesteuerung (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG). Der unangemessene Teil der Gewinnverteilung führt zum Ansatz einer vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die bei korrespondierender Gewinnkorrektur auf Ebene der GmbH der Abgeltungsteuer unterliegt (§ 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG). Ist ein Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG spätestens mit der Einkommensteuererklärung gestellt worden oder liegt der Veranlagungszeitraum, in dem die vGA ausgelöst wird, innerhalb der fünfjährigen Bindungswirkung eines früheren Antrags, wird die vGA im Teileinkünfteverfahren versteuert (§ 3 Nr. 40 Buchst. d i.V.m. Satz 2 EStG).
21.131 Ist der GmbH-Gesellschafter zusammen mit anderen stillen Gesellschaftern über eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts beteiligt, wird der unangemessene Teil dem Gesellschafter als vGA aufgrund der Bruchteilsbetrachtung unmittelbar und nicht im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung zugerechnet4.
21.132 Bei der atypisch stillen Gesellschaft ist zu berücksichtigen, dass der Gewinnanteil des atypisch stillen Gesellschafters im Rahmen der Handelsbilanz der GmbH als Betriebsausgabe abgezogen und anschließend im Rahmen der Einkünfteermittlung korrigiert wird. Vor Berücksichtigung der Wirkungen der vGA ist im Rahmen der Gewinnermittlung der GmbH & atypisch Still diese Betriebsausgabe vollständig rückgängig zu machen und dem handelsbilanziellen Gewinn der GmbH hinzuzurechnen, der in dieser korrigierten Höhe den Gesamtgewinn der atypisch stillen Gesellschaft bildet. Dem atypisch stillen Gesellschafter werden Einkünfte gemäß §§ 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. 20 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 8 EStG i.H. der ihm für die stille Beteiligung gewährten Vergütung und Sondervergütungen zugerechnet. Die Einkünfte der GmbH aus der GmbH & atypisch Still entsprechen der Höhe ihres Handelsbilanzgewinns.
1 2 3 4
Siehe hierzu Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 58. Gosch, § 8 KStG Rz. 1231; Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 603. BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266 = GmbHR 2010, 1223. BFH v. 5.12.1990 – I R 106/88, BFH/NV 1991, 841 (842).
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§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
Ergibt sich nunmehr eine unangemessene Gewinnverteilung in der GmbH & atypisch Still, die zu einer vGA an den atypisch stillen Gesellschafter führt, ist innerhalb der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die GmbH & atypisch Still zu korrigieren1. Es ist der GmbH der angemessene Gewinnanteil zuzurechnen. Ohne die vGA wurde auch der unangemessene Teil der Vergütung zunächst dem atypisch stillen Gesellschafter als Bestandteil seiner Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zugewiesen. Unter Berücksichtigung der vGA sind diese Einkünfte auf den angemessenen Betrag zu mindern. Daneben führt – unter der im Regelfall zutreffenden Annahme, dass die Anteile des GmbH-Gesellschafters zum Sonderbetriebsvermögen bei der atypisch stillen Gesellschaft gehören (siehe Rz. 21.125) – der Ansatz der vGA zu Sonderbetriebseinnahmen des atypisch stillen Gesellschafters (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen (§ 3 Nr. 40 Buchst. d i.V.m. § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG)2. Die Aufteilung des zuvor unangemessenen höheren Gewinnanteils, der gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Tarifbelastung unterlegen hat, in angemessene Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG einerseits und andererseits Sonderbetriebseinnahmen aus der vGA (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), die der Steuerbefreiung von 40 % im Teileinkünfteverfahren unterliegen, kann aus Sicht des atypisch stillen Gesellschafters zu einer insgesamt niedrigeren Gewinnzuweisung als vorher führen3.
21.133
VI. Zusammenfassung Bei stillen Gesellschaften unter Familienangehörigen sowie bei stillen Gesellschaften zwischen GmbH-Gesellschaftern und „ihrer“ GmbH bzw. zwischen Personen, die den GmbH-Gesellschaftern nahe stehen und der GmbH, ist die steuerliche Anerkennung in zweifacher Hinsicht zu prüfen. Die erste Ebene betrifft die steuerliche Anerkennungsfähigkeit des Gesellschaftsverhältnisses als solches. Dies gilt sowohl für typische als auch atypisch stille Beteiligungen. Eine stille Gesellschaft unter Familienangehörigen wird steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie ernstlich gewollt ist. Im Rahmen der durchzuführenden Gesamtbetrachtung sind maßgebliche Indizien für den Rechtbindungswillen der Beteiligten, ob die Beteiligung im Vorhinein klar und eindeutig sowie zivilrechtlich wirksam vereinbart wird, die Ausgestaltung fremdüblich ist und die Vereinbarungen später auch entsprechend tatsächlich durchgeführt werden. Bei atypisch stillen Beteiligungen muss die Rechtsposition des stillen Gesellschafters so ausgestaltet werden, dass dieser die Anforderungen des Mitunternehmerbegriffs erfüllt, also im Umfang eines Kommanditisten nach dem gesetzlichen Leitbild Mitunterrisiko entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Auf der zweiten Ebene ist bei Anerkennung der typisch oder atypisch stillen Beteiligung stets die Angemessenheit der Gewinnverteilungsabrede zu prüfen. Auch stille Beteiligungen die geschenkt werden, sind auf ihre Anerkennung hin zu prüfen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Geschäftsinhaber dem späteren stillen Gesellschafter die Mittel zur Leistung der Einlageforderung schenkt. Für schenkweise stille Beteiligungen haben sich in der Rechtsprechung feste Obergrenzen für die Zuweisung angemessener Gewinnanteile herausgebildet.
1 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169. 2 BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935 = GmbHR 2015, 1169. 3 Zimmermann u.a., Die GmbH im Steuerrecht, O Rz. 61 mit Beispiel.
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21.134
§ 21 Steuerliche Anerkennung in Sonderfllen
Die Mischform der GmbH & Still wird zivilrechtlich wie steuerrechtlich grundsätzlich anerkannt. Wird die stille Gesellschaft mit einem die GmbH beherrschenden Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person begründet, setzt die Anerkennung der GmbH & Still ebenso voraus, dass der Gesellschaftsvertrag im Voraus klar und eindeutig sowie zivilrechtlich wirksam vereinbart wird, inhaltlich fremdüblich ist und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wird. Die Gewinn- und Verlustverteilung der GmbH & Still ist daneben gesondert auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Sie bemisst sich in erster Linie nach dem Verhältnis der Beiträge, die die GmbH und die der stille Gesellschafter zum Erreichen des Gesellschaftszwecks der typisch oder atypisch stillen Gesellschaft erbringen. Eine unangemessene Gewinnverteilung führt sowohl im Rahmen der GmbH & typisch Still als auch der GmbH & atypisch Still zur Einkommenskorrektur im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung.
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§ 22 Einkommensteuer winntransfer von der GmbH auf die Gesellschafterebene, GmbH-StB 2008, 262; Schild, Eugen, Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unter dem Blickwinkel des BFH-Urteils vom 11.8.1999, XI R 12/98, DStR 2000, 576; Schild, Claus, Veräußerung von atypisch und typisch stillen Beteiligungen mit Verlustvorträgen, JbFfSt 2003/2004, 280; Schmidt, Ludwig, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 14.2.1984 (VIII R 126/82), FR 1984, 398; Schmidt, Ludwig, Einkommensteuerrechtliche Wertung verzinslicher Pflichtteils-, Erbersatz- und Zugewinnausgleichsschulden, FR 1993, 683; Schmidt, Volker/Wänger, Manuela, Änderungen bei der Abgeltungsteuer durch das Jahressteuergesetz 2008, NWB 2008, 423 (427 ff.), Fach 3, S. 14939 (14943 ff.); Schön, Wolfgang, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 2.5.1984 (VIII R 276/81), BB 1985, 313; Schoor, Hans Walter, Die GmbH & Still im Steuerrecht, LSW 2004 Gruppe 14, S. 415; Schoor, Hans Walter/ Natschke, Thomas, Die GmbH & Still im Steuerrecht, 4. Aufl. 2005; Schroer, Achim/Starke, Peter, Die Abschaffung der Mehrmütterorganschaft durch das StVergAbG – Folgen und Handlungsalternativen, GmbHR 2003, 153; Schulze-Osterloh, Joachim, Rechtsanwendung und Rechtsetzung für Verlustzuweisungsgesellschaften durch Verwaltungsvorschriften, in Tipke (Hrsg.), Grenzen der Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht, 1982, S. 241 ff.; Schulze-Osterloh, Joachim, Verfassungswidrigkeit der Kodifikation der Abfärbetheorie (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), in Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 1997, S. 531; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Gewinnermittlung bei der atypischen GmbH & Still, GmbHR 1982, 114; Schulze zur Wiesche, Dieter, Einbringung von Wirtschaftsgütern in eine GmbH & Still, StBp 2003, 132; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die atypische stille Gesellschaft, FR 1997, 405; Schulze zur Wiesche, Dieter, Völlige Gleichstellung der atypisch stillen Gesellschaft mit der Personengesellschaft?, DStZ 1998, 285; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & atypisch Still, GmbHR 1999, 902; Schulze zur Wiesche, Dieter, Vermögensübertragungen im Rahmen einer Personengesellschaft nach den Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, DStR 1999, 1017; Schulze zur Wiesche, Dieter, StSenkG: Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft und umgekehrt sowie Realteilung nicht begünstigt?, FR 2000, 976; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & atypisch Still – ein großer Verlierer der neuen Steuergesetzgebung, BB 2003, 713; Schulze zur Wiesche, Dieter Die Mitunternehmerschaft, DB 2015, 1487; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still in der aktuellen Rechtsprechung, DB 2011, 1477; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gestaltungen innerhalb von Mitunternehmerschaften, DStZ 2014, 719; Schwedhelm, Rolf, Die Unternehmensumwandlung, 8. Aufl. 2016; Schwedhelm, Rolf/Finke, Jan, Die Zinsschranke in der Beratungspraxis, GmbHR 2009, 281; Schwedhelm, Rolf, Die GmbH & Still als Mitunternehmerschaft, 1987; Siegle, Werner, Behandlung von Veräußerungsgewinnen nach dem Steuersenkungsgesetz, SteuerStud 2001, 43; Söffing, Günter, „Gewinn“ bei der Veräußerung einer stillen Beteiligung, DStR 1984, 268; Stahl, Rudolf, Gestaltungsaspekte und Steuerfallen bei der Realteilung einer Mitunternehmerschaft gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG, DStZ 2006, 548; Stapperfend, Thomas, Die Infektion im Einkommensteuerrecht – Ein Beitrag zum Krankheitsbild des Einkommensteuergesetzes, StuW 2006, 303; Sterner, Friedrich, Kapitaleinkünfte durch Veräußerung einer stillen Beteiligung?, BB 1983, 2176; Sterner, Friedrich, Steuerfragen beim Ausscheiden eines typischen stillen Gesellschafters, DB 1985, 2316; Strahl, Martin, Gewinnrealisierungszwänge aufgrund des „Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002“ bei Personengesellschaften, FR 1999, 628; Stuhrmann, Gerd, Sinngemäße Anwendung des § 15a EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen, RWP 1982, SG 5.2, 1; Suchanek, Markus/Hagedorn, Sonja, Steuerpraxisfragen der GmbH & atypisch Still, FR 2004, 1149; Töben, Thomas/Fischer, Hardy, Die Zinsschranke – Regelungskonzept und offene Fragen, BB 2007, 974; Uelner, Adalbert, Aktuelles zu steuerbegünstigten Kapitalanlagen aus der Sicht der Finanzverwaltung, StbJb. 1981/82, 107; van Lishaut, Ingo, Steuersenkungsgesetz: Mitunternehmerische Einzelübertragungen i.S. des § 6 Abs. 5 Satz 3 ff. EStG n.F., DB 2000, 1784; van Lishaut, Ingo/Schuhmacher, Andreas/Heinemann, Peter, Besonderheiten bei der Zinsschranke bei Personengesellschaften, DStR 2008, 2341; Volb, Helmut, Die GmbH & Still – Zivil- und steuerrechtliche Aspekte (Teil 2), SteuerStud 2008, 380; Wahl, Adalbert, Einkommensteuerliche Gleichwertigkeit von Mitunternehmerschaften mit und ohne Gesamthandsvermögen?, in Handelsbilanzen und Steuerbilanzen – Festschrift zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. h.c. Heinrich Beisse, 1997, S. 521; Wagner, Siegfried, Das Verlustausgleichs- und -abzugsverbot nach § 15 Abs. 4 EStG, insbesondere bei Termingeschäften und bei stillen Gesellschaften, DStZ 2003, 798; Walter, Wolfgang, Die atypisch stille Gesellschaft als Instrument der Verlustnutzung, GStB 2000, 50; Watrin, Christoph/Wittkowski, Ansas/
592 Levedag
§ 22 Einkommensteuer Strohm, Christiane, Auswirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf die Besteuerung von Kapitalgesellschaften, GmbHR 2007, 785; Wälzholz, Eckhard, Die GmbH & Still nach der Unternehmensteuerreform, GmbH-StB 2008, 11; Wendt, Michael, StSenkG/StSenkErgG: Neuregelung der Betriebsaufgabe/Veräußerung wegen Alters oder Berufsunfähigkeit, FR 2000, 1199; Werth, Francesca, Erste BFH-Rechtsprechung zur Abgeltungsteuer, DStR 2015, 1343; Wichmann, Gerd, Gesellschafts-, handels- und steuerrechtliche Fragen zur GmbH & Still, DStZ 2014, 442.
Es wird zunächst die atypisch stille Gesellschaft und danach die typisch stille Gesellschaft behandelt.
22.1
Aufgrund der Änderungen bei der typischen stillen Gesellschaft, die seit dem Veranlagungszeitraum 2009 infolge der Abgeltungsteuer gelten und der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bei Neugesellschaften, die nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben wurden, wird bei der typischen stillen Gesellschaft sowohl die bis zum 31.12.2008 als auch die ab dem 1.1.2009 geltende Rechtslage dargestellt.
22.2
I. Die atypische stille Gesellschaft 1. Die Eingehung der atypisch stillen Gesellschaft Die Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft1 ist auf Seiten des Geschäftsinhabers als Einbringung eines Betriebes in eine Mitunternehmerschaft anzusehen, da sich trotz unveränderter zivilrechtlicher Eigentumsverhältnisse die steuerliche Zuordnung des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers ändert. Dieses wird der atypisch stillen Innengesellschaft als „Quasi-Gesamthandsvermögen“ zugerechnet. Nach überwiegender Auffassung kann auf diesen Vorgang, der dem Grunde nach eine Betriebsveräußerung gemäß § 16 Abs. 1 EStG darstellt2, aber § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 UmwStG 2006 angewendet werden. Im UmwStG 2006 in der Fassung durch das SEStEG3, das für Einbringungen nach dem 12.12.2006 gilt, ist bei Einbringungen das eingebrachte Betriebsvermögen, das eine qualifizierte Sachgesamtheit bilden muss (Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmensanteil), in der Schlussbilanz der aufnehmenden atypisch stillen Gesellschaft grundsätzlich mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Abweichend hiervon kann auf Antrag der Buchwert oder ein Zwischenwert angesetzt werden, soweit das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des eingebrachten Betriebsvermögens nicht eingeschränkt wird, § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG. Dies gilt sowohl für die Gründung eines Einzelunternehmens & atypisch Still, GmbH & atypisch Still als auch der Personengesellschaft & atypisch Still (siehe näher § 26).
1 Vgl. zur Auffassung der Finanzverwaltung OFD Frankfurt a.M. v. 14.3.2001 – S. 2241 A-37-St II 21, DStR 2001, 1159. Das BMF-Schreiben v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, der sog. UmwStE 2011, äußert sich nicht zu Einbringungen in die atypisch stille Gesellschaft gemäß § 24 UmwStG. 2 Es wird aus Sicht des Geschäftsinhabers das BV im Zuge eines tauschähnlichen Vorgangs gegen Gewährung einer Mitunternehmerstellung in der atypisch stillen Gesellschaft auf diese übertragen. 3 Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.2006, BStBl. I 2006, 2782.
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22.3
§ 22 Einkommensteuer
22.4 Bei der Gründung der atypisch stillen Gesellschaft fällt auf Ebene des Einbringenden (des Geschäftsinhabers) kein Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 2 EStG an, wenn für das eingebrachte Betriebsvermögen auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft der Buchwert für die Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens angesetzt wird. Wird der gemeine Wert oder ein Zwischenwert angesetzt, sind die Buchwerte aufzustocken (zur weiteren Behandlung siehe § 24 Abs. 4 UmwStG i.V.m. § 23 UmwStG) und es entsteht für den Einbringenden (den Geschäftsinhaber)1 ein steuerpflichtiger Gewinn aus der Veräußerung (§ 16 Abs. 2 EStG), der gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG als laufender Gewinn anzusehen ist und nicht unter die Steuerbegünstigungen von §§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 EStG fällt. 2. Besteuerung laufender Geschäftsvorgänge a) Subjektive Steuerpflicht der Mitunternehmer
22.5 Die atypisch stille Gesellschaft ist als solche nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig. Steuerpflichtig sind die einzelnen Mitunternehmer mit den Einkünften, die sie über die Gesellschaft beziehen (§§ 2 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, 8 Abs. 1 KStG). Es wird somit wie bei anderen Mitunternehmerschaften, die keine Innengesellschaften sind, der von der atypischen stillen Gesellschaft erwirtschaftete Gewinn einkommensteuerrechtlich nur einmal erfasst, und zwar anteilig bei den Gesellschaftern. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.6.19842 verwirklichen die Gesellschafter in der Einheit der Gesellschafter auf Ebene der Gesellschaft die Merkmale der Besteuerungstatbestände, welche ihnen dann für die Besteuerung zugerechnet werden. Dies gilt auch für atypisch stille Innengesellschaften. Die atypisch stille Gesellschaft ist damit wie Außengesellschaften selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, -ermittlung und Einkünftequalifikation3. Der Gewinn wird nach dem Transparenzprinzip im Jahr seiner Entstehung und Zuweisung bei den Mitunternehmern ohne Rücksicht auf seine tatsächliche Entnahme besteuert. b) Gewinnanteile aus der atypisch stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb aa) Behandlung der atypisch stillen Gesellschaft als gewerbliche Mitunternehmerschaft
22.6 Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind „die Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen sind, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat“ Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 1 M.E. unzutreffend ist die Auffassung von Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 76, die nur ein Wahlrecht des atypisch stillen Gesellschafters annehmen. Nach § 24 Abs. 2 Satz UmwStG 2006 steht das Wahlrecht nur der aufnehmenden atypisch stillen Gesellschaft zu und ist Einbringender nur der Geschäftsinhaber. 2 BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BFHE 141, 405 = BStBl. II, 751 (761) = GmbHR 1984, 355. 3 Siehe auch BFH v. 26.11.1995 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 23 = GmbHR 1997, 563.
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EStG ist aber, dass die Mitunternehmerschaft als solche ein gewerbliches Unternehmen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 betreibt1. Problematisch ist diese Voraussetzung bei nur teilweiser gewerblicher Tätigkeit des Geschäftsinhabers sowie bei einer nicht gewerblich tätigen GmbH in der GmbH & Still. Hier stellt sich die Frage der Abfärbung bzw. der Umqualifizierung der Einkünfte nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG (siehe Rz. 22.10 ff.). Der VIII. Senat des BFH vertrat zunächst in einer Entscheidung vom 12.11.1985 die Auffassung, die atypisch stille Gesellschaft betreibe kein gewerbliches Unternehmen. Es gebe keine nach außen gerichtete Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft, sondern nur die des Geschäftsinhabers. Die atypisch stille Gesellschaft könne somit als reine Innengesellschaft kein eigenständiges Subjekt der Gewinnerzielung sein2. Diese Auffassung des VIII. Senats traf in der Literatur auf Kritik3.
22.7
Mit der Entscheidung des I. Senats vom 10.8.1994 wurde die Rechtsprechung geändert. Der Senat lehnte die Übernahme der rein zivilrechtlichen Betrachtungsweise für das Steuerrecht ab, nach der die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft keine Tätigkeit ausüben könne: Die Mitunternehmer (also auch der Stille) übten Mitunternehmerinitiative aus und trügen Mitunternehmerrisiko wie im Fall einer Außengesellschaft4. Mit Urteil vom 26.11.1996 schloss sich der VIII. Senat des BFH dieser Rechtsprechung an: Im Innenverhältnis zum atypisch stillen Gesellschafter führe der Geschäftsinhaber die Geschäfte für Rechnung aller Gesellschafter. Die durch den Geschäftsinhaber verwirklichten Geschäftsvorfälle seien daher allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen5. Die atypisch stille Gesellschaft ist nach dieser nunmehr ständigen Rechtsprechung des BFH „selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation“6. Sie erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 2 EStG, wenn der Inhaber einen Gewerbebetrieb i.S. der Regelung betreibt7. Dies entspricht auch der Meinung der Finanzverwaltung in H.15.8 der EStH 2012.
22.8
1 Zum Begriff des gewerblichen Unternehmens durch eine Mitunternehmerschaft siehe ausführlich Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 8 ff. 2 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 (313) = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363 im Anschluss an BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820. Ebenso Döllerer, DStR 1985, 295 (296). 3 Schön, BB 1985, 313 (314); Herzig/Kessler, DB 1985, 2528 (2530); Ruban, DStZ 1995, 637 (639) Fn. 19 f. 4 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BB 1995, 27 (28) = FR 1995, 20. 5 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060 unter ausdrücklicher Aufgabe der im Urt. v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363 vertretenen gegenteiligen Ansicht; siehe auch BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BFHE 225, 343 = BStBl. II 2010, 40 = FR 2009, 1135. 6 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = GmbHR 1997, 563 = DB 1997, 1060; BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101 = BStBl. II 2002, 464 = FR 2002, 770 m; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447; BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. Aus dem Schrifttum siehe Gschwendtner, DStZ 1998, 335; Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347; Groh in FS Kruse, S. 423. A.A. Schoor, LSW Gruppe 14, S. 436 unter Hinweis auf die aufgegebene Rspr. des BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 (313) = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 7 Siehe zur (a)typisch stillen Beteiligung an einem LuF-Betrieb Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 72.
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22.9 Die Annahme einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft bestehend aus dem Geschäftsinhaber und dem Stillen setzt voraus, dass der atypisch stille Gesellschafter Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko entfalten kann1. Es wird für die Beurteilung der Mitunternehmereigenschaft auf den Gesellschaftsvertrag, d.h. auf das Innenverhältnis abgestellt. Dieses ist maßgeblich für die Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern und die Teilhabe an den stillen Reserven. Da der Geschäftsinhaber seine Tätigkeit auf gemeinsame Rechnung und auf gemeinsames Risiko ausübt, wird er wie ein Organ für die atypisch stille Gesellschaft tätig2. Die Tätigkeit des Geschäftsinhabers ist daher der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen3 (siehe zu den Auswirkungen auf die Gewinnermittlung Rz. 22.23). Für die Frage der Abfärbung bzw. der Umqualifizierung der Einkünfte ergibt sich somit Folgendes: bb) Nur teilweise gewerbliche Tätigkeit: Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
22.10 Die atypisch stille Gesellschaft kann aber auch eine „andere Personengesellschaft“ i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sein. Übt der Geschäftsinhaber neben einer nicht gewerblichen (etwa freiberuflichen) auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, und ist am Geschäftsbetrieb ein atypisch stiller Gesellschafter beteiligt, so sind nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft sämtliche Einkünfte aufgrund der gemischten Tätigkeit gewerblich, wenn sich der atypisch Stille am gesamten Betrieb des Geschäftsinhabers beteiligt4 (sog. Abfärbung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG).
22.11 Die Anwendung der Abfärberegelung auf die atypisch stille Gesellschaft wurde im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) als bedenklich angesehen, da die Rechtsprechung des BFH dem Einzelunternehmer bei sog. gemischter Tätigkeit mit trennbaren Einkünften die Möglichkeit einer gesonderten Bildung mehrerer Betriebe und bei Personengesellschaften das sog. Ausgliederungsmodell eröffnet5. In mehreren Entscheidungen hat das BVerfG6 die Verfassungsmäßigkeit des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG dem Grunde nach bestätigt. Dies sieht das BVerfG aufgrund des Vereinfachungszwecks der Regelung als gerechtfertigt an, zudem eröffne § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, eine Abfärbung zu vermeiden, indem die gewerbliche Tätigkeit auf eine (gegebenenfalls personenidentische) 1 2 3 4
Zur Frage der Mitunternehmerschaft vgl. auch Rz. 20.34 ff. Schulze zur Wiesche, GmbHR 1999, 902 (904). Ähnlich Herzig/Kessler, DStR 1986, 451 (453). BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27. Zustimmend Kempermann, FR 1995, 22; dem BFH im Ergebnis folgend, jedoch mit anderer Begründung Ruban, DStZ 1995, 637 (640), die § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auf atypische Gesellschaften sinngemäß in der Weise anwendet, dass an die Stelle der Tätigkeit der Gesellschaft die des Inhabers des Handelsgeschäfts tritt. 5 BFH v. 17.1.2007 – XI R 19/05, BFH/NV 2007, 1315; BFH v. 9.8.1983 – VIII R 92/83, BStBl. II 1984, 129 = FR 1984, 70 und BFH v. 11.7.1991 – IV R 102/90, BStBl. II 1992, 413 = FR 1992, 202; siehe auch Stapperfend, StuW 2006, 303 (304). 6 BVerfG v. 26.10.2004 – 2 BvR 246/98, FR 2005, 139 DStRE 2005, 877; BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, DB 2008, 1243 (1246) = FR 2008, 818. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken siehe auch Stapperfend, StuW 2006, 303 (304); Schulze-Osterloh in GS Knobbe-Keuk, S. 531 ff.; Seer, FR 1998, 1022.
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zweite Gesellschaft ausgegliedert werde und die Gewerbesteuer nach § 35 EStG auf die ESt anrechenbar sei. Aus dieser verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip hat die Rechtsprechung des BFH zuletzt auch eine Bagatellgrenze für die Nichtanwendbarkeit der Abfärberegelung abgeleitet. Bei einer besonders geringfügigen gewerblichen Betätigung (tritt danach keine Abfärbung eint. Mit Urteilen vom 27.8.20141 hat der VIII. Senat diese Bagatellgrenze konkretisiert. Nach deren Neujustierung ist die Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht zu ziehen, wenn die Nettoumsatzerlöse aus der gewerblichen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der atypisch stillen Gesellschaft (relative Grenze) und den Betrag von 24 500 Euro (absolute Grenze) nicht übersteigen. Die Anwendung der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dem Grunde nach ist sachlich gerechtfertigt. Auch wenn die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft keine Möglichkeit hat, das Ausgliederungsmodell zu nutzen, kann der atypisch stille Gesellschafter sich nur partiell am gewerblichen Teil des Handelsgewerbes beteiligen (Rz. 22.13) und damit die Rechtsfolgen der Abfärbung vermeiden. Es obliegt daher seiner Disposition, im Vorfeld der Beteiligung zu prüfen, ob der Geschäftsinhaber einen Gewerbebetrieb kraft Abfärbung betreibt und sich dann am ganzen Betrieb oder nur partiell still zu beteiligen.
22.12
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommt nicht zum Tragen, wenn der atypisch stille Gesellschafter sich ausschließlich an den nicht gewerblichen Einkünften des Geschäftsinhabers beteiligt. Bei derartigen partiellen Beteiligungen liegt auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft keine gemischte Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor, so dass eine Umqualifizierung der Einkünfte des Geschäftsinhabers ausgeschlossen ist2.
22.13
Eine Abfärbung kommt ebenfalls nicht in Betracht, wenn ein Gesellschafter gewerbliche Einkünfte ausschließlich im Sonderbereich (Sondervergütungen und Sonderbetriebseinnahmen) erzielt3.
22.14
Beteiligt sich eine Freiberufler-Kapitalgesellschaft, z.B. eine Steuerberatungs-GmbH, mitunternehmerisch an einer Freiberufler-Personengesellschaft, an einer Steuerberatungs-GbR, so bezieht die Personengesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte4. Hier ist allerdings zu beachten, dass dieses Ergebnis nicht aus § 15 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG folgt, sondern schon die Voraussetzungen einer freiberuflichen Einkünfteerzielung gemäß § 18 EStG nicht gegeben sind, wenn auch nur einer der Mitunternehmer als Berufsfremder die Hauptmerkmale des freien Berufs in eigener Person nicht positiv erfüllt. Dies gilt auch für die mitunternehmerische atypische stille Beteiligung eines Berufsfremden an einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft, die nur in Form eines partiarischen Darlehens (siehe Rz. 5.16 ff.) möglich ist, da der Geschäftsinhaber im Fall einer freiberuflichen Praxis kein Handelsgewerbe be-
22.15
1 BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/11, BFHE 247, 506 = FR 2015, 512; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 16/11, BFHE 247, 499 = FR 2015, 512; BFH v. 27.8.2014 – VIII R 6/12, BFHE 247, 513; zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG siehe BFH v. 26.6.2014 – IV R 5/11, BFHE 246, 319 = BStBl. II 2014, 972 = GmbHR 2014, 1286 = FR 2014, 976. 2 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27 (28 f.). 3 BFH v. 28.6.2006 – XI R 31/05, BB 2006, 2339 (2043 f.) = FR 2007, 79 = GmbHR 2006, 1213. 4 BFH v. 8.4.2008 – VIII R 73/05, GmbHR 2008, 948 (949) = FR 2008, 1017; BFH v. 10.10.2012 – VIII R 42/10, BFHE 238, 444 = BStBl. II 2013, 79 = FR 2013, 281; Levedag, FR 2016, 733 (733 f.).
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§ 22 Einkommensteuer
treibt (Rz. 6.2)1. Bei Auslegung einer solchen Vereinbarung als verdeckte Innengesellschaft, die wie eine atypisch stillen Beteiligung ausgestaltet ist (siehe Rz. 6.3), erzielt die Innengesellschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da im Außenverhältnis keine leitende und eigenverantwortliche freiberufliche Tätigkeit aller Mitunternehmer vorliegt2. Eine lediglich typische stille Beteiligung ist unter diesem Gesichtspunkt unschädlich, da es sich um ein besonderes Kreditverhältnis handelt, das die Art der Einkünfteerzielung durch die freiberuflichen Mitunternehmer nicht beeinflusst3. cc) Die gewerbliche Prägung der GmbH & atypisch Still (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG)
22.16 Die GmbH & atypisch Still ist nach Auffassung der ständigen Rechtsprechung des BFH Subjekt der Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation: Es müssen – wie bei Außengesellschaften – für die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb auf Ebene der der atypisch stillen Gesellschaft die Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit gemäß § 15 Abs. 2 EStG und nicht die Merkmale einer Überschusseinkunftart verwirklicht werden (siehe Rz. 22.8) oder es muss zu einer Abfärbung der Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommen. Als weitere Möglichkeit der Erzielung gewerblicher Einkünfte auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft kommt die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG in Betracht. Nach dieser Regelung gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, die keine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt und bei der ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und nur diese oder Personen, die nicht Gesellschafter sind, zur Geschäftsführung befugt sind (gewerblich geprägte Personengesellschaft).
22.17 Es ist für die GmbH & atypisch Still streitig, ob allein wegen der zwingenden Einordnung der von der GmbH erzielten Einkünfte als gewerbliche (§ 8 Abs. 2 KStG) in gewerbliche Einkünfte auf Ebene der GmbH & atypisch Still nur gewerbliche Einkünfte erzielt werden können. Dieser Streit betrifft in der GmbH & Still Fallgestaltungen in denen die GmbH dem Grunde nach ausschließlich vermögensverwaltend tätig ist oder der Unternehmensteil an dem eine atypisch stille Gesellschaft begründet wird, vermögensverwaltend tätig ist4. Ebenso ist streitig, ob bei der atypisch stillen Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft beim atypisch still Beteiligten nur Einkünfte aus einer Überschusseinkunftsart gegeben sein können5. Zu einer Abfärbung der Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kann es in diesen Fallkonstellationen nicht kommen, da auf Ebene des Geschäftsinhabers keine gemischte Tätigkeit ausgeübt wird, die der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen ist.
22.18 M.E. schlägt in diesen Fällen – wie bei anderen Zebragesellschaften – § 8 Abs. 2 KStG oder § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht automatisch auf die Qualifikation der Einkünfte auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft durch. Da die vermögensverwaltende Tätigkeit der GmbH dem atypisch still Beteiligten gemeinsam zuzurechnen ist, erfolgt
1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 79. 2 Zu den Voraussetzungen einer freiebruflichen Einkünfteerzielung durch eine Personengesellschaft siehe Levedag, FR 2016, 733 (733 f.). 3 Pflüger, GStB 2008, 275 (276); Fleischer/Thierfeld Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 79. 4 Wichmann, DStZ 2014, 442 (447) m.w.N. 5 Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 191.
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die Umqualifizierung und Umrechnung der Überschusseinkünfte, die auf Ebene der GmbH erzielt werden, wie bei anderen Zebragesellschaften nicht bereits in der einheitlichen und gesonderten Feststellung für die atypisch stille Gesellschaft, sondern erst auf der Ebene Mitunternehmer durch das zuständige Veranlagungsfinanzamt1. Etwas anderes gilt, wenn eine Umqualifizierung schon unmittelbar auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft wegen § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu erfolgen hat, der nach der Rechtsprechung auf die GmbH & atypisch Still unmittelbar anwendbar ist2. Rechtsfolge der gewerblichen Prägung ist, dass die gesamten Einkünfte der gewerblich geprägten GmbH & atypisch Still als Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusehen sind und die atypisch stille Gesellschaft über ein Betriebsvermögen verfügt (Rz. 22.16). Die Einkünfte unterliegen zusätzlich der Gewerbesteuer. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG für eine gewerbliche Prägung sind
22.19
1. die ausschließliche Geschäftsführungsbefugnis in der Gesellschaft durch Kapitalgesellschaften oder Personen, die nicht Gesellschafter der Personengesellschaft sind und 2. dass ausschließlich Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind. Gemeint ist mit der ersten Voraussetzung nach überwiegender Ansicht der Begriff der organschaftlichen Geschäftsführungsbefugnis, die auf das Innenverhältnis ausgerichtet ist, also die gesellschaftsrechtliche Geschäftsführungsbefugnis i.S. der §§ 114 ff. HGB3 und nicht die Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis4. Die Kapitalgesellschaft muss die organschaftliche Stellung wahrnehmen und aufgrund dieser Stellung ausschließlich unbeschränkt für die Verbindlichkeiten haften. Die gewerbliche Prägung kann daher bei der GmbH & Co KG nicht dadurch vermieden werden, dass die Kommanditisten im Innenverhältnis zur GmbH die unbeschränkte Haftung übernehmen, oder für Verbindlichkeiten der KG aufgrund einer Bürgschaft oder des § 176 HGB unbeschränkt haften5.
22.20
Diese Voraussetzungen eröffnen einen gewissen Gestaltungsspielraum. Die gewerbliche Prägung kann dadurch vermieden werden, dass dem atypisch stillen Gesellschafter Geschäftsführungsbefugnisse auf Ebene der GmbH übertragen werden (siehe Rz. 4.32, 12.36). Wie bei einer GmbH & Co KG liegt dann keine gewerblich geprägte Gesellschaft vor6.
22.21
1 Berninghaus in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 123 mit Hinweis auf BFH v. 11.4.2005 – GrS 2/02, BStBl. II 2005, 679 = FR 2005, 1026; ebenso Rengers in Blümich, § 8 KStG Rz. 57; Wacker in L. Schmidt, § 15 EStGRz. 359; Wichmann, DStZ 2014, 442 (447); a.A. Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 192. 2 BFH v. 14.7.1998 – VIII B 112/97, GmbHR 1999, 425 = BFH/NV 1999, 169; BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, FR 1995, 20 = BB 1995, 27; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193. So auch Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (339 f.). 3 Vgl. BFH v. 23.5.1996 – IV R 87/93, BStBl. II 1996, 523 = FR 1996, 709 = GmbHR 1997, 468 zur grundsätzlichen gesellschaftsrechtlichen Interpretation des Tatbestandsmerkmals. 4 Dies wurde vor dem Urteil des BFH v. 23.5.1996 – IV R 87/93, BStBl. II 1996, 523 = GmbHR 1997, 468 teilweise anders beurteilt, vgl. Blinzler/Buchbinder, DB 1987, 503; Stadie, FR 1987, 485; siehe Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 57 Rz. 44, 48 f. 5 Vgl. Düll in Sudhoff, GmbH & Co. KG, § 4 Rz. 32. 6 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (340, 343); ablehnend Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 192; zur GmbH & Co. KG siehe Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 57 Rz. 45.
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c) Gewinnermittlung und Umfang des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft aa) Freiwillige Gewinnermittlung im Wege einer Handels- und Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft
22.22 Der Umstand, dass die Bestimmung des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf Gesellschaften mit Gesamthandsvermögen zugeschnitten ist, die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft aber kein Gesamthandsvermögen hat, führte in der Vergangenheit zu Diskussionen über die Art der Gewinnermittlung und Bilanzierung bei der atypisch stillen Gesellschaft1. Aus der zivilrechtlichen Voraussetzung, dass die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen muss, es also kein Gesellschaftsvermögen und damit auch keine Handelsbilanz der Gesellschaft (siehe Rz. 22.23), sondern nur eine solche des Geschäftsinhabers gibt, folgerte Döllerer2, dass es auch kein Betriebsvermögen, keinen Betriebsvermögensvergleich und keine Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft geben könne. Diese Ansicht würde jedoch trotz der wirtschaftlichen Ähnlichkeit der atypisch stillen Gesellschaft mit der GmbH & Co KG und der Einstufung der Innengesellschaft als Mitunternehmerschaft in entscheidenden Punkten zu einer nicht zu rechtfertigenden unterschiedlichen Behandlung führen3.
22.23 Nach nunmehr h.M. (siehe Rz. 13.9) ist die stille Gesellschaft nicht Handelsgesellschaft, nicht Kaufmann und daher insoweit handelsrechtlich nicht verpflichtet, Bücher zu führen und Jahresabschlüsse zu erstellen sowie selbst nicht nach § 264 HGB rechnungslegungs- und offenlegungspflichtig4. Die gemäß § 231 HGB erforderliche Rechnungslegung innerhalb der stillen Gesellschaft erfolgt auf Grundlage der Handelsbilanz der GmbH5. Allerdings ist es zulässig, wenn die atypisch stille Gesellschaft für interne Zwecke eine eigene Handels- und oder Steuerbilanz aufstellt. Diese ist dann nach § 5 Abs. 1 EStG auch maßgeblich für die steuerliche Gewinnermittlung6. Der IV. Senat des BFH ist ohne dies zu problematisieren davon ausgegangen, dass eine eigene Steuerbilanz der atypisch stillen Gesellschaft aufgestellt werden darf7. bb) Einnahmenüberschussrechnung oder Betriebsvermögensvergleich?
22.24 Wird der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft nicht freiwillig auf Grundlage einer eigenen Handels- und Steuerbilanz ermittelt, stellt sich die Frage, in welcher Weise der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft zu ermitteln ist. Folgende Methoden kommen in Betracht8:
1 Zum Meinungsstand vgl. Nachweise bei Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347. 2 Döllerer, DStR 1985, 295 (296); Döllerer, StbJb. 1987/88, 289 (299). 3 Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c dd, S. 405; Schön, BB 1985, 313 (314). 4 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 107; Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O Rz. 50; Wichmann, DStZ 2014, 442 (447); Winnefeld in BilanzHandbuch, Kap. L, Rz. 235. 5 Zum derzeitigen Meinungsstand ausführlich Wichmann, DStZ 2015, 442 (448 ff.). 6 Wichmann, DStZ 2014, 442 (448 ff.); Fischer, JbFStR 2015 (Tagungsband), S. 373 zu Fall III.1. 7 BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, DStRE 2002, 1339 (1341). 8 Fischer in JbFStR 2015 (Tagungsband), S. 374 zu Fall III.1.
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– Der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft wird aufgrund einer autonomen Steuerbilanz gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelt und das Wahlrecht zur Gewinnermittlung im Wege der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht ausgeübt (siehe Rz. 22.24). – Die atypisch stille Gesellschaft ist aufgrund einer Mitteilung nach § 141 AO zwingend buchführungs- und abschlusspflichtig (siehe Rz. 22.30)1. – Der Gewinn wird mangels derivativer (§ 141 AO) oder originärer Buchführungsund Abschlussverpflichtung (§ 140 AO) der atypisch stillen Gesellschaft durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Ob sich aus den steuerlichen Regelungen die Verpflichtung einer originären Buchführungspflicht der atypisch stillen Gesellschaft und der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG im Wege einer „eigenen Steuerbilanz“, statt mittels einer Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG herleiten lässt, wird nicht einheitlich gesehen2. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verlangt nicht zwingend die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG). Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist jedenfalls bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils im Rahmen der atypisch stillen Beteiligung der Veräußerungsgewinn im Wege des Betriebsvermögensvergleichs zu ermitteln, wenn bis dahin der laufende Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wurde3.
22.25
Der I. Senat hat jüngst ausdrücklich offengelassen, ob es aufgrund der Steuerrechtssubjektivität der atypisch stillen Gesellschaft einer Gewinnermittlung im Wege einer „eigenen“ Steuerbilanz bedarf4. Ermittelt der Geschäftsinhaber den Gewinn im Wege der Bilanzierung (wie in der GmbH & atypisch Still) ist zur Gewinnermittlung eine steuerliche Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft aufzustellen. Diese Gesamtbilanz besteht aus der Handels- und Steuerbilanz des Geschäftsinhabers und ggf. aus einer Ergänzungs- und Sonderbilanz des stillen Gesellschafters; aus der Gesamtbilanz ist der Gesamtgewinn der atypisch stillen Gesellschaft abzuleiten5. Der I. Senat hat den Grundsatz formuliert, es könne bei Bilanzierung des Geschäftsinhabers nur einen einheitlichen Vermögensvergleich und einen Gewinn oder Verlust der Gesellschaft geben. Daraus hat der I. Senat für einen grenzüberschreitenden „InboundFall“ abgeleitet, der im Inland ansässige atypisch stille Gesellschafter einer ausländischen Kapitalgesellschaft, die im Inland über keine Betriebsstätte verfüge und die
22.26
1 Nach BFH v. 3.5.2000 – IV B 46/99, BFHE 191, 235 = BStBl. II 2000, 376 unter 2.b) besteht nur eine originäre Buchführungspflicht (§ 140 AO) des Geschäftsinhabers; siehe auch OFD Frankfurt v. 14.9.2000 – S – 241-A-37-St II 21, DStR 1991, 1159 (1160) unter 2. 2 Befürwortend Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (342); Ruban, DStZ 1995, 637 (641), Suchanek/ Hagedorn, FR 2004, 1149 (1151); Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5B II.; Suchanek, Ubg 2010, 186 (187); Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19491); Lipp, NWB 2015, 1725 (1730); a.A. Brüsch, Erfolgsbesteuerung bei der GmbH & atypisch Still, S. 113 ff.; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 107; ablehnend Wichmann, DStZ 2014, 442 (452); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 100. 3 Groh in FS L. Schmidt, S. 451 ff.; Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (341); Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347. 4 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 5 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328.
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ihrerseits aufgrund ausländischer gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sei, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die dies freiwillig tue, sei nicht befugt, den Gewinn für inländische Besteuerungszwecke (siehe § 32b EStG) nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG durch Einnahmenüberschussrechnung zu ermitteln (siehe auch Rz. 29.36 f.)1.
22.27 Diese Entscheidung wirkt auch in den reinen Inlandsfall hinein. Ermittelt wie in der GmbH & atypisch Still und anderen Formen atypisch stiller Beteiligungen der Geschäftsinhaber seinen Gewinn in Form einer Handels- und Steuerbilanz, ist aufgrund der vom I. Senat postulierten Einheitlichkeit des Vermögensvergleichs der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft stets in einer – aus der Handels- und Steuerbilanz des Geschäftsinhabers abgeleiteten – Gesamtbilanz durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln2. Die Wahl der Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG als autonomer Gewinnermittlungsmethode auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft neben der Bilanzierung durch den Geschäftsinhaber ist in diesen Fällen ausgeschlossen. Unter dem Gesichtspunkt der E-Bilanz wird bei der GmbH & Still die freiwillige Aufstellung einer eigenen Bilanz der atypisch stillen Gesellschaft ausdrücklich empfohlen3.
22.28 In der Praxis ist aber schon bisher (unabhängig von den verschiedenen Auffassungen und der gerade besprochenen Entscheidung des I. Senats) i.d.R. bei Bilanzierung des Geschäftsinhabers aus dessen Bilanz der Gewinn der atypisch stillen Gesellschaft abgeleitet worden. Ausgehend von der Steuerbilanz des Geschäftsinhabers sind in einer abgeleiteten Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft die folgenden Ergänzungen zu berücksichtigen4: – Die Aktiva und Passiva des Geschäftsinhabers sind als Betriebsvermögen der atypisch stillen Mitunternehmerschaft zu übernehmen. – Die Einlage des Stillen, die in der Handelsbilanz des Geschäftsinhabers als Verbindlichkeit ausgewiesen wurde, ist in der Gesamtbilanz als Bestandteil von dessen Kapitalkonto auszuweisen. – In der Steuerbilanz des Geschäftsinhabers sind, wenn dieser bilanziert wie in der GmbH & atypisch Still, nach der Spiegelbildmethode für die Bilanzierung von Mitunternehmeranteilen die Aktiva und auf der Passivseite die Einlage des Stillen als Verbindlichkeit auszuweisen. – Die als Betriebsausgabe gebuchte Vergütung des stillen Gesellschafters ist dem vom Geschäftsinhaber ermittelten Gewinn zuzurechnen, um den Gesamtgewinn
1 BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 2 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347; kritisch Fischer in JbFStR 2015 (Tagungsband), S. 377, 381. 3 Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19491); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 154 f. 4 Hottmann, Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 50; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 106; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19491); Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 194, der eine Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft in Form einer Überleitungsrechnung analog § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV auf Basis der Bilanz des Geschäftsinhabers als ausreichend ansieht; dazu auch Lipp, NWB 2015, 1725 (1731). Gegen eine solche Nebenrechnung Ruban, DStZ 1995, 637 (641 f.).
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der atypisch stillen Gesellschaft zu ermitteln. Diese Vergütung stellt zugleich den Gewinnanteil des Stillen in der atypisch stillen Gesellschaft dar. – Es sind etwaige Ergänzungsbilanzen (i.d.R. nur des Stillen) zu berücksichtigen. – Weitere Korrekturen des Gewinns des Geschäftsinhabers zur Gewinnermittlung der atypisch stillen Gesellschaft umfassen die Vergütungen des Geschäftsinhabers, die an den atypisch stillen Gesellschafter für Dienstleistungen/die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern und für Darlehen geleistet wurden. Diese – in der Bilanz des Geschäftsinhabers – als Betriebsausgaben abgezogenen Vergütungen stellen korrespondierende Sonderbetriebseinnahmen des atypisch stillen Gesellschafters dar. Keine Gewinnermittlung im Wege einer Gesamtbilanz, sondern eine additive Gesamtgewinnermittlung der Ergebnisse der Steuerbilanz und der Ergebnisse aus Ergänzungs- und Sonderbilanzen des atypisch Stillen verlangt die Finanzverwaltung1. Auch bei dieser Sichtweise findet keine Gewinnermittlung im Wege der Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG statt. Die Gesamtbilanz der Rechtsprechung und die additive Gewinnermittlung der Finanzverwaltung führen jedoch zu denselben Ergebnissen.
22.29
Die atypisch stille Gesellschaft kann nach § 141 AO verpflichtet werden, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen2. In die Ermittlung der Gewinngrenzen ist das Sonderbetriebsvermögen des atypisch Stillen einzubeziehen3. Voraussetzung für den Beginn der Buchführungspflicht ist nach § 141 AO, dass die zuständige Finanzbehörde gegenüber den Beteiligten feststellt, dass eine der Wertgrenzen des § 141 Abs. 1 AO überschritten ist und durch eine konstitutive Mitteilung auf den Beginn der Buchführungspflicht hinweist4.
22.30
cc) Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers als fiktives Gesamthandsvermögen Nicht vereinbar mit der Gewinnermittlung im Wege der Gesamtbilanz oder additiven Gewinnermittlung ist eine Literaturauffassung, nach der sich das Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft aus dem Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers und dem Betriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters zusammensetzen und beide Vermögensmassen Sonderbetriebsvermögen bei der atypisch stillen Mitunternehmerschaft sein sollen5. Zutreffend ist nach Knobbe-Keuk6 das Vermögen des Geschäftsinhabers steuerlich wie Gesellschaftsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft anzusehen, da man die atypisch stille Gesellschaft als Innengesellschaft ohne 1 Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 50; OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A-08-L221, FR 2003, 1299 (1300). 2 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (341). Diese Folge der BFH-Rspr. sehen auch Carlé, KÖSDI 1999, 12189 (12194); Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149 (1151); Pyszka, DStR 2003, 857 (858). 3 Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 194. 4 BFH v. 23.6.1983 – IV R 3/82, BFHE 138, 521 unter 1 = FR 1983, 519. 5 So Lindwurm, DStR 2000, 53 (58). Die Überlegung geht auf Schulze zur Wiesche, GmbHR 1982, 114 (115) zurück, der sie aber nicht mehr vertritt, vgl. FR 1997, 405 (407). 6 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4c dd 4, S. 404 f. Zustimmend Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 347; BFH v. 13.7.1993 – VIII R 85/91, BFHE 172, 416 = BStBl. II 1994, 243 = FR 1994, 83.
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22.31
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Gesamthandsvermögen gleichermaßen der auf Außengesellschaften zugeschnittenen Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unterstellt. Das Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers ist – so Knobbe-Keuk – als Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft auszuweisen, die Einlage des atypisch stillen Gesellschafters als Eigenkapital (dessen Kapitalkonto) und nicht als Verbindlichkeit zu behandeln (siehe Rz. 22.27 zur Gewinnermittlungsmethode). Kommt es beim Ansatz bestimmter Gewinnermittlungsregelungen gesellschafterbezogen auf persönliche Eigenschaften des Steuerpflichtigen an, sind jeweils die Verhältnisse von Geschäftsinhaber und atypisch stillem Gesellschaftergetrennt zu betrachten1.
22.32 Der BFH folgt diesem Grundverständnis. Der atypisch stillen Gesellschaft wird nach der Rechtsprechung das Betriebsvermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts „wie“ eigenes Gesellschaftsvermögen („Quasi-Gesamthandsvermögen“) einer Außengesellschaft zugerechnet. Daneben besteht das steuerliche Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft aus dem Sonderbetriebsvermögen des Stillen, das zu bilden ist, wenn der atypische stille Gesellschafter dem Inhaber des Handelsgeschäfts Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlässt2. Da nur der Inhaber des Handelsgeschäfts im Außenverhältnis tätig ist, führt er nach der Rechtsprechung „wie ein Organ“ die Geschäfte im Innenverhältnis für alle Gesellschafter entsprechend der Gemeinschaftsordnung; sie sind deshalb auch allen Gesellschaftern einheitlich zuzurechnen3. Darauf stelle das Einkommensteuerrecht – so die Rechtsprechung des BFH – in § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG entscheidend ab und danach werde auch eine atypisch stille Gesellschaft i.S. dieser Regelungen als selbständiges Subjekt der Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation gewerblich tätig4. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG wird auf dieser Grundlage als Zurechnungsnorm verstanden, die nicht nur die Tätigkeit, sondern auch das Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers nicht mehr allein dessen Eigenbetrieb, sondern „wie (fiktives) Gesamthandsvermögen“ auch dem Betrieb der atypisch stillen Gesellschaft zurechnet5. Die Rechtsprechung spricht von einer „Gleichbehandlung“ des Geschäftsvermögens des Inhabers mit dem Gesamthandsvermögen einer Außengesellschaft6. Der Geschäfts1 So auch Schön, BB 1985, 313 (314). 2 Siehe BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BFHE 141, 498 = BStBl. II 1984, 820 und zur GmbH & atypisch Still Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O Rz. 52; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19486); Lipp, NWB 2015, 1725 (1731). 3 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 = GmbHR 1999, 193; BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328. 4 Siehe zur Begründung BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = GmbHR 1997, 563 = DB 1997, 1060 unter ausdrücklicher Aufgabe der im Urt. v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363 vertretenen gegenteiligen Ansicht sowie die Entscheidungen v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, BFHE 198, 101 = BStBl. II 2002, 464 = FR 2002, 770; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447. 5 Gschwendtner, DStZ 1998, 335 (340); a.A. Schoor, LSW Gruppe 14 S. 415 (436). Ehlers/Busse, DB 1989, 448 (449 ff.), begründen die Annahme eines Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft mit einer analogen Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO; zur Diskussion um die Funktion des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Zurechnungs- oder Qualifikationsnorm im Bereich des Sonderbetriebsvermögens siehe auch Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 57 Rz. 102 f. 6 BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BFHE 141, 498 = BStBl. II 1984, 820; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. II 1986, 311 = GmbHR 1986, 363; BFH v. 28.11.1989 – VIII R 40/84, BFHE 159, 410 = BStBl. II 1990, 561 = FR 1990, 334; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = DB 1997, 1060 = GmbHR 1997, 563; BFH v. 25.6.2014 – I R 24/13, BFHE 246, 404 = BStBl. II 2015, 141 = GmbHR 2014, 1328.
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inhaber hat in seiner eigenen Steuerbilanz nur noch die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft im Rahmen der Spiegelbildmethode auszuweisen. Dieses Ergebnis scheint auf den ersten Blick zwar absurd, es ist jedoch nur die konsequente Fortsetzung der Gewinnermittlungssubjektsfiktion und des Gleichbehandlungsgrundsatzes, der aus § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abgeleitet wird1. d) Kapitalkonto und Ergänzungsbilanz des atypisch stillen Gesellschafters Die Einlage kann der stille Gesellschafter als Bareinlage oder als Sacheinlage erbringen (§ 4 Abs. 1 Satz 7 EStG, siehe ausführlich Rz. 7.6 ff.). Sie kann auch dadurch geleistet werden, dass eine gegen den Geschäftsinhabers bestehende Forderung (insbesondere Darlehensforderung) auf die Einlageforderung angerechnet oder mit dieser aufgerechnet wird (siehe Rz. 7.11). Sieht man in diesem Vorgang eine Geldeinlage (Rz. 7.11), ist der Nennwert der Forderung zugrunde zu legen. Sofern man allerdings hierin eine Sacheinlage sieht, stellt sich die Frage, wie die Einlage der Forderung zu bewerten ist, wenn sich der Geschäftsinhaber im Zeitpunkt der Umwandlung in der Krise befindet und der gemeine Wert der Forderung hinter dem Nennwert zurückbleibt. Zivilrechtlich kann auch eine wertgeminderte Forderung oder ein anderer Sacheinlagegegenstand bei der stillen Gesellschaft als Einlage des Stillen zum Nennwert bewertet werden, worin eine gemischte Schenkung liegen kann (siehe auch Rz. 7.26, 7.70 ff.)2. Nach Ansicht des BFH muss aber steuerlich die bis zur Umwandlung in eine atypisch stille Beteiligung eingetretene Wertminderung – auch für Zwecke des § 15a EStG (siehe Rz. 22.80) – als nicht erbrachte Einlage behandelt werden3. Für den Fall einer Forderungsabtretung des atypisch stillen Gesellschafters gegen einen Dritten an den Geschäftsinhaber, die als Sacheinlage im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft behandelt werden sollte, hat der BFH zu § 15a EStG entschieden, die stille Einlage sei dann „geleistet“, wenn dem Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes etwas für Rechnung des stillen Gesellschafters zugeflossen sei, was den bilanziellen Unternehmenswert mehre, also die Aktiva des Unternehmens erhöhe oder die Passiva mindere; dies gelte nicht nur für Einlageverpflichtungen, die auf einer Bareinzahlung in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes gerichtet seien, sondern wie bei einer Forderungsabtretung auch für Verpflichtungen zur Leistung einer Sacheinlage4.
22.33
Im Übrigen gelten für die Bewertung von Sacheinlagen des stillen Gesellschafters
22.34
– aus dessen Privatvermögen bei der aufnehmenden atypisch stillen Gesellschaft die Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG, – aus einem Betriebsvermögen des atypisch Stillen der Zwang zur Buchwertfortführung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG5 bei der atypisch stillen Gesellschaft und 1 Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149 (1151). 2 BGH v. 24.9.1952 – II ZR 136/51, BGHZ 7, 174 (178 f.); Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 22; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 148. 3 BFH v. 29.5.2001 – VIII R 10/00, BFHE 195, 486 = BStBl. II 2001, 747 unter III.2.b) = GmbHR 2001, 933; BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440; zustimmend Demuth, KÖSDI 2015, 14483 (14487). Kritisch zu diesem Ansatz Hoffmann, GmbHR 2001, 938 (939). 4 BFH v. 24.4.2014 – IV R 18/10, BFH/NV 2014, 1516 = GmbHR 2014, 1113. 5 Zur Anwendung der Regelung auf atypisch stille Gesellschaften siehe BMF v. 8.11.2011, BStBl. I 2011, 1279, Tz. 9.
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– bei Einbringungen von Sachgesamtheiten der gemeine Wert oder der gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG gewählte Wertansatz (Buch- oder Zwischenwert, siehe § 26).
22.35 Die Vermögenseinlage und die auf dem Einlagekonto gutgeschriebenen, aber nicht entnommenen Gewinnanteile und sonstigen Vergütungen des stillen Gesellschafters dürfen in der Gesamtbilanz/additiven Gewinnermittlung im Gegensatz zur Handelsbilanz des Geschäftsinhabers nicht als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden (siehe Rz. 22.27). Die Verbindlichkeit für die stille Beteiligung muss deshalb mit dem Einlagekonto des atypischen stillen Gesellschafters in der Gesamtbilanz/additiven Gewinnermittlung betragsmäßig übereinstimmen und bildet das Kapitalkonto des atypisch stillen Gesellschafters. Aus diesem Grund darf auch keine Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) auf die stille Beteiligung vorgenommen werden, da es sich bei der Einlage bzw. dem fortgeführten Kapitalkonto steuerbilanziell nicht um eine schuldrechtliche Forderung gegen den Geschäftsinhaber handelt1.
22.36 Gewinnanteile werden vom Geschäftsinhaber und vom atypisch stillen Gesellschafter nach den für alle Mitunternehmerschaften geltenden Grundsätzen bezogen. Relevanter steuerlicher Zurechnungszeitpunkt ist das Ende des jeweiligen Geschäftsjahres der atypisch stillen Gesellschaft, unabhängig davon, ob nach dem Gesellschafterbeschluss der Gewinnanteil für den Gesellschafter entnahmefähig ist, wann die Gewinnausschüttung durch die Gesellschafter beschlossen wird und wann der Gewinnanteil tatsächlich zufließt2. Ausgezahlte Gewinne mindern als Entnahmen des Gesellschafters dessen Kapitalkonto. Weichen die Wirtschaftsjahre des Geschäftsinhabers und der atypisch stillen Gesellschaft voneinander ab, so gilt der anteilige Gewinn des stillen Gesellschafters aus der atypisch stillen Beteiligung als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das der Gewinnverteilung zugrunde liegenden Wirtschaftsjahr endet (siehe § 4a Abs. 2 EStG)3.
22.37 Auch in der atypisch stillen Mitunternehmerschaft kann das Kapitalkonto des Stillen nicht als einheitliches (variables) Kapitalkonto, sondern als Mehrkontenmodell (festes Kapitalkonto mit variablen Unterkonten) ausdifferenziert werden (siehe Rz. 7.78). Der BFH klassifiziert steuerlich ein Gesellschafterkonto als Kapitalkonto mit Eigenkapitalcharakter, wenn auf dem Konto Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden. Diese Verlustbelastung kann laufend oder erst im Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft bei Ermittlung des Abfindungsguthabens des Gesellschafters erfolgen4. Die Finanzverwaltung folgt dieser Rechtsprechung5. Steuerlichen Eigenkapitalcharakter haben – entsprechend der zu § 15a EStG entwickelten Wertungen6 – das (unveränderliche) Kapitalkonto I, das die Betei1 Siehe auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 78. 2 Vgl. aus der st. Rspr. BFH v. 15.11.2011 – VIII R 15/09, BStBl. II 2012, 207. 3 OFD Erfurt v. 23.10.2003, FR 2003, 1299 unter Rz. 3.2.1; BFH v. 30.9.1964 – I 231, 232/62 U, BStBl. III 1965, 54. 4 BFH v. 16.10.2008 – IV R 98/06, BStBl. II 2009, 272 = GmbHR 2009, 274. 5 BMF v. 11.7.2011, BStBl. I 2011, 739. 6 Hier ist die Unterscheidung von Eigenkapitalkonten und schuldrechtlichen Gesellschafterkonten (Sonderbetriebsvermögen) relevant, da der BFH die Gesellschafterkonten des Sonderbetriebsvermögens nicht bei der Prüfung einbezieht, ob ein steuerlich negatives Kapitalkonto gemäß § 15a EStG vorliegt, vgl. Carlé/Bauschatz, FR 2002, 1153 (1161); Ley, KÖSDI 2002, 13459 (13462) mit Hinweis auf BFH v. 4.5.2000 – IV R 16/99, BStBl. II 2001, 171 = GmbHR 2000, 1064 und BFH v. 27.6.1996 – IV R 80/95, BStBl. II 1997, 36 = GmbHR 1997, 43 = FR 1997,
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ligungsquote repräsentiert, und jedes weitere variables Kapitalkonto II (als Unterkonto zum Kapitalkonto I), auf dem Verluste belastet werden1, also auch das Verlustvortragskonto (Kapitalkonto III)2. Keinen steuerlichen Eigenkapitalcharakter haben hingegen Gesellschafterkonten, auf denen keine Verluste belastet werden und die den Charakter einer schuldrechtlichen Forderung (etwa Darlehens- oder Privatkonten) haben. In der steuerlichen Gesamtbilanz der atypisch stillen Gesellschaft stellen schuldrechtliche Gesellschafterkonten (z.B. für nicht entnommene Gewinne) Passivposten dar und führen korrespondierend zur Forderungen des atypisch stillen Gesellschafters in dessen Sonderbilanz. Bei Überentnahmen können auch aktivische Kapitalkonten entstehen3 (siehe auch Rz. 22.78). Die Einlage des Stillen, die einer Rückzahlungsverpflichtung seitens des Geschäftsinhabers unterliegt, bildet den Kernbestandteil des Kapitalkontos des Stillen, unabhängig davon, ob sie teilweise auf dem Festkapitalkonto oder einem variablen Kapitalkonto II einzuzahlen sind. Wenn Zahlungen „auf die Einlage“ verbucht werden, sind sie in der Gesamtbilanz/additiven Gewinnermittlung dem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters gutzuschreiben.
22.38
Muss der Erwerber einer atypisch stillen Beteiligung einen Kaufpreis oberhalb des Kapitalkontos leisten, ist abzugrenzen, ob der Mehrbetrag in einer Ergänzungsbilanz festzuhalten und fortzuschreiben ist, da er zu den Anschaffungskosten des Mitunternehmeranteils gehört4 oder einer anderen Behandlung unterliegt, wenn er an den Geschäftsinhaber zu zahlen ist. Aufgelder, die dem Geschäftsinhaber ohne eine Rückzahlungsverpflichtung zustehen sollen, auch nicht zur Berechnung eines späteren Auseinandersetzungsguthabens des Stillen heranzuziehen sind und damit endgültig in das Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers übergehen, führen beim Geschäftsinhaber zu einem diesem allein zuzurechnenden Gewinn5.
22.39
e) Sonderbetriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters aa) Allgemeines Als Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer werden Wirtschaftsgüter bezeichnet, die zivilrechtlich einem der Gesellschafter gehören und dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen geeignet und bestimmt sind (Sonderbetriebsvermögen I)
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51. Zur Verlustbelastung als Abgrenzungskriterium zwischen schuldrechtlichen Kapitalkonten und Kapitalkonten mit Eigenkapitalcharakter siehe Ley, DStR 2009, 613 (614); Ley, KÖSDI 2009, 16678 (16679 ff.). Der BFH sieht jedoch für Einbringungen Gutschriften auf einem variablen Kapitalkonto nicht mehr als eine Gewährung von Gesellschaftsrechten an, siehe BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, BFHE 251, 422 = GmbHR 2016, 228 m. Anm. Levedag; zur Anwendung durch die Finanzverwaltung siehe BMF v. 26.7.2016 – IV C 6 – S 2178/09/10001, juris. Vgl. BMF v. 11.7.2011 – IV C 6 – S 2178/09/10001 – DOK 2011/0524044, BStBl. I 2011, 713, Tz. I.1 u. I.2. Gleiches gilt nach BMF v. 8.12.2011 – IV C 6 – S 2241/10/10002 – DOK 2011/0973858, BStBl. I 2011, 1279, Tz. 16, bei § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG. Demuth, KÖSDI 2015, 14483 (14489). Vgl. hierzu BFH v. 18.2.1993 – IV R 40/92, BStBl. II 1994, 224 = BB 1993, 1914; Döllerer, DStR 1985, 295 (300). BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, GmbHR 2010, 1223; vertiefend Schulze zur Wiesche, DB 2011, 1477 (1478 f.): Eine Einlage in die GmbH als Geschäftsinhaber und keine Gewinnauswirkung liegt vor, wenn die atypisch stillen Gesellschafter zugleich Gesellschafter der GmbH sind.
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22.40
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oder der Beteiligung des Mitunternehmers förderlich sind (Sonderbetriebsvermögen II)1. Sonderbetriebsvermögen existiert auch in der atypisch stillen Gesellschaft als Innengesellschaft. Wirtschaftsgüter, die der atypisch stille Gesellschafter dem Inhaber des Handelsgeschäfts zur Nutzung überlässt, stellen nach allgemeiner Ansicht Sonderbetriebsvermögen I dar, das in einer Sonderbilanz des atypischen stillen Gesellschafters auszuweisen ist. Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (in Form von Sonderbetriebseinnahmen) sind insbesondere Miet- und Darlehenszinsen und Geschäftsführerbezüge. Sonderbetriebsausgaben sind im Zusammenhang mit der Mitunternehmerstellung entstehende laufende Aufwendungen (z.B. Schuldzinsen zur Finanzierung der Beteiligung oder eines überlassenen Wirtschaftsguts)2.
22.41 Die h.M. geht zutreffend davon aus, dass der Geschäftsinhaber kein Sonderbetriebsvermögen bilden kann, da sein gesamtes Betriebsvermögen als fiktives Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft zuzurechnen ist (siehe bereits Rz. 22.31 ff.)3. Für die partielle stille Beteiligung, also die Beteiligung an einzelnen Unternehmenssegmenten, wird in der Literatur jedoch die Möglichkeit von Sonderbetriebsvermögen des Geschäftsinhabers bejaht4. bb) GmbH-Beteiligung als Sonderbetriebsvermögen eines atypisch stillen Gesellschafters in der GmbH & Still
22.42 Von besonderer Bedeutung ist die Frage, ob der GmbH-Anteil des atypisch stillen Gesellschafters einer GmbH & Still Sonderbetriebsvermögen II darstellt. Dies war in der Vergangenheit streitig5, ist jedoch heute für die meisten Fallgruppen unbestritten. Mit der ständigen Rechtsprechung des BFH, die die atypisch stille Gesellschaft als selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation ansieht, ist auch die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters, der zugleich GmbH-Gesellschafter ist, als Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens II anzusehen6. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird für die stille Gesellschaft tätig, soweit seine Tätigkeit der Erreichung des im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Gesellschaftszwecks dient. Sein Auftreten wird der Gesellschaft zugerechnet und ist steuerrechtlich wie ein Organhandeln zu behandeln (siehe Rz. 22.31 ff.). Die Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters an der GmbH stärkt auch dessen Stellung als Mitunternehmer in der 1 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 506; Neu in Beck’sches Hdb. der Personengesellschaft, § 14 Rz. 109; Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 53; Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 195. 2 Döllerer, DStR 1985, 295 (298 f.); Lipp, NWB 2015, 1725 (1729 ff.). 3 BFH v. 2.5.1984 – VIII R 276/81, BStBl. II 1984, 820 unter II. 3. der Gründe; Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 52 zur GmbH & atypisch Still; Kirchhof/Reiß, § 15 EStG Rz. 195. 4 Siehe dazu Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5E III; Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 347 ff.; Suchanek/Hagedorn, FR 2003, 1149 (1151); Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19487); Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (721 ff.). 5 Schwedhelm, Die GmbH & Still als Mitunternehmerschaft, S. 104; Costede, StuW 1983, 308 (310); Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 36 f. 6 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BFHE 182, 101 = GmbHR 1997, 563 = DB 1997, 1060; zum GmbH-Anteil als Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 268 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193; BFH v. 1.7.2010 – IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056 = GmbHR 2010, 1168.
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atypisch stillen Gesellschaft, da er über die Gesellschafterversammlung der GmbH mittelbar Einfluss nehmen kann. Der GmbH-Anteil des atypisch stillen Gesellschafters gehört unabhängig von den Beteiligungsverhältnissen zum Sonderbetriebsvermögen II1, sofern die GmbH nicht noch einer anderen, nicht im Gesellschaftsinteresse liegenden Geschäftstätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung nachgeht und es sich nicht um eine partielle stille Beteiligung handelt2. Aus der Zuordnung der Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen folgt, dass Beteiligungserträge (offene und verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH) als Sonderbetriebseinnahmen des stillen Gesellschafters zu erfassen sind, für die gemäß § 20 Abs. 8 EStG die Abgeltungsteuer nicht gilt (siehe zur vGA bereits Rz. 21.115 ff.). Die zeitliche Erfassung der Beteiligungserträge richtet sich nach den folgenden Grundsätzen. Nach der früheren Rechtsprechung von EuGH, BGH3 und BFH konnten Dividendenansprüche aus offenen Gewinnausschüttungen beim Gesellschafter handels- und steuerrechtlich phasengleich aktiviert werden4, wenn: – übereinstimmende Wirtschaftsjahre vorlagen und – der Dividendenberechtigte einen beherrschenden Einfluss auf die ausschüttende Gesellschaft ausüben konnte und – zum Bilanzstichtag über die Ausschüttungsabsicht verfügte und – das Beteiligungsverhältnis während des gesamten Wirtschaftsjahres der Beteiligungsgesellschaft bestand und – später ein Gewinnverwendungsbeschluss gefasst wurde. Jedoch hat der Große Senat des BFH später entschieden, dass eine Kapitalgesellschaft, die mehrheitlich an einer anderen Kapitalgesellschaft beteiligt ist, einen Dividendenanspruch aus einer zum Bilanzstichtag noch nicht beschlossenen Gewinnverwendung der nachgeschalteten Gesellschaft grundsätzlich mangels Realisation der Forderung auf Auszahlung der Ausschüttung beim Gesellschafter nicht aktivieren kann5. Realisiert ist die Forderung aufgrund der erwarteten Dividendenausschüttung nur noch, – wenn zum Bilanzstichtag der Gewinn der beherrschten Kapitalgesellschaft auszuweisen und der mindestens ausschüttungsfähige Gewinn bekannt ist;
1 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 358; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 109; Zimmermann u.a., Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 54 ff.; Horn/Maertins, GmbHR 1995, 816 (818); Wehrheim, DStR 1998, 1533 (1534); zur 10 %-Beteiligung an der Komplementär-GmbH als Bestandteil des Sonderbetriebsvermögens siehe BFH v. 16.4.2015 – IV R 1/12, BFHE 249, 511, BStBl. II 2015, 705 = GmbHR 2015, 870. 2 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262 = DStRE 1999, 81 (83 f.) unter I.2.b); Schulze zur Wiesche, GmbHR 1999, 902 (904). 3 Der BFH hat sich der Rspr. des BGH, dass ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht zur phasengleichen Aktivierung bestehe, angeschlossen, da ein solches Wahlrecht zwingend zu einem steuerlichen Aktivierungsgebot führt, vgl. BFH v. 3.12.1980 – I R 125/77, BStBl. II 1981, 184 = FR 1981, 205 = GmbHR 1981, 202. 4 Vgl. BFH v. 16.12.1998 – I R 50/95, BStBl. II 1999, 551 = FR 1999, 367 = GmbHR 1999, 351 (Vorlagebeschluss des I. Senats des BFH an den GrS). 5 BFH v. 7.8.2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl. II 2000, 632 = GmbHR 2000, 1106.
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– durch objektive Gesichtspunkte nachgewiesen ist, dass die Gesellschafter der ausschüttenden Gesellschaft am Bilanzstichtag eine bestimmte Gewinnverwendung endgültig beschließen wollten.
22.44 Es ist in der Praxis schwer möglich, diese Voraussetzungen zu erfüllen1. Die Rechtsprechung gilt auch für die Betriebsaufspaltung und insoweit vergleichbare GmbH & atypisch Still2. Die Finanzverwaltung hat eine Übergangsregelung erlassen, nach der bis zum 31.12.2000 (Kalenderjahr = Wirtschaftsjahr) die Grundsätze der alten Rechtsprechung weiter Anwendung finden können, folgt der Rechtsprechung aber für alle nachfolgenden Wirtschaftsjahre3.
22.45 Für offene und verdeckte Ausschüttungen als Sonderbetriebseinnahmen gilt – wie gesagt – das Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 2 EStG), da es sich um gewerbliche Beteiligungserträge handelt (§ 20 Abs. 8 EStG; zu Hinzurechnungen und Kürzungen bei der Gewerbesteuer siehe Rz. 24.27 ff.). Aufwendungen, die mit den Beteiligungserträgen im Zusammenhang stehen, sind gemäß § 3c Abs. 2 EStG entsprechend nur zu 60 % abzugsfähig. Das Teileinkünfteverfahren findet auch Anwendung auf die Ermittlung der laufenden Einkünfte gemäß § 15 (Veräußerungsgewinne und -verluste/ Entnahmegewinne und -verluste), wenn Anteile an der GmbH, die zum Sonderbetriebsvermögen des Stillen gehören entstehen. Gleiches gilt, wenn die zum Sonderbetriebsvermögen gehörende Anteile an der GmbH im Rahmen eines Veräußerungsoder Aufgabegewinns gemäß § 16 EStG zu berücksichtigen sind.
22.46 Die Zuordnung der Beteiligung an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen II hat noch weitere Folgen. Es handelt sich um ein Wirtschaftsgut des sog. funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens, das im Zusammenhang mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Beteiligung auf Grundlage der §§ 6 Abs. 3 EStG, 20, 24 UmwStG grundsätzlich mitzuübertragen oder dessen stille Reserven für die Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung gemäß §§ 16, 34 EStG aufzudecken sind. Traditionell legt der BFH das Merkmal des Mitunternehmeranteils in § 6 Abs. 3 EStG und § 16 EStG identisch aus, was aufgrund der funktionalen Betrachtungsweise des BFH für Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG dazu führt, dass Sonderbetriebsvermögen sowohl bei der unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen das als auch bei deren Veräußerung als wesentlicher Bestandteil des Mitunternehmeranteils anzusehen ist4. Im Fall der Zurückbehaltung von wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen anlässlich einer Veräußerung hat die Rechtsprechung eine Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils (Gesellschaftsanteil und Sonderbetriebsvermögen) gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG angenommen5.
1 Vgl. die Anforderungen des I. Senats, der vorgelegt hatte, im Nachgang zum Beschluss des GrS in BFH v. 20.12.2000 – I R 50/95, BStBl. II 2001, 409 = FR 2001, 639 = GmbHR 2001, 401. 2 BFH v. 31.10.2000 – VIII R 85/94, BFHE 193, 532, BStBl. II 2001, 185 = GmbHR 2001, 205. 3 Vgl. BMF, BStBl. I 2000, 1510 = DStR 2000, 1997 m. Anm. Hoffmann. 4 Vgl. BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, DStR 2016, 1518 = GmbHR 2016, 828; BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BStBl. II 2005, 173 = BFHE 192, 534. 5 BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BFHE 192, 534 = BStBl. II 2005, 173; vgl. Klumpp, ZEV 2001, 55 (57) m.N.
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Mit Urteil vom 2.8.20121 entschied der BFH gegen die Auffassung der Finanzverwaltung in Tz. 5 und 6 des BMF-Schreibens vom 3.3.20052, die dort befürwortete generelle Anwendung der sog. Gesamtplanrechtsprechung stehe der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG entgegen, wenn SBV im Vorfeld einer unentgeltlichen Anteilsübertragung gemäß § 6 Abs. 5 EStG in ein anderes Betriebsvermögen ausgegliedert werde. Eine Buchwertübertragung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG gelingt nach Ansicht des BFH3 somit auch dann, wenn zeitgleich mit der Anteilsübertragung ein Wirtschaftsgut unter Anwendung des Wahlrechts in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (in der Fassung ab 2001) in ein anderes Betriebsvermögen übertragen wird, da das Gesetz gleichzeitige Buchwerttransfers gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG und § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG nicht ausschließt. Damit wird im Rahmen des § 6 Abs. 3 EStG die zeitraumbezogenen Auslegung der Finanzverwaltung auf Grundlage der Gesamtplanrechtsprechung, ob der übertragene „Betrieb“ vor und nach der Übertragung identisch ist, durch den BFH nicht geteilt. Der BFH prüft im Wege einer zeitpunktbezogenen Betrachtungsweise, die nur das Betriebsvermögen, das im Übertragungszeitpunkt vorhanden ist, in den Blick nimmt, ob zu diesem Zeitpunkt ein Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil i.S. des § 6 Abs. 3 EStG vorhanden ist4. Geklärt ist mittlerweile auch5, dass die taggleiche Veräußerung des Wirtschaftsguts an einen Dritten6 (ggf. mit dem sog. „§ 6b-Modell“ an eine Schwesterpersonengesellschaft) und die Entnahme von Betriebsvermögen ins Privatvermögen vor der Übertragung des Betriebs oder des Anteils aus Sicht der Rechtsprechung unschädlich sind. Schließlich sieht der BFH inzwischen auch die nachträgliche Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen nach einer unterquotalen Teilmitunternehmeranteilsübertragung als unbedenklich an7. Die Finanzverwaltung folgt der Rechtsprechung des BFH nicht und hat einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht8.
22.47
Zu den Auswirkungen der Gesamtplanrechtsprechung ist weiterhin geklärt, dass im Rahmen der §§ 16 Abs. 4, 34 EStG aufgrund des Erfordernisses, die stillen Reserven des Mitunternehmeranteils zusammengeballt aufzudecken, eine zeitraumbezogene Betrachtung anzuwenden ist. Mit Urteil vom 30.8.20129 hat der IV. Senat entschieden, der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils sei nicht tarifbegünstigt, wenn im wirtschaftlichen Zusammenhang damit 17 Monate vor der Veräußerung von der Gesellschaft genutzte Grundstücke ohne Aufdeckung der in ihnen ruhenden stillen Reserven vom Sonderbetriebsvermögen auf eine Schwestergesellschaft übertragen worden seien. Diese strikt zeitraumbezogene Betrachtungsweise hat der IV. Senat mit Urteil vom 9.12.201410 und vom 17.12.201411 bestätigt.
22.48
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, DStR 2012, 2118 = FR 2012, 1113 = GmbHR 2012, 1260. BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 unter Tz. 6 u. 7. BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, DStR 2012, 2118 = FR 2012, 1113 = GmbHR 2012, 1260. Vgl. Crezelius, JbFStR 2013 (Tagungsband), S. 580 ff.; Schulze zur Wiesche, DStR 2012, 2414 (2416); Roehrig, EStB 2013, 106 (108). So Bohn/Pelters, DStR 2013, 281 (286); Strahl, KÖSDI 2013, 18216 (18219); Levedag, GmbHR 2013, 673 (680 ff.). BFH v. 9.12.2014 – IV R 29/14, DStR 2015, 211 = GmbHR 2015, 263 = FR 2015, 457. BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, DStR 2016, 1518. BMF v. 12.9.2013, BStBl. I 2013, 1164 mit Hinweis auf die Fortgeltung der Tz. 7 des BMFSchreibens zu § 6 Abs. 3 EStG v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458. BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 unter Rz. 29 und 34. Vgl. zur Anwendung des Gesamtplans nach Fallgruppen Dornheim, DStZ 2014, 46; Wacker, Ubg 2016, 245. BFH v. 9.12.2014 – IV R 36/13, BStBl. II 2015, 529 = GmbHR 2015, 382. BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11, BStBl. II 2015, 536 = GmbHR 2015, 384.
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§ 22 Einkommensteuer
22.49 Die Rechtsprechung betrachtet somit die Ausgliederung von Sonderbetriebsvermögen nach Fallgruppen (Ausgliederungen im Vorfeld der Inanspruchnahme einer Tarifbegünstigung/Ausgliederungen im Vorfeld einer unentgeltlichen Übertragung und Ausgliederungen im Vorfeld einer Buchwerteinbringung gemäß §§ 20, 24 UmwStG) zu gehen1. Maßgeblich ist aus Sicht des BFH nach dem Gesetzeszweck des § 6 Abs. 3 EStG, die im Zeitpunkt der Übertragung konkret vorhandene betriebliche Einheit steuerneutral auf den Rechtsnachfolger übergehen zu lassen, eine zeitpunktbezogene Prüfung zum jeweiligen Übertragungsstichtag. Für diesen Zeitpunkt ist zu untersuchen, ob eine Sachgesamtheit i.S. des § 6 Abs. 3 EStG übergeht; hierfür maßgebend ist nur das Betriebsvermögen, das am Tag der Übertragung als Bestandteil der Sachgesamtheit existiert. Dogmatischer Begründungsansatz der Rechtsprechung ist, dass die Gesamtplanrechtsprechung als Ausdruck einer teleologischen Gesetzesauslegung der jeweiligen Begünstigungsnorm stets nur dem Zweck dieser Norm dienen kann, aber keine Handhabe bietet, mehrere planmäßige Vorgänge zu verklammern, wenn eine Gestaltung den Normzweck gar nicht berührt. Ein genereller „Vorrang des § 6 Abs. 3 EStG vor § 6 Abs. 5 EStG“ als Folge der Gesamtplanbetrachtung existiert nach der Rechtsprechung des BFH zu § 6 Abs. 3 Satz 1 und 2 EStG daher eindeutig nicht. Auf der anderen Seite kann aber das Wahlrecht des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht davon suspendieren, alle stillen Reserven der funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Betriebs/Teilbetriebs/Mitunternehmeranteils zusammengeballt aufdecken zu müssen, wenn die Vergünstigungen der §§ 16, 34 EStG genutzt werden sollen. Diese Fallgruppenbildung ist auch bei der Ausgliederung funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens bei atypisch stillen Gesellschaften anlässlich einer Übertragung des Mitunternehmeranteils oder bei Einbringungsvorgängen zu beachten. f) Gewinnanteil und Sondervergütungen des atypisch stillen Gesellschafters aa) Allgemeines
22.50 Relevanter steuerlicher Zurechnungszeitpunkt für den Gewinnanteil ist das Ende des jeweiligen Geschäftsjahres, unabhängig davon, ob nach dem Gesellschafterbeschluss der Gewinnanteil für den Gesellschafter entnahmefähig ist, wann die Gewinnausschüttung durch die Gesellschafter beschlossen wird und wann der Gewinnanteil dem Mitunternehmer tatsächlich zufließt2. Wird der Gewinnanteil ausgekehrt, liegt eine Entnahme vor; dies gilt für Zwecke der §§ 4 Abs. 4a und 34a EStG sowohl für Sondervergütungen als auch für den aufgrund der zivilrechtlichen Gewinnverteilung zugewiesenen Gewinnanteil3. Beide Regelungen grundsätzlich eine gesellschafterbezogene Prüfung zur Ermittlung der (Über)Entnahmen4 vor.
1 Siehe eingehend und lesenswert Wacker, Ubg 2016, 245 [248], m.w.N. 2 Vgl. BFH v. 15.11.2011 – VIII R 12/09, BStBl. II 2012, 207 = FR 2012, 639; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 109. Zur Behandlung steuerlicher Mehrgewinne, die den Handelsbilanzgewinn nicht berühren, wenn ein atypisch stiller Gesellschafter vertraglich ohne weitere Konkretisierung zu einem Prozentsatz am Gewinn und Verlust des Geschäftsinhabers beteiligt ist, vgl. FG Hess. v. 13.11.1994 – 4 K 4186/89, EFG 1996, 97. 3 Vgl. BFH v. 5.2.2002 – VIII B 73/01, BFH/NV 2002, 908. 4 Vgl. zu § 4 Abs. 4a EStG BFH, BStBl. II 2008, 420 mit BMF, BStBl. I 2008, 588; zu § 34a EStG vgl. Tz. 20 in BMF, BStBl. I 2008, 838.
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Zu den gewerblichen Einkünften des atypisch stillen Gesellschafters gehören gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG neben seinem Gewinnanteil (samt Auswirkungen in der Ergänzungsbilanz) die Sondervergütungen (zur Behandlung des Sonderbetriebsvermögens als Teil des Betriebsvermögens der atypisch stillen Gesellschaft siehe Rz. 22.40 ff.). Sondervergütungen sind Entgelte, die als Geld- oder in Sachwerten geleistet werden, auf einer gesellschaftsvertraglichen oder schuldrechtlichen Grundlage geschuldet sind und für die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG genannten Tätigkeiten gezahlt werden. Diese Vergütungen mindern im ersten Schritt den Gewinn des Inhabers des Handelsgewerbes und damit der atypisch stillen Gesellschaft als Betriebsausgaben, werden jedoch korrespondierend (zeit- und betragsgleich) in einer Sonderbilanz des atypisch stillen Mitunternehmers als Sonderbetriebseinnahmen erfasst und gehen damit in den steuerlichen Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft ein (sog. Prinzip der korrespondierenden Bilanzierung)1. Ausgezahlte Leistungsvergütungen an den Mitunternehmer sind Entnahmen aus dem Sonderbetriebsvermögen, wenn keine sofortige Auszahlung erfolgt und zunächst eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter erfasst wird (Rz. 22.50). Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben fallen aber nicht nur im Zusammenhang mit der Überlassung von Wirtschaftsgütern an die Mitunternehmerschaft oder Geschäftsführungsleistungen an. Dazu gehören auch Einnahmen und Ausgaben, die durch die Mitunternehmerstellung veranlasst sind (z.B. Schuldzinsen für ein Darlehen zur Refinanzierung der Einlage).
22.51
bb) Behandlung des Geschäftsführergehalts des Stillen bei der GmbH & Still Eine für die Praxis wichtige Frage besteht darin, welcher Einkunftsart die Bezüge zuzuordnen sind, die der atypische stille Gesellschafter für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH erhält. Eine vergleichbare Fragestellung besteht beim Gesellschafter-Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH, der zugleich Kommanditist ist. So erfasst der BFH in ständiger Rechtsprechung das Entgelt, das der Kommanditist einer GmbH & Co. KG für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der KomplementärGmbH bezieht, als Sondervergütung i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, und zwar auch dann, wenn der Anstellungsvertrag des Geschäftsführer-Gesellschafters nicht mit der KG, sondern mit der Komplementär-GmbH abgeschlossen wurde2. Die Erfassung der Tätigkeitsvergütung bei den Einkünften des Gesellschafters aus Gewerbebetrieb ist gerechtfertigt, weil der Kommanditist einer GmbH & Co. KG, der zugleich Geschäftsführer (Organ) der Komplementär-GmbH ist (vgl. §§ 6, 35, 37 des GmbHG), in dieser Funktion selbst „im Dienst der Personengesellschaft“ tätig wird. Denn der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH erfüllt nicht nur eine Verpflichtung der GmbH gegenüber der KG (§ 114 Abs. 1, § 161 Abs. 2, § 164 Satz 1 des HGB), sondern zugleich eine persönliche Verpflichtung gegenüber der KG3. Ihre Rechtfertigung findet die Rechtsprechung letztlich im Anweisungsgedanken. Die Umqualifizierung der
1 Vgl. BFH v. 28.3.2000 – VIII R 13/99, BStBl. II 2000, 612 = FR 2000, 986 = GmbHR 2000, 893. 2 St. Rspr., vgl. BFH v. 2.8.1960 – I 221/59, BStBl. III 1960, 408; BFH, BStBl. III 1967, 303; BFH v. 15.11.1967 – IV R 139/67, BStBl. II 1968, 152; BFH v. 21.3.1968 – IV R 166/67, BStBl. II 1968, 579; BFH v. 21.4.1971 – I R 76/70, BStBl. II 1971, 816; BFH v. 23.2.1972 – I R 159/68, BStBl. II 1972, 530; BFH, BStBl. II 1977, 504; BFH, BStBl. II 1979, 284; BFH v. 16.12.1992 – I R 105/91, BStBl. II 1993, 792; BFH v. 25.2.1991 – GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691. 3 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56 IV 3.
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22.52
§ 22 Einkommensteuer
Bezüge eines Geschäftsführer-Kommanditisten in Sondervergütungen ist umfassend und umfasst auch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung1. Der BFH hat zuletzt für Abfindungen einerseits entschieden, diese seien nicht gemäß § 3 Nr. 9 EStG a.F. (teilweise) steuerbefreit2, andererseits aber die Anwendung der Tarifbegünstigung (§§ 24 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG) für die umqualifizierte Abfindung anerkannt3.
22.53 Diese Wertungen können auf die GmbH & atypisch Still übertragen werden. Zwar ist diese eine Innengesellschaft, jedoch wird die GmbH als Organ der atypisch stillen Gesellschaft „im Dienst der Personengesellschaft“ tätig4. Dementsprechend führt der (Gesellschafter- oder Fremd-)Geschäftsführer der GmbH mittelbar auch die Geschäfte der atypisch stillen Gesellschaft. Die auf Ebene der GmbH bewirkten Geschäftsvorfälle sind allen Gesellschaftern zuzurechnen. Die Geschäftsführervergütungen, die die GmbH in der GmbH & atypisch Still einem Gesellschafter-Geschäftsführer zahlt, der zugleich stiller Gesellschafter ist, sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Sondervergütungen zu qualifizieren5. Abweichend kann die Behandlung der Geschäftsführerbezüge sein, wenn die GmbH neben dem Geschäftsbereich, an dem sich der Stille beteiligt hat, einen anderen Geschäftsbetrieb von nicht ganz untergeordnetem Umfang hat6. Kommt es – wie im Regelfall – zur Einordnung der Geschäftsführervergütung als Sondervergütung, geht der ohne Bestehen der atypisch stillen Gesellschaft vorhandene Rechtsformvorteil der GmbH, die Geschäftsführervergütung als Betriebsausgabe abziehen zu können, durch die zusätzliche Beteiligung des GmbH-Gesellschafters als atypisch stiller Gesellschafter im Ergebnis verloren. Denn die bei der GmbH gebuchte Betriebsausgabe für das Geschäftsführergehalt ist korrespondierend in der Sonderbilanz des atypisch stillen Gesellschafters als Einnahme zu erfassen. cc) Behandlung von Pensionszusagen auf Ebene der GmbH in der GmbH & atypisch Still
22.54 Für eine Pensionszusage an einen GmbH-Geschäftsführer/Kommanditisten, die von der Komplementär-GmbH im Rahmen der GmbH & Co KG erteilt wird, ist in der Ansparphase zunächst auf der Ebene der Komplementär-GmbH eine Rückstellung gemäß § 6a EStG zu bilden. Der Aufwand aus der Bildung der Pensionsrückstellung darf bei der Komplementär-GmbH jedoch nicht bei der Ermittlung des zu versteuernden
1 2 3 4
Vgl. BFH v. 30.8.2007 – IV R 14/06, BStBl. II 2007, 942 = GmbHR 2007, 1227 = FR 2008, 226. BFH v. 23.4.1996 – VIII R 53/94, BStBl. II 1996, 515 = FR 1996, 631 = GmbHR 1996, 787. BFH v. 24.6.2009 – IV R 94/06, BFH/NV 2009, 1877 = GmbHR 2009, 1166. BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 unter I. 2.b) = GmbHR 1999, 193. 5 BFH v. 12.9.2005 – VIII B 54/05, BFH/NV 2006, 277; BFH v. 15.12.1998 – VIII R 62/97, BFH/NV 1999, 458 = GmbHR 1999, 422 (424); bestätigt in BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, BFH/NV 2000, 420 unter II. 2. = GmbHR 2000, 292. Ebenso Walter, GStB 2000, 50 (51); Carlé, KÖSDI 1999, 12189 (12192); Schoor, LSW Gruppe 14 S. 415 (432); Häger/Forst, EStB 2001, 67 (68); a.A. Schulze zur Wiesche, DStZ 1998, 285 (287 f.). 6 Die Rspr. des BFH zur Behandlung des GmbH-Anteils des Stillen als Sonderbetriebsvermögen II lässt insoweit zweifeln, vgl. BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193. Anders hingegen BFH v. 15.10.1975 – I R 16/73, BStBl. II 1976, 188 zur Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG, die noch einen bedeutenden eigenständigen Geschäftskreis als Holding unterhielt.
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Einkommens im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung berücksichtigt werden, sondern wird dieser im Ergebnis nur über die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung als Sonderbetriebsausgabe bei der KG zugerechnet. Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) ist für die Steuerbilanz der Komplementär-GmbH aufgrund der Bilanzierungskonkurrenz zur Gewinnermittlung auf Ebene der GmbH & Co. KG durchbrochen. Die GmbH bildet die Rückstellung nur in der Handelsbilanz, nicht aber in ihrer Steuerbilanz. Die Rückstellung ist in der Sonderbilanz der Komplementär-GmbH bei der KG auf der Passivseite zu erfassen1. Durch die von der Komplementär-GmbH gewährte Pensionszusage wird auch die Gesamthandsbilanz der GmbH & Co. KG nicht berührt2. Es ist ferner die jährliche gewinnmindernde Erhöhung der Rückstellung korrespondierend als Sonderbetriebseinnahme nur des pensionsberechtigten Kommanditisten (Aktivierung der Pensionsanwartschaft in der Sonderbilanz) zu erfassen3, wenn aufgrund der Mitunternehmerstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers auch dessen sonstige Geschäftsführerbezüge als Sondervergütung anzusehen sind (siehe Rz. 22.43). Die Finanzverwaltung hat sich der Entscheidung des BFH, ein Aktivposten sei nur in der Sonderbilanz des Pensionsberechtigten und nicht quotal in der Sonderbilanz jedes Mitunternehmers zu bilden, im BMF-Schreiben vom 29.1.20084 angeschlossen und dort weitreichende Übergangsregelungen vorgesehen. Bei der Auszahlung der Pensionszusage fallen auf Ebene der KG Betriebsausgaben i.H. der Versorgungsleistung und eine Sonderbetriebseinnahme aus der ratierlichen Auflösung der Rückstellung in der Sonderbilanz der Komplementär-GmbH an. Beim Berechtigten sind die Pensionsleistungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen. Aufgrund der korrespondierenden Bilanzierung ist in der Sonderbilanz des Berechtigten zugleich die Anwartschaft unter Ansatz einer Sonderbetriebsausgabe aufzulösen5. Für den Berechtigten verläuft die Auszahlungsphase daher im Ergebnis steuerneutral.
22.55
Diese Grundsätze gelten entsprechend bei der GmbH & atypisch Still. Der bei der GmbH auf der Passivseite gewinnmindernden ratierlich sich erhöhenden Pensionsrückstellung, die der GmbH & atypisch Still zuzurechnen ist (siehe Rz. 22.51), steht in der Ansparphase eine korrespondierend sich erhöhende Anwartschaft des pensionsberechtigten atypisch stillen Gesellschafters gegenüber, die unter Ansatz von Sonderbetriebseinnahmen in dessen Sonderbilanz jährlich aufzustocken und zu aktivieren ist6. Auch hier geht der ansonsten bestehende Rechtsformvorteil einer GmbH durch die Begründung der atypisch stillen Beteiligung weitgehend verloren: Der Pensionsberechtigte versteuert durch den gewinnerhöhenden Aufbau der Anwartschaft in der Sonderbilanz die später auszuzahlenden Versorgungsleistungen als Sonderbetriebseinnahmen schon in der Anspar- und nicht erst in der Auszahlungsphase; bei
22.56
1 Vgl. dazu Hottmann/Fanck/Lahme, Besteuerung der Gesellschaften, 12. Aufl. 2013, Fall 55, S. 422, (427, 429). 2 So auch Tz. 12 des BMF-Schreibens v. 29.1.2008, BStBl. I 2008, 317. 3 BFH v. 14.2.2006 – VIII R 40/03, BStBl. II 2008, 182 = FR 2006, 541 = GmbHR 2006, 605; zur Vertiefung siehe Levedag in MünchHdb.GesR Bd. 2, § 58 Rz. 180–189. 4 BStBl. I 2008, 317. 5 Vgl. Tz. 5, 7 13, 14 des BMF-Schreibens v. 29.1.2008, BStBl. I 2008, 317. 6 Hottmann, Besteuerung der GmbH, Kap. O, Rz. 51, dort auch zur Behandlung des Teils einer Pensionsrückstellung, der vor Begründung der atypisch stillen Beteiligung gebildet wurde.
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fehlender Vereinbarung einer Hinterbliebenenversorgung und Versterben vor dem Versorgungseintritt besteht zudem das Risiko, im Todesjahr einen Verlust in der Sonderbilanz zu realisieren, der nach dem Beschluss des GrS vom 17.12.2007 zu § 10d EStG auch nicht mehr vom Erben genutzt werden kann1. Auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft wirkt sich der Betriebsausgabenabzug aus der Rückstellungsbildung in der Gesamtsteuerbilanz damit im Ergebnis nicht aus. g) Finanzierungsaufwendungen des stillen Gesellschafters und Zinsschranke nach § 4h EStG n.F.
22.57 Im Rahmen der Unternehmensteuerreform 20082 wurde die Abzugsmöglichkeit der an Dritte gezahlten Fremdfinanzierungsaufwendungen nach § 4h EStG eingeschränkt3. Der BFH hat mit Beschluss vom 14.10.2015 dem BVerfG vorgelegt4. Diese Beschränkung gilt auch für Personengesellschaften5. An dieser Stelle werden nur die Auswirkungen der Zinsschranke für „konzernierte“ atypisch stille Mitunternehmerschaften dargestellt, für die Anwendung der Zinsschranke in der GmbH & atypisch Still (§ 8a Abs. 2, 3 KStG i.V.m. § 4h Abs. 2 Satz 2 EStG) wird auf § 23 verwiesen. Im Gegensatz zu § 4 Abs. 4a EStG ist es bei der Abzugsbeschränkung nach § 4h EStG irrelevant, ob Überentnahmen getätigt wurden oder ob ein Gewinn vorliegt.
22.58 Erstmals in Wirtschaftsjahren, die nach dem 25.5.2007 beginnen und nicht vor dem 1.1.2008 enden, sind bei konzernierten Personengesellschaften (§ 52 Abs. 12d Satz 1 EStG)6, also auch bei konzernierten atypischen stillen Gesellschaften, Schuldzinsen nur i.H. des Zinsertrages desselben Wirtschaftsjahres vollständig abziehbar. Für die Zinsaufwendungen, die die Zinserträge übersteigen, greift das Betriebsausgabenabzugsverbot des § 4h EStG. Es erfasst Zinsaufwendungen aus Gesellschafterdarlehen und allen anderen Fremdfinanzierungen (auch Zinszahlungen an unbeteiligte Dritte), wenn in einem „Betrieb“ ein negativer Zinssaldo (Nettozinsaufwendungen) vorliegt (Zinsaufwand . Zinseinnahmen des Wirtschaftsjahres), dieser 30 % des verrechenbaren EBITDA der Gesellschaft übersteigt und keine Befreiung vom Abzugsverbot eingreift. Das verrechenbare EBITDA des konkreten Veranlagungszeitraums kann um einen EBITDA-Vortrag aus einem früheren Jahr erhöht werden, wenn ein solcher gesondert festgestellt worden ist (§ 4h Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie Abs. 4 Satz 1 EStG). Es 1 BFH v. 30.3.2006 – IV R 25/04, BStBl. II 2008, 171: Besteht ein Verlustabzug im Todeszeitpunkt, kann der Verlust des Erblassers nicht mehr auf die Erben übergehen, also auch dann nicht, wenn die aufwandswirksame Ausbuchung der Pensionsanwartschaft in der Sonderbilanz im Todesjahr zu einem Verlustabzug führt. 2 Durch das UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 3 Ausführlich zur Einführung der Zinsschranke nach § 4h EStG Rödder/Stangl, DB 2007, 479; Kessler/Köhler/Knörzer, IStR 2007, 418; Dörfler, BB 2007, 1084; Töben, BB 2007, 974; Köhler, DStR 2007, 597; Hallerbach, StuB 2007, 289 sowie zu aktuellen Fragen bei der Personengesellschaft Zimmermann u.a., Personengesellschaften im Steuerrecht, B Rz. 270 ff. Zur Ansicht der Verwaltung siehe BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, sowie dazu Fischer/Wagner, BB 2008, 1872. 4 BFH v. 14.10.2015 – I R 20/15, GmbHR 2016, 300 (Az. des BVerfG 2 BvL 1/16). Siehe zuvor BFH v. 18.12.2013 – I B 85/13, BFHE 244, 320 = BStBl. II 2014, 947 = GmbHR 2014, 542 m. Anm. Wiese. 5 Siehe Prinz, FR 2010, 736 (739). 6 Es gilt ein gegenüber dem Handelsrecht stark erweiterter Konzernbegriff, siehe dazu Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636.
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gilt allerdings eine Freigrenze i.H. von 3 Mio. Euro, d.h. die Rechtsfolgen der Zinsschranke werden nicht ausgelöst, wenn die Nettozinsaufwendungen diesen Betrag nicht überschreiten1. Die Abzugsbeschränkung greift zudem nur, wenn die Eigenkapitalquote der konzernangehörigen Personengesellschaft unter der Eigenkapitalquote im Konzern liegt und eine weitere Toleranzgrenze von 2 % überschritten wird. Nicht abziehbare Zinsen sind als Zinsvortrag gesondert festzustellen und bei positivem Zinssaldo in den Folgejahren abziehbar, § 4h Abs. 4 EStG. Eine atypisch stille Gesellschaft ist Subjekt der Gewinnerzielung und Gewinnermittlung und damit ein Betrieb i.S. des § 4h EStG2. Zum „Betrieb“ einer Mitunternehmerschaft gehört für Zwecke der Zinsschranke nicht nur das Gesamthandsvermögen (einschließlich der Korrekturen aus einer Ergänzungsbilanz), sondern auch das Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers3. Bei der atypischen stillen Gesellschaft kann die Abzugsbeschränkung insbesondere bezüglich der Sonderbetriebsausgaben des stillen Gesellschafters zur Finanzierung seiner Beteiligung relevant werden. Es kann durch diese Aufwendungen zusammen mit den sonstigen Aufwendungen ein negativer Zinssaldo ausgelöst werden und bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen dazu kommen, dass die Zinsaufwendungen der atypisch stillen Gesellschaft dem Betriebsausgabenabzugsverbot unterliegen und nur im Rahmen des Zinsvortrags berücksichtigungsfähig sind. Zunächst beabsichtigte das BMF in einem Entwurfsschreiben zur Zinsschranke die Rechtsfolgen etwas zu entschärfen, indem der nicht abzugsfähige Zinsaufwand in der Sonderbilanz ausschließlich dem Verursacher belastet werden und bei Anteilsübertragungen der Zinsvortrag quotal nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel des ausscheidenden Gesellschafters verfallen sollte. Seit dem Anwendungsschreiben zu § 4h EStG vom 4.7.2008 vertritt das BMF, dass die Gewinnerhöhung bzw. der nichtabzugsfähige Zinsaufwand nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf alle Gesellschafter zu verteilen ist (Tz. 39) und ein Zinsvortrag der Gesellschaft bei Ausscheiden eines Mitunternehmers quotal untergeht, d.h. entstehen nicht abziehbare Zinsaufwendungen, sollen sie nach Vorstellung der Finanzverwaltung auch bei der Verursachung im Sonderbetriebsvermögensbereich nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel im Gesamthandsbereich zugerechnet werden4. Dies macht gesellschaftsvertragliche Gestaltungen des Ausgleichs im Innenverhältnis der Gesellschafter notwendig5. 1 Die Freigrenze wurde aufgrund der Finanzkrise durch das Bürgerentlastungsgesetz v. 16.7.2009 (BGBl. I 2009, 1959) von ursprünglich 1 Mio. Euro auf 3 Mio. Euro erhöht. Dies gilt nach § 52 Abs. 12d Satz 3 EStG erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 25.5.2007 beginnen und nicht vor dem 1.1.2008 enden, und letztmals für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1.1.2010 enden. Für darauf folgende Wirtschaftsjahre beträgt die Freigrenze dann wieder 1 Mio. Euro. 2 Hick in HHR, EStG/KStG, § 4h EStG Rz. 25; Breuninger, JbFStR 2010/2011, S. 333 (352); Kraft/ Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326); Suchanek, Ubg 2010, 186 (187 f.). 3 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 6. 4 Vgl. BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2742-a/07/10001 – DOK 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718; Prinz, FR 2010, 736 (739). 5 Vgl. Rodewald/Pohl, DStR 2008, 724 (727); Prinz, FR 2010, 736 (740); siehe auch Middendorf/ Stegemann, INF 2007, 305 (307); van Lishaut/Schuhmacher/Heinemann, DStR 2008, 2341 (2343); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 265a. Von einer betriebsbezogenen Ermittlung und Verteilung nach den Beteiligungsquoten der Gesellschafter geht auch die Finanzverwaltung aus, BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 51 ff.
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22.59
§ 22 Einkommensteuer
22.60 Bei typisch stillen Beteiligungen sind die an den typisch still Beteiligten auszuzahlenden Gewinnanteile ebenfalls wie Zinsaufwendungen in die Berechnung der Nettozinsaufwendungen einzubeziehen1.
22.61 Die Freigrenze des § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG ist betriebsbezogen2. Sie kann nur einmal pro Betrieb und damit auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft nur einmal genutzt werden. Um „einen“ Betrieb handelt es sich dabei auch noch, wenn mehrere atypische stille Gesellschafter am Handelsgewerbe des Inhabers beteiligt sind. Durch partielle Unternehmensbeteiligungen, also Beteiligungen an verschiedenen Teilbereichen des Handelsgewerbes, lassen sich jedoch auch hier, wie im Gewerbesteuerrecht, mehrere Betriebe bilden, so dass der Freibetrag u.E. für jeden dieser Betriebe in Anspruch genommen werden kann3.
22.62 Die Zinsschranke findet zudem nach § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. b EStG keine Anwendung, wenn der Betrieb nicht zu einem Konzern i.S. des § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG gehört4. Bei der atypisch stillen Gesellschaft bereitet die Feststellung der Konzernzugehörigkeit Schwierigkeiten5. Insbesondere bei Anwendung von internationalen Rechnungslegungsstandards (z.B. IFRS) ist die atypische stille Gesellschaft als besonderes „Kreditverhältnis“ nicht Teil eines Konsolidierungskreises und so nicht konzernfähig. Der steuerliche Konzernbegriff ist jedoch mit diesem Begriffsverständnis nicht deckungsgleich. Ein Konzern i.S. des § 4h EStG liegt nicht nur vor, wenn der Betrieb mit anderen Betrieben konsolidiert wird, sondern auch gemäß § 4h Abs. 3 Satz 5 und 6 EStG, wenn seine Finanz- und Geschäftspolitik mit einem oder mehreren Betrieben vom Träger des Konzerns einheitlich bestimmt werden kann.
22.63 M.E. kann man hinsichtlich dieser zweiten Alternative des sog. erweiterten Konzernbegriffs von folgenden Grundannahmen ausgehen: – So wie bei der GmbH & Co. KG führt eine atypisch stille Beteiligung an einem Handelsgewerbe im Regelfall nicht zu einem Konzern, da insofern nur ein Betrieb i.S. der Zinsschranke vorliegt. Im Rahmen einer typischen GmbH & Co. KG ist regelmäßig zu prüfen, ob ein sog. Privatkonzern zum beherrschenden Gesellschafter nach dem erweiterten Konzernbegriff besteht, wenn ein Gesellschafter oder eine Personengruppe sowohl die Komplementär-GmbH als auch die KG beherrschen. Tz. 66 des BMF-Schreibens vom 4.7.2008 verneint dies und sieht bei GmbH & Co. KGs die KG und die als Komplementärin allein haftende GmbH als einen Betrieb i.S. der Zinsschranke an, wenn sich die Tätigkeit der GmbH neben ihrer Vertretungsbefugnis in der Übernahme der Haftung und Geschäftsführung für die KG erschöpft und weder die KG noch die als Komplementärin allein haftende GmbH an-
1 Brinkmann, StBp 2011, 213 (215) m.w.N. 2 Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326); BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 56. 3 So auch Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326); Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 265a. 4 Es gilt ein gegenüber dem Handelsrecht stark erweiterter Konzernbegriff, siehe dazu Lüdenbach/Hoffmann, DStR 2007, 636. Zum sog. Privatkonzern siehe BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 59. 5 Siehe dazu ausführlich Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2326 ff.).
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derweitig zu einem Konzern gehören1. Diese Wertung kann auf atypisch stille Beteiligungen an einer Personengesellschaft übertragen werden2, d.h. auch bei einer Beteiligung des beherrschenden Gesellschafters der GmbH als atypisch stiller Mitunternehmer an der GmbH liegt nur ein Betrieb i.S. der Zinsschranke und keine Beherrschung zweier Betriebe (der GmbH und der atypisch stillen Gesellschaft) durch den Konzernträger vor. – Im Regelfall ist die atypische stille Gesellschaft dem Konzern des Inhabers des Handelsgeschäfts zuzuordnen. Nur ausnahmsweise, bei Bestehen entsprechender Mitwirkungs- und Teilhaberechte des stillen Beteiligten hinsichtlich des Handelsgeschäfts des Inhabers, ist die stille Gesellschaft dem Konzern des stillen Gesellschafters zuzurechnen3. Folgerichtig wäre dann im Normalfall, beim Vergleich der Eigenkapitalquoten das Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters nicht zu berücksichtigen, weil dieses nicht zum Konzernvermögen gehört4, vgl. § 4h Abs. 2 Satz 1 Buchst. c Satz 7 EStG. Angesichts der relativ hohen Freigrenze dürfte die Zinsschranke für einen großen Teil der stillen Gesellschaften nicht zur Anwendung kommen. Wird die Freigrenze überschritten, greift die Zinsschranke stets ungemindert ein.
22.64
h) Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters Auch die Verlustanteile des atypisch stillen Gesellschafters fallen unter § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und stellen somit negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar. Da die atypisch stille Gesellschaft eine Mitunternehmerschaft ist, sind die Verlustanteile, insbesondere auch aus der Beteiligung an einer GmbH & Still, einkommensteuerlich bei den Gesellschaftern zu erfassen5 und mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechenbar. Es besteht daher grundsätzlich die Möglichkeit, durch eine GmbH & atypisch Still Verluste die im Geschäftsbetrieb der GmbH entstanden sind, auf die Ebene der GmbH-Gesellschafter zu verlagern, wenn diese sich zugleich atypisch still an der GmbH beteiligen. Allerdings existieren in diesem Kontext die nachfolgend dargestellten Verlustabzugsbeschränkungen6.
1 So für die GmbH & Co. KG BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718, Tz. 66. 2 Nach BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 = GmbHR 2014, 890 führt die atypisch stille Beteiligung eines Kommanditisten an der eigenen Personengesellschaft zu einer doppelstöckigen Personengesellschaft (siehe Rz. 22.98). Im Fall doppelstöckiger PersGes. handelt es sich sowohl bei der Untergesellschaft als auch bei der Obergesellschaft um jeweils eigenständige Betriebe i.S. des § 4h EStG, vgl. Hick in HHR, EStG/KStG, § 4h EStG Rz. 25. Nach BMF v. 4.7.2008 (BStBl. I 2008, 718, Tz. 42) will die FinVerw. Kaskadeneffekte aus der Erhöhung des maßgeblichen Gewinns und damit des Zinsabzugsvolumens in einer Kette von Mitunternehmerschaften nicht akzeptieren. 3 Dies entspricht der Behandlung bei Außenpersonengesellschaften. Kritisch dazu Kraft/MayerTheobald, DB 2008, 2325 (2327 f.). 4 Siehe Kraft/Mayer-Theobald, DB 2008, 2325 (2328). 5 Dies führt bei der GmbH & atypisch Still zu einem Ertrag, da der Verlust nicht von der GmbH zu tragen ist, sondern mit der Einlage des Stillen zu verrechnen ist, siehe Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19488). 6 Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19484; 19488 f.).
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22.65
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aa) Die Regelungen der §§ 10d, 15b EStG
22.66 Im Rahmen des periodenübergreifenden bzw. intertemporalen Verlustausgleichs nach § 10d Abs. 1 EStG ist ein Verlustrücktrag lediglich bis zu 1 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung 2 Mio. Euro) auf den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum möglich. Darüber hinaus kann nach § 10d EStG ein zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag vorgenommen werden. Vorgetragene Verluste sind seit 2004 unabhängig von der Einkunftsart in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu 1 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung 2 Mio. Euro) unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 % des 1 Mio. Euro/2 Mio. Euro übersteigenden Betrages sofort abzugsfähig.
22.67 Eine Verlustabzugsbeschränkung kann die Regelung in § 15b EStG bewirken1, wonach Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen nicht mit Einkünften aus Gewerbebetrieb oder mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden, sondern nur innerhalb eines besonderen Verlustverrechnungskreislaufs mit Erträgen aus Steuerstundungsmodellen verrechnet werden dürfen2. bb) Beschränkung des Verlustabzugs bei stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG
22.68 Durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG)3 wurde die Berücksichtigung von Verlusten speziell bei der stillen Gesellschaft eingeschränkt. § 15 Abs. 4 EStG wurde um folgenden Satz 6 ergänzt: „Verluste aus stillen Gesellschaften, Unterbeteiligungen oder sonstigen Innengesellschaften an Kapitalgesellschaften, bei denen der Gesellschafter oder Beteiligte eine Kapitalgesellschaft ist und als Mitunternehmer anzusehen ist, sind unter den Voraussetzungen des § 10d nur mit Gewinnen, die der Gesellschafter oder Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus derselben Unterbeteiligung oder Innengesellschaft bezieht, verrechenbar.“ Diese Regelung wird wegen ihres persönlichen Anwendungsbereichs nur für Kapitalgesellschaften in § 23 dargestellt (siehe Rz. 23.66 ff.). cc) Beschränkung des Verlustausgleichs nach § 15a EStG
22.69 Die praxisrelevanteste Verlustverrechnungsbeschränkung für natürliche Personen, die an einer atypisch stillen Gesellschaft beteiligt sind, ergibt sich aus § 15a EStG. Nach § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG ist § 15a auf die Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft anzuwenden, wenn deren Haftung mit der eines Kommanditisten vergleichbar ist.
1 § 15b EStG wurde durch das Verlustbeschränkungsgesetz v. 23.12.2005 rückwirkend zum 10.11.2005 unter Aufhebung des § 2b EStG a.F. eingefügt. Gemäß § 2b EStG a.F. konnten negative Einkünfte aus Verlustbeteiligungsgesellschaften nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen und auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Zu § 2b EStG siehe die 6. Aufl., Rz. 22.44. 2 Zu § 15b EStG siehe etwa Beck, DStR 2006, 61. Zu beachten ist außerdem das BMF-Schreiben v. 17.7.2007 – IV B 2 – S 2241-b/07/0001, DStR 2007, 1347. 3 In Kraft getreten am 21.5.2003.
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Exkurs: Für Kommanditisten gibt das HGB verbindlich vor, dass zwei Formen von Kapitalkonten zu führen sind, da nachzuvollziehen sein muss, inwieweit ein Kommanditist die im Handelsregister eingetragene Haftsumme erbracht hat und damit von seiner Haftung im Außenverhältnis befreit wird (§ 171 Abs. 1 HGB), die Haftsumme durch Entnahmen unerlaubt zurückerhält (§ 169 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Alt. 2 HGB i.V.m. § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB) oder thesaurierte Gewinnanteile entnimmt, die ihm zustehen. Auf dem Kapitalkonto I sind die Einlagen und die Gewinn- und Verlustanteile bis zur Erbringung der Einlage zu verbuchen (§ 167 Abs. 2 HGB). Auf dem Kapitalkonto II sind gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB alle weiteren Gewinnanteile nach Erbringung der gesellschaftsvertraglichen Pflichteinlage zu verbuchen. Im Verlustfall werden nach § 167 Abs. 1 HGB die Verlustanteile ausschließlich mit dem Kapitalkonto I belastet und nicht mit einem Guthaben auf dem Kapitalkonto II (aus überobligatorischen Einlagen oder stehen gelassenen Gewinnen oder Vergütungen) verrechnet, da den Kommanditisten kraft Gesetzes keine Nachschusspflicht trifft. Entsteht ein negatives Kapitalkonto I und hat der Kommanditist die Haftsumme erbracht, führt dies nach § 167 Abs. 3 HGB zu einer Entnahmesperre für zukünftige Gewinne, da das negative Kapitalkonto I vor weiteren Entnahmen zunächst wieder bis zur Höhe der vertraglich geschuldeten Einlage aufzufüllen ist. Ein Kommanditist haftet demnach bei geleisteter Haftsumme (keine Außenhaftung) und einem negativen Kapitalkonto für Verluste der Gesellschaft nicht mit thesaurierten Altgewinnen und wird auch durch weitere Verlustzuweisungen nicht nachschusspflichtig. Er haftet nur mit künftigen Gewinnen, die dem negativen Kapitalkonto solange gutzuschreiben sind und nicht entnommen werden dürfen, bis es ausgeglichen ist. Demnach lässt § 15a EStG nach dem Grundprinzip der Regelung ab dem Zeitpunkt, ab dem ein negatives Kapitalkonto vorhanden ist, zwar die Zuweisung, nicht aber die Verrechnung weiterer Verluste mit anderen positiven Einkünften an den Kommanditisten zu, da diese Verlustzuweisungen den Kommanditisten nicht wirtschaftlich belasten. Eine Verrechnung dieser zunächst nur verrechenbaren Verluste findet erst mit künftigen Gewinnen statt (§ 15a Abs. 2 EStG). Exkurs Ende
22.70
Die Regelung gilt gemäß § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG1 unmittelbar für einen atypisch stillen Gesellschafter, wenn die Haftung des atypisch stillen Gesellschafters der eines Kommanditisten vergleichbar ist2. Die Anwendung der Regelung kommt in Betracht, wenn dem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters Verlustanteile auch dann noch zu belasten sind, wenn es negativ wird. Muss der atypisch stille Gesellschafter gemäß § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos spätere Gewinnanteile zur Deckung dieser Verluste zur Verfügung stellen (siehe dazu Rz. 7.78, 8.40, 14.64 f.) entspricht seine Rechtsstellung der eines Kommanditisten (siehe Rz. 22.70) und ist § 15a EStG anwendbar3. Nach der Rechtsprechung des BFH wird § 15a EStG selbst dann auf den atypisch stillen Gesellschafter angewendet, wenn dieser im Innenverhältnis unbeschränkt haftet, sich also verpflichtet hat, entstehende Verluste
22.71
1 Zur Kritik am Wortlaut dieses Absatzes vgl. Meßmer, BB 1981 Beilage 1, 1 (13 f.); KnobbeKeuk, StuW 1981, 97 (102). 2 Zur entsprechenden Anwendung des § 15a EStG bei der typisch stillen Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) siehe unter Rz. 22.237 ff. 3 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36701, BStBl. II 2002, 858; Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 198; Brinkmann, StBP 2011, 242 (247); Heinz in FS für BA Villingen-Schwenningen, S. 60 f.; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19484).
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durch weitere Einlagen (Nachschusspflicht) abzudecken, obwohl er dann eher einem unbeschränkt haftenden Gesellschafter vergleichbar ist1.
22.72 Die Anwendbarkeit des § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG kann auch nicht dadurch verhindert werden, dass der Stille im Außenverhältnis einzelne Verpflichtungen übernimmt, beispielsweise zusammen mit dem Geschäftsinhaber einen Darlehensvertrag eingeht2 oder für Geschäftsschulden des Inhabers bürgt3. Erfüllt der atypisch stille Gesellschafter eine Verpflichtung des Geschäftsinhabers gegenüber dessen Gläubiger, kann hierin somit nur eine Einlage in die atypisch stille Gesellschaft gesehen werden, die das Kapitalkonto des Stillen erhöht. Im Einlagejahr ist stets der Ausgleich der in diesem Jahr entstandenen und zugewiesenen Verluste bis zur Höhe der getätigten Einlage möglich, da sich im Umfang der Einlage weder ein negatives Kapitalkonto bilden, noch ein vorhandenes negatives Kapitalkonto erhöhen kann4.
22.73 § 15a Abs. 5 Nr. 1 EStG verbietet im Verlustentstehungsjahr die Verrechnung von Verlusten der Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft mit positiven Einkünften aus anderen Einkünften, soweit durch die Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Nicht verrechenbare Verluste werden gesondert festgestellt und mit Gewinnen künftiger Jahre verrechnet (§§ 15a Abs. 2 und 4 EStG).
22.74 Für die Ermittlung, ob sich im jeweiligen Verlustentstehungsjahr ein negatives Kapitalkonto bildet oder erhöht, wird nur auf das Kapitalkonto im Gesamthandsbereich und die Auswirkungen der Ergänzungsbilanzen geschaut. Die Sonderbilanzen bleiben außer Betracht, so dass weder das aktive noch das passive Sonderbetriebsvermögen für die Prüfung des Verlustausgleichsvolumens zu berücksichtigen ist5.
22.75 Die Nichtberücksichtigung des Sonderbetriebsvermögens mag zwar dem Willen des historischen Gesetzgebers6 nicht entsprechen. Nach dem Zweck des § 15a EStG sollen aber Verlustanteile des Mitunternehmers nur abzugsfähig sein, als sie von ihm wirtschaftlich getragen werden. Wenn Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens in das Verlustausgleichvolumen des § 15a EStG einbezogen würden, führte dies zu einer Aufhebung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Kongruenz zwischen gesellschaftsrechtlicher Haftung und steuerrechtlichem Verlustausgleich; denn der Kommanditist haftet mit seinem positiven Sonderbetriebsvermögen nicht für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Umgekehrt würde die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten des Sonderbetriebsvermögens zu einer Erhöhung des negativen Kapitalkontos führen, dem Verlustabzug entgegenstehen und bewirken, dass eine tatsächlich vom Mitunterneh1 BFH v. 10.7.2001 – VIII R 45/98, BFHE 196, 103 = DStR 2001, 1598 (1600) m. Anm. Gschwendtner (HG); BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (471); ebenso Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 198. A.A. Heinz in FS für BA Villingen-Schwenningen, S. 60 f., Brinkmann, StBP 2011, 242 (248). 2 BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, DStR 2002, 1085 = FR 2002, 770 (772 ff.). 3 BFH v. 11.3.2003 – VIII R 33/01, GmbHR 2003, 1023 = FR 2003, 911 (912). 4 BFH v. 5.2.2002 – VIII R 31/01, DStR 2002, 1085 = FR 2002, 770 (774). Vgl. auch BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (474). 5 BFH v. 14.5.1991 – VIII R 31/88, BStBl. II 1992, 167 = GmbHR 1991, 541. Inzwischen ständige Rspr. vgl. BFH v. 13.10.1998 – VIII R 78/97, DStR 1999, 16 (17) m.w.N. = GmbHR 1999, 199; ebenso Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 96. 6 Vgl. die amtliche Begründung, BT-Drucks. 8/3648, 16.
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mer getragene wirtschaftliche Belastung entgegen der Zielsetzung des § 15a EStG unberücksichtigt bliebe. Für die Ermittlung, ob sich ein negatives Kapitalkonto gebildet oder erhöht hat, ist aber nicht nur zwischen den Kapitalkonten im Gesamthandsvermögen und dem Kapital in Ergänzungsbilanzen und dem in Sonderbilanzen abzugrenzen. Innerhalb des Gesamthandsbereichs ist bei Mehrkontenmodellen für Zwecke des § 15a EStG zwischen Kapitalkonten mit Eigenkapitalcharakter und mit schuldrechtlichem Charakter zu unterscheiden, da letztere Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter und korrespondierend Forderungen des Gesellschafters im Sonderbetriebsvermögen bilden1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist an die gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung der Gesellschafterkonten bei der Personengesellschaft anzuknüpfen und zu prüfen, ob die verbuchten Zu- und Abgänge auf diesen Konten gesellschafts- oder schuldrechtlicher Natur sind. Die Bezeichnung der Konten im Gesellschaftsvertrag ist nicht verbindlich für die steuerliche Klassifizierung.
22.76
Der BFH geht steuerlich für die Abgrenzung der Kapitalkonten zwischen (schuldrechtlichen) Forderungs- oder Schuldkonten und Konten mit Eigenkapitalcharakter der Gesellschafter von einem Kapitalkonto aus, wenn auf dem Konto Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden, da die Verlustbelastung eines schuldrechtlichen Darlehenskontos mit dem Begriff des Darlehens nicht vereinbar ist (siehe auch Rz. 5.23)2. Bei einem Verrechnungskonto ist aber auch dann von einem Kapitalkonto auszugehen, wenn ein positiver Saldo auf dem Verlustvortragskonto erst im Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft in die Ermittlung des Abfindungsguthabens des Gesellschafters eingeht und hierbei mit einem Verlustvortragskonto saldiert wird3. Der BFH hatte in früheren Entscheidungen mehrfach geäußert, es spreche für die steuerliche Qualifizierung eines variablen Kapitalkontos, wenn darauf Einlagen und Entnahmen verbucht würden, und er betrachtete auch Entnahmebeschränkungen für den Zugriff des Gesellschafters in der Vergangenheit als Indiz für ein Kapitalkonto mit Eigenkapitalcharakter4. Diese Kriterien sind jedoch nach der jüngeren Rechtsprechung5 deutlich niedriger zu gewichten als das Kriterium der Verlusttragung.
22.77
Guthaben auf den schuldrechtlichen Konten der Gesellschafter sind dadurch gekennzeichnet, dass sie entnahmefähig sind, da es sich um Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft handelt, die im SBV des Gesellschafter und daneben als Ver-
22.78
1 Zur stillen Gesellschaft siehe BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193; Fleischer/ Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 96. Vgl. allgemein zu Mehrkontenmodellen BFH v. 4.5.2000 – IV R 16/99, BStBl. II 2001, 171 ff.; BFH v. 27.6.1996 – IV R 80/95, BStBl. II 1997, 36 ff.; Carlé/Bauschatz, FR 2002, 1153 (1161); Ley, KÖSDI 2002, S. 13 459 (13 462). 2 Vgl. Ley, DStR 2009, 613 (614); Ley, KÖSDI 2009, 16678 (16679 ff.); Kahle, FR 2010, 773 ff.; Zimmermann u.a., Besteuerung der PersGes, Kap. B Rz. 15 ff. 3 BFH v. 15.5.2008 – IV R 46/05, BStBl. II 2008, 812 = GmbHR 2008, 998 = FR 2008, 1110; BFH v. 26.6.2007 – IV R 29/06, BStBl. II 2008, 103 = GmbHR 2008, 162. 4 BFH v. 3.2.1988 – I R 394/83, BStBl. II 1988, 551 = GmbHR 1988, 359; BFH v. 27.6.1996 – IV R 80/95, BStBl. II 1997, 36 = GmbHR 1997, 43 = FR 1997, 51; BFH v. 4.5.2000 – IV R 16/99, BStBl. II 2001, 171 = FR 2000, 1088 = GmbHR 2000, 1064; BFH v. 5.6.2002 – I R 81/00, BStBl. II 2004, 344 = FR 2002, 1055. 5 BFH v. 16.10.2008 – IV R 98/06, BStBl. II 2009, 272 = GmbHR 2009, 274 = FR 2009, 578; siehe auch BMF, BStBl. I 1997, 627.
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bindlichkeit im Gesamthandsvermögen auszuweisen sind (Prinzip der korrespondierenden Bilanzierung). Guthaben auf schuldrechtlichen Gesellschafterkonten erhöhen das Verlustausgleichsvolumen gemäß § 15a EStG nicht, denn das Sonderbetriebsvermögen ist bei der Prüfung, ob ein negatives Kapitalkonto gebildet wird oder sich erhöht, nicht zu berücksichtigen (Rz. 22.74). Zur Behandlung „aktivischer Gesellschafterkonten“ aufgrund von Überentnahmen der Gesellschafter wird auf die BFHRechtsprechung verwiesen1.
22.79 Übertragen auf die atypisch stille Gesellschaft ist bei einer differenzierten Ausgestaltung der Gesellschafterkonten in einem Mehrkontenmodell ebenfalls für jedes Gesellschafterkonto im Einzelnen zu ermitteln, ob es in die Berechnung des Verlustausgleichsvolumens nach § 15a EStG eingeht.
22.80 Einlagen, die der Gesellschafter nach der Gründung und über die Pflichteinlage hinaus leistet, wirken sich unterschiedlich auf das Verlustausgleichsvolumen im Verlustentstehungsjahr aus. Eine Einlage schafft innerhalb des Verlustentstehungsjahres stets ein höheres Verlustausgleichsvolumen (sog. zeitkongruente Einlage)2. Einlagen entfalten aber – entgegen einer zum Teil vertretenen Ansicht3 – erst dann Wirkung, wenn sie tatsächlich geleistet und nicht, wenn sie nur vereinbart werden4. Die rückwirkende Umwandlung verrechenbarer in ausgleichsfähige Verluste durch Einlagen in den auf das Verlustjahr folgenden Wirtschaftsjahren ist ausgeschlossen5. Der durch das JStG 20096 eingefügte § 15 Abs. 1a EStG wirkt insofern nur deklaratorisch.
22.81 Der BFH hatte darüber hinaus für die Behandlung vorgezogener Einlagen seine sog. Korrekturposten-Rechtsprechung entwickelt7. Diese Problematik stellte sich, wenn ein Gesellschafter bei einem bestehenden negativen Kapitalkonto Einlagen leistete, die höher als die zugewiesenen Verlustanteile im Verlustentstehungsjahr, waren, aber das negative Kapitalkonto nicht ausglichen. Der Kommanditist konnte aufgrund der Einlage Verluste bis zur Höhe des Einlagebetrags ausgleichen, da insoweit die zugewiesenen Verluste das negative Kapitalkonto nicht erhöhten. Nach der Korrekturpostenrechtsprechung konnte der nicht verbrauchte Betrag der Einlage für die Ausgleichsfähigkeit nachfolgender Verluste genutzt werden, da er in einem Korrekturposten festzuhalten war und Verluste späterer Wirtschaftsjahre bis zum Verbrauch dieses Postens auch dann als ausgleichsfähig zu qualifizieren waren, wenn hierdurch erneut ein negatives Kapitalkonto entstand oder dieses sich erhöhte8. Begründet hatte der BFH diese Recht1 BFH v. 16.10.2008 – IV R 98/06, BStBl. II 2009, 272 = GmbHR 2009, 274 = FR 2009, 578; BFH v. 16.10.2014 – IV R 15/11, BStBl. II 2015, 267 = FR 2015, 274 = GmbHR 2015, 271; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19489). 2 BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (474). 3 Lempenau, StuW 1981, 240. 4 BFH v. 16.12.1997 – VIII R 76/93, GmbHR 1998, 551 (552); BFH v. 7.10.1997 – VIII R 22/94, BFH/NV 1998, 823 (824) = GmbHR 1998, 904; Lüdemann in HHR, EStG/KStG, § 15a EStG Anm. 87 m.w.N. 5 BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (471 f.) sowie LS 1; BFH v. 11.11.1997 – VIII R 39/94, BFH/NV 1998, 1078 (1079). 6 JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 7 BFH v. 14.10.2003 – VIII R 32/01, BStBl. II 2004, 359 = FR 2004, 150 und BFH v. 13.9.2007 – IV B 63/07, BFH/NV 2008, 39. 8 BFH v. 26.6.2007 – IV R 28/06, FR 2007, 1115 = DStR 2007, 1620. Bisher ablehnend etwa FG Köln v. 27.6.2001 – 5 K 6631/00, DStRE 2002, 85.
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sprechung mit der gebotenen Gleichbehandlung der „vorgezogenen“ mit der „zeitkongruenten“ Einlage und weiter argumentiert, dass andernfalls eine Schlechterstellung gegenüber der bloßen Haftsummenerhöhung des Kommanditisten bewirkt würde. Zu bemerken ist allerdings, dass ein Korrekturposten nur dann angesetzt werden konnte, wenn dem Kommanditisten nicht in vor der Einlage liegenden Wirtschaftsjahren aufgrund einer erweiterten Außenhaftung i.S. des § 15a Abs. 1 Satz 2 EStG ausgleichsfähige Verluste angerechnet wurden1. Diese erweiterte Auslegung zu § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG hinsichtlich des Verlustausgleichs ist dem Grundsatz nach auch auf den atypischen stillen Gesellschafter anzuwenden2. Durch Einführung des § 15a Abs. 1a EStG im JStG 2009 wurde die Rechtsprechung zu den vorgezogenen Einlagen jedoch „überschrieben“. Danach kann der im Einlagejahr entstehende Verlust mit der Einlage verrechnet werden, so dass insofern ein ausgleichsfähiger Verlust vorliegt. Überschreitet aber die Einlage den Verlust des Einlagejahrs, darf ein Korrekturposten für zukünftige Jahre nicht mehr gebildet werden3. Die Einfügung des § 15 Abs. 1a Satz 1 Halbs. 2 EStG durch das JStG 2009 bewirkt für Einlagen, die nach dem 24.12.2008 geleistet wurden, dass nachträgliche Einlagen für künftige Wirtschaftsjahre nicht mehr zu ausgleichsfähigen Verlusten führen, soweit durch diese Verluste (erneut) ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht4. Dies bedeutet, dass am 24.12.2008 bestehende Korrekturposten auch in den Folgejahren nutzbar sind. § 15a Abs. 2 EStG stellt ferner klar, dass die nachträglichen Einlagen gemäß dem neuen Abs. 1a EStG nicht verloren gehen, sondern mindestens i.H. der nach dem 24.12.2008 geleisteten nachträglichen Einlagen erhalten bleiben und im Aufgabezeitpunkt/Veräußerungszeitpunkt nach Verrechnung mit dem Aufgabeoder Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 2 EStG) zu ausgleichsfähigen Verlusten werden.
22.82
i) Einlageminderung i.S. von § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG Die Begrenzung des Verlustausgleichs bezieht sich auf den Stand des Kapitalkontos am Bilanzstichtag. Dadurch ist eine Umgehung der Begrenzung des Verlustausgleichs durch eine nur vorübergehend höhere Einlage in das Gesellschaftsvermögen denkbar. Das Gesetz lässt zunächst den Verlustausgleich zu, ordnet dann aber eine Nachversteuerung an, indem Entnahmen, die zu einem negativen Kapitalkonto führen oder es erhöhen, als fiktiver laufender Gewinn zu versteuern sind5.
22.83
§ 15a Abs. 3 Satz 1 EStG liest sich für den atypisch stillen Gesellschafter folgendermaßen: „Soweit ein negatives Kapitalkonto des stillen Gesellschafters durch Entnahmen entsteht oder sich erhöht (Einlageminderung), ist dem stillen Gesellschafter der Betrag der Einlageminderung als Gewinn zuzurechnen. Dieser Betrag darf den Betrag der Anteile am Verlust der stillen Gesellschaft nicht übersteigen, der im Wirtschaftsjahr der Einlageminderung und in den zehn vorangegangenen Wirtschaftsjahren ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen ist.“ Der dem stillen Gesellschafter zuzurechnende
22.84
1 Vgl. hierzu BFH v. 26.6.2007 – IV R 28/06, FR 2007, 1115 = DStR 2007, 1620 (1621). 2 BFH v. 20.9.2007 – IV R 10/07, BStBl. II 2008, 118 = FR 2008, 273; FG Hamburg v. 22.1.2007 – 7 K 84/06, DStRE 2007, 825. 3 Vgl. kritisch zu dieser Regelung Wacker, DStR 2009, 403; Wendt, Stbg 2009, 1 (3). 4 Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 184, hält § 15a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 EStG für verfassungswidrig. 5 Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 150.
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Betrag mindert gemäß § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG die Gewinne, die dem stillen Gesellschafter im Wirtschaftsjahr der Zurechnung oder in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der stillen Gesellschaft zuzurechnen sind. § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG wandelt somit ausgleichs- bzw. abzugsfähige Verluste in verrechenbare Verluste um.
22.85 Wie oben dargelegt wurde, ist unter dem Kapitalkonto des stillen Gesellschafters nur sein Kapitalkonto in der Steuerbilanz der Gesellschaft ohne das Sonderbetriebsvermögen zu verstehen (Rz. 22.74). Die fortentwickelte Einlage kann i.S. eines unter § 15a EStG fallenden Sachverhalts nur aufgrund bestimmter Ereignisse durch Entnahmen gemindert werden. Zu denken ist an folgende Möglichkeiten: Die Vermögenseinlage wird herabgesetzt und der Herabsetzungsbetrag dem stillen Gesellschafter ausgezahlt; aufgrund des Gesellschaftsvertrags ist der stille Gesellschafter in bestimmten Grenzen zu Entnahmen aus seiner Vermögenseinlage berechtigt; der stille Gesellschafter lässt sich einen stehen gelassenen Gewinnanteil später auszahlen. Eine Einlageminderung aufgrund von Entnahmen liegt somit nicht bei der Auszahlung von Sondervergütungen oder der Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen vor, also bei Entnahmen von Konten des Sonderbetriebsvermögens.
22.86 Nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG ist weiter erforderlich, dass durch die Entnahme ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Bei Auszahlung eines Herabsetzungsbetrages aufgrund Minderung der Vermögenseinlage ist dies nur möglich, wenn der von der vereinbarten Vermögenseinlage abweichende, z.B. durch Verluste geminderte tatsächliche Betrag des Kapitalkontos geringer als der Herabsetzungsbetrag ist. Das Gleiche gilt bei sonstigen Entnahmen des stillen Gesellschafters.
22.87 Verfahrensrechtlich ist zwischen dem Verfahren zur Feststellung des Gewinns gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO und dem Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG zu unterscheiden. Beide Feststellungen können zwar verbunden werden, führen aber stets zu zwei unabhängig voneinander anfechtbaren Verwaltungsakten1. Soweit nur die Feststellung des verrechenbaren Verlustes angefochten wird, erwachsen alle Feststellungen im Bescheid nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO in Bestandskraft. Der einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO), der gemäß § 351 Abs. 2 AO Bindungswirkung für das Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG entfaltet2. j) Die Tarifbegünstigung des § 34a EStG
22.88 Durch das UntStRG 20083 wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2008 die Möglichkeit der tarifprivilegierten Besteuerung nicht entnommener Gewinne für Einzelunternehmer und Mitunternehmerschaften geschaffen4. Das gesetzgeberische Ziel 1 BFH v. 14.12.1995 – IV R 106/94, BFHE 179, 368 = BStBl. II 1996, 226 = GmbHR 1996, 469 (470); BFH v. 16.12.1997 – VIII R 76/93, GmbHR 1998, 551 (552). 2 BFH v. 13.10.1998 – VIII R 78/97, DStR 1999, 16 (17) = GmbHR 1999, 199; BFH v. 11.11.1997 – VIII R 33/94, BFH/NV 1998, 1078 (1079) = FR 1995, 865. 3 UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 4 Zu einer Analyse Brähler/Guttzeit/Scholz, StuW 2012, 119; Bodden, FR 2011, 829 und FR 2012, 68.
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dieser Thesaurierungsbegünstigung ist die Angleichung der Belastung von Personengesellschaften und ihrer Gesellschafter an die Belastung der (thesaurierenden) Kapitalgesellschaft. Darüber hinaus sollte die Bildung der Eigenkapitalbasis von Personengesellschaften durch die Begrenzung des Steuerzugriffs nachhaltig gestärkt werden1. Die Thesaurierungsbegünstigung gemäß § 34a EStG setzt auf der Ebene der Gewinnverwendung an. Erforderlich ist ein Vergleich von Eigenkapitalgrößen zu Beginn und Ende des VZ. Die Tarifbegünstigung ist unternehmerbezogen und antragsabhängig, d.h. der Antrag gemäß § 34a EStG ist von jedem Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft, der natürliche Person ist, bei Abgabe der individuellen Einkommensteuererklärung zu stellen. Er kann nach § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG nur gestellt werden, wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 5 EStG ermittelt wird (Betriebsvermögensvergleich) und der Anteil des Mitunternehmers am Gewinn mehr als 10 % oder 10 000 Euro (steuerlicher Gewinn i.S. der §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG aus Gesamthands-, Sonder- und Ergänzungsbilanzen2) beträgt. Nach zutreffender Auffassung des BMF muss zur Inanspruchnahme der Begünstigung keine einheitliche Antragstellung aller Gesellschafter einer Personengesellschaft erfolgen3. Es sind demnach m.E. auch keine gesellschaftsvertraglichen Regelungen erforderlich, um den Gesellschaftern die Antragstellung zu gestatten4. Mitunternehmer mit hohen Sondervergütungen können allerdings das Thesaurierungspotential aller Mitgesellschafter mindern, wenn kein Mechanismus einer verursachungsgerechten Verteilung der Gewerbesteuerschuld existiert5.
22.89
Für die Ermittlung des begünstigungsfähigen „nicht entnommenen Gewinns“ (§ 34a Abs. 2 EStG) ist von dem nicht entnommenem Gewinn des Wirtschaftsjahres des Mitunternehmers auszugehen. Der zugewiesene Gewinn gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist zum Ende des Wirtschaftsjahres im steuerlichen Sinne stets in voller Höhe bezogen. An diese steuerliche Gewinnzurechnung knüpft § 34a EStG an. Es ist unerheblich, ob dieser Gewinn dem Mitunternehmer ausgezahlt, auf einem individuellen Rücklagenkonto als nicht entnahmefähiger Gewinn oder auf einem Darlehenskonto als entnahmefähiger Gewinn gutgeschrieben wird (Rz. 22.36)6. Der bezogene Gewinn i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und der begünstigungsfähige „nicht entnommene Gewinn“ gemäß § 34a Abs. 2 EStG sind zudem nicht deckungsgleich. Sie setzen sich teilweise aus unterschiedlichen Einkunftsteilen zusammen. Zwar umfasst der Gewinnanteil des Mitunternehmers bei beiden Vorschriften den Anteil des Mitunternehmers nebst Ergänzungs- und Sonderbilanz7. Neben den gezahlten nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben (siehe § 4 Abs. 5 EStG und die Gewerbesteuerzahlungen – § 4 Abs. 5b EStG), die den Gewinn gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EStG durch außerbilanzielle Hinzurechnungen erhöhen, sind zur Ermittlung des „nicht entnommenen Gewinns“ i.S.
22.90
1 2 3 4 5
Vgl. BT-Drucks. 16/4841, 61. Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838. Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838. Levedag, GmbHR 2009, 13. Zu gesellschaftsvertraglichen Regelungen im Hinblick auf Thesaurierungsbegünstigung und Nachversteuerung siehe Rodewald/Pohl, DStR 2008, 724 (724 ff.); Levedag, GmbHR 2009, 13 (15). 6 Bei Gutschrift des Gewinns auf einem schuldrechtlichen Kapital- oder Darlehenskonto liegt zugleich eine Forderung des Gesellschafters im Sonderbetriebsvermögen vor. 7 Vgl. Reichert/Düll, ZIP 2008, 1249.
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des § 34a Abs. 2 EStG abgeflossene (entnommene) Sondervergütungen nach h.M.1 mindernd zu berücksichtigen, wenn die Vergütung vom Gesellschafter außerhalb der Sphäre der Gesellschaft (also nicht auf einem Kapitalkonto des Gesellschafters) vereinnahmt werden2. Entnahmen, die das Sonderbetriebsvermögen I und damit das steuerliche Eigenkapital der Gesellschaft mindern, sind Entnahmen, die gemäß § 34a Abs. 2 EStG auch den begünstigungsfähigen nicht entnommenen Gewinn vermindern3.
22.91 Im Begünstigungsjahr erfolgt die Besteuerung des begünstigten nicht entnommenen Gewinns mit einem ermäßigten Steuersatz von 28,25 % + SolZ, soweit dies beantragt wird. Der nachversteuerungspflichtige Betrag des laufenden Veranlagungszeitraums wird aus dem Begünstigungsbetrag durch Abzug der auf den Begünstigungsbetrag entfallenden Steuerbelastung (ESt und SolZ, nicht jedoch der KiSt) ermittelt. Er ist laufend fortzuschreiben und jährlich gesondert festzustellen, § 34a Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG. § 34a EStG bewirkt somit nur eine Steuerstundung. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt (ggf. bei einem Rechtsnachfolger) eine Nachversteuerung des im Begünstigungszeitpunkts zu ermittelnden „nachversteuerungspflichtigen Betrags“ zu einem festen Steuersatz von 25 % + SolZ. Entsprechend sollte vor Inanspruchnahme der Begünstigung eine Prognose erfolgen, ob die sofortige Regelbesteuerung (§ 32a EStG) nicht niedriger ist als die kumulierte Belastung aus Thesaurierungs-ESt gemäß § 34a EStG und späterer Nachversteuerungs-ESt4. Der Steuerstundungsvorteil gemäß § 34a EStG i.H. der Differenz zwischen Thesaurierungs-ESt/Nachversteuerungs-ESt und Regelbesteuerung führt nur dann zu einem Vorteil, wenn in der Personengesellschaft aus den thesaurierten Beträgen eine ausreichend hohe Rendite erwirtschaftet wird. Diese Doppelbesteuerung dürfte im Ergebnis allenfalls für diejenigen günstiger sein, die sich im Spitzensteuersatz bewegen5.
22.92 Die nach Inanspruchnahme der Begünstigung auf dem Mitunternehmeranteil lastende latente Nachversteuerungs-ESt ist ein Übertragungs- und Umstrukturierungshindernis. Die Nachversteuerungsanlässe sind in § 34a Abs. 4 EStG geregelt. Kommt es in späteren Jahren zu einem Entnahmeüberhang, weil der positive Saldo der Entnahmen und Einlagen den positiven Gewinn übersteigt, entsteht in dieser Höhe ein Nachversteuerungsbetrag § 34a Abs. 4 EStG6. Bei der Ermittlung von Überentnahmen (§ 34a Abs. 4 Satz 1 EStG) hat der Gesetzgeber eine gedankliche Verwendungsreihenfolge festgelegt. Reichen weder der Gewinn noch die Einlagen des betrachteten Wirt-
1 Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 647 (649); Hey, DStR 2007, 925 (927); Thiel/Sterner, DB 2007, 1099 (1102); etwas unklar Schulze zur Wiesche, DB 2007, 1610 (1611) einerseits unter II. 2 b und andererseits unter III.1.3); Tz. 20 des BMF v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838. 2 Die Auszahlung ist Entnahme gemäß § 34a Abs. 2 EStG, da ansonsten wegen der korrespondierenden Erfassung der Vergütung bei der Gesellschaft als Betriebsausgabe und im Sonderbetriebsvermögen beim Gesellschafter das Thesaurierungsvolumen nicht gemindert wäre, obwohl die Mittel der Gesellschaft entzogen worden sind. Die Gutschrift auf einem schuldrechtlichen Kapitalkonto des Gesellschafters führt hingegen nicht zu einer schädlichen Entnahme. 3 Forst/Schaaf, EStB 2007, 263 (267); Schulze zur Wiesche, DB 2007, 1610 (1613). 4 Ausführliche Vergleichsberechnungen zur Rechtsformwahl und Thesaurierungsvorteilen finden sich etwa bei Harle, BB 2008, 2151 und Götz, BB 2008, 1032. 5 Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (652); Hey, DStR 2007, 925; Hey, BB 2007, 1309 (1314). 6 Zur Ermittlung des nachversteuerungspflichtigen Betrages mit Beispielen Gragert/Wißborn, NWB Fach 3, S. 14621 (14635 f.) und Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, Rz. 300d ff.
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schaftsjahres aus, um die Entnahmen dieses Wirtschaftsjahres zu speisen, gelten als nächstes die zugeflossenen steuerfreien Einkünfte dieses Wirtschaftsjahres als verwendet. Reichen auch diese Beträge nicht aus, gelten thesaurierte Gewinne, die der Regelbesteuerung unterlegen haben, als nächstes für die Entnahme als verwendet. Die Regelung führt entweder zu einem Lock-In-Effekt von thesaurierten (Alt-)Gewinnen. Dies läuft dem eigentlichen Gesetzeszweck, die Eigenkapitalbasis der Personengesellschaften zu stärken, zuwider1. Zu berücksichtigen ist aber, dass Entnahmen zur Zahlung von Erbschafts- und Schenkungsteuer unter besonderen Voraussetzungen nicht zur Nachversteuerung führen, § 34a Abs. 4 Satz 3 und 5 EStG. Bei vorweggenommen Erbfolgen in einen Mitunternehmeranteil gemäß § 6 Abs. 3 EStG geht der nachversteuerungspflichtige Betrag als latente Steuerschuld auf den Rechtsnachfolger über. Bei Überentnahmen, Betriebsveräußerungen und -aufgaben wird die NachversteuerungsESt ausgelöst (§ 34a Abs. 6 EStG), bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern gemäß § 6 Abs. 5 EStG und Einbringungen in andere Personengesellschaften zum Buchwert gemäß § 24 UmwStG geht die latente Nachversteuerungs-ESt ebenfalls über. Bei Formwechseln/Verschmelzungen in eine GmbH gemäß § 20 UmwStG zum Buchwert wird auch Nachversteuerungs-ESt ausgelöst2. Bei der Betriebsveräußerung und -aufgabe und in Umwandlungsfällen besteht die Möglichkeit der Stundung der Nachversteuerungs-ESt von bis zu zehn Jahren, wenn die sofortige Begleichung der Steuer eine erhebliche Härte darstellen würde, § 34a Abs. 6 Satz 2 EStG. Die Umsetzung des Thesaurierungskonzeptes für Personengesellschaften durch § 34a EStG kann das Ziel einer (annähernd) rechtsformneutralen Besteuerung im Falle der Ausnutzung des maximalen Besteuerungsvolumens nicht erreichen3. Dies ist vor allem durch zwei Aspekte begründet: Zum einen sind nichtabziehbare Betriebsausgaben (die GewSt!) und Sondervergütungen, obwohl sie die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht mindern, im begünstigungsfähigen nicht entnommenen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG nicht enthalten, so dass insoweit die Begünstigungswirkung ins Leere geht (Rz. 22.90). Der Abfluss der Gewerbesteuer, welche gemäß § 4 Abs. 5b EStG eine nicht abziehbare Betriebsausgabe darstellt, mindert ebenfalls systemwidrig das Thesaurierungsvolumen4. Zum anderen führen gesellschaftsvertragliche Steuerentnahmerechte für die individuelle Einkommensteuerschuld (zzgl. Solidaritätszuschlag) der bezogenen Gewinnanteile regelmäßig zu einer schädlichen Entnahme im Begünstigungsjahr. § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG n.F., welcher vorsieht, die Steuerermäßigung gemäß § 34a EStG bei der Berechnung der Einkommensteuer-Vorauszahlung außer Acht zu lassen, bewirkt, dass für Vorauszahlungszwecke auf den Einkommensteuerspitzensatz zzgl. Solidaritätszuschlag abzustellen ist. Dies bedingt erhöhte Entnahmen der Gesellschafter im Rahmen des Steuerentnahmerechts während des Wirtschaftsjahres und eine Minderung des „nicht entnommenen Gewinns“. Der maximal begünstigungsfähige thesaurierte Gewinnanteil ist nach Abzug von Entnahmen, der auf Privatkonten abgeflossenen Sondervergütungen und der gezahlten Gewerbesteuer im Normalfall zu niedrig, um eine signifikante Entlastung bewirken zu können5.
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Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 34a EStG Rz. 63. Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 34a EStG Rz. 66–79; Ley/Brandenberg, FR 2007, 1085. Vgl. hierzu Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (649 f.). Vgl. Tz. 16, 28 des BMF-Schreibens v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838; Dörfler/Graf/Reichl, DStR 2007, 645 (649); Hey, DStR 2007, 925 (928). 5 Zu den gesellschaftsvertraglichen Folgen Levedag, GmbHR 2009, 1 (4 ff.).
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22.93
§ 22 Einkommensteuer
22.94 Für die Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft, die natürliche Personen sind, bestehen keine Besonderheiten. Diese können die Thesaurierungsbegünstigung wie Mitunternehmer in Außengesellschaften in Anspruch nehmen.
22.95–22.97 frei 3. Besonderheiten bei einzelnen Formen der atypisch stillen Gesellschaft a) Mitunternehmerschaft & atypisch Still
22.98 Mit Urteil vom 24.4.20141 hat der BFH entschieden, dass bei Beteiligung eines Gesellschafters der Personengesellschaft (Mitunternehmers) als atypisch stiller Gesellschafter am Betrieb der Personengesellschaft eine zusätzliche Mitunternehmerschaft begründet wird, mit der Folge, dass eine doppelstöckige Mitunternehmerschaft entsteht2. Die Außen-Personengesellschaft überträgt mit der Gründung ihr Betriebsvermögen auf die atypisch stille Gesellschaft (Untergesellschaft), deren Mitunternehmer die Personengesellschaft und der atypisch stille Gesellschafter werden. Ertragsteuerlich vollzieht sich der Übertragungsvorgang als Betriebsveräußerung (§ 16 EStG) und kann bei rechtzeitiger Antragstellung durch die atypische stille Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG zum Buchwert vollzogen werden (siehe hierzu § 26). Obergesellschaft in diesem Gebilde wird also die bisherige Personengesellschaft (Außengesellschaft), Untergesellschaft die atypisch stille Gesellschaft. Der Gesellschafter und Mitunternehmer der Obergesellschaft ist zugleich als atypisch stiller Gesellschafter an der Untergesellschaft beteiligt.
22.99 Die Einzelheiten zur Besteuerung von Einkünften aus doppelstöckigen Personengesellschaften können hier nicht vertieft dargestellt werden3. Die doppelstöckige Struktur hat folgende Konsequenzen4: – Der Gewinn der Außen-Personenhandelsgesellschaft (Obergesellschaft und Außengesellschaft) ist um den Gewinnanteil des atypisch stillen Beteiligten zu erhöhen, der in der Handelsbilanz als Betriebsausgabe abgezogen wurde. Die Erträge und Aufwendungen aus der Fortschreibung von Ergänzungsbilanzen der Gesellschafter der Obergesellschaft sind zu berücksichtigen. Der so ermittelte Gewinn ist der atypisch stillen Gesellschaft (Untergesellschaft) zuzurechnen, da Handlungen des Geschäftsinhabers als für Rechnung der atypisch stillen Gesellschaft ausgeführt gelten. Die steuerliche Gewinnermittlung der atypisch stillen Gesellschaft knüpft an diese Gewinnermittlung an und hat noch Sondervergütungen der Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft (bei der Untergesellschaft) zu erfassen. – Die von den Gesellschaftern der Obergesellschaft zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter und die hieraus erzielten Sondervergütungen sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG dem Gewinn der Untergesellschaft zuzurechnen, weil der Betrieb der Obergesellschaft der Untergesellschaft zuzurechnen ist. Die von einem 1 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, DStR 2014, 1384 = GmbHR 2014, 890. 2 Kritisch zu dieser Rspr. vor dem Hintergrund des Mitunternehmerbegriffs Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (720 ff.). 3 Zu einem aktuellen Gesamtüberblick siehe Kahle, DStZ 2014, 273. 4 Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (720 f.) mit Beispiel.
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Mitunternehmer der Obergesellschaft an die Untergesellschaft unmittelbar zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter sind als Sonderbetriebsvermögen I des Obergesellschafters Teil des Betriebsvermögens der Untergesellschaft1. Der für die Obergesellschaft festzustellende Gewinn ergibt sich nicht aus der eigenen Handels- und Steuerbilanz, sondern aus der Quote, mit der sie als Mitunternehmer an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt ist.
22.100–22.101
frei b) Betriebsaufspaltung mit einer GmbH & atypisch Still
Liegt eine persönliche und sachliche Verflechtung zwischen einem Besitzunternehmer und einer Betriebs-GmbH vor, entsteht eine Betriebsaufspaltung. Die Betriebsaufspaltung ist eine gewohnheitsrechtlich anerkannte „Rechtsform“, bei der Teile des Betriebsvermögens und der Funktionen eines eigentlich einheitlichen gewerblichen Unternehmens auf zwei oder mehrere Unternehmen aufgeteilt sind. Typischerweise bestehen eine die wesentlichen Betriebsgrundlagen besitzende und diese vermietende Besitzgesellschaft sowie eine nutzende Betriebsgesellschaft. Wesensmerkmal der Betriebsaufspaltung ist der einheitliche geschäftliche Betätigungswille der hinter den rechtlich selbständigen Unternehmen stehenden Gesellschafter (persönliche Verflechtung)2. Konstitutiv für die Betriebsaufspaltung ist als weitere Voraussetzung die Überlassung von Wirtschaftsgütern durch die Besitzgesellschaft an die Betriebsgesellschaft, welche wesentliche Betriebsgrundlagen der Betriebsgesellschaft bilden (sachliche Verflechtung). Wichtigste Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung ist die Umqualifizierung von Vermietungs- und Verpachtungseinkünften der Besitzunternehmer in Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 2 EStG) und die Abfärbung der gewerblichen Vermietungseinkünfte auf andere Einkünfte einer Besitzgesellschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG), was auch zur Gewerbesteuerpflicht aller Einkünfte des Besitzunternehmens führt. Damit verbunden ist die steuerliche Verstrickung der zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter als notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens3. Auch die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft (GmbH) gehört zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen im Betriebsvermögen (ggf. des Sonderbetriebsvermögens) des Besitzunternehmens. Einkommensteuerlich und gewerbesteuerlich sind Besitz- und Betriebsunternehmen zwei selbständige Gewerbebetriebe, die eigenständig bilanzieren und im Grundsatz keine korrespondierenden Wertansätze in der Handels- und Steuerbilanz haben müssen4.
1 Kahle, DStZ 2014, 273 (277, 280) m.w.N. Das Ergebnis der Sonderbilanz des mittelbar beteiligten Gesellschafters (hier: des Mitunternehmers der Obergesellschaft und zugleich atypisch stillen Gesellschafters der Untergesellschaft) erhöht den Gewerbeertrag der Untergesellschaft. 2 BFH v. 16.5.2013 – IV R 54/11, BFH/NV 2013, 1557 = GmbHR 2013, 1001: Eine personelle Verflechtung zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen ist regelmäßig gegeben, wenn die Personen, die an beiden Unternehmen zusammen mehrheitlich beteiligt sind und damit das Betriebsunternehmen (Kapitalgesellschaft) beherrschen, auch im Besitzunternehmen über die Mehrheit der Stimmen verfügen und im Besitzunternehmen kraft Gesetzes oder vertraglich wenigstens für Geschäfte des täglichen Lebens das Mehrheitsprinzip maßgeblich ist. 3 Siehe BFH v. 29.11.2012 – IV R 37/10, BFH/NV 2013, 910. 4 Vgl. BFH v. 8.3.1989 – X R 9/86, BStBl. II 1989, 714 = FR 1989, 396 = GmbHR 1989, 391.
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22.102
§ 22 Einkommensteuer
22.103 Wenn der Besitzunternehmer sich zusätzlich atypisch still an der Betriebs-GmbH beteiligt, entsteht eine Mitunternehmerschaft als Innengesellschaft, der das Betriebsvermögen der Betriebs-GmbH aufgrund einer Einbringung gemäß § 24 UmwStG als eigenes Betriebsvermögen zuzurechnen ist (siehe Rz. 22.98). Hieraus folgt die weitere Frage, ob das der Betriebs-GmbH vom Besitzunternehmer zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut, welches die sachliche Verflechtung begründet, nunmehr nicht mehr dem Betriebsvermögen des Besitzunternehmens, sondern dem Sonderbetriebsvermögen des Besitzunternehmers bei der atypischen stillen Gesellschaft zuzurechnen ist. Diese Frage ist auch aufgeworfen, wenn mehrere Besitzgesellschafter in Form einer Besitz-GbR vorhanden sind, die sich an der Betriebs-GmbH atypisch Still beteiligen.
22.104 Diese Bilanzierungskonkurrenz1 zwischen der Zuordnung des zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmens oder zum Sonderbetriebsvermögen des Besitzunternehmers und atypisch stillen Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft ist auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aufzulösen. Früher gingen die herrschende Lehre und die Finanzverwaltung davon aus, die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG sei eine Qualifikationsnorm, aber keine Zurechnungsnorm. Hieraus folgte, dass die Einstufung eines Wirtschaftsguts als Sonderbetriebsvermögen bei der nutzenden Gesellschaft dann nicht in Betracht kam, wenn die Wirtschaftsgüter bereits dem Betriebsvermögen eines anderen Gewerbebetriebs zuzuordnen waren (Subsidiaritätstheorie). Nach Aufgabe der sog. Subsidiaritätstheorie durch den BFH2, dem sich die Finanzverwaltung anschloss3, gilt grundsätzlich ein Vorrang der Erfassung des einer Personengesellschaft zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsguts im Sonderbetriebsvermögen statt in einem anderen Betriebsvermögen des Mitunternehmers. Eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs des Sonderbetriebsvermögens bildet die Rechtsprechung zur Überlassung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften4. Liegt eine Nutzungsüberlassung zwischen Schwesterpersonengesellschaften, aber keine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung vor, ist das überlassene Wirtschaftsgut Bestandteil des Betriebsvermögens der überlassenden Gesellschaft5. Dies gilt auch für den Fall der gewerblich geprägten atypisch stillen Gesellschaft als überlassender Gesellschaft6.
22.105 Wird ein Wirtschaftsgut als wesentliche Betriebsgrundlage innerhalb einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung überlassen, treten neben die Rechtsgrundsätze zur Überlassung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften die Grundsätze für die Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen mitunternehmerischer Betriebsaufspaltungen. Nach der Entscheidung des BFH vom 23.4.19967 und
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Vgl. zuletzt Kloster/Kloster, GmbHR 2000, 111. Vgl. BFH v. 18.7.1979 – I R 199/75, BStBl. II 1979, 750. Vgl. BMF, BStBl. I 1979, 683. Vgl. BFH v. 19.2.1981 – IV R 141/77, BStBl. II 1981, 433; BFH v. 21.5.1993 – VIII R 1/91, BStBl. II 1994, 93; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444. 5 Vgl. BFH v. 21.5.1993 – VIII R 1/91, BStBl. II 1994, 93; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444. 6 Vgl. BFH v. 23.4.1996 – VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325 = FR 1996, 748 = GmbHR 1996, 861. 7 Vgl. BFH v. 23.4.1996 – VIII R 13/95, BStBl. II 1998, 325 = FR 1996, 748 = GmbHR 1996, 861.
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dem Erlass der Finanzverwaltung vom 28.4.19981 gilt, dass bei der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung ein Vorrang der Bilanzierung des Wirtschaftsguts im Besitzunternehmen vor der Qualifikation des überlassenen Wirtschaftsguts als Sonderbetriebsvermögen bei der nutzenden Gesellschaft besteht. Nach der wohl h.M.2 sowie des BMF-Schreibens vom 28.4.19983 beziehen sich die Rechtsgrundsätze zu mitunternehmerischen Betriebsaufspaltungen nur auf Fallkonstellationen, in denen die Besitzgesellschaft eine Personengesellschaft ist. Für die Überlassung von Wirtschaftsgütern durch eine natürliche Person an eine Mitunternehmerschaft besteht der Vorrang der Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Sonderbetriebsvermögen bei der nutzenden Gesellschaft besteht4. Überlässt ein (beherrschender) Besitzgesellschafter ein Wirtschaftsgut an eine BetriebsGmbH & atypisch still, ist das Wirtschaftsgut im Sonderbetriebsvermögen bei der atypisch stillen Gesellschaft zu erfassen. Ein Besitzeinzelunternehmen besteht in dieser Konstellation nicht mehr, das Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung tritt zurück5. Beteiligen sich mehrere Besitzgesellschafter, die als Besitz-GbR der Betriebs-GmbH ein Wirtschaftsgut überlassen, zugleich an der Betriebs-GmbH auch atypisch still, kann m.E. eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung zwischen dieser Besitz-GbR und der atypisch stillen Gesellschaft vorliegen. Dem steht nicht entgegen, dass auch die Betriebs-GmbH Mitunternehmerin der atypisch stillen Gesellschaft ist, solange die natürlichen Personen (Doppelgesellschafter der Besitz-GbR und der atypisch stillen Gesellschaft) beide Mitunternehmerschaften beherrschen (sog. persönliche Verflechtung). Das zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut gehört in diesem Fall zu dem im Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft zu erfassenden Betriebsvermögen. Allerdings setzt dies nach dem BMF-Schreiben vom 28.4.19986 noch voraus, dass auf Ebene der BesitzGesellschaft eine Gewinnerzielungsabsicht festgestellt werden kann.
22.106
4. Behandlung von Einzelfragen a) Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter (§ 6 Abs. 5 EStG) Rechtsgrundlage für die Überführung und Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter zwischen den Betriebsvermögen, Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft und den Mitunternehmer ist § 6 Abs. 5 Satz 1 ff. EStG in der ab 2001 geltenden Fassung durch das StSenkG7 und des UntStFG8. Mit dieser Regelung sollte der sog. Mitunternehmererlass wieder eingeführt werden9. Im 1 2 3 4 5
6 7 8 9
Vgl. BMF, BStBl. I 1998, 583. Vgl. Brandenberg, DB 1998, 2488. BMF, BStBl. I 1998, 583. Vgl. im Ergebnis Meyer/Ball, FR 1998, 1075 (1076); Neu, INF 1999, 492 (493). Zutreffend Brinkmann, StBP 2011, 241 (248) mit Hinweis auf BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346 = GmbHR 1991, 331; BFH v. 3.2.1994 – III R 23/89, BStBl. II 1994, 709 = GmbHR 1994, 638 = FR 1994, 546. BMF, BStBl. I 1998, 583. Steuersenkungsgesetz v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1460. Art. 1 Nr. 3 des Unternehmensteuerförderungsgesetz v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858 (3859). Hierzu allgemein Brandenberg, FR 2000, 1183; Düll/Fuhrmann/Eberhard, DStR 2000, 1713; Herrmann/Neufang, BB 2000, 2599; Kloster/Kloster, GmbHR 2000, 1129; Kölpin, StuB 2000, 1131; Mitsch/Grüter, INF 2000, 620 und 651; Reiß, BB 2000, 1964; Schulze zur Wiesche, FR 2000, 976; van Lishaut, DB 2000, 1784.
Levedag
633
22.107
§ 22 Einkommensteuer
Bereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 bis 3 EStG kommt es für die dort geregelten Übertragungen – anders als bei den Überführungen des § 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG – stets zu einem Rechtsträgerwechsel. Der Buchwert ist bei einer solchen Übertragung sowohl im Herkunfts-Betriebsvermögen als auch im Zielbetriebsvermögen zwingend anzusetzen, wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen Gewährung/Minderung von Gesellschaftsrechten erfolgt1. Nicht geklärt ist, ob Übertragungen zwischen den Gesamthandsvermögen von Schwesterpersonengesellschaften auf Grundlage einer erweiternden Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zum Buchwert möglich2 und in welchem Umfang teilentgeltliche Einbringungen gegen ein Michentgelt zur Aufdeckung stiller Reserven führen3. Für die atypisch stille Gesellschaft ist § 6 Abs. 5 Satz 1 ff. EStG wegen der Zurechnung des Betriebsvermögens und der Funktion der Innengesellschaft als Gewinnermittlungssubjekt ebenfalls anwendbar4.
22.108 Nicht erfasst von § 6 Abs. 5 Satz 1 bis 3 EStG sind Veräußerungen des Wirtschaftsguts gegen Geld. Die Veräußerung eines Wirtschaftsguts zu fremdüblichen Konditionen durch den Inhaber des Handelsgewerbes an den atypisch stillen Gesellschafter ist ein entgeltlicher Vorgang und führt zur Realisierung eines laufenden Gewinns5 auch dann, wenn der Stille dem Geschäftsinhaber das Wirtschaftsgut anschließend dem Geschäftsinhaber zur Nutzung überlässt, das Wirtschaftsgut also in das Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters eingelegt wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). In diesem Fall wird zwar das Wirtschaftsgut innerhalb des Betriebs der Mitunternehmerschaft aus dem „Gesamthandsvermögen“ an den atypisch stillen Gesellschafter veräußert und ist im Ergebnis dessen Sonderbetriebsvermögen zuzuordnen. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG erfasst diese Übertragung jedoch nur, wenn die Übertragung unentgeltlich oder gegen eine Mehrung oder Minderung von Gesellschaftsrechten des Einbringenden/ Ausbringenden erfolgt. Dasselbe gilt für Veräußerungen von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen des Stillen an den Inhaber des Handelsgeschäfts6.
22.109 Derzeit nicht abschließend geklärt ist – wie ausgeführt (Rz. 22.107) – die Behandlung sog. Buchwertverkäufe in Form einer teilentgeltlichen Übertragung, wenn dem Einbringenden neben Gesellschaftsrechten eine weitere Gegenleistung (schädliche Entgeltkomponente) gewährt wird. Übersteigt diese schädliche Veräußerungsentgelt für das Wirtschaftsgut nicht dessen Buchwert, ist nach der jüngeren Rechtsprechung des
1 Vgl. zum System des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auch Levedag, GmbHR 2013, 673 ff., 969 ff., 243 ff. Zur Anwendung der Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Einbringungen gegen ein Mischentgelt siehe die BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BFHE 245, 164 = BStBl. II 2014, 629 = GmbHR 2014, 876 und BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BFHE 251, 349 = BStBl. II 2016, 81 = GmbHR 2016, 65 m. Anm. Levedag. 2 Siehe dazu den BFH-Vorlagebeschluss v. 10.4.2013 – I R 80/12, BFHE 241, 483 = BStBl. II 2013, 1004 (Az. des BVerfG: 2 BvL 8/13); zum Streitstand Lutzenberger, DStZ 2015, 670 (676). 3 Zur Anwendung der Trennungstheorie bei teilentgeltlichen Einbringungen gegen ein Mischentgelt siehe die BFH-Beschlüsse v. 19.3.2014 – X R 28/12, BFHE 245, 164, BStBl. II 2014, 629 = GmbHR 2014, 876 und BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BFHE 251, 349 = BStBl. II 2016, 81 = GmbHR 2016, 65 m. Anm. Levedag. 4 Siehe Tz. 9 des BMF-Schreibens v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279; Lipp, NWB 2014, 1725 ff.; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19487). 5 Vgl. auch BFH v. 25.7.2000 – VIII R 46/99, DStR 2000, 1904 (1905) = FR 2000, 1336. 6 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 684; zustimmend Lipp, NWB 2014, 1725 (1732).
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IV. Senats des BFH1 hierin insgesamt eine „unentgeltliche“ Übertragung des Wirtschaftsguts zu sehen, die zum zwingenden Buchwertansatz gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG führen würde. Aufgrund der zitierten Vorlagebeschlüsse des X. Senats wird der Große Senat des BFH (GrS 1/16) diese Frage zu entscheiden haben. Überträgt aber der Inhaber des Handelsgeschäfts Wirtschaftsgüter seines Betriebsvermögens (= des „Quasi-Gesamthandsvermögens“ der atypisch stillen Gesellschaft) unentgeltlich auf den atypisch Stillen und bilden diese Wirtschaftsgüter anschließend Sonderbetriebsvermögen des atypisch stillen Gesellschafters bei der atypisch stillen Gesellschaft, ist gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 1 EStG zwingend der Buchwert fortzuführen2. Ebenso ist die unentgeltliche Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers, d.h. atypisch stillen Gesellschafters, in das Sonderbetriebsvermögen eines anderen Mitunternehmers gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 EStG zu Buchwerten möglich.
22.110
Zu beachten ist die Behaltefrist nach § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG. Die Sperrfrist endet 3 Jahre nach Abgabe der Steuerklärung des Übertragenden für den Veranlagungszeitraum, in dem die Übertragung erfolgt ist. Werden die betreffenden Wirtschaftsgüter innerhalb dieser Sperrfrist entnommen oder veräußert, ist rückwirkend der Teilwert anzusetzen, was beim Übertragenden zu einer Realisierung stiller Reserven führt.
22.111
Es kommt bei der GmbH & atypisch Still zum zwingenden Teilwertansatz, soweit durch die Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG ein Anteil der GmbH an dem Wirtschaftsgut unmittelbar begründet wird oder sich erhöht, § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG, oder dies innerhalb einer Sperrfrist von 7 Jahren nach der Übertragung geschieht, § 6 Abs. 5 Satz 6 EStG. Diese umstrittene3 Körperschaftsklausel greift ein, wenn der stille Gesellschafter bei Gründung einer GmbH & Still oder später aus einem anderen Betriebsvermögen Einzelwirtschaftsgüter in das Betriebsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft einbringt. Zivilrechtlich wird in diesem Fall die GmbH Volleigentümer, steuerrechtlich liegt eine Einbringung in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft vor. Ob es nur zu einer quotalen Aufdeckung der stillen Reserven i.H. des Anteils der GmbH an der stillen Gesellschaft kommt, ist nicht abschließend geklärt4.
22.112
Eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG hat nach § 34a Abs. 5 EStG (Rz. 22.92) zur Folge, dass thesaurierte begünstigte Gewinne nachzuversteuern sind, soweit die Voraussetzungen des § 34a Abs. 4 EStG gegeben sind. Der Nachversteuerung kann der Mitunternehmer jedoch auf Antrag entgehen, wenn er den nachversteuerungspflichtigen Betrag mit überträgt.
22.113
1 BMF v. 12.9.2013, BStBl. I 2013, 1164 (Nichtanwendungserlass) zu den BFH-Urteilen v. 19.9.2012 – IV R 11/12, DStR 2012, 2051; BFH v. 21.6.2012 – IV R 1/08, DStR 2012, 1500; dazu umfassend Beschluss des X. Senats des BFH zur Beitrittsaufforderung an das BMF BFH v. 19.3.2014 – X R 28/12, BFHE 245, 164 = BStBl. II 2014, 629 und BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BFHE 251, 349 = BStBl. II 2016, 81 = GmbHR 2016, 65 m. Anm. Levedag. Zum Streitstand Lutzenberger, DStZ 2015, 670 (674). 2 Zustimmend Lipp, NWB 2014, 1725 (1732). 3 Wie hier Schulze zur Wiesche, BB 2003, 713 (714); Schoor/Natschke, Die GmbH & Still im Steuerrecht, Rz. 128; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19487). Für eine teleologische Reduktion, da keine Missbrauchsgefahr besteht Lieber/Stifter, FR 2003, 831 (833 f.). 4 Siehe Tz. 28 des BMF-Schreibens v. 8.11.2011, BStBl. I 2011, 1279.
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b) Veräußerung des Anteils an einen neuen Gesellschafter aa) Entgeltliche Veräußerung bei positivem Kapitalkonto des atypisch Stillen (1) Behandlung beim Veräußerer
22.114 Ein atypisch stiller Gesellschafter kann seinen Mitunternehmeranteil entgeltlich auf einen Dritten übertragen; dies stellt ein Veräußerungsgeschäft über den Mitunternehmeranteil nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG dar, das in der Regel im Rahmen einer zweigliedrigen Mitunternehmerschaft stattfindet (siehe auch Rz. 22.116)1. Die erzielten Veräußerungsgewinne zählen zu den gewerblichen Einkünften des atypisch Stillen2. Veräußerungsgewinn ist nach § 16 Abs. 2 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten das Kapitalkonto des Veräußerers übersteigt. Der Veräußerungsgewinn ist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG für den Veräußerungszeitpunkt zu ermitteln ist3. Veräußerungspreis i.S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG und damit Entgelt sind alle Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber oder von einem Dritten für die Übertragung erlangt. Soweit der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten hinter dem Kapitalkonto des Veräußerers zurückbleibt, entsteht ein Veräußerungsverlust. Das gilt allerdings nur dann, wenn das Veräußerungsentgelt aus betrieblichen Gründen hinter dem Kapitalkonto zurückbleibt und die Leistungen unter kaufmännischen Gesichtspunkten ausgewogen sind4. Nach der Rechtsprechung des BFH muss der Veräußernde nachweisen, dass eine dieser Voraussetzungen vorliegt. Kein Veräußerungsverlust entsteht, wenn die Vereinbarung des Entgelts unterhalb des Kapitalkontos privat veranlasst ist5. Übersteigt das Veräußerungsentgelt das Kapitalkonto im Veräußerungszeitpunkt aufgrund einer privaten Veranlassung nicht, führt diese teilentgeltliche Veräußerung nach der Einheitstheorie zu einer unentgeltlichen Übertragung gemäß § 6 Abs. 3 EStG6.
22.115 Auf den Gewinn aus der Veräußerung des ganzen Mitunternehmeranteils sind grundsätzlich die Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG (vgl. zu den Einzelheiten Rz. 22.145 ff.) anwendbar. Vorsicht ist aber geboten, wenn neben dem eigentlichen Anteil an der atypisch stillen Gesellschaft auch Wirtschaftsgüter vorhanden sind, die dem funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögen zuzurechnen sind, da die stillen Reserven nach der zeitraumbezogenen Betrachtung des BFH für die Inanspruchnahme der Begünstigung ebenfalls aufzudecken sind (siehe Rz. 22.46 ff.). Dementsprechend sind die oben genannten Begünstigungen nur anwendbar, wenn der veräußernde Gesellschafter einer atypisch stillen Gesellschaft im Zuge der Ver1 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 420 ff.; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19489). 2 Die Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG ist auch auf die atypisch stille Gesellschaft anwendbar. Es ist ohne Bedeutung ist, dass es kein Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft gibt, BFH v. 13.7.1993 – VIII R 85/91, BFHE 172, 416 = BStBl. II 1994, 243 = FR 1994, 83; BFH v. 3.6.1997 – VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 (unter 2a) = GmbHR 1998, 201. Siehe dazu auch Frystatzki, EStB 2003, 267. 3 Zu den Einzelheiten vgl. Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 310 ff.; Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rz. 252 ff. 4 BFH v. 12.6.1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 unter 3b). 5 BFH v. 20.8.1970 – IV R 236/67, BStBl. II 1971, 83; BFH v. 27.5.1981 – I R 123/77, BStBl. II 1982, 211 = FR 1981, 463. 6 Zur Einheitstheorie siehe BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, BFHE 242, 489 = FR 2014, 68 = GmbHR 2013, 1325.
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äußerung des Mitunternehmeranteils die Wirtschaftsgüter seines Sonderbetriebsvermögens unter Aufdeckung aller stillen Reserven in sein Privatvermögenentnimmt oder an den Erwerber veräußert (Rz. 22.49)1. Anders zu beurteilen ist der Fall, wenn der Ausscheidende im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit seinem Ausscheiden ein Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens, das eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Dieser Vorgang ist nicht steuerbegünstigt, da eben nicht alle stillen Reserven auf einmal aufgelöst werden (siehe Rz. 22.49)2. Die entgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer atypisch stillen Gesellschaft ist eine Veräußerung gemäß § 16 EStG bei entgeltlicher Übertragung der Beteiligung auf einen Dritten, bei Beendigung der stillen Gesellschaft und Abfindung des Stillen aus übrigem Vermögen des Hauptbeteiligten, sonst liegt eine unter § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG fallende Aufgabe des Mitunternehmeranteils vor3. Bei der Veräußerung eines ganzen Mitunternehmeranteils an einer atypisch stillen Gesellschaft ist das Kapitalkonto des Veräußerers (bestehend aus dem Kapital in der Quasi-Gesamthandsbilanz, aus einer Ergänzungsbilanz und in einer Sonderbilanz) dem Veräußerungsentgelt gegenüberzustellen. Das Kapitalkonto im Veräußerungszeitpunkt besteht aus der ursprünglichen Einlage, die fortzuschreiben ist und sich um nachträgliche Einlagen, die zugewiesenen Anteile am laufenden Gewinn während der Haltedauer der Beteiligung erhöht und sich um die ausgezahlten (entnommenen) Beträge während der Haltedauer der Beteiligung ermäßigt4. Gewinne aus der Veräußerung eines Teils eines Anteils (Teil-Mitunternehmeranteil) an einer atypisch stillen Gesellschaft sind nach § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG als Veräußerungsgewinne anzusehen, die gesetzlich in laufende Gewinne umqualifiziert werden, auch der Gewerbesteuer unterliegen5 und auf die die Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG nicht anwendbar sind. Nachdem der BFH gegen die früher ebenfalls bestehende Begünstigung der Gewinne aus Teilanteilsveräußerungen erhebliche steuersystematische Bedenken geltend gemacht und die bisherige Praxis nur aus Gründen der Rechtssicherheit aufrechterhalten hatte6, wurde mit dem UntStFG7 eine Änderung der Rechtslage durch den Gesetzgeber herbeigeführt. Auch insoweit ist, um bei Vorhandensein funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) 1 Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rz. 137 ff.; BFH v. 31.8.1995 – VIII B 21/93, BFHE 178, 379 = BStBl. II 1998, 890 unter II. 2.; BFH v. 6.12.2000 – VIII R 21/00, BFHE 194, 97 = GmbHR 2001, 265 = DB 2001, 456, LS 1 und unter II. 1.b). 2 BFH v. 17.12.2014 – IV R 57/11, BStBl. II 2015, 536 = FR 2015, 522 mit Anm. Wendt; BFH v. 30.8.2012 – IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376 = GmbHR 2013, 220; BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, FR 2012, 1113; BFH v. 25.2.2010 – IV R 49/08, BStBl. II 2010, 726; BFH v. 6.9.2000 – IV R 18/99, BStBl. II 2001, 229; Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rz. 137 ff.; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 407, 414. 3 Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rz. 150. 4 Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rz. 260 ff.; siehe auch BFH v. 29.8.1973 – I R 242/71, BFHE 110, 514 = BStBl. II 1974, 100. 5 Das zu § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG ergangene Urteil des BFH v. 15.6.2004 – VIII R 7/01, BFHE 205, 307 = BStBl. II 2004, 754 ist insoweit übertragbar. Siehe auch BFH v. 18.12.2014 – IV R 59/11, BFH/NV 2015, 520. 6 BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123 = FR 2000, 143 = GmbHR 2000, 144; BFH v. 24.8.2000 – IV R 51/98, BFH/NV 2000, 1554 = FR 2000, 1210 = GmbHR 2000, 1166; BFH v. 6.12.2000 – VIII R 21/00, DStRE 2001, 309 = FR 2001, 295 = GmbHR 2001, 265. 7 Art. 1 Nr. 5a UntStFG v. 20.12.2001, BGBl. I 2001, 3858 (3859).
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zu vermeiden, dieses mitzuveräußern oder zu entnehmen (Rz. 22.46 ff.)1. Die Möglichkeit einer Zurückbehaltung des Sonderbetriebsvermögens gewährt der Gesetzgeber nur bei sog. unentgeltlichen unterquotalen Übertragungen des Teilmitunternehmeranteils mit einer anschließenden Behaltefrist (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG).
22.117 frei (2) Exkurs: Nachträglicher Ausfall der Kaufpreisforderung
22.118 Nach den Beschlüssen des BFH vom 19.7.1993 und der Folgerechtsprechung2 ist im nachträglichen Ausfall der Kaufpreisforderung ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu sehen, mit der Folge, dass die Besteuerung des zu hohen Veräußerungsgewinns rückgängig zu machen und nur der tatsächlich erzielte Gewinn zu besteuern ist. Der Große Senat des BFH hat entschieden, dass ein rückwirkendes Ereignis auf den Veräußerungsstichtag vorliegt, wenn der Betriebsveräußerer mit seiner Kaufpreisforderung ganz oder teilweise ausfällt. Die Entscheidungen des Großen Senats sind zwar nur zur Veräußerung eines ganzen Betriebes ergangen, doch gelten die Grundsätze dieser Rechtsprechung auch für die Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG)3.
22.119 Problematisch ist, wenn sich der Veräußerer eines Betriebs am Unternehmen des Erwerbers anschließend als (typisch) stiller Gesellschafter beteiligt als Vermögenseinlage seine Kaufpreisforderung einbringt und dann der Erwerber zahlungsunfähig wird. In diesem Falle wird das Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO verneint, da der Erwerber seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag dadurch erfülle, dass er dem Veräußerer die Beteiligung als stiller Gesellschafter einräume4. Allerdings steht in diesem Fall die Mitunternehmerstellung in Frage, wenn die Kaufpreisforderung/Einlageforderung wertlos ist und kein Mitunternehmerrisiko besteht5. (3) Behandlung beim Erwerber
22.120 Für den Erwerber müssen die Anschaffungskosten auf den Mitunternehmeranteil (ggf. in einer Ergänzungsbilanz) erfasst und fortgeschrieben werden. Die Anschaffungskosten entfallen auf die durch den erworbenen Mitunternehmeranteil repräsentierten ideellen Anteile an den Wirtschaftsgütern der atypisch stillen Gesellschaft. Dieser Anschaffungsvorgang beruht im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft eine steuerliche Fiktion, da die Wirtschaftsgüter der atypisch stillen Gesellschaft zivilrechtlich dem Geschäftsinhaber als Alleineigentümer zustehen und der atypisch stil-
1 Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rz. 1137 ff. 2 BFH v. 19.7.1993 – GrS 1/92, BStBl. II 1993, 894 = FR 1993, 848; BFH v. 19.7.1993 – GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897 = FR 1993, 845. Aus der nachfolgenden Rspr.: BFH v. 7.12.1993 – VIII R 55/86, FR 1992, 205 = BFH/NV 1994, 542 (Entscheidung des vorlegenden Senats); BFH v. 10.2.1994 – IV R 37/92, BFHE 174, 140 = BStBl. II 1994, 564 (zur Betriebsaufgabe) = FR 1994, 500. 3 Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rz. 150. 4 So Bordewin, FR 1994, 555 (560). 5 BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440; Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19487).
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len Gesellschaft nur als Quasi-Gesamthandsvermögen zugerechnet werden (siehe Rz. 22.31 ff., 22.120)1. Wenn der eintretende Gesellschafter dem Ausscheidenden einen vom Betrag des Kapitalkontos abweichenden Veräußerungspreis zahlt, muss der Mehrbetrag oder Minderbetrag in einer (positiven oder negativen) Ergänzungsbilanz erfasst und fortgeschrieben werden2.
22.121
bb) Entgeltliche Veräußerung bei negativem Kapitalkonto des atypisch Stillen (1) Behandlung beim ausscheidenden Gesellschafter Übernimmt der Erwerber ein negatives Kapitalkonto des Veräußerers, so ist ein Betrag i.H. des wegfallenden und aufzulösenden negativen Kapitalkontos im Zeitpunkt der Veräußerung in die Ermittlung des Veräußerungsentgelts einzubeziehen (siehe zum negativen Kapitalkonto als reiner Gewinnauszahlungssperre ohne Nachschusspflicht Rz. 7.78). Dies gilt steuerlich unabhängig davon, ob das negative Kapitalkonto auf Entnahmen, auf Verlustzuweisungen, die zu verrechenbaren Verlusten gemäß § 15a EStG oder zu abzugsfähigen Verlusten geführt haben, beruht, da der Veräußerer von der Verpflichtung befreit wird, das negative Kapitalkonto mit künftigen Gewinnen auszugleichen3. Besteht bei einem auf (unzulässigen oder zulässigen) Entnahmen beruhenden negativen (aktivischen) Kapitalkonto eine Rückzahlungsverpflichtung der Veräußerers gegenüber der Gesellschaft, mindert diese den Betrag, der als Veräußerungsentgelt aus dem Wegfall des negativen Kapitalkontos in die Ermittlung des Veräußerungsgewinns eingeht4.
22.122
Durch die Veräußerung des Mitunternehmeranteils geht das negative Kapitalkonto nicht auf den Erwerber über. Der im Zeitpunkt der Veräußerung lediglich verrechenbare Verlust gemäß § 15a EStG kann vom Veräußerer mit dem unter § 16 EStG fallenden Gewinn aus dem Wegfall des negativen Kapitalkontos verrechnet werden5.
22.123
(2) Behandlung beim Erwerber Gegenleistung des Erwerbers bei Übernahme des negativen Kapitalkontos ist die Hinnahme der Gewinnauszahlungssperre (Rz. 7.78), also die „Verlusthaftung mit künftigen Gewinnanteilen“. In dieser Höhe baut der Erwerber das negative Kapitalkonto nach und nach ab. Diese Gegenleistung wird für den Anteil des ausgeschiedenen Gesellschafters an etwaigen stillen Reserven und/oder einem Geschäftswert in Kauf genommen und ist deshalb in der Regel in einer Ergänzungsbilanz als Anschaffungskos-
1 Brinkmann, StBp 2011, 242 (243). 2 BFH v. 20.11.2014 – IV R 1/11, GmbHR 2015, 334 = FR 2015, 552 dort auch zur Fortschreibung positiver und negativer Ergänzungsbilanzen. 3 BFH v. 9.7.2015 – IV R 19/12, DStR 2015, 1859 m.w.N.; BFH v. 26.5.1981 – IV R 47/78, BFHE 134, 15 = BStBl. II 1981, 795 unter 2.a). 4 BFH v. 9.7.2015 – IV R 19/12, DStR 2015, 1859. Siehe auch BFH v. 16.10.2014 – IV R 15/11, BStBl. II 2015, 267 = FR 2015, 274 = GmbHR 2015, 271 zur Entnahme bei rückzahlungspflichtigen Liquiditätsauskehrungen. 5 BFH v. 14.6.1994 – VIII R 37/93, BFHE 176, 10 = BStBl. II 1995, 246 unter 3.c); BFH v. 3.9.2009 – IV R 17/07, BStBl. II 2010, 631 = FR 2010, 524.
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ten zu behandeln und fortzuschreiben (Rz. 22.121)1. Die Mehranschaffungskosten sind entsprechend der prozentualen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen auf die einzelnen – materiellen und immateriellen, bilanzierten und nichtbilanzierten – Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens zu verteilen, soweit diese stille Reserven enthalten, da nach ständiger Rechtsprechung des BFH zunächst einmal eine Vermutung dafür besteht, dass der den Buchwert des Kapitalanteils der Altgesellschafter in der Gesellschaftsbilanz übersteigende Teil der von den Neugesellschaftern zu erbringenden Leistungen auf einen Geschäftswert entfällt, soweit mit ihnen nicht stille Reserven in den bilanzierten und nichtbilanzierten Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens abgegolten werden2. Deren Aktivierung in der Ergänzungsbilanz hat zur Folge, dass die Gewinnanteile beim Erwerber durch zusätzliche Abschreibungen vermindert werden. Im Ergebnis bleiben dadurch für ihn künftige Gewinnanteile bis zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos unwirksam3. Soweit das gezahlte Entgelt zzgl. des übernommenen negativen Kapitalkontos die stillen Reserven im Gesellschaftsvermögen übersteigt, kann der Neugesellschafter keinen Sonderbetriebsaufwand geltend machen4. Wenn das negative Kapitalkonto den Wert der auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteile an den stillen Reserven sowie am Firmenwert übersteigt, führt dies nicht zu einem Erwerbsverlust (sog. Prinzip der Neutralität des Anschaffungskostenvorgangs), da ein aktiver Ausgleichsposten in der Ergänzungsbilanz des Erwerbers zu bilden und später gewinnmindernd aufzulösen ist, wenn Gewinnanteile entstehen, die auf den Erwerber entfallen und zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos zu verwenden sind5. Beim Erwerb eines Anteils an einer atypisch stillen Gesellschaft, bei dem der Veräußerer über ein negatives Kapitalkonto verfügt hat, gelten diese Grundsätze ebenfalls. c) Die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils und Teilmitunternehmeranteils (§ 6 Abs. 3 EStG) aa) Unentgeltlichkeit
22.125 Eine unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils oder eines Teil-Mitunternehmeranteils gemäß § 6 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn sich die Beteiligten darüber einig sind, dass der Anteil ohne Gegenleistung aufgrund einer Schenkung übergehen soll. Unentgeltlich sind insbesondere Übertragungen im Wege der vorweggenom-
1 BFH v. 26.5.1981 – IV R 47/78, BFHE 134, 15 = BStBl. II 1981, 795 unter 2.a); BFH v. 19.2.1998 – IV R 59/96, BStBl. II 1999, 266; FG Köln v. 6.4.2016 – 3 K 2802/13, BB 2016, 1583 m. Anm. Glasenapp, n.rkr. (Az. des BFH IX R 16/16). 2 Zutreffend FG Köln v. 6.4.2016 – 3 K 2802/13, BB 2016, 1583 m. Anm. Glasenapp, n.rkr. (Az. des BFH IX R 16/16). 3 BFH v. 21.4.1994 – IV R 70/92, BStBl. II 1994, 745; FG Köln v. 6.4.2016 – 3 K 2802/13, BB 2016, 1583 m. Anm. Glasenapp, n.rkr. (Az. des BFH IX R 16/16). 4 FG Köln v. 6.4.2016 – 3 K 2802/13, BB 2016, 1583 m. Anm. Glasenapp, n.rkr. (Az. des BFH IX R 16/16). 5 FG Köln v. 6.4.2016 – 3 K 2802/13, BB 2016, 1583 m. Anm. Glasenapp, n.rkr. (Az. des BFH IX R 16/16); BFH v. 21.4.1994 – IV R 70/92, BFHE 174, 413 = BStBl. II 1994, 745 unter 5.a) und LS 3); BFH v. 14.6.1994 – VIII R 37/93, BFHE 176, 10 = BStBl. II 1995, 246 (unter 3); BFH v. 19.2.1998 IV R 59/96, BStBl. II 1999, 266 und BFH v. 28.3.2007 – IX R 53/04, BFH/NV 2007, 1845. Siehe auch Gschwendtner, DStR 1995, 914.
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menen Erbfolge sowie im Rahmen des Sonderrechts1 der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Bei Vermögensübertragungen zwischen Fremden wird allerdings auch bei wiederkehrenden gewinnabhängigen oder wagnisbehafteten Bezügen, die der Versorgung des Veräußerers dienen, widerlegbar vermutet, dass die Leistungen kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind, also ein entgeltliches Geschäft vorliegt2. Überträgt der atypisch stille Gesellschafter seinen Anteil an der Mitunternehmerschaft unentgeltlich, so ist für die auf den Erwerber übergehenden anteiligen Wirtschaftsgüter bei der atypisch stillen Gesellschaft nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zwingend der Buchwert fortzuführen3; es entsteht also kein Entnahmeoder Aufgabegewinn (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Dies gilt auch für die unentgeltliche Übertragung eines Teilanteils (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG). Hiernach ist zwischen quotalen, über- und unterquotalen Übertragungen der Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens zusammen mit dem Teilmitunternehmeranteil zu unterscheiden4. Das Zurückbehalten von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens durch den Stillen (sog. unterquotale Übertragung) anlässlich der Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils führt nicht zum Entstehen eines Aufgabegewinns für den Mitunternehmeranteil (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG), sofern die Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen verbleiben, und der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil innerhalb von fünf Jahren nicht veräußert oder aufgibt (§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG. Siehe zur Verbindung des funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögen Rz. 22.46 ff. Bei der unentgeltlichen Übertragung ist die Schenkungsteuerpflicht zu beachten (siehe Rz. 27.47 ff.). bb) Übertragung gegen Versorgungsleistungen Das BMF hat mit Schreiben vom 11.3.20105 den „Vierten Rentenerlass“ zur Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen veröffentlicht. Es passt die „Erlass1 Dies Vermögensleistungen an den Übergeber (Leibrente auf Lebenszeit) werden nicht als Gegenleistung für die Übertragung des Mitunternehmeranteils bewertet, da sich der Übergeber wie beim Vorbehaltsnießbrauch Erträge aus der übergehenden betrieblichen Einheit vorbehält. Siehe BMF v. 11.3.2010, BStBl. I 2010, 227, Tz. 5 m.N. zur Rspr. 2 BFH v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BFHE 186, 50 = BStBl. II 1999, 269 unter II. 2.c); BFH v. 14.5.2002 – VIII R 8/01, BFHE 199, 198 = BStBl. II 2002, 532; BFH v. 17.7.2013 – X R 40/10, BStBl. II 2013, 883; dort auch zum Wahlrecht zwischen Sofort- und Zuflussbesteuerung beim Veräußerer. Siehe zum sog. Gewinnvorabmodell BFH v. 27.10.2015 – VIII R 47/12, BFHE 252, 80 = BStBl. II nn = GmbHR 2016, 317 m. Anm. Fuhrmann; Levedag, HFR 2016, 309; Korn, BeSt 2016, 18. 3 Zweifelnd Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749. 4 Siehe BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 unter Tz. 5 bis 7, 11 bis 13; zum Teil überholt durch BFH v. 2.8.2012 – IV R 41/11, BFH/NV 2012, 1260 = GmbHR 2012, 1260 m. Anm. Hoffmann und BFH v. 12.5.2016 – IV R 12/15, BFHE nn = DStR 2016, 1518 = GmbHR 2016, 828. Der BFH prüft, ob eine quotale Übertragung des Sonderbetriebsvermögens vorliegt, nicht gegenstandsbezogen, sondern bei mehreren Wirtschaftsgütern im Sonderbetriebsvermögen des Überträgers anhand einer wertbezogenen Betrachtungsweise. Siehe abweichend zur Auffassung des BMF auch die Aussagen des BFH zur Dauer der Sperrfrist gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG bei gestufter Übertragung eines Mitunternehmeranteils durch mehrere Teilmitunternehmeranteilsübertragungen an denselben Erwerber und zur Behandlung einer überquotalen Übertragung des Sonderbetriebsvermögens. Das BMF wendet die Entscheidung vollständig nicht an, siehe BMF v. 12.9.2013, BStBl. I 2013, 1164. Siehe auch Levedag, GmbHR 2010, 855 (856) zu den Grundlagen. 5 BMF v. 11.3.2010 – IV C 3 – S 2221/09/10004, BStBl. I 2010, 227.
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lage“ an die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das JStG 2008 an1, die hier ausschließlich und für reine Inlandsfälle behandelt wird. Werden „ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheiten“ gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG gegen wiederkehrende Leistungen auf Lebenszeit übertragen, ist diese Übertragung unentgeltlich, d.h. ein Fall des § 6 Abs. 3 EStG bei Mitunternehmeranteilen und Betrieben sowie kein Realisationsakt gemäß § 17 EStG bei Kapitalgesellschaftsanteilen. Für Angehörige als Empfänger gilt die Vermutung der Unentgeltlichkeit der Übertragung (Tz. 5 und 50 des IV. Rentenerlasses), bei Fremden wird die Entgeltlichkeit vermutet (Tz. 6). Der Empfänger der Versorgungsleistungen erzielt Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1b EStG, der Übernehmer hat den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Nr. 1a EStG i.H. der geleisteten Beträge, ohne dass es noch auf die Unterscheidung zwischen Rente und dauernder Last ankommt (Tz. 52). Die wiederkehrenden Leistungen müssen nach dem Übergabevertrag auf Lebenszeit gezahlt werden, d.h. Mindestzeitrenten, abgekürzte Leibrenten und dauernde Lasten behandelt der Erlass als Gegenleistungen der Vermögensübertragung (Veräußerungsrenten, siehe Tz. 56).
22.127 Dem Katalog des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG entsprechend sind nur Mitunternehmeranteile, Betriebe, Teilbetriebe und bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften (mindestens 50 % und Stellung als Geschäftsführer) gegen Versorgungsleistungen übertragbar. Andere Wirtschaftseinheiten führen, selbst wenn deren Erträge ausreichen, um zugesagte wiederkehrende Leistungen zu erwirtschaften, zur Annahme einer entgeltlichen Übertragung (Tz. 21).
22.128 Mitunternehmeranteile, die i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG steuerbegünstigt übertragen werden können, sind nach dem Erlass ganze Mitunternehmeranteile, Teile von Mitunternehmeranteilen und die Aufnahme des Übernehmers in ein Einzelunternehmen. Die Gesellschaft, an der der (Teil-)Mitunternehmeranteil übertragen wird, muss freiberufliche, LuF- oder gewerbliche Einkünfte erzielen. Gewerbliche Einkünfte in diesem Sinne liegen bei Einkünften gemäß § 15 Abs. 2 EStG und bei „abgefärbten“ Einkünften gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, nicht aber bei gewerblich geprägten Einkünften vor (Tz. 8–10). Zum Mitunternehmer- und Teilmitunternehmeranteil gehört das quotal mitzuübertragende funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen (Tz. 9). Es ist wohl davon auszugehen, dass die gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG mögliche unterquotale Übertragung von SBV (siehe Rz. 22.46 ff. und 22.125) im Rahmen des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG nach dem IV. Rentenerlass schädlich ist2. Die vorgestellten Grundsätze gelten auch für Mitunternehmeranteile und Teilmitunternehmeranteile an einer atypisch stillen Gesellschaft3.
22.129 Es muss ermittelt werden, ob die Erträge der übertragenen Wirtschaftseinheit ausreichend ertragbringend sind. Für Mitunternehmeranteile hält der Erlass an der Ver1 Es gilt das großzügigere Recht des sog. III. Rentenerlasses (BMF v. 16.9.2004 – IV C 3 – S 2255 – 354/04, BStBl. I 2004, 922) fort, wenn der Übertragungsvertrag vor dem 1.1.2008 geschlossen wurde (siehe § 52 Abs. 23g EStG). Bei Begründung der Vermögensübergabe durch eine Verfügung von Todes wegen ist auf den Eintritt des Erbfalles abzustellen. Für nach dem 31.12.2007 geschlossene Übertragungsverträge gelten die gesetzliche Neuregelung und deren Auslegung durch den „Vierten Rentenerlass“, der Übergangsfragen in den Tz. 80–90 des Erlasses behandelt, insbesondere die Problematik der Umschichtung zwischen ertragbringenden Wirtschaftseinheiten neuen und alten Rechts. 2 Levedag, GmbHR 2013, 855 (861). 3 Tz. 8 des IV. Rentenerlasses, BStBl. I 2010, 227.
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mutung fest, dass diese stets über eine ausreichende Ertragskraft verfügen (Tz. 29). Dies gilt aber nur, wenn ausschließlich solche Wirtschaftseinheiten übertragen werden, jedoch nicht bei Mischvermögen (Tz. 29). In letzterem Fall ist eine Ertragsprognose vorzunehmen. Beim Prognosezeitraum sind maßgeblich der Zeitpunkt der Vermögensübertragung und die sog. Drei-Jahresregel (Tz. 34, 35). Umschichtungen (Veräußerung der atypisch stillen Beteiligung und Erwerb einer anderen begünstigten Wirtschaftseinheit des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG unter Fortzahlung der wiederkehrenden Bezüge) sind möglich (Tz. 41). Umwandlungen der atypisch stillen Mitunternehmerschaft gemäß §§ 20, 24 UmwStG sind unter bestimmten Voraussetzungen unschädlich (Tz. 42). Die Rechtsprechung verlangt wie bei anderen Angehörigenverträgen mit Dauerschuldcharakter die Anerkennungsfähigkeit der Vereinbarung während der gesamten Laufzeit (Rz. 21.6 ff.). Dies setzt die Durchführung der Vermögensübergabe, d.h. die vollständige und pünktliche Zahlung der Vermögensleistungen voraus1. Zudem hat der BFH entschieden, dass nur schriftlich dokumentierte Änderungen des Übergabevertrags steuerliche Wirkung entfalten können2. Neben dieser formalen Hürde dürfen die Versorgungsleistungen nur dann erhöht oder gemindert werden, wenn ein neues Versorgungskonzept für den Übergeber (gestiegenes Pflegebedürfnis) erforderlich ist oder die Erträge der übergebenen Wirtschaftseinheit nachhaltig sinken (materielle Änderungsgründe)3. Der BFH hat zudem entschieden4, dass nachträglich oder bei Abschluss des Übergabevertrags aufschiebend bedingt vereinbarte Erhöhungen der Versorgungsleistungen, etwa weil das empfangene Vermögen in anderes Vermögen umgeschichtet wird oder die Versorgungsleistungen erhöht werden, eine neue Ertragsprognose erforderlich macht.
22.130
d) Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft gegen Abfindung des Stillen aa) Ausscheiden gegen Barabfindung Die Auflösung einer zweigliedrigen atypisch stillen Gesellschaft kann dadurch erfolgen, dass der Stille aus der Mitunternehmerschaft gegen eine Barabfindung ausscheidet und der Geschäftsbetrieb durch den Inhaber als Einzelunternehmen weitergeführt wird. Siehe zur Kündigung durch den stillen Gesellschafter Rz. 15.20 ff., zur Auseinandersetzung Rz. 16.6, 16.12 ff. Nach der Rechtsprechung5 ist das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft gegen eine Barabfindung eine Veräußerung des Mitunternehmeranteils an den übernehmenden Gesellschafter (siehe Rz. 22.114, 22.123) in Verbindung mit einer Anwachsung (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3, 138 HGB, § 738 BGB) und der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge in das Gesellschaftsvermögen, aber keine Aufgabe eines Mitunternehmeranteils (i.S. des damals noch nicht kodifizierten § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG).
1 Siehe Tz. 59 des IV. Rentenerlasses, BStBl. I 2010, 227. 2 BFH v. 15.9.2010 – X R 13/09, BStBl. II 2011, 641 = FR 2011, 376; kritisch hierzu Kulosa, DB 2014, 972 (973). 3 Vgl. Tz. 61, 62 des IV. Rentenerlasses; BFH v. 3.3.2004 – X R 14/01, BStBl. II 2004, 826 = FR 2004, 783. 4 BFH v. 17.3.2010 – X R 38/06, BFHE 229, 163 = BStBl. II 2011, 622. 5 BFH v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BFHE 186, 50 = BStBl. II 1999, 269 = FR 1998, 887; BFH v. 11.7.1973 – I R 126/71, BFHE 110, 402 = BStBl. II 1974, 50.
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Technisch wird das Ausscheiden des Erwerbers gegen eine Geldabfindung in Gestalt des Abfindungsanspruchs nach ganz h.M.1 zweistufig abgewickelt: – Der ausscheidende Gesellschafter realisiert i.H. des Abfindungsanspruchs i.H. der Differenz zwischen dem Abfindungsbetrag und seines Kapitalkontos (bei einer vollentgeltlichen Übertragung) einen Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). – Auf Seiten des Erwerbers (bei Ausscheiden aus einer zweigliedrigen Gesellschaft des Geschäftsinhabers) oder der mehreren Erwerber (bei mehrgliedrigen Gesellschaften) liegt ein erfolgsneutrales Anschaffungsgeschäft vor, da den aufgedeckten stillen Reserven in den materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens die einzubuchende Abfindungsverpflichtung gegen den Ausscheidenden gegenübersteht2.
22.132 Einen Sonderfall stellt die Abfindung eines lästigen Gesellschafters dar. Als lästig ist ein Gesellschafter anzusehen, wenn durch sein Verhalten eine Schädigung des Betriebes droht oder die Vertrauensgrundlage unter den Gesellschaftern zerstört ist. Wird einem lästigen Gesellschafter ein höherer Betrag als der Wert seines Anteils (also des Buchwerts zzgl. des Anteils an den stillen Reserven usw.) gezahlt, um ihn zum Ausscheiden zu bewegen, kann der Mehrbetrag als Betriebsausgabe behandelt werden, während der auf den ausgeschiedenen lästigen Gesellschafter entfallende Anteil an den Wirtschaftsgütern in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren ist. Nach der Rechtsprechung müssen die verbleibenden Gesellschafter dartun, dass ein über den Wert des Anteils hinausgehender Betrag gezahlt wurde und insoweit stille Reserven bzw. ein Geschäftswert nicht vorhanden waren3. bb) Ausscheiden gegen Sachwertabfindung in das Privatvermögen
22.133 Scheidet ein Gesellschafter aus einer Mitunternehmerschaft aus und erhält er eine Sachwertabfindung durch eines oder mehrere WG, die er in das Privatvermögen übernimmt, wird nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH4 durch den Ausscheidenden ebenfalls eine Veräußerung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG und keine Aufgabe des Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG verwirklicht. Technisch läuft dieser Vorgang bei Veräußerer und Erwerber wie folgt ab5: – In einem ersten Schritt veräußert der ausscheidende Gesellschafter i.H. seiner Beteiligungsquote wie beim Ausscheiden gegen eine Barabfindung die ideellen Anteile an allen WG des Gesamthandsvermögens, da ihm auch all diese Wirtschaftsgüter quotal zuzurechnen sind. – Auf Seiten des oder der Erwerber liegt ein erfolgsneutrales Anschaffungsgeschäft vor, das zur Aufstockung der Buchwerte der WG führt6. 1 Vgl. nur Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 450–463, 480 ff. 2 Buchung beim Erwerber (Barabfindung): Anschaffungskosten Aktiva gegen Abfindungsverpflichtung. 3 BFH v. 29.10.1991 – VIII R 148/85, BFHE 167, 309 = BStBl. II 1992, 647 unter 2. = FR 1992, 518. 4 Grundlegend: BFH v. 24.5.1973 – IV R 64/70, BFHE 109, 438 = BStBl. II 1973, 655; siehe auch BFH v. 28.11.1989 – VIII R 40/84, BFHE 159, 410 = BStBl. II 1990, 561 = FR 1990, 334. 5 Siehe Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 520, 521. 6 Buchung 1 beim Erwerber (Sachwertabfindung): Aufstockung materielle und immaterielle WG des Gesamthandsvermögens gegen Abfindungsverpflichtung.
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– Wird nun das/die WG zur Abfindung des Abfindungsguthabens an den ausscheidenden Gesellschafter übertragen, verwirklicht dieser insoweit ein erfolgsneutrales Anschaffungsgeschäft1. – Die verbleibenden Gesellschafter veräußern das/die WG, die die Sachwertabfindung darstellen, i.H. des gemeinen Werts (./. aufgestockte Buchwerte aus Schritt 1) an den ausscheidenden Gesellschafter und realisieren hierdurch laufende Gewinne auf Ebene der Personengesellschaft2, da für diese Übertragung der ausgebrachten WG aus dem Gesamthandsvermögen keine Rechtsgrundlage die Fortführung der Buchwerte (entsprechend § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG (Rz. 22.107 ff.). cc) Ausscheiden gegen Sachwertabfindung in ein Betriebsvermögen Von grundsätzlicher Bedeutung ist, dass das Ausscheiden eines Mitunternehmers, dessen Abfindungsanspruch mit einem Sachwert erfüllt wird und der das erhaltene Wirtschaftsgut weiter in einem Betriebsvermögen nutzt, vom BFH3 nicht mehr als Veräußerung des Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 1 Satz 1 EStG, Rz. 22.134), sondern als dessen Aufgabe gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG qualifiziert. Auf diesen Aufgabetatbestand sind bei anschließender betrieblicher Nutzung des Sachwertabfindungsguts die Realteilungsregelungen gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 und der Sätze 2 ff. EStG als Sonderform der Betriebsaufgabe anzuwenden, auch wenn die Mitunternehmerschaft im Zuge des Ausscheidens nicht aufgelöst wird4. Die Rechtsprechung erweitert damit den Anwendungsbereich der Realteilungsregeln über den unstreitigen Fall der Auflösung einer bestehenden Mitunternehmerschaft um eine neue Fallgruppe5. Diese Auffassung des III. Senats des BFH abgesichert durch informelle und formelle Anfragen an den IV. Senat und den VIII. Senat6 im Vorfeld der Entscheidung. Im Urteil des BFH ging es um einen Teilbetrieb als Abfindungsgut. Auch wenn der III. Senat dies ausdrücklich offenlässt, so wird man beim Ausscheiden aus einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft gegen Sachwertabfindung mit einem Einzelwirtschaftsgut künftig auch einen Vorrang des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG vor § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG annehmen müssen, der seitens der Finanzverwaltung beim Ausscheiden gegen eine Sachwertabfindung und Fortbestehen der Mitunternehmerschaft vorrangig ist7. 1 Tausch Abfindungsanspruch gegen empfangene(s) WG. 2 Buchung 2 beim Erwerber: Außerordentlicher Ertrag und Abfindungsverpflichtung an Abfindungsguthaben. 3 Grundsatzurteil des BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, FR 2016, 657. 4 Zustimmend zu dieser Erweiterung Wendt, FR 2016, 536 (539 f.); Kanzler, FR 2016, 567 (573 f.); Levedag, GmbHR 2016, 377; Lüken, DStR 2016, 889 (894); Paus, DStZ 2016, 290 (291); Wiese/ Lukas, DStR 2016, 1078 (1079 und 1081); a.A. bislang BMF v. 28.2.2006 – IV B 2 – S 2242-6/06, BStBl. I 2006, 228 und BMF v. 8.12.2011 – IV C 6 – S 2241/10/10002, BStBl. I 2011, 1279, Tz. 12. 5 Im Schrifttum wird diese neue Fallgruppe als „unechte Realteilung“, vgl. Wendt, FR 2016, 536 (539) oder als „so verstandene Realteilung“, vgl. Wiese/Lukas, DStR 2016, 1078 (1079), bezeichnet. 6 Der VIII. Senat stimmte insoweit einer Abweichung vom BFH-Urteil v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BStBl. II 1999, 269 = FR 1998, 887 zu, das das Ausscheiden eines Mitunternehmers gegen eine Bar- oder Sachabfindung stets als Veräußerung des Mitunternehmeranteils ansah (Rz. 22.131 und 22.133). 7 Hier ist zu entscheiden, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als speziellere Regelung anzuwenden ist, vgl. Pflaum, HFR 2016, 345 (346). Für einen Vorrang des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG Bünning, DStZ 2016, 290 (292); Demuth, BeSt 2016, 15 (16); Wendt, FR 2016, 536 (540); Kanzler, FR 2016,
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22.134
§ 22 Einkommensteuer
dd) Anwendung auf das Ausscheiden des atypisch stillen Gesellschafters
22.135 Für den ausscheidenden Stillen handelt es sich somit in der Regel um ein Veräußerungsgeschäft (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG) nach den gerade dargestellten Grundsätzen (Rz. 22.114 ff. und Rz. 22.123 ff. zum negativen Kapitalkonto, Ausnahme Rz. 22.134). Verzichtet der ausscheidende stille Gesellschafter im Fall beteiligungsidentischen der GmbH & Still auf das Veräußerungsentgelt, um Auseinandersetzungen über die Höhe der Abfindung zu vermeiden, auf einen Teil seiner Barabfindung kann beim Ausscheidenden ein betrieblich veranlasster Veräußerungsverlust mit Anschaffungskosten auf die Beteiligung (§ 6 Abs. 6 Satz 2 EStG) entstehen, dem ein entsprechender laufender Gewinn des Geschäftsinhabers gegenübersteht. Erfolgt dieser Verzicht dagegen aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses, liegen weder ein Verlust des Ausscheidenden noch ein Gewinn des Geschäftsinhabers, aber Anschaffungskosten auf die Beteiligung vor1.
22.136 Die Behandlung des Anschaffungsvorgangs auf Seiten des Geschäftsinhabers als Erwerber des Mitunternehmeranteils des Stillen ist umstritten. Ausgehend vom zivilrechtlichen Befund, dass der Inhaber des Geschäftsbetriebes sachenrechtlich bereits vor dem Ausscheiden Alleineigentümer des Betriebsvermögens war, wird in der Literatur vertreten, dass der das Kapitalkonto des ausscheidenden Gesellschafters übersteigende Betrag beim Geschäftsinhaber als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe zu behandeln und nicht zu aktivieren ist2. Die überwiegende Literaturauffassung und die Rechtsprechung würdigen den Erwerb jedoch zutreffend als Anschaffungsvorgang, der auf einer steuerrechtlichen Fiktion beruht3. Übersteigen die Anschaffungskosten Buchwerte, ist eine Ergänzungsbilanz zu bilden und fortzuführen (Rz. 22.121)4.
22.137 Ein Veräußerungsverlust des Ausscheidenden führt demgegenüber beim Inhaber zu einem Gewinn. Die Buchwerte der bilanzierten Wirtschaftsgüter sind abzustocken, während der Ausweis eines negativen Geschäftswertes nicht möglich ist (siehe auch Rz. 22.123 ff.)5. ee) Ausscheiden des Geschäftsinhabers
22.138 Gleiches wie in den Fällen des Ausscheidens des Stillen unter Rz. 22.13–22.134 ff. gilt bei Ausscheiden des Geschäftsinhabers gegen eine Abfindung. Der Geschäftsbetrieb wird durch die Veräußerung des Mitunternehmeranteils (nicht des Betriebs) gegen die Barabfindung und die Anwachsung auf den atypisch stillen Gesellschafter übertragen und durch diesen als Einzelunternehmer fortgeführt. Entsprechend sind die Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter im Einzelunternehmen aufzustocken, da i.H.
1 2 3 4 5
567 (574); a.A. BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279, Tz. 37. Relevant ist die Frage nach dem Vorrang des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG vor § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, wenn neben dem als Sachwert zur Abfindung gewährten Wirtschaftsgut auch Verbindlichkeiten vom Ausscheidenden zu übernehmen sind. Demuth, KÖSDI 2015, 19483 (19489). Langholz/Vahle, DStR 2000, 763 (765); Wahl in FS Beisse, S. 524 ff. Brinkmann, StBP 2011, 242 (243). BFH v. 3.6.1997 – VIII B 73/96, BFH/NV 1997, 838 = GmbHR 1998, 201 (nur LS) unter 2a) und LS 1; BFH v. 20.11.2014 – IV R 1/11 = GmbHR 2015, 334 = FR 2015, 552. Ausführlich Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 511.
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§ 22 Einkommensteuer
der Abfindung Anschaffungskosten vorliegen. Sachenrechtlich erwirbt der Stille erstmals und vollumfänglich Eigentum an den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens. Finden auf Grundlage einer Sachwertabfindung (Rz. 22.134) die Realteilungsregelungen Anwendung, kommt es zur Fortführung der Buchwerte.
22.139
frei e) Besonderheiten bei der Auflösung einer GmbH & atypisch Still: Einbringung des Anteils an der atypisch stillen Gesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten Eine erfolgsneutrale Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft in der GmbH & atypisch Still kann auf Grundlage einer Einbringung einer atypisch stillen Beteiligung (des Mitunternehmeranteils) in die GmbH gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der aufnehmenden Gesellschaft nach § 20 UmwStG erreicht werden. Die atypisch stille Beteiligung an der aufnehmenden GmbH erlischt dadurch. Die Umwandlung vollzieht sich als Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage. Der stille Gesellschafter leistet seine Sacheinlage dadurch, dass er der Kapitalgesellschaft gegenüber auf die Auszahlung seines durch die Auflösung der stillen Gesellschaft bedingten Auseinandersetzungsanspruches verzichtet1. Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 UmwStG ist das eingebrachte Betriebsvermögen bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Es kann jedoch auf Antrag der aufnehmenden Gesellschaft der Buchwert oder ein Zwischenwert angesetzt werden, soweit das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des eingebrachten Betriebsvermögens nicht eingeschränkt wird, § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG2. Zu den weiteren Einzelheiten siehe § 26.
22.140
Von dieser Fallvariante strikt zu trennen ist die unentgeltliche Übertragung der atypisch stillen Beteiligung am Handelsgeschäft einer GmbH auf diese durch den alleinigen Anteilseigner. Mangels Ausgabe neuer Anteile ist § 20 UmwStG nicht anwendbar. Das FG Nürnberg hat hierin zutreffend eine verdeckte Einlage unter Aufgabe des Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG) gesehen3.
22.141
f) Veräußerung des Geschäftsbetriebs Wird der Geschäftsbetrieb durch den Inhaber gemäß § 16 Abs. 1 EStG an einen Dritten (nicht den Stillen) veräußert, besteht die Möglichkeit, dass mit Zustimmung des atypisch stillen Gesellschafters die Gesellschaft mit dem neuen Inhaber fortgeführt wird (siehe auch Rz. 12.15 ff.)4. Das gilt auch für Umwandlungen des Trägers des Handelsgeschäftes (siehe § 18) unter Fortführung der atypisch stillen Gesellschaft. 1 Häger/Forst, EStB 2000, 72. 2 Nach Benz/Rosenberg in Blumberg/Schäfer, SEStEG, F III 2b), ist eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts i.S. des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG nur bei Einbringung von im Betriebsvermögen gehaltenen 100 %igen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften denkbar. 3 FG Nürnberg v. 13.9.2000 – V 479/98, GmbHR 2001, 480 = EFG 2001, 566 m. Anm. Braun. Das Verfahren wurde nach Rücknahme der Revision (Az. des BFH: IV R 2/01) eingestellt. Da durch die Überführung der Beteiligung ins Privatvermögen alle stillen Reserven aufgedeckt werden, können aber die Vergünstigungen der §§ 16 und 34 EStG in Anspruch genommen werden. 4 Hild/Schuch, DB 1993, 181 (185).
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22.142
§ 22 Einkommensteuer
Bei Fortführung ergeben sich hieraus keine einkommensteuerrechtlichen Folgen für den atypisch stillen Gesellschafter1. Sofern dies nicht beabsichtigt ist, kommt es zur Auflösung der stillen Gesellschaft.
22.143–22.144 frei g) Steuerbegünstigungen der §§ 16 Abs. 4, 34 EStG aa) Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG
22.145 Für Aufgabe- und Veräußerungsgewinne kann nach § 16 Abs. 4 EStG2 durch natürliche Personen ein Freibetrag i.H. von derzeit 45 000 Euro geltend gemacht werden. Der Freibetrag kann nur einmal im Leben und nur dann gewährt, wenn der Veräußerer das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. Der Freibetrag wird nur auf Antrag gewährt. Er wird um den Betrag ermäßigt, um den der Veräußerungsgewinn 136 000 Euro übersteigt (Abschmelzungsregelung). Bei einem Veräußerungsgewinn i.H. von derzeit 181 000 Euro wird der Freibetrag daher vollständig abgeschmolzen. Der Steuerpflichtige muss das 55. Lebensjahr bereits im Zeitpunkt der Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils vollendet haben3. Bei einer Betriebsveräußerung wegen dauernder Berufsunfähigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne ist auf das Rechtsgeschäft abzustellen4.
22.146 Der Freibetrag ist nicht nur für die Veräußerung des gesamten Betriebs oder dessen Aufgabe, sondern auch für die Aufgabe und Veräußerung des Mitunternehmeranteils durch den atypisch stillen Gesellschafter oder den Geschäftsinhaber zu gewähren5. Bei Mitunternehmerschaften ist im einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren nach §§ 180 Abs. 1 Nr. 2a, 179 AO über das Vorliegen oder Nichtvorliegen, die Zurechnung, die Höhe und die Verteilung eines Veräußerungsgewinnes nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG zu entscheiden. Die Feststellungen dazu erwachsen eigenständig in Bestandskraft und entfalten Bindungswirkung. Über die Gewährung wegen Berufsunfähigkeit oder Vollendung des 55. Lebensjahres und die Höhe des dem einzelnen Mitunternehmer zustehenden Freibetrages wird hingegen erst im Veranlagungsverfahren durch das Wohnsitz-Finanzamt entschieden6. bb) Sondertarife nach § 34 EStG
22.147 Aufgabe- und Veräußerungsgewinne sind als außerordentliche Einkünfte (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG) antragsunabhängig nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern. Bei dieser sog. Fünftelregelung beträgt die für den Veräußerungsgewinn anzusetzende Einkommen1 Honert, EStB 2001, 237. 2 Zu den Begriffen Aufgabe und Veräußerung siehe BFH v. 3.4.2014 – IV R 12/10, BFHE 245, 306 = BStBl. II 2014, 1000. 3 BFH v. 28.11.2007 – X R 12/07, BFHE 219, 335 = BStBl. II 2008, 193 = FR 2008, 370 m. Anm. Wendt. 4 BFH v. 19.1.2010 – VIII R 49/07, BFH/NV 2010, 870; BFH v. 21.9.1995 – IV R 1/95, BStBl. II 1995, 893 = FR 1995, 867; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 579. 5 Zur bis zum 31.12.1995 geltenden Rechtslage vgl. BFH v. 10.7.1986 – IV R 12/81, BStBl. II 1986, 811 = FR 1986, 489 = GmbHR 1986, 332. 6 Siehe Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rz. 286 m.N. zur Rspr.
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§ 22 Einkommensteuer
steuer das Fünffache des Unterschiedsbetrages zwischen der Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen ohne Berücksichtigung des Veräußerungsgewinns und der Einkommensteuer auf das zu versteuernde Einkommen unter Berücksichtigung eines Fünftels des Veräußerungsgewinns. Hierdurch wird das Zufließen des Veräußerungsgewinns über einen Zeitraum von fünf Jahren simuliert, wodurch es zu einer Progressionsglättung kommt. Die außerordentlichen Einkünfte werden auf Antrag alternativ zur Fünftelregelung nach § 34 Abs. 3 EStG durch einen ermäßigten Steuersatz begünstigt. Der Steuersatz beträgt seit dem Veranlagungszeitraum 2004 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes. Nach § 34 Abs. 3 Satz 2 EStG beträgt der Steuersatz stets mindestens 14 %.
22.148
Die Tarifbegünstigung i.H. von 56 % des Durchschnittssteuersatzes kann nur einmal im Leben in Anspruch genommen werden, § 34 Abs. 3 Satz 4 EStG. Die Höhe der begünstigten außerordentlichen Einkünfte ist außerdem auf 5 Mio. Euro beschränkt, § 34 Abs. 3 Satz 1 EStG.
22.149
Die Inanspruchnahme der Vergünstigung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinn dauernd berufsunfähig ist. Zum Zeitpunkt siehe Rz. 22.145.
22.150
Der Steuerpflichtige kann zwischen der Inanspruchnahme der Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 EStG und der Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes nach § 34 Abs. 3 EStG wählen1. Die Inanspruchnahme der Fünftelregelung führt nicht zu einem Verbrauch des Wahlrechts, die weitergehende Tarifbegünstigung für einen späteren begünstigungsfähigen Vorgang wählen zu dürfen2. Für den Anteil des Veräußerungsgewinnes, der den Grenzbetrag von 5 Mio. Euro nach § 34 Abs. 3 EStG übersteigt, kann die Fünftelregelung in Anspruch genommen werden (§ 34 Abs. 3 Satz 3 EStG)3.
22.151
5. Die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung a) Grundlagen Gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO werden die einkommen- und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich und gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften wie bei der atypischen stillen Gesellschaft mehrere beteiligt sind. In dem Feststellungsbescheid ist auch eine Feststellung darüber zu treffen, wie sich der festgestellte Gewinn auf die Beteiligten verteilt. Die einheitliche Gewinnfeststellung obliegt dem Betriebsfinanzamt (§ 18 AO), das für die Feststellungen, ob überhaupt eine Mitunternehmerschaft (atypische stille Gesellschaft) vorliegt, über Art der Einkünfte und die Höhe des Gewinns und die Gewinnverteilung (des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteils) zu entscheiden hat. Betriebsfinanzamt ist das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Handelsgewerbes des Inhabers befindet.
1 Berechnungshinweise finden sich bei Wendt, FR 2000, 1199 (1202 ff.); Fleischmann, StuB 2000, 1204; Siegle, SteuerStud 2001, 43. 2 Hötzel in Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform 2001, S. 335. 3 Wendt, FR 2000, 1199 (1202).
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22.152
§ 22 Einkommensteuer
22.153 Verfahrensrechtliche Grundlagen der Feststellungspflicht der gemeinschaftlichen Einkünfte in einer bestehenden atypisch stillen Gesellschaft sind § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO für den Inhaber des Handelsgeschäfts und den atypisch stillen Gesellschafter1. Für eine atypisch stille Gesellschaft, die aus einer GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts und einer natürlichen Person als atypisch stillem Gesellschafter besteht, sind die in dem Feststellungsbescheid als Grundlagenbescheid festgestellten Einkünfte in dem Körperschaftsteuerbescheid der GmbH und dem Einkommensteuerbescheid der natürlichen Person zwingend umzusetzen2. Wird der Grundlagenbescheid (Gewinnfeststellungsbescheid) nicht angefochten, ist er bindend für den auf dem Feststellungsbescheid beruhenden Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid, der hinsichtlich der einheitlichen und gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen nicht anfechtbar ist (§ 351 Abs. 2 AO).
22.154 Ist ein typischer stiller Gesellschafter irrtümlich als Mitunternehmer behandelt worden, so muss er somit den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid anfechten3. Dies gilt auch im umgekehrten Fall, in dem ein Gesellschafter nicht als atypisch still Beteiligter anerkannt wird. Wird die atypisch stille Beteiligung nicht anerkannt, ist ein negativer Feststellungsbescheid gemäß § 181 AO zu erlassen und von den Feststellungsbeteiligten anzufechten4.
22.155 Die Anfechtungsbefugnis eines einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheids bestimmt sich nach § 352 AO und § 48 FGO. Es ist jeweils zu unterscheiden, ob der atypisch stille Gesellschafter neben dem vorrangig befugten Einspruchsbevollmächtigten oder Klagebevollmächtigten selbst Einspruch oder Klage erheben kann (siehe Rz. 22.157 ff.). b) Beteiligtenfähigkeit der atypisch stillen Gesellschaft
22.156 Die atypisch stille Gesellschaft kann nicht Beteiligte (§ 57 Nr. 1 FGO) eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein, das die einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte betrifft, auch wenn die atypisch stille Gesellschaft Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation ist5. Die Rolle des nicht vorhandenen vertretungsberechtigten Geschäftsführers einer Außen-Gesellschaft übernimmt bei einer atypisch stillen Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 FGO der Empfangsbevollmächtigte/Klagebevollmächtigte6. Ist die atypisch stille Gesellschaft aber nicht selbst als Prozessstandschafterin gemäß § 48 Abs. 1 FGO klagebefugt, fehlt die Grundlage der Beteiligtenfähigkeit. Empfangsbevollmächtigt ist i.d.R. bis zur Vollbeendigung der Inhaber des Handelsgeschäfts7. Ersatzweise kann bei Feh1 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447 und BFH v. 19.12.2002 – IV R 47/01, BFHE 201, 241 = BStBl. II 2003, 507. 2 BFH v. 12.2.2015 – IV R 48/11, BFH/NV 2015, 1075 = GmbHR 2015, 948. 3 BFH v. 30.7.1987 – IV R 44/85, BFH/NV 1989, 502; Brockmeyer in Klein, § 352 AO Rz. 12. 4 Zu den Erscheinungsformen siehe BFH v. 11.11.2014 – VIII R 37/11, juris. 5 BFH v. 11.1.2001 – VIII R B 83/00, BFH/NV 2001, 578 = DStRE 2001, 494 unter 2. 6 BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = GmbHR 1998, 902; BFH v. 14.11.2008 – IV B 136/07, BFH/NV 2009, 597; BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BStBl. II 2012, 183; BFH v. 21.12.2011 – IV B 101/10, BFH/NV 2012, 598; Gräber/Levedag, § 48 FGO Rz. 35. 7 BFH v. 19.3.2009 – IV R 20/08, BStBl. II 2010, 528; BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BStBl. II 2012, 183.
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§ 22 Einkommensteuer
len des Empfangsbevollmächtigten der atypisch stille Gesellschafter selbst klagebefugt sein (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Zur Gewerbesteuer siehe Rz. 24.64 ff. c) Einspruchs- und Klagebefugnis aa) Einspruchsbefugnis (§ 352 AO) Die Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung richtet sich nach § 352 AO, wonach die Einspruchsbefugnis für Einsprüche gegen Bescheide über einheitliche Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen aller Art einheitlich geregelt ist. Jedoch sind nicht alle Feststellungsbeteiligten einspruchsbefugt, obwohl der Feststellungsbescheid sich gegen sie alle als Inhaltsadressaten richtet und Rechtswirkungen ihnen gegenüber entfaltet.
22.157
Nach der Regelung des § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO sind als Prozessstandschafter zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder, wenn solche nicht vorhanden sind, der Einspruchsbevollmächtigte i.S. des Abs. 2 vorrangig zur Einlegung des Einspruchs befugt. Die in § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO an die Organe anknüpfende Regelung ist in dem Sinne zu verstehen, dass die Mitunternehmerschaft als solche als Prozessstandschafterin einspruchsbefugt ist und nicht das Organ. Die Rechtsfolge der Übertragung der formellen Einspruchs- und Klagebefugnis auf die vertretungsberechtigten Geschäftsführer besteht nicht darin, dass diese im eigenen Namen klagen dürfen. Das prozessual durchzusetzende Recht ist auf das (Steuer-)Rechtssubjekt zu beziehen, dessen Rechtsbeeinträchtigung in Frage steht. Das ist z.B. die Personenmehrheit als Einkünfteerzielungs- und Einkünfteermittlungssubjekt im Fall der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für die gemeinsam und im Zusammenhang mit der Beteiligung verwirklichten Besteuerungstatbestände1. Bei der atypisch stillen Gesellschaft kommt eine solche Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln im Außenverhältnis nicht in Betracht, da es sich um eine reine Innengesellschaft handelt. Die stille Gesellschaft hat daher keinen Geschäftsführer i.S. von § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO2. Der Inhaber des Handelsgeschäfts wird nur als Organ der atypisch stillen Gesellschaft tätig3. Siehe auch Rz. 22.156.
22.158
§ 352 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AO regelt ausdrücklich die Einspruchsbefugnis für den Fall, dass ein zur Vertretung befugter Gesellschafter nicht vorhanden ist. Der Inhaber des Handelsgeschäfts kann als Empfangsbevollmächtigter (§ 183 AO) Einspruchsbevollmächtigter in diesem Sinne sein4. Das Gesetz sieht drei Alternativen der Empfangsbevollmächtigung vor:
22.159
1 Gräber/Levedag, § 48 FGO Rz. 24. 2 BFH v. 11.1.2001 – VIII B 83/00, BFH/NV 2001, 578 = DStRE 2001, 578 unter 2; BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BFHE 185, 131 = BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa; BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372; Steinhauff in HHSp., § 48 FGO Rz. 63; Dißars/Dißars, BB 1996, 773 (775). 3 Vgl. BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BFHE 187, 250 = BStBl. II 1999, 286 unter I.2.b). 4 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372; BFH v. 14.12.2000 – VIII B 66/00, BFH/NV 2001, 792 (II. 2c); BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BFHE 185, 131 = BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa) m.w.N. unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechungsauffassung, vgl. etwa BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BFHE 145, 408 = BStBl. 1986, 311.
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§ 22 Einkommensteuer
(1) Ein Empfangsbevollmächtigter kann von den Feststellungsbeteiligten, d.h. den Gesellschaftern der atypisch stillen Gesellschaft, bestellt werden (§ 183 Abs. 1 Satz 1 AO). (2) Soweit eine Bestellung nach § 183 Abs. 1 Satz 1 AO nicht erfolgt ist, kann die Empfangsbevollmächtigung auch nach § 183 Abs. 1 Satz 2 AO fingiert werden. Danach gilt als Empfangsberechtigter, wer zur Vertretung der Gesellschaft oder der Feststellungsberechtigten oder zur Verwaltung des Gegenstandes der Feststellung berechtigt ist. In der Regel wird der Inhaber des Handelsgeschäfts nach dieser Alternative Empfangsbevollmächtigter sein1. (3) Die Finanzverwaltung kann gemäß § 183 Abs. 1 Satz 3–5 AO bei Fehlen eines Empfangsbevollmächtigten nach (1) und (2) auch einen der Feststellungsbeteiligten bestimmen. Hierzu muss sie die Beteiligten auffordern, innerhalb einer angemessenen Frist einen Empfangsbevollmächtigten zu benennen. Zugleich muss sie einen Beteiligten vorschlagen und darauf hinweisen, dass Bekanntgaben an diesen erfolgen, wenn kein anderer Empfangsbevollmächtigter benannt wird.
22.160 In allen drei Fällen des § 183 AO ist aber erforderlich, dass die Beteiligten in der Feststellungserklärung bzw. in der Aufforderung zur Benennung eines Empfangsbevollmächtigten über die ausschließliche Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt werden (§ 352 Abs. 2 Satz 3 AO). Soweit die Belehrung im Feststellungsbescheid fehlt, ist der Inhaber des Handelsgeschäfts als Empfangsbevollmächtigter nicht nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 AO vorrangig einspruchsbefugt. Zu beachten ist außerdem, dass die Feststellungsbeteiligten die Möglichkeit haben, gegenüber der Finanzbehörde der Einspruchsbefugnis des fingierten (2) oder bestimmten (3) Empfangsbevollmächtigten zu widersprechen (§ 352 Abs. 2 Satz 2 AO). Soweit eine Einspruchsberechtigung nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorliegt, insbesondere wenn keine Belehrung über die Einspruchsberechtigung des Empfangsbevollmächtigten erfolgt ist, ist jeder Gesellschafter einspruchsberechtigt, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder hätte ergehen müssen (§ 352 Abs. 1 Nr. 2 AO)2.
22.161 Darüber hinaus ist ungeachtet von § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO jeder Feststellungsbeteiligte einspruchsbefugt, der von einer streitigen Feststellung persönlich betroffen ist, z.B. wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt (§ 352 Abs. 1 Nr. 4 AO). Dies betrifft insbesondere die Feststellung, ob eine atypisch stille Gesellschaft vorliegt bzw. wer Mitunternehmer ist3. Ergänzt wird die Vorschrift durch die Nr. 5, wonach die eigene Einspruchsbefugnis eines Beteiligten besteht, wenn ihn eine Feststellung im Bescheid persönlich berührt. Dies betrifft vor allem das Vorliegen und die Höhe von Sondervergütungen und von Sonderbetriebsausgaben4. Kann sich ein Feststellungsbeteiligter auf § 352 Abs. 1 Nr. 4 und 5
1 Vgl. BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa). Im konkreten Fall fehlte aber die nach § 352 Abs. 2 Satz 3 AO erforderlichen Belehrung der Feststellungsbeteiligten. 2 Vgl. BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) aa). 3 BFH v. 30.7.1987 – IV R 44/85, BFH/NV 1989, 502 zum insoweit noch anders nummerierten § 352 AO a.F. 4 BFH v. 12.7.1990 – IV R 25/89, BFH/NV 1991, 648 zum insoweit noch anders nummerierten § 352 AO a.F.
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§ 22 Einkommensteuer
AO stützen, kann er neben dem in Prozessstandschaft für die übrigen Gesellschafter tätigen Empfangsbevollmächtigten aus eigenem Recht die ihn selbst betreffenden Feststellungen angreifen1. Die Einspruchsbefugnis nach § 352 Abs. 1 Nr. 1 AO wird hierdurch nicht eingeschränkt, sondern ergänzt2. bb) Klagebefugnis (§ 48 Abs. 1 FGO) Angesichts der differenzierten Regelung der Klagebefugnis in § 48 Abs. 1 Nr. 1–5 FGO gerade für jene Personenvereinigungen, die über keinen vertretungsberechtigten Geschäftsführer verfügen, kommt bei der atypisch stillen Gesellschaft, die keinen zur Vertretung berechtigten Geschäftsführer hat, auch nur eine Prozessstandschaft des Klagebevollmächtigten (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO) in Betracht3. Der Inhaber des Handelsgeschäfts ist nicht gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als zur Vertretung berufener Geschäftsführer der atypisch stillen Gesellschaft klagebefugt4. Dem Empfangs- und Klagebevollmächtigten (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO) steht als Prozessstandschafter die umfassende Klagebefugnis zu (siehe Rz. 22.156)5. Er handelt im eigenen Namen und im Interesse der Feststellungsbeteiligten und damit für diese als gesetzlicher Prozessstandschafter6. Diese Prozessstandschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO endet mit der Vollbeendigung der atypisch stillen Gesellschaft. Bei der atypischen stillen Gesellschaft findet keine Abwicklung statt, da zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäftes und dem stillen Gesellschafter nur schuldrechtliche Beziehungen bestehen. Nach der Auflösung einer atypisch stillen Gesellschaft obliegt die Fortführung der von dieser Gesellschaft durch den Klagebevollmächtigten erhobenen Klage den aktuellen und ehemaligen Gesellschaftern (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 FGO)7.
22.162
Auch während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft und der vorrangigen Prozessstandschaft des Klagebevollmächtigten sind Klagen der Feststellungsbeteiligten nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 FGO hinsichtlich der sie berührenden Feststellungen zulässig (siehe Rz. 22.161).
22.163
Der Empfangsbevollmächtigte, der gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 FGO klagebefugt ist, ist während des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft stets gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen, wenn einer der Feststellungsbeteiligten Klage erhebt. Klagt der Klagebevollmächtigte (in der Regel der Geschäftsinhaber) als Prozessstandschafter, ist der atypisch stille Gesellschafter somit nur beizuladen, wenn er nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 oder 5 FGO hinsichtlich dieser Feststellungen klagebefugt ist8.
22.164
1 BFH v. 3.3.1998 – VIII B 62/97, BStBl. II 1998, 401 = DB 1998, 1167 unter I.1.b) bb); Dißars/Dißars, BB 1996, 773 (777); Gräber/Levedag, § 48 FGO Rz. 52. 2 BFH v. 19.5.1987 – VIII B 104/85, BFHE 150, 514 = BStBl. II 1988, 5 = GmbHR 1988, 37; BFH v. 26.10.1989 – IV R 23/89, BFHE 159, 15 = BStBl. II 1990, 333. 3 Steinhauff in HHSp., Stand: 3/2012, § 48 FGO Rz. 94. 4 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372. 5 BFH v. 14.11.2008 – IV B 136/07, BFH/NV 2009, 597; BFH v. 21.12.2011 – IV B 101/10, BFH/NV 2012, 598. 6 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183 = FR 2012, 372. 7 Steinhauff in HHSp., Stand: 3/2012, § 48 FGO Rz. 118 m.w.N. 8 Vgl. BFH v. 28.11.1989 – VIII R 40/84, BStBl. II 1990, 561 = FR 1990, 334.
Levedag
653
§ 22 Einkommensteuer
Klagt der atypisch stille Gesellschafter nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 5 FGO wegen der Feststellung seines individuellen Gewinnanteils oder einer anderen ihn persönlich berührenden Feststellung, ist der Empfangsbevollmächtigte notwendig beizuladen. Klagt ein potentieller atypisch stiller Gesellschafter gegen einen negativen Gewinnfeststellungsbescheid, ist der Inhaber des Handelsgeschäfts ebenfalls notwendig beizuladen1. 6. Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG – sog. Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer
22.165 Durch das StSenkG2 wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2001 die eine Steuerermäßigung in § 35 EStG eingeführt. Diese Regelung führt in Abhängigkeit vom Gewerbesteuermessbetrag zu einer Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer. Zu den Einzelheiten siehe Rz. 24.58 ff. und Rz. 24.72.
II. Die typische stille Gesellschaft
22.166 Die typisch stille Gesellschaft als solche besitzt keine eigene Steuerrechtsfähigkeit. Sie ist als solche kein Einkünfteerzielungssubjekt. Der Besteuerung unterliegen sowohl der Inhaber des Handelsgeschäfts als auch der stille Gesellschafter. 1. Steuerrechtliche Behandlung beim Inhaber des Handelsgeschäfts
22.167 Für den Inhaber des Handelsgeschäfts gelten je nach der Rechtsform, in der das Handelsgewerbe betrieben wird, die Vorschriften des EStG oder des KStG. Die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb richtet sich nach der jeweils geltenden Gewinnermittlungsart (§§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG).
22.168 Die auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinnanteile sind beim Inhaber Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG), durch die der einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtige Gewinn gemindert wird. Dies gilt aber nur, wenn die Gewinnanteile betrieblich veranlasst sind; hierzu muss die Einlage nicht nur passiviert, sondern auch zu betrieblichen Zwecken verwendet werden3. In der Bilanz des Inhabers erscheint ist die typische stille Beteiligung als „qualifizierter Kredit“ und damit als Fremdkapital4. Für Zwecke der Gewerbesteuer ist die Hinzurechnung des Gewinnanteils nach § 8 Nr. 1c GewStG bei Überschreiten des Freibetrags zu beachten (siehe Rz. 24.77 ff.).
1 BFH v. 5.7.2002 – IV B 70/02, BFH/NV 2002, 1477. 2 Steuersenkungsgesetz v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433. 3 Brinkmann, StBp 2011, 213 (215) mit Hinweis auf BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BStBl. II 2003, 656 = FR 2003, 723. 4 BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BFHE 202, 137 = BStBl. II 2003, 656 = FR 2003, 723 m. Anm. Wendt. Demgemäß sind auch die anlässlich der Begründung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses zu entrichtenden Nebenkosten nach den für Darlehen geltenden Rechtsregeln aktiv abzugrenzen, vgl. BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389.
654 Levedag
§ 22 Einkommensteuer
22.169
Beispiel: Bilanz zum 31.12.2015 (vor Gewinnverteilung) Aktiva Anlagen Umlaufvermögen
Passiva 50 000 Verbindlichkeiten 60 000 Rechnungsabgrenzung stille Beteiligung Kapital Gewinn 110 000
36000 2000 20 000 27 000 25 000 110 000
Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.2015 (vor Gewinnverteilung) Aufwand Löhne und Gehälter Abschreibungen sonstige Aufwendungen Reingewinn
Ertrag 25 000 Umsatzerlöse 9000 außerordentlicher Ertrag 34 000 (Anlagenverkauf) 25 000
88 000
93 000
93 000
5000
Zur Verteilung im Rahmen der stillen Gesellschaft steht ein Gewinn von 20 000 Euro zur Verfügung, weil der stille Gesellschafter an dem außerordentlichen Ertrag aus Anlageverkauf von 5000 Euro nicht beteiligt ist. Ist sein Gewinnanteil mit 20 % vereinbart, so entfallen auf ihn 4000 Euro. Dieser Gewinnanteil erhöht, wenn nichts anderes vereinbart ist, nicht seine Einlage. Er ist deshalb nicht dem Einlagekonto, sondern einem besonderen Konto „Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters“ gutzubringen (§ 232 Abs. 3 HGB). Bilanz zum 31.12.2015 (nach Gewinnverteilung) Aktiva Anlagen Umlaufvermögen
Passiva 50 000 Verbindlichkeiten 60 000 stille Beteiligung Rechnungsabgrenzung Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters Kapital Gewinn 110 000
36 000 20 000 2000 4000 27 000 21 000 110 000
Der Inhaber hat für das Jahr 2015 als Gewinn aus Gewerbebetrieb 21 000 Euro zu versteuern. Dem stillen Gesellschafter fließen gemäß § 11 Abs. 1 EStG 4000 Euro als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) zu. Von diesem Betrag hat der Inhaber 25 % Kapitalertragsteuer (= 1000 Euro) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Für den Kapitalertragsteuerabzug stellt § 44 Abs. 3 EStG eine Zuflussfiktion auf: Ist bei Einnahmen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter im Beteiligungsvertrag über den Zeitpunkt der Ausschüttung keine Vereinbarung getroffen, so gilt der Kapitalertrag am Tag nach der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres, für das der Kapitalertrag ausgeschüttet oder gutgeschrieben werden soll, als zugeflossen. In dem jeweiligen Zuflusszeitpunkt ist der Steuerabzug vorzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Bei einem bilanzierenden Geschäftsinhaber (§§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG) ist die an den stillen Gesellschafter zu zahlende Vergütung als Betriebsausgabe realisiert, wenn sich zum Ende des Geschäftsjahres ein Gewinn ergibt, an dem der Stille partizipiert Levedag
655
22.170
§ 22 Einkommensteuer
(Rz. 22.196). Ermittelt der Geschäftsinhaber seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters erst im Zeitpunkt ihres Abflusses Betriebsausgabe.
22.171 Die einkommensteuerrechtliche Zinsschranke nach § 4h EStG schränkt auch die Möglichkeiten des Inhabers zum Abzug der an den typischen stillen Gesellschafter gezahlten Gewinnanteile ein (siehe Rz. 22.60)1. Die Abhängigkeit der Zahlungen von einem Gewinn des Inhabers steht der Anwendbarkeit von § 4h EStG nicht entgegen2. Greift die Zinsschranke ist daher durch den Inhaber ein voller Abzug der Gewinnanteile als Betriebsausgabe nur i.H. des Zinsertrages im gleichen Wirtschaftsjahr, darüber hinaus nur i.H. von 30 % des maßgeblichen Gewinns möglich, soweit der Inhaber den erweiterten Konzernbegriff des § 4h EStG erfüllt. Auch hier besteht eine Freigrenze i.H. von 3 Mio. Euro.
22.172–22.180 frei 2. Die Einkunftsart beim stillen Gesellschafter
22.181 Für den stillen Gesellschafter sind die ihm aus einer im Privatvermögen gehaltenen typisch stillen Beteiligung zufließenden Gewinnanteile Einkünfte aus Kapitalvermögen (siehe § 20 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 EStG).
22.182 Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, fällt der Gewinnanteil des Stillen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 8 EStG unter die Einkunftsart, zu der der Betrieb gehört, in dem die stille Beteiligung gehalten wird. Es können also Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Land- und Forstwirtschaft oder aus selbständiger Arbeit vorliegen. Die stille Beteiligung kann auch zum gewillkürten Betriebsvermögen zählen, wenn sie an einem branchenfremden Handelsgeschäft besteht3. Bilanziert der stille Gesellschafter, ist in seiner Bilanz die Einlage „wie eine Kapitalforderung“ zu behandeln4. Der Zufluss des Gewinnanteils im Betrieb des Stillen richtet sich nach der jeweiligen Gewinnermittlungsart5 (zum maßgeblichen Zeitpunkt bei der Bilanzierung siehe Rz. 22.190 ff.).
22.183 Auch wenn die Gewinne aus der stillen Gesellschaft aufgrund der Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG einer der genannten betrieblichen Einkunftsarten zuzurechnen sind, erfolgt gemäß § 43 Abs. 4 EStG ein Steuerabzug vom Kapitalertrag. 3. Der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters a) Der Gewinnanteil
22.184 Einnahmen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem stillen Gesellschafter auf Grundlage des Gesellschaftsver1 Ebenso Brinkmann, StBP 2011, 213 (215). 2 So auch BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2742-a/07/10001, 2008/0336202, BStBl. I 2008, 718. Siehe auch Fischer/Wagner, BB 2008, 1872 (1873 f.) und Häuselmann, FR 2009, 506 (511 f.). 3 RFH v. 14.9.1938 – VI 565/38, RStBl. 1938, 1063. 4 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764. 5 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 78; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 98.
656 Levedag
§ 22 Einkommensteuer
trags als Gegenleistung für die Kapitalüberlassung zufließen (vgl. § 8 Abs. 1 EStG), insbesondere sein Gewinnanteil. Der Gewinnanteil umfasst alle gewinnabhängigen Bezüge des stillen Gesellschafters, die nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter einer Gegenleistung für die vom stillen Gesellschafter während des Bestehens und in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen haben. Auf den Zufluss der Bezüge beim stillen Gesellschafter und den Zeitpunkt ihrer Vereinbarung sowie des Bestehens der stillen Gesellschaft im Zuflusszeitpunkt kommt es nicht an, sondern auf die Veranlassung der Einkünfte durch die stille Beteiligung1. Die Höhe des Gewinnanteils richtet sich nach den Vereinbarungen des stillen Gesellschafters und des Geschäftsinhabers2: Die Beteiligten können vereinbaren, dass sich die Höhe der Gewinnbeteiligung nach der Handels- oder der Steuerbilanz richtet3. Wird auf die Steuerbilanz abgestellt, ist die endgültige, von der Finanzverwaltung anerkannte und u.U. korrigierte Bilanz maßgeblich4 (vgl. zudem Rz. 14.10 ff.). Sind für den stillen Gesellschafter irrtümlich zu hohe Gewinnanteile errechnet worden, so hat der Inhaber bürgerlich-rechtlich einen Rückforderungsanspruch (siehe auch Rz. 14.48 ff.). Die Rechtsprechung behandelt diese Rückzahlungen bei Abfluss als negative Einnahmen des typisch stillen Gesellschafters5. Etwas anderes gilt, wenn die Rückzahlung sich als Rückgewähr einer vGA im Rahmen der GmbH & typisch Still darstellt. Die Rückgewähr einer vGA ist sowohl aus Sicht der Kapitalgesellschaft als auch des Gesellschafters als Einlage zu behandeln, wenn die Rückzahlung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist6. Die für die Annahme einer Einlage erforderliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis besteht bei einer auf einer Satzungsklausel beruhenden Rückzahlung einer vGA, bei einer Rückzahlungsverpflichtung nach § 31 GmbHG und aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht7.
22.185
b) Besonderheit: Mehrgewinne aufgrund Betriebsprüfung aa) Handelsbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab Wird bei einer Betriebsprüfung ein Mehrgewinn des Geschäftsinhabers in einem früheren Veranlagungszeitraum festgestellt, so wird dessen Veranlagung berichtigt und der Gewinn im Jahr der Fehlerquelle oder den Fällen der Bilanzberichtigung im ersten offenen Jahr nachversteuert. Das Ergebnis der Betriebsprüfung muss sich aber nicht zwangsläufig auf den Gewinnanteil des stillen Gesellschafters auswirken. Ist im Gesellschaftsvertrag die Handelsbilanz zum Gewinnverteilungsmaßstab bestimmt wor-
1 BFH v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BFHE 105, 391 = BStBl. II 1972, 586; BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BFHE 125, 386 = BStBl. II 1978, 570; BFH v. 11.2.1981 – I R 98/76, BStBl. II 1981, 453 = FR 1981, 338; BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, BStBl. II 2007, 258 = FR 2007, 301 = GmbHR 2007, 167; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 140 (Stand: 2/2014). 2 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 141. 3 BFH v. 13.9.2000 – I R 61/99, BStBl. II 2001, 67. 4 BFH v. 2.4.1971 – I R 114/70, BStBl. II 1971, 600. 5 BFH v. 13.12.1963 – VI 22/61 S, BFHE 78, 477 = BStBl. II 1976, 322; BFH v. 27.7.1999 – VIII R 79/98, BFH/NV 2000, 188; siehe auch BFH v. 4.5.2006 – VI R 33/03, BFHE 214, 92 = BStBl. II 2006, 911 = FR 2006, 1135; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 140, 161. 6 BFH v. 29.8.2000 – VIII R 7/99, BFHE 192, 554 = BStBl. II 2001, 173 = GmbH 2000, 1267. 7 BFH v. 14.7.2009 – VIII R 10/07, BFH/NV 2009, 1815.
Levedag
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22.186
§ 22 Einkommensteuer
den (siehe Rz. 14.11 ff.), bleibt der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters unberührt, wenn sich aufgrund der Außenprüfung nur der Steuerbilanzgewinn, nicht aber der Handelsbilanzgewinn ändert (siehe Rz. 22.185 f.). Hat der Geschäftsinhaber aber auch gegen handelsrechtliche Bilanzierungsgrundsätze verstoßen oder Einnahmeverkürzungen vorgenommen, führt die darauf beruhende Gewinnerhöhung zu einem erhöhten Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters1. bb) Steuerbilanz als Gewinnverteilungsmaßstab
22.187 Ist die Steuerbilanz oder der steuerliche Gewinn bei der Einnahmenüberschussrechnung Gewinnverteilungsgrundlage (siehe Rz. 14.14 ff.), ist der stille Gesellschafter grundsätzlich an allen Gewinnerhöhungen nach der Außenprüfung zu beteiligen. Erhöht sich aufgrund einer Außenprüfung der Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters, ist er in der Prüferbilanz für die Jahre der Außenprüfung insoweit als Verbindlichkeit zu bilanzieren2. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Zufließens (§ 11 EStG) von aufgrund einer Betriebsprüfung ermittelten Mehrgewinnen eines stillen Gesellschafters gilt Folgendes: Der Mehrgewinn kann nicht als bereits durch die Betriebsprüfung festgestellt angesehen werden. Auch kommt es nicht darauf an, ob und wann der stille Gesellschafter von den Ergebnissen der Schlussbesprechung (§ 208 AO) und damit von seinem Mehrgewinn Kenntnis erhält. Denn selbst wenn er davon alsbald in Kenntnis gesetzt wird, würde eine solche Mitteilung ebenso wenig wie die Tatsache, dass ein Geschäftsinhaber mit seinem stillen Gesellschafter vor der Bilanzaufstellung über die Höhe des Jahresgewinns und des sich daraus ergebenden Gewinnanteils gesprochen hat, dazu führen, dass der Gewinnanteil ihm „zugeflossen“ ist. Ein Zufluss liegt auch in diesem Falle erst nach den allgemeinen Grundsätzen (Rz. 22.188 ff.) in der Regel mit der Gutschrift des Mehrgewinns vor3. c) Das Zufließen der Gewinnanteile aa) Stille Beteiligung im Privatvermögen
22.188 Die auf den stillen Gesellschafter entfallenden anteiligen Gewinne (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) sind für den Geschäftsinhaber bei betrieblicher Veranlassung (§ 4 Abs. 4 EStG) Betriebsausgaben. Zudem ist der Gewinnanteil in der Bilanz des Geschäftsinhabers als Verbindlichkeit zu passivieren. Mit Auszahlung im folgenden Jahr muss die Verbindlichkeit aufgelöst werden. Beispiel: Im Jahre 2015 hat X, der Inhaber eines Handelsgeschäfts, einen Gewinn von 60 000 Euro erzielt, an dem der stille Gesellschafter mit 20 % = 12 000 Euro beteiligt ist. In der Bilanz zum 31.12.2015 ist eine Verbindlichkeit i.H. von 12 000 Euro als Gewinnanspruch des stillen Gesellschafters auszuweisen.
1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 87. 2 Vgl. zum Ganzen Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 86.; Schulze zur Wiesche, StBp 1978, 73 ff. 3 BFH v. 6.9.1963 – VI 153/62, HFR 1964, 42; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 86; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 161 (Stand: 2/2014).
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§ 22 Einkommensteuer
Der Zufluss der Gewinnanteile beim typischen stillen Gesellschafters bestimmt sich nach § 11 EStG, wonach Einnahmen im Kalenderjahr des Zuflusses vom Steuerpflichtigen bezogen sind. Ein Zufluss ist gegeben, wenn der stille Gesellschafter über den Betrag wirtschaftlich verfügen kann. Das ist spätestens der Fall, wenn die Gewinnanteile bar ausgezahlt werden, wenn ein (gedeckter) Scheck übergeben wird oder wenn eine Überweisung erfolgt. Im System der Abgeltungsteuer haben sich frühere Diskussionen über den maßgeblichen Zuflusszeitpunkt relativiert, wenn die Kapitalertragsteuer einbehalten wird, da in diesem Fall die Einkommensteuer beim stillen Gesellschafter abgegolten ist und er die Einnahme nicht mehr zur erklären hat1 (siehe Rz. 22.284 ff.).
22.189
Auch die Gutschrift des Gewinnanteils in den Büchern des Geschäftsinhabers kann schon einen Zufluss bewirken. Hierzu ist allerdings nach allgemeinen Grundsätzen weiter erforderlich, dass der Gewinnanteil dem Berechtigten zur freien Verfügung steht und dass der Schuldner leistungsbereit und zahlungsfähig ist2. Ist im Fall der stillen Gesellschaft der Geschäftsinhaber als Schuldner zur Auszahlung des Gewinnanteils nicht in der Lage, ist dem stillen Gesellschafter solange keine Einnahme zugeflossen, wie der Geschäftsinhaber zahlungsunfähig ist3. Vereinbaren die Beteiligten wegen vorübergehender Zahlungsunfähigkeit des Inhabers die Stundung des Gewinnanteils des Stillen, so ist der Steuerabzug erst nach Ablauf der Stundungsfrist vorzunehmen (§ 44 Abs. 4 EStG). Werden die Gewinnanteile dagegen stehen gelassen und wird vereinbart, dass sie die Einlage erhöhen oder für eine bestimmte Zeit im Unternehmen des (zahlungsfähigen) Geschäftsinhabers als Darlehen verbleiben sollen, erfolgt der Zufluss der Gewinnanteile mit der Gutschrift. Es liegt dann ein Fall der Schuldumschaffung bzw. Novation vor4.
22.190
Zum Zufluss von Einnahmen im Rahmen eines betrügerischen Schneeballsystems, das aus Sicht des jeweiligen Anlegers als stille Gesellschaft qualifiziert wird, kommt es auch für nur buchmäßig gutgeschriebener (Schein-)Erträge und aufgrund der Vereinbarung zwischen Betrüger (Geschäftsinhaber) und Anleger (dem Stillen), dass abrufbare Erträge die zur Anlage bestimmte Einlage erhöhen sollen, kommen. Der BFH bejaht seit den sog. „Ambros-Entscheidungen“ einen Zufluss von Kapitaleinkünften beim Anleger gemäß §§ 20 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 7 EStG auch dann, wenn die auf Wunsch des Anlegers reinvestierten Scheinrenditen aufgrund des Zusammenbruchs der Anlagegesellschaft nach der Gutschrift uneinbringlich werden5.
22.191
1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 83. 2 BFH v. 11.5.1999 – VIII R 70/95, BFH/NV 2000, 18 LS und unter II.3.b); BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BFHE 140, 542 = BStBl. II 1984, 480; BFH v. 6.9.1963 – IV 153/62, HFR 1964, 42. Vgl. auch die Grundsatzurteile des BFH v. 22.7.1997 in den Ambros-Fällen: BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 12/96, BFHE 184, 34 = BStBl. II 1997, 761; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 13/96, BFHE 184, 46 = BStBl. II 1997, 767 = FR 1997, 949; BFH, v. 11.2.2014 – VIII R 25/12, BFHE 244, 406 = BStBl. II 2014, 461 = FR 2014, 702 m. Anm. Marx. 3 BFH v. 2.4.2014 – VIII R 38/13, BFHE 245, 295 = BStBl. II 2014, 698 = FR 2015, 240. 4 Vgl. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 14.6.2005 – VIII R 53/03, BFH/NV 2005, 2183 unter II.2.a); BFH v. 11.2.2014 – VIII R 25/12, BFHE 244, 406 = BStBl. II 2014, 461 = FR 2014, 702. 5 Vgl. BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 11.2.2014 – VIII R 25/12, BFHE 244, 406 = BStBl. II 2014, 461 = FR 2014, 702; BFH v. 2.4.2014 – VIII R 38/13, BFHE 245, 295 = BStBl. II 2014, 698 = FR 2015, 240; Levedag, NWB 2015, 914 ff.
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§ 22 Einkommensteuer
22.192 Die Kriterien, die für die Qualifikation der in einem Schneeballsystem abgeschlossenen Vereinbarungen zwischen dem Anleger und dem Betreiber des Schneeballsystems als typisch stille Gesellschaft sprechen, hat der BFH jüngst im Urteil vom 27.8.20141 nochmals bestätigt (siehe auch Rz. 20.40 ff.). Entscheidend für die Einordnung des Rechtsverhältnisses ist, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben und ob dieser Vertragswille dem objektiven Rechtsbild einer (stillen) Gesellschaft entspricht. Für den Abschluss eines Gesellschaftsverhältnisses spricht maßgeblich eine Erfolgsbeteiligung (Gewinn- und Verlustbeteiligung) beider Vertragsparteien, wenn hierdurch eine Risikogemeinschaft begründet wird und die Kapitalanlagen durch den Betreiber des Systems (das Handelsgeschäft) dadurch sowohl erhebliche Gewinnchancen als auch beträchtliche Risiken bieten. Die Anleger tragen zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks in einer stillen Gesellschaft bei, indem sie dem Betreiber des Schneeballsystems auf unbestimmte Zeit Kapital zur Anlage überlassen, mit dem dieser im Außenverhältnis zum Kapitalmarkt sein Handelsgeschäft betreibt. Das zur Anlage überlassene Kapital verkörpert den Gesellschafterbeitrag und die stille Einlage des Anlegers. Der Beitrag des Schneeballsystembetreibers als Inhaber des Handelsgeschäfts zum Erreichen des Zwecks der stillen Gesellschaft besteht in der Übernahme der Verpflichtung, im Außenverhältnis die Kapitalanlage unter Einsatz des von den Anlegern als stillen Gesellschaftern bereitgestellten Kapitals zu betreiben. Nicht maßgeblich ist, ob in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anlageprospekts die Bezeichnung des Rechtsverhältnisses „stille Beteiligung“ erwähnt wird und keine ausdrücklichen Kontrollrechte der Anleger vereinbart werden2.
22.193 Ist im Gesellschaftsvertrag über den Zeitpunkt der Ausschüttung nichts vereinbart, dann gilt als Zeitpunkt des Zufließens der Tag nach der Aufstellung der Bilanz oder einer sonstigen Feststellung des Gewinnanteils. Für die Kapitalertragsteuer gilt § 44 Abs. 3 EStG, siehe Rz. 22.287. § 44 Abs. 3 EStG geht für den Bereich der Kapitalertragsteuer der allgemeinen Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG vor.
22.194 Erhält der stille Gesellschafter nach den bestehenden Vereinbarungen Vorausleistungen oder Abschlagszahlungen auf seinen Gewinnanteil, so sind diese Zahlungen auch steuerrechtlich nach § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen. Bei Vorauszahlungen kann der Empfänger auch dann, wenn sie unter einer auflösenden Bedingung gezahlt werden, mit dem Empfang tatsächlich verfügen, da das „Behaltendürfen“ und die endgültige Verfügungsmacht keine Voraussetzung des Zuflusses ist3. Auf die Vorauszahlungen ist auch Kapitalertragsteuer zu erheben4. Erhält der stille Gesellschafter mehr, als ihm nach der endgültigen Gewinnfeststellung zusteht, und wird die Überzahlung in einem späteren Jahr verrechnet (nicht zurückgezahlt), so bleibt es bei der Versteuerung des zunächst zugeflossenen Betrags. Die hierauf angemeldete und einbehaltene Kapitalertragsteuer wird ebenfalls nicht erstattet. Der Ausgleich erfolgt dadurch, dass der stille Gesellschafter in den Verrechnungsjahren entsprechend weniger erhält. Muss der stille Gesellschafter den überzahlten Betrag der Gewinnanteile tatsächlich
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BFH v. 27.8.2014 – VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187. Siehe zum Ganzen Levedag, NWB 2015, 914 ff. BFH v. 13.10.1989 – III R 30-31/85, BFHE 159, 123 = BStBl. II 1990, 287. BFH v. 29.4.1982 – IV R 95/79, BStBl. II 1982, 593 = FR 1982, 494.
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zurückzahlen, so ist dieser Betrag im Jahr der Rückzahlung als negative Einnahme aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen (siehe Rz. 22.185)1. Für Gewinnanteile des beherrschenden Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft in der GmbH & typisch Still gelten besondere Grundsätze. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei beherrschenden Gesellschaftern der Zufluss eines Vermögensvorteils nicht erst im Zeitpunkt der Zahlung oder der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen, sofern der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet. Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass ein beherrschender Gesellschafter es regelmäßig in der Hand hat, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen2. Somit sind unter den genannten Voraussetzungen Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf einem Verrechnungskonto, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen3. Gewinnanteile gelten im Übrigen ausnahmsweise – wie bei Vorabausschüttungen – bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung als zugeflossen, und zwar auch dann, wenn die Gesellschafterversammlung eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruches beschließt4. Diese Vorverlagerung des Zuflusszeitpunkts soll Manipulationen vermeiden helfen, da der beherrschende Gesellschafter sonst den Gewinn bei der Kapitalgesellschaft durch Betriebsausgaben mindern könnte, ohne einen Zufluss auf der Gesellschafterebene zu verwirklichen5. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag einen Fälligkeitszeitpunkt verbindlich festlegt6. Die Fiktion des Zuflusszeitpunkts in § 44 Abs. 3 Satz 1 EStG gilt nach der Auffassung des BFH auch für Vergütungen an einen beherrschenden Gesellschafter. Das bedeutet, dass für die Entstehung der Kapitalertragsteuer der beschlossene (frühere) Tag der Auszahlung als Zuflusszeitpunkt maßgeblich ist. Der Anrechnung der Kapitalertragsteuer steht nicht entgegen, dass die Entstehungszeitpunkte der Kapitalertragsteuer und der Einkommensteuer auseinander fallen können7. 1 BFH v. 17.2.1993 – I R 21/92, BFH/NV 1994, 83; BFH v. 1.4.2003 – I R 51/02, BStBl. II 2003, 77 = FR 2003, 1026 = GmbHR 2003, 1015; BFH v. 2.12.2014 – VIII R 2/12, GmbHR 2015, 371 = DStR 2015, 402; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 105. 2 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BFHE 140, 542 = BStBl. II 1984, 480; BFH v. 19.7.1994 – VIII R 58/92, BFHE 176, 317 = BStBl. II 1995, 362, und BFH 3.2.2011 – VI R 4/10, BFHE 232, 501 = BStBl. II 2014, 493; BFH v. 3.2.2011 – VI R 66/09, BFHE 232, 497 = BStBl. II 2014, 491 = GmbHR 2011, 599; Beschluss des Großen Senats des BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BFHE 183, 187 = BStBl. II 1998, 307, unter C.II.1.a. 3 Vgl. z.B. BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BStBl. II 1984, 480; BFH v. 5.10.2004 – VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526 = GmbHR 2005, 176; BFH v. 8.5.2007 – VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249; BFH v. 28.9.2011 – VIII R 10/08, BStBl. II 2012, 315; BFH v. 2.12.2014 – VIII R 2/12, GmbHR 2015, 371 = DStR 2015, 402. 4 BFH v. 27.1.1977 – I R 39/75, BStBl. II 1977, 491; BFH v. 21.10.1981 – I R 230/78, BFHE 134, 315 = BStBl. II 1982, 139 = GmbHR 1982, 74; BFH v. 14.2.1984 – VIII R 221/80, BFHE 140, 542 = BStBl. II 1984, 480; BFH v. 17.2.1993 – I R 21/92, BFH/NV 1994, 83; BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223 = GmbHR 1999, 304; BFH v. 2.12.2014 – VIII R 2/12, GmbHR 2015, 371 = DStR 2015, 402. 5 Blaurock, BB 1992, 1969 (1972). 6 Vgl. BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223 = GmbHR 1999, 304, der bei der GmbH nur im Falle einer Satzungsbestimmung eine Ausnahme von den dargestellten Grundsätzen zulassen will. So auch Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (424). 7 BFH v. 17.11.1998 – VIII R 24/98, BFHE 187, 292 = BStBl. II 1999, 223 = GmbHR 1999, 304; Renner, DStZ 2015, 611 (612).
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§ 22 Einkommensteuer
bb) Stille Beteiligung im Betriebsvermögen
22.196 Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, ist hinsichtlich der zeitlichen Berücksichtigung der Gewinnanteile auf die Gewinnermittlungsart des Betriebs abzustellen, dem die stille Beteiligung als Wirtschaftsgut zugeordnet wird (siehe auch Rz. 14.14 ff.). Wird der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt (§ 4 Abs. 1 EStG), ist die Forderung auf Auskehrung des Gewinnanteils in die Bilanz des stillen Gesellschafters im Zeitpunkt der Realisation einzustellen. Ein auf den stillen Gesellschafter entfallender Gewinnanteil ist nicht erst mit der Feststellung der Bilanz des Geschäftsinhabers, sondern zum Ende des jeweiligen Geschäftsjahres zu erfassen ist, für das der Gewinnanteil nach § 232 Abs. 1 HGB berechnet werden muss1. Auf den Tag der Auszahlung kommt es in diesem Falle nicht an. Keine Abweichungen zum Zuflusszeitpunkt gemäß § 11 EStG ergeben sich, wenn der stille Gesellschafter den Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt2.
22.197 Ist der stille Gesellschafter beherrschender Gesellschafter in der GmbH & typisch Still, ist die Forderung ggf. phasengleich wie bei Dividendenforderungen zu aktivieren3. Nach dem Großen Senats des BFH ist bei Dividendenansprüchen aber eine phasengleiche Aktivierung nur ausnahmsweise dann und insoweit möglich, als zum Bilanzstichtag ein Bilanzgewinn der Gesellschaft auszuweisen ist, der mindestens ausschüttungsfähige Bilanzgewinn den Gesellschaftern bekannt ist und für diesen Zeitpunkt anhand objektiver Anhaltspunkte nachgewiesen ist, dass die Gesellschafter endgültig entschlossen sind, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen (siehe Rz. 22.43 ff.)4. Für die typisch stille Gesellschaft ist in der Rechtsprechung geklärt, dass Gewinn- und Verlustanteile aus typisch stillen Beteiligungen, die im Betriebsvermögen gehalten werden, ebenfalls nur nach diesen strengen Vorgaben phasengleich zu berücksichtigen sind5. cc) Sonderfragen des Zuflusses
22.198 Im Falle des Todes des stillen Gesellschafters (siehe auch Rz. 15.49) ist der Zeitpunkt der Erfassung der Betriebseinnahme entscheidend dafür, ob es sich noch um Einkünfte des Verstorbenen oder des Erben handelt. Auf welchen Zeitraum der Gewinnanteil entfällt und ob er nachträglich gezahlt wird, ist nicht entscheidend6.
22.199 Wird eine typische stille Beteiligung entgeltlich oder unentgeltlich auf einen Dritten übertragen, bevor der Gewinnanspruch für einen bestimmten Zeitabschnitt entstanden ist, so sind die Einkünfte aus der Beteiligung für den zurückliegenden Zeitabschnitt mit dem Zufluss dem Rechtsnachfolger zuzurechnen7. Hat der stille Gesellschafter lediglich seinen Anspruch auf anteiligen Gewinn (und nicht die Betei1 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 83. 2 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 98. 3 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 33, 78; BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 1267 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 4 BFH v. 7.8.2000 – GrS 2/99, BFHE 192, 339 = BStBl. II 2000, 632 = GmbHR 2000, 1106. 5 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764. 6 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 143, 184. 7 FG Ba.-Wü. v. 16.2.1967 – VI 36/66, EFG 1967, 339; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 143 mit Abgrenzung zur Zugehörigkeit der Ansprüche zum Nachlass.
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ligung) an einen anderen abgetreten, erfolgt der Zufluss des Gewinns beim stillen Gesellschafter. Der abgetretene Gewinnanspruch bewirkt für den Zessionar keinen Zufluss von Einkünften; auch nicht, wenn eine förmliche Abtretung nicht vorliegt und diese vielmehr dadurch ersetzt wird, dass der stille Gesellschafter dem Geschäftsinhaber gegenüber zugunsten des anderen auf seinen Gewinnanteil verzichtet1.
22.200
frei 4. Gewinne aus Auflösung und Veräußerung der typisch stillen Gesellschaft Zu den Auflösungsgründen siehe Rz. 15.8 ff. Bei stillen Beteiligungen die im Privatvermögen gehalten werden und vor dem 1.1.2009 begründet oder erworben wurden (Altgesellschaften), sind diese Gewinne grundsätzlich der nicht steuerbaren Vermögensebene zuzuordnen und nicht steuerbar. Im Rahmen der Abgeltungsteuer ist für stille Beteiligungen, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden (Neugesellschaften), eine generelle Besteuerung von Auflösungs- und Veräußerungsgewinnen eingeführt worden, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 2 EStG. Für Altgesellschaften bleibt es bei der grundsätzlichen Steuerfreiheit von Veräußerungs- und Auflösungsgewinnen ohne zeitliche Begrenzung (siehe § 52 Abs. 28 Satz 13 EStG)2. Daher werden zunächst die für Altgesellschaften und anschließend die für Neugesellschaften geltenden Grundsätze im Falle der Auflösung und Veräußerung dargestellt.
22.201
a) Gewinne aus Auflösung von typisch stillen Altgesellschaften aa) Stille Beteiligung im Privatvermögen Bei Auflösung der stillen Gesellschaft hat der Geschäftsinhaber dem stillen Gesellschafter dessen Guthaben nach den unter Rz. 16.19 ff. dargestellten Grundsätzen in Geld zu ersetzen. Die Rückzahlung der Einlage im Rahmen einer Auflösung der stillen Gesellschaft ist bei stillen Beteiligungen, die vor dem 1.1.2009 begründet oder erworben wurden (Altgesellschaften), eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Vermögensumschichtung3 und keine Veräußerung (Rz. 22.217). Werden Beträge gezahlt, die den Nennwert der ursprünglichen Einlage übersteigen, ist für die Rechtslage bis 2008 jedoch regelmäßig streitig, ob es sich bei den Mehrbeträgen noch um steuerbare zusätzliche Entgelte für die Kapitalüberlassung oder nachträgliche Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. handelt4.
22.202
Übersteigt das ausgezahlte Auseinandersetzungsguthaben den Nennwert der Einlage der stillen Beteiligung ist nach dem Veranlassungszusammenhang des Mehrbetrags zu fragen. Es können folgende Fallgruppen unterschieden werden5:
22.203
1 RFH v. 17.6.1931 – VI A 1208/31, RStBl. 1931, 633; BFH v. 9.4.1991 – IX R 78/88, BFHE 163, 517 = BStBl. II 1991, 809 unter II.3. 2 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 145 (Stand: 2/2014). 3 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 (Stand: 2/2014); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 178 f. 4 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014). 5 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 (Stand: 2/2014) mit Hinweis auf BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BStBl. II 1984, 580 = FR 1984, 397; BFH v. 16.8.1995 – VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125 und abgrenzend zu BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, BStBl. II 2007, 258 = GmbHR 2007, 167 = FR 2007, 301; vgl. auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 179; Sterner, DB 1985, 2316 (2317).
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§ 22 Einkommensteuer
– Stehen gelassene Gewinnanteile früherer Jahre, die die Einlage erhöht haben, sind steuerfrei, da sie bereits im Zeitpunkt der Einlageerhöhung zu versteuern waren. – Noch nicht zugeflossene, durch Bilanzaufstellung festgestellte und damit auch noch nicht besteuerte Gewinnanteile aus schon abgelaufenen Wirtschaftsjahren und der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters aus dem letzten (Rumpf-)Wirtschaftsjahr, die im Mehrerlös vergütet werden, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. zu versteuern. – Gewinnanteile aus Korrekturbeträgen zu Gewinnanteilen aus der Vergangenheit (siehe Rz. 16.22 f.) erhöhen in der Auseinandersetzungsbilanz den Gewinnanteil des letzten Wirtschaftsjahres, bilden aber keinen selbständigen Teil des Auseinandersetzungsguthabens. – Geht der Betrag der Abfindungszahlung sowohl über den Nennwert der stillen Beteiligung als auch über die vorgenannten Posten hinaus, ist er in der Regel als besonderes (zusätzliches) Entgelt für die Überlassung der Einlage an den Geschäftsinhaber zur Nutzung zu qualifizieren und unterliegt der Besteuerung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 20 Abs. 3 EStG a.F.
22.204 Der Besteuerung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. unterliegt der Mehrbetrag auch dann, wenn bereits im Gesellschaftsvertrag eine Rückzahlung der Einlage mit einem bestimmten, über dem Nennwert liegenden Betrag vereinbart wurde1, oder der Mehrbetrag auf einer Wertsicherungsklausel im Gesellschaftsvertrag beruht2, da in beiden Fällen der Mehrbetrag durch die Kapitalüberlassung veranlasst ist.
22.205 Wird ein Mehrbetrag nicht als Entgelt für die Überlassung der Einlage oder als Entschädigung für entgangene zukünftige Gewinnanteile (siehe sogleich) gezahlt, sondern als Gegenleistung für die Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung durch einen „lästigen“ Gesellschafter, den die Gesellschaft auf andere Weise nicht hätte „los werden“ können, so ist die Zahlung weder als besonderes Entgelt i.S. von § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. noch als sonstige Einnahme i.S. des § 22 Nr. 3 EStG a.F. steuerbar3.
22.206 Wird ein nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG a.F. steuerbarer Mehrbetrag bei vorzeitiger Auflösung der stillen Gesellschaft als Entschädigung für entgehende künftige Gewinnanteile gezahlt, ist eine Steuerermäßigung gemäß §§ 24 Nr. 1, 34 EStG möglich4. Eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG kann auch dann vorliegen, wenn der stille Gesellschafter selbst an dem „schadenstiftenden Ereignis“ mitwirkt, indem er Vereinbarungen schließt oder als Gesellschafter Beschlüssen zustimmt, 1 FG Hess. v. 9.3.1982 – VI 410/76, EFG 1982, 623; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 180. 2 BFH v. 4.8.1961 – VI 208/60 U, BFHE 73, 558 = BStBl. II 1961, 468; BFH v. 1.6.1978 – IV 139/73, BStBl. II 1978, 570: Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Anm. 146 m.w.N.; Fleischer/ Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 180. 3 FG Nds. v. 1.12.2005 – 11 K 127/03, DStRE 2006, 1517 (1517 f.); zur Abgrenzung siehe BFH v. 11.2.2015 – VIII R 4/12, BFHE 249, 154 = BStBl. II 2015, 647. 4 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.) = BStBl. II 1984, 580 = FR 1984, 397; BFH v. 16.8.1995 – VIII B 156/94, BFH/NV 1996, 125; BFH v. 11.2.2015 – VIII R 4/12, BFHE 249, 154 = BStBl. II 2015, 647.
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durch die eine Beendigung der stillen Beteiligung eintritt und ein Anspruch auf Entschädigung des zu erwartenden Einnahmeausfalls begründet wird. Der stille Gesellschafter muss bei der Aufgabe seiner Rechte aber unter erheblichem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck handeln. Er darf das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt haben1. Dagegen erfordert eine Entschädigung gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG, dass die Tätigkeit bzw. Gewinnbeteiligung gerade mit Wollen oder Zustimmung des Betroffenen aufgegeben wird. Der BFH2 hält eine tarifbegünstigte Besteuerung einer solchen Entschädigung auch bei einer auf Lebenszeit geschlossenen und unkündbaren stillen Gesellschaft für möglich. Hiergegen könnte aber sprechen, dass nach der Rechtsprechung des BGH in einer auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangenen stillen Gesellschaft das ordentliche Kündigungsrecht gemäß §§ 234, 132 HGB nicht durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung ausgeschlossen werden kann3. Wird – wie im Fall des BFH4 – eine auf Lebenszeit geschlossene, unkündbare stille Gesellschaft einvernehmlich vorzeitig aufgelöst, gehört das Auseinandersetzungsguthaben nach Abzug des Nennbetrags der stillen Beteiligung und der oben genannten Gewinnanteile nur insoweit zu den außerordentlichen Einkünften gemäß §§ 34, 24 Nr. 1 Buchst. b EStG, als es den voraussichtlich erzielbaren Gewinnanteilen bis zum nächsten zulässigen Kündigungszeitpunkt entspricht. Eine Entschädigung für die Aufgabe der Gewinnbeteiligung kann dagegen dann angenommen werden, wenn eine auf bestimmte Zeit eingegangene stille Gesellschaft vorzeitig aufgelöst wird und der Mehrbetrag in etwa den Gewinnanteilen entspricht, die bis zum Zeitpunkt der Auflösung erwartet werden können5.
22.207
bb) Stille Beteiligung im Betriebsvermögen Gehört die stille Beteiligung zu einem Betriebsvermögendes Stillen, steht ein begünstigter Steuersatz entsprechend der Regelung des § 16 i.V.m. § 34 EStG nicht zur Verfügung, da in diesem Fall kein Mitunternehmeranteil aufgegeben oder veräußert wird. Die vorbeschriebenen Abgrenzungsfragen zwischen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. steuerbaren Mehrerlösen, die durch die Kapitalüberlassung veranlasst sind und nicht Mehrerlösen, die durch die Auflösung veranlasst sind, stellen sich ebenfalls nicht, da es sich jeweils um betrieblich veranlasste Einnahmen handelt.
22.208
cc) Sachwertabfindung des Stillen Erhält der stille Gesellschafter bei Auflösung der stillen Gesellschaft vom Geschäftsinhaber ein Wirtschaftsgut als Abfindung, kann darin die Rückgabe einer Sacheinlage liegen oder die Abfindung eines auf Geld gerichteten Auseinandersetzungsanspruchs. In beiden Fällen sind die zur Abfindung an den stillen Gesellschafter übertragenen Wirtschaftsgüter nach § 8 Abs. 2 EStG zu bewerten. Liegt der Wert des Wirtschafts-
1 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.) m.w.N. aus der Rspr. 2 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 (129 f.). 3 Siehe Rz. 15.23; L. Schmidt, FR 1984, 398 f.; BGH v. 20.12.1956, BGHZ 23, 10; BGH v. 11.7.1968, BGHZ 50, 316 (321). 4 BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124. 5 Sterner, DB 1985, 2316 (2317).
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22.209
§ 22 Einkommensteuer
guts oberhalb des Nennbetrags der Einlage, ist fraglich, ob und wie eine Wertsteigerung der Sachgüter zu berücksichtigen ist. Hierbei ist zu differenzieren: Die Rückübertragung eines als Sacheinlage überlassenen Wirtschaftsguts führt trotz Wertsteigerung nicht zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn die Rückgewähr der Einlage bei Begründung des stillen Gesellschaftsverhältnisses vereinbart worden war1. Hingegen ist im Fall der Rückgewähr ohne entsprechende Vertragsabrede die Differenz zwischen Zeitwert des Sachgutes und Nennwert der Einlage wie ein Mehrerlös in Geld durch die Kapitalüberlassung veranlasst und nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.F. steuerpflichtig2. Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen des Stillen gehalten, gilt nichts anderes. Eine Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG kann nicht vorliegen, da das Wirtschaftsgut nicht von einer Mitunternehmerschaft oder einem Mitunternehmer auf den Stillen als Mitunternehmer übertragen wird. b) Gewinne aus der Veräußerung von vor dem 1.1.2009 begründeten oder erworbenen Altbeteiligungen aa) Typisch stille Beteiligung im Privatvermögen
22.210 Veräußert der typisch stille Gesellschafter seine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung (Rz. 10.36), ist der Veräußerungsgewinn nur im Rahmen des § 23 EStG bei einer Anschaffung (Gründung oder Erwerb) und Veräußerung innerhalb eines Jahres steuerbar (siehe Rz. 22.216), soweit seine Beteiligung vor dem 1.1.2009 erworben oder begründet wurde. Dies gilt, wenn es sich um ein (die Einlage überschreitendes) Entgelt ausschließlich für die Übertragung der Beteiligung handelt. Der Unterschied zu Mehrbeträgen bei der Auflösung einer Altbeteiligung (Rz. 22.203) liegt darin, dass das vom Erwerber gezahlte Veräußerungsentgelt nicht vom Geschäftsinhaber stammt und deshalb kein (verdecktes) Entgelt für die Kapitalüberlassung sein kann3.
22.211 Eine Besteuerung des über den Betrag der Einlage im Zeitpunkt der Veräußerung hinausgehenden Veräußerungsentgelts kann aber nach allgemeiner Meinung in Betracht kommen, soweit Gewinnanteile aus schon abgelaufenen Wirtschaftsjahren ausgezahlt werden, die dem Veräußerer noch nicht zugeflossen waren und damit noch nicht versteuert wurden4. Zum Zufluss thesaurierter Gewinnanteile siehe Rz. 22.203.
22.212 Bei Zahlung eines Mehrbetrags zur Abgeltung künftiger Gewinne ist das insoweit gezahlte Entgelt bei Veräußerung der typisch stillen Beteiligung keine steuerbare Einnahme i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, da es vom zukünftigen Gesellschafter nicht für eine Kapitalüberlassung, sondern für die Abtretung der Beteiligung gezahlt wird5.
22.213 Erhält der bisherige stille Gesellschafter aus der Veräußerung weniger, als dem Nennwert seiner Einlage entspricht, so liegt außerhalb des Anwendungsbereichs des § 23 EStG a.F. ein im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG unbeachtlicher Ver-
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Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 m.w.N. (Stand: 2/2014). Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 (Stand: 2/2014). Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 183. BFH v. 11.2.1981 – I R 98/76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465 (LS); BFH v. 9.3.1982 – VIII R 160/81, BFHE 136, 72 = BStBl. II 1982, 540; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 112; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 (Stand: 2/2014). 5 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 m.w.N. (Stand: 2/2014).
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mögensverlust vor, wenn die Beteiligung zum Privatvermögen gehört1. Gleiches gilt für die Rechtslage bis Ende 2008, wenn die Insolvenz des Geschäftsinhabers zur Auflösung der stillen Gesellschaft führt (Rz. 15.62) und die Einlage (teilweise) nicht zurückgezahlt wird2. Abzugrenzen ist auch, wem die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung bis zum Zeitpunkt der Veräußerung angefallenen Gewinnanteile zuzurechnen sind. Nach der BFH-Rechtsprechung3 gebühren sie, soweit nicht eine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gemäß § 101 Nr. 2 Halbs. 2 BGB bis zum Zeitpunkt der Veräußerung dem Veräußerer, danach dem Erwerber. Danach ist der Veräußerer berechtigt, den auf seine Besitzzeit entfallenden, zeitanteiligen Gewinn vom Erwerber zu fordern, sobald dieser den gesamten Gewinnanteil erhalten hat. Die Bestimmung weist dem Veräußerer kein zeitanteiliges Gewinnbezugsrecht gegenüber dem Geschäftsinhaber zu. Ihm gegenüber ist allein der Erwerber gewinnbezugsberechtigt4. Auch besteht im Zeitpunkt der Veräußerung noch kein eigenständiger Gewinnanspruch des Veräußerers gegen den Geschäftsinhaber, sondern lediglich eine Anwartschaft auf den Gewinnanteil, die mit der Veräußerung der stillen Beteiligung auf den Erwerber übergeht. Allein der Erwerber erfüllt als Inhaber der Einkunftsquelle im Ergebnis den Tatbestand der Einkunftserzielung5.
22.214
bb) Anwendung des § 23 EStG a.F. Steuerbar ist ein Veräußerungsgewinn bei einer im Privatvermögen gehaltenen stillen Beteiligung, wenn sie vor dem 1.1.2009 erworben oder begründet wurde, wenn die Voraussetzungen eines steuerbaren Spekulationsgeschäftes nach §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. vorliegen, d.h., wenn die Beteiligung innerhalb eines Jahres nach ihrem Erwerb veräußert wird. Umgekehrt sind Spekulationsverluste steuerlich berücksichtigungsfähig. Ein solcher darf jedoch nur mit Spekulationsgewinnen des gleichen Kalenderjahres ausgeglichen und nach Maßgabe des § 10d EStG zum Ausgleich von Spekulationsgewinnen in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurückgetragen oder in die folgenden Veranlagungszeiträumen vorgetragen werden, § 23 Abs. 3 Satz 8–9 EStG6.
22.215
Mittlerweile geklärt ist, dass die Kündigung (Auflösung) einer stillen Gesellschaft keine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellt7. Obwohl es wirtschaftlich gesehen keinen Unterschied macht, ob der stille Gesellschafter die Beteiligung kün-
22.216
1 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 m.w.N. (Stand: 2/2014). 2 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 146 m.w.N. (Stand: 2/2014); BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BStBl. II 1997, 724 = GmbHR 1997, 1013 = FR 1997, 820. 3 BFH v. 9.3.1982 – VIII R 160/81, BFHE 136, 72 = BStBl. II 1982, 540; BFH v. 22.5.1984 – VIII R 316/83, BFHE 141, 255 = BStBl. II 1984, 746 zuvor BFH v. 11.2.1981 – I R 98/76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465; FG Ba.-Wü. v. 16.2.1967 – VI 36/66, EFG 1967, 339. 4 Sterner, DB 1985, 2316 (2319). 5 Vgl. hierzu Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 184; Sterner, DB 1985, 2316 (2321); FG Ba.-Wü. v. 16.2.1967 – VI 36/66, EFG 1967, 339. 6 Der BFH sieht Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG als verfassungsgemäß an; siehe BFH v. 18.10.2006 – IX R 28/05, BFHE 215, 202 = BStBl. II 2007, 259 = FR 2007, 393. 7 BFH v. 13.12.1961 – VI 133/60 U, BFHE 74, 331 = BStBl. III 1962, 127; BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, BFHE 215, 193 = BStBl. II 2007, 258 = GmbHR 2007, 167.
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digt oder zum Nominalwert an einen Dritten verkauft und hierfür ein Entgelt erhält, ist dem BFH beizupflichten. Es liegt schon begrifflich keine Veräußerung vor1. Verluste der Vermögenseinlage des Stillen aufgrund der Insolvenz des Geschäftsinhabers sind als Wertminderungen in der Vermögenssphäre bei bis zum 31.12.2008 erworbenen oder begründeten stillen Gesellschaften ebenfalls einkommensteuerrechtlich unbeachtlich2. cc) Typisch stille Beteiligung im Betriebsvermögen
22.217 Hält der stille Gesellschafter seine Beteiligung im Betriebsvermögen, muss er bei Auflösung wie bei Veräußerung der stillen Beteiligung das über den Buchwert der Beteiligung (Forderung) in seiner Bilanz hinausgehende Entgelt versteuern. Wird die stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen erworben und mit der Zahlung des Kaufpreises auch der auf die Besitzzeit des Veräußerers entfallende Gewinnanspruch abgegolten, führt dieser anteilige Kaufpreis beim Erwerber in der Regel zu Anschaffungskosten auf die stille Beteiligung. c) Veräußerungs- und Auflösungsgewinne bei Neugesellschaften, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG n.F.
22.218 Für typische stille Gesellschaften im Privatvermögen, die ab dem 1.1.2009 begründet werden, sind nicht nur der laufende Gewinnanteil gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG, sondern unabhängig von der Haltedauer auch Wertveränderungen der stillen Beteiligung bei Veräußerung und Auflösung der stillen Gesellschaft als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerbar (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG).
22.219 § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG erfasst den Gewinn aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, die Erträge i.S. des Abs. 1 Nr. 4 erzielen, also von partiarischen Darlehen und stillen Beteiligungen. Nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt auch die Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens (die vorzeitige oder vertragsmäßige Rückzahlung einer Kapitalforderung) als Veräußerung3. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 EStG sind nach § 52 Abs. 28 Satz 13 EStG auf stille Beteiligungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 erworben oder begründet wurden (zur Veräußerung von vor dem 1.1.2009 begründeten stillen Gesellschaften siehe Rz. 22.210 ff. Das gemäß § 20 Abs. 4 EStG steuerbare Entgelt ist Veräußerungsentgelt, selbst wenn im Kaufpreis noch nicht zugeflossene Gewinne des ausscheidenden stillen Gesellschafters vergütet werden. Zum Veräußerungspreis gehört – wie bei § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG – alles, was der Veräußerer als Gegenleistung für die Anteilsübertragung erhält. Zum Veräußerungspreis rechnen darüber hinaus auch alle Leistungen, die der Veräußerer nicht als Gegenleistung für den Anteil, aber im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung erhält, sei es vom Erwerber oder von dritter Seite, selbst wenn es an einer Veranlassung durch den Erwerber fehlt4. Siehe auch Rz. 22.222. 1 Nöcker, jurisPR-SteuerR 7/2007 Anm. 4. 2 Zustimmend BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 = HFR 2001, 440 unter II. 3.; Steinhauff, NWB Fach 3, S. 10323 ff.; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 142. 3 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 59. 4 Siehe zu dem für § 20 Abs. 4 EStG entsprechend geltenden Veräußerungspreisbegriff aus der st. Rspr. BFH v. 27.8.2014 – II R 44/13, BFHE 246, 523 = BStBl. II 2015, 249.
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§ 22 Einkommensteuer
Die Erfüllung des Tatbestandes des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG ist nicht an irgendwelche Behaltensfristen geknüpft. Die unter Rz. 22.202 dargestellte Unterscheidung, dass die Kündigung der stillen Gesellschaft keine Veräußerung sondern eine Auflösung darstellt, ist für Beteiligungen, die nach dem 1.1.2009 erworben oder begründet wurden, weitgehend ohne Bedeutung1.
22.220
Zur Vermeidung von Umgehungen gilt nach § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG die Veräußerung einer mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als anteilige Anschaffung oder Veräußerung solcher Wirtschaftsgüter. Betroffen davon ist z.B. der Fall, dass stille Beteiligungen von einer vermögensverwaltenden GbR gehalten werden (siehe Rz. 4.27). Zur Behandlung des Ein- und Austritts auf Ebene der Holding-Personengesellschaft enthalten die Tz. 72 ff. des BMF-Schreibens vom 18.1.20162 wichtige Praxishinweise.
22.221
– Tritt ein neuer Gesellschafter der vermögensverwaltenden Personengesellschaft bei, verwirklicht er nach Tz. 74 des BMF-Schreibens durch seine Einlage oder den Erwerb des Gesellschafteranteils eine Anschaffung der von der Gesellschaft gehaltenen Wirtschaftsgüter (anteilig nach der Beteiligungsquote). Als Anschaffungskosten der erworbenen Wirtschaftsgüter gilt laut dem BMF der Anteil der Einlage oder des Kaufpreises, der nach dem Verhältnis der Verkehrswerte der erworbenen Wirtschaftsgüter zueinander auf das entsprechende Wirtschaftsgut entfällt. Durch den Neueintritt eines Gesellschafters veräußern nach Tz. 75 des BMF-Schreibens3 zugleich die Altgesellschafter einen Anteil der Wirtschaftsgüter der Gesamthand an den neuen Gesellschafter. Als Gewinn aus der Veräußerung der einzelnen Wirtschaftsgüter ist der dem Altgesellschafter zuzurechnende Anteil der Einlage oder des Verkaufspreises, der nach dem Verhältnis der Verkehrswerte der veräußerten Wirtschaftsgüter zueinander auf das entsprechende Wirtschaftsgut entfällt, abzgl. des Anteils der Anschaffungskosten der an den Neugesellschafter veräußerten Wirtschaftsgüter, anzusetzen. – Beim Austritt eines Gesellschafters, der sich mit dem gegenwärtigen Wert der ihm anteilig zustehenden Wertpapiere abfinden lässt, liegt nach Tz. 78 des BMF-Schreibens eine Veräußerung der Beteiligung an der Personengesellschaft vor. Die Veräußerung wird nach § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG als Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter der Gesellschaft eingestuft. Als Gewinn ist der dem austretenden Gesellschafter zufließende Auszahlungsbetrag abzgl. der ihm zugewiesenen Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter anzusetzen. Als Anschaffungskosten der an die verbleibenden Gesellschafter übertragenen Anteile der Wirtschaftsgüter gilt der Anteil des Auszahlungsbetrags, der nach dem Verhältnis des Verkehrswerts auf das entsprechende Wirtschaftsgut entfällt4. Ein Kapitalertragsteuerabzug ist hinsichtlich dieses Veräußerungsvorganges nicht durchzuführen. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung gemäß § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a
1 Ebenso Brinkmann, StBP 2011, 241 (242). 2 BStBl. I 2016, 65. Gehören zum Bestand einer Personengesellschaft Wertpapiere, die vor dem 1.1.2009 erworben wurden, findet § 20 Abs. 2 Satz 3 EStG bei der Veräußerung keine Anwendung, sofern ein Fall des Bestandsschutzes i.S. des § 52a Abs. 10 Satz 1 EStG vorliegt (Tz. 76 des BMF-Schreibens). 3 Siehe hierzu auch die Beispiele zu Tz. 75 des BMF-Schreibens. 4 Tz. 80, 81 des BMF-Schreibens.
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AO ist in den Fällen des Ein- und Austritts nicht vorzunehmen, sondern nur, wenn die Personengesellschaft selbst Kapitalerträge i.S. des § 20 EStG erzielt, sind diese Einkünfte gesondert und einheitlich festzustellen. Der austretende Gesellschafter hat die Veräußerung in seiner Einkommensteuererklärung gemäß § 32d Abs. 3 EStG anzugeben.
22.222 Der Veräußerungsgewinn ergibt sich gemäß § 20 Abs. 4 EStG aus der Differenz zwischen den Einnahmen aus der Veräußerung nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft (Veräußerungskosten) stehen, und den Anschaffungskosten. Übersteigen das Auseinandersetzungsguthaben oder der Veräußerungserlös die Anschaffungskosten (ursprüngliche Einlage zzgl. späterer Erhöhungen) der stillen Beteiligung (die Einlage) entsteht ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn, unabhängig davon, ob der über den Betrag der fortgeführten Einlage hinausgehende Betrag durch die Übertragung der Substanz der stillen Beteiligung oder zur Abgeltung thesaurierter (unversteuerter) Altgewinne gezahlt wird (Rz. 22.219)1. Im Schrifttum werden zutreffend im Veräußerungsentgelt abgegoltene thesaurierte, aber zuvor gemäß § 11 EStG als zugeflossen geltende oder (aufgrund einer betrieblichen Gewinnermittlung) versteuerte, Altgewinne als nicht steuerbare Entgeltkomponenten behandelt2.
22.223 Übersteigen die Anschaffungskosten der stillen Beteiligung das Entgelt (Auseinandersetzungsguthaben bzw. Veräußerungsentgelt), entsteht ein Veräußerungsverlust, der nach § 20 Abs. 6 EStG im Grundsatz nur innerhalb der der Abgeltungsteuer unterliegenden Einkünfte mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen verrechenbar ist3. Nach dem BMF-Schreiben vom 18.1.20164 kann ein Veräußerungsverlust jedoch erst dann entstehen, nachdem frühere Verlustzuweisungen, die als negative Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG abziehbar waren, dem zu niedrigen Auseinandersetzungsguthaben oder Veräußerungsentgelt wieder zugerechnet worden sind. Beispiel: A beteiligt sich im Jahr 09 als typisch stiller Gesellschafter an dem Einzelunternehmen des B mit einer Einlage von 100 000 Euro5. Auf den stillen Gesellschafter entfallen in den Jahren 10 und 11 jeweils Verluste i.H. von 10 000 Euro. Die Verluste werden jeweils von der Einlage des stillen Gesellschafters abgebucht. Im Jahr 12 erhält er sein Auseinandersetzungsguthaben i.H. von 80 000 Euro.
Lösung: Die laufenden Verlustanteile können unabhängig davon, ob der stille Gesellschafter eine nahestehende Person i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG ist, als Verlust i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG berücksichtigt werden. 1 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014). 2 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014); siehe auch BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 4. 3 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014). 4 BMF-Schreiben v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 unter Tz. 4: Wird dem stillen Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung sein Guthaben zugewiesen, werden bei der Ermittlung des Gewinns i.S. des § 20 Abs. 4 EStG die als laufende Einkünfte berücksichtigten Gewinn- oder Verlustanteile, die das Auseinandersetzungsguthaben erhöht oder gemindert haben, vom Gewinn abgerechnet oder dem Gewinn hinzugerechnet. 5 Entnommen dem BMF-Schreiben v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 unter Tz. 4.
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§ 22 Einkommensteuer Durch die Vereinnahmung des Auseinandersetzungsguthabens erzielt A Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 EStG. A erzielt einen Gewinn i.S. des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG i.H. von 0 Euro (Einlage 100 000 Euro abzgl. Auseinandersetzungsguthaben i.H. von 80 000 Euro zzgl. Verlust i.H. von 20 000 Euro).
Die Lösung des BMF-Schreibens ist als Billigkeitsregelung i.S. des §§ 163, 227 AO anzusehen. Der Abzug der laufenden Verluste als negative Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG scheitert für die Rechtslage ab 2009 daran, dass diese dem Grunde nach Werbungskosten sind, die gemäß § 20 Abs. 9 EStG nicht abziehbar sind und sich nur über den Werbungskostenpauschbetrag auswirken können (siehe Rz. 22.235; 22.239). Das BMF gewährt dem Grunde nach den Abzug der laufenden Verlustanteile, wenn diese nicht einer Verlustausgleichs- oder -abzugsbeschränkung unterliegen (siehe Rz. 22.242 ff.) auch oberhalb des Sparerpauschbetrags, nimmt diesen Vorteil jedoch im Fall der Auflösung und Veräußerung zurück, soweit das Kapitalkonto durch die früheren Verlustanteile gemindert war und zu einem Veräußerungsverlust führt. Das BMF will nicht sowohl den laufenden Verlustabzug als auch das Entstehen eines Verlusts anlässlich der Übertragung der Beteiligung ermöglichen. Die Erhöhung eines Veräußerungsentgelts um frühere abgezogene laufende Verluste im Veräußerungszeitpunkt lässt sich nicht auf eine Rechtsgrundlage stützen. Beide Komponenten (Annahme negativer Einkünfte bei Verlustentstehung und Auffüllung der Gegenleistung um abzugsfähige Verluste) sind Bestandteil einer Billigkeitsregelung gemäß §§ 163, 227 AO. Die Billigkeitsregelung führt meines Erachtens zu einem angemessenen Ergebnis (siehe auch Rz. 22.240).
22.224
Ist die Einlage durch den zuzuweisenden Verlustanteil nicht völlig aufgezehrt, kann der Stille bei Insolvenz des Geschäftsinhabers die verbleibende Einlage als Insolvenzforderung geltend machen (Rz. 17.50 ff.). Entfällt hierauf eine Insolvenzquote, liegt eine Rückzahlung der Rest-Einlage vor. Nach umstrittener Auffassung des BMF und des FG Düsseldorf ist der insolvenzbedingte oder anderweitig bedingte Forderungsausfall (hier: des Anspruchs auf Rückgewähr der Einlage) weder eine Veräußerung noch eine Rückzahlung der Forderung „zu Null“ i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG, so dass nach dieser Auffassung der Substanzverlust der Einlage auch für die Rechtslage ab 2009 ohne Bedeutung ist1.
22.225
22.226–22.230
frei 5. Werbungskostenabzug außerhalb der Verlustzuweisung a) Werbungskostenabzug in Veranlagungszeiträumen bis Ende 2008
In Veranlagungszeiträumen bis 2008 sind die durch die laufenden Einkünfte aus der stillen Beteiligung veranlassten Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 EStG abzugsfähig. Abzugrenzen sind im Veräußerungsjahr regelmäßig Werbungskosten von Veräußerungskosten gemäß § 23 Abs. 2 EStG, zumal letztere bei einer nicht steuerbaren Veräußerung außerhalb der Spekulationsfrist nicht steuerbar sind. 1 BMF-Schreiben v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85 unter Tz. 604. FG Düsseldorf v. 11.3.2015 – 7 K 3661/14 E, DStRE 2016, 523, n.rkr. (Az. des BFH: VIII R 13/15) zu einer Darlehensforderung. Zum Meinungsstreit siehe Czisz/Krane, DStR 2010, 2226 (2231); Intemann in HHR, EStG/ KStG, § 20 EStG Rz. 490 (Stand: 2/2014); Spieker, DB 2016, 197 ff.; Aigner, DStR 2016, 345 ff.
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22.231
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22.232 In Betracht kommen als Werbungskosten insbesondere Aufwendungen für die Beratung, für Reisen zum Betrieb zwecks Wahrnehmung der Kontrollrechte bzw. entsprechende Kosten für einen beauftragten Prüfer sowie Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Beteiligung1. Nach der Rechtsprechung des BFH2 sind Schuldzinsen und andere Kreditkosten dabei auch insoweit abzugsfähig, als sie die Gewinnanteile überschreiten, wenn sie durch die entgeltliche Überlassung des Kapitals zur Nutzung veranlasst sind. Die Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen setzt die Absicht voraus, auf Dauer gesehen einen Überschuss zu erzielen, sofern die Absicht, steuerfreie Wertsteigerungen zu realisieren, nur mitursächlich für die Anschaffung der ertragbringenden Kapitalanlage ist; sie ist für jede einzelne Kapitalanlage getrennt zu beurteilen3. Mangels Beteiligung an den stillen Reserven steht im Fall der typisch stillen Gesellschaft die Absicht, nicht steuerbare Wertsteigerungen zu erzielen, aber schwerlich im Vordergrund. Werbungskosten können auch dann abgezogen werden, wenn sie nach Beendigung einer Tätigkeit anfallen, durch die Überschusseinkünfte erzielt werden; der Grund für die Aufwendungen muss dann jedoch bereits zu dem Zeitpunkt gelegt sein, in dem die Tätigkeit ausgeübt wurde4. Übernimmt der stille Gesellschafter zur Rettung des Unternehmens des Inhabers eine Bürgschaft, so kann er, wenn er daraus in Anspruch genommen wird, diesen Betrag unter Umständen als Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen5.
22.233 Nicht als Werbungskosten sondern als Anschaffungskosten bewertet der BFH ein Ausgabeaufgeld, das der typisch stille Gesellschafter neben seiner Einlage an den Geschäftsinhaber zahlt. Bei dem Aufgeld handelt es sich in der Regel um ein Eintrittsgeld für die Zuweisung erwarteter künftiger überdurchschnittlich hoher Gewinne6. Siehe auch Rz. 22.39 zur atypisch stillen Gesellschaft.
22.234 frei b) Beschränkung des Werbungskostenabzuges nach § 20 Abs. 9 EStG n.F. ab 2009
22.235 Der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ist bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ausgeschlossen (§ 20 Abs. 9 i.V.m. § 2 Abs. 2 EStG). Pauschalierend wird bei der Ermittlung der Einkünfte ein Sparer-Pauschbetrag i.H. von 801 Euro7 (bei Ehegatten 1602 Euro), der typisierend alle Aufwendungen 1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 87; Neu in Beck’sches Handbuch der Personalgesellschaft, § 14 Rz. 81; BMF v. 20.2.1992, BStBl. I 1992, 123. 2 BFH v. 21.7.1981 – VIII R 154/76 – 128/76 – 200/78, BFHE 134, 113 (119, 121) = BStBl. II 1982, 37 (40). 3 BFH v. 14.5.2014 – VIII R 37/12, BFH/NV 2014, 1883. 4 BFH v. 16.9.2015 – IX R 40/14, BFHE 251, 220 = BStBl. II 2016, 78 = FR 2016, 426; BFH v. 16.11.2011 – VI R 97/10, BFHE 236, 61 = BStBl. II 2012, 343, und BFH v. 3.9.2015 – VI R 58/13, BFHE 251, 429 = BStBl. II 2016, 305. 5 Vgl. BFH v. 16.11.2011 – VI R 97/10, BFHE 236, 61 = BStBl. II 2012, 343 und BFH v. 3.9.2015 – VI R 58/13, BFHE 251, 429 = BStBl. II 2016, 305 zu nachträglichen Bürgschaftsaufwendungen eines Arbeitnehmers. 6 BFH v. 23.2.2000 – VIII R 40/98, BFHE 192, 490 = BStBl. II 2001, 24; Schoor, LSW Gruppe 14, S. 415 (425). 7 Der neue Sparer-Pauschbetrag entspricht daher der Summe des früheren WerbungskostenPauschbetrags von 51 Euro und dem Sparer-Freibetrag von 750 Euro.
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§ 22 Einkommensteuer
abgilt, abgezogen. Dies gilt sowohl für die Veranlagung nach § 32d Abs. 3 EStG als auch für die Antragsveranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG (siehe Rz. 22.296 ff.) und die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG (siehe Rz. 22.300 ff.). § 20 Abs. 9 EStG gilt jedoch nach dessen Satz 2 nicht, wenn die für typisch stille Gesellschaften wichtigen Ausnahmetatbestände des § 32d Abs. 2 EStG zur Anwendung kommen (siehe Rz. 22.266 ff.). Die Beschränkung des Werbungskostenabzuges ist vom BFH verfassungsrechtlich gebilligt worden. Es findet § 20 Abs. 9 EStG auch auf nachlaufende Werbungskosten Anwendung, die durch bis Ende 2008 zugeflossene regelbesteuerte Einkünfte aus Kapitalvermögen veranlasst sind1. Der Ansatz der Bruttoeinnahmen, gemindert nur um den Sparer-Pauschbetrag, im Rahmen der Abgeltungsteuer, der auch in den Fällen der Günstigerprüfung zur Anwendung kommt, stellt nach dem BFH eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung dar, die den „typischen Sparer“ nicht schlechter stellt, als wenn er nach wie vor die entstandenen Werbungskosten abziehen könnte2. Für den Fall fremdfinanzierter stiller Beteiligungen kann der Ausschluss des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten daher zu schweren wirtschaftlichen Nachteilen führen3. Dem kann man sich auch nicht durch die Antragsveranlagung nach § 32d Abs. 4 EStG (siehe Rz. 22.296) oder die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG (siehe Rz. 22.300 ff.) entziehen, da auch in diesen Fällen der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ausgeschlossen ist4. Praxiswichtig für die GmbH & typisch Still ist (siehe Rz. 22.300), dass bei Beteiligung eines zu mindestens 10 % beteiligten GmbH-Gesellschafters als stiller Gesellschafter an der GmbH die Vergütungen aus der stillen Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen sind (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG).
22.236
frei
22.237
6. Behandlung der Verlustzuweisung an den Stillen a) Überblick Für die Zuweisung laufender Verluste während des Bestands der stillen Gesellschaft sind gedanklich verschiedene Stufen zu unterscheiden. Zunächst ist zu klären, ob ein dem typisch stillen Gesellschafter zugewiesener Verlust überhaupt verrechenbar ist, da die Verlustausgleichsbeschränkungen der §§ 15 Abs. 3 Satz 6 ff. EStG, 15a, 15b EStG ebenfalls zu beachten sind. Weiter ist zwischen Altgesellschaften, die vor dem 31.12.2008 gegründet oder erworben wurden und Neugesellschaften ab dem 1.1.2009 zu unterscheiden. Nicht zu verwechseln ist die Behandlung der laufenden Verlustanteile mit Verlusten aus der Übertragung der stillen Beteiligung als solcher oder deren Auflösung, die für die Rechtslage bis Ende 2008 unter Rz. 22.216 und ab 2009 unter Rz. 22.223 behandelt wurden. An dieser Stelle sei nochmals auf die unter Rz. 22.225 behandelte Billigkeitsregelung des BMF-Schreibens vom 18.1.20165 verwiesen. 1 BFH v. 1.7.2014 – VIII R 53/12, BFHE 246, 332 = BStBl. II 2014, 975 = GmbHR 2014, 1275; BFH v. 2.12.2014 – VIII R 34/13, BFHE 248, 51 = BStBl. II 2015, 387 = FR 2015, 814; BFH v. 9.6.2015 – VIII R 12/14, BFHE 251, 401 = BStBl. II 2016, 199. 2 BFH v. 1.7.2014 – VIII R 53/12, BFHE 246, 332 = BStBl. II 2014, 975 = GmbHR 2014, 1275; BFH v. 9.6.2015 – VIII R 12/14, BFHE 251, 401 = BStBl. II 2016, 199. 3 Behrens, BB 2007, 1025 (1028). 4 BFH v. 28.1.2015 – VIII R 13/13, BFHE 249, 125 = BStBl. II 2015, 393 = FR 2015, 814. 5 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85.
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22.238
§ 22 Einkommensteuer
b) Verlustzuweisungsbeträge sind Werbungskosten im Verlustentstehungsjahr
22.239 Verluste, an denen der stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag beteiligt ist, mindern die Einlage (Rz. 8.40 ff., 14.61 ff.). Da durch die Verlustbeteiligung und Einlagenminderung die Höhe der späteren – zur Wiederauffüllung der Einlage zu verwendenden – Gewinnzuweisungen (siehe Rz. 22.71) beeinflusst wird, handelt es sich bei den getragenen Verlusten um Aufwendungen des stillen Gesellschafters, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit künftigen Einkünften aus Kapitalvermögen stehen. Auf welchen betrieblichen Ursachen die Verlustentstehung beim Geschäftsinhaber im Einzelnen beruht, ist unerheblich.
22.240 Die im Falle der Verlustbeteiligung auf den stillen Gesellschafter entfallenden Anteile am Jahresverlust stellen für ihn daher nach h.M. Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen dar1. Negative Einnahmen können nicht vorliegen, da dies begrifflich eine tatsächliche Rückzahlung früher zugeflossener Einnahmen aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG voraussetzt, die sich auf Grundlage des § 232 Abs. 2 Satz 2 HGB nicht ergibt, wenn der stille Gesellschafter künftige Einnahmen zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos einsetzen muss2. Die Einordnung zugewiesener Verlustanteile als Werbungskosten führt jedoch im Anwendungsbereich des § 20 Abs. 9 EStG zu Problemen. § 20 Abs. 9 EStG schließt die steuerliche Abzugsfähigkeit sämtlicher Werbungskosten und damit Verlustanteile aus (Rz. 22.235). Dies führt bei typisch stillen Gesellschaften durch das Ineinandergreifen der §§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 20 Abs. 9 und 20 Abs. 6 EStG zu einer potentiellen Übermaßbesteuerung. Nach den gesetzlichen Regelungen werden in den Verlustentstehungsjahren die (ohnehin nur in den Grenzen der §§ 15b, 15a EStG abzugsfähigen, Rz. 22.242 ff.) Verlustanteile (in den Grenzen der §§ 15b, 15a EStG, Rz. 22.242 ff.) vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen und erst bei Veräußerung oder Auflösung der Neubeteiligung die Differenz zwischen der jeweiligen Gegenleistung/dem Abfindungsguthaben und dem um die zuvor steuerlich nicht wirksamen Verlustanteile geminderten Kapitalkonto berücksichtigt. Sie können zu einem Veräußerungsverlust führen, der den Verlustverrechnungsbeschränkungen des § 20 Abs. 6 EStG unterliegt. Die Finanzverwaltung will dies durch die in Rz. 22.224 dargestellte Billigkeitsregelung „umschiffen“, indem sie Verlustanteile des typisch stillen Gesellschafters im Verlustentstehungsjahr als „negative Einkünfte“ behandelt, die dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 9 EStG nicht unterliegen, dann aber die abgezogenen Verlustanteile heranzieht, um den später entstehenden Veräußerungsverlust auf Null aufzustocken3. M.E. ist der Billigkeitsregelung des BMF zu folgen, da eine teleologische
1 RFH v. 23.5.1933 – VI A 422/33, RFHE 33, 272 = RStBl. 1933, 1078; BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BFHE 151, 434 = BStBl. II 1988, 186; BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; Sterner, DB 1985, 2316 (2318) m.w.N.; Intemann in HHR, EStG/ KStG, § 20 EStG Anm. 142 m.w.N.; Neu in Beck’sches Handbuch der Personalgesellschaften, § 14 Rz. 79. 2 Weber-Grellet in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 23; Krüger in L. Schmidt, § 8 EStG Rz. 9 zur Frage, ob eine Ausweitung des Begriffs der negativen Einnahmen geboten ist, um angesichts der Werbungskostenabzugsverbote des ESG ein dem Leistungsfähigkeitsprinzip konformes Besteuerungsergebnis zu erreichen. 3 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 4; schon zuvor BMF v. 9.10.2012, BStBl. I 2012, 953, Tz. 4; zustimmend Kleinmanns, DStR 2009, 2359; Czisz/Krane, DStR 2010, 2226; für eine teleologische Reduktion des § 20 Abs. 9 EStG Weber-Grellet in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 82; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 142; Rockoff/Weber, DStR 2010, 363.
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Reduktion des § 20 Abs. 9 EStG, die es ermöglicht, die zugewiesenen Verlustanteile weiterhin als abzugsfähige Werbungskosten zu behandeln, nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 9 EStG schwerlich begründbar ist. Zwar lässt sich aus dem Verweis des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, der § 15a EStG für sinngemäß anwendbar erklärt, ableiten, dass der Gesetzgeber ungeachtet des § 20 Abs. 9 EStG von der Möglichkeit negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen durch den Abzug der Verlustanteile als Werbungskosten ausgegangen sein muss. Hierein kann aber auch angesichts des umfassenden Abzugsverbots des § 20 Abs. 9 EStG ein reines Redaktionsversehen liegen. Dem Gesetzesentwurf des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 30.3.20071 lässt sich eine solche Einschränkung nicht entnehmen. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG wurde nicht geändert. Nach § 11 Abs. 2 EStG dürfen übernommene Verlustanteile eines typisch stillen Gesellschafters steuerrechtlich erst dann als (abgeflossene) Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn der Geschäftsinhaber den Jahresabschluss festgestellt hat und der Verlustanteil des stillen Gesellschafters auf der Ebene der Gesellschaft berechnet und von der Einlage abgebucht worden ist. Entscheidend ist dabei nicht der Zeitpunkt, für den der Jahresabschluss erstellt wird, sondern der Zeitpunkt, in welchem dies tatsächlich geschieht. Erst dann verliert der stille Gesellschafter seine wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Einlage2. Nur ausnahmsweise kann der Verlust geschätzt werden, wenn der Inhaber keinen Jahresabschluss mehr erstellt oder erstellen kann3. Der am Verlust beteiligte stille Gesellschafter kann im Fall der Insolvenz des Geschäftsinhabers i.H. des ihm im letzten Wirtschaftsjahr zuzurechnenden Verlustanteils, der die Einlage verbraucht, Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ansetzen4. Es ist jedoch auch in diesem Fall zu beachten, dass die Werbungskosten erst nach Feststellung des Jahresabschlusses oder einer Schätzung durch das Finanzamt gemäß § 162 AO als abgeflossen zu behandeln sind5. Das bedeutet, dass bei Abwicklung des Unternehmens des Geschäftsinhabers ohne Erstellung des Jahresabschlusses oder im Falle einer Nullschätzung des Unternehmensgewinns durch das Finanzamt keine Verluste bzw. Werbungskosten anerkannt werden können. Der stille Gesellschafter muss im Rahmen des Gesellschaftsverhältnisses auf den Geschäftsinhaber oder Liquidator einwirken, um die Erstellung des Jahresabschlusses oder eine Anerkennung der Verluste im Schätzungsverfahren zu erreichen6. Ist die Vermögenseinlage durch Verluste gemindert, ohne dass durch die Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto entstanden ist, und werden später erzielten Gewinne zur Auffüllung auf den Stand der ursprünglichen Einlage verwendet, sind die Gewinne
1 BR-Drucks. 220/07, 92. 2 BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BStBl. II 1988, 186 = FR 1988, 81; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 73/95, BFH/NV 1998, 300; BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415; BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, BStBl. II 2002, 858 = GmbHR 2002, 1150; BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126 = GmbHR 2008, 157; BFH v. 23.2.2007 – VIII B 105/06, BFH/NV 2007, 1118; BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 = GmbHR 2014, 894. 3 BFH v. 23.2.2007 – VIII B 105/06, BFH/NV 2007, 1118, Rz. 6. 4 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 142. 5 BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 = GmbHR 2014, 894. 6 Steinhauff, NWB Fach 3, S. 10323 (10327 f.); BFH v. 28.5.1997 – VIII R 25/96, BFHE 183, 407 = BStBl. II 1997, 724 unter II. B; BFH v. 22.7.1997 – VIII R 57/95, BFHE 184, 21 = BStBl. II 1997, 755 = FR 1997, 943.
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22.241
§ 22 Einkommensteuer
dem Stillen aufgrund seiner Verfügung über den Gewinnanteil gemäß § 11 EStG zugeflossen dar1. c) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG aa) Fehlende Belastung des Stillen durch Verlustzuweisung bei negativem Kapitalkonto
22.242 Verlustanteile, die die Höhe der Einlage übersteigen und zu einem Minuskapital führen, wären nach allgemeinen Grundsätzen auch ohne die Regelung des § 15a EStG im Verlustentstehungsjahr nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, da es an einer tatsächlichen Belastung des stillen Gesellschafters fehlt, wenn er nicht zum Ausgleich der negativen (verbrauchten) Kapitaleinlage verpflichtet ist2. Der Verlustanteil des Stillen wäre vom Geschäftsinhaber zu tragen3. Hat der stille Gesellschafter die vereinbarte Einlage nicht voll geleistet, liegt bei einer Verlustzuweisung über den erbrachten Betrag hinaus keine tatsächliche Belastung vor, so dass der Werbungskostenabzug ausscheidet4. Siehe auch Rz. 22.69 ff.
22.243 Durch die Verweisung des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG auf § 15a EStG ist jedoch klar, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit des Entstehens eines negativen Kapitalkontos des Stillen durch Verlustzuweisungen voraussetzt und die frühere Betrachtungsweise überholt ist5. Ausgehend von der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsfreiheit dürfte es aber möglich sein, Verluste, die die Einlage des Stillen übersteigen, im Rahmen der Gewinnverteilung wie vor Einfügung des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG dem Geschäftsinhaber zuzuweisen. Der gesetzliche Regelfall einer über die Einlage hinausgehenden Verlustbeteiligung des Stillen führt bei diesem zu (nur) verrechenbaren Verlusten i.S. des § 15a EStG. Werden die Verluste nach dem Verbrauch der Einlage des Stillen aufgrund gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen unmittelbar dem Geschäftsinhaber zugerechnet, ist dies m.E. auch steuerlich anzuerkennen6. bb) Sinngemäße Anwendung von § 15a EStG gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG
22.244 § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ordnet die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG für typisch stille Beteiligungen an. Nach der Finanzverwaltung gehört zu den (negativen) Einkünften aus Kapitalvermögen der dem stillen Gesellschafter zugewiesene Gewinn oder der unter Berücksichtigung der §§ 15a, 15b EStG zuzurechnende Verlust7. Die 1 BFH v. 24.1.1990 – I R 55/85, BFHE 162, 19 = BStBl. II 1991, 147; Fella, StWa 1992, 101 (104). 2 Vgl. BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, GmbHR 2008, 157 = FR 2008, 320 m. Anm. Kempermann; BFH v. 5.5.1981 – VIII B 26/80, BFHE 133, 285 = BStBl. II 1981, 574. 3 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 95 mit Beispiel. 4 Siehe auch FG München v. 26.4.2006 – 9 K 1490/03, DStRE 2007, 214 und BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126 = GmbHR 2008, 157, zur Frage, ob die schuldrechtliche Verpflichtung des stillen Gesellschafters, den Inhaber von allen Risiken und Verbindlichkeiten aus einem Darlehensverhältnis freizustellen, einen Vermögenswert darstellt, der der tatsächlich geleisteten Einlage gleichsteht. 5 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, BFHE 199, 477, BStBl. II 2002, 858. 6 Kuck, DStR 2003, 235 (237); Groh, DB 2004, 669 (670). Für die KG wird dies ausdrücklich bejaht: BFH v. 26.3.1987 – IV R 249/84, BFH/NV 1988, 699 (700); a.A. Weber-Grellet in L. Schmidt, § 20 EStG Rz. 84. 7 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 4.
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unter Rz. 22.240 nach der Billigkeitsregelung des BMF abzugsfähigen negativen Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG können somit nur solche sein, die keiner Verlustabzugsbeschränkung unterliegen. In der Rechtsprechung und h.M. ist die nach dem Gesetz angeordnete sinngemäße Anwendung des § 15a EStG auf typisch stille Gesellschaften akzeptiert1. Für den typisch Stillen sind demnach Verluste, die zur Bildung eines negativen Kapitalkontos führen oder eine vorhandenes negatives Kapitalkonto erhöhen, nur als verrechenbare Verluste festzustellen2. Die sinngemäße Anwendung des § 15a EStG führt somit zu der Notwendigkeit, im Jahr der Verlustentstehung und -zuweisung zu ermitteln, ob aufgrund der Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht. Für die vermögensverwaltende GmbH & Co. KG und andere Personengesellschaften ist geklärt, dass für das Kapitalkonto jedes Gesellschafters zunächst von den ursprünglichen Einlagen der einzelnen Gesellschafter auszugehen ist. Diese Einlagen fortzuschreiben, indem sie im jeweiligen Verlustentstehungsjahr um spätere Einlagen sowie um die positiven Einkünfte der Vorjahre zu erhöhen und um die Entnahmen und negativen Einkünfte der Vorjahre zu vermindern sind, damit nur solche Verlustanteile die Steuerschuld mindern, die zu einer gegenwärtigen Vermögenseinbuße oder -gefährdung durch Haftung führen3.
22.245
Im Rahmen der sinngemäßen Anwendung des § 15a EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die Einlage des stillen Gesellschafters ebenfalls in diesem Sinne fortzuschreiben4. Das „Kapitalkonto“ ist in „Einkontenmodellen“ nach dem Gesellschaftsvertrag das Konto, auf welchem die Vermögenseinlage des Stillen festgehalten und fortentwickelt wird. Bei einer differenzierten Ausgestaltung des Einlagenkontos mit variablen Unterkonten (Mehrkontenmodellen) sind die für gewerbliche Personengesellschaften geltenden Grundsätze entsprechend heranzuziehen. So ist bei der Bestimmung des nach § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG ausgleichsfähigen Verlustes nicht nur die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte feste Einlage des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen, sondern z.B. auch der Verlust eines Guthabens auf einem Verrechnungskonto des stillen Gesellschafters, das bei der Beendigung der Gesellschaft mit dem Verlustkonto des Gesellschafters zu saldieren und deshalb als „steuerliches Kapitalkonto“ anzusehen ist5. Dem Geschäftsinhaber gewährte Darlehen oder Nutzungsentgelte für die Überlassung von Wirtschaftsgütern neben der stillen Beteiligung erhöhen – wie das Sonderbetriebs-
22.246
1 BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/NV 2001, 415 = HFR 2001, 440; BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854), bestätigt durch BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, GmbHR 2008, 157 = FR 2008, 320; BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 = GmbHR 2014, 894; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 14 Rz. 81. Siehe zur Kritik an der sinngemäßen Anwendung des § 15a EStG auf typisch stille Gesellschaften Rz. 22.232 der Vorauflage. 2 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854) = FR 2002, 1363 = GmbHR 2002, 1150. Der Feststellungsbescheid entfaltet nur im Hinblick auf den verrechenbaren Verlust Bindungswirkung, nicht aber hinsichtlich ausgleichbarer Verluste, BFH v. 7.9.2000 – III R 33/96, BFH/ NV 2001, 415. 3 BFH v. 2.9.2014 – IX R 52/13, BFHE 247, 209 = BStBl. II 2015, 263 = GmbHR 2015, 213 zur sinngemäßen Anwendung des § 15a EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; siehe dazu Middendorf/Rickermann, BB 2015, 929; Demuth/Bodden, NWB 2015, 734; Schulze zur Wiesche, StBP 2015, 172; Dorn, DStR 2015, 1598. 4 BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, BStBl. II 2008, 126 = GmbHR 2008, 157 = FR 2008, 320. 5 BFH v. 28.1.2014 – VIII R 5/11, BFH/NV 2014, 1193 = GmbHR 2014, 894 mit Hinweis auf BFH v. 7.4.2005 – IV R 24/03, BFHE 209, 353 = BStBl. II 2005, 598.
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vermögen bei gewerblichen Gesellschaften (siehe Rz. 22.74 ff.) – das Verlustausgleichsvolumen nicht, da diese schuldrechtlichen Rechtsbeziehungen und Vergütungen keinen Eigenkaptalcharakter haben1. Besteht ein negatives Kapitalkonto, ist es den Gesellschaftern überlassen, ob sie als Verlustsonderkonto oder als „Merkposten“ ausweisen2.
22.247 Das negative Kapitalkonto bewirkt auch beim typisch stillen Gesellschafter eine Gewinnauszahlungssperre künftiger Gewinne (Rz. 22.70 f.). Die später beim stillen Gesellschafter anfallenden Gewinnanteile sind nach Einkommensteuerrecht nicht mehr, wie nach der früheren Rechtslage, stets Einnahmen bei den Einkünften des stillen Gesellschafters aus Kapitalvermögen und beim Geschäftsinhaber Aufwand, der die Abrechnungsperiode belastet, in der er entstanden ist; vielmehr sind sie zunächst erfolgsneutral mit dem negativen Einlagekonto zu verrechnen. Als Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sind sie erst nach Auffüllung des negativen Einlagekontos zu erfassen; denn die Wiederauffüllung des positiven Einlagekontos bewirkt nicht nur den Zufluss der Gewinnanteile (§§ 8, 11 Abs. 1 EStG), sondern gleichzeitig auch die Erfüllung der Einlageverpflichtung des stillen Gesellschafters3.
22.248 Die festgestellten verrechenbaren Verluste des Stillen sind bei der Veräußerung oder Auflösung der stillen Beteiligung mit dem Veräußerungsgewinn zu verrechnen. In den Veräußerungs- und Auflösungsgewinn ist stets auch ein wegfallendes, nicht ausgleichspflichtiges, negatives Kapitalkonto des Stillen einzubeziehen (Rz. 22.122 ff.)4. Die festgestellten verrechenbaren Verluste stehen somit nicht dem Erwerber zur Verrechnung mit zukünftigen Gewinnen zu, auch wenn er das negative Kapitalkonto fortführt und insoweit gerade in die Verlusthaftung des ausscheidenden Gesellschafters eintritt5.
22.249 Eine sinngemäße Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG kommt ebenfalls in den Fällen der Einlagenminderung (nicht aber aufgrund einer überschießenden Außenhaftung) in Betracht. Als „Entnahme“ – die es im Bereich der Überschusseinkünfte nicht gibt – kommt nur eine Rückzahlung der Vermögenseinlage in Betracht6. Beispiel: A ist mit 100 000 Euro als stiller Gesellschafter am Handelsgeschäft des B beteiligt. Seine Einlage ist durch Verluste auf 20 000 Euro gemindert worden. A und B beschließen, die Einlage von 100 000 Euro auf 50 000 Euro zu vermindern. A erhält 50 000 Euro zurück. Bei sinngemäßer Anwendung des § 15a Abs. 3 EStG liegen hier i.H. von 30 000 Euro steuerpflichtige Einnahmen des stillen Gesellschafters vor, weil die Rückzahlung insoweit zu einer negativen Kapitaleinlage führt7. 1 BFH v. 14.5.1991 – VIII R 31/88, BStBl. II 1992, 167; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 208. 2 BFH v. 16.10.2007 – VIII R 21/06, FR 2008, 320 (322) = GmbHR 2008, 157. 3 BFH v. 23.7.2002 – VIII R 36/01, DStR 2002, 1852 (1854) = FR 2002, 1363 = GmbHR 2002, 1150. 4 BFH v. 9.7.2015 – IV R 19/12, BFHE 249, 555 = DStR 2015, 1859. 5 Lüdemann in HHR, EStG/KStG, § 15a EStG Rz. 143 und Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 210; Wacker, DB 2012, 1403 (1405 f.); siehe auch Kuck, DStR 2003, 235 (237). 6 Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 213; Weber-Grellet in L. Schmidt, EStG, 35. Aufl., § 20 Rz. 84; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 97. 7 Beispiel nach. Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 97; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 213.
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Die Einlagerückzahlungen führen nach § 15a Abs. 3 Satz 2 EStG nur insoweit zu einer Zurechnung fiktiver Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, als dem stillen Gesellschafter im Jahr der Einlagerückzahlung und in den vorangegangenen zehn Jahren Verluste als ausgleichs- oder abziehbar zugerechnet worden sind1. Nach § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG mindern die Beträge, die dem Stillen aufgrund der Einlageminderung zugerechnet werden, die Gewinne, die ihm im Jahr der Zurechnung der Einlagebeträge oder in späteren Jahren zuzurechnen sind2.
22.250
d) Sinngemäße Anwendung des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG verweist auch auf § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG. Dies bedeutet, dass Verluste aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften unter der Voraussetzung, dass der stille Gesellschafter selbst eine Kapitalgesellschaft ist, nur mit Gewinnen aus dem unmittelbar vorangehenden Veranlagungszeitraum oder aus folgende Veranlagungszeiträume derselben stillen Beteiligung verrechenbar sind. Siehe Rz. 23.66 ff.
22.251
22.252–22.255
frei e) Verlustanteile bei typisch stillen Beteiligungen im Betriebsvermögen (vor und nach 2008)
Die Verlustanteile des typisch stillen Gesellschafters sind wie die Gewinnanteile phasengleich zu erfassen (siehe Rz. 22.197)3. Aus dem forderungsähnlichen Charakter des stillen Gesellschaftsverhältnisses ergibt sich nach dem BFH, dass in Fällen übereinstimmender Wirtschaftsjahre des Geschäftsinhabers und des Stillen auch die auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteile dessen Betriebsvermögen phasengleich mindern Es kommt somit anders als bei § 11 EStG nicht auf den Zeitpunkt der Berechnung und Abbuchung des Verlusts an (siehe Rz. 22.241); maßgeblich ist vielmehr, dass gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB die zum Bilanzstichtag (rechtlich oder wirtschaftlich) entstandenen Verluste als zur Bilanzaufstellung bekannt gewordene (wertaufhellende) Umstände im Abschluss des stillen Gesellschafters zu berücksichtigen sind. Der auf den stillen Gesellschafter entfallende Verlustanteil mindert den Bestand der Forderung des Stillen gegenüber dem Geschäftsinhaber und ist vom Buchwert des forderungsähnlichen Rechts abzusetzen (siehe Rz. 13.80).
22.256
Ob bei dauerhafter Wertminderung der Einlagenforderung neben der kontinuierlichen Minderung des Forderungsbuchwerts durch die Verlustzuweisung aufgrund einer negativen Ertragsprognose eine weitergehende Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) in Betracht kommt, ist umstritten4. M.E. ist wie unter Rz. 13.82 befürwortet denjenigen zuzustimmen, die dies bejahen; nach Vornahme einer solchen Teilwertabschreibung sind jedoch nachfolgende Verlustzuweisungen nicht doppelt einkünftemindernd5. Im Rahmen der Teilwertabschreibung ist auch der Fall der Insolvenz des
22.257
1 2 3 4 5
Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 214. Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 214. BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764. Siehe zu den im Einzelnen strittigen Voraussetzungen Milatz, DStZ 2006, 141, (143 f.). Wacker, DB 2012, 1403 (1405).
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Geschäftsinhabers zu erfassen, da hierdurch die Forderung des Stillen auf Rückzahlung der Einlage dauerhaft wertlos wird.
22.258–22.260 frei 7. Beschränkung der Verlustnutzung nach § 20 Abs. 6 EStG
22.261 Seit dem Veranlagungszeitraum 2009 sind Verluste aus Kapitalvermögen als Folge der Schedulisierung insgesamt nicht mehr mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechenbar oder nach § 10 EStG abziehbar (§ 20 Abs. 6 Satz 2 EStG). Verluste aus einzelnen Einkunftsquellen sind mit grundsätzlich mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsquellen verrechenbar. Dies gilt innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen jedoch im Grundsatz nur auf Ebene des Kapitalertragsteuerabzugs. Verluste sind im Entstehungsjahr, wenn sie dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen mit anderen abzugspflichtigen Kapitaleinkünften zu verrechnen und ansonsten im Rahmen sog. Verlustverrechnungstöpfe fortzuführen (§ 20 Abs. 6 Satz 2 und 5 EStG). Sollen Verluste auf die Veranlagungsebene transportiert, verrechnet und ggf. für Zwecke des Verlustvortrags gesondert festgestellt werden, bedarf es in der Regel eines Antrags gemäß § 32d Abs. 4 EStG und der Schließung der Verlustverrechnungstöpfe auf der Ebene der depotführenden Banken, indem eine Bescheinigung gemäß § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG rechtzeitig (15.12. des Verlustentstehungsjahres) beantragt wird. Ein Verlustrücktrag innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist nicht möglich.
22.262 Entstehungsgrund eines Verlusts können Veräußerungsverluste i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG sein. Dabei berechnet sich der Veräußerungsverlust entsprechend dem Veräußerungsgewinn nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 4 EStG unter Abzug der Veräußerungskosten und der ursprünglichen Einlage (siehe Rz. 22.222).
22.263 Da der Abzug von Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbs. 2 EStG ausgeschlossen ist, können diese nicht zu steuerlichen Verlusten i.S. des § 20 Abs. 6 EStG führen (Rz. 22.235). Die Verlustanteile des stillen Gesellschafters stellen für ihn zwar auch im neuen Recht Werbungskosten dar, können aber – vorbehaltlich des § 15a i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG – zu einem nach § 20 Abs. 6 EStG verrechenbaren Verlust führen (siehe Rz. 22.240).
22.264 Verluste aus der stillen Beteiligung sind nach § 20 Abs. 6 EStG somit mit anderen Kapitaleinkünften nach den unter Rz. 22.261 dargestellten Grundsätzen verrechenbar oder vorzutragen. Eine besondere Möglichkeit der Verlustverrechnung bestand zudem in den VZ 2009 bis 2013 für bis 2009 entstandene (ggf. vorgetragene) sog. Altverluste aus § 23 EStG1. Diese können zwischen 2009 und 2013 mit ab 2009 entstandenen Veräußerungsgewinnen nach § 20 Abs. 2 EStG (§§ 20 Abs. 6 Satz 1, 23 Abs. 3 Satz 9 und 10 EStG) verrechnet werden. Damit waren sowohl Verluste aus stillen Beteiligungen, die bis Ende 2008 bei Altgesellschaften steuerbar entstanden waren (Rz. 22.215) mit Neugewinnen aus § 20 Abs. 2 EStG (auch aus § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG) zwischen 2009 und 2013 verrechenbar.
22.265 frei 1 BFH v. 3.11.2015 – VIII R 37/13, BFHE 252, 274, BStBl. II 2016, 273.
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8. Ausschluss der Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus der Abgeltungsteuer gemäß § 32d Abs. 2 EStG Eine wichtige Ausnahme von der Abgeltungsteuer bei Privatanlegern betrifft auch die stille Gesellschaft. Gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG findet der gesonderte Steuertarif für Kapitaleinkünfte u.a. bei stillen Beteiligungen keine Anwendung, wenn zwischen Gläubiger und Schuldner ein besonderes Näheverhältnis besteht.
22.266
a) Das besondere Näheverhältnis aa) Gläubiger und Schuldner sind einander nahestehende Personen, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG n.F. Die Regeln der Abgeltungsteuer finden keine Anwendung, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes stehen Personen sich nahe, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahe stehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat1. Nach der Regierungsbegründung soll verhindert werden, dass aufgrund der Steuerspreizung betriebliche Gewinne abgesaugt werden und so die Steuerbelastung auf den Abgeltungssatz reduziert wird. Unternehmerische Entscheidungen über die Finanzierungsstruktur des Unternehmens sollen steuerlich unverzerrt bleiben2. Die Finanzverwaltung sah in Tz. 136 des BMFSchreibens vom 22.12.20093 das Merkmal stets als erfüllt und damit jede stillen Beteiligung zwischen Angehörigen i.S. des § 15 AO als aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossen an. Liege kein Angehörigenverhältnis i.S. dieser Vorschrift vor, sei – so das BMF weiter – von einem Nahestehen auszugehen, wenn die Vertragsbeziehung einem Fremdvergleich nicht standhalte.
22.267
Der BFH hat in mehreren Grundsatzurteilen zu § 32d Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG4 diese Auslegung des BMF-Schreibens nicht mitgetragen. Er hat den Begriff der „einander nahestehenden Person“ in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und b Satz 2 EStG autonom ausgelegt. Nach dem Wortsinn fallen unter den Begriff der „nahestehenden Person“ alle natürlichen und juristischen Personen, die zueinander in enger Beziehung stehen. Hierzu gehören auch Angehörige i.S. des § 15 AO, da bei diesem Personenkreis bereits das auf der Verwandtschaft, dem Verlöbnis oder der Eheschließung beruhende Näheverhältnis auf eine enge Bindung schließen lässt. Jedoch ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse – so der BFH in den
22.268
1 2 3 4
BT-Drucks. 16/4841, 61. BT-Drucks. 16/4841, 60. BMF v. 22.12.2009 – IV C 1 – S 2252/08/10004, BStBl. I 2010, 94. BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFHE 245, 343 = BStBl. II 2014, 986 = FR 2014, 1100; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 35/13, BFHE 245, 357 = BStBl. II 2014, 990 = FR 2015, 50; BFH v. 29.4.2014 – VIII R 44/13, BFHE 245, 361 = BStBl. II 2014, 992 = FR 2014, 1100; siehe Levedag, GmbHR 2015, 57 ff.
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zitierten Entscheidungen – gerade nach der Gesetzesbegründung nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Abzustellen ist nach dem BFH darauf, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des gesonderten Abgeltungsteuertarifs durch die nahestehenden Personen vorliegt1. Das in der Gesetzesbegründung für ein „schädliches Näheverhältnis“ i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG als Unterkriterium angesprochene Beherrschungsverhältnis setzt voraus, dass der beherrschten Person aufgrund eines „absoluten Abhängigkeitsverhältnisses“ (z.B. aufgrund eines außerhalb der Geschäftsbeziehung begründeten Einflusses) im Wesentlichen kein eigener Entscheidungsspielraum verbleibt, ob sie die stille Gesellschaft abschließen will. Ein lediglich aus der Familienangehörigkeit oder Ehe abgeleitetes persönliches Interesse, das mit dem gesetzlich typisierten Gesamtbelastungsvorteil zusammentrifft, grenzt der BFH negativ von einem solchen schädlichen Beherrschungsverhältnis ab2. Dies wurde auch durch das verfassungsrechtliche Argument untermauert, die Vermutung in Tz. 136 des BMF-Schreibens vom 22.12.20093, Angehörige seien stets nahestehende Personen i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG, verletze Art. 6 Abs. 1 GG. Auch bei einem innerhalb der Familie erzielten Gesamtbelastungsvorteil stelle diesen keinen „einheitlichen Bilanzraum“ dar, der es rechtfertige, alle Angehörigendarlehen aus dem Anwendungsbereich der Abgeltungsteuer auszuschließen4.
22.269 Durch die Entscheidungen des BFH ist zudem geklärt, dass der bei stillen Gesellschaften unter nahen Angehörigen durchzuführende Fremdvergleich (siehe dazu Rz. 21.6) der Prüfung des Näheverhältnisses nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG logisch vorrangig ist. Nur eine steuerlich anzuerkennende typisch stille Beteiligung unter Angehörigen führt zu „Einkünften“ nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Wie das Merkmal der „nahestehenden Personen“ bei typisch stillen Beteiligungen unter fremden Dritten mit Inhalt zu füllen ist, bedarf weiterhin der Klärung. Die Finanzverwaltung wendet die BFH-Rechtsprechung an5. bb) Qualifizierte Beteiligung an der auszahlenden Kapitalgesellschaft, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG n.F.
22.270 Der Ausnahmetatbestand des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG erfasst Kapitalerträge aus stillen Beteiligungen, die von einer Körperschaft an einen Anteilseigner ausgeschüttet werden, der zu mindestens 10 %6 an dieser beteiligt ist, oder an eine diesem nahestehende Person. Die Ausschlusstatbestände in § 32d Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Satz 1 und 2 EStG sollen verhindern, dass auf Grundlage der typisierend angenommenen Steuersatzspreizung zwischen der Belastung von Gewinnen auf Ebene der Körperschaft (aus Körperschaft- und Gewerbesteuer) und beim Empfänger der Darlehenszinsen im Rahmen der Abgeltungsteuer Gewinne in Form von Darlehenszinsen aus der Ebene der Körperschaft abgesaugt und die Steuerbelastung dieser Gewinne 1 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFH/NV 2014, 1617 unter Tz. 22. 2 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFH/NV 2014, 1617 unter Tz. 22; Werth, DStZ 2014, 670 (671). 3 BMF v. 22.12.2009 – IV C 1 – S 2252/08/10004, BStBl. I 2010, 94. 4 Werth, DStZ 2014, 670 (672). 5 Siehe die Neufassung der Tz. 136 des BMF-Schreibens v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85. 6 Maßgebend ist insoweit die Beteiligungsquote am Nennkapital, siehe Wälzholz, GmbH-StB 2008, 11 (13).
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faktisch auf die Höhe des Abgeltungsteuersatzes reduziert wird1. Dieser Ausnahmetatbestand ist insbesondere für die GmbH & typisch Still relevant. Die Regelungen sind von § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG abzugrenzen, der Vergütungen erfasst, die als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu qualifizieren sind. Wird bei der GmbH die an den Sillen gezahlte und als Betriebsausgabe behandelte Vergütung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG dem Einkommen der Körperschaft hinzugerechnet, unterliegt im Grundsatz die vGA beim Gesellschafter als Empfänger der Abgeltungsteuer. Im Zusammenspiel mit § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 und 2 EStG soll nach dem gesetzlichen System beim Empfänger der Vergütung aus der typisch stillen Beteiligung (dem Gesellschafter oder der nahestehenden Person) über den Ausschluss der Vergütung aus der Abgeltungsteuer beim Empfänger der Betriebsausgabenabzug auf Ebene der Körperschaft bekämpft werden. Denn werden die Gewinne, die bei der Körperschaft als gewinnmindernde Vergütungen an den Stillen abfließen, alternativ ohne Betriebsausgabenabzug gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG als offene Dividende an den Gesellschafter offen oder nach Einkommenskorrektur im Wege der vGA ausgeschüttet, kann der Empfänger den Abgeltungssteuersatz in Anspruch nehmen.
22.271
Im BFH-Urteil vom 14.5.20142 hat der BFH für das Gesellschafterdarlehen eines zu mindestens 10 % beteiligten Anteilseigners an der eigenen GmbH entschieden, § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG sei verfassungsgemäß. Der Ausschluss der Vergütungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG aus der Abgeltungsteuer ist gerechtfertigt, um Unternehmensfinanzierungen nicht zu verzerren und weil hierdurch auch keine Schlechterstellung dieser Gestaltungen eintritt. Die Regelung gilt auch für die typisch stille Beteiligung eines Anteilseigners in der GmbH & typisch Still. Die unterschiedliche Belastung von Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG im Vergleich zu Vergütungen aus einer typisch stillen Beteiligung, die gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in eine vGA umqualifiziert werden und auf die der Abgeltungsteuersatz gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG Anwendung finden kann, ist nach Ansicht des BFH ebenfalls sachlich gerechtfertigt. Denn Kapitalerträge aus einer vGA sind – auf Ebene der Kapitalgesellschaft – mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer vorbelastet sind, da die vGA das Einkommen der Gesellschaft nicht mindert (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG).
22.272
Im BFH-Urteil vom 14.5.20143 hat der BFH für Darlehen an eine Angehörigen-GmbH – und entsprechend für typisch stille Beteiligungen – auf Grundlage des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG entschieden, das Merkmal der „nahestehenden Person“ in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG sei im Rahmen des Buchst. b Satz 2 EStG entsprechend auszulegen. Es schließt daher nicht jedes Angehörigendarlehen (Darlehensgeber und Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sind Angehörige gemäß § 15 AO) oder jede entsprechende stille Beteiligung solcher Angehöriger an der GmbH eines anderen (zu mindestens 10 % an der Kapitalgesellschaft beteiligten) Angehörigen aus der Abgeltungsteuer aus. Hinzu treten muss auch hier ein Missbrauchselement für die gewählte Struktur.
22.273
1 Schiffers, DStZ 2014, 888 (897). 2 BFH v. 14.5.2014 – VIII R 23/13, GmbHR 2014, 1051 = FR 2015, 51 = DStR 2014, 1667. 3 BFH v. 14.5.2014 – VIII R 31/11, GmbHR 2014, 1054 = FR 2014, 1099 = DStR 2014, 1665.
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22.274 Auch in dieser Fallgruppe besteht eine Konkurrenz zur vGA. Wird auf Grundlage der stillen Beteiligung eines Angehörigen an einer Angehörigen-GmbH eine vGA verwirklicht, sind materiell-rechtlich die an die nahestehende Person gezahlten Vergütungen als vGA Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG beim Gesellschafter und nicht als Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG beim Angehörigen-Stillen zu erfassen. Bei der vGA an eine nahestehende Person, die vom Zuwendungswillen des Anteilseigners getragen ist, erzielt nur der Anteilseigner Einkünfte aus der vGA i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG1. Die Bescheide sind gemäß § 32a Abs. 1 KStG auf allen Ebenen zu ändern2. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 1 EStG (seit dem JStG 20103) unterliegen wiederum die Einkünfte des Gesellschafters aus der vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Abgeltungsteuer, wenn bei der Körperschaft eine Einkommenserhöhung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG stattfindet, weil dann die vGA auf Ebene der Körperschaft vorbelastet ist (sog. materiell-rechtliche Korrespondenz)4. Eine besondere Regelung enthält Halbs. 2 des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG für vGA, die auf Zuwendungen der Gesellschaft an nahestehende Personen beruhen. Auch diese Einkünfte sollen nach Halbs. 1 des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG zur Umsetzung der materiell-rechtlichen Korrespondenz beim Gesellschafter der Abgeltungsteuer unterliegen, wenn die zunächst als Betriebsausgabe bei der Körperschaft abgezogenen Schuldzinsen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG in das Einkommen der Körperschaft einbezogen und die Bescheide auf beiden Ebenen gemäß § 32a KStG geändert werden. Dies gilt jedoch nach Halbs. 2 nicht (also kein Ausschluss der vGA-Einkünfte des Gesellschafters aus der Abgeltungsteuer), wenn die an den stillen Gesellschafter (als nahestehende Person i.S. der vGA-Rechtsprechung) gezahlten (überhöhten) Vergütungen dessen Einkommen erhöht haben, dort veranlagt wurden und die Korrekturnorm des § 32a KStG es (ausnahmsweise5) nicht ermöglicht, die Veranlagung des Stillen zu ändern. In diesen Fällen ist die Vorbelastung der vGA auf Ebene der Körperschaft also keine Vorbedingung für die Gewährung der Abgeltungsteuer auf Ebene des Gesellschafters6.
1 S. aus der Rspr. zur vGA an nahestehende Personen die BFH v. 22.2.2005 – VIII R 24/03, BFH/ NV 2005, 1266 = GmbHR 2005, 945; BFH v. 6.12.2005 – VIII R 70/04, BFH/NV 2006, 722 = GmbHR 2006, 387; BFH v. 19.6.2007 – VIII R 54/05, BStBl. II 2007, 830 = GmbHR 2007, 1051 m. Komm. Schröder; BFH v. 30.11.2010 – VIII R 19/07, GmbHR 2011, 322; Gosch in Gosch, § 8 KStG Rz. 227 f. 2 Das in § 32a KStG der Finanzverwaltung eingeräumte Ermessen ist regelmäßig auf Null reduziert, wenn die Steuerfestsetzung für den Gesellschafter ohne die Änderung sachlich unrichtig wäre und daher jede andere Entscheidung als die der Änderung der unrichtigen Steuerfestsetzung als ermessenswidrig beurteilt werden müsste (BFH v. 24.6.2014 – VIII R 54/10, GmbHR 2014, 1165 m.w.N.). 3 BGBl. I 2010, 1768 ff. 4 Das Gesetz schließt die vGA aus der Abgeltungsteuer aus, wenn diese das Einkommen der Gesellschaft gemindert hat. Im Umkehrschluss (siehe Treiber in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 32d EStG Rz. 15; BR-Drucks. 318/10, 82) unterliegt die vGA daher der Abgeltungsteuer, wenn bei der Gesellschaft das Einkommen zur Korrektur der vGA außerbilanziell erhöht wird. 5 § 32a Abs. 1 KStG enthält auch einen Korrekturtatbestand auch für die vGA an dem Gesellschafter nahestehenden Personen. 6 Storg in Frotscher/Geurts, § 32d EStG Rz. 44d (Stand: 15.4.2011): Die volle Besteuerung der nahestehenden Person ersetzt als Rechtfertigungsgrund für die Gewährung des Abgeltungsteuersatzes beim Gesellschafter die vorbelastende Besteuerung der vGA auf Ebene der Körperschaft.
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§ 22 Einkommensteuer
cc) Schädliche Back-to-Back-Finanzierung, § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG n.F. § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c EStG betrifft sog. Back-to-Back-Finanzierungen, wie in Fällen wechselseitiger stiller Beteiligungen von Privatanlegern an einem Betrieb des anderen oder durch die Hausbank fremdfinanzierter stiller Beteiligungen1. Dieser Ausnahmetatbestand wurde durch das JStG 2008 dahingehend präzisiert, dass zusätzlich ein Zusammenhang zwischen stiller Beteiligung und der Kapitalanlage des Gesellschafters beim Dritten vorliegen muss. Dieser Zusammenhang ist nach § 32d Abs. 2 Satz 3 bis 5 EStG gegeben, wenn die Kapitaleinlage und die Kapitalüberlassung auf einem einheitlichen Plan beruhen. Dies wird insbesondere bei engem zeitlichem Zusammenhang oder wenn die Zinsvereinbarungen miteinander verknüpft sind vermutet. Ein Zusammenhang liegt jedoch nicht vor, wenn die Zinsvereinbarungen marktüblich sind oder die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes zu keinem Belastungsvorteil führt2.
22.275
b) Folgen des Vorliegens der Ausnahmetatbestände Für die Ausnahmetatbestände gilt der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht, § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG. Es sind zwar die Regelungen zum Kapitalertragsteuerabzug anzuwenden, der Kapitalertragsteuerabzug hat jedoch keine abgeltende Wirkung, § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG. Es ist für diese Kapitalerträge der persönliche progressive Einkommensteuertarif anzuwenden. Andere Einkünfte aus Kapitalvermögen können daneben der Abgeltungsteuer unterliegen. Die im Steuerabzugsverfahren gezahlte Kapitalertragsteuer ist nach § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG anzurechnen.
22.276
Nach § 32d Abs. 2 Satz 1 letzter Halbs. EStG finden auch § 20 Abs. 6 und 9 EStG keine Anwendung. Für die aus der Abgeltungsteuer ausgeschlossenen Kapitalerträge gilt daher weder die Beschränkung des Werbungskostenabzuges noch die Beschränkung der Verlustnutzung für Kapitaleinkünfte. Bei diesen Einkünften können daher die tatsächlichen Werbungskosten abgezogen und die Verlustanteile des Stillen in den Grenzen des § 15a EStG (vgl. Rz. 22.240) nach den allgemeinen mit anderen Einkünften verrechnet werden. Zu berücksichtigen ist, dass aus der Nichtanwendbarkeit des § 20 Abs. 9 EStG auch folgt, dass kein Sparer-Pauschbetrag gewährt wird, auch wenn der Betrag der tatsächlichen Werbungskosten unter dem Sparer-Pauschbetrag liegt3.
22.277
c) Gestaltungsüberlegungen aa) Einlagen aus geschenkten Mitteln Auch wenn der VIII. Senat grundsätzlich den generellen Ausschluss von stillen Gesellschaften unter Angehörigen durch den Finanzverwaltung aus dem Abgeltungsteuersatz gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG durch das BMF verworfen hat, müs-
1 Siehe dazu Watrin/Wittkowski/Strohm, GmbHR 2007, 785 (790). Zu den Ergänzungen durch das JStG 2008 siehe Brockmann/Hörster, NWB 2008, 25 (29 f.); Fach 2, S. 9641 (9647) und Wälzholz, GmbH-StB 2008, 11 (14). 2 Siehe dazu Schmidt/Wänger, NWB 2008, 423 (427 ff.), Fach 3, S. 14939 (14943 ff.). 3 Zutreffend FG Münster v. 16.7.2014 – 10 K 2637/11 E, BB 2014, 2134.
Levedag
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22.278
§ 22 Einkommensteuer
sen bestimmte Fallgestaltungen vermieden werden. Die enge Anlehnung der Auslegung des Merkmals „nahestehende Person“ an die Gesetzesbegründung beinhaltet, dass m.E. auch Sachverhalte kritisch zu sehen sind, in denen aufgrund der Abgeltungsteuer „unternehmerische Entscheidungen über die Finanzierungsstruktur eines Unternehmens steuerlich verzerrt“ werden, da der Gesetzgeber diesen Effekt ausweislich der Gesetzesbegründung vermeiden wollte. Hiermit sind m.E. maßgeblich Fälle angesprochen, in denen bislang im Unternehmen gebundenes Eigenkapital entnommen, einem Angehörigen geschenkt und als stille Beteiligung zurückgewährt wird.
22.279 Die Schenkung der Mittel durch den Geschäftsinhaber, um eine stille Beteiligungen mit Verlustausschluss zu begründen, wird bislang von Rechtsprechung und Finanzverwaltung – zumeist auf der § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG vorgelagerten Stufe der steuerlichen Anerkennungsprüfung – nicht generell anerkannt. Zu prüfen ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls, ob es zu einer echten Vermögensverschiebung der geschenkten Mittel in die Verfügungsmacht des Beschenkten kommt. Die Finanzverwaltung1 knüpft hierbei an bestimmte zivilrechtliche Gestaltungen an und stellt für diese unwiderlegbare und widerlegbare Vermutungen auf. Die fehlende Vermögensverschiebung ist laut BMF bei einheitlichen Vereinbarungen „in einer Urkunde“ und vergleichbaren Abreden stets unwiderlegbar zu vermuten2. Die Rechtsprechung des BFH3 stellt zwar keine unwiderlegbaren Vermutungen auf, sondern prüft stets nach den Gesamtumständen des Einzelfalls, kommt aber zu vergleichbaren Ergebnissen. Siehe im Einzelnen Rz. 21.53 ff. Bei Schenkung einer bestehenden Darlehensforderung/Einlagenforderung durch den Gesellschafter an dessen Angehörige bei der GmbH/GmbH & Still sind die besonderen Grundsätze zur Prüfung einer echten Vermögensverschiebung aufgrund des Trennungsprinzips nicht anwendbar. Dem folgt auch das BMF-Schreiben vom 23.12.20104 in Tz. 10. bb) Refinanzierung stiller Einlagen in der GmbH & Still
22.280 Zinseinnahmen des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft aus einem Gesellschafterdarlehen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) und Vergütungen aus einer typisch stillen Beteiligung unterliegen – bei einer mindestens 10 %-Beteiligung – gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG stets der Regelbesteuerung. Dies eröffnet für diesen Personenkreis die Möglichkeit, Gesellschafterdarlehen stets zu refinanzieren, da gemäß § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG den regelbesteuerten Kapitalerträgen Zinsaufwendungen im Rahmen des Werbungskostenabzugs entgegengesetzt werden können (siehe Rz. 22.277). cc) Bewusste Strukturierung von typisch stillen Beteiligungen mit Angehörigen statt mit dem Gesellschafter in der GmbH & Still
22.281 Nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG unterliegen stille Beteiligungen mit Angehörigen in der Regel nicht dem Ausschluss aus der Abgeltungsteuer. Es wird daher die Finanzverwaltung künftig regelmäßig die Frage stellen, ob eine „Beherrschungssituation“ oder ein „wirtschaftliches Interesse an der Einkünfteerzielung des 1 2 3 4
BMF v. 23.12.2010 – IV C 6 – S 2144/07/10004, BStBl. I 2011, 37, Tz. 11–13. Vgl. Schoor, NWB 2011, 2650 (2657). BFH v. 22.10.2013 – X R 26/11, BStBl. II 2014, 374 = FR 2014, 180. BMF v. 23.12.2010 – IV C 6 – S 2144/07/10004, BStBl. I 2011, 37.
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§ 22 Einkommensteuer
anderen“ vorliegen. Hierbei kann es gerade bei ertragsstarken Kapitalgesellschaften im Vordergrund stehen, das Progressionsgefälle auszunutzen, so dass ein schädliches „wirtschaftliches Interesse an der Einkünfteerzielung des anderen“ gegeben sein kann. Die Finanzverwaltung dürfte künftig die Schenkung von Einlagenforderung eines Gesellschafter-Stillen an einen Angehörigen-Stillen in der GmbH & Still unter dem Gesichtspunkt des § 42 AO generell und nicht nur bei Schenkung der Mittel zur Gründung einer stillen Beteiligung mit Verlustausschluss (Rz. 22.279) prüfen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Einkünfteerzielung aus geschenkten Mitteln – abgesehen von der Fallgruppe unter Rz. 22.279 – grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich ist und Finanzierungsfreiheit besteht1. § 42 AO kann daher nicht zu einer „Schenkungssperre“ in Bezug auf die Mittel zur Leistung der Einlagenforderung in einer stillen Gesellschaft mit Verlustausschluss umfunktioniert werden, zumal der Gesetzgeber mit dem System der Schedulenbesteuerung und den Ausschlusstatbeständen selbst die Ursache für diese Strukturen gesetzt hat.
22.282
frei 9. Tarif In Veranlagungszeiträumen bis 2008 gilt für Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich der allgemeine progressive Einkommensteuertarif nach § 32a EStG. Die im Wege des Kapitalertragsteuerabzugs gezahlten Steuerbeträge konnten im Wege der Veranlagung auf die Einkommensteuer angerechnet werden, § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG a.F. Im Endeffekt werden daher Kapitaleinkünfte mit dem persönlichen Einkommensteuersatz besteuert.
22.283
Nach § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG gilt – erstmals für den VZ 2009 – für Kapitalerträge ein besonderer Steuersatz von 25 %, der um den SolZ erhöht wird, so dass er im Ergebnis 26,375 % beträgt. Hinzu tritt ggf. die Kirchensteuer, die gemäß § 32d Abs. 1 Satz 4 und 5 EStG von einer herabgesetzten Bemessungsgrundlage erhoben wird. Gelangen Kapitalerträge durch eine inländische auszahlende Stelle zur Auszahlung, hat diese die ESt durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) zu erheben. Der Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG gilt die Einkommensteuer auf die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitalerträge gemäß § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG ab2. Die Einkommensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 32d Abs. 1 EStG ist keine tarifliche Steuer i.S. des § 32a Abs. 1 EStG. Steuerermäßigungen, die an die tarifliche Einkommensteuer anknüpfen (z.B. §§ 35a und 35b EStG), können infolgedessen die Einkommensteuer nach dem gesonderten Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 32d Abs. 1 EStG nicht mindern3.
22.284
1 Vgl. BFH v. 23.8.1999 – GrS 1/97, BStBl. II 1999, 778 = FR 1999, 1167; BFH v. 23.8.1999 – GrS 2/97, BStBl. II 1999, 782 = FR 1999, 1173; BFH v. 23.8.1999 – GrS 3/97, BStBl. II 1999, 787 = FR 1999, 1179; BFH v. 23.8.1999 – GrS 5/97, BStBl. II 1999, 774 = FR 1999, 1180; Heinicke in L. Schmidt, § 4 EStG Rz. 502. 2 Vgl. Strahl in Problemfelder Ertragsteuern Stichwort „Abgeltungsteuer“, Rz. 1, 4 (Stand: 16. Aktualisierung 11/2014); Weber-Grellet, DStR 2013, 1357 (1358 f., 1361): Kapitalertragsteuer in der Abgeltungsteuer als geschlossenes Binnensystem. 3 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 132.
Levedag
687
§ 22 Einkommensteuer
22.285 Der Steuerpflichtige kann jedoch nach § 32d Abs. 6 EStG den Antrag stellen, nach seinem persönlichen Steuersatz besteuert zu werden, wenn dies zu einer niedrigeren Besteuerung sämtlicher Einkünfte unterhalb eines Durchschnittsteuersatzes von 25 % zzgl. SolZ führt (Günstigerprüfung). In Veranlagungszeiträumen ab 2009 wird daher auf Einkünfte aus Kapitalvermögen höchstens ein Steuersatz i.H. von 25 %, auf Antrag jedoch maximal der persönliche Steuersatz angewendet. Auch in den Fällen der Günstigerprüfung bleibt es jedoch für die Einkünfte aus Kapitalvermögen beim Verbot des Abzuges von Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG und den Verlustnutzungsbeschränkungen nach § 20 Abs. 6 EStG (siehe Rz. 22.302).
22.286 Die Abgeltungsteuer für die Einkünfte aus Kapitalvermögen verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG1. Der Gesetzgeber ist von Verfassungs wegen nach der Rechtsprechung des BVerfG2 nicht gehindert, die ihrer Natur nach nicht einer bestimmten Person zugeordnete und geographisch nicht gebundene Erwerbsgrundlage „Finanzkapital“ dadurch zu erfassen, dass er alle Kapitaleinkünfte – unabhängig von ihrer Anlageform und buchungstechnischen Erfassung – an der Quelle besteuert und mit einer Definitivsteuer belastet, die in einem linearen Satz den absetzbaren Aufwand und den Progressionssatz in Durchschnittswerten typisiert. Der BVerfG hielt auch die ehemalige Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte gemäß § 32c EStG a.F. für verfassungsgemäß, weil der Gesetzgeber bestimmte Einkünfte aus steuer- oder wirtschaftspolitischen Gründen besser stellen darf3. Die Abgeltungsteuer bringt für Anleger mit hoher Progression Erleichterungen mit sich und lässt für Anleger mit niedrigem Steuersatz eine Günstigerprüfung zu. 10. Die Kapitalertragsteuer a) Der Steuerabzug vom Kapitalertrag
22.287 Die Einkommensteuer auf die Einkünfte aus der stillen Beteiligung (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) wird, wenn der Inhaber Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat, durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) erhoben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG). Zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den eigentlichen Gewinnanteilen oder an ihrer Stelle gewährt werden (§ 43 Abs. 1 Satz 2 EStG). Zu beschränkt Steuerpflichtigen siehe Rz. 29.11. b) Die abgeltende Wirkung der Kapitalertragsteuer bei Privatinvestoren
22.288 In Veranlagungszeiträumen ab 2009 kommt dem Kapitalertragssteuerabzug im System der Abgeltungsteuer neue Bedeutung zu. Während die Kapitalertragsteuer bisher eine gemäß § 36 Abs. 2 EStG anrechenbare Einkommensteuervorauszahlung war, hat der Abzug ab 2009 bei nicht in einem Betriebsvermögen gehaltenen stillen Beteiligungen abgeltende Wirkung, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG.
22.289 Die Steuerschuld ist daher nicht etwa im Wege der Veranlagung mit unterjährig gezahlter Abzugsteuer zu verrechnen, sondern erlischt außerhalb der Veranlagung. Die 1 BFH v. 29.4.2014 – VIII R 9/13, BFHE 245, 343 = BStBl. II 2014, 986 = FR 2014, 1100. 2 BVerfG v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239 = FR 1991, 375. 3 BVerfG v. 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, DStR 2006, 1316 (1318).
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§ 22 Einkommensteuer
Kapitaleinkünfte mit Kapitalertragsteuerabzug sind in der Einkommensteuererklärung nicht zu erklären, bezüglich dieser Kapitaleinkünfte unterbleibt die Veranlagung, § 25 Abs. 1 EStG. Weiterer Effekt der Abgeltungswirkung ist, dass sich die Kapitalerträge nicht auf die Ermittlung des Steuertarifs nach § 32a EStG auswirken. Gemäß § 2 Abs. 5b EStG sind in den Begriff des zu versteuernden Einkommens i.S. des EStG die Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 EStG nicht einzubeziehen (siehe aber auch § 2 Abs. 5a EStG). Neben der Begünstigung der Kapitaleinkünfte durch den niedrigeren Steuertarif kommt es auch zu einer Verminderung der Progressionswirkung insgesamt1. Gerade bei hohen Kapitaleinkünften kann es dadurch zu einer deutlichen Steuerentlastung bei dem übrigen Einkunftsarten kommen.
22.290
Die abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuerabzugs findet gemäß § 43 Abs. 5 Satz 2 EStG u.a. in den Fällen betrieblicher Darlehensforderungen/stiller Beteiligungen keine Anwendung, da die Vergütungen des Stillen gemäß § 20 Abs. 8 EStG in diesem Fall zu den Gewinneinkünften des Darlehensgebers gehören. Ein weiterer Ausnahmefall liegt vor, wenn der Abgeltungsteuertarif gemäß § 32d Abs. 2 EStG nicht zur Anwendung kommt (siehe Rz. 22.266 ff.).
22.291
Hat der Kapitalertragsteuer-Abzug keine Anwendung gefunden, obwohl es sich um Vergütungen aus einer typisch stillen Beteiligung handelt, welches nicht nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a EStG von der Anwendung des besonderen Steuersatzes ausgenommen ist, sind die Kapitalerträge nach § 32d Abs. 3 Satz 1 EStG in der Einkommensteuer-Erklärung anzugeben. Gleiches gilt bei Ausübung des Wahlrechts nach § 32d Abs. 4 EStG. Die Kapitalerträge werden dann unter Anwendung des besonderen Steuersatzes nach § 32d Abs. 1 EStG als der Abgeltungsteuer unterliegende Einkünfte im Bescheid veranlagt. Die hierauf entfallende Abgeltungs-ESt ist mit der tariflichen Einkommensteuer auf die regelbesteuerten Einkünfte zusammenzurechnen, um die festzusetzende Einkommensteuer zu ermitteln (§ 2 Abs. 6 EStG). Wird die Günstigerprüfung erfolgreich durchgeführt und sind alle Einkünfte mit dem Regeltarif zu besteuern, wird die festzusetzende Einkommensteuer nur nach § 32a EStG ermittelt.
22.292
11. Kapitaleinkünfte in der Veranlagung Zu unterscheiden sind nach Einführung der Abgeltungsteuer die Pflichtveranlagung zum Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 3 EStG, das Veranlagungswahlrecht nach § 32d Abs. 4 EStG und die Veranlagungsoption (Günstigerprüfung) nach § 32d Abs. 6 EStG.
22.293
a) Pflichtveranlagung zum Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 EStG Die Pflichtveranlagung ist immer dann durchzuführen, wenn steuerpflichtige Erträge nicht dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben. Bei der stillen Gesellschaft ist dies vor allem bei Veräußerungs- und Auflösungsgewinnen der Fall. Darüber hinaus ist die Pflichtveranlagung aber auch durchzuführen, wenn die Kapitalerträge dem 1 Kracht, GStB 2007, 133 (133).
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22.294
§ 22 Einkommensteuer
Steuerabzug zwar nach § 43 EStG unterliegen, der Abzug tatsächlich aber nicht durchgeführt wurde1.
22.295 Diese (und nur diese) Kapitaleinkünfte sind in der Steuererklärung des stillen Gesellschafters zu erklären. Sie unterliegen in der Veranlagung dem Abgeltungsteuersatz, § 32d Abs. 3 Satz 2 EStG. Die besonderen Regelungen des Werbungskosten- und Verlustabzuges nach § 20 Abs. 6 und 9 EStG sind anzuwenden2. Obwohl eine Veranlagung stattfindet, wirken sich die Kapitaleinkünfte wegen § 2 Abs. 5b EStG nicht auf die Progression bei den anderen Einkünften aus, sondern die Abgeltungs-ESt und die Einkommensteuer nach § 32a EStG sind zur Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer zu addieren (siehe Rz. 22.292 zu § 2 Abs. 6 EStG). b) Veranlagungswahlrecht zur Überprüfung des Kapitalertragsteuereinbehalts, § 32d Abs. 4 EStG
22.296 VeranlagungswahlrechtDer stille Gesellschafter hat auch die Möglichkeit, die Veranlagung innerhalb der Abgeltungsteuer zu beantragen, um den Kapitalertragsteuereinbehalt zu überprüfen, § 32d Abs. 4 EStG. Der erforderliche Antrag kann bis zur (formellen) Unanfechtbarkeit des Einkommensteuerbescheides gestellt werden3.
22.297 Durch den Antrag können die gesetzlich geregelten Tatbestände, die beim Kapitalertragsteuerabzug nicht berücksichtigt werden können, wie z.B. ein Verlustvortrag nach § 20 Abs. 6 EStG, steuermindernd geltend gemacht werden. Ebenso besteht für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, den Steuereinbehalt des Kreditinstituts dem Grund und der Höhe nach überprüfen zu lassen, den Sparerpauschbetrag vollständig auszuschöpfen oder die Kapitaleinkünfte, die in verschiedenen Depots dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben, zusammenzuführen. Für die Verrechnung von Verlusten aus Kapitaleinkünften, die dem Steuerabzug unterlegen haben, ist eine Bescheinigung nach §§ 20 Abs. 6 Satz 6, 43a Abs. 3 Satz 4 EStG notwendig, um auf Ebene der auszahlenden Stellen die Verlustvortragstöpfe zu schließen (Rz. 22.261)4.
22.298 Werbungskosten können auch bei der Wahlveranlagung nicht abgezogen werden. Es gilt hier ebenfalls § 20 Abs. 9 EStG, der nur den Abzug des Sparer-Pauschbetrags zulässt.
22.299 Die Verlustnutzungsbeschränkungen des § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG gelten auch hier. Verluste aus anderen Einkunftsarten können auch bei dieser Veranlagungsform innerhalb der Abgeltungsteuer nicht berücksichtigt werden5. c) Antrag auf Günstigerprüfung, § 32d Abs. 6 EStG n.F.
22.300 § 32d Abs. 6 EStG regelt die Wahlmöglichkeit des Steuerpflichtigen, seine Einkünfte aus Kapitalvermögen abweichend von § 32d Abs. 1 EStG den allgemeinen einkom1 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 144, 180. 2 Zu den Einzelheiten BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 144. 3 BFH v. 28.7.2015 – VIII R 50/14, BFHE 250, 413 = BStBl. II 2015, 894 auch im Unterschied zum Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG; BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 145. 4 Siehe ausführlich BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 212 ff. 5 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 146.
690 Levedag
§ 22 Einkommensteuer
mensteuerrechtlichen Regelungen zur Ermittlung der tariflichen Einkommensteuer zu unterwerfen. Damit wird für Steuerpflichtige, deren Belastung mit der tariflichen Einkommensteuer auf Kapitaleinkünfte niedriger ist als der Abgeltungsteuersatz i.H. von 25 %, die Möglichkeit geschaffen, dass ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen diesem niedrigeren Steuersatz unterworfen werden1. Der Steuerpflichtige hat daher nach § 32d Abs. 6 EStG die Möglichkeit, die Besteuerung nach dem persönlichen Steuersatz zu beantragen. Das Finanzamt führt in diesem Fall eine Günstigerprüfung durch. Stellt sich dabei heraus, dass die Veranlagung für den Steuerpflichtigen nicht günstiger ist, so werden die Kapitaleinkünfte bei der Festsetzung von Amts wegen (d.h. ohne zusätzliche Anträge des Steuerpflichtigen) nicht berücksichtigt, da es dann bei der endgültigen Belastung der Kapitaleinkünfte mit dem Kapitalertragsteuersatz bleibt. Der Antrag auf Günstigerprüfung gilt dann als nicht gestellt2. Der Antrag kann nach § 32d Abs. 6 Satz 2 EStG für den jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich für sämtliche Kapitalerträge und bei zusammen veranlagten Ehegatten nur für beide zusammen gestellt werden. Der Antrag ist vor Eintritt der (formellen) Bestandskraft zu stellen, kann aber nachträglich auch noch wirksam gestellt werden, wenn die Bestandskraft aufgrund einer Änderung gemäß §§ 172 ff. AO durchbrochen wird3.
22.301
Wird das Veranlagungswahlrecht nach § 32d Abs. 6 EStG ausgeübt, müssen alle Kapitalerträge erklärt werden. Hierzu sind sämtliche Steuerbescheinigungen einzureichen. Nicht ausgeglichene Verluste i.S. des § 43a Abs. 3 EStG sind wie beim Antrag nach § 32d Abs. 4 EStG nur zu berücksichtigen, wenn die Bescheinigung über die Schließung des Verlustvortragstopps nach § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG vorliegt4. Auch bei der sog. „Günstigerprüfung“ findet § 20 Abs. 9 EStG Anwendung. Ein Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten kommt daher nicht in Betracht5. Allerdings können die nach den vorstehenden Regeln zu ermittelnden positiven (Brutto-)Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden, wenn dies insgesamt zu einer niedrigeren ESt für die Kapitaleinkünfte führt6.
22.302
frei
22.303
III. Zusammenfassung Der auf den typischen stillen Gesellschafter entfallende Gewinnanteil mindert beim Geschäftsinhaber als Betriebsausgabe dessen einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn. Für den typischen stillen Gesellschafter sind die anteiligen Gewinne dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 1 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 149. 2 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 150. 3 BFH v. 12.5.2015 – VIII R 14/13, BFHE 250, 64 = BStBl. II 2015, 806; BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 149. 4 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 150. 5 BFH v. 12.5.2015 – VIII R 13/13, BFHE 249, 125 = BStBl. II 2015, 393; BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 150. 6 BMF v. 18.1.2016, BStBl. I 2016, 85, Tz. 146.
Levedag
691
22.304
§ 22 Einkommensteuer
Nr. 4 EStG). Der Steuerabzug i.H. von 25 % ist vom Inhaber vorzunehmen, sobald ihm die Einkünfte gemäß § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen sind, sobald er über sie rechtlich und tatsächlich verfügen kann. Der Kapitalertragsteuerabzug hat ab dem Veranlagungszeitraum 2009 bei typischen stillen Beteiligungen im Privatvermögen in der Regel abgeltende Wirkung (Abgeltungsteuer). Wird die typische stille Beteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten (§ 20 Abs. 8 EStG) oder greift einer der Ausnahmetatbestände des § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG ein, so tritt diese Abgeltungswirkung nicht ein. Die Kapitalerträge sind zu erklären und der Regelbesteuerungen (dem progressiven persönlichen Steuertarif) zu unterwerfen. Ist der typische stille Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag auch an den Verlusten beteiligt, so handelt es sich für ihn dabei um Werbungskosten i.S. des § 9 EStG. Der Abzug der Verluste steht nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 15a EStG unter dem Vorbehalt, dass sich durch die Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto des stillen Gesellschafters im Verlustentstehungsjahr weder bildet noch erhöht. Bei typischen stillen Gesellschaften, die nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben wurden, sind neben den laufenden Einkünften (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) auch Veräußerungs- und Auflösungsgewinne in den Veranlagungszeiträumen ab 2009 unabhängig von Behaltensfristen nach § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG im Rahmen der Abgeltungsteuer steuerpflichtig. Grundlegend anders liegen die Dinge bei der steuerlich als Mitunternehmerschaft zu qualifizierenden atypischen stillen Gesellschaft. Alles, was dem stillen Gesellschafter aus seiner Beteiligung zufließt (Gewinnanteile und Sondervergütungen), fällt unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Gewinnanteile des Stillen mindern den Gesamtgewinn der atypisch stillen Gesellschaft nicht. Grundlage und wesentliche Verfahrensvoraussetzung der Heranziehung des atypischen stillen Gesellschafters zur Einkommen-(Körperschaft-)Steuer ist die vom Betriebsfinanzamt durchzuführende einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung, an die die Wohnsitzfinanzämter gebunden sind. Verlustanteile sind in den Grenzen des § 15a EStG (und ggf. der § 15b, 15 Abs. 4 Satz 6 ff. EStG) mit anderen positiven Einkünften verrechenbar. Für entgeltliche und unentgeltliche Übertragungen des Mitunternehmeranteils (§§ 16, 6 Abs. 3 EStG) sind die für alle Mitunternehmerschaften geltenden Grundsätze (Aufgabe- oder Veräußerungsgewinnermittlung/Anwendung der §§ 16, 34 EStG) und insbesondere die Vorgaben der Rechtsprechung bei vorhandenem Sonderbetriebsvermögen zu beachten.
692 Levedag
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Lamprecht
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§ 23 Kçrperschaftsteuer gung von Verlusten aus atypisch stillen Beteiligungen zwischen Kapitalgesellschaften, DStR 2014, 1031; Rockoff, André/Weber, Guido, Verluste aus typisch stiller Gesellschaft unter der Abgeltungsteuer, DStR 2010, 363; Rödder, Thomas/Schumacher, Andreas, Das Steuervergünstigungsabbaugesetz, DStR 2003, 805; Rödder, Thomas/Stangl, Ingo, Wertminderungen eigenkapitalersetzender Darlehen im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft und § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG, DStR 2005, 354; Schmich, Rolf, Anmerkung zum Urteil des FG Hamburg vom 26.10.2010, GmbHR 2011, 329; Schmidt, Lutz/Werner, Lutz Enno, Parallele Zulässigkeit von steuerlicher Organschaft und atypisch stiller Beteiligung, GmbHR 2010, 29; Schroer, Achim/Starke, Peter, Die Abschaffung der Mehrmütterorganschaft durch das StVergAbG – Folgen und Handlungsalternativen, GmbHR 2003, 153; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & atypisch Still – ein großer Verlierer der neuen Steuergesetzgebung, BB 2003, 713; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die ertragsteuerliche Organschaft unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und der steuerlichen Reisekosten sowie der aktuellen Rechtsprechung, DStZ 2013, 621; Suchanek, Markus, Liquidität durch die Begründung von atypisch stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, Ubg 2010, 186; Wacker, Roland, Abschaffung der Mehrmütterorganschaft und Verlustverwertungsbeschränkungen bei stillen Beteiligungen, NWB 2012, 2462; Wacker, Roland, Stille Beteiligungen und Verlustverwertungsbeschränkung gemäß § 15 Abs. 4 Sätze 6 ff. EStG – Anm. zum BFH-Urteil vom 27.3.2012 – I R 62/08, DB 2012 S. 1403; Weber, Heike, Anmerkung zum BFHUrteil v. 27.3.2012, BB 2012, 1470; Weigert, Katja/Strohm, Joachim, Zu den persönlichen Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft unter der Berücksichtigung aktueller Entwicklungen, DK 2013, 249; Wiese, Götz Tobias/Möller, Christian, Verluste aus Gesellschafterdarlehen im Privatvermögen – Steuerliche Behandlung nach MoMiG und Unternehmensteuerreform 2008, GmbHR 2010, 462; Wischmann, Rolf, Anmerkung zum BFH-Urteil v. 27.3.2012, EStB 2012, 236.
I. Allgemeines 1. Grundlagen a) Verweis auf die Einkommensermittlung nach dem EStG
23.1 Die stille Gesellschaft ist ein Rechtsinstitut des Einkommensteuerrechts; das gilt gleichermaßen für die typische wie für die atypische stille Gesellschaft. Das geltende KStG verwendet den Begriff der stillen Gesellschaft nicht. Für die Einkommensermittlung verweist § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG vielmehr grundsätzlich auf die Bestimmungen des EStG; die weiteren Regelungen des KStG modifizieren die einkommensteuerlichen Bestimmungen nur. Sind an einer stillen Gesellschaft Kapitalgesellschaften oder andere KSt-Subjekte als Geschäftsinhaber oder als stiller Gesellschafter beteiligt, gilt für die Einkommensermittlung daher zuvörderst ein Verweis auf die Bestimmungen des EStG und damit auf die §§ 20–22 in diesem Buch.
23.2 In diesem Kapitel behandelt werden lediglich diejenigen Sonderregelungen, die eingreifen, wenn in einer stillen Gesellschaft der Geschäftsinhaber oder der stille Gesellschafter der Körperschaftsteuer unterliegen. Relevant sind insbesondere § 8 Abs. 3, § 8b und § 8c KStG sowie die §§ 14 ff. KStG, ferner die § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG und § 17 EStG. b) Die GmbH & Still
23.3 Prägend für die Besteuerung stiller Gesellschaften im Körperschaftsteuerrecht sind Konstellationen, in denen an einer GmbH stille Beteiligungen begründet werden. Man spricht von einer „GmbH & Still“, die sowohl als typische als auch als atypische stille Gesellschaft ausgestaltet sein kann. In der Praxis sind die stillen Gesellschafter 694 Lamprecht
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häufig zugleich Anteilseigner der GmbH. Die GmbH & atypisch Still lässt sich als „virtuelle GmbH & Co. KG“ verstehen1, steuerlich wird sie weitgehend wie diese behandelt2. Körperschaftsteuerliche Fragen der stillen Gesellschaft werden daher vielfach schlicht unter der Bezeichnung „GmbH & Still“ abgehandelt3. Dies erschöpft den Themenkreis stiller Gesellschaften im Körperschaftsteuerrecht allerdings nicht. Stille Gesellschaften finden sich auch an Aktiengesellschaften, innerhalb von Unternehmensgruppen, an Betrieben gewerblicher Art sowie in zahlreichen weiteren Konstellationen. Auch an einer KGaA können stille Beteiligungen bestehen4. Zahlenmäßig dominieren immerhin Kapitalgesellschaften als Geschäftsinhaber bzw. als stiller Gesellschafter. Die folgende Darstellung konzentriert sich daher auf sie. Mutatis mutandis können die Ausführungen aber auch auf die Rechtslage für stille Gesellschaften unter Beteiligung anderer KSt-Subjekte übertragen werden. Für Gesellschafter, Aktionäre, Mitglieder usw. wird im Folgenden der Begriff des „Anteilseigners“ verwendet.
23.4
c) Typische und atypische stille Gesellschaften bei Beteiligung von KSt-Subjekten Zwar ist ein stilles Gesellschaftsverhältnis wegen des Generalverweises in § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG bei der Einkommensermittlung grundsätzlich nicht anders zu würdigen als bei der Einkommensteuer; der Umstand, dass an dem Rechtsverhältnis eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes KSt-Subjekt beteiligt ist, kann sich aber darauf auswirken, ob nach dem EStG überhaupt eine stille Gesellschaft besteht. Ist etwa im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter die Einordnung eines Rechtsverhältnisses als partiarisches Darlehen oder als stille Gesellschaft zweifelhaft, besteht nach der Rechtsprechung ein Indiz zugunsten des Abschlusses einer stillen Gesellschaft5.
23.5
Noch bedeutsamer ist die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft für die Frage, ob eine typische oder eine atypische stille Gesellschaft vorliegt – zumal dies auch Auswirkungen auf den jeweils anderen Gesellschafter der stillen Gesellschaft hat, Änderungen also Drittwirkungen zeitigen. Hierauf ist insbesondere bei Umstrukturierungsvorgängen zu achten. Einfluss hat die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft vor allem auf die Frage, ob ein stiller Gesellschafter die für eine atypische stille Gesellschaft erforderliche Mitunternehmerstellung besitzt. Denn nach der Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der erforderlichen Mitunternehmerinitiative nicht nur die Befugnisse des stillen Gesellschafters aus dem stillen Gesellschaftsverhältnis zu berücksichtigen, sondern es sind hierfür in einer Gesamtschau auch sämtliche weiteren rechtlich abgesicherten Befugnisse einzubeziehen, die dem stillen Gesellschafter hinsichtlich
23.6
1 Vgl. K. Schmidt in MünchKomm.HGB, 3. Aufl. 2012, § 232 HGB Rz. 39. 2 Vgl. etwa BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286, Rz. 27 (für die Zuordnung der GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen) = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193. 3 Vgl. etwa OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299, Rz. 3.2.2. mit einer Zusammenfassung der Besteuerung der „GmbH & Still“ aus Verwaltungssicht. 4 Vgl. BFH v. 16.4.2010 – IV B 94/09, GmbHR 2010, 774 = BFH/NV 2010, 1272. Die Rechtslage gleicht der bei einer stillen Beteiligung an einer AG und nicht der an einer GmbH & Co. KG. Nur im Verhältnis zum Komplementär bildet die KGaA ihrerseits eine Mitunternehmerschaft, vgl. Hageböke, DB 2010, 1610 (1611). 5 BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 583, Rz. 27 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 281 (315).
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der Unternehmensführung zukommen1. Hierfür kommen insbesondere die Stellung als Geschäftsführer, als Prokurist, als leitender Angestellter oder auch als Anteilseigner des Geschäftsinhabers in Betracht2 – Konstellationen, die allesamt gerade bei der GmbH & Still, aber auch bei anderen KSt-Subjekten3 vorkommen. Sind dem stillen Gesellschafter in diesem Sinne Aufgaben der Geschäftsführung, mit denen ein nicht unerheblicher Entscheidungsspielraum und damit auch Einfluss auf grundsätzliche Fragen der Geschäftsleitung verbunden ist, zur selbständigen Ausübung übertragen, kann dies selbst ein gering ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko kompensieren – etwa aufgrund fehlender stiller Beteiligung an den stillen Reserven oder wegen fehlender Beteiligung am Verlust4. Stille Beteiligungen, an denen dem stillen Gesellschafter – auf welcher Rechtsgrundlage auch immer – ein solcher Einfluss auf die Geschäftsführung des Geschäftsinhabers rechtlich abgesichert zusteht, werden von der Rechtsprechung daher regelmäßig steuerlich als Mitunternehmerschaft gewertet. In seinem Beschluss vom 28.3.2003 hat der BFH von einem seiner Rechtsprechung zugrunde liegenden Leitsatz gesprochen, dem zufolge jedenfalls derjenige atypischer stiller Gesellschafter sei, der mit einer hohen Vermögenseinlage am Gewinn eines Handelsunternehmens beteiligt ist und wie ein Unternehmer auf das Schicksal dieses Unternehmens Einfluss nehmen kann5. Bei stillen Gesellschaften zwischen einer GmbH und ihrem Alleingesellschafter nimmt die Rechtsprechung angesichts dessen eine Mitunternehmerschaft an6. Besitzt der stille Gesellschafter eine Mehrheitsbeteiligung an einer GmbH, liegt eine solche Mitunternehmerschaft jedenfalls nahe7. Dies gilt grundsätzlich auch bei Bestellung mehrerer Geschäftsführer8. Vgl. im Einzelnen bereits Rz. 20.78 ff. EStG.
23.7 Ist der Geschäftsinhaber eine Kapitalgesellschaft, wirkt sich dies zudem unter Umständen darauf aus, ob eine – atypische – stille Gesellschaft gewerblich tätig ist. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist auf stille Gesellschaften anwendbar9 und kann demnach auch zur Gestaltung der Rechtslage genutzt werden. Vgl. bereits Rz. 22.10 ff. EStG.
1 BFH v. 14.10.2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188, Rz. 4; BFH v. 11.12.1990 – VIII R 122/86, BFHE 163, 346, Rz. 26 = FR 1991, 236 = GmbHR 1991, 337; ablehnend Mylich in FS Blaurock, S. 355 (362 f.). 2 BFH v. 21.1.2010 – IV B 128/08, BFH/NV 2010, 1425, Rz. 20 (zum Erfordernis der rechtlichen Abgesichertheit der Befugnisse). 3 Vgl. BFH v. 12.9.2005 – VIII B 54/05, BFH/NV 2006, 277, Rz. 4 (Vorstandsvergütung als Sondervergütung). 4 BFH v. 27.7.2009 – IV B 124/08, BFH/NV 2009, 1981, Rz. 10; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 5/04, BFH/NV 2007, 906, Rz. 23 ff.; BFH v. 9.12.2002 – VIII R 20/01, BFH/NV 2003, 601, Rz. 26; BFH v. 18.6.2001 – IV B 88/00, BFH/NV 2001, 1550, Rz. 5; FG Köln v. 26.8.2008 – 1 K 38/04, juris, Rz. 32 jeweils m.w.N. 5 BFH v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, DStRE 2003, 969 (969) (ergänzend die atypische stille Gesellschaft im konkreten Fall mit einer Betriebsaufspaltung begründend). 6 BFH v. 14.10.2003 – VIII B 281/02, BFH/NV 2004, 188, Rz. 2. 7 Vgl. FG München v. 30.4.1999 – 2 K 3257/96, GmbHR 2000, 246 = EFG 1999, 933, Rz. 35 f. (Mitunternehmerstellung u.a. wegen Sperrminorität gegen Kündigung der stillen Gesellschaft). 8 FG BW v. 30.3.2006 – 3 K 7/02, juris Rz. 72 f. m.w.N.; anders aber FG München v. 27.1.2014 – 7 K 987/11, EFG 2014, 848, Rz. 35. 9 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328, Rz. 18 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444 m. Anm. Kempermann.
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2. Stille Gesellschaften und subjektive Körperschaftsteuerpflicht Stille Gesellschaften unterliegen als solche nicht der Körperschaftsteuer. Unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind gemäß § 1 Abs. 1 KStG vielmehr lediglich die folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, sofern sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Inland haben: 1. Kapitalgesellschaften, 2. Genossenschaften und Europäische Genossenschaften, 3. Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit, 4. sonstige juristische Personen des privaten Rechts, nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts sowie 5. Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Wegen der strikten Anknüpfung an die zivilrechtliche Rechtsform in § 1 Abs. 1 KStG mutieren stille Gesellschaften auch dann nicht zu eigenen Körperschaftsteuersubjekten, wenn der alleinige Gesellschafter einer GmbH sich an dieser zusätzlich still beteiligt1 oder wenn sich Anleger in Form einer – strikt körperschaftlich verfassten – stillen Publikumsgesellschaft zu hunderten oder gar tausenden an einer Kapitalgesellschaft beteiligen.
23.8
Der Körperschaftsteuer unterliegen demnach stets nur der Geschäftsinhaber bzw. der stille Gesellschafter selbst. Zahlreiche Konstellationen kommen in Betracht: Zivilrechtlich können sich alle in § 1 Abs. 1 KStG genannten Rechtssubjekte als stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe eines anderen beteiligen. Als Geschäftsinhaber einer stillen Gesellschaft können sie zivilrechtlich fungieren, soweit sie selbst ein Handelsgewerbe betreiben. Dies ist bei Vereinigungen i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1–3 KStG bereits kraft ihrer Eigenschaft als Handelsgesellschaft gemäß § 6 Abs. 1 HGB stets der Fall2. Aber auch alle anderen KSt-Subjekte können, soweit sie tatsächlich ein Handelsgewerbe betreiben3, Inhaber einer stillen Gesellschaft werden. Der Umstand, dass diese Körperschaftsteuersubjekte nach öffentlichem Recht konstituiert sind, steht dem nicht entgegen. Insbesondere an Betrieben gewerblicher Art bestehen nicht selten stille Gesellschaften.
23.9
Geschäftsinhaber bzw. stille Gesellschafter können ferner Gesellschaften ausländischen Rechts sein (vgl. Rz. 6.33 f.). Körperschaftsteuerpflichtig sind sie, wenn sie im konkreten Fall bei einem Rechtstypenvergleich mit einer deutschen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind4. Dies ist bei nach englischem Recht gegründeten Ltd. (Limited Companies by Shares) regelmäßig der Fall; bei der amerikanischen LLC (Limited Liability Company) kommt es auf ihre konkrete Ausgestaltung an, ob sie im deutschen Steuerrecht einer Kapital- oder einer Personengesellschaft gleichsteht5.
23.10
1 Vgl. BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336, Rz. 24. 2 Vgl. BFH v. 21.6.1983 – VIII R 237/80, BStBl. II 1983, 563, Rz. 30 = FR 1983, 539 = GmbHR 1983, 281, 315. 3 Vgl. zur Kaufmannseigenschaft von Betrieben gewerblicher Art BFH v. 18.1.1995 – I R 44/94, BStBl. II 1995, 742 = FR 1995, 474, Rz. 10. Vgl. aber auch § 263 HGB, der abweichende landesrechtliche Vorschriften gestattet. 4 BFH v. 17.7.1968 – I 121/64, BStBl. II 1968, 1276, Rz. 17. 5 Vgl. BMF v. 19.3.2004 – IV B 4 – S 1301 USA-22/04, BStBl. I 2004, 411. Vgl. auch FG Schl.Holst. v. 25.11.1999 – II 587/95, juris, Rz. 117 zur Frage, ob die mittelbare Beteiligung eines deutschen Steuerpflichtigen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft nach deutschem Steuerrecht als stille Gesellschaft zu qualifizieren ist.
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23.11 Haben die genannten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland, unterliegen sie unbeschränkt mit ihrem Welteinkommen der Körperschaftsteuer, ansonsten zumindest beschränkt mit ihren inländischen Einkünften. Zu den inländischen Einkünften zählen auch die Einkünfte aus typischen und atypischen stillen Gesellschaften, wenn der Geschäftsinhaber im Inland ansässig ist bzw. die Mitunternehmerschaft eine Betriebsstätte im Inland unterhält, § 49 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 5 Buchst. a EStG (vgl. Rz. 29.3).
23.12 Inländische Einkünfte aus typischen stillen Beteiligungen sind schließlich auch dann körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen bezogen werden, die nicht bereits gemäß § 1 Abs. 1 KStG unbeschränkt steuerpflichtig sind. Von den Kapitaleinkünften ist ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen, mit der Folge, dass insoweit zumindest eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht besteht, § 2 Nr. 2 KStG. Der Steuerabzug entfaltet abgeltende Wirkung, § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG; ein Abzug von Erwerbsaufwendungen ist nicht zulässig, § 8 Abs. 6 KStG. Relevant wird diese Steuerpflicht, wenn juristische Personen des öffentlichen Rechts, die als solche nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind, sich an dem Gewerbe eines anderen als typische stille Gesellschafter beteiligen.
23.13 Der Körperschaftsteuer unterliegen schließlich auch Einkünfte aus solchen stillen Beteiligungen, welche Körperschaften i.S. von § 1 Abs. 1 und § 2 KStG zwar nicht selbst erzielen, die ihnen aber im Rahmen einer Mitunternehmerschaft unmittelbar oder vermittelt über weitere Mitunternehmerschaften zugerechnet werden, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte sind daher auch solche Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen, welche lediglich für die Körperschaftsteuer von Bedeutung sind. 3. Trennungsprinzip und stille Beteiligung von Anteilseignern
23.14 Tragender Unterschied zwischen der Einkommensermittlung im EStG und der im KStG ist, dass im Bereich des KStG das Trennungsprinzip gilt. Handlungen und Wirtschaftsgüter auf Ebene der Körperschaft werden demnach – anders als bei Mitunternehmerschaften – den Anteilseignern grundsätzlich nicht zugerechnet; Gleiches gilt in umgekehrter Richtung. KSt-Subjekt und etwaige Anteilseigner werden vielmehr grundsätzlich jeweils unabhängig und gesondert voneinander besteuert.
23.15 Für stille Gesellschaften bedeutet dies, dass sich die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft an dieser zusätzlich nochmals im Wege einer stillen Gesellschaft beteiligen können1 und dann – anders als die Gesellschafter einer Gesamthandsgesellschaft – bezüglich ihrer stillen Gesellschaft grundsätzlich wie gesellschaftsfremde Dritte besteuert werden. Zwischen beiden Beteiligungsformen ist strikt zu trennen. Leistungen, deren Rechtsgrund in einer stillen Gesellschaft liegt, können daher nie Einlagen i.S. von § 27 KStG sein. Ebenso ist in einer Prüfungsanordnung gegenüber einer Kapi1 Vgl. nur BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155, Rz. 24 m.w.N.; BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336 (338) (für atypische stille Gesellschaft); BFH v. 9.7.1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690, Rz. 22 (für typische stille Gesellschaft); vgl. Paulick, GmbHR 1982, 237; Blaurock, BB 1992, 1969.
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talgesellschaft ein besonderer Hinweis aufzunehmen, wenn nicht nur sie, sondern auch eine an ihr bestehende atypische stille Gesellschaft geprüft werden soll1. Allerdings handelt es sich bei dieser Trennung zwischen der Sphäre des KSt-Subjekts und der seiner Anteilseigner nur um ein Prinzip, das im Einzelnen durch zahlreiche Ausnahmen und Überlagerungen modifiziert wird. Im Einzelfall bedarf es daher gerade bei stillen Gesellschaften stets der sorgfältigen Prüfung, inwieweit es bei der Trennung bleibt. 4. Teileinkünfteverfahren, Abgeltungsteuer und stille Gesellschaften Entsprechend dem Trennungsprinzip werden KSt-Subjekte durch die Körperschaftsteuer abschließend gesondert besteuert. Die Körperschaftsteuer beträgt seit dem VZ 2008 15 % des zu versteuernden Einkommens, § 23 Abs. 1 KStG. Hinzu kommt die Gewerbesteuer, deren Höhe von den Umständen des Einzelfalls abhängt, aber bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 410 % ebenfalls mit ca. 15 % veranschlagt werden kann. Seit dem VZ 2008 kann die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe abgesetzt werden, § 4 Abs. 5b EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Anders als bei Mitunternehmerschaften führt sie auch nicht gemäß § 35 EStG zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer auf Ebene der Anteilseigner. Gewerbesteuer- und Körperschaftsteuer addieren sich bei Kapitalgesellschaften daher bei einem GewSt-Hebesatz von 410 % auf eine definitive Belastung von ca. 30 % des zu versteuernden Einkommens. In dieser definitiven Belastung mit Körperschaft- und Gewerbesteuer liegt eines der wesentlichen Gestaltungsmotive zur Einräumung von stillen Gesellschaften an Kapitalgesellschaften. Denn im Umfang der stillen Beteiligung einer natürlichen Person lässt sich diese definitive Steuerbelastung vermeiden bei gleichzeitigem Erhalt der Vorteile einer Kapitalgesellschaft als Geschäftsinhaber insbesondere in haftungsrechtlicher Hinsicht. Besonders hoch ist dieser Vorteil, wenn fremde Dritte sich als typische stille Gesellschafter beteiligen. In diesem Fall fallen auf die Gewinne des stillen Gesellschafters grundsätzlich nur die 25-prozentige gewerbesteuerliche Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 lit. c GewStG und die Abgeltungsteuer von 25 % an.
23.16
Die Abstimmung der Körperschaftsteuer mit der Einkommensteuer erfolgt seit der Abschaffung des Anrechnungsverfahrens dadurch, dass die definitive Vorbelastung von Ausschüttungen mit der Körperschaftsteuer auf Ebene des Anteilseigners in typisierender Weise berücksichtigt wird.
23.17
Für Anteile an Kapitalgesellschaften, die sich in einem Betriebsvermögen befinden, findet das Teileinkünfteverfahren Anwendung. Ein Teil der Ausschüttung wird mithin steuerfrei gestellt. Gleiches gilt für Erwerbseinnahmen aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Seit dem VZ 2009 beträgt der steuerfreie Anteil 40 % der betreffenden Erwerbseinnahmen, § 3 Nr. 40 EStG. Korrespondierend hierzu dürfen Erwerbsaufwendungen, die mit Erwerbseinnahmen i.S. von § 3 Nr. 40 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur zu 60 % abgezogen werden. Unterliegt der Anteilseigner der Körperschaftsteuer, werden zur Vermeidung eines Kaskadeneffekts gemäß § 8b Abs. 2 KStG Veräußerungsgewinne
23.18
1 Hingegen umfasst die Prüfungsanordnung gegenüber einer GmbH & Co. KG grundsätzlich auch eine an dieser bestehende atypische stille Gesellschaft, vgl. FG Berlin-Bdb. v. 13.4.2010 – 6 K 5440/04 B, EFG 2010, 1956, Rz. 49, 54.
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und -verluste gänzlich von der Besteuerung freigestellt. Für Ausschüttungen gilt dasselbe, sofern mindestens eine Beteiligung von 10 % am Kapital der ausschüttenden Kapitalgesellschaft besteht, § 8b Abs. 1 und 4 KStG1. Von den steuerfreien Einnahmen gelten allerdings in beiden Fällen 5 % als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, § 8b Abs. 3 Satz 1 und 5 Satz 1 KStG.
23.19 Partiell überlagert wird das Teileinkünfteverfahren seit dem VZ 2009 durch die sog. Abgeltungsteuer2. Erzielt der Anteilseigner aus seiner Beteiligung Einkünfte aus Kapitalvermögen, berücksichtigt § 32d Abs. 1 EStG die Vorbelastung von Ausschüttungen von Kapitalgesellschaften mit Körperschaftsteuer demnach grundsätzlich durch den besonderen Steuertarif von 25 % für Kapitaleinkünfte. Dies entspricht betragsmäßig dem auf Dividenden und andere Gewinnausschüttungen vorzunehmenden Kapitalertragsteuerabzug, §§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3; 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Wird dieser vorgenommen, ist die Einkommensteuer auf Ebene der Anteilseigner gemäß § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG durch den Kapitalertragsteuerabzug abgegolten. Um eine Abgeltung zu ermöglichen, schließt seit dem VZ 2009 § 20 Abs. 9 EStG für Kapitaleinkünfte einen Abzug von Werbungskosten über den Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro hinaus aus. Auch eine Verrechnung von Verlusten mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ist unzulässig, § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG.
23.20 Insbesondere wenn mehr als 801 Euro Werbungskosten anfallen, ist die Abgeltungsteuer für Anteilseigner häufig ungünstig. Anteilseigner, die an der Kapitalgesellschaft zu mindestens 25 % beteiligt sind oder die an ihr zu mindestens 1 % beteiligt sind und für sie beruflich tätig sind, können daher gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG beantragen, dass sie nach den allgemeinen Regeln des Teileinkünfteverfahrens besteuert werden. § 20 Abs. 6 und 9 sowie § 32d Abs. 1 EStG finden dann auf sie keine Anwendung. Bei der Errichtung einer GmbH & Still ist die Ausübung dieses Wahlrechts sorgfältig zu erwägen. Es wird in vielen Fällen vorteilhaft sein.
23.21 Einkünfte aus typischen stillen Gesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden, unterliegen grundsätzlich ebenfalls den Regelungen der Abgeltungsteuer, § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG3. Die Option des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zugunsten der Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren ist auf sie nicht anwendbar. Da die Gewinnanteile für eine typische stille Beteiligung auf Ebene der Kapitalgesellschaft abzugsfähig sind, beim stillen Gesellschafter aber nur im Rahmen der Abgeltungsteuer besteuert werden, kann durch Eingehen einer stillen Gesellschaft gegenüber einer unmittelbaren Beteiligung der bereits dargestellte, erhebliche Steuervorteil erreicht werden4. Dies findet aber für nahestehende Personen seine Grenze in den Sonderregelungen des § 32d Abs. 2 Nr. 2 EStG (vgl. Rz. 22.266).
1 § 8b Abs. 4 KStG und damit die Mindestbeteiligungsquote eingeführt durch Gesetz v. 21.3.2013 zur Umsetzung des EuGH-Urteils v. 20.10.2011 in der Rechtssache C-284/09, BGBl. I 2013, 561, anwendbar erstmals für Bezüge, die nach dem 28.2.2013 zufließen, Art. 1 Nr. 4 lit. a des Gesetzes v. 21.3.2013. 2 Eingehend hierzu BMF v. 9.10.2012 – IV C 1 – S 2252/10/10013, BStBl. I 2012, 953. 3 Vgl. zur Abgeltungsteuer bei typischen stillen Beteiligungen Cziz/Krane, DStR 2010, 2226; Middendorf/Engel, StuB 2010, 738; Rockhoff/Weber, DStR 2010, 363. 4 Siehe den Vergleich der Steuerlast bei typischer und atypischer stille Beteiligung bei Eichfelder, Ubg 2013, 178.
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5. Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei stillen Gesellschaften Kapitalgesellschaften verfügen nach ständiger Rechtsprechung über keine außerbetriebliche Sphäre1. Stille Beteiligungen – sei es als Geschäftsinhaber, sei es als stiller Gesellschafter – gehören bei ihnen daher stets zum Betriebsvermögen. Dies gilt auch dann, wenn einkommensteuerrechtlich ein Fall der Liebhaberei vorläge. Bei Rechtsgeschäften zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern erfolgt die erforderliche Abgrenzung zwischen Einkommenserzielung und Einkommensverwendung durch die Rechtsinstitute der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) und der verdeckten Einlage, § 8 Abs. 3 Satz 2 und 3 KStG. Beide bewirken, dass Leistungen im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern, die nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind, auch dann steuerlich als Einkommensverwendung behandelt werden, wenn ihre gesellschaftsrechtliche Veranlassung durch ein scheinbar betrieblich veranlasstes Rechtsgeschäft verdeckt wird. Maßstab dafür, ob eine Leistung betrieblich oder durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, ist im Allgemeinen, ob sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt worden wäre2. Stille Gesellschaften zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem ihrer Anteilseigner bzw. einer diesem nahestehenden Person sind unter diesem Gesichtspunkt stets sorgfältig zu prüfen.
23.22
a) Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung Der BFH versteht unter einer verdeckten Gewinnausschüttung eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht3. Die Vermögensminderung bzw. die unterlassene Vermögensmehrung müssen grundsätzlich geeignet sein, bei dem Gesellschafter zu Einkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 9, 10 EStG zu führen4. Da das Ersparen von Aufwendungen genügt5, reicht grundsätzlich auch die Befriedigung eines ideellen Interesses eines Anteilseigners für eine verdeckte Gewinnausschüttung aus6.
23.23
Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis nimmt der BFH regelmäßig dann an, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwen-
23.24
1 BFH v. 22.8.2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961, Rz. 13 = GmbHR 2007, 1275 m. Komm. Schröder = FR 2007, 1160 m. Anm. Orth; BFH v. 4.12.1996 – I R 54/95, BFHE 182, 123, Rz. 19 ff. = GmbHR 1997, 317 = FR 1997, 311. 2 BFH v. 23.2.2005 – I R 70/04, BStBl. II 2005, 882, Rz. 9 = FR 2005, 890 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2005, 775 m. Komm. Hoffmann; BFH v. 28.11.1991 – I R 13/90, BStBl. II 1992, 359 = GmbHR 1992, 312, Rz. 16 m.w.N. 3 St. Rspr.: BFH v. 25.5.2004 – VIII R 4/01, BFHE 207, 103, Rz. 14 = GmbHR 2005, 60 m. Komm. Schwedhelm/Binnewies = FR 2005, 199; BFH v. 22.2.1989 – I R 9/85, BStBl. II 1989, 631, Rz. 11; vgl. auch Gosch in Gosch, § 8 KStG Rz. 166 m.w.N. 4 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131, Rz. 7 = FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118 m. Komm. Rohde. 5 Vgl. Frotscher in Frotscher/Maas, Stand: 9/2013, Anh. zu § 8 KStG vGA Rz. 200b. 6 Vgl. BFH v. 15.5.2002 – I R 92/00, BFHE 199, 217, Rz. 12 = FR 2002, 1175 m. Anm. Pezzer = GmbHR 2002, 1033 m. Komm. Hoffmann.
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det, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte1. Neben diesen materiellen Fremdvergleich tritt im Verhältnis zu beherrschenden Gesellschaftern ein formeller Fremdvergleich. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis wird demnach auch dann angenommen, wenn es für die Vermögensminderung bzw. die unterlassene Vermögensmehrung an einer dem Grunde und der Höhe nach eindeutigen, von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt oder eine solche zwar vorliegt, aber die stille Gesellschaft tatsächlich nicht vereinbarungsgemäß durchgeführt worden ist2.
23.25 Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt auch dann vor, wenn eine Zuwendung nicht an den Anteilseigner selbst, sondern an eine diesem nahestehende Person erfolgt. Erforderlich ist lediglich, dass die Zuwendung zu einem wie auch immer gearteten Vorteil für den Anteilseigner selbst führt3. Bei Zuwendungen an den Ehegatten oder an die Kinder eines Anteilseigners ist hiervon grundsätzlich auszugehen, sofern nicht die Kapitalgesellschaft nachweist, dass der Vorteil seine Ursache ausschließlich im Verhältnis zwischen ihr und der nahestehenden Person hat4. Sieht eine GmbH davon ab, die Einzahlung einer bedungenen stillen Einlage gegenüber der Ehefrau eines Gesellschafters einzufordern, kann hierin daher eine verdeckte Gewinnausschüttung gegenüber dem Gesellschafter liegen5. Gegenüber diesem sind ggf. auch die Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung zu ziehen. Im Verhältnis zwischen dem Gesellschafter und der ihm nahestehenden Person sind die steuerlichen Folgen gesondert zu beurteilen (z.B. das Vorliegen einer unentgeltlichen Zuwendung).
23.26 Rechtsfolge verdeckter Gewinnausschüttungen ist gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, dass sie das Einkommen nicht mindern. Verdeckte Gewinnausschüttungen sind demnach dem Einkommen außerbilanziell wieder hinzuzurechnen, soweit sie zuvor den bilanziellen Gewinn der Gesellschaft gemindert haben. Auf verdeckte Gewinnausschüttungen fällt Kapitalertragsteuer an. Zudem kann die verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG das steuerliche Einlagenkonto mindern. Auf Seiten des Anteilseigners führt die verdeckte Gewinnausschüttung zu Einkünften gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Das Teileinkünfteverfahren bzw. die Abgeltungsteuer finden Anwendung. Die Umqualifizierung von zuvor regulär besteuerten Einkünften in verdeckte Gewinnausschüttungen im Rahmen einer Betriebsprüfung führt daher auf Ebene des Anteilseigners regelmäßig zu einer steuerlichen Entlastung. Für die Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttungen bei Bestehen einer atypischen stillen Gesellschaft gelten dieselben Grundsätze wie bei der GmbH & Co. KG6.
1 BFH v. 7.8.2002 – I R 2/02, BStBl. II 2004, 131, Rz. 7; BFH v. 9.7.1969 – I R 188/67, BStBl. II 1969, 690, Rz. 26 = FR 2003, 132 = GmbHR 2003, 118 m. Komm. Rohde. 2 BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/12, BStBl. II 1977, 155, Rz. 24; BFH v. 24.5.1989 – I R 90/85, BStBl. II 1989, 800 (801) = FR 1989, 757 = GmbHR 1990, 47. Vgl. zur Widerlegbarkeit dieser Vermutung BFH v. 28.10.1987 – I R 110/83, BStBl. II 1988, 301, Rz. 13 = FR 1988, 136 = GmbHR 1988, 121. 3 BFH v. 27.1.1972 – I R 28/69, BStBl. II 1972, 320 (321). 4 BFH v. 27.11.1974 – I R 250/72, BStBl. II 1975, 306 (307); BFH v. 6.4.1977 – I R 86/75, BStBl. II 1977, 569 (570). 5 Vgl. FG Berlin-Bdb. v. 8.2.2011 – 6 K 6124/07, EFG 2011, 1335, Rz. 53 ff. (im konkreten Fall eine verdeckte Gewinnausschüttung wegen guter Finanzlage der GmbH und einer vereinbarten Verzinsung der Einlage i.H. von 4 % p.a. ablehnend). 6 Vgl. eingehend OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299, Rz. 3.2.2.; Brinkmann, StBp 2013, 241 (246).
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b) Tatbestand und Rechtsfolgen der verdeckten Einlage – Zum Debt-Mezzanine-Swap Unter einer verdeckten Einlage i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG versteht die Rechtsprechung die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste, unentgeltliche Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils1. Rechtsfolge der verdeckten Einlage ist grundsätzlich, dass sie das Einkommen der Kapitalgesellschaft nicht erhöht. Soweit die verdeckte Einlage den bilanziellen Gewinn der Gesellschaft erhöht hat, ist das Einkommen der Gesellschaft außerbilanziell daher wieder um die verdeckte Einlage zu mindern. Verdeckte Einlagen erhöhen grundsätzlich das steuerliche Einlagekonto gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG. Auf Ebene des Anteilseigners stellen sie nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung dar, § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG.
23.27
Bewertet werden verdeckte Einlagen mit dem Teilwert, § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 6 Satz 2 EStG. Verzichten Anteilseigner auf wertgeminderte Forderungen gegenüber ihrer Kapitalgesellschaft, wird der hierdurch entstehende Ertrag bei ihrer Kapitalgesellschaft i.H. des Nennwerts der entfallenden Verbindlichkeit daher nur partiell – nämlich i.H. des Teilwertes der korrespondierenden Forderung – gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG wieder korrigiert2. Dies ist häufig eine unerwünschte Konsequenz. Denn der hierdurch entstehende Gewinn ist nur unter den besonderen Voraussetzungen eines Sanierungsgewinns3 steuerlich begünstigt. Diese Voraussetzungen sind auch bei wirtschaftlich notleidenden Gesellschaften nicht stets gegeben4.
23.28
In der Literatur wird erörtert, die Nachteile eines solchen Debt-Equity-Swaps durch einen Debt-Mezzanine-Swap zu vermeiden. Anstatt auf ihre Forderungen zu verzichten, sollen die Anteilseigner diese lediglich in eine Form mezzaninen Kapitals umwandeln. Vorgeschlagen wird, dieses mezzanine Kapital steuerlich zwar als Fremdkapital, handelsrechtlich aber als Eigenkapital auszugestalten – mit dem Ziel, auf diese Weise praktisch zu denselben wirtschaftlichen Ergebnissen wie bei einem Debt-Equity-Swap zu gelangen – allerdings ohne dessen steuerlichen Nachteile5. Ob dieser Vorschlag trägt, ist indes fraglich. Er steht unter dem Vorbehalt, dass das Steuerrecht bei der bilanziellen Einordnung des mezzaninen Kapitals als Eigenkapital nicht zwingend der handelsbilanziellen Betrachtung folgt.6 Zudem darf der Swap steuerlich nicht als erfolgswirksame Schuldumschaffung, sondern lediglich als steuerneutrale Schuldänderung anzusehen sein. Dies erscheint gerade bei dem Swap eines Darlehens in eine stille Gesellschaft zweifelhaft7. Jedenfalls die Schuldumschaffung eines Darlehens in eine atypische stille Beteiligung bewirkt steuerlich eine Erfolgsrealisation zu denselben Be-
23.29
1 BFH v. 12.12.2000 – VIII R 22/92, BStBl. II 2001, 385 (390) = FR 2001, 690 = GmbHR 2001, 348 m. Komm. Kohlhaas. 2 BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307, Rz. 44 ff. = GmbHR 1997, 851 = FR 1997, 723. 3 Vgl. zu diesem BMF v. 27.3.2003 – IV A 6 – S 2140-8/03, BStBl. I 2003, 240. 4 Insbesondere kann es an der Sanierungsabsicht fehlen, wenn außer den Anteilseignern keine weiteren Gläubiger an dem Schuldenschnitt teilnehmen, vgl. BFH v. 28.2.1989 – VIII R 303/84, BStBl. II 1989, 711, Rz. 33 = FR 1989, 525. 5 So Hofert/Möller, GmbHR 2009, 527 (531); Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115 (115); Hönig, Ubg 2014, 27 (31) m.w.N.; vgl. auch Manz/Lammel, GmbHR 2009, 1121 (1123). 6 So die Verwaltungsmeinung: OFD NRW v. 12.5.2016 – S 2742-2016/0009-St 131, juris (für Genussrechte); OFD Rheinland v. 14.12.2011 – Kurzinformation KSt 56/2011, GmbHR 2012, 543. Vgl. auch BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, DStR 2015, 1551, Rz. 8. 7 Vgl. Lechner/Haisch, Ubg 2012, 115 (117 f.).
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wertungsmaßstäben wie eine verdeckte Einlage1. Waren die eingelegten Darlehen wertlos, fehlt es überdies an dem für die Anerkennung einer atypischen stillen Gesellschaft erforderlichen Mitunternehmerrisiko2. c) Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Errichtung stiller Gesellschaften
23.30 Die Aufnahme eines Anteilseigners bzw. einer diesem nahestehenden Person als stiller Gesellschafter ist stets unter dem Gesichtspunkt einer verdeckten Gewinnausschüttung sorgfältig zu prüfen. Die Aufnahme eines sonstigen gesellschaftsfremden Dritten kann hingegen grundsätzlich nie eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen.
23.31 Ist der stille Gesellschafter beherrschender Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person3, hat die Rechtsprechung die Errichtung einer stillen Gesellschaft vielfach hingegen bereits deswegen als verdeckte Gewinnausschüttung eingestuft, weil die Beteiligten bei der Errichtung der stillen Gesellschaft nicht die Anforderungen des formellen Fremdvergleichs hinreichend beachtet hatten4. In der Gestaltungspraxis ist diesem Maßstab daher besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Ein stilles Gesellschaftsverhältnis kann zum Beispiel nicht rückwirkend – etwa ab Beginn des Geschäftsjahrs – begründet werden5. Insbesondere hinsichtlich der Eindeutigkeit der vereinbarten Gewinn- und Verlustbeteiligung für den stillen Gesellschafter gelten strenge Maßstäbe. Unklarheiten diesbezüglich führen leicht dazu, dass die stille Beteiligung bereits dem Grunde nach steuerlich nicht anzuerkennen ist. Bemessungsgrundlage, Prozentsätze, etwaige Zuschläge bzw. Höchst- oder Mindestbeträge müssen der Vereinbarung selbst zu entnehmen sein6. Schließt eine Kapitalgesellschaft eine stille Gesellschaft mit den Angehörigen eines beherrschenden Gesellschafters ab, finden die Rechtsgrundsätze für die Anerkennung von Familiengesellschaften ergänzend Anwendung7.
23.32 Im Übrigen verlangt die Rechtsprechung auch im Verhältnis zu Anteilseignern, die ihre GmbH nicht beherrschen, regelmäßig den konkreten Nachweis der Vereinbarung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses, und zwar auch hinsichtlich des genauen 1 FG München v. 26.1.2000 – 2 K 381/00, EFG 2000, 669, Rz. 51; bestätigt durch BFH v. 29.5.2001 – VIII R 10/00, FR 2001, 1163 = GmbHR 2001, 933 m. Komm. Hoffmann = BB 2001, 1994 (1994). 2 BFH v. 31.5.2012 – IV R 40/09, BFH/NV 2012, 1440, Rz. 20 ff. 3 Vgl. BFH v. 11.7.1984 – I R 233/81, juris Rz. 20 f. (für stille Gesellschaft zwischen einer GmbH und einer aus ihren Anteilseignern bestehenden GbR). 4 Vgl. BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63, Rz. 11; BFH v. 25.5.1988 – I R 92/84, BFH/ NV 1989, 258, Rz. 10; BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/72, BStBl. II 1977, 155, Rz. 24 m.w.N.; vgl. auch FG Hess. v. 29.6.2006 – 11 K 3809/04, EFG 2006, 1762, Rz. 28 ff. 5 BFH v. 25.3.2008 – VIII B 148/07, BFH/NV 2008, 1148, Rz. 6; BFH v. 7.12.1983 – I R 70/77, BStBl. II 1984, 384, Rz. 38 ff. (für stille Beteiligungen, die im Zuge einer steuerlich rückwirkend vorgenommenen Umwandlung vereinbart wurden, von der steuerlichen Rückwirkung der Umwandlung selbst aber nicht umfasst waren); BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/12, BStBl. II 1977, 155, Rz. 28 = FR 1984, 288 = GmbHR 1984, 190. 6 Vgl. BFH v. 26.4.1989 – I R 96/85, BFH/NV 1990, 63, Rz. 11. 7 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349, Rz. 17 = GmbHR 2014, 1278 = FR 2015, 76 m. Anm. Kanzler; FG Hess. v. 29.6.2006 – 11 K 3809/04, EFG 2006, 1762, Rz. 28 ff.
704 Lamprecht
§ 23 Kçrperschaftsteuer
Zeitpunkts des Beginns der stillen Gesellschaft1. Stets ist nachzuweisen, dass Leistungen, die an die GmbH erbracht worden sind, ihren Rechtsgrund gerade in einem (zusätzlichen) stillen Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Anteilseigner und der GmbH haben und nicht von dem Anteilseigner schlicht als weitere verdeckte Einlage in die GmbH erbracht worden sind. Im Falle des Eingehens einer stillen Gesellschaft durch Selbstkontrahieren des GmbH-Geschäftsführers bedarf es für den Nachweis grundsätzlich der zeitnahen Einbuchung der stillen Einlage in der Buchführung der GmbH2. Ist die stille Beteiligung bereits dem Grunde nach nicht anzuerkennen, sind Leistungen in Vollzug der stillen Gesellschaft steuerlich als verdeckte Einlagen der Anteilseigner in das Gesellschaftsvermögen der Kapitalgesellschaft zu werten. Spätere Gewinnauszahlungen auf die vermeintliche stille Gesellschaft führen dann zwangsläufig steuerlich zu verdeckten Gewinnausschüttungen an die Anteilseigner.
23.33
Ist die stille Gesellschaft dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen, hält die dem stillen Gesellschafter gewährte Beteiligung aber betragsmäßig nicht einem materiellen Fremdvergleich stand, liegt in der Errichtung der stillen Gesellschaft zumindest der Höhe nach eine verdecke Gewinnausschüttung oder eine verdeckte Einlage.
23.34
Übersteigt etwa der Wert der Einlage eines typischen stillen Gesellschafters den Betrag der ihm hierfür gewährten stillen Beteiligung und hätte ein fremder Dritter bei Wahrung der Sorgfalt eines gewissenhaften Geschäftsleiters die stille Beteiligung unter gleichen Bedingungen nicht übernommen, liegt i.H. des Differenzbetrags eine verdeckte Einlage des Anteilseigners in seine Gesellschaft vor. Diese verdeckte Einlage ist dem steuerlichen Einlagekonto gutzuschreiben und führt beim Anteilseigner nicht zu Anschaffungskosten auf seine stille Beteiligung, sondern zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seinen Anteil an der Kapitalgesellschaft.
23.35
Gewährt eine Kapitalgesellschaft hingegen einem ihrer Anteilseigner in fremdunüblicher Weise eine typische stille Beteiligung, die über den Wert des bedungenen Beitrags des stillen Gesellschafters hinausgeht, liegt hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung der Gesellschaft an ihren Anteilseigner. Die Kapitalgesellschaft hat die Einlage des stillen Gesellschafters auf den Teilwert abzuschreiben, in gleicher Höhe ist dieser Betrag dem Gewinn außerbilanziell wieder hinzuzurechnen3. Auf die verdeckte Gewinnausschüttung fällt Kapitalertragsteuer an, sie mindert ggf. das steuerliche Einlagekonto und führt beim Anteilseigner grundsätzlich zu Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Bringt eine Kapitalgesellschaft ihren Betrieb in eine atypische stille Gesellschaft ein und gewährt sie ihrem Anteilseigner hierbei eine fremdunüblich hohe stille Beteiligung, liegt auch hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung4.
23.36
1 BFH v. 9.12.1976 – IV R 47/12, BStBl. II 1977, 155, Rz. 25, 28. 2 BFH v. 10.4.1997 – IV B 90/96, GmbHR 1997, 1016 = BFH/NV 1997, 662, Rz. 23 f.; FG BW v. 23.11.2009 – 10 K 282/06, Rz. 81. 3 Wird die verdeckte Gewinnausschüttung erst im Rahmen einer Betriebsprüfung aufgedeckt, ergibt sich aus ihr auf Ebene der Gesellschaft daher regelmäßig keine Einkommenswirkung. 4 Vgl. BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867, Rz. 25 (für Einbringung in eine GmbH & Co. KG) = FR 2005, 300 = GmbHR 2005, 240.
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d) Die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters als verdeckte Gewinnausschüttung
23.37 Verdeckte Gewinnausschüttungen können zudem in der vereinbarten Gewinnbeteiligung eines stillen Gesellschafters liegen. Maßgeblich ist, ob der vereinbarte Gewinnverteilungsschlüssel einem materiellen Fremdvergleich genügt oder nicht. Die von der Rechtsprechung für die Angemessenheit der Gewinnverteilung in Familiengesellschaften entwickelten Maßstäbe sind hingegen prinzipiell nicht auf die GmbH & Still anwendbar1.
23.38 Zeitpunkt für den anzulegenden Fremdvergleich sind die Verhältnisse bei Errichtung der stillen Gesellschaft und die zu diesem Zeitpunkt zu erwartenden Erträge des Handelsgeschäfts2. Spätere besonders hohe Gewinnanteile für einzelne Geschäftsjahre sind grundsätzlich unbeachtlich. Die für die Angemessenheit der Gewinnverteilung in der GmbH & Co. KG entwickelten Maßstäbe können grundsätzlich angewandt werden, sofern die Besonderheiten der GmbH & Still berücksichtigt werden. Maßstab für eine fremdübliche Gewinnverteilung ist demnach vor allem das Verhältnis zwischen dem Wert des Geschäftsbetriebs der GmbH und dem Wert der Einlageleistung im Zeitpunkt der Vereinbarung der stillen Gesellschaft3. Den Umständen des Einzelfalls ist umfassend Rechnung zu tragen. Eine Kompensation zwischen Gewinnverteilung und Leistungen aufgrund weiterer Rechtsverhältnisse ist – sofern nicht ausdrücklich vereinbart – grundsätzlich nicht zulässig4. Ein geringes Geschäftsführergehalt kann eine fremdunüblich hohe Gewinnbeteiligung als stiller Gesellschafter daher grundsätzlich nicht rechtfertigen. Weicht die vereinbarte Gewinnverteilung von den dargestellten Regeln wesentlich5 ab, führen Gewinnanteile von stillen Gesellschaftern insoweit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, als sie eine fremdübliche angemessene Gewinnverteilung übersteigen6. Vergleiche im Einzelnen zur Bestimmung einer angemessenen Gewinn- und Verlustbeteiligung Rz. 21.63 ff.
23.39 Wird eine zunächst fremdvergleichsüblich vereinbarte Gewinnbeteiligung für einen stillen Gesellschafter dauerhaft unangemessen hoch, kann die Nichtausübung eines bestehenden Kündigungsrechts seitens des Geschäftsinhabers dazu führen, dass in den Gewinnausschüttungen an den stillen Gesellschafter zukünftig verdeckte Gewinngewinnausschüttungen liegen7.
1 BFH v. 6.2.1980 – I R 50/76, BStBl. II 1980, 477, Rz. 24 = FR 1980, 358 = GmbHR 1980, 215. 2 BFH v. 9.6.1994 – IV R 47-48/92, BFH/NV 1995, 103, Rz. 57; FG Münster v. 14.8.2013 – 2 K 2483/11 F, EFG 2014, 29, Rz. 41 ff. (zur Notwendigkeit, die Angemessenheit der Gewinnverteilung über die gesamte Laufzeit der stillen Gesellschaft zu beurteilen). 3 BFH v. 12.12.1990 – I R 85/88, BFH/NV 1992, 59, Rz. 17; BFH v. 11.7.1984 – I R 233/81, juris Rz. 31, 33. 4 Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, 6. Aufl. 2013, Rz. 295. 5 Vgl. hierzu BFH v. 11.7.1984 – I R 233/81, juris, Rz. 34. 6 BFH v. 9.6.1994 – IV R 47/92, BFH/NV 1995, 103, Rz. 60 (für partiarisches Darlehen). 7 BFH v. 6.2.1986 – I S 15/85, BFH/NV 1986, 563, Rz. 25 = GmbHR 1987, 69; vgl. auch BFH v. 19.2.2009 – IV R 83/06, BStBl. II 2009, 798, Rz. 32 (für Familiengesellschaft) = FR 2009, 950 m. Anm. Kempermann = GmbHR 2009, 672.
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§ 23 Kçrperschaftsteuer
e) Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei sonstigen Geschäftsvorfällen Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen können schließlich auch in sonstigen Geschäftsvorfällen des Geschäftsinhabers liegen, sofern an diesen Geschäften ein Anteilseigner oder eine diesem nahestehende Person beteiligt ist. Veräußert etwa eine GmbH & atypisch Still dem Anteilseigner der GmbH, der zugleich auch ihr stiller Gesellschafter ist, ein Wirtschaftsgut zu einem fremdunüblich geringen Entgelt, so liegt hierin eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Anteilseigner. Im Übrigen ist von einer verdeckten Entnahme auszugehen. Gehören die Anteile an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen des atypischen stillen Gesellschafters1, gehört die verdeckte Gewinnausschüttung ihrerseits zu den (Sonder-)Betriebseinnahmen der atypischen stillen Gesellschaft2. Der gesamte Vorgang ist als Teil der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die GmbH & atypisch Still steuerlich festzustellen3.
23.40
6. Stille Beteiligungen als Eigenkapital des Geschäftsinhabers – Rangrücktritt Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft genießen sowohl gesellschaftsrechtlich als auch steuerrechtlich Finanzierungsfreiheit. Es steht ihnen also grundsätzlich frei, ob sie ihre Gesellschaft mit Eigen- oder mit Fremdkapital ausstatten4. Angesichts dessen kann die Hingabe von Darlehen durch Anteilseigner steuerlich grundsätzlich nicht gemäß § 42 AO in die Hingabe von Eigenkapital umgedeutet werden5. Nichts anderes gilt grundsätzlich auch für die Hingabe stiller Beteiligungen6.
23.41
Dennoch können jedenfalls typische stille Beteiligungen unter Umständen steuerlich Eigenkapital des Geschäftsinhabers bilden. Die Maßstäbe hierfür hat der BFH in seinem Urteil vom 15.4.20157 präzisiert: Das Maßgeblichkeitsprinzip des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG gilt demnach grundsätzlich auch dafür, wann Verbindlichkeiten mangels wirtschaftlicher Belastung nicht in der Bilanz des Schuldners zu passivieren sind. Ergänzend tritt das Ansatzverbot gemäß § 5 Abs. 2a EStG hinzu. Nach dieser Vorschrift sind Verbindlichkeiten, die nur zu erfüllen sind, soweit künftige Einnahmen oder Gewinne anfallen, erst anzusetzen, wenn solche Einnahmen oder Gewinne tatsächlich
23.42
1 Vgl. hierzu BFH v. 16.4.2015 – IV R 1/12, BStBl. II 2015, 705, Rz. 17 ff.; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286, Rz. 27 f. = GmbHR 1999, 193. 2 Vgl. hierzu im Einzelnen OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299, Rz. 3.2.2.3. 3 Vgl. BFH v. 6.8.1985 – VIII R 280/81, BStBl. II 1986, 17, Rz. 28 ff. (für GmbH & Co. KG) = FR 1986, 44 = GmbHR 1986, 134. Vgl. zu den verschiedenen denkbaren Fallgestaltungen Dötsch in Dötsch, § 8 KStG Teil D Rz. 1251 ff. 4 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532, Rz. 27 = FR 1992, 525; so grundsätzlich bereits BFH v. 7.11.1950 – I 20/50 U, BStBl. III 1951, 12 (14). 5 BFH v. 5.2.1992 – I R 127/90, BStBl. II 1992, 532, Rz. 27 = FR 1992, 525; BFH v. 16.5.2001 – I B 143/00, BStBl. II 2002, 436, Rz. 13 = FR 2001, 954 m. Anm. Weber-Grellet = GmbHR 2001, 822 m. Anm. Eilers/Wienands; FG München v. 7.4.1992, 7 K 3627/89, juris, Rz. 20 (für stille Gesellschaft); anders noch BMF v. 16.3.1987 – IV B 7 – S 2742-3/87, BStBl. I 1987, 373. Zur früher intensiv geführten Debatte um stille Beteiligungen als verdecktes Stammkapital vgl. Vorauflage Rz. 23.10 ff. 6 Vgl. bereits BFH v. 20.8.1954 – I 130/53 U, BStBl. III 1954, 336 (338). 7 BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, DStR 2015, 1551.
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angefallen sind1. Die bloße Vermögenslosigkeit des Schuldners führt demnach nicht bereits dazu, dass eine rechtlich bestehende Verpflichtung aus dem handels- oder steuerrechtlichen Abschluss auszubuchen ist. Vielmehr erfordert der zutreffende Ausweis des schuldnerischen Vermögens auch in einer solchen Situation prinzipiell die Passivierung von Schulden. Hieran ändert auch ein einfacher Rangrücktritt nichts2. Die Schwelle zur Nichtansatzfähigkeit wird vielmehr erst dann überschritten, wenn Verbindlichkeiten vereinbarungsgemäß nur aus künftigen Gewinnen oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss erfüllt werden müssen. Denn erst dann kann von einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung für den Steuerpflichtigen nicht mehr gesprochen werden3. Ob eine Rangrücktrittserklärung zur Nichtansatzfähigkeit der betreffenden Verbindlichkeiten führt, hängt mithin von ihrem genauen Inhalt ab4. Dies schafft Gestaltungsspielraum und -sicherheit für die Beteiligten. Bereits die Formulierung, dass eine Verbindlichkeit ggf. auch aus freiem Vermögen zu erfüllen ist, belässt es bei dem Erfordernis, sie zu passivieren5.
23.43 Sind Verbindlichkeiten aufgrund eines solchen Rangrücktritts nicht anzusetzen, stellt die hierdurch eintretende Betriebsvermögensmehrung eine steuerliche Einlage dar, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist6. Sind Anteilseigner und stiller Gesellschafter bei einer GmbH & typisch Still identisch, kann durch eine entsprechende Rangrücktrittserklärung eine typische stille Beteiligung mithin in der Steuerbilanz Eigenkapital gleichgestellt werden. Zu trennen hiervon ist die Frage, ob steuerlich anzuerkennende stille Beteiligungen auf Ebene des Anteilseigners als eigenkapitalersetzend bzw. als nicht fremdvergleichsüblich einzustufen sind. Dies ist eine Frage von § 17 EStG (vgl. Rz. 23.83) bzw. von § 3c Abs. 2 Satz 2–5 EStG und von § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG (vgl. Rz. 23.86). 7. Stille Beteiligungen und Organschaft
23.44 In ihren wirtschaftlichen Folgen ähnelt die stille Gesellschaft in mancher Hinsicht der körperschaftsteuerlichen Organschaft7. Beide Rechtsinstitute lassen jeweils auf vertraglicher Grundlage ein Rechtssubjekt an dem Gewinn und Verlust bzw. an dem Einkommen eines anderen Rechtssubjekts teilnehmen. Ist dieses andere Rechtssubjekt – wie bei der Organschaft stets – eine Kapitalgesellschaft, überwinden beide Rechtsinstitute im Ergebnis das körperschaftsteuerliche Trennungsprinzip.
23.45 Die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft erfordert neben der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger unter anderem 1 2 3 4 5
BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, DStR 2015, 1551, Rz. 8. BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, DStR 2015, 1551, Rz. 9. BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, DStR 2015, 1551, Rz. 9. Vgl. zur erforderlichen Auslegung BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, DStR 2015, 1551, Rz. 11 f. BFH v. 30.11.2011 – I R 100/10, BStBl. II 2012, 332, Rz. 20 m.w.N. = FR 2012, 582 = GmbHR 2012, 406 m. Komm. Berg/Schmich; So auch die Gestaltungsempfehlungen von Oser, BB 2015, 1904 (1906) und Hoffmann, DStR 2015, 1551 (1551), wenn eine Einlage vermieden werden soll. Zu deren – u.U. nachteiligen – Folgen vgl. Rz. 23.28. 6 BFH v. 15.4.2015 – I R 44/14, DStR 2015, 1551, Rz. 18 unter Aufgabe seiner entgegenstehenden früheren Rspr. v. 30.11.2011 – I R 100/10, FR 2012, 582 = GmbHR 2012, 406 m. Komm. Berg/ Schmich = BStBl. 2012, 332, Rz. 22 ff. 7 Vgl. Kessler/Reitsam, DStR 2003, 269.
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den Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags zwischen ihnen, §§ 14 Abs. 1; 17 KStG. Dieser muss den Organträger zur Übernahme jeglichen Jahresfehlbetrags der Organgesellschaft entsprechend den Regeln des § 302 AktG verpflichten und wird erst mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam. Dies sind sehr viel weiterreichende Anforderungen, als für die Vereinbarung einer stillen Gesellschaft erforderlich sind. Allerdings reicht auch die Verlustzuweisung im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft weiter als die im Rahmen einer stillen Gesellschaft, da sie nicht der Beschränkung des § 15a EStG unterliegt. Mit dem Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG) hat der Gesetzgeber im Jahre 2003 die Voraussetzungen angehoben, unter denen Personengesellschaften Organträger sein können. Personengesellschaften i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG müssen seitdem hierfür originär einer gewerblichen Tätigkeit nachgehen; die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft muss überdies seitdem „im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst“ erfüllt sein, § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 KStG. Die zuvor vom Gesetz ausdrücklich anerkannte Zulässigkeit der Mehrmütterorganschaft wurde auf diese Weise abgeschafft1. Die meisten dieser Verhältnisse wurden aufgrund der Neuregelung aufgehoben oder umstrukturiert. Hierdurch haben mittelbar die Publizität der Verhältnisse aus dem Handelsregister und wegen der Haftung gemäß § 302 AktG auch der Gläubigerschutz profitiert.
23.46
Um eine Umgehung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft zu verhindern, ist durch das StVergAbG zudem die Verlustverrechnung für solche stille Gesellschaften eingeschränkt worden, die zwischen einer Kapitalgesellschaft als Geschäftsinhaber und einem KSt-Subjekt als unmittelbarem oder mittelbarem stillen Gesellschafter bestehen, § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung ist zwar bestritten (vgl. Rz. 23.68), solange sie vom BVerfG aber nicht positiv festgestellt worden ist, kann zu stillen Gesellschaften als Verlusttransfervehikel zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem anderen KSt-Subjekt als stillem Gesellschafter nicht geraten werden.
23.47
Angesichts dieser Regelungen ist auch streitig, inwieweit die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft daran scheitern kann, dass am Organträger oder an der Organgesellschaft eine stille Gesellschaft besteht.
23.48
a) Stille Beteiligungen am Organträger Nach allgemeiner Ansicht unschädlich für die Anerkennung einer Organschaft ist die Beteiligung typischer stiller Gesellschafter am Organträger2.
23.49
Streitig ist die Lage, wenn am Organträger ein atypischer stiller Gesellschafter beteiligt ist und die Anteile an der Organgesellschaft von der atypischen stillen Beteiligung umfasst werden. Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG muss der Organträger vom Beginn des Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen in einem solchen Maße an der Organgesellschaft beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organ-
23.50
1 Vgl. hierzu Wacker, NWB 2012, 2462 (2462 ff.). 2 Dötsch in Dötsch, Stand: 8/2014, § 14 KStG Rz. 53; Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (450); Schulze zur Wiesche, DStZ 2013, 621 (622).
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schaft zusteht. Diese finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft in den Organträger kann grundsätzlich auch von einer atypischen stillen Gesellschaft erfüllt werden1. Sie ist nach gefestigter Rechtsprechung ein eigenes Subjekt der Gewinnerzielung, der Gewinnermittlung und der Einkünftequalifikation2. Insoweit verfügt sie über ein eigenes Betriebsvermögen, dem ertragsteuerlich die Wirtschaftsgüter, auf welche sich die stille Beteiligung erstreckt, zugerechnet werden3. Handlungen des Geschäftsinhabers im Rahmen der Einkünfteerzielung werden ihr zugerechnet4. Insoweit kann die atypische stille Gesellschaft auch originär eigene gewerbliche Einkünfte erzielen5. Die Anteile an der Organgesellschaft, der Ergebnisabführungsvertrag auf Seiten des Geschäftsinhabers wie auch der Ergebnisabführung werden bei Bestehen einer atypischen stillen Gesellschaft daher steuerlich dieser zugerechnet.
23.51 Zweifelhaft ist die Rechtslage aber, weil nach der Neufassung durch das StVergAbG die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Organschaft „im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst“ erfüllt sein müssen. Anteile an der Organgesellschaft im Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bleiben hierdurch für die Anerkennung der Organschaft unberücksichtigt. Nach der Gesetzesbegründung soll „durch die Übertragung der Beteiligung ins Gesamthandvermögen der Personengesellschaft (…) die Ernsthaftigkeit des gemeinsamen Engagements in der Organschaft verdeutlicht“ werden6. Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll eine finanzielle Eingliederung „im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst“ daher nur dann gegeben sein, wenn sich die Anteile an der Organgesellschaft im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft befinden7. Über ein solches gesamthänderisches Vermögen verfügen atypische stille Gesellschaften indes nicht. Nach dieser Ansicht soll die Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters an den Anteilen an der Organgesellschaft die Anerkennung der Organschaft deswegen grundsätzlich ausschließen8. Ohne diese restriktive Auslegung wird befürchtet, dass 1 Vgl. FG Hamburg v. 12.3.1984 – II 46/81, EFG 1984, 569 (570); Gosch in FS Raupach, S. 461 (474 f.). 2 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328, Rz. 18 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444 m. Anm. Kempermann. 3 Hageböke, DK 2013, 334 (337); Suchanek, Ubg 2010, 186 (191); Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (454 ff.); Gosch in FS Raupach, S. 461 (474 f.). Ein Betriebsvermögen ebenfalls anerkennend Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, § 5 C.2.; Brinkmann, StBp 2011, 241 (242). Vgl. zum wirtschaftlichen Eigentum eines (atypisch) Unterbeteiligten und der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Mitinhaberschaft gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BStBl. II 2005, 857, Rz. 27 = GmbHR 2005, 1633 m. Komm. Heinz/Hageböke = FR 2006, 137. 4 BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328, Rz. 18 = GmbHR 1997, 563; OFD Erfurt v. 23.10.2003 – S 2241 A – 08 – L 221, FR 2003, 1299 Rz. 3.2.2.2. A.A. Kolbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 14 KStG Rz. 204. 5 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, 171, Rz. 17 ff. = FR 1995, 20 m. Anm. Kempermann; Hageböke, DK 2013, 334 (336 m.w.N.); Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (452); Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (31); Suchanek, Ubg 2010, 186 (191); insoweit zweifelnd Crezelius in FS Schaumburg, S. 239 (250); ablehnend Frotscher in Frotscher/Maaß, Stand: 12/2014, § 14 KStG Rz. 205. 6 BT-Drucks. 15/119, S. 43. 7 BMF v. 10.11.2005 – IV B 7 – S 2770-24/05, BStBl. I 2005, 1038, Rz. 13; Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (453). 8 BMF v. 20.8.2015 – 2015-08-20 IV C 2 – S 2770/12/10001, BStBl. I 2015, 649; so bereits zuvor OFD Frankfurt v. 30.1.2013 – S 2770 A – 53 – St 51, DB 2013, 610; FM Schl.-Holst. v. 4.3.2013 – VI 3011 – S 2770 – 080, DK 2013, 363 (363). Nach dem Schreiben des BMF können am
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die vom Gesetzgeber intendierte Abschaffung der Mehrmütterorganschaft umgangen werden könnte1. Nach anderer Ansicht soll hingegen das Erfordernis einer Zuordnung der Anteile an der Organgesellschaft zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft keine hinreichende Grundlage im Gesetzestext haben mit der Folge, dass eine atypische stille Beteiligung an dem Organträger für unschädlich für die Organschaft gehalten wird2. Im Kern geht dem Streit damit die Frage voraus, wie man zur Abschaffung der Mehrmütterorganschaft durch das StVergAbG und die hiermit verbundenen Neuregelungen für die Organschaft und für die stille Gesellschaft steht. Nach hier vertretener Ansicht sprechen die besseren Gründe dafür, Organschaften auch bei Beteiligung atypischer stiller Gesellschaften am Organträger anzuerkennen. Unbestrittenermaßen stand die Abschaffung der Mehrmütterorganschaft im gesetzgeberischen Ermessen und ist vom Gesetzesanwender zu akzeptieren. Auch mag es gerechtfertigt sein, dass der Gesetzgeber zur Absicherung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft lediglich die stille Gesellschaft Sonderregelungen unterworfen hat3. Dieser Regelungszweck ist indes weder selbstverständlich noch tritt er im Wortlaut von § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 KStG klar hervor. Überdies rechtfertigt er keine Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Beteiligungen am Organträger, denn in Hinblick auf diesen Regelungszweck besteht zwischen beiden Formen stiller Gesellschaften kein wesentlicher Unterschied. Typische stille Beteiligungen werden atypischen stillen Beteiligungen in Hinblick auf Organgesellschaften vermögensmäßig nämlich nicht selten gleichkommen – etwa dann, wenn die Organgesellschaft veräußert oder liquidiert wird oder wenn in ihr während des Bestehens der stillen Gesellschaft keine stillen Reserven gebildet werden. Nicht zuletzt, um insoweit Wertungswidersprüche zu vermeiden, ist eine körperschaftsteuerliche Organschaft unabhängig davon anzuerkennen, ob an dem Organträger eine typische oder atypische stille Beteiligung besteht.
23.52
b) Stille Beteiligungen an der Organgesellschaft Streitig ist zudem, ob stille Beteiligungen, die an der Organgesellschaft bestehen, die Anerkennung einer Organschaft hindern. Zivilrechtlich können auf Seiten der Organgesellschaft als Geschäftsinhaber ein stilles Gesellschaftsverhältnis und ein bestehender Gewinnabführungsvertrag nebeneinander bestehen4. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters fließt dann in die Berechnung des Gewinns vor Durchführung des Gewinnabführungsvertrags ein. Die Organgesellschaft kann daher zivilrechtlich i.S. von § 291 Abs. 1 Satz 1 AktG ihren „ganzen Gewinn“ an den Organträger abfüh-
1 2
3 4
20.8.2015 bereits bestehende, steuerlich anerkannte Organschaften mit Organträgern, an deren Handelsgewerbe atypisch stille Beteiligungen bestehen, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Wege der Billigkeit und aus Gründen des Vertrauensschutzes steuerlich anerkannt werden. Neumann in FS Schaumburg, 445 (457); Neumann in Gosch, § 14 KStG Rz. 80a–80d; Dötsch in Dötsch, Stand: 12/2014, § 14 KStG Rz. 106 f. Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (345 f.); Suchanek, Ubg 2010, 186 (191); Hageböke, DK 2013, 334 (337). Im Ergebnis ebenso: Weigert/Strohm, DK 2013, 241 (260); Crezelius in FS Schaumburg, S. 239 (250). Dieser Auffassung ebenfalls zuneigend Gosch in FS Raupach, S. 461 (474 f.). Vgl. auch Wacker, DB 2012, 1403 (1407 ff.). Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (30 f.) m.w.N.
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ren1. Die Abführung dieses handelsrechtlichen Gewinns – und nicht etwa des steuerlichen Einkommens – ist Voraussetzung dafür, dass steuerlich das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet wird. Nach einhelliger Ansicht in der Literatur schließt daher zumindest eine typische stille Beteiligung an einer Organgesellschaft die Anerkennung der Organschaft grundsätzlich nicht aus2. Nach Teilen der Literatur soll dies auch für atypische stille Beteiligungen gelten3.
23.54 Nach anderer Ansicht wie auch nach Verwaltungsansicht hat in §§ 14 Abs. 1 Satz 1; 17 Abs. 1 Satz 1 KStG die erneute Nennung der „Abführung des ganzen Gewinns“ als Voraussetzung für die Anerkennung der Organschaft hingegen einen spezifisch steuerrechtlichen Gehalt. An der Abführung des „ganzen“ Gewinns i.S. dieser Vorschriften soll es demnach fehlen, wenn ein Teil des originär bei der Organgesellschaft entstandenen Gewinns steuerlich einem Dritten zuzurechnen ist. Dies soll zwar nicht bei der typischen, wohl aber bei der atypischen stillen Gesellschaft der Fall sein4. Der Umstand, dass die Beteiligung an einer Gesamthandsgesellschaft für die Anerkennung einer Organschaft anerkanntermaßen unschädlich ist, soll dem nicht entgegenstehen. Denn anders als bei der Beteiligung an einer solchen Gesellschaft erziele eine Organgesellschaft bei Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters weiterhin selbst den Gewinn, der ihr aber wegen der atypischen stillen Beteiligung nicht selbst zugerechnet werden könne5. Dieser Auffassung hat sich das FG Hamburg in einem Urteil vom 26.10.2010 angeschlossen6. Die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen ist erfolglos geblieben7. Teile der Literatur sehen die Streitfrage daher als vom BFH entschieden an8. Indes konnte der Nichtzulassungsbeschluss aus prozessualen Gründen gar nicht zur generellen Vereinbarkeit von atypischer Beteiligung an einer Organgesellschaft und Organschaft ausdrücklich Stellung nehmen9. In einer späteren Entscheidung hat der BFH daher die generelle Vereinbarkeit von Organschaft und atypischer stiller Beteiligung an der Organgesellschaft als weiterhin ungeklärt bezeichnet10.
1 Hageböke, DK 2013, 334 (343); Dötsch in Dötsch, Stand: 8/2014, § 14 KStG Rz. 53; Frotscher in Frotscher/Maaß, Stand: 12/2014, § 14 KStG Rz. 199 jeweils m.w.N. 2 Hageböke, DK 2013, 334 (343) m.w.N.; Neumann in Gosch, § 14 KStG Rz. 317; Dötsch in Dötsch, Stand: 8/2014, § 14 KStG Rz. 53. Einschränkend Brinkmann, StBp 2011, 241 (248 f.), der auf die Möglichkeit missbräuchlicher Gestaltungen i.S. von § 42 AO hinweist, etwa wenn der stille Gesellschafter zwar nahezu an dem gesamten Gewinn, nicht aber am Verlust der Organgesellschaft beteiligt ist. 3 Hageböke, DK 2014, 334 (344 ff.); Schmidt/Werner, GmbHR 2010, 29 (31 f.). 4 BMF v. 20.8.2015 – 2015-08-20 IV C 2 – S 2770/12/10001, BStBl. I 2015, 649; so bereits zuvor: OFD Frankfurt v. 30.1.2013 – S 2770 A – 53 – St 51, DB 2013, 610; FM Schl.-Holst. v. 4.3.2013 – VI 3011 – S 2770 – 080, DK 2013, 363 (363). 5 Ähnlich der Einwand von Schmich, GmbHR 2011, 329 (333) in seinem Komm. zu FG Hamburg v. 26.10.2010 – 2 K 312/09, GmbHR 2011, 329. 6 FG Hamburg v. 26.10.2010 – 2 K 312/09, GmbHR 2011, 329, Rz. 37 ff., mit Anm. Schmich. 7 BFH v. 31.3.2011 – I B 177/10, BFH/NV 2011, 1397, Rz. 13 = GmbHR 2011, 836. 8 So Dötsch in Dötsch, Stand: 8/2014, § 14 KStG Rz. 54a; Frotscher in Frotscher/Maaß, Stand 12/2014, § 14 KStG Rz. 204. 9 Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte nicht die vom FG Hamburg angenommene prinzipielle Unvereinbarkeit von Organschaft und atypischer stiller Beteiligung an der Organgesellschaft angegriffen, sondern lediglich die Frage, ob bei Zugrundelegung dieser Prämisse es zumindest unschädlich sei, wenn die atypische stille Beteiligung lediglich an Einkünften bestehe, die ohnehin abkommensrechtlich steuerfrei gestellt seien. 10 BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, BFH/NV 2011, 2052, Rz. 13 = GmbHR 2011, 1284.
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Die hierdurch getroffene Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Beteiligungen, welche an einer Organgesellschaft bestehen, überzeugt indes nicht. Zwar unterscheidet sich die Einkommensermittlung in ihrer Durchführung in beiden Fällen grundsätzlich voneinander, im Ergebnis wirken sich beide Formen typischer und atypischer stiller Beteiligung aber auf den abzuführenden Gewinn und das zuzurechnende Einkommen in vergleichbarer Weise aus1. Selbst wenn man die Abführung des „ganzen Gewinns“ i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG auch in einem steuerlichen Sinne versteht, steht dies nach hier vertretener Ansicht der Anerkennung einer Organschaft nicht entgegen, wenn an der Organgesellschaft eine stille Beteiligung besteht. Dies gilt gleichermaßen für eine typische wie für eine atypische stille Gesellschaft.
23.55
II. Atypische stille Gesellschaften unter der Beteiligung von KSt-Subjekten – Die GmbH & atypisch Still 1. Einkünfteermittlung bei der Mitunternehmerschaft Atypische stille Gesellschaften begründen eine Mitunternehmerschaft zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter. Ist entweder der Geschäftsinhaber oder der stille Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft, kann sich dies darauf auswirken, ob eine stille Gesellschaft steuerlich als eine typische oder als eine atypische stille Gesellschaft einzuordnen ist (vgl. Rz. 23.5).
23.56
Erzielt der stille Gesellschafter noch aus weiteren Rechtsverhältnissen mit dem Geschäftsinhaber – etwa als Darlehensgeber, als Geschäftsführer, als Angestellter oder als Verpächter – Erträge, werden diese als Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in die Einkünfteermittlung der Mitunternehmerschaft einbezogen (vgl. Rz. 22.50 f.). Solche Konstellationen sind in der Praxis gerade bei GmbHs häufig bzw. werden später von den Beteiligten gewünscht. Dies ist bei der Steuergestaltung zu bedenken. Das Eingehen einer atypischen stillen Gesellschaft kann sich insoweit als hinderlich erweisen. Die Gewerbesteuerbelastung lässt sich bei ihr etwa später dann nicht mehr dadurch senken, dass der stille Gesellschafter als Geschäftsführer gewonnen wird und ihm hierfür ein entsprechendes Gehalt gezahlt wird. Vielmehr gehört das Gehalt zu den Einkünften der Mitunternehmerschaft und mindert daher nicht den Gewerbeertrag, welcher auf die atypische Gesellschaft entfällt.
23.57
Besitzt der stille Gesellschafter Anteile an der Kapitalgesellschaft, gehören auch diese Anteile regelmäßig zum Sonderbetriebsvermögen II des stillen Gesellschafters. Anderes gilt nur dann, wenn die Kapitalgesellschaft noch einer weiteren, nicht von der stillen Gesellschaft umfassten und nicht in ihrem Interesse liegenden Tätigkeit nachgeht und diese Tätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung ist2. Ausschüttungen der Kapitalgesellschaft sind demnach beim stillen Gesellschafter regelmäßig Sonderbetriebseinnahmen; er erzielt insoweit gewerbliche Einkünfte.
23.58
1 Vgl. Neumann in FS Schaumburg, S. 445 (447 f.). 2 BFH v. 1.7.2010 – IV R 100/06, BFH/NV 2010, 2056, Rz. 54 = GmbHR 2010, 1168; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286, Rz. 27 f.
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2. Die Besteuerung des Geschäftsinhabers a) Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters
23.59 Nimmt eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes KSt-Subjekt einen stillen Gesellschafter auf, so bringt sie ihren Betrieb i.S. von § 24 UmwStG in eine Personengesellschaft ein1. Die Begründung einer atypischen stillen Gesellschaft kann demnach zur Aufdeckung stiller Reserven ohne zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel genutzt werden. Auf Antrag kann aber auch der Buch- oder ein Zwischenwert angesetzt werden, wenn durch die Einbringung das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nicht beschränkt wird, § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG. Der in der Bilanz der stillen Gesellschaft angesetzte Wert gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis, § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG. In der Regel kann daher die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft auf Seiten des Geschäftsinhabers ohne Aufdeckung stiller Reserven vorgenommen werden.
23.60 Die entstehende Stellung als Mitunternehmer ist steuerlich von einer unmittelbaren Beteiligung an der Kapitalgesellschaft in Form von GmbH-Anteilen oder Aktien strikt zu trennen. Leistet der stille Gesellschafter auf seine Beteiligung ein Agio, kann hierin daher keine Einlage in die Kapitalgesellschaft gesehen werden. Eine solche Einlage kann nur in Hinblick auf eine bestehende oder angestrebte unmittelbare Beteiligung an der Kapitalgesellschaft erbracht werden2. b) Untergang von Verlustvorträgen gemäß § 8c KStG
23.61 Ist eine Kapitalgesellschaft oder ein anderes KSt-Subjekt Geschäftsinhaber, gefährdet die Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters nicht den Fortbestand der Verlustvorträge, welche auf Ebene des Geschäftsinhabers selbst bestehen. Die Aufnahme eines atypischen stillen Gesellschafters stellt keinen Sachverhalt dar, der auf Ebene des Geschäftsinhabers i.S. von § 8c Abs. 1 Satz 1 bzw. 2 KStG einem schädlichen Beteiligungserwerb vergleichbar wäre3. Die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft ist vielmehr auch in Hinblick auf § 8c Abs. 1 KStG der Begründung einer gesamthänderischen Mitunternehmerschaft gleich zu achten. Für sie ist anerkannt, dass sie nicht zu einem – gänzlichen oder teilweisen – Untergang der Verlustvorträge führt. In beiden Fällen ist vielmehr der Regelungszweck des § 8c KStG nicht erfüllt, weil der stille Gesellschafter von den Verlustvorträgen des Geschäftsinhabers nicht profitiert, ein Handel mit diesen Verlustvorträgen daher nicht stattfinden kann. Zu Recht hat das BMF-Schreiben zu § 8c KStG die atypische stille Gesellschaft daher – anders als Genussrechte i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG – nicht in die Liste der Sachverhalte aufgenommen, welche für vergleichbar i.S. von § 8c Abs. 1 Satz 1 und 2 KStG gehalten werden4. Sollen Dritte bei Bestehen von Verlustvorträgen in eine Kapi1 FG Hess. v. 7.12.2011 – 13 K 367/07, juris Rz. 111 – n.rkr. Revision beim BFH unter Az. IV R 5/12 anhängig. H.L.: Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 350; Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (347); Richter/Dümichen, Ubg 2012, 748 (750 ff.). 2 BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266, Rz. 25 = GmbHR 2010, 1223. 3 H.M.: Suchanek, Ubg 2010, 186 (189 f.); Roser in Gosch, § 8c KStG Rz. 56 Stichwort (atypisch) Stille Gesellschaft; Crezelius in FS Schaumburg, S. 239 (249); Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (346 f.); Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261 (265 f.); a.A. Rennings, JbFfSt 2010/11, 333 (351). 4 BMF v. 4.7.2008, BStBl. I 2008, 736, Rz. 7. Anders noch der Entwurf zu diesem Schreiben v. 20.2.2008, vgl. Suchanek, Ubg 2010, 186 (189 Fn. 26); Breuninger/Schade, Ubg 2008, 261 (265 f.).
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talgesellschaft aufgenommen werden, kann es sich daher anbieten, dies zunächst in Form einer atypischen stillen Beteiligung vorzunehmen. Sind die Verlustvorträge später verbraucht, kann die Kapitalgesellschaft als Gegenleistung zur Einbringung der stillen Beteiligung immer noch reguläre Anteile gewähren1. Von dem Untergang der Verlustvorträge auf Ebene des Geschäftsinhabers selbst ist der Untergang von Verlustvorträgen etwaiger nachgeordneter Tochter- und Enkelgesellschaften zu unterscheiden. Auch ein mittelbarer Anteilserwerb kann i.S. von § 8c KStG ein schädlicher Anteilserwerb sein. Steuerlich steht die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft grundsätzlich der Beteiligung an einer mitunternehmerischen Gesamthandsgesellschaft gleich; insbesondere führt auch eine atypische stille Gesellschaft zu einem eigenen Subjekt der Gewinnerzielung, der Gewinnermittlung und der Einkünftequalifikation2. Wirtschaftlich liegt in der Einbringung der Anteile an nachgeordneten Gesellschaften in die atypische stille Gesellschaft daher eine partielle Veräußerung an den atypischen stillen Gesellschafter. Anders als der Geschäftsinhaber selbst partizipiert der stille Gesellschafter fortan an den Erträgen aus den eingebrachten Beteiligungen. Geht man davon aus, dass es einer zivilrechtlichen Stellung als Anteilseigner für einen vergleichbaren Sachverhalt i.S. von § 8c Abs. 1 KStG nicht bedarf3, führt das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung daher zum Untergang der Verlustvorträge eingebrachter nachgeordneter Kapitalgesellschaften – vorausgesetzt, die hierfür erforderlichen Beteiligungsquoten sind erreicht4. Rechtsprechung und Verwaltung haben sich zu dieser Frage – soweit ersichtlich – bislang noch nicht geäußert.5
23.62
c) Laufende Besteuerung bei Beteiligung eines atypischen stillen Gesellschafters Für den Geschäftsinhaber ergibt sich die laufende Besteuerung aus der atypischen stillen Gesellschaft aus den Besteuerungsgrundlagen, welche für diese einheitlich und gesondert festgestellt werden. Besteht – wie bei Kapitalgesellschaften häufig – die stille Beteiligung an dem gesamten Betrieb, ergibt sich die laufende Besteuerung des Geschäftsinhabers mithin bereits aus dem Feststellungsbescheid für die atypische stille Gesellschaft.
23.63
3. Die Besteuerung des stillen Gesellschafters a) Erwerb der atypischen stillen Beteiligung Beteiligt sich jemand an dem Handelsgewerbe eines anderen durch Zahlung eines Geldbetrags als atypischer stiller Gesellschafter, so liegt hierin grundsätzlich eine Einlage in die entstehende Mitunternehmerschaft, die dem stillen Gesellschafter auf seinem Kapitalkonto gutgeschrieben wird. Bringt er andere Wirtschaftsgüter ein, han-
1 Vgl. Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (345 f.). 2 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286, Rz. 24 ff. 3 BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2745-a/08/10001, BStBl. I 2008, 736, Rz. 6; Frotscher in Frotscher/ Maaß, Stand: 9/2013 Rz. 27b; a.A. Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (348.). 4 So die Diskussionsbeiträge von Schön und Dötsch, JbFfSt 2010/11, 333 (352). A.A. Breuninger, JbFfSt 2010/11, 333 (348 f.), der von der Maßgeblichkeit der zivilrechtlichen Stellung als Anteilseigner ausgeht. 5 Dies gilt auch für die veröffentlichten Entwürfe eines neuen BMF-Schreibens zu § 8c KStG.
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delt es sich auf seiner Seite um einen Veräußerungsvorgang. Inwieweit eine Buchwertfortführung möglich ist, bestimmt sich nach den entsprechenden Regeln des EStG. Unternehmen in der Rechtsform der „GmbH & atypisch Still“ entstehen nicht selten dadurch, dass Einzelunternehmer ihren gesamten Betrieb gemäß § 24 UmwStG in die entstehende Mitunternehmerschaft einbringen. Auf diese Weise können auch Teilbetriebe ausgegliedert werden. b) Untergang von Verlustvorträgen gemäß § 8c KStG
23.65 Beteiligt sich eine Kapitalgesellschaft atypisch still an dem Geschäftsbetrieb eines anderen, so bleibt ihr eigener Verlustvortrag durch den Erwerb der atypischen Beteiligung unberührt. Der Vorgang ist in keiner Hinsicht vergleichbar mit dem Erwerb von Anteilen an ihr selbst. Gefahren für Verlustvorträge können nur entstehen, wenn die Kapitalgesellschaft als Einlage in den Betrieb des Geschäftsinhabers Anteile an eigenen Tochterkapitalgesellschaften einbringt. Ein solcher Rechtsträgerwechsel führt bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 8c KStG zum Untergang der Verlustvorträge der Tochtergesellschaften. c) Einschränkung des Verlustausgleichs gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG
23.66 Unterliegt der stille Gesellschafter der Körperschaftsteuer, entspricht die laufende Besteuerung im Ausgangspunkt derjenigen von natürlichen Personen als atypische stille Gesellschafter: Die Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der atypischen stillen Gesellschaft werden einheitlich und gesondert festgestellt und fließen in Form des betreffenden Grundlagenbescheids in die laufende Besteuerung des atypischen stillen Gesellschafters ein. aa) Regelungsgehalt von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG
23.67 Wesentliche Abweichungen zur allgemeinen Besteuerung atypischer stiller Gesellschaften ergeben sich allerdings, wenn Verluste aus atypischen stillen Beteiligungen unmittelbar oder mittelbar auf keine natürliche Person (und damit zwangsläufig auf ein KSt-Subjekt1) entfallen und zugleich der Geschäftsinhaber in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft (andere KSt-Subjekte genügen hier nicht) verfasst ist. Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG können solche Verluste von demjenigen, der unmittelbar oder mittelbar atypisch beteiligt ist, weder mit Einkünften aus anderen Einkunftsquellen ausgeglichen noch von ihm gemäß § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern vielmehr lediglich nach Maßgabe des § 10d EStG die Gewinne, die der atypisch still Beteiligte in dem unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben stillen Gesellschaft bezieht. Für KSt-Subjekte, die unmittelbar oder mittelbar an einer Kapitalgesellschaft atypisch still beteiligt sind, konstituiert § 15 Abs. 4 Satz 6–7 EStG mithin eine quellenbezogene Verlustausgleichsbeschränkung. Verluste des Geschäftsinhabers sind von der Regelung nicht betroffen. Entsprechende Anwendung findet die Verlustausgleichsbeschränkung aber auch auf typische stille Beteiligungen, die KSt-Subjekte unmittelbar oder mittelbar am Betrieb einer Kapitalgesellschaft eingegangen sind, § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG. 1 Vom Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG werden grundsätzlich nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern alle KSt-Subjekte umfasst, vgl. Grützner, StuB 2009, 132 (133).
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Wirkung beider Regelungen ist, dass typische wie atypische stille Gesellschaften nicht mehr als Instrument zum Transport von Verlusten von einer Kapitalgesellschaft auf ein anderes KSt-Subjekt verwendet werden können. Zwar werden die Verluste noch weitergeleitet, sie können aber vom still Beteiligten nicht mehr genutzt werden, indem sie mit Einkünften aus anderen Quellen verrechnet werden. Die Gewinntransferfunktion der stillen Gesellschaft bleibt hingegen unberührt. bb) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG Die Regelungen der §§ 15 Abs. 4 Satz 6–8; 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sind von Verfassungs wegen insoweit teleologisch zu reduzieren, als sie nach ihren ursprünglichen Anwendungsbestimmungen Rückwirkung entfalteten. Eingeführt wurden die Bestimmungen durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 16.3.20031 – nach dem Gesetzeswortlaut mit Rückwirkung für alle stillen Gesellschaften bereits für den VZ 20032. Insoweit müssen aber solche stillen Beteiligungen Vertrauensschutz genießen, die bereits vor dem 20.11.2002 – dem Tag des betreffenden Kabinettsbeschlusses – zivilrechtlich wirksam abgeschlossen waren und bei denen ein Verlust noch auf das Wirtschaftsjahr 2003 oder 2002/03 entfällt. Ob der Vertrauensschutz für solche stillen Gesellschaften auch für spätere Wirtschaftsjahre zu gewähren ist, hat der BFH in seiner Entscheidung vom 27.3.2012 offengelassen3. Ein Vertrauensschutz in den Fortbestand gesetzlicher Regelungen besteht allerdings auch bei Dauersachverhalten nur eingeschränkt. Immerhin kann im Einzelfall eine Billigkeitsmaßnahme verfassungsrechtlich geboten sein4.
23.68
Auch darüber hinaus bestehen gegen die Regelung verfassungsrechtliche Bedenken5. Selbst wenn die Verluste später mit Gewinnen aus derselben stillen Gesellschaft verrechnet werden, bedeutet die Verlustausgleichsbeschränkung für den still Beteiligten zumindest Zinsverluste. Rechtlich liegt ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in das objektive Nettoprinzip vor. Andere Fälle der Einschränkung des vertikalen Verlustausgleichs konnten nach der Rechtsprechung vom Gesetzgeber allerdings hinreichend gerechtfertigt werden6. Eingeführt hat der Gesetzgeber die Regelung, um eine Umgehung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft7 durch stille Gesellschaften
23.69
1 BGBl. I 2003, 660. Ihre heutige Fassung hat die Regelung im Wesentlichen mit Geltung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz (sog. Korb-II-Gesetz) v. 22.12.2003, BGBl. I 2003. 2840, erhalten. Vgl. zur Kritik an den Regelungen bereits im Gesetzgebungsverfahren: Schulze zur Wiesche, BB 2003, 713 (714); Kessler/Reitsam, DStR 2003, 315 (317 ff.); Kuck, DStR 2003, 235 (237 f.). 2 BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286, Rz. 24; BFH v. 26.11.1996 – VIII R 42/94, BStBl. II 1998, 328, Rz. 26 = GmbHR 1997, 563 = FR 1997, 444 m. Anm. Kempermann. 3 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745, Rz. 26 f. = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727 = mit ausführlicher Anm. von Wacker, DB 2012, 1403. Vgl. auch Gosch, BFH/PR 2012, 269; Wacker, NWB 2012, 2462 (2468 ff.); Weber, BB 2012, 1470; Wischmann, EStB 2012, 236. 4 Vgl. Wacker, DB 2012, 1403 (1407). 5 Kessler/Reitsam, DStR 2003, 315 (317 ff.); Intemann/Nacke, DStR 2004, 1149 (1152). 6 Vgl. zur Beschränkung des vertikalen Verlustausgleichs BVerfG v. 30.9.1998 – 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, Rz. 38 = FR 1998, 1028 m. Anm. Luttermann; BFH v. 18.10.2006 – IX R 28/05, BStBl. II 2007, 259, Rz. 26 ff. = FR 2007, 393. 7 Durch Art. 4 StVergAbG wurde die Regelung der Mehrmütterorganschaft in § 14 Abs. 2 KStG a.F. ersatzlos aufgehoben.
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zu vermeiden1. Ob dieses Ziel die Regelung rechtfertigen kann, erscheint aber zweifelhaft. Die Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Organschaft mag in weitem Umfang in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt sein. Der Verlusttransfer durch Innengesellschaften ist hingegen in der Vertragsfreiheit angelegt und wird vom Zivilrecht in Form des Rechtsinstituts der stillen Gesellschaft ausdrücklich anerkannt. Der Verlusttransfer durch stille Gesellschaften kann mit dem durch Organschaften daher nicht gleichgestellt werden – zumal der Verlusttransfer durch stille Gesellschaften ohnehin durch § 15a EStG auf tatsächlich getragene Verluste beschränkt wird2. Selbst wenn man die Vermeidung einer Umgehung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft als legitimes gesetzgeberisches Ziel ansieht, wird dieses Ziel durch die Neuregelung zudem kaum folgerichtig und gleichmäßig umgesetzt. Denn weder erfasst die Regelung natürliche Personen als stille Beteiligte noch Gesamthandsgesellschaften, die zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem anderen KSt-Subjekt bestehen3. Bereits im Jahre 2004 hatte das FG Baden-Württemberg in einem AdV-Beschluss daher Zweifel an der generellen Verfassungsmäßigkeit der Regelung bekundet4. Im Beschluss vom 20.10.2010, in dem das BMF zum Beitritt zum Verfahren I R 62/08 aufgefordert wurde, hat der BFH diese Zweifel ausführlich dargelegt und nachdrücklich geteilt5. Auch in der Literatur sind die generellen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht abgeklungen6. Allerdings wird inzwischen auch die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift vertreten7. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht weiterhin aus. In seiner abschließenden Entscheidung zum Verfahren I R 62/08 hat sich der BFH darauf beschränkt, die oben dargestellte telelogische Reduktion der erstmaligen Anwendbarkeit der Regelungen für verfassungsmäßig geboten zu erachten8.
23.70 Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit bestehen zudem unter dem Gesichtspunkt der Mindestbesteuerung, auf welche die Regelung in § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG verweist. Mit Beschluss vom 26.2.2014 hat der BFH dem BVerfG zur Entscheidung die Frage vorgelegt, ob § 10d Abs. 2 EStG verfassungsgemäß ist, sofern er auch dann einen Verlustabzug endgültig ausschließt, wenn Verlust und Gewinn in ihrer Ursache identisch sind9. Sollte das BVerfG die Regelung insoweit für verfassungswidrig erachten, würde dies mittelbar auch für Verluste aus stillen Beteiligungen i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG gelten. Es ist daher darauf zu achten, dass Bescheide insoweit offen bleiben. Dies gilt umso mehr, als sich aus der Entscheidung des BVerfG auch Hinweise
1 2 3 4
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BT-Drucks. 15/199, S. 38. Vgl. Intemann/Nacke, DStR 2004, 1149 (1152); Groh, DB 2004, 668 (672). Vgl. zur Möglichkeit einer Umwandlung Schroer/Starke, GmbHR 2003, 153 (155 f.). FG BW v. 20.10.2004 – 6 V 32/04, EFG 2005, 140, Rz. 24 ff. Im weiteren Verfahren hatte der BFH die Verfassungswidrigkeit einer wortlautgetreuen Anwendung mit der ebenfalls gegebenen rückwirkenden Anwendung der Regelung begründet und ihre Verfassungsmäßigkeit im Übrigen dahinstehen lassen, vgl. BFH v. 3.2.2005 – I B 208/04, BStBl. II 2005, 351, Rz. 15, 22 = GmbHR 2005, 498. BFH v. 20.10.2010 – I R 62/08, BStBl. II 2011, 272, Rz. 17–24 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. Vgl. etwa Riegler/Riegler, DStR 2014, 1031 (1035). Wacker, DB 2012, 1403 (1407 ff.). BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016 = GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033 m. Anm. Hallerbach.
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auf eine weitergehende Verfassungswidrigkeit von § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG ergeben könnten. Die zentrale Erwägung des BFH, dass Gewinn und Verlust, zumindest soweit sie ursachenidentisch sind, grundsätzlich miteinander verrechnet werden können müssen, trägt auch hier. cc) § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG – Einzelheiten Zur Anwendung von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG hat das BMF mit Schreiben vom 19.11.2008 Stellung genommen. Verlust i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG soll demnach der nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften ermittelte Verlust sein1. Dies umfasst auch den Verlust aus dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters. Hierfür lässt sich der Wortlaut von § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG anführen. Er spricht allgemein von „Verlusten aus stillen Gesellschaften“. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist hingegen enger formuliert und erfasst seinem Wortlaut nach lediglich die Anteile „des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebes“. Diese Formulierung gleicht der in § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG, die Verluste aus Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebsvermögen nicht erfasst2. Gründe dafür, wieso § 15 Abs. 4 Satz 6 und § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG einen unterschiedlichen Anwendungsbereich haben sollten, sind indes nicht ersichtlich. Nach herrschender Ansicht in der Literatur ist daher eine einheitliche Auslegung geboten, und zwar zugunsten einer restriktiven Auslegung. Die Absicherung der Abschaffung der Mehrmütterorganschaft steht nämlich allenfalls dem Ausgleich von Verlusten entgegen, die sich unmittelbar aus dem Betrieb des Geschäftsinhabers ergeben, nicht aber von Verlusten aus Sonderbetriebsausgaben und Sonderbetriebsvermögen3.
23.71
Eine einschränkende Auslegung nimmt das BMF-Schreiben vom 19.11.2008 insoweit vor, als § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG lediglich den laufenden Verlust aus der Beteiligung erfassen soll, alle anderen Verluste – wie etwa einen Veräußerungsverlust – hingegen nicht4. Dies ist im Wortlaut der Vorschrift freilich nicht angelegt und lässt ihren – ohnehin problematischen – Regelungszweck weitgehend leerlaufen, weil die Vorschrift dann von den Steuerpflichtigen gerade im Wege der Veräußerung der stillen Beteiligung beliebig umgangen werden kann5. Um die Vorschrift nicht leerlaufen zu lassen, nimmt die Literatur daher weithin an, dass zumindest Teilwertabschreibungen auf die Beteiligung von der Verlustverrechnungsbeschränkung erfasst sein müssen6. Aber auch dann bleiben Wertungswidersprüche7: Wird einem typischen stillen Gesellschafter ein Verlustanteil zugewiesen, soll dieser der Verwaltungsmeinung zufolge
23.72
1 BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 – S 2119/07/10001, BStBl. I 2008, 970, Rz. 2. 2 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 15a EStG Rz. 70 f. Das Schreiben des BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 – S 2119/07/10001, DB 2008, 2679, nimmt zu dieser Frage nicht ausdrücklich Stellung, sondern spricht in Rz. 3 nur vom laufenden Verlust aus der Beteiligung, womit insbesondere Veräußerungsverluste ausgeschlossen sind. 3 So auch Kessler/Reitsam, StuB 2004, 97 (99); Intemann, NWB 2004, 13077 (13079). 4 BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 – S 2119/07/10001, BStBl. I 2008, 970, Rz. 3; Kauffmann/Seppelt in Frotscher/Geurts, Stand: 2/2015, § 15 EStG Rz. 553. 5 BFH v. 20.10.2010 – I R 62/08, BStBl. II 2011, 272, Rz. 15 (dort auch zu weiteren etwaigen Auslegungsmöglichkeiten) = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 6 Kauffmann/Seppelt in Frotscher/Geurts, Stand: 2/2015, § 15 EStG Rz. 553. 7 Vgl. Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (857).
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nicht verrechenbar sein. Veräußert der stille Gesellschafter seine stille Beteiligung an den Geschäftsinhaber mit Verlust, kurz bevor ihm der Verlustanteil zuzuweisen gewesen wäre, soll hingegen ein verrechenbarer Veräußerungsverlust vorliegen. Das ist kaum nachvollziehbar und zeugt davon, dass die Regelung auch mit der einschränkenden Auslegung, welche die Verwaltung vornimmt, nicht an Überzeugungskraft gewinnt.
23.73 Gegenüber § 15a EStG ist § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG die nachrangig anzuwendende Regelung. Soweit ein Verlust bereits nach § 15a EStG lediglich verrechenbar ist, findet § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG mithin keine Anwendung. Dementsprechend sind spätere Gewinne vorrangig mit den nach § 15a EStG verrechenbaren Verlusten und erst danach mit nach § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG verrechenbaren Verlusten auszugleichen. Ebenso ist ein Verlustrücktrag erst nach Anwendung des § 15a EStG im Rücktragsjahr durchzuführen1.
23.74 Die Verlustverrechnungsbeschränkung findet für jede einzelne stille Gesellschaft und jeweils auf Ebene des stillen Gesellschafters statt2. Die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus der stillen Gesellschaft bleibt von der Verlustverrechnungsbeschränkung unberührt. Die für die Anwendung der Regelung erforderlichen Besteuerungsgrundlagen werden dem für den stillen Gesellschafter zuständigen Finanzamt lediglich formlos mitgeteilt. Erst dieses stellt gemäß § 15 Abs. 4 Satz 7 i.V.m. § 10d Abs. 4 EStG unter Berücksichtigung eines eventuellen Verlustrücktrags den verbleibenden Verlustvortrag gesondert fest. Die entsprechende Anwendbarkeit von § 10d Abs. 4 EStG wurde bereits bislang angenommen; durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.20133 hat der Gesetzgeber sie ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut von § 15 Abs. 4 Satz 7 EStG aufgenommen.
III. Typische stille Gesellschaften unter der Beteiligung von KSt-Subjekten – Die GmbH & typisch Still 1. Allgemeines
23.75 Typische stille Gesellschaften stellen steuerlich sowohl auf Seiten des Geschäftsinhabers als auch auf Seiten des stillen Gesellschafters qualifizierte Kreditverhältnisse dar4; die Beteiligung von KSt-Subjekten ändert hieran grundsätzlich nichts. Eine Mitunternehmerschaft wird nicht begründet. Weitere Rechtsverhältnisse neben der stillen Beteiligung wie Kredit-, Miet-, Arbeits- oder Anstellungsverträge (auch als GmbH-Geschäftsführer) sowie eine neben der stillen Beteiligung bestehende unmittelbare Beteiligung am Geschäft in Form eines Kapitalgesellschaftsanteils sind steuerlich daher grundsätzlich gesondert zu würdigen.
1 Vgl. BMF v. 19.11.2008, BStBl. I 2008, 970, Rz. 7–9; Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (858). 2 BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 – S 2119/07/10001, BStBl. I 2008, 970, Rz. 11 f. A.A. Grützner, StuB 2009, 132 (135), der die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags als Teil der einheitlichen und gesonderten Feststellung ansieht. 3 BGBl. I 2013, 1809. 4 BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389, Rz. 22.
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2. Die Besteuerung des Geschäftsinhabers a) Aufnahme eines typischen stillen Gesellschafters Für das KSt-Subjekt als Geschäftsinhaber handelt es sich bei der Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft um eine Bilanzverlängerung. Die Einlage des stillen Gesellschafters ist – soweit sie aktivierungsfähig ist – zu aktivieren und die ihm gewährte stille Beteiligung grundsätzlich als „sonstige Verbindlichkeit“ i.S. von § 266 Abs. 3 C. 8 HGB1 zu passivieren. Ein Agio oder ein Disagio sind entsprechend den Maßstäben für Darlehen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 EStG abzugrenzen2.
23.76
Die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft wirkt sich nicht gemäß § 8c KStG auf den Verlustvortrag des KSt-Subjekts oder nachgeordneter Beteiligungen aus. Als qualifiziertes Kreditverhältnis handelt es sich bei einer typischen stillen Gesellschaft nicht um einen „vergleichbaren Sachverhalt“ i.S. des auf einen Rechtsträgerwechsel ausgerichteten § 8c Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 2 KStG3. Dies gilt auch für die Verlustvorträge nachgeordneter Tochtergesellschaften.
23.77
b) Laufende Besteuerung bei Beteiligung eines typischen stillen Gesellschafters Beim Geschäftsinhaber ist der Gewinn des stillen Gesellschafters – vorbehaltlich § 4h EStG (vgl. Rz. 22.57 ff.) – eine abzugsfähige Betriebsausgabe. Diese ist mit anderen Einkünften verrechenbar. Die Beschränkung der Verlustverrechnung in § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG gilt unmittelbar nur für atypische stille Gesellschaften; die Verweisung auf sie in § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für typische stille Gesellschaften betrifft nur den Verlust, den ein stiller Gesellschafter erleidet. Kapitalertragsteuer ist von Seiten des Geschäftsinhabers auf den Gewinnanteil zu entrichten, sobald dieser dem stillen Gesellschafter zufließt, § 43 Abs. 1 Nr. 3 EStG (vgl. Rz. 22.170, 22.193 ff.).
23.78
Etwaige Verlustanteile des stillen Gesellschafters sind seiner stillen Beteiligung zunächst abzubuchen; für den Geschäftsinhaber sind sie Ertrag. Gleiches gilt, soweit der stille Gesellschafter im Innenverhältnis gegenüber dem Geschäftsinhaber über seine Einlage hinaus für Verluste haftet, d.h. diese ggf. aus seinem Vermögen auszugleichen hat. Zur Rechtslage, wenn der stille Gesellschafter für über seine Einlage hinausgehende Verluste zwar nicht haftet, solche Verluste aber wieder aufgeholt sein müssen, bevor er wieder am Gewinn partizipiert, vgl. Rz. 22.70 ff.
23.79
3. Die Besteuerung des stillen Gesellschafters a) Übernahme der typischen stillen Beteiligung Der Erwerb der stillen Beteiligung ist für den stillen Gesellschafter ein Anschaffungsvorgang. Erworben wird eine qualifizierte Kreditforderung. In der Handelsbilanz ist die stille Beteiligung daher als forderungsähnliche „sonstige Ausleihung“ i.S. von 1 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745, Rz. 13 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 2 BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389, Rz. 22. Eine genauere Kennzeichnung der Verbindlichkeit gemäß § 266 Abs. 3 C.6. oder Abs. 3 C.7. HGB bzw. gemäß 42 Abs. 3 GmbHG bleibt vorbehalten, vgl. Brinkmann, StBp 2011, 241 (244). 3 Vgl. bereits für die atypische stille Gesellschaft Rz. 23.61. Generell für alle Formen stiller Gesellschaften Olbing in Streck, § 8c KStG Rz. 11; a.A. Brinkmann, StBp 2011, 241 (246).
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§ 266 Abs. 2 A.III.6 HGB auszuweisen; eine „Beteiligung“ i.S. von § 266 Abs. 2 A.III.2 HGB liegt nicht vor1. Die Anschaffungskosten liegen in der hingegebenen Einlage des stillen Gesellschafters, bei einer Geldeinlage also i.H. deren Nennwertes. Gibt der stille Gesellschafter andere Wirtschaftsgüter als Einlage hin, liegen die Anschaffungskosten der stillen Beteiligung in dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter, § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG. Die Hingabe ist dann ein Veräußerungsvorgang mit entsprechenden Veräußerungserlösen. Ist der stille Gesellschafter ein Anteilseigner des Geschäftsinhabers oder eine diesem nahestehende Person, kann die Übernahme einer stillen Beteiligung zu fremdunüblichen Konditionen den Tatbestand einer verdeckten Einlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers erfüllen (vgl. Rz. 23.27). b) Laufende Besteuerung der stillen Beteiligung
23.81 Gewinne und Verluste aus typischen stillen Beteiligungen stellen grundsätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Hält der stille Gesellschafter die typische stille Beteiligung in seinem Betriebsvermögen, bezieht er aus ihr Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Inländische Kapitalgesellschaften beziehen wegen § 8 Abs. 2 KStG auch aus typischen stillen Gesellschaften stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Hält der stille Gesellschafter seine stille Beteiligung im Betriebsvermögen, hat er Gewinne und Verluste aus der stillen Beteiligung phasengleich wie der Geschäftsinhaber zu bilanzieren. Es gilt insoweit nichts anderes als für andere Ausschüttungsansprüche2. c) Eigenkapitalersetzende stille Beteiligungen i.S. von § 17 EStG
23.82 Vor Inkrafttreten des MoMiG galten die Regeln, welche die Rechtsprechung für eigenkapitalersetzende Darlehen im Zusammenhang mit § 17 EStG entwickelt hatte, sinngemäß auch für typische stille Beteiligungen3. Anteilseigner, die an einer Kapitalgesellschaft i.S. § 17 EStG wesentlich beteiligt waren, konnten demnach Wertverluste von Darlehen, welche sie der Kapitalgesellschaft gegeben hatten, als nachträgliche Anschaffungskosten auf ihre Beteiligung verbuchen, wenn diese Darlehen nach der Rechtsprechung als eigenkapitalersetzend anzusehen waren. Dies war dann der Fall, wenn die Darlehen der Kapitalgesellschaft erst in der Krise gewährt worden waren, wenn die Anteilseigner die Darlehen in der Krise stehen gelassen hatten, wenn die Darlehen von vornherein mit der Maßgabe gewährt worden waren, in der Krise nicht abgezogen zu werden, sowie wenn es sich um sog. Finanzplandarlehen gehandelt hatte. Für die Anteilseigner hatte dies den Vorteil, dass sie die Wertminderung auch dann steuermindernd geltend machen konnten, wenn sie die Darlehen aus ihrem Privatvermögen gewährt hatten4.
1 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745, Rz. 13 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. 2 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BStBl. II 2012, 745, Rz. 14 = GmbHR 2012, 764 = FR 2012, 727. Vgl. bereits BFH v. 19.2.1991 – VIII R 106/87, BStBl. II 1991, 569, Rz. 22 ff. = FR 1991, 392 = GmbHR 1991, 385 für den Fall der Beherrschung der Kapitalgesellschaft durch den stillen Gesellschafter. Vgl. ferner Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (856) zum Diskussionstand zuvor. 3 Frotscher in Frotscher/Geurts, Stand: 4/2013, § 17 EStG Rz. 235. Für atypische stille Beteiligungen stellt sich hingegen nicht die Frage nach einer Anwendbarkeit von § 17 EStG, da diese Mitunternehmerschaften sind, vgl. Crezelius, FS Schaumburg, S. 239 (244). 4 Vgl. im Einzelnen: BMF v. 8.6.1999 – IV C 6 – S 2244/08/10001, BStBl. I 1999, 545.
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§ 23 Kçrperschaftsteuer
Durch das MoMiG ist im Gesellschaftsrecht der Begriff des eigenkapitalersetzenden Darlehens seit dem Jahre 2008 entfallen. Die bisherige BFH-Rechtsprechung, die sich eng an das Gesellschaftsrecht anlehnte, hat damit ihre bisherige Grundlage verloren. An die Stelle der bisher gesellschaftsrechtlichen Regelungen sind mit den §§ 44a; 135 InsO insolvenzrechtliche Regelungen getreten. Nach weiten Teilen der Literatur sollen die von der Rechtsprechung entwickelten Regelungen daher grundsätzlich weiter Anwendung finden1. Dieser Auffassung hat sich grundsätzlich auch die Finanzverwaltung angeschlossen2. Anteilseigner, die i.S. von § 17 EStG wesentlich beteiligt sind und ihrer Kapitalgesellschaft im dargestellten Sinne eigenkapitalersetzende typische stille Beteiligungen aus ihrem Privatvermögen gewähren, können etwaige Wertverluste der stillen Beteiligung also nach derzeitigem Erlassstand weiterhin als nachträgliche Anschaffungskosten auf ihre Kapitalgesellschaftsbeteiligung geltend gemacht werden. Der Ausschluss des Abzugs von Werbungskosten jenseits des Sparer-Pauschbetrags gemäß § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG trifft sie demnach nicht.
23.83
Die weiteren Entwicklungen sind zu beobachten. Die Rechtsprechung hat die in der Literatur überwiegend vertretene Ansicht noch nicht bestätigt. Neben ihr finden sich zahlreiche weitere Vorschläge, welche steuerlichen Folgen aus dem MoMiG für eigenkapitalersetzende Darlehen zu ziehen sind3. Zudem hat der Gesetzgeber mit der Einführung von § 3c Abs. 2 Satz 2–5 EStG den gesetzlichen Rahmen nochmals geändert.
23.84
d) Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen aus stillen Beteiligungen gemäß § 8b Abs. 3 KStG und § 3c Abs. 2 Satz 2–5 EStG Einschränkungen unterliegt die Abzugsfähigkeit von Verlusten aus typischen stillen Beteiligungen unter Umständen, wenn der stille Gesellschafter an der Körperschaft, an der die stille Beteiligung besteht, unmittelbar oder mittelbar als Anteilseigner beteiligt ist und die stille Beteiligung unter nicht fremdüblichen Bedingungen der Körperschaft gewährt worden ist. Eigenkapitalersetzend gewährte stille Beteiligungen werden insoweit Eigenkapitalfinanzierungen gleichgestellt. Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG bzw. § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG gilt seit jeher, dass im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens Erwerbsaufwendungen, die im Zusammenhang mit Beteiligungen an Kapitalgesellschaften stehen, grundsätzlich ebenso teilweise steuerfrei – und damit nicht abzugsfähig – gestellt werden wie Gewinne aus solchen Beteiligungen.
23.85
aa) Die Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gemäß § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG erweitert dieses für Körperschaften im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens seit jeher geltende Korrespondenzprinzip seit dem VZ 20084 unter gewissen Bedingungen auch auf eigenkapitalersetzend gewährte Darlehen sowie auf
1 Frotscher in Frotscher/Geurts, Stand: 4/2013, § 17 EStG Rz. 270 ff.; Vogt in Blümich, EStG/ KStG/GewStG, § 17 EStG Rz. 627; Groh, FR 2008, 264 (267). 2 BMF v. 21.10.2010, BStBl. I 2010, 832. 3 Bayer, DStR 2009, 2397 (2400); Bode, DStR 2009, 1781 (1781 ff.); Heuermann, DB 2009, 2173 (2175 ff.); Wiese/Möller, GmbHR 2010, 462 (465 f.). 4 Eingefügt durch Jahressteuergesetz 2008, BGBl. I 3150.
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23.86
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sonstige Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich vergleichbar sind1. Hierzu zählen insbesondere auch Forderungen aus typischen stillen Beteiligungen2, da es sich bei ihnen steuerlich gesehen ebenfalls lediglich um qualifizierte Kreditverhältnisse handelt. Beschränkt wird die Abzugsfähigkeit von Verlusten, wenn der stille Gesellschafter (bzw. der Darlehensgeber) am Nennkapital der Körperschaft, der er das Kapital gewährt hat, unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel beteiligt ist oder war und er nicht nachweisen kann, dass auch ein fremder Dritter das Kapital bei sonst gleichen Umständen gewährt hätte. Die Gewährung von stillen Beteiligungen durch nahestehende Personen, die Stellung von Sicherheiten und Rückgriffskonstellationen werden von der Regelung ausdrücklich mit erfasst, § 8b Abs. 3 Satz 5 KStG3. Korrespondierend bleiben spätere Wertaufholungen der stillen Beteiligung steuerfrei, § 8b Abs. 3 Satz 8 KStG.
23.87 Nach hier vertretener Auffassung ist das Verbot der Abzugsfähigkeit von Gewinnminderungen i.S. von § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG vorrangig vor §§ 15a; 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und auch vorrangig vor der Verrechnungsbeschränkung für Verluste gemäß §§ 15 Abs. 4 Satz 6; 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anzuwenden. Denn § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG verhindert bereits, dass steuerlich ein Verlust entsteht, während sowohl § 15a EStG als auch § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG nur auf prinzipiell abzugsfähige Verluste anwendbar sind4. Die Literatur ist zu dieser Frage – soweit sie überhaupt erörtert wird – unentschieden5. Jedenfalls hat die Vorschrift neben den beiden anderen Vorschriften ihren eigenen Anwendungsbereich, soweit ihr Tatbestand weiter als deren ist. So umfasst sie etwa auch die Gewährung von Sicherheiten für typische stille Beteiligungen, welche von den anderen beiden Vorschriften nicht erfasst wird. Nach Verwaltungsmeinung soll § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG zudem nur auf die Verrechnung laufender Verluste anwendbar sein (vgl. Rz. 23.71). bb) Die Nichtabzugsfähigkeit von Gewinnminderungen gemäß § 3c Abs. 2 Satz 2–4 EStG
23.88 Für Darlehen und stille Beteiligungen, die natürliche Personen als Anteilseigner ihren Körperschaften gewähren, ist mit Wirkung ab dem VZ 2015 eine parallele Regelung in § 3c Abs. 2 Satz 2–4 EStG für Betriebsvermögensminderungen oder Betriebsausgaben in Kraft getreten6. Rechtsfolge ist hier systemimmanent, dass der Verlustabzug auf lediglich 60 % des erlittenen Verlustes beschränkt wird. Von der Finanzverwaltung und Teilen der Literatur war zuvor angenommen worden, dass für Verluste aus eigenkapi1 Unmittelbar ist § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG nicht auf eigenkapitalersetzend gewährte Darlehen und stille Beteiligungen anwendbar, vgl. BFH v. 14.1.2009 – I R 52/08, BStBl. II 2009, 674 = FR 2009, 818 = GmbHR 2009, 490 m. Komm. Hoffmann. Die frühere entgegenstehende Verwaltungsmeinung ist obsolet. Vgl. zum früheren Diskussionstand Rödder/Stangl, DStR 2005, 354. 2 Frotscher in Frotscher/Maas, Stand: 09/2013, § 8b KStG Rz. 346; Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (857). 3 Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (858) erwägt die Anwendung der Vorschrift auch für den Fall des Erwerbs einer stillen Beteiligung zu einem Preis unter ihrem Nennwert. 4 Vgl. BMF v. 19.11.2008 – IV C 6 – S 2119/07/10001, 970, BStBl. I 2008, 970, Rz. 2 (zu § 15 Abs. 4 Satz 6 EStG). 5 Vgl. Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (857 Fn. 27). 6 Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (AOZKAnpG) v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417.
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talersetzend gewährten Darlehen und typischen stillen Beteiligungen bereits die Abzugsbeschränkung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG gilt1. Dieser Rechtsansicht ist der BFH indes nicht gefolgt2. Mit der Einführung von § 3c Abs. 2 Satz 2–4 EStG hat der Gesetzgeber auf diese Rechtsprechung reagiert3 und die Abzugsbeschränkung nunmehr ausdrücklich und mit vergleichbarem Regelungsgehalt wie in § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG in das EStG aufgenommen. Wie für § 8b Abs. 3 Satz 4–7 KStG ist auch hier davon auszugehen, dass die Vorschrift vorrangig vor § 15a EStG und vorrangig vor § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG anzuwenden ist. Für die Steuergestaltung schaffen die gesetzlichen Regelungen Planungssicherheit: Unterhalb einer Beteiligungsschwelle von 25 % am Nennkapital der Körperschaft können Anteilseigner Verluste aus stillen Beteiligungen, die sie ihrer Körperschaft gewährt haben, unter dem Gesichtspunkt des Teileinkünfteverfahrens grundsätzlich steuerlich voll abziehen. Allerdings sind stets die zusätzlichen Beschränkungen für die Abzugsfähigkeit von Verlusten aus stillen Beteiligungen zu beachten.
23.89
e) Einschränkung des Verlustausgleichs gemäß §§ 15 Abs. 4 Satz 6–8; 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG Entfallen Verluste aus einer typischen stillen Gesellschaft, die an einer Kapitalgesellschaft besteht, unmittelbar oder mittelbar auf ein KSt-Subjekt, finden gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG die Regeln des § 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG entsprechende Anwendung. Es greift mithin dieselbe quellenbezogene Verlustverrechnungsbeschränkung, als wenn zwischen den Beteiligten eine atypische stille Gesellschaft bestände. Auf die obigen Ausführungen kann daher verwiesen werden, vgl. Rz. 23.66.
23.90
IV. Zusammenfassung Die Aufnahme stiller Gesellschafter schafft für KSt-Subjekte die Möglichkeit, auf alternative Weise zum Teileinkünfte- bzw. Abgeltungsverfahren Gewinne und Verluste auf die Ebene ihrer Kapitalgeber zu transferieren. Hieraus lassen sich Steuersatzvorteile generieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung beim Empfänger lediglich dem Abgeltungsteuersatz unterliegen. Anders als eine bloße Kreditgewährung transferieren stille Beteiligungen innerhalb der Grenzen des § 15a EStG zudem nicht nur die Gewinne, sondern auch die Verluste auf die Ebene der Kapitalgeber. Stille Beteiligungen sind insoweit in gewissem Umfang eine Alternative zur Bildung einer Organschaft. Inwieweit insbesondere atypische stille Beteiligungen am Organträger oder an der Organgesellschaft der gleichzeitigen steuerlichen Anerkennung der Organschaft entgegenstehen, ist umstritten. Gegenüber einer direkten Beteiligung an dem KSt-Subjekt haben stille Beteiligungen den Vorteil, dass sie nicht gemäß § 8c KStG zu einer Kürzung des Verlustvortrags auf Ebene des KSt-Subjekts führen. Zudem unterliegt die Abzugsfähigkeit der Wertmin1 Vgl. BMF v. 8.11.2010 – IV C 6 – S 2128/07/10001, BStBl. I 2010, 1292; Desens in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand: 10/2011, § 3c EStG Rz. 62; Herrmann in Frotscher/Geurts, Stand: 6/2011, § 3c EStG Rz. 46. 2 BFH v. 18.4.2012 – X R 7/10, BStBl. II 2013, 791, Rz. 58 = GmbHR 2012, 860. 3 Vgl. BT-Drucks. 18/3017, S. 38.
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derung einer stillen Beteiligung grundsätzlich nicht den Beschränkungen des Teileinkünfteverfahrens. Die Einkünfteermittlung von KSt-Subjekten als Geschäftsinhaber oder als stiller Gesellschafter folgt wegen des Generalverweises in § 8 Abs. 1 KStG grundsätzlich den Bestimmungen des EStG. Besonderheiten bestehen u.a. hinsichtlich der Frage, ob eine stille Gesellschaft vorliegt und ob sie als typische oder als atypische stille Gesellschaft einzuordnen ist. Beteiligt sich ein KSt-Subjekt an einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar still, ordnen zudem die §§ 15 Abs. 4 Satz 6–8; 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eine quellenbezogene Verlustausgleichsbeschränkung an, welche den Verlusttransfer in dieser Konstellation leerlaufen lässt. Verfassungsmäßigkeit und genauer Inhalt dieser Regelungen sind weiterhin nicht abschließend geklärt. Aufgrund des Trennungsprinzips können sich auch die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft an dieser nochmals still beteiligen. Zur Vermeidung verdeckter Gewinnausschüttungen und verdeckter Einlagen ist sorgfältig darauf zu achten, dass solche Beteiligungen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht einem Fremdvergleich standhalten. Wertverluste eigenkapitalersetzender typischer stiller Beteiligungen sind nachträgliche Anschaffungskosten i.S. von § 17 EStG. Ist der Anteilseigner zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar an dem Nennkapital der Kapitalgesellschaft beteiligt, finden die Abzugsbeschränkungen des Teileinkünfteverfahrens grundsätzlich auch auf typische stille Beteiligungen Anwendung, sofern nicht auch ein fremder Dritter die Beteiligung bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte, § 3c Abs. 2 Satz 2–4 EStG und § 8b Abs. 2 Satz 4–6 KStG.
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§ 24 Gewerbesteuer Schrifttum: Apitz, Wilfried, Anmerkung zum Urteil des BFH vom 24.4.2014, IV R 34/10, StBW 2014, 579; Aweh, Lothar, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 22.9.2011, IV R 3/10, EStB 2012, 15; Bäuml, Swen, Personengesellschaften als Organträger in der Gestaltungs- und Unternehmenspraxis, FR 2013, 1121; Bauschatz, Peter, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.4.2009, IV R 73/06, DStZ 2009, 582; Behrens, Stefan, Gewerbeverlust bei Wechsel von unmittelbarer zu mittelbarer Beteiligung bei einer atypisch stillen Gesellschaft, BB 2009, 1169; Döllerer, Georg, Die atypische stille Gesellschaft – gelöste und ungelöste Probleme, DStR 1985, 295; Heinz, HansWalter, Die GmbH und die atypische stille Gesellschaft, in Steuerrecht Gesellschaftsrecht Berufsrecht 1995 – Festschrift 15 Jahre Fachrichtung Steuern und Prüfungswesen der Berufsakademie Villingen-Schwenningen, S. 54 ff.; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Die steuerliche atypische stille Beteiligung an der GmbH, GmbHR 1994, 147; Horn, Wilhelm/Maertins, Jan, Mitunternehmerische Betätigung und Beteiligung bei der GmbH & atypisch Still, GmbHR 1995, 816; Kanzler, H.-J., Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.4.2009, FR 2009, 1135; Kauffeld, Hans-Georg, Die partielle Unternehmensbeteiligung, 2008; Kempermann, Michael, Anmerkung zu BFH vom 21.9.2001 (IV R 50/99, DStR 2001, 119; Krass, Eva-Maria, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, Berlin 2015 (= Diss. Bonn 2015); Kuck, Tobias, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, 2009; Lieber, Bettina/Stifter, Jörg, Die atypisch stille Gesellschaft als Alternative zur Ausgliederung, FR 2003, 831; Lindwurm, Christof, Gewinnverteilung und Gewinnfeststellung bei der Kumulation von stillen Gesellschaften – Ein Vergleich mit mehrgliedrigen stillen Gesellschaften unter Berücksichtigung von bewertungs- und gewerbesteuerrechtlichen Konsequenzen, DStR 2000, 53; Neu, Norbert, Die typisch stille Gesellschaft nach der Unternehmensteuerreform 2008, in Festschrift für Sebastian Spiegelberger – Vertragsgestaltung im Zivil- und Steuerrecht, 2009, S. 854; Nöcker, Gregor, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.4.2014, FR 2014, 866; Oenings, Christoph, Gewerbesteuerliche Verlustverrechnung – Unternehmeridentität i.S. des § 10a GewStG bei atypisch stiller Gesellschaft, DStR 2008, 279; Pyszka, Tillmann, Atypisch stille Beteiligung an einzelnen Unternehmenssegmenten, DStR 2003, 857; Ros, Bernhard, Die Veranlagung der GmbH & atypisch Still im Spiegel der Rechtsprechung des BFH, DStR 2001, 1592; Schimmele, Jürgen, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 24.4.2014, IV R 34/10, EStB 2014, 287; Schulze zur Wiesche, Dieter, Innengesellschaften an einzelnen Geschäftszweigen eines Unternehmens als selbständige Mitunternehmerschaft, DStZ 2009, 873; Schulze zur Wiesche, Dieter, Gestaltungen innerhalb von Mitunternehmerschaften – Begründung doppelstöckiger Mitunternehmerschaften durch atypisch stille Beteiligungen, DStZ 2014, 719; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Mitunternehmerschaft – Voraussetzungen und Umfang, DB 2015, 1487; Schwetlik, Harald, Anm. zum Urteil des BFH v. 7.4.2009, IV B 109/08, EStB 2009, 224; Steinacker, Jörg, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, Diss. Erlangen/Nürnberg, 1992, 1993; Sterzenbach, Karl Heinz, GmbH & Still: Vorzüge einer beliebten Rechtsform und ihre steuerlichen Besonderheiten, DStR 2000, 1669; Suchanek, Markus/Trinkhaus, Matthias, Gewerbesteuerlicher Verlustuntergang innerhalb doppelstöckiger Personengesellschaften – Neue Erkenntnisse aus dem BFH-Urteil vom 24.4.2014, Ubg 2014, 495; Wälzholz, Eckhard, Die GmbH & Still nach der Unternehmenssteuerreform 2008, GmbH-StB 2008, 11; Wendt, Michael, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 30.8.2007, FR 2008, 383; Wendt, Michael, Anmerkung zum Urteil, des BFH vom 7.4.2009, FR 2009, 1002; Wilke, Timo, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.4.2014, IV R 73/06, BB 2014, 2404; Wischmann, Rolf, Anmerkung zum Urteil des BFH v. 23.4.2009, IV R 73/06, EStB 2009, 259.
I. Allgemeines 1. Typische und atypische stille Gesellschaften bei der Gewerbesteuer Die Gewerbesteuer schließt an die Einkommensteuer an. Steuergegenstand ist jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, § 2 Abs. 1 Satz 1 Lamprecht
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24.1
§ 24 Gewerbesteuer
GewStG. Unter Gewerbebetrieb ist hierbei ein gewerbliches Unternehmen i.S. des Einkommensteuergesetzes zu verstehen, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Ebenso wie für die Einkommensteuer gilt daher auch für die Gewerbesteuer ein tätigkeitsbezogener Begriff des Gewerbebetriebs1. Bei einer Personengesellschaft sind gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG die Gesellschafter die (Mit-)Unternehmer des Betriebes und Träger des Unternehmens2. Demnach sind auch die Gesellschafter selbst – und nicht die Personengesellschaft – als Mitunternehmer sachlich gewerbesteuerpflichtig3.
24.2 Wie bei der Einkommensteuer sind auch bei der Gewerbesteuer typische und atypische stille Gesellschaften zu unterscheiden. Typische stille Beteiligungen werden auch im Rahmen der Gewerbesteuer lediglich wie qualifizierte Kreditverhältnisse behandelt, die der Geschäftsinhaber in seinem eigenen Gewerbebetrieb eingeht4. Ist die stille Beteiligung atypisch ausgestaltet, erlangt der stille Gesellschafter hingegen die Stellung eines Mitunternehmers mit der Folge, dass ihm die Handlungen des Geschäftsinhabers steuerlich zugerechnet werden5 und er aufgrund der Tätigkeit des Geschäftsinhabers selbst sachlich gewerbesteuerpflichtig wird6. Mithin begründen atypische stille Gesellschaften – nicht anders als andere Personengesellschaften – gewerbesteuerlich Gewerbebetriebe, die von dem jeweiligen Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter als Mitunternehmer gemeinsam getragen werden7. Gleiches gilt für andere mitunternehmerisch organisierte Innengesellschaften8. Soweit Rechtsprechung9 und Literatur10 dies früher anders beurteilt haben, ist dies überholt. 2. Wesentliche Änderungen der Gewerbesteuer für stille Gesellschaften in der Vergangenheit
24.3 Für die Steuergestaltung besonders bedeutsam war die Gewerbesteuer, solange mit ihr notwendigerweise eine effektive steuerliche Zusatzbelastung verbunden gewesen war. Mit Schaffung der Anrechnungsfähigkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer in § 35 EStG ab dem Veranlagungszeitraum 200111 ist dieser Belastungseffekt allerdings nicht selten entfallen. Dementsprechend hat sich die Bedeutung der Gewerbesteuer für die Steuergestaltung relativiert. Geblieben ist ein zusätzlicher Be1 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958, Rz. 26 = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. 2 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, Rz. 59 ff. 3 BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794, Rz. 22. 4 Vgl. zur wirtschaftlichen Funktion und zum bilanziellen Ausweis der typischen stillen Beteiligung als „qualifizierter Kredit“: BFH v. 14.11.2012 – I R 19/12, BFH/NV 2013, 1389, Rz. 12; BFH v. 6.3.2003 – XI R 24/02, BStBl. II 2003, 656, Rz. 14 = FR 2003, 723. 5 Vgl. BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, 171, Rz. 19. 6 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 24 = FR 2009, 1135; BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355, Rz. 34. 7 BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794, Rz. 22. 8 BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355, Rz. 23. 9 BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, Rz. 18 = FR 1995, 20; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311, Rz. 32 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 10 Zacharias/Hebig/Rinnewitz, Die atypisch stille Gesellschaft, S. 172; Döllerer, DStR 1985, 295 (300); Steinacker, Die GmbH & atypisch Still im Steuerrecht, S. 111; so auch die 5. Aufl. Rz. 1647 ff. 11 Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz – StSenkG) v. 23.10.2000, BGBl. I 2000, 1433.
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§ 24 Gewerbesteuer
lastungseffekt und damit eine besondere gestalterische Relevanz stets für körperschaftsteuerpflichtige Personen – sie sind zu einer Anrechnung gemäß § 35 EStG nicht berechtigt – und in Fällen, in denen die Anrechnung nicht zu einer vollständigen Entlastung führt. Betroffen sind vor allem Betriebe, deren Gewerbeertrag den Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG i.H. von 24 500 Euro überschreitet und deren Betriebsstätten in Gemeinden mit einem Gewerbesteuerhebesatz von mehr als 380 % liegen. Betroffen sind ferner Fälle, in denen es zu Anrechnungsüberhängen kommt oder Steuerpflichtige von einer Anrechnung nicht profitieren, weil sie ohnehin keine Einkommensteuer schulden. Wesentlich geändert worden sind die gewerbesteuerlichen Rahmenbedingungen für stille Gesellschaften zudem durch das Unternehmensteuerreformgesetz 20081. Bis zum Erhebungszeitraum 2008 waren Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter gemäß § 8 Nr. 3 GewStG dem Gewerbeertrag ggf. vollständig wieder hinzuzurechnen, während Entgelte für andere Dauerschulden wie etwa partiarische Darlehen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG lediglich zur Hälfte hinzuzurechnen waren. Diese unterschiedliche Behandlung ist mit der Unternehmensteuerreform 2008 einer einheitlichen Hinzurechnungsregelung für Finanzierungsentgelte gewichen. Der gewerbesteuerliche Grund, partiarische Darlehen typischen stillen Beteiligungen als Finanzierungsform vorzuziehen, ist damit entfallen2.
24.4
3. Nichtabzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe Mit Wirkung für Veranlagungszeiträume ab dem Jahre 2008 bestimmt § 4 Abs. 5b EStG, dass die Gewerbesteuer und die auf sie entfallenden Nebenleistungen keine Betriebsausgaben mehr sind3. Zu verstehen ist dies zutreffenderweise dahin, dass es sich bei Gewerbesteuerverbindlichkeiten von Unternehmen zwar um betrieblich veranlasste Aufwendungen i.S. von § 4 Abs. 4 EStG handelt, diese aber nicht abzugsfähig sind4. Rückstellungen für die Gewerbesteuer sind daher weiterhin zu bilden, außerbilanziell aber zu neutralisieren5. In der Regelung liegt ein Eingriff in das objektive Nettoprinzip. Nach herrschender Ansicht kann dieser Eingriff aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden6. Unter anderem erhöht die Abschaffung der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer die Transparenz der Einnahmeströme zwischen den Gebietskörperschaften. 1 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 2 Zur früheren Rechtslage vgl. im Einzelnen die Vorauflage, Rz. 24.14. 3 Eingeführt durch das UntStRG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912, nach § 52 Abs. 12 Satz 7 EStG n.F. erstmals anzuwenden für Gewerbesteuer, die für Erhebungszeiträume festgesetzt wird, die nach dem 31.12.2007 enden. 4 BFH v. 10.9.2015 – IV R 8/13, BStBl. II 2015, 1046, Rz. 17 = FR 2016, 71 = GmbHR 2015, 1282; BFH v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531, Rz. 10 m.w.N. = GmbHR 2014, 660 = FR 2014, 695. Vgl. für die Literatur nur Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 8/2013, § 4 EStG Rz. 923. 5 So die einheitliche Verwaltungsauffassung; vgl. nur OFD Münster Kurzinformation EStG 19/2010 v. 2.9.2010, DStR 2010, 1890. 6 BFH v. 10.9.2015 – IV R 8/13 – BStBl. II 2015, 1046, Rz. 19 ff. = FR 2016, 71 = GmbHR 2015, 1282; BFH v. 16.1.2014 – I R 21/12, BStBl. II 2014, 531, Rz. 12 = GmbHR 2014, 660 = FR 2014, 695. Verfassungsbeschwerde unter Az. 2 BvR 1559/14 beim BVerfG anhängig. Bis zu einer Entscheidung ergehen ESt- und KSt-Festsetzungen insoweit vorläufig, BMF v. 17.8.2015 – IV A 3 – S 0338/07/10010, BStBl. I 2015, 577.
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729
24.5
§ 24 Gewerbesteuer
II. Die atypische stille Gesellschaft 1. Die atypische stille Gesellschaft als Gewerbebetrieb a) Atypische stille Gesellschaften am gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers
24.6 Steuerobjekt der Gewerbesteuer ist jeder stehende Gewerbebetrieb bzw. jeder Reisegewerbebetrieb, soweit sie im Inland betrieben werden, §§ 2, 35a GewStG. Dem Gewerbesteuergesetz liegt hierbei derselbe – und damit tätigkeitsbezogene – Begriff des Gewerbebetriebs zugrunde wie dem Einkommensteuergesetz, § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Die stille Gesellschaft ist nicht nur handlungs-, sondern auch rechtsunfähig. Anders als Personenhandelsgesellschaften betreiben stille Gesellschaften daher kein Unternehmen. Eine Tätigkeit der atypischen stillen Gesellschaft als solche gibt es nicht. Betrieben wird das Unternehmen vielmehr lediglich vom Geschäftsinhaber1. Diese Tätigkeit wird aber einkommensteuerlich bei Vorliegen einer Mitunternehmerschaft der – dann atypischen – stillen Gesellschaft als Subjekt der Einkünfteerzielung zugerechnet2; Träger der atypischen stillen Gesellschaft sind wiederum der Geschäftsinhaber und der stille Gesellschafter als Mitunternehmer gemeinsam. Durch die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft werden der Geschäftsinhaber und der atypische stille Gesellschafter daher jeweils sachlich gewerbesteuerpflichtig3. Führt der Geschäftsinhaber seine bisherige gewerbliche Tätigkeit fort, beginnt die Gewerbesteuerpflicht mit Entstehung der atypischen stillen Gesellschaft, ansonsten mit Aufnahme der werbenden Tätigkeit4. Sie endet erst mit Auflösung der atypischen stillen Gesellschaft wieder5.
24.7 Die Tätigkeit einer Arbeitsgemeinschaft, deren alleiniger Zweck auf die Erfüllung eines einzigen Werkvertrags oder Werklieferungsvertrags gerichtet ist, gilt allerdings nicht als Gewerbebetrieb, § 2a Satz 1 GewStG. Hierunter fallen auch Arbeitsgemeinschaften, die als atypische Innengesellschaften verfasst sind6.
24.8 Ist der Geschäftsinhaber nicht originär gewerblich tätig, so kann ein Gewerbebetrieb dennoch aufgrund der Fiktionen des § 15 Abs. 3 Nr. 1 und 2 EStG vorliegen. Sie sind auch auf atypische stille Gesellschaften anwendbar7. Das Eingehen einer atypischen stillen Gesellschaft kann daher erstmals einen Gewerbebetrieb entstehen lassen bzw. auf dessen Umfang Einfluss nehmen.
1 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958, Rz. 26 = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. 2 Allgemein für atypische Innengesellschaften: BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355, Rz. 23. 3 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685, Rz. 11 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378. 4 M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand: 9/2012, § 2 GewStG Rz. 137c. 5 M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 2 GewStG Rz. 154a. 6 BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355, Rz. 26. 7 Vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 24 = FR 2009, 1135; BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94 BStBl. II 1998, 685, Rz. 10 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378; BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, 171, Rz. 14 ff. = FR 1995, 20; BFH v. 13.11.1997 – IV R 67/96, BStBl. II 1998, 254, Rz. 19 (allgemein für atypische Innengesellschaften) m.w.N. = FR 1998, 316 = GmbHR 1998, 246.
730 Lamprecht
§ 24 Gewerbesteuer
Das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung kann zur Entstehung eines zusätzlichen Gewerbebetriebes führen oder zur Folge haben, dass der gesamte bisherige Gewerbebetrieb auf die Mitunternehmer der atypischen stillen Gesellschaft übergeht. Maßgeblich ist, an welcher tatsächlichen gewerblichen Tätigkeit die atypische stille Beteiligung besteht. Umfasst die atypische stille Gesellschaft die gesamte gewerbliche Betätigung des Geschäftsinhabers, existiert außerhalb der stillen Gesellschaft grundsätzlich kein weiterer eigener Gewerbebetrieb des Geschäftsinhabers mehr1. Gilt die Tätigkeit des Geschäftsinhabers gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG bereits kraft Rechtsform als Gewerbebetrieb, existieren zwar rechtlich zwei Gewerbebetriebe2; aufgrund der Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften kann aber regelmäßig von einer gesonderten gewerbesteuerlichen Veranlagung des Geschäftsinhabers abgesehen werden3.
24.9
Nicht anders verhält es sich, wenn an dem gesamten Betrieb einer KG (oder einer anderen Mitunternehmerschaft) eine atypische stille Beteiligung begründet wird. Ist die Vereinbarung der atypischen stillen Beteiligung steuerlich anzuerkennen, entsteht zwar eine doppelstöckige Personengesellschaft und liegen damit zwei gesonderte Mitunternehmerschaften vor; der Vorgang ist aber als Einbringung des bisherigen Betriebs der KG als Geschäftsinhaberin in die atypische stille Beteiligung zu verstehen mit der Folge, dass fortan nur noch die KG und der atypische stille Gesellschafter einen Gewerbebetrieb als Mitunternehmer betreiben4. Ein weiterer eigener Gewerbebetrieb der KG existiert in dieser Konstellation darüber hinaus nicht mehr – mit erheblichen Folgen für die Verlustverrechnung (vgl. hierzu Rz. 14.34 ff.). Nach dem BFH entstehen entsprechende doppelstöckige Strukturen grundsätzlich auch dann, wenn die atypische stille Beteiligung von jemandem übernommen wird, der bereits Mitunternehmer der KG ist5.
24.10
Die einheitliche Tätigkeit des Geschäftsinhabers konstituiert auch dann nur einen einzigen Gewerbebetrieb, wenn sich mehrere stille Gesellschafter an seinem ganzen Geschäftsbetrieb beteiligen. Ob die stillen Beteiligungen untereinander koordiniert sind oder es sich um jeweils gesonderte Gesellschaftsverträge handelt, ist insoweit
24.11
1 Oenings, DStR 2008, 279 (280); Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, S. 80 m.w.N. 2 Sterzenbach, DStR 2000, 1669 (1671). 3 OFD Rostock v. 19.12.1999 – S 2241 – St 23, DStR 2000 591 (594); Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, S. 81 f. Die Anzahl der Gewerbebetriebe offenlassend, aber ebenfalls für nur eine einzige GewSt-Veranlagung auch Ros, DStR 2001, 1592 (1593 f.). 4 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253, Rz. 31 f. = StBW 2014, 579 m. Anm. Apitz = GmbHR 2014, 890; Schimmele, EStB 2014, 287; Nöcker, FR 2014, 866 (867); FG Münster v. 27.6.2012 – 7 K 3732/10 G, EFG 2012, 1956 Rz. 47 ff. So auch de Hesselle in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2015, § 14 GewStG Rz. 32. 5 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 Rz. 32 = GmbHR 2014, 890. Kritisch insoweit Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (719 f.); Schulze zur Wiesche, DB 2015, 1487 (1490) mit der Erwägung, dass die zivilrechtliche Vereinbarung eines zusätzlichen, prinzipiell atypischen stillen Gesellschaftsverhältnisses dem Mitunternehmer des Geschäftsinhabers nicht notwendigerweise über seine bisherige Stellung hinaus hinreichende Mitunternehmerinitiative verschafft, um steuerlich von einem weiteren atypischen stillen Gesellschaftsverhältnis auszugehen. Vgl. auch Kanzler, FR 2009, 1140 (1141).
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§ 24 Gewerbesteuer
unerheblich1. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags gleichen sich positive und negative Einkünfte aller Beteiligten daher untereinander aus2. Zugleich wird der Freibetrag gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG nur einmal gewährt3. Es erfolgt in diesen Fällen auch nur eine einzige einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO4.
24.12 Unterhält der Geschäftsinhaber steuerlich mehrere selbständige Gewerbebetriebe5, ist zu beachten, dass eine Personengesellschaft gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stets nur einen einzigen Gewerbebetrieb unterhalten kann. Durch die Begründung einer atypischen stillen Gesellschaft an der gesamten gewerblichen Tätigkeit des Geschäftsinhabers können beide Gewerbebetriebe daher zusammengefasst werden, was insbesondere für die Verlustverrechnung von Interesse sein kann. Soll es bei zwei gesonderten Gewerbebetrieben bleiben, genügt nach hier vertretener Ansicht hierfür, an jedem der beiden Gewerbebetriebe jeweils gesondert eine atypische stille Beteiligung zu begründen und zu praktizieren – selbst wenn an beiden Betrieben jeweils dieselbe Person still beteiligt ist6. b) Atypische stille Gesellschaften an Teilen des Gewerbebetriebs des Inhabers – Tracking-Stock-Strukturen
24.13 Stille Gesellschaften (und andere Innengesellschaften7) müssen nicht an dem gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers bestehen, sondern können sich gesellschaftsrechtlich nur auf einen bestimmten, selbständig abgrenzbaren Teilbereich des Betriebes beschränken8. Dies ist grundsätzlich auch steuerrechtlich anzuerkennen9 – und zwar
1 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 24 = FR 2009, 1135; BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685, Rz. 13 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378; BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764, Rz. 38 = FR 1995, 789; allgemein für atypische Innengesellschaften BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355, Rz. 21. 2 Vgl. BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94 BStBl. II 1998, 685, Rz. 17 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378. 3 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 24 = FR 2009, 1135. 4 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 24 = FR 2009, 1135; BFH v. 5.7.2002 – IV B 42/02, BFH/NV 2002, 1447, Rz. 45; BFH v. 15.10.1998 – IV R 18/98, BStBl. II 1999, 286, Rz. 31 = FR 1999, 262 = GmbHR 1999, 193. 5 Vgl. zur Abgrenzung mehrerer Gewerbebetriebe anschaulich BFH v. 20.3.2013 – X R 38/11, BFH/NV 2013, 1125 Rz. 34 ff. Im zugrunde liegenden Sachverhalt bestand an nur einem der Gewerbebetriebe eine typische stille Beteiligung. 6 Eine Zurechnung von Tätigkeiten jenseits der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen findet bei Gesamthands-Schwestergesellschaften grundsätzlich nicht statt, vgl. BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465, Rz. 16 ff. Legt man die Rspr. zur Entstehung doppelstöckiger Personengesellschaften bei zusätzlicher atypischer Beteiligung von Mitunternehmern zugrunde (vgl. Rz. 24.10, 24.44), sollte Gleiches auch für Innengesellschaften als Schwestergesellschaften gelten. 7 Beide Arten von Innengesellschaften sind im Rahmen von Tracking-Stock-Strukturen nach denselben Maßstäben zu behandeln, vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 28 = FR 2009, 1135. 8 Vgl. hierzu Pyszka, DStR 2003, 867; Lindwurm, DStR 2000, 53; Kauffeld, Die partielle Unternehmensbeteiligung, S. 297 ff. 9 BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685, Rz. 12 ff.; BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611, Rz. 16 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378; so bereits RFH v. 16.11.1920 – II A 359/20, RFHE 4, 15 (17).
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§ 24 Gewerbesteuer
sowohl für die typische wie für die atypische stille Gesellschaft. Man kann in solchen Fällen von „Tracking-Stock-Strukturen“ sprechen1. Die Abgrenzung von Gewinn und Verlust wirft dann gleichartige Fragen wie bei der internationalen Betriebsstätten-Gewinnabgrenzung auf2. Erfolgt die Beteiligung im Wege einer atypischen stillen Gesellschaft, können unter Umständen mehrere Gewerbebetriebe entstehen3. Dies hat weitreichende steuerliche Folgen. Insbesondere sind in diesem Fall mehrere Besteuerungsverfahren durchzuführen, in denen jeweils ein gewerbesteuerlicher Freibetrag zu gewähren ist, zugleich aber eine Gewinnsaldierung mit den jeweils anderen gewerblichen Betätigungen nicht durchgeführt werden kann. Das Vorliegen der zivil- und steuerrechtlichen Voraussetzungen für eine solche Struktur ist im Einzelfall allerdings sorgfältig zu prüfen. Grundsätzlich gelten die allgemeinen Maßstäbe für die Anerkennung von Innengesellschaften und Mitunternehmerschaften. Der Abgrenzung zu benachbarten Rechtsinstituten ist in diesen Fällen aber besondere Aufmerksamkeit zu zollen. Zivilrechtlich können alternativ insbesondere partiarische Rechtsverhältnisse4 oder – wenn die Vertragspartner bereits anderweitig gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind – ergänzende, besondere Gewinnverteilungsabreden5 vorliegen. Ob ein Gesellschaftsverhältnis vorliegt, ist insbesondere eine Frage der Beiträge der Beteiligten (insbesondere der Beitrags- und Einlagefähigkeit von Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen)6 sowie der Gewinnermittlung und der Verlusttragung. Dabei müssen diese jeweils genau auf die einzelnen Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche bezogen sein, an denen die Innengesellschaft besteht. Das gilt auch steuerrechtlich. Eine atypische stille Gesellschaft bezüglich einzelner Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche des Inhabers kann daher nur dann anerkannt werden, wenn Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative des stillen Gesellschafters gerade bezüglich dieser Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche durch die Innengesellschaft begründet werden7. Dies erfordert regelmäßig, dass der stille Gesellschafter an den stillen Reserven gerade dieser Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche beteiligt ist8. Dass der stille Gesellschafter bereits aufgrund eines anderen Gesellschaftsverhältnisses (etwa als Kommanditist) Mitunternehmer des Geschäftsinhabers ist, genügt nicht, um auch eine zusätzliche, auf einzelne Geschäftsbereiche bezogene Innengesellschaft als mitunternehmerisch zu qualifizieren.
24.14
Für das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft muss zudem ein Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 2 GewStG vorliegen. Hieran fehlt es, wenn die Innengesellschaft sich lediglich auf ein einziges Geschäft bezieht9. Ein solches sog. Metageschäft stellt kei-
24.15
1 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 24; kritisch insoweit die Anm. von Kanzler, FR 2009, 1140 (1140). Vgl. zu dieser Entscheidung auch die Anm. von Wischmann, EStB 2009, 259. 2 BFH v. 27.2.1975 – I R 11/72, BStBl. II 1975, 611, Rz. 19. 3 Vgl. auch R 5.1 Abs. 2 Satz 4 GewStR 2009. 4 Vgl. hierzu Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872; Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 718 (721 ff.). 5 Vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 37 = FR 2009, 1135. 6 Vgl. insoweit BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40 Rz. 27 = FR 2009, 1135. 7 Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872 (875); Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (721 ff.) mit diversen Beispielen. 8 Vgl. BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 36 = FR 2009, 1135. 9 Vgl. zu einem solchen Fall BFH v. 26.5.1993 – X R 108/91, BStBl. II 1994, 96, Rz. 31 = FR 1993, 784.
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ne nachhaltige und damit gewerbliche Betätigung dar. Hingegen ist die Anerkennung unproblematisch, wenn die Betätigung, an der die Innengesellschaft besteht, und die übrige Betätigung des Geschäftsinhabers jeweils für sich alle Erfordernisse eines eigenen Gewerbebetriebs erfüllen.
24.16 Problematisch sind die (häufigen) Konstellationen, in denen beide Bereiche zwar eine gewisse Unabhängigkeit voneinander aufweisen, zwischen ihnen aber dennoch Überschneidungen in wirtschaftlicher, finanzieller oder organisatorischer Hinsicht bestehen. Das Vorliegen eines Gewerbebetriebes erfordert nämlich gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG eine selbständige Tätigkeit nicht nur in persönlicher, sondern auch in sachlicher Hinsicht1.
24.17 Bei Gesamthandsgesellschaften bildet diese Voraussetzung kein besonderes Hindernis. Eine Zurechnung von Tätigkeiten jenseits der gesellschaftsrechtlichen Handlungszurechnung findet steuerrechtlich nicht statt2. Dies gilt auch bei personenidentischen Schwestergesellschaften. Auch sie bilden zwei gesonderte Gewebebetriebe. Dies gilt selbst dann, wenn ihre Tätigkeiten in wirtschaftlicher, finanzieller oder organisatorischer Hinsicht miteinander verbunden sind3. Maßgebend ist allein, ob bei isolierter Betrachtung die Betätigung der jeweiligen Gesamthandsgesellschaft einen Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG bildet. Gleiches hat das FG Köln unter Berufung auf ein Urteil des I. Senats des BFH4 für mitunternehmerische Innengesellschaften angenommen. Demnach sollen auch diese jeweils einen eigenen Gewerbebetrieb konstituieren, wenn die Betätigung, auf welche sie sich beziehen, nicht mit der gesamten Betätigung des Geschäftsinhabers identisch ist und für sich einen Gewerbebetrieb i.S. von § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG darstellt5.
24.18 Im Revisionsverfahren gegen die Entscheidung des FG Köln ist der IV. Senat des BFH dieser Auffassung indes nicht beigetreten. Nach seinem Urteil vom 23.4.2009 soll das Merkmal der sachlichen Selbständigkeit bei entsprechenden Gestaltungen vielmehr nur dann gegeben sein, wenn der Teil des Geschäftsbetriebs, an dem die Innengesellschaft besteht, eine in sich geschlossene, von anderen Unternehmensteilen des Inhabers unabhängige und auf ein bestimmtes Projekt bezogene Einheit bildet6. Als Beispiele einer solchen Einheit – und damit eines selbständigen Gewerbebetriebs – hat der IV. Senat die gemeinsame Finanzierung sämtlicher zur Herausbringung eines Films angefallener Kosten samt der anschließenden Verwertung der erworbenen Lizenzrechte, die Herstellung eines Films in Auftragsproduktion oder die gemeinsame Durchführung und Vermarktung eines Ferienappartementprojekts angeführt. Ferner hat er als einen solchen Fall genannt, dass der stille Gesellschafter von der Teilhabe an den in den übrigen Geschäftsfeldern des (Gesamt-)Betriebs entstandenen stillen 1 2 3 4
BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 29 = FR 2009, 1135. Kaufmann/Seppelt in Frotscher/Geurts, Stand: 2/15, § 15 EStG Rz. 313. BFH v. 21.2.1980 – I R 95/76, BStBl. II 1980, 465, Rz. 16 ff. BFH v. 6.12.1995 – I R 109/94, BStBl. II 1998, 685, Rz. 14 = FR 1996, 293 = GmbHR 1996, 378. 5 FG Köln v. 19.10.2005 – 11 K 5325/02, EFG 2006, 526 Rz. 47. 6 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 25 = FR 2009, 1135 unter Berufung auf BFH v. 26.5.1993 – X R 108/91, BStBl. II 1994, 96, Rz. 30 = FR 1993, 784. BFH v. 19.2.1981 – IV R 152/76, BStBl. II 1981, 602, Rz. 26: „neue in sich geschlossene betriebliche Einheit“. Eingehend zum Urteil v. 23.4.2009 Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872. Vgl. ferner die Anm. von Bauschatz, DStZ 2009, 582; Kanzler, FR 2009, 1140; Wischmann, EStB 2009, 240.
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§ 24 Gewerbesteuer
Reserven sowie dem Geschäftswert des Gesamtunternehmens ausgeschlossen ist1. In dem vom FG Köln entschiedenen Sachverhalt hat der IV. Senat indes nicht erkennen können, dass solche in sich geschlossenen Einheiten existierten. Er ist damit der Atomisierung des Geschäftsbetriebs einer KG in mehr als 40 einzelne Gewerbebetriebe (mit entsprechend vielen Freibeträgen!) aufgrund des Abschlusses jeweils gesonderter Innengesellschaftsverträge entgegengetreten2. In der Praxis nivellieren sich die Unterschiede zwischen beiden Auffassungen, wenn man berücksichtigt, dass die Anforderungen für in sich geschlossene Einheiten nach den Beispielen, welche der IV. Senat für sie anführt, nicht sonderlich hoch sind. Dennoch ist nach hier vertretener Ansicht im Ausgangspunkt der Auffassung des FG Köln zu folgen. Es ist nicht erkennbar, warum die Zurechnung von Betätigungen und damit die Konstituierung jeweils eigener Gewerbebetriebe bei Innengesellschaften strengeren Anforderungen unterliegen soll als bei Gesamthandsgesellschaften3. Beide Gesellschaftsformen sind gleichermaßen handlungsunfähig. Die Handlungen ihrer Gesellschafter werden ihnen jeweils nur rechtlich zugerechnet.
24.19
Nicht anders als bei Gesamthandsgesellschaften gilt allerdings auch für Innengesellschaften, dass die steuerrechtliche Anerkennung mehrerer gesonderter Mitunternehmerschaften erfordert, dass diese hinreichend voneinander unterscheidbar sind. Das erfordert getrennte Gesellschaftsvermögen und gesonderte Gewinnermittlungen4. Zumindest rechtlich müssen daher klar voneinander abgrenzbare, in sich geschlossene Einheiten gebildet werden5. Liegen sie nicht vor bzw. werden sie tatsächlich nicht durchgeführt, können auch keine gesonderten Mitunternehmerschaften anerkannt werden. Allerdings genügt für die Anerkennung gesonderter Gewerbebetriebe – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für sie – eine solche klare rechtliche Trennung. Für das vom IV. Senat aufgestellte, darüber hinausgehende Erfordernis, dass die jeweiligen Betätigungen auch tatsächlich in sich geschlossene, von anderen Unternehmensteilen des Inhabers unabhängige und auf ein bestimmtes Projekt bezogene Einheiten bilden müssen, ist hingegen keine rechtliche Grundlage zu erkennen. Für rechtssichere Entscheidungen ist ein solches Erfordernis zu vage6. Die Anerkennung entsprechender Strukturen sollte vielmehr lediglich als eine Frage klarer Vereinbarungen (mit Schaffung jeweils eigener – schuldrechtlicher – Gesellschaftsvermögen und Gewinnermittlungen) sowie deren tatsächlicher Durchführung angesehen werden.
24.20
1 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 25 mit Nachweisen aus der Rspr. = FR 2009, 1135. 2 BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 25 = FR 2009, 1135. 3 A.A. Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872 (874), der diese Unterscheidung mit der Erwägung rechtfertigt, die Anerkennung würde bei Innengesellschaften zu einer Vervielfältigung des gewerbesteuerlichen Freibetrags führen. Dies ist indes zwar zutreffend, aber auch bei Gesamthandsgesellschaften der Fall und kann daher eine Differenzierung zwischen beiden Gesellschaftsformen nicht rechtfertigen. 4 BFH v. 19.2.1998 – IV R 11/97, BStBl. II 1998, 603, Rz. 18 = FR 1998, 890; FG Nürnberg v. 2.8.2007 – IV 139/2005, juris Rz. 53. 5 Vgl. auch die ergänzende Begründung im Urteil des BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06, BStBl. II 2010, 40, Rz. 31 = FR 2009, 1135. 6 Ebenso Bauschatz, DStZ 2009, 581 (582). A.A. Schulze zur Wiesche, DStZ 2009, 872 (874 ff.), der sich anhand von Beispielen um eine Abgrenzung bemüht.
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§ 24 Gewerbesteuer
c) Atypische stille Beteiligungen im Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters
24.21 Atypische stille Gesellschaften bilden gewerbesteuerlich einen eigenen Gewerbebetrieb. Gehört die atypische stille Beteiligung zum Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters, unterhält dieser neben seiner atypischen stillen Beteiligung auch einen eigenen Gewerbebetrieb. Zum Gewinn dieses Gewerbebetriebs gehören die Einkünfte aus der atypischen stillen Gesellschaft. Eine Kumulation der gewerbesteuerlichen Belastung wird durch § 8 Nr. 8 und § 9 Nr. 2 GewStG vermieden. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist nach diesen Vorschriften der Verlustanteil des atypischen stillen Gesellschafters seinem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen bzw. die Summe aus seinem Gewerbegewinn und den Hinzurechnungen um einen Gewinnanteil zu kürzen. 2. Subjektive Gewerbesteuerpflicht
24.22 Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG ist der Unternehmer Schuldner der Gewerbesteuer. Für den Fall, dass die Tätigkeit einer Personengesellschaft Gewerbebetrieb ist, wird in § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG die Gesellschaft als Steuerschuldner bestimmt. Die Gesellschafter einer Gesamthandsgesellschaft sind nach dieser Bestimmung selbst nicht subjektiv gewerbesteuerpflichtig1.
24.23 Die Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG auf atypische stille Gesellschaften und andere mitunternehmerische Innengesellschaften scheidet nach ständiger Rechtsprechung allerdings naturgemäß aus. Subjektiv steuerpflichtig kann nur sein, wer rechtsfähig ist. Zweck von § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG ist es, die Personengesellschaft zur Vollstreckungsschuldnerin der Gewerbesteuer zu bestimmen2. Mangels Rechtsfähigkeit können Innengesellschaften indes weder Träger von Rechten und Pflichten sein noch kommen sie mangels eigenen Vermögens als Vollstreckungsschuldner in Betracht. Dass mitunternehmerische Innengesellschaften steuerrechtlich Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation sind, ändert hieran nichts3. Insbesondere führt diese steuerrechtliche Wertung nicht zu einer zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit der Innengesellschaft.
24.24 Bei atypischen stillen Gesellschaften ist daher nur der Geschäftsinhaber selbst subjektiv gewerbesteuerpflichtig. Der atypische stille Gesellschafter ist hingegen nicht subjektiv gewerbesteuerpflichtig4. Eine solche subjektive Gewerbesteuerpflicht wäre unvereinbar damit, dass der stille Gesellschafter grundsätzlich nicht im Außenverhältnis haftet. Auch bei einer Gesamthandsgesellschaft soll nach der Wertung des
1 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311, Rz. 59 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363; Sarrazin in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2015, § 5 GewStG Rz. 61. 2 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311, Rz. 55 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. 3 BFH v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, BFH/NV 2003, 1308, Rz. 10; vgl. zuletzt eingehend Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, S. 84–111. 4 Vgl. BFH v. 5.2.2014 – X R 1/12, BFHE 244, 516, Rz. 18 = FR 2014, 946; BFH v. 20.12.2012 – IV B 141/11, BFH/NV 2013, 574, Rz. 6; BFH v. 28.3.2003 – VIII B 194/01, BFH/NV 2003, 1308, Rz. 10; grundlegend BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311, Rz. 59 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363. Ebenso R 5.1 Abs. 1 2 Satz 1 GewStR 2009. Vgl. zur Begründung auch Kuck, Steuerrechtssubjektivität mitunternehmerischer Innengesellschaften, S. 216 ff.
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§ 24 Gewerbesteuer
Gesetzgebers nur diese selbst, nicht aber ihre Gesellschafter subjektiv gewerbesteuerpflichtig sein. Unberührt bleibt eine etwaige Haftung des atypischen stillen Gesellschafters für die GewSt gemäß § 74 AO, wenn er dem Geschäftsinhaber Gegenstände zur Nutzung im Betrieb überlässt und an dem Vermögen des Unternehmens wesentlich beteiligt ist bzw. auf dieses beherrschenden Einfluss ausübt und durch sein Verhalten dazu beiträgt, dass Betriebssteuern nicht entrichtet werden1.
24.25
3. Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage – Hinzurechnungen und Kürzungen Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer ist der Gewerbeertrag, § 6 GewStG. Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des EStG oder des KStG zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb, der bei Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG bezeichneten Beträge, § 7 Satz 1 GewStG. Gewinnermittlungsvorschriften nach anderen Gesetzen sind nur anzuwenden, soweit dies ausdrücklich angeordnet ist2. Eine solche Anordnung findet sich etwa in §§ 18 f. UmwStG. Die Anpassungen des so ermittelten Gewinns durch Hinzurechnungen nach § 8 GewStG, Kürzungen nach § 7 GewStG oder allgemeine Modifikationen dienen der Erfassung der objektivierten, von den Beziehungen des Unternehmers zum Betrieb losgelösten Ertragskraft des Gewerbebetriebs3.
24.26
Für die Höhe des Gewerbeertrags wesentlich ist, ob eine atypische oder eine typische stille Gesellschaft vereinbart wird. Bei einer atypischen stillen Gesellschaft fließen in den Gewerbegewinn und damit in den Gewerbeertrag nicht nur der handelsrechtliche Gewinnanteil des atypischen stillen Gesellschafters, sondern auch alle seine Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG ein (vgl. Rz. 20.15). Der Gewerbeertrag lässt sich daher nicht dadurch mindern, dass an den stillen Gesellschafter zusätzlich ein Gehalt, Zinsen oder Nutzungsüberlassungsentgelte gezahlt werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Vereinbarung einer typischen stillen Gesellschaft günstiger. Bei ihr mindern nicht nur der Gewinnanteil, sondern auch alle weiteren Vergütungen, die der stille Gesellschafter bezieht, den Gewerbegewinn und damit im Ausgangspunkt den Gewerbeertrag (vgl. Rz. 22.51 ff.; 23.57). Selbst unter Berücksichtigung der Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG bleibt dieser Vorteil weithin erhalten. Seine Relevanz für die Steuergestaltung bemisst sich maßgeblich danach, inwieweit die Beteiligten durch die Gewerbesteuer tatsächlich effektiv belastet werden oder nicht. Das hängt insbesondere davon ab, inwieweit sie in den Genuss der Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gemäß § 35b EStG kommen (vgl. Rz. 23.58 ff.).
24.27
Zum Gewerbeertrag gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebes oder eines Teilbetriebes einer Mitunternehmerschaft sowie der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Mitunternehmeranteils, soweit dieser Gewinn nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligtem Mitunternehmer ent-
24.28
1 Vgl. Loose in Tipke/Kruse, Stand: 1/2016, § 74 AO Rz. 10. 2 Drüen in Blümich, EStG/KStG/GewStG, Stand: 7/21014, § 7 GewStG Rz. 86. 3 BVerfG v. 15.1.2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, Rz. 5 = FR 2008, 818; Köster in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2015, § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG Rz. 1 m.w.N.
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§ 24 Gewerbesteuer
fällt, § 7 Satz 2 Nr. 1 GewStG. Die Regelung soll ausschließen, dass Kapitalgesellschaften Wirtschaftsgüter zum Buchwert in das Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft einlegen und anschließend ihren Mitunternehmeranteil ohne Gewerbesteuerbelastung veräußern bzw. dass natürliche Personen Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG auf eine Mitunternehmerschaft übertragen und dann ihren Gesellschaftsanteil gewerbesteuerfrei veräußern1. Verfassungsrechtliche Zweifel an der Regelung hat der IV. Senat des BFH nicht geteilt2. Für atypische stille Beteiligungen bedeutet die Vorschrift, dass der Gewinn aus der Veräußerung bzw. Aufgabe einer atypisch stillen Beteiligung gewerbesteuerpflichtig ist, soweit er nicht auf natürliche Personen entfällt. Gleiches gilt, wenn eine atypische stille Gesellschaft ihren Betrieb oder einen Teilbetrieb veräußert.
24.29 Gemäß § 8 Nr. 8 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzuzurechnen „die Anteile am Verlust einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind“. Diese Vorschrift betrifft den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Anteil zu einem Betriebsvermögen gehört. Die Verlustanteile der Mitunternehmer werden bereits bei derjenigen Mitunternehmerschaft gewerbesteuerlich erfasst, die den Verlust erwirtschaftet hat. Gleichzeitig mindert der Verlustanteil des atypisch stillen Gesellschafters dessen eigenen Gewinn aus Gewerbebetrieb. Ohne die Hinzurechnung würde der Verlust gewerbesteuerlich auch im Unternehmen des atypisch stillen Gesellschafters und damit doppelt berücksichtigt.
24.30 Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden gemäß § 8 Nr. 5 GewStG ferner Gewinnanteile an einer Kapitalgesellschaft und gleichgestellte Bezüge, soweit diese gemäß § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei und damit bei der Gewinnermittlung außer Ansatz geblieben sind und soweit nicht die Voraussetzungen einer gewerbesteuerlichen Schachtelbeteiligung gemäß § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG vorliegen – die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums also nicht mindestens 15 % des Nennkapitals beträgt. Bei der GmbH & atypisch Still kommt es daher u.a. zur Hinzurechnung, soweit die Beteiligung an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehört3, sie aber nicht die Höhe einer Schachtelbeteiligung erreicht. Soweit Gewinne erwirtschaftet werden und keine Möglichkeit der Anrechnung der Gewerbesteuer besteht, ist eine solche Konstellation gestalterisch daher zu meiden. In wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebsausgaben sind im Rahmen der Hinzurechnung abzuziehen, soweit sie nach § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b Abs. 5 und 10 KStG unberücksichtigt geblieben sind. Nach Ansicht der Literatur sollen insoweit auch negative Hinzurechnungen möglich sein4.
1 BR-Drucks. 638/2001, 67. 2 BFH v. 22.7.2010 – IV R 29/07, BStBl. II 2011, 511 = FR 2011, 140 = GmbHR 2010, 1277. Verfassungsbeschwerde beim BVerfG unter Az. 1 BvR 1236/11 anhängig. 3 Vgl. Rz. 21.84 f., 21.133, 22.42. Vgl. ferner BFH v. 16.4.2015 – IV R 1/12, BFHE 249, 511, BStBl. II 2015, 705, Rz. 17: Demnach gehören bei einer GmbH & Co. KG die Anteile eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH regelmäßig nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermöge, soweit sie weniger als 10 % des Nennkapitals der Komplementär-GmbH ausmachen. 4 Vgl. Nöcker in Lenski/Steinberg, § 8 GewStG Nr. 5 Rz. 5.
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§ 24 Gewerbesteuer
Die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen ist gemäß § 9 Nr. 2 GewStG zu kürzen „um die Anteile am Gewinn einer in- oder ausländischen offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind, wenn die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG) angesetzt worden sind“. Diese Vorschrift verhindert die doppelte Heranziehung der Gewinnanteile zur Gewerbesteuer einerseits bei der Mitunternehmerschaft und zum anderen bei deren Mitunternehmern, wenn die Beteiligung zu ihrem Betriebsvermögen gehört. § 9 Nr. 2 GewStG bildet damit das Gegenstück zu § 8 Nr. 8 GewStG.
24.31
Das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung schließt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auf Seiten des Geschäftsinhabers oder des stillen Gesellschafters aus. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die atypische stille Gesellschaft einen eigenen Gewerbebetrieb darstellt1. Ob atypische stille Gesellschaften selbst die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG für ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltende und nutzende Unternehmen in Anspruch nehmen können, ist hingegen zweifelhaft. Maßgeblich ist, ob – vorzugswürdig – für das Vorliegen eigenen Grundbesitzes auf die steuerliche Zurechnung im Rahmen des Betriebsvermögens2 oder strikt auf die zivilrechtliche Zuordnung des Grundbesitzes3 abzustellen ist4. Letzteres würde eine Inanspruchnahme durch atypische stille Gesellschaften, die begriffsnotwendig zivilrechtlich über kein eigenes Vermögen verfügen, ausschließen. Die weitere Rechtsentwicklung bleibt abzuwarten.
24.32
4. Gewerbesteuerliche Organschaft Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 Abs. 1 KStG liegt eine gewerbesteuerliche Organschaft vor, wenn eine Kapitalgesellschaft finanziell in ein anderes gewerbliches Unternehmen eingegliedert ist und ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde. Da es sich bei der atypischen stillen Gesellschaft um eine Personengesellschaft handelt, scheidet sie schon aus diesem Grund als Organgesellschaft einer gewerbesteuerlichen Organschaft aus. Hierfür kommen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG nur Kapitalgesellschaften in Betracht. Besteht an diesen eine atypische stille Gesellschaft, werden die Wirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft indes dadurch überlagert, dass die atypische stille Gesellschaft einen eigenen Gewerbebetrieb konstituiert. Dieser Gewerbebetrieb verdrängt die Wirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft, wie sich aus den Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften der §§ 8 Nr. 8, 9 Nr. 2 GewStG ergibt. Selbst soweit die Kapitalgesellschaft neben der atypischen stillen Gesellschaft noch einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält (etwa weil die atypische stille Gesellschaft nur an einem Teil ihres Gewerbebetriebes besteht, 1 Vgl. zur Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung FG Köln v. 10.2.2011 – 13 K 2516/07, 13 K 4047/10, DStRE 2011, 1321, Rz. 69; Roser in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2015, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 125, 158, vgl. ferner: BFH v. 18.4.2000 – VIII R 68/98, BStBl. II 2001, 359, Rz. 36 = FR 2000, 1033; BFH v. 19.10.2010 – I R 67/09, BStBl. II 2011, 367, Rz. 9 ff. = FR 2011, 434 = GmbHR 2011, 384. 2 BFH v. 22.1.1992 – I R 61/90, BStBl. II 1992, 628, Rz. 11 = GmbHR 1992, 626; ebenso Lieber/ Stifter, FR 2003, 831 (834). 3 So vielfach verstanden: BFH v. 19.10.2010 – I R 67/09, BStBl. II 2011, 367, Rz. 11 = FR 2011, 434 = GmbHR 2011, 384. 4 Vgl. zum Ganzen Roser in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2015, § 9 Nr. 1 GewStG Rz. 158.
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24.33
§ 24 Gewerbesteuer
vgl. Rz. 24.13 ff.), umfasst dessen Gewerbeertrag nicht auch den Gewerbeertrag der atypischen stillen Gesellschaft1. Dass die Kapitalgesellschaft Schuldnerin der Gewerbesteuer der atypischen Gesellschaft bleibt, kann einen Einbezug der atypischen stillen Gesellschaft in die Organschaft nicht rechtfertigen2. Die Rechtslage ist insofern prinzipiell nicht mit derjenigen bei der körperschaftsteuerlichen Organschaft vergleichbar3.
24.34 Hinsichtlich der Fähigkeit einer atypischen stillen Gesellschaft, Trägerin einer Organschaft zu sein, kann hingegen auf den Meinungsstand zur körperschaftsteuerlichen Organschaft verwiesen werden. Die Rechtslage ist insoweit einheitlich zu beurteilen (vgl. Rz. 23.49 ff.). 5. Gewerbeverlust a) Verlustverrechnung lediglich bei Unternehmens- und Unternehmeridentität
24.35 Eine Verlustverrechnung ist bei der Gewerbesteuer – anders als bei der Einkommensteuer – nur insoweit zulässig, als im Falle des interperiodischen Verlustabzugs zwischen dem Entstehungsjahr des Verlustes und dem Abzugsjahr Unternehmens- und Unternehmeridentität bestehen4. Für den intraperiodischen Verlustausgleich gilt Gleiches für die betreffenden Zeiträume innerhalb des Erhebungszeitraums5. Weitergehende Einschränkungen der Verlustverrechnung können sich aus anderen Gesetzen wie insbesondere dem UmwStG ergeben6.
24.36 Das Erfordernis der Unternehmensidentität für die Verlustverrechnung ergibt sich aus der Eigenschaft der Gewerbesteuer als Objektsteuer. Eine Verlustverrechnung ist demnach nur dann zulässig, wenn zwischen der Gewerbeertrag erzielenden und der einen Gewerbeverlust erzielenden Betätigung ein wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang besteht. Dies ist nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale zu beurteilen. Zu ihnen gehören insbesondere die Art der Betätigung, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Arbeitnehmerschaft, die Geschäftsleitung, die Betriebsstätten sowie die Zusammensetzung des Aktivvermögens7.
24.37 Das Erfordernis der Unternehmeridentität leitet die Rechtsprechung aus der Bestimmung des § 2 Abs. 5 GewStG sowie aus der Erwägung ab, dass ein Verlustabzug nur in Betracht kommt, soweit der Abziehende den Verlust selbst erlitten hat. Der Ge1 BFH v. 25.10.1995 – I R 77/93, BFH/NV 1996, 506, Rz. 10 = GmbHR 1996, 637; BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794, Rz. 15 ff. = GmbHR 1995, 908; H 2.3 (1) GewStR 2009; BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, GmbHR 2011, 1284, Rz. 13; a.A. Heinz in FS Berufsakademie Villingen-Schwenningen, S. 66. 2 BFH v. 11.8.2011 – I B 179/10, BFH/NV 2011, 2052, Rz. 9 = GmbHR 2011, 1284; FG Hamburg v. 26.10.2010 – 2 K 250/08, DStRE 2011, 1114, Rz. 21. 3 Ebenso Hageböke, DK 2013, 334 (346). 4 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253, Rz. 22 = GmbHR 2014, 890; BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, Rz. 84; BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731, Rz. 9 ff. = FR 2001, 77 = GmbHR 2001, 77. 5 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364, Rz. 29 ff. = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 6 Oenings, DStR 2008, 279 (281). 7 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 958, Rz. 24 m.w.N. = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623.
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setzgeber hat dieses Erfordernis in § 10a Satz 4–8 GewStG bestätigt und ausgeformt. Geht ein Gewerbebetrieb im Ganzen auf einen anderen Unternehmer über, so kann dieser – wie § 10 Satz 8 GewStG ausdrücklich bestimmt – seinen Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des Gewerbeertrags des Unternehmens vor Übergang ergeben haben. Das Erfordernis der Unternehmeridentität findet entsprechende Anwendung auch bei Mitunternehmerschaften, vgl. § 10a Satz 4–6 GewStG. Das Erfordernis der Unternehmens- und Unternehmeridentität gilt demnach auch für die Verlustverrechnung bei atypischen stillen Gesellschaften1. Dass bei atypischen stillen Gesellschaften der Geschäftsinhaber der Steuerschuldner ist, bleibt insoweit ohne Bedeutung2.
24.38
Für das Vorliegen der Unternehmensidentität ist auf die tatsächliche gewerbliche Tätigkeit und damit grundsätzlich auf die Tätigkeit des Geschäftsinhabers abzustellen3. Führt der Geschäftsinhaber im Übrigen seine Tätigkeit unverändert fort, ändert sich die Unternehmensidentität daher nicht dadurch, dass eine an seinem Unternehmen bestehende atypische stille Beteiligung beendet wird. Es kommt in diesem Fall demnach auch nicht zur Einstellung des Betriebes i.S. von § 2 Abs. 5 Satz 1 GewStG und folglich auch nicht zu einem abgekürzten Erhebungszeitraum gemäß § 14 Satz 2 GewStG4. Ebenso lässt konsequenterweise die Verschmelzung des atypischen stillen Gesellschafters auf den Geschäftsinhaber die Unternehmensidentität unberührt, sofern der Geschäftsinhaber nur seine tatsächliche gewerbliche Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse fortführt. Dies gilt auch dann, wenn die Finanzierung des Unternehmens zuvor im Wesentlichen über die atypische stille Beteiligung erfolgt ist5. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsinhaber im Rahmen der Vereinbarung einer atypischen stillen Gesellschaft seinen gesamten Gewerbebetrieb in diese einbringt6. Beteiligt sich der atypische stille Gesellschafter hingegen nur an einem Teil des Gewerbebetriebs des Geschäftsinhabers mit der Folge, dass durch das Eingehen des stillen Gesellschaftsverhältnisses ein neuer Gewerbebetrieb entsteht, können Verlustvorträge, die durch die vorherige Tätigkeit des Geschäftsinhabers entstanden sind, nicht – und zwar auch nicht anteilig – im Rahmen des neu entstandenen Gewerbebetriebs der atypischen stillen Gesellschaft genutzt werden7.
24.39
1 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253, Rz. 27 = GmbHR 2014, 890; BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364, Rz. 23 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 2 FG Berlin v. 24.8.2005 – 6 K 6080/02, EFG 2006, 755, Rz. 42. 3 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 90, Rz. 26 f. = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. 4 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364, Rz. 29 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 5 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 90, Rz. 26 f. = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. A.A. FG Schl.-Holst. v. 14.7.2009 – 5 K 268/06, DStRE 2010, 21, Rz. 32; M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand 9/2012, § 2 GewStG Rz. 35. 6 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253, Rz. 24, 26 = GmbHR 2014, 890; BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, BStBl. II 2013, 90, Rz. 26 f. m.w.N. = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. Vgl. auch OFD Magdeburg v. 6.3.2012 – S 1400-16-St 216 I, DStR 2012, 1088. Entsprechendes ist anzunehmen, wenn eine typische stille Beteiligung in eine atypische stille Beteiligung umgewandelt wird. 7 Oenings, DStR 2008, 279 (283); M. Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand 9/2012, § 2 GewStG Rz. 137b.
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24.40 Bringt der atypische stille Gesellschafter seinen Gewerbebetrieb – etwa bei Gründung einer GmbH & atypisch Still durch einen Einzelunternehmer – in die atypische stille Gesellschaft ein und wird die tatsächliche Unternehmenstätigkeit von dem Geschäftsinhaber fortgeführt, bleibt die Unternehmensidentität ebenfalls unberührt1. Nicht anders verhält es sich, wenn bei Beendigung der atypischen stillen Gesellschaft der gesamte Gewerbebetrieb von dem Geschäftsinhaber auf den atypischen stillen Gesellschafter übergeht.
24.41 Selbst bei Bewahrung der Unternehmensidentität kann der Verlustvortrag aber von positiven Beträgen zukünftig nur noch insoweit abgezogen werden, als nach Maßgabe des § 10a GewStG auch Unternehmeridentität vorliegt, diese Beträge also auf den bisherigen Träger der Verluste entfallen2. Der Verlustvortrag kann insoweit demnach nur noch zeitlich gestreckt verwendet werden3. Tritt ein weiterer Mitunternehmer in die Mitunternehmerschaft ein, kann der vor dem Eintritt entstandene Fehlbetrag zukünftig ebenfalls nur von dem positiven Betrag abgezogen werden, der nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die bereits vor dem Eintritt beteiligten Mitunternehmer entfällt4.
24.42 Wird die atypische stille Gesellschaft aufgelöst und führt der Geschäftsinhaber den Gewerbebetrieb fortan allein fort, kann der Geschäftsinhaber dementsprechend lediglich den für ihn festgestellten Verlustvortrag weiterhin nutzen5. Für den auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteil gilt Folgendes: Ein positiver Gewerbeertrag, der bis zu seinem Ausscheiden entstanden ist, ist – wegen Fortbestehens der Unternehmensidentität – zunächst mit etwaigen Verlusten, die nach seinem Ausscheiden bis zum Ende des Erhebungszeitraums im Gewerbebetrieb entstanden sind, zu verrechnen; erst der verbleibende Betrag ist um Verluste früherer Jahre zu kürzen6. Verbleibende vortragsfähige Gewerbeverluste, die auf den atypischen stillen Gesellschafter entfallen, gehen endgültig unter7. Für die Ermittlung des bis zu seinem Ausscheiden entstandenen positiven Gewerbeertrags verlangt die Rechtsprechung eine stichtagsgenaue Berechnung8; nach Verwaltungsansicht ist der Betrag aus Vereinfachungsgründen anteilig aus dem Jahresbetrag zu ermitteln, sofern dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt9. Führt nicht der Geschäftsinhaber,
1 Oenings, DStR 2008, 279 (282). 2 R 10a. 3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 2 GewStR 2009. Diese Regelung ausdrücklich für atypische stille Gesellschaften bestätigend OFD Frankfurt v. 19.7.2011 – G 1427 A-13-St 55, juris. § 24 Abs. 4 UmwStG verweist nicht auf § 23 Abs. 5 UmwStG, vgl. Oenings, DStR 2008, 279 (282). 3 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253, Rz. 26. 4 R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 3 GewStR 2009; Oenings, DStR 2008, 279 (282). 5 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364, Rz. 24 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496; BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, Rz. 86; BFH v. 14.12.1989 – IV R 117/88, BStBl. II 1990, 436, Rz. 20 = FR 1990, 339; R 10a Abs. Abs. 3 Satz 9 Nr. 4 GewStR 2009; Oenings, DStR 2008, 279 (284). 6 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364, Rz. 29 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 7 Vgl. FG MV v. 29.4.1998 – 1 K 12/97, EFG 1998, 1212 (1213 f.) für den Fall, dass der stille Gesellschafter seine atypische Beteiligung in die GmbH als Geschäftsinhaberin einlegt und der stille Gesellschafter zugleich alleiniger Anteilseigner der GmbH ist. 8 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364, Rz. 29 = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. 9 R 10a 3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 9 Satz 3 GewStR 2009.
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sondern der atypische stille Gesellschafter im Zuge der Auflösung den Gewerbebetrieb insgesamt tatsächlich fort, gelten diese Regeln entsprechend1. Die Gründe, warum der Geschäftsinhaber bzw. der atypische stille Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, sind für das Entfallen der Unternehmeridentität und damit den Untergang des Verlustvortrags unerheblich. Diese treten daher auch dann ein, wenn die Beteiligung des atypischen stillen Gesellschafters von diesem an einen Dritten veräußert oder vererbt wird2, der Geschäftsinhaber seinen Gewerbebetrieb samt stiller Beteiligung vererbt oder veräußert oder aus einer mehrgliedrigen atypischen stillen Gesellschaft einer der Mitunternehmer ausscheidet3. Auch die Umwandlung einer atypischen stillen Beteiligung in eine typische stille Beteiligung führt zum Untergang des auf den atypischen stillen Gesellschafter entfallenden Verlustvortrags4.
24.43
Verschiebungen zwischen den Vermögensrechten der an der atypischen stillen Gesellschaft beteiligten Personen – etwa veränderte Gewinn- und Verlust- bzw. Liquidationsverteilungsschlüssel – sowie die Übertragung von Anteilen von Mitunternehmeranteilen unter Mitunternehmern lassen die Unternehmeridentität hingegen unberührt. Unternehmeridentität verlangt nicht auch Beteiligungsidentität5.
24.44
b) Inkurs: Doppelstöckige Personengesellschaften Nimmt eine Personengesellschaft einen atypischen stillen Gesellschafter in ihren Geschäftsbetrieb auf, gilt nach der Rechtsprechung Folgendes: Erfüllen sowohl die Oberpersonengesellschaft als auch der stille Gesellschafter selbst alle Voraussetzungen eines Mitunternehmers, entsteht ggf. eine doppelstöckige Personengesellschaft6. Bei dieser ist dann grundsätzlich die Oberpersonengesellschaft selbst als Mitunternehmerin der atypischen stillen Gesellschaft anzusehen7. Dies gilt nach der Rechtsprechung auch dann, wenn der atypische stille Gesellschafter selbst wiederum Mitunternehmer der Obergesellschaft ist (vgl. Rz. 24.10)8.
24.45
Das Entstehen einer doppelstöckigen Struktur ändert nach der Rechtsprechung allerdings nichts daran, dass dann, wenn die Obergesellschaft ihren Betrieb in die atypische stille Gesellschaft einbringt und die Unternehmensidentität erhalten bleibt, vortragsfähige Verluste der im Zeitpunkt der Einbringung beteiligten Mitunternehmer mit dem Teil des Gewerbeertrags der atypischen stillen Gesellschaft verrechnet wer-
24.46
1 2 3 4 5 6
Oenings, DStR 2008, 279 (285). Vgl. BFH v. 7.12.1993 – VIII R 160/86, BStBl. II 1994, 331, Rz. 16 (für KG) = FR 1994, 266. Vgl. R 10a.3 Abs. 3 Satz 9 Nr. 1 GewStR 2009. BFH v. 24.4.1958 – IV 4/57, BB 1958, 552. BFH v. 17.1.2006 – VIII R 96/04, BFHE 213, 12, Rz. 23 = FR 2006, 557 = GmbHR 2006, 384. Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine doppelstöckige Personengesellschaft entsteht, vgl. Rz. 22.68 f. Vgl. auch Schumacher, DStR 1998, 840. 7 BFH v. 3.5.1993 – GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, Rz. 63 ff. 8 Kritisch Schulze zur Wiesche, DB 2015, 1487 (1490). Ihm zufolge wird der Gesellschafter der Obergesellschaft nur ausnahmsweise auch im Rahmen des stillen Gesellschaftsverhältnisses hinreichende Initiative entfalten können, damit er zusätzlich auch als Mitunternehmer der stillen Gesellschaft angesehen werden kann. Für den Einbezug der (atypischen) stillen Beteiligung in die Mitunternehmerstellung an der Obergesellschaft und damit im Ergebnis für eine einheitliche Mitunternehmerstellung auch Kanzler, FR 2009, 1140 (1141).
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den können, der auf die Obergesellschaft entfällt. Scheidet später einer der betreffenden Mitunternehmer aus der Obergesellschaft aus, geht der auf ihn entfallende Verlustvortrag unter1. Die Begrenzung der Verrechnung der vortragsfähigen Verluste auf den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Obergesellschaft entfällt, gilt dabei auch dann, wenn der atypische stille Gesellschafter als Mitunternehmer der Obergesellschaft selbst (Mit-)Träger dieser Verluste war. Die Rechtsprechung nimmt in diesen Fällen keine personenbezogene, sondern eine funktionsbezogene Betrachtung der Verlustträgerschaft vor2. Die Funktion als Mitunternehmer und (Mit-)Träger der Verluste der Obergesellschaft ist insofern von der Funktion als Mitunternehmer der atypischen stillen Gesellschaft zu unterscheiden.
24.47 Im Übrigen lassen allerdings Wechsel im Gesellschafterbestand der Obergesellschaft wegen der prinzipiellen Zuordnung der Mitunternehmerstellung zur Obergesellschaft (und nicht zu deren Gesellschafter) den Verlustvortrag auf Ebene der atypischen stillen Gesellschaft grundsätzlich unberührt3. Umgekehrt entfällt der Verlustabzug nach § 10a GewStG grundsätzlich auch dann, wenn der aus der Unterpersonengesellschaft ausscheidende Gesellschafter über die Oberpersonengesellschaft weiterhin mittelbar an der Unterpersonengesellschaft beteiligt bleibt4 – wenn also der ausscheidende stille Gesellschafter über eine andere Personengesellschaft mittelbar weiterhin an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt bleibt5.
24.48 Verschmilzt der atypische stille Gesellschafter auf eine Personengesellschaft als Geschäftsinhaber, endet die stille Gesellschaft ipso iure. In diesem Fall kann die Personengesellschaft die auf sie entfallenden Verlustvorträge aus ihrer Zeit als Geschäftsinhaberin der stillen Gesellschaft weiternutzen6. Dass Träger dieser Verlustverrechnung mit Beendigung der stillen Gesellschaft nicht mehr sie selbst, sondern ihre Mitunternehmer sind, schadet nicht. Ob ein nachfolgender Wechsel im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft für den Fortbestand von Verlustvorträgen schädlich ist, soweit der Verlust aus der Betätigung als Geschäftsinhaberin der stillen Gesellschaft stammt, hat der BFH offengelassen7. 1 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253, Rz. 31 = FR 2014, 863 = GmbHR 2014, 890. Eingehend zu dieser Entscheidung Suchanek/Trinkhaus, Ubg 2014, 495. 2 Vgl. Wilke, BB 2014, 2408 (2408); Apitz, StBW 2014, 579; a.A. Oenings, DStR 2008, 279 (282). 3 BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731, Rz. 11 ff. = FR 2001, 77 = GmbHR 2001, 77; BFH v. 13.11.1984 – VIII R 312/82, BStBl. II 1985, 334, Rz. 13 ff. = FR 1985, 276. Kritisch insoweit Suchanek/Trinkhaus, Ubg 2014, 495 (501), die auf Inkonsistenzen der Rspr. hinweisen. 4 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, BFHE 224, 364, Rz. 21 m.w.N. = FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496. Zur Verlustvorträgen bzgl. des Sonderbetriebsvermögens des ausscheidenden Gesellschafters vgl. BFH v. 6.9.2000 – IV R 69/99, BStBl. II 2001, 731, Rz. 17 = GmbHR 2001, 77; Kempermann, FR 2009, 828 (831). 5 BFH v. 22.1.2009 – IV R 90/05, FR 2009, 828 = GmbHR 2009, 496 = DStR 2009, 683 (685). Die Verfassungsbeschwerde gegen dieses Urteil ist vom BVerfG zurückgewiesen worden, BVerfG v. 27.7.2009 – 1 BvR 977/09, juris. Vgl. zur Entscheidung des BFH Behrens, BB 2009, 1169 sowie Suchanek/Trinkhaus, Ubg 2014, 495 (499), welche den Entscheidungsinhalt für inkonsistent mit dem Urteil des BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 = FR 2014, 863 = GmbHR 2014, 890 halten. Bei ihnen auch Ausführungen zu Gestaltungsmöglichkeiten. 6 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/98, BStBl. II 2013, 958, Rz. 32 = GmbHR 2013, 375 = FR 2013, 623. 7 Einen Untergang der Verlustvorträge für systematisch vorzugswürdig erachtend Suchanek/ Trinkhaus, Ubg 2014, 495 (500).
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c) Verlustvortrag und Mindestbesteuerung Der maßgebende Gewerbeertrag wird gemäß § 10a GewStG um diejenigen Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume nach den Vorschriften der §§ 7 bis 10 GewStG ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Ein Verlustrücktrag ist – anders als im Einkommensteuerrecht – im Gewerbesteuerrecht nicht vorgesehen. Dies trägt der besonderen Abhängigkeit der Gemeindefinanzierung von der Gewerbesteuer Rechnung1.
24.49
Betragsmäßig wird der Verlustausgleich seit dem Erhebungszeitraum 20042 durch die Mindestbesteuerung beschränkt, § 10a Satz 1 und 2 GewStG. Bis zu einem Betrag von 1 Mio. Euro ist der Gewerbeertrag demnach vollständig um bisher nicht ausgeglichene Fehlbeträge zu kürzen, darüber hinaus lediglich zu 60 %. Auch diese Regelung dient der Stetigkeit der Gemeindeeinnahmen und bedeutet in der Regel keine Vernichtung von nicht ausgeglichenen Verlustvorträgen, sondern lediglich die zeitliche Streckung des Verlustausgleichs. Insbesondere bei Unternehmensbeendigung oder bei Veränderung der Unternehmer- oder wirtschaftlichen Identität kommt es allerdings auch zu Definitiveffekten. Inwieweit solche Definitiveffekte verfassungsgemäß sind, ist weiterhin nicht abschließend geklärt3. Die weitere Rechtsentwicklung ist abzuwarten; einschlägige Bescheide sind offen zu halten.
24.50
Verfahrensmäßig wird der sich für den gesamten Gewerbebetrieb ergebende vortragsfähige Gewerbeverlust gesondert festgestellt. § 10 Satz 6 GewStG. Eine bindende Aufgliederung in die auf die einzelnen Mitunternehmer entfallenden Verlustanteile erfolgt nicht. Soweit auf die einzelnen Mitunternehmer bezogene Berechnungen erforderlich werden, um den neuen vortragsfähigen Gewerbeverlust zu ermitteln, erfolgt dies auf Grundlage nachrichtlicher Mitteilungen. Ein Rechtsbehelf gegen diese bereits im Verlustentstehungsjahr ist daher nicht gegeben; eine rechtliche Betroffenheit und damit auch Rechtsschutz entstehen erst mit Verrechnung4. Für die Bekanntgabe des Feststellungsbescheides gelten grundsätzlich dieselben Regeln wie für die Bekanntgabe des Gewerbesteuer- und des Gewerbesteuermessbetragsbescheids.
24.51
d) Die Anwendbarkeit von § 8c KStG auf die Gewerbesteuer § 8c KStG ist bei Körperschaften entsprechend anwendbar, § 10a Satz 10 Halbs. 1 GewStG. Werden Anteile an der Körperschaft veräußert, geht nach dieser Vorschrift daher auch der gewerbesteuerliche Verlustvortrag der betreffenden Kapitalgesellschaft (ggf. anteilig) unter. Zur Frage, inwieweit das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung den Tatbestand des § 8c KStG erfüllt, vgl. Rz. 23.61 ff.
24.52
Ist die Körperschaft unmittelbar oder mittelbar als Mitunternehmerin an einer atypischen stillen Gesellschaft beteiligt, gilt § 8c KStG gemäß § 10a Satz 10 Halbs. 2
24.53
1 Vgl. BFH v. 31.7.1990 – I R 62/86, BStBl. II 1990, 1083 = FR 1991, 56; von Twickel in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 10a GewStG Rz. 23 m.w.N. 2 Änderung durch das Gewerbesteueränderungsgesetz v. 23.12.2003, BStBl. I 2003, 2922. 3 Vgl. den Vorlagebeschluss an das BVerfG BFH v. 26.2.2014 – I R 59/12, BStBl. II 2014, 1016, Rz. 15 ff. = GmbHR 2014, 1099 = FR 2014, 1033. 4 FG Berlin-Bdb. v. 26.6.2007 – 6 K 6317/06 B, EFG 2007, 1718, Rz. 18.
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GewStG1 ebenfalls entsprechend für den vortragsfähigen Verlust zur Gewerbesteuer. Entfällt daher nach § 8c KStG der Verlustabzug der unmittelbar oder mittelbar beteiligten Körperschaft, schlägt dies (ggf. anteilig) auf die vorgetragenen Fehlbeträge bei der Ermittlung des Gewerbeverlustes der Mitunternehmerschaft durch. 6. Freibetrag, Steuermesszahl, Steuermessbetrag Hebesatz
24.54 Bei der Berechnung der Gewerbesteuer wird von einem Steuermessbetrag ausgegangen, der durch Anwendung der Steuermesszahl auf den Gewerbeertrag ermittelt wird (§ 11 Abs. 1 GewStG). Der Gewerbeertrag ist bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften um einen Freibetrag von 24 500 Euro zu kürzen. Für Erhebungszeiträume seit 2008 gilt gemäß § 11 Abs. 2 GewStG i.V.m. § 36 Abs. 9a GewStG für alle Gewerbebetriebe eine einheitliche Steuermesszahl i.H. von 3,5 %.
24.55 Der Freibetrag i.H. von 24 500 Euro wird für den einzelnen Gewerbebetrieb eingeräumt, dem gewerbesteuerrechtliche Selbständigkeit zukommt, nicht jeweils jedem einzelnen Mitunternehmer2. Durch die Beteiligung eines oder auch mehrerer stiller Beteiligter an dem ganzen Geschäftsbetrieb lässt sich daher eine Vervielfältigung des Freibetrags nicht erreichen, da in diesen Fällen weiterhin nur ein Gewerbebetrieb vorliegt. Anders verhält es sich, wenn durch die Beteiligung eines stillen Gesellschafters nur an Teilen des Geschäftsbetriebs des Inhabers die Einräumung der atypischen stillen Beteiligung zur Entstehung mehrerer Gewerbebetriebe führt (vgl. Rz. 24.13 ff.).
24.56 Der Freibetrag soll in typisierender Form einen fiktiven Unternehmerlohn berücksichtigen und auf diese Weise natürliche Personen und Personengesellschaften mit Kapitalgesellschaften gleichstellen, die ihrerseits den Gewinn um Geschäftsführergehälter mindern können, auch wenn sie an ihre Gesellschafter gezahlt werden. Der Freibetrag wird ungeachtet dessen auch dann gewährt, wenn der Geschäftsinhaber oder der atypische stille Gesellschafter selbst der Körperschaftsteuer unterliegen. Dies liegt innerhalb der Typisierungskompetenz des Gesetzgebers. Eine einschränkende Auslegung ist auch dann nicht geboten, wenn die stille Gesellschaft nur zwischen KSt-Subjekten besteht3. Durch das Eingehen einer GmbH & atypisch Still lässt sich insoweit daher im Verhältnis zur Errichtung einer einfachen GmbH ein Steuervorteil erzielen. Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 400 % beträgt dieser bei voller Ausschöpfung immerhin 24 500 Euro × 3,5 % × 400 % = 3430 Euro Gewerbesteuer.
24.57 Der Steuermessbetrag wird für den Erhebungszeitraum – das Kalenderjahr – nach dessen Ablauf gebildet. Besteht die Gewerbesteuerpflicht nicht für das ganze Kalenderjahr, so tritt an dessen Stelle der Zeitraum der Steuerpflicht, der sog. abgekürzte Erhebungszeitraum, § 14 Satz 2 GewStG.
24.58 Aufgrund des Steuermessbetrages wird die Gewerbesteuer nach dem Hebesatz festgesetzt und erhoben, der von der hebeberechtigten Gemeinde festgesetzt ist. Der He-
1 Eingefügt durch das JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794 und erstmals auf schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 28.11.2008 anzuwenden. 2 BFH v. 8.2.1995 – I R 127/93, BStBl. II 1995, 764, Rz. 38 = FR 1995, 789. 3 BFH v. 30.8.2007 – IV R 47/05, BStBl. II 2008, 200, Rz. 17 ff. mit kritischer Anmerkung von Wendt, FR 2008, 384 (384 f.).
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besatz muss für alle in der Gemeinde vorhandenen Unternehmen gleich sein und beträgt mindestens 200 %, § 16 Abs. 4 GewStG. 7. Anrechnung der Gewerbesteuer gemäß § 35 EStG Die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer ist nach Maßgabe des § 35 EStG auf die tarifliche Einkommensteuer des Gewerbetreibenden anzurechnen1. Dies gilt auch für Mitunternehmer, die sich in Form einer atypischen stillen Gesellschaft zusammengeschlossen haben2. Inwieweit die Gewerbesteuer für den Geschäftsinhaber und den atypischen stillen Gesellschafter zu einer effektiven Belastung führt, bemisst sich daher entscheidend danach, ob und inwieweit § 35 EStG eine Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gestattet. Ohne Anrechnung kann es zu einer kumulierten Steuerbelastung aus Einkommen- und Gewerbesteuer von mehr als 60 % kommen. Die Vorschrift ist deshalb für die Steuerplanung von zentraler Bedeutung. In Hinblick auf stille Gesellschaften wirft sie indes kaum spezifische Probleme auf.
24.59
In den Genuss der Anrechenbarkeit kommen nur natürliche Personen. Auf die Körperschaftsteuer ist die Gewerbesteuer nicht anrechenbar. Angerechnet wird vielmehr ausschließlich auf die tarifliche Einkommensteuer – gemindert um anzurechnende ausländische Steuern und gewisse weitere Steuerermäßigungen (geminderte tarifliche Steuer), vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1, 4 EStG. Anrechenbar ist grundsätzlich das 3,8-fache des Gewerbesteuermessbetrags, der für den Erhebungszeitraum festgesetzt worden ist, der dem betreffenden Veranlagungszeitraum bei der Einkommensteuer entspricht, § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewStG. Die Belastungswirkung der Gewerbesteuer wird durch die Anrechenbarkeit auf die Einkommensteuer daher allenfalls insoweit beseitigt, als der Hebesatz der Betriebsstätten-Gemeinden nicht 380 % übersteigt. Beschränkt ist die Anrechenbarkeit auf die tatsächlich – nach dem GewSt-Bescheid3 – zu zahlende Gewerbesteuer, § 35 Abs. 1 Satz 5 GewStG. Liegt der Gewerbesteuer-Hebesatz der Gemeinde unter 380 %, begrenzt dies daher die Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer. Die geminderte tarifliche Steuer wird zudem höchstens um den Teil gemindert, mit dem sie auf die betreffenden positiven gewerblichen Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag); zur Ermittlung dieses Betrages ist die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte durch die Summe aller positiven Einkünfte des Steuerpflichtigen zu teilen, § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG4. Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag gemäß § 8 GewStG, die zwar die Gewerbesteuer, nicht aber die Einkommensteuer des Gewerbetreibenden erhöhen, erhöhen deswegen nicht den Ermäßigungshöchstbetrag5. Dies gilt auch für die Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter (§ 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG).
24.60
Die Gewerbesteuer-Anrechnung wirkt sich auf die Höhe des Solidaritätszuschlages, nicht aber auf die Kirchensteuer aus, § 51a Abs. 2 Satz 3 EStG6. Ein Vor- oder Rück-
24.61
1 Vgl. zur Verfassungskonformität der Regelung BVerfG 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rz. 68 ff. 2 Vgl. inzident BFH v. 7.4.2009 – IV B 110/08, juris, Rz. 35 ff. 3 Vgl. BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 – S 2296-a/08/10002, BStBl. I 2009, 440, Rz. 7. 4 Vgl. die Berechnungsbeispiele im BMF-Schreiben v. 24.2.2009 – IV C 6 – S 2296-a/08/10002, BStBl. I 2009, 440, Rz. 17 f. 5 Vgl. zu dieser Zielsetzung der Regelung BT-Drucks. 14/3366, 113. 6 Gosch in Kirchhof, § 35 EStG Rz. 4.
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trag anrechnungsfähiger Beträge ist nicht vorgesehen. Liegt die geminderte tarifliche Steuer – etwa aufgrund eines Verlustausgleichs mit anderen negativen Einkünften in dem betreffenden Veranlagungszeitraum – unter der Gewerbesteuerbelastung, geht Anrechnungspotential daher endgültig verloren1.
24.62 Bei Mitunternehmerschaften wie der atypischen stillen Gesellschaft sind der Betrag des Gewerbesteuer-Messbetrags, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil an ihnen einheitlich und gesondert festzustellen, § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG. Für die Bestimmung des Anteils des einzelnen Mitunternehmers ist nach § 35 EStG nicht die steuerliche Gewinnverteilung, sondern der allgemeine, zivilrechtliche Gewinnverteilungsschlüssel in der Mitunternehmerschaft maßgeblich2; Vorabgewinnanteile sind hierbei nicht zu berücksichtigen, § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG. Unter dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel ist grundsätzlich das Verhältnis der festen Kapitalanteile der Mitunternehmer zueinander zu verstehen. Zu den unbeachtlichen Vorabgewinnen gehören Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG, aber auch zivilrechtliche Vorabgewinne3.
24.63 Die Anknüpfung an den zivilrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel in § 35 EStG ist insoweit konsequent, als die Gewerbesteuer bei Gesamthandsgesellschaften von allen Mitunternehmern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit gemeinsam als Betriebsausgabe getragen wird4. Sie lässt aber unberücksichtigt, dass die einzelnen Mitunternehmer durch Ein- und Austritte sowie Sondervergütungen i.S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 EStG in unterschiedlichem Maße zum Anrechnungsvolumen beitragen und der Gewerbesteueraufwand daher in Gesellschaftsverträgen häufig nach Verursachungsanteilen unter den Gesellschaftern aufgeteilt wird. Das Abstellen auf den allgemeinen zivilrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG verfehlt daher eine Kongruenz von tatsächlicher Gewerbesteuerbelastung des Mitunternehmers und Zuweisung von Anrechnungsvolumen; vielmehr wird das Anrechnungsvolumen unter den Mitunternehmern sozialisiert. Soll dieser Effekt kompensiert werden, bedarf es entsprechender Ausgleichsklauseln im Gesellschaftsvertrag. Ein angemessener Ausgleich unter den Mitunternehmern ist allerdings nicht einfach zu finden. Mitunternehmer, die einen über ihren Verursachungsbeitrag hinausgehenden Anteil zugewiesen erhalten, werden diesen nämlich häufig gar nicht vollständig nutzen können. Wollen Gesellschafter ihren Mitgesellschaftern nicht weitgehenden Einblick in ihre eigenen steuerlichen Verhältnisse gewähren, kommen letztlich nur pauschalierende gesellschaftsvertragliche Regelungen in Betracht.
24.64 Eine Anrechnung erfolgt auch in mehrstöckigen Personengesellschaften5. Sind der Geschäftsinhaber oder der atypische stille Gesellschafter selbst Mitunternehmer,
1 Keine verfassungsrechtlichen Bedenken insoweit erkennend BFH v. 7.4.2009 – IV B 110/08, juris Rz. 40; BFH v. 23.4.2008 – X R 32/06, BStBl. II 2009, 7, Rz. 39 ff. = FR 2009, 188. 2 Dies ausdrücklich auch für atypische stille Gesellschaften bestimmend BMF v. 24.2.2009 – IV C 6 – S 2296-a/08/10002, BStBl. I 2009, 440, Rz. 19. 3 Vgl. BFH v. 7.4.2009 – IV B 109/08, BStBl. II 2010, 116, Rz. 32 = EStB 2009, 224 m. Anm. Schwetlik; Wendt, FR 2009, 1002. 4 Levedag in HHR, EStG/KStG, Stand: 9/2015, § 35 EStG Rz. 62 m.w.N. 5 Vgl. BMF v. 25.11.2010 – IV C 6 - S 2296-a/09/10001, BStBl. I 2010, 1312 mit anschaulichem Rechenbeispiel.
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sind die anteiligen Gewerbesteuer-Messbeträge, die aus der atypischen stillen Beteiligung stammen, gemäß § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG einzubeziehen. Eine Durchleitung durch Kapitalgesellschaften, die an Mitunternehmerschaften beteiligt sind, kommt nach dieser Vorschrift hingegen nicht in Betracht. Dem steht die Abschirmwirkung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft entgegen. Nach Auffassung des IV. Senats des BFH gilt dies auch dann, wenn die Kapitalgesellschaft selbst eine Organgesellschaft ist und Organträger natürliche Personen oder eine Personengesellschaft sind1. 8. Verfahrensrecht a) Festsetzung von Gewerbesteuer-Messbetrag und Gewerbesteuer sowie Feststellung des vortragsfähigen Verlusts zur Gewerbesteuer Inhaltsadressat von Steuerbescheiden ist der Steuerschuldner. Dies ist bei atypischen stillen Gesellschaften für die Gewerbesteuer allein der Geschäftsinhaber. Mangels eigener Rechtssubjektivität kann die atypische stille Gesellschaft nicht Vollstreckungsschuldnerin und demnach auch nicht subjektiv steuerpflichtig sein. Auch der stille Gesellschafter ist nicht subjektiv gewerbesteuerpflichtig. Dies ist lediglich der Geschäftsinhaber (vgl. Rz. 24.23 f.). An ihn sind daher die Bescheide über Gewerbesteuer, Gewerbesteuermessbetrag und auch über den vortragsfähigen Verlust zur Gewerbesteuer als Inhaltsadressaten zu richten2.
24.65
Bescheide, deren Inhalt sich nicht bestimmen lässt oder die an eine nicht existente Person gerichtet sind bzw. einen nicht existenten Gewerbebetrieb betreffen, sind nichtig. Gewerbesteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide, die – fehlerhaft – an die atypische stille Gesellschaft – etwa als „GmbH & atypisch Still“ – als Inhaltsadressaten adressiert werden, droht daher das Nichtigkeitsverdikt3. Mangels Rechtssubjektivität ist die atypische stille Gesellschaft als Inhaltsadressatin nämlich rechtlich nicht existent. Allerdings sind Steuerbescheide auch hinsichtlich ihres Inhaltsteils auslegungsfähig. Die Rechtsprechung ist daher dazu übergegangen, fehlerhaft an die „atypische stille Gesellschaft“ adressierte Bescheide geltungserhaltend dahin auszulegen, dass diese inhaltlich an den Geschäftsinhaber gerichtet seien4. Hierauf sollten sich Finanzbehörden bei der Adressierung von Bescheiden im Zusammenhang mit atypischen stil-
24.66
1 BFH v. 22.9.2011 – IV R 3/10, BStBl. II 2012, 14, Rz. 15 ff. = EStB 2012, 15 mit Anm. Aweh = FR 2012, 371. Kritisch zur Entscheidung des BFH Bäuml, FR 2013, 1121 (1127). Vgl. auch die Kurzinformation der OFD Koblenz v. 30.3.2012 – S 2296a-St 31 3, juris, welche die Rechtsauffassung des BFH ebenfalls nicht teilt. 2 BFH v. 25.10.1995 – I R 77/93, BFH/NV 1996, 506, Rz. 15 = GmbHR 1996, 637; BFH v. 25.7.1995 – VIII R 54/93, BStBl. II 1995, 794, Rz. 23 = GmbHR 1995, 908; BFH v. 14.9.1989 – IV R 85/88, BFH/NV 1990, 591, Rz. 12; Anm. 2.4.1 AEAO zu § 122. 3 Nichtigkeit annehmend BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311, Rz. 62 f. = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 414/83, BFH/NV 1987, 393, Rz. 18 ff.; aufgrund der zuvor erfolgten Änderung der Rspr. lediglich Rechtswidrigkeit, nicht aber Nichtigkeit annehmend BFH v. 10.11.1993 – I R 20/93, BStBl. II 1994, 327, Rz. 21 ff. = GmbHR 1994, 347 = FR 1994, 228. Vgl. ferner BFH v. 14.9.1989 – IV R 85/88, BFH/NV 1990, 691, Rz. 7; BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311, Rz. 63 = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363; BFH v. 22.6.1983 – I R 55/80, BStBl. II 1984, 63, Rz. 19 ff. = FR 1984, 22 = GmbHR 1984, 107. 4 BFH v. 14.9.1989 – IV R 85/88, BFH/NV 1990, 591, Rz. 12; FG Köln v. 14.7.2010 – 4 K 3505/07, EFG 2011, 1083, Rz. 38, 41.
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len Gesellschaften allerdings keinesfalls verlassen, sondern sind bei der Adressierung zu größter Präzision aufgerufen. Wie die zahlreichen Gerichtsentscheidungen hierzu belegen, unterlaufen insoweit immer wieder unnötige Fehler.
24.67 Zum zwingenden Inhalt von Gewerbesteuermessbetragsbescheiden gehört zudem die Entscheidung über die sachliche Steuerpflicht, § 184 Abs. 1 Satz 2 AO. Gleiches ist für den Gewerbesteuerbescheid gemäß § 157 Abs. 1 Satz 2 AO anzunehmen. Bei periodischen Steuern genügt hierfür grundsätzlich die Angabe der Steuer und des Steuerjahres. Unterhält ein Gewerbetreibender aber nicht nur einen, sondern mehrere Gewerbebetriebe, bedarf es für eine hinreichende inhaltliche Bestimmtheit des Bescheides allerdings auch der Spezifizierung, für welchen der verschiedenen Gewerbetriebe der Messbetrag festgesetzt wird1. Bei atypischen stillen Gesellschaften ist dementsprechend grundsätzlich im Bescheid auch mitzuteilen, dass die Steuer für die sachlich steuerpflichtigen Mitunternehmer der atypischen stillen Gesellschaft festgesetzt wird. Diese sind hinreichend zu spezifizieren2, bei überschaubarer Anzahl der Mitunternehmer kann dies durch Angabe deren Namen geschehen. Fehlt eine ausdrückliche Mitteilung, kann sich wiederum im Wege der Auslegung ergeben, dass der Bescheid sachlich die atypische stille Gesellschaft betrifft3.
24.68 Auch Klagen und andere Prozesshandlungen, die fehlerhaft statt im Namen des Geschäftsinhabers im Namen der – prozessunfähigen – atypischen stillen Gesellschaft abgegeben werden, sind ggf. i.S. von Art. 19 Abs. 4 GG rechtsschutzwahrend dahingehend umzudeuten, dass Erklärender nicht die atypische stille Gesellschaft, sondern der Geschäftsinhaber ist. Raum für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung besteht insoweit nur dann nicht, wenn die Prozesserklärung nicht nur klar und eindeutig ist, sondern offensichtlich auch dem bekundeten Willen des Beteiligten entspricht4.
24.69 Atypische stille Gesellschafter sind zu den Verfahren zur Festsetzung bzw. Feststellung von Gewerbesteuer, Gewerbesteuermessbetrag und vortragsfähigem Verlust zur Gewerbesteuer weder gemäß § 360 AO notwendig hinzuziehen noch gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen5. Auch eine Beiladung des atypischen stillen Gesellschafters gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO ist grundsätzlich unzulässig; mangels Steuer- oder Haftungsschuld für die Gewerbesteuer werden seine Interessen durch den Streitgegenstand grundsätzlich nicht berührt6. Erst recht scheidet die Beiladung oder Hinzuziehung der stillen Gesellschaft als solcher aus, da diese nicht rechtsfähig ist7. 1 BFH v. 20.3.2013 – X R 38/11, BFH/NV 2013, 1125, Rz. 21. 2 Vgl. BFH v. 14.9.1989 – IV R 85/88, BFH/NV 1990, 691, Rz. 12; FG Köln v. 14.7.2010 – 4 K 3505/07, EFG 2011, 1083, Rz. 40; FG MV v. 29.4.1998 – 1 K 12/97, EFG 1998, 1212 (1212 f.). 3 Vgl. FG Hamburg v. 29.4.2004 – VI 75/02, FGReport 2004, 74, Rz. 35. 4 BFH v. 20.12.2012 – IV B 141/11, BFH/NV 2013, 574, Rz. 8. Dort auch zur Rechtsmittelbefugnis, wenn gerade Streit darüber besteht, wer an einem Verfahren tatsächlich beteiligt war. Vgl. zu den früheren, sehr viel strengeren Anforderungen an die Umdeutung des Inhaltsadressaten eines Bescheides BFH v. 12.11.1985 – VIII R 414/83, BFH/NV 1987, 393, Rz. 21. 5 St. Rspr. BFH v. 31.8.1999 – VIII R 22/98, BFH/NV 2000, 420, Rz. 10 f. m.w.N. = GmbHR 2000, 292; BFH v. 13.5.1998 – VIII R 81/96, BFH/NV 1999, 355, Rz. 12. 6 BFH v. 24.11.1988 – VIII B 90/87, BStBl. II 1989, 145, Rz. 12 = GmbHR 1989, 308. 7 BFH v. 12.11.1985 – VIII R 364/83, BStBl. II 1986, 311, Rz. 18 ff. = FR 1986, 244 = GmbHR 1986, 363.
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Zuständig für den Erlass des Gewerbesteuermessbescheids ist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 AO das Betriebsfinanzamt. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO ist dies das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des gewerblichen Betriebes, also des Inhabers des Handelsgeschäfts, befindet. Diese Regelung, die keinen Raum für eine Zuständigkeit des Körperschaftsteuer-Finanzamtes lässt1, ist sinnvoll, da somit das gleiche Finanzamt für die gesonderte Feststellung für einkommensteuerliche Zwecke und für den Erlass des Gewerbesteuer-Messbescheides zuständig ist.
24.70
Ermittelt wird der Gewerbeertrag unabhängig von den bei der Einkommensbesteuerung getroffenen Feststellungen. Hat das Finanzamt im Verfahren zur einheitlichen Gewinnfeststellung für die Zwecke der Einkommensteuer das Vorliegen einer atypischen stillen Gesellschaft verneint, ist diese Entscheidung für das Gewerbesteuerverfahren daher nicht verbindlich. Ob eine atypische stille Gesellschaft vorliegt und wie bei ihr Gewinn und Verlust verteilt werden, ist bei der Gewerbesteuerveranlagung vielmehr unabhängig von der Entscheidung im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren zu ermitteln2.
24.71
Der Geschäftsinhaber kann daher bei der Gewerbesteuerveranlagung Einwendungen gegen die Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb unabhängig von der Veranlagung bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer vorbringen. Er braucht jedoch den Gewerbesteuermessbescheid nur anzufechten, wenn er eine Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb für die Zwecke der Gewerbesteuer anstrebt, und zwar aus Gründen, die die Höhe des für die Einkommen- oder Körperschaftsteuer ermittelten Gewinns nicht beeinflussen. Erhebt er dagegen gegen den Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid Einwendungen, die den einkommen- oder körperschaftsteuerlich maßgebenden Gewinn und den gewerbesteuerlich maßgebenden Gewinn gleichermaßen beeinflussen, so braucht der Gewerbesteuermessbescheid nicht besonders angefochten zu werden, weil nach § 35b GewStG der Gewerbesteuermessbescheid von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen ist, wenn der Einkommensteueroder Körperschaftsteuerbescheid oder ein Feststellungsbescheid geändert wird und dies die Höhe des Gewinns aus Gewerbebetrieb berührt. Die Änderung des Gewinns ist in dem neuen Gewerbesteuermessbescheid insoweit zu berücksichtigen, als sie die Höhe des Gewerbeertrags beeinflusst. Das gilt auch für den Fall, dass der Gewerbesteuermessbescheid, der von Amts wegen zu ersetzen ist, bereits unanfechtbar geworden ist. Soweit für die Festsetzung einer Steuer ein Feststellungsbescheid, ein Steuermessbescheid oder ein anderer Verwaltungsakt bindend ist (Grundlagenbescheid), endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 171 Abs. 10 AO). Im Wege der Anfechtung der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung kann daher ggf. mittelbar auch der atypisch stille Gesellschafter Einfluss auf die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags nehmen, obschon er hinsichtlich dieser unmittelbar keine Einspruchs- und Anfechtungsbefugnis besitzt. Dies gilt auch, soweit lediglich die Aufteilung der Verluste zwischen den Mitunternehmern in Streit steht. § 35b Abs. 2 Satz 2 GewStG ist auch anzuwenden, soweit sich lediglich die abziehbaren Fehlbeträge i.S. von § 10a GewStG ändern3.
24.72
1 BFH v. 15.12.1992 – VIII R 42/90, BStBl. II 1994, 702, Rz. 39 ff. = FR 1993, 436. 2 St. Rspr., vgl. BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299, Rz. 15 m.w.N. = FR 2001, 186. 3 BFH v. 28.2.2001 – I R 77/00, BFH/NV 2001, 1293, Rz. 10 ff.
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b) Gesonderte und einheitliche Feststellung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG
24.73 Anders als bei der Gewerbesteuer sind bei der Einkommensteuer Steuerschuldner für die aus der atypischen stillen Gesellschaft erzielten Einkünfte der Geschäftsinhaber und der atypische stille Gesellschafter gleichermaßen. Sie sind daher auch die Inhaltsadressaten der gesonderten und einheitlichen Feststellung gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG – nicht anders als bei der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung für die atypische stille Gesellschaft. Es kann daher grundsätzlich auf die Ausführungen zum Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung verwiesen werden (vgl. Rz. 22.152 ff.).
III. Die typische stille Gesellschaft 1. Allgemeines – Vor- und Nachteile gegenüber atypischen stillen Gesellschaften
24.74 Typische stille Gesellschaften werden gewerbesteuerlich – ebenso wie bei der Einkommensteuer – nicht als Mitunternehmerschaft, sondern grundsätzlich lediglich wie ein qualifiziertes Kreditverhältnis besteuert. Durch das Eingehen einer typischen stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter daher – anders als bei der atypischen stillen Gesellschaft – nicht selbst objektiv gewerbesteuerpflichtig. Betrieben wird der Gewerbebetrieb vielmehr ausschließlich vom Geschäftsinhaber. Nur der Geschäftsinhaber ist daher auch i.S. von § 5 Abs. 1 Satz 1 GewStG Unternehmer und damit Steuerschuldner der Gewerbesteuer1. Die Vereinbarung einer typischen stillen Gesellschaft hat daher grundsätzlich keine Auswirkungen auf die Gewerblichkeit einer Tätigkeit des Geschäftsinhabers2. Sie schließt folglich – anders als das Eingehen einer atypischen stillen Beteiligung – auch nicht die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG aus3. Ebenso wenig berührt sie die Frage, ob ein oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen4, die Wirksamkeit eines Organschaftsverhältnisses5, die Unternehmer- und Unternehmensidentität und damit auch nicht die Nutzbarkeit von Verlusten bei der Gewerbesteuer6. Ist an einer typischen stillen Gesellschaft ein KStSubjekt beteiligt, kommt es – anders als bei atypischen stillen Gesellschaften – daher auch nicht zu einer entsprechenden Anwendung von § 8c KStG7. Die Vereinbarung einer typischen stillen Gesellschaft hat gewerbesteuerlich demnach im Vergleich zur Vereinbarung einer atypischen stillen Gesellschaft diverse Vorteile. Zu ihnen gehört auch, dass sich in mancherlei Hinsicht eine eindeutigere und in der Praxis auch einfacher zu handhabende Rechtslage als bei atypischen stillen Gesellschaften ergibt.
24.75 Typische stille Gesellschaften bewirken allerdings auch keinen eigenen Freibetrag i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG8, und die Gewinnanteile eines typischen stillen Gesellschafters unterliegen der Hinzurechnung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c 1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, Stand: 10/2015, § 5 GewStG Rz. 90. 2 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.8. 3 Vgl. FG Köln v. 10.2.2011 – 13 K 2516/07, 13 K 4047/10, DStRE 2011, 1321, Rz. 69 sowie oben Rz. 24.31. 4 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.12 ff. 5 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.32 ff. 6 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.34 ff. 7 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.51 f. 8 Vgl. zur Rechtslage bei atypischen stillen Gesellschaften Rz. 24.53 f.
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GewStG. Soweit keine Anrechnung gemäß § 35 EStG möglich ist, ergibt sich aus dieser Hinzurechnung eine effektive steuerliche Zusatzbelastung. Ob die Vereinbarung einer typischen oder einer atypischen stillen Gesellschaft günstiger ist, lässt sich daher nicht allgemein, sondern stets nur für den konkreten Einzelfall und unter Abwägung aller zivil- und steuerrechtlicher Folgen entscheiden. 2. Die Hinzurechnung von Gewinn- und Verlustanteilen des stillen Gesellschafters zum Gewerbeertrag Einfluss hat die Aufnahme typischer stiller Gesellschafter auf den Gewerbeertrag und damit die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer des Geschäftsinhabers. Der Gewerbeertrag ermittelt sich gemäß § 7 Satz 1 GewStG nach dem Gewinn des Geschäftsinhabers, wie er sich aus den Vorschriften des EStG und des KStG ergibt, vermehrt und vermindert nach den Hinzurechnungen und Kürzungen der §§ 8 und 9 GewStG.
24.76
Steuerbilanziell stellen Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter für den Geschäftsinhaber Aufwand, Verlustanteile typischer stiller Gesellschafter grundsätzlich Ertrag dar. Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter sind demnach für den Geschäftsinhaber regelmäßig abzugsfähige Betriebsausgaben, sofern ein Betriebsausgabenabzug nicht ausnahmsweise ausgeschlossen ist. Ein solcher Ausschluss kann insbesondere durch die Zinsschranke bewirkt werden1.
24.77
a) Die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG Auf die Gewinn- und Verlustanteile typischer stiller Gesellschafter findet seit dem Erhebungszeitraum 2008 gewerbesteuerlich regelmäßig allerdings die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG Anwendung. Nach dieser Vorschrift sind Gewinnanteile stiller Gesellschafter für die Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nach näherer Maßgabe wieder hinzuzurechnen, soweit sie ertragsteuerlich bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden waren. Dies bewirkt ggf. eine effektive, nicht unerhebliche steuerliche Zusatzbelastung der Gewinnanteile typischer stiller Gesellschafter. Zur Auslegung dieser Vorschrift kann grundsätzlich auf die zu § 8 Nr. 3 GewStG a.F. ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008 inhaltlich an dem Tatbestand dieser Vorschrift etwas ändern wollte.
24.78
Grund dafür, Aufwendungen für Gewinnanteile stiller Gesellschafter, die bei der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer als Betriebsausgaben abgezogen worden sind, bei der Gewerbesteuer wieder hinzuzurechnen, ist der Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer. Mit ihr und den übrigen Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG soll der objektivierte Ertrag des Gewerbebetriebs unabhängig davon ermittelt werden, in welcher Form das Entgelt für die Kapitalausstattung entrichtet wird2. Dies ist verfassungsgemäß3.
24.79
1 Wird der Aufwand aus der typischen stillen Gesellschaft aufgrund des Zinsvortrags später steuerlich abzugsfähig, findet die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG im Jahr der Abzugsfähigkeit Anwendung. 2 BT-Drucks. 16/4841, 79. 3 BFH v. 4.6.2014 – I R 70/12, BStBl. II 2015, 280, Rz. 15 ff. = FR 2015, 30.
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§ 24 Gewerbesteuer
24.80 Tatbestandlich werden von dieser Regelung nur typische stille Gesellschaften umfasst. Gewinn- und Verlustanteile atypischer stiller Gesellschafter fließen bereits ertragssteuerlich in den Gewinn aus Gewerbebetrieb ein und gehören daher a limine nicht in den Anwendungsbereich von § 8 GewStG. Nach herrschender Meinung genügt jede Beteiligung im Wege einer (typischen) Innengesellschaft an dem Gewerbe des Geschäftsinhabers. Eine Beteiligung an einem Handelsgewerbe und damit eine typische stille Gesellschaft i.S. von § 230 HGB müssen nicht vorliegen1. Die Zurechnung der stillen Gesellschaftsverhältnisse folgt steuerlichen Maßstäben2.
24.81 Rechtsverhältnisse, die einer typischen stillen Gesellschaft lediglich ähneln, unterliegen hingegen nicht der Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG3. Die Hinzurechnung knüpft vielmehr strikt zivilrechtlich an, auf wirtschaftliche Vergleichbarkeit kommt es nicht an4. Soweit dies die Rechtsprechung früher anders beurteilt hat5, ist diese Rechtsprechung seit langem ausdrücklich aufgegeben6. Die Vereinbarung eines partiarischen Arbeitsverhältnisses ist insofern gegenüber der Vereinbarung einer typischen stillen Gesellschaft steuerlich von Vorteil. Gleiches gilt in abgemilderter Form für die Vereinbarung partiarischer Nutzungsüberlassungsverträge, da die Entgelte für sie gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d, e und f GewStG nur zur Hälfte bzw. zu einem Viertel in die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 GewStG einfließen. Ebenso unterliegen der Hinzurechnung nicht die Entgelte aus solchen Rechtsverhältnissen, die der typische stille Gesellschafter außerhalb der stillen Gesellschaft zusätzlich mit dem Geschäftsinhaber abgeschlossen hat – etwa aus einem zusätzlichen Arbeits- oder Nutzungsüberlassungsvertrag7.
24.82 Gewinnanteil i.S. der Vorschrift sind alle gewinnabhängigen Bezüge des stillen Gesellschafters, die nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter einer Gegenleistung für die vom stillen Gesellschafter in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen haben8. Hierzu gehört bei Auflösung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters9. Ein Gewinnanteil in diesem Sinn setzt nicht voraus, dass der Geschäftsinhaber in dem betreffenden Zeitraum tatsächlich einen Gewinn erwirtschaftet hat. Dies hat der BFH in seinem Urteil 1 BFH v. 7.12.1983 – I R 144/79, BStBl. II 1984, 373 = FR 1984, 290 und BFH v. 5.6.1964 – IV 213/60 S, BStBl. III 1965, 49, Rz. 10 unter Anschluss an die gleichlautende RFH-Rechtsprechung. Vgl. auch R 8.1 (3) GewStR 2009. Hält man ein Handelsgewerbe für erforderlich, fallen die Gewinnanteile sonstiger typischer Innengesellschafter unter die Hinzurechnungsvorschrift § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG. Vgl. zur typischen Innengesellschaft an einem Nicht-Handelsgewerbe Milatz, DStZ 2006, 141. 2 Vgl. FG Nürnberg v. 25.1.2000 – I 133/97, EFG 2000, 641, bestätigt durch BFH v. 9.10.2000 – I B 60/00, BFH/NV 2001, 482 für den Fall, dass zwischen Geschäftsinhaber und stillen Gesellschaftern beidseitig ein Treuhänder eingeschaltet wird. 3 BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BStBl. II 1978, 570, Rz. 12. 4 Vgl. FG Köln v. 25.3.1998 – 12 K 1927/92, EFG 1998, 1214 für Genussrechtskapital mit Verlustbeteiligung bei gegenseitiger Beteiligung und ergänzendem Kooperationsvertrag. 5 BFH v. 22.11.1955 – I 139/54 S, BStBl. III 1956, 4, Rz. 10 f.; BFH v. 18.11.1958 – I 108/58 U, BStBl. III 1959, 49, Rz. 5. 6 BFH v. 5.6.1964 – IV 213/60 S, BStBl. III 1965, 51, Rz. 13; BFH v. 5.6.1964 – IV 108/63 U, BStBl. III 1965 51, Rz. 12. 7 Schnitter in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, Stand: 10/2014, § 8 GewStG Rz. 168. 8 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908, Rz. 9 = GmbHR 2014, 1331; BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BStBl. II 1978, 570, Rz. 15. 9 Staats in eKomm, § 8 GewStG, Stand: 19.11.2015, § 8 GewStG Rz. 236.
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vom 21.5.2014 klargestellt1. Erfasst werden vielmehr auch Mindestbeträge, die i.H. eines bestimmten Prozentsatzes der Vermögenseinlage in Verlustjahren an den stillen Gesellschafter zu zahlen sind. Im konkreten Fall war die Höhe der Prozentsätze an den Geschäftserfolg des Inhabers geknüpft, so dass insgesamt eine erfolgsabhängige Vergütung und damit eine stille Gesellschaft vorlag. Nach Beendigung eines stillen Gesellschaftsverhältnisses vom Unternehmer an den ehemaligen stillen Gesellschafter zu erbringende Leistungen unterliegen jedenfalls dann als Gewinnanteile der Hinzurechnung, wenn sie Entgelt für die vom stillen Gesellschafter während des Bestehens und in Erfüllung des Gesellschaftsverhältnisses erbrachten Leistungen sind, ihrer Höhe nach an den Gewinnen orientiert sind, die mutmaßlich erzielt worden wären, wenn die Gesellschaft fortbestanden hätte, und von diesen zukünftigen Gewinnen abhängen2. Ob Gewinnanteile auch dann noch anzunehmen sind, wenn nach Beendigung des stillen Gesellschaftsverhältnisses lediglich feste Bezüge an den stillen Gesellschafter gezahlt werden, hat der BFH offengelassen3. Zutreffenderweise ist danach zu unterscheiden, ob Rechtsgrund der Zahlungen noch das frühere stille Beteiligungsverhältnis ist oder mit der Beendigung eine Novation des Rechtsverhältnisses in ein Kreditverhältnis stattgefunden hat. In letzterem Fall erfolgt die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG. Der Begriff des Gewinnanteils i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG umfasst schließlich auch die betreffenden Verlustanteile des stillen Gesellschafters. Soweit diese den Gewinn des Geschäftsinhabers erhöht haben, erfolgt daher prinzipiell eine negative, den Gewerbeertrag mindernde Hinzurechnung4. Nur so kann der objektivierte Gewerbeertrag bei Bestehen typischer stiller Beteiligungen bei periodenübergreifender Betrachtung zutreffend bestimmt werden.
24.83
Leistungen an stille Gesellschafter, die kein Entgelt für die Kapitalüberlassung darstellen, sind keine Gewinnanteile i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG5. Abgrenzungskriterium zu hinzurechnungspflichtigen Leistungen ist nach der Rechtsprechung, ob eine zu Vertragsbeginn geleistete Zahlung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses vom Kapitalempfänger anteilig zurückgefordert werden könnte. Beendigungsgründe aus wichtigem Grund, welche die Beteiligten bei Vertragsschluss nur als theoretische Möglichkeit angesehen haben, sind außer Acht zu lassen. Insbesondere Bearbeitungsgebühren für die Hingabe typischer stiller Beteiligungen, wie sie öffentlich-rechtliche Kreditinstitute zu Förderzwecken erheben und welche auch im Falle der vorzeitigen Kündigung bei der Bank verbleiben, können daher von der Hinzurechnung verschont bleiben6.
24.84
1 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908, Rz. 9, 12 = GmbHR 2014, 1331; so bereits zuvor BFH v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BStBl. II 1972, 586, Rz. 31. 2 BFH v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BStBl. II 1972, 586, Rz. 29. 3 BFH v. 17.2.1972 – IV R 40/68, BStBl. II 1972, 586, Rz. 29. 4 BFH v. 1.10.2015 – I R 4/14, BFHE 251, 73, Rz. 13 ff. = GmbHR 2016, 32 = FR 2016, 234; R 8. 1 Abs. 3 Satz 2 GewStR 2009; Neu in FS Spiegelberger, S. 854 (855). 5 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908, Rz. 9 = GmbHR 2014, 1331. Missverständlich daher FG Berlin-Bdb. v. 14.9.2011 – 12 K 12136/08, EFG 2012, 535, Rz. 13, soweit alles, was „Gewinnanteil“ des stillen Gesellschafters im handelsrechtlichen Sinne sein könne, auch als „Gewinnanteil“ i.S. des § 8 Nr. 3 GewStG anzusehen sein soll. 6 BFH v. 21.5.2014 – I R 41/13, BFH/NV 2014, 1908, Rz. 14 = GmbHR 2014, 1331.
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24.85 Wie die Gewinnanteile beim stillen Gesellschafter steuerlich behandelt werden, ist seit der Neufassung der Vorschrift durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 für die Hinzurechnung unerheblich.
24.86 Rechtsfolge von § 8 Nr. 1 GewStG ist eine Hinzurechnung i.H. eines Viertels der Summe aller Hinzurechnungsbeträge gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a bis Buchst. f GewStG. Die Hinzurechnung erfolgt zudem nur insoweit, als die Summe dieser Hinzurechnungsbeträge den Betrag von 100 000 Euro übersteigt.
24.87 Eingeführt hat der Gesetzgeber den Freibetrag im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008, um kleine und mittlere Unternehmen von den Folgen der im Zuge der Reform erweiterten Hinzurechnungsbeträge zu entlasten. Diese Zwecksetzung entfällt bei negativen Hinzurechnungsbeträgen. Die Rechtsprechung folgert hieraus zu Recht, dass der Freibetrag auf negative Hinzurechnungsbeträge nicht anwendbar ist mit der Folge, dass eine negative Hinzurechnung in vollem Umfang bei jeglicher negativer Summe möglich ist1. Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll eine negative Hinzurechnung hingegen nicht in Betracht kommen2. Indes ist der Rechtsprechung zuzustimmen. Zwar führt sie zu einer asymmetrischen Behandlung von Gewinnen und Verlusten aus typischen stillen Gesellschaften, die ggf. zielgerichtet gestalterisch (aus-)genutzt werden kann. Dennoch ist ihre Auslegung der Vorschrift vorzuziehen, weil auch eine Anwendung des Freibetrags auf negative Hinzurechnungen keine symmetrische Behandlung von Gewinnen und Verlusten sicherstellt. Vielmehr hängt es auch in diesem Fall von der konkreten Verteilung von Gewinnen und Verlusten ab, ob sich Hinzurechnungen bei Gewinnen und negative Hinzurechnungen im Laufe der Zeit ausgleichen. b) Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. (bis 2007)
24.88 Nach § 8 Nr. 3 GewStG a.F. wurden bis einschließlich des Erhebungszeitraums 2007 dem Gewinn aus Gewerbebetrieb „die vertraglich vereinbarten Gewinnanteile des typisch stillen Gesellschafters in vollem Umfang hinzugerechnet, sofern sie bei diesem nicht zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind.“ Dies war dann der Fall, wenn die stille Beteiligung nicht im Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebes des Stillen gehalten wurde und der Gewinnanteil daher dort nicht in den Gewerbeertrag einfloss. Es kam aber nicht darauf an, ob beim Stillen tatsächlich Gewerbesteuer anfiel oder nicht. Bei anteils- und beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften unterblieb eine Hinzurechnung allerdings nur dann, wenn der Gewinnanteil der typisch still beteiligten Personengesellschaft angemessen war. Für die Beurteilung der Angemessenheit hat die Rechtsprechung die zu Familienpersonengesellschaften entwickelten Grundsätze angewandt, so dass in der Regel eine durchschnittliche Rendite von bis zu 35 % nicht zu beanstanden war. Bei einer unangemessenen Gewinnbeteiligung minderte der „überschießende“ Anteil den Gewerbeertrag nicht3.
1 BFH v. 28.1.2016 – I R 15/15, BFHE 253, 179, Rz. 11; FG Sachs. v. 29.1.2015 – 4 K 1292/10, juris Rz. 23. 2 R 8.1 Abs. 3 Satz 3 GewStR 2009. 3 BFH v. 21.9.2000 – IV R 50/99, BStBl. II 2001, 299, Rz. 23 ff. = FR 2001, 186. Hierzu auch Anm. von Kempermann, DStR 2001, 119.
756 Lamprecht
§ 24 Gewerbesteuer
IV. Zusammenfassung Typische stille Beteiligungen werden gewerbesteuerlich – ebenso wie bei der Einkommensteuer – als qualifizierte Kreditverhältnisse behandelt. Gewerbesteuerlich beschränken sich die Rechtsfolgen des Eingehens einer solchen Beteiligung im Wesentlichen auf die Hinzurechnung der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG; etwaige Verlustanteile werden ggf. negativ hinzugerechnet. Durch die Vereinbarung einer atypischen stillen Gesellschaft werden hingegen der Geschäftsinhaber und der atypische stille Gesellschafter zusammen als Mitunternehmer Träger des Gewerbebetriebes und damit objektiv gewerbesteuerpflichtig – mit weitreichenden Folgen u.a. für den Freibetrag gemäß § 11 Satz 3 Nr. 1 GewStG, die Verrechenbarkeit von Verlusten, die Organschaft und das steuerliche Verfahrensrecht. So kann etwa die GmbH & atypisch Still, nicht aber die einfache GmbH den Freibetrag gemäß § 11 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Anspruch nehmen. Wird die atypische stille Beteiligung an dem gesamten Gewerbebetrieb des Inhabers begründet, unterhält dieser außerhalb der atypischen stillen Gesellschaft keinen eigenen Gewerbebetrieb mehr. Hingegen kann durch die Beschränkung der atypischen stillen Beteiligung auf nur Teile der gewerblichen Tätigkeit des Inhabers ggf. eine Vervielfältigung der Gewerbebetriebe erreicht werden. Das steuerliche Gestaltungs-, aber auch Risikopotential einer atypischen stillen Beteiligung ist bei der Gewerbesteuer daher sehr viel größer als das einer typischen stillen Beteiligung. Der Abgrenzung und den unterschiedlichen Rechtsfolgen von typischen und atypischen stillen Gesellschaften ist bei der Gewerbesteuer keine geringere Aufmerksamkeit als bei der Einkommensteuer zu zollen.
Lamprecht
757
24.89
§ 25 Umsatzsteuer Schrifttum: Bahns, Jochen, Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Leistungsbeziehung zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern, Diss. jur. Köln, 2000; Birkenfeld, Wolfram, Beginn, Abwicklung und Ende des Unternehmens, UR 1992, 29; Blanke, Gernot, Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Gesellschafterbeiträgen bei Personengesellschaften, Diss. jur. Göttingen, 1991; Dziadkowski, Dieter, Vorsteuerabzugsrecht eines Gründungsgesellschafters, UR 2013, 902; Eggers, Joachim, Berechnung des Prorata-Satzes des Vorsteuerabzuges aus Aufwendungen bei Ausgabe von Aktien und atypischen stillen Beteiligungen im Falle steuerpflichtiger oder steuerfreier wirtschaftlicher Tätigkeit und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit von Steuerpflichtigen, UR 2008, 348; Eggers, Joachim/Korf, Ralph, Vorsteuerabzug bei Kapitalbeschaffung und Beteiligungen – Was bringt die Securenta-Entscheidung des EuGH?, DB 2008, 719; Eggers, Joachim, Umsatzsteuerrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Halten von Beteiligungen – Anmerkungen zu dem BMF-Schreiben vom 26.1.2007, DB 2007, 361; Englisch, Joachim/ Friedrich-Vache, Heidi, Umsatzsteuerrechtliche Aspekte der Anteilsveräußerung (= IFSt-Schrift Nr. 477); Feil, Kathrin/Roscher, Carolin, Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften – Quo vadis?, BB 2007, 1079; Feldt, Matthias, Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Veräußerung von Beteiligungen und Geschäftsaktivitäten, UR 2007, 161; Friedrich-Vache, Heidi, Umsatzsteuerliche Behandlung des Share Deal – Neuerungen durch das EuGH-Urteil AB SKF?, EU-UStB 2011, 33; Grebe, Christian/Raudszus, Holger, Umsatzsteuerrechtlicher Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, UStB 2016, 22; Klöttschen, Gert, Anmerkung zum Beschluss des BFH v. 20.2.2013 – XI R 26/10, BB 2013, 1384; Ismer, Roland, Personenübergreifender Vorsteuerabzug? Eine Bestandsaufnahme nach den Entscheidungen Faxworld, Polski Trawertyn und Malburg, MwStR 2015, 407; Nattkämper, Stefanie: Vorsteuerabzug beim Halten von Beteiligungen, EU-UStB 2008, S. 41–46; Reiß, Wolfram, Keine Renditefonds – Zur Begründungsqualität der jüngeren EuGH-Rechtsprechung zur 6. EU-Richtlinie, UR 2003, 428; Stapperfend, Thomas, Umsatzsteuerliche Behandlung von Holdinggesellschaften, UR 2006, 112; Stadie, Holger, Gesellschafter für Zwecke des Vorsteuerabzugs als mittelbare Unternehmer („Mitunternehmer“), UR 2012, 337; Sterzinger, Christian, Vorsteuerabzug eines Gesellschafters, DStR 2013, 1309; von Streit, Georg, Steuerbarkeit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen – „SKF Teil II“, UR 2012, 904; Wäger, Christoph, Steuerbare Leistungen im Rahmen von Gesellschaftsverhältnissen, UR 2008, 69; Wäger, Christoph, Gesellschafter im Umsatzsteuerrecht – Vom Trennungs- zum Transparenzprinzip?, UR 2012, 911.
I. Keine Unternehmereigenschaft von stillen Gesellschaften
25.1 Umsatzsteuerbar sind grundsätzlich Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Unternehmer in diesem Sinne sind lediglich der Geschäftsinhaber und ggf. der stille Gesellschafter. Die stille Gesellschaft selbst ist hingegen nicht Unternehmer1. Im Rahmen der Umsatzsteuer als einer Verkehrsteuer kann Unternehmer nur sein, wer im Verkehr nach außen auftritt; Gesellschaften, die nach außen nicht hervortreten, müssen für das Umsatzsteuerrecht unbeachtlich bleiben2. Stille Gesellschaften können daher nicht Unternehmer i.S. der Umsatzsteuer sein. Dies gilt selbst dann, wenn das Bestehen einer stillen Gesellschaft ausnahmsweise 1 BFH v. 22.5.1969 – V R 28/66, BFHE 96, 149, BStBl. II 1969, 603, Rz. 13 f. m.w.N. 2 BFH v. 22.5.1969 – V R 28/66, BFHE 96, 149, BStBl. II 1969, 603, Rz. 13; BFH v. 11.11.1965 – V 146/63 S, BStBl. III 1966, 28, Rz. 7; FG München v. 6.7.1992 – 3 K 712/89, juris Rz. 24. Abschn. 2.1 Abs. 5 Satz 1 UStAE. Überholt die abweichende ältere Rechtsprechung, so etwa BFH v. 25.6.1953 – V 75/52, juris.
758 Lamprecht
§ 25 Umsatzsteuer
im Rechtsverkehr aufgedeckt worden sein sollte (z.B. bei einer GmbH & atypisch Still). Zwar kann auch nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen und Gemeinschaften Unternehmereigenschaft zukommen (vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG); hierfür bedarf es aber grundsätzlich eines gemeinschaftlichen rechtsgeschäftlichen Auftretens1 mit der Folge, dass diese Personenmehrheit zivilrechtlich Schuldner der vereinbarten Leistung wird2. Hierzu kommt es aber bei einer stillen Gesellschaft begriffsnotwendig selbst dann nicht, wenn das Bestehen der Gesellschaft im Rechtsverkehr aufgedeckt worden sein sollte. Aus eben diesen Gründen kommt eine Innengesellschaft auch nicht als umsatzsteuerliche Organträgerin in Betracht3. Das UStG kennt – anders als das EStG – auch keine Norm, die wie § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG zumindest atypische stille Gesellschaften in gewisser Hinsicht steuerlich als Subjekt einstuft. In seiner geltenden Fassung verwendet das UStG den Begriff der „stillen Gesellschaft“ vielmehr weder dem Worte noch dem Inhalte nach4. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG findet auch nicht mittelbar im UStG Anwendung. Eine Mitunternehmereigenschaft ist dem UStG als Rechtsinstitut vielmehr fremd5. Umsatzsteuerlich gilt vielmehr das Trennungsprinzip: Unternehmer ist nur, wer in eigener Person unternehmerisch tätig wird6.
25.2
Die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften ist demnach umsatzsteuerlich ohne Bedeutung. Alle Formen von stillen Gesellschaften stellen umsatzsteuerlich vielmehr lediglich eine rechtsgeschäftliche Beziehung zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter dar. Eingeordnet wird diese Beziehung in Anknüpfung an das Zivilrecht stets als Gesellschaftsverhältnis. Die im Ertragsteuerrecht zu findende steuerliche Behandlung typischer stiller Gesellschaften als qualifizierte Kreditverhältnisse ist dem Umsatzsteuerrecht ebenso fremd7 wie die Einstufung stiller Gesellschaften als Mitunternehmerschaften.
25.3
In Konsequenz dessen ist die stille Gesellschaft auch verfahrensrechtlich im Rahmen der Umsatzsteuer ohne Bedeutung. Hierauf ist etwa bei der Adressierung von Prüfungsanordnungen zu achten. Umsatzsteuerlich ist als Adressat der Anordnung lediglich der Geschäftsinhaber zu nennen.
25.4
II. Der Geschäftsinhaber als Unternehmer Unternehmer i.S. des UStG ist bei stillen Gesellschaften stets der Geschäftsinhaber. Er übt i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG zwangsläufig eine gewerbliche oder berufliche 1 Vgl. BFH v. 25.3.1993 – V R 42/89, BStBl. II 1993, 729, Rz. 21 (für Gemeinschaft); BFH v. 11.11.1965 – V 146/63 S, BStBl. III 1966, 28, Rz. 7. 2 BFH v. 18.8.2001 – V R 67/00, UR 2002, 212, Rz. 12. 3 BFH v. 2.8.1979 – V R 111/77, BStBl. II 1980, 20, Rz. 9. 4 Die Steuerbefreiung für die Beteiligung als stiller Gesellschafter an dem Unternehmen oder an dem Gesellschaftsanteil eines anderen in § 4 Nr. 8 Buchst. j UStG ist mit Wirkung ab dem 16.12.2004 entfallen. Zu dieser Vorschrift vgl. die Vorauflagen. 5 BFH v. 27.6.1995 – V R 36/94, BStBl. II 1995, 915, Rz. 24 m.w.N. 6 Vgl. BFH v. 6.9.2007 – V R 16/06, BFH/NV 2008, 1710, Rz. 22. 7 Vgl. BFH v. 19.3.1970 – V R 137/69, BStBl. II 1970, 602, Rz. 9 (für stille Beteiligungen mit Gewinn- und Verlustbeteiligung); Huschens in Schwarz/Widmann/Radeisen, Stand: 2/2005, § 4 Nr. 8j UStG Rz. 4.
Lamprecht
759
25.5
§ 25 Umsatzsteuer
Tätigkeit selbständig aus, da ansonsten keine stille Gesellschaft an seinem Unternehmen bestehen könnte. Es genügt die Absicht des Geschäftsinhabers, Einnahmen zu erzielen; eine Einkünfteerzielungsabsicht ist umsatzsteuerlich nicht erforderlich, § 2 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 UStG. Geschäftsinhaber, die als juristische Person des öffentlichen Rechts konstituiert sind, können ebenfalls Unternehmer sein, § 2 Abs. 3 UStG. Auch wenn der Geschäftsinhaber – etwa als Servicegesellschaft – ausschließlich gegenüber dem stillen Gesellschafter Umsätze tätigt, steht dies seiner Unternehmereigenschaft nicht entgegen1.
25.6 Auf umsatzsteuerliche Organschaften wirken sich stille Beteiligungen grundsätzlich nicht aus. Insbesondere haben atypische stille Beteiligungen keine Auswirkungen auf den Status einer Organgesellschaft als juristische Person i.S. von § 2 Abs. Nr. 2 UStG; das Vorliegen einer ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaft ist umsatzsteuerlich vielmehr auch insoweit ohne Bedeutung. Allenfalls kann ggf. der hinreichende Einfluss des stillen Gesellschafters auf die Geschäftsführung der Organgesellschaft deren organisatorische Eingliederung in den Organträger in Frage stellen. Umgekehrt kann die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft nicht mit dem Bestehen einer stillen Beteiligung begründet werden. Hierfür genügt selbst ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nicht; erforderlich ist vielmehr eine Beteiligung am statuarischen Kapital der Organgesellschaft2. Die finanzielle Eingliederung muss zudem zum Organträger selbst, und nicht nur zu dessen Gesellschaftern3 oder gar stillen Gesellschaftern4 bestehen.
25.7 Die Aufnahme eines stillen Gesellschafters stellt keine umsatzsteuerbare Leistung des Geschäftsinhabers dar. Für die Aufnahme von Gesellschaften in eine Außenpersonengesellschaft hat dies der EuGH in seiner Entscheidung „KapHag Renditefonds“ entschieden5. Die deutsche Rechtsprechung6 und Finanzverwaltung7 haben sich dem angeschlossen. Für die Ausgabe atypischer stiller Beteiligungen hat der EuGH in der Rechtssache „Securenta“ entsprechend judiziert8. Die deutsche Finanzverwaltung hat sich diese Rechtsansicht ausdrücklich zu eigen gemacht. Abschn. 1.1 Abs. 15 Satz 2 UStAE ordnet an, dass die Aufnahme atypischer stiller Gesellschafter als nicht steuerbar zu behandeln ist. Für die Aufnahme typischer stiller Gesellschafter fehlt eine entsprechende ausdrückliche Verwaltungsanweisung. Nachdem die Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften umsatzsteuerlich aber keine Bedeutung hat, es sich bei typischen stillen Gesellschaften vielmehr ebenso um Gesellschaften handelt wie bei atypischen stillen Gesellschaften und diese daher auch sonst umsatzsteuerlich gleich behandelt werden9, gilt auch für die Aufnah-
1 2 3 4 5 6 7 8
Vgl. BFH v. 9.10.2002 – V R 64/99, BStBl. II 2003, 375, Rz. 28 m.w.N. BFH v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600, Rz. 32 ff. BFH v. 1.12.2010 – XI R 43/08, BStBl. II 2011, 600, Rz. 37 ff. BFH v. 2.8.1979 – V R 111/77, BStBl. II 1980, 20, Rz. 10. EuGH v. 26.6.2003 – Rs. C-442/01 – „KapHag“, UR 2003, 443, Rz. 41 ff. BFH v. 1.7.2004 – V R 32/00, BStBl. II 2004, 1022, Rz. 40 ff. Abschn. 15.21 Abs. 1 Satz 1 UStAE. EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, BStBl. II 2008, 717, Rz. 27; vgl. nachfolgend BFH v. 18.11.2004 – V R 16/03, BStBl. II 2005, 503, Rz. 34. 9 So auch nach der Ansicht der deutschen Finanzverwaltung, vgl. nur Abschn. 2.1 Abs. 5 Satz 3 und Abschn. 4.8.10 Abs. 1 Satz 1 UStAE.
760 Lamprecht
§ 25 Umsatzsteuer
me typischer stiller Gesellschafter nichts anderes1. Insbesondere ist das Eingehen einer typischen stillen Beteiligung umsatzsteuerlich nicht als Kreditgewährung i.S. von § 4 Nr. 8a UStG anzusehen. Wichtige Konsequenz der Nichtsteuerbarkeit ist: Die Ausgabe von – typischen wie atypischen – stillen Beteiligungen hat keinen Einfluss auf den Vorsteuerabzug des Geschäftsinhabers. Aufwendungen für Leistungen, die der Geschäftsinhaber für die Aufnahme stiller Beteiligungen bezieht – zu denken ist insbesondere an Rechtsberatungs-, Beurkundungs-, Werbungs- und Vermittlungsleistungen – gehören vielmehr zu den allgemeinen Kosten des Unternehmens und berechtigen nach allgemeinen Maßstäben zum Vorsteuerabzug2. Übt der Geschäftsinhaber sowohl vorsteuerunschädliche als auch vorsteuerschädliche Tätigkeiten aus, berechtigen die Aufwendungen nur insoweit zum Vorsteuerabzug, als sie zu den Kostenelementen der zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören3.
25.8
III. Der stille Gesellschafter in der Umsatzsteuer 1. Ein- und Ausgangsumsätze des Geschäftsinhabers Die Eingangs- und Ausgangsleistungen, auf welche sich die stille Beteiligung bezieht, sind allein Umsätze des Geschäftsinhabers als Unternehmer. Anders als ertragsteuerlich werden diese Leistungen umsatzsteuerlich dem stillen Gesellschafter auch bei Vorliegen einer atypischen stillen Beteiligung nicht zugerechnet. Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsinhaber vom stillen Gesellschafter nur zur Führung der Geschäfte vorgeschoben wird und nach den internen Abreden zwischen ihnen der stille Gesellschafter in Hinblick auf Unternehmensbesitz und Unternehmensleitung der eigentliche Leiter des Unternehmens ist4. Zutreffend hat der BFH diese Rechtslage ergänzend mit den sonst kaum lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten begründet. Auch ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten kann insoweit allenfalls aufgrund zusätzlicher qualifizierender Umstände angenommen werden5. Der stille Gesellschafter schuldet demnach grundsätzlich weder die Umsatzsteuer aus den Ausgangsumsätzen des Geschäftsinhabers noch steht ihm bezüglich dessen Eingangsleistungen ein Vorsteuererstattungsanspruch zu.
25.9
Der stille Gesellschafter haftet grundsätzlich auch nicht für die Umsatzsteuerschuld des Geschäftsinhabers. Eine zivilrechtliche Haftung des stillen Gesellschafters besteht nicht und auch steuerrechtlich haftet der stille Gesellschafter grundsätzlich nicht. Anderes kann sich im Einzelfall aus den allgemeinen Haftungstatbeständen
25.10
1 Vgl. nur die unterschiedslose Behandlung stiller Gesellschaften in der umsatzsteuerlichen Literatur, so: Nieskens in Rau/Dürrwächter, Stand 2/2016, § 1 UStG Rz. 534 Stichwort: „Stille Beteiligung“; Ehrke-Rabel/v. Streit, UR 2015 249 (249). 2 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, BStBl. II 2008, 717, Rz. 27; BFH v. 1.7.2004 – V R 32/00, BStBl. II 2004, 1022, Rz. 39 ff.; Abschn. 15.21 Abs. 2–6 UStAE. 3 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, BStBl. II 2008, 727, Rz. 27 f. m. Anm. Nattkämper, EU-UStB 2008, 41; vgl. zum Aufteilungsmaßstab Eggers, UR 2008, 348 sowie Abschn. 15.21 Abs. 6 UStAE. 4 BFH v. 12.8.2009 – XI R 48/07, UR 2010, 423, Rz. 32 (allgemein für Strohmann); BFH v. 22.5.1969 – V R 28/66, BStBl. II 1969, 603, Rz. 14 (für stille Gesellschaft). 5 Vgl. BFH v. 22.5.1969 – V R 28/66, BStBl. II 1969, 603, Rz. 14.
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761
§ 25 Umsatzsteuer
der AO ergeben, soweit die Finanzbehörde das Vorliegen deren Tatbestandsmerkmale nachweist. In Betracht kommt unter anderem eine Sachhaftung gemäß § 74 AO, soweit der stille Gesellschafter dem Geschäftsinhaber Gegenstände zur Nutzung überlassen hat und an dem Vermögen des Geschäftsbetriebs zu mehr als einem Viertel beteiligt ist. Übernimmt der stille Gesellschafter im Zuge der Auflösung der stillen Gesellschaft den Geschäftsbetrieb des Geschäftsinhabers, greift zudem die Haftung des Betriebsübernehmers gemäß § 75 AO. Die Umsatzsteuer ist i.S. dieser beiden Vorschriften eine Steuer, die auf dem Betrieb des Unternehmens gründet.
25.11 Umsatzsteuerforderungen und -verbindlichkeiten, die im Rahmen des Handelsgewerbes des Geschäftsinhabers entstehen, sind damit lediglich im Innenverhältnis der stillen Gesellschaft von Bedeutung. Sie sind Teil der Bilanz des Geschäftsinhabers. Veränderungen von ihnen fließen in die Gewinn- und Verlustrechnung ein und wirken sich damit auf den Gewinn- und Verlustanteil des stillen Gesellschafters aus. 2. Unternehmerische Tätigkeit des stillen Gesellschafters – Zum Vorsteuerabzug bei stiller Beteiligung a) Erwerb und Halten stiller Beteiligungen
25.12 Lediglich der Erwerb und das Halten stiller Beteiligungen begründet noch keine unternehmerische Tätigkeit für stille Gesellschafter. Zwar übernehmen und halten sie ihre Beteiligungen zur Erzielung von Einnahmen; ihre Beteiligung am Gewinn des Geschäftsinhabers stellt aber kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs dar1. Eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des UStG lässt sich allein mit dem Erwerb und dem Halten einer stillen Beteiligung daher nicht begründen. Diese von dem EuGH allgemein für den Erwerb und das Halten von Gesellschaftsbeteiligungen aufgestellten Grundsätze gelten auch für den Erwerb und das Halten stiller Beteiligungen2.
25.13 Ohne Unternehmereigenschaft steht stillen Gesellschaftern kein Anspruch auf Vorsteuererstattung für Leistungen zu, die für den Erwerb und das Halten der stillen Beteiligung bezogen werden. Nach dem intendierten Belastungsziel der Umsatzsteuer – der Besteuerung des Verbrauchs von Gütern und Dienstleistungen – ist dieser Ausschluss von der Vorsteuererstattung nicht zu rechtfertigen. Er ergibt sich allein aus der Steuertechnik der Umsatzsteuer, welche für Nichtunternehmer grundsätzlich keine Vorsteuererstattung vorsieht3.
25.14 Vergleichbare Grundsätze gelten, wenn der Gesellschafter bereits aufgrund anderweitiger Tätigkeiten Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne ist. Der bloße Erwerb und das bloße Halten einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung begründen auch dann
1 Vgl. allgemein zu gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen: EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/14 u. C-109/14 – „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671, Rz. 18; EuGH v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – „Cibo Participations“, ABl. EG 2001 Nr. C 317, 5 = UR 2001, 500, Rz. 19 jeweils m.w.N. Abschn. 2.3 Abs. 2 Satz 1 UStAE. 2 Vgl. EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, BStBl. II 2008, 727, Rz. 28. Vgl. ferner bereits FG BW v. 30.5.1969 – II 26/68, EFG 1969, 518: Ablehnung einer unternehmerischen Tätigkeit des stillen Gesellschafters wegen fehlender Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit. 3 Englisch/Friedrich-Vache, Umsatzsteuerliche Aspekte der Anteilsveräußerung, S. 87.
762 Lamprecht
§ 25 Umsatzsteuer
keine unternehmerische Tätigkeit, sondern führen dazu, dass sich die Tätigkeit des Gesellschafters in seine anderweitige unternehmerische Tätigkeit und eine nichtunternehmerische Tätigkeit – nämlich den Erwerb und das Halten der stillen Beteiligung – aufteilt1. Ein Wahlrecht, die Beteiligung der unternehmerischen Tätigkeit zuzuordnen, besteht nicht2. Auf diese Weise wird die umsatzsteuerliche Neutralität zu solchen Gesellschaftern gewahrt, die keine Unternehmer sind. Ein Vorsteuerabzug für Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer im nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers gehaltenen Beteiligung anfallen, kommt demnach auch bei stillen Gesellschaftern, die Unternehmer sind, nicht in Betracht. Fließen Eingangsleistungen wie zum Beispiel Rechts- und Steuerberatungsleistungen in die Kosten sowohl der unternehmerischen als auch in das Halten der stillen Beteiligung als nichtunternehmerische Tätigkeit ein3, ist ein Vorsteuerabzug nur anteilig zu gewähren. Die Maßstäbe, wie die Vorsteuer in diesem Fall aufzuteilen ist, sind unionsrechtlich nicht abschließend vorgegeben. Es ist vielmehr Sache der Mitgliedstaaten, unter Beachtung der dem unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystem zugrunde liegenden Prinzipien die hierfür geeigneten Methoden und Kriterien festzulegen; dies kann ein Investitionsschlüssel, ein Umsatzschlüssel oder ein anderer geeigneter Schlüssel sein4. Der BFH sieht eine Aufteilung nach steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen als maßgeblich an5.
25.15
Für stille Gesellschafter ist die Belastung mit Vorsteuern für Leistungen, die sie für den Erwerb und das Halten ihrer stillen Beteiligungen beziehen, misslich. Die Kosten für Beratung, Vermittlung, Verwaltung und Ähnliches können bei stillen Beteiligungen erheblich zu Buche schlagen. Einer der zentralen gestalterischen Impulse im Rahmen der Umsatzsteuer ist es daher, zur Gewährleistung eines Vorsteuerabzugs stille Beteiligungen möglichst der unternehmerischen Tätigkeit des stillen Gesellschafters zuzuordnen und diese hierfür ggf. erst zu schaffen.
25.16
b) Der stille Gesellschafter als Unternehmer Der stille Gesellschafter wird nämlich aufgrund des umsatzsteuerlichen Trennungsprinzips grundsätzlich nicht bereits durch das Halten einer stillen Beteiligung an dem Handelsgewerbe des Geschäftsinhabers unternehmerisch tätig. Dies gilt auch für ertragsteuerlich atypische stille Gesellschafter. Der stille Gesellschafter muss vielmehr in eigener Person alle Tatbestandsmerkmale eines Unternehmers i.S. von § 2 Abs. 1 UStG erfüllen. Hierfür kommt indes jede unternehmerische Tätigkeit in Betracht – auch solche, die der stille Gesellschafter gegenüber dem Geschäftsführer selbst erbringt. Genau hier entsteht Gestaltungspotential, indem der stille Gesellschafter
1 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, BStBl. II 2008, 717, Rz. 29 ff. 2 Abschn. 2.3 Abs. 2 Satz 5 UStAE. 3 Vgl. zur Maßgeblichkeit des Einfließens der Kosten EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/14 u. C-109/14 – „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671, Rz. 23 m.w.N. 4 EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/14 u. C-109/14 – „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671, Rz. 30; EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06 – „Securenta“, BStBl. II 2008, 727, Rz. 33 ff. 5 BFH v. 18.11.2004 – V R 16/03, BStBl. II 2005, 503, Rz. 50.
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25.17
§ 25 Umsatzsteuer
dem Geschäftsführer entgeltlich Nutzungen überlässt, für ihn Geschäftsführungsaufgaben tätigt oder sonstige Leistungen erbringt1. c) Die stille Beteiligung als Teil der unternehmerischen Tätigkeit des stillen Gesellschafters
25.18 Nach Abschnitt 2.3 Abs. 3 Satz 5 UStAE sieht die deutsche Finanzverwaltung das Erwerben, Halten und Veräußern einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und damit auch einer stillen Beteiligung in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH und des BFH in folgenden Fällen als unternehmerische Tätigkeit an2:
25.19 „1. Soweit Beteiligungen i.S. eines gewerblichen (Wertpapier-)Handels gewerbsmäßig erworben und veräußert werden und dadurch eine nachhaltige, auf Einnahmeerzielungsabsicht gerichtete Tätigkeit entfaltet wird3,
25.20 2. wenn die Beteiligung nicht um ihrer selbst willen (bloßer Wille, Dividenden zu erhalten) gehalten wird, sondern der Förderung einer bestehenden oder beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit (z.B. Sicherung günstiger Einkaufskonditionen, Verschaffung von Einfluss bei potenziellen Konkurrenten, Sicherung günstiger Absatzkonditionen) dient4 oder
25.21 3. soweit die Beteiligung, abgesehen von der Ausübung der Rechte als Gesellschafter oder Aktionär, zum Zweck des unmittelbaren Eingreifens in die Verwaltung der Gesellschaften, an denen die Beteiligung besteht, erfolgt. Die Eingriffe müssen dabei zwingend durch unternehmerische Leistungen i.S. der § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 UStG erfolgen, z.B. durch das entgeltliche Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen an die jeweilige Beteiligungsgesellschaft5.“
25.22 Das Innehaben einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung sieht Abschnitt 2.3 Abs. 4 UStAE – abgesehen von den Fällen des gewerblichen Wertpapierhandels – nur dann als unternehmerische Tätigkeit an, wenn die gesellschaftsrechtliche Beteiligung im Zusammenhang mit einem unternehmerischen Grundgeschäft erworben, gehalten und veräußert wird, es sich hierbei also um Hilfsgeschäfte handelt. Dabei wird nicht jeder beliebige Zusammenhang zwischen dem Erwerb und Halten der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der unternehmerischen Haupttätigkeit als ausreichend angesehen. Vielmehr muss zwischen der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der unternehmerischen Haupttätigkeit ein erkennbarer und objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen. Das wird dann angenommen, wenn die Aufwendungen für 1 Vgl. Wäger, UR 2008, 69 (71). 2 Abschn. 2 Abs. 3 und 4 UStAE sind verwaltungsintern verbindlich. Steuerpflichtige können sich auf sie im Verhältnis zur Finanzverwaltung berufen. Beide Vorschriften werden im Folgenden daher wörtlich bzw. nahezu wörtlich wiedergegeben. 3 Vgl. EuGH v. 26.5.2005 – Rs. C-465/03 – „Kretztechnik“, ABl. EU 2005 Nr. C 217, 13 = UR 2005, 382, Rz. 20 m.w.N.; BFH v. 15.1.1987 – V R 3/77, BStBl. II 1987, 512, Rz. 38. 4 Vgl. EuGH v. 11.7.1996 – Rs. C-306/94 – „Régie dauphinoise“, UR 1996, 304, Rz. 18: „unmittelbare, dauerhafte und notwendige Erweiterung einer steuerbaren Tätigkeit“. 5 Vgl. EuGH v. 16.7.2015 – Rs. C-108/14 u. C-109/14 – u.a. „Larentia + Minerva mbH & Co. KG“, ABl. EU 2015 Nr. C 302, 7 = UR 2015, 671, Rz. 18–21; EuGH v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – „Cibo Participations“, UR 2001, 500, Rz. 20 f.
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die gesellschaftsrechtliche Beteiligung zu den Kostenelementen der Umsätze aus der Haupttätigkeit gehören1. In ähnlicher Weise hat der EuGH in der Rechtssache „AB SKF“ die Fälle zusammengefasst, in denen gesellschaftliche Beteiligungen zur unternehmerischen Tätigkeit des Steuerpflichtigen gehören2. Nach dieser Entscheidung gehört ggf. auch die Veräußerung aller Anteile an einer Tochtergesellschaft im Rahmen der Umstrukturierung eines Konzerns zu den unternehmerischen Tätigkeiten3.
25.23
IV. Leistungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter 1. Mangelnde Umsatzsteuerbarkeit der Leistungen bei gesetzestypischer stiller Gesellschaft Erbringen weder der Geschäftsführer noch der stille Gesellschafter weitergehende oder andere Leistungen, als nach den §§ 230–234 HGB vorgesehen, sind ihre Leistungen nicht steuerbar nach dem UStG4: Die Aufnahme des stillen Gesellschafters durch den Geschäftsinhaber5 bzw. das Ausscheiden des stillen Gesellschafters6 stellen ebenso wenig eine umsatzsteuerbare Leistung dar, wie der Gewinnbezug des stillen Gesellschafters ein Entgelt für eine solche Leistung ist7. Die Erbringung bloßer Geldleistungen durch den stillen Gesellschafter bzw. den Geschäftsinhaber (etwa bei Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens) ist grundsätzlich keine „sonstige Leistung“ i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG8.
25.24
2. Sacheinlagen und Sacheinbringungen des stillen Gesellschafters sowie Sachleistungen des Geschäftsinhabers Nicht abschließend geklärt ist hingegen die Rechtslage, wenn Gesellschafter – und demnach auch stille Gesellschafter – nicht Geld-, sondern Sacheinlagen tätigen bzw. der Geschäftsinhaber an den stillen Gesellschafter nicht Geld-, sondern Sachleistungen erbringt.
25.25
a) Rechtsprechung des EuGH Nach der Entscheidung des EuGH vom 29.4.2004 – Rs. C-137/02 „Faxworld“ steht einer Vorgründungsgesellschaft der Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen zu, wenn ihr einziger Ausgangsumsatz satzungsgemäß die entgeltliche Übertragung der bezogenen Leistungen an die zu gründende Kapitalgesellschaft ist, auch wenn dieser Vorgang nach dem Recht des betreffenden Mitglied1 Vgl. EuGH v. 26.5.2005 – Rs. C-465/03 – „Kretztechnik“, ABl. EU 2005 Nr. C 217, 13 = UR 2005, 382, Rz. 35 f.; Abschn. 2.3 Abs. 4 UStAE. 2 EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 – „AB SKF“, UR 2010, 107, Rz. 29–32. 3 EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 – „AB SKF“, UR 2010, 107, Rz. 33. 4 Grebe/Raudszus, UStB 2016, 22, vgl. bei ihnen auch die eingehende Darstellung der Umsatzsteuerpflicht von Leistungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. 5 EuGH v. 13.3.2008 – Rs. C-437/06, BStBl. II 2008, 717, Rz. 27. 6 Tehler in Reiß/Kräusel/Langner, Stand: 4/2015, § 1 UStG Rz. 355. 7 FG BW v. 2.4.1968 – IV 295-298/67, EFG 1968, 488. 8 Vgl. EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 – „AB SKF“, UR 2010, 107, Rz. 29 m.w.N.
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staats – im entschiedenen Fall Deutschland – als Geschäftsveräußerung im Ganzen anzusehen ist. Unter diesen besonderen Umständen sind nach dem EuGH zur Wahrung der Neutralität der Umsatzsteuer die geplanten umsatzsteuerpflichtbesteuerten Umsätze der zu gründenden Kapitalgesellschaft für die Vorsteuerabzugsberechtigung der Vorgründungsgesellschaft zu berücksichtigen1.
25.27 Die in dieser Entscheidung liegende Hintanstellung des grundsätzlich in der Umsatzsteuer geltenden Trennungsprinzips hat der EuGH in seinem Urteil vom 1.3.2012 – Rs. C-280/10 „Polski Trawertyn“ fortgeführt. Demnach erfordert die Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, dass bei Gründung einer Kapitalgesellschaft entweder den Gesellschaftern oder der Kapitalgesellschaft der Vorsteuerabzug für solche Investitionskosten zusteht, die von den Gesellschaftern vor Gründung und Eintragung der Gesellschaft für deren Zwecke und im Hinblick auf deren spätere wirtschaftliche Tätigkeit gemeinsam getragen worden sind. Dies gelte auch dann, wenn die Leistung an die Kapitalgesellschaft steuerfrei ist. Dass die Kapitalgesellschaft nicht über eine auf ihren eigenen Namen, sondern lediglich eine auf den Namen ihrer Gesellschafter ausgestellte Rechnung verfügt, könne in diesem Fall den Vorsteuerabzug nicht hindern2.
25.28 Hingegen hat der EuGH in seinem Urteil vom 13.3.2014 – Rs. C-204/13 „Malburg“ befunden, dass einem GbR-Gesellschafter, der einen Teil des Mandantenstamms der GbR im Rahmen einer Realteilung übernimmt, aus dieser Übertragung kein Vorsteuerabzug zusteht, wenn er den Mandantenstamm einer neu gegründeten GbR unentgeltlich zur Nutzung überlässt. Der EuGH hat dies damit begründet, dass der GbRGesellschafter mit der unentgeltlichen Überlassung des Mandantenstammes an die neu gegründete GbR keine umsatzsteuerbare Leistung erbringe. Das Prinzip der Neutralität der Umsatzsteuer sei lediglich ein Auslegungsgrundsatz, der allein keinen Vorsteuerabzug begründen könne3.
25.29 Die Entscheidungen des EuGH haben in der Literatur ein umfangreiches Echo ausgelöst4. Die Auffassungen und Lösungsansätze weisen in ganz unterschiedliche Richtungen. Festzuhalten bleibt, dass der EuGH in den dargestellten zwei Entscheidungen das umsatzsteuerliche Trennungsprinzip hinter das Ziel der Wahrung der Neutralität der Umsatzsteuer zurückgestellt hat, aber – wie die Entscheidung „Malburg“ zeigt – nicht bereit ist, dies durchgängig zu tun.
25.30 Die getroffenen Entscheidungen sind grundsätzlich auch bei stillen Beteiligungen zu berücksichtigen. Die Doktrin des EuGH in der Rechtssache „Polski Trawertyn“ könnte etwa auch dann Anwendung finden, wenn die Einbringung der Investitionsgüter in die neu zu gründende Kapitalgesellschaft im Rahmen einer an dieser bestehenden stillen Gesellschaft erfolgt. Ob und inwieweit sich die Entscheidungen des EuGH tatsächlich entsprechend verallgemeinern lassen, ist allerdings ungewiss – da 1 EuGH v. 29.4.2004 – Rs. C-137/02 – „Faxworld“, UR 2004, 362, Rz. 42. Übernahme der Rechtsansicht des EuGH durch BFH v. 15.7.2004 – V R 84/99, BStBl. II 2005, 155, Rz. 17; Abschn. 15.2b Abs. 3 Satz 8 UStAE. 2 EuGH v. 1.3.2012 – Rs. C.-280/10, Rz. 31 ff. Vgl. zu dieser Entscheidung eingehend Wäger, UR 2012, 911. 3 EuGH v. 13.3.2014 – Rs. C-204/13 – „Malburg“, UR 2014, 353, Rz. 40 ff. 4 Vgl. Ismer, MwStR 2015, 407; Dziadkowski, UR 2013, 902; Stadie, UR 2012, 337; Sterzinger, DStR 2013, 1309; Klöttschen, BB 2013, 1384.
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sie ihre Begründungen stark auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelsachverhalts abstellen. Insbesondere war in den Entscheidungen „Faxworld“ und „Polski Trawertyn“ die zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung von allen Gesellschaftern empfangen worden, während bei stillen Gesellschaften typischerweise lediglich der stille Gesellschafter die Sachleistungen empfangen und an den Geschäftsinhaber weiterleisten wird1. Dies sollte nach hier vertretener Ansicht einer Anwendung der EuGHDoktrin aber nicht entgegenstehen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Im Vorfeld von Transaktionen ist zu erwägen, sich die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung vorsorglich verbindlich beauskunften zu lassen. b) Rechtsauffassung der deutschen Finanzgerichte und Finanzverwaltung Die deutsche Finanzrechtsprechung und die deutsche Finanzverwaltung wenden jenseits der genannten EuGH-Rechtsprechung das Trennungsprinzip an. Gesellschaft und Gesellschafter werden also als unterschiedliche Steuerpflichtige behandelt, ohne dass zwischen ihnen eine Zurechnung von Tatbestandsmerkmalen stattfände, die der jeweils andere Steuerpflichtige verwirklicht hat2.
25.31
Sacheinlagen bzw. Sacheinbringungen von Gesellschaftern in eine Gesellschaft bzw. Sachausschüttungen einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter sind nach der Auffassung der Rechtsprechung steuerbare Leistungen. Die Leistungen werden im Rahmen eines tauschähnlichen Umsatzes3 entgeltlich ausgeführt, soweit sie als Gegenleistung für die Gewährung von Gesellschafterrechten4, in Abgeltung eines Auseinandersetzungsguthabens5 bzw. gegen die Übernahme von Schulden6 erbracht werden. Es genügt, dass Gutschriften auf dem jeweiligen Gesellschafterkapitalkonto erfolgen und sich hieraus Zahlungsansprüche für den Gesellschafter ergeben oder sich seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Gesellschaft vermindern7; dies gilt auch bei Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft8 bzw. des Geschäftsinhabers. Dass nach der Rechtsprechung des EuGH in der Gewährung von Gesellschafterrechten keine entgeltliche Leistung an die Gesellschafter liegt9, soll der Beurteilung als tauschähnlicher Umsatz nicht entgegenstehen. Der Vorgang sei insoweit aus Sicht der Gesellschaft und aus Sicht des Gesellschafters unterschiedlich zu beurteilen10.
25.32
1 Vgl. Wäger, UR 2012, 911 (914). 2 Vgl. BFH v. 16.3.1993 – XI R 52/90, BStBl. II 1993, 562, Rz. 16. 3 BFH v. 15.5.1997 – V R 67/94, BStBl. II 1997, 705, Rz. 16, 19 (mit Ausführungen zur Bemessung des Entgelts in diesem Fall). 4 BFH v. 18.12.2008 – V R 73/07, BStBl. II 2009, 612, Rz. 35 f.; BFH v. 13.11.2003 – V R 79/01, BStBl. II 2004, 375, Rz. 33 m.w.N.; Abschn. 1.6 Abs. 2 Satz 4 UStAE. Zweifelnd Wäger, UR 2008, 69 (73), soweit einem Gesellschafter, der vermögensmäßig bereits alleinig an einer Gesellschaft beteiligt ist, weitere Gesellschafterrechte gewährt werden, da bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise von einer Gegenleistung dann nicht gesprochen werden könne. 5 BFH v. 5.6.2013 – XI B 116/12, BFH/NV 2013, 1640, Rz. 26 f. 6 BFH v. 15.5.1997 – V R 67/94, BStBl. II 1997, 705, Rz. 16 f. Entscheidend ist die wirtschaftliche Entlastung des Gesellschafters von den Schulden, die zivilrechtliche Ausgestaltung ist unerheblich. 7 BFH v. 18.12.2008 – V R 73/07, BStBl. II 2009, 612, Rz. 35. 8 BFH v. 16.3.1993 – XI R 52/90, BStBl. II 1993, 562, Rz. 14. 9 EuGH v. 26.6.2003 – Rs. C-442/01 – „KapHag“, UR 2003, 443, Rz. 41 ff. 10 BFH v. 13.11.2003 – V R 79/01, BStBl. II 2004, 375, Rz. 35 f. unter Berufung auf Reiß, UR 2003, 428 (435, 437).
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25.33 Die Umsatzsteuerbarkeit der Sachleistung hängt weiterhin davon ab, ob sie von einem Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt wird. Für die Begründung einer unternehmerischen Tätigkeit genügt hierbei nicht bereits, ein Einzelunternehmen mit dem Ziel zu erwerben, es unmittelbar in eine Personengesellschaft einzubringen1. Hingegen kann die Einbringung erheblichen Sachanlagevermögens in mehrere Gesellschaften die Unternehmereigenschaft des einbringenden Gesellschafters begründen2.
25.34 Selbst bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen ist eine Sacheinbringung nicht umsatzsteuerbar, wenn es sich bei ihr um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handelt. Die Sachleistung kann zudem steuerfrei sein, z.B. bei Leistung von Wertpapieren bzw. Anteilen an Gesellschaften oder bei Leistungen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, vgl. § 4 Nr. 8 Buchst. e und f sowie Nr. 9 Buchst. a UStG. Bei der Einbringung von Sachgesamtheiten ist zu beachten, dass diese in Gänze oder auch nur in Teilen steuerfrei sein können3.
25.35 Die dargestellte Rechtsprechung gewährleistet die allgemeine Besteuerung des Verbrauchs, vielfach aber nicht die Neutralität der Umsatzsteuer – etwa dann, wenn ein Nichtunternehmer einen Investitionsgegenstand in eine Gesellschaft einbringt. Gleiches gilt bei Erbringung einer Sachleistung im Wege der verdeckten Einlage, weil diese nicht Gewährung von Gesellschafterrechten begründet und daher unentgeltlich erfolgt4. Nach Auffassung der Finanzverwaltung steht der empfangenden Gesellschaft deswegen in beiden Fällen kein Vorsteuerabzug zu5. Wirtschaftlich vergleichbare bzw. sehr nah beieinander liegende Vorgänge werden damit unter Umständen umsatzsteuerlich völlig unterschiedlich behandelt. Insgesamt ist die Rechtsprechung eine Herausforderung für und zur Steuergestaltung.
25.36 Wäger hat in Anschluss an die EuGH-Entscheidung „Polski Trawertyn“ eine Alternativkonzeption unterbreitet, welche die umsatzsteuerliche Neutralität von Sacheinlagen und Sacheinbringungen konsistenter und einfacher als die bisherige Rechtsprechung gewährleisten würde. Würde in Anschluss an die EuGH-Entscheidung „KapHag“ die Entgeltlichkeit von Sacheinlagen und Sacheinbringungen aufgegeben und würde in Anschluss an die Entscheidung „Polski Trawertyn“ generell in gewissem Umfang von einer einheitlichen wirtschaftlichen Tätigkeit von Gesellschaftern und Gesellschaft ausgegangen, könnten Sacheinlagen und Sacheinbringungen generell – auch in Hinblick auf § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 UStG – als nicht umsatzsteuerbar behandelt werden und zugleich der Gesellschaft der Vorsteuerabzug aus den von den Gesellschaftern empfangenen Leistungen eröffnet werden6. Es erscheint indes offen, ob die Rechtsprechung in Zukunft diesen Weg einschlägt. Wäger konzediert selbst,
1 BFH v. 15.1.1987 – V R 3/77, BStBl. II 1987, 512, Rz. 36 ff.; bestätigend zitiert durch BFH v. 24.8 2006 – V B 167/04, BFH/NV 2007, 280, Rz. 17. 2 BFH v. 6.10.2005 – V R 7/04, BFH/NV 2006, 834, Rz. 15. 3 Vgl. zur Notwendigkeit, bei Sacheinbringungen zwischen verschiedenen Teilen der Leistung zu differenzieren BFH v. 13.11.2003 – V R 79/01, BStBl. II 2004, 375, Rz. 37 f. 4 Vgl. BFH v. 18.12.2008 – V R 73/07, BStBl. II 2009, 612, Rz. 35; Wäger, UR 2008, 69 (73). 5 Abschn. 3.2. Abs. 2 Satz 5, 6 UStAE; Wäger, UR 2008, 69 (73); a.A. Radeisen in Schwarz/Widmann/Radeisen, Stand: 4/2013, § 1 UStG Rz. 264. 6 Wäger, UR 2012, 911 (915 f.).
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dass der EuGH in der Entscheidung „Polski Trawertyn“ in Anschluss an die bisherige Rechtsprechung ohne Weiteres die Entgeltlichkeit der Sacheinlage unterstellt hat1. 3. Leistungen gegen Sonderentgelt Steuerbar können auch Leistungen zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter während des Bestehens der stillen Gesellschaft sein, sofern sie sich nicht lediglich in der Leistung von Geld erschöpfen. Der Bereich denkbarer Leistungen ist weit: das Eingehen eines Wettbewerbsverbots2 oder ein Tätigwerden im Interesse des jeweils anderen Gesellschafters können genügen3.
25.37
Wie solche Leistungen zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter umsatzsteuerlich zu würdigen sind, entscheidet sich maßgeblich danach, inwieweit sie als Gesellschaftsbeitrag, gegen (Sonder-)Entgelt oder unentgeltlich erbracht werden4. Maßstab hierfür ist weder die von den Beteiligten gewählte Bezeichnung, noch, ob sie auf schuld- oder gesellschaftsvertraglicher Grundlage (causa) erfolgen5. Auch im Rahmen von Gesellschaftsverträgen können (Sonder-)Entgelte i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vereinbart werden. Ebenso ist die bilanzielle Behandlung der Leistungen als Aufwand oder Gewinnverteilung lediglich von indizieller Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit zwischen Leistung und Zahlung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht6. Kennzeichnend für das Verhältnis des Beitrags eines Gesellschafters und seinem Gewinnanteil ist dabei, dass dieser unmittelbare Zusammenhang fehlt, soweit der Gewinnanteil – wie regelmäßig – eine Ergebnisgröße für einen bestimmten Zeitraum ist, die von einer Vielzahl von Faktoren und damit zumindest teilweise „vom Zufall abhängt“ und deswegen nicht unmittelbar mit der Erbringung des Beitrags des betreffenden Gesellschafters korreliert7. Nicht jede gewinnabhängige Vergütung schließt mithin ein (Sonder-)Entgelt i.S. des UStG aus, sondern nur solche Vergütungen, die nicht mit einer Leistungserbringung durch den betreffenden Gesellschafter – unmittelbar – zusammenhängen8.
25.38
In welcher Form – als Gesellschafterbeitrag, als Leistung gegen (Sonder-)Entgelt oder in unentgeltlicher Form – Leistungen erbracht werden, können die Beteiligten grundsätzlich frei gestalten9. Die Gestaltungsmöglichkeiten, die hier bestehen, führt der UStAE am Beispiel einer Beratungsgesellschaft vor, die verschiedene Beratungsstellen betreibt, an denen ortsansässige Berater jeweils atypisch still beteiligt werden. Sind diese neben ihrer Kapitalbeteiligung zur Erbringung ihrer Arbeitskraft als Einlage verpflichtet und erhalten sie für ihre Tätigkeit einen Vorabgewinn, der handelsrechtlich
25.39
1 2 3 4 5 6 7
Wäger, UR 2012, 911 (915). BFH v. 13.11.2003 – V R 59/02, BStBl. II 2004, 472, Rz. 23. Vgl. Wäger, UR 2008, 69 (74 f.) m.w.N. BFH v. 18.12.1996 – XI R 12/96, BStBl. II 1997, 374, Rz. 20 m.w.N.; Abschn. 1.6 Abs. 1 UStAE. BFH v. 10.5.1990 – V R 47/86, BStBl. II. 1990, 757, Rz. 21 m.w.N. BFH v. 11.6.2015 – V B 140/14, BFH/NV 2015, 1442, Rz. 4 m.w.N. EuGH v. 27.9.2001 – Rs. C-16/00 – „Cibo Participations“, UR 2001, 500, Rz. 43 ff.; EuGH v. 14.11.2000 – Rs. C-142/99 – „Floridienne und Berginvest“, UR 2000, 530, Rz. 23. 8 BFH v. 11.6.2015 – V B 140/14, BFH/NV 2015, 1442, Rz. 4; BFH v. 16.3.1993 – XI R 44/90, BStBl. II 1993, 529, Rz. 17; BFH v. 10.5.1990 – V R 47/86, BStBl. II 1990, 757, Rz. 21. 9 BFH v. 18.12.1996 – XI R 12/96, BStBl. II 1997, 374, Rz. 20 m.w.N.
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auch nicht als Aufwand behandelt wird, liegt ein nicht umsatzsteuerbarer Gewinnanteil vor. Um ein potentiell umsatzsteuerbares Sonderentgelt handelt es sich hingegen, wenn die atypischen stillen Gesellschafter im Rahmen von Niederlassungsleiter-Anstellungsverträgen eine Vergütung erhalten, die handelsrechtlich als Aufwand behandelt werden muss1.
25.40 Erhalten nach dem Gesellschaftsvertrag der Geschäftsinhaber oder der stille Gesellschafter (etwa für die Mitgliedschaft in einem Beirat) für bestimmte Leistungen Ersatz ihrer Aufwendungen, liegt ebenfalls die Vereinbarung eines (Sonder-)Entgelts vor. Wann die Finanzverwaltung im Einzelnen von einem Sonderentgelt ausgeht und wann nicht, entfaltet der UStAE in einer umfangreichen Kasuistik2. Unter gestalterischen Gesichtspunkten bieten sich insbesondere entgeltliche Nutzungsüberlassungen und Geschäftsführungstätigkeiten an, um Gesellschaftern eine unternehmerische Tätigkeit zu verschaffen.
V. Veräußerung der stillen Beteiligung
25.41 Veräußert der stille Gesellschafter seine Beteiligung an einen Dritten3, liegt hierin ein steuerbarer Umsatz, soweit die Veräußerung im Rahmen des Unternehmens des stillen Gesellschafters erfolgt4. Maßgeblich hierfür ist wiederum, ob die Beteiligung zuvor seinem Unternehmen zugeordnet war5. Ist die Veräußerung steuerbar, erfolgt sie gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG bei allen Arten von stillen Gesellschaften steuerfrei6 mit der Folge des Vorsteuerausschlusses gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG. Der Veräußerer kann gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerfreiheit verzichten.
1 Vgl. Abschn. 1.6 Abs. 4 Beispiele 3 und 5 UStAE. 2 Abschn. 1.6 Abs. 4 Beispiele 3 und 5 UStAE. 3 Vgl. zur Anteilsveräußerung allgemein: Englisch/Friedrich-Vache, Umsatzsteuerliche Aspekte der Anteilsveräußerung, Berlin 2011. 4 Nach der Rspr. des EuGH ist die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen umsatzsteuerlich wie der Erwerb solcher Beteiligungen zu beurteilen, vgl. EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 – „AB SKF“, UR 2010, 107, Rz. 29; EuGH v. 26.5.2005 – Rs. C-465/03 – „Kretztechnik“, UR 2005, 382, Rz. 19 m.w.N.; Englisch/Friedrich-Vache, Umsatzsteuerliche Aspekte der Anteilsveräußerung, S. 12 f. 5 Vgl. EuGH v. 29.10.2009 – Rs. C-29/08 – „AB SKF“, UR 2010, 107, Rz. 29 (für die Umstrukturierung einer Führungsholding); Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, Stand: 4/2016, § 33a Rz. 161; Friedrich-Vache, EU-UStB 2011, 33 (34 f.); v. Streit, UR 2012, 904 (906 ff.); a.A. anscheinend Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, Stand: 4/2015, § 1 UStG Rz. 355. Vgl. zum Meinungsstand vor Ergehen der EuGH-Entscheidung „AB SKF“: FG Düsseldorf v. 10.7.2009 – 5 K 150/06 U, EFG 2009, 2070, Rz. 42 m.w.N. 6 Huschens in Schwarz/Widmann/Radeisen, Stand: 10/2008, § 4 Nr. 8f UStG Rz. 5; vgl. auch: Sobotta in Reiß/Kraeusel/Langer, Stand: 2/2012, § 4 UStG Nr. 8 Rz. 102. Enger: BFH v. 14.12.1995 – V R 11/94, BStBl. II 1996, 250, Rz. 13; FG Berlin v. 8.10.1985 – VII 503/82, EFG 1986, 470 (jeweils beschränkt auf atypische stille Beteiligungen an einer Publikums-KG); ebenso wohl Heidner in Bunjes, § 4 UStG Rz. 47; a.A. Stadie in Stadie, § 4 Nr. 8 UStG Rz. 28, der die Steuerbefreiung § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG entnimmt; vgl. dagegen aber BFH v. 19.3.1970 – V R 137/69, BStBl. II 1970, 602, Rz. 9.
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VI. Zusammenfassung Im Rahmen der Umsatzsteuer sind lediglich der Geschäftsinhaber und ggf. der stille Gesellschafter Unternehmer und damit subjektiv steuerpflichtig, mangels Auftretens im Geschäftsverkehr hingegen nicht die stille Gesellschaft selbst. Die ertragsteuerlich bedeutsame Unterscheidung zwischen typischen und atypischen stillen Gesellschaften hat umsatzsteuerlich daher keine Bedeutung. Für die Umsatzsteuerpflichten des Geschäftsinhabers hat der stille Gesellschafter im Außenverhältnis nicht einzustehen, sie beeinflussen lediglich im Innenverhältnis den Gewinn- und Verlustanteil des stillen Gesellschafters. Die Einräumung einer stillen Beteiligung berührt die Vorsteuerabzugsberechtigung des Geschäftsinhabers nicht. Aufwendungen für die Einräumung der stillen Beteiligung berechtigen den Geschäftsinhaber – ggf. anteilig – zum Vorsteuerabzug. Der Erwerb und das Halten einer stillen Beteiligung begründen für den stillen Gesellschafter nur unter besonderen Voraussetzungen eine unternehmerische Tätigkeit; nur unter diesen Voraussetzungen ist für ihn ein Vorsteuerabzug für die Aufwendungen gegeben, welche er für den Erwerb und das Halten der stillen Beteiligung getätigt hat. Geldleistungen, die zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter im Zuge einer stillen Beteiligung erbracht werden, sind nicht umsatzsteuerbar; bei anderen Leistungen ist die Rechtslage sorgfältig zu prüfen und ggf. zweckmäßig zu gestalten.
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25.42
§ 26 Ausgewählte Fragen zum Umwandlungssteuerrecht Schrifttum: Bilitewski, Andrea/Heinemann, Mark D., Die Beschränkung des „sonstigen Gegenleistung“ in Einbringungsfällen nach dem Entwurf der Bundesregierung zum ProtErklUmsG vom 27.3.2015, Ubg 2015, 513; Ettinger, Jochen/Mörz, Mathias, Ausgewählte Problemfelder und praktische Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit den §§ 20, 21 und 24 UmwStG durch das Steueränderungsgesetz 2015, GmbHR 2016, 154; Haarmann, Wilhelm, Ist die Eingehung einer atypisch stillen Gesellschaft neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten eine für die Buchwertfortführung schädliche sonstige Gegenleistung bei Einbringungen gem. §§ 20 ff. UmwStG nach dem Regierungsentwurf vom 27. März 2015?, DStZ 2015, 438; Hageböke, Jens, Umwandlung der Beteiligung des Komplementärs einer KGaA in eine atypisch stille Beteiligung, DB 2010, 1611; Oenings, Christoph, Gewerbesteuerliche Verlustverrechnung – Unternehmeridentität i.S. des § 10a GewStG bei atypisch stiller Gesellschaft, DStR 2008, 279; Ott, Hans, Sonstige Gegenleistungen bei Einbringungen nach den §§ 20, 21 und 24 UmwStG, StuB 2015, 909; Ritzer, Claus/Stangl, Ingo, Geplante Änderungen im Konzernsteuerrecht durch das ProtErklUmsG, DStR 2015, 849; Rödder, Thomas, Zur geplanten Neuregelung für andere Gegenleistungen bei Einbringungen in Kapitalgesellschaften, Ubg 2015, 329; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die atypisch stille Beteiligung an GmbH, GmbH & Co. KG, StBP 2015, 221; Suchanek, Markus, Die atypisch stille Gesellschaft im Umwandlungsfall, Ubg 2012, 431.
26.1 Gegenstand dieses Kapitels ist die steuerliche Behandlung stiller Gesellschaften im Rahmen von Umwandlungen. Die zivilrechtlichen Grundlagen hierzu sind in § 18 abgehandelt worden.
I. Gründung atypisch stiller Gesellschaften 1. Inhalt und Funktion des § 24 UmwStG 2006 a) Überblick
26.2 Die stille Gesellschaft kommt weder als aufnehmender noch als übertragender Rechtsträger i.S. des UmwG in Betracht. Gründungsvorgänge vollziehen sich vielmehr ausschließlich im Wege der Einzelrechtsnachfolge durch Übertragung in das Vermögen des Geschäftsinhabers (siehe im Einzelnen Rz. 7.7)1. Werden Sachgesamtheiten (Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil) zur Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft als Beitragsleistung eingebracht, liegt hierin eine Veräußerung in Form eines tauschähnlichen Vorgangs gemäß § 16 EStG, da der Einbringende als Gegenleistung einen Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft erhält. Die Regelung des § 24 UmwStG 2006 ist eine an diesen Vorgang anknüpfende Bewertungsvorschrift, die im Achten Teil des UmwStG 2006 geregelt ist und auf die von § 1 Abs. 3 UmwStG erfassten Umwandlungen Anwendung findet. Wird durch einen Übertragungsvorgang ein Realisationstatbestand verwirklicht, ermöglicht die Regelung durch Antragstellung und Wahlrechtsausübung den Ansatz der Buchwerte oder eines Zwischenwerts für das übergehende Betriebsvermögens (siehe § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 bei der aufnehmenden Mitunternehmerschaft statt des gemeinen Werts als Regelwert).
1 Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 133.
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§ 26 Umwandlungssteuer
Das Wahlrecht setzt gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG voraus, dass ein Betrieb oder Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil in eine Personengesellschaft eingebracht wird und der Einbringende Mitunternehmer der Gesellschaft wird (§ 24 Abs. 1 UmwStG 2006)1. Die Personengesellschaft hat gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Bilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Abweichend von Satz 1 kann das übernommene Betriebsvermögen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG auf Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem Wert i.S. des Satzes 1, angesetzt werden, soweit das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des eingebrachten Betriebsvermögens nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UmwStG) und der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen Gesellschaftsanteilen gewährt werden (sog. Mischentgelte), nicht mehr beträgt als 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder 500 000 Euro, höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG). Erhält der Einbringende neben den neuen Gesellschaftsanteilen höhere sonstige Gegenleistungen, ist das eingebrachte Betriebsvermögen abweichend von Satz 2 mindestens mit dem gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistungen anzusetzen, wenn dieser den sich nach Satz 2 ergebenden Wert übersteigt.
26.3
§ 24 Abs. 3 UmwStG regelt die Bindungswirkung des Wertansatzes bei der Personengesellschaft für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns des Einbringenden gemäß § 16 Abs. 1 EStG. § 24 Abs. 4 UmwStG verweist auf die Vorschrift des § 23 UmwStG, der hierdurch Vorgaben für die Fortführung der Wertansätze des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Personengesellschaft enthält. § 24 Abs. 5 UmwStG beinhaltet eine Missbrauchsvorschrift und § 24 Abs. 6 UmwStG regelt durch Verweis auf § 20 Abs. 9 UmwStG die Möglichkeit rückwirkender Einbringungen.
26.4
b) Einzelfragen zur Ausübung des Bewertungswahlrechts gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG Die aufnehmende Personengesellschaft (hier: atypisch stille Gesellschaft) hat das eingebrachte Betriebsvermögen in ihrer Schlussbilanz einschließlich der Ergänzungsbilanzen für ihre Gesellschafter mit dem gemeinen Wert anzusetzen; für die Bewertung von Pensionsrückstellungen gilt § 6a EStG. Abweichend von Satz 1 kann gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG das übernommene Betriebsvermögen auf Antrag mit dem Buchwert oder einem Zwischenwert angesetzt werden, soweit die in § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 UmwStG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Das Gesetz sieht als erforderliche Komponenten zur Ausübung des Wahlrechts sowohl einen Antrag der aufnehmenden Gesellschaft als auch den gewollten Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens in der Schlussbilanz als Voraussetzungen an. Im Anwendungserlass des BMF zum UmwStG (dem UmwStE 2011) vom 11.11.20112 unterscheidet das BMF ebenfalls zwischen dem Antrag der Gesellschaft, Buch- oder Zwischenwerte anzusetzen und der Abgabe der in § 24 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG angesprochenen Schlussbilanz. Für die Wahlrechtsausübung gilt gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG entsprechend. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG bestimmt, dass 1 Behandelt wird die durch das StÄndG 2015 v. 2.11.2015 behandelte Fassung der Norm. 2 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314.
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26.5
§ 26 Umwandlungssteuer
der Antrag spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen ist. c) Ausübungsberechtigter
26.6 Gesellschaftsrechtlich steht die Ausübung des Wahlrechts in § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG der übernehmenden Personengesellschaft, d.h. der atypisch stillen Gesellschaft und nicht dem einbringenden Gesellschafter zu. Der Antrag ist im Namen der Gesellschaft beim zuständigen Finanzamt zu stellen (§ 24 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG)1. Einbringender ist in der Regel der Geschäftsinhaber, wenn das ihm zivilrechtlich gehörende Betriebsvermögen in das Quasi-Gesamthandsvermögen der Innengesellschaft übergeht. Der Geschäftsinhaber wird aber in der Regel im Innenverhältnis zur Antragstellung beauftragt sein. d) Maßgebliche Schlussbilanz
26.7 Das Bewertungswahlrecht wird durch den Ansatz in der Steuerbilanz der übernehmenden Personengesellschaft beim Finanzamt ausgeübt (laut § 24 Abs. 2 UmwStG: „Schlussbilanz“). Maßgebliche „Schlussbilanz“ i.S. des § 24 Abs. 2 UmwStG ist die Schlussbilanz des aufnehmenden Rechtsträgers – hier der atypisch stillen Gesellschaft – für das Wirtschaftsjahr, in dem die Einbringung stattfindet (§ 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG, § 24 Abs. 2 Satz 3 UmwStG)2. Bei der atypisch stillen Gesellschaft darf eine solche Steuerbilanz aufgestellt werden (siehe Rz. 22.25 ff.). Für die Feststellung, zu welchem Wert das Bewertungswahlrecht ausgeübt worden ist, ist der kumulierte Ansatz des übergehenden Betriebsvermögens in der Quasi-Gesamthandsbilanz, den Ergänzungsbilanzen und ggf. den Sonderbilanzen maßgebend. Fallen der steuerliche Übertragungsstichtag und der Bilanzstichtag auf denselben Tag, ist für einen Buchwertansatz die allgemeine steuerliche Schlussbilanz auf diesen Tag maßgebend3. e) Antragstellung
26.8 Der Antrag der aufnehmenden Gesellschaft, für das eingebrachte Betriebsvermögen Buch- oder Zwischenwerte ansetzen zu können, ist eine zusätzliche Voraussetzung für die Ausübung des Bewertungswahlrechts. Der Antrag ist bei dem für die atypisch stille Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Nur wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 UmwStG hinsichtlich des Einbringungsgegenstands 1 BFH v. 9.12.2010 – VIII B 151/09, BFH/NV 2011, 437. 2 Es war streitig, ob eine zu Buchwerten aufgestellte Bilanz zum Jahresende bei gewolltem Buchwertansatz die steuerliche Schlussbilanz i.S. der §§ 20 Abs. 2, 24 Abs. 2 UmwStG ist oder ob, wie in Tz. 03.29 vorausgesetzt, eine spezifische umwandlungssteuerliche Schlussbilanz (wie bei §§ 3, 11, 15 ff. UmwStG, sog. Zweibilanzentheorie – siehe auch das BFH v. 20.8.2015 – IV R 34/12, BFH/NV 2016, 43 für Stichtage vor dem 13.12.2006) aufzustellen ist (vgl. etwa Rogall/ Gerner in FGS/BDI, UmwStE 2011, Tz. 24.03, S. 501). Weder das UmwStG noch der UmwStE 2011 gehen für Einbringungen gemäß §§ 20, 24 UmwStG nach mittlerweile einheitlicher Auffassung der Finanzverwaltung und des Schrifttums davon aus, dass die „Schlussbilanz“ i.S. des § 24 Abs. 2 UmwStG eine spezifische steuerliche Umwandlungsbilanz ist (siehe BayLfSt v. 11.11.2014 – S 1978d.2.1-17/10 St32, GmbHR 2014, 1342). 3 BayLfSt v. 11.11.2014 – S 1978d.2.1-17/10 St32, GmbHR 2014, 1342.
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§ 26 Umwandlungssteuer
und der Gewährung von Gesellschaftsrechten erfüllt sind, kann der Antrag gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG Wirksamkeit entfalten. Für die Einbringungen gemäß §§ 20 ff., 24 UmwStG lässt sich den Tz. 20.18, 24.03 UmwStE 20111 die Auffassung der Finanzverwaltung zu den maßgeblichen Auslegungsfragen entnehmen. Der UmwStE 2011 verlangt eine eindeutige Willensäußerung der aufnehmenden Gesellschaft, ob Buchoder Zwischenwerte für den Einbringungsgegenstand angesetzt werden sollen. Eine Voll- oder Teilrealisierung der stillen Reserven kann nur einheitlich bezogen auf das gesamte übergehende Betriebsvermögen beantragt werden2. Der Antrag kann ausdrücklich oder konkludent (durch Abgabe der Steuererklärung mit einer Bilanz, die der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt wird) erfolgen3. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die ausschließliche Abgabe einer Bilanz im Zweifel aber kein konkludenter Antrag und käme jede Antragstellung nach Eingang der Schlussbilanz beim Finanzamt zu spät. Wird der Antrag vor Abgabe der relevanten Schlussbilanz gestellt, ist die Antragstellung unwiderruflich, d.h. in einer später abzugebenden Bilanz oder innerhalb der verfahrensrechtlich offenen Veranlagung kann das Betriebsvermögen beim übernehmenden Rechtsträger nicht abweichend vom Ansatz laut Antragstellung angesetzt werden. Dies steht in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung4. Zudem ist die Antragstellung bedingungsfeindlich (Tz. 24.03, 20.18 des UmwStE 2011).
26.9
f) Antragsfrist Der Antrag ist nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG „spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Schlussbilanz“ zu stellen. Verspätete Anträge auf Buch- oder Zwischenwertansatz sind nach Auffassung des BMF unbeachtlich, d.h. in diesen Fällen kommt es zum Ansatz des gemeinen Werts als Regelwert (siehe § 24 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Die Finanzverwaltung scheint dies jedoch großzügig zu handhaben5: Liegt der steuerliche Übertragungsstichtag vor dem Bilanzstichtag, gibt die übernehmenden Kapital- bzw. Personengesellschaft lediglich die Steuerbilanz i.S. der §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG auf den Bilanzstichtag ohne weitere Erklärung ab und bestehen hinsichtlich der Ausübung des Wahlrechts Zweifel, so ist die Gesellschaft aufzufordern, sich zur Ausübung des Bewertungswahlrechts i.S. der §§ 20 Abs. 2 Satz 2, 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ausdrücklich zu äußern. Erst wenn von der übernehmenden Gesellschaft bzw. Personengesellschaft keine Antwort erfolgt, ist nach der zitierten Verwaltungsanweisung davon auszugehen, dass kein Antrag auf einen abweichenden Wertansatz gestellt wird und der gemeine Wert für das eingebrachte Betriebsvermögen anzusetzen sein soll.
26.10
26.11–26.12
frei
1 BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 2 Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz. 109, 111; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 371 (Stand Juni 2012). 3 BayLfSt v. 11.11.2014 – S 1978d.2.1-17/10 St32-, GmbHR 2014, 1342. 4 BFH v. 28.5.2008 – I R 98/06, BStBl. II 2008, 916. Im Vorentwurf des UmwStE 2011 v. 30.4.2010 war noch eine Regelung enthalten, dass ein vor der Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz gestellter Antrag widerrufen werden konnte. Diese Regelung ist im UmwStE 2011 gestrichen worden (vgl. Pyzska, DStR 2013, 693). 5 BayLfSt v. 11.11.2014 – S 1978d.2.1-17/10 St32, GmbHR 2014, 1342.
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§ 26 Umwandlungssteuer
2. Gründung einer atypisch stillen Gesellschaft durch Bar- oder Sacheinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers a) Problemfelder
26.13 Die atypisch stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft und Mitunternehmerschaft, deren Quasi-Gesellschaftsvermögen einerseits aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft, das im Innenverhältnis dem Geschäftsinhaber und dem atypisch stillen Gesellschafter als Mitunternehmern zuzurechnen ist, und andererseits aus dem Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter bei der Innengesellschaft als Mitunternehmerschaft besteht (siehe Rz. 22.31 ff.; 22.40 ff.). Leistet der atypisch Stille anlässlich der Gründung eine Bar- oder Sacheinlage in das Vermögen des Geschäftsinhabers, um die Innengesellschaft zu errichten, kommt es ohne zivilrechtliche Vollrechtsübertragung aus ertragsteuerlicher Sicht zum Übergang des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Innengesellschaft. Die Anwendbarkeit des § 24 UmwStG in diesen Fällen wird unter Rz. 26.14 ff. abgehandelt. Wird eine Sachgesamtheit (Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil) in eine Kapital- oder Personengesellschaft eingebracht und hierfür dem Einbringenden ein Mischentgelt in Form von Gesellschaftsrechten am aufnehmenden Rechtsträger und der Einräumung einer Stellung als atypisch stiller Gesellschafter gewährt, ist die durch das StÄndG 2015 eingeführte Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG eingeführte Beschränkung des Antragswahlrechts zu prüfen. Dies wird unter Rz. 26.73 f. behandelt. b) Gründung eines Einzelunternehmens & atypisch Still aa) Realisationstatbestand
26.14 Die atypisch stille Beteiligung eines Dritten an einem Einzelunternehmen mit dem „Übergang“ des Betriebsvermögens des Einzelunternehmens in die atypisch stille Innengesellschaft löst keinen zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel aus. Der Einzelunternehmer bleibt Eigentümer des Betriebsvermögens. Unabhängig von der Frage, ob das Bewertungswahlrecht des § 24 Abs. 2 UmwStG auf diesen Vorgang anwendbar ist, stellt sich vorgelagert die Frage, ob der ertragsteuerliche Zuordnungswechsel einen Realisationstatbestand in Form eines tauschähnlichen Vorgangs (siehe Rz. 26.2) verwirklicht. Dies ist zu bejahen. Der Einzelunternehmer als Geschäftsinhaber setzt die Wirtschaftsgüter seines Betriebsvermögens ein, um eine Mitunternehmerstellung in der atypisch stillen Gesellschaft zu erhalten. Zugleich leistet der atypisch stille Gesellschafter seine Sach- oder Geldeinlage in die Innengesellschaft, die dem Kapitalkonto in der Innengesellschaft gutgeschrieben und als Einlage in das Quasi-Gesamthandsvermögen verstanden wird. Nach dem Zuordnungswechsel des Betriebsvermögens in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Innengesellschaft partizipiert der Stille an den stillen Reserven.
26.15 Ertragsteuerlich weist der Gründungsvorgang damit eine Nähe zu der Aufnahme eines Gesellschafters in ein Einzelunternehmen gegen Leistung einer Einlage in das (zukünftige) Gesamthandsvermögen auf. Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters gegen eine Einlage in das Gesamthandsvermögen stellt nach allgemeiner Meinung eine teilweise Veräußerung der Wirtschaftsgüter des Einzelunternehmens dar, die vollzogen wird, indem der Einzelunternehmer seinen Betrieb teilweise für eigene und 776 Levedag
§ 26 Umwandlungssteuer
teilweise für fremde Rechnung in die neu entstehende Personengesellschaft einbringt. Der Veräußerungsvorgang gemäß § 16 EStG als Anknüpfungspunkt für das Bewertungswahlrecht des § 24 Abs. 2 UmwStG findet nicht im Verhältnis des bisherigen Einzelunternehmers zum Neugesellschafter1, sondern im Verhältnis des Einzelunternehmers zur neu entstehenden Personengesellschaft statt2. Auf diesen Tausch des Betriebsvermögens des Einbringenden (Geschäftsinhabers) gegen die Gewährung einer Mitunternehmerstellung in der neu entstehenden atypisch stillen Innengesellschaft findet § 24 Abs. 1 UmwStG nach allgemeiner Meinung Anwendung, so dass der Vorgang bei entsprechender Ausübung des Wahlrechts vollständig zum Buchwert ohne Aufdeckung stiller Reserven oder unter Aufstockung zum Zwischenwert erfolgen kann (siehe zur Wahlrechtsausübung Rz. 26.5 ff.). Die vorbeschriebene „Aufnahme eines Neugesellschafters in ein Einzelunternehmen gegen eine Einlage“ ist von den sog. Zuzahlungsfällen abzugrenzen, in denen der Neugesellschafter für die Aufnahme eine Gegenleistung in das Privatvermögen oder ein anderes Betriebsvermögen des Einzelunternehmers leistet. Der BFH nimmt in den Zuzahlungsfällen eine Vermögensverschiebung und damit einen Veräußerungsvorgang gemäß § 16 EStG zwischen den Gesellschaftern an3. Neben diesem verwirklichten Veräußerungsvorgang gemäß § 16 EStG findet eine Einbringung des Betriebsvermögens durch den Einzelunternehmer teilweise für eigene und teilweise für fremde Rechnung in die neu entstehende Personengesellschaft statt, wobei die anteilige Aufdeckung der stillen Reserven durch den Einzelunternehmer aufgrund des Veräußerungsvorgangs – anders als bei der Aufnahme gegen Einlage – nicht durch eine Ergänzungsbilanz neutralisiert werden kann4.
26.16
bb) Übergang des Betriebsvermögens in das Quasi-Gesamthandsvermögen Wie bereits unter Rz. 26.15 angedeutet, unterfällt die Aufnahme gegen eine Einlage des Eintretenden in das Gesellschaftsvermögen5 der neu entstehenden Personengesellschaft dem Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG6. 1 Vgl. grundlegend BFH v. 15.7.1976 – I R 17/74, BFHE 119, 285 = BStBl. II 1976, 748; ebenso z.B. BFH v. 17.3.1987 – VIII R 293/82, BFHE 149, 454 = BStBl. II 1987, 558. 2 Vgl. BFH v. 11.12.2001 – VIII R 58/98, BFHE 197, 411 = BStBl. II 2002, 420; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 13/04, BStBl. II 2008, 545 m.w.N. und zur disquotalen Einlage das BFH v. 25.4.2006 – VIII R 52/04, BStBl. II 2006, 847. 3 Siehe zum Eintritt in ein Einzelunternehmen gegen Zuzahlung BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123 sowie zur Aufnahme in eine Personengesellschaft BFH v. 17.9.2014 – IV R 33/11, BFHE 248, 121 = BStBl. II 2015, 717; BFH v. 27.10.2015 – VIII R 47/12, DStR 2016, 292. 4 BFH v. 18.10.1999 – GrS 2/98, BStBl. II 2000, 123; BFH v. 17.9.2014 – IV R 33/11, BFHE 248, 121 = BStBl. II 2015, 717; BFH v. 27.10.2015 – VIII R 47/12, DStR 2016, 292; Tz. 01.47, 24.08, 24.11 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 5 Die Bar- oder Sacheinlage muss im Gesellschaftsvermögen verbleiben. Erfolgen im Anschluss an eine Aufnahme gegen Einlage Entnahmen des Einzelunternehmers/Altgesellschafters oberhalb des ihm nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zustehenden Gewinns, kann der Vorgang in eine verdeckte Zuzahlung ins Privatvermögen einzuordnen sein, vgl. Tz. 24.11 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 6 Allgemeine Meinung, siehe Tz. 01.47 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314; aus der Kommentarliteratur Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 1 UmwStG Rz. 231c; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 1 UmwStG Rz. 104; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 1 UmwStG Rz. 177 (Stand: Februar 2007).
Levedag
777
26.17
§ 26 Umwandlungssteuer
26.18 § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG gilt nach einhelliger Meinung auch für den Übergang des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers (Einzelunternehmers) in das Quasi-Betriebsvermögen der atypisch stillen Innengesellschaft gegen Gewährung eines Mitunternehmeranteils. Einbringungsgegenstand ist der Betrieb oder bei Beteiligung des atypisch Stillen an einer Sparte des Unternehmens, die als Teilbetrieb anzusehen ist, dieser Teilbetrieb des Einzelunternehmers als Geschäftsinhabers. Es ist streitig, ob alle tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 1 Abs. 3 Nr. 4, 24 UmwStG erfüllt sind. Die zutreffende h.M. verlangt für Einbringungen i.S. des § 1 Abs. 3 Nr. 4 UmwStG keine Vollrechtsübertragung auf die neu entstehende Personengesellschaft, sondern lässt den Übergang wirtschaftlichen Eigentums genügen1, so dass auch der Übergang des Betriebsvermögens in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Innengesellschaft die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt. Sieht man dies nicht so, kann § 24 UmwStG nur im Rahmen einer Billigkeitsregelung angewendet werden2. In der Rechtsprechung ist § 24 UmwStG 1995 vom BFH bei Gründung einer GmbH & atypisch Still trotz fehlender Vollrechtsübertragung ebenfalls originär angewendet worden3. Der BFH hat zudem die Anwendung des § 24 UmwStG 1995 für den Übergang des Betriebsvermögens einer GmbH & Co. KG in das Quasi-Gesamthandsvermögen einer atypisch stillen Innengesellschaft bejaht, ohne die Frage der fehlenden Vollrechtsübertragung zu thematisieren4. Völlig unbestritten in der zitierten Rechtsprechung und im Schrifttum ist, dass die atypisch stille Innengesellschaft aufnehmende Personengesellschaft i.S. des § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG sein kann5.
26.19 Die Anwendbarkeit des Wahlrechts in § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG hat zur Konsequenz, dass auf Ebene der atypisch stillen Innengesellschaft sowohl Buchwerte als auch Zwischenwerte gewählt werden können6. Es kommt damit auch eine Aufstockung der Wirtschaftsgüter des eingebrachten Betriebsvermögens anlässlich der Gründung der atypisch stillen Gesellschaft in Betracht, um bestehende einkommensteuerliche Verlustvorträge des Geschäftsinhabers gemäß § 10d EStG ausnutzen zu können.
26.20 Im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens ist bei Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters am gesamten Betrieb nach dem Einbringungsvorgang aus Sicht des Geschäftsinhabers nach der Gründung nur noch aus dem Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft vorhanden. Dieser ist nach der sog. Spiegelbildmethode als fortgeführter Saldo der Aktiva und Passiva, die ertragsteuerlich der aty-
1 Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 1 UmwStG Rz. 231; Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG Rz. 59; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/ UmwStG, § 1 UmwStG Rz. 104; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 62 (Stand: August 2013); wohl auch Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 350; Haritz in Haritz/Menner, § 1 UmwStG Rz. 86, der von einer „hybriden“ Umwandlung ausgeht; Schwedhelm, Unternehmensumwandlung, Rz. 474. 2 Patt in Dötsch/Jost/Pung/Witt, § 24 UmwStG (SEStEG) Rz. 15, 19 (November 2011). 3 FG Hess. v. 7.12.2011 – 13 K 367/07, juris. Nachgehend BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935. 4 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 = DStR 2014, 1384. 5 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 62 (Stand: August 2013); Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG Rz. 9, 48. 6 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 350. Dieser weist darauf hin, dass eine Tarifbegünstigung gemäß §§ 16 Abs. 2 Satz 3 EStG, 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG ausscheidet.
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§ 26 Umwandlungssteuer
pisch stillen Gesellschaft zugerechnet werden, auszuweisen, soweit die Wirtschaftsgüter dem Anteil des Einzelunternehmers zugerechnet werden1. Die Anwendung der Tarifbegünstigung gemäß § 34 EStG auf einen Einbringungsgewinn des Geschäftsinhabers ist aufgrund der Beteiligung des Geschäftsinhabers (Einzelunternehmers) an der atypisch stillen Innengesellschaft gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG, § 16 Abs. 2 Satz 3 EStG selbst bei Ansatz des gemeinen Werts ausgeschlossen; nur der Freibetrag des § 16 Abs. 4 EStG kann gemäß § 24 Abs. 3 Satz 3 UmwStG bei Ansatz des gemeinen Werts in Anspruch genommen werden.
26.21
Verfügt das Einzelunternehmen im Zeitpunkt der Gründung der atypisch stillen Gesellschaft über einen gewerbesteuerlichen Verlustvortrag gemäß § 10a GewStG gilt für die Verrechnungsmöglichkeit nach Begründung der atypisch stillen Beteiligung2: Es kann dieser im eingebrachten Betrieb entstandene Fehlbetrag nach der Begründung des stillen Gesellschaftsverhältnisses in voller Höhe berücksichtigt werden. Allerdings kann der Verlustvortrag nur vom positiven Gewerbeertrag des Anrechnungsjahres abgezogen werden, der anteilig auf den ursprünglichen Betriebsinhaber entfällt. Siehe auch Rz. 24.39.
26.22
frei
26.23
c) Gründung einer Personengesellschaft & atypisch Still aa) Gründung mit einem Nichtgesellschafter der Personengesellschaft Bei diesem Sachverhalt stellen sich vergleichbare Fragen wie bei der Begründung einer atypisch Gesellschaft an einem Einzelunternehmen. Wie bereits unter Rz. 26.2 dargestellt, ist auch die Aufnahme eines Neugesellschafters in eine Personengesellschaft gegen Sach- oder Geldeinlage in das Gesamthandsvermögen ein Vorgang, der als tauschähnliche Einbringung des Betriebs des Alt- und des Neugesellschafters in die neu entstehende Mitunternehmerschaft zu qualifizieren ist. Nach einheitlicher Auffassung in Rechtsprechung und Finanzverwaltung bringen der oder die Altgesellschafter anlässlich der Aufnahme ihre Mitunternehmeranteile an der bisherigen Personengesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG in eine ertragsteuerlich fingierte neue – um den Neugesellschafter vergrößerte – Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein3. Stille Reserven aufgrund der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG müssen nicht aufgedeckt werden, wenn die Fortführung der Buchwerte gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG gewählt wird.
26.24
Beteiligt sich ein Nichtgesellschafter an einer Personengesellschaft (z.B. einer GmbH & Co. KG) als atypisch stiller Gesellschafter, kommt es – je nach Umfang der
26.25
1 Siehe zur Anwendung der Spiegelbildmethode bei der atypisch stillen Gesellschaft Suchanek/ Hagedorn, FR 2004, 1149. Zur Anwendung der Methode aus der ständigen Rspr. BFH v. 25.6.2014 – I R 29/13, BFH/NV 2015, 27 m.w.N.; Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 690. 2 Oenings, DStR 2008, 279 (282). 3 Tz. 01.47 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 562 m.N. zur Rspr.; Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG Rz. 9; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz. 19; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 414 (Stand Juni 2012).
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Beteiligung am gesamten Betrieb oder an einer als Teilbetrieb geführten Sparte1 – zum Übergang des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers (der GmbH & Co. KG) auf die atypisch stille Innengesellschaft. Einbringender gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in der atypisch stillen Innengesellschaft ist in diesem Fall die GmbH & Co. KG2, so dass es zum Entstehen einer doppelstöckigen Personengesellschaftsstruktur kommt3. In dieser Struktur ist die GmbH & Co. KG als Mitunternehmerin der atypisch stillen Gesellschaft Obergesellschaft, weiterer Mitunternehmer der atypisch stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter. Die atypisch stille Innengesellschaft ist Untergesellschaft.
26.26 Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG sind in diesem Fall erfüllt, da ein Mitunternehmer (im Beispiel die GmbH & Co. KG als Obergesellschaft) zur Gründung eine qualifizierte Sachgesamtheit (den Betrieb/Teilbetrieb) gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die atypisch stille Gesellschaft als Untergesellschaft einbringt. Die atypisch stille Innengesellschaft als „aufnehmende Personengesellschaft“ muss in diesem Fall das Wahlrecht auf Ansatz der Buch- oder Zwischenwerte durch rechtzeitige Antragstellung und Einreichung der entsprechenden Schlussbilanz ausüben (siehe näher Rz. 26.5 ff.).
26.27 Folge dieser doppelstöckigen Struktur ist, dass das der atypisch stillen Innengesellschaft zuzurechnende Betriebsvermögen und die Gewinnermittlung auf die Innengesellschaft als Untergesellschaft verlagert werden. Die Obergesellschaft, deren Betriebsvermögen nunmehr ganz (bei Betriebseinbringung) oder teilweise (bei Teilbetriebseinbringung) der Innengesellschaft als Untergesellschaft zuzurechnen ist, hält nur noch einen Mitunternehmeranteil als Beteiligungsgesellschaft (siehe § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG und Rz. 26.20). Für die komplexe Gewinnermittlung bei doppelstöckigen Personengesellschaften wird auf das weiterführende Schrifttum verwiesen4. Zur Anwendung der Spiegelbildmethode bei der Obergesellschaft siehe Rz. 26.20. Verfahrensrechtlich existieren zwei Gewinnfeststellungsverfahren auf Ebene der Unter- und der Obergesellschaft. Der Erlass eines einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheids für die Außen-Personengesellschaft und die Innengesellschaft kommt nicht in Betracht, da zwei Gewinnermittlungssubjekte vorliegen5.
26.28 Bringt eine Personengesellschaft (hier: die GmbH & Co. KG) ihren Gewerbebetrieb in eine andere Personengesellschaft (die atypisch stille Innengesellschaft) ein, können gemäß § 10a GewStG vortragsfähige Gewerbeverluste bei fortbestehender Unternehmensidentität mit dem Teil des Gewerbeertrags der Untergesellschaft verrechnet 1 Siehe ausdrücklich zu dem Erfordernis, dass der Geschäftszweig einen Teilbetrieb bilden muss Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719 (723). 2 Schulze zur Wiesche, StBP 2015, 221 (223). Vgl. Tz. 24.01, 20.02 und 20.03 des UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314; siehe auch Schwedhelm, Unternehmensumwandlung, Rz. 474. 3 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 253 = DStR 2014, 1384; Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719; Schulze zur Wiesche, DStZ 2015, 562. Zur Einbringung des Betriebs oder Teilbetriebs einer Personengesellschaft in eine andere Personengesellschaft siehe Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 32 ff. (Stand Juni 2012). 4 Kahle, DStZ 2014, 273; speziell zur Personengesellschaft & atypisch Still Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719; Schulze zur Wiesche, StBP 2015, 221 (223 ff.). 5 BFH v. 22.9.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287 = BStBl. II 2012, 183; BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl. II 2016, 517 = DB 2016, 751.
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werden, der auf die Obergesellschaft entfällt. Mit dem auf andere Gesellschafter der Untergesellschaft entfallenden Teil des Gewerbeertrags können Verluste aus der Zeit vor der Einbringung auch dann nicht verrechnet werden, wenn ein Gesellschafter der Obergesellschaft zugleich Gesellschafter der Untergesellschaft ist1. Siehe Rz. 24.44 ff. bb) Gründung einer Personengesellschaft & atypisch Still mit einem Gesellschafter Die Beteiligung eines Mitunternehmers an derselben Mitunternehmerschaft gegen eine Bar- oder Sacheinlage als atypisch stiller Gesellschafter kann ebenfalls am gesamten Betrieb oder an einem Geschäftsbereich (Teilbetrieb)2 erfolgen. Der Übergang des Betriebs oder Teilbetriebs der Außen-Mitunternehmerschaft auf die atypisch stille Gesellschaft unterfällt dann ebenfalls § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG3. Folge ist das Entstehen der unter Rz. 26.25 ff. angesprochenen doppelstöckigen Struktur mit der Außen-Personengesellschaft als Obergesellschaft und der atypisch stillen Gesellschaft als Untergesellschaft. Weiterer Mitunternehmer der atypisch stillen Untergesellschaft ist der stille Gesellschafter, dem eine Doppelstellung als Mitunternehmer der Außen-Personengesellschaft und Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft zukommt. Die zitierte Entscheidung des BFH wird gerade unter diesem Gesichtspunkt kritisiert, da ein Mitunternehmer nicht auf Ebene der Obergesellschaft und zugleich der Untergesellschaft Mitunternehmerrisiko und -initiative entfalten können soll4. Mit dem BFH ist jedoch davon auszugehen, dass die doppelte Mitunternehmerstellung als Doppelgesellschafter in einer Außen-GmbH & Co. KG als Kommanditist und als atypisch stiller Gesellschafter auf Ebene der Untergesellschaft möglich ist. Zur „doppelten Anwendung des § 24 UmwStG“ bei Einbringung einer Sachgesamtheit in die Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und gleichzeitiger Einräumung der Stellung als atypisch stiller Gesellschafter siehe Rz. 26.75.
26.29
Verfahrensrechtlich kommt die Anwendung des § 179 Abs. 3 Satz 2 AO nicht in Betracht. Es liegt keine mittelbare Beteiligung des Mitunternehmer-Doppelgesellschafters über die Außen-Personengesellschaft an der atypisch stillen Gesellschaft vor. Für beide Mitunternehmerschaften (die Außengesellschaft und die Innengesellschaft) als eigenständige Gewinnermittlungssubjekte sind die Einkünfte in getrennten Bescheiden einheitlich und gesondert festzustellen5. Zu den gewerbesteuerlichen Folgen der Gründung siehe Rz. 24.44 ff. und Rz. 26.28.
26.30
frei
26.31
d) Gründung einer GmbH & atypisch Still Auch die Gründung einer GmbH & atypisch Still fällt nach allgemeiner Ansicht unter § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG. Beteiligt sich ein Gesellschafter oder Nichtgesell1 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 25 = DStR 2014, 1384 = FR 2014, 866 mit Anm. Nöcker. 2 Siehe dazu auch BFH v. 23.4.2009 – IV R 73/06 –, BFHE 225, 343, BStBl. II 2010, 40. 3 BFH v. 24.4.2014 – IV R 34/10, BFHE 245, 25 = DStR 2014, 1384 mit Anm. Nöcker, FR 2014, 866. 4 Schulze zur Wiesche, DStZ 2014, 719. 5 Siehe insoweit das entsprechend heranzuziehende Urteil BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl. II 2016, 517 = DB 2016, 751.
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schafter gegen eine Einlage in das Vermögen der GmbH als atypisch Stiller, bringt die GmbH ihren Betrieb oder bei Beteiligung an einem als Teilbetrieb qualifizierenden Geschäftsbereich diesen in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft als aufnehmende Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten teilweise für eigene Rechnung und für Rechnung des atypisch stillen Gesellschafters ein, obwohl zivilrechtlich kein Rechtsträgerwechsel eintritt (siehe zur fehlenden Vollrechtsübertragung Rz. 26.18)1. Bei einer GmbH & atypisch Still kann die Einlage des Stillen, der zugleich Gesellschafter der GmbH ist, auch dergestalt geleistet werden, dass nach erfolgter Ausschüttung aus der GmbH der entsprechende Betrag als Einlage des Stillen in die GmbH wieder eingelegt wird2.
26.33 Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Bewertungswahlrechts gemäß § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG ist jedoch, dass der atypisch Stille ertragsteuerlich als Mitunternehmer einzuordnen ist. Siehe zu den Rz. 21.85 ff.
26.34 Folge der Einordnung des Gründungsvorgangs als Einbringung gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG ist, dass der GmbH als Geschäftsinhaberin das Bewertungswahlrecht des § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zusteht. Es können bei rechtzeitiger Antragstellung und Wahlrechtsausübung (siehe Rz. 26.5 ff.) bei der atypisch stillen Gesellschaft somit nicht nur die Buchwerte fortgeführt, sondern auch ein Zwischenwerte angesetzt werden, wenn auf Ebene der GmbH durch die Aufdeckung der stillen Reserven bestehende körperschaftsteuerliche Verlustvorträge verbraucht werden sollen3. Zum Ausweis des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft nach der Spiegelbildmethode siehe Rz. 26.204.
26.35 Ist eine Personengesellschaft atypisch still an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, dürfen die Feststellungen zu den Einkünften aus der Außen-Personengesellschaft und aus der atypisch stillen Gesellschaft nicht in einem einheitlichen Feststellungsbescheid getroffen werden5. e) Eintritt eines Neugesellschafters in eine bestehende GmbH & atypisch Still unter Leistung eines Aufgelds in die Kapitalrücklage der GmbH
26.36 Der BFH hat in einem AdV-Beschluss vom 9.8.2010 – IV B 123/096 entschieden, bei Eintritt in eine bestehende atypisch stille Gesellschaft unter Leistung eines Agios in die Kapitalrücklage der GmbH erbrachte Einlagen des atypisch stillen Gesellschafters führten zur Bildung eines Kapitalkontos des stillen Gesellschafters in der atypisch 1 Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 24 UmwStG, Rz. 41; Fuhrmann in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 61, 347 (Stand August 2013); Schmitt/Hörtnagl/ Stratz, UmwG/UmwStG, § 24 UmwStG Rz. 112; Schlößer/Schley in Haritz/Menner, § 24 UmwStG Rz. 59; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 133; Graf, JbFStR 2010, 210; siehe auch FG Hess. v. 7.12.2011 – 13 K 367/07, juris, allerdings nachgehend BFH v. 18.6.2015 – IV R 5/12, BFHE 250, 121 = BStBl. II 2015, 935. 2 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 61 (Stand August 2013). 3 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 61, 969 (Stand August 2013); Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 133. 4 Siehe vertiefend Suchanek/Hagedorn, FR 2004, 1149. 5 BFH v. 21.10.2015 – IV R 43/12, BStBl. II 2016, 517 = DB 2016, 751. 6 BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266 = GmbHR 2010, 1223.
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stillen Gesellschaft, wenn das Agio für eigene Rechnung des Stillen geleistet werde. Die Leistung des Agios als Einlage für Rechnung des Neugesellschafters wirke sich unmittelbar nur auf den Stand seines Kapitalkontos aus und werde unter Beachtung des § 15a ESG später entweder durch die Zuweisung verrechenbarer Verluste gemindert oder sei bei der Ermittlung eines Aufgabe- oder Veräußerungsgewinns gemäß § 16 Abs. 2 EStG bei Ausscheiden des Gesellschafters dem Veräußerungsentgelt gegenüberzustellen. Werde das Agio hingegen für fremde Rechnung (zugunsten anderer atypisch stiller Altgesellschafter) geleistet, komme entweder bei diesen die Bildung einer Ergänzungsbilanz oder ein sofortiger Abzug als Sonderbetriebsausgabe in Betracht. Das FG des Saarlandes hat mit Urteil vom 1.7.2015 – 1 K 1414/121 hieran anknüpfend entschieden: Ein Agio, das ein atypisch stiller Gesellschafter bei Neubegründung einer atypisch stillen Gesellschaft leiste, während ein anderer Gesellschafter einen Mitunternehmeranteil einbringe und das nicht seinem Kapitalkonto gutgeschrieben, sondern in einer „gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklage“ der atypisch stillen Gesellschaft verbucht werde, stelle Einnahmen auf Ebene der atypisch stillen Gesellschaft dar2. Das FG Saarland stellt entscheidend darauf ab, dass der neueintretende atypisch stille Gesellschafter – anders als im Fall des BFH-Beschlusses vom 9.8.2010 – IV B 123/093 – i.H. des Aufgelds keine Kapitaleinlage erbracht habe, denn der Betrag sei weder seinem Kapitalkonto, noch einem Kapitalkonto eines anderen Gesellschafters gutgeschrieben worden. Auf dieser Grundlage behandelt das FG die Überzahlung (das Agio) als Zahlung, die „dazu verwendet worden sei, dem Einbringenden Teile der stillen Reserven, die in dem eingebrachten Betriebsvermögen verhaftet gewesen seien, abzukaufen“, so dass der Vorfall dem Fall einer „Einbringung mit Zuzahlung in das Betriebsvermögen“ gleichstehe. Ob ein Gewinn durch Aufdeckung der stillen Reserven durch die Erstellung einer negativen Ergänzungsbilanz (bzw. zweier negativer Ergänzungsbilanzen der Altgesellschafter) in betragsmäßig gleicher Höhe wie in einer positiven Ergänzungsbilanz des Neugesellschafters (das Aufgeld) vermieden werden könne, hat das FG offengelassen. Denn eine solche negative Ergänzungsbilanz für die Altgesellschafter sei nicht erstellt worden.
26.37
Aus den vorgenannten Entscheidungen ist abzuleiten, dass zwischen Einlagen, die anlässlich einer Aufnahme als freiwillige Kapitalzuführungen und Einlagen, die zur Abgeltung des Übergangs stiller Reserven der Wirtschaftsgüter im Quasi-Gesamthandsvermögen geleistet werden, zu unterscheiden ist.
26.38
Im BFH-Beschluss vom 9.8.2010 – IV B 123/094 ging es um eine freiwillige Kapitalzuführung in das „Gesellschaftsvermögen“ der atypisch stillen Gesellschaft. Streitgegenstand des entschiedenen AdV-Verfahrens war nur die Höhe der laufenden Gewinnanteile. Dem Beschluss ist im Kern die Aussage zu entnehmen, dass ein atypisch stiller Gesellschafter eine freiwillige Kapitalzuführung als Aufgeld in eine atypisch stille Gesellschaft tätigen kann, die ausschließlich den Stand seines Kapitalkontos (ggf. eines Kapitalkontos II) beeinflusst, ohne zugleich eine Gewährung weite-
26.39
1 FG Saarl. v. 1.7.2015 – 1 K 1414/12, EFG 2015, 1732, n.rkr.; Az. des BFH: IV R 38/15. 2 Siehe Rz. 22.37 zur Ausdifferenzierung des Kapitalkontos in Form eines Mehrkontenmodells bei der atypisch stillen Gesellschaft. 3 BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266 = GmbHR 2010, 1223. 4 BFH v. 9.8.2010 – IV B 123/09, BFH/NV 2010, 2266 = GmbHR 2010, 1223.
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rer Gesellschaftsrechte unter Verschiebung der Beteiligungsquoten innerhalb der atypisch stillen Gesellschaft zu bewirken1. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Barbetrag zivilrechtlich in das Vermögen der GmbH geleistet und dort in der Kapitalrücklage verbucht wird, da die atypisch stille Gesellschaft nicht über ein eigenständiges Gesamthandsvermögen verfügt.
26.40 Hingegen betrifft der vom FG Saarland entschiedene Fall die Einlage eines Neugesellschafters, die geleistet wird, um einen Übergang der stillen Reserven, die in den Wirtschaftsgütern des Quasi-Gesamthandsvermögens verhaftet sind, von den Altgesellschaftern (Geschäftsinhaber und bisheriger atypisch stiller Gesellschafter) auf sich auszugleichen. Allerdings vermag ich der rechtlichen Würdigung des FG nur bedingt zu folgen. Die Bezugnahme des FG in den Urteilsgründen auf die sog. Zuzahlungsfälle2 (siehe Rz. 26.16) und die Rechtsprechung des BFH zu quotenverschiebenden Kapitalerhöhung eines Mitunternehmers ohne Änderung des Gesellschafterbestands3 ist nicht einschlägig. Der Vorgang ist nach den anerkannten Grundsätzen zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine Personengesellschaft gegen eine Einlage in das Gesamthandsvermögen zu beurteilen). Auf die Aufnahme eines Neugesellschafters in eine Mitunternehmerschaft gegen eine Einlage in das Gesamthandsvermögen können § 24 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG Anwendung finden (siehe Rz. 26.15). Richtig ist aber die Aussage des FG Saarlands, dass der gesamte Einlagebetrag des Neugesellschafters (Einlage und Aufgeld) zu dessen Anschaffungskosten für den Mitunternehmeranteil in der atypisch stillen Gesellschaft gehört, ggf. in einer positiven Ergänzungsbilanz auszuweisen ist und die Buchwertfortführung nur dann in Betracht kommt, wenn das Bewertungswahlrecht durch rechtzeitige Antragstellung und Aufstellung einer Schlussbilanz gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ausgeübt wird (siehe Rz. 26.5 ff.).
26.41–26.43 frei II. Wechsel von Mitunternehmerstellung an der Außengesellschaft in die Stellung als atypisch Stiller 1. Ausscheiden aus Gesellschaft unter Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter a) Ausscheiden aus einer Personengesellschaft gegen Bar- oder Sachwertabfindung
26.44 Scheidet ein Gesellschafter aus einer mehrgliedrigen Personengesellschaft aus und wird er gegen Geld abgefunden, wächst der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen den verbleibenden Gesellschaftern kraft Gesetzes (§§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2, 138 HGB, § 738 BGB) an. Aus Sicht des ausscheidenden Gesell1 Siehe zur Möglichkeit einer Einlage auf einem variablen Gesellschafterkapitalkonto auch BFH v. 29.7.2015 – IV R 15/14, DStR 2016, 217 = GmbHR 2016, 228 mit Anm. Levedag; Strahl, BeSt 2016, 13 (14 f.); Otto, BB 2016, 497. Das BMF wendet laut BMF v. 26.7.2016, DStR 2016, 1749 zu Einbringungen auf dem Kapitalkonto II diese Rspr. in allen offenen Fällen mit Übergangsregelung an. 2 Vgl. BFH v. 11.12.2001 – VIII R 58/98, BFHE 197, 411 = BStBl. II 2002, 420; BFH v. 7.11.2006 – VIII R 13/04, BStBl. II 2008, 545 m.w.N. und zur disquotalen Einlage BFH v. 25.4.2006 – VIII R 52/04, BStBl. II 2006, 847. 3 BFH v. 25.4.2006 – VIII R 52/04, BFHE 214, 40 = BStBl. II 2006, 847.
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schafters liegt eine entgeltliche Übertragung (Veräußerung) des Gesellschaftsanteils gemäß § 16 Abs. 1 EStG auf den oder die übernehmenden Gesellschafter in Verbindung mit einer zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge, aber keine Aufgabe seines Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 3 EStG) vor1. Der Vorgang wird aus Sicht der verbleibenden Gesellschafter zugleich als erfolgsneutraler Erwerb und Anschaffung durch den aufgegebenen Mitunternehmeranteil repräsentierten Anteile an den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft gegen die Barabfindung behandelt2. Technisch wird das Ausscheiden gegen eine Geldabfindung nach ganz h.M.3 zweistufig abgewickelt (siehe auch Rz. 22.132 ff.): – Der ausscheidende Gesellschafter realisiert bei einem Abfindungsanspruch oberhalb seines Kapitalkontos einen Veräußerungsgewinn (§ 16 Abs. 2 Satz 1 EStG). – Auf Seiten des oder der Erwerber liegt ein Anschaffungsgeschäft vor. Den aufzustockenden aufgedeckten stillen Reserven in den materiellen und immateriellen WG des Gesamthandsvermögens steht die Abfindungsverpflichtung der Gesellschaft gegenüber dem Ausscheidenden auf der Passivseite gegenüber. Scheidet der Gesellschafter gegen eine Sachwertabfindung aus, indem er eines oder mehrere Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen übernimmt, wird nach der Rechtsprechung des BFH4 durch den Ausscheidenden eine Veräußerung gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 EStG und ebenfalls keine Aufgabe des Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG verwirklicht. Technisch läuft dieser Vorgang bei Veräußerer und Erwerber wie folgt ab (siehe auch Rz. 22.133)5: – In einem ersten Schritt veräußert der ausscheidende Gesellschafter wie beim Ausscheiden gegen eine Barabfindung die ideellen Anteile an allen WG des Gesamthandsvermögens, da auch ihm diese Wirtschaftsgüter quotal zuzurechnen sind. – Auf Seiten des oder der Erwerber liegt ein Anschaffungsgeschäft vor, das zur Aufstockung der Buchwerte aller Wirtschaftsgüter und zur Einbuchung der Abfindungsverpflichtung führt. – Wird nun das/die WG zur Abfindung des Abfindungsanspruchs an den ausscheidenden Gesellschafter übertragen, verwirklicht liegt insoweit ein Anschaffungsgeschäft vor (Erhalt des Wirtschaftsguts gegen Minderung der Gesellschaftsrechte auf Null). – Die verbleibenden Gesellschafter veräußern das/die WG, die die Sachwertabfindung darstellen, i.H. des gemeinen Werts (./. aufgestockte Buchwerte aus Schritt 1) an den ausscheidenden Gesellschafter und realisieren hierdurch einen laufenden Gewinne auf Ebene der Personengesellschaft, da aufgrund der Übertragung in das Privatvermögen des ausscheidenden Gesellschafters keine Rechtsgrundlage gegeben ist, die zur Fortführung der Buchwerte berechtigt.
1 2 3 4
BFH v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BFHE 186, 50 = BStBl. II 1999, 269. BFH v. 11.7.1973 – I R 126/71, BFHE 110, 402 = BStBl. II 1974, 50, Rz. 9. Vgl. nur Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 450–463, 480 ff. BFH v. 24.5.1973 – IV R 64/70, BFHE 109, 438 = BStBl. II 1973, 655; BFH v. 28.11.1989 – VIII R 40/84, BFHE 159, 410 = BStBl. II 1990, 561. 5 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 520, 521.
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§ 26 Umwandlungssteuer
26.46 Etwas anderes gilt, wenn die im Zuge der Sachwertabfindung übernommenen Wirtschaftsgüter in ein Betriebsvermögen des ausscheidenden Gesellschafters übergehen und die Gesellschaft im Übrigen von den anderen Gesellschaftern fortgeführt wird (siehe auch Rz. 22.134). Handelt es sich bei der Abfindung um Einzelwirtschaftsgüter, kann diese Ausbringung auf Ebene der Personengesellschaft gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG zum Buchwert erfolgen, soweit der Ausscheidende nur seine Gesellschaftsrechte aufgibt. Übernimmt er zugleich auch schuldbefreiend Verbindlichkeiten der Personengesellschaft, liegt aus Sicht der Personengesellschaft ein nicht gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG begünstigungsfähiges Entgelt vor1. Erfolgt das Ausscheiden zum Buchwert gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 EStG, wird das Kapitalkonto des Ausscheidenden auf den Wert des abgehenden Wirtschaftsguts auf- oder abgestockt. Der Ausscheidende hat bei Buchwertabgang des Wirtschaftsguts auf Ebene der Gesellschaft in seinem Ziel-Betriebsvermögen ebenfalls die Buchwerte fortzuführen oder diese teilweise aufzustocken.
26.47 Die Finanzverwaltung lässt die Anwendung der Realteilungsregelungen in § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG nicht zu, wenn die Mitunternehmerschaft nach dem Ausscheiden des Gesellschafters fortbesteht2. Handelt es sich hingegen bei der Sachwertabfindung um einen Teilbetrieb, beurteilt die BFH-Rechtsprechung diesen Vorgang für die ab 2001 geltende Rechtslage3 nunmehr als Aufgabe des Mitunternehmeranteils des Ausscheidenden gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG und lässt auch bei Fortbestehen der Gesellschaft die Anwendung der Realteilungsregelungen in §§ 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG zu. Zentral und von grundsätzlicher Bedeutung ist, dass das Ausscheiden eines Mitunternehmers, dessen Abfindungsanspruch mit einem Sachwert erfüllt wird, vom III. Senat nicht mehr als Veräußerung des Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 1 Satz 1 EStG, siehe Rz. 26.45 f.), sondern als dessen Aufgabe gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG qualifiziert wird. Da das Ausscheiden gegen eine Sachwertabfindung in Form eines Teilbetriebs eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG sei, könne sie auch unter die Regelungen zur Realteilung in § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG fallen, die nach der Gesetzessystematik eine besondere Form der Betriebsaufgabe erfasse, bei der das Betriebsvermögen in ein Betriebsvermögen des ausscheidenden Mitunternehmers mitgenommen werde. Das Gesetz definiere in der seit 2001 geltenden Kodifizierung des § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG – so der III. Senat – den Begriff der Realteilung nicht. An die Begriffsbestimmung der Realteilung im früheren Richterrecht könne aufgrund der Gesetzesbegründung nicht angeknüpft werden, da mit der gesetzlichen Regelung der Realteilung eine Zäsur eingetreten sei. Die Auslegung des steuerlichen Begriffs der Realteilung verlange keine Anbindung mehr an das Zivilrecht, das die Auflösung der Mitunternehmerschaft als Bestandteil des Begriffs der Realteilung ansehe. Auf die Aufgabe des Mitunternehmeranteils können nach dem III. Senat bei anschließender betrieblicher Nutzung des Sachwertabfindungsguts (hier: Teilbetriebs) die Realteilungsregelungen gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 und der Sätze 2 ff. EStG als Son-
1 Siehe zur streitigen Anwendung der sog. strengen oder modifizierten Trennungstheorie den Vorlagebeschluss des X. Senats des BFH v. 27.10.2015 – X R 28/12, BStBl. II 2016, 81 = GmbHR 2016, 65. 2 BMF v. 28.2.2006 – IV B 2 – S 2242 – 6/06, BStBl. I 2006, 228; siehe auch das BMF v. 8.12.2011, BStBl. I 2011, 1279, Rz. 37. 3 Grundlegend BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BFHE 252, 17 = GmbHR 2016, 370 m. Anm. Levedag.
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derregelungen für Betriebs- und Anteilsaufgaben Anwendung finden, auch wenn die Mitunternehmerschaft im Zuge des Ausscheidens nicht aufgelöst wird1. Die Rechtsprechung erweitert den Anwendungsbereich der Realteilungsregeln über den unstreitigen Fall der Auflösung einer bestehenden Mitunternehmerschaft um eine neue Fallgruppe2. Mit dieser für die Praxis bedeutsamen Neubestimmung des Realteilungsbegriffs entscheidet der III. Senat gegen die Auslegung der Finanzverwaltung im sog. Realteilungserlass3. Die Auffassung des III. Senats ist abgesichert durch informelle und formelle Anfragen an den IV. Senat und den VIII. Senat4 im Vorfeld der Entscheidung. Auch wenn der III. Senat dies ausdrücklich offenlässt, so wird man beim Ausscheiden aus einer fortbestehenden Mitunternehmerschaft gegen Sachwertabfindung mit einem Einzelwirtschaftsgut künftig auch einen Vorrang des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG vor § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG annehmen müssen5. b) Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter Wird eine bestehende mitunternehmerische Beteiligung an einer Außengesellschaft in eine atypisch stille Beteiligung an derselben Mitunternehmerschaft umgewandelt, erfolgt dies technisch in der Regel durch eine Umbuchung seines bisherigen Kapitalkontos in eine Verbindlichkeit gegenüber dem nunmehr atypisch stillen Gesellschafter. Zivilrechtlich wird die Umwandlung eines Personengesellschaftsanteils in ein stilles Beteiligungsverhältnis durch Ausscheiden des Gesellschafters nach den allgemeinen Regeln und den Abschluss eines stillen Gesellschaftsvertrags mit dem Träger des Handelsgewerbes vollzogen (siehe Rz. 18.62). Ertragsteuerlich stellt sich die Frage, ob sich dieser Vorgang aus Sicht der Außengesellschaft als Ausscheiden gegen eine Barabfindung (die Einräumung der erbrachten Einlageforderung) oder gegen eine Sachwertabfindung (mit den durch den Mitunternehmeranteil des Ausscheidenden repräsentierten Wirtschaftsgütern, die ihm später als Mitunternehmer der atypisch stillen Innengesellschaft zugeordnet werden) darstellt.
26.48
Hier liegt im ersten gedanklichen Schritt ein Ausscheiden gegen eine Barabfindung vor. Im zweiten gedanklichen Schritt verwendet der Ausscheidende diese Barabfin-
26.49
1 Zustimmend zu dieser Erweiterung Wendt, FR 2016, 536 (539 f.); Kanzler, FR 2016, 567 (573 f.); Levedag, GmbHR 2016, 377; Lüken, DStR 2016, 889 (894); Paus, DStZ 2016, 290 (291); Wiese/ Lukas, DStR 2016, 1078 (1079 und 1081); a.A. bislang BMF v. 28.2.2006 – IV B 2 – S 2242-6/06, BStBl. I 2006, 228 und BMF v. 8.12.2011 – IV C 6 – S 2241/10/10002, BStBl. I 2011, 1279, Rz. 12. 2 Im Schrifttum wird diese neue Fallgruppe als „unechte Realteilung“, vgl. Wendt, FR 2016, 536 (539), oder als „so verstandene Realteilung“, vgl. Wiese/Lukas, DStR 2016, 1078 (1079), bezeichnet. 3 BMF v. 28.2.2006 – IV B 2 – S 2242 – 6/06, BStBl. I 2006, 228. 4 Der VIII. Senat stimmte insoweit einer Abweichung vom BFH-Urt. v. 10.3.1998 – VIII R 76/96, BStBl. II 1999, 269 = FR 1998, 887 zu, das das Ausscheiden eines Mitunternehmers gegen eine Bar- oder Sachabfindung stets als Veräußerung des Mitunternehmeranteils ansah. 5 Hier ist zu entscheiden, ob § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als speziellere Regelung anzuwenden ist, vgl. Pflaum, HFR 2016, 345 (346). Für einen Vorrang des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG Bünning, DStZ 2016, 290 (292); Demuth, BeSt 2016, 15 (16); Wendt, FR 2016, 536 (540); Kanzler, FR 2016, 567 (574). Relevant ist die Frage nach dem Vorrang des § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG vor § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, wenn neben dem als Sachwert zur Abfindung gewährten Wirtschaftsgut auch Verbindlichkeiten vom Ausscheidenden zu übernehmen sind.
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dung, um sich als Nichtgesellschafter gegen eine Geldeinlage atypisch still an der Personengesellschaft zu beteiligen. Lediglich das Hin- und Herzahlen des Abfindungsbetrags wird durch die Umbuchung des Kapitalkontos in den Einlagebetrag verhindert. Daher realisiert der Ausscheidende m.E. zunächst einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gemäß § 16 Abs. 1 und 2 EStG. Die verbleibenden Mitunternehmer der Außengesellschaft haben aufgrund der gewährten Abfindung i.H. der eingeräumten Einlageforderung Anschaffungskosten1. Anschließend kommt es aufgrund der Beteiligung des atypisch stillen Gesellschafters zur Einbringung des Betriebs/Teilbetriebs der Außengesellschaft in die aufnehmende atypisch stille Gesellschaft (Untergesellschaft), an der nunmehr die Außengesellschaft als Obergesellschaft und der ausgeschiedene Gesellschafter als Mitunternehmer beteiligt sind (siehe Rz. 26.24). Dieser Übergang des Betriebsvermögens der Obergesellschaft in das Quasi-Gesamthandsvermögen der Untergesellschaft kann gemäß § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG bei Ausübung des Wahlrechts zum Buch- oder Zwischenwert erfolgen. Einbringender ist die Außen-Personengesellschaft, die einen Betrieb oder Teilbetrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die atypisch stille Untergesellschaft einbringt.
26.50 Unklar ist jedoch, ob durch das Wahlrecht gemäß § 24 Abs. 2 UmwStG und die Wahl des Buchwertansatzes der der atypisch stillen Gesellschaft die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns für den atypisch stillen Gesellschafter anlässlich seines Ausscheidens als Außen-Gesellschafter vermieden werden kann. Im Schrifttum wird vertreten, bei Umwandlung einer offenen in eine atypisch stille Beteiligung an derselben Personengesellschaft sei von der Einbringung des Mitunternehmeranteils des Stillen an der Außengesellschaft gegen Gewährung eines Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft auszugehen, die – wie die daneben anzunehmende Einbringung des Betriebsvermögens durch die Außengesellschaft in die Innengesellschaft – vollständig unter § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG falle2. Das Ergebnis mag sachgerecht sein. Konstruktiv kommt eine Anwendung des § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG auf den „Umtausch“ der Stellung als Außengesellschafter gegen die Stellung als atypisch stiller Innengesellschaft nur im Billigkeitswege (§§ 163, 227 AO) in Betracht. Der ausscheidende Mitunternehmer bringt nicht seinen Anteil an der Außengesellschaft in die atypisch stille Gesellschaft ein. Wäre dies der Fall, müsste die atypisch stille Gesellschaft Ober- und nicht Untergesellschaft innerhalb der Struktur werden. Der aus der Außengesellschaft ausscheidende Gesellschafter wandelt vielmehr seine Beteiligung an der Außengesellschaft (Obergesellschaft) in der Weise in eine Beteiligung an der Innengesellschaft (Untergesellschaft) um, dass sein ursprünglicher Mitunternehmeranteil untergeht und an dessen Stelle der Mitunternehmeranteil in der Untergesellschaft tritt. Eine Anwendung des § 24 UmwStG im Billigkeitsweg ist sachgerecht, da der Vorgang der unter Rz. 26.15 geschilderten Aufnahme gegen eine Einlage in das Gesamthandsvermögen vergleichbar ist, der unter § 24 UmwStG fällt. Die Einbringung des Betriebsvermögens der Außengesellschaft gemäß § 24 UmwStG in die atypisch stille Gesellschaft erfolgt teilweise für deren eigene Rechnung und teilweise für Rechnung des atypisch stillen Gesellschafters.
1 Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 174. 2 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 67 (Stand Juni 2012).
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Eine Behandlung des Vorgangs nach der in der Rechtsprechung des BFH anerkannten Möglichkeit eines steuerneutralen Formwechsels zwischen verschiedenen Rechtsformen derselben Mitunternehmerschaft kommt m.E. nicht in Betracht1.
26.51
Der BFH hat entschieden, dass die Umwandlung einer Außen-GbR, an der eine atypisch stille Beteiligung einer Nichtgesellschafterin bestand, dann alle bis auf einen Gesellschafter unter Anwachsung auf ein Einzelunternehmen ausschieden und die atypisch stille Beteiligung am Einzelunternehmen fortbestand, als ertragsteuerlich unbeachtlicher Formwechsel der Außen-GbR in die atypisch stille Innengesellschaft zu behandeln sei2. Dem ist zuzustimmen3. Konstruktiv besteht im Ausgangspunkt die Außen-GbR, die Obergesellschaft der atypisch stillen Innengesellschaft als Untergesellschaft ist. Das Betriebsvermögen der GbR ist als Quasi-Betriebsvermögen der Innengesellschaft zuzurechnen. Weiterer Mitunternehmer der Innengesellschaft (Untergesellschaft) ist der atypisch stille Gesellschafter. Scheiden nunmehr aus der GbR alle Gesellschafter bis auf einen aus, wird die GbR durch Anwachsung zum Einzelunternehmen. Das Quasi-Betriebsvermögen der Innengesellschaft (Untergesellschaft) wird hiervon nicht berührt. Die Gewinnermittlung findet nach wie vor auf Ebene der Innengesellschaft als Untergesellschaft statt. Der Vorgang ist unmittelbar mit dem Wechsel der Rechtsform derselben Mitunternehmerschaft z.B. von einer GbR zu einer OHG vergleichbar. Der BFH hat im zitieren AdV-Beschluss für das Ausscheiden des Komplementärs einer KGaA unter Begründung einer atypisch stillen Beteiligung an der KGaA ausgeführt4, bei „Umwandlungen“ von Außengesellschaften in atypisch stille Gesellschaften (Innengesellschaften) sei es für die Vermeidung eines Veräußerungsgewinns beim Ausscheidenden ohne Bedeutung, ob der Vorgang als ununterbrochene mitunternehmerische Beteiligung i.S. einer „formwechselnden Umwandlung“ oder als tauschähnliche Einbringung in die neue Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten i.S. des § 24 UmwStG aufgefasst werde. Trotz dieser offenen Formulierung im AdV-Beschluss des BFH kann das Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer Außengesellschaft unter Begründung einer atypisch stillen Beteiligung an dieser nicht unter die Grundsätze zum identitätswahrenden Formwechsel fallen. Denn es besteht gerade keine durchgehende Beteiligung des ausscheidenden Gesellschafters an derselben Mitunternehmerschaft. Vielmehr wird das Betriebsvermögen der Außengesellschaft im Zuge der Neubeteiligung in eine andere Mitunternehmerschaft (die atypisch stille Gesellschaft als Untergesellschaft) eingebracht. Eine Erfolgsneutralität des Vorgangs kann sich somit nur ergeben, wenn dieser unter § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG fällt5, was nach der hier vertretenen Auffassung der Fall ist, wenn man den Vorgang der Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gegen eine Einlage gleichstellt (siehe Rz. 26.50).
26.52
frei
26.53
1 Zutreffend Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 67 (Stand Juni 2012). 2 BFH v. 28.11.1989 – VIII R 40/84, BFHE 159, 410 = BStBl. II 1990, 561; siehe auch BFH v. 20.9.2007 – IV R 10/07, BFHE 219, 92 = BStBl. II 2008, 118. 3 Ebenso Hageböke, DB 2010, 1611 (1612). 4 BFH v. 16.4.2010 – IV B 94/09, BFH/NV 2010, 1272. 5 Zutreffend Hageböke, DB 2010, 1611 (1613).
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2. Ausscheiden des Komplementärs einer KGaA unter Umwandlung der Beteiligung in die Stellung als atypisch stiller Gesellschafter
26.54 Die Umwandlung der „mitunternehmerähnlichen“ Stellung des Komplementärs einer KGaA in eine atypisch stille Beteiligung durch Umbuchung des Kapitalkontos stellt nach zutreffender h.M. im ersten Schritt eine Veräußerung des Mitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 2 EStG gegen eine Barabfindung dar und kann im zweiten Schritt unter das Buchwertwahlrecht des § 24 Abs. 2 UmwStG fallen1. Die KGaA bringt den Betrieb oder einen Teilbetrieb (bei Beteiligung an einem als solchen geführten Geschäftsfeld) in die atypisch stille Gesellschaft ein. Der Komplementär tauscht ähnlich dem in Rz. 26.44 ff. behandelten Vorgang seine „mitunternehmerähnliche Stellung“ in der KGaA gegen einen Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft. Anders als im Schrifttum vertreten, liegt hierin aber keine Einbringung dieses Mitunternehmeranteils in die atypisch stille Gesellschaft gegen Gewährung eines neuen Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft. § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG finden auf der Grundlage der §§ 163, 227 AO Anwendung, weil der Vorgang der Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gegen eine Einlage gleichsteht (siehe Rz. 26.50). Die KGaA bringt den Betrieb oder Teilbetrieb teilweise für eigene Rechnung und teilweise für fremde Rechnung gemäß § 24 UmwStG in die atypisch stille Gesellschaft ein. 3. Umwandlung einer GmbH & Co. KG in eine GmbH & atypisch Still
26.55 Nicht abschließend geklärt ist, ob eine Umgestaltung der GmbH & Co. KG in eine GmbH & atypisch Still unter Kombination der Grundsätze des „sog. Anwachsungsmodells“ und der unter Rz. 26.51 ff. dargestellten Rechtsprechung des BFH zum einkommensteuerlichen Formwechsel möglich ist. Beispiel: A ist an der A-GmbH & Co. KG als Alleingesellschafter der A-GmbH, die zugleich nicht am Vermögen der KG beteiligte Komplementärin ist, und als alleiniger Kommanditist beteiligt2. Geplant ist, dass A aus der KG ausscheidet. Dies soll zur Anwachsung des Vermögens der KG auf die A-GmbH führen. Zur Erfüllung seines Abfindungsanspruchs gegen die KG soll A die Position eines atypisch stillen Gesellschafters an der A-GmbH erhalten.
26.56 Aus der Perspektive der A-GmbH & Co. KG wird diese durch den Austritt des A als einzigem Kommanditisten aufgelöst und ohne ein förmliches Liquidationsverfahren beendet. Die Aktiva und Passiva gehen auf die A-GmbH aufgrund der Anwachsung (§ 738 BGB, §§ 105 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB) als Gesamtrechtsnachfolgerin über. Diese Gesamtrechtsnachfolge bezieht sich nur auf Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen der KG, was zur Aufdeckung der stillen Reserven von Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens führen kann. Durch die Begründung der atypisch stillen Gesellschaft an der A-GmbH kommt es im nächsten gedanklichen Schritt zu einer
1 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 71, 140 (Stand Juni 2012); Hageböke, DB 2010, 1611; offengelassen in BFH v. 16.4.2010 – IV B 94/09, BFH/NV 2010, 1272. 2 Brandenberg, Vortrag auf der Rügener Steuerfachtagung 2015, Tagungsunterlage, S. 118 bis 121.
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Einbringung des Betriebsvermögens der A-GmbH in die atypisch stille Gesellschaft als Mitunternehmerschaft, die unter § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG fällt (Rz. 26.32 ff.). Werden dem A im Zuge des Ausscheidens keine neuen Anteile an der A-GmbH im Wege einer Sachkapitalerhöhung gewährt, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Einbringung nach §§ 20 ff. UmwStG nicht erfüllt, so dass der A-GmbH kein Bewertungswahlrecht für den Ansatz des auf sie übergehenden Betriebs der A-GmbH & Co. KG zusteht. Auch eine analoge Anwendung der §§ 20, 21 UmwStG wird von Rechtsprechung und Finanzverwaltung abgelehnt1. Nach der h.M. kann die A-GmbH aber die Buchwerte gemäß § 6 Abs. 3 EStG fortführen, wenn nicht von einer vorrangigen verdeckten Einlage der Kommanditisten auszugehen ist2. Bei Anwachsung innerhalb einer beteiligungsidentischen GmbH & Co. KGs ist jedoch eine verdeckte Einlage der Mitunternehmeranteile der Kommanditisten anzunehmen, wenn diese für die Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die Komplementär-GmbH keine Abfindung erhalten (entschädigungsloses Ausscheiden) oder die Abfindung unter dem Verkehrswert des KG-Anteils liegt (teilentgeltliches Ausscheiden)3. Findet § 6 Abs. 3 EStG keine Anwendung, werden die auf die GmbH übergehenden Wirtschaftsgüter mit den Einlagewerten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG i.V.m. § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG eingelegt.
26.57
Der Kommanditist gibt bei entschädigungslosem oder teilentgeltlichem Ausscheiden aus der KG seinen Mitunternehmeranteil nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG auf. Für die Ermittlung des Betriebsaufgabegewinns ist die Differenz zwischen dem Kapitalkonto und dem gemeinen Wert des jeweiligen Kommanditanteils maßgeblich4. In die Ermittlung des Aufgabegewinns sind auch die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens einzubeziehen, es sei denn diese Wirtschaftsgüter können im Zuge der Aufgabe gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen überführt werden. Werden die Wirtschaftsgüter, die zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten bei der GmbH & Co. KG gehört haben, anschließend der GmbH & atypisch still zur Nutzung überlassen, werden sie in das Sonderbetriebsvermögen des A bei dieser Mitunternehmerschaft überführt, so dass § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG anwendbar ist (siehe auch Rz. 22.40 ff.).
26.58
Bei der typischen GmbH & Co. KG gehören in der Regel auch die Anteile der Kommanditisten an der Komplementär-GmbH und andere zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter zum Sonderbetriebsvermögen. Bei Aufdeckung der stillen Reserven ist der gemeine Wert der im Sonderbetriebsvermögen II befindlichen Anteile an der Komplementär-GmbH anzusetzen, jedoch ist das Teileinkünfteverfahren gemäß §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG anwendbar5. Aufgrund der verdeckten Einlage in die GmbH
26.59
1 Der UmwStE 2011 (BStBl. I 2011, 1314) grenzt in Tz. E 20.10 das einfache Anwendungsmodell ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des § 20 UmwStG aus. Vgl. auch Tz. 3 in BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458 zur unentgeltlichen Übertragung der Kommanditanteile auf eine Komplementär-GmbH. 2 Vgl. Kulosa in L. Schmidt, § 6 EStG Rz. 741; Orth, DStR 1999, 1053; Rödder/Schumacher, DStR 2001, 1634 (1636); a.A. Brandenberg, DStZ 2002, 511 (513). 3 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 513; BMF v. 3.3.2005, BStBl. I 2005, 458, Tz. 3. 4 Vfg. der OFD Magdeburg v. 12.11.2002 – S 2755 – 1 St 216, FR 2003, 48. 5 Vgl. Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 513.
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entstehen für die Kommanditisten, die zugleich Anteilseigner der GmbH sind, nach § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der (ehemaligen) Komplementär-GmbH. Der Wert ermittelt sich aus der Wertsteigerung, die die Beteiligung an der GmbH erfährt1.
26.60 Erhält der ehemalige Kommanditist für die Übertragung seines Mitunternehmeranteils auf die Komplementär-GmbH eine Gutschrift über eine geleistete Einlage als atypisch stiller Gesellschafter in der GmbH & atypisch Still ist – wie im Beispielsfall (Rz. 26.55) – von einem vollentgeltlichen Ausscheiden des Kommanditisten auszugehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die dem A gutgeschriebene Einlage als atypisch stiller Gesellschafter dem Wert der auf ihn entfallenden und in die A-GmbH eingebrachten Wirtschaftsgütern samt der stillen Reserven entspricht. Die Übertragung des Mitunternehmeranteils auf die A-GmbH gegen eine Gutschrift i.H. der Einlageforderung ist als Veräußerung des Mitunternehmeranteils des A an die A-GmbH gemäß § 16 Abs. 2 EStG zu qualifizieren. A setzt seine Forderung gegen die A-GmbH aus der Übertragung des Mitunternehmeranteils ein, um sie mit der Forderung der GmbH auf Leistung der Einlage zu verrechnen. Es ist die Frage aufgeworfen, ob der Vorgang ohne Aufdeckung der stillen Reserven im Mitunternehmeranteil des A erfolgen kann, da A – wie bei der Umwandlung seiner Mitunternehmerstellung an einer Außengesellschaft in eine atypisch stille Beteiligung – hier unter dem Zwischenschritt der Anwachsung des Betriebsvermögens der KG auf die GmbH eine Mitunternehmerstellung an einer Außengesellschaft in eine solche an der atypisch stillen Gesellschaft tauscht (siehe Rz. 26.50).
26.61 Die unter Rz. 26.51 ff. dargestellten Grundsätze zum identitätswahrenden Formwechsel bei Mitunternehmerschaften können hier nicht zur Anwendung kommen2. Denn die atypisch stille Gesellschaft zwischen A und der A-GmbH ist eine andere Mitunternehmerschaft als die A-GmbH & Co. KG. Auch die Gleichstellung des Vorgangs mit der Aufnahme eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gegen Einlage und damit die Anwendung des § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG im Billigkeitsweg (siehe dazu Rz. 26.51) kommt hier nicht in Betracht. Durch den Übergang des Betriebsvermögens der A-GmbH & Co. KG auf die A-GmbH und das damit verbundene Trennungsprinzip kann nicht so getan werden, als bringe die A-GmbH ihren Betrieb gemäß § 24 Abs. 1 und 2 UmwStG teilweise für eigene und für fremde Rechnung in die atypisch stille Gesellschaft ein. Somit bleibt es bei der Aufdeckung der stillen Reserven aufgrund eines Veräußerungsgewinns des A gemäß § 16 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG.
26.62–26.64 frei
1 Vgl. BFH v. 24.3.1987 – I R 202/83, BStBl. II 1987, 705; BFH v. 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl. II 1988, 348. 2 Brandenberg, Vortrag auf der Rügener Steuerfachtagung 2015, Tagungsunterlage, S. 121; Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 154 (Stand Juni 2012); siehe auch Centrale für GmbH, GmbHR 2003, 834 zur Umstrukturierung einer Einheits-GmbH & Co. KG in eine GmbH & atypisch Still.
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III. Mehrfache Anwendung von Bewertungswahlrechten bei Umwandlungsvorgängen 1. Sacheinlagen des atypisch stillen Gesellschafters aus einem Betriebsvermögen im Rahmen der Gründung a) Anwendbarkeit des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG Wie bereits dargestellt kann der atypisch stille Gesellschafter seine Einlageverpflichtung auch im Wege der Sacheinlage erfüllen (Rz. 7.7 und 26.2). Stammt das Wirtschaftsgut, welches Gegenstand der Sacheinlage ist, aus einem Betriebsvermögen des künftigen atypisch stillen Gesellschafters, kann auf die Übertragung zwischen dem einzelunternehmerischen Betriebsvermögen und dem Quasi-Gesamthandsvermögen die Regelung des § 6 Abs. Satz 3 EStG Anwendung finden (Rz. 22.107)1. Zugleich findet eine Übertragung des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers in das Quasi-Gesamthandsvermögen gemäß § 24 UmwStG statt (Rz. 26.14 ff.). Durch die parallel stattfindende Sacheinlage des Stillen und die Einbringung des Geschäftsinhabers ändert sich sowohl die Zuordnung der stillen Reserven an dem vom Stillen eingebrachten Wirtschaftsgut als auch an den durch den Geschäftsinhaber eingebrachten Wirtschaftsgütern und die Verteilung der latenten Ertragsteuerlasten im Gesellschafterkreis2.
26.65
b) Behandlung paralleler Sacheinlagen des Geschäftsinhabers und des Stillen Aus dem Beispiel in Tz. 16 des BMF-Schreibens vom 8.12.20113 ist abzuleiten, dass aus Sicht der Finanzverwaltung bei Veränderung der Beteiligungsquoten an dem eingebrachten Betriebsvermögen neben dem Einbringenden auch die übrigen Mitunternehmer Ergänzungsbilanzen aufzustellen haben. Demnach kann in der Steuerbilanz nach der Finanzverwaltung sowohl eine Aufstockung der bisherigen Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens als auch des durch den Stillen eingebrachten Wirtschaftsguts erfolgen. Aus dem Zusammenspiel des BMF-Schreibens vom 8.12.2011 mit Tz. 01.47 des UmwStE 20114 ergibt sich m.E., dass aus Sicht der Finanzverwaltung für den Einbringenden § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG und für den Geschäftsinhaber § 24 UmwStG alternative Rechtsgrundlagen für die Bildung dieser Ergänzungsbilanzen bilden. Nach anderer Auffassung soll wohl auch die Ergänzungsbilanz der Mitgesellschafter unter § 6 Abs. 5 Satz 4 EStG fallen5.
26.66
Damit ist die Gründung sowohl hinsichtlich der Sacheinlage gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG als auch der Einbringung durch den Geschäftsinhaber gemäß § 24 UmwStG grundsätzlich zum Buchwert möglich. Es sind aber, da beide Bewertungsvorschriften nebeneinander anzuwenden sind, deren jeweilige Voraussetzungen zu erfüllen. § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG verlangt für die Buchwertfortführung neben der Abgabe einer entsprechenden Buchwert-Schlussbilanz für das Einbringungsjahr, in der die Gesell-
26.67
1 Siehe dort auch zur Gewinnrealisierung bei der GmbH & atypisch Still (§ 6 Abs. 5 Satz 5 ff. EStG) und Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 66 (Stand 08/2013). 2 Niehus/Wilke in HHR, EStG/KStG, § 6 EStG Anm. 1459b, 1460; Goebel/Ungemach, NWB 2012, 2539 (2546). 3 BMF v. 8.12.2011 – IV C 6 – S 2241/10/10002 – DOK 2011/0973858, BStBl. I 2011, 1279. 4 BMF v. 11.11.2011 – IV C 2 – S 1978-b/08/10001 – DOK 2011/0903665, BStBl. I 2011, 1379. 5 Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 717 (727).
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schaft ihr Bewertungswahlrecht ausübt, dass die aufnehmende atypisch stille Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Schlussbilanz auch den Antrag stellt, die Buchwerte fortzuführen (Rz. 26.5 ff.). In der Praxis besteht daher die Gefahr, dass im Zuge der Sacheinlage des Einzelwirtschaftsguts des atypisch stillen Gesellschafters gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, die auch ohne Antrag zwingend zum Buchwertansatz führt, nicht erkannt wird, dass „in deren Windschatten“ für die Einbringung des Geschäftsinhabers das Wahlrecht gemäß § 24 UmwStG von der aufnehmenden atypisch stillen Gesellschaft fristgerecht ausgeübt werden muss.
26.68 Nach § 6 Abs. 5 Satz 5 ff. EStG tritt allerdings Gewinnrealisierung ein, soweit an der übernehmenden Personengesellschaft (also an der atypisch stillen Gesellschaft) eine Kapitalgesellschaft (wie bei der GmbH & atypisch Still) beteiligt ist. Leistet also der atypisch Stille einzelne Wirtschaftsgüter aus einem Betriebsvermögen als Sacheinlage in eine GmbH & atypisch Still, so kommt es insoweit zur Gewinnrealisierung, wie die GmbH am eingebrachten Wirtschaftsgut beteiligt wird (Rz. 22.112)1.
26.69–26.70 frei 2. Gründung einer GmbH & atypisch Still bei Einbringung einer Sachgesamtheit in die GmbH a) Rechtslage bis einschließlich 31.12.2014
26.71 Wird dem Einbringenden im Zuge der Einbringung eines Betriebs/Teilbetriebs/Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft, die unter § 20 UmwStG fällt, auch eine erbrachte Einlage als atypisch Stiller gutgeschrieben, ist die Frage nach der Behandlung dieses Mischentgelts zu beantworten. Nach. h.M. finden in diesem Fall die §§ 20 und 24 UmwStG nach der bis einschließlich 31.12.2014 geltenden Rechtslage nebeneinander Anwendung.
26.72 Im ersten Schritt liegt eine Sacheinlage des Einbringenden in die GmbH vor, die gemäß § 20 Abs. 2 UmwStG das Bewertungswahlrecht eröffnet, auf Ebene der GmbH die Buchwerte für das eingebrachte Betriebsvermögen fortzuführen. Der gewährte Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft gilt im Rahmen des § 20 UmwStG nicht als „anderes Wirtschaftsgut“ i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 4 und des § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG, das die GmbH dem Einbringenden neben den neuen Anteilen gewährt, da der Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft als selbständige Gegenleistung für einen bestimmten wertmäßigen Teil der Sacheinlage anzusehen ist2. Es wird demnach die Sacheinlage aus Sicht des Einbringenden im Wege einer Doppeleinbringung sowohl verwendet, um neue Anteile an der GmbH zu erhalten als auch, um Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft zu werden.
26.73 §§ 20 und 24 UmwStG finden aus Sicht des Einbringenden in dem Verhältnis Anwendung, in dem sich der Wert der im Zuge der Sachkapitalerhöhung gewährten neuen 1 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 66 (Stand August 2013). 2 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 224 (Stand August 2013); a.A. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 358 und § 21 UmwStG Rz. 72.
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§ 26 Umwandlungssteuer
GmbH-Anteile zum Wert des an den stillen Gesellschafter gewährten Mitunternehmeranteils verhält1. Zugleich führt die Begründung der atypisch stillen Beteiligung auch zum Übergang des Betriebs der GmbH in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft, die als Einbringung des Geschäftsinhabers für eigene Rechnung in die atypisch stille Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG anzusehen ist (Rz. 26.32). Es müssen zur Buchwertfortführung daher sowohl die GmbH eine Schlussbilanz (mit Ausweis des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Gesellschaft nach der Spiegelbildmethode, Rz. 26.20) als auch die atypisch stille Gesellschaft eine Schlussbilanz aufstellen und jeweils den Antrag auf Buchwertfortführung stellen. b) Rechtslage ab dem 1.1.2015 Durch das StÄndG 2015 sind unter anderem die Regelungen der § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG und § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG mit Wirkung ab dem 1.1.2015 (§ 27 Abs. 14 UmwStG) geändert worden (siehe dazu näher Rz. 26.114 ff.). In beiden Regelungen hat der Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal für die zweite Entgeltkomponente neben den Gesellschaftsrechten den Begriff der „sonstigen Gegenleistung“ eingeführt, das die frühere Formulierung des „anderen Wirtschaftsguts“ abgelöst hat. Durch diese Neuformulierung des Gesetzes ist für die hier angesprochene Konstellation der Gewährung von Gesellschaftsrechten im Zuge einer Einbringung nach § 20 UmwStG und der Mitunternehmerstellung an der atypisch stillen Gesellschaft aber keine Änderung eingetreten, da die Einräumung des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Innengesellschaft nicht unter das Merkmal der „sonstigen Gegenleistung“ fällt2. Zwar könnte die Einführung des Merkmals der „sonstigen Gegenleistung“ im Vergleich zum Merkmal „anderes Wirtschaftsgut“ zur Folge haben, dass hierdurch über die alte Rechtslage hinausgehend auch nicht bilanzierungsfähige schuldrechtliche Absprachen anlässlich eines Einbringungsvorgangs erfasst sein sollen3. Keine sonstige Gegenleistung liegt hingegen nach wie vor in der Gewährung der Stellung als Mitunternehmer in der atypisch stillen Gesellschaft, da unveränderte von einer Doppeleinbringung der auf die Kapitalgesellschaft übergehenden Sachgesamtheit (Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil) gegen Ausgabe neuer Anteile nach § 20 UmwStG in die Kapitalgesellschaft einerseits und in die atypisch stille Innengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten gemäß § 24 UmwStG andererseits auszugehen ist4.
26.74
3. Einbringung einer Sachgesamtheit in eine Personengesellschaft unter Begründung einer atypisch stillen Gesellschaft Zu mehrfachen Einbringungsvorgängen gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG durch kommt es auch, wenn ein Mitunternehmer eine Sachgesamtheit (Betrieb/Teilbetrieb/ Mitunternehmeranteil) in eine Außen-Personengesellschaft einbringt und ihm hier1 Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 224 (Stand Juni 2012). 2 Ettinger/Mörz, GmbHR 2016, 154 (158); Haarmann, DStZ 2015, 438 ff. 3 Zweifelnd Ettinger/Mörz, GmbHR 2016, 154 (158); verneinend Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (515). 4 Haarmann, DStZ 2015, 438 (441).
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26.75
§ 26 Umwandlungssteuer
für von dieser Gesellschaftsrechte und eine Stellung als atypisch stiller Gesellschafter eingeräumt werden. In dieser Konstellation wird der Betrieb der Außen-Personengesellschaft gemäß § 24 UmwStG vom Geschäftsinhaber (der Außengesellschaft) in die atypisch stille Gesellschaft als Untergesellschaft eingebracht (siehe Rz. 26.29). Zudem liegt eine Doppeleinbringung der Sachgesamtheit des Mitunternehmers in die Außen-Personengesellschaft und die atypisch stille Innengesellschaft vor. Diese Doppeleinbringung fällt nicht unter die seit 2015 geltende Neuregelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG: Es erfolgt aus Sicht des Einbringenden die Einbringung gegen zwei mitunternehmerschaftliche Beteiligungen, von denen keine eine „sonstige Gegenleistung“ zur anderen darstellt1. § 24 UmwStG ist einheitlich anzuwenden, weil das Vermögen von ein und derselben Personengesellschaft übernommen wird2. Entsprechend müssen auf Ebene der Außen-Personengesellschaft und auf Ebene der atypisch stillen Innengesellschaft Schlussbilanzen aufgestellt und Anträge gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG gestellt werden.
26.76–26.78 frei 4. Atypisch stille Beteiligung an einem Teilbetrieb oder einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft a) Teilbetriebsbegriff des UmwStG
26.79 Das UmwStG regelt den Begriff des Teilbetriebs in § 15 UmwStG. Zu einem Teilbetrieb gehören nach Auffassung des BMF auf der Grundlage des sog. europäischen Teilbetriebsbegriffs3 alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen sowie die diesem Teilbetrieb nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbaren aktiven und passiven Wirtschaftsgüter (siehe Tz. 15.02 des UmwStE 2011)4. Die Voraussetzungen eines Teilbetriebs sind unter Zugrundelegung der funktionalen Betrachtungsweise aus der Perspektive des übertragenden Rechtsträgers zu beurteilen (siehe Tz. 15.02 des UmwStE 2011). Der UmwStE 2011 enthält in Tz. 15.02 ff. im Unterschied zur früheren Verwaltungsmeinung im UmwStE 19985 zum UmwStG 1995 zeitliche Restriktionen (erforderliches Vorliegen des Teilbetriebs zum steuerlichen Übertragungsstichtag) und höhere Anforderungen zum erforderlichen Umfang des Teilbetriebs (sog. Gebot der Zuordnung funktional wesentlicher und nach wirtschaftlichen Grundsätze zuordenbare Wirtschaftsgüter, bevor eine freie Zuordnung möglich ist)6. Beteiligt sich der stille Gesellschafter am Geschäftszweig einer Personen- oder Kapitalgesellschaft atypisch still, der die Voraussetzungen eines Teilbetriebs erfüllt, führt dies nach den unter Rz. 26.17 ff. dargestellten Grundsätzen zu einem Übergang der Wirtschaftsgüter des Teilbetriebs in das Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft, die als Einbringung dieses Teilbetriebs durch den Geschäftsinhaber in die atypisch stille Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG zu beurteilen ist7.
1 2 3 4 5 6 7
Haarmann, DStZ 2015, 438 (440). Haarmann, DStZ 2015, 438 (440). Rasche, GmbHR 2012, 149 (152) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung. BStBl. I 2011, 1314. BStBl. I 1998, 268. Rasche, GmbHR 2012, 149 (152) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung. Schulze zur Wiesche, DStZ 2015, 254; Schulze zur Wiesche, StBP 2015, 221.
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§ 26 Umwandlungssteuer
b) 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb Eine das volle Nennkapital umfassende (100 %-)Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist ein eigenständiger (fiktiver) Teilbetrieb gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 UmwStG. Sie ist aber nach der Verwaltungsauffassung einem aus anderen Wirtschaftsgütern bestehenden Teilbetrieb (oder einem Mitunternehmeranteil als Sonderbetriebsvermögen) vorrangig als Bestandteil dieser Sachgesamtheit zuzuordnen, wenn die Beteiligung für diesen Teilbetrieb eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage darstellt (siehe Tz. 15.02 und Tz. 15.06 des UmwStE 2011)1. Wird in diesem Fall die 100 %-Beteiligung übertragen, stellt das zurückbleibende Vermögen nach dem BMF keinen Teilbetrieb mehr dar. Ohne diese vorrangige Zuordnung ist die 100 %ige Beteiligung ein eigenständiger Teilbetrieb und damit eine für Umwandlungsvorgänge isoliert zu berücksichtigende Sachgesamtheit. Tz. 15.11 UmwStE bestimmt für die notwendige wirtschaftliche Zuordnung, dass einer 100 %-Beteiligung (nur) die Wirtschaftsgüter einschließlich der Schulden zuzuordnen sind, die in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Beteiligung stehen2. Jedoch werden die Aussagen des UmwStE 2011 zu § 15 des UmwStG für Einbringungen eines Teilbetriebs in eine Personenoder Kapitalgesellschaft als Einbringungsgegenstand gemäß §§ 20, 24 UmwStG auch teilweise modifiziert:
26.80
Der UmwStE 2011 führt in Tz. 24.02 für die Einbringung eines Teilbetriebs in eine Personengesellschaft aus, für Zwecke des § 24 UmwStG eine zu einem Betriebsvermögen gehörende, das gesamte Nennkapital umfassende Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sei grundsätzlich ein eigenständiger Teilbetrieb3. Überdies finden durch die Verweisung in Tz. 24.03 des UmwStE 2011 auf Tz. 20.06 die dortigen Ausführungen auch zur Einbringung eines Teilbetriebs in eine Personengesellschaft gemäß § 24 UmwStG entsprechende Anwendung. Im Übrigen sind Tz. 15.05 f. des UmwStE 2011 im Rahmen des § 24 UmwStG entsprechend anzuwenden4. Stellt die Beteiligung eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage5 einer anderen betrieblichen Sachgesamtheit (Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil) dar, ist sie auch für Einbringungen gemäß § 24 UmwStG kein Teilbetrieb (Tz. 15.06 des UmwStE 2011) und nur als Bestandteil der dieses Teilbetriebs nach § 24 Abs. 1 UmwStG einbringbar6. Bei einer rückwirkenden Einbringung gemäß §§ 24 Abs. 4, 20 Abs. 5 und 6 UmwStG muss die 100 %ige Beteiligung zum steuerlichen Übertragungsstichtag vorgelegen haben (Tz. 15.05 des
26.81
1 UmwSt-Erlass 2011 = BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 15.02 u. 15.06; vgl. Neumann in GmbHR 2012, 141 (145) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung: Grund für die vorrangige Zuordnung zu einem anderen Teilbetrieb ist, dass die Beteiligung (anders als ein Mitunternehmeranteil) steuerrechtlich als Wirtschaftsgut angesehen wird. 2 Neumann, GmbHR 2012, 141 (145) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung mit Verweis auf Schießl in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 15 UmwStG Rz. 95. 3 Hierin liegt eine Nichtanwendung von BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464 = GmbHR 2009, 48 = FR 1149, 1155. Der BFH sieht in der Beteiligung ein Einzelwirtschaftsgut gemäß § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG, wenn die Beteiligung aus dem Betriebsvermögen eines Mitunternehmers in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht wird. 4 BStBl. I 2011, 1314. 5 Ist eine 100 %ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft einem Teilbetrieb nur nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbar, ohne für ihn funktional wesentliche Betriebsgrundlage zu sein, stellt sie einen eigenständigen Teilbetrieb dar, der Gegenstand einer Einbringung nach § 24 Abs. 1 UmwStG sein kann (Tz. 24.02 des UmwStE 2011). 6 Kai, GmbHR 2012, 165 (169) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung.
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§ 26 Umwandlungssteuer
UmwStE 2011), wenn der Umwandlungsbeschluss nach dem 31.12.2011 erfolgt (Tz. S.04 des UmwStE 2011)1.
26.82 Für Einbringungen von Teilbetrieben in Kapitalgesellschaften verweist Tz. 20.06 des UmwStE 2011 für den Begriff des Teilbetriebs auf die Tz. 15.02 f. und zur Übertragung dieses Teilbetriebs auf die entsprechende Geltung der Tz. 15.07–15.10 des UmwStE 2011. Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die Bestandteil eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gehören, mit den Wirtschaftsgütern dieses Unternehmensteils in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, geht die Regelung des § 20 UmwStG der des § 21 UmwStG vor (siehe Tz. 21.01 des UmwStE 2011). Allerdings fällt die Einbringung einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ausschließlich unter § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, wenn nur die Beteiligung eingebracht wird und es sich um zu einem Betriebsvermögen gehörende Anteile, Anteile im Privatvermögen i.S. des § 17 EStG und einbringungsgeborene Anteile i.S. des § 21 Absatz 1 UmwStG 1995 handelt. Für alle übrigen Anteile gilt § 20 Abs. 4a Satz 1 und 2 EStG (Tz. 21.02 UmwStE 2011). c) Begründung einer atypisch stillen Beteiligung im Wege des Anteilstauschs
26.83 Beispiel: Werden im Fall eines Anteilstauschs (§ 21 UmwStG) 100 % der Aktien an einer AG 1 in eine AG 2 eingebracht und erhält der Einbringende hierfür neue Aktien an der AG 2 und zugleich eine Stellung als atypisch stiller Gesellschafter mit erfüllter Einlageforderung, liegt nach hier vertretener Auffassung in der Gewährung der Mitunternehmerstellung keine sonstige Gegenleistung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, sondern es handelt sich unter entsprechender Anwendung der Ausführungen unter Rz. 26.74 um zwei eigenständige Einbringungen (Doppeleinbringung)2: Es wird auf Grundlage des UmwStE 2011 ein fiktiver Teilbetrieb als einheitlicher Einbringungsgegenstand sowohl in eine Kapitalgesellschaft gemäß § 21 UmwStG und gemäß § 24 UmwStG (siehe Tz. 24.02 des UmwStE 2011) als auch in eine atypisch stille Innengesellschaft eingebracht. Gegenleistung im Rahmen der Doppeleinbringung sind die Anteile an der AG 2 im Rahmen des § 21 UmwStG und ein Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Gesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG.
26.84 Soll eine atypisch stille Beteiligung an einem Geschäftszweig (Teilbetrieb) eines Einzelunternehmens, einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und einer daneben im Betriebsvermögen des Geschäftsinhabers vorhandenen 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft begründet werden, ist nach dem UmwStE 2011 danach zu unterscheiden (siehe Rz. 26.80), ob die Beteiligung für den Teilbetrieb ein funktional wesentliches Wirtschaftsgut oder nur ein wirtschaftliche zuordenbares Wirtschaftsgut oder neutrales Vermögen darstellt. Bildet die Beteiligung eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage des Teilbetriebs, so liegt aus Sicht der Finanzverwaltung nur eine Sachgesamtheit in Form des Teilbetriebs vor. Die 100 %-Beteiligung stellt wegen der vorrangigen Zuordnung zur Sachgesamtheit „Teilbetrieb“ keinen eigenständigen Einbringungsgegenstand dar. Durch die Begründung der atypisch stillen Beteiligung wird der Teilbetrieb samt der Beteiligung gemäß § 24 UmwStG vom Geschäftsinhaber in das Quasi-Gesamthandsvermögen der Innengesellschaft eingebracht. In den übrigen Fällen – die Beteiligung ist dem Teilbetrieb nur wirtschaftlich zuordenbar oder neu-
1 Kai, GmbHR 2012, 165, (170) zum UmwStE aus Sicht der Verwaltung. 2 Siehe Haarmann, DStZ 2015, 438 (442).
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§ 26 Umwandlungssteuer
trales Vermögen – liegen auf Basis des UmwStE 2011 hingegen zwei getrennte Einbringungen in die atypisch stille Innengesellschaft gegen Gewährung eines Mitunternehmeranteils gemäß § 24 UmwStG vor. Zum einen werden die Wirtschaftsgüter des Teilbetriebs eingebracht, zum anderen ist die 100 %-Beteiligung als fiktiver Teilbetrieb ein eigenständiger Einbringungsgegenstand. Dem steht nicht entgegen, dass die atypisch stille Beteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil ansonsten als Unterbeteiligung und Übergang des wirtschaftlichen Eigentümers an der Beteiligung auf den atypisch stillen Gesellschafter angesehen wird (siehe § 31). Es ist vorrangig § 24 UmwStG anzuwenden, wenn eine atypische Beteiligung an einer das gesamte Nennkapital umfassenden Beteiligung begründet wird, da dies aus Sicht des UmwStE 2011 in Tz. 24.02 als Einbringung eines Teilbetriebs in die atypisch stille Gesellschaft zu werten ist.
26.85
5. Umwandlungen unter Beteiligung des Geschäftsinhabers bei bestehender atypisch stiller Beteiligung Siehe zum Zivilrecht Rz. 18.11 ff. Im Zuge der Verschmelzung eines anderen Rechtsträgers auf den Geschäftsinhaber als übernehmenden Rechtsträger zur Aufnahme sind die §§ 3–19 UmwStG, §§ 20, 24 UmwStG anzuwenden. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsinhaber übertragender Rechtsträger im Rahmen einer Verschmelzung ist1. Anschließend findet ggf. die Verlagerung des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers auf die atypisch stille Innengesellschaft gemäß § 24 Abs. 1 UmwStG statt (siehe Rz. 26.18)2. Sonderfragen stellen sich, wenn der Geschäftsinhaber oder der atypisch stille Gesellschafter im Wege einer Auf- oder Abwärtsverschmelzung mit einer Kapitalgesellschaft verschmolzen werden sollen, deren Beteiligung dem Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft zugeordnet wird3.
26.86
Wird eine GmbH & atypisch Still mittels Formwechsels in eine GmbH & Co. KG (& atypisch Still) umgewandelt4, so kommt es zivilrechtlich zu keiner Vermögensübertragung. Der Formwechsel der GmbH führt zivilrechtlich nur zum Austausch des Vertragspartners des Stillen (siehe Rz. 18.43 ff.). Umwandlungssteuerrechtlich ist vom Übergang des Mitunternehmeranteils der GmbH an der atypisch stillen Gesellschaft auf die Personengesellschaft auszugehen, so dass es zu einer atypisch stillen Beteiligung am Betrieb der durch die Umwandlung der GmbH entstehenden Personengesellschaft kommt und sich die atypisch stille Beteiligung am Betrieb der GmbH & Co. KG fortsetzt5. Aus Sicht des § 24 UmwStG wird der Mitunternehmeranteil der GmbH an der atypisch stillen Gesellschaft in die neue GmbH & Co. KG eingebracht6. Damit können bei entsprechender Antragstellung die Buchwerte fortgeführt werden.
26.87
26.88–26.89
frei
1 Siehe weiterführend Suchanek, Ubg 2012, 431 (434 f.). 2 Siehe weiterführend Suchanek, Ubg 2012, 431 (435). 3 Zu den aufgeworfenen Rechtsfragen siehe Suchanek, Ubg 2012, 431 (436 ff.). Siehe dort auch zu Spaltungen und Ausgliederungen und Rz. 18.35 ff. 4 Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 69 (Stand 08/2013). 5 Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 69 (Stand 08/2013). 6 Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 69 (Stand 08/2013).
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§ 26 Umwandlungssteuer
IV. Umwandlung einer atypisch stillen Beteiligung in eine Beteiligung am Geschäftsinhaber 1. Umwandlung der GmbH & atypisch Still in eine GmbH unter Ausgabe neuer GmbH-Anteile a) Einbringung von Mitunternehmeranteilen durch die atypisch stillen Gesellschafter
26.90 Beispiel: An der X-GmbH ist A als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt1. Er ist gleichzeitig auch Gesellschafter der GmbH. Die atypisch stille Gesellschaft soll in der Weise beendet werden, dass das atypisch stille Beteiligungsverhältnis gekündigt wird, der atypisch stille Gesellschafter an einer Kapitalerhöhung der GmbH teilnimmt und seinen Anspruch auf Rückzahlung der stillen Einlagen einbringt.
26.91 Die Umwandlung stiller Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Aktien oder GmbH-Anteile erfolgt in der Weise, dass die stille Gesellschaft aufgelöst wird und der ehemalige Stille i.H. des Wertes seiner stillen Beteiligung eine Sacheinlage bei der Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten tätigt (siehe Rz. 18.60). Ertragsteuerlich ist die Kündigung und Einbringung des Abfindungsanspruchs als Einbringung des Mitunternehmeranteils des atypisch stillen Gesellschafters in die GmbH einzuordnen2. Einbringende i.S. des § 20 UmwStG sind nach Tz. 20.02 des UmwStE 20113 die Mitunternehmer und Einbringungsgegenstand die Mitunternehmeranteile, wenn ein Mitunternehmeranteil in eine Kapitalgesellschaft gemäß § 20 UmwStG eingebracht wird und die Personengesellschaft im Zuge der Einbringung erlischt. Bei der Auflösung einer atypisch stillen Beteiligung durch Kündigung der stillen Gesellschaft und Einbringung des Abfindungsanspruchs in die GmbH gegen Ausgabe neuer GmbH-Anteile kann das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG Anwendung finden und damit der Vorgang ohne Aufdeckung stiller Reserven zum Buchwert erfolgen.
26.92 Dies gilt auch im Beispielsfall. Einbringender ist der atypisch stille Gesellschafter, weil die atypisch stille Gesellschaft nach der Einbringung sämtlicher Mitunternehmeranteile in die Kapitalgesellschaft nicht fortbesteht4. Einbringungsgegenstand ist der Mitunternehmeranteil an der atypisch stillen Innengesellschaft5. Hier ist zu beachten, dass die GmbH-Anteile als funktional wesentliche Betriebsgrundlagen zum Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmeranteils des atypisch stillen Gesellschafters gehören (siehe Rz. 22.42 ff.). In Tz. 20.05 und 20.06 verlangt der UmwStE 2011,
1 Beispiel nach Schulze zur Wiesche, DStZ 2012, 227 (241). Zur entschädigungslosen Übertragung eines Mitunternehmeranteils auf die GmbH als Aufgabe gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG siehe Rz. 26.58. 2 Zum Zivilrecht siehe BGH v. 3.11.2015 – II ZR 13/14, DStR 2015, 2857: Eine stille Beteiligung kann als Sacheinlage in eine GmbH eingebracht werden. Sie erlischt durch die Übertragung auf die GmbH. 3 UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314. 4 Siehe Tz. 20.03, 20.10 des UmwStE 2011, BStBl. I 2011, 1314. 5 Zustimmend Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG, Rz. 97; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 7. Aufl. 2016, § 20 UmwStG Rz. 158, 159; Fuhrmann in Widmann/Mayer, § 24 UmwStG Rz. 68 (Stand 08/2013).
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§ 26 Umwandlungssteuer
dass funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen in die aufnehmende Kapitalgesellschaft einzubringen ist. Ansonsten besteht das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG nicht, da kein „Mitunternehmeranteil“ i.S. der Regelung auf die Kapitalgesellschaft übergeht. Die GmbH-Anteile, die die atypisch stillen Gesellschaftervor der Einbringung hält, wären demnach als „eigene Anteile“ in die GmbH einzubringen, um das Wahlrecht auf Buch- oder Zwischenwertansatzes bei der GmbH ausüben zu können. Diese ertragsteuerliche Voraussetzung steht mit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben zur Bildung eigener Anteile (§ 33 GmbHG) in Konflikt. b) Billigkeitsregelung in Tz. 20.09 des UmwStE 2011 Zur Vermeidung des Problems der Bildung eigener Anteile bei der Kapitalgesellschaft als Voraussetzung der Wahlrechtsausübung auf Ebene der GmbH enthält Tz. 20.09 des UmwStE 2011 eine Billigkeitsregelung1:
26.93
„In diesem Fall ist es nicht zu beanstanden, wenn die Anteile an der Kapitalgesellschaft auf unwiderruflichen Antrag des Einbringenden nicht miteingebracht werden. Der Einbringende muss sich damit einverstanden erklären, dass die zurückbehaltenen Anteile an der übernehmenden Gesellschaft künftig in vollem Umfang als Anteile zu behandeln sind, die durch eine Sacheinlage erworben worden sind (erhaltene Anteile). Es ist dementsprechend auch für diese Anteile § 22 Absatz 1 UmwStG anzuwenden. Besteht in diesen Fällen hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der zurückbehaltenen Anteile durch den Einbringenden kein deutsches Besteuerungsrecht, ist § 22 Absatz 1 Satz 5 zweiter Halbsatz UmwStG anzuwenden. Der Antrag ist bei dem Finanzamt zu stellen, bei dem der Antrag nach § 20 Absatz 2 Satz 2 UmwStG zu stellen ist. Als Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile (Neu- und Altanteile) gilt der Wertansatz des eingebrachten Vermögens zuzüglich des Buchwerts der zurückbehaltenen Anteile. § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 UmwStG ist im Hinblick auf das eingebrachte (Rest-)Vermögen zu beachten.“
Wird von der Billigkeitsregelung Gebrauch gemacht, erhält atypisch stille Gesellschafter neu ausgegebene Anteile an der Kapitalgesellschaft (Neuanteile), die der Behaltefrist des § 22 UmwStG unterliegen. Er hat außerdem die im Rahmen der Einbringung zurückbehaltenen Anteile an der Kapitalgesellschaft (Altanteile), die aufgrund der Einverständniserklärung ebenfalls den Rechtsfolgen des § 22 UmwStG unterstellt werden. Es kommt somit nicht zu einer Entnahme der Altanteile in das Privatvermögen, obwohl deren Verbindung als Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens im Zuge der Umwandlung verloren geht (Rz. 26.95). Der Antrag, gemäß Tz. 20.09 Anteile zurückzubehalten, ist vom Einbringenden – dem atypisch stillen Gesellschafter – bei dem FA zu stellen, bei dem auch die Kapitalgesellschaft den Buchwert- oder Zwischenwertantrag gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG zu stellen hat. Übereinstimmend wird der Antrag in Tz. 20.09 als unwiderruflicher Antrag verstanden. Nach überwiegender Auffassung muss der Antrag des Einbringenden spätestens mit dem Tag der Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz der Kapitalgesellschaft beim Finanzamt eingehen2.
26.94
Das Wahlrecht in Tz. 20.09 des UmwStE 2011 ist ein auf die Anteile an der Kapitalgesellschaft bezogenes Recht, die im Sonderbetriebsvermögen vor der Einbringung befindlichen Anteile trotz der Zurückbehaltung im Billigkeitswege in steuerverstrickte
26.95
1 Schulze zur Wiesche, DStZ 2012, 227 (241). 2 Hötzel/Kaeser in FGS/BDI, Umwandlungssteuererlass (2012), Tz. 20.09, S. 330.
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Anteile im Privatvermögen des Einbringenden nach § 22 UmwStG zu transformieren, ohne das Bewertungswahlrecht in § 20 UmwStG für die aufnehmende GmbH zu gefährden. Anteile. Die nicht miteingebrachten Anteile an der Kapitalgesellschaft wären eigentlich als von den atypisch stillen Gesellschaftern aus dem Sonderbetriebsvermögen zum gemeinen Wert unter Aufdeckung aller stillen Reserven entnommen zu betrachten, da sie mangels Einbringung in die GmbH nicht an der aus § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG abzuleitenden Buchwertfortführung bei der Kapitalgesellschaft profitieren könnten1. Besondere Antragsvoraussetzung ist daher, dass der atypisch stille Gesellschafter als Einbringender sein unwiderrufliches Einverständnis erklären muss, dass die Anteile als solche i.S. des § 22 UmwStG zu qualifizieren sind und der Behaltefrist unterliegen. Nach Ablauf der 7-Jahresfrist des § 22 UmwStG richtet sich die spätere Steuerbarkeit danach, ob steuerverstrickte Anteile gemäß § 17 EStG vorliegen2. Die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile (Neuanteile) und der Altanteile bestimmen sich nach dem Wertansatz des eingebrachten Vermögens bei der GmbH (Neuanteile) zuzüglich des Buchwerts der zurückbehaltenen Altanteile.
26.96 Wie unter Rz. 26.93 bereits angedeutet, bewirkt der Antrag nach Tz. 20.09 des UmwStE 2011 ferner, dass trotz des Zurückbehalts der funktional wesentlichen Beteiligung an der GmbH das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG für das in die GmbH eingebrachte Betriebsvermögen ausgeübt werden kann. Ohne die Regelung könnte der Zurückbehalt der Beteiligung die Anwendung von § 20 UmwStG für die eingebrachten Wirtschaftsgüter auf Ebene der GmbH ausschließen. Allerdings wären ohne den Billigkeitsantrag die Altanteile an der GmbH unter Aufdeckung der stillen Reserven entnommen. Es kann der Ausschluss des Bewertungswahlrechts gemäß § 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG nur mit dem zweifelhaften Verständnis in Tz. 20.06 des UmwStE 2011 gerechtfertigt werden, die Gesamtplanrechtsprechung müsse Anwendung finden, wenn nicht alle funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des Mitunternehmeranteils in die GmbH eingebracht werden. Wie unter Rz. 22.46 ff. näher ausgeführt wurde, folgt die Rechtsprechung für Übertragungen eines Mitunternehmeranteils gemäß § 6 Abs. 3 EStG anders als die Finanzverwaltung einer zeitpunktbezogenen Betrachtungsweise. Diese ist auch im Rahmen des § 20 UmwStG maßgeblich, so dass die Aufdeckung stiller Reserven in einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage im Vorfeld der Einbringung nach der Rechtsprechung nicht geeignet sein dürfte, das Bewertungswahlrecht bei der GmbH auszuschließen. Ähnlich hat der BFH bereits zu § 24 UmwStG entschieden3.
26.97 Das Wahlrecht in Tz. 20.09 ist dem Praktiker daher vorwiegend wegen des zweiten Aspekts, die stillen Reserven in den vorhandenen Altanteilen nicht aufdecken zu müssen und die Altanteile in steuerverstrickte Anteile gemäß § 22 UmwStG überführen zu können, zu empfehlen. Die stillen Reserven können beim Anteil eines Gesellschafters in der GmbH & atypisch Still – anders als im Fall der KomplementärGmbH-Beteiligung in einer beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG – in der Regel beträchtlich sein.
1 Siehe auch Hötzel/Käser in FGS/BDI, Umwandlungssteuererlass (2012), Tz. 20.09, S. 330. 2 Schießl, Umwandlungssteuererlass (2012), Tz. 20.09, S. 323. 3 BFH v. 9.11.2011 – X R 60/09, BStBl. II 2012, 638 = GmbHR 2012, 588 = FR 2012, 584.
802 Levedag
§ 26 Umwandlungssteuer
2. Umwandlung der atypisch stillen Beteiligung in eine Mitunternehmerstellung an der Außen-Personengesellschaft Tritt der Stille als persönlich haftender Gesellschafter oder Kommanditist in das Handelsgeschäft des Inhabers (einer Personengesellschaft) ein, so wird die stille Gesellschaft im Zweifel aufgelöst. Der Eintritt vollzieht sich nach den Grundsätzen, die für den Eintritt eines Gesellschafters in eine Personengesellschaft gelten. Eine Auseinandersetzung gemäß § 235 HGB findet nicht statt. Die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters wird zu seinem Anteil am Betriebsvermögen der offenen Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft. Es wird lediglich eine interne Umbuchung seines Guthabens auf sein Kapitalkonto vorgenommen, d.h. das Einlagekonto, das bisher den Charakter eines Gläubigerkontos hatte, wird nunmehr als echtes Kapitalkonto weitergeführt (Sacheinlage). Siehe zum Zivilrecht weiter unter Rz. 18.58 f.
26.98
Ertragsteuerlich liegt im Ausgangspunkt eine doppelstöckige Personengesellschaft vor (siehe Rz. 26.25). Der atypisch stille Gesellschafter ist neben der Außen-Personengesellschaft Mitunternehmer der Untergesellschaft (atypisch stillen Gesellschaft). Da es im Zuge des Vorgangs aus steuerlicher Sicht zur Auflösung der Untergesellschaft kommt, ist gemäß Tz. 24.01 i.V.m. Tz. 20.02 des UmwStE 2011 der atypisch stille Gesellschafter Einbringender seines ganzen Mitunternehmeranteils1 an der Untergesellschaft in die Obergesellschaft (siehe auch Rz. 26.91). Hierdurch wird im zweiten Schritt die atypisch stille Untergesellschaft aus steuerlicher Sicht aufgelöst, da sich alle Anteile an der Untergesellschaft in der Hand der Obergesellschaft vereinen und das dem Quasi-Gesamthandsvermögen zugeordnete Betriebsvermögen nunmehr wieder an die Außengesellschaft zurückfällt. Auch insoweit liegt wie beim Gründungsvorgang nur steuerlich ein Vermögensübergang vor (siehe Rz. 26.19), der noch als Folge der Einbringung unter § 24 UmwStG fällt oder gemäß § 6 Abs. 3 EStG analog zur Buchwertfortführung berechtigt (siehe auch Rz. 26.101)2. Zivilrechtlich gehört das Betriebsvermögen der Außen-Personengesellschaft dieser während des gesamten Zeitraums des Bestehens der atypisch stillen Gesellschaft. Die Außen-Personengesellschaft muss dem atypisch stillen Gesellschafter als Gegenleistung weitere oder neue Gesellschaftsrechte einräumen und im Jahr der Auflösung der atypisch stillen Beteiligung den Antrag auf Buch- oder Zwischenwertansatz gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG stellen.
26.99
frei
26.100
V. Verschmelzung der GmbH auf eine atypisch still beteiligte Personengesellschaft Wird die an einer GmbH & atypisch still beteiligte GmbH gemäß §§ 3 ff. UmwStG auf die an ihr atypisch still beteiligte Personengesellschaft verschmolzen3, erlöschen 1 Zur Möglichkeit der Einbringung eines Mitunternehmeranteils an einer atypisch stillen Gesellschaft als Einbringungsgegenstand gemäß §§ 20, 24 UmwStG siehe Herlinghaus in Rödder/ Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 89, 93, 97; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 7. Aufl. 2016, § 20 UmwStG Rz. 158 und § 24 UmwStG Rz. 67. Siehe auch Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 61 (Stand 08/2013). 2 Siehe näher Fuhrmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG Rz. 40 ff., 313 f. mit Beispielen (Stand 08/2013). 3 Siehe Tz. 01.06 UmwStE 2011, BStBl. I 2011, 1314.
Levedag
803
26.101
§ 26 Umwandlungssteuer
die GmbH (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG) und zugleich die atypisch stille Innengesellschaft, da an ihr keine zwei Mitunternehmer mehr beteiligt sind. Zivilrechtlich liegt ein Übergang des Betriebsvermögens der GmbH im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die atypisch stille Personengesellschaft vor. Ertragsteuerlich betrachtet besteht im Ausgangspunkt eine atypisch stille Gesellschaft als Untergesellschaft mit den Mitunternehmern GmbH und atypisch still beteiligte Personengesellschaft. Im Zuge der Verschmelzung geht der Mitunternehmeranteil der GmbH an der atypisch stillen Innengesellschaft auf die atypisch still beteiligte Personengesellschaft gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwStG über. Nachfolgend kommt es nur ertragsteuerlich „wie“ bei einer echten verschmelzungsbedingten Anwachsung zu einem vollständigen Übergang des bisher der atypisch stillen Gesellschaft zugeordneten Quasi-Gesamthandsvermögens auf die zuvor atypisch still beteiligte Personengesellschaft. Denn aufgrund der Verschmelzung der GmbH auf den stillen Gesellschafter sind an der atypisch stillen Gesellschaft keine zwei Mitunternehmer mehr beteiligt. Zivilrechtlich geht das gesamte Vermögen der GmbH auf die Personengesellschaft über.
26.102 Der durch die Verschmelzung ausgelöste – rein ertragsteuerliche – Zuordnungswechsel des Betriebsvermögens vom Quasi-Gesamthandsvermögen der atypisch stillen Gesellschaft auf die übernehmende Personengesellschaft löst keine Aufdeckung der stillen Reserven aus (siehe auch Rz. 26.99). So lässt sich m.E. argumentieren, dass der steuerneutrale Übergang des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Innengesellschaft auf die gemäß §§ 3, 4 UmwStG übernehmende Personengesellschaft (die bisherige atypisch stille Gesellschafterin) im Fall der Buchwertfortführung auch noch die rein aus steuerlicher Sicht anschließend stattfindende Anwachsung auf die Personengesellschaft erfasst1.
26.103 Ist für die atypische stille Gesellschaft ein gewerbesteuerlicher Verlustvortrag (§ 10a GewStG) festgestellt, um den die aufnehmende Personengesellschaft (der frühere atypisch stille Gesellschafter) ihren Gewerbeertrag kürzen will, muss die für die Kürzung nach § 10a GewStG erforderliche Unternehmensidentität zwischen dem Gewerbebetrieb bestehen, den die GmbH vor ihrer Verschmelzung auf die Personengesellschaft geführt hat, und dem Gewerbebetrieb, den die Personengesellschaft nach der Verschmelzung (fort-)führt2. Der für die GmbH & atypisch still festgestellte Gewerbeverlust geht mangels Unternehmeridentität in dem Umfang unter, in dem er nach der gesellschaftsinternen Verteilung auf die verschmolzene GmbH entfiel.
26.104–26.106 frei
1 Zur Anwendung des 2. bis 5. Teils des UmwStG auf atypisch stille Beteiligungen am Betrieb des umgewandelten Geschäftsinhabers siehe Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 1 UmwStG Rz. 200 und Vor § 3 UmwStG Rz. 16, 19 (Stand 02/2007). Siehe zu einer anderen erfolgsneutralen Konstellation eines Zuordnungswechsels BFH v. 22.9.2011 – IV R 33/08, BFHE 235, 278 = BStBl. II 2012, 10. 2 BFH v. 11.10.2012 – IV R 38/09, DStR 2013, 400.
804 Levedag
§ 26 Umwandlungssteuer
VI. Begründung einer Kapitalgesellschaft & typisch Still bei Einbringungen gemäß §§ 20, 21 UmwStG 1. Einräumung einer typisch stillen Beteiligung als sonstige Gegenleistung Die typisch stille Beteiligung ist mangels Beteiligung am Nennkapital der übernehmenden Gesellschaft selbst kein „Anteil“ i.S. des § 20 Abs. 1 UmwStG1. Sie kann aber als zusätzliche Gegenleistung neben einem Anteil im Rahmen einer Einbringung (§ 20 UmwStG) oder eines Anteilstauschs (§ 21 UmwStG) gewährt werden. Hier stellt sich die Frage, ob die aufnehmende Kapitalgesellschaft für die eingebrachte Sachgesamtheit das Bewertungswahlrecht des § 20 Abs. 2 Satz 2 und 3 UmwStG unter Ansatz des Buch- oder eines Zwischenwerts ausüben darf. Es sind die durch das StÄndG 20152 eingeführten Beschränkungen des Bewertungswahlrechts in §§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG zu beachten, wenn ein Buch- oder Zwischenwertansatz gewollt ist und zusätzliche Gegenleistungen gewährt werden sollen. Die Regelungen erfassen rückwirkend alle Einbringungen und den Anteilstausch nach dem 31.12.2014 (§ 27 Abs. 14 UmwStG). Nach den Neuregelungen darf für den in die aufnehmende Kapitalgesellschaft eingebrachten Einbringungsgegenstand der Buch- oder Zwischenwert angesetzt werden, wenn der gemeine Wert von sonstigen Gegenleistungen, die neben den neuen Anteilen an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewährt werden, nicht mehr beträgt als 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens/der eingebrachten Anteile oder 500 000 Euro, höchstens jedoch den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens/der Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile betragen. Erhält der Einbringende neben den neuen Gesellschaftsanteilen über diesen Grenzen liegende sonstige Gegenleistungen, sind die eingebrachten Anteile mindestens mit dem gemeinen Wert der sonstigen Gegenleistungen anzusetzen, wenn dieser den sich nach §§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG und in § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UmwStG ergebenden Wert übersteigt (§§ 20 Abs. 2 Satz 4/21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG). Siehe hierzu Rz. 26.109 ff.
26.107
Unter Rz. 26.74 wurde die Einräumung einer Mitunternehmerstellung als atypisch stiller Gesellschafter behandelt, die zusätzlich zur Ausgabe neuer Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft erfolgte. Die Ausgabe des Mitunternehmeranteils an der atypisch stillen Innengesellschaft an den Einbringenden im Zuge der Einbringung fällt nicht unter das Merkmal der sonstigen Gegenleistung (und des Merkmals „anderes Wirtschaftsgut“ nach der Rechtslage bis zum 31.12.2014). Es liegt in diesem Fall eine sog. Doppeleinbringung vor.
26.108
2. Rechtslage für Einbringung und Anteilstausch bis zum 31.12.2014 §§ 20 Abs. 2 Satz 4 und § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG enthalten in der jeweils bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung ausdrückliche Regelungen zur Einbringung in eine Kapitalgesellschaft gegen ein Mischentgelt, das aus neuen Anteilen an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft und „anderen Wirtschaftsgütern“ besteht: – § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG: Erhält der Einbringende neben den Gesellschaftsanteilen auch andere Wirtschaftsgüter, deren gemeiner Wert den Buchwert des ein1 Siehe Menner in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rz. 195. 2 BGBl. I 2015, 1834.
Levedag
805
26.109
§ 26 Umwandlungssteuer
gebrachten Betriebsvermögens übersteigt, hat die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen mindestens mit dem gemeinen Wert der anderen Wirtschaftsgüter anzusetzen. Ein Buchwertansatz der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wird durch die Gewährung eines Mischentgelts danach nicht beeinträchtigt, solange der gemeine Wert der „anderen Wirtschaftsgüter“ den Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens nicht übersteigt1. Ist der gemeine Wert höher als der Buchwert des eingebrachten Vermögens, ist das eingebrachte Betriebsvermögen bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft mindestens i.H. des gemeinen Werts der anderen Wirtschaftsgüter anzusetzen (Mindestwertansatz). Dies hat zur Folge, dass die Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft um den Differenzbetrag zwischen den Buchwerten und dem Mindestwert aufzustocken sind2 und für den Einbringenden ein Einbringungsgewinn zu ermitteln ist. Ist der gemeine Wert der „anderen Wirtschaftsgüter“ höher als der gemeine Wert des eingebrachten Betriebsvermögens, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Einbringenden vor3. – § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG: Soweit neben den Gesellschaftsanteilen auch andere Wirtschaftsgüter gewährt werden, ist deren gemeiner Wert bei der Bemessung der Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile von dem sich nach den Sätzen 1 und 2 ergebenden Wert abzuziehen. Die Anschaffungskosten der im Zuge der Einbringung neu ausgegebenen Anteile an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft sind somit stets um den gemeinen Wert des anderen Wirtschaftsguts (z.B. den Nominalwert der Einlage des typisch Stillen) zu kürzen. Die Gewährung einer sonstigen Gegenleistung bedeutet somit im Ergebnis für den Einbringenden, dass bei der Übernehmerin der Betrag des buchmäßig übernommenen Eigenkapitals (durch Ausweis z.B. der Einlageforderung des stillen Gesellschafters als Verbindlichkeit) verringert und der Buchwert der neuen Anteile durch die Höhe der Forderung „ersetzt“ wird4. – §§ 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG: Erhält der Einbringende beim Anteilstausch neben den neuen Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft zusätzlich andere Wirtschaftsgüter, so hat nach § 21 Abs. 1 Satz 3 UmwStG die übernehmende Gesellschaft, wenn der gemeine Wert dieser Wirtschaftsgüter den Buchwert der eingebrachten Anteile übersteigt, die eingebrachten Anteile mindestens mit dem gemeinen Wert der anderen Wirtschaftsgüter anzusetzen. Hier gelten dieselben Grundsätze zur Höhe der für die Buchwertfortführung zulässigen sonstigen Gegenleistung sowie zur Aufstockung und vGA wie gerade zu § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG ausgeführt5. 1 So ausdrücklich auch der UmwStE 2011 v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Rz. E 20.11. 2 Hier ist nicht abschließend geklärt, ob wie beim Zwischenwertansatz die sog. modifizierte Stufentheorie zur Anwendung kommt, nach der die aufzudeckenden stillen Reserven gleichmäßig auf alle immateriellen und materiellen Wirtschaftsgüter zu verteilen sind, oder ob die Verteilung nach der einfachen Stufentheorie zunächst bis zu den Teilwerten der materiellen Wirtschaftsgüter zu erfolgen hat. Für eine gleichmäßige Aufstockung i.S. der modifizierten Stufentheorie siehe Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 183; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, 7. Aufl. 2016, § 20 UmwStG Rz. 353; Menner in Haritz/Menner, § 20 UmwStG Rz. 435 f. 3 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 183; Schmitt in Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, 7. Aufl. 2016, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 353. 4 Rödder, Ubg 2015, 329 (332). 5 Siehe Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 21 UmwStG Rz. 70 ff.
806 Levedag
§ 26 Umwandlungssteuer
Das BMF definierte im UmwStE 2011 aber nicht, welche zusätzlichen Gegenleistungen aus Sicht der Finanzverwaltung zu den „anderen Wirtschaftsgütern“ i.S. der Regelung zählen. „Anderes Wirtschaftsgut“ i.S. der Regelung kann nach überwiegender Meinung jedenfalls auch die Einräumung einer typisch stillen Beteiligung an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft sein, da es sich um eine Forderung handelt1. Die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG schließt es nach ihrem Wortlaut auch nicht aus, dass die typisch stille Beteiligung unter den genannten Voraussetzungen ohne Aufdeckung stiller Reserven an einer anderen Kapitalgesellschaft gewährt werden kann, als an derjenigen, in die der Betrieb/Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil eingebracht wird2.
26.110
26.111–26.113
frei 3. Rechtslage für Einbringung und Anteilstausch nach dem 31.12.2014 a) Inhalt der Neuregelung
In § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG regelt der Gesetzgeber nunmehr eine Beschränkung des Buchwertwahlrechts für die aufnehmende Kapitalgesellschaft3. Wird der Betrag der zulässigen sonstigen Gegenleistung überschritten, führt dies im Ergebnis wie unter der vorherigen Rechtslage zur Aufdeckung stiller Reserven und zur Aufstockung der Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens/der eingebrachten Anteile bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft, wird aber rechtstechnisch anders umgesetzt. Zugleich hat die Gewährung der sonstigen Gegenleistung eine Kürzung der Anschaffungskosten der neu ausgegebenen Anteile (§ 20 Abs. 3 Satz 3 und 4 UmwStG) und bei Überschreiten der Grenzbeträge des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG die Besteuerung eines Einbringungsgewinns (§ 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG) zur Folge. Gleiches gilt für die Neuregelung beim Anteilstausch in § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Satz 4 UmwStG. Der Gesetzgeber hat zudem die Einbringung und den Anteilstausch, bei denen der Einbringende höhere als die gesetzlich zulässigen sonstigen Gegenleistungen erhält, als schädliche Folgeeinbringungen innerhalb der Behaltefrist des § 22 UmwStG definiert (siehe §§ 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2, Nr. 4 und 5 UmwStG)4. Nach den Neuregelungen ist ei1 Siehe Schulze zur Wiesche, DStZ 2012, 232 (238) und die Aufzählung von Patt, EStB 2012, 420 (421); Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 181; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 358 und § 21 UmwStG Rz. 72; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz. R 154 (Stand Nov. 2007) und 845, 880 (Stand Nov. 1991) sowie § 21 UmwStG Rz. 71 (Stand Nov. 2007). 2 In der Literatur wird jegliche zusätzliche Gegenleistung neben den gewährten Gesellschaftsrechten der aufnehmenden Kapitalgesellschaft als von der Regelung erfasst angesehen, wenn sie von einer der übernehmenden Kapitalgesellschaft nahe stehenden Person für deren Rechnung geleistet wird, ein innerer Zusammenhang zur Einbringung bestehet und der Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter nicht überschritten wird; vgl. Hötzel/Kaeser in FGS/BDI, Umwandlungssteuererlass 2011, Tz. E 20.11, S. 317; Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG Rz. 182; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG/UmwStG, § 20 UmwStG Rz. 360 f.; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz. R 153 (Stand November 2007) und 845, 847, 864 (Stand November 1991). 3 Zum Anlass der Neuregelung siehe Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (851 ff.). Zur Kritik an der Neuregelung Rödder, Ubg 2015, 329 (332), der zutreffend darauf hinweist, dass sämtliche stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern/Anteilen bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft und in den neu ausgegebenen Anteilen und der sonstigen Gegenleistung steuerverhaftet sind, so dass kein Grund für eine Beschränkung des Buchwertwahlrechts besteht. 4 Siehe dazu näher Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (516).
Levedag
807
26.114
§ 26 Umwandlungssteuer
ne sonstige Gegenleistung somit nicht unmittelbar schädlich, aber die Sachgesamtheit kann bei Überschreitung der gesetzlichen Grenzbeträge nicht mehr i.H. des (vollen) Buch- oder Zwischenwerts des eingebrachten Betriebsvermögens eingebracht werden. Das Bewertungswahlrecht der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wird bei Gewährung einer sonstigen Gegenleistung vielmehr auf 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens beschränkt1. Für „kleine“ Einbringungen ist als Ausnahme von der vorgenannten relativen Grenze eine absolute Grenze von 500 000 Euro (oder i.H. des niedrigeren Buchwerts) festgeschrieben worden, so dass wenigstens bei diesen „kleinen“ Einbringungen eine sachgerechte Möglichkeit zur steuerunschädlichen Gewährung einer sonstigen Gegenleistung besteht2.
26.115 Im Schrifttum wird die Einräumung einer typisch stillen Beteiligung als „sonstige Gegenleistung“ i.S. der Neuregelungen angesehen3. Zwar könnte die Einführung des Merkmals der „sonstigen Gegenleistung“ im Vergleich zum Merkmal „anderes Wirtschaftsgut“ zur Folge haben, dass hierdurch über die alte Rechtslage hinausgehend auch nicht bilanzierungsfähige schuldrechtliche Absprachen anlässlich eines Einbringungsvorgangs erfasst sein sollen4. Gegenleistungen, die als „anderes Wirtschaftsgut“ nach der unter Rz. 26.110 behandelten Rechtslage qualifizierten, werden jedoch nach wie vor von der Neuregelung erfasst. b) Absolute und relative Schädlichkeitsgrenze
26.116 In den ab 2015 geltenden Fassungen der §§ 20, 21 UmwStG führt eine schädliche sonstige Gegenleistung zu einer Beschränkung des Bewertungswahlrechts für das übergehende Vermögens, dass bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft mit einem Mindestwert angesetzt werden muss5. Aus der gesetzlichen Regelungstechnik mit einer absoluten und einer relativen Schädlichkeitsgrenze in § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. a und b UmwStG und § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG ergibt sich folgendes Prüfungsschema6. Schritt 1 Unschädlich ist eine sonstige Gegenleistung bis zur Höhe von 500 000 Euro. Unterschreitet der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens/der eingebrachten Anteile den Betrag von 500 000 Euro, ist die zulässige sonstige Gegenleistung auf den Buchwert beschränkt Schritt 2 Bei einem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens zwischen 500 000 Euro und 2 Mio. Euro ist eine sonstige Gegenleistung bis zu einem Betrag von 500 000 Euro möglich (die relative Grenze 25 % wird nicht überschritten; die Grenze von 500 000 Euro wird nicht überschritten). Schritt 3 Bei einem Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens von mehr als 2 Mio. Euro ist eine sonstige Gegenleistung unschädlich, die 25 % des jeweiligen Buchwerts des eingebrachten Vermögens oder der eingebrachten Anteile nicht überschreitet. 1 Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (853); Rödder, Ubg 2015, 329 (331). 2 Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (854). 3 Siehe Ott, StuB 2015, 909; Ettinger/Mörz, GmbHR 2016, 154 (158); Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (515). 4 Zweifelnd Ettinger/Mörz, GmbHR 2016, 154 (158); verneinend Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (515); siehe auch Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (856). 5 Ritzer/Stangl, DStR 2015, 849 (854); Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (514). 6 Ott, StuB 2015, 909 (910).
808 Levedag
§ 26 Umwandlungssteuer
c) Wirkungsweise der Neuregelung bei schädlicher sonstiger Gegenleistung
26.117
Beispiel: Der in die A-GmbH eingebrachte Betrieb hat einen Buchwert i.H. von 3 000 000 Euro und einen gemeinen Wert i.H. von 5 000 000 Euro. Der Einbringende erhält neue Anteile, die einem gemeinen Wert i.H. von 4 000 000 Euro entsprechen und eine Stellung als typisch stiller Gesellschafter mit einer erbrachten Einlage i.H. von 1 000 000 Euro. Es wird auf Ebene der A-GmbH ein Antrag auf Fortführung der Buchwerte gestellt; die übrigen Voraussetzungen für einen Buchwertansatz in § 20 Abs. 2 UmwStG liegen vor. Die Möglichkeit zur Buchwertfortführung ist durch die Neuregelung begrenzt. Die Gesetzesbegründung, der das hier modifizierte Beispiel entnommen ist1, gliedert die Lösung des Beispiels in fünf Schritte. In den ersten drei Schritten wird der Wertansatz bei der übernehmenden Gesellschaft ermittelt.
1. Schritt: Prüfung der Grenze des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG und Ermittlung des übersteigenden Betrags Gemeiner Wert der sonstigen Gegenleistung (Einlageforderung) ./. Maximum nach der relativen Unschädlichkeitsgrenze = 25 % des Buchwertes des eingebrachten Betriebsvermögens (3 000 000 × 0,25 =) 750 000 und Minimum nach der absoluten Unschädlichkeitsgrenze = 500 000 Euro Abzugsfähig ist der höhere unschädliche Betrag Übersteigender Betrag = schädliche sonstige Gegenleistung
1 000 000 Euro
./.
750 000 Euro 250 000 Euro
2. Schritt: Ermittlung des Anteils des Betriebsvermögens, für das nach § 20 Abs. 2 UmwStG die Buchwerte fortgeführt werden können Eingebrachtes BV (5 Mio.) – übersteigende schädliche Gegenleistung (250 000) Eingebrachtes BV (5 Mio.)
26.118
= 95 %
3. Schritt: Ermittlung des Wertansatzes des eingebrachten Betriebsvermögens bei der Übernehmerin Buchwertfortführung für 90 % von 3 000 000 Euro zzgl. sonstige Gegenleistung, soweit die Grenze des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG überschritten ist
2 850 000 Euro
Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens bei der übernehmenden Gesellschaft
3 100 000 Euro
26.119
250 000 Euro
Zur Vorgehensweise bei der gesetzlich vorgeschriebenen Aufstockung äußert sich das Gesetz nicht. Die quotale Auflösung der stillen Reserven i.H. von [3 100 000 Euro ./. 3 000 000 Euro] = 100 000 Euro hat wie bei einer Einbringung zu Zwischenwerten gleichmäßig nach der in Tz. 20.18 i.V.m. 03.25 UmwStE 2011 vorgesehenen modifizierten Stufentheorie zu erfolgen2. Die Verteilung der aufzustockenden stillen Reserven hat gleichmäßig nach einem einheitlichen Prozentsatz auf die eingebrachten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter zu erfolgen.
26.120
In den letzten beiden Schritten werden die Folgen beim Einbringenden ermittelt.
26.121
1 Vgl. BR-Drucks. 121/15, 55 ff. 2 Bilitewski/Heinemann, Ubg 2015, 513 (515).
Levedag
809
§ 26 Umwandlungssteuer
4. Schritt: Ermittlung des Einbringungsgewinns Veräußerungspreis gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG ./. Buchwert des eingebrachten Vermögens Einbringungsgewinn
3 100 000 Euro ./. 3 000 000 Euro 100 000 Euro
26.122 5. Schritt: Ermittlung der Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile: Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG ./. Wert der (gesamten) sonstigen Gegenleistung gemäß § 20 Abs. 3 Satz 3 UmwStG Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile
3 100 000 Euro ./. 1 000 000 Euro 2 100 000 Euro
26.123 Die weitere Gegenleistung einer Stellung als typisch stiller Gesellschafter i.H. der Einlageforderung führt wie nach bisheriger Rechtslage zu einer Kürzung der Anschaffungskosten der ausgegebenen Anteile an der A-GmbH. Die erhaltenen Anteile an der A-GmbH unterliegen beim Einbringenden den Regelungen zur siebenjährigen Behaltefrist in § 22 UmwStG. Die stille Beteiligung ist im Rahmen der Abgeltungssteuer (siehe § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG) ebenfalls steuerverstrickt (Rz. 22.218). d) Ansatz des Mindestwerts (§§ 20 Abs. 2 Satz 4, 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG)
26.124 Beispiel: A bringt im Rahmen eines qualifizierten Anteilstauschs die Anteile an der A-GmbH mit AK von 2 Mio. Euro und einem gemeinen Wert von 5 Mio. Euro in die B-GmbH ein1. A erhält dafür neue Anteile an der B-GmbH im Nennwert von 500 TEuro und eine Einlageforderung als typisch stiller Gesellschafter gegen die B-GmbH i.H. von 4,5 Mio. Euro.
26.125 Auch in den Fällen des Anteilstauschs wirken die Neureglungen als Beschränkungen des Bewertungswahlrechts und führen bei Überschreiten der gesetzlichen Grenzbeträge zu einer quotalen Aufdeckung der stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen (siehe Rz. 26.120).
26.126 1. Schritt: Prüfung der Schädlichkeit der sonstigen Gegenleistung Gemeiner Wert der sonstigen Gegenleistung (= Einlageforderung) Relativer Grenzbetrag: höchstens 25 % der AK der eingebrachten Anteile, Absoluter Grenzbetrag: maximal 500 000 Euro, bei niedrigeren AK höchstens die AK
4 500 000 Euro ./. 500 000 Euro
Übersteigender Betrag
4 000 000 Euro
26.127 2. Schritt: Verhältnisrechnung zur Ermittlung der quotalen Aufdeckung stiller Reserven Nach der unter Rz. 26.84 näher dargestellten Verhältnisrechnung kann der Buchwert der eingebrachten Anteile nur zu (5 Mio. Euro [Teilwert der eingebrachten Anteile] ./. 4 Mio. Euro [Betrag der sich rechnerisch ergebenden schädlichen Gegenleistung]) /5 Mio. Euro [Teilwert der eingebrachten Anteile]) = 20 % fortgeführt werden. Die
1 Im Wesentlichen unverändertes Beispiel nach Ott, StuB 2015, 909 (911).
810 Levedag
§ 26 Umwandlungssteuer
stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen an der A-GmbH sind beim Wertansatz auf Ebene der B-GmbH zu 80 % aufzudecken.
26.128
3. Schritt: Wertansatz bei der B-GmbH 20 % der AK gehen zum Buchwert von 2 Mio. Euro über
400 000 Euro
Sonstige Gegenleistung, soweit Grenzbetrag überschritten ist Ansatz der eingebrachten Anteile
4 000 000 Euro 4 400 000 Euro Siehe aber Schritt 6 (Rz. 26.132)
26.129
4. Schritt: Einbringungsgewinn des A Veräußerungspreis
4 400 000 Euro
AK der eingebrachten Anteile
2 000 000 Euro
Veräußerungsgewinn des A
2 400 000 Euro Aber siehe Schritt 6 (Rz. 26.132)
26.130
5. Schritt: Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile
4 400 000 Euro
./. Wert der sonstigen Gegenleistung (§ 21 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 3)
./. 4 500 000 Euro
AK der erhaltenen Anteile
./.
100 000 Euro
Bei hohen schädlichen sonstigen Gegenleistungen droht nach dem gesetzlichen Regelungsmechanismus das Entstehen negativer Anschaffungskosten. Dies verhindert das Gesetz in §§ 20 Abs. 2 Satz 4, 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG, indem es für diesen Fall vorgibt, dass zur Ermittlung der Anschaffungskosten der eingebrachten Anteile und des Einbringungsgewinns (Schritte 4 und 5) der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistung ungekürzt anzusetzen ist. Dies hat den Effekt, dass die Anschaffungskosten der eingebrachten Wirtschaftsgüter/eingebrachten Anteile vollständig durch die sonstige Gegenleistung verbraucht werden und der Einbringende einen Einbringungsgewinn wie im Fall der Veräußerung der Anteile zum Preis der sonstigen Gegenleistung zu versteuern hat (siehe nachfolgend Schritt 6). Es bleibt jedoch trotz allem bei der doppelten Verhaftung der stillen Reserven in den eingebrachten Anteilen auf Ebene der aufnehmenden B-GmbH. Bei einem späteren Verkauf der Anteile an der B-GmbH kann der Einbringende dem dann erzielten Veräußerungspreis keine Anschaffungskosten gegenüberstellen.
Levedag
811
26.131
§ 26 Umwandlungssteuer
26.132 6. Schritt: Vermeidung negativer AK der erhaltenen Anteile durch Aufstockung des Einbringungsgewinns) Veräußerungspreis (§ 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG) AK der eingebrachten Anteile Veräußerungsgewinn des A unter Berücksichtigung des Mindestwerts
4 500 000 Euro ./. 2 000 000 Euro 2 500 000 Euro
AK der erhaltenen Anteile an der B-GmbH Wertansatz der eingebrachten Anteile ./. Wert des sonstigen Gegenleistung AK der Anteile an der B-GmbH
4 500 000 Euro ./. 4 500 000 Euro 0 Euro
VII. Zusammenfassung
26.133 Bei der Gründung atypisch stiller Gesellschaften an Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften fällt der Übergang des Betriebsvermögens des Geschäftsinhabers in das Quasi-Gesamthandsvermögen in der Regel unter § 24 Abs. 1 UmwStG. Nach diesem Bewertungswahlrecht kann die Aufdeckung stiller Reserven im Zuge des Gründungsvorgangs durch einen Ansatz der Buchwerte des Betriebsvermögens bei der atypisch stillen Gesellschaft vermieden werden, wenn die atypisch stille Gesellschaft die Wirtschaftsgüter in ihrer (Eröffnungs-)Bilanz in dieser Höhe ausweist und einen Antrag auf Buchwertfortführung spätestens bis zur erstmaligen Abgabe ihrer Schlussbilanz bei dem für sie zuständigen Finanzamt stellt (§§ 24 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG). Besondere Fragen sind aufgeworfen, wenn eine atypisch stille Gesellschaft in der Weise gegründet wird, dass im Zuge der Einbringung einer Sachgesamtheit die mitunternehmerische Beteiligung an der Innengesellschaft als weitere Gegenleistung neben Anteilen an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft eingeräumt wird. Nach hier vertretener Auffassung fällt dieser Vorgang nicht unter die seit Anfang 2015 geltende Regelung des § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG und unterliegt nicht den dortigen gesetzlichen Grenzbeträgen für zulässige sonstige Gegenleistungen. Die Regelung des § 20 UmwStG entfaltet Bedeutung für die steuerneutrale Auflösung einer Kapitalgesellschaft & atypisch Still. Nicht rechtssicher geklärt sind die Fragen zur Umwandlung der Beteiligung an der atypisch stillen Innengesellschaft in eine Beteiligung am Geschäftsinhaber (als Außen-Personen- oder Kapitalgesellschaft). Wird bei der Einbringung einer Sachgesamtheit i.S. des § 20 Abs. 1 UmwStG oder von Anteilen gemäß § 21 Abs. 1 UmwStG neben den Anteilen an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft dem Einbringenden zusätzlich eine Einlageforderung als typisch stiller Gesellschafter von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft als weiteres Entgelt gewährt, sind die seit 2015 geltenden Einschränkungen der der Bewertungswahlrechte bei Gewährung „sonstiger Gegenleistungen“ (§§ 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4, 21 Abs. 1 Satz 4 UmwStG) zu beachten.
812 Levedag
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermögensteuer Schrifttum: (1) Allgemein: Boll, Die unternehmensverbundene Familienstiftung als Gestaltungsmöglichkeit der Nachfolge in Familienunternehmen vor dem rechtlichen Hintergrund des Instituts der Unterbeteiligung, 2016; Crezelius, Unternehmenserbrecht, 2. Aufl. 2009; Demuth, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, 12. Aufl. 2015; Geyer, Die Übertragung treuhänderisch gehaltener Gesellschaftsanteile im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 2012; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 15 S. 813 ff. – (2) Zur Entscheidung des BVerfG v. 17.12.2014: Bäuml, Eckpunkte für eine verfassungskonforme Ausgestaltung des Erbschaftsteuerrechts im bestehenden System, FR 2015, 73; Bäuml/Vogl, Die erbschaftsteuerliche Bedürfnisprüfung im Kontext des Verfassungsrechts und des EU-Beihilferechts, BB 2015, 736; Bockhoff/Christopeit, Die erwartete Umsetzung des BVerfG-Urteils zur ErbSt, DB 2015, 393; Crezelius, Die Erbschaftsteuerentscheidung des BVerfG – erste steuersystematische Überlegungen, ZEV 2015, 1; Eisele, Erbschaft- und schenkungsteuerliche Privilegierung des Unternehmensvermögens in Teilen verfassungswidrig, NWB 2015, 170; Englisch, Das Eckwertepapier des BMF zur Erbschaftsteuerreform im Lichte der Vorgaben des BVerfG, DB 2015, 637; Geck, Überlegungen zur Neuregelung des ErbStG aus Sicht der Beratungspraxis, ZEV 2015, 129; Haarmann, Das Urteil des BVerfG zur Erbschaftsteuer – eine erste Einschätzung, BB 2015, 32; Halaczinsky, Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Gleichheitsverstoß bei der Privilegierung des Betriebsvermögens im Erbschaftsteuerrecht, UVR 2015, 53; Hamdan/Hamdan, Erneute Verfassungswidrigkeit der ErbSt, ZErb 2015, 78; Hannes, Die Erbschaftsteuerentscheidung des BVerfG – Auswirkungen auf die Praxis der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 7; Holler, Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer (Urt. v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12) – eine erste Analyse, ErbR 2015, 75; Ihle, Nach der Entscheidung des BVerfG zur Erbschaftsteuer – Gesetzgeber, quo vadis, notar 2015, 23; Kahle/Hiller/Eichholz, Anmerkungen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer, DStR 2015, 183; Kirchdörfer/Layer/Seemann, Überlegungen zur Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts, FuS 2015, 43; Kirchdörfer/Layer, Überlegungen zur Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts aus Sicht der Familienunternehmen, DB 2015, 451; Königer/Mühlhaus, Nach der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014, ErbStB 2015, 100; Königer/Mühlhaus, Nach der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014, ErbStB 2015, 71; Krauß, ErbStG – quo vadis?, ZNotP 2015, 90; Krause, Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 zur Erbschaftsteuer: Analyse und Folgen für Gesetzgeber und Praxis, Stbg. 2015, 54; Kühn, Keine Rechtssicherheit bei der Erbschaftsteuer – Rückwirkungszwang für Berlin, ZErb 2015, 83; Landsittel, Das Urteil des BVerfG zum ErbStG vom 17. Dezember 2014 und seine Folgen, ZErb 2015, Sonderbeilage 1/2015; Lüdicke, J., Minimalanforderungen an eine Neuregelung des ErbSt-Rechts, DB 2015, Heft 1/2, M5; MeßbacherHönsch in Wilms/Jochum, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, Stand: 74. Aktualisierung Februar 2015, Aktuelles, Entscheidung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes; von Oertzen, Das Erbschaftsteuerurteil des Bundesverfassungsgerichts – klare Worte aus Karlsruhe!, BB 2015, Heft 1/2, Die Erste Seite; Pauli, Verfassungswidrigkeit der erbschaft-/schenkungsteuerlichen Betriebsverschonung – Anmerkungen zum BVerfG vom 17.12.2014 und die Folgen für die Praxis, SteuK 2015, 1; Piltz, Das Erbschaftsteuerurteil des BVerfG – Steine oder Brot?, DStR 2015, 97; Reich, Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 zur Unternehmenserbschaftsteuer und seine Konsequenzen für die Beratungspraxis, BB 2015, 148; Reimann, Nach dem Urteil des BVerfG zur Erbschaftsteuer: Familiengesellschaften im Focus, FamRZ 2015, 185; Schiffer, Wohl gesprochen! Anmerkungen zum Erbschaftsteuer-Urteil des BVerfG, npor 2015, 4; Schön, Wie viel Erbschaft gehört dem Staat?, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 73 vom 27.3.2015, S. 18; Seer, Überprivilegierung des Unternehmensvermögens durch §§ 13a, 13b ErbStG, GmbHR 2015, 113; Söffing A., Anforderungen an das ErbStG 2015/2016 aus der Sicht der Beratungspraxis, ErbStB 2015, 106; Söffing M., Verfassungsmäßigkeit der §§ 13a und 13b ErbStG, steueranwalts-magazin 1/2015, 2; Söffing M./ Thonemann-Micker S., Das BVerfG zur Erbschaftsteuer: Same Procedure as Every Time, ErbStB 2015, 40; Stahl, Bundesverfassungsgericht erklärt erbschaftsteuerliche Verschonungsregelungen für verfassungswidrig, kösdi 2105, 19166; Stalleiken, Entscheidung des BVerfG zur Erbschaftsteuer – Auswirkungen auf die Unternehmensnachfolge, Ubg. 2015, 49; Stalleiken, Entscheidung des
Wachter
813
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer BVerfG zur ErbSt, Inhalt des Urteils und Folgen für die Unternehmensnachfolgepraxis, DB 2015, 18; Steger/Königer, Erbschaftsteuer „3.0“ – erneuter Reparaturauftrag an den Gesetzgeber, BB 2015, 157; Steiner, Nach dem Erbschaftsteuer-Urteil des BVerfG vom 17.12.2014, ZErb 2015, 113; Vinken (Präsident der Bundessteuerberaterkammer), Gastkommentar, DStR 2015, Heft 1/2; Viskorf, H.-U., Vollverschonung des Betriebsvermögens macht die Korrekturen beim Erbschaftsteuergesetz schwierig, DB 2015, Heft 17, M5; Viskorf, S./Philipp, C., Ermittlungen des betriebsnotwendigen Vermögens als Grundlage der Bedürfnisprüfung, ZEV 2015, 133; Zipfel/Lahme, BVerfG zum Dritten: Zur Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer, DStZ 2015, 64. – (3) Zu stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht: Brinkmann, Die stille Beteiligung in der Außenprüfung, StBp 2011, 213 (Teil I) und StBP 2011, 241 (Teil II); Bron, Atypisch stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und Entsrickungsbesteuerung, IStR 2016, 26; Carlé, Die Unterbeteiligung, ErbStB 2012, 14; Carlé/Fuhrmann, Unentgeltliche Begründung, Übertragung und Beendigung von Treuhandverhältnissen sowie von Anteilen an mitunternehmerischen Innengesellschaften, FR 2006, 749; Christoffel, Bewertung der Vermögenseinlage eines typisch stillen Gesellschafters als sonstiges Vermögen, DB 1988, 255; Crezelius, Steuerrechtsfragen der atypisch stillen Gesellschaft, in Festschrift für Harald Schaumburg, 2009, S. 239; Dietrich in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.50 ff., S. 290 ff. (atypische Unterbeteiligung); Geck, Ausgewählte Fragen der mittelbaren Beteiligung an Personen- und Kapitalgesellschaften – Zivilrecht, Ertragsteuer und Erbschaftsteuer, kösdi 2012, 17774; Götz, Übertragung von Sonderbetriebsvermögen im Lichte von § 13a ErbStG, ZEV 2003, 346; Krauß/Meichelbeck, Unternehmensnachfolge bei minderjährigen Kindern, Schenkung einer atypischen Unterbeteiligung mit (abschmelzendem) Nießbrauchsvorbehalt, DB 2015, 2114; Kühne/Rehm, Die Unterbeteiligung als Gestaltungsinstrument der Unternehmensnachfolge, NZG 2013, 561; Lasa, Die stille Beteiligung als Gestaltungsmittel der Vermögensnachfolge, ZEV 2010, 433; Lasa in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.60 ff., S. 341 ff. (atypische stille Gesellschaft); Lipp, Die Bedeutung der stillen Gesellschaft im Außensteuergesetz, ISR 2014, 408; Richter/Dümichen, Die atypisch stille Beteiligung als Gestaltungsinstrument bei Umwandlungen von Familienpersonengesellschaften, Ubg. 2012, 748; Schmidt, Karsten, Umwandlung stiller Beteiligungen in GmbH-Geschäftsanteile, NZG 2016, 4; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still in der aktuellen Rechtsprechung, DB 2011, 1477; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, 6. Aufl. 2013, Teil 9.2., Rz. 544 ff., S. 241 ff.; Schönhaus in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 79 Rz. 11 ff., S. 1938 ff.; Stollenwerk/Piron, Steuerneutralität bei GmbH & Still – GmbH & Co. KG & Still, GmbH-StB 2011, 48; Strnad, Was gilt für Unterbeteiligungen nach der Suhrkamp-Entscheidung des BGH?, ZEV 2012, 394; Wachter, Erste Konturen des neuen Erbschaftsteuerrechts, FR 2016, 690; Wälzholz, Die GmbH & Still nach der Unternehmensteuerreform 2008, GmbH-StB 2008, 11; Weigl, Anwendungs- und Problemfelder der stillen Gesellschaft, DStR 1999, 1568; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012; Werner, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Wichmann, Gesellschafts-, handels- und steuerrechtliche Fragen zur GmbH & Still, DStZ 2014, 442.
I. Erbschaft- und Schenkungsteuer 1. Einführung
27.1 Mit Urteil vom 17.12.2014 hat das BVerfG das derzeit geltende ErbStG für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber verpflichtet, bis spätestens zum 30.6.2016 eine Neuregelung zu treffen1. 1 BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BStBl. I 2015, 4 = BStBl. II 2015, 50 = DStR 2015, 31. Siehe dazu aus dem umfangreichen Schrifttum u.a. Crezelius, ZEV 2015, 1; Englisch, DB 2015, 637; Geck, ZEV 2015, 129; Haarmann, BB 2015, 32; Hannes, ZEV 2015, 7; Piltz, DStR 2015, 97; Reich, BB 2015, 148; Seer, GmbHR 2015, 113; Söffing A., ErbStB 2015, 106; Stalleiken, DB 2015, 18; Steger/Königer, BB 2015, 157; Viskorf, H.-U., DB 2015, Heft 17, M5; Viskorf, S./Philipp, C., ZEV 2015, 133.
814 Wachter
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
Dieser Verpflichtung ist der Gesetzgeber bislang (Stand: Juni 2016) nicht (jedenfalls nicht fristgerecht) nachgekommen. Bereits seit Juli 2015 liegt ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Anpassung des ErbStG an die Rechtsprechung des BVerfG vor1. Der Bundesrat hat dazu im September 2015 überwiegend kritisch Stellung genommen2. Die Bundesregierung hat indes an ihrer Auffassung festhalten3. Am 20.6.2016 wurde sodann auf politischer Ebene eine Einigung erzielt. Der Deutsche Bundestag hat dem Gesetzesentwurf in der geänderten Fassung am 24.6.2016 zugestimmt4. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 8.7.2016 allerdings den Vermittlungsausschuss angerufen5. Der Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens ist im Moment nicht abzusehen. Die Neuregelungen sollen dann aber wohl rückwirkend zum 1.7.2016 in Kraft treten6.
27.2
Die nachfolgenden Ausführungen beruhen auf dem heute (noch) anwendbaren Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz7. In der Übergangszeit bis zu einer gesetzlichen Neuregelung sollten etwaige Vermögensübertragungen (insbesondere im Zusammenhang mit unternehmerischem Vermögen) nach Möglichkeit vorab mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden (§ 89 AO). Ferner kann die Vereinbarung eines Rückforderungsrechts in Gestalt einer Steuerklausel (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) überlegenswert sein.
27.3
2. Steuertatbestand a) Einführung Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden unterliegen der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 ErbStG). Für beide Steuertatbestände gelten grundsätzlich die gleichen Vorschriften (§ 1 Abs. 2 ErbStG).
27.4
Unter den Begriff der Schenkung unter Lebenden fallen u.a. Schenkungen i.S. des bürgerlichen Rechts sowie alle anderen freigebigen Zuwendungen unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ErbStG).
27.5
b) Freigebige Zuwendungen unter Lebenden Eine steuerpflichtige Schenkung liegt in der Regel vor, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts einen Teil seines Kapitalkontos unentgeltlich als Vermögenseinlage auf den stillen Gesellschafter überträgt8. 1 2 3 4 5 6 7
8
BT-Drucks. 18/5923 v. 7.9.2015. BR-Drucks. 353/15 (Beschluss) v. 25.9.2015. BT-Drucks. 18/6279 v. 8.10.2015. BT-Drucks. 8911/11 v. 22.6.2016 und BR-Drucks. 34/16 v. 24.6.2016; ausführlich dazu Erkis, DStR 2016, 1441. BR-Drucks. 344/16 (Beschluss) v. 8.7.2016. Zu Recht kritisch dazu Crezelius, ZEV 2016, 367; Drüen, DStR 2016, 343 und Drüen, NJW-aktuell 19/2016, 15; Seer, GmbHR 2016, 673. Nach Inkrafttreten des geänderten ErbStG wird es ein Update geben, das unter www.ottoschmidt.de/handbuch-stille-gesellschaft.html zum Download bereit gestellt wird. Für einen ersten Überblick über die geplanten Neuregelungen und eine kritische Stellungnahme siehe Wachter, FR 2016, 690. RFH v. 14.3.1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906; BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BFHE 113, 558, und Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 121 ff. (Stand: Oktober 2014), § 7
Wachter
815
27.6
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
27.7 Eine Schenkung ist aber auch dann gegeben, wenn der Inhaber (was handelsrechtlich zulässig ist) die Vermögenseinlage höher bewertet, als es ihrem Verkehrswert entspricht. Umgekehrt ist eine Schenkung des stillen Gesellschafters an den Inhaber anzunehmen, wenn seine Vermögenseinlage zu gering bewertet wird. Eine Schenkung kann auch darin gesehen werden, dass dem stillen Gesellschafter eine Gewinnbeteiligung zugesprochen wird, die nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem Wert der von ihm erbrachten Einlage steht (siehe § 7 Abs. 6 ErbStG).
27.8 Für die Frage, ob die Aufnahme eines neuen Teilhabers eine Schenkung darstellt, kommt es auf die Bewertung der etwa übernommenen Gegenleistung für das Unternehmen an. Dabei ist zu beachten, dass nur solche Gegenleistungen berücksichtigt werden dürfen, die in Geld veranschlagt werden können (§ 7 Abs. 3 ErbStG)1.
27.9 Die Aufnahme eines lediglich seine Arbeitskraft einbringenden stillen Gesellschafters unter Beteiligung am Gewinn kann, wie bereits der Reichsfinanzhof feststellte, eine Schenkung sein2.
27.10 Aus der Entscheidung des Reichsfinanzhofs, die in erster Linie eine atypische stille Beteiligung betrifft, aber auch für die typische stille Gesellschaft gilt, ergibt sich, dass eine freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters auf Kosten des Inhabers gegeben ist, wenn die Gewinnbeteiligung so hoch ist, dass sie durch den Wert der Gesellschafterpflichten keinen Ausgleich findet. Die Bereicherung besteht in dem Recht des stillen Gesellschafters auf den Teil der Gewinnbezüge, dem keine Gegenleistung gegenübersteht. Hinzukommen muss als weitere Voraussetzung für die Feststellung einer Schenkung in subjektiver Hinsicht, dass der Inhaber das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erkannt und die freigebige Bereicherung des stillen Gesellschafters als Erfolg seines Handelns gewollt hat. Dass dem stillen Gesellschafter die Früchte seiner Arbeit teilweise selbst zufallen und dass er auch von der Arbeit des Inhabers Vorteile hat, spielt für die Beurteilung keine Rolle. Solche Verhältnisse sind immer gegeben, wenn sich mehrere zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles zusammenschließen. Entscheidend ist einzig und allein, ob jeder Vertragsteil zur Erreichung des gemeinschaftlichen Zwecks wertmäßig so viel beisteuert, als ihm Vorteile erwachsen, oder ob über den Zweck des Zusammenschlusses hinaus eine besondere vermögensrechtliche Bevorzugung eines Beteiligten auf Kosten des anderen gewollt und erreicht wird. Nur dann kann von einer Schenkung gesprochen werden.
27.11 Bei Einräumung einer atypischen stillen Beteiligung durch Einbringung der Arbeitskraft wird somit das Gewinnbezugsrecht in der Regel nicht geschenkt, da vermutet wird, dass die Arbeitsleistung als angemessene Gegenleistung anzusehen ist3. ErbStG Rz. 259 (Stand: Oktober 2010) und § 7 ErbStG Rz. 473 ff. (Stand: April 2014). Entsprechende Formulierungsvorschläge finden sich u.a. bei Dietrich in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.51 ff., S. 290 ff. (Schenkweise Einräumung und Übertragung einer atypischen Unterbeteiligung); Lasa in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.61 ff., S. 341 ff. (Schenkweise Einräumung und Übertragung einer atypisch stillen Beteiligung); Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012, S. 170 ff. (Schenkweise Einräumung und Übertragung einer stillen Beteiligung an einer Familiengesellschaft). 1 Dazu Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 158 ff. (Stand: April 2013). 2 RFH v. 7.11.1940 – III e 18/40, RStBl. 1941, 71. 3 FG München v. 21.3.1967 – II 53/66, EFG 1967, 523; Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 261 (Stand: April 2013).
816 Wachter
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
Falls einem Beschenkten vom Schenker Geld zugewendet wird, das er zur Einlage in das Unternehmen des Schenkers benutzt, so liegen regelmäßig zwei steuerpflichtige Vorgänge vor, wenn der erworbene Gesellschaftsanteil mehr wert ist als die geleistete Einlage1. Ob der Beschenkte mit der Einlage mehr erwirbt, als seine Einlage wert ist, richtet sich auch danach, ob der neue Gesellschafter im Falle der Auflösung der Gesellschaft an dem Liquidationsertrag anteilig beteiligt ist. Ähnliche Probleme können sich auch bei Neugründungen von Gesellschaften stellen, wenn der sich am Vermögen der Gesellschaft Beteiligende keine vollwertige Einlage erbringt2.
27.12
Da der BFH in der Geldschenkung und der in der Beteiligung liegenden Schenkung zwei selbständige Steuertatbestände sieht, steht die Versteuerung der Geldschenkung einer späteren Versteuerung der durch die Einlage dieses Geldes erzielten Bereicherung nicht entgegen. Das gilt auch dann, wenn der Beschenkte nach dem Gesellschaftsvertrag im Fall der Kündigung oder des Todes nur seinen buchmäßigen Kapitalanteil erhalten soll und demnach über den durch die offenen und stillen Rücklagen bedingten Mehrwert nicht verfügen kann. Nach Auffassung des BFH kommt es für die Ermittlung der Bereicherung nicht darauf an, was der Gesellschafter im Fall des Ausscheidens erhalten würde, sondern darauf, was er im Falle der Auflösung erhalten würde. Andernfalls könnten die anteiligen stillen Rücklagen niemandem zugerechnet werden. Tritt später wirklich der Fall ein, dass der Beschenkte aufgrund der Vertragsbestimmungen von den anteiligen Reserven ausgeschlossen wird, kann die Veranlagung rückwirkend berichtigt werden (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
27.13
Eine steuerpflichtige Schenkung erfordert keine Identität zwischen dem Entreicherungsgegenstand und dem das Vermögen des Empfängers vermehrenden Bereicherungsgegenstand. Als Gegenstand der Zuwendung kommen daher auch Posten in Frage, die nie zum Vermögen des Zuwendenden gehört haben, aber dem Empfänger auf Kosten des Zuwendenden verschafft worden sind (sog. mittelbare Schenkungen). Dazu gehört insbesondere der Fall, in dem der Schenkende dem Empfänger die Mittel zur Verfügung stellt, mit denen der Erwerber den Gegenstand der Schenkung finanziert3. Schenkt der Betriebsinhaber dem zukünftig stillen Beteiligten die für die Einlage erforderlichen Geldmittel, so ist vielfach fraglich, ob Schenkungsgegenstand der für die Einlage erforderliche Geldbetrag oder die Beteiligung ist. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist zunächst der Parteiwille zu beachten4. Maßgeblich ist grundsätzlich, was der Beschenkte durch die Zuwendung erhält, nicht, was er sich unter Einsatz der Zuwendung verschafft5. Allerdings kommt es auch hier auf die Zielrichtung an: Ist die Verwendung des Geldbetrages ausdrücklich als Einlage vertraglich vorgesehen, so ist Schenkungsgegenstand die Beteiligung selbst.
27.14
1 BFH v. 29.1.1959 – III 71/58, DStZ 1959, 176. 2 Siehe BFH v. 19.6.1996 – II R 83/92, BStBl. II 1996, 616 = GmbHR 1996, 871. 3 Siehe FG Hess. v. 7.3.1990 – 10 K 377/84, EFG 1990, 433 (Gegenstand der Schenkung bei Hingabe von Geld zum Zweck des Erwerbs einer stillen Beteiligung). Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 121 (Stand: Oktober 2014); Lasa in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.61 ff., Rz. 20, S. 350, und A.2.62, Rz. 8, S. 362. 4 BFH v. 19.8.1959 – II 259/57 S, BStBl. III 1959, 417. 5 Siehe BFH v. 4.7.1984 – II R 73/81, BStBl. II 1984, 772.
Wachter
817
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
c) Fiktive Zuwendungen unter Lebenden
27.15 Der Schenkungsteuer unterliegen nicht nur freigebige Zuwendungen unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), sondern auch zahlreiche andere Vorgänge (siehe § 7 ErbStG). In verschiedenen Fällen fingiert der Gesetzgeber das Vorliegen einer steuerpflichtigen Schenkung (insbesondere § 7 Abs. 5 bis 8 ErbStG). Im Zusammenhang mit stillen Gesellschaften kommt vor allem Anteilen mit einer übermäßigen Gewinnbeteiligung erhebliche praktische Bedeutung zu (§ 7 Abs. 6 ErbStG).
27.16 Wird eine Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer Gewinnbeteiligung ausgestattet, die insbesondere der Kapitaleinlage, der Arbeit oder der sonstigen Leistung des Gesellschafters für die Gesellschaft nicht entspricht oder die einem fremden Dritten üblicherweise nicht eingeräumt würde, so gilt das Übermaß an Gewinnbeteiligung als selbständige Schenkung, die mit dem Kapitalwert anzusetzen ist (§ 7 Abs. 6 ErbStG)1. Die Vorschrift gilt nur für Schenkungen unter Lebenden (und nicht auch für Erwerbe von Todes wegen).
27.17 Ist mit der stillen Beteiligung eine unverhältnismäßig hohe Gewinnbeteiligung verbunden, so stellt diese eine besondere Zuwendung neben der Schenkung der eigentlichen Beteiligung dar2. Sie muss deshalb gesondert bewertet werden, soweit sie ein angemessenes Gewinnbezugsrecht übersteigt. Diesen früher vom Reichsfinanzhof vertretenen Standpunkt hatte der BFH zwischenzeitlich zwar aufgegeben3; danach sollte eine überhöhte Gewinnbeteiligung nicht als selbständige Zuwendung, sondern lediglich als werterhöhender Umstand angesehen werden. Der Gesetzgeber ist jedoch zu der Ansicht des Reichsfinanzhofs zurückgekehrt4.
27.18 Umstritten ist dagegen unverändert die Ermittlung des Gewinnübermaßes. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber eine Regelung für entbehrlich hielt und davon ausging, die Regeln betreffend die einkommenssteuerliche Behandlung des Übermaßes an Gewinnbeteiligung seien entsprechend anzuwenden. Problematisch ist dabei, dass für Zwecke des Ertragsteuerrechts5 darauf abzustellen ist, welcher Gewinnanteil des Gesellschafters aufgrund seiner Stellung in der Gesellschaft als angemessen anzusehen ist (als Grenze gelten dabei üblicherweise 15 % des tatsächlichen Werts des Anteils). Dagegen stellt das Schenkungsteuerrecht nicht nur auf den Beitrag des Gesellschafters, sondern auch darauf ab, ob es sich um eine Gewinnbeteiligung handelt, die einem fremden Dritten üblicherweise eingeräumt würde. Nachdem insofern Widersprüche zu der ertragssteuerrechtlichen Grenze von 15 % auftreten können, wird zu Recht immer wieder eine Begrenzung des viel zu überschießenden Schenkungsteuertatbestands gefordert. Die Finanzverwaltung geht allerdings weiterhin vom Primat der ertragssteuerrechtlichen Behandlung aus (R E 7.8 ErbStR 2011). 1 Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 121 ff. (Stand: Oktober 2014) und § 7 ErbStG Rz. 384 ff. (Stand: Januar 2012); Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 185 ff. (Stand: April 2014); Lasa in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.61 ff., Rz. 36, S. 353. 2 RFH v. 19.6.1935 – III e A 23/35, RStBl. 1935, 115 (betreffend den Anteil an einer KG). 3 BFH v. 29.11.1961 – II 282/58, BStBl. III 1962, 323; BFH v. 25.6.1969 – II 131/63, BStBl. II 1969, 653. Siehe ferner auch FG Hamburg v. 25.2.1980 – V 54/78, EFG 1980, 402. 4 Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, § 7 Rz. 185 ff. (Stand: April 2014). 5 BFH GrS v. 29.5.1972 – GrS 4/71, BStBl. II 1973, 3.
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§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
Nach dem Gesetzeswortlaut gilt der Steuertatbestand (des § 7 Abs. 6 ErbStG) sowohl für atypisch stille Gesellschaften als auch für typische stille Gesellschaften. Nach Systematik und Normzweck ist allerdings davon auszugehen, dass die Vorschrift für typische stille Gesellschaften keine Anwendung findet1.
27.19
3. Entstehung der Steuer Die Erbschaftsteuer entsteht grundsätzlich mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), die Schenkungsteuer mit der Ausführung der Schenkung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
27.20
Eine Schenkung ist im Regelfall dann ausgeführt, wenn der Beschenkte über den zugewendeten Vermögensgegenstand wirksam verfügen kann (siehe dazu aus Sicht der Finanzverwaltung R E 9.1. ff. ErbStR 2011). Dafür muss die Schenkung zivilrechtlich wirksam sein oder von Beteiligten zumindest als wirksam behandelt werden (§ 41 AO). Bei der unentgeltlichen Zuwendung von stillen Beteiligungen stellt sich in der Praxis immer wieder die Frage, ob und unter welchen Umständen (mangels notarieller Beurkundung) formunwirksame Schenkungen durch das tatsächliche Bewirken der Zuwendung geheilt werden können (§ 518 Abs. 2 BGB). Jedenfalls für atypisch stille Beteiligungen geht der BGH2 (und ihm folgend der BFH3) zwischenzeitlich davon aus, dass die Zuwendung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages zivilrechtlich wirksam vollzogen worden ist. Dieser Zeitpunkt dürfte dann auch für die schenkungsteuerliche Ausführung der Zuwendung (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) maßgebend sein. Einzelne Finanzgerichte4 haben diese Rechtsprechung auch auf typische stille Beteiligungen übertragen.
27.21
Im Ertragsteuerrecht besteht häufig Streit über die steuerliche Anerkennung von stillen Beteiligungen, die nahen Familienangehörigen im Wege der Schenkung eingeräumt worden sind5. Für das Schenkungsteuerrecht ist dies aber grundsätzlich ohne Bedeutung. Für die Ausführung einer Schenkung kommt es auf einen Fremdvergleich nicht an6.
27.22
1 So im Ergebnis auch Geck in Kapp/Ebeling, § 7 ErbStG Rz. 190.9 (Stand: April 2014). – Für die Anwendung von § 7 Abs. 6 ErbStG auch auf typische stille Gesellschaften Fischer in Fischer/ Jüptner/Pahlke, § 7 ErbStG Rz. 520; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 388 (Stand: Januar 2012); Meincke, § 7 ErbStG Rz. 134. 2 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09 (Suhrkamp Verlag), BGHZ 191, 354 = DStR 2012, 471 = ZEV 2012, 167 mit Anm. Reimann. Ausführlich dazu Strnad, ZEV 2012, 394. 3 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, DStR 2014, 2111 = FR 2015, 76 mit Anm. Kanzler = DB 2015, 2503 = GmbHR 2014, 1278 = DStRE 2014, 1402. Vorinstanz: FG Nds. v. 29.9.2011 – 10 K 269/08, EFG 2012, 46 (Schenkungsvertrag und Gesellschaftsvertrag sind wirksam zustande gekommen). 4 FG Rh.-Pf. v. 31.1.2013 – 5 K 2009/10, rkr., EFG 2013, 835 (zur erfolgten Bewirkung einer schenkweisen Zuwendung einer typisch stillen Unterbeteiligung an volljährig Kinder mit der Einbuchung bei der Personengesellschaft). 5 Zur ertragsteuerlichen Anerkennung von (schenkweise) eingeräumten Beteiligungen unter Angehörigen siehe u.a. BFH v. 14.5.2003 – X R 14/99, BFH/NV 2003, 1547; BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 = ZEV 1994, 256 = DB 1994, 1449 = BB 1994, 1483 = NJW 1995, 77; BFH v. 31.5.1989 – III R 91/87, BStBl. II 1990, 10 = DB 1989, 2513 = NJW 1990, 1622; BFH v. 19.9.1974 – IV R 95/73, BStBl. II 1975, 141 = DB 1975, 429 = BB 1975, 166 = DStR 1975, 289. 6 Siehe dazu allgemein BFH v. 25.10.1995 – II R 45/92, BStBl. II 1996, 11, und Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 177 m.w.N. (Stand: September 2013).
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§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
27.23 Eine etwaige Rückdatierung des Vertrages ist für Zwecke des Schenkungsteuerrechts unbeachtlich. Die mit der Schenkung des Kapitalanteils verbundene rückwirkende Überlassung der am Bewertungsstichtag vorhandenen stillen Reserven und der bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen Gewinnanteile und Kapitalzinsen ist nicht eine selbständige besondere Zuwendung, sondern als werterhöhender Umstand bei der Bewertung des zugewendeten Kapitalanteils zu berücksichtigen1.
27.24 Für die Frage der Ausführung der Schenkung kommt es maßgeblich darauf an, was nach dem Willen der Parteien als Gegenstand der Schenkung anzusehen ist. Dabei ist insbesondere zwischen der Schenkung einer typisch stillen Beteiligung (Bewertung in der Regel als Kapitalforderung und keine Begünstigung als Betriebsvermögen) und einer atypisch stillen Beteiligung (Bewertung und Begünstigung als Betriebsvermögen) zu unterscheiden.
27.25 Der BFH hat mehrfach entschieden, dass mit der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die nicht alle Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, noch kein Vermögensgegenstand zugewendet wird, über den der Empfänger schon tatsächlich und rechtlich verfügen kann2. Dem Empfänger werden in diesem Fall lediglich Rechtsansprüche in Gestalt eines Bündels schuldrechtlicher Ansprüche gegen den Schenker eingeräumt. Eine Bereicherung des Empfängers erfolge erst dann, wenn ihm aus der Unterbeteiligung tatsächlich Gewinnausschüttungen und Liquidationserlöse zufließen. Diese Zuwendung sei aufschiebend bedingt (§ 4 BewG). Die Schenkung sei dementsprechend erst mit der Ausschüttung der Gewinne bzw. der Auskehrung der Erlöse ausgeführt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
27.26 Diese Rechtsprechung kann allerdings nicht uneingeschränkt überzeugen, da sie zwischen dem Gegenstand der Zuwendung und dem Zeitpunkt der Ausführung nicht hinreichend unterscheidet3. Gegenstand der schenkweisen Zuwendung war in den entschiedenen Fällen offenbar keine atypische Unterbeteiligung. Dies schließt aber nicht aus, dass eine typische Unterbeteiligung zugewendet worden ist (vom BFH als ein Bündel schuldrechtlicher Ansprüche bezeichnet). Die typische Unterbeteiligung ist für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer wie eine Kapitalforderung zu behandeln. Diese Zuwendung dieser Kapitalforderung ist aber bereits erfolgt. Der Erwerber kann über diese Forderung frei verfügen und erzielt insoweit eigene Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Die Schenkung der typischen Unterbeteiligung ist somit ausgeführt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) und die Schenkungsteuer bereits entstanden. Eine steuerliche Verschonung des Erwerbs (nach §§ 13a, 13b ErbStG) erfolgt allerdings nicht, da die typische Unterbeteiligung nicht zum begünstigten Betriebsvermögen gehört.
1 So hinsichtlich der rückwirkenden Zuwendung eines Kommanditanteils BFH v. 24.7.1963 – II 207/61, BStBl. III 1963, 442. Siehe auch BFH v. 1.7.1992 – II R 107/88, BFH/NV 1993, 54. 2 BFH v. 18.9.2013 – II R 63/11, BFH/NV 2014, 349 = GmbHR 2014, 270 mit Anm. Milatz = MittBayNot 2014, 564 mit Anm. Ziegler; BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, BStBl. II 2008, 631 = DStR 2008, 768 = GmbHR 2008, 501 = ZEV 2008, 252 mit Anm. Hübner = BB 2008, 1160 mit Anm. Zipfel. Wohl zustimmend Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 9 ErbStG Rz. 82 (Stand: Oktober 2014). 3 Kritisch auch Hübner, ZEV 2008, 254.
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4. Bewertung a) Grundlagen und Rechtsentwicklung Die für die Höhe der subjektiven Steuerpflicht maßgebliche Bewertung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage richtet grundsätzlich nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (§ 12 ErbStG). Bei der Bewertung von Kapitalforderungen geht das Gesetz dabei vom Nennwert aus (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG). Bei der Bewertung von Betriebsvermögen ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. §§ 109 Abs. 1, 11 Abs. 2 BewG). Eine Einzelbewertung der Wirtschaftsgüter ist dabei (anders als früher) nur noch zur Bestimmung des Mindestwertes heranzuziehen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG).
27.27
Die heutige Regelung beruht auf dem Beschluss des BVerfG aus dem Jahr 20061. Die bis Ende 2008 geltenden Bewertungsvorschriften, insbesondere auch von unternehmerischem Vermögen haben den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht entsprochen. Die Neuregelung führt indes in zahlreichen Fällen zu einer erheblichen Überbewertung, so dass ihre Verfassungsmäßigkeit durchaus fraglich ist. Dies gilt insbesondere für das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 ff. BewG), die Mindestbewertung mit dem Substanzwert (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG) und die Abweichungen vom gemeinen Wert (§ 9 Abs. 2 und 3 BewG)2.
27.28
Bei der Frage nach der Bewertung der stillen Beteiligung an einem Unternehmen lassen sich grundsätzlich vier verschiedene Konstellationen unterscheiden: Zunächst ist in steuerrechtlicher Hinsicht danach zu differenzieren, ob es sich um eine typische stille Gesellschaft oder um eine (im steuerrechtlichen Sinne) atypische stille Gesellschaft3 (und somit um eine Mitunternehmerschaft) handelt. Bei der typischen stillen Gesellschaft ist die zweite Unterscheidung danach vorzunehmen, ob der Erwerber Inhaber einer stillen Beteiligung an einem Unternehmen wird (Besteuerung des stillen Gesellschafters) oder ob der subjektiv steuerpflichtige Erwerber Inhaber des Unternehmens wird, an dem eine stille Beteiligung besteht (Besteuerung des Inhabers). Bei der atypischen stillen Gesellschaft wäre eine solche Unterscheidung auch denkbar, jedoch dient im Fall der Mitunternehmerschaft (über den Verweis des § 109 Abs. 1 BewG) die stille Gesellschaft selbst als Subjekt für die Ermittlung und Feststellung des Werts, welcher dann auf die Gesellschafter aufzuteilen ist (Transparenzprinzip der §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, 97 Abs. 1a BewG). Die Bewertung der Anteile läuft insoweit parallel und wird im Folgenden gemeinsam behandelt.
27.29
1 BVerfG v. 7.11.2006 – 1 BvL 10/02, BStBl. II 2007, 192 = DStR 2007, 235 = ZEV 2007, 76 mit Anm. Piltz = NJW 2007, 573 mit Anm. Meincke. 2 Ausführlich dazu u.a. Landsittel, ZErb 2015, Sonderbeilage 1/2015, S. S3; Lüdicke, J., DB 2015, Heft 1/2, M5; Piltz, DStR 2015, 97 (101); Steger/Königer, BB 2015, 157 (164 f.); Viskorf, H.-U., DB 2015, Heft 17, M5, und bereits vor der Entscheidung des BVerfG aus dem Jahr 2014, Pauli, DB 2014, 1393; Welling/Kambeck, DB 2014, 2731. 3 Zur Ausgestaltung des atypischen stillen Gesellschafters als Mitunternehmer i.S. des Steuerrechts siehe Lasa, ZEV 2010, 433 (437 ff.) und (mit Formulierungsvorschlägen) Lasa in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.61 ff., Rz. 7 ff., S. 347 ff.
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b) Typisch stille Gesellschaft aa) Besteuerung des stillen Gesellschafters
27.30 Der stille Gesellschafter hat gegen den Inhaber einen Anspruch auf Auszahlung seines Gewinnanteils und – nach Auflösung der Gesellschaft – auf Rückzahlung der Einlage. Die Rückzahlung erfolgt zum Nennwert, sofern nichts anderes vereinbart ist und die Einlage nicht infolge einer Verlustbeteiligung gemindert ist. Wirtschaftlich betrachtet stellt sie eine Kapitalforderung dar, die statt einer festen Verzinsung oder neben einer solchen mit einer der Höhe nach schwankenden Gewinnbeteiligung ausgestattet ist. Demzufolge wird sie bewertungsrechtlich als Kapitalforderung behandelt1. Im Übrigen ist bei der Bewertung danach zu unterscheiden, ob die stille Beteiligung zum Betriebs- oder zum Privatvermögen gehört.
27.31 Bei Kapitalforderungen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, findet seit 2009 keine eigenständige Bewertung der typischen stillen Beteiligung mehr statt. Vielmehr wird das Betriebsvermögen, zu welchem die typische stille Beteiligung gehört, im Wege der Gesamtbewertung mit ihrem gemeinen Wert bewertet (§§ 109, 11 Abs. 2 BewG).
27.32 Die stille Beteiligung, die zum Privatvermögen gehört, ist als Kapitalforderung mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 12 Abs. 1 BewG; R E 12.1 und R B 12.4 Satz 1 ErbStR 2011). Diese Vorschriften sind durch das ErbStRG im Jahre 2009 nicht geändert worden. Es ist daher davon auszugehen, dass auch in Zukunft die bisher geltenden und im Folgenden ausgeführten Grundsätze für die Bewertung der typischen stillen Beteiligung bei typisch stillen Gesellschaften anzuwenden sind.
27.33 Eine Forderung, die uneinbringlich ist, bleibt bei der Bewertung außer Ansatz (§ 12 Abs. 2 BewG). Dies ergibt sich daraus, dass bei Vorliegen von besonderen Umständen eine Abweichung vom Nennwert notwendig ist.
27.34 Eine über den Nennwert hinausgehende Bewertung hingegen kann geboten sein, wenn die Kapitalforderung auf längere Zeit einen besonders hohen Ertrag verspricht und Verluste aller Voraussicht nach nicht entstehen können. Das trifft insbesondere auf stille Beteiligungen mit hohen Gewinnaussichten oder mit Ausschluss der Teilnahme am Verlust zu, vorausgesetzt, dass gegen ihre Sicherheit keine Bedenken bestehen2.
27.35 Der Wert der stillen Beteiligung wird aber nicht nur durch die anteilsmäßige Höhe der Gewinnbeteiligung, sondern auch durch die Ertragsaussichten und durch sonstige Bedingungen beeinflusst, die für die Vermögenseinlage und für die Gewinnbetei-
1 Eisele in Rössler/Troll, § 12 BewG Rz. 49 ff. (Stand: April 2012); Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 121 ff. (Stand: Oktober 2014); Geck in Kapp/Ebeling, § 12 ErbStG Rz. 140 ff. (Stand: September 2013); Horn in Fischer/Jüptner/Pahlke, § 12 ErbStG Rz. 110 ff.; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG Rz. 111 f. (Stand: März 2012); Lasa, ZEV 2010, 433 (438 f.); Meincke, § 12 ErbStG Rz. 28 ff.; Viskorf, H.-U. in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG/ BewG, § 12 BewG Rz. 64 ff. 2 RFH v. 14.3.1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906; RFH v. 26.11.1936 – III e A 67/36, RStBl. 1937, 6; RFH v. 13.10.1938 – III e 41/38, RStBl. 1939, 462.
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ligung maßgebend sind (Teilnahme oder Nichtteilnahme am Verlust, Möglichkeit der Zurückziehung der Einlage usw.). Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes stellt eine hohe Gewinnbeteiligung, die eine feste Verzinsung der Einlage von 4 % jährlich garantiert und zusätzlich 6 % des Jahresgewinns gewährt, in Verbindung mit einem Ausschluss der Verlustteilnahme einen Grund dar, die stille Einlage über die Höhe des Nennwertes hinaus zu bewerten. Wesentlich soll dabei auch und vor allem die künftige Entwicklung des Handelsgeschäfts und der Gewinnaussichten für die voraussichtliche Dauer der stillen Gesellschaft sein1. Ferner spielen auch die Rücklagen eine Rolle. Wenn der stille Gesellschafter auch regelmäßig nicht an ihnen beteiligt ist, sind sie doch auf den Wert der Einlage nicht ohne Einfluss, da sie die Ertragsaussichten des Unternehmens zu beeinflussen vermögen und die stille Beteiligung ihren Wert in dem daraus zu erwartenden Gewinnanteil hat2.
27.36
Der BFH hat als zusätzliche Voraussetzung für eine höhere Bewertung gut rentierlicher stiller Einlagen mit Recht die Vereinbarung einer längeren Laufzeit gefordert3. Hohe Gewinnaussichten können eine Bewertung über den Nennwert nur dann rechtfertigen, wenn dem stillen Gesellschafter eine Rechtsposition eingeräumt worden ist, die die Gewähr dafür bietet, dass er sein festgelegtes Kapital auch für einige Zeit ungestört arbeiten lassen kann, um die Voraussetzungen für die Verwirklichung der Gewinnaussichten zu schaffen. Das ist nicht der Fall, wenn die Kapitaleinlage des stillen Gesellschafters jederzeit zurückgezahlt werden kann, wie dies nach der gesetzlichen Regelung (§§ 234 Abs. 1 Satz 1, 132 HGB) unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist zum Geschäftsjahresende möglich ist. Bei einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen stillen Gesellschaft, deren Kündigung (gegenüber §§ 234 Abs. 1 Satz 1, 132 HGB) nicht erschwert ist, kommt eine Bewertung über dem Nennwert daher regelmäßig auch bei hohen Gewinnanteilsvereinbarungen nicht in Betracht. Eine solche ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vielmehr nur dann in Erwägung zu ziehen, wenn die stille Gesellschaft nach den Verhältnissen des Veranlagungszeitpunktes für eine Dauer von mindestens vier Jahren – nach Ansicht der Finanzverwaltung von mehr als fünf Jahren – besteht4. Bei der Beurteilung der Langfristigkeit ist aber nicht allein und ausschließlich auf die formelle Kündigungsmöglichkeit abzustellen. In Anlehnung an die Bewertung von Kapitalforderungen5, müssen vielmehr auch andere, am Bewertungsstichtag erkennbare Tatsachen berücksichtigt werden, die die Annahme der Langfristigkeit rechtfertigen. Solche Umstände können nahe Verwandtschaft, Ehegattenverhältnis, besondere betriebliche Verhältnisse und die Angebotslage hinsichtlich vergleichbarer Kapitalanlagen sein. Im Einzelfall dürfte eine höhere Bewertung auch dann möglich sein, wenn zwar formal eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit besteht, aber sich aus bestimmten objektiven Umständen ergibt, dass eine langfristige Anlage gewollt ist. Ebenso ist statt der formellen Kündigungsfristen bei der Beurtei-
27.37
1 RFH v. 2.12.1930 – I e A 106/30, RStBl. 1931, 357. 2 RFH v. 26.1.1936 – III e A 67/36, RStBl. 1937, 6. 3 BFH v. 21.1.1966 – III 116/61, BFHE 86, 273; BFH v. 7.5.1971 – III R 7/69, BFHE 102, 407 = BStBl. II 1971, 642. So auch die Finanzverwaltung in R B 12.4 Satz 2 ErbStR 2011. 4 BFH v. 7.5.1971 – III R 76/69, BFHE 102, 407 = BStBl. II 1971, 642, sowie die Finanzverwaltung in R B 12.4 Satz 6 ErbStR 2011. 5 Hierzu BFH v. 10.2.1982 – II R 3/80, BStBl. II 1982, 351; BFH v. 22.3.2001 – II B 77/00, BFH/NV 2001, 1103.
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lung der Langfristigkeit die Laufzeit zu berücksichtigen, die nach den Umständen am Stichtag zu erwarten ist.
27.38 Für die Beurteilung der Frage, ob eine die Höherbewertung rechtfertigende hohe Verzinsung vorliegt, kann auf die Praxis bei der Bewertung von Kapitalforderungen zurückgegriffen werden, wo die Grenze bei 9 % angesetzt ist. Eine entsprechende Modifikation sehen die Richtlinien der Finanzverwaltung vor (R B 12.4 und R B 103.2 Abs. 4 ErbStR 2011, zuvor R 112 ErbStR 2003). Danach gilt Folgendes: Liegt der Durchschnittsertrag über 9 %, ist der Nennwert der Einlage um das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen dem Durchschnittsertrag und einer Verzinsung von 9 % zu erhöhen1. Der Faktor fünf trägt der Tatsache Rechnung, dass ein in Raten anfallender Vermögensvorteil weniger wert ist als ein sofort realisierbarer Vorteil2. Der Durchschnittsertrag ist dabei möglichst aus den Gewinnanteilen der letzten drei vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahre herzuleiten.
27.39 Es ist jedoch zu beachten, dass es keine starre, fortwährend gültige Grenze geben kann. Vielmehr ist jeweils zu fragen, welchen Ertrag vergleichbare Anlagen zum Bewertungszeitpunkt bringen, und es sind die Risiken zu berücksichtigen, die durch die Vergütung abgegolten werden sollen3. Daher muss sich die Beurteilung der besonders guten Rentabilität auch und vor allem am allgemeinen Zinsniveau orientieren. Bei starker Veränderung muss die Grenze des besonders hohen Ertrages, der eine Bewertung über dem Nennwert rechtfertigen soll, entsprechend angepasst werden. Bei dem derzeit (Stand: Mai 2016) niedrigen Zinsniveau dürfte die Grenze von 9 % zu hoch angesetzt sein.
27.40 Es können andererseits Gründe vorliegen, die eine Bewertung der stillen Beteiligung unter ihrem Nennwert rechtfertigen. Hier ist daran zu denken, dass der stille Gesellschafter vertraglich verpflichtet ist, die ihm zustehenden Gewinnanteile für längere Zeit im Geschäft des Inhabers zu belassen, dass er in der Verfügung über dieselben beschränkt4 oder dass infolge der wirtschaftlichen Verhältnisse des Inhabers zweifelhaft ist, ob er seine Vermögenseinlage bei Auflösung der Gesellschaft zurückerhalten wird. Die Beurteilung hängt von den tatsächlichen Verhältnissen am Bewertungsstichtag ab. Es sind jedoch auch solche Umstände zu berücksichtigen, die am Stichtag dem Grunde nach schon vorlagen, aber erst nach dem Stichtag bekannt geworden sind5. Schwierigkeiten in der Beurteilung der Rechtslage sind dagegen kein besonderer Umstand, der einen Abschlag rechtfertigt6. Die Tatsache, dass bei der Ausschüttung der Gewinnanteile an den stillen Gesellschafter Kapitalertragsteuer einzubehalten ist, ist ebenfalls kein besonderer Umstand, der eine Bewertung der Forderung unter dem Nennwert rechtfertigt7.
1 Siehe dazu das Berechnungsbeispiel in H B 12.4 ErbStR 2011. 2 Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG Rz. 111 (Stand: März 2012); Viskorf, H.-U. in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, § 12 BewG Rz. 65. 3 So auch BFH v. 10.2.1982 – II R 3/80, BStBl. II 1982, 351 (für Kapitalforderungen). 4 RFH v. 14.3.1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906. 5 RFH v. 10.2.1938 – III 215/37, RStBl. 1938, 537. 6 BFH v. 1.9.1961 – III 15/60 U, BStBl. III 1961, 493. 7 BFH v. 15.12.1967 – III R 49/67, BFHE 91, 427 = BStBl. II 1968, 340; FG Nürnberg v. 24.11.1964 – IV 83/64, EFG 1965, 262.
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Ist der stille Gesellschafter auch am Verlust des Handelsgewerbes beteiligt führt dies zu einem Bewertungsabschlag, soweit die Verluste am Bewertungsstichtag noch bestehen und nicht durch Gewinne wieder ausgeglichen worden sind1.
27.41
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (R B 12.4 Satz 3 ErbStR 2011) ist der Nennwert der Einlage zu mindern, wenn der Durchschnittsertrag unter 3 % liegt und die Kündbarkeit der Einlage am Bewertungsstichtag für längere Zeit ausgeschlossen ist. Der Nennwert ist dann i.H. des Fünffachen des Unterschiedsbetrags zwischen der Verzinsung von 3 % und dem Durchschnittsertrag zu mindern. Für den Durchschnittsertrag sind die Gewinnanteile der letzten drei vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahre maßgebend.
27.42
Eine Vermögenseinlage, deren dingliche Sicherheit zur Befriedigung des stillen Gesellschafters ausreicht, ist in der Regel voll anzusetzen, auch wenn der Inhaber bei Auflösung der Gesellschaft voraussichtlich Schwierigkeiten in der Beschaffung der erforderlichen Barmittel haben wird2. Eine Bewertung unter dem Nennwert wäre nur berechtigt, wenn der stille Gesellschafter trotz der dinglichen Sicherung mit Verlusten rechnen muss. Unsichere Forderungen sind mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, der nach den voraussehbaren Umständen mutmaßlich zu erhalten sein wird.
27.43
Besteht die Einlage des stillen Gesellschafters u.a. in der Erbringung von Diensten, so muss für die Bewertung der stillen Einlage der Jahresertrag um den darin enthaltenen Wert der von dem stillen Gesellschafter in Erfüllung des Gesellschaftsvertrags erbrachten Dienste gekürzt werden3. Als angemessen ist das Gehalt anzusehen, das einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft gezahlt werden kann, ohne dass verdeckte Gewinnausschüttung angenommen wird.
27.44
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Bewertung der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters mit dem Betrag zu erfolgen hat, den ein vorsichtig rechnender Kaufmann unter verständiger Berücksichtigung aller werterhöhenden und wertmindernden Umstände am Bewertungsstichtag für die Beteiligung zahlen würde4.
27.45
bb) Besteuerung des Inhabers Durch das Erbschaftsteuerreformgesetz wurde für alle Steuersachverhalte ab dem 1.1.2009 die Einzelbewertung von Wirtschaftsgütern abgeschafft und durch eine Gesamtbewertung des Unternehmens mit dem gemeinen Wert ersetzt (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. §§ 109 Abs. 1, 11 Abs. 2 BewG). Die Bewertung der typischen stillen Gesellschaft spielt daher beim Erwerb eines Unternehmens grundsätzlich keine eigenständige Rolle mehr, da sich der Unternehmenswert nach dem Ertragswert bemisst (§§ 109, 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Falls es dennoch auf eine substanzielle Bewer-
1 Eisele in Rössler/Troll, § 12 BewG Rz. 50 (Stand: April 2012); Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG Rz. 112 (Stand: März 2012); Viskorf, H.-U. in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, § 12 BewG Rz. 65. 2 RFH v. 6.2.1933 – III A 420/32, RStBl. 1933, 217. 3 FG Köln v. 4.11.1982 – III (XIV) 479/77 V, EFG 1983, 479. 4 RFH v. 14.3.1935 – III e A 90/33, RStBl. 1935, 906.
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tung der stillen Beteiligung ankommt (beispielsweise als Untergrenze beim Ertragswertverfahren gemäß §§ 109, 11 Abs. 2 Satz 3 BewG), dürften die bisher geltenden Grundsätze weiter Beachtung finden. c) Atypisch stille Gesellschaft
27.47 Bei der atypischen stillen Gesellschaft bestimmt sich der Wert der Beteiligung nach denselben Grundsätzen, wie der Wert des Anteils an einer OHG oder KG. Als mitunternehmerische Personengesellschaft ist zunächst der Wert der Bewertungseinheit Gewerbebetrieb zu ermitteln (nach § 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. §§ 95 Abs. 1, 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 3 EStG) und sodann auf den atypischen stillen Beteiligten und den Inhaber des Handelsgeschäftes (nach Maßgabe des § 97 Abs. 1a BewG) aufzuteilen1.
27.48 Beim Gewerbebetrieb einer atypischen stillen Gesellschaft als „andere Gesellschaft“ (i.S. des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG) ist das gesamte Gemeinschaftsvermögen dem Betriebsvermögen zuzurechnen. Auch das Sonderbetriebsvermögen wird dem Betriebsvermögen zugerechnet, soweit es bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehört (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG). Dabei sind die Wirtschaftsgüter, die im Vermögen von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BewG) stehen, nicht ausgenommen. Bei der GmbH & Still wird also auch das Sonderbetriebsvermögen der GmbH dem Betriebsvermögen zugerechnet. Die Grundsätze für die atypische stille Gesellschaft gelten damit auch unterschiedslos für die GmbH & Still.
27.49 Für den Bestand und die Bewertung des Betriebsvermögens sind die Verhältnisse zur Zeit der Entstehung der Steuerschuld maßgebend (§ 12 Abs. 1 ErbStG). Demnach ist für den Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung eine Vermögensaufstellung zu errichten, um das (Sonder-)Betriebsvermögen des Inhabers und etwaiges Sonderbetriebsvermögen des atypischen stillen Gesellschafters zu ermitteln.
27.50 Seit dem 1.1.2009 ist das Betriebsvermögen mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. §§ 109 Abs. 2, 11 Abs. 2 BewG). Dies gilt auch für die atypische stille Gesellschaft (§ 12 Abs. 5 ErbStG i.V.m. §§ 151, 109 Abs. 2, 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Maßgeblich für die Bewertung der stillen Beteiligung ist daher der Veräußerungserlös aus Verkäufen zwischen fremden Dritten bzw., sollten solche mehr als ein Jahr zurückliegen, der hypothetische Veräußerungswert, wobei der Substanzwert die Untergrenze bildet (§§ 109 Abs. 2, 11 Abs. 2 Satz 3 BewG)2. Die Bewertung des hypothetischen Veräußerungserlöses ist unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der stillen Gesellschaft oder einer anderen an-
1 Eisele in Rössler/Troll, § 97 BewG Rz. 11, 12, 15 und 26 ff. (Stand: November 2014); Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, § 7 ErbStG Rz. 121 ff. (Stand: Oktober 2014) und § 12 ErbStG Rz. 854 ff. (Stand: September 2013); Lasa in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.61 ff., Rz. 20, S. 350 und Rz. 45, S. 356, sowie Abschnitt A. 2.63, Rz. 5, S. 367; Wälzholz in Viskorf/Knobel/Schuck/Wälzholz, ErbStG/BewG, § 97 BewG Rz. 10, 18 und 37. 2 Zur Methodenkonkurrenz für die Wertermittlung nach dem Erbschaftsteuerreformgesetz siehe u.a. Piltz, Ubg 2009, 13; Viskorf, H.-U., ZEV 2009, 591.
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erkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode zu ermitteln (§§ 109 Abs. 2, 11 Abs. 2 Satz 2 BewG)1. Im Ergebnis enthält das Gesetz damit eine unwiderlegliche Vermutung, dass zeitnahe Verkäufe in der Vergangenheit den zutreffenden Marktwert zum Bewertungsstichtag richtig widerspiegeln2. Haben keine zeitnahen Verkäufe stattgefunden, orientiert sich die Bewertungsmethode für erbschaftsteuerliche Zwecke an den auch außersteuerlich maßgeblichen Bewertungsmethoden der beteiligten Wirtschaftskreise. Der Gesetzgeber greift mit der Ertragswertmethode auf den empirischen Befund zurück, dass die Praxis für Beteiligungen an großen Gesellschaften den Wert ohnehin aus dem eingesetzten Kapital ableitet, das ein Investor einsetzen würde, um aus seinem Investment eine angemessene Rendite zu erzielen. Die Ertragswertmethode ist aber nach Ansicht des Gesetzgebers nicht für die Bewertung jedes Unternehmens geeignet bzw. am jeweiligen Markt üblich. Würden in solchen Fällen andere gebräuchliche Bewertungsmethoden zur Preisbildung angewandt, so müsse dies auch das Steuerrecht respektieren. Alternative Methoden seien vor allem vergleichsorientierte Methoden und Multiplikatorenmethoden. Um Schätzungsunschärfen, die zulasten des Steuerpflichtigen gehen würden, zu vermeiden, solle auf die Sicht eines gedachten Käufers abgestellt werden, da dieser im Unterschied zum Verkäufer bemüht sein wird, den Preis möglichst niedrig zu halten. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf soll derjenige die Feststellungslast, ob eine derartige Methode anstelle der Ertragswertmethode anwendbar ist, tragen, der sich jeweils darauf beruft. Aus dem Gesetzesentwurf ging dies zwar nicht unmittelbar hervor, folgt aber aus grundsätzlichen systematischen Erwägungen unter Berücksichtigung des Gesetzgebungsverfahrens, nach denen prinzipiell die Ertragswertmethode anwendbar sein soll. Dies gilt sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für das Finanzamt.
27.51
Besondere Bedeutung für die Bewertung der atypischen stillen Beteiligung kommt dem vereinfachten Ertragswertverfahren zu (§§ 199 ff. BewG i.V.m. R B 199.1 ErbSR 2011). Für die Ermittlung des gemeinen Wertes von Betriebsvermögen kann das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet werden, wenn es nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt (§ 199 Abs. 2 BewG). Hierzu ist der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag der atypischen stillen Gesellschaft mit einem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren (§ 200 Abs. 1 BewG).
27.52
Der nachhaltig erzielbare Jahresertrag ist in der Regel aus dem Durchschnitt der Betriebsergebnisse der letzten vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten (§ 201 Abs. 1 BewG). Die maßgeblichen Betriebsergebnisse wiederum sind aus dem Gewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) herzuleiten und dafür um bestimmte Hinzurechnungen und Abzüge zu bereinigen (siehe § 202 BewG).
27.53
Der Kapitalisierungsfaktor wird gesetzlich geregelt (§ 203 BewG). Er ist der Kehrwert des maßgeblichen Kapitalisierungszinssatzes. Der Kapitalisierungszinssatz setzt sich zusammen aus einem Basiszins, welcher aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abzuleiten ist und vom Bundesministerium der Finanzen im Bundesteuerblatt veröffentlicht wird, und einem Zuschlag von 4,5 %. Daraus ergibt sich für das Jahr 2016 ein (völlig überhöhter) Kapitalisierungsfaktor von 17,86.
27.54
1 Siehe dazu auch R B 199.1 ErbStR 2011. 2 Begründung zum Regierungsentwurf, BR-Drucks. 4/08, S. 61 ff.
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27.55 Untergrenze für die Bewertung von Betriebsvermögen ist stets der Substanzwert, also die Summe der gemeinen Werte der zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden (§ 11 Abs. 2 Satz 3 BewG).
27.56 Für die Besteuerung des Inhabers des Unternehmens gelten diese Ausführungen zur Bewertung des Betriebsvermögens entsprechend.
27.57 Der Wert des Betriebsvermögens wird dem stillen Gesellschafter anteilig zugerechnet (§ 97 BewG). Dabei sind das Gesamthandvermögen und das Sonderbetriebsvermögen getrennt zu bewerten. Der Ertragswert des Gesamthandvermögens ist zunächst anhand der Kapitalkonten aus der Gesamthandelsbilanz zu verteilen. Der nach Abzug der Kapitalkonten verbleibende Restwert ist sodann anhand des Gewinnverteilungsschlüssels aufzuteilen. Aus der Summe aus dem anteiligen Wert des Gesamthandvermögens und dem gemeinen Wert des Sonderbetriebsvermögens ergibt sich der gemeine Wert der Beteiligung.
27.58 Für die atypische stille Gesellschaft ergibt sich das Problem, dass weder eine Gesamthandelsbilanz noch ein Gesamthandsvermögen der stillen Gesellschaft besteht. Ausgangspunkt für die Zurechnung dürfte daher die Handelsbilanz des Inhabers und das steuerliche Sonderbetriebsvermögen der Beteiligten sein. 5. Verschonung von unternehmerischem Vermögen a) Grundlagen und Rechtsentwicklung
27.59 Die Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen (§§ 13a, 13b und 19a ErbStG) wurden im Rahmen des Erbschaftsteuerreformgesetzes1 grundlegend neu geregelt. Seit deren Inkrafttreten zum 1.1.2009 sind allerdings schon wieder zahlreiche Gesetzesänderungen erfolgt (siehe dazu u.a. die Übergangsregelungen in § 37 ErbStG)2.
27.60 Die Grundstrukturen des derzeitigen Verschonungsmodells für den Erwerb von unternehmerischem Vermögen lassen sich (stark vereinfacht) wie folgt skizzieren3.
27.61 Die steuerliche Verschonung setzt den Erwerb von begünstigtem Vermögen voraus. Als begünstigtes Vermögen gilt (weitgehend unverändert) land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen sowie bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften (§ 13b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ErbStG). Im Vergleich zur früheren Rechtslage wurde der Umfang des Vermögens insbesondere dadurch erweitert, dass jetzt nicht mehr nur inländisches Vermögen, sondern auch Vermögen in den EU-/EWR-Mitgliedsstaaten begünstigt ist. Für Anteile an Kapitalgesellschaften wurde die strenge Mindestbeteiligungsgrenze von mehr als 25 % am Nennkapital der Gesellschaft dadurch gelockert,
1 Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG), BGBl. I 2008, 3018 = BStBl. I 2009, 140. 2 Siehe dazu auch die ausführliche Darstellung der Entstehungsgeschichte der Verschonungsregelungen in BVerfG v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12, BStBl. I 2015, 4 = BStBl. II 2015, 50 = DStR 2015, 31 = ZEV 2015, 19 = FR 2015, 160 mit Anm. Bareis und mit Anm. Born/Kühn = GmbHR 2015, 88 = NJW 2015, 303. 3 Siehe dazu im Einzelnen die zahlreichen Kommentare zum ErbStG.
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als bei Bestehen von besonderen Poolvereinbarungen die Anteile mehrerer Gesellschafter zusammengerechnet werden können (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG). Der Erwerb von solchem begünstigten Vermögen wird allerdings (anders als früher) nicht mehr stets steuerlich verschont. Vielmehr kommt es darauf an, inwieweit es sich bei dem begünstigten Vermögen um „gutes“ („produktives“) Vermögen oder um „schlechtes“ („unproduktives“) Vermögen handelt. Das „schlechte“ („unproduktive“) Vermögen wird vom Gesetzgeber jetzt als Verwaltungsvermögen bezeichnet (§ 13b Abs. 2 ErbStG). Beträgt der Anteil des Verwaltungsvermögens am gesamten Vermögen mehr als 50 %, ist der Erwerb insgesamt nicht begünstigt (§ 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG). Das Verwaltungsvermögen „infiziert“ in diesem Fall das gesamte begünstigte Vermögen. Beträgt der Anteil des Verwaltungsvermögens dagegen höchstens 50 %, ist der Erwerb insgesamt begünstigt. In diesem Fall wird auch der Erwerb des Verwaltungsvermögens steuerlich begünstigt (sofern es dem Betrieb schon seit mindestens zwei Jahren zuzurechnen war, § 13b Abs. 2 Sätze 3 ff. ErbStG). Es gilt insoweit ein „Alles-oder-Nichts-Prinzip“, das vom BVerfG allerdings als verfassungswidrig angesehen wurde und daher neu geregelt werden muss.
27.62
Der Begriff des Verwaltungsvermögens ist im Gesetz abschließend definiert (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 5 ErbStG). Bei der Abgrenzung zwischen dem (nicht begünstigungswürdigen) Verwaltungsvermögen und dem (begünstigungswürdigen) unternehmerischen Vermögen ist ein allgemeiner Grundgedanke kaum zu erkennen. Vielmehr ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ein von Individualinteressen geprägtes System von Ausnahmen, Rückausnahmen und Unterausnahmen entstanden, das maßgeblichen Einfluss auf die steuerliche Verschonung hat. Als schädliches Verwaltungsvermögen gelten dabei u.a. auch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ErbStG), Anteile an Kapitalgesellschaften, soweit die unmittelbare Beteiligung an dem Nennkapital der Kapitalgesellschaft nicht über 25 % beträgt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ErbStG) und Beteiligungen an anderen Gesellschaften, d.h. auch an atypischen stillen Gesellschaften, wenn bei diesen Gesellschaften das Verwaltungsvermögen mehr als 50 % übersteigt (§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 ErbStG).
27.63
Im Regelfall wird ein Verschonungsabschlag i.H. von 85 % gewährt (§ 13b Abs. 4 ErbStG), so dass lediglich 15 % des erworbenen Vermögens der Besteuerung unterliegen. Für kleine und mittlere Unternehmen wird darüber hinaus noch ein Abzugsbetrag von maximal 150 000 Euro gewährt (§ 13 Abs. 2 ErbStG). Bei Erwerbern der Steuerklasse II und III erfolgt zudem eine Tarifermäßigung, die im Ergebnis einer Besteuerung nach der günstigsten Steuerklasse I gleichkommt (§ 19a ErbStG).
27.64
Die weitreichende Verschonung wird von zwei Voraussetzungen abhängig gemacht: Zum einen muss der Erwerber den Betrieb mindestens fünf Jahre lang fortführen (§ 13a Abs. 5 ErbStG) und zum anderen muss die Lohnsumme in dem Betrieb während dieser Zeit weitgehend unverändert beibehalten werden (§ 13a Abs. 1 und Abs. 4 ErbStG). Verstößt der Erwerber gegen diese Auflagen, kommt es zu einer anteiligen Nachversteuerung.
27.65
Jeder Erwerber hat die Möglichkeit, anstelle der Regelverschonung i.H. von 85 % eine Verschonung i.H. von 100 % zu wählen (§ 13a Abs. 8 ErbStG). In diesem Fall darf der Anteil des Verwaltungsvermögens bei höchstens 10 % liegen (anstelle von 50 % bei der Regelverschonung), die Behaltefrist sowie die Lohnsummenfrist beträgt sieben
27.66
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Jahre (statt fünf Jahre bei der Regelverschonung), und die Lohnsumme muss praktisch vollständig beibehalten werden (700 % der Ausgangslohnsumme statt 400 %).
27.67 Schon dieser kurze Überblick macht deutlich, dass die neuen Verschonungsregelungen außerordentlich komplex und streitanfällig sind. Die Auslegung und Anwendung der neuen Verschonungsregelungen wird in den nächsten Jahren Anlass für zahlreiche Streitigkeiten sein und auch zu einer Vielzahl von Prozessen führen.
27.68 Die Frage der Verschonung ist für die Unternehmensnachfolge von entscheidender Bedeutung: Erwerber, die in den Genuss der Verschonung kommen, werden zumindest i.H. von 8 % (und im Einzelfall sogar in voller Höhe) von der Steuer befreit. Bezogen auf den gemeinen Wert des erworbenen Vermögens kommt es somit zu einer maximalen Steuerbelastung von 4,5 % (während der Eingangssteuersatz sonst bei 7 % liegt. Erwerber, denen die Verschonung dagegen nicht gewährt wird, müssen eine hohe Besteuerung (mit Steuersätzen von bis zu 50 %) bezogen auf den gemeinen Wert befürchten. b) Typisch stille Gesellschaft
27.69 Die typische stille Beteiligung wird für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer als eine bloße Kapitalforderung behandelt. Demnach handelt es sich um kein begünstigtes Vermögen (§§ 13a, 13b ErbStG). Eine steuerliche Verschonung des Erwerbs erfolgt nicht1. c) Atypisch stille Gesellschaft aa) Betriebsvermögen
27.70 Die atypische stille Beteiligung wird steuerlich als Mitunternehmeranteil qualifiziert (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG2), so dass die Begünstigungen für Betriebsvermögen anwendbar sind (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).
27.71 Die unentgeltliche Übertragung einer (bestehenden) atypisch stillen Beteiligung ist demnach steuerlich begünstigt (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG)3. Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung ist aber stets, dass beim Erblasser/Schenker ein Mitunternehmeranteil bestanden hat, dieser auf den Erwerber übertragen wird und der Erwerber den Mitunternehmeranteil erwirbt4.
27.72 Nicht abschließend geklärt ist dagegen, ob auch die erstmalige Einräumung einer atypisch stillen Beteiligung begünstigt ist5. Dagegen könnte sprechen, dass beim Schenker in diesem Fall noch kein entsprechender Mitunternehmeranteil bestand, sondern 1 Lasa, ZEV 2010, 433 (439). Zur schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil, die nicht die Voraussetzungen einer atypischen Unterbeteiligung erfüllt, siehe auch BFH v. 18.9.2013 – II R 63/11, BFH/NV 2014, 349 = GmbHR 2014, 270 mit Anm. Milatz = MittBayNot 2014, 564 mit Anm. Ziegler. 2 Siehe dazu Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 340 m.w.N. auch zur Rspr. 3 Crezelius in FS Harald Schaumburg, 2009, S. 239 (251); Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, § 13b ErbStG Rz. 57 und 73 ff. (Stand: September 2013); Lasa, ZEV 2010, 433 (439 ff.). Speziell zu Unterbeteiligungen an Personengesellschaftsanteilen auch Werner, ZEV 2015, 194 (196 ff.). 4 Siehe dazu allgemein aus Sicht der Finanzverwaltung R E 13b.5 ErbStR 2011. 5 Dafür wohl Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, § 13b ErbStG Rz. 57 und 73 ff. (Stand: September 2013). Dagegen Lasa, ZEV 2010, 433 (439 ff.).
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dieser beim Erwerber erstmals begründet wird. Zudem erwirbt der Erwerber keinen Anteil am Vermögen des Schenkers, sondern eine atypische Beteiligung an dem Unternehmen. An diesem Unternehmen war bzw. ist der Schenker allerdings auch selbst beteiligt. Aufgrund des Normzwecks und der Systematik erscheint es sachgerecht, auch den Erwerb einer (neu begründeten) atypisch stillen Gesellschaft steuerlich zu begünstigen. Maßgebend ist, dass der Erwerber begünstigtes Vermögen erwirbt und dieses fortführt. Dies ist hier der Fall. Für die steuerliche Begünstigung des Erwerbs einer atypisch stillen Beteiligung spricht auch die neuere Rechtsprechung zum Zuwendungsnießbrauch an einem Mitunternehmeranteil1. Rechtsprechung2 und Finanzverwaltung3 gehen übereinstimmend davon aus, dass der isolierte Erwerb eines Zuwendungsnießbrauchs an einem Mitunternehmeranteil auch dann steuerlich begünstigt ist, wenn der Erwerber zwar nie Gesellschafter gewesen, aber Mitunternehmer geworden ist.
27.73
Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs steht der steuerlichen Begünstigung von atypischen stillen Beteiligungen nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus einer viel zitierten Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 20014. Damals hat der BFH (zur früheren, heute nicht mehr maßgeblichen Rechtslage) lediglich festgestellt, dass ein begünstigter Erwerb „im Wege der vorweggenommen Erbfolge“ nicht vorliegt, wenn eine Unterbeteiligung unter dem Vorbehalt von verschiedenen Bedingungen und Kündigungsrechten übertragen wird. Kern der Entscheidung war somit die Auslegung des Begriffs der vorweggenommenen Erbfolge und nicht die Frage, ob eine Unterbeteiligung zum begünstigten Vermögen gehört.
27.74
Die Finanzverwaltung hat in den vergangenen Jahren die steuerliche Begünstigung von mittelbaren Unternehmensbeteiligungen immer wieder in Frage gestellt. Begünstigt sollte angeblich nur der Erwerb von unmittelbaren Beteiligungen sein, nicht aber auch bloß mittelbare Beteiligungen wie etwa Treuhandbeteiligungen5, stille Beteiligungen oder Unterbeteiligungen6. Diese Ansicht hat die Finanzverwaltung zwischenzeitlich zu Recht (bundesweit) aufgegeben. Atypische stille Beteiligungen (und
27.75
1 Zur Einräumung eines Nießbrauchs an einer atypisch stillen Beteiligung siehe Lasa in Hannes (Hrsg.), Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2011, Abschnitt A. 2.64 ff., S. 370 ff. (mit Formulierungsvorschlag). 2 BFH v. 1.9.2011 – II R 67/09, BStBl. II 2013, 210 = ZEV 2012, 51 = GmbHR 2011, 1331 = DStRE 2012, 38 = DB 2013, 328. Dazu Viskorf, S./Haag, M., ZEV 2012, 24; Seifried, DStR 2012, 274. 3 Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleich lautende Erlasse v. 2.11.2012 – 34 – S 3812b – 005 – 38 141/12, BStBl. I 2012, 1101 = DStR 2012, 2440 = DB 2013, 28 = ZEV 2013, 51 (Einräumung, Überlassung der Ausübung oder Verzicht auf Nießbrauch an einem Anteil an einer Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG). Ausführlich zum Ganzen Eisele, NWB 51/2012, S. 4151; Stein, DStR 2013, 567. 4 BFH v. 25.1.2001 – II R 52/98, BStBl. II 2001, 414 = DStR 2001, 573 mit Anm. Mößlang = ZEV 2001, 165 mit Anm. H.-U. Viskorf = FR 2001, 484 mit Anm. H.-U. Viskorf und Kobor. 5 Zur Begünstigung des Erwerbs von treuhänderisch gehaltenen Kommanditanteilen siehe FG Nds. v. 28.7.2010 – 3 K 215/09, DStRE 2010, 1191 = EFG 2010, 1805. Ausführlich dazu Richter/Fürwentsches, DStR 2010, 2070. So auch die Finanzverwaltung, siehe etwa Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Erlass v. 16.9.2010 – 34 S 3811 – 035 – 38476/10, DStR 2010, 2084 = DB 2010, 2420 = ZEV 2010, 658 (zur Übertragung treuhänderisch gehaltener Vermögensgegenstände). 6 Immer noch missverständlich ist R E 13b.5 Abs. 3 Satz 3 ErbStR („Begünstigungsfähig ist nur der unmittelbare Übergang von Betriebsvermögen.“).
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atypische Unterbeteiligungen) gehören demnach heute unstreitig zum begünstigten Vermögen1. Die steuerliche Begünstigung knüpft bei Betriebsvermögen alleine an den ertragsteuerrechtlichen Mitunternehmerbegriff an (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Demgegenüber ist insoweit ohne Bedeutung, ob es sich zivilrechtlich um eine unmittelbare oder eine nur mittelbare Unternehmensbeteiligung handelt (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG im Unterschied zu § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, wo das Gesetz eine „unmittelbare“ Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft verlangt). bb) Anteile an Kapitalgesellschaften
27.76 Der unentgeltliche Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften (im Privatvermögen) ist grundsätzlich nur dann begünstigt, wenn der Erblasser bzw. Schenker am Nennkapital der Gesellschaft zu mehr als 25 % „unmittelbar“ beteiligt war (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG). Die Notwendigkeit einer unmittelbaren Beteiligung besteht auch dann, wenn der Erblasser bzw. Schenker die Mindestbeteiligung von 25 % nicht alleine, sondern nur aufgrund einer entsprechenden Poolvereinbarung erreicht (§ 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG).
27.77 BFH2 und Finanzverwaltung3 gehen übereinstimmend davon aus, dass es für das Vorliegen einer unmittelbaren Beteiligung ausschließlich auf die zivilrechtlichen Gesellschafterverhältnisse ankommt. Wirtschaftliche (siehe § 39 AO) und/oder steuerliche (siehe § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG) Überlegungen sind insoweit ohne Bedeutung.
27.78 Die atypische stille Beteiligung ist zwar zivilrechtlich eine mittelbare Unternehmensbeteiligung. Allerdings handelt es sich dabei steuerrechtlich um Betriebsvermögen, so dass der Erwerb eines entsprechenden Mitunternehmeranteils (nach § 13b Abs. 1 Nr. 2, nicht Nr. 3 ErbStG) begünstigt ist4. Entsprechendes gilt auch für eine Unterbeteiligung an einer Kapitalgesellschaft5. 6. Freibeträge und Steuertarif
27.79 Für die schenkungsweise Zuwendung stiller Beteiligungen an Familienangehörige bestehen verschiedene Freibeträge (siehe §§ 16 und 17 ErbStG). Der Erwerb des Ehegat1 Siehe dazu allgemein (und zwar unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren, abweichenden Auffassung der Finanzverwaltung) Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, Erlass v. 23.3.2009 – 34 – S 3811 – 035 – 11256/09, DStR 2009, 908, und FinMin Ba.-Wü., Erlass v. 9.4.2009 – 3 S 2806/51, DB 2009, 878. Speziell zu den Besonderheiten bei Auslandssachverhalten FinMin Bayern, Erlass v. 9.7.2010 – 34 – S 3812a-018-28 363/10, DStR 2010, 1575, und FinMin Ba.-Wü., Erlass v. 2.11.2010 – 3 S 3806/51, DB 2010, 2765 (bei Personengesellschaften keine Begünstigung von Vermögen von Betriebsstätten in Drittstaaten, wobei für Zuordnung alleine die Tätigkeit des Inhabers des Handelsgewerbes maßgebend ist). 2 BFH v. 11.6.2013 – II R 4/12, BStBl. II 2013, 742 = DStR 2013, 1536 = ZEV 2013, 464 = DB 2013, 1766 = ZEV 2013, 464 = GmbHR 2013, 940 mit Anm. Milatz/Müller = BB 2013, 2533 mit Anm. Zipfel = ZErb 2013, 333. Ausführlich dazu Daragan, ZErb 2013, 319; Geck, ZEV 2013, 601; Hübner, DStR 2013, 2257. Siehe ferner auch BFH v. 18.9.2013 – II R 63/11, BFH/NV 2014, 349 = GmbHR 2014, 270 mit Anm. Milatz = MittBayNot 2014, 564 mit Anm. Ziegler (zum nicht begünstigten Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden GbR). 3 R E 13b.6 Abs. 2 Satz 3 ErbStR 2011. 4 So im Ergebnis auch Lasa, ZEV 2010, 433 (439) (allerdings ohne nähere Erörterung des Kriteriums der Unmittelbarkeit der Beteiligung). 5 Speziell zur Unterbeteiligung an Kapitalgesellschaftsanteilen Werner, ZEV 2015, 194 (199).
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ten (und Lebenspartners) ist i.H. von bis zu 500 000 Euro steuerfrei. Für Kinder, Stiefkinder und Kinder verstorbener Kinder beträgt der persönliche Freibetrag 400 000 Euro. Enkelkinder erhalten einen Freibetrag von 200 000 Euro. Für die übrigen Personen der Steuerklasse I wird ein Freibetrag von 100 000 Euro gewährt. Für Personen der Steuerklasse II (Eltern, Großeltern und weitere Voreltern, Stiefeltern, voll- und halbbürtige Geschwister, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern) und für alle anderen Personen der Steuerklasse III bleibt einheitlich ein Erwerb i.H. von 20 000 Euro steuerfrei. Ehegatten, Lebenspartnern und Kindern wird darüber hinaus ein besonderer Versorgungsfreibetrag gewährt (§ 17 ErbStG). Mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile werden in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden (§ 14 Abs. 1 ErbStG). Von der Steuer für den Gesamtbetrag wird die Steuer abgezogen, welche für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers und auf Grundlage der geltenden Vorschriften zur Zeit des letzten Erwerbs zu erheben gewesen wäre. Die durch jeden weiteren Erwerb veranlasste Steuer darf nicht mehr betragen als 50 % dieses Erwerbs (§ 14 Abs. 3 ErbStG).
27.80
Die Steuersätze richten sich nach der Höhe der freigebigen Zuwendung und nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser bzw. Schenker (§ 19 ErbStG). In der Steuerklasse I betragen die Steuersätze zwischen 7 % und 30 %, in der Steuerklasse II zwischen 15 % und 43 % und in der Steuerklasse III 30 % bzw. 50 %. Der Höchststeuersatz greift allerdings erst bei einem steuerpflichtigen Erwerb von über 26,0 Mio. Euro ein.
27.81
Bei Übertragung von unternehmerischem Vermögen besteht eine Tarifbegünstigung (§ 19a ErbStG). Damit werden Steuerpflichtige im Endeffekt ohne Berücksichtigung des Verwandtschaftsgrades auf der Basis der Steuerklasse I besteuert.
27.82
27.83–27.90
frei
II. Vermögensteuer Schrifttum: Anzenberger, Die Ertrags- und Gesetzgebungskompetenzen für die Vermögensbesteuerung, 2015; Arndt, Rechtfertigung der Besteuerung des Vermögens aus steuersystematischer Sicht in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 22, Steuern auf Erbschaft und Vermögen, hrsg. von Dieter Birk, 1999, S. 25 ff.; Arndt/Jenzen, Zur Anwendbarkeit des Vermögensteuergesetzes nach dem 1.1.1997, NJW 1997, 1678; Arndt/Schumacher, Das vorläufige und das endgültige Nichts – Wegfall der Rechtsgrundlage für die Erhebung der Erbschaft- und Vermögensteuer bei Untätigkeit des Gesetzgebers, DStR 1995, 1813; Bach, Vermögensabgaben – ein Beitrag zur Sanierung der Staatsfinanzen in Europa, DIW Wochenbericht, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Nr. 28, S. 3 ff.; Bach, Vermögensbesteuerung in Deutschland: Eine Ausweitung trifft nicht nur Reiche, DIW Wochenbericht, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2009, Nr. 30, S. 478 ff.; Bach/Beznoska, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Wiederbelebung der Vermögensteuer, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Politikberatung kompakt Nr. 68; Bach/Beznoska, Vermögensteuer: Erhebliches Aufkommenspotential trotz erwartbarer Ausweichreaktionen, DIW Wochenbericht, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Nr. 42, S. 12 ff.; Bach/Beznoska/Steiner, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Grünen Vermögensabgabe, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2010, Politikberatung kompakt Nr. 59; Birk, Rechtfertigung der
Wachter
833
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer Besteuerung des Vermögens aus verfassungsrechtlicher Sicht in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 22, Steuern auf Erbschaft und Vermögen, hrsg. von Dieter Birk, 1999, S. 7 ff.; Bundesfinanzministerium (Hrsg.), Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesfinanzministerium, Besteuerung von Vermögen – Eine finanzwissenschaftliche Analyse, 2013; Crezelius, Erbschaftsteuer auf Unternehmensvermögen, BB 2012, 2979; Degenhard, Kann die Hinterziehung verfassungswidriger Steuern strafbar sein?, DStR 2011, 1379; Degenhart, Die Vermögensabgabe und das Grundgesetz, NJW 2012, Heft 40, NJW-aktuell, S. 12; Deutsche Bundesbank, Vermögen und Finanzen privater Haushalte in Deutschland, Monatsbericht Juni 2013, S. 25 ff. mit zahlreichen Statistiken im Tabellenanhang (S. 39 ff.), 2013, Volltext im Internet unter www.bundesbank.de; Eigenthaler, Vermögensteuer: Ungeliebt, aber notwendig, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 45 ff.; Essers, Erneuerung der Besteuerung von Vermögen aus rechtsvergleichender Sicht in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 37, Erneuerung des Steuerrechts, hrsg. von Monika Jachmann, 2014, S. 373 ff.; Feldner, Die Wiedereinführung der Vermögensteuer, NWB-EV 9/2013, 331; Feldner/Härke, Die befristete Wiedereinführung der Vermögensteuer in Spanien, ErbStB 2012, 378; Fischer, B., Erbschaft- und Vermögensteuer, StuW 1978, 345; Gottschalk, ZEV-Länderbericht Frankreich: Verschärfung der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für die Vermögensnachfolge nach Präsidenten- und Regierungswechsel, ZEV 2012, 586; Gottschalk, ZEV-Länderbericht Frankreich: Änderungen der Vermögen- und Erbschaftsteuer, ZEV 2011, 464; Halaczinsky, Vermögensteuerliche Behandlung von Luxusgegenständen, NWB 1990, Fach 9, S. 2545; Häuselmann, Vermögensteuer 2014?, DStR 2012, 1677; Hellio/Jolk/Hadjiveltchev, Frankreich: Wichtige Bestimmungen des Finanzgesetzentwurfs für 2013; IWB 22/2012, S. 825; Helmert, Die Rechtfertigung der Vermögensteuer, FR 1987, 615; Hey, Steuerpolitik im Wahlkampf 2013: Der lange Weg vom Wahlkampf zum Gesetz, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 27 ff.; Hey, Steuern auf Vermögen – Wi(e)der verfassungsrechtlichen/r Leichtsinn, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 43 ff.; Hey/Maiterth/Houben, Zukunft der Vermögensbesteuerung, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nummer 483, Berlin 2012; Hildebrand/Kotzenberg, Der Fall Gerard Depardieu bald auch in Deutschland?, ZErb 2013, 228; Hiller/Vogel/Lipp, Substanzbesteuerung im Wandel – Anmerkungen zu aktuellen Entwicklungen und Reformvorschlägen, DStZ 2013, 692; Horn, Die Vermögensteuer – ein steuerliches Relikt aus dem 19. Jahrhundert, StuW 1978, 56; Hötzel, Wiederbelebung der Vermögensbesteuerung, Ubg. 2013, 84; Jacobi, Über Sinn und Unsinn der Vermögensteuer, FR 1987, 413; Kirchhof, Gregor, Vermögensabgaben aus verfassungsrechtlicher Sicht, StuW 2011, 189; Kirchhof, Paul, Deutschland im Schuldensog, 2012; Kosner/Willmann, Kunstgegenstände als Steuerobjekt in der Substanzsteuer, BB 2013, 1309; KPMG (Hrsg.), Vermögensbesteuerung – wer besteuert wie?, Deutsche Regelungen im Vergleich zu der Besteuerung in Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und den USA, 2012 (Volltext im Internet unter www.kpmg.de, und Kurzfassung in GmbHR 2012, R325); Kube, Erneuerung der Besteuerung von Vermögen aus deutscher Sicht (Vermögensteuer, Vermögensabgabe, Erbschaft- und Schenkungsteuer) in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 37, Erneuerung des Steuerrechts, hrsg. von Monika Jachmann, 2014, S. 343 ff.; Kube, Verfassungsrechtlicher Rahmen von Vermögensteuer und Vermögensabgabe, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/2013, S. 37; Kube, Verfassungs- und Vollzugsfragen einer Vermögensteuer, Rechtsgutachten im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft GmbH, April 2013, S. 4 ff. Volltext im Internet unter www.insm.de; Leffers/Julien-Saint-Amand, Steueränderungen in Frankreich, IStR 2013, 491; Maiterth, Vermögensbesteuerung aus ökonomischer Sicht, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 47 ff.; Maiterth/Houben, Wirkungen einer wiederbelebten Vermögensteuer – Belastungs- und Finanzierungsaspekte, DStR 2013, 1906; Marx/Hartwig, Kritische Analyse des Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Vermögensabgabe, BB 2013, 1566; Mayer, C., Die Folgen des Ausbleibens der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform des Vermögensteuerrechts, DStR 1997, 1152; Meyding, Ist eine verfassungskonforme Vermögensbesteuerung überhaupt möglich?, DStR 1992, 1113; Musil, Verfassungsrechtliche Grenzen einer möglichen Vermögensbesteuerung, DB 2013, 1994; Neugebauer/Schneider/Eichfelder/Dienes, Welche Belastungen ergeben sich aus den Steuerplänen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD?, DStZ 2013, 711; Oechsle, Hundert Jahre Vermögensteuergesetze in Deutschland, BB 1993, 1369; Rose, Ärgernis Substanzbesteuerung, FR 1975, 77; Rubechi, Frankreich: Das Jahr der steuerlichen (R)Evolution, IStR 5/2013, IStR-LB 23; Rubechi, Frankreich: Reform der Vermögensbesteuerung, IStR 2011, 909; Scheffler, Vermögensteuer und Vermögensabgabe: Schwierigkeiten der Einordnung in das Steuersystem, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/2013, S. 51; Schiffers, Wegfall der Ver-
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§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer mögensteuer ab dem 1.1.1997 – Konsequenzen für unternehmerische Entscheidungen, DStR 1997, 341; Schmehl, Kritische Bestandaufnahme der Grundsteuer in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 35, Kommunalsteuern und -abgaben, hrsg. von Joachim Wieland, 2012, S. 249 ff.; Schneider, D., Zur Rechtfertigung von Erbschaft- und Vermögensteuer, StuW 1979, 35; Schreiber/ Spengel/Wiegard, Die politischen Umverteilungsziele über Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Einkommensteuer, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 25 ff.; Schult, Vermögensteuer ante potas?, ImmoStR 2012, 169; Schüppen, Die Nichtanwendbarkeit des Vermögensteuergesetzes ab 1.1.1997: offene Fragen und ein zusätzliches „Steuergeschenk“, DStR 1997, 225; Seer in Tipke/ Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 16 Rz. 61 ff., S. 885 ff.; Siemers/Birnbaum, Rückkehr der Vermögensteuer? – Wesentliche Regelungsinhalte und verfassungsrechtliche Aspekte, ZEV 2013, 8; Spengel/Heckemeyer/Zinn, Reform der Grundsteuer: Ein Blick nach Europa, DB 2011, 10; Spengel/Zinn, Vermögensabgaben aus ökonomischer Sicht, StuW 2011, 173; Stein/Reich, Vermögensteuer – Erste Gedanken zum Gesetzesentwurf, Erbfolgebesteuerung 2012, 260; Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, München 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de; Tipke, Steuergerechtigkeit in Kube/Mellinghoff/Morgenthaler/Palm/Puhl/Seiler (Hrsg.), Leitgedanken des Rechts, P. Kirchhof zum 70. Geburtstag, 2013, § 146, S. 1583 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 2. Aufl. 2003, § 14; Tipke, Über Vermögensteuer-Ungerechtigkeit in Festschrift für Wolfgang Ritter, 1997, S. 587 ff.; Vieten, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Wiedereinführung einer Vermögensteuer, 2005; Walter-Borjans, Die Vermögensteuer auf Großvermögen – notwendiges Instrument einer gerechten Lastenverteilung, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 41 ff.; Weber-Grellet, Vermögensteuer, Plafondierung, Vereinfachung, BB 1996, 1415; Wieczorek, Diskussion zur Vermögensbesteuerung, DB 2012, Heft Nr. 47, M1, Editorial; Wieland, Vermögensabgaben i.S. von Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG, Rechtsgutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), August 2012, Volltext im Internet unter www.boeckler.de; Wieland, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, Rechtsgutachten erstattet für ver.di, November 2003, Volltext im Internet unter verdi.de; Zipfel, Steueränderungsvorschläge hinsichtlich der Ertrag- und Vermögensteuer und Auswirkungen auf die Unternehmenssteuerbelastung, BB 2013, 2199.
1. Einführung Die Vermögensteuer zählt zu den ältesten Steuern der Welt. Vorläufer einer Vermögensteuer waren bereits im alten Ägypten, in Babylonien und im römischen Reich bekannt. In Deutschland hat die Vermögensteuer gleichfalls eine über einhundert jährige Tradition (1893 bis 1996)1. Das preußische Ergänzungssteuergesetz von 1893 gilt allgemein als das erste moderne Vermögensteuergesetz in Deutschland2. Allerdings hatte die Vermögensteuer bereits damals nur noch eine ergänzende Funktion zur Einkommensteuer, die zunehmend an praktischer Bedeutung gewann und die Vermögensbesteuerung immer mehr zurückdrängte. Im Deutschen Reich wurde dann (nach preußischem Vorbild) erstmals im Jahr 1922 eine Vermögensteuer3 eingeführt. Das Vermögensteuergesetz wurde später vor allem in den Jahren 19254 und 19345 geändert. Die Steuersätze bewegten sich in der Regel im ein- bzw. zweistelligen Promillebereich (nicht Prozentbereich).
1 2 3 4 5
Zur Geschichte der Vermögensteuer in Deutschland ausführlich Oechsle, BB 1993, 1369. Preußische Ergänzungssteuergesetz v. 14.7.1893, PrGS 1893, 134 ff. Reichsvermögensteuergesetz v. 8.4.1922, RGBl. I 1922, 335. Gesetz über Vermögen- und Erbschaftsteuer v. 10.8.1925, RGBl. I 1925, 233. Vermögensteuergesetz v. 16.10.1934, RGBl. I 1934, 1052 ff.
Wachter
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27.91
§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
27.92 Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs diente die Vermögensteuer vor allem dazu, die wirtschaftliche Not der Nachkriegszeit zu lindern1. In der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland wurde im Jahr 1952 ein erstes Vermögensteuergesetz mit einem Steuersatz von 7,5 Promille beschlossen2. Eine grundlegende Neuregelung ist sodann mit dem Vermögensteuergesetz von 1974 erfolgt3. Der Steuersatz belief sich zunächst auf 0,7 % des steuerpflichtigen Vermögens und ab 1995 dann 1,0 % für natürliche Personen sowie 0,6 % für juristische Personen.
27.93 Das Bundesverfassungsgericht4 hat das damalige Vermögensteuergesetz mit Beschluss vom 22.6.1995 mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes für unvereinbar erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, bis spätestens zum 31.12.1996 eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen. Eine solche Neuregelung ist bis heute nicht erfolgt5. Nach Auffassung der (damaligen) Bundesregierung (bestehend aus CDU, CSU und FDP) bestanden „zwingende Gründe gegen die Beibehaltung der Vermögenssteuer“. Neben den verfassungsrechtlichen Vorgaben wurde die Erhebung einer Vermögensteuer auch aus „ökonomischen, arbeitsmarktpolitischen und verwaltungsmäßigen Gründen nicht länger als gerechtfertigt“ angesehen6. Das Vermögensteuergesetz ist allerdings bis heute7 nicht förmlich aufgehoben worden8. 1 Siehe etwa Art. III Kontrollratsgesetz Nr. 13 v. 11.2.1946, KRABl. 1946, 71 (Steuersätze für natürliche Personen von 1,0 bis 2,5 % und für juristische Personen von 2,0 bis 2,5 %). 2 Vermögensteuergesetz v. 16.1.1952, BGBl. I 1952, 28. 3 Vermögensteuergesetz 1974 v. 17.4.1974, BGBl. I 1974, 949, neugefasst BGBl. I. 1990, 2467. 4 BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 = BStBl. II 1995, 655 = GmbHR 1995, 668. 5 Die zahlreichen Vorschläge für eine verfassungskonforme Neuregelung der Vermögensteuer haben in der Vergangenheit keine Mehrheit gefunden. Siehe Gesetzesentwurf des Bundesrates, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BTDrucks. 13/6615 v. 19.12.1996; Gesetzesentwurf der Fraktion der SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BT-Drucks. 13/5504 v. 9.9.1996; Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BT-Drucks. 13/4838 v. 11.6.1996; Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zu dem Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (Drucksachen 13/4839, 13/5951, 13/5952), Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997, BT-Drucks. 13/5975 v. 6.11.1996. Siehe dazu auch die erfolgslosen Initiativen für die Wiedereinführung einer Vermögensteuer in den Folgejahren: BR-Drucks. 696/99 v. 17.12.1999 (Antrag des Landes Sachsen-Anhalt für eine Entschließung des Bundesrates zur Wiedereinführung der Vermögensteuer); BT-Drucks. 14/6112 v. 17.5.2001 und BT-Drucks. 14/7558 v. 22.11.2001 (Antrag der Fraktion der PDS für eine Vermögensbesteuerung). 6 Stellungnahme der BReg. zu einem Gesetzesentwurf des Bundesrates, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BT-Drucks. 13/6615 v. 19.12.1996, Anlage 2, S. 87 ff. 7 Siehe dazu auch die weiteren, jeweils erfolglos gebliebenen Vorschläge für eine förmliche Aufhebung der Vermögensteuer in den folgenden Jahren: Gesetzesentwurf des BRats, Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Vermögensteuergesetzes, BT-Drucks. 15/408 v. 5.2.2003, und BR-Drucks. 909/02 v. 10.10.2002; BT-Drucks. 15/196 v. 17.12.2002 (Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung der Vermögensteuer) von verschiedenen Abgeordneten der CDU/CSU, sowie BR-Drucks. 864/05 v. 2.12.2005 (Gesetzesantrag der Freien und Hansestadt Hamburg, Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Vermögensteuergesetzes). 8 Siehe dazu den Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, Entwurf eines Jahressteuergesetz 1997, BT-Drucks. 13/4839 v. 11.6.1996, S. 23 und 72 ff., Art. 5 eines Entwurfs eines JStG 1997, wonach das Vermögensteuergesetz mit Wirkung zum 1.1.1997 aufgehoben und zugleich klargestellt werden sollte, das eine Vermögensteuer nicht mehr erhoben wird. Dieser Vorschlag fand indes keine Mehrheit. Zu der Kontroverse siehe auch den Zweiten Bericht des Finanzausschusses vom Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997, BT-Drucks. 13/5952, S. 23 ff.
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§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
Seit dem 1.1.2007 wird in Deutschland somit keine Vermögensteuer mehr erhoben1. Allerdings ist die Vermögensteuer weiterhin außerordentlich umstritten2.
27.94
Das Aufkommen aus der Vermögensteuer stieg in den letzten Jahren ihrer Erhebung immer weiter an und belief sich zuletzt auf rund 4,0 Mrd. Euro3. Nicht geklärt ist bis heute, welche Kosten mit der Erhebung der Vermögensteuer verbunden waren (bzw. wären4); die veröffentlichen Zahlen schwanken (offenbar je nach Interessenlage) zwischen ca. 2,0 % und bis zu 32 % des Steueraufkommens5.
27.95
1 Zu den damit verbundenen Übergangsfragen siehe u.a. Arndt/Jenzen, NJW 1997, 1678; Arndt/ Schumacher, DStR 1995, 1813; Degenhard, DStR 2001, 1370; Mayer, DStR 1997, 1152; Schiffers, DStR 1997, 341; Schüppen, DStR 1997, 225. 2 Gegen einer Vermögensteuer u.a. Arndt in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, 1999, S. 25 ff.; Hey in Hey/Maiterth/Houben, Zukunft der Vermögensbesteuerung, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nr. 483, 2012, S. 10 ff.; Hey, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 27 (27 f.); Hötzel, Ubg. 2013, 84 (84 ff.); P. Kirchhof, Deutschland im Schuldensog, 2012, S. 187 f.; Maiterth, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 47 ff. (aus ökonomischer Sicht); Maiterth/Houben in Hey/Maiterth/Houben, Zukunft der Vermögensbesteuerung, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nr. 483, 2012, S. 87 ff. (aus ökonomischer Sicht); Oechsle, BB 1993, 1369 (1373 ff.); Scheffler, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/2013, S. 51 (vor allem aus steuersystematischen und konzeptionellen Gründen); Schreiber/Spengel/Wiegard, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 25 (25 ff.) (aus ökonomischer Sicht); Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. 2012, § 16 Rz. 61 ff., S. 816 ff.; Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8 (13); Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, 2. Aufl. 2003, § 14, S. 913 ff.; Tipke in FS Wolfgang Ritter, 1997, S. 587 ff.; Wissenschaftlicher Beirat beim BMF, Besteuerung von Vermögen – Eine finanzwissenschaftliche Analyse, 2013. – Für eine Vermögensteuer u.a. Bach/Beznoska, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Wiederbelebung der Vermögensteuer, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Politikberatung kompakt Nr. 68 (aus ökonomischer Sicht); Birk in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, 1999, S. 7 ff.; Wieland, Rechtliche Rahmenbedingungen für eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, Rechtsgutachten erstattet für ver.di, November 2003, Volltext im Internet unter verdi.de. 3 Siehe die statistischen Informationen zum Steueraufkommen der einzelnen Jahre unter www.bundesfinanzministerium.de und www.destatis.de. 4 Siehe dazu den Gesetzesentwurf von Bündnis 90/Die Grünen (S. 841 Fn. 2), BT-Drucks. 17/10770 v. 25.9.2012, S. 2 (direkte Erhebungskosten von weniger als 1 % des Aufkommens, Verwaltungskosten von etwa 0,2 % des Aufkommens und Befolgungskosten der Abgabepflichtigen von 0,64 % des Aufkommens). Eher allgemein dagegen der Gesetzesentwurf der SPD (siehe S. 839 Fn. 1), Begründung, Allgemeiner Teil (Durch hohe persönliche Freibeträge wird „der Verwaltungs- und Bürokratieaufwand für Bürger, Unternehmen und Verwaltung in Grenzen gehalten“), und bei Abschnitt D. (Kosten der öffentlichen Haushalte, Vollzugsaufwand) („Der Vollzugsaufwand ist mit den vorhandenen Ressourcen (möglicherweise) zu bewältigen“). 5 Im Monatsbericht des BMF, Juli 2003, Kosten der Besteuerung in Deutschland, S. 81 (84) wurde darauf hingewiesen, dass keine genauen Zahlen zu den Kosten der Erhebung der Vermögensteuer vorliegen. Allerdings dürften die Verwaltungskosten bei der Vermögenssteuer deutlich über dem Durchschnitt von 1,7 % des Steueraufkommens liegen, nachdem diese auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer der 3,7 % des Steueraufkommens betragen. – In einem Entschließungsantrag der Bundestagsfraktion der SPD aus dem Jahr 1996 wird von einem jährlichen Steueraufkommen von rund 9,0 Mrd. DM und Erhebungskosten von ca. 300 Mio. DM (= ca. 3,3 %) gesprochen, BT-Drucks. 13/5975 v. 6.11.1996. In einer Stellungnahme der BReg. zu einem Gesetzesentwurf des BRats, Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer, BT-Drucks. 13/6615 v. 19.12.1996, Anlage 2, S. 87, wird von einem Verwaltungskostenanteil der Vermögensteuer (ohne Berücksichtigung der Einheitsbewertung)
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§ 27 Erbschaft- und Schenkungsteuer, Vermçgensteuer
2. Aktuelle Reformüberlegungen
27.96 Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 ist die Diskussion um die (Wieder-)Einführung einer Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe voll entbrannt1. Während sich die damaligen Regierungsparteien CDU/CSU2 und FDP3 gegen solche Pläne ausgesprochen haben, wollten die Parteien der Opposition im Falle eines Wahlsieges eine höhere Besteuerung der Vermögen einführen4.
27.97 Die SPD5 hat im Mai 2012 einen Gesetzesentwurf zur Wiederbelebung der Vermögenssteuer vorgelegt, der bislang allerdings nicht offiziell veröffentlicht worden
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von 4,0 % bis 4,5 % ihres Aufkommens ausgegangen. Die Erhebungskosten bei Finanzverwaltung und Steuerpflichtgen werden mit ca. 800 Mio. DM beziffert. In einer Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag des BMF wurden die Erhebungskosten für das Jahr 1984 mit rund 20 % des Vermögenssteueraufkommens ermittelt. Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft aus dem Jahr 2011 ging für die Jahre bis 1996 sogar von Erhebungskosten von einem knappen Drittel aus. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kam in einer von den Bundesländern Rh.-Pf., Ba.-Wü., HH und NRW in Auftrag gegebenen Studie zu Erhebungskosten i.H. von rd. 2 % des Steueraufkommens. Meyding (Oberfinanzpräsident, Karlsruhe), DStR 1992, 1113 (1116) schätzte die Verwaltungskosten der Vermögensteuer auf 32 % des Steueraufkommens. Ausführlich zum Ganzen Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de, dort unter Abschnitt 5.2. („außerordentlich hohe Erhebungs- und Befolgungskosten“). Siehe nur die zahlreichen Foren zu diesem Thema im Internet wie etwa www.appellvermoegensabgabe.de, www.vermoegensteuerjetzt.de und www.umfairteilen.de. In dem im Juni 2013 beschlossenen „Regierungsprogramm 2013–2017. Gemeinsam erfolgreich für Deutschland“ (Volltext unter www.cdu.de und www.csu.de) heißt es unter der Überschrift „Nein zu Vermögensteuer – Keine Erhöhung der Erbschaftsteuer“ (Seite 27): „Die meisten Menschen glauben, dass sie von einer Vermögensteuer nicht betroffen wären. Das ist ein Irrtum: Wer eine Vermögensteuer einführen will, muss zunächst bei allen 80,2 Millionen Menschen in Deutschland die Vermögensverhältnisse ermitteln. Nur so kann sichergestellt werden, dass keine Vermögen unentdeckt bleiben. Diesen Zugriff auf alle Deutschen verschweigen SPD und Grüne gerne und streuen den Menschen stattdessen Sand in die Augen. Klar aber ist, dass deutsche Unternehmen zu den Leidtragenden gehören würden. In Deutschland gibt es rund 1500 Unternehmen, die mit ihren Produkten Weltmarktführer sind. Diese Unternehmen machen uns mit ihren Spitzenprodukten zu einer der führenden Exportnationen. Die allermeisten von ihnen sind mittelständische Unternehmen: 70 Prozent davon sind in Familienbesitz, mehr als 90 Prozent gehören zum produzierenden Gewerbe. Ihre Arbeit erfordert an einem Hochpreisstandort wie Deutschland teure Produktionsstätten. Die Unternehmen verfügen daher über entsprechend hohe Firmenvermögen, die von den rot-grünen Plänen einer höheren Erbschaftsteuer und neuer Vermögensteuern besonders betroffen wären. Dadurch wird diesen Unternehmen die Möglichkeit genommen, in neue Arbeitsplätze, in Aus- und Weiterbildung, in Forschung und Entwicklung zu investieren – oder Weihnachtsgeld zu zahlen.“ In dem im Mai 2013 beschlossenen „Bürgerprogramm 2013“ der FDP (Volltext unter www.fdp.de) wird dazu u.a. folgendes ausgeführt: „(…) eine Vermögensabgabe und eine Vermögensteuer wären gerade für kleine und mittelständische Unternehmen eine untragbare Belastung und würden zu einem massiven Abfluss von Kapital und Vermögen aus Deutschland führen und viele Arbeitsplätze vernichten. Das lehnen wir ab.“ Siehe dazu etwa Häuselmann, DStR 2012, 1677 (1677 und 1680); Hötzel, Ubg. 2013, 84 (84); Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8 (8 und 13). Wahlprogramm unter www.spd.de. Siehe ferner die verschiedenen Stellungnahmen des Kanzlerkandidaten der SPD, Peer Steinbrück, zur Vermögensteuer unter www.peer-steinbrueck. de.
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ist1. Danach sollte die Vermögensteuer zum 1.1.2014 „wiederbelebt“ werden und zu Steuermehreinnahmen der Länder von 11,5 Mrd. Euro pro Jahr führen. Der Entwurf orientiert sich in Aufbau und Struktur weitgehend an dem früheren Vermögensteuergesetz2. Dieses sollte inhaltlich unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.19953 verfassungskonform fortentwickelt werden. Der Vermögensteuer sollten sowohl natürliche als auch juristische Personen unterliegen4. Für alle Steuerpflichtigen sollte ein einheitlicher Steuersatz von 1 % gelten.
27.98
Unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen sollte ein Freibetrag von 2,0 Mio. Euro zustehen; im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten sollte sich der Freibetrag auf 4,0 Mio. Euro verdoppeln. Bei größeren Vermögen war eine Abschmelzung des Freibetrags auf die Hälfte des übersteigenden Vermögens – bis auf einen Sockelbetrag von 500 000 Euro – vorgesehen. Ab einem Vermögen von 5,0 Mio. Euro (bzw. bei Ehegatten 10,0 Mio. Euro) wäre somit nur noch der Sockelbetrag zur Anwendung gekommen. Beschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen solle ein pauschaler Freibetrag von 200 000 Euro gewährt werden. EU-/EWR-Bürger hätten allerdings zur unbeschränkten Vermögensteuerpflicht optieren können.
27.99
Für juristische Personen war eine Freigrenze von 200 000 Euro geplant. Bei Überschreiten dieses Betrags hätte somit das gesamte Vermögen der Besteuerung unterlegen.
27.100
Im Interesse der Verfassungskonformität sollten alle Vermögensgegenstände einheitlich mit dem gemeinen Wert bewertet werden. Dabei wurde grundsätzlich auf die für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsbesteuerung geltenden Vorschriften des Bewertungsgesetzes verwiesen. Schulden, die im Zusammenhang mit den steuerpflichtigen Vermögensgegenständen stehen, wären abzugsfähig gewesen.
27.101
1 (Nicht offiziell veröffentlichter) Entwurf eines Gesetzes zur Wiederbelebung der Vermögensteuer und Änderung des Bewertungsgesetzes und anderer Gesetze, Stand: Mai 2012. Siehe dazu auch die gemeinsame Presserklärung der von der SPD (mit)regierten Bundesländer Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinlan-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein v. 17.10.2012 betreffend die gemeinsame Initiative zur Wiedererhebung der Vermögensteuer, Volltext im Internet u.a. unter www.hamburg.de, unter Pressearchiv. – Siehe dazu auch der Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 17/13803 v. 6.6.2013, S. 6 („Die Fraktion der SPD halte es für wichtig, die Vermögensbesteuerung in Deutschland zu reaktivieren.“). Ausführlich dazu aus rechtlicher Sicht u.a. Häuselmann, DStR 2012, 1677; Hötzel, Ubg. 2013, 84; Scheffler, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/2013, S. 51*; Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8; Stein/Reich, Erbfolgebesteuerung 2012, 260, Walter-Borjans, DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 41 ff. Aus volkswirtschaftlicher Sicht u.a. Bach/Beznoska, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Wiederbelebung der Vermögensteuer, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2012, Politikberatung kompakt Nr. 68. 2 Vermögensteuergesetz (VStG), BGBl. I 1990, 2467. Siehe dazu (zuletzt) die VermögensteuerRichtlinien (VStR 1995) v. 17.1.1995, BStBl. I 1995, Sondernummer 2/1995. Zum früheren Vermögensteuergesetz siehe insbesondere Crezelius, Steuerrecht II, 2. Aufl. 1994, § 22, S. 359 ff. 3 BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121 = BStBl. II 1995, 655 = DStR 1995, 1345. 4 Von der Vermögensteuer sollen ca. 147 000 natürliche Personen und ca. 164 000 juristische Personen betroffen sein.
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27.102 Für Betriebsvermögen war in dem Entwurf keinerlei Verschonung vorgesehen1. Allerdings war diese Frage wohl auch innerhalb der SPD umstritten. Der damalige Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, hat jedenfalls mehrfach öffentlich geäußert, dass die „mittelständischen Familienunternehmen nicht in ihrer Substanz besteuert“ würden; er wolle lediglich „einige Steuern für einige Starke erhöhen“2. Der Vorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, hat eine „Substanzbesteuerung des Eigenkapitals“ ausgeschlossen und sich für eine „Vermögensertragsteuer“ ausgesprochen3. Im Wahlprogramm der SPD vom April 20134 wird die Notwendigkeit der Entlastung von Betriebsvermögen gleichfalls angesprochen, ohne allerdings deren Art und Umfang näher zu konkretisieren.
1 Insbesondere aus diesem Grund haben sich die Interessenverbände der Unternehmen und Industrie wiederholt gegen jede Form einer Vermögensbesteuerung ausgesprochen. Siehe etwa die Positionspapiere zur Vermögensteuer/Vermögensabgabe im Internet unter www.bdi.eu, www.dihk.de oder www.familienunternehmer.eu. Dort finden sich auch verschiedene Programme, mit denen sich die konkrete Steuerbelastung der geplanten Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe ermitteln lässt (siehe auch www.vermoegensteuerrechner.eu). Siehe ferner u.a. auch die Modellrechnungen von Siemers/Birnbaum, ZEV 2013, 8 (11); Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de, sowie in der Presse u.a. FAZ v. 23.5.2013, Nr. 117, S. 11 („17400 Euro mehr Steuern für einen Bäcker“); Wirtschaftswoche v. 29.1.2013 („Die gefährliche Steuermixtur der SPD“). 2 Siehe etwa Steinbrück, Bündnis zwischen Starken und Schwachen, Gastbeitrag, FAZ v. 15.6.2013, Nr. 136, S. 10 („Wir wollen eine Vermögensteuer erheben – und zwar ausschließlich auf sehr hohe private Millionenvermögen, nicht aber auf die Substanz von Unternehmen. Es wird keine betriebliche Vermögensteuer geben, die Unternehmen daran hindert, ihre Eigenkapitalbasis zu stärken und zu investieren.“), sowie verschiedene Interviewäußerungen, Presserklärungen und Reden unter www.spd.de sowie www.peer-steinbrueck.de. Ferner auch der Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 17/13803 v. 6.6.2013, S. 6 zu dem Modell der SPD für die Widereinführung einer Vermögensteuer: „Die wichtigste Frage sei die Besteuerung bzw. die Vermeidung der Belastung von Betriebsvermögen. Daher werde es von Seiten der Fraktion der SPD keine Schnellschüsse geben, da man sicherstellen werde, dass es zu keinem Substanzverzehr bei den Betrieben kommen werde. Dieses Problem sei zwar nicht einfach, aber lösbar. Ein möglicher Weg sei die im vorliegenden Gesetzesentwurf enthaltene Koppelung der Besteuerung an anfallende Gewinne (Anmerkung: Damit ist § 14 Abs. 2 des Entwurfs eines Gesetzes zur Erhebung einer Vermögensabgabe von Bündnis 90/Die Grünen gemeint). Die Zielsetzung sei klar: Man wolle auch bei Personengesellschaften keinen Substanzverzehr zulassen und eine Beeinträchtigung von Investitionen ausschließen.“. 3 Handelsblatt v. 17.5.2013. 4 In dem im April 2013 beschlossenen Wahlprogramm der SPD „Das Wir entscheidet. Das Regierungsprogramm 2013–2017“ finden sich zur Vermögensteuer folgende Ausführungen (dort unter Abschnitt IV, Für eine gerechte Steuerpolitik, S. 65): „Vermögen wird in Deutschland im internationalen Vergleich weit unterdurchschnittlich besteuert. Wir werden die Vermögensteuer auf ein angemessenes Niveau heben, um den Ländern die notwendige Erhöhung der Bildungsinvestitionen zu ermöglichen. Wir wollen eine Vermögensteuer, die der besonderen Situation des deutschen Mittelstandes, von Personengesellschaften und Familienunternehmen Rechnung trägt und ihre zukunftssichernde Eigenkapitalbildung sichert, sowie ihre Investitionsspielräume nicht belastet. Bei der Vermögensteuer stellen hohe Freibeträge für Privatvermögen sicher, dass das normale Einfamilienhaus nicht von der Vermögensteuer betroffen sein wird.“.
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Für Beteiligungen an (unbeschränkt steuerpflichtigen) Kapitalgesellschaften war (zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung) ein Halbvermögensverfahren vorgesehen. Das Vermögen der Kapitalgesellschaft und die (von einer natürlichen Person gehaltene) Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sollten danach jeweils nur zur Hälfte angesetzt werden. Beteiligungen von (unbeschränkt steuerpflichtigen) Kapitalgesellschaften an anderen (unbeschränkt steuerpflichtigen) Kapitalgesellschaften sollten gänzlich unberücksichtigt bleiben. Dieses vermögensteuerrechtliche Schachtelprivileg sollte unabhängig von der Höhe der Beteiligung anwendbar sein.
27.103
Bündnis 90/Die Grünen1 haben im September 2012 einen Entwurf eines Gesetzes zur Erhebung einer Vermögensabgabe vorgelegt2. Danach sollte von natürlichen Personen eine einmalige Vermögensabgabe erhoben werden. Das Aufkommen aus der Vermögensabgabe hätte (anders als bei der Vermögensteuer) nicht den Ländern, sondern dem Bund zugestanden. Die erwarteten Einnahmen von rund 100 Mrd. Euro sollten zur Tilgung der Staatsschulden verwendet werden. Historisches Vorbild für die geplante Vermögensabgabe ist das Lastenausgleichsgesetz 19523.
27.104
1 Im Bundestageswahlprogramm 2013 von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Zeit für den Grünen Wandel – Teilhaben, Einmischen, Zukunft schaffen“ (Volltext unter www.gruene.de) heißt es dazu auf S. 44 ff.: „Schulden abbauen: die grüne Vermögensabgabe: Eine hohe Vermögenskonzentration ist Sprengstoff für den sozialen Zusammenhalt und fiskalpolitisch eine Zumutung. Während der Staat auf atemberaubend hohen Schuldenbergen sitzt, wächst das private Vermögen scheinbar unaufhaltsam. Es ist gerecht, wenn sich das Gemeinwesen einen Beitrag bei den sehr hohen Vermögen holt, um damit den Schuldenberg abzubauen. Nur so kommen wir von der gigantischen Pyramide aus Schulden und Vermögen, die die Weltwirtschaft in den letzten Jahren ins Chaos gestürzt hat, herunter. Die einmalige und zeitlich befristete Vermögensabgabe nach Artikel 106 Grundgesetz soll über mehrere Jahre insgesamt rund 100 Mrd. Euro einbringen. Geld, das ausschließlich in den Abbau der Bundesschulden fließt. Die sind durch Konjunkturpakete und Bankenrettung massiv gestiegen, allein während der Kanzlerschaft Angela Merkels um rund 500 Mrd. Euro. Die Bankenrettung hat nicht zuletzt das Eigentum der Vermögenden gesichert. Es ist deswegen fair und gerecht, von ihnen einen Beitrag zu verlangen. Die grüne Vermögensabgabe wird weniger als 1 % der BürgerInnen mit jeweils einem Nettovermögen von mehr als 1 Mio. Euro treffen. Für Betriebsvermögen begrenzen wir die Abgabe auf maximal 35 % des Gewinns und verhindern, dass Unternehmen in ihrer Substanz getroffen werden. Unser Ziel bleibt mittelfristig – nach Auslaufen der Vermögensabgabe, die Wiederbelebung einer verfassungskonformen Vermögenssteuer, deren Aufkommen allein den Ländern zusteht. Dies werden wir auf allen Ebenen vorantreiben und im Bundesrat und im Bundestag Mehrheiten für eine verfassungskonforme Wiedereinführung der Vermögenssteuer suchen und nutzen.“ 2 Entwurf eines Gesetzes zur Erhebung einer Vermögensabgabe, BT-Drucks. 17/10770 v. 25.9.2012. Im BTag wurde der Entwurf in der Sitzung v. 27.6.2013 (auf der Grundlage der Empfehlung des Finanzausschusses, BT-Drucks. 17/13803 v. 6.6.2013) abgelehnt (318 Nein-Stimmen, 67 Ja-Stimmen und 195 Enthaltungen). Ausführlich dazu u.a. Hötzel, Ubg. 2013, 84; Marx/Hartwig, BB 2013, 1566, Scheffler, DStR 2013, Beihefter zu Heft 26/2013, S. 51* (überwiegend aus betriebswirtschaftlicher Sicht), und aus volkswirtschaftlicher Sicht Bach/Beznoska/Steiner, Aufkommens- und Verteilungswirkungen einer Grünen Vermögensabgabe, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V., 2010, Politikberatung kompakt Nr. 59. Kritisch zu der Idee einer Vermögensabgabe (teilweise allerdings noch zu früheren Entwurfsfassungen), aus (verfassungs-)rechtlicher Sicht G. Kirchhof, StuW 2011, 189; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 16 Rz. 63, S. 886, und aus volkswirtschaftlicher Sicht Spengel/Zinn, StuW 2011, 173. 3 Lastenausgleichsgesetz v. 14.8.1952, BGBl. I. 1952, 446.
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27.105 Der Vermögensabgabe sollten nur natürliche Personen, nicht auch juristische Personen unterliegen1. Die Abgabe sollte 15 % des Nettovermögens betragen. Die Zahlung sollte verteilt über zehn Jahre erfolgen, so dass sich eine jährliche Belastung i.H. von 1,5 % ergibt. Für die Vermögensabgabe sollten (rückwirkend) die Verhältnisse zum 1.1.2012 maßgebend sein. Spätere Veränderungen sollen unberücksichtigt bleiben. Durch die Rückbeziehung wollte man Ausweichreaktionen verhindern.
27.106 Für jeden Abgabepflichtigen war ein persönlicher Freibetrag von 1,0 Mio. Euro geplant. Bei größeren Vermögen war eine Abschmelzung des Freibetrages i.H. des übersteigenden Vermögens vorgesehen; ab einem Nettovermögen von 2,0 Mio. Euro sollte somit keinerlei Freibetrag mehr gewährt werden. Für Kinder war ein zusätzlicher Freibetrag von 250 000 Euro geplant, der grundsätzlich jedem Elternteil hälftig gewährt werden sollte.
27.107 Für Betriebsvermögen sollte ein Freibetrag von 5,0 Mio. Euro gewährt werden. Darüber hinaus sollte eine Härtefallregelung verhindern, dass sich die Abgabe auf mehr als 35 % des Nettovermögensertrags beläuft. Übersteigende Abgabebeträge sollen vorgetragen werden.
27.108 Nach dem Auslaufen der Vermögensabgabe sollte nach den Vorstellungen von Bündnis 90/Die Grünen mittelfristig auch eine „verfassungskonforme Vermögenssteuer“ wieder eingeführt werden. Ein konkreter Gesetzesentwurf wurde insoweit aber nicht vorgelegt.
27.109 Die Linken2 haben sich wiederholt sowohl für eine Vermögensteuer als auch für eine Vermögensabgabe ausgesprochen3. Ein vollständiger Gesetzesentwurf liegt bislang allerdings nicht vor; bislang sind lediglich einige Eckpunkte bekannt. Danach ist u.a. eine europaweit koordinierte Vermögensabgabe für private Vermögen über eine Million Euro vorgesehen. Darüber hinaus ist die Einführung einer Vermögensteuer geplant. Der Steuersatz soll 5,0 % betragen. Für private Vermögen soll ein Freibetrag von 1,0 Mio. Euro gewährt werden. Für kleine und mittlere Unternehmen ist ein Freibetrag von 2,0 Mio. Euro bzw. eine andere Verschonung angedacht. Die Vermögensteuer soll zu jährlichen Steuereinnahmen von 80,0 Mrd. Euro führen.
27.110 In der politischen Diskussion4 werden die Pläne für die (Wieder-)Einführung einer Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe meist damit begründet, dass die „Schere zwischen Arm und Reich“5 in den letzten Jahren in Deutschland immer weiter aus-
1 Von der Vermögensabgabe sollen rund ca. 340 000 natürliche Personen betroffen sein. Im Vergleich zu dem Vorschlag der SPD (siehe S. 839 Fn. 4) wären dies mehr als doppelt so viele betroffene Personen. 2 Wahlprogramm vom Juni 2013 unter www.die-linke.de. 3 Siehe u.a. Antrag Fraktion Die Linke, Reichtum umFAIRteilen – in Deutschland und Europa, BT-Drucks. 17/10778 v. 25.9.2012; Antrag der Fraktion Die Linke, Wer Schulden bremsen will, muss Millionäre besteuern, BT-Drucks. 17/8792 v. 29.2.2012; Antrag der Fraktion Die Linke, Vermögensteuer als Millionärsteuer wieder erheben, BT-Drucks. 17/453 v. 19.1.2010. 4 Siehe stellvertretend für viele u.a. Walter-Borjans (Finanzminister von NRW, SPD), DB 2012, Heft Nr. 47, Standpunkte Nr. 6, S. 41 ff. 5 Siehe dazu aus soziologischer Sicht (allerdings mit Schwerpunkt auf der Vererbung von Vermögen) Beckert, Erben in der Leistungsgesellschaft, 2013; Beckert, Unverdientes Vermögen, 2004.
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einandergegangen sei1. Zudem habe die Verschuldung der öffentlichen Haushalte in den letzten Jahren stark zugenommen, so dass auch die privaten Vermögen verstärkt zur Reduzierung der Staatsschulden herangezogen werden müssten. Schließlich sei die Besteuerung der Vermögen in Deutschland ohnehin niedrig2 und demnach an das durchschnittliche Niveau anderer Industriestaaten anzugleichen. Unabhängig von der Stichhaltigkeit dieser Argumente3 gibt es in Deutschland offenbar viele Bürger, die eine höhere Vermögensbesteuerung befürworten. Mehrere Meinungsumfragen4 sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung die Einführung einer Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe unterstützt5. Dies ist allerdings keineswegs überraschend, da der Kreis der (tatsächlich oder vermeintlich) Betroffenen weniger als 1 % aller Bundesbürger umfassen soll. Höhere Steuern für „Andere“ dürften wohl immer eine Mehrheit finden, noch dazu, wenn es sich dabei (angeblich) um „Reiche“ oder „Millionäre“ handelt. Angesichts dieser Stimmungslage werden Politiker (unterschiedlicher Parteien) das Thema in nächster Zeit vermutlich immer wieder aufgreifen.
1 Deutlich etwa der Gesetzesentwurf der SPD (siehe S. 839 Fn. 1), Begründung, Allgemeiner Teil, sowie der Gesetzesentwurf von Bündnis 90/Die Grünen (siehe S. 841 Fn. 2), BT-Drucks. 17/10770 v. 25.9.2012, S. 11. Siehe zum Ganzen auch den Streit um den Armuts- und Reichtumsbericht der BReg., BMAS, Lebenslagen in Deutschland. Der Vierte Armuts- und Reichtumsbericht der BReg., 2013, S. 44 ff. und S. 342 ff. Dazu u.a. die (kritische) Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 186/13 (Beschluss) v. 3.5.2013 (siehe dort etwa die einleitende Feststellung: „Der Bericht der Bundesregierung ist durch das Bestreben geprägt, die realen Verhältnisse mit ihren sozialen Verwerfungen zu verschleiern.“). – Siehe auch Deutsche Bundesbank, Vermögen und Finanzen privater Haushalte in Deutschland, Monatsbericht Juni 2013, S. 25 ff. mit zahlreichen Statistiken im Tabellenanhang (S. 39 ff.), 2013, Volltext im Internet unter www.bun desbank.de (S. 30: „Den reichsten 10 % der Haushalte gehören 59,2 % des Nettovermögens. Zum Vergleich, für den Euro-Raum (ohne Deutschland) (…) den reichsten 10 % der Haushalte gehören 46,5 %.“). 2 Dabeiwird in der Regel auf entsprechende Studien der OECD (Volltext unter www.oecd.org) verwiesen (so etwa auch der Gesetzesentwurf der SPD, siehe S. 839 Fn. 1, Begründung, Allgemeiner Teil), wonach die Steuern auf das Vermögen (neben der Vermögensteuer gehören dazu u.a. auch Grundsteuern sowie die Erbschaft- und Schenkungsteuern) in Deutschland im Jahr 2009 rund 0,9 % des Bruttoinlandsprodukts betragen haben, der entsprechende Durchschnittswert aber bei 1,8 % liege. Die Zahlen dürften aber nur eingeschränkt vergleichbar sein. Kritisch u.a. auch Schreiber/Spengel/Wiegard, DB 2013, Heft Nr. 22, Standpunkte Nr. 4, S. 25 (25); Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunternehmen.de, dort unter Abschnitt 5.3. 3 Kritisch dazu u.a. Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.), Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Universität Mannheim, Die Folge von Substanzsteuern für Familienunternehmen, Staat und Gesellschaft, 2013, Volltext im Internet unter www.familienunter nehmen.de. 4 In einer Forsa-Umfrage vom August 2012 haben sich beispielsweise 77 % der Befragten für eine Vermögensteuer ausgesprochen. Dabei haben selbst die Anhänger von CDU/CSU (65 %) und FDP (73 %) mehrheitlich eine Vermögensteuer befürwortet. In einer Umfrage von Infratest dimap vom Mai 2013 haben sich 62 % der Befragten für die Einführung einer Vermögensteuer ausgesprochen. Siehe Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 12.5.2013, Nr. 19, S. 23. 5 Möglicherweise hat aber auch die konkrete Art der (nicht näher bekannten) Fragestellung mit zu den hohen Zustimmungswerten beigetragen.
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27.112 Nach der Bundestagswahl 2013 wurden die Pläne für eine Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe nicht mehr weiterverfolgt. Gleichwohl wird das Thema immer wieder diskutiert. Der Internationale Währungsfonds hat beispielsweise in seinem Fiskalbericht vom Oktober 2013 eine Vermögensabgabe i.H. von 10 % zum Zwecke der Tilgung der Staatschulden in Europa vorgeschlagen. Die Deutsche Bundesbank erörtert in ihrem Monatsbericht vom Januar 2014 gleichfalls die Möglichkeit einer Vermögensabgabe zur Lösung nationaler Solvenzkrisen. Derzeit (Stand: Mai 2016) ist allerdings nicht davon auszugehen, dass solche Überlegungen in Deutschland tatsächlich umgesetzt werden.
III. Zusammenfassung
27.113 Der Erwerb von Todes wegen und Schenkungen unter Lebenden unterliegen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Bei der stillen Gesellschaft kann eine Schenkung insbesondere auch vorliegen, wenn die Vermögenseinlage höher oder niedriger bewertet wird, als es ihrem Verkehrswert entspricht, oder eine überhöhte oder zu niedrige Gewinnbeteiligung vereinbart wird. Die typische stille Beteiligung wird bewertungsrechtlich als Kapitalforderung behandelt und ist mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Bei der atypischen stillen Gesellschaft wird das Betriebsvermögen bewertet und der Wert dem stillen Gesellschafter anteilig zugerechnet. Seit 2009 ist für Betriebsvermögen der gemeine Wert maßgeblich. Lässt sich der gemeine Wert nicht aus zeitnahen Fremdverkehrsgeschäften ableiten, ist er nach einem anerkannten Bewertungsverfahren zu ermitteln. Im Falle der atypischen stillen Gesellschaft können die speziellen Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b und 19a ErbStG) zur Anwendung kommen. Derzeit wird in Deutschland keine Vermögensteuer erhoben. Die Wiedereinführung einer Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe wird derzeit auch politisch kaum mehr diskutiert und ist im Moment nicht zu erwarten. Eine etwaige Vermögensteuer und/oder Vermögensabgabe käme zweifellos schon bald nach ihrem Inkrafttreten auf den Prüfstand des Verfassungsrechts. Dies hätte eine jahrelange Phase der Rechts- und Planungsunsicherheit zur Folge. Der Ausgang eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht ist naturgemäß völlig offen. Allerdings sprechen viele Gründe gegen die Verfassungsmäßigkeit sowohl der Vermögensteuer als auch der Vermögensabgabe. Das Bewertungsproblem ist und bleibt ungelöst (und wohl auch unlösbar). Die Erfahrungen mit der Grundsteuer zeigen, dass eine gleichermaßen realitätsgerechte und praktikable Bewertung kaum möglich ist. Dies gilt selbst bei Immobilien, wo auf eine Vielzahl von bereits vorliegenden Informationen zurückgegriffen werden kann. Sehr viel größere Probleme bestehen bei Unternehmen und den vielen anderen Vermögenswerten. Die Erhebung einer Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe ist zudem mit überproportional hohen Kosten verbunden („kostet viel, bringt wenig“). Die meisten Untersuchungen zu diesem Thema sind offensichtlich stark von der Interessenlage der Beteiligten geprägt, so dass verlässliche Zahlen kaum verfügbar sind. In jedem Fall würde eine Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe sowohl bei der Finanzverwaltung als auch den Steuerpflichtigen und deren Beratern erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen 844 Wachter
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binden. Das angestrebte Steueraufkommen von rund 10 Mrd. Euro jährlich könnte (wenn dies wirklich erzielt werden soll) zudem auf andere Weise deutlich einfacher erreicht werden. Dabei müsste nicht einmal die Einkommen- und/oder Umsatzsteuer erhöht werden. Mehreinnahmen wären ohne Weiteres auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer und/oder der Grundsteuer möglich. Im Übrigen dürfte das Steueraufkommen ganz entscheidend davon abhängen, ob und inwieweit unternehmerisches Vermögen entlastet wird. Kommt es hier zu einer effektiven Entlastung, dürfte das Steueraufkommen deutlich geringer ausfallen als geplant. Erfolgt dagegen keine (echte) Entlastung, wird das Steueraufkommen bei der Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe zwar (kurzfristig) erreicht werden; mittel- und langfristig wird eine solche Substanzbesteuerung aber nicht ohne nachteilige Folgen für die Unternehmen und deren Inhaber bleiben (und damit auch zu einem rückläufigen Gesamtsteueraufkommen führen). Rechtspolitisch wäre eine solche Steuer jedenfalls kaum das richtige Signal (wie zuletzt die Entwicklung in Frankreich wieder anschaulich gezeigt hat). Allein die Diskussion um die (Wieder-)Einführung einer Vermögensteuer bzw. Vermögensabgabe erweist sich bereits als schädlich. Nach Inkrafttreten eines entsprechenden Gesetzes wäre erst recht mit massiven Ausweichreaktionen zu rechnen.
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§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer Schrifttum: Behrens/Bielinis, Grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung von Gesellschaftsanteilen nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO?, Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 9.7.2014, II R 49/12, DStR 2014, 2369; Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl. 2011; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 18 Rz. 1 ff., S. 1071 ff.; Gottwald in Spiegelberger/Schallmoser, Die Immobilie im Zivil- und Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Kapitel 1, Abschnitt E, Rz. 1.701 ff., S. 185 ff.; Gottwald/Behrens, Grunderwerbsteuer, 5. Aufl. 2015; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, 10. Aufl. 2014; Löhr, Beschlussmodell der Länderfinanzminister zur Grundsteuerreform: Der große Wurf?, DStR 2016, 1497; Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, 5. Aufl. 2014; Rutemöller, Das Ende schuldrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen mittelbarer Änderungen des Gesellschafterbestands gem. § 1 Abs. 2a GrEStG?, BB 2015, 1058; Schulze zur Wiesche, Die GmbH & Still, 6. Aufl. 2013, Teil 9.3., Rz. 572 ff., S. 260 ff.; Schönhaus in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 2, 4. Aufl. 2014, § 79 Rz. 8 ff., S. 1937 ff.; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, 3. Aufl. 2012.
I. Grunderwerbsteuer 1. Einführung
28.1 Die Grunderwerbsteuer hat in den letzten Jahren erheblich an praktischer Bedeutung gewonnen. Eine wesentliche Ursache dafür sind die (zumindest in den Großstädten) stark gestiegenen Immobilienpreise, was sich unmittelbar auf die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auswirkt. Darüber hinaus wurde der ursprünglich bundeseinheitliche Steuersatz von 3,5 % in den meisten Bundesländern deutlich erhöht (teilweise auf bis zu 6,5 %). Der Gesetzgeber hat den Kreis der grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestände zudem immer mehr ausgeweitet und insbesondere zahlreiche gesellschaftsrechtliche Vorgänge der Grunderwerbsteuer unterworfen1. Demgegenüber wurden die entsprechenden Steuerbefreiungen (wie etwa die kleine Konzernklausel, § 6a GrStG) sehr eng gefasst. Für steuerbegünstigte Körperschaften besteht (anders als in nahezu allen anderen Steuergesetzen) keine spezifische Befreiung von der Grunderwerbsteuer.
28.2 Das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer ist dementsprechend in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich das Steueraufkommen beinahe verdoppelt (von ca. 4,9 Mrd. Euro im Jahre 2009 auf ca. 9,3 Mrd. Euro im Jahr 2014). Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer stehen grundsätzlich den Bundesländern zu (Art. 106 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 7 Satz 2, 107 Abs. 1 Satz 1 GG). 2. Steuerpflichtige Erwerbsvorgänge
28.3 Der Erwerb von inländischen Grundstücken unterliegt der Grunderwerbsteuer (§ 1 GrEStG). Der Besteuerung unterliegen nicht nur Grundstückskaufverträge, sondern auch zahlreiche gleichgestellte Rechtsvorgänge (siehe im Einzelnen § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 und Abs. 2 GrEStG). Darüber hinaus kann auch die (unmittelbare oder mittel1 § 1 Abs. 2a GrEStG wurde zuletzt durch das Steueränderungsgesetz v. 2.11.2015 (BGBl. I 2015, 1834) geändert. Siehe dazu u.a. Behrens/Halaczinsky, UVR 2015, 371; Halaczinsky, ErbStB 2016, 27; Heine, UVR 2016, 44; Loose, DB 2015, 1003.
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§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer
bare) Übertragung von Anteilen an (in- oder ausländischen) Personen- und Kapitalgesellschaften Grunderwerbsteuer auslösen, wenn zum Vermögen der Gesellschaft (inländische) Grundstücke (oder Anteile an anderen Gesellschaften mit Grundstücken) gehören (siehe § 1 Abs. 2a1, 3 und 3a GrEStG2). Die einzelnen Steuertatbestände wurden in den letzten Jahren mehrfach geändert und sind heute außerordentlich weitreichend. Besteht die Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters in der Einbringung eines Grundstücks, das in das Eigentum des Geschäftsinhabers übergeht, stellt dies einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang dar3. Das gilt jedoch nicht, wenn das Grundstück dem Inhaber nur zum Gebrauch überlassen wird, weil sich dann an der Rechtszuständigkeit nichts ändert.
28.4
Wird die Verpflichtung des stillen Gesellschafters, das Grundstück auf den Inhaber zu übertragen, durch den Gesellschaftsvertrag begründet, so ist der Gesellschaftsvertrag regelmäßig formbedürftig (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB)4. Mangelt es an der notariellen Beurkundung, wird der Steuertatbestand zunächst noch nicht verwirklicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Der Formmangel kann aber durch die spätere Eigentumsumschreibung geheilt werden5.
28.5
Das Einbringen eines Betriebes in eine stille Gesellschaft ist hinsichtlich der eingebrachten Grundstücke auch dann grunderwerbsteuerpflichtig, wenn der einbringende stille Gesellschafter als Mitunternehmer zu behandeln ist6. Der atypische stille Gesellschafter erhält durch seine schuldrechtlichen Ansprüche auf anteiligen Gewinn auch kein Verwertungsrecht über die Grundstücke (siehe § 1 Abs. 2 GrEStG).
28.6
1 Siehe dazu zuletzt insbesondere BFH v. 9.7.2014 – II R 49/12, BStBl. II 2016, 57 = GmbHR 2014, 1171 = BB 2014, 240 mit Anm. Hartrott (zur Anwendung der Grundsätze des § 39 Abs. 2 Satz 1 AO bei rein wirtschaftlich zu beurteilenden mittelbaren Änderungen im Gesellschafterbestand). Ausführlich (und kritisch) dazu u.a. Behrens/Bielinis, DStR 2014, 2369; Rutemöller, BB 2015, 1058. 2 Zu einem (komplizierten) Fall einer mittelbaren Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG trotz einer bereits zuvor bestehenden atypischen stillen Beteiligung siehe FG Münster v. 9.11.2004 – 8 K 5501/03 GrE, EFG 2005, 472 mit Anm. Fumi. 3 P. Fischer in Boruttau, § 1 GrEStG Rz. 178; Pahlke, § 1 GrEStG Rz. 46; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, S. 9. 4 Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 76 Rz. 21; Piehler in Notarhdb. Gesellschaftsund Unternehmensrecht, 2011, § 18 Rz. 36 S. 941; Roth in Baumbach/Hopt, § 230 HGB Rz. 10; Weigl, Stille Gesellschaft, Treuhand und Unterbeteiligung, S. 10 f. 5 Siehe BFH v. 18.3.2005 – II R 19/02, BFH/NV 2005, 1368. Dieser Fall betraf allerdings eine etwas komplexere Konstellation: Die stille Gesellschafterin hatte zunächst nur Bargeld eingebracht, welches vereinbarungsgemäß zum Erwerb und zur Bebauung eines Grundstücks durch den Inhaber verwendet wurde. In dem formlos abgeschlossenen Beteiligungsvertrag wurde zusätzlich die Verpflichtung des Inhabers aufgenommen, das zu erwerbende Grundstück bei Auflösung der Gesellschaft auf die stille Gesellschafterin zu übertragen. Dies wurde durch notariellen Auflösungsvertrag dann auch so abgewickelt. Das Gericht entschied, dass tatbestandserfüllendes Rechtsgeschäft jedenfalls nicht der formnichtige Beteiligungsvertrag sein könne. Dieser wurde später auch nicht geheilt, da die letztlich erfolgte Übertragung nicht auf dem Beteiligungsvertrag, sondern auf dem bei Auflösung geschlossenen und notariell beurkundeten Auflösungsvertrag beruhe. 6 BFH v. 11.12.1974 – II R 170/73, BStBl. II 1975, 363 = DB 1975, 1011 = BB 1975, 644; BFH v. 30.11.1983 – II R 131/81, BStBl. II 1984, 160 = DStR 1984, 117 = BB 1984, 389; P. Fischer in Boruttau, § 1 GrEStG Rz. 178 ff.
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§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer
Das Grunderwerbsteuerrecht unterscheidet nicht zwischen typisch stillen und atypischen stillen Gesellschaften. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven des Handelsgeschäfts ist somit nur für das Ertragsteuerrecht, nicht aber auch für das Grunderwerbsteuerrecht von Bedeutung1.
28.7 Gehören Grundstücke zum Betriebsvermögen des Inhabers, so wird durch die Begründung der stillen Gesellschaft keine Grunderwerbsteuer ausgelöst, weil sich an der sachenrechtlichen Zuordnung der Grundstücke nichts ändert. Selbst der atypische stille Gesellschafter, den das Steuerrecht als Mitunternehmer behandelt und damit den Gesellschaftern einer handelsrechtlichen Personengesellschaft gleichsteht, erlangt keine dingliche Mitberechtigung an den zum Betriebsvermögen des Inhabers gehörenden Grundstücken.
28.8 Wird dem stillen Gesellschafter das von ihm eingebrachte Grundstück, das in das Eigentum des Inhabers übergegangen ist, bei der Beendigung der Gesellschaft zurückübereignet, so ist dieser Vorgang ebenfalls grunderwerbsteuerpflichtig. Die im Gesellschaftsvertrag niedergelegte Verpflichtung des Inhabers zur Rückübereignung des Grundstücks ist im Zweifel an die Auflösung der stillen Gesellschaft geknüpft. Die Steuerschuld entsteht dann erst mit der Auflösung der Gesellschaft. War die Rückübereignung schon beim Abschluss des Gesellschaftsvertrags vereinbart, kann der Wille der Beteiligten aber möglicherweise nur auf eine Gebrauchsüberlassung gerichtet gewesen sein (beispielweise wenn der Inhaber nach dem Gesellschaftsvertrag über das Grundstück nicht verfügen durfte). Darüber hinaus kann auch eine steuerfreie Rückgängigmachung des ursprünglichen Erwerbs vorliegen (siehe § 16 GrEStG).
28.9 Durch eine atypische stille Beteiligung lässt sich eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung nicht vermeiden (§ 1 Abs. 3 GrEStG)2. Das gilt sowohl bei mittelbarer als auch bei unmittelbarer oder teilweise mittelbarer Anteilsvereinigung. 3. Steuerbefreiungen
28.10 Einzelne Erwerbsvorgänge sind von der Grunderwerbsteuer ausgenommen (siehe im Einzelnen §§ 3 bis 7 GrEStG). Von der Grunderwerbsteuer sind insbesondere solche Erwerbsvorgänge befreit, bei denen zwischen Veräußerer und Erwerber persönliche bzw. familiäre Verbindungen bestehen oder bestanden (siehe z.B. § 3 Nr. 4 und 6 GrEStG).
28.11 Darüber hinaus wird die Grunderwerbsteuer beim Übergang von bzw. auf eine Gesamthand nicht erhoben, sofern sich die wirtschaftlichen Berechtigungsverhältnisse an dem Grundstück nicht ändern (siehe im Einzelnen §§ 5 und 6 GrEStG). Die stille Gesellschaft ist allerdings keine Gesamthand3. Dies gilt auch für die atypische stille
1 BFH v. 11.12.1974 – II R 170/73, BStBl. II 1975, 363 = DB 1975, 1011 = BB 1975, 644. Zur grunderwerbsteuerrechtlichen Irrelevanz von (atypisch) stillen Beteiligungen siehe Behrens/Bielinis, DStR 2014, 2369 (2375). 2 BFH v. 30.3.1988 – II R 76/87, BStBl. II 1988, 550; P. Fischer in Boruttau, § 1 GrEStG Rz. 943. 3 FG Münster v. 9.11.2004 – 8 K 5501/03 GrE, EFG 2005, 472 mit Anm. Fumi. Pahlke, § 1 GrEStG Rz. 46 sowie § 5 GrEStG Rz. 6 und 24; H.-U. Viskorf in Boruttau, § 5 GrEStG Rz. 12 und 21.
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§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer
Gesellschaft, die das Steuerrecht als Mitunternehmerschaft behandelt. Der atypische stille Gesellschafter erwirbt keine dingliche Mitberechtigung1. In einem vom BFH entschiedenen Fall2 kaufte die Klägerin von ihrer Kommanditistin, die zu 98,8 % an der Klägerin beteiligt war, ein Grundstück. Die Klägerin hatte noch eine atypische stille Gesellschafterin mit einer Gewinn- und Verlustbeteiligung von 15,7 %. Gegenstand des Rechtsstreits war nicht die Nichterhebung der Steuer bezüglich der Beteiligung von 98,8 % (gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG), sondern die stille Beteiligung von 15,7 %. Das Finanzamt war der Auffassung, dass diese stille Beteiligung bei der Beteiligungsquote (gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG) mit zu berücksichtigen und damit der Grundstückskauf in dieser Höhe grunderwerbsteuerpflichtig sei. Dem ist der BFH mit Recht nicht gefolgt, weil auch die atypische stille Gesellschaft keine Gesamthandgemeinschaft i.S. des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist und das Grunderwerbsteuerrecht in diesem Punkt dem bürgerlichen Recht folgt.
28.12
Für den Erwerb eines Grundstücks vom Schwiegervater durch eine (aus Schwiegervater und Schwiegersohn bestehende) OHG fällt die Grunderwerbsteuer somit nur insoweit an, als der Schwiegersohn an der OHG beteiligt ist (§ 5 Abs. 2 GrEStG). Dies gilt auch dann, wenn der Schwiegersohn bereits vor der Gründung der OHG als stiller Gesellschafter an dem Handelsgewerbe seines Schwiegervaters beteiligt war und das Grundstück während dieser Zeit von dem Schwiegervater für Rechnung der stillen Gesellschaft erworben worden war3.
28.13
Für bestimmte Umwandlungen und Einbringungen im Konzern wird gleichfalls keine Grunderwerbsteuer erhoben (§ 6a GrEStG).
28.14
4. Bemessungsgrundlage Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung (§§ 8 ff. GrEStG). Bei gesellschaftsrechtlichen Erwerbsvorgängen (z.B. Umwandlungen, Einbringungen, Anteilsübertragungen) gelten die Grundbesitzwerte (nach §§ 138 ff. BewG) als Bemessungsgrundlage (obwohl diese nach allgemeiner Auffassung wegen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz verfassungswidrig sind4).
28.15
Bei Auflösung einer Gesellschaft samt Übereignung eines Grundstücks an den stillen Gesellschafter kann die Ermittlung der Bemessungsgrundlage zweifelhaft sein. Ein „Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG) liegt nach allgemeiner Auffassung nur dann vor, wenn der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist5. Im Rahmen der stillen Gesellschaft steht jedoch der stille Gesellschafter nicht originär der Gesellschaft gegenüber, sondern hat sich auf
28.16
1 BFH v. 30.11.1983 – II R 131/81, BStBl. II 1984, 160 = DStR 1984, 117 = BB 1984, 389. P. Fischer in Boruttau, § 1 GrEStG Rz. 178 ff. 2 BFH v. 30.11.1983 – II R 131/81, BStBl. II 1984, 160 = DStR 1984, 117 = BB 1984, 389. 3 BFH v. 7.4.1976 – II R 97/70, BStBl. II 1976, 697. 4 S. dazu nur Pahlke, § 8 GrEStG Rz. 78 ff. unter Hinweis auf die derzeit beim BVerfG anhängigen Verfahren 1 BvL 13/11 und 14/11. 5 FG Schl.-Holst. v. 13.3.2002 – III 108/00, EFG 2002, 858 (durch BFH v. 18.3.2005 – II R 19/02, BFH/NV 2005, 1368, aus anderen Gründen aufgehoben). Zustimmend Pahlke, § 8 GrEStG Rz. 65; H.-U. Viskorf in Boruttau, § 8 GrEStG Rz. 85.
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§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer
Grundlage schuldrechtlicher Ansprüche an den Geschäftsinhaber zu wenden. Die Regelung (des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG) ist damit nicht anwendbar; es bleibt bei der Steuerbemessung nach allgemeinen Grundsätzen (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Erhält der stille Gesellschafter bei der Auflösung der Gesellschaft an Stelle der originär vereinbarten Geldabfindung ein Grundstück übereignet, so besteht die Gegenleistung in der Aufgabe der Beteiligung, deren Wert die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer bildet (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG). 5. Steuerberechnung
28.17 Die Steuer beträgt heute (abweichend vom Wortlaut des § 11 Abs. 1 GrEStG) nicht mehr bundesweit 3,5 %. Vielmehr steht den Bundesländern aufgrund der Föderalismusreform im Jahre 2006 heute das Recht zu, den Steuersatz selbst zu bestimmen (Art. 105 Abs. 2a Satz 2, 125a Abs. 2 GG). Die Steuersätze schwanken heute (je nach Bundesland) zwischen 3,5 % und 6,5 %1.
28.18 Steuerschuldner sind in der Regel die an einem Erwerbsvorgang beteiligten Personen (siehe § 13 GrEStG). 6. Sonstiges
28.19 Alle Rechtsvorgänge, die Grunderwerbsteuer auslösen können, sind von den Beteiligten (und den daran mitwirkenden Gerichten, Behörden und Notaren) dem zuständigen Finanzamt vollständig anzuzeigen (siehe §§ 17 ff. GrEStG). Form und Inhalt der steuerlichen Anzeigen sind gesetzlich geregelt (§ 20 GrEStG). Eintragungen im Grundbuch sind grundsätzlich erst nach Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung möglich (§ 22 GrEStG).
28.20 In bestimmten Fällen wird die bereits entstandene Grunderwerbsteuer ausnahmsweise nicht festgesetzt bzw. die bereits erfolgte Steuerfestsetzung wieder aufgehoben (siehe § 16 GrEStG i.V.m. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO). Dies ist insbesondere dann möglich, wenn der ursprüngliche Erwerbsvorgang (rechtlich und tatsächlich) wieder rückgängig gemacht wird. Voraussetzung ist allerdings, dass der Erwerb dem Finanzamt ordnungsgemäß angezeigt worden war (siehe § 16 Abs. 5 GrEStG).
II. Grundsteuer Schrifttum: Halaczinsky, 50 Jahre Einheitswerte 1964 – Bewertung des Grundbesitzes in den alten Bundesländern, Aktuelle Fragen der Einheitsbewertung, DStR 2014, Beihefter zu Heft 45/2014, 139; Nehls/Scheffler, Grundsteuerreform: Aufkommens- und Belastungswirkungen des Äquivalenz-, Kombinations- und Verkehrswertmodells, Institut Finanzen und Steuern e.V., Schrift Nr. 503, 2015; Schallmoser in Spiegelberger/Schallmoser, Die Immobilie im Zivil- und Steuerrecht, 2. Aufl. 2015, Kapitel 1, Abschnitt G, Rz. 1.930 ff., S. 225 ff.; Schmehl, Kritische Bestands-
1 Zum 1.7.2015 gelten folgende Steuersätze: Baden-Württemberg 5,0 %, Bayern 3,5 %, Berlin 6,0 %, Brandenburg 6,5 %, Bremen 5,0 %, Hamburg 4,5 %, Hessen 6,0 %, Mecklenburg-Vorpommern 5,0 %, Niedersachen 5,0 %, Nordrhein-Westfalen 6,5 %, Rheinland-Pfalz 5,0 %, Saarland 6,5 %, Sachsen 3,5 %, Sachsen-Anhalt 5,0 %, Schleswig-Holstein 6,5 %, Thüringen 5,0 %.
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§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer aufnahme der Grundsteuer in Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Bd. 35, Kommunalsteuern und -abgaben, herausgegeben von Joachim Wieland, 2012, S. 249 ff.; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 16 Rz. 1 ff., S. 869 ff.; Stöckel, Durchbruch bei der Reform der Grundsteuer?, NWB Nr. 40 v. 28.9.2015, S. 2943; Stöckel/Volquardsen, Grundsteuerrecht, 2. Aufl. 2012; Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, 11. Aufl. 2014.
Der inländische Grundbesitz unterliegt der Grundsteuer (§ 2 GrStG). Die Grundsteuer knüpft allein an den Grundbesitz an. Die Besteuerung erfolgt ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers und dessen Leistungsfähigkeit. Die Grundsteuer gehört somit zu den Realsteuern (§ 3 Abs. 2 AO). Im Ergebnis handelt es sich bei der Grundsteuer um eine besondere Form der Vermögensteuer.
28.21
Das Aufkommen aus der Grundsteuer ist den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und belief sich im Jahr 2014 auf rund 12,9 Mrd. Euro. Die Grundsteuer steht alleine den Gemeinden zu (Art. 106 Abs. 6 GG) und stellt für diese eine wichtige (und vor allem konjunkturunabhängige) Einnahmequelle dar.
28.22
Die Grundsteuer ist seit langem außerordentlich umstritten. Eine vollständige Abschaffung wird zwar immer wieder gefordert1, ist derzeit aber nicht zu erwarten. In dem Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode hat die Bundesregierung zur Grundsteuer Folgendes vereinbart:
28.23
„Die Grundsteuer wird unter Beibehaltung des Hebesatzrechtes für Kommunen zeitnah modernisiert. Wir fordern die Länder auf, nach Abschluss der laufenden Prüfprozesse rasch zu einer gemeinsamen Position zu kommen. Ziel der Reform ist es, die Grundsteuer als verlässliche kommunale Einnahmequelle zu erhalten, d.h. das Aufkommen zu sichern und Rechtssicherheit herzustellen.“ Eine baldige Reform der Grundsteuer2 dürfte darüber hinaus auch aus verfassungsrechtlichen Gründen unerlässlich sein. Beim BVerfG sind derzeit mehrere Verfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer anhängig3. Im Kern geht es dabei um die Anknüpfung der Grundsteuer an die Einheitswerte aus dem Jahr 1964 (in den alten Bundesländern) bzw. 1935 (in den neuen Bundesländern). Nach (zutreffender) Auffassung des BFH sind die Vorschriften über die Einheitswerte spätestens für die Jahre ab 2009 verfassungswidrig4. Die Steuerbescheide ergehen daher seit April 2012 nur noch vorläufig (§ 165 AO)5.
28.24
Gegenstand der Grundsteuer ist der Grundbesitz i.S. des Bewertungsgesetzes (§ 2 GrStG). Dies umfasst neben den Grundstücken des Grundvermögens auch land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie Betriebsgrundstücke.
28.25
Der Grundbesitz einzelner Eigentümer (z.B. öffentlicher Gebietskörperschaften, Kirchen und Religionsgemeinschaften und gemeinnütziger Körperschaften) ist von der
28.26
1 2 3 4
Beispielsweise von P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 2 Rz. 34 ff. Siehe dazu zuletzt Stöckel, NWB Nr. 40 v. 28.9.2015, S. 2943. BVerfG u.a. 2 BvR 287/11, 1 BvR 456/11, 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12. BFH v. 22.10.2014 – II R 16/13, BStBl. II 2014, 957 = DStR 2014, 2438 = DB 2015, 43, und zuvor bereits BFH v. 30.6.2010 – II R 60/08, BStBl. II 2010, 897; BFH v. 30.6.2010 – II R 12/09 (Az. BVerfG 2 BvR 287/11), BStBl. II 2011, 48. 5 Oberste Finanzbehörden der Länder, Gleichlautende Erlasse v. 18.5.2015, BStBl. I 2015, 439 = DStR 2015, 114, und zuvor Gleichlautende Erlasse v. 19.4.2012, BStBl. I 2012, 490.
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§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer
Grundsteuer befreit, wenn er ausschließlich und unmittelbar zu den steuerbegünstigten Zwecken benutzt wird (siehe im Einzelnen §§ 3 bis 8 GrStG).
28.27 Von der Grundsteuer befreit ist u.a. auch der Grundbesitz, der für die Zwecke eines Krankenhauses benutzt wird (§ 4 Nr. 6 GrStG). Die Steuerbefreiung setzt allerdings voraus, dass der Grundbesitz ausschließlich demjenigen zuzurechnen ist, der ihn für den begünstigten Zweck benutzt. In einem vom BFH1 entschiedenen Fall war der Alleineigentümer des betroffenen Grundstückes mit dritten Personen eine atypische stille Gesellschaft eingegangen, die – nach Auffassung des Finanzamtes und des Finanzgerichtes – die Grundstücke benutzte und damit das Krankenhaus betrieb. Eine Steuerbefreiung wäre demnach nicht in Betracht gekommen, sofern der Eigentümer des Grundstücks und der Träger des Krankenhauses zwei verschiedene Zurechnungssubjekte waren. Der BFH ist dem aber nicht gefolgt. Nach Auffassung des BFH begründet eine atypische stille Gesellschaft lediglich schuldrechtliche Ansprüche zwischen den Gesellschaftern. Eine Änderung hinsichtlich der dinglichen Nutzungsberechtigung erfolgt dadurch jedoch nicht. Die stille Gesellschaft als Innengesellschaft kann nicht Trägerin eines Gesellschaftsvermögens sein. Demnach war nicht die atypische stille Gesellschaft Krankenhausträger und Grundstücksnutzer, sondern alleine der Inhaber des Handelsgeschäftes (§ 230 HGB). Dieser war im Ausgangsfall mit dem Grundstückseigentümer identisch. Im Ergebnis waren die Voraussetzungen der Steuerbefreiung somit gegeben.
28.28 Die Ermittlung der Grundsteuer erfolgt in einem dreistufigen Verfahren (Einheitswertverfahren, Steuermessbetragsverfahren und Steuerfestsetzungsverfahren). Zunächst wird der Einheitswert des Grundbesitzes nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes festgestellt (§ 13 GrStG; §§ 17 ff. BewG und §§ 179 ff. AO). Der festgestellte Einheitswert wird sodann mit einer im Grundsteuergesetz festgelegten Steuermesszahl (für Grundstücke in der Regel 3,5 von Tausend) multipliziert (§§ 13 ff. GrStG). Dies ergibt den Grundsteuermessbetrag. Schließlich erhebt die jeweilige Gemeinde auf den Grundsteuermessbetrag den von ihr bestimmten Hebesatz (§§ 1, 25 ff. GrStG).
28.29 Maßgebender Stichtag für die Grundsteuer sind die Verhältnisse zu Beginn des jeweiligen Kalenderjahres (§ 9 Abs. 1 GrStG). Die Grundsteuer entsteht mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das die Steuer festgesetzt worden ist (§ 9 Abs. 2 GrStG i.V.m. § 38 AO).
28.30 Schuldner der Grundsteuer ist derjenige, dem der Grundbesitz zuzurechnen ist (§ 10 GrStG i.V.m. § 33 AO). In der Regel schuldet der Eigentümer des Grundbesitzes die Grundsteuer (§ 39 Abs. 1 AO). Neben dem Eigentümer haftet insbesondere auch der Nießbraucher für die Grundsteuer (§ 11 GrStG i.V.m. §§ 1030 ff. BGB). Dies gilt sowohl für den Vorbehalts- als auch den Zuwendungsnießbraucher.
28.31 Die Grundsteuer ruht als öffentliche Last auf dem Grundbesitz (§ 12 GrStG; siehe auch § 77 AO). Die öffentliche Last entsteht kraft Gesetzes und muss nicht im Grundbuch eingetragen werden (§ 54 GBO).
1 BFH v. 4.2.1987 – II R 216/84, BStBl. II 1987, 451 = BB 1987, 1378.
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§ 28 Grund- und Grunderwerbsteuer
Die Grundsteuer wird für das Kalenderjahr festgesetzt (§ 27 GrStG). In der Regel wird die Grundsteuer je zu einem Viertel am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November fällig (§ 28 GrStG).
28.32
In bestimmten Einzelfällen ist die Grundsteuer ganz oder teilweise zu erlassen (§§ 33 GrStG). Ein Steuererlass ist insbesondere möglich bei Kulturgütern und Grünanlagen sowie bei Grundbesitz, dessen Ertrag wesentlich gemildert ist1. Der Erlass bedarf eines Antrags (§ 34 GrStG).
28.33
1 Siehe zuletzt etwa BFH v. 17.12.2014 – II R 41/12, DStR 2015, 513 = DB 2016, 6 (zum Erlass der Grundsteuer für eine Immobilie, die in einem städtebaulichen Sanierungsgebiet liegt und die durchzuführenden Sanierungsmaßnamen eine Vermietung verhindern).
Wachter
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§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht Schrifttum: Abele, Stephan, BFH: Kein „Wahlrecht“ zur Überschussrechnung für atypisch still Beteiligten an einer bilanzierenden ausländischen (hier österreichischen) GmbH, BB 2014, 2928; Becker, Jan Dierk, Die atypisch stille Gesellschaft als Outbound-Finanzierungsalternative, 2005; Birker, Christian/Seidel, Philipp, Neue Auslegung des DBA-Schachtelprivilegs bei Einkünften aus typisch stillen Beteiligungen, BB 2009, 244; Bron, Jan F., Atypisch stille Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und Entstrickungsbesteuerung Gestaltungsmöglichkeit zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung, IStR 2016, 26; Debatin, Helmut/Wassermeyer, Franz, Doppelbesteuerung (Loseblatt); Flick, Hans/Wassermeyer, Franz/Baumhoff, Hubertus, Außensteuerrecht (Loseblatt); Fries, Wolfgang, Internationales Schachtelprivileg für Vergütungen aus einer typischen stillen Beteiligung an einer luxemburgischen Tochtergesellschaft, IStR 2005, 805; Frotscher, Gerrit, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2015; Fu, Reiner, Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht aus deutscher Sicht, 1997; Glessner, Miriam, Die grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, 2000; Goebel, Sören/Boller, Tino/Ungemach, Markus, Die Zuordnung von Beteiligungen zum Betriebsvermögen im nationalen und internationalen Kontext, IStR 2008, 643; Günkel, Manfred/Lieber, Bettina, Atypisch stille Gesellschaft als grenzüberschreitendes Gestaltungsinstrument, IWB Fach 10, Gruppe 2, S. 1393; Günkel, Manfred/Lieber, Bettina, BMFSchreiben zur steuerlichen Behandlung von Gewinnanteilen aus atypisch stillen Beteiligungen nach den DBA, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 871; Haase, Florian, Die atypische stille Gesellschaft in der Hinzurechnungsbesteuerung, IStR 2008, 312; Haase, Florian, Internationales und Europäisches Steuerrecht, 4. Aufl. 2014; Hagemann, Tobias/Kahlenberg, Christian/Cloer, Adrian, BBRechtsprechungsreport – Internationales Steuerrecht 2014 (Teil 1), BB 2015, 2455; Hennrichs, Joachim, Zum Wahlrecht gemäß § 4 Abs. 3 EStG bei mitunternehmerischer Beteiligung an einer ausländischen, bilanzierenden Gesellschaft, DStR 2015, 1420; Hruschka, Franz, Das BMF-Schreiben zur Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften vom 16.4.2010, DStR 2010, 1357; Hruschka, Franz, Das neue BMF-Schreiben zur Anwendung von DBA auf Personengesellschaften, DStR 2014, 2421; Jacobs, Otto H., Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016; Kaltenberg, Christian/Kopec, Agnieszka, Die Anwendungssystematik des Methodenartikels im Bereich hybrider Finanzinstrumente, IStR 2014, 159; Kaltenberg, Jennifer, Hybride Finanzierungsinstrumente als Steuerplanungsinstrument – Analyse der steuerlichen Vorteilhaftigkeit am Beispiel von Outbound-Finanzierungsbeziehungen zwischen Deutschland und Luxemburg, IStR 2012, 837; Kessler, Wolfgang/Becker, Jan Dierk, Die atypisch stille Gesellschaft als Finanzierungsalternative zur Reduzierung der Steuerbelastung aus der Hinzurechnungsbesteuerung, IStR 2005, 505; Kollruss, Thomas/Lukas, Henrike/Rüst, Vanessa, Das Cyprus-Modell – Vermeidung der AStG-Hinzurechnungsbesteuerung und steuerstrukturierte Kapitalanlage, BB 2010, 2663; Kollruss, Thomas, Mehrstöckige Hybrid-Kapitalgesellschaftsstrukturen und § 50d Abs. 11 EStG: Leerlaufen der Norm?, BB 2013, 157; Kopec, Agnieszka/Kudert, Stephan, § 50d Abs. 11 EStG – eine Analyse der steuerlichen Auswirkungen auf die Besteuerung von Schachteldividenden an eine deutsche GmbH & atypisch Still, IStR 2013, 498; Kraft, Andreas/Mayer-Theobald, Felicitas, Zinsschranke und atypisch stille Gesellschaft, DB 2008, 2325; Leitner, Reinhard, Die Stille Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, SWI 2000, 159; Lipp, Marisa, Die Bedeutung der stillen Gesellschaft im Außensteuergesetz, ISR 2014, 408; Lipp, Marisa, Die stille Gesellschaft in der deutschen Abkommenspraxis, Einkünftequalifikation bei der grenzüberschreitenden typisch oder atypisch stillen Gesellschaft, IWB 2014, 760; Mössinger, Chris, Die stille Gesellschaft als Instrument zur steuerlichen Optimierung der internationalen Konzernfinanzierung, 2006; von Oertzen, Christian/Stein, Thomas, Die Sicherung erbschaftsteuerlicher Vergünstigungen für Drittstaaten-Personengesellschaften durch Organschaften, Ubg 2011, 353; Pyszka, Tillmann, Aktuelle Fragen zur atypischen stillen Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, IStR 1999, 577; Rasch, Stephan/Nakhai, Katja, Die EG-Rechtswidrigkeit des § 1 AStG bleibt weiterhin ungeklärt, DB 2005, 1984; Schaumburg, Harald, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl. 2011; Saliger, Andreas/Schießl, Christoph, Wegzugsbesteuerung: Hybride Gestaltungen und Wegzugsbesteuerung, ISR 2015, 186; Salzmann, Stephan, „Einstrahlungswirkung“ ausländischer Gewinnermittlungsnormen auf die steuerliche Gewinnermittlung in Deutschland?, IStR
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§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht 2015, 282; Schmidt, Christian, Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf Personengesellschaften. Eine Analyse des BMF-Schreibens vom 16.4.2010, IV B 2 – S 1300/09/10003, BStBl. I 2010, 354, IStR 2010, 413; Schneider, Ernst-August, Die atypisch stille Gesellschaft im Recht der deutschen DBA, IStR 1999, 392; Schneider, Helmut, Steuerliche Aspekte stiller Einlagen bei Banken durch ausländische Investoren, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 913; Schönhaus, Mathias, Die Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen unter besonderer Berücksichtigung des OECD-Partnership-Reports, 2005; Suchanek, Markus, Atypisch stille Beteiligungen im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, FR 2003, 605; Suchanek, Markus/ Herbst, Christian, Internationales Schachtelprivileg für einen typisch still Beteiligten an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft, FR 2006, 1112; Teufel, Tobias/Hasenberg, Rudi, Keine Schachtelfreistellung für Einkünfte aus typisch stiller Beteiligung an Luxemburger AG – Anmerkungen zum Urteil des BFH vom 4.6.2008, I R 62/06, IStR 2008, 724; Vees, Carl Friedrich, Die Anwendung der DBA auf Personengesellschaften. Zugleich Anmerkung zum BMF-Schreiben vom 16.4.2010, DB 2010, 984, DB 2010, 1422; Vogel, Klaus/Lehner, Moris, DBA Doppelbesteuerungsabkommen, 6. Aufl. 2015; Wagner, Siegfried, Eröffnet das BFH-Urteil vom 4.6.2008 – I R 62/06 bereits vor dem VZ 2007 den Zugang zur „Rückfallklausel“ des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG?, DStZ 2009, 215; Wagner, Siegfried, Erträge aus einer stillen Gesellschaft an einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft, Stbg 2007, 21; Wittkowski, Ansas/Loose, Thomas, Gewerblich geprägte Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, DB 2010, 2411.
I. Die beschränkte Steuerpflicht 1. Einkommensteuer Gemäß § 1 Abs. 4 EStG sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, mit ihren inländischen Einkünften i.S. des § 49 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig.
29.1
Unter den inländischen Einkünften, die der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterliegen, nennt das Gesetz u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. der §§ 15 bis 17 EStG, für den im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG), sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6 und 9 EStG, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG).
29.2
Hiernach unterliegen die Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen aus der Beteiligung an einem inländischen Handelsgewerbe als typischer stiller Gesellschafter der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Dasselbe gilt für den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Einkünfte aus der stillen Beteiligung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesehen werden (vgl. Rz. 20.67 ff., 22.7 ff.) und demzufolge unter § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG fallen.
29.3
Hier zeigt sich auch die Bedeutung des Unterschieds zwischen der typischen stillen Beteiligung und einem Darlehen. Nur die Einkünfte aus der stillen Beteiligung unterliegen der beschränkten Einkommensteuerpflicht, nicht dagegen die Darlehenszinsen, es sei denn, dass das Darlehen durch inländischen Grundbesitz oder durch eingetragene Schiffe dinglich gesichert ist1 (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa
29.4
1 Vgl. Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 49 EStG Rz. 165; BFH v. 28.3.1984 – I R 129/79, BStBl. II 1984, 620 (621).
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§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
EStG) oder dass es sich um ein partiarisches Darlehen handelt, das im Hinblick auf die beschränkte Steuerpflicht der stillen Beteiligung gleichgestellt ist1.
29.5 Ob eine typische oder eine atypische stille Gesellschaft besteht, bestimmt sich nach der Wertung des deutschen Steuerrechts2. a) Typische stille Gesellschaft
29.6 Die beschränkte Steuerpflicht setzt voraus, dass der Schuldner der Kapitalerträge (Geschäftsinhaber) Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG). Dies gilt auch, wenn die stille Beteiligung durch eine rechtliche unselbständige Auslandsbetriebsstätte eines inländischen Schuldners hereingenommen wird. Umgekehrt unterliegen die Gewinnanteile eines Steuerausländers, der sich an einem ausländischen Geschäftsinhaber mit einer Inlandsbetriebsstätte typisch still beteiligt, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG nicht der beschränkten Steuerpflicht.
29.7 Ein Ausländer wird nicht schon dadurch zum stillen Gesellschafter, dass er einem inländischen Unternehmer vertraglich die Herstellung und den Absatz bestimmter Gegenstände überlässt und Hilfe bei der Herstellung der Gegenstände gewährt3. Dagegen kann eine stille Beteiligung vorliegen, wenn eine ausländische Gesellschaft einem deutschen Unternehmer einen Kredit zur Verfügung stellt und dafür am Gewinn und Verlust beteiligt wird4.
29.8 Zu den beschränkt steuerpflichtigen Einnahmen des stillen Gesellschafters gehören alle Bezüge, die sich als laufender Ertrag aus seiner Beteiligung darstellen, die also nach den Vorstellungen der Beteiligten den Charakter eines Entgelts für die geleistete Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters besitzen. Dazu gehört insbesondere die ausbedungene Gewinnbeteiligung5. Daneben gehören zu den Einnahmen des stillen Gesellschafters auch besondere Entgelte oder Vorteile, die neben den in § 20 Abs. 1 EStG bezeichneten Einkünften oder an deren Stelle gewährt werden (§ 20 Abs. 3 EStG).
29.9 Nicht zu den beschränkt steuerpflichtigen Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehört die Rückzahlung der geleisteten Vermögenseinlage. Die Vereinnahmung des Auseinandersetzungsguthabens oder eines Veräußerungsgewinns fällt vielmehr unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG. Einnahmen im Zusammenhang mit dem Vermögensstamm gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG unterliegen anders als die laufenden Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht der beschränkten Steuerpflicht i.S. des § 49 EStG. Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen sind ab dem Veranlagungsjahr 2009 Gewinne aus der Veräußerung oder Auflösung von stillen Beteiligungen unabhängig von einer Behaltensfrist steuerpflichtig. Bei beschränkter Steuerpflicht verweist § 49
1 RFH v. 11.7.1928, RStBl. 1928, 329; RFH v. 25.1.1940, RStBl. 1940, 539 (540); vgl. auch § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. 2 Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 63. 3 RFH v. 9.12.1930, RStBl. 1931, 236. 4 RFH v. 11.7.1928, RStBl. 1928, 329; RFH v. 10.3.1937, StuW 1937, 253. 5 Jochum in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 20 EStG Rz. C/4 72.
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Abs. 1 Nr. 5 Buchst. d EStG jedoch lediglich auf die in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a, 9 und 10 EStG aufgeführten und dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden Veräußerungsfälle, zu denen die Veräußerung oder Auflösung einer stillen Gesellschaft gerade nicht gehört. Bei der Besteuerung der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte dürfen Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur insoweit abgezogen werden, als sie mit den inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 50 Abs. 1 Satz 1 EStG). Da der beschränkt Steuerpflichtige allen Vorschriften des EStG unterliegt, die auch für unbeschränkt Steuerpflichtige gelten, soweit sich nicht aus § 50 Abs. 3 EStG oder den jeweiligen Vorschriften Einschränkungen ergeben1, ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten ab 2009 auch bei den Inlandskapitaleinkünften nach § 20 Abs. 9 EStG ausgeschlossen. Durch die Streichung des Verweises in § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG auf § 20 Abs. 4 EStG a.F. kann der beschränkt Steuerpflichtige jedoch den Sparer-Pauschbetrag in Anspruch nehmen.
29.10
Die Einkommensteuer des beschränkt steuerpflichtigen typischen stillen Gesellschafters wird durch Abzug vom Kapitalertrag (Kapitalertragsteuer) gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG erhoben, weil der Geschäftsinhaber als Schuldner der Gewinnanteile seinen Wohnsitz, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Inland hat (§ 43 Abs. 3 EStG). Zu den steuerabzugspflichtigen Kapitalerträgen gehören auch besondere Entgelte oder Vorteile i.S. des § 20 Abs. 3 EStG (§ 43 Abs. 1 Satz 2 EStG). Durch den Steuerabzug gilt die Einkommensteuer für diese Einkünfte bei beschränkt Steuerpflichtigen als abgegolten, wenn die Einkünfte nicht Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind (§ 50 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStG). Es findet insoweit also keine Veranlagung statt. Hat der stille Gesellschafter neben seinen Beteiligungseinkünften noch andere Einkünfte (z.B. aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung) und werden diese Einkünfte im Wege der Veranlagung erfasst, so bleiben dennoch die Einkünfte aus der stillen Beteiligung außer Betracht; sie erhöhen also nicht die Progression.
29.11
Die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs erweist sich insbesondere im Fall der Wiederauffüllung verlustgeminderter stiller Beteiligungen als höchst problematisch. Nach der Rechtsprechung des BFH liegen steuerpflichtige Einnahmen aus einer stillen Beteiligung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG auch vor, soweit die Gewinnanteile lediglich dazu dienen, die durch frühere Verlustanteile geminderte Vermögenseinlage wieder aufzufüllen2: „Die Gutschrift ist der abgekürzte Weg an Stelle der Auszahlung und der Wiedereinzahlung des gutgeschriebenen Betrages zur Gutschrift auf dem Einlagekonto.“ Bei näherer Betrachtung erscheint die Begründung, der stille Gesellschafter würde mit dem Wiederauffüllen seine Einlagepflicht erfüllen, rechtlich zweifelhaft. Denn die Einlagepflicht des stillen Gesellschafters wurde bereits mit der Einzahlung der Einlage erfüllt. Die Pflicht zur Wiederauffüllung trifft allein die Gesellschaft, an der die stille Beteiligung besteht, nicht aber den stillen Gesellschafter3. Vorzugswürdig ist daher die Sichtweise, dass der Wiederauffüllungsbetrag kein Kapitalertrag i.S. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn – was
29.12
1 Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 50 EStG Rz. 10. 2 BFH v. 24.1.1990 – I R 55/85, BStBl. II 1991, 147. 3 So zutreffend Hamacher/Dahm in Korn, § 20 EStG Rz. 222.
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§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
in der Praxis nicht selten der Fall ist – im Beteiligungsvertrag ausdrücklich geregelt ist, dass die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters bis zur vollständigen Wiederauffüllung ausgeschlossen ist.
29.13 Jedenfalls bei beschränkt steuerpflichtigen stillen Gesellschaftern darf die Wiederauffüllung nicht zu einem Steuerabzug mit Abgeltungswirkung führen. Die Wiederauffüllung ist nur das Spiegelbild der vorangehenden verlustbedingten Herabschreibung. Es handelt sich lediglich um eine vorübergehende Wertschwankung ein und derselben Einkunftsquelle, namentlich des dem Geschäftsherrn überlassenen Kapitals, nicht aber am Markt erzielte Einkünfte. Sofern die Wiederauffüllung – entgegen der hier vertretenen Auffassung – zu positiven Einnahmen führen sollte, muss im Hinblick auf das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende objektive Nettoprinzip eine periodenübergreifende Verrechnung mit den vorangegangenen negativen Einnahmen aus derselben Einkunftsquelle möglich sein. Für Zwecke des Steuerabzugs folgt dies zudem aus dem Rechtsgedanken des § 43a Abs. 3 Sätze 2 und 3 EStG.
29.14 Für beschränkt Steuerpflichtige gelten seit dem Veranlagungszeitraum 2009 die allgemeinen Einschränkungen beim Verlustausgleich und Verlustabzug (§ 20 Abs. 6 EStG, siehe dazu Rz. 22.235 ff., 22.261 ff.).
29.15 Die Einkommensteuer kann ganz oder teilweise erlassen oder in einem Pauschbetrag festgesetzt werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt (§ 50 Abs. 4 EStG). b) Atypische stille Gesellschaft
29.16 Die Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung sind gemäß §§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig. Es handelt sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb (vgl. Rz. 20.67 ff., 22.7 ff.). Im Rahmen der beschränkten Einkommensteuerpflicht dürfen bei einer atypischen stillen Gesellschaft Betriebsausgaben nur insoweit abgezogen werden, als sie mit inländischen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 50 Abs. 1 Satz 1 EStG).
29.17 Während der typische stille Gesellschafter nur dann beschränkt steuerpflichtig ist, wenn das Unternehmen, an dem die stille Beteiligung besteht, Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland unterhält, ist der atypische stille Gesellschafter bereits dann beschränkt steuerpflichtig, wenn das Unternehmen, an dem die stille Gesellschaft besteht, eine Betriebsstätte im Inland unterhält. Als Beispiel ist der ausländische Einmann-Gesellschafter einer ausländischen GmbH zu nennen, der mit seiner GmbH eine atypische stille Beteiligung eingeht, sofern die GmbH in Deutschland eine Betriebsstätte unterhält. Es besteht beschränkte Steuerpflicht des atypischen stillen Gesellschafters, wohingegen der typische stille Gesellschafter in einem vergleichbaren Fall nicht beschränkt steuerpflichtig wäre.
29.18 Steuerpflichtig ist auch der Veräußerungsgewinn, der bei der Veräußerung der atypischen stillen Beteiligung erzielt wird (§§ 49 Abs. 1 Nr. 2, 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG)1. Auf
1 Erdweg in HHR, EStG/KStG, § 16 EStG Rz. 12 und 201; Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 400.
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diesen Veräußerungsgewinn ist der ermäßigte Steuersatz des § 34 EStG anzuwenden (§ 50 Abs. 1 Satz 3 EStG). Entfällt auf den beschränkt steuerpflichtigen atypischen stillen Gesellschafter ein Verlust aus der Beteiligung, so ist ein Ausgleich dieses Verlustes mit anderen positiven Einkünften zulässig1. Die Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG, wonach § 10d EStG nur anzuwenden war, wenn die Verluste in wirtschaftlichem Zusammenhang mit inländischen Einkünften standen und sich aus Unterlagen ergaben, die im Inland aufbewahrt werden, wurde durch das JStG 20092 wegen verfassungsrechtlicher Bedenken aufgehoben.
29.19
Die Besteuerung erfolgt in der Regel im Wege der Veranlagung, nicht durch Steuerabzug vom Kapitalertrag. Die Einkommensteuer, bemisst sich nach § 32a Abs. 1 EStG, also nach der Grundtabelle (§ 50 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die Mindestbesteuerung nach § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG a.F. wurde durch das JStG 2009 aufgehoben. Nach § 50 Abs. 1 Satz 2 EStG ist das zu versteuernde Einkommen im Vergleich zur Grundtabelle jedoch um den Grundfreibetrag zu erhöhen.
29.20
Das Finanzamt kann die Einkommensteuer aber auch im Wege des Steuerabzugs erheben, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs zweckmäßig ist (§ 50a Abs. 7 EStG). Gemäß § 50 Abs. 4 EStG ist ein vollständiger oder teilweiser Erlass der Einkommensteuer oder die Festsetzung eines Pauschbetrags möglich, wenn dies im besonderen öffentlichen Interesse liegt.
29.21
2. Körperschaftsteuer Die für die Einkommensteuer gemachten Ausführungen gelten entsprechend für die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, sind gemäß § 2 Nr. 1 KStG mit ihren inländischen Einkünften i.S. des § 49 EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Dies gilt auch für sonstige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nicht unbeschränkt steuerpflichtig sind, hinsichtlich der inländischen Einkünfte, von denen ein Steuerabzug zu erheben ist (§ 2 Nr. 2 KStG). Bei der Wiederauffüllung verlustgeminderter stiller Beteiligungen besteht bei beschränkten Körperschaftsteuerpflichtigen die gleiche Problematik der Übermaßbesteuerung wie bei beschränkt Einkommensteuerpflichtigen.
29.22
3. Vermögensteuer Das Vermögensteuergesetz ist zum 1.1.1997 weder abgeschafft noch an die Vorgaben der Entscheidung des BVerfG vom 22.6.19953 angepasst worden. Damit besteht das Vermögensteuergesetz zwar formal weiter, die Vermögensteuer wird jedoch vom 1.1.1997 an nicht mehr erhoben. Für Altfälle wird auf die Ausführungen der 5. Aufl. verwiesen (dort Rz. 1836–1841). Vgl. im Übrigen Rz. 27.91 ff.
1 Es sind jedoch die allgemeinen Verlustnutzungsbeschränkungen zu berücksichtigen, insbesondere die §§ 15a und 15 Abs. 4 Satz 6–8 EStG. 2 JStG 2009 v. 19.12.2008, BGBl. I 2008, 2794. 3 BVerfG v. 22.6.1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121.
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29.23
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4. Erbschaftsteuer
29.24 Die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 ErbStG tritt ein, wenn weder der Erblasser zur Zeit seines Todes bzw. der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung noch der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (vgl. dazu § 9 ErbStG) Inländer i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG ist. Die beschränkte Steuerpflicht begrenzt die Steuer auf den Teil des Vermögensanfalles, der in Inlandsvermögen i.S. des § 121 BewG besteht. Zum Inlandsvermögen gehören gemäß § 121 Nr. 8 BewG auch Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als typischer stiller Gesellschafter, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat. Partiarische Darlehen sind der stillen Beteiligung gleichgestellt (§ 121 Nr. 8 BewG). Hiernach besteht hinsichtlich einer typischen stillen Beteiligung eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht; und zwar ist Erbschaftsteuer zu entrichten, wenn ein Ausländer einem anderen Ausländer eine in der Bundesrepublik bestehende typische stille Beteiligung vererbt. Weiterhin kann auch die gemäß § 121 Nr. 3 BewG zum inländischen Betriebsvermögen zählende atypische stille Beteiligung von der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht erfasst sein.
29.25 In den Fällen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG wird ein Freibetrag von 2000 Euro gewährt (§ 16 Abs. 2 ErbStG).
II. Maßnahmen zur Beseitigung der Doppelbesteuerung
29.26 Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung bestehen regelmäßig Besteuerungsrechte verschiedener Staaten. Ursache hierfür ist die Anknüpfung der Besteuerungsrechte an die Ansässigkeit des Steuerpflichtigen oder an den Ursprung der erzielten Einkünfte. Diese Besteuerungsüberschneidungen hindern den freien internationalen Wettbewerb und sollten deshalb vermieden werden. Als Mittel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung dienen unilaterale und bilaterale Maßnahmen. 1. Unilaterale Maßnahmen
29.27 Als einseitige Maßnahme des deutschen Rechts dient im Rahmen der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht § 34c EStG dazu, eine Doppelbesteuerung zu beseitigen oder zu mildern1. Danach kann die deutsche Steuer bei ausländischen Einkünften, die in § 34d EStG abschließend aufgezählt sind2, ermäßigt werden. Voraussetzung für die Ermäßigung der deutschen Steuer ist, dass die ausländische Steuer der deutschen Einkommensteuer entspricht3. Gemäß § 34c EStG kann die ausländische Steuer auf die deutsche Steuer angerechnet oder von ihr abgezogen werden. Möglich ist auch, dass die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer erlassen oder pauschaliert wird4. 1 § 34c EStG greift ausweislich seines eindeutigen Wortlauts nur bei unbeschränkt Steuerpflichtigen ein. Soweit bei beschränkter Steuerpflicht eine strukturell ähnliche Situation entstehen kann, verweist § 50 Abs. 3 EStG teilweise auf § 34c EStG. Siehe dazu Haase, Internationales und Europäisches Steuerrecht, Rz. 420 ff. 2 Heinicke in L. Schmidt, § 34d EStG Rz. 1. 3 Vgl. hierzu Anlage 6 zu R 34c EStR 2012. 4 Vgl. im Einzelnen zu den Methoden des § 34c EStG im Rahmen der stillen Gesellschaft Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 75 ff.
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In § 34c Abs. 1 EStG ist die Anrechnungsmethode geregelt. Danach ist die festgesetzte und gezahlte und um einen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Dieser Teil der deutschen Einkommensteuer wird in der Weise ermittelt, dass der sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens (einschließlich der ausländischen Einkünfte) nach den §§ 32a, 32b, 34, 34a und 34b EStG ergebende durchschnittliche Steuersatz auf die ausländischen Einkünfte anzuwenden ist (§ 34c Abs. 1 Satz 2 EStG). Gemäß § 68a Satz 2 EStDV sind die Höchstbeträge der anrechenbaren ausländischen Steuern für jeden einzelnen ausländischen Staat gesondert zu berechnen (per-country-limitation). Hierbei kann sich die Pro-Staat-Begrenzung sowohl vorteilhaft als auch nachteilig auswirken1. Nach § 34c Abs. 1 Satz 3 EStG sind bei der Ermittlung der ausländischen Einkünfte die ausländischen Einkünfte nicht zu berücksichtigen, die in dem Staat, aus welchem sie stammen, nach dessen Recht nicht besteuert werden. Der Höchstbetrag ist bei Personengesellschaften für jeden Gesellschafter gesondert zu berechnen. Soweit die Gesellschafter nicht schon im Ausland getrennt nach ihrem Anteil besteuert wurden, ist die anrechenbare ausländische Steuer nach dem jeweiligen Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen. Gemäß § 34c Abs. 1 Satz 5 EStG ist die ausländische Steuer nur auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte anzurechnen. Wird die ausländische Steuer angerechnet, so hat der Steuerpflichtige jeweils die höhere Steuer zu zahlen.
29.28
Im Bereich der Körperschaftsteuer sieht § 26 KStG die Anrechnung der ausländischen Steuer vor. Hierfür verweist § 26 Abs. 1 KStG auf § 34c EStG. Im Rahmen der Erbschaftsteuer wird die ausländische Steuer gemäß § 21 Abs. 1 ErbStG angerechnet.
29.29
2. Bilaterale Maßnahmen (Doppelbesteuerungsabkommen) Beteiligt sich ein unbeschränkt Steuerpflichtiger an einem ausländischen Handelsgewerbe als typischer oder atypischer stiller Gesellschafter oder ein beschränkt Steuerpflichtiger an einem inländischen Handelsgewerbe, so spielen für die Fragen der Besteuerung die mit ausländischen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen2 eine wichtige Rolle. In diesen Abkommen beschränken die beteiligten Staaten ihre Steuerhoheit in der Weise, dass jeder von ihnen auf einen Teil seines Besteuerungsrechts verzichtet. Die Abkommen sprechen die Staaten regelmäßig von zwei Seiten her an: Zum einen als Ansässigkeitsstaat der abkommensberechtigten Person und zum anderen als Quellenstaat der erzielten Einkünfte. Das Besteuerungsrecht des Quellenstaates kann aufgrund der Abkommen uneingeschränkt aufrechterhalten bleiben. Es kann aber auch insofern beschränkt werden, als die Besteuerungsgrundlage eingeschränkt oder das Besteuerungsrecht der Höhe nach begrenzt wird. Schließlich kann das Besteuerungsrecht des Quellenstaates aufgehoben sein. Dem Ansässigkeitsstaat bleibt die Aufgabe, die Doppelbesteuerung zu vermeiden, soweit das Besteuerungsrecht des Quellenstaates ganz oder teilweise aufrechterhalten wird. Hierfür sind als Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrech1 Vgl. Wied in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rz. 52; Gosch in Kirchhof, § 34c EStG Rz. 36. 2 Zu Beginn eines jeden Kalenderjahres erscheint im BStBl. I sowie auf der Homepage des BMF eine Übersicht über den Stand der von der Bundesrepublik Deutschland vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen.
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29.30
§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
nung der ausländischen Steuer1 oder die Freistellung der ausländischen Einkünfte von der inländischen Steuer vorgesehen. Im Rahmen der Freistellungsmethode kann der Ansässigkeitsstaat die ausländischen Einkünfte gegebenenfalls mit Hilfe des Progressionsvorbehalts bei der Festsetzung der Steuer für die übrigen Einkünfte der abkommensberechtigten Person berücksichtigen. Die Anrechnungsmethode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung wird insbesondere von den angloamerikanischen Staaten angewandt2, während in Deutschland in der Regel die Freistellungsmethode vorgezogen wird. Deutschland orientiert sich zudem in seiner Abkommenspraxis an dem Musterabkommen der OECD. a) Typische stille Gesellschaft
29.31 Ausgehend von dem Musterabkommen der OECD können für Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung der Dividendenartikel oder der Zinsartikel einschlägig sein. „Dividenden“ i.S. des Art. 10 Abs. 3 OECD-Musterabkommens sind Einkünfte aus Rechten – ausgenommen Forderungen – mit Gewinnbeteiligung, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind. „Zinsen“ sind nach Art. 11 Abs. 3 Satz 1 OECDMusterabkommen Einkünfte aus Forderungen jeder Art, auch wenn sie mit einer Beteiligung am Gewinn des Schuldners ausgestattet sind. Daher sind die Einkünfte des typischen stillen Gesellschafters ohne ausdrückliche Regelung in den Abkommen als Zinsen zu behandeln3. Die deutschen Abkommen beziehen jedoch zur Sicherstellung des deutschen Besteuerungsrechts regelmäßig die Einnahmen aus einer typischen stillen Beteiligung in den Dividendenbegriff ein, damit alle Einkünfte einheitlich behandelt werden, mit denen ein unternehmerähnliches Risiko eingegangen wird. Hinsichtlich dieser Einkünfte bleibt der Quellenstaat besteuerungsberechtigt, sein Besteuerungsrecht kann aber, abhängig von der jeweiligen Regelung im Abkommen, der Höhe nach begrenzt sein. Der Ansässigkeitsstaat hat daher grundsätzlich die im Quellenstaat gezahlte Steuer auf seine Steuer anzurechnen.
29.32 Enthält das jeweilige Abkommen für die Einkünfte aus stillen Beteiligungen, abgesehen von ihrer Einbeziehung in den Dividendenbegriff, keine spezielle Regelung, so gelten die für „gewöhnliche“ Dividenden vorgesehenen Satzbegrenzungen. Grundsätzlich kommt daher bei Ausschüttungen an beschränkt steuerpflichtige typisch stille Gesellschafter ein Quellensteuersatz von 15 % zur Anwendung4. Sofern der im Ausland ansässige stille Gesellschafter zugleich eine Schachtelbeteiligung an derselben inländischen Gesellschaft hält, sollte der für Schachteldividenden geltende niedrigere Quellensteuersatz, d.h. üblicherweise 5 %, anwendbar sein. Die für den „umgekehrten“ Fall (Outbound) geltende Rechtsprechung des BFH5 ist auf diesen Fall nicht übertragbar6.
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Vgl. zur Anrechnungsmethode die Ausführungen zu § 34c Abs. 1 EStG (Rz. 29.25 ff.). Mössner, Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, S. 159. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, Rz. 16.363. Dies gilt z.B. für die Abkommen mit Australien und mit Belgien. BFH v. 4.6.2008 – I R 62/06, BStBl. II 2008, 793. Tischbirek/Specker in Vogel/Lehner, Art. 10 Rz. 168; Teufel/Hasenberg, IStR 2008, 724 (727). Die Ausführungen im BMF-Schreiben zur Anwendung von DBA auf Personengesellschaften v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Rz. 4.1.1.1.3 stehen dem nicht entgegen.
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Fast alle neueren Abkommen heben jedoch die im Dividendenartikel vorgesehenen Satzbegrenzungen vollständig auf, wenn die Einkünfte des stillen Gesellschafters aus seiner stillen Beteiligung vom Schuldner bei dessen Gewinnermittlung abgezogen werden können1. In diesem Fall beträgt die Quellensteuerbelastung 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag.
29.33
Weil Abkommensrecht und nationales Recht eigenständige Regelungskreise bilden2, ist zu beachten, dass die innerstaatliche Besteuerung von der abkommensrechtlichen Behandlung unberührt bleibt, soweit die Abkommen dem Staat das Besteuerungsrecht belassen. Der Quellenstaat besteuert daher zunächst die Erträge zum vollen Steuersatz. Um in den Genuss des Abkommensschutzes zu kommen, muss sich die abkommensberechtigte Person die zu viel gezahlte Steuer in einem besonderen Verfahren erstatten zu lassen.
29.34
Z.B. bestimmt Art. 10 des Abkommens mit den Vereinigten Staaten von Amerika, dass Dividenden, die von einer in einem der Gebiete ansässigen Gesellschaft an eine in dem anderen Gebiet ansässige Person gezahlt werden, auch in dem erstgenannten Gebiet besteuert werden können. Zu den Dividenden gehören auch die Einkünfte des typischen stillen Gesellschafters (Art. 10 Abs. 5 DBA-USA). Ihre Besteuerung erfolgt durch beide Vertragsstaaten, also bei in den USA ansässigen Personen durch die USA als dem Wohnsitzstaat und durch die Bundesrepublik Deutschland als dem Staat, in dem die die Dividende zahlende Gesellschaft ansässig ist (Art. 10 Abs. 1 DBA-USA). Jedoch ist das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik insofern eingeschränkt, als der Steuersatz auf ausgezahlte Dividenden 15 % nicht übersteigen darf (Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b DBA-USA). Wenn die Einkünfte des stillen Gesellschafters bei der Ermittlung des Gewinns der zahlenden Person abzugsfähig sind, bleibt es hingegen beim deutschen Kapitalertragsteuersatz von 25 % (Art. 10 Abs. 6 DBA-USA)3.
29.35
b) Atypische stille Gesellschaft Beteiligt sich ein deutscher Steuerpflichtiger als stiller Gesellschafter an einem ausländischen Unternehmen, so kann diese Beteiligung als mitunternehmerisch und damit als atypische stille Gesellschaft qualifiziert werden. Entscheidend ist, welche Rechte die ausländischen Gesetze den Beteiligten jeweils einräumen. Besteht danach eine atypische stille Gesellschaft, so stellt sich zunächst die Frage, ob diese Gesellschaft als eigenständiges Steuersubjekt gelten und damit abkommensberechtigte Person sein kann4. Aus deutscher Sicht ist die Frage an sich zu verneinen. Auch ausländische Rechtsordnungen lehnen, soweit ersichtlich, die Steuersubjekteigenschaft einschlägiger Gebilde durchgängig ab5. Wird das der atypischen stillen Gesellschaft vergleichbare Gebilde im Sitzstaat des Geschäftsinhabers jedoch als eigenständiges
1 Vgl. die Übersicht bei Tischbirek/Specker in Vogel/Lehner, Art. 10 Rz. 167. 2 Hierzu Vogel in Vogel/Lehner, Einl. Rz. 68 ff. 3 In den meisten anderen deutschen Abkommen, die eine vergleichbare Regelung enthalten, findet sich diese im Protokoll zum jeweiligen Abkommen. 4 Ausführlich Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 55 ff. 5 Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 218.
Teufel 863
29.36
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Steuersubjekt anerkannt, so ist Deutschland an diese Sichtweise grundsätzlich gebunden1. Nicht ausgeschüttete Gewinne kann Deutschland daher nur dann besteuern, wenn es selbst Quellenstaat der Einkünfte ist. Für ausgeschüttete Gewinne ist hingegen der Dividendenartikel (Art. 10 OECD-Musterabkommen) maßgeblich, so dass die ausländische Steuer grundsätzlich anzurechnen ist. Die tatsächliche Besteuerung der ausgeschütteten Gewinne in Deutschland als Ansässigkeitsstaat des atypischen stillen Gesellschafters hängt dagegen davon ab, ob diese Gewinne aufgrund des deutschen Rechts besteuert werden können. Für den Fall der Ausschüttung nach dem Jahr der Gewinnerzielung ist eine deutsche Besteuerung abzulehnen, da diese Gewinne als gewerbliche Gewinne im Jahr der Gewinnerzielung steuerpflichtig sind und nicht erst danach. Werden die Gewinne im Jahr der Gewinnerzielung ausgeschüttet, so kann Deutschland diese Gewinne hingegen unproblematisch besteuern2.
29.37 Sodann stellt sich die Frage, wie die Einkünfte des stillen Gesellschafters abkommensrechtlich zu qualifizieren sind. Aus deutscher Sicht handelt es sich sowohl bei den Gewinnanteilen als auch bei etwaigen Sondervergütungen um Unternehmensgewinne i.S. von Art. 7 OECD-Musterabkommen. Der zeitweise bestehende Streit, ob die Beteiligung eines atypisch stillen Gesellschafters nicht eine „Forderung jeder Art“ i.S. des Art. 11 Abs. 3 OECD-Musterabkommen sei und damit statt Unternehmensgewinne Zinsen vermittelt, ist inzwischen vom BFH zugunsten der Unternehmensgewinne entschieden3. Qualifiziert der ausländische Staat wie Deutschland alle Einkünfte des atypischen stillen Gesellschafters als gewerbliche Einkünfte, so wird das Besteuerungsrecht gemäß Art. 7 OECD-Musterabkommen anhand des Betriebsstättenprinzips zugeordnet. Demnach ist entscheidend, wo sich eine Betriebsstätte der Beteiligten einer atypischen stillen Gesellschaft befindet. Eine Betriebsstätte kann dabei nur durch die unternehmerische Tätigkeit des Geschäftsinhabers begründet werden, so dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat des atypischen stillen Gesellschafters dessen Einkünfte von der Besteuerung freizustellen hat. Soweit im Quellenstaat allerdings keine Betriebsstätte unterhalten wird oder aber die Einkünfte keiner Betriebsstätte zugerechnet werden können, gelten gemäß Art. 7 Abs. 4 OECD-MA die anderen Abkommensartikel, d.h. insbesondere Art. 10 bzw. Art. 11 OECD-Musterabkommen. Beispiel: Ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger ist an einem schwedischen Unternehmen in atypischer Form still beteiligt. Die Einkünfte des deutschen Teilhabers aus dieser Beteiligung können nur in Schweden besteuert werden. Das Gleiche gilt für die Besteuerung der Einkünfte des schwedischen Unternehmers. Hat dieser jedoch auch in Deutschland eine Betriebsstätte, aus der z.B. 30 % des gesamten Geschäftsergebnisses des schwedischen Unternehmers stammen, so unterliegen 30 % des Gewinnanteils des deutschen Teilhabers und ebenso 30 % des anteiligen Gewinns des schwedischen Teilhabers der deutschen Besteuerung. Je 70 % des anteiligen Gewinns des deutschen und des schwedischen Teilhabers werden in Schweden besteuert.
1 Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 58 f. 2 Dazu im Einzelnen Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 168 ff. 3 BFH v. 21.7.1999 – I R 110/98, BStBl. II 1999, 812; vgl. auch BMF v. 26.9.2014, BStBl. I 2014, 1258, Rz. 2.2.1.2., 4.1.1.1.2.
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Komplizierter ist die Situation, wenn der ausländische Staat Gewinnanteile oder Sondervergütungen nicht unter Art. 7 OECD-Musterabkommen subsumiert. Es droht dann ein Qualifikationskonflikt1.
29.38
Im Falle der Gewinnanteile kann der Qualifikationskonflikt eine fiskalisch unerwünschte Unterbesteuerung2 zur Folge haben. Wenn nämlich die Gewinnanteile im Ausland als Dividenden oder Zinsen, im Inland jedoch als Unternehmensgewinne angesehen werden, führt die Anwendung der Art. 10 Abs. 2, 11 Abs. 2, 23A Abs. 2 OECDMusterabkommen möglicherweise zu einer Situation, in der die fraglichen Einkünfte im Quellenstaat entweder nur einer Quellensteuer unterliegen oder gar nicht besteuert werden3, während sie im Ansässigkeitsstaat von der Besteuerung freigestellt werden. Eine solche Situation bestand in der Tat für einige Zeit im Verhältnis zur Schweiz, die auf Gewinnanteile aus atypischen stillen Gesellschaften den Dividendenartikel des einschlägigen DBA anwandte4. Neuere DBA sowie der neue Art. 23A Abs. 4 OECDMusterabkommen sehen für solche Fälle vor, dass der Wohnsitzstaat (hier also Deutschland) Einkünfte, die aus seiner Sicht Unternehmensgewinne sind, dann nicht freistellen muss, wenn der Quellenstaat aufgrund seiner Abkommensinterpretation ein ausschließliches Besteuerungsrecht gar nicht beansprucht. Es kommt dann stattdessen zur Besteuerung der Gewinnanteile im Wohnsitzstaat unter Anrechnung etwa gezahlter Quellensteuern5. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG bestimmt, dass eine Freistellung ungeachtet des betreffenden Abkommens (sog. Treaty Override) nicht gewährt wird, wenn der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur gering besteuert werden. Nach § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG soll dies für alle Veranlagungszeiträume gelten, soweit Einkommensteuerbescheide noch nicht bestandskräftig sind. Durch diese fragwürdige Anwendungsregelung soll eine doppelte Freistellung auch bei älteren DBA vermieden werden.
29.39
Bei Sondervergütungen, also z.B. Zinsen, die der Geschäftsherr an den atypisch stillen Gesellschafter zahlt, stellt sich die Frage, ob es sich abkommensrechtlich um Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 OECD-Musterabkommen handelt (für die der Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht hat) oder um Zinsen i.S. des Art. 11 OECD-Muster-
29.40
1 Qualifikationskonflikte lassen sich anhand einer autonomen Auslegung der Begriffe des jeweiligen DBA vermeiden. Einer autonomen Abkommensauslegung gibt z.B. das DBA-Schweden den Vorrang, während Art. III Abs. 2 OECD-Musterabkommen und der weitaus größte Teil der bestehenden DBA bei der Auslegung von Begriffen grundsätzlich auf das Recht des Anwenderstaates verweisen, siehe Vogel in Vogel/Lehner, Art. 3 Rz. 100. Ausführlich zur Lösung von Qualifikationskonflikten Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 94 ff. und 196 ff. 2 Genauso kann es aber auch zu einer Doppelbesteuerung kommen, siehe Burmester, Ausgewählte international-steuerrechtliche Probleme der stillen Gesellschaft, S. 131 und Schönhaus, Behandlung der stillen Gesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 196 f. 3 Günkel/Lieber, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 872. 4 Günkel/Lieber, IWB Fach 3 Gruppe 2, S. 274. Der BFH hingegen wandte Art. 7 des DBA an, kam so zur Qualifikation der fraglichen Einkünfte als Unternehmensgewinne und lehnte ein Besteuerungsrecht der Bundesrepublik folglich ab, vgl. BFH v. 21.7.1999 – I R 110/98, DStZ 2000, 103. 5 So auch mittlerweile das DBA-Schweiz, vgl. Günkel/Lieber, Atypisch stille Gesellschaft als grenzüberschreitendes Gestaltungsinstrument, S. 276.
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abkommen (für die i.d.R. nur der Ansässigkeitsstaat des stillen Gesellschafters das Besteuerungsrecht hat). Nachdem die Sondervergütungen jahrzehntelang als Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 OECD-Musterabkommen betrachtet wurden, nimmt die neuere Rechtsprechung des BFH mittlerweile einen Vorrang der speziellen Einkunftsarten (insbesondere Art. 10–12 OECD-Musterabkommen) an1. Der Gesetzgeber hat darauf mit der Einführung eines Treaty Override reagiert. Nach § 50d Abs. 10 EStG werden die Sondervergütungen in Anlehnung an die deutsche innerstaatliche Rechtslage (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) stets als Bestandteil des Unternehmensgewinns fingiert, so dass aus deutscher Sicht Art. 7 OECD-Musterabkommen anwendbar ist.
29.41 Einen weiteren Treaty Override hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab 2012 in § 50d Abs. 11 EStG eingeführt, um aus ungewünschten Inanspruchnahmen der DBA-Freistellungsmethode im Zusammenhang mit Schachteldividenden entgegenzuwirken2. Beispiel: Eine deutsche GmbH hält eine Schachtelbeteiligung an einer britischen Kapitalgesellschaft. Nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a DBA-Großbritannien werden Schachteldividenden grundsätzlich bei der Besteuerung der GmbH ausgenommen. Sofern sich an der deutschen GmbH eine im Inland ansässige natürliche Person atypisch still beteiligt, würde diese natürliche Person auf Grundlage der Rechtsprechung des BFH3 zu persönlich haftenden Gesellschaftern bei Kommanditgesellschaften von der Steuerfreistellung der Schachteldividende profitieren. Diese Rechtsfolge wird nunmehr durch § 50d Abs. 11 EStG verhindert: „Sind Dividenden beim Zahlungsempfänger nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird die Freistellung ungeachtet des Abkommens nur insoweit gewährt, als die Dividenden nach deutschem Steuerrecht nicht einer anderen Person zuzurechnen sind. Soweit die Dividenden nach deutschem Steuerrecht einer anderen Person zuzurechnen sind, werden sie bei dieser Person freigestellt, wenn sie bei ihr als Zahlungsempfänger nach Maßgabe des Abkommens freigestellt würden.“
III. Das Außensteuergesetz
29.42 Gemäß § 1 AStG werden Einkünfte berichtigt, wenn die Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert werden, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz). Nach Ansicht der Finanzverwaltung4 sollen stille Beteiligungen wesentliche Beteiligungen i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG darstellen. Demnach wären sie bei der Prüfung zu berücksichtigen, ob eine Person dem Steuerpflichtigen nahe steht. Mangels ausdrücklicher Definition der wesentlichen Beteiligung im AStG sollten jedoch im Einklang mit der Terminologie des übrigen Steuerrechts unter wesentlichen Beteiligungen nur
1 2 3 4
Zuletzt BFH v. 8.11.2010, BStBl. II 2014, 759 m.w.N. Kopec/Kudert, IStR 2013, 498. BFH v. 19.5.2010 – I R 62/09, IStR 2010, 658. BMF v. 14.5.2004 – IV B4 – S 1340-11/04, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, S. 7 Rz. 1.0.1, i.V.m. den Grundsätzen für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze); BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 – S 1341-4/83, BStBl. I 1983, 218, Rz. 1.3.2.2.
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kapitalgesellschaftsrechtliche Beteiligungen verstanden werden1. Damit werden stille Beteiligungen nicht von diesem Ausdruck erfasst. Atypische stille Beteiligungen können aber je nach ihrer konkreten Ausgestaltung einen beherrschenden Einfluss i.S. des § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG vermitteln, so dass sie auf diese Weise ein Nahestehen der Person zu dem Steuerpflichtigen begründen können2. Die Einkünfte aus der stillen Gesellschaft können jedoch nur dann in den Anwendungsbereich des § 1 AStG fallen, wenn die stille Gesellschaft eine Geschäftsbeziehung i.S. von § 1 Abs. 4 AStG darstellt. Gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AStG muss die den Einkünften zugrunde liegende Beziehung bei mindestens einem der Beteiligten Teil einer Tätigkeit sein, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden sind oder wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde. Die Geschäftsbeziehungen sind allerdings von gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu trennen, vgl. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AStG. Weil nun bei einer stillen Gesellschaft die Beziehungen der Beteiligten auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage beruhen, kann sie daher keine Geschäftsbeziehung i.S. von § 1 Abs. 4 AStG sein. Demnach kann die Vereinbarung einer unangemessenen Gewinnquote im Rahmen einer stillen Gesellschaft zwar eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, nicht aber unter § 1 AStG fallen. Verhältnisse, aus denen sich Sondervergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ergeben, sind hingegen in der Regel „Geschäftsbeziehungen“ nach § 1 Abs. 4 AStG3. Die §§ 2 bis 5 AStG erweitern die steuerpflichtigen Einkünfte und Vermögenswerte von ehemals unbeschränkt Steuerpflichtigen, die weiterhin wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland haben. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG ist die Person über die beschränkte Steuerpflicht hinaus beschränkt einkommensteuerpflichtig mit allen Einkünften, die bei unbeschränkter Steuerpflicht nicht ausländische i.S. des § 34c Abs. 1 EStG sind. Unstreitig gehören zu den inlandsbezogenen Einkünften die Einkünfte, die nur inländische i.S. des § 49 EStG sind. Im Einklang mit den Ansichten der Finanzverwaltung4 und des überwiegenden Teils der Literatur5 sind jedoch auch die Einkünfte erfasst, die infolge verschiedener Anknüpfungsmerkmale sowohl inländische als auch ausländische Einkünfte sind6. Daher genügt es zur Erfassung der Einkünfte im Rahmen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht bei einem Wohnsitzwechsel in niedrig besteuernde Länder, wenn bei Einkünften aus einer typischen stillen Gesellschaft bereits der Geschäftsinhaber Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz in Deutschland hat. Fallen die Einkünfte unter § 2 Abs. 1 AStG, so wird gemäß § 2 Abs. 5 AStG die Anwendung des § 50 Abs. 2 EStG ausgeschlossen, wonach bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterliegen, mit dem Steuerabzug als abgegolten gilt.
29.43
§ 2 Abs. 3 AStG bestimmt, wann eine Person wesentliche wirtschaftliche Interessen im Inland hat. Weil die Stellung des atypischen stillen Gesellschafters der eines Kommanditisten vergleichbar ist, wird der atypische stille Gesellschafter im Rahmen von
29.44
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Str., siehe Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG Rz. 834 m.w.N. Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht, S. 128 f. Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 1 AStG Rz. 28. BMF v. 14.5.2004 – IV B 4 – S 1340-11/04, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, S. 14 Rz. 2.5.0.1 und 2.5.0.2. 5 So z.B. Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2 AStG Rz. 46. 6 A.A. Flick/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 2 AStG Rz. 22e, die doppelt qualifizierte Einkünfte aus dem Anwendungsbereich des § 2 AStG ausscheiden wollen.
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§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG nur von der zweiten Variante erfasst1. Die Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter begründet also nur dann wesentliche wirtschaftliche Interessen i.S. von § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG, wenn auf ihn mehr als 25 % der Einkünfte entfallen oder ihm eine wesentliche Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft i.S. von § 17 EStG gehört. Ist dies nicht der Fall, so sind im Hinblick auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AStG für den atypischen wie für den typischen stillen Gesellschafter die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AStG näher zu prüfen.
29.45 Die §§ 7 bis 14 AStG rechnen niedrig besteuerte Einkünfte sog. ausländischer Zwischengesellschaften zum Einkommen unbeschränkt Steuerpflichtiger unter bestimmten Voraussetzungen hinzu. Die unbeschränkt steuerpflichtigen Personen müssen allein oder zusammen mit Personen i.S. des § 2 AStG zu mehr als der Hälfte an der ausländischen Gesellschaft beteiligt sein. Die Beteiligung muss also an der ausländischen Gesellschaft bestehen, die selbst ein Körperschaftsteuersubjekt ist. Aus diesem Grund sind nur direkte gesellschaftsrechtliche Beteiligungen an der Gesellschaft zu berücksichtigen. Eine stille Beteiligung kommt hierfür daher nicht in Frage. Denn auch wenn § 7 AStG den Beteiligungsbegriff ausdehnt, ist zu beachten, dass die direkte Einflussnahme durch die gesellschaftsrechtliche Beteiligung erforderlich bleibt. Deshalb kann gegebenenfalls nur im Rahmen von § 7 Abs. 4 AStG eine atypische stille Beteiligung berücksichtigt werden, und zwar dann, wenn sie einen solchen Einfluss auf eine Person vermittelt, dass diese Person ihre Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nach dem Willen des atypischen stillen Gesellschafters ausübt2.
29.46 Dagegen kann eine stille Gesellschaft dann zu bedenken sein, wenn es darum geht, die maßgeblichen Einkünfte der Zwischengesellschaft i.S. des § 8 AStG zu ermitteln. Hierfür stellt das AStG nicht auf die sieben Einkunftsarten ab, sondern auf die Tätigkeiten, die den Einkünften zugrunde liegen. Gewinnanteile aus einer mitunternehmerischen Beteiligung an einer Personengesellschaft sind dabei so zu behandeln, als ob der Mitunternehmer anteilig deren Tätigkeit ausgeübt hat3. Für die Einordnung der Einkünfte der Gesellschaft aus einer atypischen stillen Beteiligung an einer Personengesellschaft in den Katalog des § 8 AStG kommt es daher auf die Tätigkeit des Geschäftsinhabers an. Erzielt die Gesellschaft dagegen Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft4 oder aber aus einer typischen stillen Beteiligung, so kann dies in der Regel keiner Tätigkeit des § 8 AStG zugeordnet werden. Damit gehören die Einkünfte der Gesellschaft aus einer typischen stillen Beteiligung grundsätzlich zu den hinzuzurechnenden Einkünften. Besteht an der ausländischen Gesellschaft selbst eine stille Beteiligung, so wird der Gewinn der Gesellschaft durch die Gewinnanteile verringert. Damit vermindern sich zugleich die möglichen hinzuzurechnenden Einkünfte.
1 Deshalb ist den Ansichten, die den atypischen stillen Gesellschafter zur ersten Alternative des § 2 Abs. 3 Nr. 1 AStG rechnen (beispielsweise Flick/Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff, § 2 AStG Rz. 91a;), nicht zuzustimmen. 2 Vgl. zum Beteiligungsbegriff des § 7 AStG auch Fu, Stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht S. 138 ff. und Glessner, Grenzüberschreitende stille Gesellschaft im Internationalen Steuerrecht, S. 302 ff. 3 BFH v. 16.5.1990 – I R 18/88, BStBl. II 1990, 1049 (1051); BMF v. 14.5.2004, BStBl. I 2004, Sondernummer 1/2004, Tz. 8.0.4; Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 AStG Rz. 11. 4 Menck in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 AStG Rz. 11.
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IV. Negative ausländische Einkünfte Falls ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger negative ausländische Einkünfte aus einer stillen Beteiligung an einem außerhalb der EU bzw. des EWR gelegenen Unternehmen erzielt, ist § 2a EStG zu beachten. Danach wird die Verrechnung von ausländischen Verlusten aus Drittstaaten erheblich eingeschränkt.
29.47
Die Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung an einem außerhalb der EU bzw. des EWR gelegenen ausländischen Handelsgewerbe werden grundsätzlich von § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG erfasst. Aufgrund der umgekehrten isolierenden Betrachtungsweise1 fallen die Einkünfte wegen § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG i.V.m. der Aktivitätsklausel nach § 2a Abs. 2 EStG2 jedoch dann nicht unter § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG, wenn die Beteiligung in einem Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehalten wird und die Einkünfte einer aktiven ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind3. In diesem Fall können die Verluste mit inländischen Einkünften ausgeglichen werden. Vereinzelt wird hingegen vertreten, dass die Einkünfte des typischen stillen Gesellschafters selbst dann unter § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG fallen, wenn sie einer aktiven ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind4. Dagegen spricht aber, dass auch § 2a EStG an die Systematik des Einkommensteuergesetzes anknüpft5, so dass die Einkünfte, falls eine Subsidiaritätsregel diese einer anderen Einkunftsart zuordnet, auch nach den Regeln dieser Einkunftsart ermittelt werden. § 2a EStG führt daher nicht so weit, dass er die Einkünfte umqualifiziert.
29.48
Unter negativen Einkünften i.S. von § 2a EStG sind sowohl die Verlustanteile als auch sonstige Werbungskosten zu verstehen, weil § 2a EStG an die Systematik des Einkommensteuergesetzes anknüpft6. Aufgrund des Ausschlusses der Berücksichtigung der tatsächlichen Werbungskosten in § 20 Abs. 9 Satz 1 Nr. 5 EStG verbleibt für § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG bei im Privatvermögen gehaltenen stillen typischen Beteiligungen ohnehin kein Raum7.
29.49
Für negative Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung an einem ausländischen Handelsgewerbe gilt § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG8. Hiervon werden ebenso negative Einkünfte aus einer typischen stillen Beteiligung erfasst, wenn die Beteiligung in einem Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehalten wird und die Einkünfte einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist (siehe Rz. 29.44). Aufgrund der Aktivitätsklausel in § 2a Abs. 2 EStG können diese Verluste auch mit inländischen Gewinnen ausgeglichen werden, wenn der Gegenstand der Betriebsstätte ausschließlich oder fast ausschließlich in bestimmten aktiven förderungswürdigen Tätigkeiten besteht. Förderungswürdig ist insbesondere die Erbringung gewerbliche
29.50
1 Vgl. Gosch in Kirchhof, § 2a EStG Rz. 17. 2 Die Aktivitätsklausel nach § 2a Abs. 2 EStG gilt für die typische stille Gesellschaft selbst nicht. 3 Hierzu BFH v. 17.11.1999 – I R 7/99, BStBl. II 2000, 605. 4 Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 2a EStG Rz. 224. 5 Mössner in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 2a EStG Rz. B 3. 6 Gosch in Kirchhof, § 2a EStG Rz. 41 f. 7 Herkenroth/Striegel in HHR, EStG/KStG, § 2a EStG Rz. 46. 8 Herkenroth/Striegel in HHR, EStG/KStG, § 2a EStG Rz. 87; Gosch in Kirchhof, § 2a EStG Rz. 41; Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rz. 61.
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§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
Leistungen, soweit diese nicht der Errichtung oder dem Betrieb von Fremdenverkehrsanlagen dienen oder in der Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern bestehen, § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG. Der Gegenstand der Betriebsstätte besteht ausschließlich oder fast ausschließlich in diesen förderungswürdigen Tätigkeiten, wenn das Ergebnis zu mindestens 90 % auf diese Tätigkeit zurückzuführen und das Betriebsvermögen zu mindestens 90 % diesen Tätigkeiten gewidmet ist1.
V. Zusammenfassung
29.51 Die Einkünfte aus der typischen und aus der atypischen stillen Beteiligung unterliegen als Einkünfte aus Kapitalvermögen bzw. als Einkünfte aus einem inländischen Gewerbebetrieb der beschränkten Einkommen-(Körperschaft-)Steuerpflicht. Soweit es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, ist mit der Vornahme des Steuerabzugs i.H. von regelmäßig 25 % die Einkommensteuer abgegolten. Soweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, erfolgt die Besteuerung nicht durch Steuerabzug, sondern im Wege der Veranlagung. Als einseitige Maßnahme des deutschen Steuerrechts zur Vermeidung bzw. Milderung der Doppelbesteuerung bestimmt § 34c EStG grundsätzlich die Anrechnung der ausländischen Steuer. Für das zwischenstaatliche Steuerrecht sehen die mit zahlreichen ausländischen Staaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen regelmäßig vor, dass die typische stille Beteiligung und die Einkünfte daraus in dem Staat besteuert werden, in dem der stille Gesellschafter seinen Wohnsitz hat. Werden – wie in Deutschland – die Gewinnanteile aus der typischen stillen Gesellschaft an der Quelle, d.h. im Wege des Steuerabzugs vom Kapitalertrag, besteuert, so schließt das die nochmalige Besteuerung im Wohnsitzstaat grundsätzlich nicht aus. Der Steuerpflichtige hat sich die zu viel gezahlte Steuer in einem besonderen Verfahren erstatten zu lassen. Hingegen kommt es für die Zuteilung des Besteuerungsrechtes hinsichtlich der atypischen stillen Beteiligung und der daraus fließenden Einkünfte darauf an, wie der Ansässigkeitsstaat des Geschäftsinhabers die Einkünfte aus der atypischen stillen Beteiligung qualifiziert. Dabei ist davon auszugehen, dass der Betriebsstättenstaat das Besteuerungsrecht hat, wenn der ausländische Staat die Einkünfte aus einer atypischen stillen Gesellschaft genauso wie Deutschland qualifiziert. Im Bereich des Außensteuergesetzes kann im Rahmen von § 1 AStG eine atypische stille Beteiligung unter Umständen ein Nahestehen der Person zu dem Steuerpflichtigen begründen. Eine Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 4 AStG stellt die stille Gesellschaft jedoch nicht dar. Im Bereich der §§ 2 bis 6 AStG kann eine stille Beteiligung zu den wesentlichen wirtschaftlichen Interessen zählen, die in Deutschland bestehen. Zudem können Einkünfte aus einer stillen Gesellschaft zu den erweiterten Inlandseinkünften gehören. Innerhalb der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 bis 14 AStG) ist eine atypische stille Beteiligung zur Ermittlung der Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nur in Ausnahmefällen bei § 7 Abs. 4 AStG zu berücksichtigen. Erzielt die ausländische Gesellschaft hingegen selbst Einkünfte aus einer typi-
1 Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 2a EStG Rz. 96.
870 Teufel
§ 29 Die stille Gesellschaft im internationalen Steuerrecht
schen stillen Beteiligung, so werden diese grundsätzlich bei den hinzuzurechnenden Einkünften berücksichtigt. Sind Personen in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig und erzielen sie negative ausländische Einkünfte, ist § 2a EStG zu beachten. Soweit eine typische stille Beteiligung nicht in einem Betriebsvermögen des stillen Gesellschafters gehalten wird und einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist, gilt § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EStG. Anderenfalls ist wie für negative Einkünfte aus einer atypischen stillen Beteiligung § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG einschlägig.
Teufel 871
III. Teil: Die Unterbeteiligung § 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht Schrifttum: Bilsdorfer, Peter, Gesellschafts- und steuerrechtliche Probleme bei Unterbeteiligung von Familienangehörigen, NJW 1980, 2785; Blaurock, Uwe, Vollzug der unentgeltlichen Zuwendung einer neu begründeten Unterbeteiligung, NZG 2012, 521; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil I), GmbHR 1990, 11; Coenen, Tilman, Formfreie Schenkung der Gesellschafterstellung in einer stillen Gesellschaft und einer Unterbeteiligung, 2002; Esch, Günter, Die Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, NJW 1964, 902; Felix, Günther, Unterbeteiligungen aus der Sicht der Steuerberatung, KÖSDI 1985, 5791 und KÖSDI 1987, 6918; Friehe, Christian-Friedrich, Die Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, 1974; Kühne, Eberhardt/Rehm, Christian, Die Unterbeteiligung als Gestaltungsinstrument der Unternehmensnachfolge, NZG 2013, 561; Meyer, Gerd, Die Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, Diss. Münster, 1971; Paulick, Heinz, Die Unterbeteiligung in gesellschaftsrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht, ZGR 1974, 253; Roth, Günter H./Thöni, Wilfried, Treuhand und Unterbeteiligung, in Lutter, Marcus/Ulmer, Peter/Zöllner, Wolfgang (Hrsg.), Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, S. 245; Rust, Walter, Die Beteiligung von Minderjährigen im Gesellschaftsrecht, DStR 2005, 1942 (Teil I), 1992 (Teil II); Schindhelm, Malte/Stein, Klaus, Unterbeteiligung als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge, ErbStB 2003, 32; Schmidt, Karsten, Formfreie Schenkungen von stillen Beteiligungen und Unterbeteiligungen?, DB 2002, 829; Schmidt, Karsten, Schuldrecht, Erbrecht, Gesellschaftsrecht: Schenkungsvollzug durch Zuwendung einer Unterbeteiligung – Der BGH erkennt die formlose Schenkung von Innenbeteiligungen an, JuS 2012, 460; Schmidt-Diemitz, Rolf, Probleme der Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil bei Umwandlung der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft, DB 1978, 2397; Schulze zur Wiesche, Dieter, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil, GmbHR 1986, 236; Singhof, Bernd/Seiler, Oliver/Schlitt, Michael, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, 2004; Stürner, Rolf, Der lediglich rechtliche Vorteil, AcP 173 (1973), 402; Strnad, Oliver, Was gilt für Unterbeteiligungen nach der Suhrkamp-Entscheidung des BGH?, ZEV 2012, 394; Tebben, Joachim, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 2000; Thomsen, Joachim, Die Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, 1978; Ulbrich, Klemens, Die Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, 1982; Wagner, Udo, Die Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, 1975; Werner, Rüdiger, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Westermann, Harm Peter, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970.
I. Wesen der Unterbeteiligung und wirtschaftliche Bedeutung Eine Unterbeteiligung liegt vor, wenn aufgrund eines Gesellschaftsvertrags zwischen dem Gesellschafter einer Kapital- oder Personengesellschaft (Hauptbeteiligter) und einem Dritten (Unterbeteiligter) der Dritte gegen Leistung einer Einlage obligatorisch zumindest am Gewinn des Gesellschaftsanteils des Hauptbeteiligten partizipiert. Die Unterbeteiligung ist Gesellschaft1 und ebenso wie die stille Beteiligung eine Erscheinungsform der Innengesellschaft. Dementsprechend gehört es zum Wesen der Unterbeteiligungsgesellschaft, dass sie kein Gesamthandsvermögen besitzt2. Der Haupt1 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 109 ff. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 93 ff. m.w.N.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 51 ff.; a.A. H.P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit, S. 202.
Blaurock 873
30.1
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
beteiligte ist alleiniger Inhaber des Gesellschaftsanteils, auf den sich die Beteiligung bezieht. Gegenstand der Unterbeteiligung kann jede Art von Gesellschaftsanteil sein, auch eine stille Beteiligung und ebenso eine Unterbeteiligung1. Der gemeinsame Zweck der Unterbeteiligungsgesellschaft liegt im Halten und Nutzen eines Gesellschaftsanteils2. Unabdingbare Voraussetzung einer Unterbeteiligung ist die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung; die Teilnahme am Verlust ist zwar praktisch häufig, gehört aber nicht zu den konstitutiven Merkmalen3.
30.2 Der wirtschaftliche Zweck dieser Rechtsfigur besteht darin, die Gewinn- und Verlustchancen aus der Gesellschafterstellung in der Hauptgesellschaft intern mit einem anderen zu teilen, der selbst an der Hauptgesellschaft in der Regel4 nicht beteiligt ist. Die Unterbeteiligung versteht sich so als Form der mittelbaren Unternehmensteilhabe, die immer dort Bedeutung erhält, wo eine direkte Beteiligung an der Hauptgesellschaft nicht möglich oder nicht gewollt ist5.
30.3 Einen wichtigen Anwendungsbereich findet die Unterbeteiligung bei der Erbfolge in Gesellschaftsanteile von Personengesellschaften. Die Unterbeteiligung begegnet hier einerseits als Instrument zur vorweggenommenen Erbfolgeregelung, wobei die späteren Erben eines Gesellschafters am Gesellschaftsanteil beteiligt werden können, ohne dass der Gesellschafter bereits den durch den Anteil vermittelten Einfluss auf die Gesellschaft verliert. Die Unterbeteiligung als vorweggenommene Erbfolge kann hier auch der Entstehung von hohen Erbschaftsteuern oder von unerwünschten Pflichtteilsforderungen vorbeugen oder diese doch wesentlich vermindern6.
30.4 Andererseits kann die Unterbeteiligung auch zum Ausgleich erbrechtlicher Ansprüche weichender Erben bei der sog. qualifizierten Nachfolgeklausel dienen. Dies kann vom Erblasser testamentarisch angeordnet werden, es kann dem aber auch eine Einigung der Erben zugrunde liegen, etwa wenn der nachfolgende Erbe den erbrechtlichen Abfindungsbetrag ohne „Versilberung“ des Anteils nicht sofort aufbringen kann. Darüber hinaus ist die Unterbeteiligung bei Familiengesellschaften anzutreffen, wenn ein Familienmitglied den Familienstamm in der Hauptgesellschaft repräsentiert und die Stammesmitglieder über Unterbeteiligungen an den Erträgen des Anteils partizipieren.
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 195; Böttcher/Zartmann/ Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 49; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 7 (11). 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 109; Paulick, ZGR 1974, 253 (268). 3 Paulick, ZGR 1974, 253 (266). 4 Eine Unterbeteiligungsgesellschaft mit einem anderen Gesellschafter der Hauptgesellschaft als Unterbeteiligtem ist allerdings möglich. 5 Zur geschichtlichen Entwicklung und der heutigen Bedeutung mittelbarer Teilhabe an Gesellschaftsverhältnissen siehe Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 25 ff., S. 49 ff.; zur wirtschaftlichen Bedeutung der Unterbeteiligung und zu Motiven für ihre Wahl siehe auch Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 171 Rz. 365 ff.; Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 121 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 14 ff. 6 Wendelstein, BB 1970, 735; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 65 f.; Zur Unterbeteiligung als Instrument der vorweggenommenen Erbfolge siehe auch Schindhelm/Stein, ErbStB 2003, 32.
874 Blaurock
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
Möglich ist auch, dass der Hauptgesellschafter für die Finanzierung seiner Einlage Kapital benötigt und dem Kapitalgeber als Gegenleistung eine Unterbeteiligung einräumt. Die Unterbeteiligung kann auch eingeräumt werden, um die aus einer Darlehensgewährung resultierenden Ansprüche zu sichern1. Ebenso hat die Unterbeteiligung in den Fällen Bedeutung, in denen die Beteiligung nach außen – etwa aus Wettbewerbsgründen – nicht in Erscheinung treten soll. Schließlich sind die Fälle zu erwähnen, in denen der Unterbeteiligte keine engen gesellschaftsvertraglichen Bindungen zu den Hauptgesellschaftern eingehen will, etwa um ein Wettbewerbsverbot zu vermeiden, oder in denen die Beteiligung nur vorübergehend gewollt ist und die Folgen des Ein- und Austritts aus der Hauptgesellschaft vermieden werden sollen.
30.5
Die Unterbeteiligung wird zudem oft dann gewählt, wenn gesetzliche oder vertragliche Unübertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen eine unmittelbare Beteiligung eines Dritten an der Gesellschaft selbst ausschließen oder wenn besondere Verhältnisse den Wechsel im Anteilsbesitz oder eine Aufstückelung der Beteiligung unangebracht erscheinen lassen.
30.6
Allen diesen im Zivilrecht wurzelnden Motivationslagen steht oftmals der steuerrechtliche Beweggrund zur Seite, aus dem Anteil fließende Gewinne zu verlagern und so die Steuerlast zu mindern2.
30.7
II. Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten Ähnlich wie bei der stillen Gesellschaft kann es bei der Unterbeteiligung zu Abgrenzungsproblemen im Hinblick auf verwandte Rechtsfiguren kommen.
30.8
Von der stillen Gesellschaft unterscheidet sich die Unterbeteiligungsgesellschaft durch den Gegenstand der Beteiligung. Bei der stillen Gesellschaft geht es um eine Beteiligung am Handelsunternehmen, die Unterbeteiligung bezieht sich dagegen auf einen Gesellschaftsanteil3. Eine „Unterbeteiligung“ am Handelsgewerbe eines Einzelkaufmanns wird regelmäßig als stille Gesellschaft zu beurteilen sein, wenn die zwingenden Voraussetzungen dafür vorliegen. Im Unterschied zur Treuhand, bei der der Hauptgesellschafter die Beteiligung ausschließlich für fremde Rechnung hält, handelt es sich bei der Unterbeteiligung um das Halten des Anteils für eigene und für fremde Rechnung. Bei der Treuhand ist im
1 Dazu OLG Frankfurt v. 8.8.1985 – 15 U 233/83, GmbHR 1987, 57. 2 Zu weiteren wirtschaftlichen Gründen für die Wahl einer Unterbeteiligung näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 54 ff.; Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 121 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 14 ff. In jüngerer Zeit wird von einer neuen Erscheinungsform berichtet: Ein Dritter unterbeteiligt sich an dem Anteil eines Gesellschafters und ermöglicht diesem eine Kapitalzufuhr für das Unternehmen. Der Dritte handelt dabei als Treuhänder für einen ungenannten Treugeber (mit der Folge, dass ihm selbst der Unterbeteiligungsanteil steuerlich zugerechnet wird, § 159 AO). Dieser Treugeber ist der Hauptgesellschafter selbst. Auf diese Weise wird Schwarzgeld „gewaschen“ und dem Unternehmen wieder zugeführt. 3 Paulick, ZGR 1974, 253 (259); für den Fall, dass Gegenstand des Handelsgewerbes das Halten von Gesellschaftsanteilen darstellt siehe Keul in MünchHdb.GesR Bd. 2, 4. Aufl. 2014, § 73 Rz. 8.
Blaurock 875
30.9
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
Innenverhältnis der Parteien Auftrags- bzw. Dienstvertragsrecht anzuwenden, während bei der Unterbeteiligung Gesellschaftsrecht zur Geltung gelangt1.
30.10 Wendet ein Gesellschafter einem Dritten im Innenverhältnis seine gesamte Gesellschafterstellung und nicht nur einen Anteil am Gewinn zu, so wird es in ihrem Verhältnis zueinander regelmäßig an der für ein Gesellschaftsverhältnis typischen Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks fehlen. Es liegt daher keine Unterbeteiligung, sondern Treuhand vor2. Ist der Dritte berechtigt, den gesamten Gewinn zu verlangen und verpflichtet, den gesamten Verlust der jeweiligen Abrechnungsperiode zu tragen, andererseits an der Substanz des Anteils intern wertmäßig nicht beteiligt, so handelt es sich auch dann um eine Unterbeteiligung, wenn der Hauptgesellschafter für die Verwaltung des Anteils eine Festvergütung erhält3.
30.11 In seiner Rechtsprechung stellt der BGH jedoch ausdrücklich fest, dass sich Treuhand und Unterbeteiligung an Gesellschaftsanteilen nicht ausschließen4. Vielmehr könne auch das gesellschaftsrechtliche Verhältnis zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem treuhänderische Züge tragen, so dass keine Exklusivität zwischen Auftrags- oder Gesellschaftsrecht bestehe5. Bei der Frage, welche gesetzlichen Bestimmungen im Einzelfall anwendbar sind, komme es auf die inhaltliche Ausgestaltung des Vertrages zwischen dem Haupt- und Unterbeteiligten an. Die von den Parteien gewählte Bezeichnung als Treuhand- oder Unterbeteiligungsverhältnis sei nicht maßgeblich. Dabei stellt der BGH weiterhin darauf ab, ob der Hauptgesellschafter seinen Anteil in vollem Umfang für den Unterbeteiligten hält, oder ob er auch eigene Interessen in der Gesellschaft verfolgt. So gelangt der BGH im Ergebnis wohl dennoch unverändert zu einer ausschließlichen Anwendung entweder des Gesellschafts- oder des Auftragsrechts6.
30.12 Problematisch wird die Abgrenzung in der Praxis bei den Publikums-Treuhandgesellschaften, bei denen ein Hauptgesellschafter zu vielen Beteiligten in Beziehung tritt. Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung treffen hier Treuhandelemente und Unterbeteiligungsverhältnis zusammen. Das Verhältnis zwischen den mittelbar Beteiligten und dem Hauptgesellschafter beurteile sich daher sowohl nach den Grundsätzen der Treuhand als auch nach gesellschaftsrechtlichen Regelungen7. Demgegenüber steht die bisher h.A. auf dem Standpunkt, dass Treuhand und Unterbeteiligung
1 Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 75 ff. 2 BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 202; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 274. Vgl. auch OLG Hamm v. 27.10.1993 – 8 U 75/93, DB 1994, 1233. 3 Paulick, ZGR 1974, 253 (266); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 202. 4 So BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; BGH v. 10.10.1994 – II ZR 285/93, GmbHR 1995, 57 = NJW-RR 1995, 165. 5 BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886 (2887); kritisch hierzu Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 65 f.; vgl. auch Roth/Thöni in FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, S. 245 (259 ff.). 6 Ebenso Roth, Anm. zu BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, LM H. 12/1994 § 662 BGB Nr. 45. 7 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 210, 202 unter Hinweis auf die grundsätzliche Abkehr vom Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen Treuhand und Unterbeteiligungsgesellschaft in BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886; ihm zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 169 Rz. 359.
876 Blaurock
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
sich gegenseitig ausschließen1. Für den Normalfall der Publikums-Treuhandgesellschaft dürfte dem zuzustimmen sein, da der Hauptgesellschafter nur die Interessen der Vielzahl der mittelbar Beteiligten wahrnehmen soll, mit ihnen aber keinen gemeinsamen Zweck i.S. von § 705 BGB verfolgt. Es handelt sich um eine reine Treuhand über einen Gesellschaftsanteil. Es besteht einerseits ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Untergesellschaftern, soweit sie in einer Gesellschaft zusammengefasst sind, und andererseits ein sich in erster Linie nach Auftrags- oder Dienstvertragsrecht richtendes Treuhandverhältnis zwischen der Untergesellschaft und dem Treuhänder. Eine Veränderung der rechtlichen Qualität tritt ein, wenn der Treuhänder der Treugebergesellschaft selbst angehört. Hier liegt der Übergang zur Beteiligungsinnengesellschaft, also zur Unterbeteiligung. Die Bezeichnung des in der Obergesellschaft auftretenden Gesellschafters als Treuhänder ist dabei wohl in der Regel ein Kürzel für eine bestimmte von den Gesellschaftern beabsichtigte Vertretungsregelung für die Innengesellschaft. Eine solche Beteiligungsinnengesellschaft kann auch treuhänderische Elemente aufweisen2.
30.13
Zu den partiarischen Rechtsgeschäften grenzt sich die Unterbeteiligung durch den gemeinsamen Zweck ab. Die Unterscheidung erfolgt sinngemäß nach den Kriterien, die auch für die Abgrenzung von stiller Gesellschaft und partiarischem Rechtsverhältnis von Bedeutung sind. An dieser Stelle kann daher auf die Behandlung bei der stillen Gesellschaft verwiesen werden (siehe Rz. 8.24).
30.14
III. Arten der Unterbeteiligung Entsprechend den unterschiedlichen Zwecken, die mit einer Unterbeteiligungsgesellschaft verfolgt werden, unterscheidet man verschiedene Typen dieser Rechtsfigur. Üblich ist zunächst die Differenzierung in „typische“ und „atypische“ Unterbeteiligungsverhältnisse. Die Terminologie ist dabei irreführend, denn der in der Praxis weitaus häufiger vorkommende (und damit der „typenbildende“) Fall ist die atypische Unterbeteiligung3.
30.15
Unter der „typischen“ Unterbeteiligung versteht man den Fall, dass dem Unterbeteiligten lediglich eine bestimmte Quote des auf den Anteil entfallenden Gewinns überlassen wird. Veränderungen im Wert des Anteils betreffen den Unterbeteiligten nicht, bei Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft erhält er einen etwa dem Hauptgesellschafter überlassenen Betrag in gleicher Höhe wieder zurück. Die Bezeichnung „typische Unterbeteiligungsgesellschaft“ leitet sich her von der Parallele zur typi-
30.16
1 Vgl. Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 58 f.; offengelassen in BGH v. 4.11.1976 – II ZR 50/75, WM 1977, 525 (527). 2 Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 15; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 56; Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, 1969, S. 5; siehe auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 202. 3 Kühne/Rehm, NZG 2013, 561 (563); vgl. zur Kritik an dieser Terminologie Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 115 f.
Blaurock 877
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
schen stillen Gesellschaft, wie sie dem gesetzlichen Regelungsmodell der §§ 230 ff. HGB zugrunde liegt.
30.17 Weicht die Unterbeteiligungsgesellschaft von der Typik der in §§ 230 ff. HGB für die stille Gesellschaft geregelten Form einer Innengesellschaft ab, liegt eine „atypische“ Unterbeteiligungsgesellschaft vor1. Das ist dann der Fall, wenn der Unterbeteiligte auch an den Wertveränderungen des Anteils teilnehmen und an den offenen und stillen Reserven der Gesellschaft entsprechend seiner Quote beteiligt sein soll. Meist geschieht dies in der Weise, dass der Unterbeteiligte im Innenverhältnis am Auseinandersetzungs- und Abfindungsguthaben in gleicher Weise beteiligt wird wie der Hauptgesellschafter. Hier erhält der Unterbeteiligte auch der Substanz nach eine wirtschaftliche Gesellschafterstellung2. Bei Unterbeteiligungen dieser Art, die eine im Innenverhältnis vorgenommene Teilung des Gesellschaftsanteils darstellen, besteht eine Verwandtschaft mit der gesellschaftsrechtlichen Treuhand3.
30.18 Ähnlich wie bei der stillen Gesellschaft wird neben dem Fall der Vereinbarung einer Substanzbeteiligung auch diejenige Konstellation als „atypische“ Unterbeteiligung gekennzeichnet, in der der Unterbeteiligte maßgebende Geschäftsführungsbefugnisse besitzt, kraft derer er Einfluss auf das Schicksal der Hauptbeteiligung ausüben kann4.
30.19 Beide Fallgruppen sind vornehmlich in steuerrechtlichem Zusammenhang zu sehen, da sie durch das Vorhandensein von Substanzbeteiligung und Geschäftsführungsbefugnissen das Mitunternehmerrisiko bzw. die Mitunternehmerinitiative und damit die Mitunternehmerstellung vermitteln. Erst durch die Mitunternehmerstellung erlangt die Unterbeteiligung steuerrechtlich besondere Bedeutung (dazu Rz. 31.1 ff.).
30.20 Insbesondere bei Publikumsgesellschaften, aber auch bei Familiengesellschaften, kommt es vor, dass an demselben Gesellschaftsanteil eine Mehrheit von Unterbeteiligungen besteht. Hier stellt sich die Frage, ob es sich um jeweils verschiedene zweigliedrige Beteiligungsverhältnisse handelt, oder ob auch ein Sondertypus der mehrgliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft vorliegen kann. Letztere Möglichkeit wird für die Unterbeteiligung – wie auch für die stille Gesellschaft – bezweifelt5. Richtigerweise ist die Möglichkeit der mehrgliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft indessen zu bejahen6. Es verhält sich grundsätzlich so wie bei der mehrgliedrigen stillen Gesellschaft. Das dort Ausgeführte gilt hier sinngemäß (siehe Rz. 6.61)7. Zudem wird eine Differenzierung der Erscheinungsformen der Unterbeteiligung in offene und verdeckte Unterbeteiligungen vorgenommen. Von einer verdeckten Unter1 Vgl. Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 11 (12); ferner Paulick, ZGR 1974, 253 (258); Böttcher/ Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 127 ff. (140). 2 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. III 3520; Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (237). 3 Zu dieser Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 123 ff., 133 f. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 209; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 5 f. 5 Siehe nur Herzfeld, AcP 137 (1933), 270 (286). 6 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 213; Paulick, ZGR 1974, 253 (262); siehe auch Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 100 ff. 7 Zur Mehrheit von Hauptbeteiligten K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 212; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 10 f.
878 Blaurock
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
beteiligung spricht man, wenn sie weder gegenüber der Hauptgesellschaft noch den Mitgesellschaftern offen gelegt wird. Sind dem Unterbeteiligten mit Zustimmung der Mitgesellschafter unmittelbare Verwaltungsrechte in der Hauptgesellschaft eingeräumt, liegt ein Fall der offenen Unterbeteiligung vor. Zum Teil wird eine solche bereits dann bejaht, wenn die anderen Gesellschafter der Hauptgesellschaft von der Unterbeteiligung Kenntnis haben. Allerdings wird dem Unterbeteiligten in keinem Fall die Position eines Gesellschafters in der Hauptgesellschaft eingeräumt1.
IV. Rechtsgrundlagen Die Unterbeteiligung ist gesetzlich nicht geregelt. Aus ihrem Charakter als Gesellschaft ergibt sich aber ohne Weiteres die grundsätzliche Anwendbarkeit der §§ 705 ff. BGB, wobei die Vorschriften, die das Vorhandensein von Gesamthandsvermögen voraussetzen, selbstverständlich ausgeschlossen bleiben, da die Unterbeteiligungsgesellschaft keine gesamthänderische Berechtigung an einem Gesellschaftsvermögen vermittelt.
30.21
Breiten Raum nimmt im Schrifttum die Diskussion darüber ein, ob auf die Unterbeteiligung die für die stille Gesellschaft geltenden Normen anzuwenden oder ob allein die Vorschriften über die BGB-Gesellschaft heranzuziehen sind. Zum Teil handelt es sich dabei um einen Streit um Worte. Selbstverständlich steht es den Parteien des Unterbeteiligungsvertrages frei, ihrer Vereinbarung die für die stille Gesellschaft vorgesehenen Regelungen zugrunde zu legen. Die Frage geht allein darum, welche dispositiven Vorschriften beim Fehlen konkreter vertraglicher Bestimmungen heranzuziehen sind und ob die zwingenden Gläubigerschutzvorschriften aus dem Recht der stillen Gesellschaft eingreifen.
30.22
Die Auffassung, die Unterbeteiligung sei bereits eine stille Gesellschaft2, ist kaum haltbar. § 230 HGB enthält keine abschließende Definition der stillen Gesellschaft, sondern regelt nur den Fall, dass vom stillen Gesellschafter eine Einlage erbracht wird3. Hier bestimmt das Gesetz, dass diese in das Vermögen des Geschäftsinhabers übergehen müsse, schließt also die Bildung von Gesamthands- und Bruchteilsvermögen aus. Dagegen handelt es sich bei dem in § 230 HGB angeführten „Handelsgewerbe“ um ein konstitutives Merkmal der stillen Gesellschaft. Die meisten Vorschriften der §§ 230 ff. HGB sind auf die Beteiligung an einem Gewerbebetrieb zugeschnitten, so beispielsweise diejenigen hinsichtlich des Kontrollrechts (§ 233 Abs. 1 HGB), der Kündigung (§ 234 Abs. 1 HGB) sowie der Auseinandersetzung (§ 235 HGB); auch die Gläubigerschutzvorschriften in §§ 236 Abs. 2 HGB, 136 InsO finden ihre Rechtfertigung allein im Geschäftskontakt des „Komplementärs“ mit dem Publikum. Die bloße Gesellschafterstellung in einer Handelsgesellschaft reicht demgemäß für die Annahme eines Handelsgewerbes und damit einer stillen Gesellschaft nicht aus.
30.23
1 Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 170 Rz. 362 m.w.N. 2 So insbesondere Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, 1969, S. 50; Klauss/Mittelbach, Die stille Gesellschaft, Rz. 482 ff.; siehe auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 192 u. Rz. 19, der die Unterbeteiligung als stille Beteiligung an einem Gesellschaftsanteil bezeichnet. 3 So zu Recht Fischer, JR 1962, 200 (202); a.A. Koenigs, Die stille Gesellschaft, S. 122.
Blaurock 879
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
30.24 Die Feststellung, dass die Unterbeteiligung keine stille Gesellschaft ist, schließt hingegen nicht aus, dass beim Fehlen einzelvertraglicher Bestimmungen Regelungen aus dem Recht der stillen Gesellschaft zur Ausfüllung herangezogen werden können. Immerhin besteht bei einem Teil der Unterbeteiligungs-Fallgruppen eine gewisse Verwandtschaft mit dem gesetzlichen Modell der stillen Gesellschaft, die eine entsprechende Anwendung einiger der für diese vorgesehenen Vorschriften nahe legt.
30.25 In welchem Umfange dies geboten ist, ist bei der Behandlung der einzelnen in Betracht kommenden Fragenbereiche näher zu erläutern. Festzuhalten bleibt, dass gesetzliche Regelungen, die für die Unterbeteiligungsgesellschaft eine Rechtsgrundlage abgeben können, spärlich sind. Es ist daher eine möglichst eingehende vertragliche Regelung zu empfehlen.
V. Der Unterbeteiligungsvertrag 1. Rechtsnatur des Vertrags
30.26 Voraussetzung für eine Unterbeteiligung ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten. Ein solcher Vertrag ist ein zweiseitiger, sofern es sich um eine zweigliedrige Unterbeteiligung handelt; er ist ein mehrseitiger im Falle der mehrgliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft. Immer ist er Gesellschaftsvertrag. Sowohl Hauptbeteiligter als auch Unterbeteiligter kann jede juristische oder natürliche Person sowie jede Personenvereinigung sein, die als solche Träger von Rechten und Pflichten sein kann1. Eine Beteiligung des Unterbeteiligten an der Hauptgesellschaft ist nicht schädlich. Eine Unterbeteiligung am eigenen Anteil ist jedoch ebenso wenig möglich wie zwei selbständige Beteiligungen eines Unterbeteiligten an einem einzigen Anteil. Die Erweiterung einer schon bestehenden Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil versteht sich daher als Vertragsänderung, nicht als Begründung einer neuen Unterbeteiligung2.
30.27 Eine Genehmigung des Unterbeteiligungsvertrages durch die Hauptgesellschaft oder ihrer Gesellschafter ist nicht erforderlich. Dies gilt selbst dann, wenn die Übertragung der Hauptbeteiligung genehmigungsbedürftig wäre, wie dies bei Anteilen an einer Personengesellschaft der Fall ist3. Auch wenn der Gesellschaftsvertrag der Hauptgesellschaft die Einräumung von Unterbeteiligungen verbietet, hat das keinen Einfluss auf die Wirksamkeit eines dennoch abgeschlossenen Unterbeteiligungsvertrages4. Der 1 Paulick, ZGR 1974, 253 (261); dies gilt seit BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 342 = MDR 2001, 459 auch für die rechtsfähige BGB-Außengesellschaft. 2 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 220; a.A. Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 21. 3 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 153; Roth in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rz. 38; BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (325); OLG Frankfurt v. 7.9.1991 – 11 U 21/91, DB 1992, 2489 = GmbHR 1992, 668. 4 LG Bremen v. 10.5.1990 – 2 O 221/90, GmbHR 1991, 269 = NJW-RR 1992, 98; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 99; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 221; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 234 ff.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 70) weist zutreffend darauf hin, dass sich im Wege der Auslegung aus dem Verbot der Unterbeteiligung auch ein Abtretungsverbot von Gewinnansprüchen ergeben kann, das hinsichtlich dieser Ansprüche dingliche Wirkung hätte.
880 Blaurock
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
Hauptbeteiligte verstößt aber gegen die Pflichten aus dem Hauptgesellschaftsvertrag, was zu Schadensersatzpflichten oder gar zum Ausschluss aus der Hauptgesellschaft führen kann. Letzteres bewirkt gleichzeitig die Beendigung der Unterbeteiligung1 (siehe dazu Rz. 30.58 ff.). Wenn demnach grundsätzlich durch den Unterbeteiligungsvertrag keinerlei Rechtsbeziehungen zwischen Unterbeteiligtem und Hauptgesellschaft entstehen, so kann dies hinsichtlich einzelner Rechte dann anders sein, wenn die Unterbeteiligung den übrigen Hauptgesellschaftern bekannt und von diesen gebilligt worden ist2.
30.28
2. Formbedürftigkeit Eine gesetzlich vorgeschriebene Form ist für den Unterbeteiligungsvertrag grundsätzlich nicht erforderlich. Bei einer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil greift die Vorschrift des § 15 Abs. 3, 4 GmbHG nicht ein3. Enthält der Vertrag jedoch die Verpflichtung des Hauptgesellschafters, den GmbH-Anteil später auf den Unterbeteiligten zu übertragen, so ist die ganze Vereinbarung formbedürftig4.
30.29
Wird die Gesellschafterstellung in einer neu zu gründenden Unterbeteiligungsgesellschaft unentgeltlich zugewandt, bedarf das diesbezügliche Schenkungsversprechen der Form des § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB. Lange Zeit war umstritten, ob die Heilung eines formnichtigen Schenkungsversprechens durch Vollzug i.S. des § 518 Abs. 2 BGB durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages oder durch Einbuchung eintreten kann. Zu beachten ist hierbei, dass sich diese Problematik nur in den Fällen stellt, in denen der Hauptbeteiligte Schenker der Unterbeteiligung ist.
30.30
Nach früherer Ansicht der Rechtsprechung5 konnte ein den Formmangel heilender Vollzug weder durch Abschluss des Gesellschaftsvertrags noch durch den tatsächlichen Vorgang der Einbuchung erfolgen. Begründet wurde dies damit, dass lediglich eine formnichtige schuldrechtliche Verpflichtung (aus dem Schenkungsvertrag) durch eine andere (aus dem Gesellschaftsvertrag) ersetzt werde und es an einer dinglichen Mitberechtigung fehle. Entscheidend sei, dass es anders als bei der Außengesellschaft nicht zu einer nach außen wirkenden Vermögensbeteiligung komme. Im Ergebniswurde somit eine Heilungsmöglichkeit schlechthin verneint, so dass die Einräumung der Gesellschafterstellung als Unterbeteiligter stets der notariellen Beurkundung bedurfte.
30.31
1 Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 70); Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 177 Rz. 379; Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 15. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 387 ff. 3 OLG Frankfurt v. 8.8.1985 – 15 U 233/83, GmbHR 1987, 57; Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 11 (13 f.); Görner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 15 GmbHG Rz. 83 m.w.N. zur Möglichkeit der Umdeutung eines formunwirksamen Treuhandvertrages in eine Unterbeteiligung OLG Bamberg v. 30.11.2000 – 1 U 72/00, NZG 2001, 509 (511). 4 RG v. 11.4.1906 – I 469/05, JW 1906, 401; BGH v. 5.11.1979 – II ZR 83/79, BGHZ 75, 352 = GmbHR 1981, 55. 5 BGH v. 6.3.1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685.
Blaurock 881
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
30.32 Ebenso verneinte auch eine beachtliche Ansicht in der Literatur1 im Gegensatz zur Lage bei der stillen Gesellschaft die Möglichkeit der Heilung durch Vollzug. Begründet wurde dies u.a. damit, dass dem Unterbeteiligten anders als dem stillen Gesellschafter keine formelle Rechtsposition gegenüber der Gesellschaft eingeräumt werde, deren Verschaffung als Erfüllung angesehen werden könne2. Ein anderer Teil der der Literatur3 hingegen bejahte die generelle Heilungsmöglichkeit durch Vollzug, womit sich weiterhin die Frage stellte, ob dieser Vollzug formbedürftig sei. Eine Formbedürftigkeit kann sich hierbei allenfalls aus einer analogen Anwendung des § 518 Abs. 1 Satz 2 BGB ergeben, da das Schenkungsrecht grundsätzlich davon ausgeht, dass die Zuwendung des Schenkungsgegenstandes formlos möglich ist, §§ 516 Abs. 1, 518 Abs. 2 BGB4. Der Ansicht, dass die Schenkung einer Unterbeteiligung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags vollzogen ist, hat sich nun auch der BGH in seinem Urteil vom 29.11.20115 für den Fall einer „atypischen“ Unterbeteiligung angeschlossen, bei der dem Beschenkten nicht nur vermögensrechtliche Ansprüche, sondern auch mitgliedschaftliche Rechte wie Stimm-, Verwaltungs- und Kontrollrechte zugewandt werden. Zwar fehle es auch hier mangels Gesamthandsvermögens der Innengesellschaft an einer dinglichen Mitberechtigung an der Hauptgesellschaft, jedoch liege die Verschaffung des Rechts, wie auch bei der Zuwendung einer Beteiligung an einer Außengesellschaft, in der Begründung einer mitgliedschaftlichen Rechtsposition6. Mit der Entscheidung des BGH ist nunmehr über den Schenkungsvollzug hinsichtlich einer „atypischen“ Unterbeteiligung höchstrichterlich entschieden worden. Sieht man jedoch den für den Vollzug gemäß § 518 Abs. 2 BGB zu erbringenden Leistungserfolg7 in der Begründung der Gesellschafterstellung als solcher bzw. für den Fall des § 2301 BGB in der Einräumung eines entsprechenden Anwartschaftsrechts, so ist nicht nur
1 Vgl. nur Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 156 f.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 106; Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2787); Hesselmann, GmbHR 1964, 26 (27); a.A. z.B. Herzfeld, AcP 137 (1933) 270 (297); Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 101 ff.; vermittelnd K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 224; K. Schmidt, DB 2002, 829 der dem BGH in seiner Ausgangsposition zustimmt, einen Schenkungsvollzug aber annimmt, wenn sich die Beteiligung zu einer mitgliedschaftlichen Position verselbständigt hat. Hiervon könne im Falle einer atypischen Unterbeteiligung regelmäßig ausgegangen werden, da im Gegensatz zur typischen Unterbeteiligung von einem abgeschlossenen Vermögenstransfer auszugehen sei. 2 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 157. 3 Coenen, Formfreie Schenkung, S. 170 ff.; J. Koch in MünchKomm/BGB, 6. Aufl. 2012, § 518 BGB Rz. 29. 4 Eine analoge Anwendung ablehnend Coenen, Formfreie Schenkung S. 170 ff.; J. Koch in MünchKomm/BGB, 7. Aufl. 2016, § 518 BGB Rz. 31. 5 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, NZG 2012, 222. 6 Zwar ist die Entscheidung zum Schenkungsversprechen von Todes wegen gemäß § 2301 Abs. 2 BGB ergangen, die Vollzugsproblematik stellt sich jedoch in gleicher Weise bei § 518 Abs. 2 BGB in Zusammenhang mit der Heilungsmöglichkeit formloser Schenkungsversprechen, vgl. Blaurock, NZG 2012, 521 (522), K. Schmidt, JuS 2012 460 (461). 7 Anderer Ansicht nach tritt Vollzug i.S. des § 518 Abs. 2 BGB bereits mit Vornahme der Leistungshandlung ein, vgl. Mansel in Jauernig, 16. Aufl. 2015, § 518 BGB Rz. 6; Weidenkaff in Palandt, § 518 BGB Rz. 9, sofern der Schenker das seinerseits Erforderliche für den Vollzug getan hat; BGH v. 6.3.1970 – V ZR 57/67, NJW 1970, 941.
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§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
die „atypische“, sondern auch die „typische“ schenkweise eingeräumte Unterbeteiligung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags vollzogen1. Angesichts der Tatsache, dass der BGH die Frage des Schenkungsvollzug bzgl. der „typischen“ Unterbeteiligung offengelassen hat, ist der Praxis daher zumindest für diesen Fall noch immer anzuraten, die Schenkung einer „typischen“ Unterbeteiligung notariell beurkunden zu lassen, falls es sich nicht um eine Ausstattung i.S. von § 1624 Abs. 1 BGB handelt2, die nicht als Schenkung gilt und so von der Formvorschrift des § 518 Abs. 1 BGB ausgenommen ist. Zur Vermeidung von Konfliktfällen ist zu empfehlen, gegebenenfalls das Zuwendungsmotiv „ausstattungshalber“ im Vertrag hervorzuheben.
30.33
Für den Fall, dass ein Geschäftsunfähiger unterbeteiligt werden soll, hat der gesetzliche Vertreter den Vertrag abzuschließen (§§ 104 ff. BGB). Ein beschränkt Geschäftsfähiger3 bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, sofern ihm das Rechtsgeschäft nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt (§§ 107 ff. BGB). Da der Minderjährige im Regelfall zur Einlageleistung verpflichtet ist, muss der gesetzliche Vertreter regelmäßig zustimmen. Fraglich und streitig ist allerdings der Fall der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung, bei der die Verlustteilnahme ausgeschlossen wird. Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, eine Zustimmungspflicht entfalle, weil der Minderjährige bei der schenkweisen Einräumung keine Einlage zu leisten habe4. Der BFH5 hat dagegen entschieden, auch die Einräumung einer Unterbeteiligung durch schenkweise Einbuchung sei nicht lediglich rechtlich vorteilhaft und bedürfe somit der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Angesichts des Umstandes, dass die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft immer ein Bündel von Rechten und Pflichten ist, also nicht nur Rechte enthält, dürfte dem zuzustimmen sein. Es ist zwar richtig, dass sowohl Rechte als auch Pflichten in einer Innengesellschaft wie der Unterbeteiligungsgesellschaft gerade für den Unterbeteiligten einen anderen Charakter haben als bei einem Mitglied einer Außengesellschaft und insbesondere die Pflichtengebundenheit durch den Verlustausschluss stark reduziert wird. Dennoch bleibt eine rechtliche Bindung des Unterbeteiligten aus dem Gesellschaftsvertrag erhalten. Diese Mitgliedschaftspflichten reichen aus, um ein nicht lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft annehmen zu können6.
30.34
Ist der gesetzliche Vertreter gleichzeitig Inhaber des Gesellschaftsanteils, an dem der Minderjährige unterbeteiligt werden soll, so ist § 181 BGB zu beachten. Nach der hier
30.35
1 Blaurock, NZG 2012, 521 (524); im Ergebnis so auch Sefrin in juris-PK-BGB, § 518 BGB Rz. 34, der für den Fall einer unterschiedlichen Behandlung von „atypischer“ und „typischer“ Unterbeteiligung vor Rechtsunsicherheit und Umgehungsgestaltungen in der Praxis warnt. 2 Dazu BGH v. 6.3.1967 – II ZR 180/65, WM 1967, 685. 3 Siehe umfassend zur Beteiligung Minderjähriger im Gesellschaftsrecht: Rust, DStR 2005, 1942 (Teil I), 1992 (Teil II). 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 225 i.V.m. Rz. 105; siehe auch Knothe in Staudinger, Neubarb. 2012, § 107 BGB Rz. 29; Stürner, AcP 173 (1973), 402 (436); Tiedtke, DB 1977, 1064 (1065). 5 BFH v. 28.11.1973 – I R 101/72, BFHE 111, 85 = BStBl. II 1974, 289; BFH v. 8.10.1981 – IV R 222/79, nicht veröffentlicht. 6 Ebenso Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 104 f.; Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2787).
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§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
vertretenen Ansicht, nach der jeder Abschluss eines Unterbeteiligungsvertrages genehmigungsbedürftig (§ 107 BGB) ist, bedarf es daher immer der Bestellung eines Ergänzungspflegers gemäß § 1909 BGB1. Eine Dauerpflegschaft ist dagegen nicht erforderlich2.
30.36 Wie bei der stillen Gesellschaft (hierzu Rz. 9.41 ff.) ist auch für die Unterbeteiligung fraglich, ob der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen die familiengerichtliche Genehmigung gemäß §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB einholen muss. Dies ist zu bejahen, wenn die Beteiligung am Verlust nicht ausgeschlossen ist3. Soll der Minderjährige auch am Verlust teilnehmen, so kann ohne die Genehmigung des Familiengerichts der Unterbeteiligungsvertrag keine Wirksamkeit entfalten. Der Unterbeteiligte trägt hier nicht allein das Risiko der Insolvenz des Hauptgesellschafters, sondern ihn treffen hinsichtlich seiner Beteiligungsquote auch die Verluste der Hauptgesellschaft, ohne dass er auf deren Vermeidung Einfluss hätte. Bei einer solchen Beteiligung, die dem Minderjährigen zumindest partiell Unternehmerrisiko aufbürdet, ist eine Genehmigungsbedürftigkeit nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB anzunehmen4.
30.37 Bei der Schenkung einer Unterbeteiligung mit Verlustteilnahme an einen Minderjährigen durch Einbuchung ist demnach zu beachten, dass eine notarielle Beurkundung gemäß § 518 Abs. 1 BGB sowie eine Zustimmung nach § 107 BGB in Verbindung mit einer familiengerichtlichen Genehmigung nach den §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB erfolgen muss5. Ist der gesetzliche Vertreter zugleich Hauptbeteiligter bedarf es zusätzlich der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§§ 181, 1795 Abs. 2, 1629 Abs. 2, 1909 BGB)6. Soll der beschenkte Minderjährige nicht am Verlust teilnehmen, entfällt lediglich das Erfordernis der familiengerichtlichen Genehmigung.
1 Vgl. aus der Rspr. BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508 unter Bezugnahme auf BFH v. 19.12.1979 – I R 176/77, FR 1980, 269 = BB 1980, 762 für die stille Gesellschaft; BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, MittBayNot 2015, 349 (350); näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 314 f. Vertritt man dagegen die Auffassung, bei Ausschluss der Verlustteilnahme handele es sich bei der Einräumung einer Unterbeteiligung um ein rechtlich lediglich vorteilhaftes Geschäft, so braucht für diesen Fall kein Ergänzungspfleger bestellt zu werden, vgl. z.B. Tiedtke, DB 1977, 1064. 2 Dazu BGH v. 18.9.1975 – II ZB 6/74, BB 1975, 1452; BFH v. 29.1.1976 – IV R 102/73, BFHE 118, 181 (186 ff.); Bilsdorfer, NJW 1980, 2785 (2788). 3 OLG Hamm v. 22.1.1974 – 15 W 36/73, BB 1974, 294; Roth in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rz. 39; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 228; vgl. auch BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508; für Genehmigungsbedürftigkeit jeder Form der Unterbeteiligung Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 242. 4 H.M.: OLG Hamm v. 22.1.1974 – 15 W 36/73, BB 1974, 294; Roth in Baumbach/Hopt, § 105 HGB Rz. 39; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 228; vgl. auch BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508; für Genehmigungsbedürftigkeit jeder Form der Unterbeteiligung Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 242. 5 Sie kann nicht im Voraus erteilt werden, wenn die Vertragsbedingungen im Hinblick auf die steuerliche Anerkennung noch nicht genügend festgelegt sind, vgl. OLG Hamm v. 22.1.1974 – 15 W 36/73, DB 1974, 424 f. 6 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508.
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§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
3. Mängel des Gesellschaftsvertrags Enthält der Unterbeteiligungsvertrag Mängel, so stellt sich ebenso wie bei der stillen Gesellschaft die Frage nach der Anwendbarkeit der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft. Sie ist hier wie dort umstritten (siehe ausführlich Rz. 11.1 ff.)1. Richtigerweise verdient die Unterbeteiligung ebenso wie die stille Gesellschaft Bestandsschutz aufgrund des Instituts der fehlerhaften Gesellschaft2. Dies gilt zunächst für die Unterbeteiligung mit Substanzbeteiligung. Hier ist nach Einräumung der Unterbeteiligung eine Verfilzung der Vermögensteile eingetreten, bei der angesichts des schwankenden Werts des Hauptgesellschaftsanteils ein Auseinandersetzungsverfahren erforderlich ist. Aber auch bei einer Unterbeteiligung ohne Substanzbeteiligung führen allein die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft zu einem interessengerechten Ergebnis. Auch hier haben sich die Gesellschafter zu einer echten Risikogemeinschaft verbunden. Möglicherweise wurde der Hauptgesellschafter durch die Unterbeteiligung überhaupt erst in die Lage versetzt, den Gesellschaftsanteil zu erwerben oder zu erhalten. Ein Ausgleich allein nach Bereicherungsregeln reicht hier nicht aus (ausführlich Rz. 11.12 ff.).
30.38
VI. Beitrag und Einlage in der Unterbeteiligungsgesellschaft Zwischen dem in der Hauptgesellschaft auftretenden Gesellschafter und dem Unterbeteiligten besteht ein besonderes Gesellschaftsverhältnis. Der Unterbeteiligungsvertrag, durch den eine Beteiligung an dem Gesellschaftsanteil eingeräumt wird, soll nicht einen Leistungsaustausch bewirken, sondern eine Vereinigung von Leistungen, um einen bestimmten gemeinschaftlichen Zweck zu erreichen. Es ist deshalb der Frage nachzugehen, in welcher Weise die Gesellschafter zur Förderung des Gesellschaftszwecks, der im Halten und der gewinnbringenden Nutzung des Anteils liegt, Beiträge und Einlageleistungen erbringen3. Der Beitrag des Hauptbeteiligten liegt in der Verwaltung des Gesellschaftsanteils, die Beitragsleistung des Unterbeteiligten ist darin zu sehen, dass er den der Unterbeteiligung entsprechenden Anteilsteil im Vermögen des Hauptbeteiligten hält. Darüber hinaus können selbstverständlich weitere Beiträge wie z.B. Geld-, Sach- und Dienstleistungen vereinbart sein, begriffsnotwendig ist das jedoch nicht4.
1 Die in Rz. 11.6 ff. angeführten Meinungen gelten für die Unterbeteiligung als Innengesellschaft sinngemäß; speziell zur Unterbeteiligung z.B. Andreopoulos, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen im deutschen und griechischen Recht, S. 56; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 160 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 229; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 176 Rz. 377 f.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 108 ff. 2 A.A. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 284, 170 ff.; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 248 ff. 3 Die Unterscheidung von Beitrag, Einlage und Einlageleistung mit den daraus folgenden Konsequenzen erfolgt hier im Anschluss an K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 230 i.V.m. Rz. 37, 143 ff. sowie K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 20 II. Für die stille Gesellschaft siehe auch Rz. 6.1 ff. An der früher vertretenen anderen Auffassung (Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 110) wird nicht mehr festgehalten. 4 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 230.
Blaurock 885
30.39
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
30.40 Neben einer Beitragsleistung ist eine Einlageleistung als Voraussetzung für eine Unterbeteiligung nicht erforderlich. Notwendig ist lediglich die Begründung eines schuldrechtlichen bilanzfähigen Einlageverhältnisses zwischen Unterbeteiligtem und Hauptbeteiligtem, was auch ohne eine Einlageleistung des Unterbeteiligten geschehen kann. Ein Beispiel hierfür ist die Schenkung einer Unterbeteiligung durch Einbuchung1. Der Unterbeteiligte selbst erbringt hier keine Leistung, ein Einlageverhältnis zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem wird aber durch die Umbuchung begründet. Ebenso verhält es sich, wenn einem Dritten eine Unterbeteiligung gegen Zahlung eines Entgelts eingeräumt wird. Gibt der Hauptgesellschafter eine Unterbeteiligung an einem ihm bis dahin allein zustehenden Gesellschaftsanteil ab, so fließt ihm eine hierfür erbrachte Leistung des Unterbeteiligten grundsätzlich frei von gesellschaftsrechtlichen Bindungen zu. Die Zahlung dieses Betrages ist keine Einlageleistung2, sondern Gegenleistung3 für die Einräumung der wirtschaftlichen Gesellschafterstellung. Anders verhält es sich dann, wenn der zu zahlende Betrag der Finanzierung des Hauptgesellschaftsanteils oder einer Kapitalerhöhung dienen soll. Nur in diesem Fall ist die Erbringung einer Einlageleistung vereinbart, weil nur dann der gemeinsame Zweck der Unterbeteiligungsgesellschaft gefördert werden soll und damit ein Beitrag i.S. des § 705 BGB vorliegt. Die Einlage ist grundsätzlich in das Vermögen des Hauptbeteiligten zu leisten, der Einfachheit halber kann sie aber auch direkt in das Gesellschaftsvermögen der Hauptgesellschaft erbracht werden, wobei im Verhältnis der Hauptgesellschaft zum Hauptbeteiligten die Einlage als auf Rechnung des Hauptbeteiligten geleistet gilt.
VII. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
30.41 Da das Gesetz die Unterbeteiligung als solche nicht regelt, ergeben sich Rechte und Pflichten der Gesellschafter in erster Linie aus dem Gesellschaftsvertrag, der hierüber detaillierte Bestimmungen enthalten sollte. In Bezug auf einige wesentliche Regelungsbereiche lassen sich grundlegende Strukturen schon aus der Eigenschaft der Unterbeteiligung als Innengesellschaft ableiten.
30.42 So gibt es eine Vertretung der Unterbeteiligungsgesellschaft als solcher ebenso wenig wie bei der stillen Gesellschaft. Der Hauptbeteiligte handelt im Außenverhältnis stets im eigenen Namen, wenn auch im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung4.
30.43 Dagegen gibt es eine Geschäftsführung innerhalb der Unterbeteiligungsgesellschaft, die näherer vertraglicher Regelung zugänglich ist. Grundsätzlich steht das Recht und die Pflicht zur Geschäftsführung dem Hauptbeteiligten zu5. Abweichende Vereinbarungen sind indessen jederzeit möglich und jedenfalls in den Fällen der Unterbetei-
1 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 230. 2 So aber z.B. Pöllinger, Die Unterbeteiligung, 1932, S. 39 f.; Esch, NJW 1964, 902 (903); Schneider in FS Möhring, 1965, S. 115 (118); vgl. auch Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 42. 3 Ebenso Herzfeld, AcP 137 (1938) 270 (285); Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 19; siehe auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 231. 4 Paulick, ZGR 1974, 253 (276); Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 119; siehe auch BGH v. 24.2.1954 – II ZR 3/53, BGHZ 12, 308 (314). 5 H.M., vgl. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 293 m.w.N.
886 Blaurock
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
ligung zur Kapitalbeschaffung auch durchaus nicht selten. Es kann hier Gesamtgeschäftsführungsbefugnis vereinbart oder die Geschäftsführung in der Unterbeteiligungsgesellschaft für einzelne Bereiche oder insgesamt dem Unterbeteiligten übertragen werden. Aus der Besonderheit der Unterbeteiligungsgesellschaft, dass nur der Hauptbeteiligte in der Hauptgesellschaft auftreten kann, ergibt sich dann freilich ein Auseinanderfallen von Geschäftsführung und Vertretungsmacht. Das ist indessen nichts Ungewöhnliches1. Diese Divergenz wirkt sich allerdings hinsichtlich der Möglichkeit aus, die Geschäftsführungsbefugnis zu entziehen: § 712 Abs. 1 BGB ist auf Gesellschaften zugeschnitten, bei denen die Gesellschaft von jedem Gesellschafter vertreten werden kann. Auf die Unterbeteiligungsgesellschaft passt diese Regelung nicht; hier kann der Hauptgesellschafter ohne Mitwirkung der übrigen Hauptgesellschafter in seiner Position als indirekter Vertreter der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht ausgewechselt werden. Dann kann ihm aber auch die Geschäftsführung gegen seinen Willen nur in dem Maße entzogen werden, wie sie von dem Unterbeteiligten, der die Unterbeteiligungsgesellschaft in der Hauptgesellschaft nicht selbst zu vertreten in der Lage ist und der von der Hauptgesellschaft unmittelbar keine Informationen erhält, selbst ausgeübt werden kann2.
30.44
Da der Hauptgesellschafter in der Hauptgesellschaft im eigenen Namen handelt und nicht ohne Weiteres ersetzbar ist, lassen sich Geschäftsführungsmaßnahmen des Unterbeteiligten nur im Wege von Stimmbindungsvereinbarungen durchsetzen. Geschäftsführungsbefugnis des Unterbeteiligten und Stimmbindung des Hauptgesellschafters sind dabei die beiden Seiten derselben Medaille. Stimmbindungsverträge, deren Zulässigkeit im Allgemeinen nicht unumstritten ist, werden bei der Unterbeteiligung für unbedenklich erachtet3. Gleichwohl ergeben sich auch hier Grenzen aus den §§ 138, 242 BGB4.
30.45
Fraglich ist, inwieweit bei Grundlagengeschäften innerhalb der Hauptgesellschaft der Unterbeteiligte gegenüber dem Hauptgesellschafter ein Mitspracherecht geltend machen kann. Dies ist sicher anzunehmen, soweit sie zu einer Änderung des in dem Unterbeteiligungsvertrag Vereinbarten führen, etwa bei Veränderung der Gewinnverteilung oder bei Änderung vertraglich festgelegter Geschäftsführungsbereiche5. Für andere Grundlagengeschäfte, die sich mittelbar auf die Unterbeteiligungsgesellschaft auswirken, wie etwa Kündigung der Hauptgesellschaft, Änderung des Gesellschaftszwecks der Hauptgesellschaft etc., ist eine stillschweigend anzunehmende Mitgeschäftsfüh-
30.46
1 Zur Begründung von Organbefugnissen des Unterbeteiligten in der Hauptgesellschaft Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 164 ff. 2 Ebenso Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 32; vgl. aber K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 237, der den Entzug generell für unzulässig erachtet. 3 K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 232 m.w.N., der jedenfalls in den Fällen zustimmt, in denen die Unterbeteiligung Treuhandelemente aufweist. 4 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 186 ff. 5 Weitergehend Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 293. Zur Zustimmungsbedürftigkeit bei Änderung der Gewinnverteilung durch Kapitalerhöhung des Hauptbeteiligten in der Hauptgesellschaft siehe BGH v. 22.11.1965 – II ZR 102/63, WM 1966, 188 (191).
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§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
rungsbefugnis des Unterbeteiligten wohl nicht gerechtfertigt1. Zum Schutz des Unterbeteiligten ist die dem Hauptgesellschafter diesem gegenüber obliegende Treuepflicht ausreichend. Zwar führt in beiden Fällen ein Fehlverhalten des Hauptgesellschafters gegenüber dem Unterbeteiligten lediglich zur Schadensersatzpflicht des Hauptbeteiligten. Der wesentliche Unterschied bei der hier vorgenommenen Differenzierung liegt in den Voraussetzungen für einen solchen Anspruch. Gibt man dem mittelbar Beteiligten bei jedem Grundlagengeschäft eine Mitgeschäftsführungsbefugnis, so muss sich der Hauptgesellschafter bei Widerspruch des Unterbeteiligten in der Abstimmung innerhalb der Hauptgesellschaft der Stimme enthalten. Er haftet bereits, wenn er dies nicht tut. Nach der hier vertretenen Ansicht haftet er dagegen erst dann, wenn er sich über berechtigte Interessen des Unterbeteiligten hinwegsetzt. Da der Hauptgesellschafter auch den übrigen Hauptgesellschaftern gegenüber in einer Pflichtenbindung steht, erscheint dies angemessener.
30.47 Der Unterbeteiligte kann vom Hauptgesellschafter die Mitteilung der Bilanzen und sonstiger Unterlagen der Hauptgesellschaft nur verlangen, wenn diese dem Hauptgesellschafter die Bekanntgabe gestattet hat und der Unterbeteiligungsvertrag dem Unterbeteiligten ein Recht auf Bekanntgabe einräumt2. Eine entsprechende Genehmigung darf die Hauptgesellschaft allerdings nicht grundlos verweigern, und der Hauptgesellschafter muss sich um ihre Zustimmung bemühen3.
30.48 Die Informationspflichten des Hauptgesellschafters sind entgegen der h.M.4 nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 233 Abs. 1 HGB, sondern aus § 716 BGB herzuleiten5. Nach § 233 Abs. 1 HGB wäre der Unterbeteiligte lediglich berechtigt, von dem Hauptgesellschafter eine jährliche Bilanz über dessen Gesellschaftsanteil zu verlangen, aus der er auch die auf diesen Anteil entfallenden Erträge und deren Zusammensetzung (Gewinnanteil, Kapitalzinsen, Geschäftsführergehalt usw.) sowie die Entwicklung des Kapitalkontos und seines Anteils ersehen kann. Nach Ansicht der h.M. wird damit seinem berechtigten Interesse entsprochen, die Grundlagen für die Berechnung seiner Gewinn- oder Verlustanteile und seiner kapitalmäßigen Beteiligung zu erfahren. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum die Rechte des Unterbeteiligten derart verkürzt werden sollen. Bei Anwendung von § 716 BGB hat er vielmehr
1 A.A. Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 60 ff., 82; vgl. auch K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 237. 2 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (323); vgl. zur Rechnungslegung eingehend Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 49 f.; Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6919 Nr. 86–94); zu den Informationsrechten in der Unterbeteiligungsgesellschaft siehe K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 233 HGB Rz. 33 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 123 ff.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 113 ff.; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 182 ff. 3 BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 238 = BStBl. II 1995, 449 m. Anm. Söffing, FR 1991, 526; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 63 IV 3. 4 Vgl. BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (323); BGH v. 10.10.1994 – II ZR 285/93, GmbHR 1995, 57 = NJW-RR 1995, 165; BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635 = FR 1994, 508; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 233 HGB Rz. 33 m.w.N.; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 23; weitergehend Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 233 HGB Rz. 37; auf §§ 713, 666 BGB abstellend Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 36. 5 Ebenso Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 278 f.
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gegen seinen Hauptgesellschafter ein jederzeitiges Informationsrecht. Das ist der Ausgleich dafür, dass ihm gegenüber der Hauptgesellschaft ein Rechnungslegungsanspruch nicht zusteht und er nicht Einsichtnahme in die Steuer- und Handelsbilanzen sowie die Gewinn- und Verlustrechnungen der Hauptgesellschaft verlangen kann. Diese Unterlagen gehören zu den inneren Angelegenheiten der Hauptgesellschaft, weshalb gegenüber dem Unterbeteiligten wie auch jedem anderen Dritten ein berechtigtes Interesse an Geheimhaltung besteht. Der Unterbeteiligte steht in der Regel zu der Hauptgesellschaft in keinen Rechtsbeziehungen; er schuldet ihr bei der nicht offen gelegten Unterbeteiligung weder Verschwiegenheit noch Gesellschaftertreue und ist auch vom Wettbewerb nicht ausgeschlossen. Aus dem Umstand, dass die Vermögens- und Liquiditätslage der Hauptgesellschaft auch für den Unterbeteiligten und seine Entschließungen von großer Bedeutung ist, können wegen des widerstreitenden Gesellschaftsinteresses Informationsrechte über die inneren Verhältnisse der Hauptgesellschaft nicht hergeleitet werden. Der Unterbeteiligte hat daher nur dann ein Recht auf Einsicht in Bilanzen und ähnliche Unterlagen, wenn die Hauptgesellschaft dem Hauptgesellschafter die Bekanntgabe gestattet hat und der Unterbeteiligungsvertrag dahin auszulegen ist, dem Unterbeteiligten sei ein Recht auf Bekanntgabe eingeräumt. In der Regel wird das bei einer der Hauptgesellschaft gegenüber offen gelegten und von dieser gebilligten Unterbeteiligung der Fall sein. Ein Wettbewerbsverbot zwischen Haupt- und Unterbeteiligtem kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Es ist allerdings möglich, dass ein solches Verbot sich aus der Treuebindung ergibt1. Ob ein in der Hauptgesellschaft bestehendes Wettbewerbsverbot auch auf den Unterbeteiligten zu erstrecken ist, kann nicht einheitlich beantwortet werden. Entscheidend ist die Ausgestaltung des Unterbeteiligungsvertrages im Hinblick auf das Verhältnis zur Hauptgesellschaft, insbesondere auch die Regelung der Informationsrechte. Je größer der Einblick in die Interna der Hauptgesellschaft ist, je mehr sonstige Einflussmöglichkeiten in der Hauptgesellschaft bestehen, desto eher wird man ein Wettbewerbsverbot auch für den Unterbeteiligten annehmen können2. Bei rein kapitalistischer Beteiligung ist ein solches Verbot jedoch abzulehnen3.
30.49
Die Haftung zwischen dem Unterbeteiligten und dem Hauptbeteiligten regelt sich nach den allgemeinen Grundsätzen4. Der Hauptgesellschafter haftet dem Unterbeteiligten für eigenes Fehlverhalten sowie für Schädigungen durch die Hauptgesellschaft. Für Schädigungshandlungen seiner Mitgesellschafter ist er nicht verantwortlich. Soweit die übrigen Voraussetzungen dafür vorliegen, kann der Unterbeteiligte aber im Rahmen einer Drittschadensliquidation5, bei offen gelegter Unterbeteiligung mögli-
30.50
1 Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 130; Esch, NJW 1964, 902 (905); Greifeid, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, S. 48; Harbarth in Großkomm/ HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 298; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 293. 2 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 201 ff.; vgl. auch OLG Frankfurt v. 7.9.1991 – 11 U 21/91, DB 1992, 2489 = GmbHR 1992, 668. 3 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 244; Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 39. 4 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 208 ff.; Herzfeld, AcP 137 (1933) 270 (312 ff.); Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 41. 5 Wenn der eigentlich beim Hauptbeteiligten zu erwartende Schaden den Unterbeteiligten trifft, dazu näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 219.
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cherweise auch aufgrund eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter1 Ersatzansprüche haben. Haftungsmaßstab ist in jedem Fall § 708 BGB2.
30.51 Die Unterbeteiligung ist grundsätzlich nicht übertragbar. Wie auch sonst im Personengesellschaftsrecht sind ohne Weiteres allein die in § 717 Satz 2 BGB genannten Ansprüche übertragungsfähig. Erst durch entsprechende Vereinbarung der Gesellschafter, die auch schon in einer Vertragsklausel des Gesellschaftsvertrags festgehalten sein kann, wird die Gesellschafterstellung fungibel. Veräußert der Hauptgesellschafter seinen Gesellschaftsanteil, so wird nicht ohne Weiteres eine Unterbeteiligung mit dem Erwerber begründet. Der Erwerber muss durch eine Änderung des ursprünglichen Unterbeteiligungsvertrages in die Innengesellschaft einbezogen werden, oder es muss mit ihm ein neuer Gesellschaftsvertrag abgeschlossen werden. Ohne eine entsprechende Vereinbarung wird die Unterbeteiligung zwischen dem Unterbeteiligten und dem bisherigen Hauptgesellschafter bei Veräußerung des Gesellschaftsanteils infolge Zweckvereitelung aufgelöst, § 726 BGB3. Die Regelung des § 726 BGB ist jedoch dispositiv und kann im Unterbeteiligungsvertrag z.B. dadurch ersetzt werden, dass an die Stelle des bisherigen Rechtsverhältnisses eine offene Direktbeteiligung tritt4.
30.52 Die Gesellschafter sind hinsichtlich der Verteilung von Gewinn und Verlust5, die sich aus dem Gesellschaftsanteil ergeben, frei. Dementsprechend finden sich in den Unterbeteiligungsverträgen regelmäßig auch eingehende Vereinbarungen über die Gewinn- und Verlustbeteiligung. Regelungsbedürftig ist insbesondere die Frage, ob sich die Gewinnbeteiligung auch auf offene Rücklagen der Hauptgesellschaft und auf nicht entnommene, stehen gelassene Gewinne bezieht6.
30.53 Fehlt eine Regelung, so partizipiert der Unterbeteiligte nur an den ausgeschütteten Gewinnen und muss Entnahmebeschränkungen in der Hauptgesellschaft gegen sich gelten lassen7. An den stillen Reserven hat der Unterbeteiligte in der Regel dann Anteil, wenn sie aufgelöst werden, im Zweifel ohne Rücksicht darauf, ob sie vor der Eingehung oder während des Bestehens der Unterbeteiligung gebildet worden sind8. Auf die Bildung von Reserven während des Bestehens der Unterbeteiligung hat der Unter-
1 So K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 HGB Rz. 246. 2 Paulick, ZGR 1974, 253 (277); Janberg, DB 1953, 77 (79); Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 198 Rz. 440. 3 OLG Hamm v. 6.12.1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 73; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 Rz. 301, § 234 HGB Rz. 124. 4 OLG Hamm v. 6.12.1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999. 5 Dazu näher Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 131 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 232 HGB Rz. 26; Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 42 f.; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 108 ff.; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 116 ff.; Paulick, ZGR 1973, 253 (264 ff.). 6 Dazu Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 42 ff. 7 Dazu ausführlich Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 230 HGB Rz. 306 ff. m.w.N.; ebenso Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 46; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 116. 8 Str., wie hier: Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 45; a.A. Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 44; Winterstein, Unterbeteiligung an OHG- und KG-Anteilen als stille Gesellschaft, 1969, S. 74.
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beteiligte keinen Einfluss. Soweit sie mit dem Gesetz und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung im Einklang stehen, muss der Unterbeteiligte die Bilanzentscheidungen der Hauptgesellschaft hinnehmen. Falls nichts anderes bestimmt ist, bleibt eine dem Hauptbeteiligten gezahlte feste Tätigkeitsvergütung von der Beteiligung ausgenommen1. Das Gleiche gilt bei Unterbeteiligung am Anteil des Komplementärs einer Kommanditgesellschaft hinsichtlich der Vergütung für die Übernahme der persönlichen Haftung. Mit dieser Haftung wird allein der Hauptgesellschafter belastet, die hierfür geleistete Vergütung steht allein ihm zu. Anders wäre es nur, wenn der Unterbeteiligte im Innenverhältnis ebenfalls persönlich zu haften hätte2.
30.54
Die Teilnahme des Unterbeteiligten am Verlust, der auf den Gesellschaftsanteil entfällt, kann begrenzt oder auch ganz ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss der Verlustbeteiligung berührt nicht den gemeinsamen Zweck, den der Unterbeteiligte unabhängig von einer Verlusttragungspflicht durchaus fördern kann und hat auf die Qualifizierung der Unterbeteiligung als Gesellschaft keinen Einfluss3. Auch ein Ausschluss des Unterbeteiligten vom laufenden Gewinn ist möglich, wenn ihm bei Unterbeteiligung mit Substanzbeteiligung im Innenverhältnis wenigstens Werterhöhungen des Anteils zugutekommen. Eine solche Regelung führt, wenn sie zwischen verwandten Personen vereinbart wird, freilich in der Regel dazu, dass die Unterbeteiligung steuerlich nicht anerkannt wird4.
30.55
Regelungsbedürftig ist schließlich, ob die Gewinnverteilungsabrede sich auf die Handels- oder Steuerbilanz bezieht. Fehlt eine entsprechende Klausel, so ist davon auszugehen, dass die Handelsbilanz maßgeblich sein soll5. Führt die Hauptgesellschaft keine eigene Handelsbilanz, so dürfte die von ihr erstellte Steuerbilanz Grundlage der Gewinnermittlung und -verteilung sein, d.h. es ist im Zweifel dann keine gesonderte Handelsbilanz zu erstellen6.
30.56
Eine für die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene Unterbeteiligung an einem Gesellschaftsanteil kann wie eine für unbestimmte Zeit vereinbarte Unterbeteiligung gekündigt werden, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft weder zeitlich noch durch ihren Zweck begrenzt und deshalb ungewiss ist7. Zum Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts ist es nicht notwendig, dass die Dauer der Gesellschaft kalendermäßig feststeht. Es genügt, dass sie auf andere Weise festgelegt wird, wenn die Vertragsdauer
30.57
1 Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 47. 2 Ebenso Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 46. 3 Anders zu Unrecht Schulze-Osterloh, Der gemeinsame Zweck der Personengesellschaften, 1973, S. 31, 37. 4 Dazu auch Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 47 und BFH v. 13.12.1963 -VI 339/61 U, BStBl. II 1964, 156. 5 Thomsen, Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil, S. 43; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5805 Nr. 82); Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 76 f. 6 Ebenso Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 45. 7 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 = DB 1968, 1529; BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886.
Blaurock 891
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damit nur im einzelnen Fall genügend bestimmbar ist; eine solche Festlegung kann sich unter Umständen auch nach der Art des Gesellschaftszwecks richten1. Dass die bloße Bestimmbarkeit ausreiche, ist aber in der Rechtsprechung nur in Fällen angenommen worden, in denen die Gesellschafter damit die Dauer einigermaßen übersehen und sich mit ihren wirtschaftlichen Dispositionen von vornherein in ähnlicher Weise darauf einstellen konnten, wie das der Fall gewesen wäre, wenn sie die Gesellschaftsdauer kalendermäßig festgelegt hätten. Dementsprechend ist es möglich, das ordentliche Kündigungsrecht für eine Unterbeteiligung auf die Dauer des Bestands der Hauptgesellschaft auszuschließen, wenn deren Ende zeitlich festgelegt oder von der Erreichung eines bestimmten Gesellschaftszwecks abhängig ist2. Mit dem Zweck des § 723 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 BGB wäre es dagegen nicht mehr vereinbar anzunehmen, eine auf die Dauer der Hauptgesellschaft abgeschlossene Unterbeteiligung sei im Wege der ordentlichen Kündigung nicht vorzeitig auflösbar, wenn die Dauer der Hauptgesellschaft nach den Bestimmungen ihres Gesellschaftsvertrags von vornherein in keiner Weise begrenzt, sondern von den Entschließungen ihrer Gesellschafter abhängig und damit ihrerseits aus der Sicht der Unterbeteiligungsgesellschaft zeitlich weder bestimmt noch bestimmbar ist. Das Ende der Unterbeteiligung wäre damit zwar rechtlich festgelegt, zeitlich aber so ungewiss, dass von einer bestimmten Zeitdauer i.S. des § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht mehr gesprochen werden kann3.
VIII. Beendigung der Unterbeteiligungsgesellschaft
30.58 Neben dem Ablauf einer vereinbarten Zeit bzw. dem Eintritt einer auflösenden Bedingung wird die Unterbeteiligung durch Kündigung eines der Gesellschafter beendet. Es ist umstritten, welche Kündigungsfrist bei ordentlicher Kündigung einzuhalten ist. Die h.M. wendet § 234 Abs. 1 i.V.m. § 132 HGB analog an4. Richtiger ist es jedoch, beim Fehlen anderweitiger Regelungen im Unterbeteiligungsvertrag auf § 723 Abs. 1 BGB zurückzugreifen und damit die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit zu gewähren, da die Lage bei der Unterbeteiligung eine andere ist als bei der stillen Gesellschaft5. Eine eindeutige Stellungnahme der Rechtsprechung liegt bislang nicht vor, der BGH hat die Frage ausdrücklich offen gelassen6. Es empfiehlt sich daher dringend, im Unterbeteiligungsvertrag eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung zu tref-
1 BGH v. 17.6.1953 – II ZR 205/52, BGHZ 10, 91 (98). 2 Vgl. BGH v. 13.6.1994 – II ZR 259/92, NJW 1994, 2886 (2888). 3 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (321 f.); Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 165; zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 203 Rz. 462. 4 Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 147; Böttcher/Zartmann/ Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 116 f.; Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 120 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 70; Horn in Heymann, § 234 HGB Rz. 30; Neu in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 14 Rz. 35. 5 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 163 f.; ebenso Hesselmann, GmbHR 1964, 26 (28); Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 336 ff.; differenzierend hinsichtlich der Rechtsform der Hauptgesellschaft Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 70. 6 BGH v. 11.7.1968 – II ZR 179/66, BGHZ 50, 316 (321).
892 Blaurock
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
fen. Die außerordentliche Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grunde ist wie auch sonst an keine Frist gebunden. Die Kündigung durch einen Gläubiger des Unterbeteiligten erfolgt gemäß § 725 BGB1. Die demgegenüber von der Gegenansicht vertretene Auffassung, es seien die §§ 234, 135 HGB analog anzuwenden2, verkennt die anders geartete Interessenlage bei der Unterbeteiligung, bei der ein plötzlicher Kapitalentzug beim Hauptgesellschafter noch nicht unmittelbar zu einer Gefährdung der Hauptgesellschaft führt, die stets durch § 135 HGB genügend geschützt ist3.
30.59
Der Tod eines Gesellschafters der Unterbeteiligungsgesellschaft löst diese nicht ohne Weiteres auf. Für den Tod des Unterbeteiligten ist das überwiegende Auffassung, man stützt sich zu Recht auf § 234 Abs. 2 HGB analog4. In entsprechender Anwendung dieser Norm ist deshalb auch beim Tode des Unterbeteiligten im Zweifel anzunehmen, dass die Unterbeteiligungsgesellschaft mit den Erben fortgeführt werden soll. Für den Tod des Hauptbeteiligten nimmt die überwiegende Meinung an, bei Fehlen einer Fortsetzungsklausel werde die Unterbeteiligungsgesellschaft aufgelöst5. Das wird man allerdings uneingeschränkt nur für den Fall annehmen können, dass durch den Tod des Hauptgesellschafters auch die Auflösung der Hauptgesellschaft eintritt oder dass die Beteiligung an der Hauptgesellschaft nicht auf seine Erben übergeht. Bei denjenigen Unterbeteiligungen, die der Verschaffung einer Ersatzgesellschafterstellung wegen eingeräumt wurden, spricht mehr dafür, dass der Unterbeteiligte diese mittelbare Beteiligung auch nach dem Ableben des Hauptgesellschafters weiter innehaben soll, soweit er nicht ohnehin in die Gesellschafterstellung des Erblassers kraft Nachfolge von Todes wegen einrückt6.
30.60
Die Insolvenz eines Beteiligten7 löst die Gesellschaft ebenso auf wie die Zweckerreichung bzw. Zweckvereitelung, § 728 bzw. § 726 BGB8. Dabei ist die Auflösung der
30.61
1 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 172; Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 144 ff.; Pöllinger, Die Unterbeteiligung, 1932, S. 63 f.; Greifeld, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, 1938, S. 67 f. 2 Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 122 ff.; Paulick, ZGR 1974, 253 (279); Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 72 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 72; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 205 Rz. 465. 3 Näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 172. 4 Paulick, ZGR 1974, 253 (280); K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 77 m.w.N.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 153 ff.; zweifelnd Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 66; a.A. Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 340 f. 5 Herzfeld, AcP 137 (1933), 270 (317); Esch, NJW 1964, 902 (906); Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 151; Paulick, ZGR 1974, 253 (273); Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 120. 6 Im Ergebnis ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 65; Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 118; siehe auch Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 206 Rz. 469 ff. 7 Dazu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 173; Singhof/ Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 207 Rz. 472 ff.; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 154. 8 Dazu K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 67.
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§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
Hauptgesellschaft noch keine Zweckvereitelung, die Unterbeteiligung besteht vielmehr am Anteil an der Liquidationsgesellschaft fort. Erst mit der Beendigung der Liquidationsgesellschaft findet auch die Unterbeteiligungsgesellschaft ihr Ende1.
30.62 Eine die Rechtsform der Hauptgesellschaft ändernde Umwandlung führt nicht ohne Weiteres zur Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft2. In Fällen, in denen die Umwandlung die Interessen des Unterbeteiligten nachteilig berührt, hat er ein außerordentliches Kündigungsrecht3.
30.63 Ist eine Unterbeteiligungsgesellschaft aus einem der genannten Gründe aufgelöst, so ist damit noch keine Vollbeendigung eingetreten4, denn auch bei einer Innengesellschaft wird durch die Auflösung das gesellschaftliche Band nicht dergestalt zerschnitten, dass sich die bisherigen Gesellschafter nur noch als gewöhnliche Gläubiger und Schuldner gegenüberstünden. Die unmittelbaren Rechte und Pflichten sind zwar erloschen, solange aber nicht sämtliche Ansprüche, die in der Gesellschaft ihren Ursprung haben, befriedigt und alle Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern abgewickelt sind, besteht auch eine Innengesellschaft als Abwicklungsgesellschaft weiter5.
30.64 Die Auseinandersetzung des aufgelösten Unterbeteiligungsverhältnisses richtet sich zunächst nach den von den Parteien getroffenen Vereinbarungen. Liegen solche nicht vor, wendet die überwiegende Ansicht § 235 Abs. 1 HGB entsprechend an6. Dabei
1 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 166; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 158; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 67; Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 75. 2 Herzfeld, AcP 133 (1937), 270 (320); Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 153 f.; differenzierend Schmidt-Diemitz, DB 1978, 2397; zum Einfluss der Umwandlung der Hauptgesellschaft siehe ausführlich Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 209 Rz. 480 ff. sowie Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, 1982, S. 59 ff., S. 105 ff.; in steuerrechtlicher Hinsicht siehe Stegemann/ Middendorf, BB 2006, 1084. 3 Siehe hierzu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 170; Herzfeld, AcP 137 (1933), 270 (320); Meyer, Unterbeteiligung an Handelsgesellschaftsanteilen, S. 153 f.; Schmidt-Diemitz, DB 1978, 2397; außerdem Theil, Das rechtliche Schicksal der stillen Beteiligung bei der Umwandlung, 1982, S. 62 ff., S. 100 ff.; K. Schmidt in MünchKomm/ HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 75, die bei übertragender Umwandlung eine Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft annehmen, dem Unterbeteiligten aber ein Recht auf Neubegründung einräumen, dagegen Gayk in MünchHdb.GesR Bd. 1, 4. Aufl. 2014, § 30 Rz. 77; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 127. 4 A.A. z.B. Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 234 HGB Rz. 125, 1; Pöllinger, Die Unterbeteiligung, 1932, S. 70; Greifeld, Unterbeteiligung an der OHG und der KG, 1938, S. 73; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 162; Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 69; ferner BGH v. 22.6.1981 – II ZR 94/80, NJW 1982, 99, für die BGB-Gesellschaft als reine Innengesellschaft. 5 Ebenso K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 234 HGB Rz. 63; im Einzelnen zu den Folgen: Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174 f.; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 68 ff.; Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 210 Rz. 485 ff.; siehe auch Böttcher/Zartmann/Faut, Stille Gesellschaft und Unterbeteiligung, S. 121 ff. 6 OLG Hamm v. 6.12.1993 – 8 U 5/93, NJW-RR 1994, 999; Harbarth in Großkomm/HGB, 5. Aufl. 2015, § 235 HGB Rz. 75; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 235 HGB Rz. 69 ff. m.w.N.
894 Blaurock
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
wird aber nach dem wirtschaftlichen Zweck der Unterbeteiligung zu differenzieren sein, ferner danach, ob die Unterbeteiligung zusammen mit der Hauptgesellschaft aufgelöst wird oder ob der Hauptgesellschafter in einer weiter bestehenden Hauptgesellschaft verbleibt1.
IX. Die Einlage des Unterbeteiligten in der Insolvenz des Hauptgesellschafters Die Unterbeteiligungsgesellschaft findet durch die Insolvenz des Hauptgesellschafters ihr Ende (siehe Rz. 30.64)2. Von zentraler Bedeutung für den Unterbeteiligten ist die Frage, ob er bei der Insolvenz des Hauptgesellschafters hinsichtlich seines Aktivsaldos ähnlich wie ein stiller Gesellschafter nur eine einfache Insolvenzforderung hat, oder ob ihm weitergehende Rechte zustehen. Die allgemeine Meinung geht dahin, § 236 HGB auch für die Insolvenz des Hauptgesellschafters einer Unterbeteiligungsgesellschaft eingreifen zu lassen, dem Unterbeteiligten also wie dem stillen Gesellschafter nur eine Insolvenzforderung zuzubilligen3. Zur Begründung beruft man sich auf den Charakter der Unterbeteiligungsgesellschaft als Innengesellschaft, die nur schuldrechtliche Forderungen unter den Gesellschaftern hervorbringen könne, hinsichtlich derer eine Präferenz des Unterbeteiligten gegenüber den übrigen Gläubigern des Hauptgesellschafters nicht in Betracht komme. Diese Auffassung wäre nur richtig, wenn § 236 HGB Ausdruck eines für alle Innengesellschaften geltenden Prinzips wäre, wonach bei Insolvenz eines Innengesellschafters, der nach außen hin allein Eigentümer des Gesellschaftsvermögens ist, der andere Innengesellschafter jedenfalls keine günstigere Stellung als die eines den übrigen Gläubigern gleichgestellten einfachen Insolvenzgläubigers haben soll. Ein solches Prinzip ist indessen nicht erkennbar4. Ist § 236 HGB nicht Ausdruck eines allgemeinen Prinzips, wäre die analoge Anwendung bei der Unterbeteiligungsgesellschaft nur gerechtfertigt, wenn die Sachverhalte gerade bei der stillen Gesellschaft und der Unterbeteiligungsgesellschaft einander so ähnlich wären, dass dem hinter der Vorschrift stehenden Gesetzeszweck auch bei der Unterbeteiligung Geltung verschafft werden müsste. Auch dies ist indessen nicht der Fall. Schon die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt, dass sie allein für stille Gesellschaften gedacht war. Vor allem aber ist auch in sachlicher Hinsicht die Lage bei der mehr statischen Unterbeteiligungsgesellschaft anders als bei der auf das Betreiben eines Handelsgewerbes ausgerichteten und damit dynamischeren stillen Gesellschaft5. Daher erscheint es richtiger, für die Unterbetei1 Vgl. im Einzelnen Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 174 ff. 2 Zur Einzelzwangsvollstreckung siehe Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 280, 281. 3 Paulick, ZGR 1974, 253 (283); Wagner, Unterbeteiligung an einem OHG-Anteil, S. 143; Friehe, Unterbeteiligung bei Personengesellschaften, S. 75; K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 236 HGB Rz. 45, der zwischen einer typischen und atypischen Unterbeteiligung differenziert; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5803 Nr. 69). 4 Auch die in diesem Zusammenhang oft angeführten Entscheidungen des RG v. 11.10.1905 – I 140/05, JW 1905, 719 und des BGH v. 18.12.1954 – II ZR 177/53, BB 1955, 331 gehen nicht von einem solchen Prinzip aus; dazu Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 276 f. 5 Ausführlicher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 277 ff.
Blaurock 895
30.65
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
ligungsgesellschaft die Anwendbarkeit von § 236 HGB zu verneinen und es bei der Regelung des § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO zu belassen, wonach die Auseinandersetzung in vollem Umfange1 außerhalb des Insolvenzverfahrens zu erfolgen hat. Der Unterbeteiligte kann danach unbeeinträchtigt vom Insolvenzverfahren die auf ihn entfallende Quote des Abfindungs- und Liquidationsbetrages verlangen, der nach der Auseinandersetzung zwischen dem Insolvenzverwalter und den übrigen Hauptgesellschaftern dem Gemeinschuldner zufließt.
X. Zusammenfassung
30.66 Die Unterbeteiligung ist eine Innengesellschaft, deren Bezugspunkt ein Gesellschaftsanteil ist und die somit eine mittelbare Unternehmensbeteiligung ermöglicht. Man unterscheidet typische, auf Gewinnbeteiligung beschränkte Unterbeteiligungen von atypischen Unterbeteiligungen, die zusätzlich an der Wertveränderung des Anteils teilhaben lassen oder Geschäftsführungsbefugnisse gewähren, mithin die steuerrechtlich relevante Mitunternehmerstellung vermitteln. Eine mehrgliedrige Unterbeteiligung ist möglich. Rechtsgrundlage sind die §§ 705 ff. BGB, soweit sie kein Gesamthandsvermögen voraussetzen. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die stille Gesellschaft ist im Einzelfall zu prüfen. Der Abschluss des Unterbeteiligungsvertrages bedarf nicht der Genehmigung durch die Hauptgesellschaft oder ihrer Gesellschafter. Mit der neuen Rechtsprechung des BGH kann ein formnichtiges Schenkungsversprechen durch den Vollzug der Unterbeteiligung geheilt werden, wenn es sich um die Zuwendung einer „atypischen“ Unterbeteiligung handelt. Der Vertragsschluss ist stets genehmigungsbedürftig nach § 107 BGB und bedarf der familien- bzw. vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1822 Nr. 3 BGB, sofern die Verlustbeteiligung nicht ausgeschlossen ist. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft findet Anwendung. Der Beitrag des Unterbeteiligten liegt darin, dass der Teil des Gesellschaftsanteils, welcher der Unterbeteiligung entspricht, im Vermögen des Hauptbeteiligten belassen wird. Eine darüberhinausgehende Einlageleistung ist nicht erforderlich. Der Entzug der Geschäftsführungsbefugnis unterliegt Besonderheiten. Stimmbindungsvereinbarungen sind zulässig. Der Unterbeteiligte hat gegenüber dem Hauptgesellschafter bei Grundlagengeschäften innerhalb der Hauptgesellschaft nur dann ein Mitspracherecht, wenn diese unmittelbar die Vereinbarungen des Unterbetei1 D.h. insbesondere auch die Auszahlung des Aktivsaldos. Die gegenteilige Meinung, die diesen Auszahlungsanspruch unter § 84 Abs. 1 Satz 2 InsO fasst und § 236 HGB als Spezialnorm hierzu ansieht (K. Schmidt in MünchKomm/HGB, 3. Aufl. 2012, § 236 HGB Rz. 45 i.V.m. Rz. 11; Ulbrich, Unterbeteiligungsgesellschaft an Personengesellschaften, S. 154 f.), ist unzutreffend. Vielmehr schränkt § 236 HGB den Anwendungsbereich von § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO ein, der an sich den Auszahlungsanspruch erfasst. Eben diese Einschränkung gilt bei der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht; dazu ausführlicher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 270, 275 f.; zustimmend Singhof/Seiler/Schlitt, Mittelbare Gesellschaftsbeteiligungen, S. 208 Rz. 476; Tebben, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 307 ff.
896 Blaurock
§ 30 Die Unterbeteiligung in zivilrechtlicher Sicht
ligungsvertrages berühren. Die Informationspflicht des Hauptgesellschafters richtet sich nach § 716 BGB. Ein Wettbewerbsverbot kann sich aus der Treuebindung ergeben. Die Haftung regelt sich nach allgemeinen Grundsätzen. Die Unterbeteiligung ist grundsätzlich nicht übertragbar. Gewinn- und Verlustverteilung richten sich nach der Parteivereinbarung, die Verlustbeteiligung des Unterbeteiligten kann ausgeschlossen werden. Eine ordentliche Kündigung nach § 723 Abs. 1 BGB ist jederzeit möglich. Die Kündigung durch einen Gläubiger richtet sich nach § 725 BGB. Der Tod eines Gesellschafters der Unterbeteiligung führt nur dann zur Auflösung, wenn der Hauptgesellschafter stirbt und deshalb zugleich die Hauptgesellschaft aufgelöst wird. Die §§ 726, 728 BGB finden Anwendung. Eine Umwandlung der Hauptgesellschaft kann zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht führen. Die Auflösung führt nicht zur sofortigen Vollbeendigung, sondern zunächst zu einer Abwicklungsgesellschaft. Im Falle der Insolvenz des Hauptgesellschafters findet § 236 HGB keine Anwendung. Vielmehr greift § 84 Abs. 1 Satz 1 InsO ein, so dass die Auseinandersetzung außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt.
Blaurock 897
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht Schrifttum: Barry, Sebastian, Nießbrauch an GmbH-Gesellschaftsanteilen, RNotZ 2014, 401; Biergans, Enno, Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG bei mittelbaren Leistungsbeziehungen oder mittelbaren Beteiligungen, DStR 1988, 655; Blaurock, Uwe/Berninger, Axel, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil in zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Sicht (Teil II), GmbHR 1990, 87; Blaurock, Uwe, Vollzug der unentgeltlichen Zuwendung einer neu begründeten Unterbeteiligung, NZG 2012, 521; Böwing-Schmalenbrock, Philipp, Umwandlung einer atypischen Kommandit-Unterbeteiligung in eine Direktbeteiligung, FR 2012, 121; Bürkle, Thomas/ Schaumburg, Wolfgang, Entwarnung für die Gestaltung der Unternehmensnachfolge mit atypischer Unterbeteiligung, DStR 1998, 558; Carlé, Dieter/Fuhrmann, Claas, Unentgeltliche Begründung, Übertragung und Beendigung von Treuhandverhältnissen sowie von Anteilen an mitunternehmerischen Innengesellschaften, FR 2006, 749; Carlé, Thomas, Die Unterbeteiligung, EStB 2012, 14; eKommentar GewStG, bearbeitet von Bös u.a., Teil der Stotax-First-Datenbank; Felix, Günther, Unterbeteiligungen aus der Sicht der Steuerberatung, KÖSDI 1985, 5791 und KÖSDI 1987, 6918; Felix, Günther, Unterbeteiligung nichttätiger Abkömmlinge an Familiengesellschaften mbH, DStZ 1988, 102; Gorski, Hans Günter, Von der Begünstigung der Unternehmer bei der Einkommensteuer, DStZ 1993, 613; Haas, Ingeborg, Die Unterbeteiligung als Gestaltungselement, GStB 2004, 406; Hannes, Frank/Otto, Thomas, Der Treuhand-Erlass – eine Verwaltungsanweisung contra legem?, ZEV 2005, 464; Helmschrott, Hans, Das Verfahren bei stillen Gesellschaften und Unterbeteiligungen, SteuerStud 1990, 129; Hohaus, Benedikt, Die atypische Unterbeteiligung an einer GmbH – Wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 AO?, GmbHR 2002, 883; Kempermann, Michael, Unterbeteiligte als „andere Unternehmer“ i.S. des § 15 Abs. 5 EStG, FR 1998, 248; Kempermann, Michael, Zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei mitunternehmerischer Unterbeteiligung, FR 2002, 154; Knobbe-Keuk, Brigitte, Bilanzund Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993; Krauß/Meichelbeck, Unternehmensnachfolge bei minderjährigen Kindern, DB 2015, 2114; Kraus, Eva-Maria, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, Berlin 2015 (Diss. Bonn 2015); Kühne, Eberhardt/Rehm, Christian, Die Unterbeteiligung als Gestaltungsinstrument der Unternehmensnachfolge, NZG 2013, 561; Maetz, Phillipp, Ausgewählte ertragsteuerliche Problemkreise bei atypischen Unterbeteiligungen, DStR 2015, 1844; Märkle, Rudi, Die Unterbeteiligung an Einkunftsquellen, DStZ 1985, 471, 508 (533); Märkle, Rudi, Doppelstöckige Personengesellschaften im Ertragsteuerrecht nach dem Beschluss des Großen Senats GrS 7/89, StbJb. 1991/92, 247; Martens, Angela, Die steuerliche Einordnung der atypischen Unterbeteiligung an Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, BB 2005, 1660; Mühlhaus, Günter, Die Unterbeteiligung als Gestaltungsmittel bei Familiengesellschaften, EStB 2009, 276 ff.; Neufang, Bernd, Die so genannten Innengesellschaften – ein Rechtsinstrument zur Optimierung der Unternehmensform, INF 1987, 8; Ottersbach, Jörg H., Anmerkung zum Urteil des BFH v. 2.10.1997 (IV R 75/96), FR 1999, 201; Pickhardt-Poremba, Natalie/Engelsing, Lutz, Unterbeteiligungen an gewerblich und an nur vermietend und verpachtend tätigen Personengesellschaften, DStZ 2000, 281; Pönicke, Astrid/Bünning, Martin, Aktuelles zu Managementbeteiligungen – insbesondere in der Form von Unterbeteiligungen, BB 2014, 2717; Pupeter, Alexander, Der Unterbeteiligte als „virtueller“ Gesellschafter einer GmbH, GmbHR 2006, 910; Richter, Wolfgang/Fürwentsches, Alexander, Unentgeltliche Übertragung von Treuhand-Kommanditanteilen, DStR 2010, 2070 ff.; Schindhelm, Malte/Pickhardt-Poremba, Natalie/Hilling, Jürgen, Das zivil- und steuerrechtliche Schicksal der Unterbeteiligung bei Umwandlung der Hauptgesellschaft, DStR 2003, 1444 ff. und 1469 ff.; Schmidt, Ludwig, Unmittelbare Leistung bei mittelbarer Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft in der Form einer atypischen Unterbeteiligung, StuW 1988, 245; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft, DB 1987, 551; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die Unterbeteiligung in der steuerlichen Rechtsprechung, NJW 1983, 2362; Schulze zur Wiesche, Dieter, Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil, GmbHR 1986, 236; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die GmbH & Still nach dem Korb II Gesetz, BB 2004, 1363; Schulze zur Wiesche, Dieter, Die atypische Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil, GmbHR 2006, 630; Seer, Roman, Die ertragssteuerliche Behandlung der doppelstöckigen Personengesellschaft unter besonderer Berücksichtigung
898 Levedag/Lamprecht/Wachter
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht des Steueränderungsgesetzes 1992, StuW 1992, 35; Strnad, Oliver, Was gilt für Unterbeteiligungen nach der Suhrkamp-Entscheidung des BGH?, ZEV 2012, 394; Sterner, Friedrich, Nochmals: „Unterbeteiligung an Einkunftsquellen“, DStZ 1986, 66; Sterner, Friedrich, Kapitaleinkünfte durch Veräußerung einer stillen Beteiligung?, BB 1983, 2176; Uelner, Adalbert/Dankmeyer, Udo, Die Verrechnung von Verlusten mit anderen positiven Einkünften nach dem Änderungsgesetz vom 20.8.1980 (sog. § 15a-Gesetz), DStZ 1981, 12; Volb, Helmut, Unternehmensteuerreform 2008, 2007; Wacker, Roland, Zu den Merkmalen des wirtschaftlichen Eigentums bei Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen, HFR 2006, 42; Werner, Rüdiger, Die Unterbeteiligung als Instrument der Unternehmensnachfolge, ZEV 2015, 194; Worgulla, Niels, Die Unterbeteiligung an Kapitalgesellschaften im System der Abgeltungsteuer, DB 2009, 1146; Worgulla, Niels, Stille Gesellschaften, partiarische Darlehen und Unterbeteiligungen, NWB 2010, 3182.
I. Einleitung Für die steuerrechtliche Behandlung der Unterbeteiligung ist wie bei der stillen Gesellschaft die Unterscheidung zwischen typischer und atypischer Unterbeteiligung grundlegend. Für die zivilrechtlichen Rahmenbedingungen und Einsatzfelder von Unterbeteiligungen1 wird auf § 30 Bezug genommen. Ausgangspunkt der Betrachtung ist auch ertragsteuerrechtlich, dass die Unterbeteiligung als Vereinbarung zwischen dem Gesellschafter einer Kapital- oder Personengesellschaft gegen Einlage eines Dritten in das Vermögen des Hauptbeteiligten und zum Erreichen eines gemeinsamen Zwecks als Innengesellschaft anzusehen ist, die typisch oder atypisch ausgestaltet sein kann (siehe Rz. 30.01). In beiden Varianten handelt es sich um eine schuldrechtliche Beziehung zwischen dem Haupt- und dem Unterbeteiligten, die zu dessen mittelbarer Unternehmensteilhabe, nicht aber zu einer dinglichen Mitbeteiligung am Gesellschaftsanteil selbst führt (siehe Rz. 30.02)2. Steuerrechtlich steht die Unterbeteiligung „in Konkurrenz“ zu anderen Instrumenten (Nießbrauch/ Treuhand), mit denen die Verlagerung von Einkünften auf Dritte bewirkt werden kann3. Bei der Abgrenzung von typischen und atypischen Unterbeteiligung geht es um die Unterscheidung von rein kapitalistisch ausgestalteten Unterbeteiligungsverhältnissen zu solchen, die dem mittelbar Beteiligten im Innenverhältnis ein Unternehmerrisiko aufbürden bzw. Unternehmerinitiative gewähren und ihn damit zum Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG werden lassen (Rz. 30.16 und 30.17). Diese Unterscheidung hat für die steuerrechtliche Behandlung weitreichende Konsequenzen, da in den Fällen atypischer Unterbeteiligungen der Unterbeteiligte einen eigenen Mitunternehmeranteil (an der Unterbeteiligungsgesellschaft, siehe Rz. 31.18) oder wirtschaftliches Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil (siehe Rz. 31.53)
1 Zum Einsatz in der Unternehmensnachfolge siehe aktuell Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 2114; Werner, ZEV 2015, 194; Maetz, DStR 2015, 1844 (1844); zu Managementbeteiligungen in Form der Unterbeteiligung siehe Pönicke/Bünning, BB 2014, 2717. Siehe auch Rz. 30.03–30.07. 2 Schindhelm/Pickhardt-Poremba/Hilling, DStR 2003, 1444 (1445). Die Unterbeteiligung ist von der stillen Beteiligung abzugrenzen, indem es dort um die Beteiligung an einem Handelsgewerbe oder Geschäftszweig geht (siehe Rz. 30.09). 3 Siehe Rz. 30.09 f. mit Abgrenzung zur Treuhand sowie Barry, RNotZ 2014, 401 (403) zur Abgrenzung der Unterbeteiligung vom Nießbrauch an einem GmbH-Gesellschaftsanteil; Krauß/ Meichelbeck, DB 2015, 2114 zur Schenkung einer atypischen Unterbeteiligung mit abschmelzendem Nießbrauchsvorbehalt.
Levedag
899
31.1
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
hält. Mittlerweile wird diese Sichtweise auch der erbschaftsteuerrechtlichen Betrachtung zugrunde gelegt1. Die Behandlung beider Fallgestaltungen wird nachfolgend getrennt dargestellt. Zunächst erfolgt eine Darstellung der ertragsteuerlichen Folgen typisch und atypisch stiller Unterbeteiligung natürlicher Personen (Rz. 31.2 ff.), danach die Behandlung der Unterbeteiligung bei der Körperschaft- und Gewerbesteuer (Rz. 31.80 ff. bzw. 31.83 ff.) und abschließend im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (Rz. 31.90 ff.).
II. Unterbeteiligungen natürlicher Personen im Ertragsteuerrecht 1. Die typische Unterbeteiligung im Privat- oder Betriebsvermögen a) Die steuerliche Behandlung beim Unterbeteiligten
31.2 Die typische Unterbeteiligung ist dadurch gekennzeichnet, dass bei Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses der Unterbeteiligte regelmäßig keinen Abfindungsanspruch hat, der ihm eine Beteiligung an den stillen Reserven einräumt, die dem Hauptbeteiligten an der jeweiligen Gesellschaft aufgrund der unmittelbaren Beteiligung zusteht. Der Abfindungsanspruch des Unterbeteiligten ist auf die Rückzahlung der geleisteten Einlage zuzüglich noch nicht ausgezahlter Gewinnanteile beschränkt (Rz. 30.16). Die typische Unterbeteiligung erstreckt sich also nicht auf die Wertänderungen des Hauptgesellschaftsanteils, die wiederum maßgeblich von der Wertänderung des Betriebsvermögens der Hauptgesellschaft und der Entwicklung des Geschäftswertes beeinflusst wird. Da der in dieser Form Unterbeteiligte somit nicht mittelbar am Geschäftsrisiko des Hauptgesellschafters partizipiert, ist seine Beteiligung eine rein kapitalistische. Hält er die Unterbeteiligung im Privatvermögen, so sind die ihm aus der vermögensverwaltenden Innengesellschaft zufließenden Gewinnanteile als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu besteuern2, ohne Rücksicht darauf, welche Einkunftsart der Hauptbeteiligte verwirklicht. Während diese Einkünfte des typisch Unterbeteiligten bis zum Veranlagungsjahr 2008 dem progressivem Regeltarif (§ 32a EStG) unterlagen, ist ab dem Veranlagungszeitraum 2009 im Regelfall die Abgeltungsteuer nach § 32d Abs. 1 EStG anzuwenden, es sei denn, einer der Ausnahmetatbestände des § 32d Abs. 2 EStG greift ein (siehe Rz. 22.266). Ist die Unterbeteiligung Bestandteil eines Betriebsvermögens des Unterbeteiligten, so sind wegen § 20 Abs. 8 EStG die Vergütungen des typisch still Unterbeteiligten betriebliche Einkünfte in diesem Betrieb (siehe Rz. 22.182).
1 Die FinVerw. hatte angenommen, bei unentgeltlichem Erwerb einer atypisch stillen Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil werde kein gemäß §§ 13a, 13b ErbStG begünstigungsfähiger Mitunternehmeranteil übertragen (Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, 11.1.2008 – 34-S 3811-035-38956/07, Tz. 4; Neuregelung durch Bayerisches Staatsministerium der Finanzen, 23.3.2009 – 34-S 3811-035-11256/09, Tz. 4). Siehe Viskorf/Haag, ZEV 2012, 24 (25). 2 H.M., vgl. BFH v. 28.11.1990 – I R 111/88, BFHE 163, 69 = BStBl. II 1991, 313; Intemann in HHR, EStG/KStG, § 20 EStG Rz. 156, 159; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 411; Märkle, DStZ 1985, 508 (509).
900 Levedag
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Erwerb der Unterbeteiligung und andere Aufwendungen, die durch das Halten der Unterbeteiligung veranlasst sind, stellen je nach Zugehörigkeit der Unterbeteiligung zum Privat- oder Betriebsvermögen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben dar. Übersteigen diese Kosten anfänglich die Gewinnanteile, stellte dies in den Veranlagungszeiträumen bis Ende 2008 in der Regel noch nicht die Einkünfteerzielungsabsicht in Frage, wenn sich aus den Umständen erkennen ließ, dass die Beteiligung nicht auf Dauer zu einem Missverhältnis von Ertrag und Belastung führte1. Bis zur Höhe des Einlagekapitals zählten auch Verlustanteile zu den Werbungskosten/Betriebsausgaben, da die Übernahme des Verlustrisikos der Erzielung von Einnahmen i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bzw. § 4 Abs. 4 EStG diente (siehe Rz. 22.240)2.
31.3
Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten bei Kapitaleinkünften ausgeschlossen ist und nur noch ein Sparerpauschbetrag i.H. von 801 Euro/1602 Euro abziehbar ist, § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG (vgl. Rz. 22.235 ff.). Die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht ist daher in den Veranlagungszeiträumen ab 2009 m.E. nicht mehr erheblich. Für die die Einlage übersteigenden Verluste, die dem typisch still Unterbeteiligten zugewiesen werden (Rz. 30.55), ist gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ebenfalls die Vorschrift des § 15a EStG sinngemäß anzuwenden (siehe Rz. 22.242 ff.). Die Verlustanteile, die im Verlustentstehungsjahr zu einem negativen Kapitalkonto führen oder ein solches erhöhen, können nicht mit positiven anderen Einkünften verrechnet werden3. Auch ein Verlustabzug nach § 10d EStG ist nicht möglich. Der verrechenbare Verlust mindert aber spätere Gewinnanteile des Unterbeteiligten, die zur Auffüllung der Einlage verwendet werden4. Für die Rechtslage ab 2009 stellt sich für die Verlustzuweisung wie bei typisch stillen Beteiligungen das Problem einer Übermaßbesteuerung, wenn laufende Verlustanteile gemäß § 20 Abs. 9 EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden und sich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Unterbeteiligung als Veräußerungslust auswirken könnten (siehe Rz. 22.223 f., 22.240)5.
31.4
Fällt der Unterbeteiligte mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Einlage gegen den Hauptbeteiligten wegen dessen Insolvenz aus (siehe zum Zivilrecht Rz. 30.65), sind in den Veranlagungszeiträumen bis Ende 2008 keine Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig (siehe auch Rz. 22.202, 22.215). Im Ergebnis gilt dies nach Auffassung der Finanzverwaltung auch für die Rechtslage ab 2009, allerdings liegt insoweit noch keine Klärung durch den BFH vor.
31.5
Soweit die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird, bei dem die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG erfolgt, gilt das Zu- und Abflussprinzip (§ 11
31.6
1 Vgl. BFH v. 23.3.1982 – VIII R 132/80, BStBl. II 1982, 463 (464); BFH v. 9.8.1983 – VIII R 276/82, BFHE 139, 257 = BStBl. II 1984, 29 (30). 2 BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BStBl. II 1988, 186; Märkle, DStZ 1985, 508 (509); vgl. zum gleich gelagerten Fall bei der stillen Gesellschaft Rz. 22.242 und FG München v. 5.11.1980 – V (IX) 57/76 E 2, EFG 1981, 341. 3 Zur Anwendung des § 15a Abs. 5 EStG bei der Unterbeteiligung, Kempermann, FR 1998, 248. 4 Zur Rechtslage bis Ende 2008 siehe Märkle, DStZ 1985, 508 (509); sowie BMF v. 31.8.1981 – IV B 4 S-2252 – 71/81, FR 1981, 508; Uelner/Dankmeyer, DStZ 1981, 12 (21 f.). 5 Zustimmend Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 158.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
EStG). Die Besteuerung der Vergütungen erfolgt in dem Veranlagungszeitraum, in dem der Unterbeteiligte den Gewinn tatsächlich vereinnahmt1. Verlustanteile bis zur Höhe der Einlage bzw. ohne Erhöhung eines bestehenden negativen Kapitalkontos sind in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem der Verlust in der Hauptgesellschaft bilanziell festgestellt ist, da erst dann ersichtlich ist, welchen Anteil der Hauptbeteiligte zu tragen hat (siehe zur typisch stillen Gesellschaft Rz. 22.241).
31.7 Ist die Unterbeteiligung bei dem typisch Unterbeteiligten Bestandteil eines Gewerbebetriebes, für den der Gewinn nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 EStG ermittelt wird, so ist der Gewinn- oder Verlustanteil wie bei der typisch stillen Beteiligung phasengleich zur Bilanz des Hauptbeteiligten oder der Gesellschaft zu erfassen (vgl. Rz. 22.256)2.
31.8 Besteht am Anteil eines atypischen stillen Gesellschafters wiederum eine typische Unterbeteiligung (zur Zulässigkeit siehe Rz. 30.01), so hat der stille Gesellschafter demnach seinen Gewinnanteil gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG bereits in dem Jahr zu versteuern, für das der Gesamtgewinn der atypischen stillen Gesellschaft festgestellt wird, wohingegen der Unterbeteiligte erst im Jahr des Zuflusses gemäß § 11 EStG Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt.
31.9 Bei Unterbeteiligungen, die vor dem 1.1.2009 erworben oder begründet wurden, führt die Auflösung der typischen Unterbeteiligung zur Rückzahlung der Einlage. Dieser Vorgang führt nicht zu steuerbaren Einkünften des Unterbeteiligten (Rz. 22.202 f.). Bekommt er mehr ausgezahlt als seine ursprüngliche Einlage, so kann das nach der BFH-Rechtsprechung3 zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG auf Seiten des Unterbeteiligten, soweit der Mehrerlös durch die Kapitalüberlassung an den Hauptbeteiligten veranlasst ist (Rz. 22.203). Beim Hauptbeteiligten sind die Vergütungen insoweit Werbungskosten/Betriebsausgaben. Ist die Einlage bei Rückzahlung vermindert, so führt dies in der Regel zu einkommensteuerlich nicht relevanten Verlusten auf der Vermögensebene, wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird (Rz. 22.202).
31.10 Keine steuerbaren Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG werden vom Unterbeteiligten erzielt, wenn ein ausgezahlter Mehrbetrag nicht als Entgelt für Überlassung der Einlage oder als Entschädigung für entgangene zukünftige Gewinnanteile, sondern als Gegenleistung für die Zustimmung zur vorzeitigen Vertragsauflösung durch einen „lästigen“ Unterbeteiligten gezahlt wird. In diesem Fall ist diese Zahlung nicht Ausfluss der Kapitalüberlassung und daher weder als besonderes Entgelt i.S. von § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG noch als sonstige Einnahme i.S. des § 22 Nr. 3 EStG steuerbar4.
31.11 Mehrerlöse bei Veräußerung von vor dem 1.1.2009 erworbenen oder begründeten Unterbeteiligungen, die für die Übertragung der Substanz der Beteiligung gezahlt werden, sind ebenso wenig zu berücksichtigen wie Mindererlöse (Rz. 22.202, 22.215). Der 1 BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BStBl. II 1988, 186 = GmbHR 1988, 81 (82). 2 BFH v. 27.3.2012 – I R 62/08, BFHE 236, 543 = BStBl II 2012, 745; Bärwaldt in Beck’sches Handbuch Personengesellschaft, § 15 Rz. 57. 3 BFH v. 1.6.1978 – IV R 139/73, BFHE 125, 386 = BStBl. II 1978, 570; BFH v. 14.2.1984 – VIII R 126/82, BFHE 141, 124 = BStBl. II 1984, 580; BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, DStR 2006, 2206 (2207); ebenso Sterner, BB 1983, 2176; Märkle, DStZ 1985, 533 (534). 4 Niedersächsisches FG v. 1.12.2005 – 11 K 127/03, DStRE 2006, 1517 (1517 f.) (rkr.). Siehe zur typisch stillen Beteiligung Rz. 22.205.
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BFH hat allerdings eine Ausnahme für den Fall angenommen, dass im Mehrerlös nicht zugeflossene Gewinnanteile für ein schon abgelaufenes Wirtschaftsjahr enthalten sind1. Mehr- oder Mindererlöse sind dagegen stets positive oder negative Einkünfte, wenn die Unterbeteiligung zum Betriebsvermögen des Unterbeteiligten gehört (Rz. 22.217)2. In der Kündigung und Auflösung einer vor dem 1.1.2009 erworbenen oder begründeten typischen Unterbeteiligungen stillen Unterbeteiligung ist wie bei der typisch stillen Gesellschaft3 keine Veräußerung zu sehen (Rz. 22.216). Resultiert ein Auflösungsgewinn daraus, dass die stille Unterbeteiligung gegen eine geringe Einlage erworben wurde und innerhalb der Spekulationsfrist ein wesentlich höheres Auseinandersetzungsguthaben vom Hauptbeteiligten gewährt wird, so ist der über die Einlage hinausgehende Betrag weder Entgelt für die Nutzungsüberlassung (bei den Kapitaleinkünften) noch Veräußerungsentgelt (Spekulationsgewinn). Anders wäre dies bei einem Veräußerungsgewinn.
31.12
Bei Unterbeteiligungen, die nach dem 31.12.2008 erworben wurden, führen sowohl ein Veräußerungs- als auch ein Auflösungsgewinn unabhängig von einer Behaltensfrist zu steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Satz 2 EStG n.F. (vgl. Rz. 22.218 ff. zur typischen stillen Gesellschaft)4. Dementsprechend sind Mindererlöse als Verluste gemäß § 20 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen (siehe aber Rz. 31.4 zur Neutralisierung des Veräußerungsverlusts durch laufende Verlustanteile). Die Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG führt dazu, dass bei Anwendung der Abgeltungsteuer keine Verrechnungsmöglichkeit des Verlusts mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten besteht (siehe Rz. 22.261, 22.299, 22.302).
31.13
b) Die steuerliche Behandlung beim Hauptbeteiligten Für den Hauptgesellschafter sind die Gewinnanteile des typisch Unterbeteiligten Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben, die durch die Einkünfte aus der Hauptbeteiligung veranlasst sind. Für den Fall, dass der Hauptgesellschafter Mitunternehmer in einer Personengesellschaft ist, können die abgeführten Gewinnanteile nur in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft als Sonderbetriebsausgaben festgestellt werden5. Streitig ist, ob wegen der Bindungswirkung der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft für die EStVeranlagung des Hauptbeteiligten (§§ 170, 182 AO) eine Berücksichtigung dieses Aufwands nur als Sonderbetriebsausgabe in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung möglich ist. Für den Fall, dass die Unterbeteiligung geheim gehalten werden soll, wird vertreten, die ausnahmslose Bindung an das Gewinnfeststellungs1 BFH v. 11.2.1981 – I R 98/76, BFHE 133, 35 = BStBl. II 1981, 465; dazu Märkle, DStZ 1985, 533 (534) sowie gegen ihn Sterner, DStZ 1986, 66; siehe auch Rz. 22.218 ff. 2 Zur Veräußerung der Hauptbeteiligung bzw. Liquidation der Hauptgesellschaft siehe Märkle, DStZ 1985, 533 (534). 3 BFH v. 18.10.2006 – IX R 7/04, DStR 2006, 2206 (2207). 4 M.E. ist die typische Unterbeteiligung ebenso zu behandeln und § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG n.F. analog anzuwenden. So auch Volb, Unternehmensteuerreform 2008, S. 133. 5 Siehe AEAO Nr. 1 zu § 180; Nr. 5 zu § 179 unter Verweis auf BFH v. 9.11.1988 – I R 191/84, BStBl. II 1989, 343; Grürmann, BB 1978, 1204.
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31.14
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
verfahren der Hauptgesellschaft lasse das legitime Geheimhaltungsinteresse des Hauptbeteiligten1 außer Betracht, ohne dass hierfür ein zwingender Grund vorliege; denn die Berücksichtigung bei der ESt-Veranlagung des Hauptbeteiligten erfülle für den Fiskus den gleichen Zweck2. Die Gewinnanteile sollen nach dieser Ansicht daher auch bei der Steuerveranlagung des Hauptgesellschafters als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abgezogen werden können. Eine solche Ausnahme von der BFHRechtsprechung ist nicht zuzulassen3. Bei hoher Fremdfinanzierung eines Mitunternehmeranteils sind die Schuldzinsen ohne Rücksicht auf ein Geheimhaltungsinteresses des Mitunternehmers bislang ebenfalls nur als Sonderbetriebsausgabe im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu erfassen4. c) Die abgeltende Wirkung des Kapitalertragsteuerabzugs
31.15 Den Hauptbeteiligten trifft die Pflicht zum Kapitalertragsteuerabzug bezüglich der laufenden Einkünfte des typisch Unterbeteiligten. Dies gilt selbst dann, wenn die Einkünfte des Hauptbeteiligten ihrerseits dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen. Der Hauptgesellschafter muss stets von dem ausgeschütteten Betrag, den er dem typischen Unterbeteiligten überlässt, seinerseits den Kapitalertragsteuerabzug vornehmen5.
31.16 Bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2008 kann der Unterbeteiligte die für seine Rechnung abgeführte Kapitalertragsteuer bei seiner Steuerveranlagung gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG anrechnen, soweit er unbeüschränkt steuerpflichtig ist6. Die Anrechnung gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG findet auch in Veranlagungszeiträumen ab 2009 statt, soweit die Kapitaleinkünfte nicht der Abgeltungsteuer unterliegen, etwa weil die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten wird (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG) oder ein Ausnahmetatbestand nach § 32d Abs. 2 EStG eingreift (Rz. 22.266).
31.17 Bei Unterbeteiligungen, die weder in einem Betriebsvermögen gehalten werden noch der Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 EStG unterliegen, hat der Kapitalertragsteuerabzug i.H. von 25 % ab dem Veranlagungsjahr 2009 für den Unterbeteiligten abgeltende Wirkung7, § 43 Abs. 5 Satz 1 EStG (Rz. 22.288).
1 Die Einräumung einer Unterbeteiligung wird außerhalb der Nachfolgeplanung oft als Finanzierungsinstrument in der Weise eingesetzt, dass der Kapitalgeber des Hauptbeteiligten zur Sicherung seines Darlehensanspruchs eine Unterbeteiligung erhält, siehe Maetz, DStR 2015, 1844 (1845). 2 BFH v. 29.8.1973 – I R 26/71, BFHE 110, 315 = BStBl. II 1974, 62 (63); Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 343 ff.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5797 Nr. 30); Märkle, DStZ 1985, 508 (510); Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 60–63; Fella, BB 1976, 784 (785); Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 (2364); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 160. 3 Siehe auch BFH v. 5.11.1973 – GrS 3/72, BFHE 112, 1, BStBl. II 1974, 414; BFH v. 3.12.1991 – VIII R 64/87, BFH/NV 1992, 515. 4 Zur BFH-Rechtsprechung siehe Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 63. 5 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 158. 6 Zur beschränkten Steuerpflicht siehe Rz. 29.11 ff. 7 Siehe zur Veranlagung der Einkünfte aus Kapitalvermögen ab Rz. 22.294 ff.
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2. Die atypische Unterbeteiligung natürlicher Personen an einem Mitunternehmeranteil a) Die atypische Unterbeteiligung als Mitunternehmerschaft aa) Definition der atypisch stillen Unterbeteiligung Die atypische Unterbeteiligung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Unterbeteiligte nicht nur an den laufenden Erträgen des Hauptbeteiligten aus der Beteiligung teilhat, sondern dass das auf Teilhabe an den stillen Reserven gerichtete Auseinandersetzungs- und Abfindungsguthaben des Unterbeteiligten in gleicher Weise wie das des Hauptbeteiligten ausgestaltet ist1. Die Unterbeteiligung vermittelt in diesen Fällen eine Teilhabe an den Wertveränderungen des Anteils des Hauptbeteiligten. Die Rechtsprechung des BFH definiert die atypisch stille Unterbeteiligung in der Weise, dass der Unterbeteiligte nicht nur am Gewinn und bis zur Höhe seiner Einlage auch am Verlust beteiligt ist, sondern sich seine Beteiligung ebenso wie die des Hauptbeteiligten auch auf die stillen Reserven einschließlich eines eventuellen Geschäftswerts erstreckt, es sei denn, der Hauptbeteiligte kann den Unterbeteiligten gegen eine Abfindung, die nicht anteilig die stillen Reserven einschließlich des Geschäftswerts der Hauptbeteiligung berücksichtigt, ohne Weiteres aus der Unterbeteiligungsgesellschaft hinausdrängen2. Der atypische Unterbeteiligte kann sich am Mitunternehmeranteil eines Hauptbeteiligten beteiligen. Dies hat zur Folge, dass eine doppelstöckige Struktur entsteht. Der atypisch Unterbeteiligte und der Hauptbeteiligte sind Mitunternehmer der Unterbeteiligungsgesellschaft mit dem Mitunternehmeranteil des Hauptbeteiligten als fiktivem Gesamthandsvermögen3 und die Unterbeteiligungsgesellschaft ist daher – neben den anderen unmittelbar beteiligten Mitunternehmern – Mitunternehmerin der „Hauptgesellschaft“4. Diese Auffassung wird zwar kritisiert5, jedoch hat der BFH zuletzt diese Würdigung indirekt nochmals bestätigt, indem er den atypisch stillen Gesellschafter, der sich an der eigenen Personengesellschaft als stiller Gesellschaft beteiligt hat, ebenfalls als Mitunternehmer in einer doppelstöckigen Mitunternehmerschaft betrachtet hat (siehe Rz. 22.98, 26.29). Die atypisch stille Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil führt hingegen zur Erlangung wirtschaftlichen Eigentums des Unterbeteiligten an den Anteilsrechten des Hauptbeteiligten6.
1 2 3 4
Maetz, DStR 2015, 1844 (1845). BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BStBl. II 2002, 460. Zur Anwendung der Spiegelbildmethode siehe Rz. 22.32. BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BFHE 184, 418, BStBl. II 1998, 137; Maetz, DStR 2015, 1844 (1846); Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 22114 (2116); Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (122); Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 428 (Stand: 05/2013). 5 Kritisch Schulze zur Wiesche, DB 1987, 551; ablehnend auch Gorski, DStZ 1993, 613 (619); Pickhardt-Poremba/Engelsing, DStZ 2000, 281 (285); Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 430. 6 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl. II 2005, 857. Zur Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil siehe Rz. 31.54 ff.
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31.18
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
bb) Anforderungen an die Mitunternehmerstellung des atypisch Unterbeteiligten
31.19 Ob der Hauptbeteiligte einen Mitunternehmeranteil hält und die Unterbeteiligung ihrerseits mitunternehmerisch ausgestaltet ist, richtet sich nach den allgemeinen Kriterien für den Mitunternehmerbegriff (dazu Rz. 20.68 ff.). Erforderlich sind eine hinreichende Mitunternehmerinitiative und die Übernahme eines Mitunternehmerrisikos. Der Unterbeteiligte muss gegenüber dem Hauptbeteiligten vergleichbare Rechte wie ein atypisch stiller Gesellschafter oder wie ein Kommanditist nach dem Regelstatut des HGB haben1.
31.20 Mitunternehmerrisiko trägt der Unterbeteiligte in der Regel, wenn er an dem Substanzwert des Hauptgesellschaftsanteils und damit mittelbar an der Substanz des Vermögens der Hauptgesellschaft, wenn auch nur schuldrechtlich, beteiligt ist. Erforderlich ist damit grundsätzlich eine mittelbare und kongruente Beteiligung des Unterbeteiligten am Geschäftswert und den stillen Reserven der Hauptgesellschaft, in dem Umfang, den der Mitunternehmeranteil des Hauptbeteiligten diesem über den Auseinandersetzungs- und Abfindungsanspruch gegenüber der Gesellschaft vermittelt2.
31.21 Hinsichtlich der Mitunternehmerinitiative ist erforderlich und ausreichend, wenn dem Unterbeteiligten Kontrollrechte eingeräumt werden, die den gesetzlichen Kontrollrechten des stillen Gesellschafters gemäß § 233 HGB in der Unterbeteiligungsgesellschaft entsprechen3. Ob dies der Fall ist, muss nach den Umständen des Einzelfalls und den in der Rechtsprechung des BFH entwickelten Kriterien beurteilt werden. So wurde vom II. Senat des BFH eine Verknüpfung mitgliedschaftlicher Rechte wie Stimm-, Verwaltungs- und Kontrollrechte mit den vermögensrechtlichen Ansprüchen auf Teilhabe am Gewinn und Liquidations- oder Abfindungserlös für die Begründung einer atypisch stillen Unterbeteiligung verlangt. Im Schrifttum wurde gefordert, die Mitverwaltungsrechte des Unterbeteiligten müssten auch in der Hauptgesellschaft wirksam werden4.
31.22 Ob strenge oder weniger strenge Anforderungen an das Mitunternehmerrisiko und die Mitunternehmerinitiative gestellt werden, hängt jedoch von der Vorfrage ab, ob
1 Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 430 (Stand: 05/2013); Maetz, DStR 2015, 1844 (1846). 2 So BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269; BFH v. 27.5.1993 – IV R 1/92, BFHE 171, 510 = BStBl. II 1994, 700; BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BStBl. II 2002, 460; vgl. bereits Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 301. 3 Aus der älteren Rspr. siehe BFH v. 24.7.1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54; siehe auch BFH v. 18.3.1982 – I R 127/78, BFHE 135, 464 = BStBl. II 1982, 546; BFH v. 3.5.1979 – IV R 153/58, BFHE 127, 538 (541) = BStBl. II 1979, 515. Nunmehr gelten die in BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635, und BFH v. 16.12.2003 – VIII R 6/93, BFH/NV 2004, 973 aufgestellten Grundsätze; siehe auch Haep in HHR, EStG/KStG, § 15 EStG Rz. 430 (Stand 05/2013). 4 Dazu näher Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 302 ff.: Es genüge nicht, dass der Einfluss des Unterbeteiligten sich auf die Innengesellschaft beschränke, da das Halten des Mitunternehmeranteils allein noch keine gewerbliche Tätigkeit darstelle, dem Unterbeteiligten also keine gewerblichen Einkünfte vermitteln könne. Erst wenn der – mittelbare – Einfluss in die das Gewerbe betreibende Hauptgesellschaft hineinreiche, könne man von einer Mitunternehmerinitiative sprechen.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
man nur eine unmittelbare Mitunternehmerstellung des atypisch Unterbeteiligten in der Hauptgesellschaft für möglich hält oder ob die Unterbeteiligungsgesellschaft als weitere Mitunternehmerschaft neben der Hauptgesellschaft eingestuft wird. Nach zutreffender h.M. in Rechtsprechung1 und Schrifttum2 liegen in der Regel zwei getrennte Mitunternehmerschaften vor. Es wird durch die Einräumung der atypischen Unterbeteiligung eine Unterbeteiligungsgesellschaft errichtet, die Obergesellschaft gegenüber der Hauptbeteiligungsgesellschaft ist, d.h. es wird eine doppelstöckige Personengesellschaftsstruktur begründet (Rz. 31.18). Hieraus folgt, dass die Mitunternehmerstellung des Unterbeteiligten in dieser Unterbeteiligungsgesellschaft nur den Anforderungen an die Mitunternehmerinitiative und das -risiko genügen muss, die im Verhältnis zum Hauptbeteiligten den Rechten eines Kommanditisten gegenüber der KG vergleichbar sind3. Nur in Ausnahmefällen können nach der h.M. Unterbeteiligte als unmittelbare Mitunternehmer der Hauptgesellschaft anzusehen sein4. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Unterbeteiligte als leitender Angestellter der Hauptgesellschaft in dieser unmittelbar tätig wird5, oder wenn ihm durch den Unterbeteiligungsvertrag ein Weisungsrecht gegenüber dem Hauptgesellschafter eingeräumt worden ist. cc) Folgerungen aus dem Vorliegen einer doppelstöckigen Personengesellschaft Der atypisch Unterbeteiligte erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb, wenn er Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Unterbeteiligungsgesellschaft oder ausnahmsweise in der Hauptbeteiligungsgesellschaft ist6. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steht zudem ein mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligter Gesellschafter einer Personengesellschaft dem unmittelbaren Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebes einer Untergesellschaft anzusehen, wenn er und die Oberpersonengesellschaft, die seine Beteiligung vermittelt, jeweils als Mitunternehmer beteiligt sind. Ein Teil der Literatur7 und die
1 Vgl. BFH v. 5.11.1973 – GrS 3/72, BStBl. II 1974, 414; BFH v. 29.10.1991 – VIII R 51/84, BStBl. II 1992, 512; BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BStBl. II 1998, 137; BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BStBl. II 2002, 460; BFH v. 19.4.2007 – IV R 70/04, BStBl. II 2007, 868. 2 Siehe Maetz, DStR 2015, 1844 (1847); Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (121); KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 411; kritisch Haep in HHR, EStG/ KStG, § 15 EStG Rz. 430 (Stand 05/2013). 3 Siehe ebenso Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 2114 (2116). 4 Vgl. dazu BFH v. 22.1.1985 – VIII R 303/81, BFHE 143, 247 (250) = BStBl. II 1985, 363; BFH v. 23.1.1974 – I R 206/69, BFHE 112, 254 = BStBl. II 1974, 480; BFH v. 17.1.1964 – VI 319/63 U, BStBl. III 1965, 260; Märkle, DStZ 1985, 471 (475); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5793 Nr. 11); Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 (2363); kritisch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 411. 5 BFH v. 23.1.1974 – I R 206/69, BFHE 112, 254 = BStBl. II 1974, 480; Schulze zur Wiesche, DB 1974, 2225. 6 BFH v. 24.7.1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54; BFH v. 3.12.1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459 = DB 1992, 925. 7 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 365, 623; Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 120 (122); vgl. auch Märkle, StbJb 1991/92, 247 (281 f.); a.A. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 11 IV 5a, S. 469; Seer, StuW 1992, 35 (44); Gorski, DStZ 1993, 613 (619); Biergans, DStR 1988, 655 (658); vgl. auch die Kritik bei Schmidt, StuW 1988, 245 (249).
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31.23
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
Rechtsprechung1 wenden diese Vorschrift auch auf die atypische Unterbeteiligung an. Da der Hauptgesellschafter die Beteiligung bei der atypischen Unterbeteiligung auch für Rechnung des Unterbeteiligten hält, ist dieser als Gesellschafter der Innengesellschaft mittelbar über die Unterbeteiligungsgesellschaft als Obergesellschaft gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auch Mitunternehmer der Hauptgesellschaft (Untergesellschaft), wenn diese an ihn Sondervergütungen zahlt. Durch das JStG 2007 wurde § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG schließlich dergestalt geändert, dass als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die Tätigkeit einer Personengesellschaft gilt, wenn die Gesellschaft (hier: die Unterbeteiligungsgesellschaft) gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (aus einer anderen Mitunternehmerschaft – der Hauptbeteiligungsgesellschaft) bezieht. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes hat diese Ergänzung lediglich deklaratorischen Charakter, die Neuregelung sei daher auch für Veranlagungsjahre vor 2006 anzuwenden. Dies trifft jedoch nicht zu, der BFH hat dies in seiner Entscheidung vom 6.10.2004 zutreffend anders beurteilt.
31.24 Folgt man der herrschenden Auffassung, dass durch Begründung einer Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil eine doppelstöckige Struktur mit der Unterbeteiligungsgesellschaft als Obergesellschaft und der Hauptbeteiligungsgesellschaft als Untergesellschaft entsteht, richten sich die weiteren Rechtsfolgen danach, ob diese Gründung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt (siehe Rz. 31.30)2.
31.25 Auf die Unterbeteiligung am Anteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (§ 39 Abs. 2 AO) mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung überträgt der BFH die auf atypische Unterbeteiligungen an Personengesellschaften mit Einkünften aus Gewerbebetrieb angewandten Grundsätze nicht3. Eine Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf der Grundlage eines auf das Innenverhältnis beschränkten mitunternehmerschaftlichen Verhältnisses kommt danach nicht in Betracht. Der Unterbeteiligte kann nur Einkünfte i.S. der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielen, wenn er selbst Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtverhältnis ist. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er nach außen als Vermieter oder Verpächter auftritt4.
1 BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BFHE 184, 418 = BStBl. II 1998, 137 = DStR 1998, 203; ausdrücklich noch offengelassen in BFH v. 2.3.1995 – IV R 135/92, BFHE 177, 198 (200) = BStBl. II 1995, 531. Streitig ist, ob auf dieser Grundlage eine atypische Unterbeteiligung im Wege eines Formwechsels steuerneutral in eine Hauptbeteiligung umgewandelt werden kann, vgl. Bürkle/ Schaumburg, DStR 1998, 558; Ottersbach, FR 1999, 201 (204); verneinend Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 120 (123 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1850 f.). 2 Streitig ist etwa, ob eine atypische Unterbeteiligung im Wege eines Formwechsels steuerneutral in eine Hauptbeteiligung umgewandelt werden kann, vgl. Bürkle/Schaumburg, DStR 1998, 558; Ottersbach, FR 1999, 201 (204); verneinend Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 120 (123 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1850 f.). 3 BFH v. 3.12.1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459 = DB 1992, 925; BFH v. 17.12.1996 – IX R 30/94, BFHE 182, 170 = BStBl. II 1997, 406; Bärwaldt in Beck’sches Handbuch der Personengesellschaft, § 15 Rz. 71 f. 4 BFH v. 3.12.1991 – IX R 155/89, BStBl. II 1992, 459 = DB 1992, 925; BFH v. 17.12.1996 – IX R 30/94, BFHE 182, 170 = BStBl. II 1997, 406; kritisch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 II 4d, S. 412; Pickhardt-Poremb/Engelsing, DStZ 2000, 281.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
b) Einräumung, Auflösung und Veräußerung der Unterbeteiligung Bei der entgeltlichen Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung finden die Grundsätze für die Aufnahme eines Mitunternehmers gegen Einlage in das Gesamthandsvermögen entsprechende Anwendung. Der Vorgang ist als Einbringung des Mitunternehmeranteils des Hauptbeteiligten in die Unterbeteiligungsgesellschaft gemäß § 24 UmwStG teilweise für eigene und teilweise für fremde Rechnung (des Unterbeteiligten) zu beurteilen1. Siehe hierzu näher Rz. 26.15. Die unentgeltliche Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung führt – ähnlich der unentgeltlichen Aufnahme in ein Einzelunternehmen – zu einer Einbringung des Mitunternehmeranteils des Hauptbeteiligten in die Unterbeteiligungsgesellschaft für eigene und für fremde Rechnung. Soweit diese Einbringung für eigene Rechnung des Hauptbeteiligten erfolgt, kann § 24 UmwStG Anwendung finden, soweit der Unterbeteiligte an der Unterbeteiligungsgesellschaft beteiligt wird, findet § 6 Abs. 3 EStG Anwendung2. Damit die entgeltliche und unentgeltliche Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen können, muss die Unterbeteiligungsgesellschaft nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG beantragen, die Buchwerte fortzuführen und die durch den Mitunternehmeranteil des Hauptbeteiligten repräsentierten Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz des Einbringungsjahres mit den Buchwerten ausweisen. Siehe näher hierzu Rz. 26.5 ff.
31.26
Die Beendigung einer mitunternehmerischen Unterbeteiligung durch Ausscheiden des Unterbeteiligung und Auflösung der zweigliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft gegen eine Barabfindung stellt für den Unterbeteiligten die Veräußerung seines ganzen Mitunternehmeranteils i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG an der Unterbeteiligungsgesellschaft an den Hauptbeteiligten und für den Hauptgesellschafter einen entgeltlichen Anteilserwerb dar (siehe Rz. 22.132, 26.44). Der Veräußerungsgewinn des Unterbeteiligten kann nach § 16 Abs. 4 EStG und § 34 EStG begünstigt sein (Rz. 22.145 ff.). Dem Hauptbeteiligten entstehen i.H. des Abfindungsguthabens nachträgliche Anschaffungskosten auf die Wirtschaftsgüter, die durch diesen Anteil repräsentiert werden. Damit sind die Buchwerte der Wirtschaftsgüter in der Hauptgesellschaft in der Regel in einer Ergänzungsbilanz bis zur Höhe der Anschaffungskosten aufzustocken (siehe Rz. 26.44)3.
31.27
Die Veräußerung der mitunternehmerischen Unterbeteiligung an einen Dritten hat für den Unterbeteiligten steuerlich die gleichen Folgen wie das Ausscheiden gegen eine Barabfindung, durch die es zur Auflösung der zweigliedrigen Unterbeteiligungsgesellschaft kommt. Die Veräußerung des Mitunternehmeranteils des Unterbeteiligten ist gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig. Es kann ein Veräußerungsgewinn oder -verlust entstehen (§ 16 Abs. 2 EStG). Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlustes (§ 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 i.V.m. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG) und die Abgrenzung des laufenden Gewinns bis zum Ausscheiden/zur Veräußerung erfordern
31.28
1 Zur Aufnahme eines Hinzutretenden gegen Einlage als Anwendungsfall des § 24 UmwStG siehe Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 562; BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 1.47; zutreffend für die Unterbeteiligung Maetz, DStR 2015, 1844 (1847). 2 Siehe zur parallelen Anwendung dieser Regelungen BFH v. 18.9.2013 – X R 42/10, BFHE 242, 489; ebenso Maetz, DStR 2015, 1844 (1847); a.A. BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Rz. 01.47, letzter Satz. 3 Zum Fall der geheim gehaltenen Unterbeteiligung siehe Märkle, DStZ 1985, 533 (535).
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rechtlich nicht, eine Abschichtungsbilanz der Unterbeteiligungsgesellschaft auf den relevanten Stichtag aufzustellen. Bringt der Unterbeteiligte einen Mitunternehmeranteil an der Unterbeteiligungsgesellschaft entweder isoliert oder neben dem Anteil, an dem die Unterbeteiligung besteht, gegen Gewährung neuer Anteile in eine Kapitalgesellschaft ein, so kommt §§ 20 Abs. 1 UmwStG zur Anwendung und es erlischt die bisherige Unterbeteiligung. Werden nur dem Hauptbeteiligten neue Anteile von der aufnehmenden Kapitalgesellschaft gewährt, so erlischt die Unterbeteiligung oder wandelt sich zwingend in eine typische Unterbeteiligung um und es kommt in der Folge zur Realisierung eines Aufgabegewinns des Unterbeteiligten (§ 16 Abs. 3 Satz 1 EStG)1.
31.29 Die Umwandlung einer Unterbeteiligung in eine unmittelbare Beteiligung an der Hauptgesellschaft stellt sich als Auflösung der doppelstöckigen Struktur mit der Unterbeteiligungsgesellschaft als Obergesellschaft und der Hauptbeteiligungsgesellschaft als Untergesellschaft dar. Als Rechtsgrundlagen für den Auflösungsvorgang werden die Auflösung der Unterbeteiligungsgesellschaft im Wege der Aufgabe des Mitunternehmeranteils samt Realteilung (§ 16 Abs. 3 Satz 1 und 2 ff. EStG) oder ein Formwechsel diskutiert2. Anders als bei der Umwandlung einer atypisch stillen Beteiligung an einer Außen-Personengesellschaft in eine unmittelbare Beteiligung an der Hauptgesellschaft kann in diesem Fall keine Einbringung des Mitunternehmeranteils an der Untergesellschaft in die Hauptgesellschaft mit einer ertragsteuerlich anzunehmenden „Anwachsung“ der Untergesellschaft auf die Obergesellschaft erfolgen (Rz. 26.99). Vielmehr muss aus dem Mitunternehmeranteil des Hauptgesellschafters, der fiktives Gesamthandsvermögen der Untergesellschaft ist, „ein Teil herausgelöst“ und zu einer unmittelbaren Beteiligung des Unterbeteiligten an der Hauptgesellschaft werden. Dies setzt auch nach hier vertretener Meinung voraus, dass der Unterbeteiligte seinen Mitunternehmeranteil aufgibt und hierfür aus dem „fiktiven Gesamthandsvermögen“ der Unterbeteiligungsgesellschaft eine Sachwertabfindung in Form eines Teils des Mitunternehmeranteils des Hauptgesellschafters erhält. Der BFH hat jüngst bestätigt, dass die Regelungen der Realteilung in § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG, die auch die Zuteilung eines Mitunternehmeranteils ermöglichen, auf Fälle der Aufgabe eines Mitunternehmeranteils anwendbar sind3. Nicht in Betracht kommt hingegen die Annahme eines Formwechsels, wenn im Ausgangspunkt eine doppelstöckige Struktur besteht, da gerade keine ununterbrochene Beteiligung an derselben Mitunternehmerschaft besteht (siehe auch Rz. 26.51)4. Nur wenn ausnahmsweise eine unmittelbare Mitunternehmerstellung des Unterbeteiligten in der Hauptbeteiligungsgesellschaft vorliegt, kann die Umwandlung der Unter- in eine Direktbeteiligung als steuerneutraler Formwechsel nach den unter Rz. 26.51 angesprochenen Rechtsprechungsgrundsätzen erfolgen5. 1 Herlinghaus in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, § 20 UmwStG, Rz. 98 m.w.N.; siehe aber auch Schindhelm/Pickhard-Poremba/Hilling, DStR 2003, 1469 (1473) zum Fortbestand der Unterbeteiligung bei Einbringung nur der Hauptbeteiligung in eine andere Kapitalgesellschaft. 2 Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (122 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1851 f.). 3 Siehe grundlegend BFH v. 17.9.2015 – III R 49/13, BFHE 252, 17 = GmbHR 2016, 370 m. Anm. Levedag und Rz. 26.74; zutreffend Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (122 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1851 f.). 4 A.A. Krauß/Meichelbeck, DB 2015, 2114 (2116); Wacker in L. Schmidt, § 16 EStG Rz. 422; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 UmwStG, Rz. 31. 5 Böwing-Schmalenbrock, FR 2012, 121 (122 f.); Maetz, DStR 2015, 1844 (1850 f.), beide m.w.N. aus dem Schrifttum.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
c) Die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung Ist der Unterbeteiligte Mitunternehmer, so sind seine Gewinnanteile in dem Jahr zu versteuern, für das der Gewinn in der Unterbeteiligungsgesellschaft ermittelt wird, ohne Rücksicht darauf, ob der Unterbeteiligte bereits über seinen Gewinnanteil verfügen kann oder nicht. Das Gleiche gilt für die Berücksichtigung von Verlusten. Über die ursprüngliche oder aufgefüllte Einlage hinaus zugewiesene Verluste unterliegen der Regelung des § 15a EStG1. Es gilt Gleiches wie bei der atypischen stillen Gesellschaft (dazu Rz. 22.69 ff.).
31.30
Nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5.11.19732 ist die Frage, ob eine atypische Unterbeteiligung3 am Mitunternehmeranteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft besteht und wie hoch der Anteil des Unterbeteiligten ist, in einem eigenständigen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren für die Unterbeteiligungsgesellschaft zu entscheiden. Es handelt sich im Verhältnis zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Hauptgesellschaft um jeweils verfahrensrechtlich selbständige Feststellungen. Bei Einverständnis aller Beteiligten – Hauptgesellschaft, deren Gesellschafter sowie der Unterbeteiligten – können die Feststellungen für die Unterbeteiligungsgesellschaft aber auch im Rahmen eines zweistufigen einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens in einem Feststellungsbescheid verbunden werden (§ 179 Abs. 2 Satz 3 AO)4. Den Beteiligten steht ein Wahlrecht zu5. Es darf nur dann ein Feststellungsbescheid erlassen werden, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind6. Ist nur einer der Gesellschafter der Unterbeteiligungsgesellschaft nicht mit der Einbeziehung in das Feststellungsverfahren der Hauptgesellschaft einverstanden, so sind zwei Feststellungen durchzuführen7. Die Gesellschafter der Hauptgesellschaft können ihr Einverständnis oder ihre Ablehnung im Namen der Hauptgesellschaft nur einheitlich äußern. Insoweit kommt es auf die gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen über die gesellschaftsinterne Willensbildung an.
31.31
Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der Beteiligten der Unterbeteiligungsgesellschaft wird der Gewinn- oder Verlustanteil des Hauptgesell-
31.32
1 BFH v. 18.8.1992 – VIII R 32/91, DB 1993, 617 (618); Märkle, DStZ 1985, 508 (513). 2 BFH v. 5.11.1973 – GrS 3/72, BFHE 112, 1 = BStBl. II 1974, 414. 3 Für die typische Unterbeteiligung kommt eine gesonderte Feststellung nach allgemeiner Ansicht nicht in Betracht; vgl. BFH v. 10.11.1987 – VIII R 53/84, BFHE 151, 434 = BStBl. II 1988, 186; BFH v. 9.11.1988 – I R 191/84, BFHE 155, 454 = BStBl. II 1989, 343; BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 236 = BStBl. II 1995, 449; Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 17; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 158. 4 Vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 15; Märkle, DStZ 1985, 508 (512). 5 Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 17; Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 158; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5796 Nr. 28); Märkle, DStZ 1985, 508 (512); siehe auch BFH v. 24.5.1977 – IV R 47/76, BFHE 122, 400 = BStBl. II 1977, 737 (741). 6 BFH v. 2.3.1995 – IV R 135/92, BFHE 177, 198 = BStBl. II 1995, 531; FG Berlin-Bdb. v. 13.10.2009 – 6 K 8194/06 B, EFG 2010, 290 zur Unterbeteiligungsgesellschaft in der Liquidation; Brandis in Tipke/Kruse, § 179 AO Rz. 15; Märkle, DStZ 1985, 508 (512); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5796 Nr. 28); Helmschrott, SteuerStud 1990, 129 (135 f.). 7 A.A. anscheinend Märkle, DStZ 1985, 508 (512); Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5796 Nr. 28); da es um Geheimhaltungsinteressen innerhalb der beiden Feststellungsbereiche geht, kann der Auffassung, die das Einverständnis nur eines der Beteiligten ausreichen lässt, nicht gefolgt werden, weil so das Geheimhaltungsinteresse nicht wirksam geschützt werden kann.
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schafters, wie er sich aus den Feststellungen bei der Hauptgesellschaft ergibt, zugrunde gelegt. Daneben sind für den Unterbeteiligten regelmäßig Feststellungen über dessen Sondervergütungen zu treffen. Zuständig für die gesonderte Feststellung ist in der Regel das Sitz- oder Wohnsitzfinanzamt des Hauptbeteiligten als Geschäftsführer der Innengesellschaft1. Auch über etwaige Veräußerungsgewinne bzw. Veräußerungsverluste ist im einheitlichen und gesonderten Feststellungsverfahren für die Unterbeteiligungsgesellschaft zu entscheiden2. 3. Besonderheiten bei Unterbeteiligungen im Familienverband a) Grundlagen
31.33 Für Unterbeteiligungsgesellschaften zwischen Familienangehörigen gelten die besonderen steuerlichen Anerkennungsvoraussetzungen und bei gewünschter atypischer Unterbeteiligung auch des Mitunternehmerbegriffs, die auch bei der typischen und atypisch stillen Gesellschaft eingreifen (siehe dazu Rz. 21.7 f.). Hier wie dort geht es darum, den Anwendungsbereich von § 12 Nr. 2 EStG zu konkretisieren und nichtabzugsfähige Unterhaltsleistungen, die nur in das Gewand einer gesellschaftsvertraglichen Verpflichtung gekleidet werden, von echten, auch unter Familienangehörigen steuerlich anzuerkennenden Gesellschaftsverhältnissen zu unterscheiden. b) Die steuerliche Anerkennung der Unterbeteiligungsgesellschaft
31.34 Nach der älteren Rechtsprechung war erste Bedingung für die steuerrechtliche Anerkennung wie bei der stillen Gesellschaft die zivilrechtlich wirksame Gestaltung der Vereinbarungen, insbesondere also die Beachtung der Formvorschriften. Darüber hinaus müssen die Regelungen des jeweiligen Vertrages dem Fremdvergleich hinsichtlich des Inhalts und der Durchführung des Vereinbarten standhalten (siehe ausführlich Rz. 21.7 ff.).
31.35 Der BFH beurteilt in seiner neueren Rechtsprechung zur Anerkennung von Angehörigenverträgen die zivilrechtliche Wirksamkeit der Vereinbarung nicht mehr als eine unabdingbare Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses von Beginn an, wenn der Wirksamkeitsmangel den Beteiligten nicht anzulasten war und unverzüglich nach Erkennen der Unwirksamkeit beseitigt wird (siehe ausführlich Rz. 21.14 ff.)3. Die Nichtbeachtung der zivilrechtlich notwendigen Form stellt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung nur noch ein starkes Beweisanzeichen dar. In der Regel kann den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften angelastet werden, wenn sich diese schon aus dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften des BGB ergeben4. Im Zusammenhang mit einer Unterbeteiligung hat der BFH entschieden, bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen beurteile sich die Frage, ob der Mangel der zivilrechtlichen Form als Beweisanzeichen den 1 Märkle, DStZ 1985, 508 (513); Schulze zur Wiesche, NJW 1983, 2362 (2364), der ein Berechnungsbeispiel gibt. 2 BFH v. 12.6.1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 (854). 3 BVerfG v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90, BStBl. II 1996, 34. 4 BFH v. 13.7.1999 – VIII R 29/97, DStR 1999, 938 (939); BFH v. 7.6.2006 – IXR 4/04, DStRE 2006, 1372; BFH v. 22.2.2007 – IX R 45/06, DStR 2007, 986 (987); BFH v. 23.4.2009 – IV R 24/08, BFH/ NV 2009, 1427; BFH v. 12.5.2009 – IX R 46/08, BFHE 225, 112 = BStBl. II 2011, 24.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
Vertragsparteien anzulasten sei, nach der Eigenqualifikation des Rechtsverhältnisses durch die Parteien1. Der IX. Senat erweitert im zitierten Urteil die bisherige Rechtsprechungslinie für den Fall, dass die Beteiligten zivilrechtlich von einem anderen Rechtsgeschäft und dessen formalen Anforderungen ausgehen (hier: nach Meinung der Beteiligten ein Treuhandvertrag) als objektiv abgeschlossen wurde (laut BFH: Unterbeteiligung). Da sowohl die rechtlich vereinbarte Unterbeteiligung als auch die aus Sicht der Angehörigen geschlossene Treuhandvereinbarung über eine Kapitalgesellschaftsbeteiligung notariell beurkundet hätten werden müssen und die Formunwirksamkeit nur ein Indiz für den fehlenden Rechtsbindungswillen ist, hat der BFH entschieden, es spreche gegen den Rechtsbindungswillen, wenn die Beteiligten selbst meinten, eine Treuhandvereinbarung abzuschließen (sog. Eigenqualifikation des Rechtsverhältnisses) und dies formlos machen, obwohl sich ihnen der Formmangel für dieses Rechtsverhältnis hätte aufdrängen müssen. Kann den Vertragsparteien die zivilrechtliche Formunwirksamkeit angelastet werden (bei klarer Zivilrechtslage oder weil sie selbst fehlerhaft von einer Formpflicht ausgehen, diese aber nicht beachten), liegt nach dem jetzigen Stand der Rechtsprechung ein starkes Indiz gegen den Rechtsbindungswillen der Angehörigen vor. Geklärt ist nunmehr durch die Rechtsprechung des BFH2 und des BGH3, dass die unentgeltliche Zuwendung einer Unterbeteiligung bei fehlender notarieller Beurkundung der Übertragung der Einlageforderung (sog. Umbuchungsfall) mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags i.S. der §§ 518 Abs. 2, 2301 BGB vollzogen wird (näher Rz. 21.53; 30.31 ff. auch zur Gründung der Unterbeteiligungsgesellschaft mit Minderjährigen).
31.36
Die Rechtsprechung hat auf Grundlage der Fremdvergleichsprüfung folgende Gestaltungen nicht anerkannt (siehe auch Rz. 20.70 ff. und 21.46 ff.)4:
31.37
Es kann z.B. eine Unterbeteiligung von Kindern nicht anerkannt werden, wenn diese das Gesellschaftsverhältnis zu Lebzeiten des Vaters nur mit Zustimmung eines vom Vater ernannten Dritten kündigen und die Auszahlung der ihnen gutgeschriebenen Gewinnanteile ebenfalls nur mit Zustimmung des Dritten verlangen können5. Hier fehlt es an der erforderlichen Verfügungsmacht der Kinder. Auch die Vereinbarung einer jederzeit widerruflichen Gewinnbeteiligung ist der steuerlichen Anerkennung des Gesellschaftsverhältnisses hinderlich. Steht dem minderjährigen Berechtigten außerdem nicht einmal das Recht zu, die ihm gutgebrachten Gewinnanteile – abgesehen von eventuellen Steuerbeträgen – zu entnehmen, fehlt es an der hinreichenden Trennung der Vermögenssphären und damit ebenfalls an der Fremdüblichkeit der Vereinbarung.
31.38
Räumt eine Mutter ihren Kindern an einem Kommanditanteil schenkweise je eine typische Unterbeteiligung ein, behält sie sich aber das Recht vor, jederzeit eine un-
31.39
1 BFH v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BFHE 229, 301, BStBl. II 2010, 823. 2 BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 zur Einräumung einer stillen Beteiligung. 3 BGH v. 29.11.2011 – II ZR 306/09, BGHZ 191, 354 zur Einräumung einer Unterbeteiligung. Siehe dazu Strnad, ZEV 2012, 394; Blaurock, NZG 2012, 521. 4 Siehe BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349; auch Werner, ZEV 2015, 194 (197 ff.); Kühne/Rehm, NZG 2013, 561 (565 f.). 5 BFH v. 20.2.1975 – IV R 62/74, BFHE 115, 232 = BStBl. II 1975, 569.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
entgeltliche Rückübertragung der Kapitalanteile ihrer Kinder verlangen zu können, so ist diese Vereinbarung nicht fremdüblich. Die Gewinngutschriften auf die Unterbeteiligungen führen bei der Mutter nicht zu Sonderbetriebsausgaben, sondern zu nichtabzugsfähige Zuwendungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG1.
31.40 Die schenkweise Einräumung der Unterbeteiligung steht nach der Rechtsprechung des BFH2 und der Praxis der Finanzverwaltung3 der steuerlichen Anerkennung jedenfalls dann nicht entgegen, wenn eine Beteiligung des Unterbeteiligten am Verlust vereinbart oder die Unterbeteiligung mitunternehmerisch ausgestaltet ist4. Neben den vorgenannten Beispielen bietet auch die jüngere Rechtsprechung des BFH zur ertragsteuerlichen Anerkennung des Nießbrauchs an Personengesellschaftsanteilen wichtige Anhaltspunkte für die Gestaltungsberatung5.
31.41 Weitere Gesichtspunkte, die gegen eine Anerkennung der Unterbeteiligung sprechen können, sind eine von vornherein vereinbarte Befristung der Beteiligtenstellung6 oder etwa ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Vaters (Hauptbeteiligten) in Verbindung mit einer Abfindung der gekündigten Kinder (Unterbeteiligten) unter dem Buchwert ihres Kapitalkontos7.
31.42 Eine Rückfallklausel, nach der die Unterbeteiligung ersatzlos an den Vater zurückfällt, wenn das Kind vor dem Vater stirbt und keine leiblichen ehelichen Abkömmliche hinterlässt, steht der steuerrechtlichen Anerkennung der Unterbeteiligung nicht entgegen8. Problematisch kann aber eine Regelung sein, nach der die Erben des Unterbeteiligten nicht in die Gesellschafterstellung nachrücken dürfen und auch keine Abfindung erhalten9. Ferner hat der BFH auch eine Bestimmung als hinderlich angesehen, nach der die Beteiligung bei Tod des Unterbeteiligten nur auf Abkömmlinge, Geschwister oder Elternteile übergehen soll, im Übrigen aber die Erben weder nachfolgen noch Ausgleich erhalten können10.
31.43 Das letztgenannte Urteil kann unter dem Gesichtspunkt kritisch gesehen werden, dass die Regelung allein darauf abzielt, die Unterbeteiligung im engeren Familienkreis zu halten, im Übrigen aber an der Fremdüblichkeit der Vereinbarung kein Zweifel besteht. Dem sollte das Steuerrecht nicht im Wege stehen. Deshalb sollten auch andere Vertragsklauseln, die dem gleichen Ziel dienen, nicht ohne Weiteres zur Nichtanerkennung führen. Kritisch ist auch, dass Scheidungsklauseln, nach der eine 1 BFH v. 18.7.1974 – IV B 34/74, BFHE 113, 226 = BStBl. II 1974, 740; BFH v. 8.8.1974 – IV R 101/73, BFHE 113, 361 = BStBl. II 1975, 34. 2 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635; BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269; BFH v. 21.2.1991 – IV R 35/89, BFHE 164, 238 = BStBl. II 1995, 449. 3 BMF v. 16.8.1993 – IV B 2 – S 2144 – 53/93, BStBl. I 1992, 729 = FR 1993, 617. 4 Zur stillen Gesellschaft, bei der die Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist, siehe Rz. 21.54 ff. 5 Siehe BFH v. 6.5.2015 – II R 34/13, DStR 2015, 1799; BFH v. 1.10.2014 – II R 40/12, BFH/NV 2015, 500; BFH v. 1.10.2014 – II R 43/14, BFH/NV 2015, 479. 6 BFH v. 29.1.1976 – IV R 73/73, BFHE 118, 189 = BStBl. II 1976, 324 (für die KG); FG Schl.Holst. v. 17.12.2015 – 6 K 58/12, EFG 2016, 618 m. Anm. Sorge. 7 FG Schl.-Holst. v. 17.12.2015 – 6 K 58/12, EFG 2016, 618 m. Anm. Sorge. 8 BFH v. 27.1.1994 – IV R 114/91, BFHE 174, 219 = BStBl. II 1994, 635, LS 2. 9 FG Hess. v. 1.12.1977 – VIII 93/74, EFG 1978, 427 (428). 10 BFH v. 3.5.1979 – IV R 153/78, BFHE 127, 538 = BStBl. II 1979, 515 (518); dazu Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927).
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
vom Ehemann der Ehefrau (oder umgekehrt) geschenkte Unterbeteiligung für den Fall der Scheidung zurückgefordert werden kann, steuerlich nicht anerkannt werden sollen1. Ebenso sind Bestimmungen fremdüblich, nach der eine von den Eltern den Kindern geschenkte Unterbeteiligung mit der Auflage versehen wird, gegen eine Nachfolge des Ehepartners aufgrund Erbrechts Vorsorge zu treffen2. Auch bei Angehörigen ist die Stellung als Mitunternehmer danach zu beurteilen, ob diesem im Verhältnis zum Hauptbeteiligungsgesellschafter im Innenverhältnis annähernd die Rechte eines Kommanditisten zustehen3. Auch eine Mitunternehmerschaft liegt unabhängig von den Wertungen des Fremdvergleichs (Rz. 31.47) regelmäßig nicht vor, wenn der Hauptbeteiligte das Recht hat, den Unterbeteiligten jederzeit zum Buchwert aus der Unterbeteiligungsgesellschaft hinauszukündigen oder eine Befristung der Gesellschafterstellung existiert4.
31.44
Die Annahme einer Mitunternehmerschaft kann sich auch als Gestaltungshindernis darstellen. Bei der Unterbeteiligung von Nachkommen, die im Betrieb der Eltern beschäftigt sind und als voraussichtliche Nachfolger der Hauptbeteiligten leitende Angestellte sind, ist Vorsicht geboten. Obwohl keine Beteiligung am Vermögen und an den stillen Reserven vorlag, beurteilte der BFH die Unterbeteiligung nicht wie eine typische stille Gesellschaft, sondern als eine Mitunternehmerschaft, so dass die Gehälter der Kinder Sondervergütungen darstellten5.
31.45
Räumen alle miteinander verwandten Gesellschafter einer OHG je einem ihrer Kinder gleichzeitig und gleichmäßig einen Anteil an ihren Geschäftsanteilen ein, so kann dadurch eine mehrgliedrige Mitunternehmerschaft (Unterbeteiligungsgesellschaft) der Kinder zur OHG begründet werden (siehe auch Rz. 30.20), auch wenn nach dem Wortlaut des Vertrags die Kinder nur einzeln als „Unterbeteiligte“ am Gesellschaftsanteil ihrer Väter bezeichnet werden6. Ob eine Mitunternehmerschaft besteht, muss auch hier – wie immer – nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beurteilt werden.
31.46
Kommt eine atypische Unterbeteiligung nicht in Betracht, so ist grundsätzlich eine Einordnung als typische Unterbeteiligung möglich. Dies setzt aber voraus, dass dem Gesellschafter wenigstens annäherungsweise die Rechte zustehen, die einem stillen
31.47
1 Im Ergebnis ebenso Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927), der auch zutreffend darauf hinweist, dass es sich letztlich um einen – personellen – wichtigen Kündigungsgrund handelt; a.A. Märkle, DStZ 1985, 471 (478). 2 Z.B. durch ein Vermächtnis zugunsten der Eltern. Ein unbedingtes Rückforderungsrecht erscheint dagegen problematisch, da es über das Ziel, die Beteiligung bei einer bestimmten Person zu belassen, hinausschießt; vgl. zum Ganzen Märkle, DStZ 1985, 471 (478); Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6927). 3 BFH v. 3.5.1979 – IV R 153/78, BFHE 127, 538 = BStBl. II 1979, 515 (517); BFH v. 24.7.1986 – IV R 103/83, BFHE 147, 495 = BStBl. II 1987, 54 = GmbHR 1987, 207 (208); BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349 zur Einräumung einer atypisch stillen Beteiligung an einer GmbH. 4 So BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269; FG Schl.-Holst. v. 17.12.2015 – 6 K 58/12, EFG 2016, 618 m. Anm. Sorge. Zu den bei atypischer Unterbeteiligung und atypisch stiller Beteiligung gleichermaßen geltenden Voraussetzungen siehe BFH v. 17.7.2014 – IV R 52/11, BFHE 246, 349. 5 BFH v. 17.11.1964 – VI 319/63, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260; kritisch dazu Düchting, BB 1965, 783. 6 BFH v. 17.11.1964 – VI 319/63, BFHE 82, 35 = BStBl. III 1965, 260.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
Gesellschafter nach den §§ 230 ff. HGB zukommen1. Die typische Unterbeteiligung stellt keinen Auffangtatbestand dar, der ohne Weiteres eingreift, wenn eine gewollte steuerliche Mitunternehmerschaft von den Finanzbehörden nicht anerkannt wird.
31.48 Veräußert jemand eine gut rentierliche mitunternehmerische Unterbeteiligung unter Realisation eines Veräußerungsverlusts gemäß § 16 Abs. 2 EStG (z.B. an Angehörige), so trifft ihn eine erhöhte Darlegungslast hinsichtlich der Motivation und der Umstände des Verkaufs sowie dafür, dass die Beteiligung objektiv wertlos war2. c) Die Anerkennung der Gewinnbeteiligung
31.49 Bei einer Familiengesellschaft in Form einer Unterbeteiligung gelten nach der Rechtsprechung für die Prüfung der Angemessenheit des Gewinnanteils des Unterbeteiligten die für die stille Gesellschaft entwickelten Rechtsgrundsätze entsprechend3. Es wird vollumfänglich auf die Ausführungen unter Rz. 21.65 ff. verwiesen.
31.50 Da sich im Falle einer atypischen Unterbeteiligung die obligatorischen Rechte des Unterbeteiligten auch auf den Anteil des Hauptgesellschafters an den stillen Reserven der Hauptgesellschaft beziehen müssen, ist bei der Prüfung der Angemessenheit der Gewinnbeteiligung von dem Gesamtwert als dem Wert des Gesellschaftsanteils des Unterbeteiligten auszugehen4.
31.51 Unter teilweiser Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung hat der BFH zur atypischen Unterbeteiligung ferner entschieden, dass bei einer mitunternehmerischen Unterbeteiligung an einem Kommanditanteil für die Korrektur einer Gewinnbeteiligung kein Raum besteht, wenn die Hauptgesellschaft unter fremden Personen geschlossen wurde5. Unter dieser Voraussetzung ist die Gewinnbeteiligung steuerlich auch dann anzuerkennen, wenn sie im Einzelfall zu einem Gewinn des unterbeteiligten Familienangehörigen führt, der 15 % des Wertes der Unterbeteiligung übersteigt.
31.52 Zur Begründung führt der VIII. Senat des BFH aus, bei einer Fremd-KG diene der auf den Kommanditisten entfallende Gewinnanteil in der Regel dazu, dessen in der Kapitalüberlassung liegenden Beitrag zur Erreichung des Gesellschaftszwecks abzugelten. In diesem Fall habe die quotale Gewinnbeteiligung des atypisch unterbeteiligten Angehörigen zur Folge, dass die jeweiligen Kapitalbeiträge ihrem Gewicht entsprechend vergütet werden. Bestehe der jeweilige Gesellschafterbeitrag lediglich in der Überlassung des Haftkapitals zu den gleichen Bedingungen und identischem Risiko, dann sei es evident, dass eine quotale Gewinnbeteiligung auf der Gesellschafterstellung beruht, weil sie dem Gewicht des jeweiligen Beitrages entspricht.
1 BFH v. 6.7.1995 – IV R 79/94, BFHE 178, 180 = BStBl. II 1996, 269. 2 BFH v. 12.6.1975 – IV R 10/72, BFHE 116, 341 = BStBl. II 1975, 853 (855 f.); siehe zu § 17 EStG BFH v. 8.4.2014 – IX R 4/13, BFH/NV 2014, 1201. 3 BFH v. 29.3.1973 – IV R 56/70, BFHE 109, 328 = BStBl. II 1973, 650; siehe auch Neu in GmbHHandbuch, Rz. I 3521, I 3523 (Stand 03/2016) zur Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil. 4 BFH v. 26.6.1974 – I R 206/67, BFHE 113, 103 = BStBl. II 1974, 676. 5 BFH v. 9.10.2001 – VIII R 77/98, BFHE 197, 43 = BStBl. II 2002, 460 = DStR 2001, 2108.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
4. Besonderheiten bei der Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil a) Erscheinungsformen und Einsatzfelder Neben der vorweggenommenen Erbfolge, dem „Familiensplitting“ von Einkünften und dem Unterbeteiligungsvermächtnis1 zählen zu den Einsatzfeldern von typischen und atypischen Unterbeteiligungen an Kapitalgesellschaftsanteilen unter anderem Managementbeteiligungen in Private Equity Strukturen2. Abgrenzungsfragen stellen sich zum Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen3 und zur sog. Quotentreuhand an einem Gesellschaftsanteil4.
31.53
Die atypische Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil wird allgemein anerkannt. Anders als in den oben beschriebenen doppelstöckigen Strukturen der atypisch stillen Unterbeteiligung an einem Mitunternehmeranteil (aus der Unterbeteiligungsgesellschaft und der Hauptgesellschaft, Rz. 31.18) führt die atypisch stille Unterbeteiligung zu wirtschaftlichem Eigentum des Unterbeteiligten an der Kapitalgesellschaft. Er erzielt originär sowohl Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Gewinnanteile und sonstige Bezüge) als auch nach § 17 oder § 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG (Gewinne oder Verluste aus der Anteilsveräußerung)5.
31.54
Die typisch stille Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil ist heute nach wohl h.M. anerkannt6. Bei der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil entsteht – vergleichbar der typisch stillen Beteiligung am Handelsgewerbe einer GmbH – eine Innengesellschaft bezogen auf den GmbH-Anteil. Es verbleibt es bei der typischen Unterbeteiligung bei der Zurechnung sämtlicher Anteile ausschließlich beim Hauptgesellschafter und einer (lediglich) nachgeordneten Einkunftsquelle des Unterbeteiligten7. Der typisch Unterbeteiligte erzielt aus den ihm vom Hauptbeteiligten weitergeleiteten Erträgen Einkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und bei Veräußerung/Auflösung der Unterbeteiligung solche aus § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG (in Veranlagungszeiträumen ab 2009 bei Erwerb nach dem 31.12.2008). Diese unterliegen den Regelungen der Abgeltungssteuer. Da der typisch Unterbeteiligte nicht mit der Kapitalgesellschaft in rechtlicher Beziehung steht, sondern lediglich mit dem Haupt-
31.55
1 Siehe Ivens, ZEV 2011, 177 (179); Barry, RNotZ 2014, 401 (403). 2 Siehe zu den aufgeworfenen Problemfeldern bei der Abgrenzung von den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit FG Nds. v. 15.1.2014 – 2 K 147/11, BB 2014, 2487 m. Anm. Pönicke; Pönicke/Bünning, BB 2014, 2717. 3 Zur Behandlung sämtlicher Formen des Nießbrauchs an einem GmbH-Anteil siehe Barry, RNotZ 2014, 401 (403) und BFH v. 18.11.2014 – IX R 49/13, BFHE 247, 435, BStBl. II 2015, 224 zum Vorbehaltsnießbrauch m. Anm. Jachmann, jurisPR-SteuerR 10/2015 Anm. 1. 4 Zur sog. Quotentreuhand an einem Kapitalgesellschaftsanteil vgl. BFH v. 6.10.2009 – IX R 14/08, BFHE 228, 10, BStBl. II 2010, 460 m. Anm. Steinhauff in jurisPR-SteuerR 17/2010, Anm. 1 und Binnewies, GmbHR 2010, 486. 5 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl. II 2005, 857; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3520, I 3525 (Stand: 03/2016). 6 Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885); ebenso Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 161.; Blaurock/Berninger, GmbHR 1990, 87 (88 f.); Felix, DStZ 1988, 102 f.; Felix, KÖSDI 1985, 5791 (5801) sowie Felix, KÖSDI 1987, 6918 (6925). Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3520, I 3522 (Stand 03/2016) empfiehlt im Vertrag über die Gründung der Unterbeteiligungsgesellschaft eine Klausel aufzunehmen, wonach sich der dem Unterbeteiligten zustehende Ertrag entsprechend reduziert, wenn er bei Nichtanerkennung des Rechtsinstituts vom Hauptgesellschafter versteuert werden muss. 7 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016).
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beteiligten, berührt der dem Unterbeteiligten vom Hauptbeteiligten zugewandte Gewinnanteil die körperschaftsteuerpflichtige Bemessungsgrundlage der Kapitalgesellschaft nicht1. Weder die typische, noch die atypische Unterbeteiligung führen also zur Minderung der Körperschaftsteuer bei der Kapitalgesellschaft.
31.56 Sowohl die Anerkennung einer atypischen oder typischen Unterbeteiligung (der Gründung der Innengesellschaft) an einem Kapitalgesellschaftsanteil als solche als auch die innerhalb der Unterbeteiligung vereinbarte Gewinnverteilung unterliegen – wie die Unterbeteiligung an einem Personengesellschaftsanteil – bei Angehörigen als Vertragspartnern der Anerkennungsprüfung (siehe Rz. 31.39, 31.54)2. Ein Unterbeteiligungsvertrag, der die Verpflichtung zur Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen begründet, ist formbedürftig, wenn der Verpflichtete bei Abschluss des Vertrags nicht Inhaber der Geschäftsanteile, sondern nur Treugeber ist3. Wegen der zivilrechtlich nicht eindeutigen Rechtslage bis zum Ergehen des BFH-Urteils vom 22.7.2008 kann für frühere Vereinbarungen in Betracht kommen, dass eine privatschriftliche Vereinbarung den Vertragspartnern nicht anzulasten ist4. b) Die Besteuerung bei typischer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil
31.57 Bei der typischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil wird nicht die Steuerquelle gesplittet, sondern lediglich eine nachgeordnete Einkunftsquelle begründet5. Da der Unterbeteiligte nicht wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile an der Kapitalgesellschaft ist, erzielt er aus den weitergeleiteten Einnahmen des Hauptbeteiligten keine Dividendeneinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, sondern Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG6. Das Teileinkünfteverfahren findet somit lediglich beim Anteilseigner (dem Hauptbeteiligten) Anwendung (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG), wenn der Hauptbeteiligte einen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG (Rz. 31.66) stellt.
31.58 Der typische Unterbeteiligte unterliegt ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mit seinen Einkünften aus der stillen Unterbeteiligung der Abgeltungsteuer i.H. von 25 %, §§ 20 Abs. 1 Nr. 4, 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG. Liegt ein Ausschlusstatbestand i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG (siehe dazu Rz. 22.266), unterliegt der Unterbeteiligte abweichend davon mit den gesamten Einkünften aus der Unterbeteiligung dem progressiven Steuertarif gemäß § 32a EStG. Hält der typische Unterbeteiligte die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen, so gehören seine Einkünfte aus der Unterbeteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG wegen § 20 Abs. 8 EStG zu den betrieblichen Einkünften, sind nach allgemeinen Regeln ohne Geltung des § 20 Abs. 9 EStG zu ermitteln und unterliegen dem progressivem Einkommensteuertarif gemäß § 32a EStG7. 1 Worgulla, DB 2009, 1146 (1147). 2 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3521 ff. (Stand 03/2016). 3 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229. 4 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229; im zweiten Rechtsgang siehe aber BFH v. 11.5.2010 – IX R 19/09, BFHE 229, 301 = BStBl II 2010, 823. 5 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016); Märkle, DStZ 1985, 471 (473); Felix, DStZ 1988, 102 f. 6 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016). 7 So auch Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163; Worgulla, DB 2009, 1146 (1149 f.). Eine vorrangige Zuordnung der Einkünfte des Unterbeteiligten kommt auch zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Betracht, siehe Pönicke/Bünning, BB 2014, 2717.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
Hält der Hauptbeteiligte seinen Anteil an der Kapitalgesellschaft im Privatvermögen, unterliegt er ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mit seinen Ausschüttungen (Dividenden und vGA) nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG der Abgeltungssteuer1. Sind die an den typisch stillen Unterbeteiligten gezahlten Gewinnanteile beim Hauptbeteiligten als Werbungskosten zu beurteilen, so greift bei ihm das Verbot des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ein. Wegen des Verbots des Abzuges der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 EStG beim Hauptbeteiligten dürfte das Begründen von typischen Unterbeteiligungen an einem im Privatvermögen gehaltenen GmbH-Anteil im Anwendungsbereich der Abgeltungssteuer nunmehr regelmäßig steuerlich nachteilig sein. Auf Antrag kann der Hauptbeteiligte aber gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nach dem Teileinkünfteverfahren unter Abzug der anteiligen Werbungskosten (§ 3c Abs. 2 EStG) besteuert werden, wenn er zu mindestens 25 % an der GmbH beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der GmbH beteiligt und für diese beruflich tätig ist2. Es ist zu überlegen, ob im Rahmen einer typischen Unterbeteiligung im Billigkeitsweg gemäß § 163 AO entweder nur der dem Hauptbeteiligten (nach Weiterleitung) verbleibende Betrag der Besteuerung unterworfen wird3 oder ihm ein generelles Antragsrecht auch außerhalb der Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zuzubilligen ist. Hält der Hauptbeteiligte seinen Kapitalgesellschaftsanteil in einem Betriebsvermögen, so unterliegt er, und nur er, dem Teileinkünfteverfahren nach §§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d, 3c Abs. 2 EStG.
31.59
Kommt es beim Hauptbeteiligten wegen § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zur Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, so ist die von der Kapitalgesellschaft auf die Dividende an den Hauptbeteiligten einbehaltene Steuer auf die Einkommensteuer anrechenbar. Der Hauptbeteiligte hat seinerseits auf den Gewinnanteil des Unterbeteiligten Kapitalertragsteuer einzubehalten, die bei diesem Abgeltungswirkung entfaltet, es sei denn, er ist nahestehende Person des Hauptbeteiligten (§ 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG)4.
31.60
c) Die Besteuerung bei atypischer Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil Auch bei der atypischen Unterbeteiligung erlangt der Unterbeteiligte der Gesellschaft gegenüber zivilrechtlich keine Gesellschafterstellung. Allerdings ist der atypisch Unterbeteiligte wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligung des Hauptbeteiligten und damit als Quasi-Gesellschafter anzusehen5. Ihm ist als wirtschaftlicher Eigentümer § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO ein Teil des Anteils des Hauptbeteiligten entsprechend dem Beteiligungsverhältnis nach dem Unterbeteiligungsvertrag neben dem Hauptbeteiligten unmittelbar zuzurechnen. Die Beteiligung des Anteilseigners als Einkunftsquelle
1 Siehe zur vGA aber das gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG geltende Korrespondenzprinzip. 2 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016). Zu den Anforderungen an die berufliche Tätigkeit siehe BFH v. 25.8.2015 – VIII R 3/14, BStBl. II 2015, 892 = GmbHR 2015, 1164; zur Antragsfrist siehe BFH v. 28.7.2015 – VIII R 50/14, BStBl. II 2015, 894 = GmbHR 2015, 1161. 3 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 162. 4 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016). 5 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016); Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885 ff.); Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (238); Märkle, DStZ 1985, 508 (511); Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885 ff.).
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31.61
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
wird gesplittet1. Damit erzielt der atypisch Unterbeteiligte wie der Hauptbeteiligte als „Quasi-Gesellschafter“ bei offenen Ausschüttungen Einkünfte aus § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder bei einer aus vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.
31.62 Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des BFH2. Der BFH verlangt für das wirtschaftliche Eigentum des Unterbeteiligten, dass er alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrechte) wahrnehmen und durchsetzen kann3. Wer an Aktien unterbeteiligt ist, aber die Gesellschaftsrechte nicht ausüben kann und von den Entscheidungen des Aktionärs abhängig ist, überdies nur über ein begrenztes Gewinnbezugsrecht verfügt, ist kein wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien4. Ein beidseitiges Kündigungsrecht ist grundsätzlich unschädlich. Eine bloße Erwerbsoption reicht für die Begründung der wirtschaftlichen Inhaberschaft nicht aus5.
31.63 Da der atypisch Unterbeteiligte originäre Beteiligungserträge erzielt, findet bis 2008 das Halbeinkünfteverfahren sowohl bezüglich der Gewinnanteile des Hauptgesellschafters als auch bezüglich der Gewinnanteile des Unterbeteiligten Anwendung. Ein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug i.H. der dem Unterbeteiligten zustehenden Einnahmen ist beim Hauptbeteiligten nichterforderlich, da die Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG originär und direkt beim Unterbeteiligten entstehen.
31.64 Im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens sind die im Zusammenhang mit einer atypischen Unterbeteiligung vom Hauptbeteiligten getragenen Aufwendungen gemäß § 3c Abs. 2 EStG a.F. nur eingeschränkt abzugsfähig.
31.65 In den Veranlagungszeiträumen ab 2009 fallen die Einkünfte nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG des Haupt- und atypisch Unterbeteiligten unter die Abgeltungsteuer, wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird. Der atypisch Unterbeteiligte bezieht wie der Hauptgesellschafter Einkünfte i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (und nicht wie der typisch Unterbeteiligte nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Der Haupt- und der atypisch Unterbeteiligte können aber jeweils den Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens stellen; in diesem Fall sind gemäß § 32d Abs. 2 Satz 2 EStG Werbungskosten und Verluste anteilig abzugsfähig (siehe auch Rz. 31.66). Wird die atypische Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, so ist auf die Ausschüttungen an den Unterbeteiligten
1 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016); Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 162; Worgulla, DB 2009, 1146 (1147); Martens, BB 2005, 1661 (1662); Märkle, DStZ 1985, 508 (511); Felix, DStZ 1988, 102; FG Düsseldorf v. 13.6.2001 – 2 K 1235/98 E, EFG 2001, 1383(1384); Hohaus, GmbHR 2002, 883 (885 ff.). 2 BFH v. 15.5.2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633; BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, BFH/NV 2008, 2004 (zu Angehörigen); BFH v. 26.1.2011 – IX R 7/09, BFHE 232, 463 = BStBl. II 2011, 540. 3 BFH v. 22.7.2008 – IX R 61/05, GmbHR 2008, 1229 (zu Angehörigen); BFH v. 15.5.2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633 (1635); BFH v. 8.11.2005 – VIII R 11/02, BFHE 211, 277 = BStBl. II 2006, 253; BFH v. 26.1.2011 – IX R 7/09, BFHE 232, 463 = BStBl. II 2011, 540; siehe dazu auch Schulze zur Wiesche, GmbHR 2006, 630 (631 ff.); Pupeter, GmbHR 2006, 911 (913 ff.); Hohaus, GmbHR 2002, 883. 4 BFH v. 1.8.2012 – IX R 6/11, BFH/NV 2013, 9. 5 BFH v. 4.7.2007 – VIII R 68/05, BB 2007, 2326.
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§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
auch ohne Antrag das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, soweit er Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bezieht, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG1. Es ist bei der atypisch stillen Unterbeteiligung wegen der gesplitteten Zurechnung der Ausschüttungen die von der Gesellschaft einbehaltene Kapitalertragsteuer (§ 43 EStG) zwischen Anteilseigner und Unterbeteiligtem aufzuteilen und gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG auf deren Einkommensteuer anzurechnen2.
31.66
Die Frage, ob bei der atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 3, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu erfolgen hat, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Da der GmbH-Gesellschafter selbst kein Mitunternehmer ist, kann die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil keine Mitunternehmerschaft begründen3. Doch ist dies auch nicht erforderlich: Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO i.V.m. Abs. 2 AO ist Voraussetzung für die gesonderte Feststellung die Beteiligung mehrerer Personen an einer gemeinsamen Einkunftsquelle und der Umstand, dass die sich daraus ergebenden Einkünfte den Beteiligten steuerlich zuzurechnen sind. Bei der atypisch stillen Unterbeteiligung spricht somit mehr dafür, den Betrag der Ausschüttung und die einbehaltene Kapitalertragsteuer einheitlich und gesondert festzustellen4. Da der Unterbeteiligte trotz seiner Stellung als Quasi-Gesellschafter seine Einkünfte über die Person des Anteilseigners bezieht, können auch die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 3 AO vorliegen5.
31.67
d) Einräumung, Veräußerung und Beendigung der Unterbeteiligung an einer Beteiligung aa) Einräumung der Unterbeteiligung durch den Hauptbeteiligten Die Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung an einer Kapitalbeteiligung durch den Hauptbeteiligten mit dem (quotalen) Übergang des wirtschaftlichen Eigentums ist Veräußerung eines Teilanteils gemäß §§ 176, 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Korrespondierend liegt ein Anschaffungsvorgang beim Unterbeteiligten vor. Die atypisch stille Unterbeteiligung ist eine „ähnliche Beteiligung“ i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG7. Hält der Hauptbeteiligte die Beteiligung im Betriebsvermögen, so entsteht bei ihm durch die Veräußerung ein laufender betrieblicher Gewinn bzw. Verlust. Dieser unterfällt zur Ermittlung der Einkünfte dem Halbeinkünfteverfahren bzw. in den Veranlagungs1 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163. 2 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016); Schulze zur Wiesche, GmbHR 1986, 236 (239). 3 Wacker in L. Schmidt, § 15 EStG Rz. 367; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, 334. 4 Fleischer/Thierfeld, Stille Gesellschaft im Steuerrecht, S. 163; ohne abschließende Aussage Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016). 5 BFH v. 9.5.2000 – VIII R 41/99, BFHE 192, 273 = BStBl. II 2000, 686; siehe auch FG Düsseldorf v. 13.6.2001 – 2 K 1235/98 E, EFG 2001, 1383. 6 Siehe BFH v. 26.1.2011 – IX R 7/09, BFHE 232, 463 = BStBl. II 2011, 540 auch zur Abgrenzung eines zivilrechtlichen Durchgangserwerbs von der Begründung wirtschaftlichen Eigentums; BFH v. 1.8.2012 – IX R 6/11, BFH/NV 2013, 9; Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016). 7 BFH v. 26.1.2011 – IX R 7/09, BFHE 232, 463 = BStBl. II 2011, 540.
Levedag
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31.68
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
jahren ab 2009 dem Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG und dem entsprechenden beschränkten Abzug der Anschaffungskosten gemäß § 3c Abs. 2 EStG. Die Einräumung einer typisch stillen Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil löst keine Steuerfolgen aus, da der Hauptbeteiligte die Einlage vereinnahmt und eine zusätzliche Einkunftsquelle beim Unterbeteiligten begründet wird.
31.69 Veranlagungszeiträume bis Ende 2008: Gehört die Beteiligung zum Privatvermögen des Hauptbeteiligten, so kann unter den Voraussetzungen des § 17 EStG, dessen Anwendungsbereich durch die Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 1 % beträchtlich erweitert wurde, durch die Begründung der atypischen Unterbeteiligung ein Veräußerungsgewinnentstehen, der gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG a.F. bis zum Veranlagungszeitraum 2008 dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt. Gemäß § 3c Abs. 2 EStG sind die Anschaffungskosten nur zur Hälfte abzugsfähig. Erfolgte die Einräumung der atypischen Unterbeteiligung innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Erwerb der Hauptbeteiligung, so lag ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG vor, bei dem die Anwendung des § 17 EStG wegen § 23 Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen war. Das StSenkG 2001 unterstellte auch diese Gewinne durch § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. j EStG dem Anwendungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens1.
31.70 Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 unterliegt der Veräußerungsgewinn aus einer wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 1 EStG unverändert dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG). Die Gewinne aus Veräußerungen von nicht wesentlichen Beteiligungen, die nach dem 31.12.2008 erworben oder begründet wurden, sind gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG unabhängig von einer Behaltensfrist steuerpflichtig und unterfallen der Abgeltungsteuer2.
31.71 Die unentgeltliche Einräumung einer atypisch stillen Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil löst gemäß §§ 17 Abs. 1 Satz 4, 20 Abs. 4 Satz 6 EStG keine Besteuerungsfolgen aus. Die unentgeltliche Einräumung einer typischen Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil ist nicht steuerbar3. bb) Beendigung und Veräußerung der Unterbeteiligung
31.72 Auch bei Beendigung des Unterbeteiligungsverhältnisses ist zu unterscheiden: Gehört die typische oder atypische Unterbeteiligung am Kapitalgesellschaftsanteil zum Betriebsvermögen des Unterbeteiligten, so erzielt dieser aus einer vom Hauptbeteiligten gezahlten Abfindung betriebliche Einkünfte, wenn die gezahlte Abfindung den Nennbetrag der Einlage übersteigt, da eine steuerbare Rückveräußerung der Beteiligung an den Hauptbeteiligten vorliegt. Folglich sind die Einkünfte bis Ende 2008 nach dem Halbeinkünfteverfahren und ab dem Veranlagungszeitraum 2009 nach dem Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG (jeweils in Verbindung mit § 3c Abs. 2 EStG) zu ermitteln.
1 Zur Behandlung der Spekulationsgewinne nach der früheren Rechtslage vgl. Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand an Gesellschaftsanteilen, S. 349; Neufang, INF 1987, 8 (13). 2 Auf diese Veräußerungsgewinne ist nicht mehr § 23 EStG a.F. anzuwenden. 3 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016).
922 Levedag
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
Wird die atypische Unterbeteiligung an einer Kapitalbeteiligung im Privatvermögen gehalten, sind Abfindungsgewinne des Unterbeteiligten aus einer wesentlichen „ähnlichen Beteiligung“ gemäß §§ 17 Abs. 1 Satz 3, 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG steuerpflichtig1. Wurde die atypische Unterbeteiligung nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben, unterliegen auch Abfindungsgewinne aus der Rückübertragung nicht wesentlicher Unterbeteiligungen unabhängig von Behaltensfristen in vollem Umfang der Abgeltungsteuer, § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG2.
31.73
Handelt es sich um eine typische Unterbeteiligung an einem Kapitalanteil, so ist der die Einlage übersteigende Betrag der Abfindung bis Ende 2008 in der Regel als sonstiger Vorteil aus dem Kapitalnutzungsverhältnis gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. (siehe Rz. 22.202 ff.) zu versteuern3. Wurde die Unterbeteiligung nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben, ist der Gewinn gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG stets im Rahmen der Abgeltungssteuer zu versteuern. Ein besonderes Entgelt i.S. des § 20 Abs. 3 EStG liegt nicht vor (siehe auch Rz. 22.210 ff.).
31.74
Wie die Beendigung führt auch die Veräußerung einer atypischen Unterbeteiligung an einen Dritten zu steuerpflichtigen Einkünften. Die Ausführungen zur Behandlung von Abfindungen bei der Beendigung gelten hier entsprechend.
31.75
Die Veräußerung der im Privatvermögen gehaltenen typischen Unterbeteiligung war vor Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich nicht steuerbar. Insbesondere war § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. nicht einschlägig, da das Veräußerungsentgelt des Unterbeteiligten vom Dritten nicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Gegenleistung für die Überlassung der Einlage für Rechnung des Hauptbeteiligten erbracht wurde4. Allerdings konnte ein Mehrerlös, der bei der Veräußerung einer typischen Unterbeteiligung erzielt wurde, unter den Voraussetzungen der §§ 22 Satz 1 Nr. 2, 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. als privater Veräußerungsgewinn zu versteuern sein. Gewinne aus Veräußerungen von typischen Unterbeteiligungen an Kapitalgesellschaftsanteilen, die nach dem 31.12.2008 begründet oder erworben wurden, unterliegen jedoch wegen § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG oder § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG der Abgeltungssteuer (siehe auch Rz. 22.218)5. Eine typische Unterbeteiligung an einem Kapitalgesellschaftsanteil ist als rein schuldrechtliche Gewinnbeteiligung kein Einbringungsgegenstand gemäß §§ 20, 21, 24 UmwStG.
31.76
31.77–31.79
frei
1 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, GmbHR 2005, 1633. 2 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016). Bei nicht wesentlichen Beteiligungen konnten Veräußerungsgewinne gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. j EStG a.F. steuerpflichtig sein, wenn die Beteiligung bis zum 31.12.2008 begründet oder erworben wurde. Auch hier gilt wiederum der beschränkte Abzug der Anschaffungskosten gemäß § 3c Abs. 2 EStG, siehe Schulze zur Wiesche, GmbHR 2006, 630 (635); Martens, BB 2005, 1660 (1663). 3 Bei nicht wesentlichen Beteiligungen konnten Veräußerungsgewinne gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. j EStG a.F. steuerpflichtig sein, wenn die Beteiligung bis zum 31.12.2008 begründet oder erworben wurde. Auch hier gilt wiederum der beschränkte Abzug der Anschaffungskosten gemäß § 3c Abs. 2 EStG, siehe Schulze zur Wiesche, GmbHR 2006, 630 (635); Martens, BB 2005, 1660 (1663). 4 Vgl. Rz. 22.210; Märkle, DStZ 1985, 533 (534). 5 Neu in GmbH-Handbuch, Rz. I 3525 (Stand 03/2016).
Levedag
923
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
III. Körperschaftsteuer
31.80 Der Körperschaftsteuer liegt als Prinzip die Trennung der Besteuerung der Körperschaft von derjenigen ihrer Anteilseigner zugrunde. Die Einräumung einer Unterbeteiligung an dem Anteil an einer Körperschaft berührt daher im Ausgangspunkt nicht die Besteuerung der Körperschaft. Körperschaft und Anteilseigner stehen sich vielmehr grundsätzlich wie fremde Dritte gegenüber. Dies gilt auch für denjenigen, der an einem Anteil an einer Körperschaft unterbeteiligt ist. Leistungsbeziehungen zwischen ihm und der Körperschaft sind grundsätzlich steuerlich ebenso anzuerkennen wie Leistungsbeziehungen zu sonstigen fremden Dritten. Soweit körperschaftsteuerlich bedeutsam ist, ob zwischen zwei Personen gesellschaftsrechtliche Beziehungen bestehen – wie insbesondere bei verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen, aber etwa auch bei §§ 8a; 8b Abs. 2 Satz 4; 8c KStG –, ist zwischen typischen und atypischen Unterbeteiligungen zu differenzieren.
31.81 Atypische Unterbeteiligungen an Körperschaften erfordern nach der Rechtsprechung grundsätzlich, dass der atypisch Unterbeteiligte an dem Anteil an der Körperschaft wirtschaftliches Eigentum erlangt1. Erlangt der Unterbeteiligte eine solche Position, ist er nicht nur einkommensteuerrechtlich (vgl. § 20 Abs. 5 Satz 1 EStG), sondern auch körperschaftsteuerlich als gesellschaftsrechtlich Beteiligter anzusehen mit der Folge, dass auf ihn dieselben Regeln anzuwenden sind wie auf unmittelbar gesellschaftsrechtlich beteiligte Personen. Es ist daher etwa anzuerkennen, dass die Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung an dem Anteil an einer Körperschaft bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zum Untergang des Verlustvortrags gemäß § 8c KStG führt2.
31.82 Typische Unterbeteiligungen lassen den Unterbeteiligten hingegen steuerlich nicht in die Position des unmittelbar Beteiligten einrücken. Das Vorliegen einer typischen Unterbeteiligung kann körperschaftsteuerlich dennoch relevant werden, soweit besondere Regeln nicht nur bezüglich Anteilseignern, sondern auch gegenüber diesen nahestehende Personen gelten. Zu diesem Personenkreis werden vielfach auch typisch Unterbeteiligte gehören. Hingegen eröffnet die Einräumung einer typischen Unterbeteiligung nicht den Anwendungsbereich des § 8c KStG.
IV. Gewerbesteuer
31.83 Atypische Unterbeteiligungen an gewerblich tätigen Personengesellschaften werden grundsätzlich wie atypische stille Beteiligungen behandelt, zu deren Gesellschaftsvermögen ein solcher Anteil gehört. Auch atypische Unterbeteiligungen führen daher grundsätzlich zu einer doppelstöckigen Struktur. Die Bezüge der Unterbeteiligten gehören zum Gewinn der Hauptgesellschaft3. Allerdings soll nach h.M. die atypische
1 BFH v. 18.5.2005 – VIII R 34/01, BFHE 210, 247, BStBl. II 2005, 857, Rz. 25 ff. 2 Nach BMF v. 4.7.2008 – IV C 7 – S 2745 – a/08/10001, BStBl I. 2008, 736, Tz. 6 kommt es für den Erwerb nach § 8c KStG auf den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an. 3 Keß in Lenski/Steinberg, Stand: 6/2016, § 2 GewStG Rz. 2270.
924 Lamprecht
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
Unterbeteiligungsgesellschaft selbst keinen eigenen Gewerbetrieb begründen1. Dem ist Kraus mit dem beachtlichen Argument entgegengetreten, dass das GewStG für das Vorliegen eines Gewerbebetriebes an das EStG anknüpft und § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG generell auch auf mitunternehmerische Innengesellschaften – und damit auch auf atypische Unterbeteiligungen – Anwendung findet2. Der Unterschied beider Ansichten ist im Regelfall allerdings gering, da bei Zugrundelegung der Ansicht von Kraus die Hinzurechnungs- bzw. Kürzungsvorschriften von § 8 Nr. 8 bzw. § 9 Nr. 2 GewStG Anwendung finden. Wegen des Vorliegens einer doppelstöckigen Struktur ist die Begründung und Beendigung einer atypischen Unterbeteiligung wegen Verlustes der Unternehmeridentität verlustschädlich i.S. von § 10a GewStG. Soll sich die Unterbeteiligung rechnerisch nur auf einen Teil des Personengesellschaftsanteils beziehen, soll sich Maetz zufolge dieses Ergebnis bezüglich des anderen Teils dadurch vermeiden lassen, dass der unmittelbar beteiligte Gesellschafter diesen verbleibenden Teil gerade nicht in die Unterbeteiligungsgesellschaft einbringt mit der Folge, dass er insofern ohne Zwischenschaltung der Unterbeteiligungsgesellschaft – und damit auch ohne Verlust der Unternehmeridentität – selbst an der Personengesellschaft beteiligt bleibt3. Die Unterbeteiligungsgesellschaft bezieht sich in diesem Fall nur auf den Teil, an dem der Unterbeteiligte – und zwar dann zu 100 % – beteiligt ist4. Insofern geht der Verlustvortrag daher auch nur zu diesem Teil unter.
31.84
Typische Unterbeteiligungen werden gewerbesteuerlich wie typische stille Beteiligungen behandelt. Der Gewinnanteil des typisch Unterbeteiligten wird daher zunächst als Sonderbetriebsausgabe abgezogen, sodann aber nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG wieder hinzugerechnet. Der Gesetzgeber wollte an dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift nichts ändern. Insofern gilt die alte Rechtsprechung zu § 8 Nr. 3 GewStG a.F.5 fort.
31.85
31.86–31.89
frei
V. Erbschaft- und Schenkungsteuer Ist der Unterbeteiligte nur am Gewinn und Verlust des Hauptgesellschafters beteiligt, nicht aber so gestellt, wie wenn er auch am Vermögen der Gesellschaft beteiligt wäre, kann bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nicht über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG eine entsprechende Vermögensquote (§ 3 BewG) zugerechnet werden. Die typische Unterbeteiligung ist vielmehr eine Kapitalforderung i.S. von 1 Sarrazin in Lenski/Steinberg, Stand: 6/2016, § 5 GewStG Rz. 95; Selder in Glanegger/Güroff, § 5 GewStG Rz. 11; Weber in eKomm GewStG, Stand: 5/2016, § 5 GewStG Rz. 19; Haas, GStB 2004, 406 (unter 5.3). Die Berufung auf BFH v. 2.10.1997 – IV R 75/96, BStBl. II 1998, 137 trägt nicht, da dort lediglich die Anwendung von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auf atypische Unterbeteiligungsgesellschaften bejaht wurde. 2 Kraus, Die mitunternehmerische Innengesellschaft in der Gewerbesteuer, S. 111 f. 3 Maetz, DStR 2015, 1844 (1850). 4 Vgl. zur Zulässigkeit, aber auch den strengen Anforderungen an die steuerliche Anerkennung einer quotalen Treuhand an einem Gesellschaftsanteil BFH v. 6.10.2009 – IX R 14/08, BFHE 228, 10, BStBl. II 2010, 460, Rz. 17 ff. m.w.N. 5 BFH v. 8.10.1970 – IV R 196/69, BFHE 100, 254 = BStBl. II 1971, 59.
Wachter
925
31.90
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
§ 12 BewG, die mit dem Nennwert der Einlage anzusetzen ist, sofern nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Die Frage, welcher Wert der Einlage eines Unterbeteiligten beizumessen ist und ob – gemessen am Wert der Beteiligungen – die anteilige Kapitalnutzung des Unterbeteiligten der des Hauptbeteiligten entspricht, ist eine allein wirtschaftliche Frage, für die das BewG unerheblich ist. Vielmehr ist der Wert der Einlage zunächst zum Verkehrswert des Vermögensanteils des Hauptbeteiligten in Beziehung zu setzen. Dementsprechend kann ein werterhöhender Umstand insoweit gegeben sein, als infolge einer bei Ansatz der Verkehrswerte prozentual niederen Einlage diese größere Nutzungen erbringt, als der Beteiligungsquote entspricht. Entsprechend dem logischen Grundsatz, dass der Teil nicht größer sein kann als das Ganze, müssen zwischen dem Wert der Hauptbeteiligung und der Unterbeteiligung Beziehungen derart bestehen, dass die Unterbeteiligung nicht mehr wert sein kann, als ihrem Verhältnis zum Wert der Hauptbeteiligung entspricht1.
31.91 In seiner Rechtsprechung geht der BFH2 bei der schenkweise eingeräumten typischen Unterbeteiligung jedoch davon aus, dass nicht bereits mit Einräumung der Unterbeteiligung ein Vermögensgegenstand zugewendet wird. Erst die tatsächlich an den typischen Unterbeteiligten ausgeschütteten Gewinnanteile oder Liquidationserlöse stellen freizügige Zuwendungen i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Für die Bewertung und das Entstehen der Steuer hat dies zur Folge, dass diese aufschiebend bedingten Zuwendungen nach § 4 BewG und § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG erst berücksichtigt werden können, wenn die Schenkung mit Ausschüttung des Gewinnanteils oder der Auskehrung des Liquidationserlöses ausgeführt ist.
31.92 Bei der Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung kommt die Gewährung der Steuerbefreiung für Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b ErbStG) in Betracht.
31.93 Die Tendenz der Finanzverwaltung bei atypischen stillen Unterbeteiligungen an Personengesellschaften das Vorliegen von begünstigtem Vermögen zu verneinen3, widerspricht dem Gesetzeswortlaut. Bei Vorliegen einer ertragsteuerlichen Mitunternehmerschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG kommt es nicht auf die zivilrechtliche Zuordnung des Betriebsvermögens an4. Die atypische Unterbeteiligung stellt nach richtiger Ansicht begünstigtes Vermögen dar.
31.94 Bei der schenkweisen Einräumung einer typischen stillen Unterbeteiligung scheitert die Anwendbarkeit der Verschonungsregelungen nach Ansicht des BFH allein schon daran, dass durch die Einräumung der Beteiligung schon kein Vermögensgegenstand zugewendet wird5. Ausführlich zum Ganzen siehe § 27.
1 BFH v. 10.3.1970 – BFH II 83/62, BFHE 99, 133 = BStBl. II 1970, 562. 2 BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, DStR 2008, 768 (769). 3 Verfügung der OFD Münster v. 30.3.2007, Kurzinformation. Sonstige Besitz- und Verkehrsteuern Nr. 001/2007, DStR 2007, 1125. Siehe aber auch OFD Karlsruhe v. 18.5.2009 – S 3806/51, ErbSt-Kartei BW § 13a ErbStG Karte 10. 4 So auch Hannes/Otto, ZEV 2005, 464 (467) und Carlé/Fuhrmann, FR 2006, 749 (755). 5 BFH v. 16.1.2008 – II R 10/06, DStR 2008, 768 (769).
926 Wachter
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
VI. Zusammenfassung Steuerrechtlich ist zwischen typischer und atypischer Unterbeteiligung zu unterscheiden: Bei der typischen Unterbeteiligung bezieht der Unterbeteiligte Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Die Gewinnanteile des typischen Unterbeteiligten sind beim Hauptgesellschafter als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Den Hauptbeteiligten trifft die Pflicht zum Kapitalertragsteuerabzug. Die einbehaltene Kapitalertragsteuer wird bis zum Veranlagungszeitraum 2008 beim typischen Unterbeteiligten auf die Einkommensteuer bei der Veranlagung angerechnet. Ab dem Veranlagungszeitraum 2009 hat der Kapitalertragsteuerabzug in der Regel abgeltende Wirkung. Wird die Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten oder greift eine der Ausnahmen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ein, gilt der progressive Steuersatz. Bei der atypischen Unterbeteiligung besteht eine Parallelität der Einkunftsarten, da die Qualifikation der Einkünfte beim Hauptbeteiligten auf den Unterbeteiligten durchschlägt. Es gelten die allgemeinen Kriterien des Mitunternehmerbegriffs, wobei nach richtiger Ansicht bei der Beurteilung der Mitunternehmerinitiative das Wirksamwerden der Mitverwaltungsrechte des Unterbeteiligten auch in der Hauptgesellschaft erforderlich ist. Der Unterbeteiligte bezieht dann gewerbliche Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG. Rechtsprechung und h.L. unterscheiden hingegen zwei Mitunternehmerschaften. Besonderheiten gelten für die Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil: Der dem Unterbeteiligten zugewandte Gewinnanteil beeinflusst den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn der GmbH nicht. Der typische Unterbeteiligte bezieht vom Hauptbeteiligten Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG und unterliegt ab dem Veranlagungsjahr 2009 mit seinen Einkünften aus der stillen Unterbeteiligung der Abgeltungsteuer, es sei denn, es besteht ein besonderes Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 EStG oder die Unterbeteiligung wird in einem Betriebsvermögen gehalten. Hält der Hauptbeteiligte seinen GmbH-Anteil im Privatvermögen, unterliegt er ab dem Veranlagungsjahr 2009 mit seinen Einkünften aus den GmbH-Anteil nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in vollem Umfang der Abgeltungsteuer. Die an den typisch stillen Unterbeteiligten gezahlten Gewinnanteile unterliegen dem Verbot des Abzugs der tatsächlichen Werbungskosten nach § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG. Auf Antrag kann er jedoch nach dem Teileinkünfteverfahren unter Abzug der anteiligen Werbungskosten besteuert werden, wenn er zu mindestens 25 % an der GmbH beteiligt ist oder zu mindestens 1 % an der GmbH beteiligt und für diese beruflich tätig ist, § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG. Hält der Hauptbeteiligte seinen GmbH-Anteil in einem Betriebsvermögen, so unterliegt er dem Teileinkünfteverfahren. Auch bei der atypischen Unterbeteiligung an einem GmbH-Anteil erlangt der Unterbeteiligte der Gesellschaft gegenüber formell keine Gesellschafterstellung. Allerdings ist der atypisch Unterbeteiligte nach h.M. in der Literatur materiell-rechtlich wie ein Quasi-GmbH-Gesellschafter anzusehen. Ihm ist daher unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO der GmbH-Anteil steuLevedag/Lamprecht/Wachter
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31.95
§ 31 Die Unterbeteiligung im Steuerrecht
erlich anteilig entsprechend dem Beteiligungsverhältnis nach dem Unterbeteiligungsvertrag unmittelbar zuzurechnen. In den Veranlagungszeiträumen ab 2009 fallen die Einkünfte daher nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 32d Abs. 1, 43 Abs. 5 EStG unter die Abgeltungsteuer, wenn die Unterbeteiligung im Privatvermögen gehalten wird. Bei qualifizierter Beteiligung ist nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG auf Antrag das Teileinkünfteverfahren anwendbar, so dass Werbungskosten und Verluste wenigstens anteilig berücksichtigt werden können. Wird die atypische Unterbeteiligung in einem Betriebsvermögen gehalten, so ist auf den Unterbeteiligten das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, soweit er Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bezieht, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG. Die typische stille Unterbeteiligung wird für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer grundsätzlich als bloße Kapitalforderung behandelt. Demnach kommt eine steuerliche Verschonung des Erwerbs nicht in Betracht. Eine atypisch stille Unterbeteiligung ist dagegen als Mitunternehmeranteil anzusehen, so dass der Erwerb als Betriebsvermögen steuerlich begünstigt sein kann (§§ 13a, 13b ErbStG).
928 Levedag/Lamprecht/Wachter
IV. Teil: Vertragsmuster
M1
Vertrag ber die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft Vertrag ber die Errichtung einer typischen stillen Gesellschaft1
zwischen der Kommanditgesellschaft unter der Firma X & Co. KG mit Sitz in … (Ort, Straße), vertreten durch ihre persçnlich haftenden Gesellschafter … (Namen, Adressen) – im Folgenden auch: die Inhaberin – und Herrn A, wohnhaft in … (Ort, Straße) – im Folgenden auch: der stille Gesellschafter – § 1 Begrndung der Gesellschaft (1) Die Kommanditgesellschaft unter der Firma „X & Co. KG“ ist Inhaberin des in … (Ort, Straße) betriebenen Handelsgewerbes mit dem Gegenstand … (Unternehmenszweck)2. (2) An diesem Handelsgewerbe beteiligt sich A als stiller Gesellschafter, ohne dadurch am Gesellschaftsvermçgen beteiligt zu sein, nach nherer Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen3. Ergnzend gelten die gesetzlichen Vorschriften der §§ 230 ff. HGB. § 2 Dauer der Gesellschaft, Geschftsjahr (1) Die Gesellschaft wird auf unbestimmte Dauer abgeschlossen und beginnt am …4. (2) Das Geschftsjahr der stillen Gesellschaft entspricht dem der Inhaberin. § 3 Einlage des stillen Gesellschafters5 (1) Der stille Gesellschafter erbringt eine Bareinlage von … Euro. Diese ist sofort fllig. (2) Die Inhaberin ist zur sicherungsweisen Abtretung der Forderung gemß Abs. 1 an Dritte im Rahmen und zur Fçrderung des Unternehmenszwecks der Inhaberin berechtigt.
1 Die elektronische Version der Musterverträge kann beim Verlag abgerufen werden (E-Mail: [email protected]). 2 Vgl. Rz. 10.4 ff.; zur Beteiligung an einem Handelsgewerbe Rz. 5.2 ff. 3 Zur Klarstellung, dass es sich um ein typisches stilles Gesellschaftsverhältnis handelt, könnte man eine Vermögensbeteiligung des Gesellschafters auch ausdrücklich ausschließen; vgl. Rz. 10.1. 4 Vgl. Rz. 10.40. Möglich ist auch die Vereinbarung einer festen Dauer, eventuell mit der Möglichkeit der Fortsetzung, sei es automatisch bei fehlender Kündigung oder durch (formlose) Erklärung; vgl. Rz. 10.40. 5 Vgl. allgemein zu Beitrag und Einlage Rz. 7.1 ff., 10.21 ff.
Kauffeld
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Vertrag einer typischen stillen Gesellschaft § 4 Geschftsfhrung6 (1) Die Geschftsfhrung steht allein der Inhaberin zu7. (2) Folgende Rechtsgeschfte und Handlungen darf die Inhaberin jedoch nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen8: a) nderungen des Gegenstandes des Unternehmens; b) Formwechsel, Verschmelzung oder Spaltung des Unternehmens; c) Erwerb von oder Beteiligung an anderen Unternehmen sowie deren Verußerung; d) Verußerung oder Verpachtung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens; e) Aufnahme neuer Gesellschafter einschließlich der Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter9; f) vollstndige oder teilweise Einstellung des Gewerbebetriebes; g) Errichtung von Zweigniederlassungen; h) Abschluss, nderung oder Aufhebung von Gewinn- und Verlustbernahmevertrgen. (3) Beabsichtigt die Inhaberin die Vornahme einer der in Abs. 2 genannten Maßnahmen, so teilt sie dies dem stillen Gesellschafter unter Beifgung etwaiger fr die Beurteilung maßgeblicher Unterlagen mit und fordert ihn zur Erteilung seiner Zustimmung auf. Ist eine schriftliche Stellungnahme des stillen Gesellschafters innerhalb von … Wochen seit Zugang der Aufforderung nicht erfolgt, so gilt seine Zustimmung als erteilt; hierauf ist in der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme ausdrcklich hinzuweisen. Erklrt der Gesellschafter innerhalb dieser Frist, dass er die vorgenommene Maßnahme nicht billige, so muss er diese bei der Gewinnberechnung und bei der Auseinandersetzung nicht gegen sich gelten lassen. Etwaige weitergehende Rechte des stillen Gesellschafters bleiben unberhrt10. § 5 Informations- und Kontrollrechte, Geheimhaltungspflicht (1) Dem stillen Gesellschafter stehen die gesetzlichen Informations- und Kontrollrechte des § 233 HGB zu11, und zwar auch nach Beendigung der Gesellschaft in dem zur berprfung des Auseinandersetzungsguthabens erforderlichen Umfang.
6 Vgl. Rz. 10.17 ff. 7 Zur Geschäftsführung durch den Inhaber allgemein vgl. Rz. 12.2 ff. Zur Beteiligung des stillen Gesellschafters an der Geschäftsführung vgl. Rz. 12.68 ff. 8 Zur Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis Rz. 12.20 ff. Der Zustimmungskatalog deckt nur die Fälle der Gefährdung des Gesellschaftszwecks ab. Je nach den Umständen kann dem stillen Gesellschafter auch ein Mitwirkungsrecht an über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehenden Geschäftsführungsmaßnahmen und Grundlagengeschäften eingeräumt werden: Grundstücksgeschäfte, Prokuristenbestellung, bestimmte Dauerschuldverhältnisse sowie z.B. Bürgschaften, Schuldversprechen, Garantien, Spekulationsgeschäfte. 9 Bei Publikumsgesellschaften ist dagegen eine ausdrückliche Ermächtigung der Inhaberin zur Aufnahme stiller Gesellschafter empfehlenswert. 10 Zur Haftung des Inhabers für eine schuldhafte Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis vgl. Rz. 12.26. 11 Vgl. allgemein Rz. 10.17 ff., 12.43 ff. Erweiterungen und Beschränkungen sind zulässig, z.B. um die Rechte des § 716 BGB; vgl. Rz. 12.45.
930 Kauffeld
Vertrag einer typischen stillen Gesellschaft (2) Diese Informations- und Kontrollrechte kann der stille Gesellschafter auch durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprfer wahrnehmen lassen. (3) Der stille Gesellschafter hat ber alle ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten der Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung gilt auch fr die Dauer von … Jahren nach Beendigung der stillen Gesellschaft, es sei denn, das Interesse der Inhaberin erfordert die Geheimhaltung nicht. Im Zweifelsfall wird der stille Gesellschafter eine Weisung der Inhaberin zur Vertraulichkeit bestimmter Tatsachen einholen. § 6 Konten des stillen Gesellschafters (1) Die Einlage des stillen Gesellschafters wird auf einem festen und unverzinslichen Einlagekonto verbucht12. (2) Verlustanteile werden auf einem Verlustkonto gebucht. Ist es belastet, werden alle Gewinnanteile dem Verlustkonto gutgeschrieben, bis dieses ausgeglichen ist13. (3) Alle sonstigen die stille Gesellschaft betreffenden Buchungen, insbesondere Gewinngutschriften und Auszahlungen, werden auf einem Privatkonto vorgenommen. Dieses ist im Soll und Haben mit … v.H. ber dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank14 zu verzinsen. § 7 Jahresabschluss15 (1) Die Inhaberin hat innerhalb von … Monaten16 nach Ablauf eines jeden Geschftsjahres den Jahresabschluss (Handelsbilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) zu erstellen und diesen dem stillen Gesellschafter unverzglich zuzusenden. Einwendungen gegen den Jahresabschluss hat der stille Gesellschafter innerhalb von … Wochen nach Zugang des Jahresabschlusses schriftlich geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Frist gilt der Jahresabschluss als genehmigt17. (2) Der Jahresabschluss hat den einkommensteuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu entsprechen. Er ist auch im Interesse des stillen Gesellschafters aufzustellen.
12 Zum Einlagekonto Rz. 7.78 ff. Zur Bewertung der Einlage vgl. Rz. 7.74 ff. Die Höhe der auf dem Einlagekonto verbuchten stillen Beteiligung kann von den Vertragsparteien abweichend bestimmt werden. 13 Vgl. Rz. 14.1, 14.64, 14.76. 14 Es kann natürlich auch eine feste Verzinsung vereinbart werden. 15 Zum Verhältnis des Jahresabschlusses zur internen Rechnungslegung Rz. 13.1 ff., 14.8 ff. 16 § 243 Abs. 3 HGB fordert nur die Aufstellung des Jahresabschlusses „innerhalb der dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechenden Zeit“, vgl. Rz. 14.52. Einen Anhaltspunkt mag die Sechsmonatsfrist des § 264 Abs. 1 Satz 4 HGB für kleine Kapitalgesellschaften bieten. 17 Die Genehmigung des Jahresabschlusses räumt dem stillen Gesellschafter keine Beteiligung an der Feststellung des Jahresabschlusses der Inhaberin ein, sondern bewirkt nur seine Maßgeblichkeit für diese und die folgenden Rechnungsperioden. Die Interessen des stillen Gesellschafters an einer angemessenen Ausübung von Bilanzierungswahlrechten und -spielräumen wird durch Abs. 2 sicher gestellt. Diese Regelung umgeht die Schwierigkeiten einer gesonderten Jahresrechnung für den stillen Gesellschafter, vgl. Rz. 14.5 ff.
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Vertrag einer typischen stillen Gesellschaft § 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung (1) Der stille Gesellschafter ist mit … v.H. am Gewinn und mit … v.H. am Verlust beteiligt18. Dieser Quote liegen die Kapitalverhltnisse bei Begrndung der stillen Gesellschaft zugrunde; ndern sie sich, ist die Quote unter Bercksichtigung der neuen Kapitalverhltnisse entsprechend anzupassen. (2) Der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters ist der im steuerlichen Jahresabschluss ausgewiesene Ertrag vor Bercksichtigung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinn- oder Verlustanteils nach Durchfhrung folgender Korrekturen zugrunde zu legen19: a) Erhçhte Absetzung und Sonderabschreibungen werden nach Wahl der Inhaberin durch degressive oder lineare Absetzung ersetzt. b) Steuerfreie Rcklagen werden bei ihrer Bildung dem Ergebnis zugerechnet, bei ihrer Auflçsung abgesetzt. c) Soweit Vergtungen an Mitunternehmer der Inhaberin gemß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Steuerbilanz nicht als Aufwand abgesetzt sind, sind diese abzusetzen. d) Soweit Leistungen eines Mitunternehmers, die handelsrechtlich als Ertrag anzusehen sind (z.B. Zinszahlungen), in der Steuerbilanz nicht als Einnahmen ausgewiesen werden, sind diese hinzuzurechnen. e) Außerordentliche Aufwendungen und Ertrge, die auf Geschftsvorflle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft zurckgehen, sind hinzu- bzw. abzusetzen. f) Gewinne und Verluste aus Abgngen von Gtern des Anlagevermçgens, die bei Beginn der stillen Gesellschaft zum Betriebsvermçgen der Inhaberin gehçren, sind insoweit hinzu- bzw. abzusetzen, als sie auf Vorflle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft zurckgehen. 3) Wird der Jahresabschluss der Inhaberin (z.B. aufgrund einer steuerlichen Außenprfung) bestandskrftig gendert, so sind die genderten Anstze auch bei der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters zu bercksichtigen; Ausgleichszahlungen sind innerhalb von vier Wochen nach bestandskrftiger nderung des Jahresabschlusses vorzunehmen.
18 Zur gesellschaftsvertraglichen Regelung der Gewinn- und Verlustverteilung Rz. 14.54 ff. Denkbar ist insbesondere die höhenmäßige Begrenzung auf … v.H. der Einlage, bzw. der nach § 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB zulässige Ausschluss einer Verlustbeteiligung oder deren Begrenzung auf die Höhe der Einlage. Auch kann vereinbart werden, dass Gewinnanteile nicht dem Privatkonto, sondern in bestimmter Höhe zunächst dem Einlagekonto des stillen Gesellschafters gutgeschrieben werden, so dass sich der Wert seiner Beteiligung erhöht. 19 Die Ergebnisverteilung ist auf der Grundlage der Handels- oder der Steuerbilanz vorzunehmen. Da erstere aber nicht den Schutz einer steuerlichen Außenprüfung bietet, wird hier die Steuerbilanz zugrunde gelegt. Fehlt eine solche Regelung oder sehen §§ 7, 8 dies vor, so ist die Handelsbilanz maßgeblich. Außerdem sollte zu Beginn der stillen Gesellschaft eine Schätzung des Unternehmenswertes vorgenommen werden, die dann den späteren Bewertungen zugrunde gelegt wird. Die aufgeführten Korrekturen werden wegen § 4 Abs. 3 Satz 3 ergänzt durch die Geschäftsführungsmaßnahmen, die der stille Gesellschafter bei Verweigerung seiner Zustimmung nicht gegen sich gelten lassen muss.
932 Kauffeld
Vertrag einer typischen stillen Gesellschaft § 9 Entnahmen (1) Der stille Gesellschafter ist berechtigt, Entnahmen zu Lasten des Guthabens auf seinem Privatkonto zu ttigen. Die Inhaberin ist berechtigt, das Guthaben des stillen Gesellschafters auf seinem Privatkonto jederzeit ganz oder teilweise auszuzahlen20. (2) Als Abschlagszahlung kann der stille Gesellschafter im laufenden Geschftsjahr jeweils zum Quartalsende Entnahmen in Hçhe von 25 v.H. des zuletzt festgestellten Gewinnanteils vornehmen21. Im Grndungsjahr berechnet sich die Hçhe der Abschlagszahlung nach dem zu schtzenden Gewinnanteil22. Restzahlungen auf den Gewinnanteil bzw. die Rckzahlung berhçhter Abschlagszahlungen mssen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung der Bilanz erfolgen. (3) Die Inhaberin kann die Auszahlung des Gewinnanteils bzw. der Abschlagszahlungen ganz oder zum Teil ablehnen, soweit die Liquidittslage dies erforderlich macht23 oder sich im Laufe des Geschftsjahres ergibt, dass der dem Privatkonto gutzuschreibende Gewinnanteil geringer sein wird als die Summe der gemß Abs. 2 mçglichen Abschlagszahlungen. § 10 Abtretung und Belastung von Anteilen24 (1) Verußerung, Abtretung und Verpfndung des stillen Gesellschaftsanteils sowie die Vereinbarung einer Unterbeteiligung, Nießbrauchbestellung oder anderweitigen Belastungsowie die Begrndung von Treuhandverhltnissen sind nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Inhaberin zulssig. Die Versagung der Zustimmung ist nur aus wichtigem Grund zulssig. (2) Dies gilt auch fr die Abtretung und Verpfndung von Gewinnansprchen und Guthaben auf dem Privatkonto. § 11 Tod des stillen Gesellschafters25 Beim Tod des stillen Gesellschafters treten seine Erben oder Vermchtnisnehmer hinsichtlich der stillen Beteiligung in seine Rechtsstellung ein. Mehrere Erben oder Vermchtnisnehmer haben sich gegenber der Inhaberin durch einen gemeinsamen Bevollmchtigten vertreten zu lassen. Auf Verlangen der Inhaberin hat ihr der Bevollmchtigte seine Vertretungsbefugnis durch notariell beglaubigte Vollmacht nachzuweisen. Mit Ausnahme des
20 Diese Regelung dient zur Vermeidung der Verzinsungspflicht nach § 6 Abs. 3 Satz 2. Denkbar ist auch, eine solche Regelung unter den Vorbehalt bestimmter Kündigungsfristen zu stellen. 21 Vgl. Rz. 14.79. 22 Denkbar ist an dieser Stelle auch eine Regelung, wonach eine Entnahmeberechtigung erst in dem auf das Gründungsjahr folgende Geschäftsjahr besteht. 23 Durch das Entnahmerecht des stillen Gesellschafters können erhebliche Liquiditätsbelastungen für die Inhaberin eintreten. Alternativ zur hier vorgeschlagenen Generalklausel können etwa Kündigungsfristen für Entnahmen ab einer bestimmten Höhe vereinbart oder die Gewinnanteile in entnahmefähige (z.B. i.H. der Steuerpflicht des stillen Gesellschafters) und nicht entnahmefähige eingeteilt werden. 24 Vgl. Rz. 10.29 ff. Ganz zustimmungsfrei könnte man aber die Übertragung des Anteils auf Abkömmlinge stellen. 25 Vgl. Rz. 10.37, 15.49 ff. Die Frage des Todes des Inhabers (Rz. 10.55 ff., 15.42 ff.) stellt sich hier nicht; vgl. aber zur Auflösung der Inhaber-Handelsgesellschaft Rz. 15.58 ff. Bei der Beteiligung am Handelsgewerbe einer natürlichen Person kann die Fortsetzung der stillen Gesellschaft mit den Erben des Inhabers vereinbart werden. Zur erbrechtlichen Regelung Rz. 15.42 ff.
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933
Vertrag einer typischen stillen Gesellschaft Gewinnbezugsrechtes ruhen die Rechte der Erben aus diesem Vertrag bis zum Nachweis der Bevollmchtigung. § 12 Umwandlung der Geschftsinhaberin26 Das stille Gesellschaftsverhltnis endet nicht durch Umwandlung der Geschftsinhaberin und eine damit verbundene Vermçgensbertragung. Durch Anpassung des vorliegenden Vertrages ist jedoch sicherzustellen, dass dem stillen Gesellschafter in dem bernehmenden/neuen Rechtstrger vergleichbare Rechte wie vor der Durchfhrung der Umwandlung zustehen. § 13 Kndigung27 (1) Die stille Gesellschaft kann von jedem der beiden Gesellschafter mit einer Frist von … Monaten zum Ablauf eines Geschftsjahres ordentlich gekndigt werden, erstmals jedoch zum … (2) Das Recht zur Kndigung aus wichtigem Grund bleibt unberhrt; als solcher gilt neben den in § 234 HGB i.V.m. § 723 BGB genannten Grnden insbesondere auch: a) die Auflçsung der Inhaberin; b) die Erçffnung des Insolvenzverfahrens ber das Vermçgen des stillen Gesellschafters oder die Ablehnung der Erçffnung eines solchen Insolvenzverfahrens mangels Masse; c) die Zwangsvollstreckung in Gesellschaftsrechte des stillen Gesellschafters, wenn die Vollstreckungsmaßnahmen nicht innerhalb von … wieder aufgehoben werden; d) die Ertragslosigkeit der Gesellschaft whrend einer Dauer von … Geschftsjahren; e) die Vornahme eines nach § 4 Abs. 2 zustimmungsbedrftigen Geschftes ohne die erforderliche Zustimmung. (3) Der stille Gesellschafter ist berechtigt, die Gesellschaft mit einer Frist von … Monaten zum Monatsende zu kndigen, wenn whrend der Laufzeit der stillen Gesellschaft insgesamt mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile entgeltlich oder im Wege der Kapitalerhçhung an Dritte, die nicht Angehçrige im Sinne von § 15 AO sind, verußert werden. Der stille Gesellschafter hat dieses Sonderkndigungsrecht innerhalb von … Monaten ab Kenntnis von der Verußerung oder Kapitalerhçhung schriftlich auszuben. (4) Die Kndigung ist schriftlich durch eingeschriebenen Brief mit Rckschein oder gegen schriftliche Empfangsbesttigung gegenber dem anderen Vertragspartner auszusprechen. Fr die Fristwahrung ist der Zugang der Kndigung maßgeblich. § 14 Auseinandersetzung28 (1) Bei Beendigung der stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter abzufinden29. (2) Soweit die Beendigung der stillen Gesellschaft nicht mit dem Ende des Geschftsjahres zusammenfllt, ist zur Ermittlung des Auseinandersetzungsanspruchs auf der Grundlage 26 27 28 29
Vgl. Rz. 18.2 ff. Vgl. Rz. 15.20 ff. Vgl. Rz. 10.23 ff., 16.1 ff. Nach hier vertretener Auffassung ist zwischen Auflösung und Beendigung der stillen Gesellschaft zu unterscheiden, vgl. Rz. 15.3 ff.
934 Kauffeld
Vertrag einer typischen stillen Gesellschaft der in §§ 7, 8 genannten Grundstze eine Auseinandersetzungsbilanz auf den Tag der Beendigung aufzustellen30. Die Kosten hierfr werden von der Inhaberin und dem stillen Gesellschafter hlftig getragen. Stille Reserven sind nicht zu bercksichtigen. Am Ergebnis schwebender Geschfte, die nicht bilanzierungspflichtig sind, nimmt der stille Gesellschafter nicht teil31. (3) § 8 Abs. 3 gilt entsprechend. (4) Das Auseinandersetzungsguthabens ist in … gleichen Vierteljahresraten auszuzahlen, von denen die erste … Monate nach dem Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft fllig wird. Vorzeitige Tilgungen sind jederzeit mçglich. Die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ist angemessen zu strecken, wenn die Zahlung nach Satz 1 der Inhaberin im Hinblick auf ihre Liquidittslage unzumutbar ist32. (5) Der noch ausstehende Teil des Auseinandersetzungsguthabens ist mit … v.H. ber dem jeweils gltigen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen sind mit der letzten Rate fllig. § 15 Schriftform, salvatorische Klausel (1) nderungen und Ergnzungen dieses Vertrages kçnnen nur schriftlich wirksam vorgenommen werden. Mndliche Nebenabreden bestehen nicht. (2) Durch die Ungltigkeit einzelner Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags wird die Gltigkeit des Vertrages im brigen nicht berhrt33. In einem solchen Fall oder zur Ausfllung einer ergnzungsbedrftigen Lcke sind die Gesellschafter verpflichtet, durch Beschluss eine angemessene Regelung zu vereinbaren, die dem am nchsten kommt, was jene gewollt haben oder nach dem Sinn und Zweck des Vertrages gewollt haben wrden, sofern sie die Ungltigkeit der Bestimmung oder die Lcke bedacht htten. § 16 Gerichtsstand Gerichtsstand fr smtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist …, soweit dies zulssig vereinbart werden kann34.
30 Vgl. Rz. 16.13, 16.18 ff. Alternativ kann auf den Kontenstand zum letzten vorhergehenden Bilanzstichtag – bereinigt um zwischenzeitliche Entnahmen und Einlagen – abgestellt werden, wobei dann der stille Gesellschafter am Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres zeitanteilig zu beteiligen ist. Damit lassen sich die Kosten der Aufstellung einer Auseinandersetzungsbilanz einsparen. 31 Anders die allerdings streitträchtige gesetzliche Regelung in § 235 Abs. 2 HGB. 32 Diese Regelung enthält eine einseitige Begünstiung der Inhaberin und ist daher nur dann empfehlenswert, wenn im Einzelfall das Bedürfnis besteht, ihren Liquiditätsinteressen besonders Rechnung zu tragen. 33 Nach § 139 BGB ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Gesellschaftsvertrag ohne den nichtigen Teil nicht abgeschlossen worden wäre. Daher empfiehlt es sich, eine Bestimmung wie die in § 15 Abs. 2 genannte in den Vertrag aufzunehmen. 34 Alternativ könnte der Vertrag etwa folgende Schiedsklausel vorsehen: „Für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag wird laut besonderer Urkunde die ausschließliche Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart.“ Vgl. Rz. 10.44 ff.
Kauffeld
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Vertrag einer typischen stillen Gesellschaft § 17 Vertragsausfertigung, Vertragskosten (1) Jede der vertragschließenden Parteien erhlt eine Ausfertigung des Vertrages. (2) Die Kosten des Vertragsabschlusses trgt die Inhaberin. Rechtsberatungskosten trgt jede Vertragspartei selbst. Ort, Datum:
…
Geschftsinhaberin:
…
Stiller Gesellschafter:
…
936 Kauffeld
Vertrag einer atypischen stillen Gesellschaft
M2
Vertrag ber die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft
Vertrag ber die Errichtung einer atypischen stillen Gesellschaft1 zwischen der Kommanditgesellschaft unter der Firma Y & Co. KG mit Sitz in … (Ort, Straße), vertreten durch ihre persçnlich haftenden Gesellschafter … (Namen, Adressen) – im Folgenden auch: die Inhaberin – und Herrn B, wohnhaft in … (Ort, Straße) – im Folgenden auch: der stille Gesellschafter – § 1 Begrndung der Gesellschaft (1) Die Kommanditgesellschaft unter der Firma „Y & Co. KG“ ist Inhaberin des in … (Ort, Straße) betriebenen Handelsgewerbes mit dem Gegenstand … (Unternehmenszweck). (2) An diesem Handelsgewerbe beteiligt sich A als atypischer stiller Gesellschafter nach nherer Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen. (3) Der stille Gesellschafter ist am Ergebnis, Vermçgen und an den stillen Reserven der Gesellschaft beteiligt; die Beteiligungsquote misst sich nach § 8. Das Vermçgen der Gesellschaft wird unbeschadet der Tatsache, dass kein Gesamthandsvermçgen besteht, im Innenverhltnis wie gemeinschaftliches Vermçgen behandelt. Die Beteiligung des stillen Gesellschafters erstreckt sich insbesondere auch auf die offenen und stillen Reserven der Gesellschaft. §§ 2–3 Dauer der Gesellschaft, Geschftsjahr; Einlage des stillen Gesellschafters Wie typische stille Gesellschaft (M 1). § 4 Geschftsfhrung2 (1) Die Geschftsfhrung steht allein der Inhaberin zu. (2) Die Inhaberin darf jedoch folgende Rechtsgeschfte und Handlungen nur mit Zustimmung des stillen Gesellschafters vornehmen:
1 Die elektronische Version der Musterverträge kann beim Verlag abgerufen werden (E-Mail: [email protected]). 2 Um von Mitunternehmerinitiative sprechen zu können, muss dem still Beteiligten so maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen des Inhabers, insbesondere seine Geschäftsführung, eingeräumt werden, dass er im Wirtschaftsleben als Unternehmer erscheint. Hierfür reicht im Regelfall die Einräumung der Rechte des Kommanditisten in §§ 164, 166 HGB oder der bürgerlich-rechtlichen Kontrollrechte nach § 716 BGB, vgl. Rz. 20.70. Ihm kann jedoch auch Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt werden; in diesem Fall wäre die Vereinbarung eines ausdrücklichen vertraglichen Wettbewerbsverbots in Erwägung zu ziehen; vgl. Rz. 12.33 ff.
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Vertrag einer atypischen stillen Gesellschaft a) nderungen des Gegenstandes des Unternehmens; b) Formwechsel, Verschmelzung oder Spaltung des Unternehmens; c) Erwerb von oder Beteiligung an anderen Unternehmen sowie deren Verußerung; d) Verußerung oder Verpachtung des Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens; e) Aufnahme neuer Gesellschafter einschließlich der Beteiligung weiterer stiller Gesellschafter3; f) vollstndige oder teilweise Einstellung des Gewerbebetriebes; g) Errichtung von Zweigniederlassungen; h) Abschluss, nderung oder Aufhebung von Gewinn- und Verlustbernahmevertrgen; i) Abschluss von Rechtsgeschften, durch die die Gesellschaft im Einzelfall oder jhrlich mit mehr als … Euro belastet wird; j) Investitionen ber einen Betrag von mehr als … Euro; k) Erwerb, Verußerung und Belastung von Grundstcken und grundstcksgleichen Rechten; l) Rechtsgeschfte zwischen der Inhaberin und Gesellschaftern der Inhaberin sowie deren Angehçrigen, die ber den Betrag von … Euro bzw. bei Dauerschuldverhltnissen von … Euro p.a. hinausgehen. (3) Beabsichtigt die Inhaberin die Vornahme einer der in Abs. 2 genannten Maßnahmen, so teilt sie dies dem stillen Gesellschafter unter Beifgung etwaiger fr die Beurteilung maßgeblicher Unterlagen mit und fordert ihn zur Erteilung seiner Zustimmung auf. Ist eine schriftliche Stellungnahme des stillen Gesellschafters innerhalb von … Wochen seit Zugang der Aufforderung nicht erfolgt, so gilt seine Zustimmung als erteilt; hierauf ist in der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme ausdrcklich hinzuweisen. Erklrt der Gesellschafter innerhalb dieser Frist, dass er die vorgenommene Maßnahme nicht billige, so muss er diese bei der Gewinnberechnung und bei der Auseinandersetzung nicht gegen sich gelten lassen. Etwaige weitergehende Rechte des stillen Gesellschafters bleiben unberhrt. § 5 Informations- und Kontrollrechte, Geheimhaltungspflicht (1) Neben den gesetzlichen Informations- und Kontrollrechten gemß § 233 HGB stehen dem stillen Gesellschafter auch die Rechte aus §§ 716 BGB, 118 HGB zu. Sie beziehen sich auf alle Bcher und Unterlagen, die der Ermittlung der Besteuerungsgrundlage dienen, also insbesondere auch die Steuerbilanz und die Betriebsprfungsberichte. Dies gilt auch nach Beendigung der Gesellschaft in dem zur berprfung des Auseinandersetzungsguthabens erforderlichen Umfang. (2) Diese Informations- und Kontrollrechte kann der stille Gesellschafter durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprfer wahrnehmen lassen. (3) Der stille Gesellschafter hat ber alle ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten der stillen Gesellschaft Stillschweigen zu bewahren. Diese Verpflichtung gilt auch fr die Dauer von … Jahren nach Beendigung der stillen Gesellschaft, es sei denn, das Interesse 3 Bei Publikumsgesellschaften ist dagegen eine ausdrückliche Ermächtigung der Inhaberin zur Aufnahme stiller Gesellschafter empfehlenswert.
938 Kauffeld
Vertrag einer atypischen stillen Gesellschaft der Inhaberin erfordert die Geheimhaltung nicht. Im Zweifelsfall wird der stille Gesellschafter eine Weisung der Inhaberin zur Vertraulichkeit bestimmter Tatsachen einholen. §§ 6, 7 Konten des stillen Gesellschafters; Jahresabschluss Wie typische stille Gesellschaft (M 1). § 8 Gewinn- und Verlustbeteiligung (1) Der stille Gesellschafter ist mit … v.H. am Gewinn und mit … v.H. am Verlust beteiligt4. Dieser Quote liegen die Kapitalverhltnisse bei Begrndung der stillen Gesellschaft zugrunde; ndern sie sich, ist die Quote unter Bercksichtigung der neuen Kapitalverhltnisse entsprechend anzupassen. (2) Der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters ist der im steuerlichen Jahresabschluss ausgewiesene Ertrag vor Bercksichtigung des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Gewinn- und Verlustanteils nach Durchfhrung folgender Korrekturen zugrunde zu legen5: a) Soweit Vergtungen an Mitunternehmer der Inhaberin gemß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Steuerbilanz nicht als Aufwand abgesetzt sind, sind diese abzusetzen; b) Soweit Leistungen eines Mitunternehmers, die handelsrechtlich als Ertrag anzusehen sind (z.B. Zinszahlungen) in der Steuerbilanz nicht als Einnahmen ausgewiesen werden, sind diese hinzuzusetzen; c) Maßnahmen, zu denen der stille Gesellschafter eine nach § 4 Abs. 3 Satz 3 dieses Vertrages erforderliche Zustimmung verweigert hat und die er demnach nicht gegen sich gelten lassen muss, sind fr die Ermittlung des Ergebnisses nicht zu bercksichtigen. (3) Wird der Jahresabschluss der Inhaberin (z.B. aufgrund einer steuerlichen Außenprfung) bestandskrftig gendert, so sind die genderten Anstze auch bei der Ergebnisbeteiligung des stillen Gesellschafters zu bercksichtigen; Ausgleichszahlungen sind innerhalb von vier Wochen nach bestandskrftiger nderung des Jahresabschlusses vorzunehmen. §§ 9–13 Entnahmen; Abtretung und Belastung von Anteilen; Tod des stillen Gesellschafters; Umwandlung der Inhaberin; Kndigung Wie typische stille Gesellschaft (M 1).
4 Allerdings darf die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden, da es sonst am Mitunternehmerrisiko fehlt. Fehlt eine besondere Regelung zur Gewinn- und Verlustbeteiligung, so erfolgt diese wegen der Mitunternehmerschaft des still Beteiligten so, als sei dieser Kommanditist des Geschäftsinhabers. 5 Da der atypisch stille Gesellschafter an den stillen Reserven beteiligt ist, findet eine Korrektur um erhöhte Absetzungen, Sonderabschreibungen und steuerfreie Rücklagen nicht statt. Gleiches gilt wegen der schuldrechtlichen Vermögensbeteiligung für Geschäftsvorfälle aus der Zeit vor Beginn der stillen Gesellschaft. Zu berücksichtigen sind dagegen Tätigkeits- und sonstige Vergütungen.
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Vertrag einer atypischen stillen Gesellschaft § 14 Auseinandersetzung (1) Bei Beendigung der stillen Gesellschaft ist der stille Gesellschafter abzufinden. (2) Das Auseinandersetzungsguthaben errechnet sich aus: a) dem Saldo des Einlage-, Verlust- und Privatkontos; b) dem seiner Beteiligungsquote entsprechenden Anteil des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven einschließlich des Geschftswertes der Inhaberin. (3) Soweit die Beendigung der stillen Gesellschaft nicht mit dem Ende des Geschftsjahres zusammenfllt, ist zur Ermittlung der Kontenstnde auf den Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft auf der Grundlage der §§ 7, 8 eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen6. Die Kosten hierfr trgt der stille Gesellschafter. Am Ergebnis schwebender Geschfte, die nicht bilanzierungspflichtig sind, nimmt der stille Gesellschafter nicht teil. (4) Zur Ermittlung des Anteils des stillen Gesellschafters an den stillen Reserven ist auf den Tag der Beendigung der stillen Gesellschaft eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen. Zur Ermittlung der stillen Reserven sind7 a) Grundstcke und Gebude durch den nach dem Baugesetzbuch bestellten Gutachterausschuss schtzen zu lassen; b) sonstige Wirtschaftsgter (mit Ausnahme von Beteiligungsrechten) nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften anzusetzen; c) steuerfreie Rcklagen, die whrend der Dauer der stillen Gesellschaft gebildet wurden, aufzulçsen; d) Beteiligungen entsprechend den Buchstaben a–c zu behandeln, bzw., soweit es sich um zum amtlichen Handel zugelassene oder in den geregelten Freiverkehr einbezogene Wertpapiere handelt, die entsprechenden Kurse anzusetzen. (5) Der Geschftswert ist durch einen von beiden Vertragsparteien zu benennenden Wirtschaftsprfer zu ermitteln8. (6) Endet die stille Gesellschaft mit Liquidation der Inhaberin, so ist fr die Ermittlung der stillen Reserven und des Geschftswertes der Liquidationserlçs maßgebend. (7) § 8 Abs. 3 gilt entsprechend.
6 Diese Regelung kann ersetzt werden durch die Zugrundelegung des letzten Jahresabschlusses und eine zeitanteilige Ergebnisbeteiligung für das laufende Geschäftsjahr, wobei in diesem Fall nach Erstellung des neuen Jahresabschlusses der zeitanteilige Ergebnisanteil ergänzend berücksichtigt werden sollte. 7 Bei weniger umfangreichem Betriebsvermögen der Inhaberin kann auch ein weniger aufwendiges Bewertungsverfahren durchgeführt werden, etwa nach dem Verkehrswert der stillen Reserven. Kommt eine Einigung hierüber nicht zustande, so kann die Bewertung durch einen Schiedsgutachter durchgeführt werden. 8 Die Ermittlung des Firmenwertes ist in der Regel schwierig. Es kann daher zweckmäßig sein, die Beteiligung des stillen Gesellschafters am Geschäftswert auszuschließen. Zumindest bei Liquidation des gesamten Unternehmens muss freilich der stille Gesellschafter auch am Geschäftswert beteiligt werden, um die Anerkennung der stillen Gesellschaft als Mitunternehmerschaft zu erreichen, vgl. Rz. 20.70 ff. Bei der atypischen stillen Gesellschaft ist allerdings zwar nicht bei Beendigung allein der stillen Gesellschaft, wohl aber bei Auflösung des gesamten Unternehmens eine Beteiligung des still Beteiligten am selbstgeschaffenen Firmenwert erforderlich, vgl. Rz. 20.75 ff. Diese geschieht dann über den Liquidationserlös.
940 Kauffeld
Vertrag einer atypischen stillen Gesellschaft (8) Das Auseinandersetzungsguthaben ist – außer im Falle der Liquidation der Inhaberin – in … gleichen Vierteljahresraten auszuzahlen, von denen die erste drei Monate nach dem Tag der Auflçsung der stillen Gesellschaft fllig wird. Vorzeitige Tilgungen sind jederzeit mçglich. Die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens ist angemessen zu strecken, wenn die Zahlung nach Satz 1 der Inhaberin im Hinblick auf ihre Liquidittslage unzumutbar ist. Wird die stille Gesellschaft durch Liquidation der Inhaberin beendet, so ist der Auseinandersetzungsanspruch innerhalb von … Monaten nach seiner Feststellung fllig. (9) Der noch ausstehende Teil des Auseinandersetzungsguthabens ist mit … v.H. ber dem jeweils gltigen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen. Die aufgelaufenen Zinsen werden ebenfalls verzinst. Sie sind mit der letzten Rate fllig. §§ 15–17 Schriftform, salvatorische Klausel; Gerichtsstand; Vertragsausfertigung, Vertragskosten Wie typische stille Gesellschaft (M 1). Ort, Datum:
…
Geschftsinhaberin:
…
Stiller Gesellschafter:
…
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Stichwortverzeichnis Die Zahlen beziehen sich auf die Randziffern, Ziffern mit dem Zusatz „M“ auf die Muster ab Seite 929. Abfärbetheorie – Einkommensteuer 22.10 ff. Abgeltungsteuer 22.288 ff.; 23.19 – Ausnahmetatbestände 22.266 ff. – Ausnahmetatbestände, Folgen 22.276 – Back-to-Back Finanzierung 22.275 – Günstigerprüfung 22.284 f., 22.300 ff. – Kapitalertragsteuer 22.287 – nahestehende Personen 22.267 ff. – Pflichtveranlagung 22.294 f. – qualifizierte Beteiligung 22.270 ff. – typische stille Beteiligung 21.5, 21.22; 23.21 – Veranlagungsoption 22.300 f. – Veranlagungswahlrecht 22.296 ff. – Verluste 22.261 – Werbungskosten 22.232, 22.235 f., 22.263 f., 22.298; 23.20 Abgrenzung stille Gesellschaft andere Rechtsformen – Arbeitslohn 20.16 – Darlehen 10.38; 21.61 – Genussrechte 5.38 – Geschäft auf gemeinsame Rechnung 5.4 – Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.6 – Handelsgesellschaften 4.17 ff. – Kapitalgesellschaften 4.17 ff. – KG 5.8 ff. – Koalitions-Franchising 5.2 – Kommissionsgeschäft 5.52 f. – Metageschäft 6.50 – Miet-, Pachtvertrag 5.49 ff. – OHG 5.8 – partiarische Rechtsverhältnisse 5.18 ff. – partiarischer Dienstvertrag 5.39 ff. – partiarisches Darlehen 4.21; 5.20 ff.; 10.38; 29.4 – Personenhandelsgesellschaften 5.8 ff. – stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.2 f., 5.7 – Treuhand 5.54 ff. – Unterbeteiligung 5.5 – Verlagsvertrag 5.50 Abgrenzung typische, atypische stille Gesellschaft 20.66, 20.76 – Beteiligung an stillen Reserven 20.75 – GmbH & Co. KG & Still 20.81 – GmbH & Still 20.78 f. – Grundlagen 20.59 ff. – Steuerrecht 20.15, 20.59
Abschichtungsbilanz 16.10 Abtretung – siehe Übertragung Abwicklungsgesellschaft – stille Gesellschafterin 6.41 accomodatio 3.2 AG & Still – siehe Aktiengesellschaft Agio 22.233; 23.76 Aktiengesellschaft – Firma 10.10 – Geschäftsinhaberin 6.24; 8.18 ff.; 9.58 – Rentengesellschaft 8.21 – stille Gesellschafterin 6.37 – Teilgewinnabführungsvertrag 8.18 – Zustimmung der Hauptversammlung 8.25 – Zweck 1.13 Anerkennung – siehe Steuerliche Anerkennung Anfechtung – siehe Insolvenzanfechtung Angehöriger – siehe Naher Angehöriger Anglo-amerikanischer Rechtskreis 3.83 Anhang 13.61 ff., 13.84, 13.104 Anlagevermögen 13.77 ff. – siehe auch Bilanz Anlegerschutz 19.116 ff. – Agio 22.233 – aufsichtsrechtliche Schranken 19.160 f. – Prospekthaftung 19.117 ff. Anschaffungskosten – Abfindungszahlungen 13.17 – Agio 22.233 – Mitunternehmeranteil 22.120 – negatives Kapitalkonto 22.122 Apotheken 9.77 Arbeitnehmer 2.24 ff.; 5.39 ff. – atypische stille Gesellschaft 2.29 ff. – Beteiligungsübergang im Todesfall 5.43 – Gewinnbeteiligung 2.27 f.; 5.40 f. – Kontrollrechte 5.46 – Mitunternehmerschaft 2.29 ff. – typische stille Gesellschaft 2.33 ff. – Umsatzbeteiligung 5.40 – Verlustbeteiligung 5.42 – Vermögensbeteiligungsgesetz 2.37 ff. Arbeitsleistung 21.48 f.
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Stichwortverzeichnis Arbeitsvertrag – siehe Arbeitnehmer – siehe Dienstvertrag, partiarischer ARGE 24.7 associazione in partecipazione 3.20 ff. Atypische stille Gesellschaft 1.30 ff.; 4.14 f., 4.26 ff.; 20.59; 22.53 – Abfärbetheorie 22.10 ff. – Auflösung 22.131 ff. – Auseinandersetzungsguthaben 16.27 ff. – Bareinlage 22.33 – Begriff, steuerrechtlicher 4.33; 20.59 – beschränkte Steuerpflicht 29.16 ff. – Beteiligtenfähigkeit 22.156 – Betriebsvermögen 22.22 ff. – einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 22.24, 22.152 ff. – Einkünftequalifikation 22.6, 22.9 – Einlagekonto 22.33, 22.35 – Einlageminderung 22.83 ff. – Einspruchsbefugnis 22.157 ff. – Ergänzungsbilanz 22.38 – Erscheinungsformen 4.26 ff. – familiengerichtliche Genehmigung 9.46 f. – fehlerhafte Gesellschaft 11.8 ff. – Geschäftsführungsbefugnis 4.32 – gewerbliche Prägung 22.6 ff., 22.10 ff., 22.16 ff., 22.22 ff.; 23.7 – Gewinnanteil 22.6 ff., 22.50 ff. – Gewinnermittlung 22.22 ff. – Gleichbehandlung der Gesellschafter 12.1 – GmbH-Anteil 22.42, 22.68 – Gründung 22.3 f. – KG 9.66 ff. – Kündigung 15.23 – Mitunternehmerschaft 4.24; 20.70 ff.; 22.5 – negatives Kapitalkonto 22.122 ff. – OHG 9.66 ff. – partielle Beteiligung 22.13, 22.41 – Rechtsberatung 9.78 – Rechtsformwahl 4.25 ff. – Sacheinlage 22.33 – Sonderbetriebsvermögen 22.40 ff. – Sonderbilanz 22.41 – Sondervergütungen 22.40 – Steuerbilanz 22.22 ff. – Steuerrechtssubjektivität 20.67 ff.; 22.5, 22.32 – Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation 22.7 ff., 22.152 – Veräußerungsgewinn, -verlust 22.114 ff. – Verlustausgleich 22.66 – Verlustbeteiligung 8.40; 22.66 ff. – Verlustrücktrag 22.66 – Verlustvortrag 22.66 – Vermögensbeteiligung 4.14 f.; 7.63
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– Vertragsmuster M 2 – Wettbewerbsverbot 12.33 ff., 12.42 – Zulässigkeit 1.32 ff. Atypische Unterbeteiligung – Gewerbesteuer 31.84 – GmbH-Anteil 31.55 – Körperschaftsteuer 31.81 – Mitunternehmerschaft 31.18 ff. – Unterbeteiligter 31.18 Auflösung 15.1 ff. – siehe auch Auflösungsgründe – Abfindung 22.131 ff. – Abwicklungsgesellschaft 15.3 – atypische stille Gesellschaft 22.131 ff., 22.137 – Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff. – Fortsetzungsklauseln 15.9 – Gewinn 22.201 ff. – mehrgliedrige stille Gesellschaft 15.6 – Nachlassteilung 15.52 – schwebende Geschäfte 10.23 ff. – steuerliche Folgen 22.131 ff., 22.140 ff., 22.201 ff., 22.218 ff. – Tod des Inhabers 4.23 – typische stille Gesellschaft 22.202 f., 22.218 ff. – Wesen 15.1 ff. – Wettbewerbsverbot 15.3 – Wirkungen 15.1 ff. – Zeitpunkt 15.3 f. Auflösungsgründe 15.8 ff. – siehe auch Auflösung – Anteilsveräußerung 15.72 – auflösende Bedingung 15.13 – Auflösung Geschäftsinhaber 15.58 – Eheschließung 15.69 – Einlagerückgewähr 15.71 – Geschäftsfähigkeit 15.67 – Gläubigerkündigung 15.39 ff. – Handelsgewerbe 15.70 – Insolvenz 15.62 ff.; 17.7 – Insolvenzplanverfahren 17.8 – Konfusion 15.68 – Kündigung 15.21 ff., 15.30 ff. – Tod des Geschäftsinhabers 15.42 ff. – Tod des stillen Gesellschafters 15.49 ff. – Unmöglichkeit 15.15 ff. – Unternehmensveräußerung 15.72 – Vereinbarung 15.10 – Zeitablauf 15.11 f. – Zweckerreichung 15.14 Auseinandersetzung 16.1 ff., 16.37 f. – siehe auch Auseinandersetzungsguthaben – Abschichtungsbilanz 16.10 – Abschreibungen, überhöhte 16.22 – Anspruchsverrechnung 16.7 – atypische stille Beteiligung 16.10, 16.27 ff.
Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – –
Auseinandersetzungsanspruch 4.29 Auszahlungsanspruch 16.37 ff. Begriff 16.9 Dienstleistungen 16.31 ff. Drittbeziehungen 16.7 Durchsetzungssperre 16.9 Einlage 16.7, 16.20 Erfolgsermittlungsbilanz 16.10 Gesamtabrechnung, Ausnahmen 16.8 Geschäftswert 16.24 Hin- und Herzahlungen 16.8 Klage 16.16 Kontrollrechte 16.46 ff. negatives Kapitalkonto 16.49 ff. schwebende Geschäfte 10.27 f.; 16.16, 16.58 ff. – Sonderfälle 16.29 ff. – stille Rücklagen 16.22 – Stufenklage 16.16 – typische und atypische stille Gesellschaft 16.10 – unterlassene Abschreibungen 16.23 – Unternehmenswert 16.19 – Vertragsfreiheit 16.11 – Wesen 16.1 ff. – Zeitpunkt 16.13 f. – Zweck 16.7 Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff.; 16.15 ff. – atypische stille Gesellschaft 16.27 f. – Auszahlungsanspruch 16.37 ff., 16.68 – Auszahlungssperre 13.50 ff. – Beteiligungskonto 16.18 – Bilanzierung 13.66 ff. – Dienstleistungen 16.31 ff. – Durchsetzung 16.42 ff. – Durchsetzungssperre 16.17 – einfache Rechnungsposten 16.17 – Ermittlung 16.15 ff. – Fälligkeit 16.39 ff. – Firmenwert 16.19 – Gebrauchsüberlassung 16.34 – Gesellschaftsvertrag 10.23 ff. ff. – Höhe 16.18 ff. – Insolvenz 17.44 ff., 17.54, 17.74 – Rechtsnatur 16.29 – Rente 16.41 – Sacheinlage 16.34 ff. – typische stille Gesellschaft 16.19 ff. – Verzinsung 16.38 Ausgabeaufgeld 22.232 Ausländische Anteilseigner – beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. – Körperschaftsteuer 29.22 Auslandsgesellschaften, europäische – siehe Europäische Auslandsgesellschaften
Außensteuergesetz 29.42 ff. Ausstattungsversprechen 7.30 Bankaufsichtsrecht 19a.1 Begriff der stillen Gesellschaft – Steuerrecht 20.5 – Zivilrecht 4.1 ff. Beherrschender Gesellschafter 21.87 ff. – Begriff 21.89 ff. – steuerliche Behandlung 20.84; 21.94 ff. Beitragsleistung – siehe auch Beitragspflicht – Arbeitskraft 7.27 ff.; 21.48 f. – Aufrechnung 7.11 – Bewertung 13.46 f. – Bilanzierung 7.7 ff., 7.31 ff.; 13.40 ff. – Dienstleistungen 7.38 ff.; 13.42 f. – Einbuchung 7.18 ff. – Einlage quoad sortem 7.36 f. – Einlagegutschrift 7.65 – Einrede des nichterfüllten Vertrags 7.55 – Formen 7.6 ff. – Gebrauchsüberlassung 7.31 ff. – Geld- oder Warenkredit 7.43 – Geldeinlage 7.10 ff. – Gesellschaftsvertrag 10.21 f. – gesetzeswidrige 7.50 – Gewährleistung 7.56 f. – Gläubigerverzug 7.60 – immaterielle Beiträge 7.45 – immaterielle Vermögensgegenstände, Aktivierungswahlrecht 13.44 – Nachschusspflicht 10.22 – Nutzungen 13.41 ff. – Nutzungsrechte 13.41 – Rückstand 13.45 – Sacheinlage 7.15 ff. – Schenkung 7.18 ff. – sittenwidrige 7.50 – steuerliche Bedeutung 20.45 – Störungen 7.50 ff. – Treuhandverhältnis 7.60 – Über-, Unterbewertung 7.26 – Unmöglichkeit 7.51 f. – Unterlassungen 7.44 – Verzug 7.54, 7.59 – Wert des Streitgegenstands 7.58 – Zeitpunkt 7.46 ff. Beitragspflicht – siehe auch Betragsleistung – Abgrenzung zu Einlage und Beteiligung 7.1 f. – Geschäftsinhaber 12.2 ff. – Pflichtverletzung 7.54 f., 7.59 – stiller Gesellschafter 7.1 ff. – Umfang 7.3 ff. – Verzug 7.55
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Stichwortverzeichnis Belgien 3.42 ff. Berichtigungsveranlagung 22.186 f. Berufsrecht 9.76 f. Beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. – atypische stille Gesellschaft 29.16 ff. – Außensteuergesetz 29.42 ff. – Betriebsstätte 29.17 – Einkommensteuer 29.1 ff. – Erbschaftsteuer 29.24 f. – Körperschaftsteuer 29.22 – negative ausländische Einkünfte 29.47 ff. – typische stille Gesellschaft 29.6 ff. Beteiligungsverhältnis 7.61 ff. Betreute 9.44 – siehe auch Minderjährige Betriebsaufspaltung – Einkommensteuer 22.202 ff. – Kontrollrechte 12.58 Betriebsausgaben – typische Unterbeteiligung 31.3 f. Betriebsfinanzamt 22.153 f. Betriebsvermögen 20.90; 22.22 ff., 22.256 – phasengleiche Aktivierung 22.197 Bewertung – siehe auch Bilanz – Beitragsleistung 7.68 ff.; 13.46 f. – Dienstleistungen 13.42 – dingliche Sicherheit 27.43 – Einbringung 22.3 – Einzelbewertung 27.27, 27.46 – Erbschaftsteuer 27.27 ff. – Gewinnbeteiligung 22.35 – IFRS/IAS 13.85 ff., 13.101 – Mitgliedschaft 13.80 – Sacheinlage 22.34 – stille Beteiligung 13.35 ff. – Vermögenseinlage 10.21 Bilanz 13.13 ff. – siehe auch Handelsbilanz – siehe auch Steuerbilanz – Abschichtungsbilanz 16.10 – Aufstellung 13.16 – Auseinandersetzungsguthaben 13.66 ff. – Bedeutung 13.9 – Eigenkapital 13.21 ff. – Erfolgsermittlungsbilanz 16.10 – Ergänzungsbilanz 22.38 – Ergebniskorrektur 13.63 – Feststellung 13.16 – Fremdkapital 13.22; 19a.11, 19a.22 – Gewinnanspruch 13.49 – interne Rechnungslegung 13.9 – stille Beteiligung 13.77 ff. – Überschuldungsstatut 17.15 ff. – Unterzeichnung 13.16
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Buchführung 13.1 ff. – Einlagekonto 13.15 f. – Pflicht, Geschäftsinhaber 13.13 ff. – Pflicht, stille Gesellschaft 13.9 ff. Buchwertklauseln – Wirksamkeit 10.24 ff. collegantia 3.3 commenda 3.2 commendator 3.1 CRR 19a.14 ff. Darlehen, partiarisches 4.21 – Abgrenzung stille Gesellschaft 4.21; 5.20 ff.; 10.38; 21.61; 29.4 – Insolvenz des Darlehensnehmers 5.27 – Kapitalmarktrecht 5.31 – Kündigung 5.22 – Rückzahlung 5.22 – Steuerrecht 5.30 – Tod des Darlehensnehmers 5.28 – Übertragbarkeit 5.25 – Widerruf 5.26 Debt-Mezzanine-Swap 23.29 Dienstleistungen – Vermögenseinlage 7.38 Dienstvertrag, partiarischer 2.27 f.; 5.39 ff. – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.39 – Gewinnbeteiligung 5.40 f. – Kontrollrechte 5.46 ff. Dokumentationspflichten 20.26 Doppelbesteuerung 29.26 ff. – per-country-limitation 29.28 Doppelbesteuerungsabkommen 29.30 f., 29.34 – atypische stille Gesellschaft 29.36 ff. – Außensteuergesetz 29.42 ff. – Großbritannien 29.41 – Qualifikationskonflikt 29.38 ff. – Schweiz 29.39 – Treaty Override 29.40 f. – typische stille Gesellschaft 29.31, 29.34 f. – USA 29.35 Doppelstöckige Personengesellschaft 24.9 f., 24.45 ff. Eigenkapital – Basel I 19a.7 – Basel III 19a.2, 19a.12 – CRR 19a.2 – Gewinn- und Verlustrechnung 13.62 – Qualifikation 13.2 Eigenkapitalähnliche stille Beteiligung 7.81; 17.17 f. – Abgeltungsteuer 22.288 ff. – Auflösungsgewinn 22.202 f., 22.218 – Bilanzierung 13.21 ff., 13.36 ff.
Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – –
Einspruch 22.157 ff. Ergänzungskapital 19a.20 Finanzplanabrede 17.29 gewillkürte 17.17 f. GmbH 17.59 ff. GmbH & Co. KG 17.61 Insolvenz 17.17 ff., 17.50 ff. Kernkapital 19a.5 ff., 19a.16 KWG 7.82; 19a.5 ff. MoMiG 17.28, 17.60, 17.122 f. Nachrangabrede 13.24; 17.17 f. negative Einnahmen 22.185 Qualifizierung 13.19 f. steuerliche Bedeutung 19a.11 stille Beteiligung als Gesellschafterdarlehen 17.59 ff. – typische stille Beteiligung 22.182 – typische stille Gesellschaft 22.166 ff. – typischer Unterbeteiligter 31.3 – Veranlagung 22.293 – Werbungskosten 22.231 ff., 22.235 f., 22.239 ff. – zusätzliches Kernkapital 19a.18 Eigenkapitalersetzende stille Beteiligung 17.23, 17.33 ff.; 23.82 ff. Einbringung – GmbH & atypisch Still 23.59, 23.64 – Kapitalgesellschaft 22.140 f. – quoad sortem 7.36 f. – quoad usum 7.31 ff. Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 22.152 ff. – gewerbliche Einkünfte 22.10 ff. – Gewinn- und Verlustfeststellung 22.87 – Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter 22.107 – Unterbeteiligung 31.30 ff., 31.67 Einkommensteuer 22.1 ff. – siehe auch Abgeltungsteuer – Abfärbetheorie 22.10 ff. – atypische stille Gesellschaft 22.3 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.1 ff. – typische stille Gesellschaft 22.166 ff. – typische Unterbeteiligung 31.15 – Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter 22.107 ff. – Zinsschranke 22.57 ff., 22.171 Einkünfte aus Gewerbebetrieb – atypische stille Gesellschaft 22.6 ff. – einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 22.152 ff. – typische stille Gesellschaft 22.166 ff. – Unterbeteiligter, atypischer 31.23 ff. Einkünfte aus Kapitalvermögen 22.181 – Günstigerprüfung 22.300 ff.
– Tarif 22.283 ff. – Verlustverrechnung 22.261 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft – typische stille Beteiligung 22.182 – typische stille Gesellschaft 22.182 Einkünfte aus selbständiger Arbeit – Geschäftsführergehalt 22.52 f. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung – Betriebsaufspaltung 22.102 – Sacheinlage 22.33 Einkünfteermittlung – GmbH & atypisch Still 23.57 – Sondervergütungen 23.57 Einkunftsart – siehe auch Einkünfte aus – Forderung 22.33 Einlage – siehe auch Vermögenseinlage – Bareinlage 22.33 – Dienstleistungen 7.38 – Forderung 7.11; 22.33 – Geldeinlage 7.10 ff. – gesplittete 14.35; 17.19 – Nachhaltigkeit 13.26 ff. – Sach- und Rechtsmängelgewährleistung 9.11 – Sacheinlage 7.15 ff. Einlagekonto 7.78 f.; 13.19 ff.; 14.75 f., 14.78; 22.33 ff. – Auseinandersetzung 16.20, 16.49 ff. – Buchwertabfindung 10.24 f. – Einkommensteuer 22.33 ff., 22.74 – Ergänzungsbilanz 22.39 – Gewinnanteile 14.75 – Gewinnthesaurierung 14.76 – Mehrkontenmodell 22.37 – steuerliche Bewertung 22.35 – Verlustanteile 13.50 Einlageleistung 7.1 ff. – Thesaurierungsbegünstigung 22.88 Einmann-Kapitalgesellschaft – Geschäftsinhaberin 6.48 – handelsrechtliche Anerkennung 2.9 – steuerrechtliche Anerkennung 2.12 f. England 3.83 Entnahme – Bilanzierung 13.59 – Thesaurierungsbegünstigung 22.88 ff. Erbengemeinschaft 9.75 – Geschäftsinhaberin 6.35 – Nachlassteilung 15.52 – stille Gesellschafterin 6.44 – Umwandlung in OHG 15.46 Erbfolge – Beteiligung an der Unternehmenssubstanz 2.20 – Tod des Geschäftsinhabers 4.23
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Stichwortverzeichnis – Unterbeteiligung 30.3 f. – vorweggenommene Erbfolge 2.21 Erbschaftsteuer 27.1 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.24 f. – Betriebsvermögen 27.27, 27.31 – Bewertung 27.27 ff. – BVerfG 27.1, 27.28 – Dienste 27.44 – dingliche Sicherheit 27.43 – Entstehung 27.20 ff. – Ertragswertverfahren, vereinfachtes 27.52 ff. – Freibeträge 2.22; 27.79 f. – Gegenstand der Zuwendung 27.24 – Gewinnbeteiligung 8.13; 27.10, 27.36 – Gewinnbeteiligung, Übermaß 27.16 ff. – Jahresertrag 27.53 – Kapitalforderungen 27.27 f. – Kapitalisierungsfaktor 27.54 – Kapitalkonto 27.6 – Mitunternehmeranteil 27.70 f. – Privatvermögen 27.32 – Rückdatierung 27.23 – Schenkung 2.22; 7.18 ff.; 27.5 ff. – Sonderbetriebsvermögen 27.48 – Steuersätze 27.81 – Steuertatbestand 27.4 – Unterbeteiligung 30.3 f.; 31.90 ff. – Verlust 27.41 – Vermögenseinlage 27.6 – Verschonung 27.59 ff. – Zuwendungsnießbrauch 27.73 Erfolgsermittlungsbilanz 16.10 Ermäßigter Steuersatz 22.147 Europäische Auslandsgesellschaften – Geschäftsinhaber 6.31 ff. – Umwandlung Geschäftsinhaber deutscher Rechtsform 18.69 EWIV 6.23 – Geschäftsinhaber 6.23 – stille Gesellschafterin 6.40 Familiengerichtliche Genehmigung – Gesellschaftsvertrag 6.38; 9.46 ff. – Schiedsvertrag 10.52 – steuerliche Anerkennung 21.35 – Unterbeteiligung 30.36 f. Familiengesellschaft 2.18 ff.; 20.86 f. – siehe auch Familiengerichtliche Genehmigung – Ausstattungsversprechen 7.30 – befristete Schenkung 21.42 – Beitragsleistung 21.48 f. – Entnahmerecht 21.44 – Ergänzungspfleger 9.45 – Fremdvergleich 21.36 ff. – Gestaltungsziele 21.1 ff.
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– Gewinn- und Verlustbeteiligung 21.38, 21.44 ff. – Gewinnverteilung, unangemessene 14.56 – klare und eindeutige Vereinbarung 21.30 ff. – Kontrollrechte 21.37 – Kündigungsrecht 21.43 f. – Minderjährige 9.40 f. – Nachweis 21.27 f. – Nichtanerkennung 21.62, 21.74 – Schenkung 21.54 f., 21.59 – Schenkungsteuer 21.47 – steuerliche Anerkennung 21.27 ff. – tatsächliche Durchführung 21.46 ff. – typisch stille Beteiligung 21.22 – Verfügung über Gewinnanteil 21.46 f. – Vermögenseinlage 21.46 ff. – zivilrechtliche Wirksamkeit 21.33 f. Fehlerhafte Gesellschaft 11.1 ff. – Bestandsschutz 11.3 – Grenzen 11.19 ff. – Grundsätze 11.4 – KWG 11.22 – Minderjährige 11.24 f. – Rechtsfolgen 11.28 ff. – Schadensersatz 11.32 – Scheingesellschaft 11.27 – Steuerrecht 20.11; 21.33 f. – Verkehrsschutz 11.3 Feststellungsbescheid 22.152 ff. Fiktivkaufleute 6.15 Firma 10.6 ff. Firmenwert 14.41 Formbedürftigkeit – Gesellschaftsvertrag 9.24 ff. – steuerliche Bedeutung 20.25, 20.33 f.; 21.31 Formelle Privatisierung 2.48 Frankreich 3.8 ff. Fremdkapital – Abgrenzung Eigenkapital 19a.11, 19a.22 – Qualifikation 13.2 Fremdvergleich 21.36 ff. Fünftelregelung 22.151 Garantieversprechen 4.9 Gebrauchsüberlassung 7.31 ff. Geheimhaltungspflicht 10.41 f. Geldeinlage 7.10 ff. Gemeinsamer Zweck 4.9 Genossenschaft – Genussrechte 5.38 – Geschäftsinhaber 6.27 f. – stille Gesellschafterin 6.39 Genussrechte 19a.22 Gerichtsstand 6.54; 10.16 Geschäftsführung – atypischer stiller Gesellschafter 22.53
Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – –
Aufgaben 12.2 ff., 12.18 Aufnahme eines stillen Gesellschafters 2.9 Aufwendungen 12.23 Ausschluss des Geschäftsinhabers 12.21 Außenverhältnis 5.11 f.; 12.37 außergewöhnliche Maßnahmen 12.61 f. Berichtigungsveranlagung 22.186 f. Beschränkung 12.19 f. ff. Betriebsprüfung 22.186 f. Einkommensteuer 22.167 ff. Einkommensteuer, typische Unterbeteiligung 31.14 – Einnahme-Überschuss-Rechnung 22.170 – Entzug 12.22, 12.38 – Gesellschaftsvertrag 12.1; 19.80 – Haftung Geschäftsinhaber 12.26 f. – Kapitalertragsteuer 31.17 – Korrespondenz von Herrschaft und Haftung 12.67 ff. – Pflicht des Geschäftsinhabers 12.18 – Pflichtverletzung, Folgen 12.26 ff. – Privatentnahmen 12.25 – Prozesspartei 10.16 – Rechtsstellung 19.80 ff. – stiller Gesellschafter 12.36 ff. – Tod 4.23 – Treuepflicht 12.1, 12.29 ff.; 19.80 – Überschreitung der Befugnisse 12.19 – Umfang 12.19 – Veräußerung des Geschäftsbetriebes 12.17 – Vergütung 12.23 f., 12.39 ff.; 22.52 f. – Vertretung 12.3 – Zustimmungsbedürftigkeit 12.20 Geschäftsinhaber – Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis 12.20 – Betreiber des Handelsgewerbes 12.4 – Betreibereigenschaft 6.16 – Erbengemeinschaft 6.35 – Erbfolge 10.55 ff. – EWIV 6.23 – Fiktivkaufmann 6.15 – Firma 10.6 ff. – Gelegenheitsgesellschafter 6.6 f. – Grenzen des unternehmerischen Spielraums 12.8 ff. – Grundtatbestand 6.4 – Handelsgesellschaft 6.24 – Handelsgewerbe 6.12 ff. – Inhabergeschäfte 12.6 – Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital 6.26 – Kapitalverwaltungsgesellschaft 6.26 – Kaufmannseigenschaft 6.1 f. – Körperschaften des öffentlichen Rechts 6.36
– – – – – –
Liquidationsgesellschaft 6.30 natürliche Person 6.4 Partnerschaftsgesellschaft 6.22 Personenhandelsgesellschaft 6.18 f. persönliche Umstände 12.4 Pflicht zur Fortführung des Handelsgewerbes 12.13 ff. – Pflicht zur Geschäftsführung 12.2 ff. f., 12.18 – Pflicht zur Rücksichtnahme 12.7 – Privatentnahmen 12.25 – Recht zur Geschäftsführung 12.2 ff. – Rechtsstellung 12.2 ff. – REIT-Aktiengesellschaften 6.26 – Societas Europaea 6.24 – Stellvertretung 12.37 – stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts 6.3 – Tod 4.23; 10.55 ff.; 15.42 ff. – Vermögensgemeinschaft 4.28 – Vermögensverwaltung 6.6 – Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit 6.29 – Vorgesellschaft 6.24 f. – Wechsel 10.39 – Wettbewerbsverbot 12.33 ff. Geschäftsvermögen 4.20 Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.6 f. – mehrere stille Gesellschafter 6.57 f., 6.62 – Unterbeteiligung 6.53 – Zweck 1.12 Gesellschafterdarlehen 17.33 ff. – des eigenkapitalähnlichen Stillen 17.34 – stille Beteiligung 17.59 f., 17.66, 17.82 – Surrogat 17.25, 17.30, 17.59 f., 17.66, 17.82, 17.118, 17.120 Gesellschafterwechsel – siehe auch Übertragung der stillen Beteiligung – siehe auch Veräußerung des Geschäftsbetriebs – Gesellschaft als stille Gesellschafterin 6.42 Gesellschaftsvermögen – atypische stille Gesellschaft 4.14 f. – Pfändung 4.15 – stille Gesellschaft 4.3 Gesellschaftsvertrag – siehe auch Gesellschaftsvertrag – Inhalt – siehe auch Kündigung – AG als Geschäftsinhaberin 8.18 ff.; 9.58 ff. – AG als stille Gesellschafterin 9.60 – Allgemeine Geschäftsbedingungen 5.29; 9.33; 19.43 – Änderung des Handelsgewerbes ohne Zustimmung 12.10 ff. – Anwendbarkeit der §§ 320 ff. BGB 9.9 f. – Auflösungsklage 15.34
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Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Auseinandersetzung 16.11, 16.25, 16.40 Auslegung 19.41 ff.; 21.30 Bedeutung 4.19; 9.1 f. Bedingung 9.23 Befristung 9.23 Beitragspflicht 7.3 ff. Berufsrecht 11.23 besondere Abschlusskonstellationen 9.18 f. Betreuter 9.44 Bevollmächtigte 9.55 Einmann-GmbH & Still 21.100 Entstehung der stillen Gesellschaft 9.1 Erbengemeinschaft 9.75 Essentialia negotii 9.3 familiengerichtliche Genehmigung 9.46 f. Formbedürftigkeit 9.24 ff., 9.29; 19.40; 20.33 f.; 21.30 ff. gemeinsamer Zweck 9.3 Genossenschaft 9.64 f. Genossenschaft als Geschäftsinhaberin 9.64 Genossenschaft als stille Gesellschafterin 9.65 Gesellschaft bürgerlichen Rechts 9.73 Gesellschaft in Liquidation 9.74 Gesetzeswidrigkeit 11.20 ff. Gestaltungsfreiheit 1.16 ff.; 10.1 ff. Gewährleistung 9.11 gewerberechtliche Schranken 9.80 Gewinnbeteiligung 8.1 GmbH als Geschäftsinhaberin 8.23 f.; 9.61 f. GmbH als stille Gesellschafterin 9.63 Grundstück 9.25 f. Handelsgeschäft 9.6 Handlungsbevollmächtigte 9.57 Inhabergeschäft 9.56 Inhalt 9.3; 10.1 ff. Inhaltskontrolle 5.29; 9.33; 19.41 ff. Inhaltsmängel 9.31 f. Insichgeschäft 9.39, 9.45 Kapitalgesellschaft 9.61 Kartellverbot 9.83, 9.85 KG 9.66 ff., 9.71 f. Kontrollrechte 16.48 Mängel 11.1 ff. Mehrgliedrigkeit 9.19 Minderjährige 9.40 f.; 11.25 Missbrauch der Vertretungsmacht 9.35 ff. Muster M 1 f. Nachweisfunktion 20.25; 21.31 Nichtigkeit 8.15; 11.3, 11.21 OHG 9.66 ff., 9.71 f. organisationsrechtliche Natur 9.5 Parteienkonsens 9.21 Prokuristen 9.56
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Rechtsnatur 9.4 ff. Schenkungsversprechen 9.27 schwebende Geschäfte 16.58 Sittenwidrigkeit 9.32; 11.20 ff. Stellvertretung 9.18, 9.35 ff., 9.54 ff. Täuschung, Drohung 11.26 Tod des Geschäftsinhabers 15.43 f. Tod des stillen Gesellschafters 15.55 f. Unmöglichkeit der Sacheinlage 9.10 Unterbeteiligung 30.26 ff. Verbraucherschutz 9.34; 19.59 ff. versteckter Einigungsmangel 9.22 Vertragspartner 9.19 Vertragsschluss 9.12 ff. Vertragsschluss, Vertreter 9.35 ff., 9.55 ff. – Vertretung kraft Amtes 9.54 – Vorvertrag 9.20 – Wettbewerbsrecht 9.84 – Widerruf 9.34 – Willensmängel 9.30, 9.33 – Wirksamkeit 9.20 – Wirksamwerden 9.23 – Zustimmungserfordernis 8.26 ff. Gesellschaftsvertrag – Inhalt 10.1 ff. – Abfindungsklausel 10.24 ff.; 19.110 ff. – Abschreibungen 13.80 ff. – Auseinandersetzungsguthaben 10.23 ff. – Beitragsleistung 10.21 f. – Buchführung 13.1 ff. – Dauer 10.40 – Eintrittsrecht 10.65 – Entnahmerecht 8.11 – Erbfolge 10.62 ff. – falsa demonstratio 10.3 – Firma 10.6 ff. – Geheimhaltung 10.41 f. – Geschäftsführungsbefugnis 12.61 – Gestaltungsfreiheit 10.1 – Gewinn- und Verlustbeteiligung 8.8 ff., 8.40 f.; 10.21 f. – Glücksspiel 10.14 – Hinauskündigungsklausel 19.92 – Informationsrechte 10.17 ff. – Insolvenz 17.18, 17.26 f. – Kontrollrechte 10.17 ff. – Mindestinhalt 10.1 ff. – Mitwirkungsrechte 10.17 ff. – Schiedsvertrag 10.46 ff. – schwebende Geschäfte 10.23 ff. – Sicherheiten 10.43 – Sitz des Unternehmens 10.15 f. – stille Reserven 10.25 – Übertragbarkeit der stillen Beteiligung 10.34 ff. – Unternehmensgegenstand 10.13 f. – Vertragsstrafen 10.65
Stichwortverzeichnis – Vorkaufsrecht 10.65 – Wettbewerbsverbot 12.35 Gesellschaftszweck 1.11 ff. – Änderung 4.31 – Unmöglichwerden 15.15 – Zweckerreichung 15.14 Gestaltungsfreiheit 1.16 ff., 1.28 ff.; 10.1 ff. – Gesellschaftsform 1.16 ff. – Grenzen 1.18 ff., 1.26 – Gründe 1.16 – stille Gesellschaft 1.28 ff. Gestaltungsmissbrauch 20.10, 20.50 ff. Gewerbe 6.5 ff. f. – erlaubte Tätigkeit 6.8 – freiberufliche Tätigkeit 6.11 – Gelegenheitsgesellschaft als Hauptgesellschafterin 6.7 – Gewinnerzielungsabsicht 6.9 – wirtschaftliche Tätigkeit 6.9 Gewerbeertrag 24.26 ff., 24.76 f. Gewerberechtliche Errichtungsschranken 9.80 Gewerbesteuer 24.1 ff. – Abfärberegelung 24.8, 24.74 – Abziehbarkeit als Betriebsausgabe 19a.24 – Abzugsfähigkeit 19a.24; 23.16; 24.5 – Anrechnung 22.165; 24.3, 24.59 ff., 24.73 f. – ARGE 24.7 – atypische stille Gesellschaft 24.6 – atypische Unterbeteiligung 31.83 f. – Besteuerungsgrundlage 24.26 ff., 24.76 f. – doppelstöckige Personengesellschaft 24.9 f., 24.45 ff. – Erhebungszeitraum 24.57 – erweiterte Kürzung 24.8, 24.32, 24.74 – Freibetrag 24.55 f., 24.74 – Gewerbeertrag 24.26 ff., 24.31, 24.76 f. – GmbH & Still 21.83 – Haftung 24.25 – Hebesatz 24.58 – Hinzurechnung 24.21, 24.29 f., 24.78 ff. – Körperschaftsteuer 31.83 – Kürzung 24.21, 24.31 – mehrere Gewerbebetriebe 24.9, 24.12, 24.74 – mehrere stille Beteiligungen 24.11 – Mindestbesteuerung 24.50 – Organschaft 24.33 f., 24.74 – sachliche Steuerpflicht 24.1 f., 24.6, 24.74 – Schachtelbeteiligung 24.30 – Steuermessbetrag 24.54 – Steuermesszahl 24.54 – Steuervergünstigungsabbaugesetz 23.47 – subjektive Steuerpflicht 24.22 ff. – Tracking-Stocks 24.13 ff. – typische stille Gesellschaft 24.74 – typische Unterbeteiligung 31.85
– Unternehmensidentität 24.35 ff., 24.46 ff., 24.74 – Unternehmensteuerreform 2008 24.4 – Unternehmeridentität 24.37 f., 24.44, 24.46 ff., 24.74 – Verfahrensrecht 24.65 ff. – Verlustverrechnung 24.35 ff., 24.46 ff., 24.74 – Verlustverrechnungsbeschränkung 23.90 – Verlustvortrag 24.49 ff., 24.74 Gewinn – Begriff 8.2 – Berechnungsgrundlage 14.10 ff. – Handelsbilanzgewinn 14.11 ff. – Liquidationsgewinn 8.7 – Mindestgewinn 8.31 ff., 8.37 – Steuerbilanzgewinn 14.14 ff. Gewinn- und Verlustbeteiligung 8.2, 8.8 ff., 8.37 – siehe auch Gewinnanspruch – siehe auch Gewinnanteile – siehe auch Gewinnbeteiligung, unangemessene – Abgrenzung der stillen Gesellschaft zum Darlehen 8.4 – Arbeitnehmer 5.40 ff. – Arten 8.8 ff., 8.40 f. – atypische stille Gesellschaft 22.50, 22.52, 22.65 ff. – Ausschluss 8.15, 8.37 f.; 14.3, 14.62 – Begrenzung durch § 15a EStG 22.244 – Begriff 8.2 ff. – Bemessungsgrundlage 14.1 – Berechnung 13.61, 13.83 – Berechnungsgrundlage 14.8 – Besteuerung bei Auflösung 22.203 ff. – Betriebsprüfung 22.186 f. – Bilanzierung 13.48 ff.; 22.196 – Eigenkapital 13.62 – einheitliche Gewinnfeststellung 22.152 ff. – Einkommensteuer 22.184 ff. – Einlagekonto 14.64, 14.77 – Einschränkung des Verlustabzuges 22.68 – Entnahmen 8.11 – Entschädigung für Aufgabe 22.207 ff. – Entschädigung für entgangene Gewinne 22.206 f. – Erlass 17.103 ff. – Familiengesellschaften 14.56; 21.38, 21.44 – Fremdkapital 13.61 – Gesellschaftsvertrag 8.40 f.; 10.2, 10.21 f. – gesetzliche Regelung 14.1 – Gewinnbeteiligung 14.3 – Gewinngarantie 8.6, 8.31, 8.33 – Höchstbetrag 8.6 – Insolvenz 17.76 – Kapitaldividende 8.10
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Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Maßstäbe 8.40 Mindestgewinn 8.6 Nachschusspflicht 14.65; 17.77; 20.22 negative Einnahmen 22.194 partiarische Rechtsverhältnisse 5.16 f. phasengleiche Aktivierung 22.197 Publikumsgesellschaft 14.60 Schenkung 8.13; 27.10 schwebende Geschäfte 10.27 f. steuerliche Bedeutung 20.8, 20.42 Tarifbegünstigung 22.206 typische stille Beteiligung 22.278 typischer stiller Gesellschafter 22.166 ff. überhöhte 8.13 Umfang 14.27 ff., 14.64 Umsatzbeteiligung 8.5 Umwandlung 14.58 Umwandlung Gesellschaftsanteil in stille Beteiligung 14.58 f. – Unangemessenheit 14.56 – uneingeschränkte Verlustbeteiligung 14.65 – Unterbeteiligung 30.55 – Verlustbeteiligung 14.61 – Verlustbeteiligungsausschluss 14.62 – Verlustverteilungsschlüssel 14.61 ff – Verteilungsschlüssel 14.1 – vertragliche Regelung 14.2, 14.55, 14.64 – Vertragspraxis 14.8 f. – Verzinsung 8.10 – Vorzugsdividende 14.59 – Zufluss 22.169 f. Gewinn- und Verlustrechnung – Betriebsprüfung 13.63 – Ergebniskorrektur 13.63 Gewinnabführungsvertrag – siehe auch Teilgewinnabführungsvertrag – Kollision mit stiller Gesellschaft 8.35 f. Gewinnanspruch – Beschränkung 21.45 – Bilanz 13.49 – deklaratorisches Schuldanerkenntnis 14.49 – Entstehung 14.66 – Erfüllungsort 14.71 – Erlöschen 14.70 – Feststellung 14.51 – Verjährung 14.74 Gewinnanteile 22.168 ff. – Abtretung 10.33 – Anspruch gegen eine OHG 14.69 – atypischer stiller Gesellschafter 22.50, 22.52 – Auflösungs- und Veräußerungsgewinn 22.201 f. – Auszahlung 14.66 ff.; 21.50 – beherrschender Gesellschafter, GmbH & typisch Still 22.195
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– Berechnung 14.5 f., 14.8 – Berechnungsgrundlage 14.8 – Bilanzierung 14.67 – Darlehenskonto 14.81 – Einlagekonto 14.75 f., 14.78 – Entnahmerecht 21.45 – Ermessen 19a.14 – Ermittlung 14.26 ff. – Fälligkeit 14.68 – Familiengesellschaft 21.45 – Gesellschaftsvertrag 10.21 f. – Gewerbesteuer 24.82 ff. – Gutschrift 22.190 – Scheingewinne 14.78 – Stehenlassen 8.12 – Steuerbilanz 14.18 ff. – Steuerbilanzgewinn 14.21 – steuerliche Bedeutung 21.45 ff. – Tod des stillen Gesellschafters 22.198 – Übertragbarkeit 14.72 – unangemessene 14.56 – Verfügungsrecht, Beschränkung 21.45 – Verzinsung 14.73 – Vorausleistungen 22.194 – Vorzugsdividende 14.58 f. – Zufluss 22.188 ff. – Zurückzahlung 14.78 Gewinnberechnung 14.10 ff. – atypische stille Gesellschaft 14.34 – Bemessungsgrundlage 14.39 – Durchführung 14.26 ff. – Frist 14.52 – gesplittete Einlage 14.35 – Gewinnverteilungsschlüssel 14.54 – Grundlage 14.45 ff. – Innen-KG 14.36 – Korrekturen 14.26 – prozessuale Geltendmachung 14.53 – Publikumsgesellschaft 14.36 f. – Rücklagen 14.30 – stillschweigende Feststellung 14.50 – typische stille Gesellschaft 14.38 ff. – Vermögensbeteiligung 14.35 Gewinnbeteiligung, unangemessene 14.56; 20.47 ff.; 21.68 ff., 21.103 ff. – entgeltlich erworbene Beteiligung 21.72 f. – Familiengesellschaft 21.63 ff.; 31.49 f. – fehlende entgegengesetzte Interessen 21.2 – Fremdvergleich 21.64 ff. – geschenkte Beteiligung 21.69 f., 21.72 – GmbH & Still 21.119 – Prognose 21.66 f. – Rechtsfolgen 21.74 f. – teilweise unentgeltlich erworbene Beteiligung 21.73
Stichwortverzeichnis – Unterbeteiligung im Steuerrecht 31.49 f. – Zeitpunkt 21.67 Gleichbehandlung der Gesellschafter 12.1 GmbH – Auszahlung des Gewinnanteils 14.81 – Firma 10.10 – Geschäftsinhaberin 6.24; 8.22 ff.; 9.61 f. – Gesellschaftsvertrag 9.61 – stille Gesellschafterin 6.37; 9.63 – Zweck 1.13 GmbH & atypisch Still – siehe auch GmbH & Still – Einbringung 23.59 f., 23.64 – Einkünfteermittlung 23.56 f. – gewerbliche Prägung 22.16 ff. – GmbH & Co. KG 23.3 – laufende Besteuerung 23.63 – Sonderbetriebsvermögen 23.58 – verdeckte Gewinnausschüttung 21.113 ff. – Verlustausgleich 23.66 ff. – Verlustvortrag 23.61 f. GmbH & Co. KG – Auszahlung des Gewinnanteils 14.81 – GmbH & Still 23.3 – Mitunternehmerschaft 20.81; 23.6 – partiarisches Darlehen 23.5 GmbH & Still 8.23 f.; 23.3 f. – siehe auch GmbH & atypisch Still – siehe auch GmbH & typisch Still – Auflösung 22.131, 22.136 f., 22.201 f., 22.219 f. – beherrschender Gesellschafter 22.195 – Einmann-Gesellschaft 6.48; 21.76 – Fremdvergleich 21.101 – Geschäftsführergehalt 21.84; 22.52 f. – Gesellschaftsvertrag 21.100 – Gewerbesteuer 21.83 – gewerbliche Prägung 23.7 – Gewinnbeteiligung, angemessene 21.103 ff., 21.119 ff. – Gewinnbeteiligung, unangemessene 21.120 ff. – Körperschaftsteuer 23.3 – Krise der GmbH 21.86 – Mitunternehmerschaft 20.78 f. – Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren 2.17 – steuerliche Anerkennung 21.85, 21.106 f. – steuerliche Nichtanerkennung 21.102 – Über-, Unterbewertung der Einlage 21.86 – Unternehmenswert 21.126, 21.128 – Veräußerungsgewinn 21.82 – verdeckte Einlage 21.106 ff. – verdeckte Gewinnausschüttung 21.106 ff. – Verlusttransferfunktion 21.79 GmbH & typisch Still 23.75, 23.80 – siehe auch GmbH & Still – Agio 23.76
– laufende Besteuerung 23.78 f., 23.81 – Verlustverrechnung 23.78 – Verlustvortrag 23.77 Going-concern-Prinzip 19a.14 Grenzüberschreitende Umwandlung 18.64 ff. – Formwechsel 18.67 f. – Spaltung 18.66 – Verschmelzung 18.64 f. Griechenland 3.78 ff. Grunderwerbsteuer 28.1 ff. Grundlagenbescheid 22.87 Grundsteuer 28.21 ff. Gründung 4.3; 9.3 – aufsichtsrechtliche Schranken 19.160 ff. – finanzmarktrechtliche Schranken 9.81 – Gesellschaftsvertrag 9.1 – kartellrechtliche Schranken 9.82 ff. Haftung 7.80 ff.; 12.26 f. – Geschäftsführung 12.40 – Haftungsmaßstab 12.27 – Korrespondenz von Herrschaft und Haftung 12.67 ff. – Missbrauch der stillen Gesellschaft 12.71 – stiller Gesellschafter 12.65 ff. Halbeinkünfteverfahren – atypisch Unterbeteiligter 31.63 f. – partielle Beteiligung 22.13 Handelsbilanz – Abfindungszahlungen 13.71 ff. – atypische stille Gesellschaft 13.12 – Ergebnisverteilungsmaßstab 13.64 – Gewinnberechnung 14.11 ff. – steuerliche Ergebniskorrektur 13.64 – Unterbeteiligung 30.56 Handelsgesellschaft – Abwicklung 6.30 – Auflösung 15.58 – Geschäftsinhaber 6.18 f., 6.24 Handelsgewerbe 6.4, 6.12 ff. – Änderung 12.9 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.3 – Beteiligung 6.47 ff. – Betreibereigenschaft 6.16 – Einstellung 12.13 f. – Ergebnis 8.4 – Fiktivkaufleute 6.15 – Fortführung durch Erben 6.55 – Geschäftsinhaber 6.5 ff., 6.11 – Handelsregistereintragung 6.13 ff. – Land- und Forstwirtschaft 6.14 – mehrere stille Gesellschafter 6.56, 6.59 – partielle Beteiligung 6.50 – Stehenlassen der Gewinnanteile 8.12 – Unternehmensgegenstand 10.13 f. – Veräußerung 12.13, 12.15 f.
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Stichwortverzeichnis Handelsregistereintragung – Innengesellschaft 3.80 – Teilgewinnabführungsvertrag 8.30 Hinzurechnung Gewinnanteile stiller Gesellschafter 24.78 ff. Informationsrechte 10.17 ff. – Abtretung 10.30 ff. – Publikumsgesellschaft 19.82, 19.85 Innengesellschaft 4.10 ff. – Auseinandersetzung 4.14 – Ehegatten 4.16 – Gesellschaftsvermögen 4.11 – Haftung 4.11 – Rechtsfähigkeit 4.12 – verdeckte 20.29 ff. – Zwangsvollstreckung 4.15 Insichgeschäft 20.28 Insolvenz 4.12; 17.1 f. – Absonderungsrecht 17.41 ff. – Anfechtung 17.84 ff. – Auflösungsgrund 15.62 ff.; 17.7 f. – Auseinandersetzungsguthaben 17.46 f., 17.54 – Außenhaftung 17.71 – Aussonderungsrecht 17.45 – Darlehensnehmer 5.27 – Durchführung 17.40 – Eigenkapitalersatz 17.3 – Einlage 17.82 – Eröffnung 17.7 – Feststellungsklage 17.48 – Geschäftsinhaber 5.27; 22.241 – Inhaber 17.6 f. – Insolvenzgrund 17.12 f., 17.16 – Insolvenzverwalter 17.40 – Kleinbeteiligungsprivileg 17.36 f., 17.64 – MoMiG 17.3 – Nachrangabrede 17.23 ff. – negatives Kapitalkonto 17.75 ff. – Planverfahren 17.68 f. – schwebende Geschäfte 17.46 – stiller Gesellschafter 17.6, 17.10, 17.124 f. – Überschuldungsstatus 17.15 – Unterbeteiligung 30.61, 30.65 – Verlustbeteiligung 17.76 – Vermögensbeschlag 17.9 Insolvenzanfechtung 17.84 ff., 17.92 ff. – Absichtsanfechtung 17.87 – anfechtbare Handlung 17.111 ff. – Ausschluss 17.107 ff. – Durchführung 17.115 ff. – Erlass der Verlustbeteiligung 17.97 f., 17.104 f. – Geltendmachung 17.115 ff. – Grundgedanke 17.84 f., 17.92 – Kausalität 17.113
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– Kündigungsrecht 17.111 – nichtige Gesellschaft 17.110 – Rückgewährpflicht 17.109 – Schenkungsanfechtung 17.88 Insolvenzplan 17.68 Internationales Privatrecht 6.31 Internationales Steuerrecht 29.1 ff. Interne Rechnungslegung 13.9; 14.6 Italien 3.20, 3.22 Jahresabschluss 8.2; 13.1, 13.4, 13.9 – abgeltende Wirkung 22.288 ff. – Abgrenzung zur internen Rechnungslegung 13.4 – Abgrenzung zur Steuerbilanz 13.5 – Funktion 13.9 – Steuerbilanz der atypischen stillen Gesellschaft 13.6 Japan 3.84 ff. Juristische Person des öffentlichen Rechts – stille Gesellschafterin 6.45 Kapitalanlagebetrug 19.124 Kapitalertragsteuer 22.287 – Abgeltungssteuer 22.288 ff. – beschränkte Steuerpflicht 29.11, 29.14 – Kapitalertragsteuereinbehalt 31.66 – Unterbeteiligung 31.15 – Wiederauffüllung verlustgeminderter stiller Beteiligungen 29.12 – Zufluss 22.193 Kapitalgesellschaft – Abgrenzung stille Gesellschaft 4.17 ff. – außerbetriebliche Sphäre 23.22 – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 6.24 – Gesellschaftsvertrag 9.61 – Steuerbelastung 23.16 – stille Gesellschafterin 6.37, 6.39 Kapitalkonto 22.35, 22.76 – siehe auch Einlagekonto – Darlehenskonto 14.81 – Mehrkontenmodell 22.37 – negatives 22.74 ff. – positives 7.78 – steuerliche Bewertung 22.37 Kartellrecht 9.82 ff. – Fusionskontrolle 9.87 – Kartellverbot 9.85 – Wettbewerbsverbot 12.35 Kaufmannseigenschaft 4.12; 6.1 ff. Kommanditgesellschaft 9.66 ff. – Firma 10.10 – Gesellschaftsvertrag 9.66 ff. – Haftung 5.9 f. – Maßstab Mitunternehmerschaft 20.71 – stille Gesellschafterin 9.71 f.
Stichwortverzeichnis – Ursprung 3.4 – Verlustbeteiligung 5.14 – Vertretung 5.11 f. – Zweck 1.14 Kommanditgesellschaft auf Aktien – Firma 10.10 – Geschäftsinhaber 6.24 – KGaA & Still 8.22 – stille Gesellschafterin 6.37 Kommissionsgeschäft – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.52 f. Kontrollrechte 6.56, 6.59; 10.17 ff.; 12.44 – Abtretung 10.30; 12.44 – außerordentliche 12.50 f. – Bilanzeinsicht 12.49 – Darlehen, partiarisches 5.36 f. – Dienstvertrag, partiarischer 5.46 ff. – Einsichtsrecht 12.48 – Erben 2.19 – Erweiterung 4.32; 12.45 – Familiengesellschaft 21.37 – Gesellschaftsvertrag 10.17 ff.; 12.45 f. – gesetzliche Einschränkungen 12.60 – mehrere stille Gesellschafter 6.56 – Mitteilung des Jahresabschlusses 12.47 – partiarische Rechtsverhältnisse 5.19 – Sachverständige 12.49 – Sondertatbestände 12.60 – steuerliche Bedeutung 20.43; 21.37 – stille Publikumsgesellschaft 12.44 – Unterbeteiligung 30.47 f. – Unternehmensbeteiligungen 12.53 ff. – Unübertragbarkeit 12.44 – vertragliche Einschränkung 12.46 – Voraussetzungen 12.43 Körperschaft des öffentlichen Rechts – Geschäftsinhaber 6.36 Körperschaftsteuer 23.1, 23.3 – siehe auch Verdeckte Einlage – siehe auch Verdeckte Gewinnausschüttung – Abgeltungsteuer 23.19 – Anrechnungsverfahren 23.17 – atypische Unterbeteiligung 31.81 – ausländische Anteilseigner 29.22 – GmbH & atypisch Still 23.56 ff. – GmbH & Co. KG 23.3 – GmbH & Still 23.3 ff. – GmbH & typisch Still 23.75 ff. – Mitunternehmerschaft 23.13 – Öffentliche Hand 23.12 – Rechtstypenvergleich 23.10 – Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren 2.17 – Steuersatz 23.16 – subjektive Steuerpflicht 23.8 f. – Teileinkünfteverfahren 23.16 ff. – Trennungsprinzip 23.14 f. – typische Unterbeteiligung 31.82
– unbeschränkte Steuerpflicht 23.11 – Unterbeteiligung 31.53 ff., 31.80 f. – Verlustausgleich 23.66 ff. – Verlustvortrag 23.77 Kündigung – Auflösungsklage 15.33 – Ausschluss 15.23; 19a.16 – außerordentliche 15.30 ff. – Frist 15.28, 15.30; 19a.5 – Hinauskündigung 15.38 – Klausel 19.91 ff. – Mindestlaufzeit 19a.5 – ordentliche 15.21 ff. – Pfändung 15.39 ff. – Rechtsmissbrauch 15.26 f. – Schriftform 19.96 – Unterbeteiligung 30.58 – Unzeit 15.36 – Wesen 15.22 – wichtiger Grund 15.20 ff., 15.32 f.; 19.100 ff. – Widerruf 15.29 Kündigungsfrist – steuerliche Bedeutung 20.44 – vertragliche Regelung 15.28 Kündigungsrecht 21.45 – Ausschluss 15.23 – steuerliche Bedeutung 21.43 Liebhaberei 20.10 Liechtenstein 3.30 Limited Company by Shares – Geschäftsinhaberin 6.31 ff. – Körperschaftsteuerpflicht 23.10 Liquidation 16.1 ff. Liquidationsgesellschaft 6.30 Luxemburg 3.62 ff. Metageschäft 5.2; 6.50; 20.8 Minderjährige 9.40 f.; 11.24 – siehe auch Familiengerichtliche Genehmigung – Erbfolge 10.60 – Ergänzungspfleger 9.45 – fehlerhafte Gesellschaft 11.25 – Schiedsvertrag 10.52 – Unterbeteiligung 30.34 ff. Mindestbesteuerung 23.70 – Gewerbesteuer 24.50 Mindestgewinn 8.31, 8.33 Missbrauch der stillen Gesellschaft – Haftung 12.71 Mitarbeiterbeteiligung 2.24 ff. – Besteuerung 2.28 – Beweggründe 2.24 f. – Formen 2.27 ff. – Gewinnbeteiligung 2.27 f.
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Stichwortverzeichnis – Mitunternehmerschaft 2.29 ff. – partiarischer Dienstvertrag 5.39 ff. – typische stille Gesellschaft 2.33 ff. – Vermögensbeteiligungsgesetz 2.37 ff. Mitgliedschaft – Anhang 13.84 – Bewertung 13.80 – Bilanzierung 13.76 ff. – Gewinn- und Verlustrechnung 13.83 Mittelbare Stellvertretung – steuerliche Behandlung 20.13 Mitunternehmerschaft 20.70 ff. – siehe auch Atypische stille Gesellschaft – Arbeitnehmer 2.29 ff. – faktische 20.6 – Feststellungsbescheid 22.152 – GmbH & Co. KG 23.6 – GmbH & Co. KG & Still 20.81 – GmbH & Still 20.78 f. – KG als Maßstab 20.72 f. – Mitunternehmerinitiative 20.70 ff. – Mitunternehmerrisiko 20.70 ff. – stille Gesellschaft 1.35 – stille Reserven 20.75 f. – typische stille Beteiligung 2.49 – Umsatzsteuer 25.2 f. – unentgeltliche Übertragung 22.125 ff. – Unterbeteiligung 31.18 ff. – Veräußerung 22.114 ff. – verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.35 Mitwirkungsrechte 10.17 ff. Nachfolge – Gesellschaftsvertrag 10.62 ff. – Minderjährige 10.60 – Pflichtteilsanspruch 10.59 ff. – Tod des Inhabers 10.55 ff. – Vermächtnis 10.57 Nachlassteilung 2.19 – Erbengemeinschaft 15.52 Nachrangabrede 17.17 f., 17.26 Nachschusspflicht – Publikumsgesellschaft 19.26 – stiller Gesellschafter 10.22 Nachweis 20.24 f. – fehlende entgegengesetzte Interessen GmbH & Still 20.1 – steuerliche Anerkennung 20.1, 20.3 f. Naher Angehöriger 21.22 – mittelbare Angehörigenverträge 21.26 – Personenkreis 21.23, 21.26 Natürliche Person – stille Gesellschafterin 6.38 Negatives Kapitalkonto 7.78; 13.52; 16.49 ff.; 22.71 f.
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– atypischer stiller Gesellschafter 22.71 f. – Gewinnauszahlungssperre 22.70, 22.247 – typischer stiller Gesellschafter 22.242, 22.244 – Veräußerung 22.122 Niederlande 3.69 ff. Offene Handelsgesellschaft 9.66 ff. – Firma 10.10 – Gesellschaftsvertrag 9.66 ff.; 14.69 – Gewinn- und Verlustbeteiligung 14.69 – Kündigung 15.20 ff. – stille Gesellschafterin 9.71 – Ursprung 3.5 – Zweck 1.14 Öffentliche Hand 23.12 Organschaft 23.44, 23.47 f., 23.54 f. – atypische stille Gesellschaft 23.50 ff. – Gewerbesteuer 24.33 f., 24.74 – Steuervergünstigungsabbaugesetz 23.46 – typische stille Gesellschaft 23.49 – Umsatzsteuer 25.1, 25.6 – zivilrechtliche Voraussetzungen 23.45, 23.53 Österreich 3.31 ff. Pachtvertrag, partiarischer – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.49 ff. Parteifähigkeit 4.12; 10.16 Partiarische Rechtsverhältnisse 5.16 ff. – Begriff 5.16 f. – Darlehen 5.20 ff. – Dienstvertrag 5.39 ff. – Genussrechte 5.38 – Gewinnbeteiligung 5.16 f. – Hinzurechnung 24.81 – Kreditgeschäft 19.167 – Mietvertrag 5.49 – Pachtvertrag 5.49 – Unterbeteiligung 30.14 – Verlagsvertrag 5.49 Partnerschaftsgesellschaft 6.37 – Geschäftsinhaber 6.22 – stille Gesellschafterin 6.37 Personengemeinschaft 7.64 Personengesellschaft 4.5 – Geschäftsinhaberin 6.18 f.; 9.66 ff. – Gesellschaftsvertrag 9.66 ff. – stille Gesellschaft 4.5, 4.17 ff. – stille Gesellschafterin 6.37, 6.40 Personenhandelsgesellschaft – Minderjährige 9.53 Pfändung 4.15 Privatkonto 13.58 Prokura 9.56; 12.37 Prospekthaftung 19.159
Stichwortverzeichnis – Anspruchsberechtigter 19.153 – Kapitalanlagegesetzbuch 19.126 – partiarische Darlehen 19.127, 19.129 – Publikumsgesellschaft 19.117 ff. – Vermögensanlagengesetz 19.126 – Vorrang des KAGB 19.132 Prüfungsanordnung 23.60 – Umsatzsteuer 25.4 Publikumsgesellschaft 2.45; 4.27 f.; 9.19; 19.3, 19.160 – Abfindungsklauseln 19.110 ff. – actio pro socio 19.82 – AG & Still 19.25, 19.44 – AGV 19.59 – Anlegerschutz 19.2, 19.116 – arglistige Täuschung 19.72 – Auflösung 15.9, 15.73 – Aufnahme neuer Gesellschafter 19.38 f. – Auseinandersetzung 19.105 ff. – außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge 19.60 f. – BaFin 19.27 – Begriff 19.9 – Binnenorganisation 19.45 ff. – Eigenkapital 19.81 – Einlagengeschäft 19.160 – Emission 19.26 – Entwicklung 19.4 ff., 19.14 ff. – Ergebnisverteilungsschlüssel 14.60 – Errichtung 19.34, 19.38 f. – Erscheinungsformen 19.32 – fehlerhafte Gesellschaft 19.51 – finanzierter Beteiligungserwerb 19.69 f., 19.72 – Fortsetzungsklauseln 15.9 – Gesellschafterversammlung 19.45, 19.47 – Gesellschaftsvertrag 19.41, 19.80 ff. – Gesellschaftsvertrag, Auslegung 19.36 ff., 19.41 ff. – Gesellschaftsvertrag, Form 19.40 – Gesellschaftsvertrag, Inhaltskontrolle 19.42 f. – Gestaltungsvarianten 19.29 ff. – Gewerbeordnung 19.28 – Gewinnberechnung 14.36 – Grauer Kapitalmarkt 19.27 – Grenzen 19.12 f. – Haftungsverfassung 19.24, 19.86 ff. – Informationsrechte 19.82 ff. – Innen-KG 19.35 – Insolvenz eines Gesellschafters 19.90 – Kapitalanlagegesetzbuch 19.126 – Kapitalmarktrecht 19.160 f. – Kohärenzprüfung 19.27 – Kontrollorgan 19.46 f. – Kontrollrechte 12.44; 19.82 ff. – körperschaftliche Verfassung 19.3
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Kreditgeschäft 19.160, 19.167 Kündigung 15.22; 19.91 ff., 19.97 ff. Kündigungsrecht 15.27 Liquidation 19.89 Liquidationsbeschluss 19.104 mehrgliedrige fehlerhafte stille Gesellschaft 19.56 mehrgliedrige stille Gesellschaft 19.32 ff. Mehrheitsprinzip 19.48 Mitunternehmerschaft 19.23 Nachschusspflicht 19.26 Prospekthaftung 19.117 ff. Prospektnachträge 19.142 Qualifikation 19.11 Rechtsformwahl 19.21 f. Rückzahlungsanspruch 19.64 Small-Capital-Beteiligung 19.151 Sonderrecht 19.6 f. Stellvertretung 19.77 ff. Teilgewinnabführungsvertrag 8.18 f., 8.25 Treuepflicht 18.23 Unterbeteiligung 30.12 Unterscheidung 19.36 Verkaufsprospekt 19.139 Vermittlerregister 19.26 Vermögensanlagengesetz 19.22, 19.26, 19.126 Vermögensanlagen-Informationsblatt 19.147 Warnhinweise 19.26 Wesensmerkmal 19.33 Zulässigkeit 19.2 f., 19.10 Zustimmungserfordernis 8.27 Zweigliedrigkeit 19.31, 19.53
Rangrücktritt 23.41 Rechnungslegung – Abgrenzung interne/externe 13.4 – Steuerbilanz 13.6 – Überschuldungsstatus 13.5 Rechtsberatung 9.78 Rechtsbindungswille 20.29, 20.33 f. Rechtsfähigkeit 4.12 – Steuerrecht 20.66 ff. Rechtsformwahl 20.10; 21.78 f., 21.81 – Gewerbesteuer 20.90 – Publikumsgesellschaft 19.21 f. – Verlusttransferfunktion 20.88 ff. Rechtsgemeinschaft 1.8 Rechtstypenvergleich 23.10 Risikoübernahme – vertragliche 4.9 Sacheinlage 7.15 ff. – Bewertung 22.34 – Umwandlung in Geldeinlage 7.12 Sachmängelgewährleistung 9.11
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Stichwortverzeichnis Scheingesellschaft 11.27 – steuerliche Bedeutung 20.9 Schenkung der stillen Beteiligung 8.13; 20.8 – Angehörige 2.22 ff. – Arbeitskraft als Beitragsleistung 7.27 ff. – Befristung 21.42 – Einbuchung 7.18 ff. – Familiengesellschaften 7.30 – Fremdvergleich 21.55, 21.59, 21.61 – Gewinnbeteiligung, unangemessene 21.68 ff. – steuerliche Anerkennung 21.54 f., 21.59 – Über-, Unterbewertung der Einlage 7.26 – Unterbeteiligung 30.30 Schenkungsteuer – Erbschaftsteuer 27.1 ff. Schiedsvertrag 10.46 ff. – Form 10.48 ff. – Minderjährige 10.52 – Schiedsrichter 10.53 – Verbraucher 10.50 f. Schneeballsystem 20.1 f., 20.40 f.; 22.191 f. Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren 2.17 Schwebende Geschäfte 10.27 f. – Abwicklung 16.58, 16.60 f. – Auskunftsanspruch 16.66 f. – Begriff 16.60 – Errichtung 16.59 – Gewinn- und Verlustbeteiligung 16.63 ff. – Insolvenz 17.46 Schweden 3.74 ff. Schweiz 3.38 ff. sendeve 3.2 Sitz des Unternehmens 10.15 f. societas quoad sortem 7.36 f. societas quoad usum 7.31 ff. Société en participation 3.8 ff. Sonderbetriebsvermögen – GmbH-Anteil 22.42 Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung 7.83 Sondervergütungen 20.15, 20.22 – atypische stille Gesellschaft 22.22 ff. – Betriebsprüfung 22.187 – Einlageminderung 22.85 – Gewinnberechnung 22.187 f. – Kapitalkonto 22.74 f. Stellvertretung – siehe auch Gesellschaftsvertrag – Insichgeschäfte 9.39 – Missbrauch der Vertretungsmacht 9.35 ff. Steuerbegünstigungen 22.145 ff. Steuerberatungsgesellschaften 9.79 Steuerbilanz – Abfindungszahlungen 13.69 f. – atypische stille Gesellschaft 13.6 ff.; 22.22 ff. – Ergebniskorrektur 13.65
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– Grundlage für Gewinnberechnung 14.18 ff. – Steuerbilanzgewinn 14.14 Steuerbilanzgewinn 8.2; 14.14 ff. – Maßgeblichkeit des Zivilrechts 20.1 Steuerliche Anerkennung 20.1, 20.40 – beherrschender Gesellschafter 21.87, 21.89 – Beitragsleistung 20.45 – Dokumentationspflichten 20.26 – fehlende entgegengesetzte Interessen 21.1 – fehlerhafte Gesellschaft 20.11 – Fremdvergleich 21.36 ff. – gemeinsamer Zweck 20.41 f. – Gestaltungsmissbrauch 20.50 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 20.42 – GmbH & Co. KG 20.36 – Indizien 20.41; 21.29 – Kontrollrechte 20.43 – Kündigungsfrist 20.44 – Maßgeblichkeit des Zivilrechts 20.3 f. – mehrere Rechtsverhältnisse 20.15 – Mitunternehmerschaft 20.35 – Nachweis 20.24 f.; 21.1, 21.27 f. – personelle Verflechtungen 20.22 – Rechtsbindungswille 20.7, 20.25, 20.29, 20.33 f. – Rückwirkung 20.12 – Sondervergütungen 20.15 – verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.34 ff. Steuerrechtssubjektivität 22.166; 24.22 ff. Steuervergünstigungsabbaugesetz 23.46 – Organschaft 23.48 – Verlustverrechnung 23.47 Stille Beteiligung – siehe auch Eigenkapital – siehe auch Eigenkapitalähnliche stille Beteiligung – siehe auch Eigenkapitalersetzende stille Beteiligung – siehe auch Einlagekonto – siehe auch Stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter – Bankensanierung 7.83 – Begriff 13.18 – Bewertung 13.35, 13.38 – Bilanz 13.17 ff. – Bilanzposition 13.19 f. – Eigen-, Fremdkapitalcharakter 13.19 ff. – Eigenkapitalersatz 17.23 ff., 17.26 f., 17.33, 17.50, 17.52 – Finanzkrise 2007 7.83 – Fremdkapitalcharakter 13.32 ff.; 17.50 ff. – Kleinstkapitalgesellschaften 13.37 – Kommanditistenstellung 13.25 – Laufzeit 13.26 ff., 13.78
Stichwortverzeichnis – – – – – –
mittelbare 6.62 Nachhaltigkeit 13.27 Nachrangigkeit 13.22 ff. Passivierung 13.18 ff. Schadensersatz 17.70 Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung 7.83 – typische 20.40 – Übertragung 4.21 f.; 7.62; 22.125, 22.201 – Unterscheidung Einlage/stille Beteiligung 13.17 – Veräußerung 22.114 ff., 22.218 ff. – Verlustbeteiligung 13.22 f. Stille Beteiligung mit Eigenkapitalcharakter – Insolvenzantragspflicht 17.31 – Nachrangdarlehen 17.36 – Voraussetzungen 17.17 ff., 17.55, 17.80 Stille Gesellschaft – siehe auch Abgrenzung typische, atyische Gesellschaft – siehe auch Atypische stille Gesellschaft – siehe auch Publikumsgesellschaft – siehe auch Stille Gesellschaft im ausländischen Recht – Abgrenzung Darlehen 10.38; 21.61 – Abgrenzung Handelsgesellschaften 4.17 ff. – Abgrenzung Kapitalgesellschaften 4.17 ff. – Abgrenzung Metageschäft 6.50 – Abgrenzung partiarisches Darlehen 4.21; 29.4 – ADHGB 3.7 – ALR 3.6 – atypische Ausgestaltung 1.30 ff.; 4.26 ff.; M2 – Begriff 4.1 ff.; 20.5 – Beitragspflicht 7.1 – Betriebsüberlassungsvertrag 8.21 – Crowdfunding 6.55 – Dauer 10.40 – Eigenkapital 23.41 – Einmann-Gesellschaft 6.47 ff. – Erbengemeinschaft als Hauptgesellschafterin 6.35 – Erscheinungsformen 4.24 ff. – Gelegenheitsgesellschaft als Hauptgesellschafterin 6.6 – Geschäftsvermögen 4.20 – Gesellschafter der Inhabergesellschaft 21.76 f. – Gesellschaftszweck 4.6 ff. – Gewinn und Verlust 14.5 – Hansestädte 3.3 – HGB, Entwurf 3.7 – historische Entwicklung 3.1 ff. – Innengesellschaft 4.4, 4.10 ff. – Kollision mit Gewinnabführungsvertrag 8.35 f.
– Liquidationsgesellschaft als Geschäftsinhaberin 6.30 – mehrere stille Gesellschafter 6.55 ff., 6.62 – mehrgliedrige 6.61 f. – Rechtsfähigkeit 4.12 – Rechtsformwahl 2.1 ff. – Steuerrechtssubjekt 20.66 f. – Trennungsprinzip 21.78 – typische 4.25; M 1 – Unternehmensform 2.1 ff. – Venture Capital 2.46 – verbundene zweigliedrige Gesellschaft 6.57 – Verlustzuweisung 22.238 – Wesen 4.6 ff. – Wettbewerbsverbot 12.42 – Zweigliedrigkeit, Grundsatz 6.55 Stille Gesellschaft bürgerlichen Rechts 5.2 f.; 6.2, 6.35 Stille Gesellschaft im ausländischen Recht – anglo-amerikanischer Rechtskreis 3.83 – Belgien 3.42 ff. – Frankreich 3.8 ff. – Griechenland 3.78 ff. – Italien 3.20, 3.22 – Japan 3.84 ff. – Liechtenstein 3.30 – Luxemburg 3.62 ff. – Niederlande 3.69 ff. – Österreich 3.31 ff. – Schweden 3.74 ff. – Schweiz 3.38 ff. Stille Publikumsgesellschaft – siehe Publikumsgesellschaft Stille Reserven – Beteiligung des stillen Gesellschafters 14.39 – Gesellschaftsvertrag 10.25 – Unterbeteiligung 30.53 Stille vennootschap 3.69 ff. Stiller Gesellschafter – siehe auch Gewinn- und Verlustbeteiligung – siehe auch Gewinnanspruch – AG 6.37 – Arbeitsvergütung 5.39 ff. – Auseinandersetzungsguthaben 16.15 ff. – Beteiligungsfähigkeit 6.37 ff. – BGB-Gesellschaft 6.40; 9.73 – Bilanzierungspflicht 13.75 – Erbengemeinschaft 6.44 – EWIV 6.40 – Genossenschaft 6.39 – Gerichtsstand der Mitgliedschaft 6.54 – Geschäftsführung 12.36, 12.38 f. – Geschäftsunfähigkeit 9.30 – Gesellschafter der Inhabergesellschaft 6.48 ff.
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Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Gesellschafterstellung 4.18 ff. Gewinnbeteiligung 5.40 ff. GmbH 6.37 Haftung 7.80 ff.; 12.40, 12.65 ff., 12.71 Handlungsvollmacht 12.37 in Liquidation 6.41 Informationsrechte 10.17 ff. Insolvenz 17.10, 17.124 f. juristische Person 6.37 juristische Person des öffentlichen Rechts 6.45 Kapitalgesellschaft 6.37, 6.39 Kaufmannseigenschaft 6.54 KG 6.40; 9.71 f. Kommanditistenrechte, -pflichten 5.15 Kontrollrechte 4.31; 10.17 ff. mehrere 4.27; 6.55 ff. Missbrauch der stillen Gesellschaft 12.71 Mitwirkungsrechte 10.17 ff. Nachschusspflicht 10.22 natürliche Person 6.37 f. OHG 6.40 Partnerschaftsgesellschaft 6.37 Personengesellschaft 6.40 Prokura 12.37 Publikumsgesellschaft 19.38 f. Sicherheiten 10.43 Sozialversicherungspflicht 7.42; 12.39; 22.52 f. Stiftung 6.43 Tod 4.23; 5.43; 15.49 f. Treuepflicht 12.1, 12.41; 19.80 Übertragbarkeit der Ansprüche 4.21 f. Umwandlung 18.56 ff. Unterbeteiligung 6.63 Unternehmer i.S.d. UStG 25.17 Verbraucher 19.59 ff. Verlustbeteiligung 5.14 Vermögensbeteiligung 5.15 Vermögensgemeinschaft 4.28; 5.15 Wertbeteiligung 4.28 Wettbewerbsverbot 12.42 Widerspruchsrecht 4.32 Zurechnungsdurchgriff 12.4 Zustimmungsrecht 4.32
Teileinkünfteverfahren 23.16 ff. – Unterbeteiligter 31.65 f. Teilgewinnabführungsvertrag 8.18 ff., 8.25 ff.; 13.61 ff. – Bilanzgewinn 8.31 ff. – Handelsregistereintragung 8.30 – Höchstbetrag der Gewinnabführung 8.31 – Mindestgewinn 8.33 – Zustimmungszeitpunkt 8.29 Tod des Inhabers – Auflösung 10.37
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Totalgewinnabsicht 20.10, 20.13 Tracking-Stocks 24.13 ff. tractator 3.1 Trennungsprinzip 23.14 f., 23.44 Treuepflicht 12.29 ff., 12.41 – Geheimhaltungspflicht 12.31 – Geschäftsinhaber 12.1, 12.29 ff.; 19.80 – stiller Gesellschafter 12.1, 12.41; 19.80 – Wettbewerbsverbot 12.33 ff. Treuhand – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.54 ff. – Abgrenzung zur Unterbeteiligung 30.10 ff. – steuerliche Behandlung 20.13 Typenfreiheit 1.16 ff. – Grenzen 1.18 f. – Typenwechsel 1.27 – Typenzwang 1.20 Übertragung – Auseinandersetzungsguthaben 10.32 f.; 16.37 – Gewinnanspruch 10.32 f. – Kontrollrechte 10.30 Übertragung der stillen Beteiligung 7.62; 10.29 ff. – Ergänzungsbilanz 22.121, 22.124, 22.136 – Tod eines Beteiligten 10.37 – unentgeltliche 22.125 f. – Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen 22.126 – Zustimmungserfordernis 7.62; 10.34 ff. Umlaufvermögen – siehe auch Bilanz – Bewertung 13.80 – Bilanz 13.77 ff. Umsatzsteuer 25.1 – Einräumung der stillen Beteiligung 25.7 – Geschäftsveräußerung im Ganzen 25.34 – gewerblicher Beteiligungshandel 25.19 – Gewinn- und Verlustanteil 25.11 – Haftung 25.10 – Holding 25.21 – Leistungen gegen Sonderentgelt 25.37 ff. – Mitunternehmerschaft 25.2 f., 25.9 – Organschaft 25.1, 25.6 – Prüfungsanordnung 25.4 – Sacheinlagen 25.25 ff. – Trennungsprinzip 25.29 ff. – Unternehmereigenschaft 25.1 ff., 25.5, 25.9 – unternehmerische Tätigkeit 25.18 ff., 25.33 – Veräußerung der stillen Beteiligung 25.41 – Verfahrensrecht 25.4 – Vorsteuer 25.8, 25.13 ff. Umwandlung – Ausgliederung 18.42
Stichwortverzeichnis – – – –
Einzelkaufmann 18.42 Erbengemeinschaft 15.46 Formwechsel 18.43 ff., 18.55 Gesamtrechtsnachfolge 18.12 ff., 18.36 ff., 18.53 f. – Gesellschaftsanteil in stille Beteiligung 14.58 f.; 18.56 f. – Gesellschaftsvertrag 18.24 – Gesellschaftszweck 18.25 – grenzüberschreitende 18.64 ff. – Informationspflichten 18.14 ff., 18.39, 18.45 – Kündigung 18.26 – Neuregelung 18.1 – Personengesellschaft in einzelkaufmännisches Unternehmen 18.51 – Schadensersatz 18.27 – Spaltung des Geschäftsinhabers 18.35 ff. – Spaltung des Stillen 18.52 ff. – stille Beteiligung 18.56 ff. – stiller Gesellschafter 18.52 ff. – Treuepflicht 18.23 – typische in atypische stille Beteiligung 18.61 – Verschmelzung 18.11 ff., 18.34, 18.52 ff. – Verwässerungsschutz 18.24 – Zustimmungsbedürftigkeit 18.17 ff., 18.40, 18.44, 18.50, 18.54 Umwandlungssteuer 26.1 ff., 26.13 – Anwendung des § 24 UmwStG 26.2 ff. – Bewertungswahlrecht 26.2 ff. – Einzelunternehmen & atypisch Still 26.14, 26.17, 26.21 – GmbH & atypisch Still 26.32 ff., 26.71 ff. – Personengesellschaft & atypisch Still 26.24 ff., 26.44 – Schlussbilanz 26.5, 26.7 – Teilbetrieb 26.79 Unterbeteiligung 30.1 ff. – Abfindungsanspruch 31.2 – Abgrenzung Beteiligung am Handelsgewerbe 8.16 – an stiller Beteiligung 6.63 – angemessene Gewinnverteilung 31.50 – Anwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB 30.23 ff. – Arten 30.15 ff. – atypische 30.17 f.; 31.19 – Auflösung 30.58 ff. – Auseinandersetzung 30.64 – Bedeutung 30.2 ff.; 31.1 – Beendigung 30.58 ff.; 31.27 – Befristung 31.41 – Beitrag 30.39 f. – BGB-Gesellschaft 6.47 – Bilanzeinsicht 30.47 – Buchwertabfindung 31.41 – familiengerichtliche Genehmigung 30.6 f.
– – – –
Familiengesellschaft 30.4 fehlerhafte Gesellschaft 30.38 Formbedürftigkeit 30.29 ff. Genehmigungsbedürftigkeit 30.27 f., 30.35 ff. – Geschäftsfähigkeit 30.34 ff. – Geschäftsführung 30.43 ff. – Gesellschaftsvertrag 30.26 ff. – Gewinn- und Verlustbeteiligung 30.52 ff. – Gewinnverteilung 30.56 – Grundlagengeschäfte 30.46 – Haftung 30.50 – Informationsrechte 30.47 f. – Insolvenz 30.61, 30.65 – Kapitalertragsteuer 31.16 – Körperschaftsteuer 31.80 – Kündigung 15.25; 30.57 f. – Mängel des Gesellschaftsvertrages 30.38 – mehrgliedrige 30.20 – Mitunternehmerschaft 31.19, 31.44 f. – Pflichten 30.41 ff. – Publikums-Treuhandgesellschaften 30.12 – Rechte 30.41 ff. – Rechtsformwahl 30.1 ff. – Rechtsgrundlagen 30.21 ff. – Schenkung 30.30 ff. – steuerrechtliche Anerkennung 31.35 – stille Gesellschaft 30.8 – stille Reserven 30.53 – stiller Gesellschafter 6.56 – Stimmbindungsvereinbarung 30.45 f. – Tod eines Gesellschafters 30.60 – Treuhand 30.9 ff. – typische 30.16; 31.2 – Übertragbarkeit 30.51 – Umwandlung 30.62 – Veräußerung 31.11 ff. – Verlustbeteiligung 30.52 – Vertretung 30.42 – Wesen 30.1 – Wettbewerbsverbot 30.49 – Zustimmungsbedürftigkeit 10.38; 30.34 – Zweck 30.2 ff. Unterbeteiligung im Steuerrecht 31.1 ff. – Abgeltungsteuer 31.55, 31.57 f., 31.65 – Angehörige 31.33 ff., 31.44 – Auflösung 31.9 ff. – Beendigung 31.2, 31.9, 31.27 – Buchwertabfindung 31.41 – einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung 31.30 f., 31.67 – Einkommensteuer, typische Unterbeteiligung 31.16 – Einkünfte aus Kapitalvermögen 31.2 – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 31.25 – Einräumung 31.26
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Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – –
Erbschaftsteuer 31.90 ff. Familienverband 31.33 ff. Gewerbesteuer 31.85 Gewinnverteilung, angemessene 31.49 f. GmbH-Anteil 31.16, 31.53, 31.55, 31.57 Gründung 31.26 Kapitalertragsteuer 31.15 ff. Kapitalertragsteuereinbehalt 31.66 Körperschaftsteuer 31.82 Mitunternehmerschaft 31.19, 31.44 ff., 31.46 – Rückfallklausel 31.42 – Schenkungsteuer 31.90 ff. – steuerliche Anerkennung 31.34 ff. – typische 31.2 ff., 31.9 ff. – Veräußerung 31.28 f. – Veräußerungsgewinn, -verlust 31.26 ff. – Werbungskosten 31.59 Unternehmens-/Unternehmeridentität 24.35 ff., 24.46 ff., 24.74 Unternehmensform – Gestaltungsfreiheit 1.16 ff. – Sonderformen 1.2 ff. – steuerliche Schranken 1.1 ff. – stille Gesellschaft 2.1 ff. – Typenbeschränkung 1.18 ff. – Typenwechsel 1.27 – Typenzwang 1.7 ff., 1.18 ff. – Wahl 1.1 ff. – Wahlfreiheit 1.2 ff. – Zwecksetzung 1.11 ff. Unternehmensgegenstand 8.28; 10.13 f. Unternehmerrisiko – Freibetrag 22.145 – Unterbeteiligter, atypischer 20.75 f. USA 3.83; 29.35 Veranlassungszusammenhang – Steuerrecht 20.14 Veräußerung des Geschäftsbetriebs 22.142 – Beteiligung am Veräußerungsgewinn 18.10 – Einbringung einer stillen Beteiligung 22.140 f. – eintretender Gesellschafter 22.124 – Einzelübertragung 18.3 – Ergänzungsbilanz 22.120 – Fortsetzung 18.7 ff. – im Ganzen 25.34 – Mitwirkung 18.4 ff. – negatives Kapitalkonto 22.122 – unberechtigte 12.26 Veräußerungsgewinn 22.201 ff. – Ausfall des Kaufpreises 22.118 f. – beschränkte Steuerpflicht 29.9 – Beteiligung des stillen Gesellschafters 18.10 – ermäßigter Steuersatz 22.148 f.
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– Freibetrag 22.145 f. – Fünftelregelung 22.147 ff. – GmbH & Still 21.82 – Insolvenz 22.225 – unberechtigte Geschäftsveräußerung 12.26 Veräußerungsverlust 22.223 Verdeckte Einlage 23.22, 23.40, 23.43 – Begriff 23.27 – Bewertung 23.28 – Errichtung stiller Gesellschaft 23.35 – formeller Fremdvergleich 23.33 – Rechtsfolge 23.27 Verdeckte Gewinnausschüttung 21.119, 21.130; 23.22, 23.32 – atypische stille Gesellschaft 23.40 – Begriff 23.23 – Errichtung stiller Gesellschaft 23.30, 23.36 – Fremdvergleich 23.24, 23.31 ff. – Gewinnbeteiligung 23.37 f. – Gewinnverteilung, unangemessene 14.56; 21.118 ff. – GmbH & atypisch Still 21.113 ff. – GmbH & Still 21.106 ff. – Kündigungsrecht 23.39 – nahestehende Person 23.25 – Rechtsfolgen 23.26, 23.33 – Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis 23.24 Verdecktes Gesellschaftsverhältnis 20.34 f., 20.50 Verdecktes Stammkapital 23.41 Verein 1.8 – mehrere stille Gesellschafter 6.58 – Zweck 1.8 Vergütung – Geschäftsführung 12.24 Verlagsvertrag, partiarischer – Abgrenzung stille Gesellschaft 5.49 f. – Abgrenzung zur stillen Gesellschaft 5.51 Verlustbeteiligung – siehe Gewinn- und Verlustbeteiligung Verluste – Bilanz 13.50 ff. – Verlustzuweisung 22.238 ff. – verrechenbare 22.71 f., 22.242 ff. Verlusttransferfunktion 20.88 f.; 21.79 Verlustvortragskonto 13.50 Vermögensbeteiligung 4.28 ff. – Beweggründe 4.28 – Vermögensbeteiligungsgesetz 2.37 ff. – wirtschaftliche 4.14 f. Vermögenseinlage – siehe auch Einlagekonto – siehe auch Stille Beteiligung – Bewertung 7.65 ff., 7.74 ff. – Familiengesellschaft 21.46 ff.
Stichwortverzeichnis – Gesellschaftsvertrag 10.2 – Gläubigerzugriff 7.8 – Grunderwerbsteuer 28.4 ff. – Insolvenz 17.10, 17.124 f. – Leistung 7.1 ff. – Pfändung 15.39 – Rückgewähr 7.79 – Schenkung 2.22 ff.; 27.6 f. – Über-, Unterbewertung 7.70 ff. – Übertragung 5.25 – Umwandlung 26.9 – Verwendung 12.32 – Wertvereinbarung 7.66, 7.68 f. Vermögensteuer 27.91 ff.; 29.23 Vermögenszurechnung 19.53 Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit – Geschäftsinhaberin 6.29 Vertragspartner 9.19, 9.40 Vertragsstrafe 10.65 Vorgesellschaft 6.25 Vorkaufsrecht 10.65 Werbungskosten 22.235 f., 22.256, 22.263, 22.277 – Abgeltungsteuer 22.232, 22.235 f., 22.263 f., 22.298 – beschränkte Steuerpflicht 29.10 – eigenkapitalähnliche stille Beteiligung 22.231 ff., 22.235 f., 22.239 ff.
– Insolvenz 22.241 – Unterbeteiligung 31.59 – Verlustbeteiligung 22.235 – Verlustzuweisungsbeträge 22.239 ff. Wertberichtigung – Beteiligung des stillen Gesellschafters 14.41 f. Wettbewerbsrecht 9.82 ff. Wettbewerbsverbot – Auflösung 15.3 – Geschäftsinhaber 12.33 ff. – nachvertragliches 15.23 – Schranken 12.35 – Steuerbarkeit 25.37 – stiller Gesellschafter 12.42 – Treuepflicht 12.34 – Unterbeteiligung 30.5, 30.49 – vertragliches 12.35 Widerrufsfrist 19.62 f. – Gutschriften 22.193 – Übertragung 22.107 – unentgeltliche Übertragung 22.110 Wirtschaftsgüter – Mitunternehmererlass 22.107 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften 9.79 Zufluss-/Abfluss-Prinzip 22.188 ff. Zuwendungsnießbrauch 27.73 – Vertragsschluss, Vertreter 9.40 ff.
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